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TORSTEN SCHWANKE
ERSTES BUCH
"Dies Wort kommt uns recht zupaß mit dem Lob der großen Minnerin Christi, Sankt Mariae
Magdalenae ... So hat doch vor allem die übergroße und heiße Liebe zu Christus so unaussprechlich
in ihr gebrannt ... "
(Meister Eckhart)
ERSTER GESANG
ZWEITER GESANG
ZWEITES BUCH
„...den ich, so schien es mir, froh gestimmt sah, bei Simon dem Aussätzigen zu Gaste zu sein. Aber
aus Ehrfurcht vor unserer teuren Magdalena wagten wir nicht, zu seinen Füßen niederzufallen,
sondern gingen zu seiner heiligen Mutter, die, wenn ich mich nicht täusche, dort war. Ich war sehr
traurig, daß wir nicht so viele Tränen und so viele Wohlgerüche hatten wie die heilige Büßerin.
Aber unsere heilige Frau gab sich mit einigen Tropfen zufrieden, die auf den Saum ihres Gewandes
fielen, denn wir wagten nicht, ihre heiligen Füße zu berühren. Eines tröstete mich sehr: nach dem
Mahle brachte unser Herr die ihm teure Bekehrte zu unserer Lieben Frau. Sie sehen, daß sie seitdem
beinahe immer bei ihr war; die Heilige Jungfrau liebte diese Sünderin sehr. Das gab mir viel Mut
und ich war unendlich froh.“
(Der hl. Franz von Sales an die hl. Johanna von Chantal)
„Alle wunderten sich über ihr Aussehen, ihre Beredsamkeit und den Reiz ihrer Sprache. Und es ist
ja kein Wunder, daß der Mund, der den Füßen des Erlösers so fromm und liebevoll Küsse gegeben
hatte, mehr als der anderer Menschen voll war vom Duft des göttlichen Wortes.“
(Legenda aurea)
Prolog:
DICHTER:
MAGDALENA:
II
DICHTER:
MAGDALENA:
DICHTER:
MARTHA:
DICHTER:
LAZARUS:
DICHTER:
MAGDALENA:
III
DICHTER:
MAGDALENA:
DICHTER:
DICHTER:
MAGDALENA:
DICHTER:
IV
DICHTER:
Zu Christus will ich beten,
Der eingetreten in das Haus des Armen,
Des von der Welt Verschmähten,
Um sich mit seinem warmen
Erlöserherzen herzlich zu erbarmen.
MAGDALENA:
JESUS:
Ich sah die Tränen tropfen
Und nahm sie an wie beste Nardesalben.
Du zogst der Liebe Propfen
Vom Fläschchen, mich zu salben,
Ich liebe Liebestränen allenthalben!
MAGDALENA:
JESUS:
DICHTER:
O Magdalena, sage,
Was war in dir die Arbeit der Dämonen?
Antworte meiner Frage.
Satanische Legionen
Auch heute in der Welt zerstörend wohnen.
MAGDALENA:
DICHTER:
MAGDALENA:
Der Freudenbotschaftbringer
Erlöste mich vom Elend meiner Sünden
Durch Heiligen Geistes Finger,
Den Frieden zu verkünden,
Mein Herz mit Gottes Herzen zu verbinden.
JESUS:
DICHTER:
MAGDALENA:
VI
MAGDALENA:
MARTHA:
MAGDALENA:
JESUS:
MARTHA:
JESUS:
LAZARUS:
JESUS:
VII
JESUS:
MARTHA:
JESUS:
MAGDALENA:
JESUS:
In blauer Dämmerstunde
Sah Eva ich auf Jahwes Kommen warten,
Ein Wort von Gottes Munde
Zu hören mit dem zarten
Bereiten Herz im innerlichen Garten.
MARTHA:
JESUS:
VIII
JESUS:
MAGDALENA:
JESUS:
MAGDALENA:
MARIA:
JESUS:
MAGDALENA:
Er hauchte seine Seele
In Gottes Atem aus erhaben-edel
Und über meine Fehle
Er neigte seinen Schädel,
Vergab am Kreuze seinem sündigen Mädel.
IX
DICHTER:
MAGDALENA:
JESUS:
Maria, o Maria!
Such den Lebendigen doch nicht im Tode!
Im Wagen des Elia
Kam deines Gottes Bote
In Feuersglut zu dir, du Rosenrote.
MAGDALENA:
JESUS:
Ich ruf zum Hochzeitsfeste
Sie alle, Liebe, die dir folgen werden,
Du Erste und du Beste
Der Büßenden auf Erden,
Ich send dich zu den Hirten und den Herden.
DICHTER:
PETRUS:
Ecclesia im Ganzen,
Der ich sie hüte, der Maria schaute
Vor Liebeswonnen tanzen,
Sie Maximin vertraute,
Der ehelos auf Gottes Liebe baute.
MAGDALENA:
Mit Maximin zu Schiffe
Und Lazarus und Martha auf dem Meere,
Umfuhren wir die Riffe,
Verfolgt vom grimmen Heere
Der Satansengel, Hasses Speer und Speere.
DICHTER:
XI
DICHTER:
Maria Magdalena,
Den Lobpreis laß mich deiner Engel hören,
Du Schönste von Siena -
Du weißt mich zu betören,
Um Gott zu preisen mit Seraphenchören!
MAGDALENA:
ENGEL:
MAGDALENA:
.....................................................................
DICHTER:
DRITTES BUCH
1
VIERTES BUCH
FÜNFTES BUCH
ERSTER GESANG
O Muse, Himmelskönigin,
In diesem Wonnemonat Mai
Will singen Magdalena ich,
So steh du meinem Liede bei!
ZWEITER GESANG
O Seele Magdalenas, du
Musst dich bekehren zu dem Herrn,
Der Herr treibt dir den Dämon aus,
Dem du dich unterworfen hast.
In Magdalenas Seelenschloss
Und seine sieben Kammern goss
Der Herr die sieben Tugenden
Und stärkte Magdalenas Geist.
VIERTER GESANG
FÜNFTER GESANG
SECHSTER GESANG
SIEBENTER GESANG
O Jesus, du Jungfräulicher,
Du Gottessohn im Zölibat,
Wie hast jungfräulich du gelebt
Denn deine Sexualität?
Maria Magdalena, du
Sollst nehmen diesen Schleier hier
Und gehe mit dem Schleier du
Zu deinem Bräutigam am Kreuz
ACHTER GESANG
Maria Magdalena da
Viel heiße Trauertränen weint,
Denn sie und die Apostel auch,
Sie hielten ihn für Gottes Sohn
SECHSTES BUCH
„Siehe, hier ist mehr als Salomo!“
(Wort Jesu)
ERSTER TEIL
Im Frühlingshauch, mit ihres Körpers Frühlingsblüte, wandelt im Walde des Libanon Magdalena
und sucht Messias überall, von Liebe geleitet, von sieben Dämonen mit Siinnesverwirrung betört,
da wird sie von der Freundin Johanna angesprochen:
Unter dem Hauch, der die roten Nelken heimsucht, unter dem Busch, wo die Honigbienen
summen und die Nachtigallen flöten, wandelt Messias im Frühling. Tanze, Magdalena, mit deinen
Freundinnen. Ostern ist schön durch die Liebe!
Wo die Frauen von Jerusalem um sich und ihre Kinder weinen, wo die Zedern des Libanon über
die Weinranken sich erheben, wandelt Messias im Frühling. Tanze, Magdalena, mit deinen
Freundinnen. Ostern ist schön durch die Liebe!
Wo der Moschus duftet und die schlanken Lilien wie Lanzen der Sonne strahlen, die das Herz
des Messias durchbohrten, wandelt Messias im Frühling. Tanze, Magdalena, mit deinen
Freundinnen. Ostern ist schön durch die Liebe!
Wo die Krone des Königs David ist golden wie die Sonnenblume, wo über den nektargefüllten
Kelchen der Rosen die Bienen summen, wie Pfeile aus dem Köcher des Davidfreundes Jonatan
schwirrten, wandelt Messias im Frühling. Tanze, Magdalena, mit deinen Freundinnen. Ostern ist
schön durch die Liebe!
Wo die auferwachten Sonnenblumen anschaun die lachende Schöpfung, Zweige des
Magnolienbaums wie herzverwundende Lanzen strahlen, wandelt Messias im Frühling. Tanze,
Magdalena, mit deinen Freundinnen. Ostern ist schön durch die Liebe!
Wo vom Wein umrankt die Ulme steht und durch die Büsche des Hermonberges der Jordanstrom
sich schlängelt, wandelt Messias im Frühling. Tanze, Magdalena, mit deinen Freundinnen. Ostern
ist schön durch die Liebe!
Der Zimtbaum enthaucht sein Gewürz und die Balsamstaude fließt über von fließenden
Balsamölen, die selbst den Asketen der Asketen, Johannes den Täufer berauschten. Dort wandelt
Messias im Frühling. Tanze, Magdalena, mit deinen Freundinnen. Ostern ist schön durch die Liebe!
Aus den Samenflocken der Zähne der Löwen webt der Frühling sich ätherische Zelte in den Hainen.
Der Hauch des Frühlings ist wie der Atem des Heiligen Geistes, die Herzen entflammend. Die
Cherubinen lenken den strahlenden Thronwagen durch die goldenen Gassen des Himmels.
Auf den Messias weisend, den alle Töchter Jerusalems lieben, auf den Liebe überfließend
schenkenden, schönsten aller Menschensöhne, der in der Nähe ist, spricht Johanna zu Magdalena:
Mit Myrrheöl und Nardenöl gesalbt sein brauner Körper im nahtlosen Leibrock, mit den
Dornenkrone in den braunen Locken, eine Schnur mit dem Kreuz um den Hals, vom gnädigen
Lächeln der Weisheit leuchtend, so wandelt Messias mit den Töchtern Zions. Mit seinen
Jüngerinnen spricht er über Frau Weisheit.
Mit dem vollen weißen Busen umfängt Johanna den angebeteten Retter, Messias, und singt den
Psalm nach der Melodie: Stirb für den Sohn! So wandelt Messias mit den Töchtern Zions. Mit
seinen Jüngerinnen spricht er über Frau Weisheit.
Magdalena, die den Eros Gottes angeschaut in den feurigen Augen des Messias, des Königs der
Rosen, steht versunken in tiefes Sinnen über den Schönsten der Menschensöhne. So wandelt
Messias mit den Töchtern Zions. Mit seinen Jüngerinnen spricht er über Frau Weisheit.
Susanna schmiegt sich an die Wange des Messias und umschlingt seinen starken Nacken. Sie küsst
mit zärtlichen Küssen der Liebe die Tulpenlippen des Geliebten. So wandelt Messias mit den
Töchtern Zions. Mit seinen Jüngerinnen spricht er über Frau Weisheit.
Maria, die Mutter und Gefährtin Christi, zieht vom Jordanstrom den Messias fort und führt ihn zur
Ölkelter in den Olivengarten. Sie nähte ihm den nahtlosen Rock. So wandelt Messias mit der
Tochter Zion. Mit seiner ersten Jüngerin spricht er über sich und sie, spricht er über Frau Weisheit.
Als die Zimbeln erklingen, tanzt Johanna wonnig, als der Hirtenknabe die Flöte bläst, schwenkt
Magdaalena ihr frauliches Becken, als das Saitenspiel erschallt, bewegt Susanna die schlanken Füße
gemessenen Schrittes. Messias ist der Tanz und die Töchter Zions sind die Tänzerinnen.
Johanna umarmt er und presst sein Herz an ihren vollen Busen, Susanna reicht er zärtlich die Hand,
aber Magdalena, seine Lieblingin, küsst er leidenschaftlich auf den scharlachroten Mund. Messias
ist der Bräutigam seiner weisen Jungfraun.
Er, der die allgemeine Glückseligkeit aller Kreaturen ersehnt, dessen reiner Lilienleib ist der Leib
des leiblosen Gottes, den alle weisen Jungfraun Jerusalems als ihr Ein-und-Alles lieben, siehe!
Magdalena! wie sich Messias an deiner Liebe berauscht!
Während Jesus alle Jungfraun von Jerusalem liebte, ging Magdalena fort, betrübt, weil sie nicht
seine einzige Liebe war. In den Scharon-Wiesen, südlich des Karmelgebirges, da die Bienen über
den Mariengräsern summten, sprach Magdalena:
O Jesus! Deine Lilienlippen fließen über von Nektar, wenn du zur Flöte des Hirten den Psalm
spielst nach der Melodie: Jungfrauen! Deine bezaubernden gnädigen Blicke preis ich und deine
Ohren, die Gebet erhören. Ach, ich muß an Jesus denken, wie er mit den Töchtern Zions wandelt
und von den Freuden des Geistes spricht.
Mit einer Pfauenfeder möchte ich deine braunen Locken schmücken, Pfeil und Bogen dir hängen
um die Schulter, von welcher der Mantel meines Rabbi herunterfällt. Ach, ich muß an Jesus denken,
wie er wandelt mit den Töchtern Zions und von dem Jubel im Heiligen Geiste spricht.
Die Töchter von Tyrus mit den schönen Lenden und die Töchter von Sidon mit den weiblichen
Becken schauen auf Jesu Lippen, die wie Lilien von Nektar überfließen. Ach, ich muß an Jesus
denken, wie er mit den Töchtern des Morgenlandes von den Freuden des Paradieses spricht.
Als der gute Hirte umarmt er mit seinem rettenden Arm zehntausend Mutterschafe und geliebte
Lämmlein. Seine Hände wie Elfenbein mit Jaspis-Ringen und seine Beine gleich Marmorsäulen des
Tempels erleuchten die Finsternis dieser Welt. Sein Herz gleich einer glühenden Rose ist das Licht
des Kosmos. Ach, ich muß an Jesus denken, wie er als Gottessohn die Menschentöchter besucht und
von dem Jubel des ewigen Lebens spricht.
Von seiner gesalbten Stirn zum Antlitz, das die Sonne verdunkelt, ergießt sich das Licht vom
göttlichen Licht. Seine Linke umfängt die Herzen alle, die pochenden Herzen unter den
schwellenden Brüsten. Ach ich denke an Jesus, wie er wandelt mit den weisen Jungfraun von
Jerusalem und von den Wonnen der Hochzeit des Lammes spricht.
Eine Kirsche hängt über seinem Ohr, das Gebet erhört, und Salben duften in dem Barthaar seiner
Wangenbeete, er schreitet in den Sandalen und im Pilgermantel und ist umgeben von Salomo und
Samson und von Gotteslöwen und Morgensternen. Ach ich denke an Jesus, wie er mit Mitka,
Marias Schwester, von den Vereinigungen der heiligen Hochzeit des Himmels spricht.
Er lehnt sich an die Zeder des Paradieses, um den Geist des Todes zu besiegen. Er überwand die
sieben Dämonen in meiner Seele durch einen einzigen Blick voll glühender Liebe. Ich denke an
Jesus, wie er die mystische Freundin Magdalena erwählte und zu mir als der Schwester der Engel
vom Tanz der Engel sprach.
Jesus zählt alle meine Tränen und alle meine Gebete. Er verstößt mich nicht, denn er ist der König
der Versöhnung, er tilgt meine Schuld. Wenn Jesus auch mit allen Menschentöchtern in Liebe
wandelt und meine Seele ihn des Nachts zwar sucht und doch nicht findet, ich kann aber nicht
anders, ich muß ihn dennoch suchen, denn wohin sollte ich sonst gehen als zu ihm? Denn er hat
Worte der ewigen Liebe!
Ich bin verborgen unter den Malven von Magdala und er ist am Ufer des Sees Genezareth im
Schatten der Kapernbüsche. O meine Freundin, Mutter Maria, mir, der Jesus Betrachtenden, bringe
Jesus, der das Lächeln Gottes ist, bring ihn zu mir, Maria, den Sieger über die sieben Dämonen!
Ich erröte vor Scham, wenn ich Jesus sehe, ihn, das Wort Gottes, den Gesandten der ewigen Liebe.
O meine Freundin, Mutter Maria, Jesus, den Sieger über die sieben Dämonen, bring ihn zu der
Freundin seiner Liebe, daß er in der dunklen Nacht der Seele sich mit mir vereint!
Gras ist mein Lager, Zedernbalken und Zypressenbretter mein Bett. Mir zu Seite ruhe der Herr! Ich
bin bereit für die Küsse des Heiligen Geistes, zur Umarmung ewiger Allbarmherzigkeit! Ich bin
bereit, zu saugen aus dem Kelch des Hochzeitsfestes den Wein der Ekstase! O meine Freundin
Maria, bringe mir den Sieger über die Dämonen, bring ihn zur Hochzeit des Lammes, daß er die
Liebe in mich einströmt in der mystischen Nacht der Vereinigung!
Meine Augenlider sind gesunken, meine Wangen glühen vor Scham. Ich fließe über vor Liebe!
Bebend liebe ich den Heiland, zitternd vor Todesangst will ich umarmen den Retter aus dem Tod! O
Freundin Maria, den Sieger über Satan, Jesus bring du zu mir zu der Gottesehe, zur Einswerdung
mit der Einen Natur der Gottheit!
Nachtigallen umschweben mich und singen mir, der mystischen Rose der Morgenröte. Ich glühe für
den Helden der Minne, den strahlenden Ritter Gottes! Malven von Magdala, Hennablumen von
Zypertrauben wallen in meinen langen schwarzen Haaren. An seinem Busen seh ich Spuren von
Nägeln. O meine Freundin Maria, ihn, den Sieger über Tod und Teufel, Jesus bring du zu mir, zur
Hochzeitsnacht im Brautbett des Kreuzes!
Glöckchen und Zimbeln klingen an den Kettchen an den Knöcheln der Fesseln meiner Füße. Er
durchwandelt das gelobte Land in bestaubten Sandalen. Ich trage den Liebreiz gegürtet um die
Lenden meines Gemütes. Ich suche ihn, denn ich will seine Füße waschen mit dem Tau meiner
Tränen und seine Füße trocknen mit meinem langen Haar. O Freundin Maria, den Sieger über den
ewigen Tod, Jesus bring du zu mir, daß ich eingehen darf in Gottes Schoß, das Paradies!
Ich bin wie tot in der Erfahrung der höchsten Glückseligkeit! Seine Augen sind wie Feuerflammen!
Mir sinkt die Blüte meines Körpers hin, doch er ist der Triumph der göttlichen Liebe! O Freundin
Maria, den Sieger über das ewige Nichts, Jesus bringe du zu mir, daß ich mich mit Gott vereinige
als die mystische Gattin Gottes, daß ich aus lauter Gnade Gottes vergöttlicht werde zu Gottes
mystischer Göttin! Hallelujah!
Jesus, der himmlische Sieger über den Gott dieser Welt, nahm die Schönste aller Schönen, Maria,
an sein Herz. Er ließ alle neunundneunzig Frauen und umarmte die einzige Immer-Jungfrau.
Gen Osten und gen Westen ging der Messias, den Feuerpfeil der göttlichen Liebe im Herzen,
ging der Messias Maria nach. Im Wildbachtal des Jabbok bei Mahanajim ruhte er am Ufer eines
Wassers im Schatten grüner Myrrhebüsche bei Maria.
Ach, als Maria mich sah, sprach Johannes, der Jünger der Schönen Liebe, wie ich mit Johanna
spielte und ihren Kindern und wie ich brannte lichterloh für Magdalena, die Schöne, und wie ich
höflich war zu Susanna, und wie ich Mitka nicht vergessen konnte, da ging Maria davon. Ich hielt
sich nicht auf. O Herr Herr, wie ist die Gekränkte davongegangen!
Welchen Plan ersinnt sie? Über welche Weisheit denkt sie nach? Was kann mir die Schönheit
dieser Welt und Ruhm und Gold mir geben? Wie sinnlos ist ohne Maria das Leid und wie freudlos
das Leben! O Herr Herr, wie ist die Gekränkte davongegangen!
An ihr Antlitz denk ich. Ihre feinen Brauenbogen sind wie die Waage der Wahrheit im
Weltgericht. Ihr Antlitz ist wie eine weiße leuchtende Lilienblüte. Wie eine vom Fleiß der
Honigbienen gewobene Honigwabe schimmert ihr Antlitz. O Herr Herr, wie ist die Gekränkte
davongegangen!
Ich trage sie immer im Herzen. Ihr Bild schwebt immer vor den Augen meiner Seele. Soll ich sie
zwischen den Fichten suchen? Ist all mein Klagen vergebens? O Herr Herr, wie ist die Gekränkte
davongegangen!
Schlanke Jungfrau, himmlische Herrin, überhimmlische Jungfraun-Diva! An dein Herz muß ich
denken, das von sieben Schwertern der Schmerzen durchbohrte Mutterherz! Wohin wandelst du?
Kann ich dir folgen? O Herr Herr, wie ist die Gekränkte davongegangen!
Du bist mir erschienen, apokalyptische Jungfrau! Wahrlich, wahrlich, Ja und Amen! Ich sah dich
mit diesem meinen Augen vor mir am nächtlichen Himmel lächeln! Ach, warum war die
Begegnung nur so kurz? Darf ich immer noch als dein geliebtes Söhnchen in der Beuge deiner
Arme ruhen? O Herr Herr, wie ist die Gekränkte davongegangen!
Verzeih mir, himmlische Herrin, daß ich dich verließ! Nie wieder will ich mich von dir abwenden,
Frau! Schau mich an mit jenen deinen barmherzigen Augen, Schönste aller Frauen! Ich schmelze
hin in himmlischer Wonne vor deiner Lieblichkeit, Liebste! O Herr Herr, wie ist die Gekränkte
davongegangen!
Diese Fesseln um mein Herz sind nicht von der alten Schlange. Diese Würzkräuter in dem Beutel
an meiner Brust sind nicht von giftigen Zauberdrogen, die da täuschen den Geist. Weihrauch brenn
ich nieder und streue mir Asche auf das Haupt. O liebe mich oft und heftig und lange, denn ich bin
einsam und elend und krank vor Liebe!
Du verwechselst mich mit Jesus - oder warum lächelst du mich so voll immerwährender
Mutterliebe an? Nimm den Bogen und den Köcher, Lichtjungfrau, und ziele auf mich! Schieß den
Pfeil der Liebe Gottes deinem Freunde, dem Hirsch auf den Scheidenbergen, in den Busen!
O deine Augen sind Taubenaugen! Von deinen liebevoll-zärtlichen Liebesblicken glüht mein Herz
im Herzen! Mein Herz war all mein Leben lang krank vor Liebe... Du bist die Liebe meines Lebens,
Ewig-Geliebte!
Deine feine schwarze Braue ist der Bogen, deine geschwungene Wimper, die lange, seidige Wimper
ist der Pfeil, dein Muschel-Ohrläppchen ist die Sehne. O Liebe Gottes, wie hast du dieser herrlichen
Himmelskönigin alle Waffen Gottes verliehen!
Von den Brauenbogen den Pfeilschuß eines unendlich liebevollen Blickes schießt du, diese Liebe
muß tödlich sein! Der schwarze Schleier deiner nachtschwarzen Haare, der langen glatten
Seidenhaare, sind bis in die Spitzen hinein besessen vom Eros Gottes! O du bist voll der Minne-
Magie, Marie!
Berausche mich, du überschöne Jungfraun-Diva, berausche mich dein weinroter Mund mit Küssen
des Heiligen Geistes! Doch deine makellosen Brüste, jugendlich fest und wohlgeformt, wie spielen
sie zärtliche Liebesspiele mit meinem unsterblichen Geist!
Die himmlische Zärtlichkeit, die unerschöpfliche Liebe deiner liebkosenden Blicke, der süße Duft
der Lippenrose, der fließende Wein deines weisen Wortes, die paradiesische Wonne deiner
verschmelzenden Liebesküsse...
Da das Gedächtnis deines Liebeswerkes dich gegenwärtig vor mir darstellt, wie kann das Elend der
Verbannung auf Erden noch dauern?
Den am Ufer des Jordanstromes bei den Kapernbüschen wandelnden Jesus grüßte Mitka, die
jungfräuliche Schwester Marias.
Sie verbrennt den Weihrauch aus Myrrhe und Narde, Zimt und Aloepuder. Der Schimmer des
Mondes macht sie krank am Gemüt. Die Lüfte scheinen ihr vergiftet vom Gift der Schlangen auf
den Bergen bei Aschtaroth. Sie ist liebeskrank, sie leidet an der Trennung von Jesus. Jesus,
verwundet von dem Feuerpfeil der Liebe will ich dich ewig freien!
Um dich vor der Lanze des Hauptmanns und dem Stachel des Todes zu bewahren, schirme ich
dein Herz mit einem Schild aus meiner Minne. Mitka baut dir ein Bett aus Malvenblüten. Sie ist
krank vor Liebe im Jammertal der Verbannung. Jesus, verwundet von dem Feuerpfeil der
himmlischen Liebe will sie dich allein als Geliebten freien!
Aus den Rosen der ewigen Liebe und den Lilien der Jungfräulichkeit für den Himmel baut sie
dir ein Liebesnest, bereit zu der ewigen Liebesumarmung der Seligkeit, der Seele Glückseligkeit im
Liebesbett des Paradieses! Sie ist krank vor Liebe, bis sie bei ihrem Jesus ist! O Jesus, verwundet
von dem tödlichen Pfeil der göttlichen Schönheit begehrt sie dich allein zum Gatten!
Die weiße Lilie ihres jungfräulichen Angesichts schimmert vom Balsam der Tränen, wie der
Vollmond Nachttau träuffelt. O sie ist krank vor Liebe, im Exil fern vom Vaterland Christi! O Jesus,
durchbohrt vom tödlichen Liebesgeschoß der göttlichen Schönheit wählt sie dich allein zum
Gemahl der Seele!
Mit Scharlachschminke malt sie dich als das Feuer im brennenden Dornbusch, der brannte, doch
sich nicht verzehrte. Sie betet vor dem Bild des unsichtbaren Gottes. In den Händen hält sie die
Harfe und singt den Psalm nach der Melodie: Die stumme Taube unter den Fremden! O Jesus, wie
wund ist sie fern von dir! O Jesus, entflammt von der Liebe, den Flammen Jahwes, wählt sie dich
zu ihrem einzigen und ewigen Ehegemahl!
Sie singt der Wiederkunft Christi entgegen: O Fürst des Friedens, ich falle dir zu Füßen und bete
dich an! Wenn du mich anschaust, fließt Wein statt Wermut in dem Becher meiner Seele. Sie ist
krank vor Sehnsucht nach dem fernen Geliebten! Tödlich getroffen von der Gewalt der Liebe
Gottes, brennt sie einzig für Jesus, ihren Geliebten!
Ihre Gedanken erfassen dich nicht, o Gott, die Augen ihrer Seele sehen dich nicht, o Gott. Sie
weint, sie klagt, sie leidet, sie ringt in der Nacht der Seele mit sich selber, sie stirbt den Tod des Ich,
sie siegt im Martyrium himmlischer Minne! O Jesus, sie stirbt aus Liebe zu dir! O Jesus, zu Tode
verwundet von dem Gott des ewigen Lebens, schwört sie ewige Liebestreue dir in der Hochzeit des
Lammes mit der Nymphe Jerusalem!
Selbst der herrliche Rosenkranz, der ihren schlanken Hals so herrlich schmückt, scheint ihr eine
Fessel zu sein, Mitka, fern von dir, Messias!
Duftreiche Salbe von Aloe, Zimt und Ylang-Ylang selbst scheint ihr Schlangengift auf ihrem
jungfräulichen Körper zu sein, Mitka, fern von dir, Messias!
Ihrer Seufzer nicht endender Hauch scheint ihr das Feuer im Dornbusch zu sein,
Mitka, fern von dir, Messias!
Sie wendet hierhin und dorthin die Mandelaugen, wie Mandelöl entträuffelt den Mandelaugen
Tränentau, Mitka, fern von dir, Messias!
Voller Kummer betrachtet sie ihr jungfräuliches Blütenbett, das einsam ist, so einsam, daß es ihr
scheint der Pfuhl der Höllen-Gehenna zu sein, Mitka, fern von dir, Messias!
Sie legt die blasse Wange in die schneeweiße Hand und trauert wie in der Nacht ein
melancholischer Mond, Mitka, fern von dir, Messias!
Herr Herr! ruft sie in der Verbannung auf Erden, du Taube Gottes! Schau mich an! Und sie sehnt
sich aus Liebe zu dir zu sterben, Mitka, fern von dir, Messias!
Sie fürchtet sich, sie leidet, sie bangt, sie ist schwermütig, ihr graut, sie ist einsam, ihr ist elend
zumute, ihr ist weh zumute, sie weint, sie verschmachtet, sie will sterben! Nur deine Gnade hält die
holdselige Jungfrau noch am Leben. O Heiland, du Seelenarzt, du bist ihr einziges Heil!
O Heiland, du heiliger Seelenarzt, du allein weiser Gott, wenn du die Liebeskranke, deren Heil
allein der Wein deines Blutes ist, wenn du die Liebeskranke nicht herausreißt aus dieser bösen Welt,
o Gottes Sohn, so bist du grimmig wie Gottes Zorn!
Unter dem Brennen, Stürmen, Beben und Säuseln der Seufzer der Liebe fühlt die einsame
Jungfrau, an Weihrauch und Lilien und den Vollmond denkend, untröstliche Schwermut. Sie richtet
den inneren Sinn allein auf den Körper Christi. Noch atmet die Stille im Lande und schwindet
schon hin...
Die durch einen lächelnden Blick deiner unendlich liebevollen Augen sonst getröstet ward, nun
leidet sie zu sehr an der Entfernung vom Geliebten! Wie schmerzt es sie so sehr, daß der Frühling
wiederkommt – und sie immer noch fern der himmlischen Heimat ist!
Jesus sprach zu Maria: Geh zu Magdalena, bring ihr meine Werbung! Und bring sie zu mir! So vom
Sieger über den Satan gesandt als Gesandte, eilte Maria zu Magdalena und sprach zu ihr:
Wo die Frühlingslüfte wehen und den Blütenstaub und die Schmetterlinge tragen, wo die
Glockenblume sich der saugenden Biene öffnet, wo Freund und Freundin sich nacheinander sehnen,
o Schwester, wie schmachtet dort Jesus im Dornenkranz nach dir, du ferne Geliebte!
Mitten am Tage verfinstert sich die Sonne. Jesus ist bereit, aus Liebe sein Leben zu geben! Ihm
im Herzen brennt der Feuerpfeil der göttlichen Liebe! Er klagt: Mich dürstet! Wie schmachtet Jesus
im Dornenkranz nach dir, du ferne Geliebte!
Vor dem Summen der Honigbienen muß er die Ohren verschließen, zu süß ist ihm der
Honigseim der Liebe. Getrennt von seiner Freundin, ist seine Seele freudlos. In dunkler Nacht der
Seele vergeht er vor Kummer. O Schwester, wie schmachtet Jesus im Dornenkranz nach dir, du
ferne Geliebte!
Im Walde des Libanon betet er. Er hat den goldnen Tempel verlassen. Im Olivengarten wälzt er
sich im Staub der Erde und wird blaß und bleich vor Todesangst und seufzt wehmütig nach der
Braut. O Schwester, wie schmachtet Jesus im Dornenkranz nach dir, du ferne Geliebte!
Wo der Liebe Ziel erreicht ist, die Hochzeitsfreude im Garten des Paradieses, in den Gefilden
der Seligen weilt er im Geist schon mit der Angetrauten. Ah! Wie dürstet er nach dem Becher deines
Beckens mit dem Wein der ekstatischen Liebesvereinigung, dem Blut der Ganzhingabe!
Wenn er in das Haus des Vater gekehrt ist, in die Glorie ewiger Liebe, o Magdalena, gegürtet an
den Lenden des Gemütes, dann rühre ihn an, den König der Liebe! Unter dem Lebensbaum im
Säuseln des heiligen Geistes wartet auf dich der Geliebte im Dornenkranz!
Er spielt auf der Hirtenflöte das Lied zur Hochzeit des Königs, ein Lied der Liebe zur Melodie:
Rosen. Er atmet den Wind ein, den du ausgeatmet in deinen Seufzern. Unter dem Lebensbaum im
Säuseln des heiligen Geistes wartet der Geliebte im Dornenkranz!
Schwebt die Turteltaube aus dem Ritz in der Spalte des Felsens, liebkost der Wind den Busch,
so meint er, Magdalena komme. Dann bereitet er das grüne Bett der Einigung im Garten der Seele
und wartet auf dich in seiner Liebe Passion. Unter dem Lebensbaum im Säuseln des heiligen
Geistes wartet der Geliebte im Dornenkranz!
Laß die Zimbeln, den klingenden Zaubergürtel um die Hüfte, die Kettchen um die Knöchel, die
Spangen an den Armen und die Lapislazuli-Ohrringe, hülle dich in schwarzes Linnen und geh in der
dunklen Nacht der Seele vor Liebe weinend zum Kreuz! An dem Lebensbaum im Sausen des
heiligen Geistes wartet auf dich der Geliebte im Dornenkranz!
An deinen beiden Brüsten, die verschleiert sind von deinem schönen langen schwarzen Haar, an
deinen Brüsten will er ruhen und will wohnen in deinem Herzen wie im strahlenden Thron des
dritten Himmels. Unter dem Lebensbaum im Wehen des heiligen Geistes wartet der Geliebte in
seiner Dornenkrone!
Laß deine langen schwarzen Haare mit den roten Hennablüten wallen und weine Ströme zu
Füßen des Geliebten und umschlinge mit deinen bloßen Armen die Beine des Geliebten! An dem
Lebensbaum im Blasen des heiligen Geistes wartet im Dornenkranz der Geliebte auf dich!
Jesu Herz ist sanftmütig, demütig, siehe, die Mitternacht der Welt ist da. Eile, Magdalena, mit
dem Pochen der Liebe im schwellenden Busen und stille Jesu brennenden Durst mit dem Tau der
Küsse deiner Liebe! An dem Lebensbaum im Brausen des heiligen Geistes wartet im Dornenkranz
der Geliebte auf dich!
Die Sonne hat sich verfinstert. Du schüchterne Freundin, Jesu Liebesverlangen brennt in tiefster
Mitternacht! Wie die liebeskranke Nachtigall ruft Maria zur Rose Magdalena: Eile, liebe Schwester,
liebe Braut! Die Stunde ist gekommen zur Hochzeit der Gottheit und der Menschheit in der dunklen
Nacht!
Magdalena umschlingt Messias mit ihren starken Armen, sie küsst seine Wunden, sie stillt den
brennenden Durst seiner Liebe mit den Strömen ihrer Tränen, sie schenkt ihm ihr Herz im bebenden
Busen ganz hin! Gottheit und Menschheit waren in der Sünde getrennt, siehe, sie sind jetzt ganz
intim vereinigt, denn gekommen ist die Hochzeit des Lammes mit der Nymphe Jerusalem in der
tiefen Mitternacht des Kreuzes!
Auf ihn sind die Fehler und Zielverfehlungen aller geworfen, alle Sünden der Nachtwandlerinnen,
auf ihn, den lichten Mond der Nacht, der Unbefleckte ist davon befleckt, der Mond, am Mund der
dunklen Nacht ein blutroter Tropfen Wein.
Da der Mond sich verfinsterte, rot wie Blut ward, sah Maria, daß Messias einsam sterben
mußte! Da hob mit lauter Klage Maria an zu weinen:
Ach, ich bin einsam im Garten der Dornen, meine Jungfräulichkeit verliert nun die
Leibesfrucht! Wem soll ich klagen? Die Freundinnen haben mich alle allein gelassen!
Dem ich nacheile in die Einöde und die Wüste, ihm durchbohrt die Lanze des Todes das Herz!
Mir bohren sich sieben Schwerter der Schmerzen ins Herz! Wem soll ich klagen? Die Freundinnen
haben mich alle allein gelassen!
Mitgekreuzigt zu werden mit dem Gekreuzigten – was bliebe mir sonst? Sollte ich ohne den
Heiland diese tödlichen Schmerzen tragen, den Heiland zu verlieren? Wem soll ich klagen? Die
Freundinnen haben mich alle allein gelassen!
Welche unsagbaren Schmerzen bringt mir diese tödliche Frühlingsnacht! Wer hat diese
Frühlingsnacht in Liebeslust durchlebt? Wem soll ich klagen? Die Freundinnen haben mich alle
allein gelassen!
Die Rose press ich an mein brennendes Herz, sie durchbohrt mit ihrem Dorn mein Fleisch! Der
Dorn der Rose ist wie der tödliche Feuerpfeil der göttlichen Liebe! Wem soll ich klagen? Die
Freundinnen haben mich alle allein gelassen!
Jesus geht den Frauen von Jerusalem nach und spricht zu ihnen: Ihr Frauen, weint nicht über
mich, weint über euch und eure Kinder! Wem soll ich klagen? Die Freundinnen haben mich alle
allein gelassen!
Sie sieht Messias von Gott verlassen! Maria sieht sich selbst vom Messias verlassen! Da träumt
sie in der Mitternacht der Todesstunde Christi von der Hochzeit des Lammes und der Nymphe
Jerusalem im Liebesgarten des himmlischen Paradieses.
Den Rock geschürzt als Mutter der schönen Liebe, Hennablumen in den langen schwarzen
Haaren, sah ich dem Herrn vereinigt die selige Herrin!
Trunken vom Wein der Liebe des Herrn, während der Myrrhebeutel zwischen ihren Brüsten lag,
sah ich dem Herrn vereinigt die selige Herrin!
Das Mondgesicht, das lichtübergossene Antlitz, von langen schwarzen Haaren verschleiert,
saugend am Becher des Mundes den Wein der Liebesküsse, sah ich dem Herrn vereinigt die selige
Herrin!
Mondstein und Lapislazuli an dem Muschelohr als Schmuck und den Zaubergürtel aller Anmut
um das mütterliche Jungfrauenbecken, sah ich dem Herrn vereinigt die selige Herrin!
Lächelnd mit charmantestem Lächeln, sich freuend am freundlichen Lächeln des weisen
Meisters, flötend mit gespitzten Lippen auf der Knochenflöte den Psalm zur Melodie Jungfrauen,
sah ich dem Herrn vereinigt die selige Herrin!
Ehrfurchtsdurchschauert, sanftmütig, demütig, seufzend vor unaussprechlichen Seufzern des
Geistes, blickend mit jenen ihren barmherzigen Augen, von Liebe ganz erfüllt, sah ich dem Herrn
vereinigt die selige Herrin!
Wie das heilige Antlitz des Herrn ist der lichte Mond in der dunklen Nacht. Er breitet über mein
Herz unendliche Liebesschmerzen! Auf das vor Liebe glühende Antlitz der Lieblingin, auf den
kusslichen Scharlachmund der Geliebten malt der Fürst des Friedens mit Moschus ein Zeichen. Er
ist der Hirsch auf dem Mond und sie die Hirschkuh auf dem Mond. O wie spielt jetzt Jesus an den
Teichen im Garten Eden!
In der Nacht der langen schwarzen Haare, die fließen um die schöngewölbte Wange, flicht er
Nelken und Margarithen, die wie Licht und Feuer glühen. O wie spielt jetzt Jesus an den Teichen im
Garten Eden!
Der Brüste paradiesische Augenweide, die Weide des Lebens, behängt er mit Sternen aus Saphir
und Lapislazuli, der Schweiß im Tal der Brüste ist der Tau des Mondes. O wie spielt jetzt Jesus an
den Teichen im Garten Eden!
Die lilienarmige Jungfrau mit der schlanken Schneehand schmückt er mit Honigbienen aus Gold
und Rosen aus Rubin und ziert die Hand der Herrin mit dem Ehering aus Gold des Paradieses mit
dem Schoham-Stein von Eden. O wie spielen jetzt Jesus und die Jungfrau an den Teichen im Garten
Eden!
Um die Wonne des Bechers, des Beckens der Geliebten, um die Lenden des Gemütes band er
den Gürtel allen Liebreizes, allen himmlischen Charmes. O wie spielen jetzt Jesus und die Jungfrau
im Garten Eden!
Die feurigen Pfeile der Liebe im Herzen, die juwelenen Schwerter der Liebesschmerzen in der
Seele, pressen sie Herz an Herz. O wie spielen jetzt Jesus und die Jungfrau im Garten Eden!
Da also der Sieger über den Tod, der Sohn der Ewigen Liebe, die liebliche Jungfrau liebkost,
ach weh mir, was leide ich hier sieben Todesschmerzen und Leiden der Passion, die Gefährtin
Christi, ohne allen Trost? O wie spielen doch Jesus und die Jungfrau im Garten Eden!
Wie mußt du leiden, Gefährtin Christi, da der liebenswürdigste aller Menschensöhne gekreuzigt
wird! Stirbt der Sündlose, muß auch sterben die Makellose! Zur Hochzeit des Lammes und
mystischen Gottesehe soll nun meine Seele wallen durch die Nacht des Todes!
Endlich ist vorübergezogen die Nacht des Kreuzes. In der Morgenfrühe, da die Strahlen der
Morgenröte glühen wie feurige Pfeile der göttlichen Liebe, sprach zu dem in ihren Armen ruhenden
toten Gott Maria, die Pieta:
Deine Augen weinten am Kreuze blutige Tränen, deine Stirn ist noch blutig vom Dornenkranz,
dennoch sind selbst deine erloschenen Augen mir noch Spiegel der Liebe Gottes! Herr Herr, geh nur
ins Reich der Toten, Retter, geh nur hinab zu den Toten, Erlöser, Geliebter mit den Taubenaugen,
kehre zurück zur Gefährtin Maria!
Deine purpurnen Rosenlippen küssten die von Tränen verwischte schwarze Augenschminke
Magdalenas, daß deine Rosenlippen nun blauschwarz wie die Nacht sind, und so nächtlich ist uns
auch dein heiliges Herz, Messias. Herr Herr, geh nur ins Totenreich, Retter, geh hinab zu den
Verlornen, Erlöser, und kehre zurück zur Gefährtin Maria!
Der Kampf mit dem Tod schrieb dir mit Nägeln und Lanzen blutige Wunden auf deinen Körper,
Christus, wie Gott einst schrieb mit dem Finger Gottes auf die steinernen Tafeln die göttliche
Weisung. Herr Herr, geh nur hinab ins Schattenreich, Retter, geh zu den toten Seelen, Erlöser, und
kehre zurück zur Gefährtin Maria!
Glänzen nicht deine Füße des Friedens noch von den Tränen der liebenden Sünderin? Siehe, sie
begoß deinen Leib mit dem Tau der Liebe. So ist der Gekreuzigte selbst am Holz des Kreuzes zum
Lebensbaum des Paradieses geworden und der Körper Christi zur Frucht der Unsterblichkeit! Herr
Herr, geh nur hinab zu den Gestorbnen, Retter, erwecke die Toten, Erlöser, und kehre zurück zur
Gefährtin Maria!
Ich biß mir vor Schmerz mit den Elfenbeinzähnen, die wie frischgewaschene Zwillingslämmer
glänzen, biß mir auf die purpurnen Rosenlippen, die wie scharlachrote Schnüre sind, und biß mir
die Lippen blutig. Bewahre ich den Körper des gekreuzigten Gottes auch gut in meinem
Mutterschoß für alle Zeit? Herr Herr, steige hinab in den Hades, Retter, und erlöse die Schatten aus
der Macht des Hades, Befreier, und kehre mit den Seelen zurück zur Gefährtin Maria!
Wandle bald nur wieder in den Gärten der Morgenröte, neugeboren wie ein himmlisches Kind,
und erfreue deine Gefährtin und besuche die weinende Sünderin Magdalena und entflamme alle
deine weisen Jungfraun mit dem Feuer deines Herzens, der Liebe, den Flammen Gottes! Herr Herr,
rette die Toten aus dem Nichts, Erlöser aller Seelen vom ewigen Tode, Befreier, und kehre zurück
zu deiner dich liebenden Braut Maria, und kehre zurück zu allen deinen dich liebenden Jungfraun-
Marien als Bräutigam ihrer unsterblichen Seelen!
Zu der Betrübten, zur Freundin Magdalena, sprach die heilige Mutter Maria, als Magdalena weinte
um den fernen Messias:
Der Herr mit den Morgenstrahlen des Ostermorgens besucht dich! Auf Erden gibt es nichts
Schöneres als den Ostermorgen Christi, seine Frucht ist deinem Gaumen süß! Du Kühle, sei nicht
kühl zu deinem Freunde!
Deine Brüste sind süßer als Datteln, entziehe dich nicht der erotischen Mystik deines geistigen
Freundes, Geliebte! Du Kühle, sei nicht kühl zu deinem Freunde!
Ich sag es immer wieder in einfachen Worten: Verschließe dein Herz nicht, sondern gib dich
ganz dem liebenden Herzen des Freundes hin! Du Kühle, sei nicht kühl zu deinem Freunde!
Warum bist du so in dich gekehrt? Warum bist du so verschlossen? Warum bist du so in deiner
Wehmut gefangen? Komm, singe doch fröhlicher! Alle Jungfraun Jesu sind begeistert von der
Auferstehung und jubeln! Du Kühle, sei nicht kühl zu deinem geheimnisvollen Freunde!
Siehe, im Ostergarten bereitet der mystischen Bräutigam dir das grüne Bett der geheimnisvollen
Vereinigung! Erwache und werde satt an dem Bilde der Liebe in ihrer Schönheit! Du Kühle, sei
nicht kühl zu deinem mystischen Freunde!
Verjage aus deinem Herzen die Traurigkeit! Höre meine Botschaft: Nichts soll dich scheiden
von der Liebe Gottes! Sei nicht kühl, du Kühle, sei nicht kühl zu dem dich liebenden Freunde!
Jesus wird kommen am Ostermorgen in den Liebesgarten. Ein verschlossener Garten ist seine
Freundin Braut. Er dringt durch die Blumenpforte ein und will dich küssen mit den Küssen der
Liebe! Verscheuche allen Kummer und freue dich, denn Jesus liebt dich und will dich ganz
überströmen! Du Kühle, sei nicht kühl zu deinem liebevollen Freunde!
Verhärte nicht dein Herz vor dem heiligen Herzen Jesu, versage dich nicht den Liebkosungen
deines himmlischen Freundes, wende dich nicht ab von der süßen Zuneigung Gottes, sei nicht
Feindin deinem göttlichen Freunde! Sonst wird dich der Schimmer der Mondin stechen wie
Sonnenkatastrophen, sonst wird der Morgentau dir zu verzehrendem Feuer, sonst wird das süße
Liebesspiel der himmlischen Minne für dich zum ewigen Tod!
Nachdem Messias seine Gefährtin Maria, Maria mit den Brüsten wie Gazellenzwillingskitze und
Augen wie Turteltauben, am Morgen gegrüßt, ging er in den Garten der Olivenbäume und
Zimtbäume und Jujubendatteln als der Gärtner des Gartens der Seele. Da sprach die
Menschenfreundin Maria zu ihrer Freundin Magdalena, die sich die schwarzen Haare mit Henna
gefärbt und geflochten hatte und eine goldene Spangen in den Haaren trug:
Der Versöhner, der mit dem Gesang der Liebe auf den Lippen dir die Füße umfängt, er wartet
nun im Garten der Seele auf dich, er wartet unter dem Ölbaum der Weisheit. Frau, dem nahen
Meister nahe dich, Magdalena!
Deinen fruchtbaren Busen wie Weintrauben trage in den Weinberg des Geliebten! Deine Lenden
des Gemütes gürte mit dem Gürtel der Grazie Gottes! Lasse klingeln die Schrittkettchen und die
Glöckchen an deinen Knöcheln und wandle wie ein Rebhuhn in den Garten zu Ostern! Frau, dem
nahen Meister nahe dich, Magdalena!
Hörst du die Stimme des guten Hirten, du einziges Lämmchen, du Lieblingsschäfchen? Unter
dem Gesang der Nachtigallen, die von Minne flöten, geh in den Rosengarten der Minne! Frau, dem
nahen Meister nahe dich, Magdalena!
Die Hainbuchen winken dir mit grünem Laube, das im Winde rauscht. Die Blutbuche rauscht dir
vom Erlöser auf dem Blut. Der Efeu schlingt sich zärtlich um den starken Stamm der Eiche. Der
Wein rankt treu an der Ulme auf. Sie mahnen dich alle zur Eile. Frau, dem nahen Meister nahe dich,
Magdalena!
Dies mein Herz, entflammt von der Liebe, diese Brust wie Jadegipfel und diese Brustspitzen
wie Jadeknospen, diesen Busen Marias frage nur, Mädchen. Frau, dem nahen Meister nahe dich,
Magdalena!
Von Susanna und Johanna, von Tiphsah und Tirza und von Mitka begleitet, schlage die Pauke
und lasse klingen die Zimbeln, die klingenden Zimbeln des großen Halleluja, und tanze im
Anbetungstanze zur Bundeslade des Wortes Gottes! Frau, dem nahen Meister nahe dich,
Magdalena!
Leg deinen starken Arm um Maria, deine wahre Freundin, und lasse deine Perlenschnüre um
den Schwanenhals den Sohn Marias allzeit mit Segnungen grüßen. Frau, dem nahen Meister nahe
dich, Magdalena!
Der Messias betet: Kommen wird die Geliebte und mich grüßen und segnen, und ihre Seele
wird meine Seele liebkosen!
Im Geiste voll Gedanken der Weisheit schaut der Messias im Ostergarten nach Magdalena aus,
ob sie komme. Ihn durchschauert die Macht der Liebe, er jauchzt im Jubel der Liebe, er schmilzt in
Glut der Liebe, er wandelt liebend in der Liebe der Natur, der geheimnisvolle Freund.
Blaue Augenschminke auf den Lidern, Efeu in den Locken, am Herzen die Rose der neuen
Morgenröte, gehüllt in ätherische Schleier aus Seide, lauscht die Morgenröte zwischen den
Edeltannen. Und der Frühling tröstet die traurigen Jungfrauen Christi.
Die traurigen Jungfrauen Christi im Leib wie weiße Seide, mit Augen wie Diamanten, sie
wandeln leise. Die blaue Nacht der alten Edeltannen prüft das Gold ihres Glaubens auf ihre
Reinheit.
Bei der Heckenrosenpforte strahlte die goldene Spange in der schwarzen Haarflut Magdalenas,
glitzerte silbern der Gürtel ihrer Grazie, schimmerten die Rubine an den Kettchen ihrer Füße. Da
schaute Magdalena den Messias, den Schönsten der Menschensöhne!
Hier in das grüne Erscheinungszelt des auferstandenen Gartengottes tritt ein! Spiele
Liebesspiele in seliger Wonne, Magdalena, am Herzen des Messias!
Wo sich die Gräser zum Bette breiten im Schatten des rauschenden Bambus, spiele Liebesspiele
und lasse erklingen die Perlenschnur auf deinem vollen Busen, Magdalena, am Herzen des Messias!
Wo den Tempel Salomos der Magnolienbaum erbaut, vom Morgentau gesalbt und geweiht,
spiele Liebesspiele in scheuer Zärtlichkeit, Geliebte, die du wie die Seele der Blüten bist, o
Magdalena, am Herzen des Messias!
Wo die Winde rauschen wie der süße Odem des heiligen Geistes, da singe, du Muse des
Meisters, mit dem Lied der Lerchen Gesang zum lichten Himmel, Magdalena, am Herzen des
Messias!
Wo die Hummeln Zuckerwasser trinken und die Fühler der Falter saugen begierig in der Glocke
der Glockenblume, spiele zärtliche Liebesspiele, Magdalena, am Herzen des Messias!
Wo nach dem schluchzenden Flöten der Nachtigallen der Jubelhymnus der Lerche fröhlich
erschallt, da sinke in süßer Begierde versunken, Magdalena, am Herzen des Messias, sinke hin in
süßer Begierde an die Brust des Messias, Magdalena, und gib dich ganz hin...!
ZWEITER TEIL
Messias sprach: Ich sah eine Frau, die war makellos schön, die Schönste aller Frauen, sie war ein
unbefleckter Vollmond und eine fruchtbare Rebe, ihre Augen waren Zwillinge von blauen Blumen,
von einer sanften Abenddämmerung mit Abendsternen, blaue Blumen, die schwammen in stillen
Teichen von Milch, die schimmerten auf den Wellen der schönen Liebe, ja, ihre Augen waren
Zwillinge von Turteltauben, die girrten von Minne im Lenz, von der Seele der Natur gepaart in
einem Frühling der Liebe. Um ihren langen schlanken Hals trug sie die Perlenschnur des
Rosenkranzes mit Kugeln von weißem Elfenbein. Die Perlen spielten mit ihren hübschen bloßen
Brüsten. Mir war, als ließe die göttliche Liebe Ströme vom Himmel strömen aus der Muschel der
göttlichen Liebe, sich ergießend auf die hölzerne Statue eines Gartengottes! Wer Weihegaben der
Ganzhingabe opfert, der wird gesegnet mit solchen überwallenden Strömen der göttlichen Liebe! –
Siehe, so ist mein Messias, der Bräutigam liebender Seelen, sprach der Dichter Dodo.
Messias sprach: Warum kreuzte diese Tochter des Mondes meinen Weg? Ein tiefer Zauberblick des
Seelenfunkens aus ihren Augen in meine Augen, die Spiegel meiner Seele, ein streifender Blick voll
geheimer Lust, wie schlug er eine Liebeswunde in meinem Herzen! O Tag der Liebesschmerzen,
Nacht des Liebestodes, warum bist du aufgegangen? Mein zärtlicher Blick und mein träumender
Sinn verloren sich selbstverloren an ihren hübschen bloßen Brüsten mit dem Muttermal der linken
Brust. Die Liebe läßt sich nicht löschen. Selbst Ozeane löschen nicht das Feuer der Liebe, die
Flammen Gottes! Ihre Worte sind lieblich und freundlich und gehen sanft meinen Ohren ein. Ich
wollte fortgehn von ihr, doch meine Füße blieben wie gebannt durch einen magischen Zauberkreis
in ihrer Gegenwart. Der Sehnsucht Fesseln fesseln meine Seele. – Aber, sprach der Dichter Dodo,
Liebe ist wie ein grenzenloses Meer!
3
Messias sprach: Heut ist der Tag der Wonne! Ich schaute die Geliebte in ihrem Bad! Ströme von
reinem Wasser flossen durch ihre langen schwarzen Haare wie Perlenschnüre des Rosenkranzes aus
kristallenen Tropfen! Sie salbte ihr wunderschönes Antlitz mit Öl der Freude, als reinigte sie einen
unbefleckten Spiegel Gottes! Sie offenbarte mir ihre beiden bloßen Brüste, die wie Alabaster-
Becher waren! Frei ließ sie niederwallen ihren Charis-Gürtel allen Reizes! Aufgeschlossen war das
Schloß der virginalen Zone! Nun war meiner Sehnsucht keine Grenze mehr!
Messias sprach: Wo meiner Geliebten Zwillingsfüße wandeln, da blühen die Rosen auf. Wo ihr
Körper in Schönheit vor mir erstrahlt, da durchzucken mich elektrische Blitze. Der Glanz ihres
Antlitzes leuchtet schöner als die Sonne. Sie besitzt einen Thron in meinem Herzen. Wenn ihre
Augen mich anschaun, seh ich liebevolle Sterne des Kosmos. Wenn ihr leises Lachen, ihr
sanftgedämpftes Girren voll feinen Humors mir die Seele erfreut, da wird vor Eifersucht der
Wabenhonig bitter. Wenn sie ihre Wimpern aufschlägt und mich die Wimpernspitzen durchbohren,
da durchbohren mich Myriaden Feuerpfeile der göttlichen Liebe. Um solche Schönheit
anzuschauen, hab ich die Welt erschaffen! Um sie nach meinem Tode nur ein einziges Mal
anschaun zu dürfen, leide ich gern meinen Kreuzestod! – Dodo sprach: Messias, weil ich dich liebe,
will ich die Geliebte zu dir führen als eine fleckenlose Braut und makellose Freundin!
Magdalenas Freundin Salome sprach: Welche sanfte Melancholie in Magdalenas Seele! Sie liebt
das Alleinsein. Sie wandelt allein in ihrem Garten und sieht die Rosen an und lauscht dem Gurren
der Taubenpärchen. Sie blickt gedankenvoll die Sonne an und schaut verträumt den Wolken nach.
Sie vergißt vor Versunkenheit zu essen und zu trinken. Sie trägt das schlichte Gewand einer
frommen Eremitin und sieht doch herrlich aus wie die Himmelskönigin. Sie nimmt sich den grünen
Efeukranz aus dem Haar und schüttelt die langen schwarzen Locken, zurecht ist sie stolz auf die
schöne Pracht ihres Haares. Sie hebt die Hände zum Himmel und spricht mit dem Wind. Was mag
sie dem Geist des Windes sagen? – Dodo sprach: Liebe zum kosmischen Christus erfüllt
Magdalenas Herz wie ein Morgenstern!
Magdalena sprach: Wie soll ich aussprechen können, wie schön ist mein Jesus, mein Jesus, mein
Jesus! Wie soll ich mit menschlichen Worten beschreiben die Traumgestalt der Vision? Seine
Erscheinung gleicht dem offenen Himmel der unendlichen Nacht und ist doch lichter als ein Blitz.
Braun sind seine langen Locken und braun ist sein dichter Bart. Seine Gewänder duften nach Zimt
und Aloe, daß der ganze Wonnemond des Minnemaien nicht so lieblich duftet wie mein Messias. –
Dodo fragte: Was soll ich anderes nun noch sagen? In ihm hat die Liebe des Schöpfers die
Schöpfung erschöpft!
Magdalena sprach: Ich hatte mir betend gewünscht, Messias zu schauen. Als ich ihn schaute, ward
ich von tiefer Ehrfurcht vorm lebendigen Gott der Liebe erfüllt. Seit jener Nacht bin ich für immer
verliebt in Jesus und töricht vor Liebe. Die Leute sagen: Sie ist von Sinnen! Was red ich, was tu
ich? Aus meinen Augen tropfen unaufhörlich Tränen. Das Herz in meinem Busen pocht
unaufhörlich wie ein Hammer. Was trieb mich zu Jesus? Nun liegt mein Leben ganz in Gottes
Hand. Wie soll ich sagen, was der Herzensdieb um Mitternacht mir angetan? Er raubte mir mein
Herz, er stahl meine ganze Liebe und ging davon. Aber bei seinem Abschied schenkte er mir solch
große Liebe, daß ich ihn nie vergessen kann! – Dodo sprach: Höre mir zu, o liebe Frau, du wirst den
Herrn bald wieder schauen!
Salome sprach: Kann ich von der Liebe Marias und des Messias sagen? Als sie einander erkannten
als reine Spiegel der göttlichen Weisheit, da erwachte die ewige Glückseligkeit der menschlichen
Seelen in ihren brennenden heiligen Herzen! Als der Feuerpfeil der göttlichen Liebe wie eine Lanze
und wie ein Schwert ihr Herz durchbohrte, da blieb in ihrer beiden einzigem Herzen nur eine
einzige brennende Sehnsucht! Wenn ihre Seelen vereinigt werden, die Seele des Lammes und die
Seele der Nymphe, dann werden sie ewig eine vereinte Seele sein. Das sei euch allezeit bewußt, daß
euch niemand und nichts besiegen kann als allein die ewige Liebe Gottes! Denn eure Augen glühen
wie Funken und offenbaren, daß die unbefleckte Jungfrau dem Herrn gehört und der Menschensohn
sich Unserer Lieben Fraue weiht! Ja, sein Lichtleib und ihr Lichtleib werden zusammengeführt in
der Glorie heiligen Geistes im Paradies, in dem Lichtglanz Gottes, in der Rose des Herzens Gottes!
Wie lange wird er so gekreuzigt werden, wie lange wird sie so mit ihm gekreuzigt werden? Werden
sie ewig so ihre blutenden Herzen voll Liebe verströmen? Werden sie ewig so töricht vor Liebe
sein? Verschweige deine Sehnsucht, Maria, verschweige deine Leidenschaft, Messias, denn eurer
Demut Stolz ist das mystische Schweigen der geheimnisvollen, unaussprechlichen Liebe! – Dodo,
der Dichter, hat dies gesungen, und seine Königin Frau Weisheit versteht dies zutiefst.
Messias sprach: Geliebte Freundin! Dein schwarzes Haar beschämt den Raben, es gleicht der Herde
schwarzer Ziegen, die niederwallen am Bergeshang. Aus Scham vor deinem glanzüberflossenen
Antlitz wird der Vollmond am Himmel purpurrot. Die Tauben des Friedens scheuen deine sanften
zärtlichen Augen. Die Nachtigall des Minnesanges verstummt, wenn deine holdselige Stimme flötet
wie eine Friedensflöte. Vor der Anmut und dem Liebreiz deines Ganges verbirgt sich aus Demut die
Schwanin im Weiher. Warum kommst du nicht zu mir und sprichst mit mir, Holdselige,
Sanftmütige, Demütige, Friedfertige, Mädchenkönigin des Maien? Alle Schönheit der Mutter Natur
verblasst vor deiner Schönheit, Schönste aller Menschentöchter! Fürchte dich nicht vor mir,
Geliebte, öffne weit den Herz dem kosmischen Christus! Die Magnolienblüten fallen vom
Magnolienbaum nieder zu deinen Füßen aus Huldigung für deine hübschen bloßen Brüste! Der
Alabaster-Becher voll Wein der Liebe springt in das Osterfeuer aus Begierde nach deinen
bechergleichen Brüsten! Die Äpfel fallen vom Stamm aus Huldigung für deine Apfelbrüste und der
Granatapfel glüht vor Scham vor dem Reiz deines majestätischen Busens! Der Stamm des
Gartengottes steht in deinem Garten vor großer Begierde, wenn du dich bückst zu deiner Furche im
Beet! Die lange weiße Lilie neigt sich in Demut vor dem Weiß deiner nackten Arme! Es zittern die
Schilfhalme zärtlich und voller Ehrfurcht vor der Feinheit deiner blassen Hände, der Schlankheit
deiner femininen Finger! – Dodo, der Dichter, fragte: Wieviel Magie der Minne soll ich noch lallen
mit Betörung-Beschwörung, auf den Grundton der ewigen Liebe gestimmt?
10
Magdalena sprach: O meine Freundin Maria, wie sag ich dir all meine innere Wehmut? Die Flöte
Christi gießt süßen Gift-Balsam der Liebe durch alle meine beseelten Glieder! Er schwärmt vor mir,
er wirbt um mich, er beschwört mich bei den Zwillingskitzen der Gazelle auf der Wiese, ich höre
ihn um meine Liebe flehen mit dem Hohenlied der Minne. Mein Körper schmachtet nach süßer Lust
und meine Seele sehnt sich nach der wahren Liebeswonne! In den innigsten Augenblicken der
Liebeserfüllung will der Becher meines Innern überfließen vor fließendem Feuer! Da schließe ich
meine Augen, daß nicht Flammen aus meinen Augen schießen. Wenn ich im Hause meiner Mutter
weile und mich die Lust der Liebe durchschauert, schlag ich meine eigenen Arme um meinen
eigenen Körper und schaffe Frieden den verzehrenden Gluten meiner Minne zum fernen Geliebten!
Leise, leise wie eine Katze schleiche ich Nachts durch mein Haus auf samtenen Pfoten. Ein gütiges
Schicksal hat geheimnisvoll meine Liebe im tiefsten Innern verborgen. Meine Seele ist magisch
verzaubert von der Innerlichkeit der geheimnisvollen Liebe. Der Zaubergürtel allen Reizes gleitet
von meiner Hüfte, meine virginale Zone erwartet den Geliebten, daß er mich erkenne in der dunklen
Nacht meiner Seele mit der Kraft seiner Liebes-Ganzhingabe! - Was kann der Dichter Dodo noch
sagen, wo die geheimnisvolle Stimme der Vorsehung selber spricht?
11
Salome sprach: Als Magdalena das erstemal zu ihrem Freier Christus kam, da pochte ihr das Herz
im Busen vor Scham und Ehrfurcht. Ganz still war Magdalena wie ein goldenes Heiligenbild, sie
sah nicht zur Linken und nicht zur Rechten. Da nahm Messias Magdalena bei den Händen und
setzte sie an seine Seite in den Thronsessel seiner Minne. Die holdselige Schönheit verschleierte ihr
glühendes Antlitz mit dem Schleier ihrer langen schwarzen Haare. Er strich ihr die Haare aus der
Stirn (allein der Gott der Liebe selbst vermochte mit ewig zärtlichen Händen ihr die verwirrten
Locken aus der empfindlichen Stirn zu streichen). Da küsste Christus mit friedlichen Küssen der
Liebe Magdalena auf den scharlachroten Mund. Die Freundinnen Magdalenas waren eifersüchtig,
doch Christus küsste allein die auserwählte Freundin Magdalena auf den Mund. Da barg sie sanft
ihr Haupt an seinem Herzen. – Dies ist ein jauchzender Psalm des Dichters Dodo, der das heilige
Herz seines Fürsten Jesus erfreut!
12
Salome sprach: Ich sehe den jungen Jesus in allem Stolz seiner blühenden Jugend. Er schwärmt von
der Erinnerung an die Nacht des ersten Kusses: O wunderschöne Magdalena mit dem süßen Antlitz!
Wie hab ich dich doch mit grenzenloser Lust in meiner innersten Seele empfangen! Wie hast du
mich so sanft und keusch geküsst in der liebestrunknen Nacht! Du lächeltest mit deinem feinen
leisen Lachen, dem sanftgedämpften Girren, das klingt wie das kleine Silberglöckchen beim
Hochzeitsmahl des Lammes. Du bist in tausend inneren Bildern mein Entzücken, mein Traum von
überschäumender Wollust der Liebe! Deine Worte sind süßer als Honig. Deine Lächelblicke
schauen so schelmisch. Du hast mit deinem Blut mir deinen Namen in mein Herz geschrieben! -
Dies, sprach Dodo, ist der Psalm vom ersten Kuß.
13
Magdalena sprach: O Maria, meine Freundin, welche Schmerzen muß ich leiden! Was kann ich tun,
daß Messias meine Liebesschmerzen lindert? Ich bin jung in meinem Herzen, jünger als Messias,
der uralt ist in seiner ewigen Weisheit. Ich bin schüchtern und sanft. Grausam war der Herr zu mir,
er schickte mir viele Schmerzen der Seele! Wie kann ich all die Leiden der dunklen Nacht der Seele
sagen? Liebe brannte in mir, ich verlor mich selbst. Mein Ich zerbrach in mir. Wann schloß er das
Schloß meines Gürtels auf? Er umarmte mich, da war ich wie gelähmt vor Wonne. Das Herz in
meinem Busen pochte wie ein Hammer. Ich war ein Sturmwind in der Gewalt seiner Liebe! Er sah,
daß meine Augen überströmten von heißen Liebestränen. Hatte Messias Mitleid mit mir? Mein
Geliebter verbrannte mir die Lippen mit dem feurigen Wein seiner Küsse! Der Mond in meiner
Nacht ward aufgefressen von der alten Schlange. Jesus schlug die Nägel in meine Brust! Ich sehe
das Krokodil mit dem Löwen kämpfen und denke an den Kampf meiner Liebe mit Christus. – O du
liebende Frau, sprach Dodo, du weißt, wie Christi Liebe die Geliebte kreuzigt!
13
Maria sprach: Eile, mein Mädchen Magdalena, eile zum Jüngling Messias, Holdselige, denn der
Liebende wartet auf dich! Die Nacht fällt von den Sternen herab. Bald kommt der Tag, da kann sich
die Liebe nicht mehr verbergen im Schoß der Mutter Nacht. Lieblichste Freundin, laß dein Antlitz
nicht schauen, dein glanzübergossenes Antlitz, sonst wird leuchten die Nacht. Die Turteltaube im
Garten hält dein Antlitz für den Mond, und dürstend nach Tau, wird sie girren vor deinem Antlitz,
zu trinken das fließende Licht deines Antlitzes. Schweige, sanftmütige Stimme, denn wenn du
redest, wird der Falter dich für Nektar halten und dein glühendes Antlitz für eine Rose und mit dem
zärtlichen Fühler tasten nach dem Kelch deiner Lippen, sich festzusaugen. Du suchst die schöne
Liebe, die ewige Liebe. Die Mainacht ist kurz. Also eile, Freundin, und kehre ein in das Haus der
Liebe. - Dodo sang dies seiner Herrin Maria.
14
Messias sprach: Dunkel ist die Nacht und tief die Dunkelheit. Wann kommt zu mir die Geliebte, die
holdselige Frau, die all meine glühende Sehnsucht ist? Steil ist der Pfad und dornenreich und es
wimmelt von giftigen Schlangen. Wie groß ist die Gefahr und wie zart sind ihre bloßen Füße! Gott
im Himmel, ich will dir meine Liebste vertrauen. Schütze die Schönheit und führe sie zu mir!
Schwarz ist die Nacht und feucht der Grund. Mein Herz in meinem Busen glüht. Der Weg ist so
schmal. Dicht ist die dunkle Nacht. Engel, gib acht, daß sie ihren Fuß nicht an einem Steine stößt.
Wie Sterne ihr Blick, ihre Seele wie ein heiliger Engel! Sie ist die Hagia Sophia in
Menschengestalt! – Ja, sprach der Dichter Dodo, eine liebende Frau kennt keine andere Macht als
die Macht der Schönen Liebe!
15
Messias sprach: Ich habe dich mit meinem Blut gekauft. Nun kommst du zu mir. Ich sehe deine
Liebe zu mir. – Magdalena sprach: Ach Immanuel, deine Wolke der Herrlichkeit rief mich am Tag
und die Feuersäule deiner Herrlichkeit rief mich in der Nacht und führte mich zu dir. – Messias
sprach: Groß ist die Versuchung. Dunkel ist die Nacht. Ich kann deinen Körper nicht sehen in der
Finsternis. Wie hast du den Weg zu mir gefunden? – Magdalena sprach: Gottes Blitz zeigte mir den
Pfad, Geliebter. – Messias sprach: Durchs dunkle Tal und die tiefe Schlucht, durch Jammertal und
durch Tal der Tränen ging dein Weg. Ritzten die Dornen dich wund? - Magdalena sprach: Ich hatte
Todesmut wie ein Singschwan, das flößte mir Trost ein. – Messias sprach: Die Nacht der Seele ist
tief und du bist allein. – Magdalena sprach: Und doch bin ich nicht allein, denn bei mir ist meine
Herrin, die Schöne Liebe!
16
Magdalena sprach: Heute ist die Schüchternheit von mir genommen. Der Geliebte stillte meine
Sehnsucht! Was soll ich sagen, o Liebe? Ich muß leise lächeln. So wundervoll war heute seine
Liebe! Der Regen ergoß sich auf die Erde. Der Berg ragte auf bis in die Wolke. Ich schaute in den
smaragdenen Spiegel des Wassers und war in einer anderen Welt. So voller Weisheit ist mein
Geliebter und machtvoll bezaubert sein Wort meine Seele. Er gab der Ruhelosen eine Ruhe. Ich
barg mich an dem heiligen Herzen, das für mich glüht! Der Fürst des Friedens setzte mich auf
seinen Schoß. Er spielte mit meinem feinen Schleier, bis ich einschlief. – Dodo rief: O selige
Liebeswonne!
17
Magdalena sprach: Wie soll ich von ihm sprechen? Er ist ja der namenlose Name! Ob ich ihn im
Traum sah, ob ich ihn in Wirklichkeit sah, als ich ihn liebte, weiß ich nicht. Er war ganz nah und
doch jenseits der Welt. Der Blitz durchzückte die Nacht. Die Nacht durchschlängelte nektarsüß ein
himmlischer Strom. Die Nacht nahm den Mond in den Mund. Die Sterne schauerten, regneten
Funkenströme. Der Himmel tat sich auf. Die Berge bebten. Die Erde spaltete sich und ergoß sich in
Glut. Der Wind blies mächtig. Die Falter taumelten trunken. Die Meere fluteten über. Aber es war
noch nicht das Ende der Welt. – Wie kann das alles wahr sein, fragt der Dichter Dodo.
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Salome sprach: Verwirrt hingen ihre schwarzen Locken mit rotem Henna um ihr berückend süßes
Antlitz, wie schwarze Gewitterwolken um den lichten Vollmond. Mondstein-Ohrringe schaukelten
an ihren Muschelohren. Schweißperlen glitzerten licht wie Diamanten auf ihrer weißen Stirn. Frau
Schönheit, dein Antlitz spendet Wonne. Willst du weiter kämpfen im Liebeskampf, Magdalena, wie
soll Messias sich retten? Armspangen um die bloßen Arme, Silberringe um die schlanken Finger,
Kettchen um die nackten Knöchel, das alles ist wie Musik im Rhythmus der Liebe. Betrunken vom
Wein der Liebe gibt die Liebe ganz sich hin! Triumph! Blast die Flöte! Streicht die Zymbel! Nun
war Stille um die Lenden der Geliebten. Der Kämpfer im Liebeskampf war besiegt, der ewige
Friede eingekehrt. – Der Meister des Dichters Dodo vollendet das All in Liebe, Himmel und Erde
vereinigen sich.
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Dodo, der Dichter, sprach: Betrunken vom schweren Rotwein der Liebe zieht Messias Magdalena
auf seinen Schoß. Sie blickt so schelmisch und lacht mit leisem Girren wie ein Lenzschalk und
Herzschelm. Zärtlich schmiegt sie sich an ihn. Ihr Leib ist Musik der Liebe. Verliebt ist Magdalena,
Messias ist voll Leidenschaft! Herz und Herz vereinen sich! Trunken sind beide, der Feuerpfeil der
göttlichen Liebe steckt zitternd im Ziel des fleischernen Herzens! – Dodo sang von dieser großen
Liebe.
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Salome sprach: O solche Liebe gab es noch nie! So innig zwei Herzen vereint! Sie sind noch
beieinander, schon seufzen sie aus Furcht vor einem Augenblick der Trennung. Ist sie ihm nur einen
kurzen Augenblick verborgen, schon weint er Tränen der Sehnsucht. Wenn er fern von ihr ist, dann
ist er wie ein Fisch, aus der Flut gezogen und an den Strand geworfen. Nein, unter Menschen ward
solche Liebe nie erlebt. Die Sonne liebt die Rose, doch die Rose welkt, die Sonne wandert fröhlich
weiter von Ost nach West. Die Nachtigall nennt man den Freier der Rose, seiner Minneherrin, doch
Nachtigall und Rose kamen nie in Liebe zusammen. Wenn der Falter mit seinem zärtlichen Fühler
am Kelch der Blume saugt, so kommt zwar der Falter zur Blume, doch die Blume kommt nie zum
Falter. – Nichts in dieser Welt, sprach Dodo, läßt sich der Liebe des Messias vergleichen.
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Magdalena sprach: Mein Geliebter, du bist mein ewiges Leben! Dir weihe ich Leib und Seele, Herz
und Geist, alles was ich bin und habe, dir weihe ich meine Familie, mein Volk und die ganze Erde,
dir weihe ich mein unsterbliches Schicksal: Ich bin ganz dein, Geliebter! Du bist mein Gott, o
kosmischer Christus, du König des Universums! Angebetet wirst du von allen bräutlichen Seelen,
Gott! Ich bin nur die arme Magd des Ewigen, wenig Weisheit nur ward mir zuteil und ich weiß
nicht recht zu dir zu beten. Dennoch biete ich mit Leib und Seele dir meine Ganzhingabe der Liebe!
Du bist mein Weg, meine Wahrheit und mein Leben! Du bist meine Auferstehung und mein ewiges
Leben! Mein Herz kennt keine andere Ruhe als dich allein, mein Gott! – Die Heilige und die Hure
sind beide von Gott geliebt, sprach Dodo, ich weiß von Sitte und Sünde nichts, ich kenne nur Jesu
durchbohrtes Herz!
SIEBENTES BUCH
PROLOG
ERSTER GESANG
ZWEITER GESANG
DRITTER GESANG
*
Betört von dem Verlangen,
Mehr als nur Eine Jungfrau zu umarmen,
Verlangt der Geliebte mit bebenden Gliedern,
Mit den betörten Jungfraun allen zu tanzen.
Auf Jesus wies mit klugem Wink
Susanna, die Freundin Marias, und sprach:
VIERTER GESANG
FÜNFTER GESANG
SECHSTER GESANG
SIEBENTER GESANG
Was wird sie jetzt tun, was wird sie jetzt reden?
Wird sie bald zu mir zurückkehren?
Was nützt mir der Himmelspalast,
Was nützt mir Israel, was mein Leben?
NEUNTER GESANG
ZEHNTER GESANG
Regt sich der Südwind,
Trägt er Jesu glühende Sehnsucht,
Es blühen die Rosen im Garten,
Doch Jesus ist verlassen und zerschlagen!
Weil du ihm fern bist, o Freundin,
Liegt liebeskrank der Dorngekrönte!
ELFTER GESANG
ZWÖLFTER GESANG
DREIZEHNTER GESANG
VIERZEHNTER GESANG
In prangendem Liebreiz,
Wie es ihrer Sehnsucht entspricht,
Sterne streuend
Aus ihrer blonden Lockenmähne,
Mit Satans Überwinder freut sich
Ein Mädchen höherer Schönheit!
FÜNFZEHNTER GESANG
Im liebeglühenden Antlitz
Der Liebenden mit den Lippen,
Die lachend Küsse verlangen,
Ein Schönheitsmal
Trägt sie auf ihrer Brust.
Im Jabbok-Wildbachtal
Bei Mahanajim
Fand Jesus die ewige Wonne!
In geistreichen Versen,
Den Herrn zu preisen,
In des Meisters Diensten
Spricht Josef Maria Mayer,
In der großen Gnadenzeit
Der göttlichen Barmherzigkeit
Ist er ein Muster jüngeren Dichtern.
Im Jabbok-Wildbachtal
Bei Mahanajim
Fand Jesus die ewige Wonne!
SECHZEHNTER GESANG
O du göttlicher Seligmacher,
O du duftender Gummi-Wind,
Blase in den Garten, Südwind,
Weiche, frostiger Nordwind,
Atem Gottes, wehe den Messias herbei!
Ich bin atemlos vor Bewunderung!
SIEBZEHNTER GESANG
ACHTZEHNTER GESANG
*
Zorn erfüllte die arme Magdalena,
Der Seufzer müde war ihr Mund.
Der Freundin mit den Rosenlippen nahend,
Die schamhaft zu Susanna schaute,
Mit liebesstammelnder Rede sprach
Am Ende des Tages Jesus zu Magdalena:
NEUNZEHNTER GESANG
ZWANZIGSTER GESANG
EINUNDZWANZIGSTER GESANG
ZWEIUNDZWANZIGSTER GESANG
*
Fortgegangen waren die anderen Frauen,
Magdalena war von der Last erlöst,
Von Lust durchströmt ihr Bewusstsein,
Die rosigen Lippen umspielt vom Lächeln.
Voller Freude sah Maria Magdalena
Der Herr und sprach zur Geliebten diese Worte,
Als sie die Augen senkte aufs grüne Bett:
DREIUNDZWANZIGSTER GESANG
VIERUNDZWANZIGSTER GESANG