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Jabar, Faleh A.

(2004):
Postconflict Iraq. A Race for
Stability, Reconstruction, and
Legitimacy

United States Institute of Peace.


Special Report No. 120, May
2004.
Vorstellung des Autors I
• *1946 Bagdad, ab 1978 Exil in
Großbritannien
• Centre of Social Studies in the
Arab World; London
Metropolitan University; United
States Institute of Peace
• School of Politics and Sociology,
Birkbeck College, University of
London
• seit 1994 Leiter der Iraqi
Cultural Forum Research Group
http://www.usip.org/specialists/bios/archives/
photos/jabar_72.jpg
Vorstellung des Autors II
• Post-Marxism and the Middle East; Saqi Books (2001)
• Ayatollahs, Sufis and Ideologues: State, Religion and
Social Movements; Saqi Books (2002)
• Tribes and Power: Nationalism and Ethnicity in the
Middle East; Saqi Books (2002)
• The Kurds: Nationalism and Politics; Saqi Books (200?)
• The Shi'ite Movement in Iraq; Saqi Books (2003)
• Artikel und Aufsätze in Middle East Research and
Information Project, Le Monde Diplomatique, Financial
Times, The Times
Kernargument
Im Irak geht es gleichzeitig um Stabilisierung und
Liberalisierung auf politischer und wirtschaftlicher Ebene;
die wesentlichen Elemente dazu sind:
a) die Zerstörung der alten Machtstrukturen,
b) die Schaffung neuer Strukturen,
c) die Liberalisierung der Wirtschaft
und
d) die Kontrolle (managing) der neuen gesellschaftlichen
Kräfte.
Kernthesen I
Sonderfall Irak
– „Tradition“ totalitären Staates
– Rentenökonomie
– failed state in ethnisch-kultureller Hinsicht
Kernthesen II
schnelle Desintegration des irakischen Staatswesens
nach dem Fall Bagdads
Existenz mehrerer Optionen für künftige Verwaltung
1. direkte Militärherrschaft
2. Zivilregierung unter Kontrolle der Koalition
3. Zivilregierung unter irakischer Kontrolle
4. irakische Übergangsregierung
Kernthesen III
Zerstörung der alten Machtstrukturen
– bisherige zentralistische Trinität Baath-Partei –
Revolutionärer Kommandorat – Präsident
– Auflösung Baath-Partei („Entbaathifizierung“)
– Auflösung Verteidigungs-, Innen- und
Informationsministerien (Nichttrennung zwischen
Spezialeinheiten und regulärer Armee)
Kernthesen IV
Schaffung neuer Strukturen
– lokale Ebene: Neuformierung der Gemeinde- und
Provinzräte
– nationale Ebene: schnelle Wiedereröffnung der
Bildungseinrichtungen, zögerliches Reagieren auf zivile
Anforderungen, Problem materieller Kriegszerstörungen
– zentrale Ebene (sovereign level): Einführung des
Regierungsrates, Übertragung der Verfassungs-
ausarbeitung, Idee inklusiver Dreierkoalition, geplante
Übertragung der Souveränität von CPA auf Regierungsrat
Kernthesen V
• Probleme: wenig Differenzierungen, gefährliche
Quotierung, faktische Vetomacht CPA, Streit um
Kandidatenauswahl für Verfassungskonvent
Konflikte der wichtigen player entlang folgender Linien:
• säkular vs. islamistisch
• zentralistisch vs. föderal
• traditional vs. modern
Kernthesen VI
Liberalisierung der Wirtschaft
– Wirtschaftspolitik nach neoliberalem Muster
– Nichtprivatisierung großer staatlicher Komplexe (Öl,
Gas, Bergbau)
– Probleme:
1. ineffektive Bürokratie, geringes Produktionsniveau
2. Stellung der Ölindustrie (Beherrschung der Wirtschaft,
„Alaska-Lösung“)
3. Kosten zur Wiederherstellung der Infrastruktur (ca. 150-
170 Mrd. US$)
4. Staatsverschuldung (ca. 170 Mrd. US$)
5. schwache Unternehmerklasse
Kernthesen VII
Kontrolle (managing) der neuen gesellschaftlichen Kräfte
– schnelle Entfaltung zivilgesellschaftlicher Aktivität
– breites Spektrum
– Probleme: Trend zu traditioneller Identifizierung, geringe
Bereitschaft zu friedlicher Konfliktlösung, Existenz
bewaffneter Opposition (Loyalisten, Islamisten,
warlords), Verhalten externer Mächte
– Polarisierung um Stellung zur CPA
Kernthesen VIII
Aussichten für die Transition
– Parlamentswahlen 2005
– demographische Realitäten: schiitische Mehrheit,
kurdische und sunnitische Minderheiten
– unklare politische Ausrichtung: Wahlboykotte?, Stärke
islamistischer Gruppen?, Koalitionsfähigkeit?
Kernthesen IX
Empfehlungen
– Erweiterung der Partizipation der Bevölkerung
– Einhaltung des Datums zur Übertragung der Souveränität
am 30. Juni (2004)
– Zusammenfassung aller nichtislamistischen
gesellschaftlichen Kräfte
– Förderung pan-irakischer Organisationen
– Fokus auf wirtschaftlicher Entwicklung, v.a. Infrastruktur
und Ölindustrie
Kritik I
• Der Autor gibt eine fundierte und kompakte Übersicht
über die aktuelle Lage im Irak und die Schwierigkeiten,
neue staatliche, wirtschaftliche und zivilgesellschaftliche
Strukturen aufzubauen.
• Es werden Handlungsempfehlungen für die
Stabilisierung und Liberalisierung des Irak genannt,
wobei die Einschätzung der Machbarkeit (pro-/contra-
Faktoren, Zeitrahmen) zu kurz gerät.
Kritik II
• Die Rolle des Auslandes wird nur verkürzt und
hinsichtlich der finanziellen Situation angerissen. Es
fehlen eine Analyse der Rolle der Nachbarstaaten (der
Großteil des finanziellen und organisatorischen
Nachschubs für die bewaffneten Widerstandsgruppen
kommt aus dem Ausland; türkische Interessen im
Nordirak) und des wirtschaftlich-politischen Potentials
der Exil-Iraker.
Weiterführende Fragen I
• Wie funktioniert die militärische und politische
Koordinierung a) innerhalb der Koalition und b)
zwischen Koalition und irakischer Übergangsregierung?
• Wie können islamistische Bewegungen und ethnische
Gruppen an den Nationalstaat herangeführt werden?
• Wie sollte eine militärische und politische „Exit-
Strategie“ für „demokratische Interventen“ aussehen?
Wer sollte wann und wie daran mitarbeiten?
Weiterführende Fragen II
• Wie und durch wen wird die Aufarbeitung vergangener
Menschenrechtsverletzungen (transitional justice)
geleistet?
• Wie kann die langfristige Finanzierung der Prozesse von
state building und nation building gesichert werden, ohne
den neuen irakischen Staat dauerhaft von
Entwicklungshilfe abhängig zu machen?

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