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° II 17 II c N '
» GcnnmentZ, VcstmcntZ, ^
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Die
Kanzelvortrnge
von
Hlegensvnrg.
Äruck und Verlag von Georg Jol'epy Manz.
1868.
Da« Uebn'Iehuna,s«cht wird »orbchnltcn.
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Vorwort.
Dr. Lierheimer.
Inhalt.
Seite
Vorwort III
Einleitung, Die Bedeutung der Parabeln und Wunder . . 1
III.
Die Parabel vom Siimanne und vom AnKrauK.
Hu!ll««mlg der Versuchungen,
>,V. Sonntag nach Epiphanie.)
Der Heiland selbst erklärt das Gleichuiß vom Sämanne und vom
Untraute. Wir werden auf die Frage antworten: Warum läßt
Gott zu, daß der Feind Unkraut (Versuchungen) sät?
Gott läßt die Versuchungen erstens zu unserem Nutzen zu. Unsere
Sündhaftigkeit wird erprobt. Wir werden in der Tugend fester
begründet, besonders im Gottvertrauen und in der Demuth. Unser
Lohn im Himmel wird größer. Versuchungen gereichen auch zur
größeren Ehre Gottes. Wer vom Teufel nicht versucht wird.
Mittel zur Bekämpfung der Versuchungen : Augenblickliches Ausschla
gen, Gebet und Wachsamkeit, Vertrauen auf Gott und Mißtrauen
in sich selbst, Empfang der heiligen Sakramente ... 42
IV.
Die Parabel vom Senfkörnlein.
Analogie des Wnrtr« GM« mil dem hrW»tut!5chen Worte.
(VI. Sonntag nach Epiphanie.)
Am dritten Schöpfungstage verlieh Gott den geschaffenen Pflanzen
und Kräutern die Kraft, Samen nach ihrer Art hervorzubringen.
Aehnlich verhält es sich mit dem Samenkorn des Wortes Gottes.
Worin liegt dessen Kraft und Bedeutung?
Die göttliche Offenbarung und die zweite Perfon der Gottheit heißen
Wort, Logos. Analogie des mündlichen Wortes mit dem Logos
in der Triniton beide sind von Ewigkeit, vom Vater erzeugt,
offenbaren des Vaters Herrlichkeit, sind Licht, haben schöpferische
Kraft. Analogie des mündlichen Wortes mit dem incarnirten
Worte: Maria hört die Botschaft und empfängt vom heiligen
Geiste, der Glaube aus dem Gehör erzeugt Christus in uns ; Maria
wird Mutter Christi; Mütter werden die Glaubenden; das münd-
Inhalt. VII
Seite
liche und das incarnirte Wort sind nothwendig; ihre Wirkungen;
ihre Dauer.
Analogie des mündlichen und eucharistischen Wortes im Priester, in
der Verwandlung nnd Einverleibung in Christus; in der Liturgie,
in den Wirkungen. Aufforderung zum Glauben und zur Befolg
ung des göttlichen Wortes . . . . . . .5,8
V.
VI
« VII.
VIII.
IX.
Zweimal trng Jesus die Parabel vom verlornen Schafe vor, den
'Aposteln und den Pharisäern gegenüber. Die Absicht des Herrn dabei.
Die Parabel vom verlornen Schaf ist erstlich das Bild des Men-
ichengeschlechtes und des Siiudenfalles. Die Wege, auf denen
Iesns die Verlornen sucht; der Zustand, woraus er sie erlöst;
seine Freude über die Rettuilg der Menschheit. — Diese Parabel ist
zweitens das Bild der Rechtfertigung jedes eiuzelneu Sünders.
Die maunigfaltigcn Wcge iu der Rettung Eiuzeluer; die Freude
über ihre Betchrung; die Bedingung der Buße.
Die Parabel von der Drachme ein Bild der Eutsüudigung des
Menschen durch die Kirche. Wic die Kirche ihr Amt im Großen
und. Kleinen üb!; wie sie ein Licht anzündet, das Hans kehrt und
ein ssreudenuicihl veranstaltet. Die Geschichte und die verschieden
artige Thäligkeit der Kirche. Nachahmung dieser Sorge der Kirche
für unser Seelenheil 145
X.
XI.
Vie srodVtrmehrung.
M« Wunder der 1'iene und dir 1'irne der Wunder.
(VI. Sonntag nach Pfingsten.)
Die Bedeutung der Siebeuzahl in der hl. Schrift. Der Zusammen
hang des Wunders der Vrodvermehrung mit der hochheiligen
Eucharistie. Jedes ist ein Wunder der Liebe und eine Liebe
der Wunder.
Das Nlwrssakrament ein Deutmal der Wunder: Die Wesens»«-
Wandlung ; Leichtigkeit, mit der sie geschieht ; Gegenwart Jesu unter
jeder der beiden Gestalten ; auch in jedem Theilchen der Gestalten ;
die Ubipräsentia; Christus keiuer natürlichen Kraft unterworfen;
seine Gegenwart bleibend; die Consecrationsworte immer kräftig;
die Speise vollkommen sättigend; Nehulichkeiten zwischen der In-
carnation und der Eucharistie.
Die Israeliten lernen das Manna kennen durch den Glauben an
des Moses Wort und durch den Genuß. Anwendung auf das
heiligste Sakrament des Altars. Aufforderung zum «ftern Em
pfang der heiligen Communion 17?
XII.
XIV.
Vie Thrünen Jesu Christi.
- , (IX. Sonntag nach Pfingsten.)
Der Einzug Christi in Jerusalem ein Freudenfest; das Auge des
Herrn aber sieht in die Zukunft und füllt sich mit Thronen.
Jesus hat bei vier Anlässen geweint.
Jesus weint in der Krippe unsertwegen; Verdienst seiner Thrünen.
Mit dem Kinde Jesus weinen die frommen Seelen, die nach Gott
sich sehnen; Beispiele. — Jesus weint am Grabe des Lazarus;
Vorbild der Reuethränen, deren Beschaffenheit; Macht der Bnß-
thrünen ; sie bewirken Vergebung und erzeugen Frieden. — Je
sus weint über Jerusalem ; die Unbußfertigen und die nnr auf welt
liche Freuden Bedachten; ihr Ende gleich dem Schicksal Jerusalems.
Jesus weint in seiner Passion. Die Leidensthränen als Bild der
Bedrängten; Beispiele aus der Schrift, angewendet auf verschie
dene Anliegen . 224
XV.
Ver Pharisäer und der Zöllner.
Dir Hossutt ein Oräurl nur Gutl.
(X. Sonntag nach Pfingsten.)
Der Pharisäer mied das Böse und that das Gute, dennoch war er
kein Gerechter, weil er Gott und dem Nächsten gegenüber Hof
XII Inhalt.
, Veit«
fä'rtig war. Arten der Hofsart. Warum ist sie ein Gränel vor
Gott?
Des Menschen Beruf und Aufgabe ist, Gott zu ehren, ihn als Herrn,
als Geber alles Guten und als Endziel anzuerkennen; das Ge-
gentheil thut der Hofsärtige. Weder die natürlichen noch die über
natürlichen Güter hat er aus sich selbst; schreibt er sich das Ver
dienst zu , so entzieht er es Christo und dem heiligen Geiste. Sein
schändlicher Undank. Hoffart ist das Laster des Teufels ; sie zerstört
Gottes Werk. Beispiele göttlicher Strafgerichte.
Die Hoffart ist Ursache und Anfang jeder anderen Sünde. Sie ist be
sonders verabschemmgswttrdig am Christen. Aufforderung zur
Demuth . . .242
XVI.
Vir Heilung des Taubstummen.
(XI. Sonntag nach Pfingsten.)
XVII.
Der barmherzige Samariter.
(XII. Sonntag nach Pfingsten.)
Tie Parabel enthüllt zunächst, wer als unser Nächster angesehen
werden muß, und deutet zugleich die Eigenschaften der Nächsten
liebe an. Ihr allgemeiner Sinn aber soll nns das ganze Er
löjungswert durch Jesus Christus veranschaulichen.
Inhalt. XIII
Lette
Vergegenwärtigung des Ortes und der Personen in der Parabel.
Der beraubte und verwundete Wanderer ist der erste Mensch und
seine Nachkommenschaft. Der Priester stellt die Religionssysteme
außer dem mosaischen Gesetze vor, die dem Menschengeschlechte nicht
helfen tonnen. Der Levite repräsentirt den unzulänglichen alten
Bund. Der Samariter stellt den Erlöser Jesus Christus vor.
Das Lastthier ist das Kreuz. Wein und Oel sind das Blut Christi
und die sakramentalen Gnaden. Die Herberge ist die Kirche ; die
Ablässe.
Die katholische Kirche ist die wahre Kirche' Christi, weil sie das Werl
des barmherzigen Samariters, thätige Nächstenliebe, übt. Auf
forderung zur Uebung der Nächstenliebe . . . . . 276
XVlll.
Ver Jüngling von Naim.
God im Krele durch die Sünde.
Man soll sich nicht nach dem Urtheile der Sinne allein richten. An
wendung davon auf den Tod der Seele, den die Augen des
Glaubens sehen.
Dreifaches Leben: Leben des Leibes, der Vernunft und der Seele.
Der Tod der Seele durch die Sünde ist der Verlust des Gnaden
lebens. Dieser Tod ist schrecklicher als der Verlust des vernünf
tigen Lebens d. h. der Wahnsinn ; ist schrecklicher als der leibliche
Tod. Erklärung durch Vergleiche. Der Tod der Seele erkannt
aus den Opfern, welche Gott zu dessen Aufhebung bringt.
Folgerungen. Durch Heilung des SeelentodeZ zeigt Jesus seine
Gottheit, Verführer zur Sünde sind Seelenmörder. Wer schwer
sündigt, ist ein Selbstmörder, Nutzen dieser Gedanken. Fliehe
die Sünde . . 292
XIX.
Vit Heilung des Gichtbriichigen.
(XVIII. Sonntag nach Pfingsten.)
XX.
Vas Königliche Hochzeitmahl.
(XIX. Sonntag nach Pfingsten.)
Die Worte Salomons: Die Weisheit hat sich ein Haus ge>
baut, angewendet auf den Tempel des alten und die Kirche des
neuen Bundes ; Berufung in diese Kirche. Zusammenhang mit
der Parabel vom Hochzeitmahle und deren Inhalt.
Die dreimalige Vermählung des Gottessohnes mit der menschlichen
Natur, mit der Kirche und mit der gläubigen Seele. Erste ver
gebliche Einladung durch die Patriarchen und Propheten. — Zweite
Einladung und Tödtung der Knechte; die Apostel; die Zerstörung
Jerusalems. Dritte Einladung, Berufung der Heidenvoller. Die .
Kirche und deren Kennzeichen. — Das hochzeitliche Gewand, der
Guadenstaud, die thälige Nächstenliebe; Christen ohne hochzeitliches
Gewand, Berufene aber nicht Auserwählte, ihr Loos im Jenseits.
Mittel, um das hochzeitliche Gewand zu bewahren, Glaube, Haltung
der Gebote, Gottes- und Nächstenliebe, Gehorsam gegen die Kirche
und Beuützung der Guadeumiltel. Antheil der Kirche au der
Bildung der Auserwählten. Ermunterung zur Bewahrung des
hochzeitlichen Gewandes . . . . < . . . VZ
XXI.
Ver Beamte von CaplMnaum.
NemmKraN drr Wund«.
XXII.
Ver unbarmherzige unecht.
Zu« Anrecht wcht «ich «Mt.
XXIII.
°) WUtli. XIV. 19; «uro. VI. 41; I.U0. IX. 16; ^Ullnn. Vl.
11, 23. — '°) U»ttu. XXVI. 26; Mro. XIV. 22.
Die Hochzeit zu Cana. 15
sogar den Feinden des Mariencults, weil sie eben bei der
Außenseite stehen blieben, Anlaß gab, gegen die Verehrung
Mariens sich auszusprechen, indem sie insbesondere den Wor
ten des Heilandes einen falschen Sinn unterschoben. Wir
müssen darum diese Worte etwas genauer prüfen und die
auftauchenden Schwierigkeiten beseitigen..
Vor Allem also dürfen die einfachen Worte Mariens
nicht mißverstanden wenden, wenn sie zu ihrem göttlichen
Sohne spricht: Sie haben keinen Wein mehr. Manche
nämlich fassen diese Worte so auf, als hätte die Mutter Jesu
geradezu ein Wunder von dem Herrn begehrt und sich so
unbescheiden, um nicht zu sagen vermessen gezeigt. Sie über
sehen dabei ganz, daß sie die demüthige Magd des Herrn
auf gleiche Stufe mit Herodes und den ungläubigen Juden
stellen. Denn ersterer begehrt bloß aus Neugierde von Chri
stus ein Zeichen zu sehen, als ihm Pilatus den Heiland
zuschickte; und letztere hatten ebenfalls eine schlechte Absicht,
weshalb ihnen der Herr entgegnete: " Dieses böse und
ehebrecherische Geschlecht verlangt ein Zeichen. Es hieße
also geradezu die Demuth und Heiligkeit Mariens mißkennen,
wenn ihrer Bitte an Jesus ein niedriges Motiv unterstellt
würde. Aber hätte sie überhaupt ein Wunder wünschen kön
nen? Warum nicht? Sie wußte aus des Engels Mund,
daß ihr Sohn der Sohn des Allerhöchsten, der Sohn Gottes
sei, sie hatte ferner alle die Wunderbegebenheiten gesehen, als
Engel seine Geburt verkündeten, Hirten und Weise wunderbar
herbeigeführt ihn anbeteten, Engel den Joseph zur Flucht
nach Aegypten bestimmten, Simeon und Anna durch göttliche
Eingebung den Messias erkannten und der zwölfjährige Jesus
selbst im Tempel seine himmlische Weisheit offenbarte, —
Maria aber all das, wie die Schrift wiederholt bemerkt, '^
in ihrem Herzen bewahrte./
der Taufe in Sünden fallen: Der erste Krug und die erste
Reinigung ist die Reue, von der geschrieben steht: ^" Zu
welcher Stunde der Sünder reuig in sich geht, will
ich seiner Missethaten nicht mehr gedenken. Der
zweite ist die Beicht, denn Alles wird in der Beicht rein ge
waschen. Der dritte ist das Almosengeben, denn es heißt im
Evangelium:" Gebet Almosen, und Alles ist euch
rein. Der vierte ist die Verzeihung der Beleidigungen, da
wir ja beten: °° Vergib uns unsere Schulden, wie
auch wir vergeben unseren Schuldigern. Der fünfte
ist die Abtödtung des Leibes, denn durch Enthaltsamfeit be
reiten wir uns vor Gottes Lob zu verkünden. Der sechste
endlich ist der Gehorsam gegen die Gebote, damit auch wir
wie die Jünger zu hören verdienen: ^ Jhr seid Alle rein
wegen der Rede, die ich zu euch gesprochen habe.'>
Ebenso schön ist die mystische Erklärung, welche derselbe
Heilige von den zwei oder drei Maß gibt, die jeder Krug
faßte und die auch wir fassen müssen, um vollkommen zu
sein. „Auch der Heiland," spricht er, „setzt uns ein drei
faches Wasser vor. Er weint über Lazarus und das treulose
Jerusalem. Dieses Wasser haben wir, wenn wir unsere
Sünden bereuen und das Lager des Gewissens mit Thränen
benetzen. Das zweite Wasser entströmt nicht bloß den Augen
sondern dem ganzen Leibe des Erlösers, der blutige Schweiß
am Oelberge. Dieses Wasser haben wir, wenn wir im
Schweiße unseres Angesichtes unser Brod essen und unseren
Leib abtödten, und es hat die Farbe des Blutes, weil es
mühevoll ist und das Feuer der Begierlichkeit auslöscht. Das
dritte Wasser vergießt der Herr zugleich mit Blut aus seiner
heiligen Seitenwunde. Wie dieses aus der Seite des gestor
benen Heilandes fließt, so müssen anch wir der Welt absterben.
") L2eLb. XVIll. 21, 22. — ") I.U0. XI. 4l. — ") zl«ttl!.
VI. 12. — ") ^o»nn. XV. 3.
Die Hochzeit zu Caim. 25
damit uns das Wasser der Andacht und der Gnade des hei
ligen Geistes mitgetheilt und zu einer Lebensquelle werde, die
emporquillt in's ewige Leben. Das erste Wasser also reinigt
die Seele von begangenen Sünden, das zweite löscht die Be-
gierlichkeit aus und das dritte tränkt die dürstende Seele."
Der Wein wurde zuerst dem Speisemeister gebracht und
dann unter die übrigen Gäste verabreicht. Zuerst bricht der
Priester das Brod des Lebens im heiligen Opfer und dann
theilt er es unter die Anwesenden aus. Zuerst unterrichtet
der Herr die Apostel in seiner heiligen Lehre, damit sie die
selbe dann auch Anderen verkünden; jedes heilige Werk muß
von Gott' ausgehen. Der gute Wein war gegen die Gewohn
heit zuletzt aufgespart worden. Zuerst muß die Seele durch
Leiden und Trübsale hindurchgehen, muß ringen und kämpfen,
bis sie' jenen Wein beim himmlischen Mahle trinken kann,
den Christus, der wahre Weinstock, gibt. Anders macht es
die Welt und der böse Feind. Sie bieten zuerst süße Kost,
schmeicheln den Sinnen und befriedigen sie, aber zuletzt bleibt
nur Bitterkeit übrig. Sie machen der umgarnten Seele Luft
schlösser vor, aber es ist hintennach nur eitel Wind und Auf
geblasenheit. Darum dürfen wir uns nicht täuschen lassen
und müssen stets eingedenk sein, daß alle, welche fromm leben
wollen in Christo Jesu, zuerst Trübsal leiden und dann erst
himmlische Tröstungen genießen; zuerst den Trauben gleich
gestampft, gepreßt und gekeltert werden, wie Christus in
Leiden zermalmt wurde, dann aber ewig im Himmel
sich laben./
Arbeiten wir darum, Geliebteste, weil wir Alle zum
himmlischen Hochzeitmahle mit Jesus, Maria und den Apo
steln geladen sind, an der Umwandlung des Wassers iu Wein,
damit auch in uns das Unedle veredelt, das Niedrige erhöht,
das Jrdische vergeistigt werde, damit alles Wässrige in uns
aufhöre, die Oberflächlichkeit, Leichtfertigkeit und Lauheit in
Ernst, in Eifer und Beständigkeit sich umgestalte, damit wir
26 ll. Sonntag nach Epiphame. Die Hochzeit zu Cana.
') I.ue. XVI. 20. — ') ^ub II. 7, 8. — ') IV. üex. XV.
5) II. r»!Äl. XXVI. — °) «II». XII. — ') Deut. XXIV. «.
Die Heilung de« Aussätzigen. 29
") lV. Lex. V. 10. — ") I.U0. XVIl. — ") Num. XI!.
Lierheimer, Parabeln u. Wunder. Z
34 III. Sonntag nach Epiphame.
daß er über dem Gesetze stehe und Herr desselben sei , ' an
derseits, daß ihm der Aussatz nichts anhaben könne, weil
er, obwohl er in der Gestalt unseres sündigen Fleisches
erschien, doch selbst rein und sündenlos war. Sicherlich wollte
er uns damit auch ein Beispiel der Demuth und der Nach
ahmung geben, daß wir unseren natürlichen Widerwillen über
winden und ohne Furcht Leidenden und Kranken beistehen
sollen. Wie gerade diese Lehre von den Heiligen erfaßt wurde,
haben wir bereits in den im Eingange angeführten Beispielen
gesehen und sehen es fort und fort in der oft hekdenmüthigen
Hingabe jener frommen Ordensleute , die sich besonders dem
Krankendienste weihen. Endlich ersehen wir aus dieser Be
rührung lue Macht der heiligen Menschheit Jesu Christi
wegen ihrer innigsten Verbindung mit der Gottheit, so daß
hier buchstäblich sich erfüllte, was das Evangelium mit den
Worten ausdrückt:'« Alles Volk suchte ihn anzurühren,
weil eine Kraft von ihm ausging, welche Alle heilte.
Aber wozu die Ermahnung an den Aussätzigen: Hüte
dich, daß du es Niemanden sagest? Ewige heilige Väter
sehen darin kein absolutes Verbot, '" sondern glauben, der
Herr habe damit bloß die Ausbreitung des Wunders unter
sagt, ehe sich der Geheilte den Priestern nach Vorschrift des
Gesetzes gezeigt hätte, damit diese nicht etwa die Thatsache
als falsch bezeichneten, wenn sie zuerst von anderer Seite
Kunde erhielten. Damit hängt zusammen , daß der Heiland
sie auf diese Weise .zum Glauben an ihn bewegen wollte,
wenn sie die wunderbar geschehene Heilung als eine unläug-
bare Sache anerkannten. Der heilige Hieronymus antwortet
auf die Frage, warum Christus dem Aussätzigen jenes Verbot
gab, ganz kurz: Es bedurfte der Anpreisung des Wunders
durch Worte nicht, wo die That selbst sprach. Alle Väter
") I.U0, VI. 19. — ") I.uä. a« 8»x. Vit» cbr!»t!, pai't, I.
c»p. 41.
Die Heilung des Aussätzigen. 3b
") ?uuIui. XXI. ?. — ") 1-lu,Ln. I. 12. — ") llebr. XIII. 12.
Die Heilung de« Aussätzigen. 37
Wolle und Jsop bringen. Einer der Sperlinge wurde über
einem Gefäße, in welchem fließendes Wasser war, getödtet,
dann wurde der lebende zugleich mit dem Cedernholz, der
Wolle und dem Jsop in das Blut getaucht und der Aus-
sätzige damit besprengt, worauf man den lebenden Sperling
fliegen ließ. Der heilige Apostel Paulus sagt, daß bei den
Juden Alles vorbildlich war. Auch diese Ceremonie ist vor
bedeutend. Die beiden Sperlinge sind das Symbol Christi,
dessen Gottheit frei von Leiden und vom Tode ist, während
seine heilige Menschheit leiden und sterben mußte. Der Stab
von Cedernholz, an den der lebende Sperling gebunden wurde,
ist das Sinnbild des Kreuzesholzes, an dem der Erlöser
hing. Die rothe Wolle bedeutet das Blut des Heilandes.
Der Jsop ist das Besprengungsmittel , d. h. das Sinnbild
der Besprengung mit dem Blute Christi, die Mittheilung
seiner Gnade zu unserer Reinigung. Das lebendige Wasser
endlich, in welches das Blut floß, ist das Wasser der Taufe,
das durch Christi Blut das Heilmittel vom Sündenaussatze
geworden ist. Wie also der Herr der Aussätzige für die
ganze Menschheit wurde , so ist er auch der Arzt , der vom
Aussatze reinigt./
Eben darum aber, weil es sich um unsere Heilung han-
delt, sind jene Ceremonien auch für uns sinnreich. Wir müs
sen, wollen wir Vergebung unserer Sünden erlangen, glauben,
hoffen, lieben, uns demüthigen, abtödten und Reueschmerz
empfinden. Der Jsop wächst an Mauern und hängt ganz
fest an ihnen; deswegen bedeutet er den Glauben, der uner
schütterlich fest hält am Fundamente der Wahrheit, an Gott,
und an der Säule der Wahrheit, au der Kirche. Nach oben
strebt die Ceder , sie bedeutet die Hoffnung auf Vergebung
und Wiedervereinigung mit Gott. Roth war die Wolle, sie
ist das Bild glühender Liebe Gottes, der nicht mehr beleidigt
werden soll. Wasser mußte vorhanden sein, weil ohne Reue-
thränen der Sündenaussatz nicht getilgt wird. Ein Sperling
38 III. Sonntag nach Epiphanie.
muß sterben, der Welt und der Sünde muß der Büßer ab
sterben. Ein Sperling aber bleibt am Leben und fliegt iu's
Freie, die gereinigte Seele kann wieder frei den Flug nach
dem Himmel beginnen./
Schon daraus ergibt sich , daß der Aussätzige nicht bloß
im höheren Sinne ein Bild des leidenden Heilandes, sondern
auch ein Bild jedes Sünders ist. Es läßt sich dies aus dem
heutigen Evangelium noch deutlicher nachweisen. Der Aussatz
fängt mit kleinen Flecken an der Haut an, breitet sich aber
allmälig weiter aus, ergreift die Glieder und führt endlich
den Tod herbei. Ebenso verhält es sich mit der Sünde;
man fällt nicht gleich auf einmal in den Abgrund des Lasters.
Zuerst ist man untreu im Kleinen, und nach und nach wird
man es auch im Größeren. Zuerst gibt mau einige Male
der Leidenschaft nach, dann aber erhält sie die Oberhand und
macht den Menfchen zu ihrem Sklaven. Aus den einzelnen
Fehltritten bildet sich die Gewohnheit, die Gewohnheit führt
zur Verstocktheit oder Verzweiflung, und der ewige Tod der
Seele ist die unvermeidliche Folge. Der Aussatz war ferner
ansteckend, Jst nicht auch die Sünde ein ansteckendes Uebel?
Nehmen wir als Beispiel die Unkeuschheit. Wie steckt doch
dieses abscheuliche Laster den ganzen Menschen an! Es ver
dirbt den Verstand, der mit unreinen Gedanken erfüllt wird;
es verdirbt das Herz, in dem abscheukiche Begierden herr
schen; es verunreinigt die Sinne: die Angen durch lüsterne
Blicke, die Zunge durch schamlose Reden, das Ohr durch
Anhören abscheulicher Dinge, kurz es würdigt den ganzen
Menschen herab an Seele und Leib. Ja.es breitet die An
steckung noch weiter aus, es schändet das Ebenbild Gottes
auch in Anderen; ein einziger Verführer ist oftmals die Ur
sache des Verderbens Vieler, die er zum Bösen verleitet hat.
Oder nehmet die Sünde des Un- und Jrrglaubens. Ein
einziger Ketzer, wie viele Tausende hat er mit dem Gifte
feiner falschen Lehre angesteckt und zu Grunde gerichtet!
Die Heilung de« Aussätzigen. 39
Der Aussatz ist also das sprechendste Bild der Sünde, so
zwar, daß Sünde und Aussatz fast gleichbedeutende Worte
geworden sind. ^
Natürliche Heilmittel gibt es für den Aussatz nicht. Gibt
es ein natürliches Mittel zur Tilgung der Sünde? Nirgends
in der Welt. Darum war auch im alten Bunde nicht den
Heilkundigen, sondern den Priestern das Amt übertragen, vom
Aussatze rein zu erklären. War der Aussätzige noch nicht
vollständig geheilt, so wurde die Reinerklärung aufgeschoben;
erst nach voller Genesung wurde das Opfer gebracht im
Tempel. So haben auch im neuen Bunde nur die Priester
allein die Vollmacht, Sünden nachzulassen. Ist der Sünder
noch nicht geheilt, hat er keine Reue, will er die Gelegenheit
nicht meiden, so muß die Absolution bis zur vollen Genesung
der Seele aufgeschoben werden, dann erst kann der Gereinigte
wieder wesentlichen Antheil am Opfer nehmen und das Lamm
Gottes genießen. Es entspricht also die Behandlung der
Sünder ganz der Behandlung der Aussätzigen, eben weil die
Sünde der Aussatz der Seele ist./
Wir sehen dieses noch deutlicher, wenn wir einen Blick
auf die alte Bußdisciplin der katholischen Kirche werfen. Wie
die Aussätzigen vom Umgange mit Gesunden fern gehalten
wurden, so hat die Kirche öffentliche Sünder aus der Ge
meinschaft der Gläubigen ausgeschlossen und schließt sie noch
aus durch die Excommunication. Wie die Aussätzigen an
einem abgesonderten Orte lebten, so gab es früher für die
öffentlichen Büßer eigene Plätze außerhalb der Kirchthüre, wo
sie während des Opfers standen, und jetzt noch ist den Excom-
mumcirten die Theilnahme au der heiligen Messe und Com-
munion versagt. Wie die Aussätzigen den Gesunden von
Weitem zuriefen, fo flehten die Büßer die Gläubigen um ihre
Fürbitte an, und so betet die Kirche noch für Bekehrung der
Sünder. Wie die Priester die geschehene Heilung bezeugten,
so nahm der Bischof die Büßer nach abgelaufener Bußzeit
40 Hl. Sonntag nach Epiphanie.
ließ. Aber gerade diese Lehre ist auch für so Manche schon
eine Klippe geworden, an der sie Schiffbruch litten. „Wenn,"
sagen sie, „Gott das Seelenheil aller Menschen will, warum
läßt er es dann zu, daß der böse Feind die Seelen zu ver
derben sucht? Wenn Gott so sehr besorgt ist für unser ewi
ges Heil, warum läßt er dem bösen Feinde einen so weiten
Spielraum? Wäre es nicht ein ungleich größerer Beweis
göttlicher Liebe zu uns gewesen, wenn Gott den Teufel nach
der Empörung im Paradiese gleich für immer und ewig in
die Hölle gebannt hätte, statt daß er uns jetzt ärger als der
grimmigste Todfeind verfolgt?" Solche, Fragen, verehrte Zu
hörer, werden von Kurzsichtigen nicht selten aufgeworfen.
Wir könnten ihnen eine andere Frage entgegenhalten, und
sagen: „Wannn hat denn Gott Luft, Feuer, Wasser und
Erde erschaffen, da diese Dinge uns außer vielem Nutzen doch
auch wieder großen Schaden bereiten können? Warum hat
er uns Augen, Ohren, Hände u. s. w. gegeben, da wir diese
Glieder so oft mißbrauchen und durch sie unserer Seele Ver
derben bereiten?"/
Jch will euch, verehrte Zuhörer, die Lösung solcher Fra<
gen ersparen und euch gleich die wahren Ursachen angeben,
warum Gott gestattet, daß der Teufel Unkraut unter den
guten Samen säet, warum er ihn nicht für immer unschädlich
gemacht hat, sondern es zuläßt, daß er uns nachstellt und
uns mit seinen Versuchungen zu Grunde zu richten sucht.
Wir werden auch dabei wieder finden, daß Alles, was von
Gott kommt oder zugelassen wird, gut gethan ist und zu sei
ner größeren Verherrlichung wie zu unserem eigenen Besten
gereicht, und so wird uns der Gedanke an die höllischen Ver
suchungen und den irdischen Lebenskampf nicht nur nicht ent-
muthigen, sondern vielmehr kräftigen und uns noch eifriger
machen im geistigen Streite. So will ich denn im Namen
des guten Säemannes guten Samen in gute Herzen aus
streuen. Deine Gnade, o Jesus! sei mit uns.x ^
Die Parabel vom Eiiemanne und vom Unkraute. 45
^ in ru»im. exxv.
Lierheimer, Parabeln u, Wunder,
50 V. Sonntag nach Epiphame. ,
sind wir stolz auf unsere Tugend und vergessen auf Gott.
Kommt aber eine Gefahr, dann empfinden wir unsere mensch
liche Schwachheit und fühlen, daß nur Gott uns helfen kann.
Demuth also und Gottvertrauen werden bei jeder Versuch
ung bezweckt. Wer dagegen sich auf sich selbst verläßt und
kein Vertrauen hegt, der wird bestimmt in der Versuchung
unterliegen./"
Wenn aber, verehrte Zuhörer, die Versuchungen unsere
Standhaftigkeit erproben und unsere Tugenden vermehren,
dann folgt wohl von selbst, daß sie drittens von Gott auch
deshalb zugelassen werden, um uns dadurch einen größereu
Lohn im Himmel geben zu können. Dies ist auch mit un-^"
zweideutigen Worten in der heiligen Schrift ausgesprochen.
So betet Sara, des jungen Tobias Frau, zu Gott:" Das
hält Jeder für gewiß, der dich ehrt, daß sein Leben,
wenn es in der Prüfung gewesen, gekrönt wird, und
wenn er in Trübsal gewesen, daß er erlöst wird,
und wenn er in Züchtigung gewesen, er zu deinem
Erbarmen gelangen kann. Denn du hast ja nicht
Freude an unserem Verderben, weil nach dem Sturme
du Ruhe gibst, und nach Thränen und Weinen mit
Frohlocken überschüttest. Der Heiland selbst verheißt
beim Evangelisten Lukas denen, die in Versuchungen standhaft
mit ihm ausharren, das von feinem Vater bestimmte Reich
und sagt," daß sie seine Tischgenossen sein werden im Him
melreiche. Ebenso spricht der Apostel Jakobus von der Sie
geskrone der Erprobten. Selig der Mann, sagt er, '° der
die Prüfung aushält, denn wenn er in ihr bewährt
ist, wird er die Krone des Lebens empfangen.v
Wenn aber Gott, wie aus diesen und vielen anderen
Schriftstellen hervorgeht, deshalb die Versuchungen zuläßt,
'°) l'ud. III. 2l, 22, — ") I.N0. XXII. 23 seqq. — ") ^»«.
I. 12.
4*
52 V. Eonntag nach Epiphame.
den Gekreuzigten die ganze Welt erlöst. Sieh da, wie die
Wuth des Teufels dem Teufel selbst schadet, uns aber nützt."
Es gibt allerdings, ich kann diese Nebenbemerkung nicht
ganz unterdrücken, es gibt Leute, welche sich vom Teufel fast
gar nicht geplagt fühlen; aber ob das zu ihrem Vortheil ist
und ob es überhaupt ein günstiges Licht auf sie wirft, ist
nicht unschwer zu entscheiden. Ueberlassen wir die Erklärung
dem heiligen Franz von Sales, welcher sagt: „Die Hunde / ,
packen nicht die Hausgenossen, sondern nur fremde Leute an;
ebenso setzt auch der böse Feind jenen nicht zu, die ihm schon
zugehören." Diese Lösung, glaube ich, bedarf keines weiteren
Zusatzes. Gleichwie sich die Schlangen im Winter in Felsen
und Löcher verkriechen und Niemandem mit ihrem Gifte
schädlich sind, sobald aber der heiße Sommer beginnt, hervor
kommen und mit ihrem tödtlichen Gifte uns zu schaden suchen;
ebenso versucht die Schlange der Hölle jene Herzen nicht, in
denen es wie in einem kalten Winter ausschaut, während sie
warmen Herzen, die eifrig sind im Guten und sich der Tugend
befleißen wollen, nachstellt und ihnen mit dem Gifte ihrer
Versuchungen Verderben zu bereiten sucht. Würden jene kal
ten imd verrosteten Herzen aufthauen, ihr Sündenleben ver
lassen und reuig sich zu Gott wenden, dann würden sie als
bald erfahren, od ich die Wahrheit gesprochen habe. Doch
ich habe es heute zunächst mit Solchen zu thun, die von Ver
suchungen gequält werden. Jhnen will ich kürz noch einige
Mittel zum leichteren Widerstande an die Hand geben.
trauen auf Gott und den Schutz der Heiligen und den Em
pfang der heiligen Sakramente./
Daß das bereitwillige Ausschlagen der Versuchungen,
und zwar gleich beim Beginne derselben, das zweckdienlichste
Mittel ist, versteht sich wohl von selbst. Wenn ein giftiges
Jnsekt auf euere Hand fällt, lasset ihr es wohl so lange lie
gen, bis es ench gebissen und vergiftet hat? Gewiß nicht.
Und was sind denn die Versuchungen anderes, als höllische
Jnsekten, die unserer Seele Verderben bereiten möchten?
Widerstehen wir ihnen also gleich anfangs mit allem Ernste.
Dieses Mittel rathen uns nicht bloß alle Lehrer des geist
lichen Lebens, sondern Gott selbst, indem er durch den heiligen
Paulus, spricht : " Wollet nicht Raum geben dem Teu
fel. Wenn dir Jemand sagte, gib Acht, daß sich kein Räuber,
kein Drache, kein Wolf in dein Haus einschleicht, so würdest
du dies ganz natürlich finden. Nun ist aber der Teufel der
allergefährlichste Räuber, der fürchterlichste Drache und der
grimmigste Wolf. Wie also, mußt du ihn nicht augenblicklich
zurückschlagen, wenn er es wagt, in dein Jnneres einzudrin
gen? Gib doch nicht Raum dem Teufel. Keinen Raum ge
ben heißt aber nicht bloß, den Teufel im Herzen nicht schallen
und walten lassen, als wäre er der Herr darin, sondern es
heißt auch, ihm gar keinen Zutritt gewahren. Will er unsere
Augen auf sündhafte Dinge hinwenden, so müssen wir gleich
den Blick davon abwenden; will er unsere Ohren bösen Re
den öffnen, so müssen wir sie augenblicklich denselben ver
schließen; will er uns mit unreinen Gedanken belästigen, so
müssen wir gleich jedes Wohlgefallen daran unterdrücken und
einen lebhaften Abscheu davor in uns erwecken. Dies bedeu
tet der Ausdruck: keinen Raum geben. ^
Mit diesem ersten Mittel muß aber auch das zweite
Hand in Hand gehen, nämlich Gebet und Wachsamkeit. Gerade
") u»ttb. XXVI. 41. — '°) Ibiä. IV. 13. — ") cawoli, IV,
56 V. Sonntag nach Epiphanie.
'°) v»n. Ul. 40. — ") I. coliutb. X. 13. — ") ?8Ä,Im. XXVI. 3.
Die Parabel vom Süemanne und vom Untroute. 57
") «uUli. Vlll. 26. — ") Ibiä. Xl. 28, — ") Lxock. XVl. 20.
— ") U»ttli. Vit. 6.
58 V. Sonntag nach Epiphame. Die Parabel vom Säemanne :e.
-?. ,>
^-> ^
Me Mrabel vom SenfKörnlein.
Analogie des Wortes Gottes mit dem hypostatischen
Worte.*)
(VI. Sonntag nach Epiphanie.)
Da« Himmelreich ist gleich einem Sciistörnlein. ziattli. Xlll. 31.
die es eben dadurch gewinnt, daß es nicht bloß ein von Chri
stus ausgesprochenes Wort ist, sondern in innigster Wechsel
beziehung zu ihm selbst steht, so daß zwischen dem Sohne
Gottes und seinem Worte eine Jdentität, eine Art Gleichheit
sich bildet. Der Gegenstand ist hoch und erhaben und erfor
dert innere Sammlung; flehen wir darum um Gottes Licht
und um seinen Beistand. Deine Gnade, o Jesus! sei mit uns!.
des heiligen Geistes; so können auch wir nur mit Hilfe der <e^
zuvorkommenden Gnade des heiligen Geistes Gottes Wort in
uns aufnehmen. Von Außen, wie der heilige Augustin sagt,
tönt das Wort an das Ohr, innerlich aber gibt Gott die
Gnade. Maria empfing das ewige Wort, als sie der Bot
schaft zustimmte. Empfangen nicht auch wir geistiger Weise
Christum, wenn wir dem Worte seiner Lehre zustimmen und
es glauben? Ohne allen Zweifel, wie der Apostel an die
Ephesier schreibt: '^ Durch den Glauben wohnt Chri
stus in euren Herzen; weshalb der ebengenannte heilige
Kirchenlehrer bemerkt: '^ „Wenn der Glaube in uns ist, so
ist Christus in uns." Daher auch der Ausdruck des Apostels
im Briefe an die Gakater: " Meine Kinder, die ich vom
Neuen mit Schmerzen gebäre, durch die Verkündigung
des göttlichen Wortes nämlich, bis Christus in euch ge
staltet wird./
Aehnlichkeit herrscht demnach zwischen der Empfängniß
des ewigen Wortes im Schooße Mariens und der Aufnahme
des Wortes der Lehre in unseren Herzen. Wenn daher Eli
sabeth Maria selig pries, indem sie sprach: '« Selig bist
du, weil du geglaubt hast, denn es wird erfüllt wer
den, was vom Herrn dir gesagt worden ist; sind dann
nicht ebenso die gläubigen Anhörer des göttlichen Wortes
glücklich zu preisen?/
Doch noch auffallender wird diese Aehnlichkeit, wenn wir
die zeitliche Geburt des ewigeu Wortes aus Maria in's Auge
fassen. Dadurch ist Maria die Mutter Gottes geworden.
Und wie, verehrte Zuhörer, nennt nicht der göttliche Erlöser
selbst auch jene seine Mütter, die das Wort Gottes hören
und es befolgen, d. h. durch Werke gleichsam gebären? Spen
det er nicht' jenen, die Gottes Wort bewahren, ein ebenso
") Lpneu. lll. n. — '°) I>»ot.49. in ^ulwu. — ") <3«I. IV. 19.
— ") I.UO. l. 45.
5*
68 VI. Sonntag nach Epiphanie,
großes Lob wie jener, die ihn geboren: " Selig sind, die
das Wort Gottes hören und es befolgen? Wahrlich,
Geliebteste, in eine innigere Verwandtschaft könnte das münd
liche Wort zum unerschaffenen Worte nicht mehr gebracht
werden, als es hier von dem göttlichen Heilande selbst ge
schieht. Darum hat der heilige Johannes Chrysostomus
ganz Recht, wenn er sagt: "" „Es ist etwas furchtbar Großes
und Wichtiges, wenn die Menschen, die das Wort Gottes
glauben und befolgen, Mütter Gottes genannt werden.^
Fast möchte ich, verehrte Zuhörer, da Größeres zum Lobe
des Wortes Gottes kaum mehr gesagt werden kann, hier ab
brechen, wenn ich es mir nicht zur Aufgabe gemacht hätte,
euch nach allen' Seiten von der engsten Wechselbeziehung zwi
schen dem Worte Gottes als Sohn Gottes und als Lehre
Gottes zu überzeugen. Sehen wir uns darum auch den
Zweck der Menschwerdung noch etwas näher an. Es ist ge
wiß, daß die Welt im Pfuhle der Laster und in der Finster-
niß des Heidenthums verblieben wäre, wenn das Wort nicht
Fleisch geworden wäre. Aber ebenso gewiß ist, daß der Er
löser als Lehrer auftreten mußte, um die Menschen über
ihren Zustand und ihre Bestimmung aufzuklären und ihnen
die Mittel an die Hand zu geben, wodurch sie zu der' ver
lornen Gottähnlichkeit zurückgelangen konnten./
Die Verkündigung des göttlichen Wortes ist darum von
nicht geringerer Nothwendigkeit als die Menschwerdung des
ewigen Wortes; und daher auch der den Aposteln so feierlich
ertheilte Auftrag:°' Gehet hin, und lehret alle Völker;
daher die Uebertragung seiner eigenen Sendung auf die Apo
stel:'" Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich
euch; daher die Verheißung, daß, gleichwie er Eins ist mit
dem Vater, er ebenso Eins bleiben werde mit seinen stellver-
")I.n<>. Xl. 28. — "') Now. cle 8pir. u. — ") Nattb. XXVIII. 18.
'") ^„»lw. XX, 21.
Die Parabel vom Senfkornlein. 69
'") zlnttl!. XXVIII. 20. — ") ^o«nn. XIV. ^6. — ") ^lvub.
I. 21. - ">) ^oaun. VIII. 51. — ") II. Nmach. III. 16, 17. —
") ^u»nn. XIV. 6. — ") Ibiä. VI. 69. — ") Nebr. XIII. 8.
70 VI, Sonntag nach Epiphanie.
") Mttb. XXIV. 35. — ") I.UO. XVI. 17. — ") I>no. X. 16.
") ^u»nu. XIV. 23. 24.
Die Parabel vom Senfkörnlein. ?l
'°) ^u»rm. VI. 52. — ") Ibicl. v. 47. — ") Ibiil. v. 55. —
') Idiä. V. 24. — ") Idiä. VlII. 51 ' — ") Ibiä. Xll. 48.
74 VI. Sonutag nach Epiphanie.
") Ii«W. VII. 1. — ") I^uo. VIII. 10. - ") «»ttli. IV.
76 VI. Sonntag nach Epiplianie. Die Parabel vom Senfk'ornlem.
bis zur elften Stunde, von Moses bis Christus, noch eine
Menge anderer Einladungen Gottes zur Arbeit in seinem
Weinberge unterscheiden, die ebenfalls um so stärker und nach
drücklicher wurden, je mehr der Weinberg verlassen zu werden
schien. Zur Zeit der Richter ergehen göttliche Aufträge an
Gideon, Jephta und Simson. Zur Zeit der ersten Könige
leben Samuel und Nathan, und diesen folgt nach der Spalt
ung Jsraels eine ganze Reihe von Propheten. Weil aber
ihre Drohungen und Strafpredigten nicht gehört wurden, so
mußten die trägen Arbeiter das Joch der Gefangenschaft
tragen. Nun erwacht freilich eine lebendige Sehnsucht nach
dem heimischen Boden, aber das neue Geschlecht war nach
der Rückkehr um nichts besser als das alte, und immer größer
wurde der Verfall, immer verwüsteter der Weinberg.
Da bricht endlich die elfte Stunde an und es erscheint
Gottes Sohn in Person, um zuerst die Juden und dann
Alles, was auf dem Markte sich befand, die ganze Mensch
heit, in seinen Weinberg zu rufen. Doch was geschah? Viele
kamen vom Aufgang und Niedergang, die Kinder des Reiches
aber wurden hinausgestoßen. Die Juden waren berufen, aber
nicht auserwählt, die Ersten sind die Letzten geworden. So
erfüllte sich denn die schreckliche Drohung, welche Gott einst
durch den Propheten Jsaias ausgesprochen hatte über seinen
Weinberg, über das Haus Jsrael, die Männer von Juda:"
Wegnehmen will ich seinen Zaun, daß er zur Ver
heerung werde, will niederreißen seine Mauer, daß
er zertreten werde. Und zur Wüste will ich ihn ma
chen, nicht wird er beschnitten und nicht umgegra
ben, und aufschießen werden Disteln und Dornen;
und den Wolken werde ich befehlen, daß sie nicht
Regen träufeln auf ihn. Da sie nämlich auch dem Rufe
iu der elften Stunde nicht folgten, so brach ein fremdes Volk
°) Iu. V. 5 u«q^.
6*
84 Sonntag Septuagesimä.
ein in die Gränzen Palästinas, schleifte die Mauern des
Tempels und verheerte die Stadt, und zerstreut wurde das
Volk über die ganze Welt, verstössen aus dem Weinberge.
Die Ersten sind die Letzten geworden. Keinen Vorzug sollten
fortan die Jllden mehr vor den Heiden haben. Vielmehr
erging jetzt an diese der göttliche Ruf. Ein ganz anderer
Weinberg wird von Gott angelegt.
Demnach ist die Parabel auch ein Bild der Kirche des
neuen Bundes, und ist es um so mehr, als Christus sich
selbst den wahren Weinstock und die Gläubigen, die Glieder
der Kirche, die Rebzweige nennt. Auch hier können wir
nach Stunden die Ausbreitung der Lehre Jesu Christi, die
Bebaunng des Weinberges verfolgen. >
Gleich in der ersten. Stunde wurden die Vermalter, die
Apostel; ausgesandt, um Arbeiter zu suchen, und Syrien,
Cilicien, Galatien, Macedonien, Griechenland und Jtalien
wurden Theile des Weinberges. Jn der dritten Stunde, als
Constantin das Christenthum als Staatsreligion erklärte und
die Kirche aus dem Morgengrauen der Katakomben heraus
trat an's helle Tageslicht, da vergrößerte sich die Zahl der
Arbeiter mit der Zunahme des Umfauges des Weinberges.
Spanien, Gallien und Nordafrika wurden hiuzugefügt. Vom
sechsten Jahrhundert an folgten England und Deutschland,
und allmälig mußten die Ringmauern erweitert werden nach
Schweden, nach Liefland und Rußland. Eine neue Stunde
schlug, und siehe, beide Jndien, China und Japan, Nord-
und Südamerika vermehren immer mehr den Weinberg des
Herrn. Aber noch stehen Viele müßig auf dem Markte,
weite Strecken, besonders in Centralasien, iiz Afrika und auf
so vielen Jnseln sind noch wüstes Land und müssen in Wein
berge umgewandelt werden. Es wird auch für sie die elfte
Stunde schlagen, in der ihnen der Zehner angeboten wird, wo
sie gleichförmig werden sollen dem Bilde des Sohnes Gottes.
Leider aber sind auch viele Andere, nachdem sie bereits X
Die Arbeiter im Weinberge. 85
andere dagegen thun mehr, als sie schuldig sind. Von ihnen
gilt daher das Wort im Buche der Weisheit:' Sie haben
in kurzer Zeit vollendet, aber die Werke einer lan
gen Zeit verübt. Gott schaut nicht darauf, ob Einer viel
Almosen gegeben hat, sondern ob er aus Liebe gibt. Darum
waren ihm die zwei Heller der Wittwe wohlgefälliger als die
großen Gaben, welche die Reichen in den Opferkasten warfen.
Er zählt nicht die Stunden, die Jemand in der Kirche zuge
bracht, sondern er blickt auf die Andacht, mit der man der
heiligen Handlung beiwohnt. Mit einem Worte, der leben
dige Glaube, die thätige Liebe und der rege Eifer sind es,
auf welche der ewige Vergelte! Rücksicht nimmt. Darum
ruft er auch den auf dem Markte Stehenden zu: Warum
stehet ihr hier den ganzen Tag müßig?
Dieses Wort ist au'ch an uns gerichtet. Deun leider
nur zu viele träge, laue und saumselige Arbeiter zählt unsere
Kirche in ihrem Weinberge, nur zu viele stehen auf dem
Markte der Welt und jagen einzig nur weltlichem Gewinne,
Geld und vergänglichen Dingen nach, nur zu viele halten
sich fern von der Kirche, oder bleiben trotz allen Mahnrufen
nachlässig in der Arbeit, in der großen Arbeit der Rettung
ihrer Seelen. Lasset uns darum, Geliebteste, nicht länger
dem göttlichen Rufe widerstehen, lasset uns ernstlich und rast
los arbeiten am Weinberge unserer Seelen!
Singen will, so läßt sich der Prophet Jsaias ver
nehmen,^ singen will ich meinem Geliebten ein Lied
meines Lieben von seinem Weinberge. Ein Wein
berg gehörte meinem Lieblinge an einer ölfetten
Höhe. Und er umzäunte ihn und las die Steine
aus demselben und bepflanzte ihn bestens, und baute
einen Thurm in Mitte desselben, und legte eine
Kelter darin an, und erwartete, daß er Trauben
') I«Mb. IV. 4. — ') I.u«. Xl. 28; ^onnn. V. 24; VI. 40;
XIV. 23, 24 et »1.
96 Sonntag Sexagesimä.
5) rulllm. oxill. L, 5, 6.
Lierheimer, Parabeln u. Wunder.
98 Sonntag Sexagesimii.
denen man wie einst der heilige Erzmarlyrer Stephan von
den Juden sagen kann, " daß sie stets mit unbeschuittenen
Ohren und Herzen dem heiligen Geiste widerstehen,
und bei denen man das Gleiche wiederholen muß, was Chri
stus zu Jerusalem sprach:' Wie oft wollte ich dich um
mich versammeln wie eine Henne ihre Küchlein unter
ihren Flügeln, und du hast nicht gewollt; wie oft, o
Sünder, erging an dich mein Wort, bald ernst durch An
drohung der ewigen Strafe, durch Erinnerung an die vier
letzten Dinge, bald sanft durch Hinweis auf meine unendliche
Barmherzigkeit, die auch den größten Sünder, wenn er reu-
müthig zurückkehrt, nicht verstößt: doch du hast nicht gewollt,
hast vielmehr meine Worte, die durch den Mund des Pre
digers in dein Gewissen drangen, aus dem Sinn geschlagen
und dafür der Stimme des Versuchers Gehör gegeben und
dich in die Fallstricke des Teufels verwickelt, so daß mein
Wort dir nicht zum Leben sondern zur Verdammung gereicht !
Am Wege also stehen jene, die in ihren Sündenschlaf
ganz versunken sind und die der Teufel eng umstrickt hält,
die darum entweder gar nie eine Predigt anhören, oder wenn
sie sich zufällig in eine Kirche verirren, ihren Sinn anders
wohin wenden, oft mit den schlechtesten Gedanken sich unter
halten und das Haus Gottes bloß dazu benützen, um ihre
Augen zu weiden, Anderen Aergerniß zu geben und ihre
Frechheit öffentlich zur Schau zu tragen. Diese also sind es,
die am Wege oder außerhalb des Weges stehen und bei denen
die höllischen Vögel den Samen wegfressen, so daß sie un
gläubig bleiben und rettungslos verloren gehen. O wie treff
lich schildert der heilige Paulus in seinem zweiten Briefe an
die Korinthier diese getauften Heiden, denen das Wort Gottes
nicht einleuchtet, weil, schreibt er, ^ der Gott dieser Welt,
der böse Feind, ihren fleischlichen Sinn durch Unglau-
aus frommem Herzen gut sind, gern beten, ihre Pflichten gegen
Gott und ebenso gegen ihren Nebeumenschen getreu erfüllen
und dabei ihre Standespflichten nicht vernachlässigen; sondern
jene, welchen es bei all ihrem Kriechen und Schönthun um
eine gründliche Besserung nicht ernst ist, welche bloß vor An
deren als Heilige erscheinen möchten, obwohl ihr Herz und
noch mehr ihre Zunge weit von aller Heiligkeit entfernt sind,
und die überhaupt nur sich selbst suchen, nicht aber Gott,
sondern Gott bloß als Aushängschild ihrer Selbstsucht be
nützen. /
Betrachten wir ihr Treiben nur in sofern, als es auf
die Anhörung des göttlichen Wortes Bezug hat, und wir wer
den finden, daß man sie nicht mit Unrecht den Pharisäern
gleichstellt. Sie kommen zur Predigt und hören mit aller
Aufmerksamkeit zu; aber schon während des Vortrages theilen
sie die ganze Predigt unter andere Leute aus; für sich selbst
aber behalten sie nichts. „Das, sagen sie bei sich, geht den,
und das jene an; aber dem hat er heute die Wahrheit gesagt,
die hat er gut getroffen, o wäre doch dieser oder jene heute
in der Predigt gewesen, die hätten ihren Theil ordentlich be
kommen." Dabei aber vergessen sie ganz auf sich selbst, sie
ging die ganze Rede nichts an, sie sind vielleicht, wenn's mit
der Heuchelei recht arg steht, gar noch gelobt worden. Habt
ihr da nicht, verehrte Zuhörer, den leibhaftigen Pharisäer vor
Augen, der sich selbst beschönigt und Andere verachtet? Doch
was sagt von ihnen der Herr, der Herzen und Nieren durch
forscht? Er sagt , daß sie nicht gerechtfertigt nach Hause gehen,
sondern vielmehr eine neue Sünde auf sich laden. Sie scheinen
von der Ansicht auszugehen, der Prediger habe es auf der
Kanzel mit einzelnen Persönlichkeiten zu thun. Nein, nicht
einzelne Personen tadelt er, sondern die Fehler und Sünden
tadelt er und warnt davor. Mit Recht also vergleicht das
Evangelium jene Heuchler mit dem Felsengrund, weil das
Wort Gottes gar nicht tief in sie eindringt.
Erklärung der Parabel vom Säcinaune. 103
Nicht tief dringt es ferner bei jenen ein, die nicht der
Hunger nach dem Worte Gottes herbeizieht, sondern bloß eine
gewisse Feinschmeckern oder Neugierde; bei jenen, die Freude ha
ben an gutem Vortrag und an schönen Phrasen, den Jnhalt
selbst aber sich wenig zu Herzen nehmen; die gern immer was
Neues hören möchten , obwohl sie das Alte noch lang
nicht befolgt haben; die wünschen, daß der Prediger immer
hübsch sanft und zart predige und schmeichle, aber bei Leibe
nichts von der Sünde, vom Tode, von der Hölle und anderen
ernsten Wahrheiten sage, weil das ihre empfindlichen Nerven
allzu stark angriffe. Da muß wohl der Grund der christlichen
Ueberzeugung sehr seicht und schwach sein, wenn er die kräf-
tige Nahrung göttlicher Wahrheiten nicht ertragen kann.
Wieder Andere gibt es, die recht gerne jede Predigt an
hören, dabei leicht erweicht werden, in Thränen zerfließen und
die besten Vorsätze für die Zukunft fassen. Nach acht Tagen
machen sie es ebenso, und in vierzehn Tagen wieder, bleiben
aber immer die alten Menschen, auch wenn sie des Jahres
ein paar hundert Predigten gehört haben. Woher kommt
denn das? Weil sehr wenig gutes Erdreich vorhanden ist,
weil das junge Pflänzchen, sobald es Wurzeln schlagen will,
sogleich auf Felsen stößt und verdorrt.
Aber möchte Mancher dabei deulen, wozu dann die vielen
Predigten, wenn's doch nichts hilft? Nun es sind eben nur
Einige, aber Gottlob nicht Alle, deren Herz einem Felsen
gleicht. Ueberdies hat der liebe Gott recht wohl gewußt, daß
es bei den Juden auch nichts helfe, und dennoch schickte er
fortwährend seine Propheten, die gewiß eine kernige Sprache
führten. Warum denn? Damit an ihnen Gottes Gerechtig-
keit offenbar würde, nachdem sie seiner Langmuth und Barm
herzigkeit kein Gehör geschenkt hatten. Darum schreibt auch
der heilige Paulns den Römern '''i Nicht die Hörer de«
") ^eob. I. 22 ueqq, — ") ^luttn. Vl. 33. — '°) kniüpp. IV. 6.
Erklärung der Parabel vom Säcmanne. 105
wie die Speise im Leibe. Jst der Leib krank, so wird ihm
statt Speise Arzuei gegeben; so ist auch das Wort Gottes für
eine mit Sünden behaftete Seele eine Arzuei, ein Heilmittel,
um ihr die geistige Gesundheit wieder zu verschaffen. Jst der
Leib genesen, so kräftigt ihn die Speise, so daß er wächst und
zunimmt. Auf gleiche Weise stärkt auch das Wort Gottes
die von Sünden gereinigte Seele immer mehr, so daß sie stets
mehr an Erkenntniß und Liebe zu den himmlischen Dingen zu
nimmt, immer vollkommener vor Gott erscheint und zugleich
rüstiger und leichter die Gefahren des Heiles überwindet.
Wie aber die Speise jene guten Wirkungen im Leibe
nur dann erzeugt, wenn sie von diesem nicht bloß aufgenom
men, sondern auch gut verdaut wird ; ebenso genügt das bloße
Anhören des Wortes Gottes nicht, man muß es in die Seele
aufnehmen, öfters darüber nachdenken und darnach handeln,
nur fo trägt es hundertfältige Frucht. Nicht auf einmal reift
das Samenkorn zur Frucht, es kostet manche Mühe, bis man
das Getreide in die Scheune fahren kann. Darum sagt der
Heiland, das Wort Gottes bringe Frucht in Geduld, weil
auch hier ein ernstlicher und guter Wille und manche Selbst
überwindung erfordert wird, bis die Früchte sich zeigen.
Solche und nur solche Anhörer des Wortes, die mitwirken,
werden von Jesus Christus selig gepriesen: '^ Selig sind
die, welche das Wort Gottes hören und es befolgen.
Nur diese zählt er zu seinen Schafen: " Meine Schafe
hören meine Stimme und folgen mir. Nur diese siud
es, die ihn wahrhaft lieben und vou ihm wieder geliebt wer
den:^" Wenn Jemand mich liebt, so wird er meine
Worte halten, und mein Vater wird ihn lieben, und
wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm
nehmen. O was liegt darin für ein außerordentlicher Trost
für den fleißigen Anhörer und Befolger des göttlichen Wortes!
°) I.U«. XI. 28. — ") ^o»rm. X. 27. — '") Ibiä. XtV. 23.
!08 Sonntag Sexagcsimä.
Er gemeßt die Liebe desjenigen, der die Liebe selbst ist; er ist
eine Wohnung des himmlischen Vaters. Er ist ans Gott und
für Gott; denn wer aus Gott ist, der hört Gottes
Wort."
Wie, Geliebte, regt sich da nicht in euch Allen der hei
lige Wunsch, zur vierten Klasse zu gehören? „Ja, wird Man
cher im Stillen für sich denken, ich möchte ihr schon ange
hören, aber wenn nur mein Wille auch einmal zur That würde."
Nun, soll das etwas so außerordentlich Schweres sein! Gewiß
nicht, du brauchst bloß drei Dinge, um ein solcher Zuhörer zu
werden, der Früchte bringt für's ewige Leben. Und was sind
das für drei Dinge? Höre das Wort Gottes mit Freude,
mit Ueberlegung, mit gutem Willen.
Mit Freude, d.h. aus eigenem inneren Antriebe, denn
wer nur kommt, weil er muß, oder bloß aus mechanischer Ge<
wohnheit, oder wer absichtlich zu spät kommt, wer froh ist,
wenn's bald gar ist, der liefert den Beweis, daß feine Seele
sich in einem krankhaften Zustande befindet, ähnlich einem
krankhaften Körper, den die Speise aneckelt. „Gleichwie," schreibt
der heilige Johannes Chrysostomus, „der Appeiit nach
leiblicher Speise ein Zeichen körperlicher Gesundheit ist, so ist
auch das freudige Verlangen nach himmlischer Speise ein gutes
Zeichen, daß das Leben der Seele gesund ist." Gott sei ge
priesen, verehrte Zuhörer, daß unter euch diese Freude herrscht.
Verbindet aber mit dieser Freude auch die Ueberlegung.
Ueberlegen heißt, über das Gehörte nachdenken und es
auf sich selbst anwenden nicht unter Andere austheilen; denn
eine solche Freigebigkeit wäre sündhaft. War der Stoff eine
Glaubenswahrheit, so erwecke man Akte des Glaubens; war
es eine Sittenlehre, so «lache man den Vorsatz, ihr gemäß sein
Leben einzurichten. Es gibt keine, wenn auch uoch so einfache
Predigt, aus der man nicht etwas Nützliches lernen und es
auf sein Leben anwenden könnte. Darum soll man diese Ueber-
lcgung auch zu Hanse nach der Predigt fortsetzen. Denn das
Wörtchen „Amen" heißt nicht: Jetzt ist's aus, jetzt kannst
du gehen und Alles wieder vergessen; sondern es heißt: Nun
geschehe das, was heute gelehrt wurde.
Jnsbesondere aber wird zum Anhören des göttlichen
Wortes der gute Wille erfordert. Gutwillig aber nennen
wir nicht den, der bloß zum Kritisiren kommt, sondern den,
der in der Absicht erscheint, sich belehren zu lassen; nicht jenen,
der die Verkündigung des göttlichen Wortes als bloß mensch
liche Sache betrachtet, sondern den, der es als eine göttliche
Sache auffaßt. Gutwillig nennen wir mit einem Worte den,
der das Gehörte auch thut und es in seinem äußeren Leben
zum Ausdrucke bringt. Beispiele eines solchen guten Willens
geben nns der heilige Paulus, der, als er jene Stimme vom
Himmel vernommen: -° Saulus, Saulus, warum ver
folgst du mich? sogleich antwortete: Herr, was willst
du, das ich thue? Desgleichen der königliche Kämmerer
von Aethiopien, welcher, nachdem er von Philippus belehrt
worden war, ohne Verzug erwiederte:^ Sieh, da ist
Wasser, was hindert, daß ich getauft werde? Ebenso
der Hauptmann Cornelius, die Purpurhändlerin Lydia, der
Kerkermeister zu Philipp! und Andere, von denen uns in der
Apostelgeschichte berichtet wird.
Damit man aber um so besser mit Freude, Ueberlegung
und gutem Willen die Predigt anhöre, wird vor dem Beginne
derselben der heilige Geist angerufen. Dies ist also keine
Zeit, die man gedankenlos zubringen darf, sondern eine Zeit,
in der mau vor Allem Reue über seine Sünden erwecken
soll, um mit reinem Herzen das Wort Gottes aufzunehmen;
eine Zeit, in der mau Gott bitten soll, daß er den Verstand
erleuchte, um immer mehr zuzunehmen in der Erkenntniß
als guter Hirt war darum von jeher das Lieblingsbild der
Christen. Wer das Glück hatte die unterirdischen Räume der
Katakomben zu durchwandern, dem wird gerade dieses Bild
in mannigfachen Formen am häufigsten begegnet sein. Bald
sehen wir den Hirten allein, mit dem Schäferstabe in der
Hand. Bald ist er von Schafen und Lämmern umgeben, die
ihn umstehen oder sich an ihn innig anschmiegen und zu ihm
emporblicken. Andere Male entwindet er ein Schäflein den
Dörnern, in die es sich verstrickt hat, oder er trägt das wie-
dergefundene Schäflein auf den Schultern, oder hält ein
Lamm in den Armen.
Ebenso wird auch Petrus dargestellt von einer Herde
umgeben; denn zu ihm hat ja der Herr gesprochen: " Weide
meine Lämmer, weide meine Schafe, als er ihm an
seiner Statt das sichtbare Hirtenamt übertrug. Daher führt
heut zu Tage noch der Papst als Nachfolger Petri und Stell
vertreter Christi den Titel: Oberster Hirt; und ebenso
werden die Bischöfe Oberhirten genannt und tragen als Sinn
bild ihrer Gewalt den Hirtenstab. Auch werden die Priester
Hirten des Volkes genannt, welche, wie Petrus sagt/ die an
vertraute Herde Gottes weiden und über sie wachen,
nicht aus Zwang, sondern freiwillig, nach Gottes
Willen.
Wir wollen darum heute an der Hand des Evangeliums
unseren Herrn und Heiland als den guten Hirten betrachten
und zwar nach jenen Eigenschaften, die er sich selbst beilegt,
damit wir stets gern und willig der Stimme dieses besten
Hirten, des großen Hirten der Schafe, wie ihn der
Apostel nennt, s folgen. Deine Gnade, o Jesus! sei mit uns.
") >Io»nn, I. 29. - ") I«. I.III, 7. — ") ^ounn XV. 13. —
'°) I.U0. XII. 32.
l18 II. Sonntag noch Osten«.
der gute Hirt sichtbar fort, der sein Leben gibt für seine
Schafe.
Noch eine andere Opferung dieses Hirten bitte ich wohl
zu beachten. Wie er einst sein sterbliches Leben wirklich hin
gab, so gibt er es noch immer täglich in mystischer Weife
hin, im heiligen Opfer der Messe, und gibt es geheimnißvoll
und doch wesentlich hin in der heiligen Comnmnion, so daß
der heilige Johannes Chrysostomus fragen kann: „Wel- /^,
cher Hirt hat je seine Schafe mit seinen eigenen Gliedern ge
sättigt? Welcher Hirt tränkt seine Schafe mit seinem eigenen
Blute? Christus allein hat dies gethan, der unendlich gute
Hirt, welcher die erlösten Schafe so liebt, daß er sie mit
seinem eigenen Fleische nährt und sättigt." Seht, verehrte
Zuhörer, an all das müssen wir denken, wenn wir das Wort
des Heilandes betrachten: Jch bin der gute Hirt; der
gute Hirt gibt sein Leben für seine Schafe.'
Aber er hat nicht bloß ein menschliches sondern auch ein
göttliches Leben. Gibt er auch dieses für seine Schafe ? O
gewiß, er gibt es ihnen zum Lohue, wenn sie seine Stimme
hören und ihr folgen; denn er verleiht ihnen das ewige Leben,
d. h. die Theiluahme an seiner unendlichen, göttlichen Glück
seligkeit. Jch muß bekennen, Geliebteste, daß ich, je tiefer
mein Geist in diese unbegränzte Güte des göttlichen Hirten
eindringt, um so weniger Worte finde, um mein Erstaunen
auszudrücken. Jch muß da so ganz das' Herz allein gehen
lassen, dessen Empfindungen um so unaussprechlicher werden,
je lebhafter, je inniger und glühender sie sind. Leben um ^
Leben, sagt das Gesetz.'« Ja, Leben um Leben. Gott hat
sein Leben für mich hingegeben, darum soll auch mein Leben
Gott gehören. Der Hirt hat das Schäflein ewig geliebt,
ewig will darum auch das Schäflein den Hirten lieben.
Der gute Hirt kennt seine Schäflein, und seine Schäflein
kennen ihn. Dies ist die zweite Eigenschaft, welche sich Jesus
als Hirt der Seelen beilogt. Was will er damit ausdrücken?
Jch bin, spricht er, der gute Hirt und kenne die Mei
nigen, und die Meinigen kennen mich; so wie mich
kennt der Vater und ich kenne den Vater. So innig
also, so unmittelbar und klar erkennt Christus seine Schäflein,
wie er vom Vater erkannt wird und hinwieder den Vater er
kennt. Von Ewigkeit erkennen sich der Vater und der Sohn,
denn im Anfange war das Wort und das Wort war
bei Gott. Sie erkenuen sich gegenseitig so, wie jeder sich selbst
erkennt, denn ich und der Vater bin Eins." Sie erkennen
sich nicht bloß mit spekulativer Erkenntniß, sondern ihr innigstes
Erkennen ist zugleich ein innigstes Lieben, denn dieser ist mein
innig geliebter Sohn, an dem ich all mein Wohlgefallen
habe. °" Ebenso also erkennt auch der Sohn die Seinigen.
Er erkennt sie von Ewigkeit her als die Ausersehenen,
die seinem Bilde gleichförmig werden sollen. Er erkennt sie
als sein Eigenthum, das ihm durch das Erlösungswerk gehört;
darum betet er auch:^ Heiliger Vater, erhaltesie in
deinem Namen, die du mir gegeben hast, daß sie
Eins seien, wie auch wir. Er erkennt und liebt sie zu
gleich; er liebt sie, wie Johannes schreibt,^ bis an das
Ende. Er erkennt sie, während sie noch hienieden wandeln
und ruft sie beim Namen, weil sie nach seinem Ebenbilde er
schaffen, weil sie mit seinem Zeichen, dem Kreuze, und mit
seinem Blute gezeichnet sind, und seiner Kirche und ihm ein
verleibt wurden in der heiligen Taufe, weil sie seine Tugen
den nachzuahmen suchen, weil sie seine Lehre und seine Gebote
beobachten, weil sie einander lieben. Denn daran, sagt
er," wird man erkennen, daß ihr meine Jünger seid,
wenn ihr einander liebet, v
") ^ÜNN. X. 30. - ") zlattli. III. 17; XVII. 5. — ") ^ounn.
XVII. U, — ") Idid. XIII. l. — ") lbicl. v. 35.
Jesu« der gute Hirt. I2l
') liom. VIII, 16 — ") ^ounr,, XVII, 3. — ")^i,em. IX, 2,?, 21.
122 II, Sonntag nach Ostern.
") ^nl.nn, X. 9.
VIII.
') «eN. VIII. 2«. — <) Non. XXII. 9. — 5) ldi<l. XXVII!; XXXV.
— ") «xo<I. XXIV. 4. — ') ^«u. VI». 3l.
iierheimer, Parabeln u, Wunder. 9
130 II. Sonntag nach Pfingsten.
°) I. Forint!,. X. 2l.
132 ll. Sonntag nach Pfingsten.
daß der Tisch des Herrn, der Altar, das Erste und Wich
tigste für uns sein soll? Die Thürme, gleichsam die Wegweiser,
und ihre Glocken, gleichsam deren Sprache, wohin rufen sie
uns, wenn nicht vor den Altar? Die Vorhallen und Portale
des Gotteshauses, wohin laden sie uns ein, wenn nicht zum
Erscheinen vor dem Altare? Die ganze Länge und Breite des
Schiffes der Kirche, wohin führt sie, welches ist ihr Schluß
punkt? Der Altar. Die Stufen des Presbyteriums sind sie
nicht Stufen zum Altare, die uns auffordern, auch mit unseren
Gedanken und Gefühlen höher emporzusteigen und das Herz
ruhen zu lassen vor dem Altare? Mit einem Worte, die
Altäre sind nicht der Tempel, sondern die Tempel sind der
Altäre wegen da. Darum müssen sie auch für uns das Centrum
sein, das Heiligthum, wo unsere Vereinigung mit Gott ge
feiert wird. Nähern darum auch wir uns ihnen, wie die
Apostel dem Abendmahlstische, mit jener Sehnsucht, mit wel
cher der Herr selbst an demselben seine Jünger versammelte,
mit dem Glauben des Petrus, mit der Demuth des Andreas,
mit dem Eifer des Jakobus, mit der Liebe des Johannes;
dann wird auch für uns der Altar ein Ort der Wonne,
ein Ort des Segens, ein Ort der Kraft sein wider unsere
Feinde. '
Doch der Altar stellt uns nicht bloß deu Tisch des Herrn
beim Abendmahle vor, er repräsentirt auch das Kreuz, den
Kalvarienberg. Verlassen wir zuerst im Geiste wie Jesus
den Speisesaal, folgen wir ihm nach geschehener Verurtheilung
hinaus vor die Thore Jerusalems auf die Schädelstätte und
schauen wir zu, wie man das Kreuz aufrichtet, wie der Gott
mensch daran leidet, sein Blut vergießt und stirbt. Kehren
wir dann wieder zurück zum Altare und fragen wir den
Glauben, was denn hier geschieht, wenn das heilige Meß
opfer dargebracht wird. Er sagt uns, daß da dasselbe Opfer
stattfindet, nur auf unblutige Weise, welches am Kreuze blutig
vollbracht wurde, daß die Messe nur die Erneuerung und
134 ll. Sonntag nach Pfingsten.
Doch unter dem Kreuze finde ich auch eine andere Klasse
von Menschen, jene nämlich, die voll Reueschmerz an ihre
Brust schlugen und laut bekannten : " Wahrlich, der ist
Gottes Sohn. O wie oft schon hat es sich ereignet, daß
der unglückliche Sünder voll Schmerz und Zerknirschung ob
seiner Frevel niedersank vor den Stufen des Altares und gleich
dem Zöllner im Tempel es nicht wagte, seinen Blick zu er
heben, sondern reuig an seine Brust schlug und gerechtfertigt
dann hinwegging! Denn wohin anders soll der Sünder fliehen
als hin zum Kreuze des Gotteslammes, das die Sünden der
Welt hinwegnimmt, zu den Altären, wo fort und fort das
Blut fließt, das ihn reinigt von jeder Schuld? Gleich dem
rechten Schächer, der seine Missethaten bekennt und voll
Schmerz über seine Vergehen an Jesus mit der demüthigen
Bitte sich wendet: " Herr, gedenke meiner, wenn du
in dein Reich gekommen bist; so sollen auch wir, denn
wir Alle sind ja sündige Menschen, reumüthig unsere Schuld
bekennen, damit auch uns, wenn wir vor dem Altar erscheinen,
die Früchte des Kreuzesopfers zu Theil werden und der Er
löser freundlich zu unserem Herzen spreche: Auch du wirst
mit mir im Paradiese sein. Die tiefste Demuth hat am
Kreuze sich geoffenbart; demüthig, ohne Stolz, ohne Hochmuth,
müssen auch wir vor dem Altare knieen und unsere Unwür-
digkeit gestehen, dann wird auch für uns der Altar der Ort
des Heiles, das Zeichen der Erlösung sein.
Unter dem Kreuze standen endlich Maria, , die Mutter
Jesu, Johannes, der Jünger der Liebe, und eiuige andere
getreue Freunde des Heilandes. An welche Christen mahnen
uns denn diese Personen? Sie erinnern uns an alle frommen
und Jesum liebenden Gläubigen, sie erinnern uns insbeson
dere an jene heiligen Seelen, die ihren höchsten Genuß, ihre
süßeste Wonne eben darin suchen, vor den Altären zu weilen,
>!-'' >'
") «»tili, XXVII 54. — ") I.U«. XXIII. 42.
136 ll. Sonntag nach Pfingsten.
Dankes und der Bitte. Folglich muß auch der Altar die
Stätte unserer Anbetung, der Versöhnung, des Dankes und
Gebetes sein. Hievon nach einem Augenblicke. ,
") Deut. XII. II; »!. — ") 6pbsu. V. 2. — ") Minen. I. II.
140 ll, Sonntag uach Pfingsten,
storbenen ist der Altar der Ort der Versöhnung. Wenn die
Seele in den Flammen des Fegfeuers schmachtet und große
Qnal erduldet, und der Priester bringt für sie am Altare das
unblutige Versöhnungsopfer dar, so schickt ihr Gott um der
Verdienste des kostbaren Blutes willen seinen Engel zu, um
ihre Pein zu lindern oder sie ganz davon zu befreien. Und
auch die Kirche sorgt für die Abgeschiedenen in besonderer
Weise, indem sie einzelne Altäre oder Priester privilegirt, um
den Seelen der Leidenden einen vollkommenen Ablaß zuzu
wenden. Seien wir darum im Leben Verehrer der Altäre
und eifrige Theilnehmer am Opfer, das darauf gefeiert wird,
dann werden Opfer und Altar uns auch im Tode nützen.
Wie innig bitten die Heiligen, wenn sie ihr letztes Stündlein
herannahen fühlen, ihre Freunde, ihrer doch ja am Altare zn
gedenken, damit ihnen Gott gnädig sei, überzeugt, daß der
Altar ein Versöhnungsort ist mit Gott.
Er ist aber auch ein Ort der Versöhnung mit dem
Nächsten, wie aus den Worten des Heilandes hervorgeht: °"
Wenn du dich erinnerst, daß dein Bruder etwas wi
der dich habe, so laß deine Gabe vor dem Altar.e,
geh zuvor hin und versöhne dich mit deinem Bruder,
dann komm und opfre deine Gabe. Ein unzertrennlicher
Zusammenhang herrscht also zwischen der Bruderliebe und
dem Opfer des Altares; will der Christ göttlicher Erbarmung
theilhaftig werden, so muß er sie auch an Anderen üben.
Endlich ist der Altar auch ein Ort des Dankes und
der Bitte. Jch brauche dies gar nicht näher zu entwickeln,
denn es geht aus dem früher Gesagten schon genügend her
vor, es sagt uns dies ein innerer Jnstinkt, es lehrt es uns
die Kirche. Denn wenn sie uns zu Dank- und Bittgebeten
ruft, so versammelt sie uns eben vor dem Altare. Dort
stimmt sie das le veum an, die Lob- und Dankeshymne
muthe gingen sie sogar noch weiter, indem sie frevelhaft über
den Herrn richteten und mit mißgünstigem Herzen die reiche
Quelle der Barmherzigkeit tadelten. Was entgegnet ihnen
nun der Heiland? „Der himmlische Arzt, sagt der ebeuge
nannte Kirchenvater, behandelt diese Hochmüthigen gleich Kranken
mit der milden Heilslehre der folgenden Gleichnißreden."^
Die Parabel vom verlornen Schafe hat also hier, wenn auch
die Veranlassung verschieden war, doch einen ähnlichen Zweck
wie bei der vorigen. Wie die Apostel nicht ungehalten sein
durften, weil Christus die Kinder zu sich kommen ließ, deren
das Himmelreich ist, so sollten die Pharisäer sich nicht unge
halten zeigen, weil er mit Sündern umging, da auch im
Himmel Freude ist über einen Sünder, der sich bekehrt,
größere Freude als über neunundneunzig Gerechte, die der
Buße nicht bedürfen. Wer aber ist der Mann, der dem ver
irrten Schafe nachgeht? Dies sagt uns das Evangelium,
welches die Kirche am zweiten Sonntage nach Ostern liest,
oder vielmehr Jesus Christus selbst, wenn er erklärt, er sei
der gute Hirt, der sein Leben hingibt für seine Schafe, der
alle kennt und bei Namen nennt, und ebenso von ihnen er
kannt wird, der endlich alle zu Einem Schafstalle vereinigt.
Verbinden wir dieses Evangelium mit dem heutigen,
dann kann kein Zweifel mehr über den Sinn dieser Parabel
obwalten, ebensowenig wie über den Sinn des Gleichnisses
von dem verlornen Groschen oder der Drachme, um deren
willen die Frau ein Licht anzündet, das ganze Haus kehrt
und sorglich sucht, bis sie selbe gefunden. Unsere Aufgabe,
verehrte Zuhörer, wird es fonach heute sein, die große Be
deutung dieser beiden Paiabeln, die so ungemein tröstlich für
uns sind, näher zu erwägen. Doch versichern wir uns zuerst
des Beistandes desjenigen, ohne welchen wir nichts zum Heile
Führendes vermögen, indem wir inständig rufen: Deine Gnade,
o Jesus! sei mit uns.
10'
148 III. Sonntag nach Pfingsten.
Seelen eurer Kinder für den Himmel bildet, denn dazu hat
sie euch die Kirche in der heiligen Taufe zurückgegeben, um
Gotteskinder aus ihnen zu machen. Unterstützet sie, ihr Haus
väter und Hausmütter, ihr Meister, indem ihr unablässig
auch für die Seelen eurer Dienstboten und Lehrlinge besorgt
seid, denn auch ihre Seelen sind um Christi Blut erkauft.
Ja geben wir Alle ihren Mahnungen Gehör und benützen wir
recht eifrig alle die Gnadenmittel, welche sie uns zum Heile
unserer Seelen bietet, damit keine Drachme verloren gehe;
denn es gibt ja nichts Göttlicheres, als mitzuwirken mit Gott
und mit der Kirche zum Heile der Seelen. Gott kennt nichts
Kostbareres als die Seele, die Kirche weiß nichts Werthvolleres
als die Seele. Unsere Seele zu pflegen muß also das Kost
barste und Werthvollste auch für uns sein.
Ueben wir daher endlich auch, soweit es in unseren
Kräften steht, au uns und für uns selbst das Amt der
Kirche, zunächst durch tägliche Erleuchtung und Selbsterkennt-
niß und durch Auskehr des Hauses unserer Seele. Fast
täglich lassen wir uns kleine Fehler, Nachlässigkeiten und Un-
vollkommenheit zu Schulden kommen, die, wenn sie auch die
Seele des Gnadenstandes nicht berauben, doch wie entstellende
Flecken an ihr haften in den Augen des allreinen Gottes.
Darum müssen wir uns auch täglich reinigen durch die abend
liche Gewissenserforschung in Gegenwart des heiligen Schutz'
engels, damit er und alle heiligen Engel sich freuen über uns.
Seien wir also, Geliebteste, und bleiben wir immerdar
gute Schäfleiu des Einen obersten Hirten, seien und bleiben
wir gute Kinder der Einen und besten Mutter der Kirche. Wie
es nur Einen Hirten und Eine Kirche gibt, so haben wir auch
nur Ein Leben, Eine Seele und Eine Glorie. Folgen wir also
dem Einen Jesus und seiner Einen Braut, damit wir aus
der streitenden in die triumvhirende Kirche, aus dem zeitlichen
zum ewigen Leben, aus der Buße zur Glorie übergehen. Amen.
X.
') Da« Wunder des reichen Fischfange« als Vorbild der Katholicität
der Kirche oder der Ausbreitung de« Glaubens durch die Missionen wnrde
in meinen Vorträgen über „die Kirche Jesu Christi" erklärt. Daher wurde
hier ein andere« zeitgemäße« Thema gewählt.
Lierheimer, Parabeln u. Wunder. 11
162 IV. Sonntag nach Pfingsten.
es dann jenem Menschen zu Muth sein, der auf dem Tod
bette auf sein vergangenes Leben wie auf einen langen Weg
oder ein weites Ackerseld zurückblickt und sich dabei gestehen
muß: Jch habe mein ganzes Leben lang umsonst gearbeitet?
Wer aber wird so zu sich selber sprechen müssen? Wohl
derjenige, der auf dieser Welt nur für die Welt nicht aber
für die Ewigkeit gearbeitet hat; derjenige, der nur solche
Güter gesammelt hat, welche er im Tode zurücklassen muß,
aber keine guten Werke, keine Verdienste vor Gott; derjenige,
der ein gottentfremdetes Leben geführt und nicht auf den Ruf
des Herrn geachtet hat: Folge mir nach. Jst aber schon
der Rückblick auf die Vergangenheit für einen solchen Menschen
auf dem Todbette niederschmetternd, wie mag ihm erst zu
Muthe werden, wenn er an die Zukunft denkt und sich im
Geiste vor jenen Richter hinversetzt, der Jedem nach Gerech
tigkeit vergilt! O Geliebteste! würden wir öfter an den Augen
blick des Todes und an die Rechenschaft vor dem göttlichen
Richterstuhle denken, gewiß, wir könnten dann nicht so gleich-
giltig gegen das Ewige dahinleben, wir würden das Leben
ernster auffassen, uns von den irdischen Dingen mehr los
reißen und unsere Sorge ausschließlich oder doch zumeist auf
das Zukünftige richten.
Daß sehr Viele dies nicht thun, dies zeigt uns die all
tägliche Erfahrung, zeigen uns die verkehrten Grundsätze, von
welchen sie sich leiten lassen. Jn ihren Augen ist derjenige
ein bemitleideuswerther Thor, der etwas Zeitliches um des
Ewigen willen hintansetzt; jener hingegen ein Weiser, der
vor Allem die zeitlichen Dinge im Auge hat, auch wenn er
darüber auf die ewigen ganz vergißt. Sprechen sie dies nicht
immer mit dürren Worten aus, so handeln sie wenigstens
darnach und suchen auch Andere zu ihrer Meinung zu bekehren,
und leider mit Erfolg. Oder nimmt nicht die religiöse Gleich-
giltigkeit mehr und mehr überhand, arbeiten nicht unzählige
Menschen Tag und Nacht, ohne dabei um das Höhere sich zu
Da« Wunder des reichen Fischfanges. 163
Aber vielleicht täusche ich mich und stelle die Sache ärger
dar, als sie ist. Doch nein, verehrte Zuhörer, ich kann euch
selbst zu Zeugen auffordern. Fraget die Weltkinder, warum
sie in keine Predigt gehen, warum sie die Messe nicht anhören,
warum man sie wunderselten bei einer religiösen Handlung
sieht; und ihr werdet von dem Einen zur Antwort bekommen:
„Jch habe dafür keine Zeit;" von dem Anderen: „Mein Ge
schäft leidet es nicht, ich bin da und dort zu einer Belustigung
eingeladen;" ja ihr werdet oftmals noch schnödere Antworten
erhalten, noch gottlosere Aeußerungen hören. Nun, wohin
wird das führen? Wir wissen es; wer für die Seele und
das Ewige nicht sorgt, sorgt auch für das Zeitliche schlecht.,
Wir sehen es überdies durch gar viele Beispiele bestätigt.
Ohne Gott auch kein göttlicher Segen. Daher ist das Ende
solcher entarteter Christen, außer dem Verluste des ewigen Heils,
gar oft auch schon das zeitliche Verderben. Die Frömmigkeit
dagegen ist, wie der Apostel schreibt," zu Allem nützlich,
und hat die Verheißung dieses und des zukünftigen
Lebens. Eben davon aber wollen ^jene Weltmenschen nichts
wissen, darum gehen sie der zeillichen und der ewigen Ver
heißungen verlustig. Deshalb, Geliebteste, wenn euch eure
Wohlfahrt und euer Heil lieb ist, lasset euch nicht anstecken
von dem verderblichen Geiste der Welt, der schon so Viele
diesseits und jenseits unglücklich gemacht hat, höret nicht auf
die Lockungen trügerischer Güter, sondern schließet euch um so
inniger an Gott an, befolget noch getreuer die Vorschriften
unserer heiligen Religion, denn nur ein religiöses Leben kann
wahrhaft glücklich machen.
Nehmet euch ein Beispiel an jenem Helden des alten Bun
des, an Mathathias, dem Stammvater der Machabäer. König
Antiochus hatte eine eigene Gesandschaft an ihn abgeschickt, um
ihn zu verleiten, abtrünnig zu werden vom Gesetze Gottes,
") 0»u. IV. — ") IV. «eF. XXI; II. ?»r»I. XXXIII.
176 IV. Sonntag n. Pfingsten. Das Wunder d. reichen Fischfanges.
Iie Krodvermeßrung.
Das Wunder der Liebe und die Liebe der Wunder.
(VI. Sonntag nach Pfingsten.)
Er fragte sie: Wie viel Nrode habt ihr? Sie sagten: Sieben.
Mi«, VIll. 5,)
') ziltttl,. X. 3<1, — ') Unn, lV. 21. — ') I.uo, VI. 37. - °) ^»cob,
2,». — ") ^o-mn. IV. l,!. - ') I?2°e»i. XVlll. 2l,
180 VI. Sonntag nach Pfingsten.
den Ucberrestcn gefüllt; mögen Tausende getauft oder gefirmt
werden, tausend Hostien consecrirt oder tausend Absolutionen
gespendet werden, die Kraft der sieben Sakramente bleibt un
geschwächt, sie werden sich an tausend neuen Empfängern ebenso
wirksam erweisen./
Wie aber die einzelnen Brode uns an die einzelnen Sa
kramente erinnern können, so ist das ganze Wunder der Brod
vermehrung ein Vorbild des höchsten Wunders und des
heiligsten unter allen Sakramenten, des Geheimnisses des
Altares. So wenig es einem der vier Taufende einfiel, an
dem Wunder der Brodvermehrung zu zweifeln, ebensowenig
darf es dem Christen in den Sinn kommen, an diesem heilig
sten Sakramente zu zweifeln; denn derselbe, der die Brode
vermehrte, hat gesprochen: Dies ist mein Leib, dies ist
mein Blut. Wie jene Tausende an die wirkliche Brodver
mehrung glaubten, obschon sie sich das Wie nicht erklären
konnten; ebenso glauben wir an die wirkliche Gegenwart Jesu
Christi unter den Gestalten des Brodes und Weines, obgleich
wir die Weise der Verwandlung nicht begreifen. Wie endlich
die Brodvermehrung ein Wunder der Liebe zu dem gläubigen
Volke war, und eine Liebe der Wunder, da die wenigen Brode
Tausende gleichmäßig sättigten; so ist auch das heiligste Sa
krament des Altares ein Wunder der Liebe, denn nur die all
mächtige göttliche Liebe konnte ein solches Geheimniß ersinnen
nnd verwirklichen, und eine Liebe der Wunder, weil das eine
Geheimniß eine Menge von Wundern in sich begreift, wie die
Wescnsverwandlung, die bleibende Gegenwart Jesu Christi in
jeder Gestalt und in jedem Theilchen der Gestalt und so fort.
Jch habe es mir zur Aufgabe gestellt, heute diese vielfachen
Wunder ench in Erinnerung zu bringen, damit ihr den heiligen
Frohnleichnam, Jesus im heiligsten Sakramente, recht bewun
dert und anbetet. Jch beginne in seinem Namen. Deine
Gnade, o Jesus! sei mit uns..
Die Brodvennchnmg. 18 l
ganzen Wclt immer nur Ein Priester, welcher jene Worte sprechen
darf, o wie würde sich Alles nach dem Orte sehnen, wo der
selbe weilt! Nun dürfen sie aber alle Priester auf der ganzen
Erde sprechen. Wer kann darin die Liebe der Wunder und
das Wunder der Liebe verkennen? Und für wen all das? Für
mich, für dich, mein Christ, für uns Alle, v
Das dritte Wunder ist, daß Jesus Christus unter
jeder der beiden Gestalten gegenwärtig ist. Er hat
zwar dieses heiligste Sakrament unter zwei Gestalten einge
setzt um des Opfers willen, welches eine Erinnerung und eine
lebendige Darstellung seines blutigen Opfertodes am Kreuze
sein soll; allein dies schließt nicht aus, daß in jeder Gestalt
für sich der ganze Christus zugegen ist. Christus, der
Auferstandene von den Todten, sagt der Apostel,^
stirbt nicht mehr; es ist also der glorreiche Christus, der
immerdar lebt, zugegen. Unter der Gestalt des Brodes muß
also ein lebendiger Leib, mithin auch das Blut, und unter der
Gestalt des Weines ein lebendiges Blut, also auch der Leib
sein. Wo aber der lebendige Leib Christi ist, da ist auch seine
Seele; und weil es wegen der hypostatischen Uuion keinen
bloßen Menschen Christus, sondern nur den Gottmenschen gibt,
so ist mit dem Leibe und der Seele auch die Gottheit Christi
zugegen. Darum, schließt das Concil von Trient/"
ist unter einer jeden der Gestalten ebensoviel enthalten als
unter beiden. Und der göttliche Heiland selbst sagt es: "
Wer mich ißt, wird leben durch mich. Das Essen be-
zieht sich offenbar nur auf die Brodsgestalt; also genießt man
auch in dieser den ganzen Christus. Jst dies nicht wieder
ein Wunder der Liebe, um ja Allen die Möglichkeit des Ge
nusses zu verschaffen?.
Diesem dritten Wunder ist das vierte Wunder ähnlich,
daß Christus nicht bloß unter jeder Gestalt sondern auch in
°) Rom. vl. 9, - '°) 80« XIII. c»n. 3. - ") ^Ulmn Vl. 58.
Die Brodvermchrnng. 135
") I^eu8iuL, 6e peikeet, moiib 6iv!n, üb, XlI, enp, 16. n. 129.
190 Vl. Sonntag nach Pfingsten.
zuerst aus dem Gehör oder durch den Glauben, und dann
aus eigener Erfahrung, durch den Genuß. Als sie nämlich
fragten: Uanliu, was ist das? antwortete ihnen Moses:
Das ist das Brod, welches ench der Herr zu essen
gegeben. Gewiß gewannen sie schon durch diese Belehrung
eine hohe Meinung von dem Brode, aber sie kannten es noch
nicht vollständig. Sobald sie aber anfingen, die weißen Körner
zu sammeln und zu genießen, da fanden sie selber, daß es ein
ganz wunderbares himmlisches Brod sei, das jeden Wohlge
schmack enthielt und sie stärkte und kräftigte, so daß sie nicht
länger mehr sür ihr leibliches Leben in der Wüste in Sorge
zu sein brauchten; sie sahen nicht bloß, sie wußten jetzt aus
Erfahrung, daß das Manna nicht bloß wunderbar sondern ein
Wnnder göttlicher Liebe ist./
Seht, Geliebteste, geradeso ergeht es uns mit dem heilig
sten Sakramente. Wenn wir die kleine Hostie sehen, äußerlich
so unansehnlich wie das Manna, können auch wir fragen:
^lantn,, was ist das? Doch da kommt zuerst der Glaube
und belehrt uns: Seht, das ist das Brod, welches vom
Himmel herabgekommen ist und der Welt das Leben
gibt. Wir glauben es, weil es der untrügliche Mund Jesu
Christi selber ausgesprochen hat: Dies ist mein Leib. Jn
Folge dieses Glaubens wissen auch wir, daß es ein Wunder
göttlicher Liebe ist, die viele Wunder zugleich wirkt, um in
Brodsgestalt unter uns gegenwärtig sein zu köunen. >
Allein diese Erkeuntniß wird immer dunkel und schwach
bleiben, so lange wir uns nicht anschicken, dieses Brod vom
Himmel zu kosten und zu genießen; denn erst durch den Ge
nuß erfahren wir, wie süß der Herr denen ist, die ihn kosten,
erst durch den Genuß werden wir vollkommen überzeugt, daß
es wirklich das Himmelsbrod, das Brod des wahren Lebens
ist. Gleichwie, sagt der heilige Basilius, Niemand die
Süßigkeit des Honigs kennen lernt, den man ihm vorsetzt,
auch wenn ihm noch so viel darüber gesagt wird, bis er nicht
192 VI, Sonntag nach Pfingsten.
daß man dies wirklich als das allergrößte Wunder der Liebe
betrachten muß, daß er den Menschen ungeachtet so vieler Be
leidigungen das heiligste Sakrament nicht entzieht.
Wenn die göttliche Liebe solche Wunder wirkt aus Liebe
zu uns, dann müssen unsere Herzen ganz kalt und erstorben
oder ganz in das Jrdische verstrickt sein, wenn sie eine solche
Liebe nicht zu würdigen und zu erwiedern wissen. Hören wir
darum nicht bloß jenes Wort: Dies ist mein Leib; son
dern befolgen wir auch dieses: Nehmet hin und esset. Eiu
Wunder der Liebe ist es, daß er herabsteigt, Brodsgestalt an
nimmt und ein verborgener Gott wird. Bewundern und lieben
auch wir, damit wir durch die Vereinigung mit ihm hinauf
steigen zu ihm und Träger der Gottheit werden. Ein Wunder
der Liebe ist es, daß er Brod in seinen Leib verwandelt und
sich uns als sakramentale Speise gibt; bewundern und lieben
auch wir, damit wir aus alten in neue Menschen umgewandelt
werden und so in Christus leben, wie er in uns lebt. Ja,
göttlicher Jesus! Du bist die Liebe der Wunder und das
, Wunder der Liebe im heiligsten Sakramente für mich und für
jeden Gläubigen, für uns Alle, sieh, auch wir wollen Liebe
werden, ganz Liebe für Dich. Amen.
,
Ich habe mich gefürchtet, weil ich nackt bin. Wie hat
dieses nämliche Mittel der Verstellung sein Sohn Kam nach
geahmt, als er Abel einlud, mit ihm in's Freie zu gehen?
Wie sind nach ihnen so viele andere Lügenpropheten und
Heuchler aufgestanden, falsche Propheten im alten Bunde und
falsche Propheten im neuen? Oder was waren jene Baals-
diener, die das israelitische Volk zum Götzendienste verleiteten,
was sind jene Jrrlehrer, die feit neunzehn Jahrhunderten
auftraten, Anderes als falsche Propheten, die sich mit dem
Scheine der Wahrheit und Tugend zu umgeben suchten, die
sich in Schafspelze hüllten, innerlich aber raubgierige Wölfe
waren, welche aus der Herde Jesu Christi, aus der Kirche,
die Lämmer, die Gläubigen zu rauben und zu verschlingen
suchten? Denn gleichwie die Schlange einst zu den Stamm
äktern sprach:^ Es werden eure Augen aufgeschlossen
werden und ihr werdet sein wie Götter, so rufen auch
jene falschen Propheten den Guten zu: Man hat euch bisher
in der Finsterniß und im Aberglauben herumgeführt, hat euch
das lautere und ungefälschte Evangelium vorenthalten, nun
sollt ihr von allem Pfaffenlrug erlöst werden, sollt das reine
Gotteswort aus unserem Munde vernehmen..
Gleichwie ferner der Vater der Lüge zuerst das Wort
und die Auktorität Gottes zu untergraben bemüht war, indem
er den Stammältern sagtet Mit Nichten werdet ihr des
Todes sterben; so haben auch jene Lügenpropheten jederzeit
gerüttelt an der Auktorität Gottes und an dem von ihm ein
gesetzten unfehlbaren Lehramte der Kirche. Sind aber diese
Schranken einmal durchbrochen, hat man Gott und der Kirche
den Gehorsam aufgekündet, die Scheu vor der wahren Religion
abgelegt und dem Unglauben an einem Orte den Sieg ver
schafft, dann gleicht er dem wilden Bergstrome, der, nachdem
er den schützenden Damm durchbrochen hat, Fluren, Straßen
') ^nt', XXXVl. 1!!.— "') l^eli. III. 2^. — ") «nttl,. XXIIl. 27.
Die Propheten in Schafskleidern, 20?
sie recht gut wissen oder doch wissen könnten, wess' Geistes
Kinder jene find, von denen sie sich bethören lassen.,
Beispiele, sagt das Sprüchwort, sind gehässig, und darum
will ich nicht auf Einzelnheiten eingehen. Doch glaube ich
nicht verschweigen zu dürfen, daß hie und da die Betheiligung
der minder bemittelten Klasse bei frommen Zwecken größer ist,
als die mancher Reichen, welche auf der einen Seite ihr Geld
hinauswerfen, aber auf der anderen, wenn es sich um acht
christliche Werke handelt, jeden Kreuzer zählen. Verschwen
derisch und freigebig sein, bloß um zu prahlen und groß zu
thun, hat auch keinen Werth vor Gott, dem das Schärflein,
welches die arme Wittwe in den Opferkasten warf, willkom
mener war, als die aus Eitelkeit entsprungenen Gaben
der 'Reichen. Doch kehren wir zur Klugheit der Weltkinder
zurück./
Jch habe bereits angedeutet, daß sie bei Verfolgung ihres
Zieles akle Entschiedenheit zeigen und mit Keckheit ja mit
Frechheit auftreten. Wie geberden sich die Kinder des Lichtes?
O wie muthlos, wie feig sind sie, wenn es sich um Zerstörung
der Pläne der Gottlosen handelt. Es geschieht nicht selten,
daß öffentliche Schmähungen über Kirche und Staat, über
Glauben und Gesetze ausgesprochen werden. Wie benehmen
sich dabei oft Solche, die im Herzen ganz anderer Meinung
sind? Sie hören stumm zu, wagen keine Antwort zu geben,
drücken ihr Mißfallen weder durch offene Entgegnung noch
durch stillschweigende Entfernung aus, und so kommt es,
daß oft ein paar Schreier eine ganze Gesellschaft verhöhnen
dürfen./
Die Gottlosen lassen es natürlich bei den Worten nicht
bewenden, sondern schreiten zur That. Daher die weitere
Erscheinung, daß eine Hand voll schlechter aber einträchtiger
Personen mehr als einmal hinreichend war, um nicht bloß ein
kleines Dorf, sondern ganze Städte und Landschaften in Auf
regung zu versetzen. Wir haben recht naheliegende Beweise,
Der ungerechte Verwalter. 215
sielen und dann ungläubig wurden? Sie waren zuerst wie ihr
religiös, zweifelten nicht am Glauben und empfingen öfter im
Jahre die heiligen Sakramente. Wann also hat sich ihr Sinn
in Glaubenssachen geändert, wann fingen sie an die Beicht zu
fürchten? Erst nachdem sie sittlich verdorben waren, nachdem
die Bosheit ihren Geist verfinstert hatte. Diese Thatsache
läßt sich ohne sonderliche Schwierigkeit ' erklären. So lange
ein Christ einen sittlichen Wandel führt und ein vorwurfsfreies
Gewissen hat, ist ihm der Gedanke an Gott, an die vier
letzten Dinge, an die Gerechtigkeit Gottes, kurz an die ewigen
Wahrheiten der Religion keine Last sondern vielmehr ein
Gegenstand des Trostes. Erst wenn er moralisch schlecht ge
worden ist, dann werden ihm solche Erinnerungen eine wahre
Folter. Und was thut der von der Leidenschaft Verblendete?
Statt umzukehren und sich durch den Gebrauch jener Mittel,
welche ihm der Glaube bietet, die Ruhe des Herzens wieder
zu verschaffen, fängt er an, an den Glaubenswahrheiten zu
zweifeln, flieht die Kirche, hört Glaubensspötter gern an, und
kommt so allmalig ganz um den Glauben. Seht, wie einer
seits der Unglaube die Unsittlichkeit fördert, und umgekehrt
die Unsittlichkeit den Glauben zerstört./
Daher auch die durch unzählige Beispiele verbürgte
weitere Thatsache, daß von Hundert Jndividuen, welche vom
Glauben und von der wahren Kirche abfielen, neunundneunzig
durch Unsittlichkeit und unsittliche Beweggründe zu diesem be-
jammernswerthen Schritte kamen. Noch größer ist die Zahl
jener, die sich zwar nicht förmlich von der Kirche lossagten,
aber doch ihr innerlich nicht mehr angehören, ich meine die
schlechten Namenkatholiken, die durch Wort und That beweisen,
daß sie im Herzen glaubenslos sind oder doch wenigstens
gleichgiltig gegen die wahre Religion. Jch bin überzeugt,
Geliebteste, daß ihr zu dieser Schaar nicht gehöret, aber ich
meinte euch darauf aufmerksam machen zu müssen, damit ihr,
die Gefahr erkennend, um so klüger und vorsichtiger wandelt
Der ungerechte Verwalter. 223
') Ilom. VIII, 2«. — ') rbilipp. l. 23. — ') ?«»Iw, 6XXV. 5, 6.
") ru»Im, XI.I. 4.
230 IX. Sonntag nach Pfingsten.
mit den Thränen Jesu, und sie werden dir ebenso Verzeihung
erflehen, wie sie Gott Anderen um ihrer Thränen willen an-
gedeihen ließ./
Dem Könige Ezechias hatte der Prophet Jsaias ange
kündigt, daß er bald sterben werde; doch kurze Zeit darnach
theilte dieser ihm mit, daß er noch fünfzehn Jahre leben
werde. Woher diese plötzliche Aenderung? Der Aufschub des
Todes war eine Frncht der Thränen, weil Ezechias mit
lautem Schluchzen weinte und zum Herrn betete. Jch habe
gehört dein Gebet, ließ ihm Gott sagen, '^ und habe
gesehen deine Thränen, siehe, ich will hinzufügen
zu deinen Tagen noch fünfzehn Jahre. David hat
durch zwei schwere Verbrechen sich befleckt; da benetzt er mit
Thränen sein Lager, Thränen werden seine Speise Tag und
Nacht,'" nnd Gott gewährt ihm nicht nur Vergebung, er
bestätigt ihn und sein Haus in der Königswürde. Petrus
sühnt durch bittere Reuethränen seine dreimalige Verleugnung
nnd erhält nicht bloß Verzeihung, sondern wird zur höchsten
Würde erhoben. Wie viel hat desgleichen Magdalena durch
ihre Bußthränen erlangt? „O! groß ist die Macht der
Thränen, sagt der heilige Johannes Chrysostomus. ''
Willst du wissen wie groß? setzt er bei. Höre: Das grüßte
Tugcndwerk ist das Martyrium, weil die Martyrer ihr ,Blut
vergießen, während die Sünder nur Thränen vergießen. Mag
dalena hat kein Blut vergoßen, und doch hat sie ihre Sünden
abgewaschen durch Thränen. Die Sünden sind aufgezeichnet
im Schuldbuche; doch die Thränen sind der Schwamm, der
alle austilgt und die Blätter reinigt."^,
Aber nicht bloß Vergebung der Sünden verschaffen die
Bußthränen, sie erzeugen auch .innere Freude und Heiterkeit.
Bitterlich hatte Augustinus geweint kurz vor seiner Bekeh
rung, ehe er die himmlische Stimme vernahm:^ „Nimm
") IV, N«F. XX. — '°) r^Im. XI.,. 4. — ") «om. II. m
?u»Im. I.. — ") conleHu. üb. VIII. e»p. 12.
234 IX. Sonntag nach Pfingsten.
') llebr, V. 7. - ") U»ttl,. XXVI. 39. — ") Ibiä. XXVll. 4<!.
238 IX. Sonntag nach Pfingsten.
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niedrigen? Was würdet ihr von einem Knechte halten, der sich
die Ehre seines Herrn anmaßt? Oder was würdet ihr von einem
Sohne denken, der die dem Vater gebührende Ehre sich bei
legt? Was muß mau also von der Hoffart halten, welche die
Ehre Gottes, die Ehre des Unendlichen, beanspruchen will?
Doch gehen wir noch tiefer in die Sache ein./
Alle Vorzüge und Gaben, die der Mensch besitzt, sind
entweder natürliche oder übernatürliche. Erstere empfängt er
von Gott dem Schöpfer, letztere von Gott dem Erlöser und
Heiligmacher. Wenn also der Hoffärtige auf erstere stolz ist
und sich selbst ehrt, so setzt er sich gewissermassen an Stelle
des göttlichen Schöpfers. Und schreibt er sich die letzteren zu,
so nimmt er für sich die Ehre des Erlösers und Heiligmachers
in Anspruch. Jst das nicht eine entsetzliche Anmassung und
ein ungeheurer Frevel?/
So Mancher ist stolz auf seine natürlichen Anlagen und
Fähigkeiten, auf seine Geschicklichkeit und körperliche Schön
heit: Hat er sich diese etwa selbst gegeben, weil er sich ihret
willen geehrt sehen will? Er hat sich nicht einmal das Da
sein, nicht einmal ein Glied an seinem Leibe selbst gegeben,
er kann seinen Leib nicht einmal um eineu Zoll verlängern,
er kann keine fehlende Hand, keinen fehlenden Finger, nicht
einmal ein einziges ausgefallenes Haar ersetzen. Oder ist er
wenigstens der Urheber seiner Gesundheit? Ach nein, tausend
Wechselfällen unterliegt dieselbe, und diese ganz zu beseitigen,
steht nicht in seiner Macht. Oder kann er seine Lebensfrist um
eine Minute verlängern? Ist nicht jeder neue Athemzug eine
Gabe des Urhebers alles Lebens; wird er somit nicht, je
länger er lebt, nur um so abhängiger von dem, der ihm das
Dasein gegeben? Oder darf er sich seines Wohlstandes rühmen,
da er nicht einmal einen Grashalm zu erschaffen vermag?
Darf er sich seiner Künste und Erfindungen rühmen, seiner
Eisenbahnen und Telegraphen? Wer gibt ihm denn die Stoffe
dazu, und wie viel ist das, was er damit vermag? Er kann
2,18 X, Toimwz nach Pfixgstcn.
") zl»ttli, VI. 3^ — ") 8eru,, 37. clß my6, bene viv. — ") In.
I'snln, XXXVl. ,
2'il? X. somitcig uach Pfingsien.
I)!.». IV. A4. - ") ä«t. Xll, 22. — ''), l!.«1. v> 23.
25 l X. Sonntag noch Pfingsten.
Die Hoffart ist an sich schon eine große Sünde, sie ist
aber zugleich auch der Anfang und die Ursache einer jeden
anderen Sünde, die der Mensch begeht. Wenn daher Gott
jede Sünde haßt, um wie viel mehr muß er die Hoffart hassen,
da sie das Grundübel ist, aus welchem alle einzelnen Uebel
entspringen?/
Auf zweifache Weise kann nach der Lehre des heiligen
Bonaventura die Hoffart als Ursache und Anfang jeder
Sünde betrachtet werden. °" Erstlich insofern die Hoffart die
allererste Sünde war, die im Himmel von den Engeln und
im Paradiese von den Stammättern begangen wurde, und vor
der es gar keine andere Sünde gab; zweitens insofern, als
sie die bestimmende Ursache zu jeder nachher begangenen
Sünde ist. Denn was ist die Sünde anderes als eine Ver
achtung Gottes und eine Hintansetzung seines Willens; und
was ist diese Verachtung und Hintansetzung anderes, als eine
Hoffart? So also fließt die Hoffart in jcde einzelne Sünde
ein und wird deren eigentliche Ursache. Ohne Hoffart gäbe
es keine Teufel, ohne Hoffart keine Erbsünde, ohne Hoffart
keine persönliche Sünde. Aus der Hoffart, schreibt der heilige
August in," entspringen Ketzereien, Spaltungen, Verleumdung,
Neid, Zorn, Streitigkeiten, Geringschätzung, Anmassung, Lüge,
l) coinpeixl ttieul. vei,it. — ") 'lau,. IV. <le uu!, <loenm, nnp 19.
Ter Pbanjäer und dcr Zöllner. 35!5i
lebendig macht, wie der Vater. Wie soll darum der Christ
deuten, reden und handeln? Muß nicht sein oberster Grundsatz
ebenfalls sein: „Alles zur größeren Ehre Gottes." Wenn
er daher anders denkt und redet und handelt, wenn er sich
selbst die Ehre gibt, ist er dann ein wahrer Christ? Sieh also,
wie die Hoffart im schärfsten Gegensatz zum Christenthume steht./
Dies wird uns noch deutlicher, wenn wir einzelne Mo
mente aus dem Leben Jesu hervorheben. Wenn er in diese
Welt kam, wenn er in einem Stalle geboren wurde nud
dreißig Jahre in der Werkstätte arbeitete, wenn er Verleumd
ungen und Verfolgungen ertrug, wenn er endlich »n einem
Kreuze starb; fo ist jeder dieser Momente eine thatsächliche Predigt
gegen die Hoffart. Wenn er nicht eine stolze Königin sondern eine
demüthige Magd zur Mutter sich erkor, wenn er einem armen
Zimmermann Gehorsam leistete, wenn er von Johannes sich
taufen ließ, wenn er mit Zöllnern und Sl'mdern umging, wenn
er feinen Jüngern die Füße wusch; so ist jeder dieser Akle
der Erniedrigung zugleich eine Verwerfung des entgegenge
setzten Lasters. Wenn er oftmals den wnnderbar Geheilten
verbot, das Geschehene weiter zu verbreiten, wenn er sich
zurückzog, als man ihn in der Wüste zum Könige machen
wollte, weun er den Zeugen der Verklärung auf Tabor unter
sagte, davon vor seiner Auferstehung zu reden, lehrt er damit
nicht ebenso oft, daß man alle Hoffart fliehen müsse? Wenn
er schließlich nicht einmal sondern mehrmal erklärte, daß Gott
den Hoffärtigen widerstehe, wenn er Alle aufforderte, den
Kindern gleich zu werden, wenn er sagte, der Größte müsse
wie der Kleinste werden und der Vorsteher wie der Diener,
wenn er nicht will, daß man sich auf die ersten Plätze setze,
wenn er endlich so recht die Demnth als die Tugend seines
Herzens bezeichnet und uns auffordeit, sie von ihm zu lernen,
— will er mit all dem nicht ausdrücken, daß Hoffärtige seine
Nachfolger nicht sein können, daß Christenthnm und Hosfart
mit einander sich nicht vereinbaren lassen? Weun schon ein
Der Pharisäer und der Zi5lli«r. 257
einen Vergleich klar. Wenn ein Arzt, sagt er/' bloß äußer
lich ein Uebel zu heben sucht und nicht auch die Ursache des
selben entfernt, so wird die Heilung nicht erfolgreich sein.
Jemand ist zum Beispiele voll schlechter Säfte, welche Haut
krankheiten und Geschwüre erzeugen. Wenn der Arzt bloß
das Geschwür beseitigt und nicht gleichzeitig auch auf Entfern
ung der schlechten Säfte hinwirkt, so wird nach kurzer Zeit
das Geschwür wieder hervorbrechen. Da er nun dieses weiß,
so tritt er auch der Ursache entgegen und stellt dadurch die
volle Genesung her. Gerade so, sagt der Heilige, verhält es
sich auch mit den Krankheiten der Seele, mit den Sünden.
Entferne die Ursache, und du hast die Sünde entfernt; heile
die Hoffart, und du hast jegliches Uebel gehoben/
Der erste Schritt zu Gott ist die Erkeuntniß, daß wir
Sünder und daß wir aus uns selbst arm sind und nichts
vermögen; der erste Schritt zum Verderben ist die Selbstrccht-
fertigung, die Einbildung und hohe Meinung von unserer
Tugend. Ter Zöllner senkt den Blick zu Boden, er schlägt
an seine Brust und spricht: Gott! fei mir Sünder gnädig.
Der Pharisäer blickt stolz um sich, denkt gering vou Anderen
und rühmt sich seiner Tugenden. Der Pharisäer geht ver
loren, der Zöllner wird gerettet. Wessen Loos wollen wir
theilen? Wohl nicht das des Pharisäers sondern das des
Zöllners. Aber dann entsagen wir auch gründlich ein für
allemal aller Hoffart und folgen wir dem Beispiele des de-
müthigen und reuigen Zöllners. Dann wird auch an uns
das Schlußwort des heutigen Evangeliums wahr werden:
Wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden.
Amen,x
jene, welche nur das hören, was ihrer Seele Schaden bringt,
dem aber, was zu ihrer Rettung dient, das Ohr verschließen.
Und wer gehört denn zu den geistig Stummen? Geistig
stumm ist, wer nie seiueu Mund öffnet, um zu beten, wer
Gott für empfangene Wohlthaten nicht dankt, ihm nicht die
Ehre gibt, nicht um fernere Gnaden bittet: stumm ist, wer
die ungerecht verfolgte Unschuld nicht vertheidigt, wer Fehlende,
obwohl verpflichtet, nicht zurechtweist; wer, wo er durch sein
Wort das Böse verhindern könnte, aus Meuscheufurcht und
Feigheit stillschweigt. Geistig stumm ist ferner jener, der
seine Sünden im Beichtstuhle verschweigt, die Wunden des
Herzens, die bösen Gelegenheiten dem Arzte der Seele nicht
entdeckt und Gott nicht um Erbarmung und Verzeihung an
rufen will. Geistig stumm, obschon sie reden, sind auch jene,
welche ihre Zunge bloß zum Lästern, Fluchen, Zanken, zu un>
züchtigen Reden und Gesängen gebrauchen; denn obwohl sie
den Mund körperlich öffnen, ist er doch stumm, ja schlechter
als stumm vor Gott. Kurz, geistig stumm sind Alle, welche
iu der Regel reden, wo sie schweigen, und immer schweigen,
wo sie zu ihrem Besten reden sollten.
Alle diese geistig Tauben und Stummen nun haben ihr
Vorbild im Taubstummen des heutigen Evangeliums. Sehen
wi/ nun, welcher Art die Mittel sind, nm diese geistige Gehör-
und Sprachlosigkeit zu heilen. Sie sind in dem angedeutet,
was der Herr mit dem Taubstummen vornahm, und ver
dienen darum eine eingehendere Erwägung. Doch zuvor
wollen wir noch das Beispiel jenes Volkes nachahmen und
zu Jesus recht innig um unsere eigene Heilung flehen,, um
die Oeffuung unseres Geistes für die Wahrheit und unseres
Herzens für den Vorfatz, der Wahrheit entsprechend zu leben.
Bitten wir daher wie immer: Deine Gnade, o Jesus! fei
mit unS./
262 XI. Sonntag nach Pfingsten.
für den Taubstummen that, beten wir für Alle, welche ihr
inneres Ohr vor Gott verschlossen halten, für die Feinde des
Glaubens und der Kirche und für die Feinde des heiligen
Vaters. Unsere Waffen sind stärker als die ihrigen, die nur
ans Betrug, Ungerechtigkeit und Gewaltthat sich stützen; unsere
Waffen sind Gottes Naffen, die den Sieg über die Höllen-
pforten davontragen, über den Widersacher, der so viele See
len in seinen Fallstricken gefangen hält. Thun wir, was jenes
Volk that, für alle Sünder, auf daß sie Herz und Mund
öffnen, ihre Sünden bekennen und wieder Gottes Lob ver
künden, daß der böse Feind, der ihr Ohr und ihren Mund,
verschließt, von ihnen weiche und sie wieder die Freiheit der
Kinder Gottes erlangen.
Doch was that Jesus selbst auf jene Bitte hin, und was
thut er fortwährend geistig au denen, die der Seele nach taub
und stumm sind? Er führte den Taubstummen abseits, steckte
seinen Finger in dessen Ohren, spie aus nnd berührte die
Zunge desselben, sah dann auf gegen den Himmel, seufzte
und sprach zu ihm: Epheta, d. h. eröffne dich. Und seine
Ohren öffneten sich sogleich, das Band seiner Zunge war ge
löst und er redete recht./
Aber hätte denn Christus nicht auch durch ein einziges
Wort den Taubstummen retten können? O gewiß, er ver
mochte dieses, wie er es häufig bei anderen Wundern that.
Allein er wendete hier alle jene Mittel und äußeren Ge
bräuche an, um uns vor Allem zu zeigen, wie schwer es sei,
taubstumme Seelen zu heilen, nicht schwer von seiner Seite,
sondern schwer von ihrer Seite, weil sie der Wahrheit nicht
gern und schnell folgen wollen. Er wendete sie ferner an, um
damit anzudeuteu, wie er auch seine sakramentalen Gnaden
an sichtbare Zeichen knüpfen werde. Er wendete sie endlich
an, um uns zu belehren, daß wir die äußeren Gebräuche,
welche die Kirche bei gottesdienstlichen Verrichtungen, bei der
Ausspendnng der Sakramente, beim heiligen Meßopfer, und
264 XI. Gmintag uach Pfingsten.
bei den Sakramcntalien anwendet, nicht geringschätzen dürfen,
zumal dieselben eine tiefe religiöse Bedeutung haben.
Worin aber bestanden in unserem gegenwärtigen Falle
die äußeren Zeichen und Mittel, welche die inneren Wirkungen
hervorbrachten? Das Erste, was Jesus mit dem Taub
stummen lhat, war, daß er ihn abseits von der Menge führte.
Was hat wohl das zu bedeuten? Damit will er sagen, daß
der Sünder, den die göttliche Gnade ruft, sich gleichfalls vom
großen Haufen absondern, sich von der Welt und von den
Gelegenheiten zum Bösen zurückziehen und an einen stillen
und einsamen Ort begeben muß, um dort über seinen trau
rigen Zustand nachzudenken. Denn gewöhnlich spricht der
Herr nicht im Gewirre der Welt, mitten unter zeitlichen Ge
schäften und Zerstreuungen zur Seele, weil da seine Stimme
meistens überhört wird, sondern er will allein mit ihr sein,
damit sie dem irdischen Getöse entzogen leichter seine Ein
gebung vernehme. Jch will sie, sagt er durch den Pro
pheten/ in die Einsamkeit führen und da zu ihrem
Herzen sprechen./
Eine solche Einsamkeit ist aber auch schon das eigene
Herz, sobald es sich einmal seines traurigen Sündenlcbeus
bewußt wird; denn da fühlt es alsdann so recht seine Ver
lassenheit von Gott, fühlt die ganze Oede des Jrdischen und
Vergänglichen, fühlt seine Taubheit, die Blindheit seines Ver
standes und die Verkehrtheit seines Willens. Jst dieses Ge
fühl einmal in deiner Seele erwacht, mein Christ, dann hat
dich Jesus bereits abseits geführt. O! widerstehe dann dem
Zuge seiner Gnade nicht länger, laß ihn weiter au dir han
deln und folge, wohin er dich ruft.
Aber auch die Guten und Gerechten führt Gott zuweilen
abseits, um sie noch iuiiiger an sich zu fesseln. Der Heiland
selbst hat die Einsamkeit geliebt; gar oft zog er sich zurück
") D«s!i. XXViII 28, — '°) pznlm, oxi., 3, — ") äpoo, lll, 2U.
'^ l l'.'t,' II, ^ — ") l!»»' I!, It. — ") l>l'<»v, X 2l>.
Die Heilung de« Taubstummen. 275
18'
XVII.
Jst es nicht der erste Mensch im Paradiese, dem sich die alte
Schlange, der Lügner und Mörder von Anbeginn, der Teufel,
hinterlistig nähert, um ihn und alle seine Nachkommen ins
Verderben zu stürzen? Dieser beraubt ihn seiner Kleider, des
Gewandes der Unschuld und der heiligmachenden Gnade, des
Wohlgefallens, der Freundschaft und der Kindschaft Gottes,
womit er ursprünglich bekleidet war. Und damit nicht zu
frieden, schlägt und verwundet er ihn auch: Der erste Mensch,
der frei war vom Kampfe der bösen Begierlichkeit, fühlt jetzt
in sich den heftigen Sturm der Leidenschaften; Krankheiten,
Schmerzen und Drangsale aller Art brechen über ihn herein,
er muß gegen Mühseligkeiten und Beschwerden kämpfen, und
zuletzt ereilt ihn der Tod als Sold der Sünde und des Un
gehorsams gegen Gott. Der Meufch vom Weibe geboren,
sagt Job/ hat der Tage wenige, der Plagen aber viele;
wie eine Blume sproßt er auf und verwelkt er, dahin
flieht er wie ein Schatten und unstät ist er.j
Wie ferner jener Wanderer Jerusalem verläßt, so mußte
der sündige Mensch das himmlische Jerusalem, das Paradies
verlassen ; und wie jener in die Wüste gerieth, welche zwischen
Jerusalem und Jericho liegt, so muß dieser den Acker bebauen,
der Dörner und Disteln trägt, muß im Schweiße seines An
gesichtes sein Brod essen und ringen und leiden, bis er zur
Erde wiederkehrt, von der er genommen ist. Und wie endlich
der Reisende halbtodt liegen blieb, unfähig sich zu bewegen,
sich aufzuraffen und an einen sicheren Ort zn eilen, so ver
mag auch der gefallene Mensch aus sich selbst nicht zum ver
lornen Gnadenleben zurückzukehren, sondern senfzt unter dem
Joche der Sünde und der Knechtschaft des Teufels. Jn
diesem Wanderer stellt uns also der Herr so recht anschaulich
den Zustand des Menschen nach dem Sündenfalle dar.,
Bon ungefähr, erzählt Jesus weiter, reiste ein
') Iu. I.,ll, 5. — ') l I^t', l. l?, 19; °s. !' >l"»un, l. ?,
286 XII. Sonntag nach Pfingsten.
wurde, so werdet ihr leicht für euch selbst den Schluß ziehen
können.^ >
Jch will euch nicht auf die ersten Christen aufmerksam
machen, die Alles gemeinsam hatten, so daß es unter ihnen
eigentlich keinen Nothleidenden geben konnte; ich ziehe es vor,
bloß einige hervorragende Charaktere namhaft zu machen.
Wenn ein Felir von Valois, ein Johannes von Matha
mit ihren Nachfolgern, oder ein Paulin us von Nola sich
selbst in die Sklaverei begaben, um die Christen daraus zu
befreien, ist das nicht ein Werk des barmherzigen Samaritans?
Wenn ein heiliger Carl Borromaus nicht einmal die noth-
wendigsten Bedürfnisse des Lebens für sich behält, wenn er
zur Zeit der furchtbaren Pest in Mailand in die niedrigsten
Wohnungen tritt und den Leidenden mit Gefahr seines eigenen
Lebens leibliche Unterstützung und himmlischen Trost spendet,
ist das nicht ein Werk des barmherzigen Samaritans? Wenn
ein Johannes von Gott in Granada in Spanien mitten
hineingeht in die Flammen des Spitales, in welchem Fener
ausgebrochen war, und unbekümmert um sich selbst die dem
Feuertode preisgegebenen Kranken herausträgt, wenn er Tag
und Nacht am Bette der Leidenden zubringt, ist das kein
Werk des barmherzigen Samaritans? Wenn ein Camillus
von Lellis, ein Vincenz von Paul und die Glieder der
von ihnen gestifteten Orden unablässig bemüht sind, Werke
der Barmherzigkeit zu üben und Andere zu gleichen Werken
auzueifern, sind sie nicht Nachahmer des barmherzigen Sama
ritans? Wenn Ordensleute auf die höchsten Berge sich zurück-
ziehen und keine andere Freude begehren, als die von Abgrün
den, von Schnee und Eis gefährdeten Reisenden aufzusuchen,
wie es die Mönche auf dem großen St. Bernhard thun,
üben sie nicht das Werk des barmherzigen Samaritans?
Wenn eine heilige Katharina von Genua, um auch einige
Beispiele christlicher Samariterinnen anzuführen, Tag und
Nacht im großen Spitale zu Genua deu Kranken dient, wenn
-Der barmherzige Samariter. 289
barmen, sagt der Apostel Jakobus, '° wird über den er-
gehen, der nicht Barmherzigkeit übt, die Barm
herzigkeit aber triumphirt über das Gericht. Seid
darum bemüht, Geliebteste, euren Berns und eure Auser-
wählung durch gute Werke gewiß zu machen; dann seid ihr
Nachfolger des barmherzigen Samaritans, erfüllet sein großes
Gebot: Du sollst den Nächsten lieben wie dich selbst,
nnd erwerbet euch reiche Verdienste für die Ewigkeit. Gehet
also hiu und thuet desgleichen. Amen. ^,
19
XVIII.
Leben. Ein Leben besteht darin, daß sein Leib sich bewegt
und seine Sinne alle ihre Verrichtungen thun, daß er sieht,
hört, fühlt, kurz es besteht in all dem, was der Mensch, weil
in einen Leib gekleidet, mit dem Thiere gemein hat; und dieses
heißt das leibliche oder auch das niedrige, thierische und sinn
liche Leben. Dasselbe geht verloren durch den leiblichen Tod,
welcher eine Strafe für die erste Sünde ist, ohne daß
er jedoch gleich unmittelbar nach begangener Sünde eintreten
müßte./
Ein anderes Leben besteht in der Thätigkeit der Vernunft
oder des Geistes, indem der Mensch denkt, spricht, urtheilt
und begreift, mit freiem Willen handelt, kurz Alles thut,
was nur der Geist thun kann und wodurch sich der Mensch
vom Thiere wesentlich unterscheidet; und dieses heißt man das
vernünftige Leben. Dieses hat jeder Mensch, der zum Ge
brauche der Vernunft gekommen ist, auch nach der Erbsünde;
denn durch dieselbe hat er seinen Verstand und seinen freien
Willen nicht verloren, wenngleich diese Kräfte geschwächt wor
den sind. Dieses zweite Leben geht ebenfalls durch die Sünde
nicht verloren, nicht einmal in der Hölle, weil der Geist nicht
sterben kann./
Aber der Geist hat auch noch ein drittes Leben, und das
ist jenes, von welchem Christns sagt: ^ Jch bin gekommen,
damit sie das Leben haben. Und wieder:" Wenn ihr
das Fleisch des Menschensohues nicht esset, könnet
ihr das Leben nicht in euch haben. Oder an einer
anderen Stelle:' Wer mein Wort hört und glaubt,
der ist vom Tode zum Leben übergegangen. Dieses
Leben ist nicht so sichtbar und fühlbar wie die beiden anderen,
sondern man kennt es bloß durch den Glauben. Worin be
steht es denn eigentlich? Es besteht, um es kurz zu sagen,
darin, daß der heilige Geist auf wunderbare und gcheimuiß-
volle aber doch wahre und innige Weise mit der Seele des
Menschen vereinigt ist. Dadurch werden wir an Kindesstatt
angenommene Kinder Gottes, werden Brüder Jesu Christi
und Miterben des Sohnes Gottes; dadurch erlangen wir die
heiligmachende Gnade und die eingegossenen Tugenden des
Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, dadnrch das Vermögen,
gute und verdienstliche Werke für den Himmel zu thun; dadurch
werden wir fähig, dereinst die heiligste Dreifaltigkeit von An
gesicht zu Augesicht zu schauen und die gleiche Seligkeit mit
Gott zu genießen.»
Dieses drille Leben heißt das Gnadeuleben, weil es ein
ausschließliches Geschenk der göttlichen Gnade ist; heißt über-
natürliches Leben, weil es über das Wesen der menschlichen
Natur hinausgeht. Es ist ein Leben, das Gott dem Menschen
von Anfang an zu geben nicht schuldig war, sondern das er nur
aus freier Liebe uns geschenkt hat. Es ist jenes Leben, welches
Adam und Eva verloren haben, und ohne welches wir Alle
wegen der Erbsünde geboren werden. Es ist das Leben,
welches wir erst in der heiligen Taufe erlangen, die eben des
halb das Sakrament der Wiedergeburt genannt wird, weil,
wie wir in der natürlichen Geburt zum leiblichen Leben, fo
durch das Wasser und den heiligen Geist zum übernatürlichen
Leben wiedergeboren werden. Es ist ein Leben, welches der
Getaufte durch jede schwere Sünde tödtet und verliert, und
zu dem er nur durch das heilige Bußsakrament wieder er
weckt werden kann. Dies ist darum auch jenes Leben, welches
bei weitem nicht alle Menschen besitzen, sondern nur jene, welche
getauft, gut und rein von schweren Sünden sind, mit einem
Worte, die Gerechten.^
Jst nun dies Alles klar und gewiß, so werdet ihr daraus
leicht ersehen, worin der Tod der Seele besteht, den die Sünde
verursacht. Er ist der Verlust dieses übernatürlichen Lebens,
also der Verlust der Vereinigung mit Gott dem heiligen
Geiste, der Verlust der Kindschaft Goltes und des Anrechtes
Der Jnngling ron Naim: -^7
auf den Himmel, kurz alles dessen, was uns Gott wohlge
fällig, gerecht und heilig macht. Darum ist auch der Tod
der Seele viel furchtbarer als der Verlust des vernünftigen
und des leiblichen Lebens./
Den Verlust des vernünftigen Lebens nennt man Wahn
sinn. Welch ein trauriges Uebel der Wahnsinn, die Verrückt
heit, ist, brauche ich euch nicht zu sagen. Dessenungeachtet,
verehrte Zuhörer, wenn plötzlich das Zeichen des Menschen
sohnes erschiene, wenn der Herr in diesem Augenblicke Alle
vor seinen Richterstuhl forderte, wer meinet ihr, daß besser
daran wäre, jener, dessen Vernunft so zu sagen todt ist, der
Wahnsinnige, oder jener, dessen Seele todt ist, der Sünder?
O gewiß erginge es dem Wahnsinnigen unvergleichlich besser
vor Gott als dem Süuder.^ Der im Jrrenhause Lebende
ist unglücklich für diefe Lebenszeit, der Sünder aber wird
unglücklich für die ganze Ewigkeit. Beim Wahnsinnigen ist
der Verstand durch fixe Jdeen verrückt, er wollte die Narr
heit nicht, es gibt gar keinen Menschen, der mit Absicht wahn
sinnig werden möchte; der Süuder aber hat die ewige von
Gott gesetzte Ordnung verrückt, indem er freiwillig statt Gott
der Sünde und dem Bösen diente. Elend ist der Mensch,
dessen Verstand gleichsam todt ist; aber tausendmal elender,
wie ihr sehet, ist der Sünder, dessen Seele todt ist..
Der Tod der Seele ist ferner auch schrecklicher als der
leibliche Tod. Jst die Seele aus dem Leibe geschieden, sagt
der heilige Augustiu, so ist das der leibliche Tod; ist aber
Gott von der Seele geschieden, so ist dies der Seelentod.
Ein solcher Unglücklicher, welcher der Seele nach todt ist,
wenn er auch dem Leibe nach lebt, gleicht jenem reichen Manne,
dem der Blitz in seine Geldkiste fuhr, alles Geld darin ver
zehrte, die Kiste aber unversehrt ließ. So mag auch der
Leib des Sünders ganz gesund und frisch sein; aber der
°) I. ^uuun, ill. 8. w.
309 XV. Sonntag nach Pfingsten.
Wie viel vermochte doch der Erzengel Michael, der den Teufel
schlug? Wie viel vermag Maria, die Helferin der Christen,
die Fürbitterin der Sünder? Sie können für todte Seelen
bitten, aber sie sind nicht im Stande ihnen das verlorene
Leben zu geben. Das vermag nur der Herr des Lebens,
der Allmächtige. Es bedarf ferner der unendlichen Liebe des
Sohnes Gottes. Denn wenn alle Menschen seit Adam ihr
Blut hingäben, wenn alle Engel zusammen die größten Opfer
brächten und auf die Freuden des Himmels verzichteten, so
wäre dies nicht genug, um eine todte Seele zum Leben zurück
zurufen; dazu braucht es die unendliche Liebe des Sohnes Gottes
selbst, braucht es eine unendliche Genugthunng. Es bedarf
endlich der Gnade des heiligen Geistes. Alle Bußlhränen, die
geweint wurden, und wenn sie den Fluthen der Weltmeere
gleichkämen, könnten eine Seele nicht rein waschen, es bedarf
dazu des Gnadenthaues des heiligen Geistes. Und alle Liebes
akte der Chernbim und Seraphim zusammen, und glichen sie
Feuerbränden, die das Weltall verzehren, könnten die Ursache
des Todes, die Sünde, nicht austilgen, es bedarf der Gnaden
flamme des heiligen Geistes, um sie zu tilgen./
Um leiblichen Todten das leibliche Leben zu schenken, war
bloß ein Willensakt, ein Wort Gottes nothwendig: Mädchen
steh ans; Jüngling ich sage dir, steh auf; Lazarus
komm heraus, aber um geistig Todte zu erwecken, wisset ihr,
was dazu erfordert wurde? Es bedurfte des Blutes des
Sohnes Gottes, es bedurfte der Geißeln, der Dornenkrone,
der Nägel, des Kreuzes, an dem ein Gott hing. Dessen be
durfte es zur Besiegung des Seelentodes, zur Wiedergewinn
ung des übernatürlichen Lebens. Ein Bethlehem, ein Oelberg,
ein Kalvarienberg mit Allem, was sich an diese Namen knüpft,
war hier nothwendig. Und dieses Seelenleben soll nicht das
vornehmste, das kostbarste, und der Tod der Seele soll nicht
der ärgste, der gräßlichste sein? So möget ihr euch den»,
verehrte Zuhörer, aus dem Gesagten, indem ihr es überdenket,
302 XV. Sonntag nach Pfingsten.
") ^nnnn. V.
Die Heilung de« Gichtlrüchigen. 3! 9
Der göttliche Heiland hat uns die Pharisäer gar oft als
abschreckendes Beispiel vor Augen gestellt, hier aber, bei der
Heilung des Gichtbrüchigen ist es vorzüglich ihr falscher Ver
dacht und Argwohn, wovor er uns warnt. Sie hegten feiud'
selige Gesinnungen gegen Jesus, dachten Böses von ihm und
beschuldigten ihu sogar in ihrem Herzen der Gotteslästernng,
O! der Argwohn, verehrte Zuhörer, ist eine gar häßliche nnd
verabscheunngswürdige Sünde; dennoch kommt er so häufig
vor. Gar oft denkt man im Herzen Böses von seinen Mit
menschen, gar oft stellt man sich den Nächsten schlecht und
sündhaft vor, deutet seine Reden und Handlungen falsch, legt
ihm seine guten Absichten bös aus, unterschiebt ihm Dinge,
an die er gar nicht denkt, und sucht überhaupt au ihm Alles
in ein schiefes und ungünstiges Licht zu setzen. Mau vergißt
dabei gänzlich auf das göttliche Wort: " Richtet nicht, da^
mit auch ihr nicht gerichtet werdet; verdammet nicht,
damit anch ihr nicht verdammet werdet. Durch Arg,
wohn und freventliches Urtheil greift der Mensch gleichsam
Gott vor; er kann nicht in das Herz des Anderen hineinsehen
und darin nicht alle Gedanken und Absichten lesen wie Gott,
und dennoch wirft er sich zum Richter auf. So thateu die
Pharisäer, und darum dienen sie uns als Beispiel, wie wir
nicht handeln sollen./
Gar viele schlimme Folgen zieht der Argwohn nach sich.
War nicht der Argwohn des Herodes, daß Christus ihn vom
Throne stoßen könnte, die Schuld am Kindermorde? War
nicht der Argwohn Sauls, der in David beständig einen Feind
vermuthete, Ursache aller ungerechten Schritte, selbst des Ver
suches zur Ermordung des schuldlosen David? Ja der Arg'
wohn ist sogar ein Zeichen, daß derjenige selber ein schlechtes
Herz hat, welcher vom Nächsten Schlechtes denkt. Denn wer
selbst nicht böse ist, schreibt der heilige Gregor von Na,
zianz, der argwöhnt auch von Anderen nicht leicht etwas
Böses; ein böser Mensch aber glaubt es ganz geru, daß An-
dere ebenso sind wie er./
Darum ist es gut, den Rath Hugo 's von St. Victor
zu befolgen, welcher sagt: " „Sei so mild gegen fremde Ver-
gehen wie gegen deine eigenen; beurtheile Niemanden strenger
als du dich selber beurtheilest; richte Audere so, wie du selbst
gerichtet zu werden wünschest. Dein Gesetz bindet dich; das
Urtheil, das du über Audere fällst, wirst du selbst tragen.
Verdamme Niemanden vor dem Gerichte; prüfe zuerst, und
dann urtheile; denn nicht wer angeklagt, sondern wer über
wiesen wird, ist schuldig." Darum, Geliebteste, ahmen wir
nicht die Pharisäer nach, nicht wegen der Gefahr, Anderen
Unrecht zu thun, und nicht um unser selbst willen, damit uns
nicht mit dem Maße eiugemessen werde, mit welchem wir
ausmessen. Befleißen wir uns vielmehr jener Liebe, von wel
cher der Apostel sagt: '° Die Liebe ist nicht selbstsüchtig,
sie läßt sich nicht erbittern, sie denkt nichts Arges.^
Endlich haben wir auch noch das Beispiel zu beachten,
welches die Volksmenge uns gibt. Die Schaaren, sagt
das Evangelium, staunten und priesen Gott, der den
Mit dcm Himmelreiche ist es wie mit einem Könige, der seinem Sohne
Hochzeit hielt, «nttli. XXII. 2.
') U»ttn. lX, 15. - ') «l.ttb. XXV. — ') ^poo. XVlII, XXI.
°) I.NL. I, ?8,
Da« toiiigliche Hochzeitmahl. 32?
") 6en, XXII. 16-18; et ul. — ") äot. III. 24. — ") I«. VII. 4.
— ") I1M. I.XVI, — '«) ^«m. XXXI. D-ooti. XXXIV.
Das königliche Hochzeitmahl. 329
") !.„<:. l. 78, 79. — ") lbi<5. VI. 29 «eqq. ^ ") ^ot. VII.
5l ue<zq.
'"0 XIX. Sonntag nach Pfingsten.
'") ^onnn, X. 27—28, - ") Idi.1. XIV. 2l. — ") I. .1nn!M, III. !4.
— ") zI»t!k XXV, <tt u<!qq. — ") «um, Vlll, 29 u«qq.
Das königliche Hochzeitmahl. 33?
muß auch von Jedem ihrer Glieder gelten. Sind wir Glie
der der Kirche, so sind wir auch Glieder Jesu Christi; sind
wir wahre Glieder der auserwählten Braut Christi, dann
find wir auch Auserwählte Christi./
Aber trachten wir auch unsere Auserwählung gewiß zu
machen. Benutzen wir fleißig das Mahl, das uns die Kirche
bereitet, indem wir die Speise ihrer himmlischen Lehre nicht
bloß verkosten, nicht bloß mit dem Gehör aufnehmen, sondern
auch befolgen, indem wir häufigen Gebrauch machen von ihren
Gnadenmitteln, eine recht innige Sehnsucht tragen nach der
Vereinigung mit Jesus im heiligsten Sakramente und ihn recht
oft und gläubig anbeten in diesem wunderbaren Geheimnisse;
denn durch den Genuß aller dieser Speisen des kirchlichen
Mahles gelangen wir zur Süßigkeit des himmlischen Mahles.
Tragen wir dabei auch immer das hochzeitliche Gewand des
lebendigen Glaubens, der wahren Liebe Gottes und des
Nächsten, das Gewand der guten Werke, den Mantel werk-
thätiger Liebe. Hüten wir uns sorgfältig, dasselbe durch eine
schwere Sünde zu beschmutzen und zu entstellen, bewahren wir
es auch so viel wie möglich rein von den Makeln läßlicher
Sünden, damit auch unsere Seelen wie die Kirche reine Bräute
Christi seien, ohne Flecken, ohne Runzeln, heilig und unbefleckt.
Kommt dann der Herr seiner Zeit als königlicher Richter,
dann braucht er uns nicht zu fragen, wo wir unser hochzeit
liches Gewand haben, denn er sieht uns ja damit angethan
und erkennt uns daran als die Seinigen, als seine Aus
erwählten, und führt uns ein in den himmlischen Speisesaal,
in die Gesellschaft der Engel und Heiligen, ja an den Tisch
des dreieinigen Gottes selbst, und läßt uns ewig Theil nehmen
an den Wonnen und Freuden des Hochzeitmahles im Himmel
reiche. Amen.
XXI.
') ^o»n». II. 11. — ') Ibiä. I. 14. — ') Ibiä. X. 38. — <) lbiä.
XV. 24.
Der Beamte von Caphanianm. 341
der Glaube sei nicht nothwendig? Wisset ihr, was der heilige
Johannes von jenen sagt, die ungeachtet aller Zeugnisse, aller
Wunder Gottes nicht glauben wollen? Wer dem Sohne
nicht glaubt, schreibt er,'" der macht ihn zum Lügner,
weil er an das Zeugniß nicht glaubt, welches Gott
von seinem Sohne bezeuget hat. Steht es etwa frei,
Gott zum Lügner zu machen, ihn mit äußerster Schmach zu
überhäufen? Also kann es auch nicht freistehen, zu glauben
oder nicht; die Zeugnisse Gottes, die Wunder, sind ein Be
weis, daß man nothwendig glauben muß./
Wollet ihr euch davon noch mehr überzeugen, verehrte
Zuhörer, so betrachtet nur kurz das größte aller Wunder,
die Menschwerdung des Sohnes Gottes. Warum, frage ich,
ist Gottes Sohn Mensch geworden, warum hat er sich er
niedrigt und Knechtsgestalt angenommen, warum ist seine Geburt
durch so hervorragende Wunderbcgebcn heilen verherrlicht wor
den? Die heilige Schrift sagt es deutlich:" So sehr hat Gott
die Welt geliebt, daß er seinen eingebornen Sohn
hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren
gehe, sondern das ewige Leben habe. Wenn nun schon
wir Menschen Alles, was wir thnn, nach dem Werthe nnd
der Größe der Sache bemessen, die wir haben wollen; so muß
wahrlich der Glaube in den Augen Gottes den allerhöchsten
Werth haben, und muß er denselben für uns Menschen für
absolut nothweudig halten, da er das Größte gethan hat,
was Gott thun konnte, um uns zum wahren Glauben zu
bringen, indem er seinen Eingebornen selber Mensch werden
und in die Welt kommen ließ, damit er uns den Glauben
lehre und Alle an ihn glauben./
Wir finden noch eiue weitere ährliche Stelle iu der
heiligen Schrift, die Worte nämlich, welche Christus ebenso
wie die vorigen an Nikodemus richtete:^ Gleichwie Moses
») I. ^».,mn, V. 10, - ") .lunnn. III. 16. — ") Idlll. vv. 14, 15.
346 XX. Sonntag nach Pfingsten.
zeugt, daß ein Schöpfer ist, ebenso überzeugen uns die Wunder
Jesu, daß er der Sohn Gottes, der Erlöser ist, dem Alle
glauben müssen.
Doch unsere Gegner stellen sich auch damit noch nicht zu-
frieden, und wisset ihr, was sie Neues dagegen vorzubringen
haben? Wir können, so gestehen sie, wir können die Wunder
Christi nicht läugnen, allein sie stehen uns allzu fern, sie sind
längst veraltet, über achtzehn Jahrhunderte sind schon darüber
hinweggegangen. Sind, fahren sie fort, sind die Wunder ein
so klarer Beweis, daß wir uothwendig an Jesus und an
seine Lehre glauben müssen, dann müssen jeder Zeit, von Tag
zu Tag neue Wunder zu ihren Gunsten gewirkt werden.
Hinter solche Mauern und Schanzen ziehen sich die Feinde
des christlichen Glaubens zurück und wähnen da ganz unan
greifbar zu sein.
Wir wollen nichts von der Gottlosigkeit sagen, die in
solchen Aeußerungen liegt, indem sie Gott gleichsam Gesetze
vorschreiben und ihn zwingen möchten neue Wunder zu thun.
Wir wollen lieber ihr Bollwerk, das sie für unüberwindbar
halten, unmittelbar angreifen und zeigen, daß es nur eine eitle
Nebelwand ist, die sogleich in Nichts sich auflöst, sobald die
Sonne der Wahrheit darauf scheint. Welche Waffen wir da
bei anwenden, sollt ihr sogleich vernehmen.
je weiter wir uns von der Zeit der ersten Wunder entfernen.
Es scheint das auf den ersten Blick ein Widerspruch, und
ist dennoch ganz richtig. Denn nicht erst drei, vier oder sechs
Jahrhunderte, sondern bald neunzehn Jahrhunderte sind seit
den Wundern Jesu verflossen, und ihre Wirkung währt stets
fort; um so größer also ist ihr Beweis, je weiter wir uns
von der Zeit der ersten Wunder entfernen.^
Es ließe sich dieses noch weiter ausführen, und es ließe
sich endlich zu allem Ueberflusse noch darthun, daß die Wun
der zum Beweise der Göttlichkeit Christi und seiner Lehre
in seiner heiligen katholischen Kirche durch alle Zeiten bis jetzt
fortgedauert haben, so daß hellleuchtend wie die Sonne die
Wahrheit feststeht: die Wunder beweisen, daß wir nothwendig
an Jesus und seine heilige Lehre glauben müssen und zwar
an jene Lehre, die er uns durch feine Kirche zu glauben vor
stellt. Allein die Zeit drängt mich zum Schlusses
Denken wir also, verehrte Zuhörer, niemals so, daß auch
uns der Vorwurf des Herrn treffen müßte: Wenn ihr nicht
Zeichen und Wunder sehet, so glaubet ihr nicht, son
dern halten wir uns fest an jenes tröstliche Wort des gött
lichen Heilandes:°" Dies ist der Wille meines Vaters,
der mich gesandt hat, daß, wer den Sohn sieht und
an ihn glaubt, das ewige Leben habe. Wir sehen den
Sohn Gottes und erkennen seine Gottheit in den Wundern,
die er gewirkt hat, und wir sehen und erkennen ihn fort
während im größten aller Wunder, in der Fortdauer und
im ununterbrochenen Bestande des christlichen Glaubens.
Halten wir darum auch treu und unerschütterlich fest an dem
Glauben an Jesus Christus und an seine göttliche Lehre, da
mit wir das ewige Leben haben. Amen.
XXII.
I>er unbarmßerzige Anecht.
Das Unrecht rächt sich selbst.
. ,, ^.. ^XXI. Sonntag nach Pfingsten.)
Bezahle, was du schuldig bis». Mttl,. XVlll, 28.
>' ' ^ , , , ,/ -- , - .^ ,, .'
^ ^/ie nächste Veranlassung zur Parabel vom unbarmher
zigen Knecht des barmherzigen Königs gab der heilige Petrus,
welcher an den göttlichen Heiland die Frage gerichtet hatte,
wie oft er wohl seinem Bruder, der sich wider ihn versündigt
hatte, verzeihen solle. Der Herr erwiederte ihm, er solle
siebenzigmal siebenmal vergeben, und um ihm zu zeigen, daß
dieses nichts so ungeheuer Großes sei, trug er das heutige
Gleichniß vor.
Zehntausend Talente schuldete der Knecht seinem Herrn;
unzählig sind die Sünden, welche wir Menschen gegen Gott
begehen, und doch ist er bereit, die ganze Schuld nachzulassen,
wenn wir reuig darum bitten. Nur hundert Zehner, eine
kleine Summe, hat der nämliche Knecht von seinem Mitknechte
zu fordern; gering und winzig sind die uns zugefügten Be
leidigungen im Vergleiche mit jenen, welche wir Gott, dem
unendlichen Herrn, anthun. Wenn also, will der göttliche
Meister sagen, wenn Gott euch Menschen so oft und so viek
verzeiht, ist es dann zu viel verlangt, wenn ihr siebenzigmal
23'
356 XXI, Sonntag nach Pfingsten.
') I'luv. XXII tt. - ') «Kill. x,v. 34. — ') Kecü. XXVII. 2« 3«<,<1.
Der unbarmherzige Knecht. 359
der längst verletzten Liebe und Treue, die sie sich einst am
Altare geschworen haben?
Jst die immer mehr und mehr überhandnehmende Genuß
sucht, der immer ärger werdende Luxus, wenn man namentlich
auf die Erwerbsquellen und den Vermögensstand der Einzelnen
Rücksicht nimmt, nicht gar oft eine himmelschreiende Unge
rechtigkeit? Woher sind denn die Mittel bei Manchen, die bei
keinem Vergnügen fehlen und stets nach neuester Mode durch
die Straßen ziehen, während man doch weiß, daß sie ganz
wenig Vermögen oder nur ein mäßiges Einkommen, hie und
da auch keines von beiden haben? Nun, ihr wisset es selbst,
verehrte Zuhörer, das Räthsel ist nicht schwer zu lösen. Sie
haben eben Schulden gemacht, die Leute betrogen und ange
führt, oder vielleicht gar, leider fage ich hier etwas nicht ganz
Unbekanntes, vielleicht gar das Geld zu Genuß und Putz
durch Lüderlichkeit, durch schamlose Preisgebung, durch Sünden
lohn sich erworben. Und wohin wird eine solche gräuliche
Ungerechtigkeit führen, wird sie nicht auch auf das Haupt der
Urheber zurückfallen? Nun, verehrte Zuhörer, da brauche ich
keine Beispiele anzuführen, denn ihr möget selbst Manchen
und Manche kennen, die einst großthaten und in Saus und
Braus dahinlebten, nun aber am Hungertuch nagen, den
Bettelstab tragen, und statt in Sammet und Seide in Lum
pen gehüllt sind. Jeder, sagt das Sprüchwort, ist seines
eigenen Glückes Schmied.'
Wie zahllose Ungerechtigkeiten im häuslichen Leben vor
kommen, die sich nur zu oft selbst rächen, ebenso gibt es auch
unzählige im öffentlichen Verkehr, im Handel und Wandel, im
Kleinen wie im Großen. Jch will euch selbst reden lassen. Wie oft
klaget ihr über Uebervortheilung, über zu hoch gestellte Forder
ungen, über Betrug in Maß und Gewicht und schlechter
Waare, über zugefügten Schaden, Diebstähle und dergleichen.
Wie viel wird namentlich geklagt über die ungerechte Vertheuer-
ung der Lebensmittel und den schauderhaften Wucher, der
368 XXI. Sonntag noch Pfingsten.
') Koeli. XI.. 13. - ') ?i,ov. XXVIII. g. — "j l.no. Xll. 19.
Der unbarmherzige Knecht, 369
") Looli. X. 8.
Lierheimer, Parabeln u. Wund». 24
379 XXI. Sonntag n. Pfingsten. Der unbarmherzige Knecht.
>W°h
^Voher kommt es, daß so Manche unter den Katholiken
gar keinen Glauben haben, oder nur soviel glauben, als ihnen
gerade beliebt? Etwa daher, daß die Glaubenswahrheiten
nicht genugsam verkündet oder nicht hinreichend bewiesen und
bezeugt sind? Nicht im Mindesten, denn es gibt tausenderlei
Gelegenheiten, um sich unterrichten zu lassen, und gibt un
zählige Wunder, womit Gott seine Lehre und die Wahrheit
seiner heiligen Kirche bestätigt hat. Woher also der' Unglaube,
woher der Halbglaube?'
Jch will es kurz sagen. Nicht im Verstande liegt der
Fehler, sondern im Herzen, tief im Herzen. Man sieht recht
gut ein, daß man, wenn mau recht glauben will, auch nach
dem Glauben leben, die Gebote Gottes halten, seine Leiden
schaften bekämpfen und den sundhaften Gelüsten widerstehen,
oder daß man, wenn man dies nicht thut, fortwährend den
Wurm des bösen Gewissens in sich tragen, fort und fort in
Furcht vor Gott und seinem Gerichte leben und sich durch
diese Gedanken in allen Freuden stören lassen muß. Was thut
24'
372 XXIV, Sonntag nach Pfingsten.
Ws
M,