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Etymologie
Das Kompositum Dienstleistung setzt
sich aus „Dienst“ und „Leistung“
zusammen. Dienst (aus Althochdeutsch
dionôst, „Dienstleistung“, abgeleitet aus
dio, „Knecht“[1]) ist die Tätigkeit eines
Rechtssubjekts im Auftrag eines
anderen, Leistung sind alle
sachzielorientieren Handlungen eines
Wirtschaftssubjekts und ihr Ergebnis.
Aus der Kombination beider liegt eine
Dienstleistung vor, wenn ein
Wirtschaftssubjekt eine am eigenen
Betriebszweck orientierte entgeltliche
Tätigkeit für andere übernimmt.
Geschichte
Das römische Recht kannte die
Dienstleistungen freier Tagelöhner und
Handwerker (lateinisch locatio conductio
operarum), doch die Masse der Arbeiter
erbrachte Dienstleistungen als Sklaven,
die als Sachmiete galten (lateinisch
locatio conductio rei).[6] Der
Dienstverpflichtete (lateinisch locator)
hatte seine Dienstleistung
ordnungsgemäß dem Dienstherrn
(lateinisch conductor) zu erbringen und
erhielt hierfür eine Vergütung (lateinisch
merces). Das Recht auf Dienstleistungen
galt als dingliches Recht (lateinisch res
operae servorum), aus der Arbeit fremder
Sklaven Nutzen ziehen zu dürfen. Dienste
der Ärzte oder Lehrer mit intellektuellen
Leistungen (lateinisch operae liberales)
erfolgten aufgrund eines Auftrags
(lateinisch mandatum) ohne Vergütung.
Bereits hier gehörte zum „Knecht sein“
(lateinisch servire) die Unterordnung mit
einem unbezahlten Sklavendienst
(lateinisch servitum).
Abgrenzungen
Bei Dienstleistungsunternehmen steht
das Angebot der Dienstleistung im
Vordergrund, auch wenn wie in der
Gastronomie gleichzeitig ein
Warenverkauf stattfindet. Hierbei kommt
es nicht bloß auf den Verkauf von
Speisen und Getränken an, sondern vor
allem auf die hierauf bezogenen
Dienstleistungen Zubereitung, Servieren
und Gastlichkeit. Deshalb kann die
Erstellung einer Dienstleistung mit
materiellen Produkten verbunden sein
oder auch nicht.[14] Während der
Speiseeishersteller ein
Produktionsunternehmen ist, handelt es
sich beim Eiscafé um ein
Dienstleistungsunternehmen. Die
Abgrenzung zwischen beiden fällt nicht
immer leicht, weil
Produktionsunternehmen auch
(produktbegleitende) Dienstleistungen
anbieten und umgekehrt
Dienstleistungsunternehmen auch
Produkte verkaufen.
Definitionsmöglichkeiten
Zur genaueren Bestimmung des – in der
Fachliteratur umstrittenen –
Dienstleistungsbegriffs gibt es
Negativdefinitionen (nach dem
Ausschlussprinzip), den enumerativen
Definitionsansatz (Aufzählung) oder
Merkmalsdefinitionen, bei denen die die
Dienstleistung beschreibenden
konstitutiven Merkmale ermittelt
werden.[17] Im Rahmen einer
Negativdefinition kann man unter
Dienstleistungen alle Tätigkeiten
verstehen, „die sich nicht auf eine
unmittelbare Gewinnung, Verarbeitung
oder Bearbeitung von Sachgütern
richten“.[18] Die Produktion von
Sachgütern (Waren, Handelswaren,
Commodities) stellt den Gegensatz von
Dienstleistungen dar.
Aufzählungsdefinitionen scheitern daran,
dass die Heterogenität des
Dienstleistungssektors und ständige
Innovationen (siehe Finanzinnovationen)
eine abschließende Auflistung unmöglich
macht.[19] Merkmalsdefinitionen führen
zu dem Ergebnis, dass Dienstleistungen
vielfach eine unsichtbare und ungreifbare
geistige Leistung darstellen, also ein
substanzloses Gut sind.[20] Die typischen
konstitutiven Merkmale einer
Dienstleistung sind ihre Immaterialität,
Schwankungen in der
Dienstleistungsqualität, Untrennbarkeit
von Dienstleister und Dienstleistung,
mangelnde Lager- und
Transportfähigkeit[21] sowie meist
Synchronität von Herstellung und
Verbrauch der Dienstleistung.[22] Dieses
zeitliche Zusammenfallen von
Produktion und Konsum wird auch Uno-
actu-Prinzip genannt.
Arten
In der Wirtschaft unterscheidet man
allgemein zwischen gebundenen und
ungebundenen Dienstleistungen.[23] Ist die
Synchronität von Herstellung und
Verbrauch der Dienstleistung vorhanden
(etwa bei einer Taxifahrt), spricht man
von gebundenen Dienstleistungen; die
Taxifahrt ist ohne den Taxifahrer nicht
möglich. Ungebundene Dienstleistungen
sind gekennzeichnet durch eine zeitliche
und räumliche Entkopplung von
Produktion und Verbrauch vor allem bei
unternehmensbezogenen
Dienstleistungen. In modernen
Volkswirtschaften ermöglicht der Einsatz
von Informationstechnologie, Produktion
und Verbrauch zeitlich, räumlich und
persönlich zu trennen, so dass
Produktivitätssteigerungen möglich
sind.[24]
Personenbezogene Dienstleistungen
(PBD) sind Dienstleistungen, die an oder
mit der Person vollzogen werden, z. B.
die Leistungen eines Arztes, eines
Heilerziehungspflegers oder eines
Lehrers. Diese Dienstleistungen kommen
nur unter Beteiligung des Kunden
zustande. Die Beteiligung des Kunden
kann eher passiv sein, wie beim
Rettungsdienst, oder eher aktiv sein, wie
bei der Aneignung von Wissen in einer
Lernsituation. Personenbezogene
Dienstleistungen weisen folgende
Merkmale auf:
Die Ziele werden zwischen dem
Dienstleister und dem Kunden mehr
oder weniger ausgehandelt – beide
sind am Ergebnis, d. h. dem
immateriellen Produkt beteiligt. Die
UN-Konvention über die Rechte von
Menschen mit Behinderungen geht
z. B. davon aus, dass nur bei
gemeinsamen Zielen auch ein
zufriedenstellendes Ergebnis möglich
ist.
Die Prozesse oder Maßnahmen
werden ebenfalls zwischen dem
Kunden und dem Dienstleister
ausgehandelt – der Kunde muss am
Prozess mitwirken, wenn das Ziel
erreicht werden soll. Mediziner und
Sozialarbeiter/-pädagogen sprechen
von der Compliance des Patienten
oder Klienten. Die Maßnahmen können
zwar detailliert geplant werden, jedoch
ist die Maßnahmendurchführung
häufig von der Disposition des Kunden
abhängig.
Grundlage für Durchführung von
Maßnahmendurchführung und
Zielerreichung sind die sozialen
Beziehungen zwischen dem
Dienstleister und seinem Kunden. Die
sozialen Rollen und der soziale Status
von Kunde und Dienstleister müssen
geklärt sein.
David A. Garvin fasst diese Phänomene
personenbezogener Dienstleistungen
(PBD) folgendermaßen zusammen:[25]
Sachbezogene
Dienstleistungen
Originäre Dienstleistungen
Produktbegleitende /
industrienahe
Dienstleistungen
→ Hauptartikel: Produktbegleitende
Dienstleistung
Pre-Sales-Services
Pre-Sales-Services sind Dienstleistungen
vor dem Kauf, zum Beispiel eine
ausführliche Beratung, das Ausarbeiten
individueller Vorschläge,
Planungsleistungen wie die Anpassung
einer Einbauküche an die räumlichen
Gegebenheiten. Gerade im Bereich
Dienstleistungen ist es sehr wichtig, die
individuellen Bedürfnisse des Kunden
herauszufinden und in das Produkt mit
einzuarbeiten. Zudem kommt es darauf
an, den Nutzen der Dienstleistung für den
Kunden herauszustellen. Denn nur, wenn
ihm das klar ist, wird der Kunde sie in
Anspruch nehmen.
After-Sales-Services
After-Sales-Services sind
Dienstleistungen nach dem Kauf, etwa
Ersatzteilversorgung, Wartung und
Instandhaltung, Modernisierung
(Retrofit), Teleservice.
Rechtsfragen
Nach der Legaldefinition des Art. 57
AEUV handelt es sich bei
Dienstleistungen um Leistungen
außerhalb des Waren- und
Kapitalverkehrs, die in der Regel gegen
Entgelt erbracht werden. Insbesondere
gelten nach dieser Bestimmung
gewerbliche, kaufmännische,
handwerkliche und freiberufliche
Tätigkeiten als Dienstleistung. Entgelt ist
eine Gegenleistung für eine mit
Gewinnerzielungsabsicht durchgeführte
wirtschaftliche Tätigkeit.[26] Damit liegt
bei Dienstleistungen stets eine
gewerbliche Tätigkeit vor. Ist keine
Vergütung für eine Dienstleistung
vereinbart, handelt es sich um einen
Auftrag.
Gemäß Art. 87f Abs. 1 GG gewährleistet
der Bund im Bereich des Postwesens
und der Telekommunikation
flächendeckend angemessene und
ausreichende Dienstleistungen, wobei
diese Dienstleistungen als
privatwirtschaftliche Tätigkeiten erbracht
werden. Diese
Regulierungsverantwortung des Bundes
betrifft die Infrastruktur und garantiert
die ständige Verfügbarkeit des
Dienstleistungsangebots von
Postdienstanbietern und
Telekommunikationsunternehmen für
jedermann.
Als allgemeine zivilrechtliche
Rechtsgrundlage dient für
Dienstleistungen der Dienstvertrag, bei
dem nach § 611 BGB der
Dienstverpflichtete gegen Vergütung
Dienste jeder Art für den
Dienstberechtigten erbringen soll. Es
handelt sich um einen
individualrechtlichen Austauschvertrag
zwischen Auftraggeber und
Auftragnehmer über die unabhängige
oder abhängige Leistung eines Dienstes
gegen ein Entgelt.[27] Durch diese weite
Fassung werden von diesen Vorschriften
auch Dienstverträge mit unselbständiger
Tätigkeit (Arbeitsverträge) erfasst, weil
die Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers
eine abhängige Dienstleistung darstellt.
Daneben gibt es Dienstverträge mit
selbständiger Tätigkeit durch
Unternehmer oder Freiberufler mit
wirtschaftlicher und sozialer
Unabhängigkeit.[28] Bei allen
Dienstleistungen sind die
Dienstleistungspflicht und die
Vergütungspflicht vertragliche
Hauptpflichten.[29] Die Dienstleistung ist
vom Dienstverpflichteten im Zweifel
persönlich zu erbringen (§ 613 BGB).
Diese persönliche Abhängigkeit trifft
jedoch nicht auf gattungsmäßig
umschriebene Tätigkeiten im Rahmen
freier Dienstnehmer zu. Die
Dienstleistungspflicht erfordert Sorgfalt
beim Tätigwerden, nicht jedoch wie beim
Werkvertrag den Erfolg.
Prozessmodell
Jede Dienstleistung ist Bestandteil eines
Geschäftsprozesses, der i. d. R. aus
mehreren Phasen besteht. In diesen
Phasen treten charakteristische Akteure
auf, die sich durch spezifische Aufgaben
(Rollen) voneinander unterscheiden:
In der Anbahnungsphase
der Dienstleistungsanbieter, der
die (Erbringung der)
Dienstleistung anbietet und
der Dienstleistungsnachfrager, der
die (Erbringung der)
Dienstleistung nachfragt.
In der Vereinbarungsphase (auch:
Vertragsphase)
der Dienstleistungslieferant
(Auftragnehmer), der den Auftrag
zur Erbringung der Dienstleistung
erhält und
der Dienstleistungskunde
(Auftraggeber), der die Erbringung
der Dienstleistung beauftragt.
In der Leistungsphase (auch:
Durchführungs- oder operative Phase)
der Dienstleistungserbringer, der
die Dienstleistung persönlich
erbringt und
der Dienstleistungskonsument,
der die Dienstleistung (bzw. deren
Ergebnis) persönlich in Anspruch
nimmt bzw. von der erbrachten
Dienstleistung persönlich
profitiert. Je nachdem, ob der
Konsument im
Dienstleistungsvertrag als
Begünstigter vorgesehen ist oder
nicht, erfolgt der Konsum (d. h. die
Inanspruchnahme) der
Dienstleistung berechtigterweise
oder unberechtigterweise.
Ebenfalls auf der operativen Ebene ist
der Begriff des externen Faktors
angesiedelt. Er bezeichnet eine Person
oder Sache, die kein Eigentum des
Dienstleisters ist (daher „extern“) und
an der die Dienstleistung vollzogen
wird. Oft sind für ein Gelingen der
Dienstleistung auch
Unterstützungsleistungen
(Beistellungen) des Auftraggebers
erforderlich (z. B. Räumlichkeiten,
Arbeitsmittel, Informationen,
persönliche Mitwirkung).
Hinzu kommen Personen bzw.
Organisationseinheiten, die an der
Erbringung der Dienstleistung nur
mittelbar beteiligt sind, und zwar durch
dispositive Aufgaben (z. B. Planung,
Steuerung und Koordination der
Leistungserbringung).
In der Gegenleistungsphase
der Empfänger der zwischen
Auftraggeber und Auftragnehmer
vereinbarten Gegenleistung
(i. d. R. Entgelt) und
der Erbringer der Gegenleistung.
Wirtschaftliche Aspekte
Die aus den Merkmalen von
Dienstleistungen hervorgehenden
Eigenheiten gegenüber der Produktion
von Sachgütern bedürfen einer
besonderen Berücksichtigung in der
betrieblichen Aufbau- und
Ablauforganisation. Es ist schwer, für
Dienstleistungen Werbung zu machen.
Die Qualität einer Dienstleistung kann
schwanken; dies ist schwierig zu messen
bzw. zu bewerten (Qualitätsmanagement
und Qualitätskontrolle). Der mangelnden
Lager- und Transportfähigkeit kann
einerseits durch geeignete
Kapazitätspolitik und andererseits durch
Beachtung der Warteschlangentheorie
(etwa in Behörden) begegnet werden. Die
Untrennbarkeit von Dienstleister und
Dienstleistung und die Synchronität von
Herstellung und Verbrauch lassen sich
durch Online-Dienste (etwa Online-
Banking) beseitigen. Zusätzlich zum
Leistungsergebnis einer Dienstleistung
erlangt insbesondere der
Leistungserstellungsprozess (Integration
des externen Faktors) sowie das
Leistungspotenzial (z. B.
Erscheinungsbild und Kompetenz eines
Unternehmensberaters) an Bedeutung.
Alle drei so genannten
Leistungsdimensionen werden in die
Bewertung der Dienstleistungsqualität
mit einbezogen.[30]
Siehe auch
Commodity-Dienstleistung
Dienstleistungsberuf
Dienstleistungserbringungsart
Dienstleistungsfreiheit
Dienstleistungsgenossenschaft
Dienstleistungskonzession
Dienstleistungskosten
Dienstleistungsmarke
Dienstleistungsmarketing
Dienstleistungsscheck
Haushaltsnahe Dienstleistung
Literatur
Manfred Bruhn, Bernd Stauss:
Dienstleistungsmarken. Gabler,
Wiesbaden 2008, ISBN 3-8349-0609-3.
Rudolph Bauer: Personenbezogene
Soziale Dienstleistungen. Begriff,
Qualität und Zukunft. Westdeutscher,
Wiesbaden 2001, ISBN 3-531-13599-6.
Rudolf Maleri, Ursula Frietzsche:
Grundlagen der
Dienstleistungsproduktion. Springer,
Berlin/Heidelberg 2008, ISBN 978-3-
540-74058-2.
Magnus Richter, Rainer Souren: Zur
Problematik einer
betriebswirtschaftlichen Definition des
Dienstleistungsbegriffs. Technische
Universität Ilmenau, Ilmenau 2008,
ISBN 978-3-940882-09-7.
Hans R. G Rück: Dienstleistungen in der
ökonomischen Theorie. Deutscher
Universitäts-Verlag, Wiesbaden 2000,
ISBN 3-8244-7104-3.
Weblinks
Wiktionary: Dienstleistung –
Bedeutungserklärungen, Wortherkunft,
Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Service –
Bedeutungserklärungen, Wortherkunft,
Synonyme, Übersetzungen
Statistisches Bundesamt (Destatis):
Daten und Aufsätze zum Thema
Dienstleistungen
Falsche Kategorien oder verkehrte
Welt? – Eine Kritik des
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