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Margit Pavelka
Jürgen Roth

Functional Ultrastructure
Funktionelle Ultrastruktur

Ander
Atlas Atlas of Tissue
Biologie undBiology andvon
Pathologie Pathology
Geweben

SpringerWienNewYork
Dieses eBook enthält keine begleitenden Medien, die mit der gedruckten
Version des Buches verpackt wurden.

Prof. Dr. med. Margit Pavelka


Medizinische Universität Wien, Zentrum für Anatomie und Zellbiologie,
Institut für Histologie und Embryologie, Abteilung für Zellbiologie und Ultrastrukturforschung, Wien, Österreich
(margit.pavelka@meduniwien.ac.at)

Prof. Dr. med. Dr. sc. Dr. h. c. Jürgen Roth


Universität Zürich, Abteilung für Zell- und Molekularpathologie, Zürich, Schweiz
(juergen.roth@usz.ch)

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SPIN: 10732316

Mit 413 elektronenmikroskopischen Aufnahmen und einer CD-ROM

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek


Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

ISBN-10 3-211-83563-6 SpringerWienNewYork


ISBN-13 978-3-211-83563-0 SpringerWienNewYork
Wir widmen dieses Buch

Michaela und Ernst

Verena, Raphael, Julia und David


VORWORT

Die Elektronenmikroskopie hat wie kaum eine andere modernen morphologisch-zellbiologischen Verfahren.
Disziplin die Entwicklung der Biologie und Medizin in Dies ist Margit Pavelka und Jürgen Roth vortrefflich
der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts beeinflusst gelungen. Als erfahrene Elektronenmikroskopiker ha-
und den Weg zur Konvergenz der bis dahin getrennten ben sie selbst zur methodischen Entwicklung der
Wissensbereiche Zytologie, Biochemie und Zellphy- Immunelektronenmikroskopie und ultrastrukturellen
siologie zur Zellbiologie bereitet. Zahlreiche Konzepte Zytochemie beigetragen und zahlreiche wichtige Bei-
der modernen Zellbiologie basieren auf Befunden der träge zur funktionellen Ultrastruktur der Zelle ver-
zellulären Ultrastruktur. Wer sich in den sechziger und öffentlicht. Als Hochschullehrer sind sie bestens mit der
siebziger Jahren für Zellbiologie interessierte, musste Problematik der Lehre der Zellbiologie vertraut, aber
sich zuerst mit der Elektronenmikroskopie auseinander- auch mit den technischen Aspekten und möglichen
setzen und sich mit den Techniken der Fixierung, Artefakten, die im Elektronenmikroskopie Labor ent-
Einbettung und Kontrastierung der schwer herstell- stehen können. Der vorliegende Atlas stellt eine
baren Ultradünnschnitte befassen. Es vergingen Jahre Sammlung erstklassiger elektronenmikroskopischer
bis diese Techniken standardisiert und mit der ultra- Aufnahmen aus verschiedenen Geweben mit hohem
strukturellen Enzym-Zytochemie oder Immunelek- Informationsgehalt dar. Mit großer Sorgfalt werden die
tronenmikroskopie neue funktionelle Methoden ent- morphologischen Veränderungen der Zellen und Orga-
wickelt wurden, die dann aber viel zum Verständnis der nellen unter experimentellen Bedingungen dokumen-
diversen Funktionen der Zellen beigetragen haben. tiert. Die funktionellen Aspekte werden mittels präziser
Gleichzeitig wurden neue biochemische und biophysi- zytochemischer Markierungen dargestellt und in
kalische Verfahren eingeführt, welche die bestechende schönen Schemata übersichtlich zusammengefasst.
Eleganz und Universalität der funktionellen Prinzipien Weiterhin wird die funktionelle Bedeutung der
von Zellen deutlich machten. Die massive Zunahme Ultrastruktur durch die Präsentation relevanter
solcher Daten hat in den letzten Jahrzehnten zu einer pathologisch veränderter Zellen und Organellen bei
Verschiebung der Schwerpunkte geführt, und die Elek- bestimmten menschlichen Erkrankungen unterstrichen.
tronenmikroskopie durch andere weniger aufwendige Dieser Atlas rückt die Individualität der Zellen und
Verfahren, die schneller zu „Ergebnissen“ führen, aus die Verschiedenheit ihrer Organellen wieder in den Vor-
ihrer Spitzenposition verdrängt. In morphologischen dergrund und wendet sich gegen ihre Vereinheitlichung,
Studien wurden z. B. die Immunofluoreszenz und die die manchmal durch Analyse der „Homogenate“ vor-
Confokale Laser Raster Mikroskopie zu Standard- getäuscht wird. Er wird eine Quelle der Inspiration für
methoden, obwohl sie eine deutlich niedrigere Auf- junge Zellbiologen sein, die ihre Ergebnisse aus Pro-
lösung besitzen als die Elektronenmikroskopie. Obwohl teomics und Genomics mit ultrastrukturellen Merk-
die Relevanz der Ultrastruktur für zellbiologische malen korrelieren möchten. Aber auch für ältere bietet
Studien damit nicht prinzipiell in Frage gestellt wird, sie eine ausgezeichnete Informationsquelle über die
lässt die Qualität derart publizierter elektronen- neusten funktionellen Aspekte der verschiedenen Zell-
mikroskopischer Aufnahmen, die analog zu Blots und typen mit Angaben entsprechender Referenzen. Die
lichtmikroskopischen Aufnahmen in Briefmarkengröße Lektüre, aber auch die Betrachtung alleine wird auf
veröffentlicht werden, im Hinblick auf ihre Aussagekraft jeden Fall viel Freude bereiten und gleichzeitig die
viel zu wünschen übrig. Auch in der Ausbildung der „Effizienz“ steigern.
Studenten geht die funktionelle Bedeutung der
Ultrastruktur durch Versuche zur „Integration“ der Heidelberg, Juli 2005 H. Dariush Fahimi
Fächer Zytologie, Biochemie und Physiologie häufig Prof. Dr. med. em.
verloren. Aus diesen genannten Gründen besteht ein Abteilung Medizinische Zellbiologie
großer Bedarf an einem fundierten Text über die Institut für Anatomie und Zellbiologie
Ultrastruktur der Zellen und ihrer Analyse mit Universität Heidelberg
EINFÜHRUNG

Zellen stellen die grundlegenden Einheiten der Gewebe tronenmikroskopie, Gefrierbruch Elektronenmikro-
in lebenden Organismen dar. Ihre vielfältigen Funk- skopie, Hochdruck Gefrierfixierung, Kryoelektronen-
tionen werden durch eine zunehmend überschaubare mikroskopie, Raster- und Atomkraftmikroskopie. Sie
Zahl von molekularen Bausteinen bewerkstelligt. Die werden von kurzen Texten und Schemata sowie aus-
weitgehende Entschlüsselung des menschlichen Erb- gewählten Literaturzitaten begleitet. Für den Zugriff auf
gutes und desjenigen verschiedener anderer Organis- weiterführende und nach der Drucklegung des Atlas
men wird weiterhin weitreichende und spannende Kon- erschienene Publikationen ist der online Service von
sequenzen für die molekulare Zellbiologie haben. Pubmed (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/
Bekanntermassen sind Funktion und Struktur untrenn- query. fcgi?db) sehr empfehlenswert.
bar miteinander verbunden und die modernen mor- Der Atlas besteht aus zwei Teilen. Der erste betrifft
phologischen Techniken haben entscheidende Beiträge Zellen und ihre verschiedenen Bestandteile, Zell-Zell
zur Aufklärung der Struktur und somit zur Struktur- Kontakte und Zell-Matrix Interaktionen. Zusätzlich zur
Funktionsanalyse von Molekülen, makromolekularen normalen Struktur beinhaltet er auch Beispiele
Anordnungen und der verschiedenen zellulären Orga- experimentell verursachter oder im Gefolge von Er-
nellen, einschliesslich des Zytoskeletts und der kom- krankungen auftretender charakteristischer Veränder-
plexen Strukturen der extrazellulären Matrix, geliefert. ungen von Organellen. Unser Ziel war, eine möglichst
Das Spektrum der verfügbaren hochauflösenden Mi- umfassende Dokumentation der Zellstrukturen zu prä-
kroskopietechniken hat nicht nur für die topographisch sentieren und den Zusammenhang zu ihren Funktionen
orientierte Strukturanalyse, sondern zunehmend für die darzustellen. Im Gegensatz hierzu war es nicht unser
Analyse hoch dynamischer und komplexer Transport- Ehrgeiz, dem zweiten Teil enzyklopädischen Umfang zu
vorgänge in den Zellen wesentliche und wichtige geben. An Hand von ausgewählten und, wie wir hoffen,
Beiträge geliefert und wird auch in der Zukunft neues repräsentativen Beispielen von Prinzipien der Gewebe-
Wissen generieren. Elektronenmikroskopische Analysen organisation wurde das Augenmerk auf spezifische
unter Anwendung moderner Präparations- und Un- Funktionen erfüllende Strukturen gerichtet, die letzt-
tersuchungstechniken, wie beispielsweise der Hoch- endlich eine morphologische Widerspiegelung dieser
druck Gefrierfixierung, der Kryoelektronenmikro- Funktionen sind. Veränderungen von Zellbestandteilen
skopie, Elektronentomographie und Immungoldmar- im Gefolge von Krankheiten können mitunter derart
kierung, nehmen einen bedeutenden Platz unter den charakteristisch sein, dass sie wichtig für die Diagnose-
Methoden der molekularen Zellbiologie ein. stellung sind. Solche praktisch bedeutsamen Beispiele
Wir haben uns bei der Konzeption und Zusammen- haben wir eingeschlossen.
stellung dieses Atlases „Funktionelle Ultrastruktur“ von Im Vergleich zur kürzlich erschienen englischsprachi-
dem Gedanken leiten lassen, dass das Studium und das gen Ausgabe des Atlas ist die vorliegende Ausgabe er-
wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der mole- weitert worden und wir danken Prof. S. Cinti für
kularen Zellbiologie und der medizinischen Grund- Abbildungen zum weissen und braunen Fettgewebe,
lagen- und Krankheitsforschung fundierte Kenntnisse sowie Prof. D. Kerjaschki für Abbildungen des olfakto-
der Feinstruktur der Bestandteile der Zellen und ihrer rischen Epithels. Dieser Ausgabe liegt auch eine CD-
Umgebung sowie Organisationsprinzipien von Gewe- ROM bei, die zusätzliche Benutzungsmöglichkeiten
ben voraussetzt. Das gilt heute um so mehr wegen der eröffnet. Ein von nur zwei Autoren verfasstes Buch
wieder zu neuer Aktualität gelangten systemischen bietet Vorteile bezüglich der Einheitlichkeit des Stiles
Betrachtungsweise in der Biologie und Medizin. So der Texte und der Auswahl der Abbildungen. Da wir uns
hoffen wir, dass dieser Atlas den Studierenden eine hilf- in beides redlich geteilt haben, hoffen wir, ein lesens-
reiche Einführung und den bereits Fortgeschrittenen ein und anschauenswertes Buch verfasst zu haben. Um so
Referenzwerk sein wird und die vielfältige und kom- wichtiger erscheint es uns, von Ihnen, unseren Lesern,
plexe Welt der zellulären Feinstrukturen sowohl den Rückinformation zu erhalten für Verbesserungen und
morphologisch interessierten Medizinern und Zell- Veränderungen jedweder Art. Wir erwarten gerne Ihre
biologen als auch den Molekularbiologen und Bio- Post an: juergen.roth@usz.ch und margit.pavelka@
chemikern näher bringen wird. Die den Kern dieses meduniwien.ac.at
Atlas darstellenden Abbildungen basieren auf der An-
wendung nach wie vor aktueller klassischer Techniken Wien und Zürich, September 2005 Margit Pavelka
wie auch der modernen Techniken der Immunelek- Jürgen Roth
DANKSAGUNG

In die verschiedenen Aspekte während der Konzi- Für das Lesen der Texte gebührt ein besonderer
pierung, Verfassung und Herstellung dieses Buches Dank Antoinette Schumacher and Dr. Monika Vetter-
waren viele Personen einbezogen und wir möchten allen lein. Wir möchten unseren Dank an Ulrich Kaindl,
Studenten, Mitarbeitern und Kollegen für ihre wert- Norbert Wey, Stefanie Sulzer und Klaus Schönheinz
vollen Hinweise und Ideen herzlich danken. Sie sind zu aussprechen für ihre grossartige Hilfe bei der Erstellung
zahlreich, um alle genannt werden zu können. Für die der Abbildungen und für die professionelle Herstellung
Bereitstellung von hervorragendem Bildmaterial sind der Schemata und Diagramme. Bei der Präparation der
wir ebenfalls vielen Kollegen zu grossem Dank ver- unzähligen ultradünnen Schnitte sind Elfriede Scherzer,
pflichtet. Auch sind eine Reihe der im Atlas enthaltenen Beatrix Mallinger, Beatrice Pfizer und Dr. Bruno Guhl
Abbildungen das Ergebnis der Zusammenarbeit mit tatkräftig und mit viel Feingefühl zu Werke gegangen,
unseren Mitarbeitern und mit Kollegen von ausserhalb, wofür wir ihnen sehr danken möchten. Dr. Bernd Sasse,
die nachfolgend (in alphabetischer Reihenfolge) genannt Maya Häberlin und Terry Menard waren beim Durch-
sind: Moise Bendayan, Eric G. Berger, Dieter Bitter- forsten des Archivs echte Pfadfinder. Kann ein Buch
Suermann, Daniela Brada, Dennis Brown, Eric ohne engagierte Verlagsmitarbeiter gelingen? Sicherlich
Carlemalm, Pierre M. Charest, Paul Debbage, Michel nicht, und so ist es uns ein Bedürfnis, Direktor Rudolf
Deschuyteneer, Adolf Ellinger, Jingyu Fan, Richard Siegle, Renate Eichhorn und Wolfgang Dollhäubl vom
M. Franklin, Alfred Gangl, Irwin J. Goldstein, Bruno Springer-Verlag in Wien für ihre Ausdauer, Verständnis
Guhl, Michael Hess, Robert L. Hill, Kristijan Jezernik, und Hilfe während der Entstehung dieses Buches
Eduard Kellenberger (†), Reinhard Kofler, Peter M. speziell zu danken. Letztlich möchten wir den Mit-
Lackie, Hans Lassmann, John M. Lucocq, Roberto arbeitern der Holzhausen Druck und Medien GmbH in
Montesano, Josef Neumüller, Armando Parodi, James C. Wien danken, dass sie die von uns gewünschten Grau-
Paulson, Hanns Plenk jr., Christian Schöfer, Robert G. töne so professionell getroffen haben.
Spiro, Douglas J. Taatjes, Kiyoteru T. Tokuyasu, Monika
Vetterlein, Werner Villiger, Franz Wachtler, Winifred M.
Watkins, Klara Weipoltshammer and Christian Zuber.
FÜR DIE GROSSZÜGIGE BEREITSTELLUNG VON BILDMATERIAL DANKEN WIR

Dr. Ueli Aebi, Basel (Abb. 8B, 9, 129) Dr. Lars-Inge Larsson, Frederiksberg (Abb. 96A)

Dr. Thomas Bächi, Zürich (Abb. 41D, 41E, 71B) Dr. Hans Lassmann, Wien (Abb. 144, 145)

Dr. Peter H. Burri, Bern (Abb. 113) Dr. Josef Neumüller, Wien (Abb. 116)

Dr. Saverio Cinti, Ancona (Abb. 132, 133)


Dr. Hanns Plenk jr., Wien (Abb. 135, 136)
Dr. Dusan Cmarko, Lausanne (Abb. 4, 7)
Dr. Charlotte Remé, Zürich (Abb. 105, 106)
Dr. H. Dariush Fahimi, Heidelberg (Abb. 60–63)
Dr. Rok Romih, Ljubljana (Abb. 114, 115)
Dr. Stanislav Fakan, Lausanne (Abb. 2A, 3A, 4, 7)
Dr. Christian Schöfer, Wien (Abb. 6)
Dr. Michael Hess, Innsbruck (Abb. 33)
Dr. Max Spycher, Zürich (Abb. 20, 50–56, 64B, 65)
Dr. Ernst B. Hunziker, Bern (Abb. 130 A, B)
Dr. Franz Wachtler, Wien (Abb. 5)
Dr. Françoise Jaunin, Lausanne (Abb. 4, 7)

Dr. Kristian Jezernik, Ljubljana (Abb. 114, 115) Dr. Ewald R. Weibel, Bern (Abb. 111)

Dr. Brigitte Kaissling, Zürich (Abb. 93, 104) Dr. Klara Weipoltshammer, Wien (Abb. 6)

Dr. Dontscho Kerjaschki, Wien (Abb. 107) Dr. Sadaki Yokota, Yamanashi (Abb. 57)
INHALT

DIE ZELLE

Einleitung: Allgemeiner Bauplan tierischer Zellen 2

Der Zellkern
Die Architektur des Zellkerns 4
Zytochemischer Nachweis von Ribonukleoproteinen 6
Die Kernlamina 6
Nachweis von Orten der DNA-Replikation und von Domänen in Interphasenchromosomen 8
Der Nukleolus 10
Funktionsbezogene Änderungen der Nukleolusarchitektur 12
Nachweis von Orten der RNA-Synthese 14
Die Kernporenkomplexe 16
Darstellung von Strukturveränderungen der Kernporenkomplexe durch Zeitraffer Atomkraftmikroskopie 18
Mitose und Zellteilung 20
Apoptose 22
Virale Einschlüsse 22

Das Zytoplasma: das sekretorische System


Der sekretorische Apparat exokriner Pankreaszellen 24
Ribosomen, raues endoplasmatisches Retikulum 26
Die Kernhülle und das raue endoplasmatische Retikulum 28
Das raue endoplasmatische Retikulum: Ort der Eiweisstranslokation und des Beginns
der Eiweiss N-Glykosilierung 30
Trimmen der Oligosaccharide, Reglukosilierung und Eiweissqualitätskontrolle im endoplasmatischen Retikulum 32
Raues endoplasmatisches Retikulum: ein Speicherort für nicht korrekt gefaltete, aggregierte Glykoproteine 34
Russell-Körper und Aggresomen sind verschiedene Typen von Eiweisseinschlusskörpern 36
Glattes endoplasmatisches Retikulum 38
Proliferation des glatten endoplasmatischen Retikulums 40
Prä-Golgi Transportintermediäre 42
Prä-Golgi Transportintermediäre: Trimmen von Oligosacchariden und Eiweissqualitätskontrolle 44
Der Golgi Apparat: eine Schaltzentrale des sekretorischen Transportwegs 46
Immunelektronenmikroskopie: eine Technik für Untersuchungen zur Sekretion von Eiweissen 48
Protein N-Glykosilierung: Trimmen von N-Glykanen im Golgi Apparat und Prä-Golgi Transportintermediären 50
Der Golgi Apparat: Abschluss der Synthese von Asparagin-verknüpften Glykanen 52
Zelltyp-abhängige Unterschiede in der Topographie von Glykosilierungsreaktionen im Golgi Apparat 54
Zelltyp-abhängige Unterschiede im Aufbau von Glykanen der Glykoproteine 56
Die Topographie der Biosynthese von Serin-/Threonin-verknüpften Glykanen 58
Golgi Apparat und TGN – Bedeutung für Sekretion und Endozytose 60
Golgi Apparat, TGN und trans-Golgi-ER 62
Golgi Apparat, TGN und trans-Golgi-ER: Kippserie 64
Brefeldin A-verursachte Dissoziation des Golgi Apparats 66
Brefeldin A-verursachte Bildung von Membrantubuli 68
XIV

Brefeldin A: Einfluss auf den retrograden Transport internalisierter Lektine 70


Brefeldin A: Einfluss auf transitorisches ER und Prä-Golgi Transportintermediäre 72
Strukturveränderungen des Golgi Apparats durch Hitzeschock 74
ATP-abhängige Strukturveränderungen des Golgi Apparats 76
Sekretgranula 78
Die Feinstruktur exokriner und endokriner Sekretgranula 80

Das Zytoplasma: das endozytische System


Clathrin-abhängige Rezeptor-vermittelte Endozytose 82
Virusendozytose 82
Endosomen und endozytische Wege 84
Endozytisches TGN und Endozytosewege in den Golgi Apparat 86
Tubuläre perizentrioläre Endosomen 88
Langerhans-Zellen und Birbeck-Granula: Antigen-präsentierende dendritische Zellen der Epidermis 90
Caveolae 92
Pinozytose 94
Phagozytose 94

Das Zytoplasma: das lysosomale System und Erkrankungen


Lysosomen 96
Lokalisation saurer Phosphatase, LAMP und Polylaktosamin 98
Die I-Zellkrankheit 100
Morbus Gaucher 102
Morbus Fabry 104
GM2-Gangliosidosen 106
Morbus Farber 108
Morbus Wolman 110
Glykogenose vom Typ II 112
Zystinose 112

Das Zytoplasma: die Autophagozytose


Autophagosomen: Organellen für die limitierte Selbstverdauung 114

Das Zytoplasma: die Mitochondrien und Abnormitäten


Mitochondrien vom Crista- und Tubulus-Typ 116
Strukturabnormitäten von Mitochondrien 118

Das Zytoplasma: die Peroxisomen und peroxisomale Erkrankungen


Peroxisomen: Organellen mit vielfältigen Funktionen 120
Biogenese der Peroxisomen 122
Peroxisomen: adaptive Veränderungen 124
Peroxisomen Pathologie 126

Das Zytoplasma: zytosolische Partikeln


Glykogen 128
Glykogenose vom Typ I 128
Erythropoetische Protoporphyrie 130
XV

Das Zytoplasma: das Zytoskelett


Zytozentrum, Zentrosom und Mikrotubuli 132
Ausschaltung der Mikrotubuli 134
Aktinfilamente 136
Intermediärfilamente 138
Mallory-Körper 140

Die Zelloberfläche
Die Plasmamembran 142
Zellen in Kultur 144
Bürstenzelle 146
Die Glykokalyx (cell coat) 148
Die Glykokalyx: kompositionelle Unterschiede zwischen Zelltypen und Domänenbildung 150
Veränderungen der Glykokalyx in Tumoren 152

Zell-Zell und Zell-Matrix Verbindungen und krankhafte Veränderungen


Junktionale Komplexe 154
Tight Junctions und Gap Junctions 156
Fleckdesmosomen 158
Zell-Zell Verzahnungen 160
Basales Labyrinth 162
Die Basalmembran 164
Die glomeruläre Basalmembran 166
Alport-Syndrom (hereditäre Nephritis) 166
Die Descemet’sche Membran 168
Die Basalmembran der Haut und die Hemidesmosomen der Keratinozyten:
eine Epithel-Bindegewebe Verbindung 170
Epidermolysis bullosa simplex 172

PRINZIPIEN DER GEWEBEORGANISATION

Sekretorische Epithelien
Der Pankreasazinus 176
Das Azinuszentrum mit sekretorischen und zentroazinären Zellen 178
Das Schaltstück 180
Die Submandibulardrüse 182
Die Becherzellen: einzellige Drüsen 184
Die Belegzellen des Magens: Orte der Salzsäureproduktion 186
Die Schaltzellen der Niere: Regulatoren des Säure-Basen Haushalts 188
Endokrine Sekretion: Insulin-produzierende Beta-Zellen der Langerhans’schen Inseln 190
Störungen der Hormonkonversion in menschlichen Insulinomen 192
Das diffuse endokrine System 194
Das Leberepithel 196
Das Leberepithel – Gallekanälchen 198
Das Leberepithel – Lipoproteintransport 200
Plexus choroideus 202
XVI

Resorptive Epithelien
Das resorbierende Dünndarmepithel 204
Dünndarmepithel – Lipoproteintransport 206
Proximale Tubuli der Niere: Modifikation des Primärharns 208
Der Einfluss von Parathormon auf die proximalen Tubuli 210

Sensorische Epithelien
Die Photorezeptoren der Retina: Umwandlung von Lichtquanten in elektrische Signale 212
Umsatz von Photorezeptoren und Licht-induzierte Apoptose 214
Das Riechepithel 216

Plattenepithelien
Das vordere Hornhautepithel 218
Die Epidermis 220
Differenzierung der Keratinozyten und Ausbildung der Flüssigkeitsbarriere in der Epidermis 222

Epithelien der Atemwege und Kinoziliendyskinesien


Das Tracheobronchialepithel 224
Die Pathologie der Kinozilien 226
Die Alveolen: Gasaustausch und Abwehrsystem 228

Das Urothel
Die Deckzellen – Oberfächendifferenzierungen 230
Die fusiformen Vesikel in den Deckzellen 232

Die Endothelien
Kontinuierliches Endothel, Perizyt 234
Fenestriertes Endothel 236
Endothelzellkontakte mit Perizyten und glatten Muskelzellen 238

Das Glomerulum und krankhafte Veränderungen


Das Glomerulum: ein hochspezialisierter Filterapparat 240
Pathologie des glomerulären Filters: Minimal Change Glomerulopathie und kongenitale
nephrotische Syndrome 242
Glomeruläre Erkrankungen: membranöse Glomerulonephritis 244
Glomeruläre Erkrankungen: membranoproliferative Glomerulonephritis 246
Glomeruläre Erkrankungen: Transplantatglomerulopathie 248

Das Bindegewebe
Lockeres fasriges Bindegewebe 250
Fibroblast, Fibrozyt und Makrophage 252
Kollagene und elastische Fasern 254
Eosinophiler Granulozyt, Plasmazelle, Makrophage und Mastzelle 256
Die Bindegewebsschicht der Kornea 258
Die Bowman’sche Schicht in der Kornea 260
Die Amyloidose der Niere 262
Sichtbarmachung des Wachstums von Amyloidfibrillen durch Zeitraffer Atomkraftmikroskopie 264
XVII

Das Fettgewebe
Das weisse Fettgewebe 266
Das braune Fettgewebe 268

Der Knorpel
Der Gelenkknorpel 270

Der Knochen
Osteoblast und Osteozyt 272
Osteoklast 274

Die Skelettmuskulatur und Dystrophien


Myofibrillen und Sarkomer 276
Das sarkoplasmatische Retikulum, Triaden, Satellitenzelle 278
Motorische Endplatte 280
Muskeldystrophien 282

Die Herzmuskulatur
Myofibrillen, Glanzstreifen 284

Die glatte Muskulatur


Glatte Muskelzellen, Synapse á distance 286
CADASIL 288

Das Nervengewebe und krankhafte Veränderungen


ZNS – Neuron, Gliazellen 290
ZNS – Blut-Hirnschranke, Synapsen 292
Marklose Nervenfaser 294
Peripherer Nerv, Bindegewebshüllen 296
Markhaltige Nervenfaser, Myelin 298
Ranvier’scher Schnürring 300
Axonale Degeneration 302
Neuroaxonale Dystrophie 304
Neuropathien im Gefolge von Dysproteinämien 306
Metachromatische Leukodystrophie 308
Neuronale Zeroidlipofuszinosen 310

Zellen des Bluts


Rote Blutzellen – Erythroblast, Retikulozyt, Erythrozyt 312
Neutrophiler Granulozyt 314
Eosinophiler Granulozyt 316
Monozyt 318
Lymphozyt 320
Megakaryozyt und Thrombozytenbildung 322
Thrombozyt 324

Sachverzeichnis 326
DIE ZELLE
2 Einleitung

ALLGEMEINER BAUPLAN TIERISCHER ZELLEN

Tierische Zellen haben einen grundsätzlich gleich- Zytosol eingelagert, in dem der Intermediärstoffwechsel,
artigen subzellulären Aufbau, der in Abhängigkeit von die Eiweißsynthese und der proteosomale Eiweißabbau
ihrem Differenzierungsgrad und ihrer funktionellen stattfinden. Das raue endoplasmatische Retikulum
Beanspruchung quantitativ variiert und sich als Aus- (RER) ist in die Synthese, die Qualitätskontrolle und die
druck funktioneller Spezialisierung in speziellen Retrotranslokation der Eiweiße einbezogen sowie der
Strukturen manifestiert. Die nebenstehende elek- Ort des Beginns der Eiweiß N-Glykosilierung und ein
tronenmikroskopische Abbildung zeigt bei schwacher bedeutender Kalziumspeicher. Im endoplasmatischen
Vergrößerung seröse azinäre Zellen des Rattenpankreas, Retikulum werden auch die Lipide synthetisiert. Viele de
den Prototyp einer polarisierten sekretorischen Zelle. novo synthetisierte Eiweiße und Lipide werden in den
Mehrere azinäre Zellen bilden eine Funktionseinheit, Golgi Apparat transportiert und erhalten hier weitere
den Azinus. posttranslationelle Modifikationen, bevor sie an ihre
Jede Zelle weist zwei Hauptkompartimente auf, den tatsächlichen Bestimmungsorte gelangen. Ferner be-
Zellkern und das Zytoplasma, die beide im ersten ginnt die Eiweiß O-Glykosilierung im Golgi Apparat.
Kapitel detailliert dargestellt werden. Für den anterograden und retrograden Transport
Der Zellkern wird von der Kernhülle umgeben, die zwischen dem rauen endoplasmatischen Retikulum und
aus zwei Membranen besteht und von zahlreichen dem Golgi Apparat sind die Prä-Golgi Transport-
Kernporen durchbrochen ist. Das Karyoplasma besteht intermediäre (prä-GI) zuständig. Wie in anderen
aus dem Hetero- und Euchromatin und enthält den sekretorischen Epithelzellen werden auch die
Nukleolus. Sekretprodukte der pankreatischen azinären Zellen in
Das Zytoplasma besteht aus membranbegrenzten Trans Zisternen des Golgi Apparats in unreife
Organellen und dem Zytoskelett. Beide sind in das Sekretgranula (CV) gepackt, die zu Zymogengranula
(ZG) reifen. Auf einen Reiz hin werden die in den
Zymogengranula gespeicherten Eiweiße über Exozytose
sezerniert, daher die Bezeichnung regulierte Sekretion.
Gemeinsam bilden das endoplasmatische Retikulum
mit seinen transitorischen Elementen (TE), die Prä-
Golgi Transportintermediäre, der Golgi Apparat und die
ZG Zymogengranula den sekretorischen Apparat der Zelle.
Andere Zelltypen, wie Fibroblasten, bilden keine
Sekretgranula und sezernieren ihre Produkte fort-
CV während mittels kleiner Vesikeln, daher die Bezeichnung
konstitutive Sekretion.
Weitere ubiquitäre Organellen sind die energie-
Golgi erzeugenden Mitochondrien (M), die Peroxisomen,
prä-GI
welche oxidative Enzyme besitzen, die für den Substanz-
abbau wichtigen Lysosomen und die in die Substanz-
TE
TE aufnahme einbezogenen Endosomen.
TE TE ER
Die Plasmamembran (Plasmalemma) stellt die
prä-GI
Grenze der Zelle zu ihrer Umgebung dar, wobei bei epi-
thelialen Zellen wie den azinären Zellen zwei Plasma-
Nukleus membrandomänen zu unterscheiden sind. Die luminale
Plasmamembran stellt die apikale Membrandomäne
prä-GI dar, die das Azinuslumen (AL) bildet. Sie ist durch junk-
prä-GI
tionale Komplexe (Pfeile) von der lateralen (LPM) und
TE
der basalen (BPM) Plasmamembrandomäne abge-
TE
grenzt.
Das Diagramm stellt eine vereinfachte Darstellung
einer azinären Pankreasepithelzelle dar.

Vergrößerung: x 11,250
Abbildung 1 3

ZG

AL
ZG

CV

Golgi

M
M

LPM RER Nukleus

BPM
4 Der Zellkern

DIE ARCHITEKTUR DES ZELLKERNS

Der Zellkern ist das größte der Zellkompartimente und Interchromatingranula (IG) entsprechen elektro-
enthält die Chromosomen mit dem Hauptanteil der nenmikroskopisch den Splicing Factor-Kompartimen-
Gene und die zahlreichen molekularen Instrumente, die ten, wo RNA und Proteine, die beim mRNA-Spleißen
für die Genorganisation und Expression notwendig benötigt werden, angereichert sind. Auch enthalten
sind. Gleichzeitig mit der erfolgreichen Sequenzierung Interchromatingranula zahlreiche RNA-Prozessierungs-
des gesamten menschlichen Genoms in den vergan- faktoren, Transkriptionsfaktoren und auch potentielle
genen Jahren, haben sich auch die Kenntnisse über die Strukturproteine, wie zum Beispiel Lamine.
Kernarchitektur enorm erweitert und rezente Ergeb- Die „Cajal bodies“ (CB) wurden von Ramon y Cajal
nisse zeigen, dass das langjährige Dogma einer strikten vor 100 Jahren beschrieben. Sie entsprechen den „coiled
räumlichen Trennung von Transkription im Zellkern bodies“, gehören zu den bestcharakterisierten kleinen
und Translation im Zytoplasma nicht aufrechterhalten Körperchen im Zellkern, und wurden erst kürzlich
werden kann. wiederum nach ihrem Entdecker umbenannt. In den
Die Kernhülle wird von einer Doppelmembran Cajal Körperchen sind Transkriptions- und RNA-
gebildet, die mit ihrem inneren Blatt den Kernraum Prozessierungsfaktoren vorübergehend lokalisiert.
begrenzt und ihn vom Zytoplasma trennt. Zahlreiche, Kernstrukturen sind außerordentlich dynamisch,
komplex aufgebaute „Poren“ für den bidirektionalen auch wenn sie morphologisch stabil erscheinen
Transport zwischen Karyoplasma (Nukleoplasma) und (Diagramme C und D).
Zytoplasma durchsetzen die Kernhülle (Pfeile in A; siehe
auch Abb. 8 und 9). Abbildung B zeigt die äußere und
innere Membran der Kernhülle und die perinukleäre
Zisterne. Der Stern markiert eine Stelle, wo sich die
äußere Membran der Kernhülle in die des rauen endo-
plasmatischen Retikulums (RER) fortsetzt und die peri-
nukleäre Zisterne in das RER-Lumen mündet.
Der Zellkern ist ebenso, wie das Zytoplasma, in Sowohl Chromatin-assoziierte Proteine (Diagramm
Kompartimente gegliedert (Diagramme A and B). Die C) als auch Proteine der Interchromatindomänen
Chromosomen (A-Chromosomen 1,2,3) sind im (Diagramm D) befinden sich nur temporär am
Interphasenkern in Territorien organisiert (A-1,2,3), Chromatin und in den entsprechenden Kompartimen-
denen Interchromatinräume gegenüber stehen. Genloci ten (Nu: Nukleolus, IG: Interchromatingranula, Cajal
(B-1,2,3) finden sich innerhalb der Chromosomen- Körperchen). Es findet kontinuierlicher Austausch mit
territorien und auch außerhalb, wohl an dekonden- dem Nukleoplasma statt.
sierten Chromatinschlaufen (B-1,2,3). Die Diagramme sind nach Roix and Misteli (2002)
A B gezeichnet.
3
1 2 2 1 1
NOR 1
Literatur
3
3
Cremer T, and Cremer C (2001) Chromosome territories,
2 2
3
nuclear architecture and gene regulation in mammalian cells.
Nu
Nat Rev Genetics 2: 292
Gall JG (2003) The centennial of the Cajal body. Nat Rev Mol
Im Elektronenmikroskop ist das kondensierte Cell Biol 4: 975
Chromatin (Heterochromatin, C) durch seine intensive Iborra FJ, Jackson DA, and Cook PR (2001) Coupled tran-
Kontrastierbarkeit deutlich sichtbar, während die de- scription and translation within nuclei of mammalian cells.
Science 293: 1139
kondensierten Chromatinfäden kaum erkennbar sind.
Lamond AI, and Spector DL (2003) Nuclear speckles: a model
Das kondensierte Chromatin dominiert in den periph- for nuclear organelles. Nat Rev Mol Cell Biol 4: 605
eren Kernarealen. Im Inneren des Zellkerns umgeben Pederson T (2002) Dynamics and genome-centricity of inter-
Stränge von kondensiertem Chromatin die funktionell chromatin domains in the nucleus. Nat Cell Biol 4: E287
aktiven, doch weniger auffälligen, Kernraumareale, in Roix J, and Misteli T (2002) Genomes, proteoms, and dynam-
denen zahlreiche diskrete Strukturen, die mit der Gen- ic networks in the cell nucleus. Histochem Cell Biol 118: 105
expression in Zusammenhang stehen, erkennbar sind.
Am auffälligsten sind die Nukleolen (Nu, siehe Abb. 5-7). Vergrößerung: x 24,000 (A), x 106,000 (B)
Abbildung 2 5

Kernhülle

IG

C
CB

Nu

IG

Nu
C

Kernhülle
A

*
äussere
Kernmembran
innere
RER
B
6 Der Zellkern

ZYTOCHEMISCHER NACHWEIS VON RIBONUKLEOPROTEINEN

DNA und RNA können elektronenmikroskopisch mit Lamine sind spezialisierte Fibrillen, die aus einer zen-
verschiedenen zytochemischen Techniken nachgewiesen tralen _-helikalen stabförmigen Domäne bestehen, die
werden. Die klassische Technik zum Nachweis beidseits von einer globulären Domäne begrenzt wird.
Ribonukleoprotein (RNP)-haltiger Strukturen in ultra- Die C-terminale globuläre Domäne enthält eine
dünnen Gewebeschnitten stellt die regressive Aminosäuresequenz für den Zellkernimport. Nach
Kontrastierung nach Bernhard dar. Zunächst werden Farnesylierung werden die Laminuntereinheiten im
sowohl DNA als auch RNA mit Uranylazetatlösung kon- Bereich der inneren Kernmembran assembliert und
trastiert. Daran schließt sich eine Inkubation mit EDTA mittels des Lamin B Rezeptors und der Lamin-
Lösung an, die über die Komplexbildung von EDTA mit assozierten Proteine 1 und 2 mit ihr verankert.
Uranylionen zu einer fortschreitenden und bevorzugten Die Kernlamina ist für die Gestalt und mechanische
Entfernung der kontrastgebenden Uranylionen von der Resistenz der Kernhülle sowie für die Genregulation von
DNA, aber nicht von RNP-haltigen Strukturen führt. Bedeutung. Weiterhin verbindet sie Chromosomen und
Die Spezifität dieser Methode für Ribonukleoproteine Kernhülle. Zu Beginn der Mitose kommt es durch
ist begrenzt und muss in Kontrollen mittels Enzymver- Phosphorylierung der Lamine zur Desintegration der
dauungen bestätigt werden. Kernlamina mit nachfolgender Auflösung der Kern-
Abbildung A zeigt die regressive RNA-Kontras- hülle. Während der späten Anaphase erfolgt eine
tierung an einem Ultradünnschnitt von Glutaraldehyd- Dephosphorylierung der Lamine und der Wiederaufbau
fixierter und Epon-eingebetteter Rattenleber. Im Zell- der Kernhülle.
kern der Hepatozyten kommen vorwiegend RNP- Überraschenderweise verursachen Lamin A Muta-
enthaltende Strukturen kontrastreich zur Darstellung. tionen nicht nur den Verlust der Kernhülle, sondern
Die Perichromatinfibrillen (Pfeilköpfe) treten ebenfalls auch Erkrankungen der quergestreiften Muskulatur
kontrastreich hervor. Perichromatingranula (Pfeile), die (Kardiomyopathie und Muskeldystrophie), der Adipo-
als Speicher und/oder Transportform von Prä-mRNA zyten (partielle Lipodystrophie-Syndrome) und von
Partikeln angesehen werden, sind auch kontrastiert. Das peripheren Nerven (periphere Neuropathie) sowie
DNA enthaltende periphere und Nukleolus-assoziierte vorzeitige Alternssyndrome. Die Laminopathien werden
kondensierte Chromatin (C) weist nur einen sehr gegenwärtig durch die Strukturhypothese (geschwächte
schwachen Kontrast auf. Kernlamina) und die Genexpressionshypothese (ge-
IG: Interchromatingranula ; Nu: Nukleolus. störte Regulation der Genexpression) erklärt.
AM: äussere Kernmembran; C: Chromatin.
Literatur
Bernhard W (1969) A new staining procedure for electron micro-
Literatur
scopical cytology. J Ultrastruct Res 27: 250 Goldberg M, and Allen T (1996) The nuclear pore complex and
Gautier A (1976) Ultrastructural localization of DNA in ultrathin lamina: three dimensional structures and interactions deter-
tissue sections. Int Rev Cytol 44: 113 mined by field emission in-lens scanning electron microscopy. J
Hayat M (1993) Stains and Cytochemical Methods (New York Mol Biol 257: 848
and London, Plenum Press). Hutchinson C, Bridger J, Cox L, and Kill I (1994) Weaving a pat-
Moyne G (1980) Methods in ultrastructural cytochemistry of the tern from disparate threads: lamin function in nuclear assembly
cell nucleus. Progr Histochem Cytochem 13: 1 and DNA replication. J Cell Sci 197: 3259
Hutchinson C, and Worman HJ (2004) A-type lamins: Guardians
DIE KERNLAMINA of the soma? Nat Cell Biol 6: 1062
Stoffler D, Feja B, Fahrenkrog B, Walz J, Typke D, and Aebi U
Die innere Kernmembran (IM) ist von einer 30 bis 80 (2003) Cryo-electron tomography provides novel insights into
nm dicken Schicht fibrösen Materials bedeckt, der Kern- nuclear pore architecture: implications for nucleocytoplasmic
lamina. In Abbildung B, die einen Ausschnitt eines Ke- transport. J Mol Biol 328: 119
ratinozyten der Haut zeigt, ist sie deutlich zu erkennen. Stuurman N, Heins S, and Aebi U (1998) Nuclear lamins: their
Die Kernlamina besteht aus Lamin A und variablen structure, assembly, and interactions. J Struct Biol 122: 42
Worman HJ, and Courvalin J-C (2004) How do mutations in
Mengen des Lamins B und C, die zu der Familie der
lamins A and C cause disease? J Clin Invest 113: 349
Intermediärfilamente gehören. Im Unterschied zu
anderen Intermediärfilamenten bilden sie ein zweidi-
mensionales orthogonales Gitterwerk. Die nukleären Vergrößerung: x 24,500 (A); x 70,000 (B)
Abbildung 3 7

Nu

IG

C
Nu
C

C
Kernlamina

IM
B AM
8 Der Zellkern

NACHWEIS VON ORTEN DER DNA -REPLIKATION UND VON DOMÄNEN IN


INTERPHASENCHROMOSOMEN

DNA kann immunelektronenmikroskopisch mit hoher zwei bis drei markierte Chromosomen, die auf die
Präzision und Spezifität nachgewiesen werden. Anti- Anwesenheit von Chromosomenterritorien und sub-
DNA Antikörper, die entweder in Tieren erzeugt wur- chromosomalen Domänen untersucht wurden. Mittels
den oder aus Seren von Patienten mit Autoimmun- BrdU-Immungoldmarkierung wurde gezeigt, dass sepa-
krankheiten gewonnen wurden, sowie Antikörper gegen rate Chromosomendomänen existierten, die aber auch
Nukleotidanaloge sind hierfür geeignet. Sie können an in engem räumlichem Kontakt zueinander standen,
Ultradünnschnitten von Aldehyd-fixierten und Lowi- jedoch ohne dass es zur Vermischung ihrer DNA kam.
cryl- oder LR White-eingebetteten Geweben und Zellen Letzterer Befund wurde dahingehend interpretiert, dass
in Verbindung mit Immungold Markierungstechniken Chromosomen-Chromosomen Interaktionen aufgrund
erfolgreich eingesetzt werden. Auf diese Weise konnte des regional begrenzten Kontakts des Chromatins
DNA im kondensierten und lockeren Chromatin von benachbarter Chromosomen stattfinden können.
Interphasenkernen, in Chromosomen mitotischer Somit ermöglicht die BrdU-Immunelektronen-
Zellen und in Mitochondrien nachgewiesen werden. mikroskopie die Darstellung von Orten der DNA-Repli-
In den Abbildungen A und B ist DNA in V79-Hams- kation und auch die Analyse der regionalen Anordnung
terzellen immunelektronenmikroskopisch markiert. von Komponenten der Interphasenchromosomen.
Hierfür wurden lebende Zellen mit dem membran- Die Pfeile in Abbildungen A und B markieren RNP
gängigen Thymidinanalog Bromdeoxyuridin (BrdU) Fibrillen in Perichromatin- und Interchromatin-
inkubiert, welches während der Replikation in die DNA regionen.
eingebaut wurde. Mit einem monoklonalen Anti-BrdU
Antikörper und gold-markiertem Zweitantikörper
konnte dann das in der DNA vorhandene BrdU nach Literatur
Fixierung und Lowicryl-Einbettung in Ultradünn-
schnitten nachgewiesen werden. Fakan S (2004) The functional architecture of the nucleus as
Zum Nachweis naszenter DNA (Abb. A) wurden analysed by ultrastructural cytochemistry. Histochem Cell Biol
Hamsterzellen nur kurzzeitig (zwei Minuten) mit BrdU 122: 83
Francastel C, Schubeler D, Martin DI, and Groudine M (2000)
inkubiert. Mittels Immungoldmarkierung konnten
Nuclear compartmentalization and gene activity. Nat Rev Mol
individuelle Chromatinfibrillen (Pfeilköpfe) in der Cell Biol 1: 137
Peripherie des kondensierten Chromatins (Pfeil) als Gratzner HG (1982) Monoclonal antibody to 5-bromo- and 5-
DNA-Replikationsorte identifiziert werden. In anderen iododeoxyuridine: A new reagent for detection of DNA replica-
Experimenten wurde hier auch DNA-Polymerase-alpha tion. Science 218: 474
nachgewiesen. Zusätzlich zum Immungoldnachweis von Jaunin F, Visser AE, Cmarko D, Aten JA, and Fakan S (2000) Fine
naszenter DNA wurde in den Lowicryl Dünnschnitten structural in situ analysis of nascent DNA movement following
DNA mit einer modifizierten Feulgen-Reaktion kon- DNA replication. Exp Cell Res 260: 313
trastiert. Aus derartigen Experimenten wurde gefolgert, Liu D F, el-Alfy M, and Leblond CP (1995) DNA changes involved
dass die DNA-Replikation vorwiegend in Perichroma- in the formation of metaphase chromosomes, as observed in
tinregionen stattfindet und dass frisch replizierte DNA mouse duodenal crypt cells stained by osmium-ammine. II.
Tracing nascent DNA by bromodeoxyuridine into structures aris-
von hier rasch in Regionen von kondensiertem
ing during the S phase. Anat Rec 242: 449
Chromatin gelangt. Tamatani R, Taniguchi Y, and Kawarai Y (1995) Ultrastructural
Zum Nachweis von Chromosomenterritorien und study of proliferating cells with an improved immunocytochem-
subchromosomalen Domänen (Abb. B) wurden V79- ical detection of DNA-incorporated bromodeoxyuridine.
Hamsterzellen für 9 Stunden mit BrdU inkubiert und J Histochem Cytochem 43: 21
anschließend für weitere 62 Stunden kultiviert. Inner- Thiry M (1999) Ultrastructural methods for nucleic acid detec-
halb dieser Zeitspanne fanden etwa fünf Zellteilungen tion by immunocytology. Progr Histochem Cytochem 34: 93
statt, während derer eine Segregation der markierten Visser AE, Jaunin F, Fakan S, and Aten JA (2000) High resolution
Chromosomen eintrat. Die Zellen enthielten nur noch analysis of interphase chromosome domains. J Cell Sci 113: 2585

Vergrößerung: x 66,000 (A); x 63,000 (B)


Abbildung 4 9

Kernhülle

B
10 Der Zellkern

DER NUKLEOLUS

Die Nukleolen oder Kernkörperchen sind die morpho- Die Nukleolen stehen in enger funktioneller und
logisch auffälligsten Organellen des Zellkerns. Sie bilden morphologischer Beziehung zu den Cajal Körperchen
sich an den Nukleolusorganisatorregionen (NORs) der (siehe Abb. 2). Cajal Körperchen sind wichtig für die
akrozentrischen Chromosomen, wo in zahlreichen Bildung und Funktion der kleinen nukleolären
Kopien die Gene, die für die Vorstufen der ribosomalen Ribonukleoproteine. Sie sind sehr dynamisch, bewegen
RNA (Prä-rRNA) kodieren, lokalisiert sind. Die sich in unterschiedlichem Abstand zu den Nukleolen
Vorstufen der ribosomalen Untereinheiten werden in und treten mit ihnen in Kontakt. Eine Reihe von
den Nukleolen gebildet. Dies ist ihre Hauptaufgabe, Proteinen, wie zum Beispiel Fibrillarin und Nopp40,
wenn auch Prä-ribosomale Partikelchen nicht aus- finden sich sowohl in den Nukleolen als auch in den
schließlich in den Nukleolen entstehen und umgekehrt Cajal Körperchen und es gibt Hinweise, dass Proteine
auch andere Funktionen den Nukleolen zugeschrieben zwischen den beiden Körperchen ausgetauscht werden.
werden. In menschlichen Zellen sind Nukleolusorgani- Ein Austausch durch direkten Kontakt wird diskutiert.
satorregionen an fünf Chromosomen lokalisiert. In den vergangenen Jahren wurden zusätzliche, nicht
Theoretisch könnten in diploiden Zellen 10 Nukleolen mit der Bildung von Prä-ribosomalen Partikeln in
gebildet werden, doch ist das meist nicht der Fall. Verbindung stehende Funktionen der Nukleolen be-
Säugetierzellen besitzen durchschnittlich einen bis vier kannt. Sie werden sowohl mit der tRNA-Bildung und
Nukleolen. Ihre Zahl und ihr Aufbau sind funktions- Sequestrierung von regulatorischen Proteinen, als auch
abhängig (siehe Abb. 6). Die Nukleolen verschwinden Kontrolle von Alterungsvorgängen und Virusinfektion
bei Eintritt der Zellen in die Mitose, wenn Synthese und in Zusammenhang gebracht. Nukleolen bilden eventuell
Prozessierung der Prä-rRNA unterdrückt werden. für solch unkonventionelle Aktivitäten eine stationäre
Die Ultrastruktur der Nukleolen spiegelt ihre Plattform im Zellkern.
Hauptaufgabe bei der Bildung der Ribosomenvorstufen. Kürzlich wurde mit dem Nachweis einer GTP-
Ein Nukleolus besteht aus 3 Komponenten, der dicht gesteuerten Retention von Nukleostemin erstmals ein
fibrillären Komponente (dfK), der granulären Kom- molekularer Mechanismus für die Lokalisation und
ponente (gK) und dem fibrillären Zentrum (fZ). Das Anhäufung eines Proteins im Nukleolus identifiziert.
meist sehr auffällige, den Nukleolen angelagerte kon-
densierte Chromatin (C) entspricht hauptsächlich den
Territorien von NOR-tragenden Chromosomen. Das Literatur
fibrilläre Zentrum, dem eine wichtige Rolle als Pro-
Filipowicz W, and Pogacic V (2002) Biogenesis of small
teinspeicher zugeschrieben wird, ist als deutlich ab- nucleolar ribonucleoproteins. Curr Opin Cell Biol 14: 319
grenzbares Körperchen von den dicht fibrillären und Hozak P (1995) Catching RNA polymerase I in flagranti:
granulären Nukleoluskomponenten umgeben. Beide Ribosomal genes are transcribed in the dense fibrillar compo-
Komponenten beinhalten neu gebildete Prä-ribosomale nent of the nucleolus. Exp Cell Res 216: 285
Strukturen, die sich in der dicht fibrillären Region in Misteli T (2005) Going in GTP cycles in the nucleolus. J Cell
einem sehr frühen Stadium, in der granulären Kompo- Biol 168: 177
nente in einem späten Stadium des Assemblierung Olson MOJ, and Dundr M (2005) The moving parts of the
befinden. Die dicht fibrilläre Komponente ist vor allem nucleolus. Histochem Cell Biol 123: 203
reich an neusynthetisierter Prä-rRNA und assoziierten Olson MOJ, Hingorani K, and Szeneni A (2002) Conventional
Proteinen, die granuläre Komponente enthält die fast and nonconventional roles of the nucleolus. Int Rev Cytol 219:
199
fertiggestellten Prä-ribosomalen Partikelchen, die für
Raska I (2003) Oldies but goldies: Searching for Christmas
das granuläre Aussehen dieses Teils des Nukleolus ver- trees within the nucleolar architecture. Trends Cell Biol 13: 517
antwortlich sind. Die Transkription wird verschiedenen Tschochner H, and Hurt E (2003) Pre-ribosomes on the road
Regionen im Nukleolus, der dicht fibrillären Region, from the nucleolus to the cytoplasm. Trends Cell Biol 13: 255
insbesondere der Grenzregion zum fibrillären Zentrum, Tsai RY, and McKay, RD (2005) A multistep, GTP-driven
und auch Regionen im fibrillären Zentrum zuge- mechanism controlling the dynamic coupling of nucle-
schrieben. ostemin. J Cell Biol 168:179

Vergrößerung: x 66,000
Abbildung 5 11

gK
C

fZ
gK

dfK

gK

gK fZ

dfK
12 Der Zellkern

FUNKTIONSBEZOGENE ÄNDERUNGEN DER NUKLEOLUSARCHITEKTUR

Die Organisation und Architektur der Nukleolen steht und auffällig breiten dicht fibrillären und granulären
in engem Zusammenhang mit dem Funktionszustand Komponenten tritt unter prolongierter PHA-
der Zellen und ändert sich Hand in Hand gehend mit Behandlung ein. Diese Umformung entspricht einer
Änderungen der zellulären Funktion und Aktivität. neuerlichen hochaktiven Periode und ist in Abb. C nach
Drei Nukleolustypen lassen sich auf Grund ihrer 72 Stunden PHA-Behandlung dargestellt.
Architektur im Elektronenmikroskop unterscheiden: Der enge Zusammenhang von Nukleolusarchitektur
(1) „Ringförmige“ Nukleolen (Pfeil in A) mit einem und Funktion kommt auch unter Proteinsynthese- und
großen fibrillären Zentrum, das von dicht fibrillären RNA-Synthesehemmung zum Ausdruck. Wenn die
und granulären Komponenten umgeben ist. Dieser Typ Proteinsynthese durch Puromycin gehemmt wird,
wird im Detail auf der vorhergehenden Seite in Abb. 5 kommt es zu einer signifikanten Größenreduktion der
vorgestellt. fibrillären Zentren. Behandlung mit Actinomycin D, das
(2) Nukleolen mit einem „Nukleolonema“, einem spezifisch die rRNA-Transkription hemmt, bewirkt eine
ausgedehnten Netzwerkknäuel aus dicht fibrillärer und generelle Abnahme der Größe der Nukleolen und eine
granulärer Substanz (Abb. B). Die fibrillären Zentren Segregation ihrer Komponenten. Dieser Zustand wird
sind klein und unauffällig. an Hand eines Nukleolus im Kern einer HeLa Zelle nach
(3) „Kompakte“ Nukleolen (Abb. C) mit mehreren 6-stündiger Actinomycin D-Gabe in Abbildung D ge-
fibrillären Zentren, die von breiten Bändern aus zeigt und in einem zusätzlichen Diagramm dargestellt.
dichtem fibrillären Material und granulär nukleolärer
Substanz eingefaßt sind.
Die Bilder A–C zeigen in der Abfolge die Verän-
derungen der Nukleolen menschlicher Lymphozyten zu C
verschiedenen Zeitpunkten nach Stimulierung mit
fZ
Phytohämagglutinin (PHA).
Ungefähr 75% der unstimulierten Lymphozyten aus
gK
dem peripheren Blut enthalten einen ringförmigen
Nukleolus; die restlichen 25% der Zellen besitzen zwei
oder mehrere ringförmige Nukleolen. dfK
Stimulierung der Zellen mit PHA führt zu einem An-
stieg der Zellen mit mehreren ringförmigen Nukleolen.
Abbildung A zeigt ein Beispiel eines Lymphozyten nach
4 Stunden PHA-Behandlung, in dessen Kern zwei ring-
förmige Nukleolen angeschnitten sind. Nach 12 Stun- C
den besitzen 34% der Lymphozyten mehr als einen
Nukleolus. Die Zunahme der Anzahl der Nukleolen
wird mit der Aktivierung von zusätzlichen NORs in Fibrilläres Zentrum (fZ) und dicht fibrilläre (dfK)
Verbindung gebracht. Fortgesetzte Behandlung führt und granuläre Komponenten (gK) erscheinen separiert
zum Auftreten von großen Nukleolen mit Nukleo- und unzusammenhängend. C: kondensiertes
lonemata (Abb. B). Diese ausgedehnten nukleolären Chromatin
Netzwerke, in denen die dicht fibrillären und granulären
Komponenten dominieren, scheinen durch Fusion
mehrerer kleiner vorgebildeter Nukleolen zu entstehen. Literatur
Die fibrillären Zentren sind verkleinert und wirken Wachtler F, Ellinger A, and Schwarzacher HG (1980)
„erschöpft“ durch Verbrauch der gespeicherten Proteine Nucleolar changes in human phytohaemagglutinin-stimulat-
für die angekurbelte und gesteigerte Bildung von ed lymphocytes. Cell Tiss Res 213: 351
Ribosomenvorstufen; diese werden in den ausgedehnten Wachtler F, Popp W, and Schwarzacher HG (1987) Structural
granulären Nukleolusregionen sichtbar. Dieser Nukleo- changes in nucleoli during inhibition of protein- and RNA-
lustyp ist am ausgeprägtesten nach 36 Stunden PHA- biosynthesis. Cell Tiss Res 247: 583
Behandlung. Ein Beispiel nach 16 Stunden wird in
Abb. B gezeigt. Eine weitere Umformung in ausgedehnte
kompakte Nukleolen mit mehreren fibrillären Zentren Vergrößerung: x 7,000 (A); x 29,000 (B); x 14,000 (C); x 30,000 (D)
Abbildung 6 13

PHA 4h - Ringförmige Nukleolen PHA 16h - Nukleolonema

A B

PHA 72h - Kompakter Nukleolus Actinomycin D

C D
14 Der Zellkern

NACHWEIS VON ORTEN DER RNA -SYNTHESE

RNA kann ähnlich wie DNA in ultradünnen Schnitten chromatingranula sind nicht markiert. In ihnen finden
von Geweben und Zellen durch Immunelektronen- spätere Prozessierungsschritte wie das Spleißen der Prä-
mikroskopie mit hoher Präzision und Spezifität mRNA statt.
nachgewiesen werden. Konventionelle Aldehydfixierung Mittels Immungoldmarkierungen ergaben sich in
und Einbettung in Epon, Lowicryl oder LR White sind solchen Experimenten Hinweise darauf, dass die dichte
hierfür geeignet. Obwohl Antikörper gegen RNA ver- fibrilläre Komponente des Nukleolus ein Ort der Prä-
fügbar sind, wird am häufigsten ein monoklonaler rRNA Transkription und früher Prozessierungschritte
Antikörper gegen Bromdeoxyuridin in Verbindung mit der Prä-rRNA ist. Andererseits stellen die Perichroma-
goldmarkierten Zweitantikörpern verwendet, um in die tinfibrillen in situ morphologisch Prä-mRNA
RNA eingebautes 5’Bromuridin-5-Triphosphat (BrUTP) Transkripte dar, in denen der Großteil der Prä-mRNA
nachzuweisen. Die Immungoldmarkierung kann mit Prozessierung stattfindet.
anderen zytochemischen Nachweistechniken kom- IG: Interchromatingranula.
biniert werden. Im Gegensatz zu Bromdeoxyuridin ist
BrUTP nicht membrangängig. Um für den Einbau in
RNA verfügbar zu sein, müssen lebende Zellen perme-
abilisiert werden oder das BrUTP muss mikroinjiziert Literatur
werden. Zum anderen wurde anstelle des Nukleotid- Bentley D (2002) The mRNA assembly line: transcription and
analogs BrUTP sein Nukleosidanalog BrU verwendet processing machines in the same factory. Curr Opin Cell Biol 14:
oder Liposom-basierende Transfektionsvektoren als 336
Transportvehikel eingesetzt. Cmarko D, Verschure P, Martin T, Dahmus M, Krause S, Fu X-D,
Abbildung A zeigt den Nachweis von RNA Synthese- van Driel R, and Fakan S (1999) Ultrastructural analysis of tran-
orten am Ultradünnschnitt kultivierter menschlicher scription and splicing in the cell nucleus after bromo-UTP
microinjection. Mol Biol Cell 10: 211
Blasenkarzinomzellen durch Immungoldmarkierung.
Hobot JA, Bjornsti MA, and Kellenberger E (1987) Use of on-sec-
Die Zellen wurden mit BrUTP mikroinjiziert und nach tion immunolabeling and cryosubstitution for studies of bacteri-
20 Minuten fixiert. Immungoldmarkierung fand sich zu al DNA distribution. J Bacteriol 169: 2055
diesem Zeitpunkt im Perichromatin entlang der Peri- Hozak P, Cook PR, Schofer C, Mosgöller W, and Wachtler F
pherie von kondensiertem Chromatin (C). Im Nuk- (1994) Site of transcription of ribosomal RNA and intranucleolar
leolus (Nu) war die Immungoldmarkierung hauptsäch- structure in HeLa cells. J Cell Sci 107: 639
lich mit der dichten fibrillären Komponente assoziiert Jackson DA, Hassan AB, Errington RJ, and Cook PR (1993)
und stellt vermutlich neu synthetisierte Prä-rRNA dar. Visualization of focal sites of transcription within human nuclei.
Abbildung B zeigt einen Kernausschnitt von Zellen, EMBO J 12: 1059
die nur 10 Minuten nach der Mikroinjektion von Schul W, van Driel R, and de Jong L (1998) A subset of poly(A)
BrUTP fixiert wurden. Mittels Doppelmarkierung polymerase is concentrated at sites of RNA synthesis and is asso-
ciated with domains enriched in splicing factors and poly(A)
wurde an den Ultradünnschnitten sowohl neu syn-
RNA. Exp Cell Res 238: 1
thetisierte RNA (6 nm Goldpartikeln) als auch hnRNA- Thiry M (1999) Ultrastructural methods for nucleic acid detec-
Komplexe (15 nm Goldpartikeln) nachgewiesen. tion by immunocytology. Progr Histochem Cytochem 34: 93
Oftmals sind sowohl kleine als auch große Gold- Verheggen C, Le Panse S, Almouzni G, and Hernandez-Verdun D
partikeln mit Perichromatingranula (Pfeilköpfe) assozi- (1998) Presence of pre-rRNAs before activation of polymerase I
iert, die sowohl frisch synthetisierte Prä-mRNA als auch transcription in the building process of nucleoli during early
Faktoren zur RNA-Prozessierung enthalten. Die Inter- development of Xenopus laevis. J Cell Biol 142: 1167

Vergrößerung: x 32,000 (A); x 122,000 (B)


Abbildung 7 15

Nu

C C

IG

B
16 Der Zellkern

DIE KERNPORENKOMPLEXE

Die Kernporen, die die Kernhülle durchsetzen, stellen Peptiden überzogen waren, konnte die maximale
komplexe makromolekulare Strukturen mit einer unge- Partikelgröße für den Transport durch Kernporen mit
fähren Masse von 125 MDa dar. Im Durchschnitt finden etwa 26 nm bestimmt werden. Solche Experimente
sich 4000 pro Zellkern. Ihre Zahl variiert in Abhängig- haben auch die Flexibilität der Kernporengestalt
keit von der Aktivität der Zelle. Die Kernporen vermit- aufgezeigt.
teln den bidirektionalen Transport zwischen dem Vom zytoplasmatischen Ringwulst erstrecken sich
Karyoplasma und dem Zytoplasma. acht Filamente in das Zytoplasma. Die acht Filamente
Abbildung A zeigt einen Gefrierbruch durch große des karyoplasmatischen Ringwulsts laufen in eine
Anteile eines Zellkerns und des angrenzenden Zyto- korbförmige, von einem Ring begrenzte Struktur
plasmas, der die innere und äußere Kernmembran und zusammen, die wie eine Iris funktioniert (siehe Abb. 9).
zahlreiche Kernporen freigelegt hat. In Abbildung B sind Viele die Kernporen aufbauende Proteine (Nukleo-
isolierte, detergenzextrahierte Kernporenkomplexe mit- porine) sind Glykoproteine, die O-glykosidisch an Serin
tels Kryo-Elektronenmikroskopie im hydratisiert- oder Threonin gebundenes N-Azetylglukosamin
gefrorenen Zustand gezeigt. In der Frontansicht weisen besitzen. In Abbildung C ist O-glykosidisch gebundenes
sie eine typische, aus acht peripheren und einem zen- N-Azetylglukosamin in den Kernporen mit einer
tralen Partikel bestehende Komposition auf. Goldmarkierungstechnik nachgewiesen. Die Markie-
Die dreidimensionale Struktur der Kernporen- rung ist besonders eindrücklich in tangential angeschnit-
komplexe konnte mit hochauflösender Elektronen- tenen Kernporen (Pfeilköpfe). Diese Glykosilierung
mikroskopie rekonstruiert werden (siehe Diagramm). wurde auch an anderen Proteinen gefunden, wie
Die Grundstruktur ist ein zylindrischer dreiteiliger beispielweise der katalytischen Untereinheit der RNA-
Kanal von etwa 125 nm Durchmesser. Er besteht aus Polymerase-II und verschiedenen Transkriptions-
einem in die Kernhülle eingebetteten großen luminalen faktoren. Offenbar handelt es sich um eine regulative
Ring, der sowohl zytoplasma- als auch karyoplasma- posttranslationale Modifikation, die alternierend mit
seitig von einem Ringwulst begrenzt wird. Der tonnen- O-Phosphorylierung Eiweißfunktionen moduliert.
förmige luminale Ring ist aus acht Speichen aufgebaut,
die sich in das Lumen vorwölben und die charakteris- Literatur
tische achtfache Achsensymmetrie begründen. Der Adam SA (1999) Transport pathways of macromolecules between
Speichenkomplex hat aufgrund von Messungen mit the nucleus and the cytoplasm. Curr Opin Cell Biol 11: 402
Rastertransmissionselektronenmikroskopie eine Masse Akey C, and Rademacher M (1993) Architecture of the Xenopus
nuclear pore complex reveale by three-dimensional cryo-electron
von 52 MDa. Zwischen den Speichen liegen Kanäle von
microscopy. J Cell Biol 122: 1
etwa 10 nm Durchmesser, durch die Ionen und kleine
Blobel G, and Wozniak RW (2000) Proteomics for the pore.
Proteine () 60 kDa) diffundieren können. Der Transport Nature 403: 835
größerer Partikeln (RNA, RNP und * 60 kDa Proteine) Fahrenkrog B, Stoffler D, and Aebi U (2001) Nuclear pore com-
durch die Kernporen erfolgt über aktiven, energieab- plex architecture and functional dynamics. Curr Top Microbiol
hängigen Transport durch spezifische Rezeptorproteine. Immunol 259: 95
In der Kernporenmitte sitzt in der Regel ein Zentrum- Hart G W (1997) Dynamic O-linked glycosylation of nuclear and
partikel, das offenbar Transportfunktionen innehat. cytoskeletal proteins. Annu Rev Biochem 66: 315
Unter Verwendung unterschiedlich großer Goldpar- Mehlin H, Daneholt B, and Skoglund U (1992) Translocation of a
tikeln, die mit nukleären Importsignalen enthaltenden specific premessenger ribonucleoprotein particle through the
nuclear pore studied with electron microscope tomography. Cell
69: 605
Zytoplasmatischer
Ring Pante N, and Aebi U (1996) Sequential binding of import ligands
to distinct nucleopore regions during their nuclear import.
Peripherer Kanal
Science 273: 1729
Zentrale Pore
Weis K (1998) Importins and exportins: how to get in and out of
Luminale Domäne the nucleus. Trends Biochem Sci 23: 185
Wells L, Whalen SA, and Hart GW (2003) O-GlcNAc: a regulato-
Zentraler Pfropfen ry post-translational modification. Biochem Biophys Res
Commun 302: 435
Nukleärer Ring

Vergrößerung: x 30,000 (A); x 121,000 (B); x 17,000 (C)


Abbildung 8 17

innere
Kernmembran
äussere

Kernporen

B C
18 Der Zellkern

DARSTELLUNG VON STRUKTURVERÄNDERUNGEN DER KERNPORENKOMPLEXE DURCH


ZEITRAFFER ATOMKRAFTMIKROSKOPIE

Die Atomkraftmikroskopie ist einzigartig, da sie zentrationen bildet sich eine 20 bis 30 nm große Öff-
Untersuchungen an nativen Makromolekülen unter fast nung, ohne dass sich dadurch die Höhe des Ringwulsts
physiologischen Bedingungen mit hoher Auflösung ändert. Diese Strukturveränderungen sind im Dia-
ermöglicht. Abgesehen von statischen Strukturanalysen gramm schematisch dargestellt, das gleichzeitig die
können Strukturveränderungen auf Stimuli hin oder dreidimensionale Struktur eines Kernporenkomplexes
das Wachstum von Fibrillen und seine Kinetik (siehe zeigt.
Abb. 131) im Zeitrafferverfahren analysiert werden. Im
Folgenden wird die Anwendung zum Nachweis - Ca2+ + Ca2+
Kalzium-induzierter Veränderungen an nativen Kern-
porenkompexen illustriert.
Isolierte native Kernhüllen von Xenopus Eizellen sind
sowohl von ihrer zytoplasmatischen (Abb. A) als auch
von ihrer karyoplasmatischen Seite (Abb. B) abgebildet
und unterscheiden sich strukturell eindeutig. Die
zytoplasmatische Oberfläche der Kernporenkomplexe
erscheint Doughnut-artig (Abb. A und C), während die
karyoplasmatische Oberfläche eine kuppelförmige
Gestalt (Abb. B und D) aufweist. Bei starker
Vergrößerung wird auch die achtfache Achsen- Literatur
symmetrie einzelner Kernporenkomplexe sichtbar
(Nebenbild in A). Für eine quantitative Strukturanalyse Binnig G, Quate CF, and Gerber C (1986) Atomic force micro-
scope. Physical Rev Letters 56: 930
wurden zahlreiche aufeinander ausgerichtete Kern-
Oberleithner H, Schneider S, and Bustamante JO (1996) Atomic
porenkomplexe gemittelt und ihre radialen Höhen- force microscopy visualizes ATP-dependent dissociation of mul-
profile berechnet (Abb. C und D). timeric TATA-binding protein before translocation into the cell
Kalzium-induzierte Veränderungen an der nucleus. Pflügers Arch 432: 839
karyoplasmatischen Oberfläche von Kernporen wurden Perez-Terzic C, Gacy AM, Bortolon R, Dzeja PP, Puceat M,
mit dem Zeitrafferverfahren analysiert. Drei gleiche Jaconi M, Prendergast FG, and Terzic A (1999) Structural plastic-
Kernporenkomplexe sind mit Pfeilköpfen markiert. In ity of the cardiac nuclear pore complex in response to regulators
der Abwesenheit von Kalzium sind sie geschlossen (Abb. of nuclear import. Circ Res 84: 1292
E), während sie durch mikromolare Kalzium- Perez-Terzic C, Pyle J, Jaconi M, Stehno-Bittel L, and Clapham DE
konzentrationen geöffnet werden (Abb. F). Diese kon- (1996) Conformational states of the nuclear pore complex
formationellen Strukturveränderungen konnten über induced by depletion of nuclear Ca2+ stores. Science 273: 1875
Ryan KJ, and Wente SR (2000) The nuclear pore complex: a pro-
die Berechnung der radialen Höhenprofile zahlreicher
tein machine bridging the nucleus and cytoplasm. Curr Opin Cell
aufeinander ausgerichteter und gemittelter Kernporen- Biol 12: 361
komplexe quantifiziert werden (Abb. G und H). Stolz M, Stoffler D, Aebi U, and Goldsbury C (2000) Monitoring
Hierüber konnte gezeigt werden, dass die von den acht biomolecular interactions by time-lapse atomic force microscopy.
Filamenten des karyoplasmatischen Ringwulsts gebil- J Struct Biol 131: 171
dete Iris-artige Blende sich öffnen und schließen kann. Wang H, and Clapham DE (1999) Conformational changes of the
In Anwesenheit von mikromolaren Kalziumkon- in situ nuclear pore complex. Biophys J 77: 241

Vergrößerung: x 75,000 (A, B); x 150,000 (oberes Nebenbild in A


and B); x 100,000 (unteres Nebenbild in A); x 150,000 (E, F)
Abbildung 9 19

1 2
zytoplasmatisch 8 nukleär
3
7
6 5 4

8 1 2
7 3
6 5 4

A B

70nm

35nm

100nm 100nm
C D

- Ca2+ + Ca2+

E F

70nm 70nm

100nm 100nm
G H
20 Der Zellkern

MITOSE UND ZELLTEILUNG

Für die Histogenese und Organogenese, die Gewebser- befindet. Das dicht gepackte kondensierte Chromatin
neuerung und Aufrechterhaltung der Lebensfunktion (C) dominiert in beiden Zellen, Nukleolen und andere
der Organe ist die Produktion neuer Zellen durch nukleäre Körperchen und Funktionsdomänen sind
Zellteilung, ebenso wie die programmierte Eliminie- während der Zellteilung nicht erkennbar. In Abb. B ist
rung von Zellen unbedingt notwendig. Im Ablauf der die Zentromerregion eines Chromosoms angeschnitten
Zellteilung dient die Mitose dazu, alle Teile des Genoms (Pfeile). Die Kernhülle ist nicht mehr vorhanden. Der
erbgleich auf die Tochterzellen zu verteilen. Hand in ursprüngliche Kernraum befindet sich mit dem
Hand gehend mit den Vorgängen im Verlauf der 4 gut Zytoplasma in einem gemeinsamen Kompartiment,
charakterisierten Mitosephasen, der Prophase, Meta- dem Mixoplasma. Die Fragmentierung der Kernhülle ist
phase (Abb. A und B), Anaphase und Telophase, findet eng verbunden mit der Auflösung der Kernlamina
eine Reorganisation des Zytoplasmas statt, die zur (siehe Abb. 3). Mikrotubuli und Dynein sind wichtig für
eigentlichen Teilung der Zelle (Zytokinese) führt. die Entwicklung von Zugkräften, die dazu führen, dass
Nach der DNA-Replikation in der vorhergehenden sich in den initialen Stadien der Ablösung Löcher in den
S-Phase des Zellzyklus besteht jedes Chromosom aus Membranen der Kernhülle bilden.
zwei identen Chromatiden, die in der Zentromerregion Die beiden Abbildungen zeigen, dass das endoplas-
zusammenhängen. Zwei Proteinkomplexe, der Cohesin- matische Retikulum nach wie vor gut organisiert, doch
und der Condensinkomplex, sind maßgeblich für den der Golgi Apparat nicht sichtbar ist. In Säugetierzellen
Zusammenhalt der Chromosomen und die Chromatin- „verschwindet“ der Golgi Apparat Hand in Hand
kondensation, die zur typischen Fadenform der gehend mit dem Eintritt in die Mitose und wird in der
Chromosomen als Transportstrukturen während der Telophase im Bereich der zukünftigen Tochterzellen
Mitose führen. Ausgehend von den Zentriolen wird der wieder aufgebaut. Sein Schicksal während der Mitose
Mitosespindelapparat aus Mikrotubuli und assoziierten und Details der daran beteiligten Mechanismen stehen
Proteinen aufgebaut. Nach Fragmentierung der im Mittelpunkt des Interesses. Es werden hauptsächlich
Kernhülle in der Prophase, setzen Mikrotubuli am zwei Modelle diskutiert, die einerseits das Bestehen-
Kinetochor in der Zentromerregion der Chromosomen bleiben von Golgi Apparat Material während der Mitose
an und die Chromosomen werden in der Äquatorial- in Form von Schablonen und andererseits ein kom-
ebene der Zelle aufgereiht. Cohesin ist für die plettes „Eintauchen“ des Golgi Apparats in das endo-
Orientierung der Chromosomen notwendig. Am Über- plasmatischen Retikulum und die post-mitotische Neu-
gang von der Meta- zur Anaphase leitet der Abbau des bildung ausschließlich aus dem ER heraus favorisieren.
Cohesinkomplexes die Trennung der Chromatiden ein, Andere Befunde weisen darauf hin, dass die Golgi
die in der Folge zu den gegenüberliegenden Polen der Apparat-Auflösung nicht nur eine Begleiterscheinung
Zelle transportiert und in den sich wieder aufbauenden der Mitose ist, sondern auch als ein die Mitose voraus-
Kernen der Tochterzellen organisiert werden. Die setzender Prozess eine wichtige Rolle spielt.
Kernhülle wird Hand in Hand gehend mit der Chroma-
tindekondensation und Organisation der Chromo- Literatur
somenterritorien wieder aufgebaut. Ein kontraktiler
Aktin-Myosinring entsteht in der Äquatorialregion der Beaudouin J, Gerlich D, Daigle N, Eils R, and Ellenberg J
sich verlängernden Zelle und bewirkt ihre zunehmende (2002) Nuclear envelope breakdown proceeds by
Einschnürung, die in der Folge zur eigentlichen Zell- microtubule-induced tearing of the lamina. Cell 108: 83
Lavoie BD, Hogan E, and Koshland D (2002) In vivo dissection
teilung führt.
of the chromosome condensation machinery: reversibility of
Die beiden Abbildungen zeigen unterschiedlich condensation distinguishes contributions of condensin and
differenzierte hämatopoetische Zellen aus dem mensch- cohesin. J Cell Biol 156: 805
lichen Knochenmark in der Metaphase. Der sich in Rabouille C, and Jokitalo E (2003) Golgi apparatus par-
Teilung befindliche eosinophile Myelozyt in Abb. A titioning during cell division (Review). Mol Membr Biol 20:
enthält bereits zahlreiche spezifische eosinophile 117
Granula, während die hämatopoetische Zelle in Abb. B Tanaka TU (2002) Bi-orienting chromosomes on the mitotic
sich in einem sehr frühen Differenzierungstadium spindle. Curr Opin Cell Biol 14: 365

Vergrößerung: x 10,300 (A), x 13,500 (B)


Abbildung 10 21

B
22 Der Zellkern

APOPTOSE

Für die normale Entwicklung und Funktion der Gewebe Caspase-independent and autophygic cell death. In: When cells
und Organe ist nicht nur Zellvermehrung durch die (Lockshin R, Zakeri Z, and Tilly JL, eds). New York Chichester
Zellteilung, sondern auch die kontrollierte Eliminierung Weinheim Brisbane Singapore Tokyo: Wiley-Liss
von Zellen durch programmierten Zelltod unbedingt Cohen I, Castedo M, and Kroemer G (2002) Tantalizing
notwendig. Apoptose ist eine physiologisch ablaufende Thanatos: unexspected links in death pathways. Trends Cell Biol
Form des programmierten Zelltods (Typ I) und wird von 12: 293
mehrzelligen Organismen eingesetzt, um „ungewollte“ Cuervo AM (2004) Autophagy: in sickness and in health. Trends
Cell Biol 14: 70
Zellen, überschüssige und nicht notwendige, beschädigte,
Machamer, CE (2003) Golgi disassembly in apoptosis: cause or
überalterte und gefährliche Zellen auszuschalten. Eine
effect? Trends Cell Biol 13: 279
Störung des normalen Ablaufs der Apoptose kann zu Penninger JM, and Kroemer G (2003) Mitochondria, AIF and
krankhaften Zuständen führen. Im Gegensatz zur caspases – rivalling for cell death execution. Nat Cell Biol 5: 97
Nekrose, die nach irreversibler Schädigung von Zellen zu Zhang J, and Xu M (2002) Apoptotic DNA fragmentation and tis-
ihrem Absterben führt, läuft die Apoptose entsprechend sue homeostasis. Trends Cell Biol 12: 84
einem genetisch determinierten Programm ab und ist ein
aktiver Prozess, der über externe Signale oder Ereignisse
innerhalb der Zellen, zum Beispiel DNA-Schädigung oder VIRALE EINSCHLÜSSE
irreparable Organellenschädigung durch zellulären Stress
initiiert wird. Beide Wege, über die Apoptose ausgelöst Viren verursachen eine Vielzahl akuter Infektionen,
und reguliert wird, der Weg über „Todesrezeptoren“ an die häufig im Gefolge von angeborenen oder erworbe-
der Zelloberfläche und der mitochondriale Weg, führen zu nen Formen von Immunschwäche auftreten. Einzelne
einer Aktivierung spezieller Proteasen, der Caspasen (cys- Viruspartikel können wegen ihrer Größe von 20-300 nm
teine aspartic acid-specific proteases). Eine Kaskade von nur mit dem Elektronenmikroskop nachgewiesen wer-
Caspase-gesteuerten Prozessen führt zu dramatischen den. Viren können Einschlusskörper im Zellkern
Zellveränderungen, die für das typische morphologische und/oder im Zytoplasma der infizierten Zellen bilden.
Apoptose-Bild der Zellen verantwortlich sind. Die Zellen Solche Virusaggregate sind dann auch licht-
verlieren ihre Plasmamembranasymmetrie und die mikroskopisch sichtbar. Polyoma Viren sind ubiquitär
speziellen Oberflächendifferenzierungen und werden vorkommende Viren, die häufig in den
kugelförmig. DNA-Fragmenierung führt zur Tubulusepithelien transplantierter Nieren beobachtet
Chromatinhyperkondensation. In „explosionsartigen“ werden. Die Abbildungen B und C stammen von einer
Vorgängen werden Teile der Zelle als Apoptosekörperchen solchen Nierenbiopsie. Die sphärischen Viruspartikel
abgeschnürt; diese werden dann von Zellen in der mit einem Durchmesser von 30-45 nm bilden Aggregate
Umgebung phagozytiert und auf diese Weise eliminiert. mit parakristalliner Anordnung im Zellkern (Abb. B)
Abbildung A zeigt typisch aussehende abgerundete und im Zytoplasma (Abb. C). Die parakristalline
Apoptosekörperchen aus menschlichen Lymphozyten. Anordnung ist bei stärkerer Vergrößerung im Nebenbild
Sie enthalten Kern und Organellenreste. Hyper- zu Abbildung B gut erkennbar. Solche nukleären viralen
kondensiertes Chromatin (Sternchen) ist in zahlreichen Einschlüsse können vom Nukleolus (Nu in Abb. B) ein-
Kernfragmenten enthalten und zeigt oft typische Halb- deutig unterschieden werden. Das Zytomegalievirus,
mondform, die durch die Lokalisation in der Peripherie welches zur Familie der Herpesviren gehört, verursacht
des Kernraums zustande kommt (rechts in Abb. A) ebenfalls nukleo-zytoplasmatische Einschlüsse in ver-
In einer anderen Form des programmierten Zelltods schiedenen Organen (Lunge, Niere, Pankreas, etc.).
(Typ II) ist Autophagie wesentlich beteiligt. Noch vor Typischerweise treten Infektionen mit Zytomegalieviren
der Zerlegung des Kerns werden zytoplasmatische bei immunsupprimierten Patienten nach Organtrans-
Bestandteile abgebaut. Es besteht eine enge Beziehung plantation oder bei AIDS Erkrankten auf.
zwischen Apoptose und der autophagischen Form des
programmierten Zelltods. Beide Formen können Literatur
eventuell auch simultan auftreten.
Colvin RB (1998) Renal transplant pathology. In: Heptinstall’s
pathology of the kidney (Jenette J, Olson J, and Schwartz M, eds).
Literatur Philadelphia: Lippincott-Raven, pp 1409
Abraham MC, and Shaham, S (2004) Death without caspases,
caspases without death. Trends Cell Biol 14: 184 Vergrößerung: x 6,800 (A), x 10,000 (B), 10,000 (C), x 32,000
Bursch W, Ellinger A, Gerner Ch, and Schulte-Hermann R (2003) (Nebenbild)
Abbildung 11 23

Viruseinschlüsse

Nukleus Zytoplasmatische
Viruseinschlüsse
N
Nu

B C
24 Das Zytoplasma: das sekretorische System

DER SEKRETORISCHE APPARAT EXOKRINER PANKREASZELLEN

Die klassischen Untersuchungen zur Eiweißsekretion Das raue endoplasmatische Retikulum (RER) ist in
von Nobelpreisträger George Palade und seinen sekretorischen Zellen besonders stark ausgeprägt und
Mitarbeitern wurden am exokrinen Pankreas durch- füllt das basale und juxtanukleäre Zytoplasma fast voll-
geführt. Die nebenstehende Abbildung zeigt bei ständig aus. Es stellt das erste Strukturelement des sek-
schwacher Vergrößerung seröse azinäre Zellen des retorischen Apparats dar, der auch als Endomem-
Pankreas und Immungoldmarkierung für ihr Haupt- branensystem bezeichnet wird, und weist eine deutliche
sekretionsprodukt, das Verdauungsenzym Amylase. Immungoldmarkierung (schwarze Pünktchen) für
Diese Abbildung vermittelt einen allgemeinen Eindruck Amylase auf. Eine weitere Hauptorganelle ist der üb-
über die Feinstruktur der verschiedenen Elemente des licherweise supranukleär gelegene Golgi Apparat, der
sekretorischen Apparats einer hochspezialisierten eine durchgehende Markierung für Amylase aufweist.
sekretorischen Zelle, die in den folgenden Abbildungen Die zwischen dem RER und dem Golgi Apparat
detailliert illustriert und besprochen werden. Der hier gelegenen Prä-Golgi Transportintermediäre sind bei
gezeigte immunelektronenmikroskopische Nachweis der schwachen Vergrößerung nicht zu erkennen. Im
eines intrazellulären Antigens am Ultradünnschnitt von supranukleären Zytoplasma finden sich zahlreiche
Geweben konnte durch die Verwendung von Gold- membranbegrenzte Sekretgranula, die aufgrund ihres
partikeln als elektronendichter Marker entscheidend Proenzymgehalts Zymogengranula (ZG) genannt
verbessert werden. Die zum Amylasenachweis ver- werden. Erwartungsgemäß sind sie deutlich positiv für
wendete zweistufige Protein A-Gold Technik ist im Amylase.
Schema dargestellt. AL: Azinuslumen; M: Mitochondrien.
Mehrere seröse Zellen bilden einen Azinus, der die
prinzipielle Struktur-Funktionseinheit von Verdauungs- Literatur
drüsen, wie des Pankreas, darstellt (siehe auch Abb. 1
und 87). Cantin M (1984) Cell biology of the secretory process.
Basel: Karger
Palade G (1975) Intracellular aspects of the process of protein
Protein A-Gold biosynthesis. Science 189: 347
Roth J (1981) The colloidal gold marker system for light and elec-
tron microscopic cytochemistry. In: Techniques in immunocyto-
chemistry, vol 2 (Bullock GR, Petrusz P, eds). London: Academic
Antikörper Press, pp 217
Roth J (1989) Postembedding labeling on Lowicryl K4M tissue
sections: detection and modification of cellular components. In:
Meth Cell Biol (Tartakoff AM, ed). San Diego, Academic Press,
pp 513
Roth J, Bendayan M, and Orci L (1978) Ultrastructural localiza-
tion of intracellular antigens by the use of protein A-gold com-
plex. J Histochem Cytochem 26: 1074
Steer C, and Hanover J (1991) Intracellular trafficking of proteins.
Antigene Cambridge: Cambridge University Press

Vergrößerung: x 15,500
Abbildung 12 25

ZG

AL
Nukleus

ZG
ZG

Nukleus
Golgi

RER
Nukleus

RER
26 Das Zytoplasma: das sekretorische System

RIBOSOMEN, RAUES ENDOPLASMATISCHES RETIKULUM

Ribosomen sind komplexe, sich aus zwei Untereinheiten und Crm1: Adaptorprotein und Exportfaktor für die
zusammensetzende, Ribonukleoproteinpartikel. Als die große Untereinheit.
zellulären Maschinerien für die Proteinsynthese er- In den Polysomen sind mehrere Ribosomen an einer
möglichen sie Basenpaarung zwischen den Kodons mRNA aktiv und produzieren gleichzeitig mehrere
einer Messenger-RNA (mRNA) und den Antikodons Kopien desselben Proteins. Abhängig davon, welche
von Transfer-RNAs (tRNA), sodass die Synthese eines Klasse von Proteinen synthetisiert wird, sind Riboso-
Polypeptids mit einer bestimmten Aminosäuresequenz men an die Membran des rauen endoplasmatischen
entsprechend der Vorgabe durch die Abfolge der Retikulums (RER) gebunden oder nicht („gebundene
Basenpaare in der mRNA erfolgen kann. Ribosomen“ vs. „freie Ribosomen“). Das Andocken an
Beide Untereinheiten, die kleine 40S und die große die Membran des RER ist ein rezeptorgesteuerter
60S Untereinheit, werden im Nukleolus vorgebildet. Im Prozess über ein Signalpeptid und das zytoplasmatische
Diagramm nach Olson et al (2002) sind die wichtigsten Signalpeptiderkennungspartikel.
Schritte der Ribosomenbildung in eukaryoten Zellen Abbildungen A und B zeigen Ausschnitte aus
zusammengefasst. sekretorisch sehr aktiven Zellen. Das basale Zytoplasma
Nukleus der Pankreasazinuszelle in Abb. A enthält dicht gepackt
NPC flache RER-Zisternen, die gemeinsam ein Kompar-
rDNA
timent bilden, das als Ergastoplasma („arbeitsreiches
Prä-rRNA
Plasma“) bezeichnet wird. Die Membran ist mit Ribo-
snoRNA
Nukleolus somen dicht besetzt (Pfeilköpfe in Abb. A) und das
Lumen, in das die neu synthetisierten sekretorischen
18S 28S, 5.8S
Proteine abgegeben werden, enthält fein filamentöses
Nichtribosomale 5S Material. Polysomen erscheinen im Flachschnitt wie
Proteine
einfache oder Doppelreihen von Perlen (Pfeilköpfe in
Abb. B) oder als schlangenförmige Strukturen (Pfeile in B).
An RER-gebundenen Ribosomen werden neben
Ribosomale Nmd3
Proteine sekretorischen Proteinen auch die luminalen und
Crm1
Membranproteine des gesamten sekretorischen Systems
gebildet, ebenso die lysosomalen Enzyme und die
integrierten und nach außen orientierten Plasma-
membranproteine. Im Gegensatz dazu binden Ribo-
Zytoplasma 60S
somen, an denen Proteine, die an der zytoplasmatischen
40S Seite der Membranen sitzen, nicht an das RER. An
solchen „freien“ Ribosomen werden auch die Zytoske-
lettproteine, die Proteine für den Zellkern, die peroxi-
somalen Proteine und ein Teil der mitochondrialen
Die ersten Transkripte der prä-ribosomalen RNA Proteine synthetisiert.
(Prä-rRNA), die in der ribosomalen DNA (rDNA)
kodiert sind, werden während und nach der Trans-
kription an kleine nukleoläre RNAs (snoRNAs) und Literatur
nicht-ribososmale Proteine gebunden, modifiziert und Baumann O, and Walz B (2001) Endoplasmic reticulum of
in 18S, 28S und 5.8S rRNAs zerlegt. Zusammen animal cells and its organization into structural and functional
mit ribosomalen Proteinen und der außerhalb des domains. Int Rev Cytol 205: 149
Nukleolus synthetisierten 5S rRNA assemblieren sie zu Nikonov AV, Snapp E, Lippincott-Schwartz J, and Kreibich G
den Ribosomen Untereinheiten. Die kleinen und (2002) Active translocon complexes labeled with GFP-Dad1
großen Untereinheiten werden getrennt aus dem diffuse slowly as large polysome arrays in the endoplasmic
Zellkern exportiert. Ribosomen existieren als eigen- reticulum. J Cell Biol 158: 497
Olson MOJ, Hingorani K, and Szeneni A (2002) Conventional
ständige Partikel nur während der Proteinsynthese. Die
and nonconventional roles of the nucleolus. Int Rev Cytol 219:
40S and 60S Untereinheiten befinden sich in einem 199
gemeinsamen zytoplasmatischen Pool und setzen sich
erst in der Initiationsphase der Proteinsynthese zum
Ribosom zusammen. NPC: Kernporenkomplex, Nmd3 Vergrößerung: x 52,000 (A), x 46,000 (B)
Abbildung 13 27

zisternales Lumen

B
28 das Zytoplasma: Das sekretorische System

DIE KERNHÜLLE UND DAS RAUE ENDOPLASMATISCHE RETIKULUM

Die Kernhülle besteht aus der inneren und äußeren endoplasmatischen Retikulum zustande kommen und
Kernmembran, die ein Lumen, die perinukleäre aufrechterhalten werden. Eine Hypothese besagt, dass
Zisterne, begrenzen. Die äußere Kernmembran steht das endoplasmatische Retikulum selber zur Lokali-
lokal in direkter Verbindung zum rauen endo- sierung von mRNA beiträgt und diese dann langfristig
plasmatischen Retikulum (RER). Somit besteht eine mit bestimmten membrangebundenen Polysomen ver-
räumlich begrenzte luminale Kontinuität zwischen der bunden bleibt. Auf diese Weise würde die Synthese eines
Kernhülle und dem rauen endoplasmatischen bestimmten Eiweißes nur an diesem Ort stattfinden,
Retikulum (Klammern in Abb. A). Die äußere d. h. kompartmentalisiert sein.
Kernmembran ist mit Ribosomen besetzt und ist somit
ein Teil des rauen endoplasmatischen Retikulums und
in die Proteinsynthese einbezogen. Offensichtlich finden Literatur
in der perinukleären Zisterne auch posttranslationelle Baumann O, and Walz B (2001) Endoplasmic reticulum of ani-
Glykoproteinmodifikationen statt, da sich hier mal cells and its organization into structural and functional
Oligosaccharid-trimmende Glykosidasen nachweisen domains. Int Rev Cytol 205: 149
lassen (siehe Abb. 16). Deschuyteneer M, Eckhardt AE, Roth J, and Hill RL (1988) The
Obwohl eine luminale Kontinuität zwischen der subcellular localization of apomucin and nonreducing terminal
Kernhülle und dem rauen endoplasmatischen Reti- N-acetylgalactosamine in porcine submaxillar glands. J Biol
kulum besteht, existieren lokale funktionelle Domänen Chem 263: 2452
in diesem offenen Netzwerk von Zisternen. Die Kreibich G, and Sabatini D (1992) Sticking together for a difficult
Verteilung des Apomuzins in den mukösen Zellen der passage. Curr Biol 2: 90
Submandibulardrüse ist ein Beispiel hierfür, wie in den Nicchitta CV (2002) A platform for compartmentalized protein
synthesis: protein translation and translocation in the ER. Curr
nebenstehenden Abbildungen gezeigt. Das Apomuzin
Opin Cell Biol 14: 412
stellt das Hauptsekretionsprodukt dieser Zellen dar. Nunnari J, and Walter P (1996) Regulation of organelle biogene-
Durch Immungoldmarkierung ist es im Lumen des sis. Cell 84: 389
rauen endoplasmatischen Retikulums nachweisbar, aber Paiement J, and Bergeron J (2001) The shape of things to come:
nicht in der perinukleären Zisterne, obwohl die Lumina Regulation of shape changes in endoplasmic reticulum. Biochem
beider kontinuierlich sind. Zum anderen ist die Immun- Cell Biol 79: 587
goldmarkierung für Apomuzin im Lumen der Zisternen Perez-Villar J, Hidalgo J, and Velasco A (1991) Presence of termi-
des rauen endoplasmatischen Retikulums eindeutig nal N-acetylgalactosamine residues in subregions of the endo-
heterogen. Im Verlauf einzelner Zisternen lassen sich plasmic reticulum is influenced by cell differentiation in culture.
intensiv markierte und nicht markierte Abschnitte J Biol Chem 266: 23967
unterscheiden (Striche in Abb. B). Diese Befunde, die Pfeffer S (2003) Membrane domains in the secretory and endo-
cytic pathways. Cell 112: 507
auch in Untersuchungen an ultradünnen Serien-
Sitia R, and Meldolesi J (1992) Endoplasmic reticulum – a
schnitten bestätigt werden konnten, sind ein eindrück- dynamic patchwork of specialized subregions. Mol Biol Cell 3:
liches Beispiel für die Segregation eines löslichen 1067
sekretorischen Glykoproteins im Lumen eines konti- Spiliotis ET, Pentcheva T, and Edidin M (2002) Probing for mem-
nuierlichen Netzwerks, wie es das raue endoplas- brane domains in the endoplasmic reticulum: Retention and
matische Retikulums darstellt. Es ist gegenwärtig unbe- degradation of unassembled MHC class I molecules. Mol Biol
kannt, wie solche funktionellen Domänen im rauen Cell 13: 1566

Vergrößerung: x 98,000 (A); x 38,500 (B)


Abbildung 14 29

Kernhülle

RER

Nukleus

RER

Kernhülle

B
30 Das Zytoplasma: das sekretorische System

DAS RAUE ENDOPLASMATISCHE RETIKULUM: ORT DER EIWEISSTRANSLOKATION UND DES


BEGINNS DER EIWEISS N-GLYKOSILIERUNG

Die Membranen des endoplasmatischen Retikulums fungiert das Tripeptid Asn-X-Ser/Thre (X kann mit
(ER) sind Orte des kotranslationellen vektoriellen Ausnahme von Prolin jede Aminosäure sein). Der
Transfers de novo synthetisierter Eiweiße vom Zytosol in Oligosaccharidtransfer geschieht ausschließlich an der
sein Lumen und der Lipidbiosynthese. Während und luminalen Seite der ER Membran und stellt den ersten
nach abgeschlossener Translokation finden Modifika- Schritt bei der N-Glykosilierung von Eiweißen dar, die
tionen an den Eiweißen statt. nicht nur eine hoch konservierte, sondern auch funk-
Im Gegensatz zu den löslichen luminalen Proteinen tionell bedeutsame Eiweißmodifikation ist. Die
werden die Membranproteine nur partiell transloziert Asparagin-verknüpften Oligosaccharide (N-Glykane)
und sind in der Membran des rauen ER (RER) ver- können mit dem pflanzlichen Lektin Concanavalin A
ankert, um dort entweder als residenzielle Proteine zu (Con A) aufgrund seiner Spezifität für Glukose- und
verbleiben oder an andere Orte in der Zelle exportiert Mannosereste nachgewiesen werden. In den
zu werden. Die Translokation der Eiweiße erfolgt über Abbildungen B und C ist eine Con A-Goldmarkierung
das Translokon (auch Sec61-Komplex genannt), eine über dem rauen (RER) und glatten ER (SER) und glyko-
komplizierte, modular aufgebaute Eiweißmaschinerie. genhaltigen Teilen des Zytoplasmas von Hepatozyten
Das Translokon ist auch für die Retrotranslokation der Rattenleber gezeigt. Lektin-Goldmarkierungen kön-
nicht korrekt gefalteter Eiweiße in das Zytosol wichtig. nen an Ultradünnschnitten Lowicryl-eingebetteter
Seine Hauptkomponenten stellen das heterotrimere Gewebe (Abb. B und C) oder ultradünnen Gefrier-
Sec61 Protein, TRAM (translocation associated mem- schnitten ausgeführt werden.
brane protein) und TRAP (translocon associated pro- GK: Gallekapillare; M: Mitochondrium.
tein) dar. Mit Immungoldmarkierung kann das Sec61-
Protein sowohl in der äußeren Kernhülle als auch im
RER nachgewiesen werden, wie am Beispiel von Literatur
Hepatozyten der Rattenleber in Abbildung A gezeigt Burda P, and Aebi M (1999) The dolichol pathway of N-linked
wird. Seine Struktur und Funktion sind phylogenetisch glycosylation. Biochim Biophys Acta 1426: 239
hoch konserviert, wie anhand von Untersuchungen an Johnson AE, and vanWaes MA (1999) The translocon: A dynam-
prokaryotischen und eukaryotischen Organismen ic gateway at the ER membrane. Annu Rev Cell Dev Biol 15: 799
gezeigt werden konnte. Hochauflösende elektronen- Knauer R, and Lehle L (1999) The oligosaccharyltransferase com-
plex from yeast. Biochim Biophys Acta 1426: 259
mikroskopische Analysen des Translokons haben eine
Le Gall S, Neuhof A. and Rapoport T (2004) The endoplasmic
Doughnut-artige Struktur mit einer zentralen hydro- reticulum membrame is permeable to small molecules. Mol Biol
philen Pore als hervorstechendes Strukturmerkmal Cell 15: 447
aufgedeckt. Der Porendurchmesser beträgt 40-60 Å, Menetret JF, Neuhof A, Morgan D G, Plath K, Radermacher M,
wenn ein Ribosom an das Translokon gebunden ist, Rapoport TA, and Akey CW (2000) The structure of ribosome-
ansonsten beträgt er 9-15 Å. Der Ribosomentunnel und channel complexes engaged in protein translocation. Mol Cell
die Translokonpore sind koaxial aufeinander aus- 6: 1219
gerichtet. Rapoport TA, Jungnickel B, and Kutay U (1996) Protein transport
Bedeutende Translokon-assoziierte Proteine sind across the eukaryotic endoplasmic reticulum and bacterial inner
aufgrund ihrer Funktion die Oligosaccharyltransferase membranes. Annu Rev Biochem 65: 271
und die Signalpeptidase. Die Oligosaccharyltransferase Schnell DJ, and Hebert DN (2003) Protein translocons.
Multifunctional mediators of protein translocation across mem-
stellt einen phylogenetisch ebenfalls hoch konservierten,
branes. Cell 112: 491
aus etwa neun Untereinheiten aufgebauten he- Silberstein S, and Gilmore R (1996) Biochemistry, molecular
terooligomeren Eiweißkomplex dar. Sie vermittelt den biology, and genetics of the oligosaccharyltransferase. FASEB J
en bloc Transfer eines Lipid-verknüpften vorgefertigten 10: 849
Oligosaccharids (Glukose3Mannose9N-Azetylglukosa- Van den Berg B, Clemons WM Jr, Collinsons I, Modis Y,
min2-Dolichol Diphosphat) auf bestimmte Asparagin- Hartmann E, Harrison SC, and Rapoport TA (2004) X-ray
reste naszenter Polypeptide. Als Glykosilierungssequenz structure of a protein-conducting channel. Nature 427: 36

Vergrößerung: x 71,500 (A); x 11,000 (B); x 35,500 (C)


Abbildung 15 31

Sec61p

Nukleus
M

Con A GK

SER
Sinus

RER
B

Con A

RER SER

C
32 Das Zytoplasma: das sekretorische System

TRIMMEN DER OLIGOSACCHARIDE, REGLUKOSILIERUNG UND EIWEISSQUALITÄTSKONTROLLE


IM ENDOPLASMATISCHEN RETIKULUM

Die Asparagin-verknüpften Oligosaccharide (N-Gly- des äußeren Glukoserestes durch Glukosidase I ist
kane) von Glykoproteinen werden im endoplasmati- unklar. Hingegen stellt die Entfernung des zweiten
schen Retikulum (ER) über das sogenannte Trimmen Glukoserests durch Glukosidase II ein positives Signal
modifiziert. Dabei werden alle drei Glukosereste durch für die Eiweißfaltung dar. Glukosidase II bewirkt auch
die Glukosidase I (Gls I) und Glukosidase II (Gls II) und die Dissoziation von Komplexen zwischen
einige Mannosereste über die ER-Mannosidase I (ER Calnexin/Calreticulin und monoglukosilierten N-
Man I) und ER-Mannosidase II (ER Man II) entfernt, Glykanen von Glykoproteinen.
wie im Schema illustriert. Das Trimmen und daraus Abbildung B zeigt einen ultradünnen Gefrierschnitt
resultierende spezifische Oligosaccharide sind wichtig vom Rattenpankreas mit Immungoldmarkierung für
für die Eiweißqualitätskontrolle. Der Faltungszustand Glukosyltransferase in der Kernhülle (Pfeilköpfe) und
und die Oligomerisierung von Glykoproteinen werden im rauen ER in Form von Mikrodomänen.
im ER durch verschiedene Chaperone, die Lektine Glukosyltransferase ist einzigartig, indem sie eine
Calnexin und Calreticulin sowie Glukosidase II und die zweifache Funktion ausübt: zum einen als Eiweiß-
UDP-Glukose:Glykoprotein Glukosyltransferase fort- faltungssensor und zum anderen als Glykosyltrans-
während kontrolliert (Details in Abb. 22). Bestimmte ferase. Sie erkennt nicht korrekt gefaltete Glykoproteine
kongenitale Erkrankungen der Glykosilierung sind und reglukosiliert sie, so dass sie einen weiteren
durch defektes Trimmen von Oligosacchariden verur- Calnexin/Calreticulin Zyklus im Rahmen der Qualitäts-
sacht. kontrolle durchlaufen können.
Abbildung A zeigt einen ultradünnen Gefrierschnitt M: Mitochondrien.
der Rattenleber mit Immungoldmarkierung für
Glukosidase II in der Kernhülle (Pfeilköpfe) und im Literatur
rauen ER in Form von Mikrodomänen. Das Nebenbild
zeigt eine Doppelmarkierung für Glukosidase I (große Aebi M, and Hennet T (2001) Congenital disorders of glycosyla-
Goldpartikeln) und Glukosidase II (kleine Gold- tion: genetic model systems lead the way. Trends Cell Biol 11: 136
partikeln) im rauen ER. Die Bedeutung der Entfernung Ellgaard L, and Helenius A (2003) Quality control in the endo-
plasmic reticulum. Nat Rev Mol Cell Biol 4: 181
Jakob CA, Burda P, Roth J, and Aebi M (1998) Degradation of
misfolded endoplasmic reticulum glycoproteins in Saccharomyces
GIs I cerevisiae is determined by a specific oligosaccharide structure.
GIs II ER Man I
α2 J Cell Biol 142: 1223
GIs II
α3
Jakob CA, Burda, P, teHeesen S, Aebi M, and Roth J (1998)
α3
α2 α2 α2 Genetic tailoring of N-linked oligosaccharides: the role of glucose
α2 α3 α6 residues in glycoprotein processing of Saccharomyces cerevisiae in
α3 α6
β4
vivo. Glycobiology 8: 155
Asn Asn Parodi AJ (2000) Protein glucosylation and its role in protein
β4

ER Man II folding. Annu Rev Biochem 69: 69


Asn Asn Asn
Roth J (2002) Protein N-glycosylation along the secretory path-
way: relationship to organelle topography and function, protein
quality control and cell interactions. Chem Rev 102: 285
Glukose Varki A, Cummings R, Esko J, Freeze H, Hart G, and Marth J
Mannose (1999) Essentials of glycobiology. Cold Spring Harbor New York:
N-Azetylglukosamin Asn Asn Cold Spring Harbor Laboratory Press

Vergrößerung: x 53,000 (A); x 70,300 ( Nebenbild); x 48,000 (B).


Abbildung 16 33

Glukosidase II Glukosidase I und II

Nukleus
A
Glukosyltransferase
M

Nukleus

B
34 Das Zytoplasma: das sekretorische System

RAUES ENDOPLASMATISCHES RETIKULUM : EIN SPEICHERORT FÜR NICHT KORREKT


GEFALTETE , AGGREGIERTE GLYKOPROTEINE

Falsch gefaltete Glykoproteine können als Ausschuss- bei der Unfolded Protein Response erfolgt über eine
produkte bei der de novo Eiweißsynthese auftreten, als transmembranäre Kinase/Ribonuklease (Ire1P), eine
Konsequenz von Mutationen oder im Gefolge von zel- tRNA-Ligase (Rlg1P) und den Transkriptionsfaktor
lulärem Stress (Fieber, Hypoxie, Hunger, etc.) sowie Hac1qP und kontrolliert nicht nur die Genexpression
nach experimenteller Hemmung der Eiweißsynthese von verschiedenen ER-Chaperonen, sondern kann auch
durch Puromycin oder der N-Glykosilierung durch Apoptose induzieren. Dieser Signaltransduktionsweg
Tunicamycin und der Verhinderung der Disulfid- wird von Hefen bis zu Mammalierzellen benutzt. Die
brückenbildung durch reduzierende Agenzien. Ange- Signaltransduktion bei der ER Overload Response
borene Krankheiten wie die zystische Fibrose und geschieht über die Induktion des Transkriptionsfaktors
Alpha-1-Antitrypsinmangel gehören zur großen NF-gB. Daraus resultiert die Synthese und Freisetzung
Familie der Eiweißfaltungskrankheiten, die mit der von Zytokinen mit nachfolgender Entzündung
Akkumulation nicht korrekt gefalteter Glykoproteine und/oder Apoptose.
einhergehen.
Unter günstigen Umständen werden nicht korrekt
gefaltete Glykoproteine zurück in das Zytosol trans- Literatur
loziert und ohne schädliche Folgen für die Zellen mittels Aridor M, and Balch W (1999) Integration of endoplasmic retic-
des Ubiquitin-Proteasom Systems abgebaut. Anderer- ulum signaling in health and disease. Nature Med 5: 745
seits können aber im Lumen des rauen endoplasmati- Bonifacino JS, and Weissman AM (1998) Ubiquitin and the con-
schen Retikulums (RER) Proteinaggregate entstehen, die trol of protein fate in the secretory and endocytic pathways. Annu
nicht retrotransloziert und abgebaut werden können. Rev Cell Dev Biol 14: 19
Die klassische Manifestation eines solchen Geschehens Brodsky J L, and McCracken AA (1999) ER protein quality con-
besteht im Auftreten von Mott-Zellen, d.h. Plasma- trol and proteasome-mediated protein degradation. Semin Cell
zellen, die nicht korrekt gefaltete Immunglobuline pro- Dev Biol 10: 507
duzieren. Diese zellulären Einschlüsse werden als Chapman R, Sidrauski C, and Walter P (1998) Intracellular sig-
naling from the endoplasmic reticulum to the nucleus. Annu Rev
Russell-Körper bezeichnet, die auch in anderen sekre-
Cell Dev Biol 14: 459
torischen Zellen auftreten können. In den Mott-Zellen Kaufman RJ (1999) Stress signaling from the lumen of the endo-
der Milz von NZB-Mäusen ist typischerweise das plasmic reticulum: coordination of gene transcriptional and
gesamte RER dilatiert (Abb. A, Sterne). Andererseits translational controls. Gene Develop 13: 1211
kann es auch zum Auftreten lokalisierter Protein- Kopito RR (2000) Aggresomes, inclusion bodies and protein
aggregate im Lumen des RER kommen, den sogenann- aggregation. Trends Cell Biol 10: 524
ten intrazisternalen Granula. Sie können als eine Pahl HL, and Baeuerle PA (1997) The ER-overload response:
Sonderform der Russel-Körper aufgefasst werden und Activation of NF-k B. Trends Biochem Sci 22: 63
entstehen als Folge von Fasten oder nach experimen- Palade G (1956) Intracisternal granules in the exocrine cells of the
teller Behandlung mit Puromycin (Abb. B) in serösen pancreas. J Biophys Biochem Cytol 2: 417
Pankreaszellen. Sowohl die intrazisternalen Granula als Plemper R, and Wolf D (1999) Retrograde protein translocation:
Eradication of secretory proteins in health and disease. TIBS
auch Zymogengranula (ZG) enthalten Enzyme, wie die
24: 266
hier mit der Immungoldmarkierung nachgewiesene Sommer T, and Wolf DH (1997) Endoplasmic reticulum degra-
Amylase. dation: reverse protein flow of no return. FASEB J 11: 1227
Die Ansammlung nicht korrekt gefalteter Glyko- Valetti C, Grossi C, Milstein C, and Sitia R (1991) Russel bodies:
proteine im RER hat unter anderem die Induktion der a general response of secretory cells to synthesis of mutant
Unfolded Protein Response (UPR) und eine ER- immunoglobulin which can neither exit from, nor be degraded
Overload Response zur Folge. Die Signaltransduktion in, the endoplasmic reticulum. J Cell Biol 115: 983

Vergrößerung: x 20,500 (A); x 95,000 (B)


Abbildung 17 35

Golgi
*

Nukleus

A
*

intrazisternale Granula

ZG

B
36 Das Zytoplasma: das sekretorische System

RUSSELL-KÖRPER UND AGGRESOMEN SIND VERSCHIEDENE TYPEN VON


EIWEISSEINSCHLUSSKÖRPERN

Wie erwähnt sind Russell-Körper Aggregate nicht kor- Trotz dieser Unterschiede sind sowohl Russell-
rekt gefalteter Glykoproteine im Lumen des rauen Körper als auch Aggresomen und andere Typen von
endoplasmatischen Retikulums (RER), die entweder zur Eiweißeinschlusskörpern letztlich eine morphologische
Dilatation des gesamten RER (siehe Abb. 17) oder nur Manifestation zellulärer „Obstipation“ im Gefolge ver-
umschriebener Anteile des RER führen können. Ein von schiedener krankhafter Zustände. Insbesondere werden
der Ribosomen-besetzten ER-Membran umgebener Eiweißeinschlusskörper häufig bei chronisch degenera-
Russell-Körper von der Größe eines Zellkerns ist in tiven neurologischen Erkrankungen wie der Alz-
Abbildung A zu sehen; andere Anteile des RER er- heimer’schen und der Parkinson’schen Erkrankung
scheinen unauffällig. sowie der familiären amyotrophen Lateralsklerose
Ein weiterer Typ von zellulären Einschlusskörpern beobachtet.
sind die Aggresomen (Abb. B), die ebenfalls als Folge der M: Mitochondrien; Ly: Lysosomen.
Bildung nicht korrekt gefalteter Glykoproteine entste-
hen können. Sie unterscheiden sich jedoch prinzipiell
von den Russell-Körpern bezüglich ihrer subzellulären
Lage. Aggresomen bestehen aus amorphen elektronen- Literatur
dichten Eiweißaggregaten (Sterne in Abb. B), die ohne
Alanen A, Pira U, Lassila O, Roth J, and Franklin R (1985) Mott
eine begrenzende Membran im Zytosol liegen. Im cells are plasma cells defective in immunoglobulin secretion.
Gegensatz zu den Russell-Körpern handelt es sich bei Eur J Immunol 15: 235
den Aggresomen um Eiweißaggregate, die aus nicht kor- Bence NF, Sampat RM, and Kopito RR (2001) Impairment of
rekt gefalteten, retrotranslozierten, ubiquitinierten the ubiquitin-proteasome system by protein aggregation.
Glykoproteinen, Proteasomen und Chaperonen zusam- Science 292: 1552
mengesetzt sind. Typischerweise liegen die Aggresomen Garcia-Mata R, Bebök Z, Sorscher EJ, and Sztul ES (1999)
perizentriolär und sind von Vimentinfilamenten (Typ- Characterization and dynamics of aggresome formation by a
III-Intermediärfilamente) umgeben. Aggresomen cytosolic GFP-chimera. J Cell Biol 146: 1239
bilden sich durch die Zusammenlagerung kleinerer Johnston JA, Ward CL, and Kopito RR (1998) Aggresomes: a cel-
Proteinaggregate, die entlang von Mikrotubuli (MT) zur lular response to misfolded proteins. J Cell Biol 143: 1883
Kopito RR (2000) Aggresomes, inclusion bodies and protein
Gegend des Zentriols transportiert werden. Aggresomen
aggregation. Trends Cell Biol 10: 524
können experimentell über eine Hemmung der prote- Kopito RR, and Sitia R (2000) Aggresomes and Russell bodies –
olytischen Aktivität der Proteasomen induziert werden symptoms of cellular indigestion? EMBO Rep 1: 225
oder treten auf, wenn ihre proteolytische Kapazität Valetti C, Grossi C, Milstein C, and Sitia R (1991) Russell bodies:
durch die übermäßige Anwesenheit aggregationsanfäl- a general response of secretory cells to synthesis of mutant
liger Eiweiße erschöpft ist. Offenbar können aggregierte immunoglobulin which can neither exit from, nor be degraded in
Proteine die Funktion der Proteasomen direkt nachteilig the endoplasmic reticulum. J Cell Biol 115: 983
beeinflussen.

Vergrößerung: x 19,000 (A); x 48,000 (B)


Abbildung 18 37

RER

Ly Russell-Körper

Nukleus

Ly
M
A

Aggresom

MT

*
IF

Nukleus

B
38 Das Zytoplasma: das sekretorische System

GLATTES ENDOPLASMATISCHES RETIKULUM

Das glatte, nicht mit Ribosomen besetzte, endoplasma- an den SER-RER Übergängen besonders zahlreich
tische Retikulum (SER – smooth endoplasmic reticu- (Nebenbild).
lum, ) bildet ein komplexes Membransystem mit unter- ER Membranen und Kompartimente sind außeror-
schiedlichen Aufgaben, zu denen die Lipidsynthese dentlich dynamisch und verändern laufend ihre Gestalt.
ebenso gehört, wie die Aufrechterhaltung der Kalzium- Form und Größe der Kompartimente werden durch
homeostase und Entgiftungsreaktionen durch Um- gegensätzliche Kräfte und Vorgänge verbunden mit
wandlung schädigender Substanzen in gut ausscheid- Membranfusion einerseits und Dissoziation und
bare wasserlösliche Verbindungen. Eine spezialisierte Fragmentierung andererseits, bestimmt. Export von
Form des SER ist das sarkoplasmatische Retikulum, das Membranen aus dem ER wird begleitet von Membran-
in der quergestreiften Skelettmuskulatur Netzwerke um rezirkulation, sodass die SER-Gesamtoberfäche konstant
die Myofibrillen bildet und mit den Terminalzisternen gehalten wird.
einen wichtigen Teil des Signalübertragungssystems der Für die ER Organisation spielen sowohl das Zyto-
Triaden aufbaut (siehe Abb. 138). skelett und als auch das Umgebungsmikromilieu eine
Das SER steht mit dem RER in Verbindung (siehe wichtige Rolle. Im Elektronenmikroskop werden Unter-
Nebenbild), doch ist seine Architektur eine ganz andere. schiede in der zytosolischen Matrix, in die RER und SER
Das wird auch in dem Ausschnitt einer Leberzelle auf Membranen eingebettet sind, stellenweise sehr deutlich
der gegenüberliegenden Seite deutlich. Während das sichtbar. Die Zisternen des rauen endoplasmatischen
raue endoplasmatische Retikulum (RER, in der linken Retikulums links oben im Bild und im Nebenbild sind
oberen Ecke der Abbildung) parallel angeordnete von einer dichten, kompakten zytosolischen Matrix
Stapeln flacher Zisternen bildet, ist das SER aus knäuel- umgeben, die in den SER Bereichen fehlt (siehe auch
artig verschlungenen Membrankonvoluten tubulärer Abb. 97–99).
und fingerförmiger Abschnitte aufbaut. Solche SER M: Mitochondrien, PO: Peroxisomen
Membrankonvolute sind in den Steroidhormon
produzierenden Zellen der Nebennierenrinde und in
Organen des Genitaltrakts besonders ausgeprägt und
dominieren auch das elektronenmikroskopische Bild Literatur
der Leberzellen. Funktionszusammenhänge mit dem Baumann O and Walz B (2001) Endoplasmic reticulum of animal
Kohlenhydratstoffwechsel spiegeln sich in der räum- cells and its organization into structural and functional domains.
lichen Nähe zu den zahlreichen Glykogenpartikeln Int Rev Cytol 205: 149
(Stern). Galteau MM, Antoine B, and Reggio H (1985) Epoxide hydrolase
Membrankontinuitäten von RER und SER, wie im is a marker for the smooth endoplasmic reticulum in rat liver.
Embo J 4: 2793
Nebenbild gezeigt (Pfeilspitze), sind Ausdruck der
Paiement J and Bergeron J (2001) The shape of things to come:
engen Funktionszusammenhänge, wie zum Beispiel bei Regulation of shape changes in endoplasmic reticulum. Bioch
der Bildung von Lipoproteinpartikeln. Very low density Cell Biol 79: 587
lipoprotein Partikel (VLDLs), die von den Leberzellen Steegmaier M, Oorschot V, Klumperman J, and Scheller RH
produziert und in den Disse Raum sezerniert werden (2000) Syntaxin 17 is abundant in steroidogenic cells and impli-
(siehe auch Abb. 98 und 99), werden in den SER Lumina cated in smooth endoplasmic reticulum membrane dynamics.
als elektronendichte Partikel sichtbar (Pfeile) und sind Mol Biol Cell 11: 2719

Vergrößerung: x 32,800, x 47,500 (Nebenbild)


Abbildung 19 39

M
RER

SER

PO

M
40 Das Zytoplasma: das sekretorische System

PROLIFERATION DES GLATTEN ENDOPLASMATISCHEN RETIKULUMS

Im Gegensatz zu den meisten anderen Zelltypen gewiesen werden. Als Folge dieser genetischen Ver-
besitzen Hepatozyten und Steroid-produzierende Zellen änderungen ist keine oder nur eine geringe Restaktivität
reichlich glattes endoplasmatisches Retikulum (SER). der hepatischen Bilirubin-UDP-Glukoronyltransferase
Beispielsweise stellen die Membranen des SER der nachweisbar. Aufgrund der erhöhten Serumwerte von
Hepatozyten 16% der gesamten zellulären Membranen freiem Bilirubin tritt ein nicht hämolytisch bedingter
dar, während sie in den serösen Pankreaszellen weniger Ikterus in den ersten Lebenstagen auf. Ohne Behand-
als 1% ausmachen. Die Menge des SER kann bei funk- lung kommt es zum fatalen Kernikterus mit einer
tionellem Bedarf schnell und reversibel zunehmen. Das Bilirubinenzephalopathie. Durch orthotope Lebertrans-
klassische Beispiel hierfür stellt die Barbiturat- plantation konnte eine langfristige Besserung der
induzierte Proliferation des SER von Hepatozyten dar. Krankheit erzielt werden.
Nach Beendigung der funktionellen Stimulation wird
das überschüssige SER über Autophagozytose eliminiert
(siehe Abb. 57 für Details der Autophagozytose). Literatur
Angeborenen Störungen des Bilirubinstoffwechsels
führen auch zur Proliferation des SER. Zu diesen Bosma P, Roy Chowdhury J, Huang T, Lahiri P, Oude Elferink R,
Lederstein M, Whitington P, Jansen, P, and Roy Chowdhury N
Erkrankungen gehören das Crigler-Najjar-Syndrom I
(1992) Mechanism of inherited deficiencies of multiple UDP-glu-
und II und das Gilbert-Syndrom, die eine coronosyltransferase isoforms in two patients with Crigler-Najjar
Hyperbilirubinämie mit überwiegend nicht kon- syndrome, type I. FASEB J 6: 2859
jugiertem, freiem Bilirubin verursachen. Die nebenste- Bosma P, Roy Chowdhury N, Goldhoorn B, Hofker M, Oude
hende elektronenmikroskopische Aufnahme stammt Elferink R, Jansen P, and Roy Chowdhury J (1992) Sequence of
von einer Leberbiopsie eines Patienten mit Crigler- exons and the flanking regions of human bilirubin-UPD-gluco-
Najjar-Syndrom und zeigt die Veränderungen auf ein- ronosyltransferase gene complex and identification of a genetic
drückliche Weise. Das Zytoplasma der Hepatozyten ist mutation in a patient with Crigler-Najjar syndrome, type I.
auf Kosten des rauen ER fast vollständig mit SER ausge- Hepatology 15: 941
füllt und enthält Bilirubinablagerungen (Sterne in der Bosma P, Seppen J, Goldhoorn B, Bakker C, Oude Elferink R, Roy
Abbildung und im Nebenbild). Chowdhury J, Roy Chowdhury N, and Jansen P (1994b) Bilirubin
UDP-glucoronosyltransferase I is the only relevant bilirubin glu-
Beim Crigler-Najjar-Syndrom handelt es sich um
coronidating isoform in man. J Biol Chem 269: 17960
eine autosomal rezessiv vererbte Krankheit. Der Crigler J, and Najjar V (1952) Congenital familial non-hemolytic
molekulare Defekt betrifft die hepatische Bilirubin- jaundice with kernicterus. Pediatrics 10: 169
UDP-Glukoronyltransferase A 1 Isoform, deren Gen- Roy Chowdhury J, Wolkoff A, Roy Chowdhury N, and Arias I
lokus sich auf Chromosom 2q37 befindet. In jedem der (2001) Hereditary jaundice and disorders of bilirubin metabo-
fünf Exone des Gens konnten Deletionen, Insertionen, lism. In: The metabolic and molecular bases of inherited diseases.
Misssensmutationen oder vorzeitige Stopkodons nach- New York: McGraw-Hill, pp 3063

Vergrößerung: x 9,600; x 13,000 (Nebenbild)


Abbildung 20 41

Hyperbilirubinämie (Crigler-Najjar)

SER

SER

Golgi
M

SER M

Nukleus
42 Das Zytoplasma: das sekretorische System

PRÄ-GOLGI TRANSPORTINTERMEDIÄRE

Zwischen den transitorischen Elementen des rauen Der gegenwärtige Stand ist, dass zytosolische COPII-
endoplasmatischen Retikulums (RER) und dem Golgi Proteine wie Sar1-, Sec23-Sec24- und Sec13-Sec31-
Apparat befinden sich die Prä-Golgi Transportinter- Proteine über die Bindung an die Membranaußenseite
mediäre, die auch als intermediäres Kompartiment, transitorischer Elemente die Bildung von Membran-
ERGIC-53 oder vesikulo-tubuläre Kluster bezeichnet knospen induzieren, in die Cargo aktiv sortiert wird
werden. Allgemein ausgedrückt handelt es sich um eine (siehe Diagramm). Mittels COPII-überzogener Vesikeln
komplexe und dynamische Struktur für den antero- und erfolgt der anterograde Cargotransport. Nach der
retrograden Transport zwischen dem RER und dem Dissoziation der COPII-Proteine verschmelzen die
Golgi Apparat. Vesikel wahrscheinlich miteinander oder mit vorbeste-
Der Austritt von Cargo aus dem RER erfolgt an henden vesikulo-tubulären Elementen. Neuerdings wird
morphologisch definierten Orten, den transitorischen auch die direkte Bildung großer, tubulärer Trans-
Elementen des RER (TE in Abb. A–C). Es handelt sich portintermediäre mit einer Länge bis zu 500 nm
um Zisternen des RER, die lokal begrenzt keine angenommen. Die Prä-Golgi Transportintermediäre
Ribosomen besitzen und Membranknospen ausbilden sind nicht nur in den anterograden Cargotransport
(Pfeilköpfe in Abb. A–C), die zur Bildung von Vesikeln involviert, sondern auch in den retrograden, COPI-ver-
führen. Zwischen den TE und der Cis-Seite des Golgi mittelten Transport. Elektronenmikroskopisch unter-
Apparates befinden sich 60–80 nm große Vesikeln und scheiden sich COP-überzogene Vesikeln von Clathrin-
Tubuli von etwa 120 nm Durchmesser, die Prä-Golgi überzogenen Membranknospen und Vesikeln der Trans-
Transportintermediäre (pGI in Abb. A, B, D). Prä-Golgi Seite des Golgi Apparats (Pfeil in Abb. B).
Transportintermediäre gemeinsam mit den TE
existieren auch verteilt im Zytoplasma (Abb. C), von wo Literatur
sie entlang von Mikrotubuli zum Golgi Apparat trans-
portiert werden. Sie sind nicht nur Bestandteile sekre- Bannykh SI, and Balch WE (1997) Membrane dynamics at the
torischer Zellen wie Insulin-produzierender Beta-Zellen endoplasmic reticulum Golgi interface. J Cell Biol 138: 1
(Abb. A), sondern auch weniger differenzierter Zellen Bonifacino JS, and Lippincott-Schwartz J (2003) Coat proteins:
shaping membrane transport. Nat Rev Mol Cell Biol 4: 4009
wie Chinese Hamster Ovary (CHO)-Zellen (Abb. B). In
Fan JY, Roth J, and Zuber C (2003) Ultrastructural analysis of
Prä-Golgi Transportintermediären sind das p53 transitional endoplasmic reticulum and pre-Golgi intermediates:
(menschliche Zellen) und das p58 (Nagetierzellen) a highway for cars and trucks. Histochem Cell Biol 120: 455
Protein angereichert und entsprechende Antikörper Farquhar M, and Hauri H-P (1997) Protein sorting and vesicular
können zu seiner immunelektronenmikroskopischen traffic in the Golgi apparatus. In: The Golgi apparatus (Berger E,
Identifikation eingesetzt werden, wie in Abbildung D in and Roth J, eds). Basel Boston Berlin: Birkhäuser, pp 63
einem ultradünnen Gefrierschnitt von kultivierten Hammond AT, and Glick BS (2000) Dynamics of transitional
Rattenhepatozyten gezeigt ist. endoplasmic reticulum sites in vertebrate cells. Mol Biol Cell 11:
Wesentliche Aspekte des molekularen Mechanismus 3013
der Cargoselektion in den transitorischen Elementen Lee MC, Miller EA, Goldberg J, Orci L, and Schekman R (2004)
des RER und des Transports sowie des Rezyklierens Bi-directional protein transport between the ER and Golgi. Annu
Rev Cell Dev Biol 20: 87
zwischen dem ER und dem Golgi Apparat sind bekannt.
Lippincott-Schwartz J, Roberts TH, and Hirschberg K (2000)
Secretory protein trafficking and organelle dynamics in living
Sar1p cells. Annu Rev Cell Dev Biol 16: 557
Mironov AA, Beznoussenko GV, Trucco A, Lupetti P, Smith JD,
COPII (Secps) Geerts WJC, Koster AJ, Burger KNJ, Martone ME, Deerinck TJ,
Cargo Rezeptor
(p53) et al. (2003) ER-to-golgi carriers arise through direct en bloc pro-
trusion and multistage maturation of specialized ER-exit
domains. Dev Cell 5: 583
Saraste J, and Kuismanen E (1992) Pathways of protein sorting
Cytosol and membrane traffic between the rough endoplasmic reticulum
and the Golgi complex. Semin Cell Biol 3: 343

Cargo
Lumen
Vergrößerung: x 87,000 (A); x 75,000 (B); x 74,000 (C); x 66,500 (D)
Abbildung 21 43

Golgi pGI SG

A TE

Golgi

pGI
trans

TE

Golgi

pGI

B Nukleus

TE p58

Golgi

pGI

M
C D
44 Das Zytoplasma: das sekretorische System

PRÄ-GOLGI TRANSPORTINTERMEDIÄRE : TRIMMEN VON OLIGOSACCHARIDEN UND


EIWEISSQUALITÄTSKONTROLLE

Die Elemente der Eiweißqualitätskontrolle, wie diverse Durch elektronenmikroskopische Immungold-


Chaperone, Protein Disulfidisomerase, Lektine markierungen wurden sowohl Glukosidase II als auch
(Calnexin und Calreticulin), ERp57, Glukosidase II und Glukosyltransferase nicht nur im ER, sondern auch in
Glukosyltransferase befinden sich im endoplasmati- den Prä-Golgi Transportintermediären (pGI) von
schen Retikulum (ER). Das Diagramm fasst die wesent- Mammaliergeweben (Abb. A: Schweineleber; Abb. B:
lichen Vorgänge bei der Kontrolle des Faltungszustandes Rattenpankreas; Abb. C: periphere Prä-Golgi
von Glykoproteinen vereinfacht zusammen. Mono- Transportintermediäre in Rattenleber, markiert mit
glukosilierte N-Glykane an Glykoproteinen sind von Pfeilköpfen) und Speicheldrüsen von Drosophila
Bedeutung, da diese von Calnexin/Calreticulin erkannt melanogaster nachgewiesen. Bemerkenswerterweise sind
und gebunden werden. Derartige Glykoprotein-Lektin diese Enzyme in den Prä-Golgi Transportintermediären
Komplexe werden durch die Glukosidase II (Gls II) dis- angereichert. Diese Befunde deuten daraufhin, dass die
soziiert. Korrekt gefaltete Glykoproteine können dann Qualitätskontrolle der Faltung von Glykoproteinen
durch die ER-Mannosidase I (ER-Man I) getrimmt wer- nicht nur im ER, sondern auch in Prä-Golgi
den und das ER verlassen. Nicht korrekt gefaltete Transportintermediären stattfindet. Ein eindeutiger
Glykoproteine werden von der Glukosyltransferase Hinweis auf eine solche Funktion besteht im Nachweis
erkannt und reglukosiliert und erneut von Calnexin der Akkumulation nicht korrekt gefalteter Eiweiße in
oder Calreticulin gebunden. Somit stellen die gegen- den Prä-Golgi Transportintermediären.
sätzlichen Wirkungen von Glukosidase II und Gluko- M: Mitochondrien; TE: transitorisches Element des
syltransferase die Grundlage für diesen „on-and-off“ RER.
Zyklus dar. N-Glykane nicht korrekt gefalteter
Glykoproteine werden schließlich durch die ER- Literatur
Mannosidase I zum Mannose8N-Azetylglukosamin2-
Isomer B getrimmt, der von EDEM, einem Mannose8- Ellgaard L, and Helenius A (2003) Quality control in the endo-
bindenden Lektin, erkannt wird. EDEM forciert die plasmic reticulum. Nat Rev Mol Cell Biol 4: 181
Freisetzung dieser Glykoproteine vom Calnexin, verhin- Lucocq JM, Brada D, and Roth J (1986) Immunolocalization of
the oligosaccharide trimming enzyme glucosidase II. J Cell Biol
dert ihre Reglukosilierung durch die Glukosyl-
102: 2137
transferase und beschleunigt letztendlich ihren Abbau Molinari M, Calanca V, Galli C, Lucca P, and Paganetti P (2003)
durch das Ubiquitin-Proteasom System. Der komplexe Role of EDEM in the release of misfolded glycoproteins from the
Vorgang der Erkennung nicht korrekt gefalteter calnexin cycle. Science 299: 1397
Glykoproteine, ihre Retrotranslokation und der Parodi AJ (2000) Protein glucosylation and its role in protein
anschließende proteasomale Abbau werden als ER-asso- folding. Annu Rev Biochem 69: 69
ziierter Eiweißabbau, ERAD, bezeichnet. Raposo G, Vansanten HM, Leijendekker R, Geuze HJ, and
Ploegh HL (1995) Misfolded major histocompatibility complex
class I molecules accumulate in an expanded ER-Golgi interme-
Glukose
diate compartment. J Cell Biol 131: 1403
Mannose
Roth J, Zuber C, Guhl B, Fan JY, and Ziak M (2002) The impor-
N-Azetylglukosamin
tance of trimming reactions on asparagine-linked oligosaccha-
rides for protein quality control. Histochem Cell Biol 117: 159
ERp57 GIs II, ER Man I EDEM Wang T, and Hebert DN (2003) EDEM an ER quality control
ERAD
Calnexin falsch gefaltet receptor. Nat Struct Biol 10: 319
Calreticulin Asn
Zuber C, Fan JY, Guhl B, Parodi A, Fessler JH, Parker C, and Roth,
GIs II
J (2001) Immunolocalization of UDP-glucose : glycoprotein glu-
α3
α2 α2 α2
cosyltransferase indicates involvement of pre-Golgi intermediates
α2 α3 α6
in protein quality control. Proc Natl Acad Sci USA 98: 10710
α3 α6 Zuber C, Fan JY, Guhl B, and Roth J (2004) Misfolded proinsulin
β4
accumulates in expanded pre-Golgi intermediates and endoplas-
GIs I β4 GIs II ER Man I Export
mic reticulum subdomains in pancreatic beta cells of Akita mice.
korrekt gefaltet
Asn Asn Asn FASEB J 18: 917

falsch
gefaltet
GT Vergrößerung: x 90,000 (A); x 71,500 (B); x 43,700 (C)
Abbildung 22 45

Glukosidase II Golgi

pGI

M ER

Glukosidase II

Golgi

pGI

RER
B

Glukosyltransferase
M

M
C
46 Das Zytoplasma: das sekretorische System

DER GOLGI APPARAT: EINE SCHALTZENTRALE DES SEKRETORISCHEN TRANSPORTWEGS

Der Golgi Apparat bildet eine zentrale Kreuzung in den von prä-Golgi Intermediären erkennbar. Es wird ange-
sekretorischen Transportwegen, spielt aber auch eine nommen, dass hier aus diesen komplexen, dynamischen
wichtige Rolle im Zusammenhang mit der Endozytose Strukturen Kompartimente für den anterograden
(siehe Abb. 30 und 43). Im Golgi Apparat werden Transport in den Golgi Stapel aufgenommen werden und
neusynthetisierte sekretorische Proteine, lysosomale zur Neubildung von Golgi Zisternen beitragen. Die
Enzyme und Membranproteine modifiziert (siehe Abb. unterschiedlich weiten Zisternen an der cis-Seite und im
25–27) und für den Weitertransport zu ihren Zielkom- mittleren Bereich der Stapel enthalten fein flockiges
partimenten sortiert. Material, das auch in den trans-Zisternen und konden-
Bezeichnet wird der Golgi Apparat nach seinem sierenden Vakuolen (KV) sichtbar ist. Die letzteren
Entdecker Camillo Golgi, der dieses komplexe entsprechen noch nicht ausgereiften Sekretgranula und
Membransystem 1898 in Zellkörpern von Spinal- werden aus erweiterten Abschnitten von trans-Golgi
ganglienzellen als „apparato reticulare interno“ erstmals Zisternen (Stern) gebildet. Das Bild zeigt nahe der trans-
beschrieb. Schon die Zeichnungen von Camillo Golgi Seite eine Ansammlung kondensierender Vakuolen und
weisen darauf hin, dass es sich um ein zusammenhän- auch reifer Sekretgranula, die in der Bauchspeicheldrüse
gendes Membransystem mit Untereinheiten handelt. Zymogengranula (ZG) genannt werden. Die morpholo-
Diese Untereinheiten bestehen aus Stapeln flacher gisch erkennbaren Veränderungen vom fein flockigem
Zisternen, die über Tubuli und Netzwerke zusammen- Inhalt in den Lumina der Golgi Zisternen und konden-
hängen (siehe Zeichnung, Abb. 32). In jedem der sierenden Vakuolen zum elektronendichtem Inhalt in den
Stapeln existieren funktionelle Subkompartimente mit Zymogengranula sind Ausdruck der Kondensation und
ganz bestimmten Aufgaben. Veränderungen des Sekrets, die in den kondensierenden
Die Abbildung auf der gegenüberliegenden Seite Vakuolen stattfinden (siehe Abb. 39–40).
zeigt einen der Golgi Stapel in einer sezernierenden M - Mitochondrien
Pankreasazinuszelle. So wie auch in anderen reguliert
sezernierenden Zellen spiegelt die Architektur des Literatur
Golgi Apparats deutlich sein Eingebundensein in den
Sekretionsweg. Der Zisternenstapel zeigt hier eine aus- Dröscher A (1998) Camillo Golgi and the discovery of the Golgi
geprägte Polarität mit einer deutlich differenzierbaren apparatus. Histochem Cell Biol 109: 425
cis- und trans-Seite. Bezogen auf die Sekretionswege ist Farquhar MG, and Palade GE (1981) The Golgi apparatus (com-
plex) – (1954–1981) – from artifact to center stage. J Cell Biol 91: 77s
die cis-Golgi Seite die Region für den Import, wo die
Farquhar MG and Hauri H-P (1997) Protein sorting and vesicu-
vom endoplasmatischen Retikulum kommenden lar traffic in the Golgi apparatus. In: The Golgi apparatus (EG
neusynthetisierten Moleküle in den Golgi Apparat auf- Berger and J Roth, eds) Basel Boston Berlin Birkhäuser, p63.
genommen werden, während die trans-Seite mit dem Golgi C (1898) Sur la structure des cellules nerveuses. Arch Ital
trans-Golgi Netzwerk (siehe Abb. 30–32) die Export- Biol 30: 60
Region darstellt, wo die Moleküle, die in den Zisternen Lippincott-Schwartz J, Cole NB, and Donaldson JG (1998)
modifiziert wurden, den Golgi Apparat wiederum ver- Building a secretory apparatus: role of ARF1/COPI in Golgi bio-
lassen und zu ihren Bestimmungsorten sortiert werden. genesis and maintenance. Histochem Cell Biol 109: 449
Diese klar von cis nach trans orientierte Richtung des Marsh BJ, and Howell KE (2002) The mammalian Golgi – com-
Transports kommt morphologisch deutlich zum Aus- plex debates. Nat Rev Mol Cell Biol 3: 789
druck, wenn es auch über die Mechanismen des Trans- Pavelka M (1987) Functional morphology of the Golgi apparatus.
Adv Anat Embryol Cell Biol 106:1
ports über die Zisternenstapel unterschiedliche Ergeb-
Polishchuk RS, and Mironov AA (2004) Structural aspects of
nisse gibt und verschiedene Modelle diskutiert werden Golgi function. CMLS Cell Mol Life Sci 61: 146
(siehe Abb. 36). Rambourg A, and Clermont Y (1997) Three-dimensional struc-
Übergangselemente (transitorische Elemente, TE) des ture of the Golgi apparatus in mammalian cells. In: The Golgi
rauen endoplasmatischen Retikulums (RER) und prä- apparatus (EG Berger, and J Roth, eds) Basel Boston Berlin
Golgi Transportintermediäre (pGI, siehe Abb. 21 und 22) Birkhäuser, p 37
sind an der cis-Golgi Seite zu sehen. Die transitorischen Roth J (1997) Topology of glycosylation in the Golgi apparatus.
Elemente entsprechen den RER Exportregionen und In: The Golgi apparatus (EG Berger, and J Roth, eds) Basel Boston
zeigen typischerweise Ribosomen nur an einer Seite, wie Berlin Birkhäuser, pp 131
besonders in dem Anschnitt rechts unten im Bild deutlich
wird. Den cis-Zisternen benachbart sind Membranprofile Vergrößerung: x 45,000
Abbildung 23 47

KV

ZG
*
ZG

ZG
cis
KV

trans Golgi

pGI KV

RER
pGI
TE

M
M
48 Das Zytoplasma: das sekretorische System

IMMUNELEKTRONENMIKROSKOPIE : EINE TECHNIK FÜR UNTERSUCHUNGEN ZUR SEKRETION


VON EIWEISSEN

Allgemein formuliert ist die Immunelektronen- Prohormonen in reife Hormone stattfindet. Auf diese
mikroskopie eine Technik, um zelluläre Bestandteile, Weise gelang es nachzuweisen, dass Eiweiße das endo-
wie Eiweiße, Lipide und Nukleinsäuren mit bekannter plasmatische Retikulum über einen selektiven Transport
Funktion zellulären Organellen oder Teilen von ihnen in Vesikeln und nicht über „bulk flow“ verlassen (siehe
zuzuordnen. Dadurch können organisatorische und auch Abb. 21).
funktionelle Prinzipien von zellulären Organellen oder
von Organellenkompartimenten aufgeklärt werden.
In den Abbildungen A–C sind die hauptsächlichen
Kompartimente des sekretorischen Systems einer Literatur
exokrinen Pankreaszelle (siehe auch Abb. 23) und Aridor M, Fish KN, Bannykh S, Weissman J, Roberts TH,
Immungoldmarkierung für Amylase zu sehen. Amylase Lippincott-Schwartz J, and Balch WE (2001) The Sar1-GTPase
konnte im Lumen der Zisternen des rauen endoplasma- coordinates biosynthetic cargo selection with endoplasmic retic-
tischen Retikulums (Abb. A) und seiner transitorischen ulum export site assembly. J Cell Biol 152: 213
Elemente, in Prä-Golgi Transportintermediären und im Balch WE, McCaffery JM, Plutner H, and Farquhar MG (1994)
Golgi Apparat (Abb. B) nachgewiesen werden. Vesicular stomatitis virus glycoprotein is sorted and concentrated
Gleichermaßen waren dilatierte Abschnitte von Trans during export from the endoplasmic reticulum. Cell 76: 841
Bannykh SI, Rowe T, and Balch WE (1996) The organization of
Golgi Zisternen (Sterne in Abb. B), die elektronendich-
endoplasmic reticulum export complexes. J Cell Biol 135: 19
tes Material enthalten, markiert. Hierbei handelt es sich Bendayan M, Roth J, Perrelet A, and Orci L (1980) Quantitative
um frühe Stadien der Bildung von Sekretgranula immunocytochemical localization of pancreatic secretory pro-
(unreife Sekretgranula oder Condensing Vacuole). Die teins in subcellular compartments of the rat acinar cell.
reifen Sekretgranula im Pankreas werden als Zymogen- J Histochem Cytochem 28: 149
granula (ZG) bezeichnet. In nicht stimulierten Pan- Herrmann JM, Malkus P, and Schekman R (1999) Out of the ER-
kreaszellen ist das apikale Zytoplasma mit Zymogen- outfitters, escorts and guides. Trends Cell Biol 9: 5
granula erfüllt. Die Membran der Zymogengranula Malkus P, Jiang F, and Schekman R (2002) Concentrative sorting
kann nach Stimulation mit der apikalen Plasmamem- of secretory cargo proteins into COPII-coated vesicles. J Cell Biol
bran fusionieren (Pfeile in Abb. C) und der Inhalt der 159: 915
Zymogengranula in das Azinuslumen sezerniert werden Orci L, Ravazzola M, Amherdt M, Madsen O, Vassalli JD, and
Perrelet A (1985) Direct identification of prohormone conversion
(siehe auch Abb. 39). Erwartungsgemäß sind sowohl die
site in insulin-secreting cells. Cell 42: 671
Zymogengranula als auch der Inhalt des Azinuslumens Orci L, Ravazzola M, Storch M-J, Anderson RGW, Vassalli J-D,
für Amylase positiv. and Perrelet A (1987) Proteolytic maturation of insulin is a post-
Immungoldmarkierung kann quantifiziert werden Golgi event which occurs in acidifying clathrin-coated secretory
und ermöglicht es, die Organellen in Zellen zu identi- vesicles. Cell 49: 865
fizieren, in denen die Konzentration von sekretorischen Schekman R, and Orci L (1996) Coat proteins and vesicle bud-
Eiweißen oder beispielweise die Umwandlung von ding. Science 271: 1526

Vergrößerung: x 62,000 (A); x 55,000 (B); x 45,000 (C)


Abbildung 24 49

ZG

* Golgi
*

Azinuslumen

ZG
C
50 Das Zytoplasma: das sekretorische System

PROTEIN N-GLYKOSILIERUNG : TRIMMEN VON N-GLYKANEN IM GOLGI APPARAT UND PRÄ-


GOLGI TRANSPORTINTERMEDIÄREN

Die Glykosylierung von Proteinen wird im Golgi medialen und Trans Golgi Zisternen befindet. Das trifft
Apparat durch Trimmen und Verlängern der Asparagin- auch für die Golgi Mannosidase II zu. In NRK und
verknüpften Oligosaccharide weitergeführt und resul- CHO Zellen findet sie sich in medialen Golgi Zisternen,
tiert in der Bildung von komplexen N-Glykanen. in exokrinen Pankreaszellen in medialen und Trans-
Hierbei spielen Mannosidasen eine wichtige Rolle. Zisternen, in Becherzellen in Trans Zisternen, und in
Nachdem die Golgi Mannosidase I die noch verbliebe- Hepatozyten (Abb. A, ultradünner Gefrierschnitt von
nen _1,2-verknüpften Mannosereste entfernt hat, Rattenleber) und Enterozyten diffus in allen Golgi
kommt es zur ersten Verlängerungsreaktion durch die Zisternen.
N-Azetylglukosaminyltransferase I. Danach werden ein Endomannosidase hat eine doppelte Verteilung:
_1,3 und ein _1,6-verknüpfter Mannoserest durch die überwiegend in Cis- und medialen Golgi Zisternen und
Golgi-Mannosidase II entfernt (Schema A). Die Endo- zusätzlich in p58-positiven Prä-Golgi Transportinter-
_-Mannosidase, die eine der Glukosidase II ähnliche mediären (pGI in Abb. B, ultradünne Gefrierschnitte
Substratspezifität hat, trimmt noch vorhandene kultivierter Hepatozyten). Abbildung C zeigt eine
monoglukosilierte N-Glykane (Schema B) und stellt Immungold Doppelmarkierung für Endomannosidase
einen Glukosidase II-unabhängigen Weg dar. Bestimmte (kleine Goldpartikeln) und p58 (große Goldpartikeln,
Mannosidase-getrimmte, monoglukosilierte N-Glykane Pfeile). Die subzelluäre Verteilung der Endomannosi-
sind ausschließlich ein Substrat für die Endomanno- dase beweist, dass das Trimmen von Glukoseresten nicht
sidase (Schemata C und D). ausschließlich im endoplasmatischen Retikulum, son-
Golgi Mannosidase I wird generell als ein Cis Golgi dern auch im Golgi Apparat und in Prä-Golgi Trans-
Marker angesehen. Allerdings kann das nicht verallge- portintermediären stattfindet.
meinert werden, da sich das Enzym je nach Zelltyp in M: Mitochondrium.

A Literatur
α2 α2 α2
α2 α3 α6
Herscovics A (1999) Importance of glycosidases in mammalian
α3 α6 glycoprotein biosynthesis. Biochim Biophys Acta 1473: 96
β4
β4
Moore SE, and Spiro RG (1990) Demonstration that Golgi endo-
GlcNAc _-mannosidase provides a glucosidase-independent pathway for
Asn Man IA und IB Transferase I Man II the formation of complex N-linked oligosaccharides of glycopro-
Asn Asn Asn
teins. J Biol Chem 265: 13104
Roth J (1997) Topography of glycosylation in the Golgi appara-
tus. In: The Golgi apparatus (Berger EG, and Roth J, eds). Basel
B α3 Boston Berlin: Birkhäuser, pp 131
α2 α2 α2 Roth J, Ziak M, and Zuber C (2003) The role of glucosidase II and
Asn α2 α3 α6 endomannosidase in glucose trimming of asparagine-linked
α3 α6
β4 oligosaccharides. Biochimie 85: 287
β4 Spiro R (2000) Processing enzymes involved in the deglucosyla-
Asn Asn tion of N-linked oligosaccharides of glycoproteins: glucosidases I
and II and endomannosidase. In: Carbohydrate in chemistry and
C biology (Ernst B, Hart G, and Sinay P, eds). Weinheim: Wiley-
VCH, pp 65
Velasco A, Hendricks L, Moremen KW, Tulsiani DRP, Touster O,
and Farquhar MG (1993) Cell type-dependent variations in the
subcellular distribution of alpha-mannosidase-I and alpha-man-
nosidase-II. J Cell Biol 122: 39
Asn Asn
Zuber C, Spiro MJ, Guhl B, Spiro RG, and Roth J (2000) Golgi
D apparatus immunolocalization of endomannosidase suggests
post-endoplasmic reticulum glucose trimming: Implications for
quality control. Mol Biol Cell 11: 4227
Glukose (n=1-3)
Mannose
N-Azetylglukosamin Asn Asn Vergrößerung: x 83,000 (A); x 101,000 (B); x 94,000 (C)
Abbildung 25 51

Golgi-Mannosidase II

trans Golgi

cis Golgi

Endomannosidase Endomannosidase + p58

trans Golgi trans Golgi

pGI
B C
52 Das Zytoplasma: das sekretorische System

DER GOLGI APPARAT: ABSCHLUSS DER SYNTHESE VON ASPARAGIN-VERKNÜPFTEN GLYKANEN

Im Golgi Apparat wird die Synthese der Asparagin- Azetylglukosamin-R. Diese Reaktion findet im Lumen
verknüpften Glykane beeendet. Die Glykosylierungs- der Golgi Zisternen statt. Mit Ausnahme von CMP-
reaktionen beinhalten sowohl die Entfernung von Sialinsäure, die im Zellkern synthetisiert wird, werden
Mannoseresten durch Golgi Mannosidase I und II alle anderen Zuckernukleotide im Zytosol synthetisiert
(siehe Abb. 25) als auch die Verlängerung der Mannose3-5- und müssen in das Lumen der Golgi Zisternen trans-
GlcNAc2 Oligosaccharid Kernstruktur durch N- portiert werden. Dies geschieht über spezifische
Azetylglukosamin, Galaktose, Fukose und Sialinsäure. Transporterproteine der Golgimembranen. Bei den
Diese Zuckerreste werden schrittweise durch diverse Transporterproteinen handelt es sich um Antiporter, die
N-Azetylglukosaminyl-, Galaktosyl-, Fukosyl- und im miteinander gekoppelten Transport von Nukleotid-
Sialyltransferasen übertragen und daraus resultieren die zuckern aus dem Zytosol in das Golgi Lumen und von
komplexen N-Glykanstrukturen. Die komplexen Nukleotidabkömmlingen (GMP, UMP) aus dem Golgi
N-Glykane können in Form kompliziert aufgebauter Lumen in das Zytosol funktionieren. Das während der
tetra-antennärer Oligosaccharide vorliegen, die oft Glykosilierung anfallende UDP und GDP wird zuerst
Polylaktosaminketten (Aufeinanderfolgen von Galak- durch Nukleosid Diphosphatasen in den Golgi
tose–N-Azetylglukosamin Disacchariden) aufweisen Zisternen zu GMP und UMP hydrolysiert.
(Schema C). Am häufigsten liegen komplexe AV: Autophagozytose Vakuole; Ly: Lysosom; M:
N-Glykane jedoch in Form einfach aufgebauter bi- Mitochondrium.
antennärer Oligosaccharide vor (Schema D). Von den
komplexen N-Glykanen müssen die mannosereichen N-
Glykane unterschieden werden, die aus fünf bis neun Literatur
Mannoseresten und zwei N-Azetylglukosaminresten Berninsone PM, and Hirschberg CB (2000) Nucleotide sugar
aufgebaut sind. Die Hybrid N-Glykane bestehen sowohl transporters of the Golgi apparatus. Curr Opin Struct Biol 10:
aus komplexen als auch aus mannosereichen N- 542
Glykanen. Hirschberg CB (1997) Transport of nucleotide sugars, nucleotide
Die enzymatische Verlängerung der N-Glykane sulfate and ATP. In: The Golgi apparatus (Berger E, and Roth J,
geschieht schrittweise, wie an einem Fließband, wobei eds). Basel Boston Berlin: Birkhäuser, pp 163
Perez M, and Hirschberg CB (1987) Transport of sugar
das Produkt einer Glykosilierungsreaktion zum
nucleotides into the lumen of vesicles derived from rat liver rough
Akzeptorsubstrat für die nachfolgende Glykosilierungs- endoplasmic reticulum and Golgi apparatus. Meth Enzymol 138:
reaktion wird. In Übereinstimmung mit der sequen- 709
tiellen Weise der Glykan Synthese sind die N-Azetyl- Rabouille C, and Nilsson T (1995) Redrawing compartmental
glukosaminyl-, Galaktosyl-, Fukosyl- und Sialyltrans- boundaries in the exocytic pathway. FEBS Lett 369: 97
ferasen in dieser Reihenfolge in medialen und Trans Roth J, and Berger E (1982) Immunocytochemical localization of
Zisternen des Golgi Apparates sowie dem Trans Golgi galactosyltransferase in HeLa cells: codistribution with thiamine
Netzwerk vorhanden (Abb. A und B). Sie stellen somit pyrophosphatase in trans-Golgi cisternae. J Cell Biol 93: 223
auch immunzytochemische Marker für diese Anteile des Roth J, Taatjes D, Lucocq J, Weinstein J, and Paulson J (1985)
Golgi Apparates dar. Es ist jedoch hervorzuheben, dass Demonstration of an extensive trans-tubular network continuous
die verschiedenen Glykosyltransferasen im Golgi with the Golgi apparatus cisternal stack that may function in gly-
cosylation. Cell 43: 287
Apparat in sich gegenseitig überlappenden Verteilungen
Taniguchi N, Honke K, and Fukuda M (2002) Handbook of gly-
vorkommen (siehe Abb. 27). cosyltransferases and related genes. Tokyo Berlin: Springer
Glykosyltransferasen übertragen einen Zuckerrest Taylor M, and Drickamer K (2003) Introduction to glycobiology.
vom entsprechenden Nukleotidzucker (UDP-N- Oxford New York: Oxford University Press
Azetylglukosamin, GDP-Fukose, UDP-Galaktose, CMP- Varki A, Cummings R, Esko J, Freeze H, Hart G, and Marth, J
Sialinsäure) auf ein spezifisches Akzeptorsubstrat, wie (1999) Essentials of glycobiology. Cold Spring Harbor New York:
beispielsweise Galaktose von UDP-Galaktose auf N- Cold Spring Harbor Laboratory Press

Vergrößerung: x 62,500 (A); x 46,200 (B)


Abbildung 26 53

Galaktosyltransferase Sialyltransferase

Ly

cis Golgi

Nukleus
A AV

Sialinsäure
Lipid-
α3/6 tropfen M
Galaktose
β4
Fukose
β3
Mannose
β4
N-Azetylglukosamin
β3
β4
β3
trans Golgi
β4 β4 β4 β4
Netzwerk
β2 β6 β2 β6
α3 α6
β4
β4

C Asn

α3/6 α3/6
β4 β4
β2 β4

α3 α6
β4
β4

D Asn B cis Golgi


54 Das Zytoplasma: das sekretorische System

ZELLTYP-ABHÄNGIGE UNTERSCHIEDE IN DER TOPOGRAPHIE VON GLYKOSILIERUNGS -


REAKTIONEN IM GOLGI APPARAT

Biochemische Untersuchungen zum Ablauf der ver- darmepithel nachgewiesen werden. Es ist hervorzu-
schiedenen N-Glykosilierungsreaktionen im Golgi heben, dass beide Glykosilierungsreaktionen terminale
Apparat haben gezeigt, dass sie schrittweise durch Glykosilierungsreaktionen bei der Synthese von
sequentiell tätige Glykosyltransferasen ausgeführt wer- N-Glykanen und von O-Glykanen (siehe Abb. 25, 26
den. Über die Fraktionierung von zellulären Mem- und 29) darstellen.
branen gelang es, die Aktivität diverser Glykosyl- RER: raues endoplasmatisches Retikulum; TE: tran-
transferasen Membranfraktionen unterschiedlicher sitorisches Element des RER.
Dichte zuzuordnen. Des Weiteren gelang es mittels
Immunelektronenmikroskopie verschiedene Glykosyl-
transferasen in unterschiedlichen Regionen des Golgi Literatur
Apparates nachzuweisen. Auf diesen Ergebnissen
beruhte das ursprüngliche Konzept der funktionellen Dunphy WG, Brands R, and Rothman JE (1985) Attachment of
terminal N-acetylglucosamine to asparagine-linked oligosaccha-
Unterteilung des Golgi Apparats in voneinander ge-
rides occurs in central cisternae of the Golgi stack. Cell 40: 463
trennte Cis, mediale und Trans Subkompartimente. In Dunphy WG, Fries E, Urbani LJ, and Rothman JE (1981) Early
weiterführenden immunelektronenmikroskopischen and late functions associated with the Golgi apparatus reside in
Untersuchungen zeigte sich, dass diese Subkomparti- distinct compartments. Proc Natl Acad Sci USA 78: 7453
mente des Golgi Apparats nicht scharf voneinander Goldberg DE, and Kornfeld S (1983) Evidence for extensive sub-
getrennt sind, sondern sich partiell überlappen. Zum cellular organization of asparagine-linked oligosaccharide pro-
anderen gelang durch kombinierte Immungold und cessing and lysosomal enzyme phosphorylation. J Biol Chem 258:
Lektin-Gold Markierungen der Nachweis von Zelltyp- 3159
abhängigen Unterschieden in der Anordnung von Hedman K, Pastan I, and Willingham MC (1986) The organelles
Glykosilierungsreaktionen im Golgi Apparat. of the trans domain of the cell. Ultrastructural localization of
Als Beispiel soll hier die Glykosilierungsreaktion sialoglycoconjugates using Limax flavus agglutinin. J Histochem
Cytochem 34: 1069
dienen, die zur Anheftung von _2,6 verknüpfter
Rabouille C, Hui N, Hunte F, Kieckbusch R, Berger EG, Warren,
Sialinsäure an Galaktosereste von N-Glykanen führt. G, and Nilsson T (1995) Mapping the distribution of Golgi
Die hierfür verantwortliche `-Galaktose _2,6 Sialyl- enzymes involved in the construction of complex oligosaccha-
transferase (ST6Gal-I) ist in Trans Zisternen des Golgi rides. J Cell Sci 108: 1617
Apparats von Becherzellen des Rattendickdarms nach- Roth J, and Berger EG (1982) Immunocytochemical localization
weisbar (Abb. A). Erwartungsgemäß beginnt die Mar- of galactosyltransferase in HeLa cells: codistribution with thi-
kierung mit einem goldmarkierten sialinsäurespezi- amine pyrophosphatase in trans-Golgi cisternae. J Cell Biol 93:
fischen Lektin auch in Trans Golgi Zisternen (Abb. B). 223
Die Immungoldmarkierung für die Sialyltransferase in Roth J, Taatjes DJ, Lucocq JM, Weinstein J, and Paulson JC (1985)
den Schleimtröpfchen der Becherzellen ist durch prote- Demonstration of an extensive trans-tubular network continuous
olytisch abgespaltenes Enzym bedingt. Im Gegensatz zu with the Golgi apparatus cisternal stack that may function in gly-
cosylation. Cell 43: 287
den Becherzellen war in den benachbarten absorptiven
Roth J, Taatjes DJ, Weinstein J, Paulson JC, Greenwell P, and
Enterozyten die Markierung für die Sialyltransferase Watkins WM (1986) Differential subcompartmentation of termi-
(Abb. C) und für Sialinsäurereste (Abb. D) im Golgi nal glycosylation in the Golgi apparatus of intestinal absorptive
Apparat diffus verteilt. Eine derartige Zelltyp-ab- and goblet cells. J Biol Chem 261: 14307
hängige, unterschiedliche Verteilung im Golgi Apparat Weinstein J, UE L, McEntee K, PH L, and Paulson J (1987)
von Becherzellen und absorptiven Enterozyten konnte Primary structure of `-galactoside _2,6 sialyltransferase.
auch für die Blutgruppe A Transferase und ihr Produkt, Conversion of membrane bound enzyme to soluble form by
die Blutgruppe A Substanz, im menschlichen Dünn- cleavage of the N-terminal signal anchor. J Biol Chem 262: 17735

Vergrößerung: x 49,500 (A); x 52,000 (B); x 51,000 (C, D)


Abbildung 27 55

Sialyltransferase Sialinsäure

Schleimgranula Schleimgranula

Golgi Golgi

RER
TE
A B

Sialyltransferase Sialinsäure

trans Golgi trans Golgi

cis Golgi cis Golgi


C D
56 Das Zytoplasma: das sekretorische System

ZELLTYP-ABHÄNGIGE UNTERSCHIEDE IM AUFBAU VON GLYKANEN DER GLYKOPROTEINE

Glykosyltransferasen sind große Familien von En- werden. Die genetische Manipulation der zellulären
zymen. So sind gegenwärtig etwa 15 verschiedene Glykosylierung ist auch von Bedeutung bei der
Sialyltransferasen bekannt, die alle CMP-Sialinsäure als möglichen Xenotransplantation von Schweineorganen.
Donorsubstrat benutzen, um Sialinsäure kovalent an Die durch die Anwesenheit von terminalen _1,3-
verschiedene Akzeptoroligosaccharide zu transferieren. verknüpften Galaktoseresten verursachte hyperakute
Allerdings kann nicht nur der Aufbau des Akzeptor- Abstoßungsreaktion hat man durch die Inaktivierung
oligosaccharides variieren, sondern auch die Natur der der _1,3-Galaktosyltransferase mittels homologer
ketosidischen Bindung (_2,3, _2,8 oder _2,9), in der die Rekombination zu unterdrücken versucht. Zum
Sialinsäure vorliegt. Darin liegt eine der Ursachen für anderen wurden transgene Tiere erzeugt, bei denen eine
die Diversität im Aufbau von N-Glykanen. Eine weitere Fukosyltransferase kompetitiv die _1,3-Galaktosy-
Ursache für die Diversität im Aufbau von N-Glykanen, lierung verhinderte.
und auch von O-Glykanen, liegt in unterschiedlichen RER: raues endoplasmatisches Retikulum.
zellulären Expressionsmustern von Glykosyltrans-
ferasen. Die CHO Zellen liefern ein eindrückliches
Beispiel für einen Zelltyp-spezifischen Sialogly- Literatur
kanaufbau, da sie nur Glykane mit _2,3- aber nicht mit Chen CG, Fisicaro N, Shinkel TA, Aitken V, Katerelos M,
_2,6-verknüpfter terminaler Sialinsäure synthetisieren. Vandenderen BJW, Tange MJ, Crawford RJ, Robins AJ, Pearse MJ,
Ein Lektin, das spezifisch _2,6-verknüpfte Sialinsäure and Dapice AJF (1996) Reduction in Gal-alpha 1,3-Gal epitope
erkennt, markiert somit nicht die Plasmamembran expression in transgenic mice expressing human H-transferase.
(PM), den Golgi Apparat oder Lysosomen (Ly) der Xenotransplantation 3: 69
CHO Zellen (Abb. A und B). Nach erfolgreicher Galili U (1993) Evolution and pathophysiology of the human
Transfektion kann mittels Immunelektronen- natural anti-_-galactosyl IgG(anti-Gal) antibody. Springer Semin
mikroskopie die `-Galaktose-_2,6-Sialyltransferase im Immunopathol 15: 155
Golgi Apparat der CHO Zellen nachgewiesen werden Kitagawa H, and Paulson JC (1994) Differential expression of five
sialyltransferase genes in human tissues. J Biol Chem 269: 17872
(Abb. C) und mit der Lektin-Gold Technik _2,6-
Koike C, Kannagi R, Takuma Y, Akutsu F, Hayashi S, Hiraiwa N,
verknüpfte terminale Sialinsäureste in der Kadomatsu K, Muramatsu T, Yamakawa H, Nagai T, et al (1996)
Plasmamembran (PM in Abb. D), im Golgi Apparat und Introduction of alpha(1,2)-fucosyltransferase and its effect on
in den Lysosomen (Abb. E). alpha-Gal epitopes in transgenic pig. Xenotransplantation 3: 81
Die Diversität im Aufbau von Glykanen muss vor Lee EU, Roth J, and Paulson JC (1989) Alteration of terminal gly-
dem Hintergrund ihrer verschiedenen biologischen cosylation sequences on N-linked oligosaccharides of Chinese
Funktionen gesehen werden, wie beispielsweise der hamster ovary cells by expression of `-galactoside-_2,6 sialyl-
Beeinflussung der Aktivität von Glykoproteinen, bei transferase. J Biol Chem 264: 13848
immunologischen Reaktionen, von Zell-Zell und Zell- Osman N, McKenzie IFC, Ostenried K, Ioannou YA, Desnick RJ,
Substrat-Interaktionen, bei der Eiweißqualitätskontrolle and Sandrin MS (1997) Combined transgenic expression of
und dem intrazellulären Routing. Die korrekte alpha-galactosidase and alpha 1,2-fucosyltransferase leads to
optimal reduction in the major xenoepitope Gal alpha(1,3)Gal.
Glykosilierung ist bei der Herstellung rekombinanter
Proc Natl Acad Sci USA 94: 14677
Glykoproteine wichig. Nicht richtig glykosiliertes Paulson J, Weinstein J, and Schauer A (1989) Tissue specific
rekombinantes Erythropoetin ist nicht aktiv. Deshalb expression of sialyltransferases. J Biol Chem 264: 10931
kann es notwendig sein, die Glykosilierungsmaschinerie Rosenberg A (1995) Biology of the sialic acids. New York: Plenum
der zur Glykoproteinherstellung benutzten Wirtszellen Press
gentechnologisch so zu beeinflussen, dass normaler- Taniguchi N, Honke K, and Fukuda M (2002) Handbook of gly-
weise von ihnen nicht synthetisierte Glykane hergestellt cosyltransferases and related genes. Tokyo Berlin: Springer

Vergrößerung: x 45,000 (A); x 55,500 (B); x 83,00 (C); x 51,000


(D); x 79,000 (E)
Abbildung 28 57

_ 2,6 Sialinsäure _ 2,6 Sialinsäure


PM Ly
Ly

Nukleus RER Golgi


A B

_ 2,6 Sialyltransferase _ 2,6 Sialinsäure

Golgi

cis

Ly
C

_ 2,6 Sialinsäure
Golgi
PM

cis

Nukleus
D E
58 Das Zytoplasma: das sekretorische System

DIE TOPOGRAPHIE DER BIOSYNTHESE VON SERIN -/THREONIN-VERKNÜPFTEN GLYKANEN

Viele Glykoproteine besitzen nicht nur Asparagin- Aufeinanderfolge klassischer Glykosilierungsreaktionen


verknüpfte Oligosaccharide (N-Glykane), sondern auch ab, die vorwiegend zur Bildung von bi-antennären
Serin- oder Threonin-verknüpfte Oligosaccharide (O- Glykanen führen. Solche einfach strukturierten
Glykane). Die hier besprochenen O-Glykane besitzen O-Glykane sind typische Komponenten von Muzinen
N-Azetylgalaktosamin als Verbindungszucker in _-gly- menschlicher Karzinome. Beispiele hierfür sind das
kosidischer Bindung zu Serin oder Threonin. Andere Tn-Antigen (Serin- oder Threonin-gebundenes
O-Glykane weisen Xylose, Fukose oder N-Azetyl- N-Azetylgalaktosamin) und seine sialylierte Form
glukosamin als Verbindungszucker auf. Muzine des (Sialinsäure _2,6-N-Azetylgalaktosamin gebunden an
Verdauungs-, Atmungs- und Urogenitaltrakts sind reich Serin oder Threonin) oder das Thomsen-Friedenreich
an Glykoproteinen mit O-Glykanen, die Wasser und Antigen (Galaktose `1,3 N-Azetylgalaktosamin gebun-
Ionen binden, als Gleit- und Transportmittel funktio- den an Serin oder Threonin). Der Nachweis dieser
nieren und gegen pathogene Mikroorganismen schützen. O-Glykane ist in bestimmten menschlichen Karzi-
Die Biosynthese der O-Glykane beginnt im Cis Golgi nomen von prognostischer Bedeutung für den klini-
Apparat und nicht wie die der N-Glykane im endoplas- schen Verlauf.
matischen Retikulum. Die Abbildungen A bis C illus- Sterne: Schleimtröpfchen.
trieren diesen Vorgang mittels Immungold und Lektin-
Gold Markierungen in ultradünnen Gefrierschnitten
von schleimproduzierenden Zellen der Submaxillar- Literatur
drüse des Schweins. Ein Antikörper, der ausschließlich Brockhausen I (1999) Pathways of O-glycan biosynthesis in can-
mit dem nicht glykosilierten Apomuzin reagiert, cer cells. Biochim Biophys Acta 1473: 67
markiert das endoplasmatische Retikulum (RER) und Clausen H, and Bennett EP (1996) A family of UDP-GalNAc:
Prä-Golgi Transportintermediäre (pGI), aber nicht den polypeptide N-acetylgalactosaminyltransferases control the initi-
Golgi Apparat (Abb. A). Hingegen markiert ein ation of mucin-type O-linked glycosylation. Glycobiology 6: 635
Antikörper gegen die Polypeptid-GalNAc Transferase, Deschuyteneer M, Eckhardt AE, Roth J, and Hill RL (1988) The
die die initiale O-Glykosilierungsreaktion ausführt, subcellular localization of apomucin and nonreducing terminal
N-acetylgalactosamine in porcine submaxillar glands. J Biol
weder das RER noch die pGI, wohl aber den Cis Golgi
Chem 263: 2452
Apparat (Abb. B). In Übereinstimmung hiermit steht Elhammer AP, Kezdy FJ, and Kurosaka A (1999) The acceptor
das Resultat der Lektin-Gold Markierung für Serin- specificity of UDP-GalNAc : polypeptide N-acetylgalactosaminyl-
oder Threonin-gebundenes N-Azetylgalaktosamin, die transferases. Glycoconjugate J 16: 171
im Cis Golgi Apparat beginnt (Abb. C). Alle nachfolgen- Hagen KGT, Fritz TA, and Tabak LA (2003) All in the family: the
den O-Glykosilierungsreaktionen finden ebenfalls im UDP-GalNAc:polypeptide N-acetylgalactosaminyltransferases.
Golgi Apparat statt. Glycobiology 13: 1R
Sowohl die Biosynthese als auch der Aufbau der O- Roth J, Wang Y, Eckhardt AE, and Hill RL (1994) Subcellular
Glykane mit N-Azetylgalaktosamin als Verbindungs- localization of the UDP-N-acetyl-D-galactosamine: polypeptide
zucker zu Serin oder Threonin sind wesentlich einfa- N-acetylgalactosaminyltransferase-mediated O-glycosylation
cher als die der N-Glykane. Es wird weder ein Lipid- reaction in the submaxillary gland. Proc Natl Acad Sci USA 91:
8935
verknüpftes Glykan synthetisiert, noch finden Trimm-
Strahl Bolsinger S, Gentzsch M, and Tanner W (1999) Protein
reaktionen an den O-Glykanen statt. Weiterhin ist keine O-mannosylation. Biochim Biophys Acta 1426: 297
Konsensussequenz für die O-Glykosilierung bekannt. Taylor M, and Drickamer K (2003) Introduction to glycobiology.
Wahrscheinlich hat das seinen Grund in der Vielzahl Oxford New York Oxford: University Press
von bekannten Polypetid-GalNAc Transferasen, die sich Varki A, Cummings R, Esko J, Freeze H, Hart G, and Marth J
in ihrer Spezifität für Aminosäuresequenzen unterschei- (1999) Essentials of glycobiology. Cold Spring Harbor New York:
den. Die Biosynthese der O-Glykane läuft als eine Cold Spring Harbor Laboratory Press

Vergrößerung: x 60,000 (A); x 76,000 (B); x 86,000 (C)


Abbildung 29 59

Apomuzin
Golgi

pGI

RER

Polypeptid-GalNAc Transferase
*
*
Golgi

RER pGI

Polypeptid-gebundenes GalNAc

Golgi

C TE
60 Das Zytoplasma: das sekretorische System

GOLGI APPARAT UND TGN – BEDEUTUNG FÜR SEKRETION UND ENDOZYTOSE

Der Golgi Apparat ist nicht nur eine Schaltzentrale ent- Abbildung B zeigt eine Beta-Zelle aus der Bauch-
lang der Sekretionswege, sondern spielt auch im speicheldrüse einer Ratte nach Internalisation von
Zusammenhang mit der Endozytose eine wichtige Rolle Ferritin-markiertem Concanavalin A (ConA). Die
(siehe Abb. 43). Endozytosewege von der Plasma- Markierung ist am intensivsten in der letzten trans-
membran zum Golgi Apparat, die frühe und späte Golgi Zisterne und in zwei auffälligen TGN-Abschnitten
Endosomen einbinden, wurden in verschiedenen Zellen mit einem ausgeprägten „Stachelsaum“ (Pfeile, siehe
beschrieben. Für internalisiertes Material ist die trans- auch Abb. 41), ist aber auch in medialen Golgi Zisternen
Seite Importregion in den Golgi Apparat und der nachweisbar und findet sich außerdem in zahlreichen
Transport scheint von der trans- zur cis-Seite gerichtet tubulo-vesikulären Strukturen in der Nachbarschaft.
zu sein, entgegengesetzt dem Transport sekretorischer Die Untersuchungskinetik zeigte, dass der Golgi
Moleküle, die an der cis-Seite in den Golgi Apparat ein- Apparat mit zunehmender ConA-Internalisationszeit
treten und von cis nach trans transportiert werden vermehrt in die Endozytose einbezogen wird. Während
(siehe Abb. 21–23). Sekretorische und internalisierte nach 1 Stunde die Golgi Zisternen nur vereinzelt
Moleküle können innerhalb derselben Golgi Kom- markiert waren, zeigten nach 3 Stunden 10% der Golgi
partimente aufeinandertreffen. Stapel ConA-Aufnahme und 65% der Stapel waren nach
Die Aufnahme rezirkulierender Membranproteine 14 Stunden markiert.
und internalisierter Moleküle in den Golgi Apparat Ly – Lysosomen, M – Mitochondrien
dient Veränderungs- und Wiederherstellungsprozessen,
zum Beispiel der Komplettierung der Zuckerketten.
Kenntnisse über die Einbindung des Golgi Apparats in
Endozytosewege sind auch im Zusammenhang mit dem Literatur
retrograden Transport von Toxinen, zum Beispiel
Rizinus-, Pertussis- und Choleratoxin, von besonderer Griffiths G, and Simons K (1986) The trans-Golgi network: sort-
Bedeutung. Die Toxine müssen zum Teil über den Golgi ing at the exit site of the Golgi complex. Science 234: 438
Apparat transportiert werden, um zurück in das endo- Majoul IV, Bastiaens PI, and Söling HD (1996) Transport of an
external Lys-Asp-Glu-Leu (KDEL) protein from the plasma
plasmatische Retikulum und Zytosol zu gelangen. In
membrane to the endoplasmic reticulum: studies with cholera
einigen Fällen wurde gezeigt, dass eine Zerlegung des toxin in Vero cells. J Cell Biol 133: 777
Golgi Apparats vor Intoxikation schützt. Mallard F, Antony C, Tenza D, Salamero J, Goud B, and Johannes
Die beiden Bilder zeigen den Golgi Apparat im L (1998) Direct pathway from early/recycling endosomes to the
Zusammenhang mit Sekretion (Abb. A) und Endo- Golgi apparatus revealed through the study of Shiga toxin B-frag-
zytose (Abb. B). Sekretorische und endozytische ment transport. J Cell Biol 143: 973
Moleküle sind sowohl im trans-Golgi Netzwerk (TGN), Pavelka M, Ellinger A, Debbage P, Loewe C, Vetterlein M, and
als auch in den gestapelten Zisternen nachweisbar. Mit Roth J (1998) Endocytic routes to the Golgi apparatus.
Immunogold-Markierung ist in Abb. A sekretorisches Histochem Cell Biol 109: 555
Albumin in einer Rattenleberzelle in allen Zisternen von Roth J, Taatjes D, Lucocq J, Weinstein J, and Paulson J (1985)
der cis- zur trans-Seite und auch im TGN (Pfeile) Demonstration of an extensive trans-tubular network continuous
with the Golgi apparatus cisternal stack that may function in gly-
lokalisiert. Das TGN bildet ein ausgeprägtes Netzwerk,
cosylation. Cell 43: 287
das mit trans-Golgi Zisternen in Verbindung steht. Es ist Sandvig K, and van Deurs B (2000) Entry of ricin and Shiga toxin
deutlich erkennbar, dass das TGN aus zwei zusammen- into cells: molecular mechanisms and medical perspectives.
hängenden Teilen besteht, wobei ein Teil in den EMBO J 19: 1
Zisternenstapel integriert ist und der andere ein Volz B, Orberger G, Porwoll S, Hauri H-P, and Tauber R (1995)
Netzwerk abseits von den gestapelten Golgi Zisternen Selective reentry of recycling cell surface glycoproteins to the
bildet (siehe auch Abb. 31–32). Erweiterte End- biosynthetic pathway in human hepatocarcinoma HepG2 cells. J
abschnitte entsprechen absprossenden Sekretvesikeln. Cell Biol 130: 537

Vergrößerung: x 45,000 (A), x 45,000 (B)


Abbildung 30 61

Ly

M
cis Golgi
A

M
Ly

cis Golgi
B
62 Das Zytoplasma: das sekretorische System

GOLGI APPARAT, TGN UND TRANS-GOLGI-ER

Der Golgi Apparat mit seinem komplexen Zisternen- deutliche Unterschiede der cis- und trans-Seiten er-
system ist ein außerordentlich dynamisches Organell, kennen. Auch sind deutliche Unterschiede an den
das seine Form und Architektur Hand in Hand gehend Membranen der Zisternen sichtbar. Während die
mit dem kontinuierlichen Transportfluss und Verkehr, in Membranen der medialen Zisternen mit einer deutlich
den seine Subkompartimente eingebunden sind, verän- 3-lamellären Struktur „ausgefranst“ erscheinen, stehen
dert. Chemische Fixierung ist zu träge, um die raschen im Gegensatz dazu die klar gezeichneten Membran-
Gestaltsänderungen zu erfassen. Auch verschleiern bei profile des trans-Golgi Netzwerks (TGN), das in den
hoher Vergrößerung die durch chemische Fixierung Hepatomzellen aus 2 Teilen besteht: Der eine Teil ist in
hervorgerufenen Artefakte vielfach den kritischen Blick den Zisternenstapel integriert und entspricht der letzten
auf die Strukturen. Diesen Problemen und Zisterne an der trans-Seite (Pfeilköpfe in Abb. A und B);
Beschränkungen kann durch die Verwendung von der andere Teil zieht vom Stapel weg, verzweigt sich und
Kryotechniken, insbesondere durch ultraschnelles zeigt zahlreiche Vesikelknospen (TGN in Abb. A und B).
Immobilisieren der Zellen und ihrer Membranen und In enger Nachbarschaft zu beiden TGN-Abschnitten
Kompartimente bei Verwendung der Hochdruck- liegen Zisternen des endoplasmatischen Retikulums
gefriertechnik, begegnet werden. Dabei wird die (Pfeile). Dieses trans-Golgi-ER ist weitflächig mit dem
Zelldynamik in weniger als einer halben Sekunde TGN assoziiert und Ribosomen sind nur an der Golgi-
gestoppt. Durch Hochdruckkryofixierung wird dadurch abgewandten Seite angedockt.
sowohl die zeitliche Auflösung der dynamischen Das differenzierte Bild der Golgi Zisternen und des
Prozesse in der Zelle, als auch durch Vermeidung von TGN, das sich nach Kryoimmobilisierung bietet, unter-
Fixierungsartefakten die örtliche Auflösung der streicht die funktionellen Spezialisierungen dieser
Ultrastrukturen beträchtlich erhöht. Dies erlaubt Kompartimente, die sowohl in das sekretorische System
Einblicke in die Zellen, die dem in vivo-Zustand als auch in die Endozytosewege an zentraler Stelle einge-
wesentlich näher kommen, als diejenigen unter chemi- bunden sind.
scher Fixierung.
Die Abbildungen A und B zeigen Golgi Zisternen- Die Zeichnung zeigt eine Zusammenfassung der
stapel in HepG2 Hepatomzellen, die auf kohlebe- beteiligten Kompartimente und Transportwege im
dampften Saphirgläsern gezüchtet, in der Hochdruck- Bereich der Golgi Stapel. Modelle zum Transport über
maschine kryoimmobilisiert, anschließend gefriersub- den Golgi Apparat und die in Rede stehenden
stituiert und in Epon eingebettet wurden. Die Stapel Mechanismen werden im Text zu Abbildung 36 ange-
lassen in beiden Abbildungen eine klare Architektur und sprochen.
pGI – Prä-Golgi Intermediäre, Ly – Lysosom, EE –
Endozytose „Frühes“ (early) Endosom, LE – „spätes“ (late) Endosom
EE
LE
Ly Literatur
Sekretion
trans - Golgi ER
Griffiths G and Simons K (1986) The trans Golgi network:
Sorting at the exit site of the Golgi complex. Science 234: 438
Hess MW, Müller M, Debbage PL, Vetterlein M, and Pavelka M
(2000) Cryopreparation provides new insight into effects of
TGN Brefeldin A on the structure of the HepG2 Golgi apparatus.
trans J Struct Biol 130: 63
TGN Mogelsvang S, Marsh BJ, Ladinsky MS, and Howell KE (2004)
Predicting function from structure: 3D structure studies of the
trans mammalian Golgi complex. Traffic 5: 338
Golgi Golgi
Moor H (1987) Theory and practice of high pressure freezing.
ER
In: Cryotechniques in biological electron microscopy (Stein-
cis
brecht RA, and Zierold K, Eds). Berlin Heidelberg: Springer,
pGI pp 175–191,

ER Vergrößerung: x 74,000 (A), x 74,000 (B)


Abbildung 31 63

trans Golgi

TGN

cis Golgi

trans Golgi

TGN

cis Golgi

B
64 Das Zytoplasma: das sekretorische System

GOLGI APPARAT, TGN UND TRANS-GOLGI-ER: KIPPSERIE

Viele Details des komplexen, dynamischen Golgi Mem- tischen Coat in den Randbereichen von cis- und medi-
bransystems mit seinen vielgestaltigen Subkomparti- alen Zisternen entsprechen COP I-Vesikelknospen
menten, Netzwerken, fein dimensionierten, oft tempo- (Pfeilspitzen, COP I-Coat Protein I, siehe auch Abb. 21).
rären Membrankontinuitäten, dynamischen Transform- Das trans-Golgi-Netzwerk wird in enger Nachbarschaft
ationen und Fusionsprozessen werden leicht übersehen, von trans-Golgi-ER-Zisternen (Pfeile) begleitet.
wenn sich die Untersuchungen im Elektronen- Die Zeichnung zeigt eine Rekonstruktion eines Golgi
mikroskop auf einzelne Dünnschnitte beschränken. Erst Apparat Stapels aus einer Hauptzelle des Neben-
die Analyse von Semidünnschnitten, dicken Schnitten hodengangs der Ratte (übernommen von Hermo and
und Schnittserien unter Verwendung eines euzen- Smith, 1998), in dem eine kompakte Zone gestapelter
trischen Goniometers mit kontrollierter Kippung Zisternen (Säckchen, S) und eine Verbindungszone
erlaubt, feinste Architekturdetails herauszuarbeiten. (intersakkuläre Zone, IS) dargestellt sind.
Eine revolutionär neue Sicht in den Innenraum der An der cis-Golgi Seite zeigt das endoplasmatische
Zellen und auf Moleküle in ihrer natürlichen Umge- Retikulum (sER) Knospung von Vesikeln, die prä-Golgi
bung hat die Entwicklung der Elektronentomographie Transportintermediäre (pGI) zwischen ER und der
in Kombination mit Kryotechnologien ermöglicht. So cis-Golgi-Region bilden. Im Golgi Stapel liegen acht
konnte auch der Blick auf die enorme Komplexität des abgeflachte Zisternen an den beiden Seiten zwischen
Golgi Apparats wesentlich erweitert werden. cis-Golgi und trans-Golgi Netzwerk (CGN und TGN).
Die Abbildungen A, B und C zeigen eine Kippserie Perforierte Regionen in den Zisternen an der cis-Seite
aus einem Schnitt durch den Golgi Apparat einer bilden Einschnitte im Stapel (w – „wells“), wo kleine
hochdruckgefrorenen HepG2 Hepatomzelle bei Kipp- Vesikel (v) besonders zahlreich sind. An der trans-Seite
winkeln von minus 43°, plus 3° und plus 33°. Die Serie ist spärlich granuliertes endoplasmatisches Retikulum
macht deutlich, wie viele Details der komplexen Struk- (sER) den trans-Golgi Zisternen und dem TGN eng
turen nicht zur Darstellung gekommen wären, wäre der benachbart. Die letzte Zisterne im Stapel ist ausgeprägt
Schnitt unter nur einem Kippwinkel untersucht wor- fenestriert und erweiterte Stellen im TGN (Sternchen)
den. Besonders hingewiesen sei auf die Exportregion an weisen auf die Bildung von Prosekretgranula hin. Durch
einem transitorischen Element des endoplasmatischen eine mögliche TGN-Fragmentierung entstehen Sekret-
Retikulums (TE) und auf die vielgestaltigen Strukturen granula (offener Stern), tubuläre (T) und vesikuläre
der prä-Golgi Transportintermediären (pGI) links im Bruchstücke (v), und kompaktere TGN-Reste (RTGN).
Bild. Ebenso kommen zahlreiche Details im Bereich der Die ausgeprägte trans-Golgi-ER Nachbarschaft, wie
cis- und trans-Golgi Architektur zur Darstellung. Die sie in der Zeichnung gezeigt wird und auch in den
kleinen Vesikelchen mit einem dichten zytoplasma- Bildern der Kippserie sehr deutlich sichtbar ist, wird mit
einem möglichen nicht-vesikulären ER-TGN Lipid-
transfer in Verbindung gebracht.

Literatur
Baumeister W (2004) Mapping molecular landscapes inside cells.
Biol Chem 385: 865
Hermo L, and Smith CE (1998) The structure of the Golgi appa-
ratus: a sperm’s eye view in principal epithelial cells of the rat epi-
didymis. Histochem Cell Biol 109: 431
Marsh BJ, Mastronarde DN, Buttle KF, Howell KE, and
McIntosh JR (2001) Organellar relationships in the Golgi region
of the pancreatic beta cell line, HIT-T15, visualized by high reso-
lution electron tomography. Proc Natl Acad Sci USA 98: 2399
McIntosh R, Nicastro D, and Mastronarde D (2005) New views of
cells in 3D: an introduction to electron tomography. Trends Cell
Biol 15: 43
Munro S (2003) Earthworms and lipid couriers. Nature 426: 775

Vergrößerung: x 62,000 (A), x 62,000 (B), x 62,000 (C)


Abbildung 32 65

-43˚
cis Golgi

pGI

trans Golgi
A TE

+3˚
cis Golgi

pGI

TE
trans Golgi
B

+33˚

cis Golgi

pGI

TE
trans Golgi
C
66 Das Zytoplasma: das sekretorische System

BREFELDIN A -VERURSACHTE DISSOZIATION DES GOLGI APPARATS

Brefeldin A (BFA) gehört zu den am häufigsten verwen- 32) wurde deutlich, dass die durch BFA induzierte
deten Substanzen, wenn es darum geht, in die Umformung des Golgi Apparats in charakteristischen
Organisation und die Funktionen des Golgi Apparats Schritten erfolgt. Schon 30 Sekunden nach BFA-
gezielt einzugreifen. Es handelt sich um eine aus dem Applikation verschwinden die Coats von den Membra-
Pilz Penicillium brefeldianum isolierte Substanz, die gut nen, während der Zerfall der Golgi Stapel erst nach
charakterisiert ist. Über Interaktion mit Guanin- 90–120 Sekunden eintritt. Zu diesem Zeitpunkt beginnt
nukleotid-Austauschfaktoren hemmt BFA die Akti- die Umformung in Tubuli und Netzwerke (siehe
vierung von ADP-Ribosylierungsfaktoren und greift Abb. 34). Nach 3–5 Minuten sind gestapelte Golgi
damit in grundlegende Golgi Apparat Funktionsabläufe Zisternen nicht mehr sichtbar.
ein. Dazu gehört die Rekrutierung von Coat-Proteinen In Abbildung B ist in einer Hepatomzelle das peri-
an der zytoplasmatischen Seite der Membranen ebenso, nukleolär gelegene Zytozentrum mit einem Zentriol (Z)
wie die Bindung Lipid-modifizierender Enzyme. BFA 5 Minuten nach BFA-Applikation zu sehen. An Stelle
hemmt die Bildung von COP I-Vesikeln (COP I – coat der gestapelten Golgi Zisternen, die komplett ver-
protein I, siehe Abb. 21), die am Golgi Apparat und im schwunden sind, durchziehen auffällige, zum Teil auch
Bereich der prä-Golgi Intermediären gebildet werden verzweigte, Membrantubuli das Zytoplasma. Große
und denen antero- und retrograde Transport- Vakuolen mit auffällig dicken Membranen und intralu-
funktionen, aber auch morphogenetische Aufgaben minalen Vesikeln zeigen Charakteristika von multi-
zugeschrieben werden. Nach BFA-Verabreichung zerfällt vesikulären Endosomen (siehe Abb. 34 und 42).
der Golgi Apparat innerhalb weniger Minuten und die
im Golgi Apparat gestapelten Zisternen formen sich in
ein tubuläres Netzwerk um. Aus der Golgi Region wach- Literatur
sen lange Tubuli aus. Sowohl endogene Golgi Moleküle, Dinter A, and Berger EG (1998) Golgi-disturbing agents.
wie zum Beispiel Zuckerketten-modifizierende Golgi Histochem Cell Biol 109: 571
Enzyme, als auch solche Moleküle, die über den Golgi Hess MW, Müller M, Debbage PL, Vetterlein M, and Pavelka M
Apparat transportiert werden, wie zum Beispiel sekre- (2000) Cryopreparation provides new insight into Brefeldin A-
torische Proteine, werden in das endoplasmatische effects on the structure of the HepG2 Golgi apparatus.
Retikulum rückverlagert. J Struct Biol 130: 63
Klausner RD, Donaldson JG, and Lippincott-Schwartz J (1992)
Abbildung A zeigt den Golgi Apparat perinukleär in
Brefeldin A: insights into the control of membrane traffic and
einer HepG2 Hepatomzelle nach Hochdruckgefrier- organelle structure. J Cell Biol 116: 1071
immobilisierung mit allen seinen Charakteristika. Lippincott-Schwartz J, Yuan L, Tipper C, Amherdt M, Orci L, and
Polymorphe Membrankompartimente bilden ein kom- Klausner RD (1991) Brefeldin A’s effects on endosomes, lyso-
plexes Konvolut an der cis-Seite. Vesikel mit einem somes, and TGN suggests a general mechanism for regulating
feinen zytoplasmatischen Coat hängen an den Zister- organelle structure and membrane traffic. Cell 67: 601
nenrändern (Pfeilköpfe). An der trans-Seite dominiert Niu T-K, Pfeifer AC, Lippincott-Schwartz J, and Jackson CL
das ausgeprägte trans-Golgi Netzwerk (TGN) und (2005) Dynamics of GFB1, a Brefeldin A-sinsitive Arf1 exchange
Membranen des endoplasmatischen Retikulums (Pfeile) factor at the Golgi. Mol Biol Cell 16: 1213
sind dem TGN angelagert und schieben sich zwischen Pavelka M, and Ellinger A (1993) Early and late transformations
trans-Golgi Zisternen und TGN. Die kleinen Vesikel mit occurring at organelles of the Golgi area under the influence of
Brefeldin A. An ultrastructural and lectinocytochemical study.
dem dichten Coat (Pfeilköpfe) entsprechen vermutlich
J Histochem Cytochem 41: 1031
COP I-Vesikeln, denen Transportfunktion innerhalb der Wagner M, Rajasekaran AK, Hanzel DK, Mayor S, and Rodriguez-
Golgi Stapel und zurück zum ER und, in einem anderen Boulan E (1994) Brefeldin A causes structural and functional
Konzept, auch eine morphogenetische Rolle für die alterations of the trans-Golgi network of MDCK cells. J Cell Sci
Organisation des Golgi Apparats zugeschrieben wird. 107: 933
Durch Hochdruckkryoimmobilisierung mit der im Wood SA, Park JE, and Brown WJ (1991) Brefeldin A causes a
Vergleich zur chemischen Fixierung wesentlich microtubule-mediated fusion of the trans-Golgi network and
verbesserten zeitlichen Auflösung (siehe Abb. 31 und early endosomes. Cell 67: 591

Vergrößerung: x 44,000 (A), x 27,000 (B)


Abbildung 33 67

Golgi Region

cis Golgi

TGN

trans Golgi

Golgi Region - Brefeldin A

B
68 Das Zytoplasma: das sekretorische System

BREFELDIN A -VERURSACHTE BILDUNG VON MEMBRANTUBULI

Die Veränderungen des Golgi Apparats und trans-Golgi sie für endosomale multivesikuläre Organellen bekannt
Netzwerks (TGN) setzen 90–120 Sekunden nach sind (siehe Abb. 42). Sie unterscheiden sich von den
Verabreichung von Brefeldin A (BFA) ein, nachdem weniger voluminösen Tubuli, wie sie in den
bereits vorher, nach 30–60 Sekunden BFA-Behandlung, Abbildungen B und C dargestellt sind. Diese sind mit
die zytoplasmatisch orientierten Coats von den den ausgedehnten Membrannetzen in Verbindung
Membranen verschwunden sind. BFA hemmt die (Abb. C), die kurz nach BFA-induzierter Zerlegung des
Rekrutierung von Coat-Proteinen an der zytoplasma- Golgi Apparats entstehen. Der funktionellen Interaktion
tischen Seite der Membranen und verhindert die entsprechend verlaufen die BFA-induzierten Membran-
Bildung von COP I-Vesikeln. Die Stapel der Golgi tubuli (Abb. B, Pfeilkopf) vielfach parallel und in enger
Zisternen verlieren ihre differenzierte Organisation und Nachbarschaft zu Mikrotubuli des Zytoskeletts (Abb. B,
sind nach kurzer Zeit nicht mehr erkennbar. Die Golgi Pfeil).
Membrankompartimente werden in Netzwerke umge- Die aus der Golgi Region und dem TGN auswach-
formt und lange Tubuli beginnen aus der Golgi Region senden Tubuli werden auch mit dem Rücktransport von
auszuwachsen. Nach 3–5 Minuten ist der Golgi Apparat Golgi Molekülen in das endoplasmatische Retikulum in
in seiner charakteristischen Ausprägung verschwunden. Zusammenhang gebracht. Andererseits ist in BFA-
Stattdessen dominiert ein Netzwerk von Membran- behandelten Zellen auf Grund der gestörten COP I-
tubuli, das mit Membranen des endoplasmatischen Coat Bildung der Transport über COP I-Vesikel unter-
Retikulums eng verwoben ist. Die Membrantubuli bunden.
bilden stellenweise knäuelähnliche Strukturen, die im
Zytoplasma BFA-behandelter Zellen als kleine, glome- Literatur
rulusartige Organellen erkennbar sind (siehe Abb. 35
Hess MW, Müller M, Debbage PL, Vetterlein M, and Pavelka M
und 36). (2000) Cryopreparation provides new insight into Brefeldin
Alle drei Abbildungen zeigen Ausschnitte aus dem A-effects on the structure of the HepG2 Golgi apparatus.
Zytoplasma hochdruckimmobilisierter HepG2 Hepa- J Struct Biol 130: 63
tomzellen, in den Abbildungen A und C nach 3 Minuten Knoll G, Verkleij AJ, and Plattner H (1987) Cryofixation of
und in Abbildung B nach 5 Minuten BFA-Behandlung. dynamic processes in cells and organelles. In: Cryotechniques in
Gestapelte Golgi Zisternen sind nicht erkennbar. Die biological electron microscopy (Steinbrecht RA, and Zierold K,
BFA-induzierten Membrantubuli, die ausgedehnte Be- eds). Berlin Heidelberg: Springer, pp 258
reiche des Zytoplasmas beherrschen, zeigen unter- Lippincott-Schwartz J, Yuan L, Tipper C, Amherdt M, Orci L, and
schiedliche Dimensionen und auch deutliche Unter- Klausner RD (1991) Brefeldin A´s effects on endosomes, lyso-
schiede im Aussehen ihrer Membranen. Dies entspricht somes, and TGN suggests a general mechanism for regulating
organelle structure and membrane traffic. Cell 67: 601
ihrer unterschiedlichen Abstammung. BFA verursacht
Sciacky N, Presley J, Smith C, Zaal KJ, Cole N, Moreira JE,
nicht nur eine Tubulisierung des Golgi Apparats und Terasaki M, Siggia E, and Lippincott-Schwartz J (1997) Golgi
trans-Golgi Netzwerks (TGN). Auch Endosomen und tubule traffic and the effects of Brefeldin A visualized in living
Lysosomen wandeln sich in Tubuli um. Die volu- cells. J Cell Biol 139: 1137
minösen Tubuli mit den distinkten dicken Membranen, Wood SA, Park JE, and Brown WJ (1991) Brefeldin A causes a
wie sie in Abbildung A gezeigt werden, sind stellenweise microtubule-mediated fusion of the trans-Golgi network and
dilatiert und enthalten intraluminale Vesikelchen, wie early endosomes. Cell 67: 591

Vergrößerung: x 48, 000 (A), x 50,000 (B), x 46,000 (C)


Abbildung 34 69

B C
70 Das Zytoplasma: das sekretorische System

BREFELDIN A : EINFLUSS AUF DEN RETROGRADEN TRANSPORT INTERNALISIERTER LEKTINE

Brefeldin A (BFA)-Behandlung schützt Zellen vor der Im Stadium I („Vesikuläres Stadium“) akkumulieren
Wirkung einer Reihe von Toxinen. Vermutlich steht das vesikuläre Endosomen in der trans-Golgi Region. Im
im Zusammenhang mit dem BFA-induzierten Zusam- Stadium II („TGN Stadium“) wird ein ausgedehntes
menbruch des Golgi Apparats (GA), womit einer der endozytisches trans-Golgi Netzwerk gebildet, von dem
retrograden Wege von der Plasmamembran zum endo- sich Teile an trans-Golgi Zisternen anlagern und in den
plasmatischen Retikulum (ER) unterbrochen wird Golgi Stapel integriert werden. Im Stadium III („Golgi
(siehe Abb. 43). Stadium“) finden sich große Mengen des interna-
Brefeldin A kann aber in diesem Zusammenhang lisierten WGA auch in den Lumina der gestapelten Golgi
nicht nur eingesetzt werden, um retrograde Trans- Zisternen.
portwege zu unterbrechen. Mit Hilfe von BFA kann ret- Der Zeitpunkt der BFA-Applikation bestimmt den
rograder Transport in das endoplasmatische Retikulum weiteren Weg des internalisierten Lektins. Über den
auch induziert und kontrolliert werden. Voraussetzung Zeitpunkt der BFA-Applikation kann gesteuert werden,
dafür ist die genaue Kenntnis der dynamischen Pro- ob internalisiertes WGA in das ER aufgenommen wird
zesse, die sich während des Transports internalisierter oder nicht (jeweils rechter Teil der Zeichnung). BFA
Moleküle in den Golgi Apparat abspielen und die Behandlung während der Stadien I oder II, wenn sich
Einhaltung eines präzisen Zeitplans für die BFA- internalisiertes WGA hauptsächlich in vesikulären
Applikation. Detaillierte Untersuchungen mit Peroxi- Endosomen oder im endozytischen TGN befindet, führt
dase-markiertem Weizenkeimagglutinin (WGA) in zu Transformation und Tubulisierung des Golgi
HepG2 Hepatomzellen haben gezeigt, dass die Auf- Apparats (siehe Abb. 34), jedoch zu keiner wesentlichen
nahme internalisierter Moleküle in den Golgi Apparat Aufnahme von WGA in das ER (oberer und mittlerer
in einem komplexen Mehrstufenprozess abläuft (siehe Teil der Zeichnung). Wird BFA während des Stadiums
Zeichnung und Abb. 42 und 43). III, wenn sich große WGA-Mengen in den Lumina der
gestapelten Golgi Zisternen befinden, verabreicht, wer-
Vesikuläres Stadium
den nach BFA-induzierter Golgi Dissoziation gleichzei-
tig mit der Rückverlagerung von Golgi Kompartimen-
ten in das ER auch große Mengen von internalisiertem
WGA in das ER aufgenommen (unterer Teil der
Zeichnung).
Diese Situation ist in der Abbildung einer BFA-
GA

pGI
G behandelten Hepatomzelle dargestellt. Die Lumina fast
ER
aller ER-Zisternen, einschließlich der perinukleären
ER
Zisterne (Doppelpfeil), zeigen intensive Markierung für
Spätes TGN Stadium
das internalisierte Lektin. Reguläre Golgi Stapel sind
trans
nicht erkennbar, doch mehrere glomeruläre Körperchen
ER
(G), von denen angenommen wird, dass sie Prä-Golgi
TGN
Intermediären (pGI) oder Golgi Resten entsprechen
(siehe auch Abb. 36).
GA

pGI G Literatur
ER
ER Sandvig K, and van Deurs B (2000) Entry of ricin and Shiga toxin
into cells: molecular mechanisms and medical perspectives.
Golgi Stadium
EMBO J 19: 1
Vetterlein M, Niapir M, Ellinger A, Neumüller J, and Pavelka M
trans - ER
(2003) Brefeldin A-regulated retrograde transport into the endo-
plasmic reticulum of internalised wheat germ agglutinin.
Histochem Cell Biol 120: 121

GA

pGI G

ER Vergrößerung: x 24,000
ER
Abbildung 35 71

ER

ER

G
G

ER
72 Das Zytoplasma: das sekretorische System

BREFELDIN A: EINFLUSS AUF TRANSITORISCHES ER UND PRÄ-GOLGI TRANSPORTINTERMEDIÄRE

Während der Golgi Apparat, das trans-Golgi Netzwerk Sortierungsprozesse, Weiterentwicklung und Reifung
(TGN), Endosomen und Lysosomen unter dem Einfluss von Membranen und Kompartimenten bekannt und die
von Brefeldin A (BFA) massiv verändert und Golgi involvierten Moleküle zum Teil gut charakterisiert sind,
Komponenten in das endoplasmatische Retikulum (ER) ist noch immer fraglich, wie sich der Transport über den
rückverlagert werden, erscheinen die ER-Exportregio- Golgi Apparat von der cis- zur trans-Seite abspielt. Es
nen nicht auffällig. Zahlreiche Knospen mit feinen gibt mehrere Modelle mit zahlreichen Variationen.
Coats an der zytoplasmatischen Seite sind am ER Neben der Vorstellung, dass die Golgi Zisternen sta-
erkennbar (siehe auch Abb. 21). Das sieht man sowohl tionäre Kompartimente sind und Vesikel, die sich von
in den hochdruckgefrorenen (Abb. A) als auch in den Zisternen abschnüren und mit anderen verschmelzen,
chemisch fixierten HepG2 Hepatomzellen (Abb. B), den Transport, eventuell in beiden Richtungen, bewerk-
wenn auch der feine Coat in den kryoimmobilisierten stellen, gibt es Hinweise, dass die Zisternen an der cis-
Zellen viel besser sichtbar ist. Sowohl einzelne Knospen Seite neu gebildet werden, sich Hand in Hand gehend
an ER-Zisternen (Doppelpfeilköpfe in Abb. A), als auch mit „Reifungsprozessen“ und Rezirkulation von cis nach
Knospen an typisch becherförmigen Übergangsele- trans durch den Stapel schieben und an der trans-Seite
menten des ER (transitorische Elemente – TE; Pfeilkopf mit der Bildung der Transportvehikel, zum Beispiel der
in B) sind häufig. Vielgestaltige tubulo-vesikuläre Sekretgranula, wieder auflösen. Auch die Möglichkeit
Strukturen finden sich in der Nachbarschaft. Sie ähneln des Transports über direkte tubuläre Verbindungen
den Prä-Golgi Transportintermediären (pGI) in den zwischen den Zisternen, die eventuell durch den
Kontrollzellen (siehe Abb. 21, 23, und 32). Stellenweise Sekretfluss selbst ausgelöst werden, wird diskutiert.
zeigt das ER Einschnürungen, wie besonders deutlich in Immer mehr wird klar, dass die zu transportierende
den kryoimmobilisierten Zellen zu sehen ist (Abb. A). Ladung selbst ein wichtiger Faktor ist, der die Golgi
Prä-Golgi Transportintermediäre scheinen die Organisation und Architektur beeinflusst.
Grundlage für die auffälligen glomerulären Organellen
zu bilden, die in BFA-behandelten Zellen besonders her-
vortreten und in der Zeitspanne von 5–10 Minuten nach
BFA-Applikation häufiger werden. Ein Beispiel wird in Literatur
Abbildung C gezeigt. Mehrere dieser Körperchen sind Hendricks LC, McClanahan SL, McCaffery M, Palade GE, and
auch in der Übersichtsaufnahme in Abbildung 35 zu Farquhar MG (1992) Golgi proteins persist in the tubulovesicular
sehen. Sie wurden auch als Golgi Reste angesehen und remnants found in Brefeldin A-treated pancreatic acinar cells. Eur
mit der Wiederherstellung des Golgi Apparats in J Cell Biol 58: 202
Zusammenhang gebracht. Die Lektininternalisations- Marsh BJ, Volkmann N, McIntosh JR, and Howell KE (2004)
versuche zeigten, dass ihre Lumina internalisiertes Direct continuities between cisternae at different levels of the
Weizenkeimagglutinin (WGA) enthalten (siehe Golgi complex in glucose-stimulated mouse islet beta cells. Proc
Natl Acad Sci USA 101: 5565
Abb. 35), das sowohl direkt von Golgi Resten abstam-
Trucco A, Polishchuk RS, Martella O, Di Pentima A, Fusella A, Di
men als auch indirekt über Rücktransport in das ER, Giandomenico D, San Pietro E, Beznoussenko GV, Polishchuk EV,
anschließenden Export über ER-Knospen (Pfeilköpfe Baldassarre M, Buccione R, Geerts WJC, Koster AJ, Burger KNJ,
in Abb. A und B) und neugebildete Transportinter- Mironov AA, and Luini A (2004) Secretory traffic triggers the for-
mediäre in die glomerulären Körperchen gelangen mation of tubular continuities across Golgi sub-compartments.
könnte. Nat Cell Biol 6: 1071
Wenn auch viele Details über die Mechanismen und Weidman P (1995) Anterograde transport through the Golgi
Maschinerien der Vesikelknospung, Membranfusion, complex: Do Golgi tubules hold the key? Trends Cell Biol 5: 302

Vergrößerung: x 50,000 (A), x 50,000 (B), x 50,000 (C)


Abbildung 36 73

pGI

TE

B C
74 Das Zytoplasma: das sekretorische System

STRUKTURVERÄNDERUNGEN DES GOLGI APPARATS DURCH HITZESCHOCK

Zellen in lebenden Organismen oder in vitro in Kultur bedeutsam zu sein. Hitzeschockproteine können bei
reagieren spezifisch auf unphysiologisch hohe verschiedenen mit Ischämie, Fieber und Entzündung
Temperaturen, den sogenannten Hitzeschock oder einhergehenden Erkrankungen sowie als Konsequenz
andere Formen von Stress. Als Folge werden bestimmte der Bildung freier Sauerstoffradikale und Tumor-
Gene, die sogenannten Hitzeschockgene, akut und erkrankungen erhöht sein.
vorübergehend aufreguliert. Das führt zur erhöhten Die zelluläre Reaktion auf einen Hitzeschock oder
Synthese von Hitzeschockproteinen, die ihrerseits eine einen anderen Stress ist universell und nicht über-
Schutzfunktion für Eiweiße ausüben, indem sie als raschend sind Hitzeschockproteine hoch konserviert. In
Chaperone wirken. Eine weitere Gruppe von Prokaryonten und in Eukaryonten existieren ver-
Stressproteinen stellen die Glukose-regulierten Eiweiße schiedene Familien von Hitzeschockproteinen. Zum
dar. Gleichzeitig mit der stressbedingten Induktion von einem ist das die HSP90-Familie (83 bis 90 kDa
Hitzeschockgenen wird eine Vielzahl anderer zellulärer Molekularmasse) und zum anderen die HSP70-Familie
Gene herunterreguliert. In Zellkulturen führt das zur (66 bis 78 kDa Molekularmasse) sowie eine heterogene
Blockierung des Zellwachstums und der Zellteilung. Gruppe von kleinen (15 bis >30 kDa Molekularmasse)
Im Gefolge eines Hitzeschocks treten Struktur- Hitzeschockproteinen, zu denen DnaJ und GrpE
veränderungen von Zellorganellen und Umverteilungen gehören. Viele der Hitzeschockproteine sind frei im
des Zytoskeletts ein. Erstere betreffen in eindrücklicher Zytosol und im Nukleoplasma vorhanden. Andererseits
Weise den Golgi Apparat, dessen normale Architektur existieren auch membrangebundene Hitzeschock-
in CHO Zellen in Abbildung A zu sehen ist. An Stelle des proteine am endoplasmatischen Retikulum, dem Golgi
geordneten Stapels von Zisternen finden sich im Apparat und den Mitochondrien.
Gefolge eines Hitzeschocks unterschiedlich große Ly: Lysosomen.
Vesikeln und nur Reste von Zisternen, wie in
Abbildung B ersichtlich ist. Zum anderen können auch Literatur
Zisternen des rauen endoplasmatischen Retikulums
erweitert sein, wie in Abbildung B illustriert und ver- Cervera J (1978) Effects of thermic shock on HEp-2 cells. An
mehrt das Glukose-regulierte Eiweiß BiP, ein wichtiges ultrastructural and high-resolution autoradiographic study.
Chaperon, enthalten. Die Mitochondrien hitze- J Ultrastruct Res 63: 51
Iida K, Iida H, and Yahara I (1986) Heat shock induction of
geschockter Zellen sind insgesamt aufgetrieben wie
intranuclear actin rods in cultured mammalian cells. Exp Cell Res
auch ihre Cristae und als Folge ist die oxidative 165: 207
Phosphorylierung gestört. Durch die Umordnung des Morimoto R, Tissières A, and Georgopoulos C (1990) Stress pro-
Zytoskeletts sind die Mitochondrien um den Zellkern teins in biology and medicine. New York: Cold Spring Harbor
angereichert. Der Hitzeschock hat offenbar keinen Laboratory Press
Effekt auf Mikrotubuli. Hingegen sind Aktinfilamente Pelham HR (1984) Hsp70 accelerates the recovery of nucleolar
und Stressfasern vermehrt und das Netzwerk der morphology after heat shock. EMBO J 3: 3095
Intermediärfilamente ist kollabiert. Hitzeschock- Welch WJ (1992) Mammalian stress response-cell physiology,
bedingte Veränderungen des Zellkerns bestehen im structure/function of stress proteins, and implications for medi-
Auftreten intranukleärer Aktinfilamentbündel, in der cine and disease. Physiol Rev 72: 1063
Aggregation oder dem Verlust der granulären Kom- Welch WJ, and Suhan JP (1985) Morphological study of the
mammalian stress response: characterization of changes in cyto-
ponente des Nukleolus und in der Akkumulation und
plasmic organelles, cytoskeleton, and nucleoli, and appearance of
Aggregation der Perichromatin Granula. intranuclear actin filaments in rat fibroblasts after heat-shock
Als Folge eines schweren Hitzeschocks kann Zelltod treatment. J Cell Biol 101: 1198
eintreten. Allerdings kann Thermotoleranz durch einen Welch WJ, and Suhan JP (1986) Cellular and biochemical events
vorherigen milden Hitzeschock erworben werden. Für in mammalian cells during and after recovery from physiological
die Induktion einer Thermotoleranz scheint das HSP70 stress. J Cell Biol 103: 2035

Vergrößerung: x 25,500 (A); x 23,500 (B)


Abbildung 37 75

Ly Ly

Golgi

Nukleus

Ly

Ly

Golgi

Ly

Nukleus

B
76 Das Zytoplasma: das sekretorische System

ATP-ABHÄNGIGE STRUKTURVERÄNDERUNGEN DES GOLGI APPARATS

Neben Brefeldin A, dessen Einfluss auf den Golgi Apparats (Abb. A). Reguläre Golgi Zisternenstapel sind
Apparat auf vorangehenden Seiten beschrieben wird, nicht mehr zu sehen. Stattdessen finden sich An-
gibt es zahlreiche andere Substanzen, die Golgi Funk- sammlungen zahlreicher kleiner Stückchen von
tionen beeinträchtigen und den Transport von Membrantubuli. Manche bilden kleine Ringe, Halbringe
Membranen und luminaler Ladung über den Zisternen- oder stab- und keulenförmige Stückchen.
stapel stören oder hemmen. Verschiedene Mechanismen Das Bild ändert sich rasch in der Erholungsphase.
können beteiligt sein, und in den meisten Fällen kommt Schon nach 15 Minuten Inkubation in einem GLUC-
es zu massiven Veränderungen der Golgi Architektur. Medium enthalten einige Zellen wieder kleine Golgi
Der intrazelluläre Verkehr ist auch unterbrochen, Zisternenstapel (Abb. C). Die meisten Zellen zeigen
wenn die Energiezufuhr gedrosselt wird. Der Export aus jedoch noch nicht fertig gebildete Stapel von Zisternen,
dem endoplasmatischen Retikulum (ER) ist gehemmt, sondern charakteristische Zwischenstadien der Golgi
wenn der zelluläre Adenosintriphosphat (ATP)-Gehalt Neubildung (Abb. B). Die kleinen stab- und keulenför-
unter 65% gesenkt wird. Unter kontrollierter ATP- migen Stückchen der Membrantubuli sind nach wie vor
Verminderung und Wiederauffüllung kann untersucht zu sehen, doch liegen sie nicht so locker zerstreut, wie in
werden, wie sich der zunächst behinderte und dann Abbildung A unter ATP-Depletion zu sehen ist, sondern
wiederhergestellte ER-Golgi Transport auf die weiter sind zusammengefügt in kompakten Körperchen, in
distal gelegenen Kompartimente auswirkt. Versuche mit denen feine Netzwerke und honigwabenartige Struk-
verschiedenen Zelltypen zeigten Tubulisierung von turen erkennbar sind. Häufig sitzen im Randbereich
Golgi Membranen, Zerlegung von cis-Golgi Kom- dieser Membrantubuli vesikuläre Knospen (Pfeile in B).
partimenten, ihre Umformung in lange Tubuli und auch Ebensolche sind auch in den Randbereichen der kurzen
Umverteilung von cis-Golgi Bestandteilen in das ER. Zisternen des wieder gebildeten Golgi Stapels in
Nach ATP-Wiederauffüllung zeigt auch der Golgi Abbildung C zu sehen (Pfeile). Es ist eine der vielen,
Apparat wieder eine reguläre Organisation und noch nicht beantworteten Fragen zur Golgi Neu-
Architektur. Nachdem eine Verminderung der bildung, ob diese Knospen Transportvesikel bilden, bei
Energiezufuhr zu einer reversiblen Golgi Zerlegung der Morphogenese neuer Golgi Zisternen eine Rolle
führt und der Golgi Apparat nach Normalisierung des spielen oder andere Funktionen haben.
ATP-Gehalts wieder aufgebaut wird, kann mit einem
präzisen ATP-Depletions- und Wiederauffüllungs- Literatur
protokoll die Neubildung des Golgi Apparats im Detail
untersucht werden. Banta M, Polizotto RS, Wood SA, de Figueiredo P, and Brown WJ
Abbildung A zeigt die perinukleäre Golgi Region (1995) Characterization of a cytosolic activity that induces the
einer HepG2 Hepatomzelle unter ATP-Depletion nach formation of Golgi membrane tubules in a cell-free reconstitu-
tion system. Biochemistry 34: 13359
Inkubation in einem Glukose- und Pyruvat-freien
Cluett EB, Wood SA, Banta M, and Brown WJ (1993) Tubulation
Medium unter Zusatz von 50 mM 2-Deoxy-D-Glukose of Golgi membranes in vivo and in vitro in the absence of
(DOG Medium). In den Abbildungen B und C ist im Brefeldin A. J Cell Biol 120: 15
Gegensatz dazu die Golgi Region nach ATP-Wieder- Dinter A, and Berger EG (1998) Golgi-disturbing agents.
auffüllung durch Inkubation in einem Medium mit Histochem Cell Biol 109: 571
100 mM Glukose-Zusatz (GLUC-Medium) dargestellt. Del Valle M, Robledo Y, and Sandoval IV (1999) Membrane flow
In den hier untersuchten menschlichen Hepatomzellen through the Golgi apparatus: specific disassembly of the cis-Golgi
führt ATP-Depletion zu einer Zerlegung des Golgi network by ATP depletion. J Cell Sci 112: 4017

Vergrößerung: x 37,000 (A), x 43,000 (B), x 43,000 (C))


Abbildung 38 77

ATP-Depletion 45 min

ATP-Wiederauffüllung 15 min

B C
78 Das Zytoplasma: das sekretorische System

SEKRETGRANULA

Sekretgranula sind die Speicherkompartimente für Retikulum dicht gepackt, sondern auch zwischen den
sekretorisches Material in Zellen mit regulierter Zymogengranula in den apikalen Zellbereichen, wie es
Sekretion. Die Ausschleusung ihrer Inhalte erfolgt unter in Abbildung A deutlich zu sehen ist. Calziumionen, die
definierten lokalen Bedingungen nach externer, nervö- aus dem endoplasmatischen Retikulum freigesetzt wer-
ser oder hormoneller, Stimulierung. Die Abbildungen A den, lösen die kontrollierte Ausschleusung des Inhalts
und B zeigen reife Sekretgranula (Zymogengranula – ZG) der Zymogengranula über Exozytose aus (siehe auch
im apikalen Zytoplasma einer Pankreasazinuszelle der Abb. 40). Die apikale Zelloberfläche der Azinuszellen ist
Ratte. Die ultrastrukturellen Details, die in der Abbil- mit Mikrovilli besetzt. Mikrovilli fehlen im Bereich von
dung eines Dünnschnitts in A zu sehen sind, ent- Exozytosedomänen. Die große luminale Bucht im
sprechen denjenigen in einem Gefrierbruchabdruck in oberen Bereich des Azinuskanälchens in Abbildung A
Abbildung B. Das Azinuslumen (AL) ist im Zentrum der könnte einer solchen Region entsprechen.
Bilder sichtbar. Die Pfeile markieren die apikalen junk- Im apikalen Zytoplasma sind neben coated Vesikeln
tionalen Komplexe, über die die Zellen verbunden sind. für Endozytose und Membraninternalisation (siehe
Im Gefrierbruckabdruck in Abbildung B können die Abb. 41) auch kleine unauffällige Sekretvesikel nahe der
ausgeprägten Netzwerke der Tight Junctions, die hier Plasmamembran zu sehen (offener Pfeil in Abb. A).
eine breite Abdichtungszone (zonula occludens) auf- Diese kleinen Vesikel gehören wahrscheinlich zu den
bauen, verfolgt werden. Sie verhindern ein Zurück- konstitutiven und „minor regulated“ Sekretionswegen,
fließen des Pankreassekrets aus dem Azinuslumen in die für die Basissekretion im Ruhezustand zuständig
den Interzellularraum (siehe auch Abb. 78, 87 und 88). sind. Detaillierte Untersuchungen der Sekretion in den
In beiden Abbildungen sind die Plasmamembranen an Azinuszellen der Ohrspeicheldrüse weisen darauf hin,
den lateralen Zelloberflächen der benachbarten Zellen dass über solche Sekretionswege Regionen an der
mit Pfeilköpfen markiert. apikalen Plasmamembran für das Andocken und die
Zymogengranula entwickeln sich aus den konden- Fusion der Zymogengranula bei der Exozytose vorberei-
sierenden Vakuolen (KV in Abb. 23 und 88), den tet werden.
zunächst entstehenden unreifen Sekretgranula, die an
der trans-Seite des Golgi Apparats aus der letzten trans-
Zisterne und dem trans-Golgi Netzwerk (TGN) geformt
werden. Die Bildung der Zymogengranula spielt sich in Literatur
mehreren aufeinanderfolgenden Schritten ab. Arvan P Zhang B-Y, Feng L, Liu M, and Kuliawat R (2002)
Sekretorische Proteine aggregieren und werden im Luminal protein multimerization in the distal secretory path-
trans-Golgi und TGN aussortiert. Die Bildung der way/secretion granules. Curr Opin Cell Biol 14: 448
unreifen Sekretgranula (kondensierenden Vakuolen) Castle AM, Huang AY, and Castle JD (2002) The minor regulated
erfolgt durch Knospung vom TGN. Unreife Sekret- pathway, a rapid component of salivary secretion, may provide
granula fusionieren, und Membranen und Inhalte wer- docking/fusion sites for granule exocytosis at the apical surface of
den weiter umgeformt und verändert. Ein wichtiger acinar cells. J Cell Sci 115: 2963
Schritt für das Aussortieren sekretorischer Proteine in De Lisle RC (2002) Role of sulphated O-linked glycoproteins in
den regulierten Sekretionsweg ist ihre Aggregation im zymogen granule formation. J Cell Sci 115: 2941
TGN-Lumen in einem leicht sauren pH-Bereich und die Kraemer J, Schmitz F, and Denckhahn D (1999) Cytoplasmic
dynein and dynactin as likely candidates for mircrotubule-
Bindung an akzessorische Proteoglykane, sulphatierte
dependent apical targeting of pancreatic zymogen granules. Eur J
Glykoproteine und Lektine in der TGN-Membran und Cell Biol 78: 265
den Membranen der kondensierenden Vakuolen. Schmidt K, Dartsch H, Linder D, Kern H-F, and Kleene R (2000)
Diffizile Interaktionen zwischen Proteinen und Lipiden A submembranous matrix of proteoglycans on zymogen granule
und auch spezielle Lipidmikrodomänen (Lipidflöße – membranes is involved in granule formation in rat pancreatic aci-
Rafts) sind beteiligt. nar cells. J Cell Sci.113: 2233
Nicht nur in den basalen Zellregionen der Azinus- Tooze SA, Martens GJM, and Huttner WB (2001) Secretory
zellen (siehe Abb. 1 und 87) liegt das endoplasmatische granule biogenesis: rafting to the SNARE. Trends Cell Biol 11: 116

Vergrößerung: x 31,000 (A); x 22,000 (B)


Abbildung 39 79

ZG

AL

ZG

AL
ZG

ZG
B
80 Das Zytoplasma: das sekretorische System

DIE FEINSTRUKTUR EXOKRINER UND ENDOKRINER SEKRETGRANULA

Die verschiedenen exokrinen und endokrinen Drüsen mit eng anliegender Sekretgranulamembran bestehen,
wie auch disseminierte sekretorische Zellen und wie in Abbildung D am Beispiel einer Wachstums-
manche Neuronen speichern Sekretprodukte in Form hormon-produzierenden Zelle der menschlichen
von Sekretgranula. Sie finden sich auch in Leukozyten Hypophyse illustriert ist. Die Goldpartikel weisen die
(Abb. 156, 157), Makrophagen (Abb. 125), Mastzellen Anwesenheit von Wachstumshormon nach.
(Abb. 127), Thrombozyten (Abb. 161), T-Lymphozyten, Die Sekretgranula sind die Organellen der regu-
Melanozyten (Abb. 85), Typ II Alveolarepithelien lierten Sekretion, durch die die kontrollierte Freisetzung
(Abb. 113) und Endothelzellen. Sekretgranula sind von der Sekretprodukte auf physiologische Reize erfolgt. Die
einer Membran begrenzt, und ihre Größe und Form Sekretion erfolgt über Exozytose, einem vielstufigen
kann bedingt durch die chemische Natur des Sekret- Prozess, der entweder zur Freisetzung aller oder eines
produkts und in Abhängigkeit vom Zelltyp variieren. Teils der Sekretgranula einer Zelle führt. Der hauptsäch-
Innerhalb der Sekretgranula kann es zur Segregation liche Auslöser ist der Anstieg des intrazellulären Ca2+,
verschiedener Komponenten kommen. und Synaptogamin ist hierbei der Ca2+-Sensor. Hieran
Die Submandibulardrüse ist eine aus mukösen und schließen sich ATP-abhängige Vorgänge, die zu einer
serösen Zellen aufgebaute gemischte Speicheldrüse Reorganisation des kortikalen Aktin-Zytoskeletts füh-
(siehe auch Abb. 90). Ihr Sekret trägt zur Bildung des ren, damit die Sekretgranulamembran in Kontakt mit
Speichels bei, der aus Schleim, Wasser, Elektrolyten und der Plasmamembran treten kann und die Modifi-
Verdauungsenzymen besteht. Sezernierte Muzine bin- kationen von SNARE-Proteinen bewirken kann. Darauf
den Wasser und bilden eine unlösliche Gelschicht an der folgt das ATP-abhängige Andocken der Sekretgranula,
Oberfläche der Schleimhäute, die als Schmiermittel und die ATP-unabhängige Fusion der Sekretgranula-
als Schutzschicht gegen physikalische und chemische membran mit der Plasmamembran und die nachfol-
Noxen wirkt. Speichel wirkt auch bakterizid wegen gende Freisetzung des Inhalts der Sekretgranula. Die
seines Gehaltes an IgA, Lysozym und Laktoferrin. Die Membranfusion schließt die Bildung einer Fusionspore
mukösen Zellen synthetisieren Schleim, der aus hoch ein. Sie kann eine temporäre Struktur darstellen,
glykosilierten Glykoproteinen besteht. Elektronen- wodurch nur ein Teil des Inhalts des Sekretgranulums
mikroskopisch erscheint der Inhalt ihrer Sekretgranula sezerniert wird; sogenannte „kiss and run“ Exozytose.
vorwiegend strukturlos und nur teilweise granulär Die volle Ausformung der Fusionspore ist von der voll-
(Abb. A). Im Gegensatz dazu sind die Sekretgranula der ständigen Freisetzung des Sekretgranuluminhalts und
serösen Zellen auf Grund ihres hohen Eiweißgehalts des Einbaus der Sekretgranulummembran in die
elektronendicht (Abb. B; siehe auch die Zymogen- Plasmamembran gefolgt. Die überschüssige Membran
granula in Abb. 39 und 87). wird über Endozytose eliminiert.
Endokrine und neuroendokrine Zellen und auch RER: raues endoplasmatisches Retikulum.
gewisse Neurone enthalten Sekretgranula mit einem
hoch elektronendichten Inhalt, deren Größe abhängig
vom Zelltyp stark variieren kann. Die Sekretgranula
einer menschlichen Insulin-produzierenden pankreati- Literatur
schen Beta-Zelle sind in Abbildung C zu sehen.
Typischerweise bestehen sie aus einem elektronendich- Burgoyne RD, and Morgan A (2003) Secretory granule exocyto-
ten Kern, der von einem hellen Hof und der Sekret- sis. Physiol Rev 83: 581
Bennett M (1997) Ca2+ and the regulation of neurotransmitter
granulamembran (Pfeile) umgeben ist. Insulin im elek-
secretion. Curr Opin Cell Biol 7: 316
tronendichten Kern wurde mit Immungoldmarkierung Burgess TL, and Kelly RB (1987) Constitutive and regulated
nachgewiesen. Über Komplexbildung mit Zink bildet secretion of proteins. Ann Rev Cell Biol 3: 243
das Insulin kristalloide Strukturen in den Sekretgranula Duncan R, Greaves J, Wiegand U, Matskevich I, Bodammer G,
(Pfeilköpfe). Das C-Peptid befindet sich vorwiegend im Apps O, Shipston M, and Chow R (2003) Functional and spatial
umgebenden Hof. Die Sekretgranula anderer endokri- segregation of secretory vesicle pools according to vesicle age.
ner Zellen können aus einem elektronendichten Kern Nature 422: 176

Vergrößerung: x 20,000 (A); x 30,200(B); x 22,000 (C); x 20,500 (D)


Abbildung 40 81

RER

A B

C D
82 Das Zytoplasma: das endozytische System

CLATHRIN-ABHÄNGIGE REZEPTOR -VERMITTELTE ENDOZYTOSE

Die adsorptive und Rezeptor-vermittelte Endozytose bar. Entsprechend ihrem niedrigeren Cholesteringehalt
mit der Abschnürung von Clathrin-coated Vesikeln ist im Vergleich zu benachbarten Membranabschnitten sind
molekular und morphologisch sehr gut charakterisiert die Endozytosegrübchen (coated pits) frei von Filipin-
und ist einer der wichtigsten Aufnahmemechanismen in Sterolkomplexen.
die Zelle. Über Clathrin-abhängige Endozytose bekom-
men Zellen Nahrungsstoffe, regulieren Rezeptoren und
VIRUSENDOZYTOSE
andere Plasmamembranbestandteile, nehmen Antigene
auf und entfernen überalterte, überschüssige, und Die Abbildungen D und E zeigen HIV (human immuno-
potentiell gefährliche Substanzen aus der Extrazellular- deficiency) Virus Partikel (Pfeilköpfe) an der Oberfläche
flüssigkeit. eines Makrophagen. Die Viruspartikel hängen nicht nur
Der typisch stachelig aussehende, zum Zytoplasma an der Plasmamembran (PM), sie sind auch in großen
orientierte, Belag (Coat) an den Membranen der Grüb- endozytischen Vakuolen zu sehen (Pfeile in Abb. E).
chen, Knospen und Vesikeln, die während der Endo- Viren benützen verschiedene Endozytosewege, die
zytose gebildet werden, erlaubt eine einfache Diagnose sowohl Clathrin-coated Vesikel als auch Caveolae (siehe
im Elektronenmikroskop (Abb. A und C). Der Coat Abb. 46), Lipid Raft-vermittelte Endozytose,
wird durch Clathrin und Adapterproteine gebildet. Die Makropinozytose, und andere Mechanismen ein-
individuellen Clathrin Moleküle besitzen eine charak- schließen. HIV1 betritt die Zellen entweder direkt durch
teristische Triskelion Form und setzen sich im Zu- Fusion mit der Plasmamembran oder über Fusion mit
sammenspiel mit Adapterproteinen und den Membran- der Membran von Makropinosomen. Die großen
lipiden an der zytoplasmatischen Seite der Membran zu Vakuolen in Abbildung E entsprechen vermutlich
einem hauptsächlich hexagonalen Gitterkorb zusam- solchen Makropinosomen, die durch tiefe Plasma-
men. In einem dynamischen Prozess, in dem das membraneinstülpungen im Bereich sehr dynamischer
Clathrin Gitter stellenweise wiederum zerfällt und neu Oberflächenbereiche nach Membranschluss enstehen.
gebildet wird, verformt sich die Membran zu Grübchen SG – Sekretgranulum
und tiefer invaginierten Knospen (coated pits, coated
buds). Der Clathrincoat bildet ein stabilisierendes Literatur
Gerüst für die Konzentration von Membranproteinen in
den endozytischen Grübchen. Adapterproteine verbin- Heuser J (1980) Three-dimensional visualization of coated vesicle
den den Clathrin Coat mit Transmembranrezeptoren, formation in fibroblasts. J Cell Biol 84: 560
über die selektiv bestimmte Moleküle und Partikel für Lafer EM (2002) Clathrin-protein interactions. Traffic 3: 513
Montesano R, Perrelet A, Vassalli P, and Orci L (1979) Absence of
die Aufnahme in die Zelle aufgeladen werden. Unter
filipin-sterol complexes from large coated pits on the surface of
Einbeziehung von Dynaminen kommt es zur Abschnü- culture cells. Proc Natl Acad Sci USA 76: 6391
rung der Knospen von der Plasmamembran und zur Mousavi SA, Malerod L, Berg T, and Kjeken R (2004) Clathrin-
Bildung von Clathrin-coated Vesikeln. Schon kurz nach dependent endocytosis. Biochem J 377: 1
der Vesikelabschnürung löst sich der Clathrin Coat von Mukherjee S, Gosh RN, and Maxfield FR (1997) Endocytosis.
der Membran ab, und die jetzt vom Coat befreiten Physiol Rev 77: 759
Vesikel sind bereit für die Fusionsprozesse in den Pelkmans L, and Helenius A (2003) Insider information: what
Endozytosewegen. viruses tell us about endocytosis. Curr Opin Cell Biol 15: 414
Die Abbildungen A und C zeigen Coated Pits mit Praefcke GJK, and McMahon HT (2004) The dynamin super-
dem typischen „Stachelsaum“ während der Inter- family: Universal membrane tubulation and fission molecules?
nalisation von Ferritin-gekoppeltem Ricinus communis I Nat Rev Mol Cell Biol 5: 133
Robinson MS (2004) Adaptable adaptors for coated vesicles.
Lektin in eine endokrine Pankraes Beta-Zelle. Die
Trends Cell Biol 14: 167
Lektinbindung an die Galaktosereste der Zuckerketten Schmid SL (1997) Clathrin-coated vesicle formation and protein
an der äußeren Oberfläche der Plasmamembran (PM) sorting: an integrated process. Annu Rev Biochem 66: 511
wird durch die Ferritinpartikel sichtbar. Die endozyti- Traub LM (2003) Sorting it out: AP-2 and alternate clathrin adap-
schen Vesikel mit internalisiertem Lektin-Ferritin in tors in endocytic cargo selection. J Cell Biol 163: 203
Abbildung C haben den Clathrin Coat bereits abge-
stoßen. Im Gefrierbruchabdruck in Abbildung B sind
Filipin-Sterolkomplexe als kleine buckelförmige und Vergrößerung: x 35,000 (A); x 35,000 (B); x 102,000 (C); x 26,500
knopfartige Vorwölbungen der Plasmamembran sicht- (D); x 71,000 (E)
Abbildung 41 83

PM PM

coated pits
coated pits
RER

A B

coated pits

endozytotische
Vesikel
SG

PM PM

Nukleus

D E
84 Das Zytoplasma: das endozytische System

ENDOSOMEN UND ENDOZYTISCHE WEGE

In Säugetierzellen existieren verschiedene endozytische nalisiertem Ferritin-markiertem Ricinus communis I-


Eingänge und Wege nebeneinander (Zeichnung), die als Lektin (Abb. C). Die frühen Endosomen zeigen deutlich
Clathrin-abhängig (1, Abb. 41) und Clathrin-unab- verschiedene Domänen. Die von großen vakuolären
hängig grob klassifiziert werden. Zu den letzteren gehört Kompartimenten (Sternchen in Abb. A und E) nach
das Abknospen von „glatten“ Vesikeln ohne sichtbaren außen abknospenden kleinen Vesikel und langen Tubuli
Coat (2, siehe Abb. 47), Endozytose über Lipid Rafts (3), spiegeln Sortierungsprozesse. Vesikelknospung nach
Aufnahme über Caveolae (4, siehe Abb. 46) und innen führt zur Bildung von multivesikulären Endoso-
Caveosomen (C), Phagozytose (5, siehe Abb. 47) und men, die Transportvehikel zwischen frühen und späten
Makropinozytose (6) mit Bildung großer Vakuolen Endosomen bilden (MVB, Abb. B und C). Die multi-
(Makropinosomen – MP, siehe Abb. 41). Die von den vesikulären Endosomen in Abbildungen B und C zeigen
aufgenommenen Molekülen eingeschlagenen Wege ver- auffällige Areale, die von stachelig aussehenden Belägen
laufen über komplexe Endosomenkompartimente mit überzogen sind (Pfeile). Speziell aufgebauten Clathrin
speziell strukturierten und funktionellen Domänen. Coats an vakuolären Endosomen wird eine Rolle bei der
Endosomen sind außerordentlich dynamisch und for- Sortierung von Proteinen zu Lysosomen zugeschrieben.
men und verändern sich in Beantwortung auf In den HepG2 Hepatomzellen erfolgt die Aufnahme
Endozytosesignale. Frühe Endosomen, die Sortierungs- von internalisiertem WGA in den Golgi Apparat über
und Rezirkulationskompertimente bilden (SE – sorting einen komplexen mehrstufigen Prozess (siehe auch
endosomes, RE – recycling endosomes), sind erste Abb. 43), der mit der Akkumulation von frühen
Stationen, von wo Proteine und Lipide über ver- vesikulären Endosomen an der trans-Golgi Seite beginnt
schiedene Wege zu verschiedenen Zielen geschickt wer- (Abb. D) und sich mit der Bildung eines endozytischen
den. Das können Degradationswege über multi- trans-Golgi Netzwerks fortsetzt. In Abbildung D sind
vesikuläre und späte Endosomen (MVB/LE – multi- diskrete trans-Golgi Netzwerke (TGN) bereits zu sehen.
vesicular bodies/late endosomes) zu den Lysosomen
(LY) sein, oder Rezirkulationswege zur Plasmamembran Literatur
(PM), oder Wege zum trans-Golgi Netzwerk (TGN) und
Golgi Apparat (GA). Das endoplasmatische Retikulum Gruenberg J (2001) The endocytic pathway: A mosaic of
(ER) wird sowohl über den Golgi Apparat und Prä- domains. Nat Rev Mol Cell Biol 2: 721
Golgi Intermediäre (pGI), als auch über direkte Wege, Gruenberg J, and Stenmark H (2004) The biogenesis of multi-
vesicular endosomes. Nat Rev Mol Cell Biol 5: 317
wie zum Teil im Fall der Caveolae-Endozytose, erreicht.
Johannes L, and Lamaze C (2002) Clathrin-dependent or not: Is
Die Abbildungen A–E zeigen frühe endosomale it still the question? Traffic 3: 443
Kompartimente nach Aufnahme von Peroxidase- Maxfield FR, and McGraw TE (2004) Endocytic recycling. Nat
markiertem Weizenkeimagglutinin (WGA, Abb. A, B, D Rev Mol Cell Biol 5: 121
und E) und ein multivesikuläres Körperchen mit inter- Nichols B (2003) Caveosomes and endocytosis of lipid rafts. J Cell
Sci 116: 4707
Nichols BJ, and Lippincott-Schwartz J (2001) Endocytosis with-
5
6 out clathrin coats. Trends Cell Biol 11: 406
2
3 Pavelka M, Ellinger A, Debbage P, Loewe C, Vetterlein M, and
PM
1 Roth J (1998) Endocytic routes to the Golgi apparatus.
4
MVB / LE
P Histochem Cell Biol 109: 555
SE
LY
MP Pelkmans L, and Helenius A (2002) Endocytosis via caveolae.
TGN Traffic 3: 311
Sachse M, Ramm G, Strous G, and Klumperman J (2002)
C
RE GA Endosomes: multipurpose designs for integrating housekeeping
pGI and specialized tasks. Histochem Cell Biol 117: 91
ER

Vergrößerung: x 35,000 (A); x 41,000 (B); x 51,000 (C); x 33,800


(D); x 42,000 (E)
Abbildung 42 85

cis Golgi

trans Golgi

TGN

*
A

MVB

MVB
*

C E
86 Das Zytoplasma: das endozytische System

ENDOZYTISCHES TGN UND ENDOZYTOSEWEGE IN DEN GOLGI APPARAT

Von der Plasmamembran und den frühen Endosomen endoplasmatischem Retikulum (trans-Golgi ER).
zum Golgi Apparat gibt es direkten Transport und indi- Während der anschließenden 30 Minuten nimmt das
rekte Wege, die über späte Endosomen führen (siehe endozytische TGN an Ausdehnung wiederum ab und
Zeichnung zu Abb. 42). Endozytosestudien mit Peroxi- internalisiertes WGA findet sich zunehmend in den
dase-markiertem Weizenkeimagglutinin (WGA) in Lumina der gestapelten Golgi Zisternen (Abb. B, 60 min
HepG2 Hepatomzellen haben gezeigt, dass frühe Endo- WGA). Ein endozytisches TGN ist nicht mehr er-
somenkompartimente schon wenige Minuten nach dem kennbar, doch beherrschen zahlreiche Clathrin-coated
Beginn der Internalisation in enger Nachbarschaft zum Vesikel das Bild (Pfeilköpfe). Die meisten der gestapel-
Golgi Apparat lokalisiert sind (Abb. 42A). Nach ten Golgi Zisternen enthalten jetzt internalisiertes WGA
Akkumulation früher vesikulärer Endosomen an der (Pfeile). Große vakuoläre Endosomen (Sternchen) fin-
trans-Golgi Seite (Abb. 42D) erfolgt die Aufnahme von den sich in jedem Stadium in enger Nachbarschaft zum
internalisiertem WGA in den Golgi Apparat in einem Golgi Apparat. Die aufeinanderfolgenden Stadien des
komplizierten mehrstufigen Prozess, der mit aus- endozytischen Verkehrs in den Golgi Apparat mit ihren
geprägter Membrandynamik, vor allem im trans-Golgi Charakteristika, das vesikuläre Stadium, die frühen und
Bereich, vor sich geht. Innerhalb von 15–30 Minuten späten TGN Stadien und das Golgi Stadium, sind in der
wird ein ausgedehntes endozytisches trans-Golgi Zeichnung zusammengefasst.
Netzwerk gebildet (Abb. A, 30 min WGA), das stellen- Der endozytische Verkehr in und über den Golgi
weise mit trans-Golgi Zisternen engen Kontakt auf- Apparat ist von besonderem Interesse im Zusam-
nimmt und in den Zisternenstapel integriert wird menhang mit dem retrograden Transport von Arznei-
(oberer Bereich in Abb. A). An einer anderen Stelle ent- mitteln und Toxinen, die solche Routen benützen und
fernt sich das endozytische TGN vom Zisternenstapel missbrauchen und auf diesem Weg in das endoplasma-
und ist abgesetzt von den Golgi Zisternen lokalisiert tische Retikulum (ER) und von dort aus in das Zytosol
(unterer Bereich in Abb. A). An diesen TGN-Ab- gelangen. Die enge und sehr konstante Beziehung von
schnitten hängen zahlreiche Knospen mit Clathrin endozytischem TGN und trans-Golgi ER (Abb. A) wirft
Coats (Pfeilkopf). Alle endozytischen TGN-Bereiche die Frage auf, ob es über diese Kontaktnahme einen
zeigen eine besonders enge Beziehung zu trans-Golgi direkten Transfer zwischen Endosomenkompartimen-
ten und ER gibt.
Vesikuläres Stadium Frühes TGN Stadium
pGI – Prä-Golgi Transportintermediäre

trans - ER Literatur
Mallard F, Antony C, Tenza D, Salamero J, Goud B, and Johannes
L (1998) Direct pathway from early/recycling endosomes to the
Golgi apparatus revealed through the study of Shiga toxin B-frag-
GA GA ment transport. J Cell Biol 143: 973
Mallet WG, and Maxfield FR (1999) Chimeric forms of furin and
pGI pGI
TGN38 are transported from the plasma membrane to the trans-
ER ER Golgi network via distinct endosomal pathways. J Cell Biol 146: 345
Sandoval RM, and Molitoris BA (2004) Gentamycin traffics retro-
grade through the secretory pathway and is released in the cytosol
Spätes TGN Stadium Golgi Stadium via the endoplasmic reticulum. Am J Renal Physiol 286: F617
Sandvig K, and van Deurs B (2000) Entry of ricin and Shiga toxin
trans
ER trans - ER into cells: molecular mechanisms and medical perspectives.
EMBO J 19: 5943
Sannerud R, Saraste J, and Goud B (2003) Retrograde traffic in
TGN
the biosynthetic-secretory route: pathways and machinery. Curr
Opin Cell Biol 15: 438
Vetterlein M, Ellinger A, Neumüller J, and Pavelka M (2002) Golgi
GA GA apparatus and TGN during endocytosis. Histochem Cell Biol 117: 143
pGI pGI

ER
Vergrößerung: x 43,000 (A); x 56,000 (B)
ER
Abbildung 43 87

trans ER

cis

trans ER
*

TGN

A B
88 Das Zytoplasma: das endozytische System

TUBULÄRE PERIZENTRIOLÄRE ENDOSOMEN

Endosomen bestehen aus pleomorphen 0.5–1 µm reiche tubuläre Endosomen sichtbar sind, kann das von
messenden Vakuolen und Tubuli von etwa 250 nm ihnen gebildete Netzwerk nicht in einem 60 nm dünnen
Durchmesser und unterschiedlicher Länge (siehe auch Schnitt erkannt werden, sondern nur in etwa 1 µm di-
Abb. 42). In kultivierten Fibroblasten, CHO Zellen und cken Schnitten mittels Höchstspannungselektronen-
verschiedenen epithelialen und endokrinen Zelltypen mikroskopie. Zusätzlich sind in Abbildung B Endo-
existieren zusätzliche endosomale Strukturen. Sie beste- somen und Lysosomen ekennbar. Die Goldpartikeln
hen aus verzweigten Tubuli mit einem Durchmesser von rühren von einer Lektinmarkierung her. Abbildung C
etwa 60 nm und einer Länge bis zu 2 µm, die als tubuläre zeigt einen Ausschnitt einer kultivierten pankreatischen
Endosomen bezeichnet werden. Sie sind positiv für Beta-Zelle mit endozytiertem Ferritin-konjugiertem
Rab11, aber nicht für EEA1, einem Marker für frühe Ricinus communis Lektin. Das Ferritin ist in tubulären
Endosomen. Tubuläre Endosomen bilden Netzwerke Endosomen (Pfeilköpfe) in der Umgebung eines
vorzugsweise in der Umgebung der Zentriolen, aber Zentriols (Pfeile) und in Lysosomen (Ly) vorhanden.
auch in anderen zellulären Regionen. Sie sind sowohl in Gelegentlich ist die enge räumliche Beziehung zwischen
die Aufnahme klassischer Flüssigkeitsphase-Marker, wie tubulären Endosomen and Mikrotubuli sichtbar (oben
Meerrettichperoxidase, und auch in die Rezeptor-ver- rechts).
mittelte Endozytose von Transferrin, _-2-Makroglo- SG: Insulin Sekretgranulum.
bulin und Lektinen einbezogen.
Endozytose Experimente mit Transferrin haben
gezeigt, dass tubuläre Endosomen funktionell ein in das Literatur
Rezeptor-Rezyklieren involviertes spezialisiertes distales
Segment früher Endosomen darstellen und von späten Hopkins C, Gibson A, Shipman M, and Miller K (1990)
Endosomen zu unterscheiden sind. Die Transferrin- Movement of internalized ligand-receptor complexes along a
Rezeptoren gelangen zunächst in frühe Endosomen, um continuous endosomal reticulum. Nature 346: 335
Hopkins C, Gibson A, Shipman M, Strickland D, and Trowbridge I
von dort in perizentrioläre tubuläre Endosomen über-
(1994) In migrating fibroblasts, recycling receptors are concen-
zutreten, bevor sie wieder an die Zelloberfläche rezyk- trated in narrow tubules in the pericentriolar area, and then rout-
liert werden. Es ist jedoch anzumerken, dass dieser Weg ed to the plasma membrane of the leading lamella. J Cell Biol 125:
nur von einem Teil der rezyklierenden Transferrin 1265
Rezeptoren genommen wird. Zum anderen gelangen Lin SX, Gundersen GG, and Maxfield FR (2002) Export from
rezyklierende Rezeptoren über tubuläre Endosomen pericentriolar endocytic recycling compartment to cell surface
entlang von Mikrotubuli zu bestimmten Regionen der depends on stable, detyrosinated (glu) microtubules and kinesin.
Oberfläche kultivierter und wandernder Zellen. So wer- Mol Biol Cell 13: 96
den Transferrin Rezeptoren vorzugsweise in die Plasma- Sheff D, Pelletier L, O’Connell CB, Warren G, and Mellman I
membran im Bereich der „leading lamella“ von mig- (2002) Transferrin receptor recycling in the absence of perinu-
rierenden Fibroblasten eingebaut. clear recycling endosomes. J Cell Biol 156: 797
Tooze J, and Hollinshead M (1991) Tubular early endosomal net-
Abbildung A zeigt eine perinukleär gelegene Gruppe
works in AtT20 and other cells. J Cell Biol 115: 635
tubulärer Endosomen (begrenzt durch eine unterbro- Ullrich O, Reinsch S, Zerial M, and Parton R (1996) Rab11 regu-
chene Linie) in als Monolayer gewachsenen Ehrlich- lates recycling through the pericentriolar recycling endosome.
Tumorzellen. Im angrenzenden Zytoplasma sind auch J Cell Biol 135: 913
große endozytische Vakuolen erkennbar. Abbildung B Verges R, Havel RJ, and Mostov KE (1999) A tubular endosomal
zeigt die räumliche Beziehung zwischen tubulären fraction from rat liver: Biochemical evidence of receptor sorting
Endosomen und einem Zentriol (Pfeil). Obwohl zahl- by default. Proc Natl Acad Sci USA 96: 10146

Vergrößerung: x 7,300 (A); x 28,000 (B); x 19,250 (C)


Abbildung 44 89

Nukleus

Ly

Ly

Ly Ly

Ly

Ly

SG
Nukleus

B C
90 Das Zytoplasma: das endozytische System

LANGERHANS -ZELLEN UND BIRBECK -GRANULA: ANTIGEN-PRÄSENTIERENDE DENDRITISCHE


ZELLEN DER EPIDERMIS

Langerhans-Zellen haben phagozytische Eigenschaften Literatur


und sind Antigen-aufnehmende Zellen der Epidermis. Hanau D, Fabre M, Schmitt D, Stampf J, Garaud J, Bieber T,
Im Anschluss an die Endozytose von Antigenen wan- Grosshans E, Benezra C, and Cazenave J (1987) Human epider-
dern sie aus der Epidermis in regionale Lymphknoten. mal Langerhans cells internalize by receptor-mediated endocyto-
Während der Wanderung reifen sie zu aktivierten den- sis T6 (CD1 „NA1/34) surface antigen: Birbeck granules are
dritischen Zellen, die Antigene naiven T-Lymphozyten involved in the intracellular traffic of the T6 antigen. J Invest
präsentieren. Langerhans-Zellen spielen somit eine wich- Dermatol 89: 172
tige Rolle bei Immunreaktionen im Bereich der Haut. McDermott R, Ziylan U, Spehner D, Bausinger H, Lipsker D,
Langerhans-Zellen unterschieden sich von dendriti- Mommaas M, Cazenave JP, Raposo G, Goud B, delaSalle H, et al.
schen Zellen in anderen Geweben durch die Anwesen- (2002) Birbeck granules are subdomains of endosomal recycling
heit von Langerin in ihrer Plasmamembran und durch compartment in human epidermal Langerhans cells, which form
where langerin accumulates. Mol Biol Cell 13: 317
Birbeck-Granula im Zytoplasma. Birbeck-Granula
Mellman I, and Steinman RM (2001) Dendritic cells: specialized
bilden sich im Gefolge der Endozytose von Langerin, and regulated antigen processing machines. Cell 106: 255
welches in tubulären Endosomen akkumuliert. Somit Moll H, Fuchs H, Blanck C, and Röllinghoff M (1993)
sind Birbeck-Granula endozytotische Organellen. Da Langerhans cells transport Leishmania major from the infected
Langerin und Rab11 gemeinsam in ihnen vorkommen, skin to the draining lymph node for presentation to antigen-spe-
sind Langerin-enthaltende intermediäre endozytotische cific T cells. Eur J Immunol 23: 1595
Strukturen und Birbeck-Granula das Äquivalent peri- Moommas A, Wijsman M, Mulder A, van Praag M, Vermeer B,
zentriolärer Endosomen in anderen Zelltypen (siehe and Koning F (1992) HLA class II expression on human epider-
Abb. 44). Endozytiertes Langerin wird an die Zell- mal Langerhans cells in situ: up-regulation during the elicitation
oberfläche rezykliert. Allerdings geht diese Eigenschaft of allergic contact dermatitis. Hum Immunol 34: 99
während der Reifung in dendritische Zellen verloren Saudrais C, Spehner D, de la Salle H, Bohbot A, Cazenave JP,
Goud B, Hanau D, and Salamero J (1998) Intracellular pathway
und ist die Erklärung für die starke Abnahme der Größe
for the generation of functional MHC class II peptide complexes
und der Zahl der Birbeck-Granula. in immature human dendritic cells. J Immunol 160: 2597
Abbildung A zeigt eine Langerhans-Zelle der Schuler G, Romani N, Stössel H, and Wolff K (1991) Structural
menschlichen Epidermis, die viele Birbeck-Granula in organization and biological properties of Langerhans cells. In:
der Umgebung des Golgi Apparats enthält. Langerhans- Epidermal Langerhans cells (Schuler G, ed). Boca Raton, CA:
Zellen entsenden zahlreiche lange Fortsätze zwischen CRC Press, pp 87
die Keratinozyten, von denen einige angeschnitten sind Stössel H, Koch F, Kämpgen E, Stöger P, Lenz A, Heufler C,
(Pfeile). In Abbildung B und im Nebenbild ist die Romani N, and Schuler G (1990) Disappearance of certain acidic
charakteristische stäbchenförmige Gestalt der Birbeck- organelles (endosomes and Langerhans cell granules) accompa-
Granula zu erkennen. Sie weisen eine innere periodische nies loss of antigen processing capacity upon culture of epidermal
Streifung auf, die durch die Anwesenheit von Langerin Langerhans cells. J Exp Med 172: 1471
Valledeau J (2000) Langerin, a novel C-type lectin specific to
bedingt ist. Oftmals weisen Birbeck-Granula Coated
Langerhans cells, is an endocytic receptor that induces the forma-
Buds an ihrer Spitze auf (Pfeilkopf im Nebenbild), als tion of Birbeck granules. Immunitiy 12: 71
morphologischer Hinweis auf Rezeptor-vermittelte
Endozytosevorgänge. Charakteristisch sind auch lokal
begrenzte luminale Erweiterungen der Birbeck-Granula
(Sterne in Abb. B und Pfeil im Nebenbild).

Vergrößerung: x 11,500 (A); x 80,000 (B und Nebenbild)


Abbildung 45 91

Langerhans-Zelle

Birbeck-
Granula
Nukleus

Keratinozyt

Golgi

Birbeck-
Birbeck
Granula

*
*
B
92 Das Zytoplasma: das endozytische System

CAVEOLAE

Caveolae sind speziell aufgebaute, kolbenförmig invagi- Meinungen über die Eigenschaften und Funktionen der
nierte Domänen der Plasmamembran mit Durch- Caveolae, vor allem bezüglich ihrer Beweglichkeit und
messern von 50–100 nm. Obwohl sie schon seit den Internalisation, sind allerdings geteilt. Wenn sie auch
frühen Tagen der Elektronenmikroskopie bekannt sind, vor allem als immobile, stabile Plattformen innerhalb
gibt es immer noch Kontroversen in Bezug auf ihre der Plasmamembran gesehen werden, können Caveolen
Eigenschaften und Funktionen. Die Membran der in bestimmten Situationen und auf spezifische Reize hin
Caveolae ist reich an Cholesterin und Glykosphingo- internalisiert werden. Ganz spezielle Endozytosewege
lipiden. Der charakteristische Coat an der zytoplasma- führen entweder über den Golgi Apparat oder direkt
tischen Seite der Membran besteht aus Caveolinen, den zum endoplasmatischen Retikulum.
wichtigsten Caveolae Strukturproteinen, die Choles- Die Abbildungen B und C zeigen Choleratoxin-
terin mit hoher Affinität binden. Sie sind notwendig für Goldpartikel im Bereich der Eingänge in die Caveolae
die Ausbildung der kleinen Höhlen und stabilisieren sie (Pfeile in Abb. B) und innerhalb der kleinen Höhlen
in der Plasmamembran. Caveolae sind besonders (Pfeile in Abb. C). Die Choleratoxin B-Untereinheit
zahlreich in Fettzellen, Endothelzellen (Abb. 116 und bindet an einen Glykolipidrezeptor, das GM1-Ganglio-
117) und Muskelzellen (Abb. A) und fehlen in manchen sid, in der Membran der Caveolen. Da Choleratoxin-
anderen Zellen, zum Beispiel in den Lymphozyten und Goldkomplexe auf Grund dieser Bindung in den
Nervenzellen. Caveolae-Invaginationen der Plasmamembran konzen-
Abbildung A zeigt Ausschnitte aus glatten Muskel- triert werden, wurden sie auch als Caveolenmarker ver-
zellen, an denen ausgedehnte Areale mit Caveolae wendet. Jedoch sind Caveolae nicht die einzigen
(Pfeile) besetzt sind. Die Kolbenform mit den engen Strukturen, über die Choleratoxin aufgenommen wird.
Hälsen ist gut zu erkennen. Benachbarte Caveolen hän- Es wurde gezeigt, dass die Internalisation von
gen zusammen und bilden komplex aufgebaute Räume Choleratoxin Lipid Raft-abhängig ist. Der Rezeptor
(Pfeilköpfe). Das Zytoplasma ist in der Nachbarschaft GM1 wurde auch in Clathrin-abhängigen Endozytose-
von Caveolae myofibrillenfrei, doch sind glatte grübchen nachgewiesen.
Membranen des endoplasmatischen Retikulums den
Caveolenmembranen eng benachbart (Sterne). Zusam-
menhänge mit Funktionen in der Ca2+-Signaltrans-
duktion und in der Regulierung der Kalziumhomeo- Literatur
stase werden diskutiert. Die Caveolae in den glatten
Isshiki M, and Anderson RGW (2003) Function of caveolae in
Muskelzellen werden auch als Äquivalente der Transver-
Ca2+ entry and Ca2+-dependent signal transduction. Traffic 4:
saltubuli in der quergestreiften Skelettmuskulatur ange- 717
sehen (Abb. 138). Zahlreiche weitere Funktionen wur- Mineo C, and Anderson RGW (2001) Potocytosis. Histochem
den den Caveolae zugeschrieben, doch scheint es da Cell Biol 116: 109
große Unterschiede zwischen den verschiedenen Zell- Montesano R, Roth J, Robert A, and Orci L (1982) Non-coated
typen zu geben. Caveolae werden mit verschiedenen membrane invaginations are involved in binding and internalisa-
Mechanismen der Signalübertragung in Zusammen- tion of cholera and tetanus toxins. Nature 296: 651
hang gebracht. Sie sind in den Cholesterintransport Nabi IR, and Le PU (2003) Caveolae/raft-dependent endocytosis.
involviert, in den transendothelialen Transport, in J Cell Biol 161: 673
Mechanismen der Aufnahme von Bakterien, und in die Nichols B (2003) Caveosomes and endocytosis of lipid rafts. J Cell
Ausbildung des transversalen Tubulussystems in den Sci 116: 4707
Parton RG, and Richards AA (2003) Lipid rafts and caveolae as
Muskelfasern. Caveolae werden vielfach mit Endozytose
portals for endocytosis: New insights and common mechanisms.
in Verbindung gebracht (siehe auch Abb. 42) und sind Traffic 4: 724
verantwortlich für die Potozytose, einen speziell regu- Pelkmans L, and Helenius A (2002) Endocytosis via caveolae.
lierten Aufnahmemechanismus für kleine Moleküle Traffic 3: 311
durch die Caveolenmembran. Eine wichtige Rolle spie- Van Deurs B, Roepstorff K, Hommelgaard AM, and Sandvig K
len Caveolen auch in der Virusinternalisation; es werden (2003) Caveolae: anchored, multifunctional platforms in the lipid
spezielle Endosomen, die Caveosomen, gebildet. Die ocean. Trends Cell Biol 13: 92

Vergrößerung: x 55,000 (A); x 96,000 (B); x 96,000 (C)


Abbildung 46 93

*
*

*
A

B C
94 Das Zytoplasma: das endozytische System

PINOZYTOSE

Über Pinozytose (Flüssigphaseendozytose) nehmen Abwehrsystems, die Mikrophagen und Makrophagen,


Zellen aus ihrer Umgebung laufend Flüssigkeit auf, ohne große Partikel und Körper, zum Beispiel auch ganze
dass es dabei zu einer spezischen Bindung von Mole- Zellen, internalisieren, um sie abzubauen. So werden
külen an die Plasmamembran kommt. Man nimmt an, überaltete und tote Zellen, Apoptosekörperchen, Bak-
dass über diese kontinuierlich stattfindende Endozytose terien, Rußpartikel und andere Fremdmaterialien aus
eine Überwachung der Umgebung der Zellen stattfindet dem Körper eliminiert. Die Aufnahme durch Phago-
und auch eine „Reinigung“ der Plasmamembran im zytose wird durch Kontaktnahme mit der Plasma-
sauren Milieu auf ihrem Weg durch die verschiedenen membran und Aktivierung von Rezeptoren eingeleitet.
endosomalen Kompartimente. Für diese unspezifische Über eine Signalkaskade wird die Umorganisation des
Flüssigkeitsaufnahme stehen verschiedene, Clathrin- Aktinzytoskeletts und die Bildung von Pseudopodien
abhängige und noch wenig charakterisierte Clathrin- ausgelöst. Diese Zellfortsätze umfangen den aufzu-
unabhängige, Mechanismen zur Diskussion. Gemein- nehmenden Körper, der zunehmend internalisiert und
sam mit spezifisch aufgenommener Ladung über letztlich in einer phagozytischen Vakuole eingeschlossen
Rezeptor-gesteuerte Endozytose werden kleine Flüssig- wird. Die phagozytische Vakuole verändert sich und
keitsmengen aus der Umgebung in Clathrin-coated „reift“ durch zahlreiche Fusionsprozesse, hauptsächlich
Vesikeln (Abb. 41) und auch in Caveolae (Abb. 46) inter- mit Endosomen, in speziellen Fällen auch mit dem
nalisiert. In einigen Zelltypen werden große Mengen endoplasmatischen Retikulum, und wird vorbereitet für
Flüssigkeit über Makropinozytose aufgenommen. die Fusion mit Lysosomen. Außerordentlich wichtig ist
Dendritische Zellen verwenden einen solchen Mecha- die Ausschaltung schädigender Noxen durch Phago-
nismus für die Immunüberwachung ihrer Umgebung. zytose im Abwehrsystem, ebenso die gesteuerte Elimi-
Für die ultrastrukturelle Darstellung der Pinozytose nierung von Zellen und Matrixbestandteilen bei der
wird häufig Peroxidase (HRP – horseradish peroxidase) Gewebsneubildung und Umbildung. Abbildung A zeigt
verwendet, da dieses Enzym zytochemisch durch das eine Kupffer’sche Sternzelle im Lumen eines Lebersinus
elektronendichte Reaktionsprodukt nach Oxidation von der Ratte nach Phagozytose eines Erythrozyten. Das
Diaminobenzidin im Elektronenmikroskop gut sichtbar riesige Phagosom mit der internalisierten roten Blutzelle
gemacht werden kann. Abbildung A zeigt einen besetzt einen großen Teil des Zytoplasmas dieses
Ausschnitt aus der Dünndarmwand einer Ratte, der Makrophagen, in dem Galaktosereste mit Gold-
Peroxidase intravenös verabreicht wurde. Nicht nur ist Markierung für Ricinus communis I Lektin
dichtes Peroxidasereaktionsprodukt in allen Extra- nachgewiesen wurden. Die Markierung ist besonders
zellularräumen um die glatten Muskelzellen (offener intensiv in einem Lysosom (Ly).
Pfeilkopf) und die Wand einer Lymphkapillare (Pfeil-
kopf) zu erkennen. Das Bild zeigt auch, dass vesikulärer Literatur
transendothelialer Transport von HRP durch die
Lymphkapillarwand stattfindet (Pfeile) und stellenweise Dejardins M, and Griffiths G (2003) Phagocytosis: latex leads the
feine Kanäle durch Fusion der Vesikel gebildet werden. way. Curr Opin Cell Biol 15: 498
Die apikale Endothelzelloberfläche ist dicht mit HRP- Gagnon E, Duclos S, Rondeau C, Chevet E, Cameron PH, Steele-
Mortimer O, Paiement J, Bergeron JJM, and Desjardins M (2002)
gefüllten Transportgrübchen besetzt (Nebenbild).
Endoplasmic reticulum-mediated phagocytosis is a mechanism
Durch das dichte Peroxidasereaktionsprodukt erschei- of entry into macrophages. Cell 110: 119
nen die Lipoproteinpartikel im Lumen der Lymph- Garin J, Diez R, Kieffer S, Dermine J-F, Duclos S, Gagnon E,
kapillare negativ gefärbt als helle Körnchen vor dunk- Sadoul R, Rondeau C, and Desjardin M (2001) The phagosome
lem Hintergrund (Sterne). Die benachbarten glatten proteom: Insight into phagosome functions. J Cell Biol 152: 165
Muskelzellen besitzen an ihrer Oberfläche ausgedehnte Gillooly DJ, Simonsen A, and Stenmark H (2001)
HRP-markierte Caveolenareale (Pfeile, siehe auch Phosphoinositides and phagocytosis. J Cell Biol 155: 15
Abb. 46). Russell DG (2003) Phagosomes, fatty acids and tuberculosis. Nat
Cell Biol 5: 776

PHAGOZYTOSE

Phagozytose bedeutet, dass „die Zelle frisst“. Über diese


Art der Endozytose können spezialisierte Fresszellen des Vergrößerung: x 34,500 (A); x 47,000 (Nebenbild); x 6,400 (B)
Abbildung 47 95

*
Endothel

glatte Muskelzelle

Erythrozyt

Nukleus

Ly

cellular interdigitations
B
96 Das Zytoplasma: das lysosomale System und Erkrankungen

LYSOSOMEN

Lysosomen enthalten eine große Zahl verschiedener darmepithelzelle in Abbildung A enthalten zahlreiche
hydrolytisch spaltender Enzyme mit einem pH-Opti- Lipoproteinpartikel (LP). In allen drei Bildern sind auch
mum im sauren Bereich, Proteasen, Lipasen, Nukleasen, Autophagosomen (AV) und zahlreiche Mitochondrien
Glykosidasen, Phosphatasen und Sulfatasen, die den (M) zu sehen.
Abbau „nicht gewünschter“ Moleküle bewerkstellen. Je Die lysosomalen Enzyme werden am rauen endo-
nachdem, ob diese aus der Zelle selbst oder aus dem plasmatischen Retikulum synthetisiert und dort initial
Extrazellularbereich stammen, spricht man von Auto- glykosyliert. Im Golgi Apparat werden die Zuckerketten
phagie oder Heterophagie. Im Gegensatz zum histori- in einer für lysosomale Enzyme charakteristischen
schen Bild, in dem Lysosomen hauptsächlich als termi- Weise modifiziert. In einem 2-Stufen Prozess, der an
nale, unflexible Abfallkompartimente gesehen wurden, der cis-Golgi Seite beginnt und in den medialen
besteht zunehmend Klarheit darüber, dass es sich bei Zisternen fortgesetzt wird, werden durch die beiden
den Lysosomen um außerordentlich dynamische Or- Enzyme N-Azetyl-Glukosaminyl (GlcNAc)-1-Phospho-
ganellen handelt, die kontinuierlich Zufluss vom 3 Sei- transferase and GlcNAc-1-Phosphodiester alpha-N-
ten, aus den zellulären Synthesewegen, dem Endozy- Azetylglukosaminidase (siehe die Darstellung in der
tosesystem und dem autophagischen System, erhalten. Zeichnung) an den Asparagin-gebundenen Oligo-
Sie kontaktieren späte Endosomen über „kiss-and-run“- saccharidketten die für lysosomale Enzyme typischen
Mechanismen und sind auch imstande, mit der Mannose-6-Phosphat Reste eingesetzt. Die Mannose-6-
Plasmamembran zu fusionieren. Phosphat-tragenden Zuckerketten sind für eine effek-
Die Abbildungen A–C zeigen Lysosomen (Ly) im tive Sortierung der lysosomalen Enzyme in die lysoso-
Zytoplasma resorbierender Dünndarmepithelzellen malen Transportwege notwendig (siehe Abb. 49).
(Abb. A und B) und einer Leberepithelzelle (Abb. C) der
Ratte. In Abbildung C stellen sich die Lysosomen nach
einer Uranylazetat/Methylzellulose-Adsorptionsfärbung Literatur
der Dünnschnitte nach Einbettung in Lowicryl K4M
Bucci C, Thomsen P, Nicoziani P, McCarthy J, and van Deurs B
besonders distinkt und intensiv kontrastiert dar (siehe
(2000) Rab7: A key to lysosome biogenesis. Mol Biol Cell 11: 467
auch Abb. 80). Die Abbildungen zeigen deutlich die aus- Kornfeld S, and Mellman I (1989) The biogenesis of lysosomes.
geprägte Heterogenität der Lysosomen in Größe, Gestalt Annu Rev Cell Biol 5:483
und Inhalt. Dicht gepackte Membrankonvolute sind in Luzio JP, Poupon V, Lindsay R, Mullock BM, Piper RC, and Pryor
den Lysosomen in Abbildung B und im Nebenbild PR (2003) Membrane dynamics and the biogenesis of lysosomes
besonders auffällig. Obwohl Lysosomen in allen Zyto- (Review). Mol Membr Biol 20: 141
plasmabereichen zu finden sind, besteht eine bevorzugte Roth J, Taatjes DJ, and Tokuyasu KT (1990) Contrasting of
Konzentration in der Golgi Region (Abb. A und C), für Lowicryl K4M thin sections. Histochemistry 95, 123
die ein Regulationsmechanismus über Rab7 und Rab34 Storrie B, and Desjardins M (1996) The biogenesis of lysosomes:
Proteine, die mit einem Rab-bindenden lysosomalen is it a kiss and run continuous fusion and fission process?
Protein interagieren, verantwortlich gemacht wird. Die Bioessays 18: 895
Wang T, and Hong W (2002) Interorganellar regulation of lyso-
dilatierten Zisternen des Golgi Apparats in der Dünn-
some positioning by the Golgi apparatus through Rab34 interac-
tion with Rab-interacting lysosomal protein. Mol Biol Cell 13:
P P P P 4317
Wang T, Wong KK, and Hong W (2004) A unique region of RILP
GlcNAc-1-Phosphotransferase GlcNAc-1-Phosphodiester distinguishes it from its related proteins in its regulation of lyso-
+ 2 UDP-GlcNAc α-N-Azetylglukosaminidase
somal morphology and interaction with Rab7 and Rab34. Mol
Asn Asn Asn Biol Cell 15: 815

Vergrößerung: x 26,500 (A); x 26,000 (B); x 17,000 (Nebenbild);


x 43,000 (C)
Abbildung 48 97

M
Ly
Ly
M

LP AV

Golgi

A B

Ly
AV

AV
Ly

Ly

M
AV Golgi
M

C
98 Das Zytoplasma: das lysosomale System und Erkrankungen

LOKALISATION SAURER PHOSPHATASE , LAMP UND POLYLAKTOSAMIN

Lysosomale Enzyme und Membranproteine können mit Zytoplasma enthält, muss der Auflösung durch die im
Hilfe zytochemischer Methoden und Immunogold- Lumen aktiven Enzyme widerstehen. Die Struktur-
markierung lokalisiert werden. Abbildung A zeigt eine proteine der lysosomalen Membranen, die Lamps
enzymzytochemische Darstellung der sauren Phospha- (Lysosomen-assoziierte Membranproteine), Limps
tase in einer Pankreasazinuszelle der Ratte. Das sehr (lysosomale integrale Membranproteine) und Lgps
elektronendichte, bleihältige Reaktionsprodukt ist (lysosome Membranglykoproteine) sind luminal
innerhalb der Zisternen an der trans-Golgi Seite, in hochglykosyliert. Die humanen Proteine Lamp-1 und
coated Vesikeln, die sich von dort abschnüren (Pfeil), in Lamp-2 wurden als Sialoglykoproteine mit Poly-
kondensierenden Vakuolen (CV) und in Lysosomen laktosaminketten charakterisiert. In Abbildung B wird
(Ly) lokalisiert. Die reifen Sekretgranula (Zymogen- Lamp an Lysosomen (Ly) von HeLa-Zellen durch
granula – ZG) sind im Gegensatz dazu nicht reaktiv. Die Immunogoldmarkierung nachgewiesen. Abbildung C
Lokalisation der sauren Phosphatase an der trans-Golgi zeigt den Nachweis von Polylaktosamin in HeLa-Zell-
Seite spiegelt den gut charakterisierten Weg der lysoso- Lysosomen mit Hilfe von Gold-markiertem Datura stra-
malen Enzyme vom Golgi Apparat zu den Endosomen monium Lektin.
und Lysosomen. Zum Teil werden die Reaktionen aber In Zellen vorwiegend hämatopoetischer Abstam-
auch mit Endoproteasen und mit der Spaltung von mung sind Lysosomen auch sekretorische Organellen.
Cytidinmonophosphat, das während der terminalen Dazu gehören Granulozyten (Abb. 156, 157), Mastzellen
Glykosylierung entsteht (siehe Abb. 26), in Zusammen- (Abb. 127), Makrophagen (Abb. 125, 127) und dendri-
hang gebracht. tische Zellen, B- und T-Lymphozyten (Abb. 159),
Lysosomale Enzyme werden vom Golgi Apparat und Thrombozyten (Abb. 160, 161) und Osteoklasten
trans-Golgi Netzwerk (TGN) über spezifische Rezeptor- (Abb. 136).
bindung ihrer Mannose-6-Phospat-tragenden Zucker-
ketten (siehe Abb. 48) in die lysosomalen Transportwege
Literatur
aussortiert. Die entsprechenden Rezeptoren, der Kat-
ionen-abhängige und Kationen-unabhängige Mannose- Arighi CN, Hartnell LM, Aguilar RC, Haft CR, and Bonifacino JS
6-Phosphatrezeptor, sitzen in den trans-Golgi und (2004) Role of the mammalian retromer in sorting of the cation-
TGN-Membranen. Über Interaktion von Dileuzin- independent mannose 6-phosphate receptor. J Cell Biol 165: 123
Signalen in ihren zytosolischen Domänen mit GGAs Blott EJ, and Griffiths GM (2002) Secretory lysosomes. Nat Rev
Mol Cell Biol 3: 122
(Golgi lokalisierten, Gammaohr-tragenden ARF-
Carlsson SR, Roth J, Piller F, and Fukuda M (1988) Isolation and
bindenden Proteinen) und Zusammenspiel der GGAs characterization of human lysosomal membrane glycoproteins,
mit Adapterproteinen (Adapterprotein-1 – AP-1) und h-lamp-1 and h-lamp-2. Major sialoglycoproteins carrying poly-
Clathrin werden die Enzym-Rezeptorkomplexe in lactosaminoglycan. J Biol Chem 263: 18911
Clathrin-coated Vesikel, die vom trans-Golgi und TGN Doray B, Ghosh P, Griffith J, Geuze HJ, and Kornfeld S (2002)
absprossen, gepackt und gelangen auf diesem Weg zu Cooperation of GGAs and AP-1 in packaging MPRs at the trans
endosomalen Kompartimenten. Durch das saure Milieu Golgi network. Science 297: 1700
in den Endosomen dissoziieren die lysosomalen Eskelinen E-L, Tanaka Y, and Saftig P (2003) At the acidic edge:
Enzyme von den Rezeptoren und werden in der flüssi- emerging functions for lysosomal membrane proteins. Trends
gen Phase zu Lysosomen transferriert (siehe Abb. 48), Cell Biol 13: 137
während die Rezeptoren unter Einbeziehung von AP-1 Geuze HJ, Slot JW, Strous GJAM, Hasilik A, and von Figura K
(1985) Possible pathways for lysosomal enzyme delivery. J Cell
und einem „Retromer“-Proteinkomplex zum TGN
Biol 101: 2253
rücktransportiert werden. Karlsson K, and Carlsson SR (1998) Sorting of lysosomel mem-
Die Abbildungen B und C zeigen Markierungen für brane glycoproteins lamp-1 and lamp-2 into vesicles distinct
Bestandteile lysosomaler Membranen. Die Membran from mannose 6-phosphate receptor/gamma-adaptin vesicles at
der Lysosomen, die Protonenpumpen für den Transport the trans-Golgi network. J Biol Chem 273: 18966
von Wasserstoffionen in das Lumen und Proteine für Seaman MNJ (2004) Cargo-selective endosomal sorting for
den Transport der Abbauprodukte zurück in das retrieval to the Golgi requires retromer. J Cell Biol 165: 111

Vergrößerung: x 21,000 (A); x 42,000 (B); x 55,000 (C)


Abbildung 49 99

CV

ZG
Golgi

ZG Golgi
CV
ZG

Golgi

Ly

LAMP Polylaktosamin

Ly Ly

Ly

Ly
Ly

B C
100 Das Zytoplasma: das lysosomale System und Erkrankungen

DIE I-ZELLKRANKHEIT

Die I-Zellkrankheit (Mukolipidose II) ist eine autoso- einheiten kodierende Gen liegt auf Chromosom 12p
mal rezessiv vererbte lysosomale Speicherkrankheit. Der und dasjenige für die a-Untereinheit auf 16p. Die
zugrundeliegende Defekt besteht in einer gestörten genetischen Defekte bei der I-Zellkrankheit sind wenig
Synthese des Mannose-6-Phosphats an lysosomalen charakterisiert. Wahrscheinlich sind Punktmutationen
Enzymen, das für das Erkennen und Targeting dieser oder kleine Deletionen die Ursache für das Fehlen von
Enzyme in die Lysosomen essentiell ist. Die Transkripten für die _- und `-Untereinheiten.
N-Azetylglukosaminyl-1-Phosphotransferase, welche Die Behandlung der Patienten ist rein symptoma-
den ersten Schritt bei der Biosynthese des Mannose- tisch. Die pränatale Diagnose der I-Zellkrankheit gelingt
6-Phosphats bewerkstelligt, ist defekt (siehe Abb. 48). durch den Nachweis erhöhter lysosomaler Enzym-
Da alle lysosomalen Enzyme betroffen sind, sind die aktivitäten in der Fruchtwasserflüssigkeit und ihrem
Folgen der I-Zellkrankheit besonders schwerwiegend. gleichzeitigen weitgehenden Fehlen in kultivierten
Wegen des fehlenden Erkennungsmarkers werden alle Amnionzellen.
de novo synthetisierten lysosomalen Enzyme nach
extrazellulär sezerniert. Ein erhöhter Serumspiegel ver-
schiedenster lysosomaler Enzyme ist somit von diagnos-
tischer Bedeutung. Literatur
Morphologisch lassen sich zahlreiche membranbe- Carey WF, Jaunzems A, Richardson M, Fong BA, Chin SJ, and
grenzte Vakuolen nachweisen, die der Krankheit ihren Nelson PV (1999) Prenatal diagnosis of mucolipidosis II – elec-
Namen gegeben haben: Inklusions-Zellkrankheit. tron microscopy and biochemical evaluation. Prenat Diagn 19:
Abbildung A zeigt Fibroblasten der Dermis einer 252
Hautbiopsie mit zahlreichen, das Zytoplasma ausfüllen- Endo H, Miyazaki T, Asano S, and Sagami S (1987)
den membranbegrenzten Vakuolen. Das Nebenbild Ultrastructural studies of the skin and cultured fibroblasts in I-
illustriert den charakteristischen Inhalt der Vakuolen, cell disease. J Cutan Pathol 14: 309
der aus granulärem elektronendichtem Material besteht. Glickman JN, and Kornfeld S (1993) Mannose 6-phosphate-inde-
Gelegentlich finden sich, wie hier sichtbar, auch größere pendent targeting of lysosomal enzymes in I-cell disease B lym-
phoblasts. J Cell Biol 123: 99
Ablagerungen. Abbildung B ist von der gleichen
Hasilik A, Waheed A, and von Figura K (1981) Enzymatic phos-
Hautbiopsie und zeigt von der Speicherung betroffene phorylation of lysosomal enzymes in the presence of UDP-N-
Schwann-Zellen und Fibroblasten (Pfeile). Ein kleiner acetylglucosamine. Absence of the activity in I-cell fibroblasts.
myelinierter Nerv (NF) ist nicht betroffen. Solche elek- Biochem Biophys Res Commun 98: 761
tronenmikroskopischen Befunde sind eindeutige Honey NK, Mueller OT, Little LE, Miller AL, and Shows TB
Hinweise auf das Vorliegen einer I-Zellkrankheit. (1982) Mucolipidosis III is genetically heterogeneous. Proc Natl
Klinisch ist die I-Zellkrankheit charakterisiert durch Acad Sci USA 79: 7420
frühes Auftreten und fortschreitende psychomotorische Kornfeld S, and Sly WS (2001) I-cell disease and pseudo-Hurler
Retardation, die mit Skelettabnormalitäten und groben polydystrophy: disorders of lysosomal enzyme phosphorylation
Gesichtszügen („Wasserspeiergesicht“) verbunden sind. and localization. In: The metabolic and molecular bases of
Überraschenderweise sind verschiedene Zellen, wie inherited disease (Scriver C, Beaudet A, Valle D, and Sly WS, eds).
New York: McGraw-Hill, pp 3469
Hepatozyten, Kupffer-Zellen und Leukozyten nicht vom
Reitman M, Varki A, and Kornfeld S (1981) Fibroblasts from
Mangel an lysosomalen Enzymen betroffen. Das patients with I-cell disease and pseudo-Hurler polydystrophy are
bedeutet, dass sie lysosomale Enzyme über einen gegen- deficient in uridine 5’-diphosphate-N-acetylglucosamine: glyco-
wärtig noch unbekannten Mannose-6-Phosphat unab- protein N-acetylglucosaminylphosphotransferase activity. J Clin
hängigen Mechanismus endozytieren können. Invest 67: 1574
Die N-Azetylglukosaminyl-1-Phosphotransferase ist Vladutiu GD, and Rattazzi MC (1979) Excretion-reuptake route
ein komplex aufgebautes Molekül, das aus drei Unter- of beta-hexosaminidase in normal and I-cell disease cultured
einheiten (_2`2a2) besteht. Das für die _- und `-Unter- fibroblasts. J Clin Invest 63: 595

Vergrößerung: x 7,500 (A); x 21,000 (Nebenbild); x 7,000 (B)


Abbildung 50 101

Mukolipidose II (I-Zellkrankheit)

Nukleus

NF

B
102 Das Zytoplasma: das lysosomale System und Erkrankungen

MORBUS GAUCHER

Der Morbus Gaucher, der in drei Typen unterteilt wird, und der Typ 3 mit subakuter primärer Einbeziehung des
die sich hinsichtlich ihres klinischen Verlaufs und des zentralen Nervensystems. Charakteristischerweise ist die
Organbefalls unterscheiden, ist die häufigste lysosomale Krankheit sowohl geno- als auch phänotypisch hetero-
Speicherkrankheit. Allen gemeinsam ist eine gestörte gen und der Typ 1 ist der häufigste.
Hydrolyse des Glukosylzeramids (Glukozerebrosid), die Typ 1 Gaucher stellt ein klassisches Beispiel für
zur lysosomalen Akkumulation dieses Glykolipids Enzymersatztherapie dar. Die Effizienz der Therapie
vorzugsweise in Phagozyten führt. konnte durch den Einsatz von rekombinantem Enzym
Beim Typ 1 Gaucher sind Leber und Milz durch gesteigert werden, dessen Glykane so konstruiert wur-
Makrophagen vergrößert und gelegentlich funktionell den, dass sie vom Mannoserezeptor an der Oberfläche
beeinträchtigt. Das Knochenmark kann von Speicher- von Makrophagen erkannt wurden. Das resultierte in
zellen (Makrophagen) erfüllt sein, was zur Beein- effizienter Rezeptor-vermittelter Endozytose des Enzyms
trächtigung der Hämatopoese führt. Die resultierende durch Makrophagen.
Thrombozytopenie verursacht häufig Blutungen.
Die ultrastrukturell beobachteten Merkmale der
befallenen Zellen in Typ 1 Gaucher sind derart charak- Literatur
teristisch, dass sie die zweifelsfreie Diagnose ermög- Barneveld RA, Keijzer W, Tegelaers FP, Ginns EI, Geurts van
lichen. Die lysosomale Speicherung wird in Phagozyten Kessel A, Brady RO, Barranger JA, Tager JM, Galjaard H,
vornehmlich des Knochenmarks, der Leber und der Westerveld A, and Reuser AJ (1983) Assignment of the gene cod-
Milz beobachtet. Abbildung A zeigt eine Gaucher-Zelle, ing for human beta-glucocerebrosidase to the region q21-q31 of
die durch das Vorhandensein zahlreicher aufgeblähter chromosome 1 using monoclonal antibodies. Hum Genet 64: 227
Lysosomen enorm vergrößert ist (Durchmesser bis zu Beutler E, and Grabowski G (2001) Gaucher disease. In: The
200 µm). Abbildung B zeigt eine betroffene Kupffer- metabolic and molecular bases of inherited diseases (Scriver C,
Beaudet A, Valle D, and Sly WS, eds). New York: McGraw-Hill,
Zelle in einer Leberbiopsie mit den pathognomonischen
pp 3635
Veränderungen. In dieser Gaucher-Zelle erscheint das Brady R, Kanfer J, and Shapiro D (1965) Metabolism of gluco-
Zytoplasma wie zerknittertes Seidenpapier. Bei stärkerer cerebrosides II. Evidence of an enzymatic deficiency in Gaucher’s
Vergrößerung, wie in Abbildung B gezeigt, sind die disease. Biochem Biophys Res Commun 18: 221
Lysosomen mit den typischen Bündeln von verdrehten Desnick RJ, and Schuchman EH (2002) Enzyme replacement and
tubulusartigen Strukturen erfüllt. enhancement therapies: lessons from lysosomal disorders. Nat
Der Morbus Gaucher ist eine X-chromosomal, auto- Rev Genet 3: 954
somal rezessiv vererbte Erkrankung und bedingt durch Devine EA, Smith M, Arredondo-Vega FX, Shafit-Zagardo B, and
Mutationen im Gen der lysosomalen `-Glukosidase Desnick RJ (1982) Regional assignment of the structural gene for
(Glukozerebrosidase), das sich auf Chromosom 1q21 human acid beta-glucosidase to q42 leads to qter on chromosome
befindet. Die Krankheit tritt am häufigsten unter den 1. Cytogenet Cell Genet 33: 340
Dickersin G (2000) Diagnostic electron microscopy. A text/atlas
Ashkenazi Juden auf. In der Regel handelt es sich um
New York: Springer
Misssensmutationen, unter denen die N370S Mutation Ginns EI, Choudary PV, Tsuji S, Martin B, Stubblefield B, Sawyer J,
die häufigste ist. Die Mutationen haben die Synthese Hozier J, and Barranger JA (1985) Gene mapping and leader
eines Enzyms zur Folge, dessen katalytische Aktivität polypeptide sequence of human glucocerebrosidase: implications
und Stabilität herabgesetzt sind. for Gaucher disease. Proc Natl Acad Sci USA 82: 7101
Wie bereits erwähnt existieren drei Typen des Jordan S (1964) Electron microscopy of Gaucher cells. Exp Mol
Morbus Gaucher: der Typ 1 ohne, der Typ 2 mit akuter Pathol 3: 76

Vergrößerung: x 7,000 (A); x 29,000 (B)


Abbildung 51 103

Morbus Gaucher

Gaucher-Zelle

Nukleus

B
104 Das Zytoplasma: das lysosomale System und Erkrankungen

MORBUS FABRY

Der Morbus Fabry ist eine X-chromosomal, rezessiv Patienten mit fehlender Enzymaktivität und frühem
vererbte lysosomale Speicherkrankheit, die durch einen Auftreten von Krankheitssymptomen von den atypi-
Mangel oder das Fehlen von _-Galaktosidase A bedingt schen Hemizygoten mit unterschiedlicher Restenzym-
ist. Dadurch kommt es zur lysosomalen Speicherung aktivität und daraus resultierenden fehlenden oder erst
von Glykosphingolipiden mit terminalen _-Galaktose- spät auftretenden Krankheitssymptomen zu unterschei-
resten, wie beispielsweise Globotriaosylzeramid und in den. Bei letzteren können sich die Speicherungen auf
geringerem Ausmaß von Galabiosylzeramid und Blut- das Myokard begrenzen.
gruppe B Substanz. Die klinischen Folgen der lysosomalen Speicherun-
Das Verteilungsmuster der Glykosphingolipid- gen in den Gefäßen von Niere, Herz und Gehirn mani-
ablagerung beim Morbus Fabry ist charakteristisch und festieren sich als Ischämie und Thrombenbildung, die
bezieht hauptsächlich das Endothel und die glatte zu Infarkten in diesen Organen führen. Die Gefäß- und
Muskulatur der Blutgefäße ein, wie in Abbildung A Parenchymläsionen in der Niere führen zur Bildung von
illustriert ist. Sowohl die aufgetriebenen Endothelzellen Schrumpfnieren, gefolgt von Niereninsuffizienz und
wie auch die glatten Muskelfasern enthalten zahlreiche Hypertonie. Die Ablagerungen in den Nervenzellen sind
vergrößerte, multilamelläre Einschlüsse aufweisende die wahrscheinliche Ursache für Parästhesien,
Lysosomen (Sterne). Dieses Material erscheint licht- Schmerzattacken, Hypohydrose und andere allgemeine
mikroskopisch doppeltbrechend. Die lysosomalen neurologische Symptome. Zusätzlich zur chronischen
Ablagerungen bestehen aus konzentrisch oder parallel ischämischen Herzkrankheit treten Linksventrikel-
angeordneten Lamellen, wie aus Abbildung B ersichtlich hypertrophie und Mitralklappeninsuffizienz auf. In
ist. Bei stärkerer Vergrößerung sind die alternierend atypischen hemizygoten Patienten kann die einzige
elektronendichten und -luzenten Linien klar erkennbar klinische Manifestation in einer Kardiomyopathie mit
(Abb. C). Die gleichen Einschlüsse können in den Linksventrikelhypertrophie bestehen.
Lysosomen von Neuronen des peripheren und zentralen
Nervensystems, in Podozyten und Tubulusepithelien
der Niere, Epithelien der Kornea und Myokardiozyten Literatur
beobachtet werden. Typischerweise finden sich in der
Cable WJ, Dvorak AM, Osage JE, and Kolodny EH (1982) Fabry
Haut Angiokeratome, die aus beträchtlich erweiterten
disease: significance of ultrastructural localization of lipid inclu-
Kapillaren der dermalen Papillen bestehen. Die sions in dermal nerves. Neurology 32: 347
Hauptquellen für die gespeicherten Glykosphingolipide Desnick R, Ioannou Y, and Eng C (2001) _-galactosidase A defi-
stellen zum einem das von Hepatozyten synthetisierte ciency: Fabry disease. In: The metabolic and molecular bases of
und mit Low-Density-Lipoprotein assoziierte inherited disease (Scriver C, Beaudet A, Sly W, and Valle D, eds).
Globotriasylzeramid und zum anderen das High- New York: McGraw-Hill, pp 3733
Density-Lipoprotein und Globosid von Erythrozyten Faraggiana T, Churg J, Grishman E, Strauss L, Prado A, Bishop DF,
dar. Schuchman E, and Desnick RJ (1981) Light- and electron-micro-
Die gespeicherten Glykosphingolipide können zyto- scopic histochemistry of Fabry’s disease. Am J Pathol 103: 247
chemisch mit dem Bandeiraea simplicifolia Lektin, das Roth J, Schulze E, Raabe G, and Waldmann G (1974) Analytische
mit terminalen _-Galaktoseresten reagiert, oder mit Studie des Morbus Fabry. Virchows Arch A Path Anat 363: 287
Schatzki PF, Kipreos B, and Payne J (1979) Fabry’s disease.
einem gegen Globotriasylzeramid gerichteten mono-
Primary diagnosis by electron microscopy. Am J Surg Pathol 3:
klonalen Antikörper nachgewiesen werden. 211
Das für die _-Galaktosidase A kodierende Gen Uchino M, Uyama E, Kawano H, Hokamaki J, Kugiyama K,
befindet sich auf Chromosom Xq22.1. Beim Morbus Murakami Y, Yasue H, and Ando M (1995) A histochemical and
Fabry existiert keine Genotyp-Phänotyp Korrelation. electron microscopic study of skeletal and cardiac muscle from a
Weder der Typ noch die Lage der Mutation ist von Fabry’s disease patient and carrier. Acta Neuropathol (Berlin) 90:
prädiktivem Wert. Klinisch sind klassische hemizygote 334

Vergrößerung: x 9,800 (A); x 25,000 (B); x 220,000 (C)


Abbildung 52 105

Morbus Fabry Endothel

*
*

Elastica interna

glatte Muskelzelle

B C
106 Das Zytoplasma: das lysosomale System und Erkrankungen

GM2-GANGLIOSIDOSEN

Die GM2-Gangliosidosen stellen eine heterogene von neuronalen Schaltkreisen, die zu Dystonie, spino-
Gruppe autosomal rezessiv vererbter lysosomaler zerebellarer Degeneration und Erkrankungen der
Speicherkrankheiten dar, die durch die Speicherung von Motoneuronen führen. Die abnormale Vernetzung der
GM2-Gangliosid und verwandten Glykolipiden charak- neuronalen Schaltkreise mit der Bildung aberranter
terisiert sind. Die Ursachen für das Auftreten der ver- synaptischer Kontakte scheint kausal zu sein. Allerdings
schiedenen GM2-Gangliosidosen liegen im kompli- ist der genaue pathogenetische Mechanismus unbekannt.
zierten Abbauweg des GM2-Gangliosids. Zunächst Verschiedene Behandlungsarten für die GM2-Gan-
erfolgt die Komplexbildung mit dem GM2-Aktivator, gliosidosen sind evaluiert worden, wie Enzym-
die von der Hydrolyse des GM2-Gangliosids durch die ersatztherapie und Knochenmarkstransplantation. Die
`-Hexosaminidase A and B gefolgt ist. Somit können pränatale Diagnose kann durch die Messung der
Mutationen in jedem der für diese drei Proteine Aktivität für `-Hexosaminidase A and B gestellt werden,
kodierenden Gene krankheitsverursachend sein. Der die ohne weiteres durch die Untersuchung von Amnion-
Morbus Tay-Sachs und seine Varianten sind durch flüssigkeit gelingt.
Mutationen des auf Chromosom 15 befindlichen SER: glattes endoplasmatisches Retikulum; M: Mito-
HEXA-Gens bedingt, das für die _-Untereinheit der chondrien; Pfeilköpfe: Glykogen.
Hexosaminidase A kodiert. Der Morbus Sandhoff und
seine Varianten sind durch Mutationen des auf
Chromosom 5 lokalisierten HEXB-Gens verursacht, das
für die gemeinsame `-Untereinheit der Hexosaminidase
A und B kodiert. Mutationen des auf Chromosom 5 Literatur
befindlichen GM2A-Gens verursachen GM2-Aktivator- Akerman BR, Natowicz MR, Kaback MM, Loyer M, Campeau E,
Mangel. and Gravel RA (1997) Novel mutations and DNA-based screen-
Nicht unerwartet manifestieren sich die komplexen ing in non–Jewish carriers of Tay-Sachs disease. Am J Hum Genet
genetischen Ursachen der GM2-Gangliosidosen in kom- 60: 1099
plexen Krankheitsbildern, denen allen die Einbeziehung Gravel R, Kaback M, Proia R, Sandhoff K, Suzuki K, and Suzuki K
des Nervensystems mit lysosomaler Speicherung in allen (2001) The GM2-gangliosidoses. In: The metabolic and molecular
Neuronen gemeinsam ist. Charakteristischerweise sind bases of inherited disease (Scriver C, Beaudet A, Valle D, and Sly
die Perikarya wegen der Anwesenheit zahlreicher ver- WS, eds). New York: McGraw-Hill, pp 3827
Myerowitz R, and Costigan FC (1988) The major defect in
größerter Lysosomen aufgetrieben. Elektronen-
Ashkenazi Jews with Tay-Sachs disease is an insertion in the gene
mikroskopisch bestehen die Speicherungen aus konzen- for the alpha-chain of beta-hexosaminidase. J Biol Chem 263:
trisch angeordneten multilamellären Membranen, die 18587
sich somit feinstrukturell von denen der I-Zellkrankheit Purpura DP, and Suzuki K (1976) Distortion of neuronal geome-
(Abb. 50), dem Morbus Fabry (Abb. 52) und dem try and formation of aberrant synapses in neuronal storage dis-
Morbus Farber (Abb. 54) sowie der metachromatischen ease. Brain Res 116: 1
Leukodystrophie (Abb. 153) und der neuronalen Sandhoff K, Andreae U, and Jatzkewitz H (1968) Deficient hex-
Zeroid-Lipofuszinose (Abb. 154) unterscheiden. Beim osaminidase activity in an exceptional case of Tay-Sachs disease
Morbus Sandhoff sind die lysosomalen Speicherungen with additional storage of kidney globoside in visceral organs.
nicht nur in Neuronen, sondern auch in Leber, Lunge, Pathol Eur 3: 278
Niere, Milz und Lymphknoten vorhanden. In der Leber Schroder M, Schnabel D, Hurwitz R, Young E, Suzuki K, and
Sandhoff K (1993) Molecular genetics of GM2-gangliosidosis AB
sind Hepatozyten und Kupffer-Zellen betroffen, wie in
variant: a novel mutation and expression in BHK cells. Hum
den Abbildungen A und B illustriert ist. Die Hepato- Genet 92: 437
zyten sind von herdförmig angeordneten, manchmal Schroder M, Schnabel D, Suzuki K, and Sandhoff K (1991)
konfluierenden Einschlusskörpern erfüllt (Pfeile in A mutation in the gene of a glycolipid-binding protein (GM2-acti-
Abb. B). Bei dieser Vergrößerung sind die konzen- vator) that causes GM2-gangliosidosis variant AB. FEBS Lett 290: 1
trischen multilamellären Einschlüsse gut erkennbar. Suzuki K (1991) Neuropathology of late onset gangliosidoses.
Die zytoplasmatischen Einschlusskörper in den A review. Dev Neurosci 13: 205
Perikarya der Neuronen verursachen Fehlfunktionen

Vergrößerung: x 11,000 (A); x 36,000 (B)


Abbildung 53 107

GM2-Gangliosidose (Sandhoff)

M SER

A M Nukleus

B
108 Das Zytoplasma: das lysosomale System und Erkrankungen

MORBUS FARBER

Der Morbus Farber, auch als saurer Zeramidase-Mangel Knoten im Bereich der betroffenen Gelenke und
oder Farber’sche Lipogranulomatose bezeichnet, ist eine Druckpunkte sowie fortschreitender Heiserkeit durch
autosomal rezessiv vererbte lysosomale Speicherkrank- Kehlkopfveränderungen. Bei Typ 4 bestehen zusätzlich
heit, die mit Zeramidspeicherung einhergeht. Da das Hepatosplenomegalie und bei Typ 5 progrediente neu-
gespeicherte Zeramid in Lysosomen eingeschlossen ist, rologische Symptome. Die Diagnose kann anhand der
hat es keine Funktion als Signalmolekül. erwähnten klassischen Symptome, durch den Nachweis
Die auffallenden histologischen Veränderungen einer dramatisch reduzierten Aktivität der sauren
bestehen in Granulomen, die aus mit Lipiden beladenen Zeramidase () 6% vom Normalwert) und die elektro-
Schaumzellen zusammengesetzt sind und von Lympho- nenmikroskopische Untersuchung einer Hautbiopsie
zyten, Makrophagen und vielkernigen Riesenzellen gestellt werden. Die pränatale Diagnose gelingt durch
umgeben sein können. Abbildung A zeigt eine Enzymaktivitätsbestimmung in kultivierten Amnion-
Schaumzelle in der Hautbiopsie eines an Morbus Farber zellen oder Chorionzotten.
erkrankten Patienten. Sie enthält zahlreiche große (bis
zu 3 µm messende) Einschlusskörper von irregulärer
Gestalt (Sterne in Abb. A), die von der lysosomalen
Membran umgeben sind. Bei stärkerer Vergrößerung, Literatur
wie in Abbildung B gezeigt, können die ultrastrukturell Burck U, Moser HW, Goebel HH, Gruttner R, and Held KR
kennzeichnenden Einschlüsse erkannt werden. Es han- (1985) A case of lipogranulomatosis Farber: some clinical and
delt sich um kommaförmige, kurviglineare Tubuli, die ultrastructural aspects. Eur J Pediatr 143: 203
als Farber Bodies bezeichnet werden. Wegen ihrer be- Fusch C, Huenges R, Moser HW, Sewell AC, Roggendorf W,
sonderen Form werden sie auch Bananen-Körperchen Kustermann-Kuhn B, Poulos A, Carey WF, and Harzer K (1989)
genannt. Ihr Nachweis ermöglicht die zweifelsfreie A case of combined Farber and Sandhoff disease. Eur J Pediatr
Diagnose eines Morbus Farber. 148: 558
Die Erkrankung ist durch einen Mangel an lysoso- Koch J, Gartner S, Li CM, Quintern LE, Bernardo K, Levran O,
maler saurer Zeramidase bedingt, die aus einer 13 kDa Schnabel D, Desnick RJ, Schuchman EH, and Sandhoff K (1996)
_-Untereinheit und einer 40 kDa `-Untereinheit be- Molecular cloning and characterization of a full-length comple-
mentary DNA encoding human acid ceramidase. Identification of
steht. Es handelt sich um eine typische Bilanzstörung
the first molecular lesion causing Farber disease. J Biol Chem 271:
mit einer normalen Syntheserate von Zeramid. Jedoch 33110
kann das vom Abbau komplexer Glykolipide herstam- Li CM, Park JH, He X, Levy B, Chen F, Arai K, Adler DA,
mende Zeramid nicht hydrolysiert werden. Das für die Disteche CM, Koch J, Sandhoff K, and Schuchman EH (1999)
beiden Enzymuntereinheiten kodierende Gen liegt auf The human acid ceramidase gene (ASAH): Structure, chromoso-
Chromosom 8p21.3/22. Gegenwärtig sind als Krank- mal location, mutation analysis, and expression. Genomics 62:
heitsursache sowohl Punktmutationen als auch zwei 223
Spleissort Mutationen, die zur Deletion von Exon 6 und Moser H, Linke T, Fensom A, Levadxe T, and Sandhoff K (2001)
Exon 13 führen, bekannt. Klinisch werden sieben Acid ceramidase deficiency: Farber lipogranulomatosis. In: The
Phänotypen der Krankheit unterschieden, wobei fünf metabolic and molecular bases of inherited disease (Scriver C,
von ihnen sich lediglich durch die Schwere der Beaudet A, Valle D, and Sly WS, eds). New York: McGraw-Hill,
pp 3573
Erkrankung und unterschiedliche Organmanifes-
Rauch HJ, and Aubock L (1983) „Banana bodies“ in disseminat-
tationen unterscheiden. Der Typ 6 stellt eine Kombi- ed lipogranulomatosis (Farber’s disease). Am J Dermatopathol 5:
nation von Morbus Farber und Morbus Sandhoff dar, 263
und Typ 7 ist durch einen gleichzeitigen Mangel an Schmoeckel C, and Hohlfed M (1979) A specific ultrastructural
saurer Zeramidase, Glukozerebrosidase und Galakto- marker for disseminated lipogranulomatosis (Faber). Arch
zerebrosidase verursacht. Die klassischen klinischen Dermatol Res 266: 187
Symptome bestehen in schmerzhaften Gelenk- Sugita M, Dulaney JT, and Moser HW (1972) Ceramidase defi-
schwellungen und dem Auftreten von subkutanen ciency in Farber’s disease (lipogranulomatosis). Science 178: 1100

Vergrößerung: x 8,500 (A); x 41,000 (B)


Abbildung 54 109

Morbus Farber

*
*

B
110 Das Zytoplasma: das lysosomale System und Erkrankungen

MORBUS WOLMAN

Der Morbus Wolman ist eine autosomal rezessiv synthese und vermehrter Rezeptor-vermittelter
vererbte lysosomale Speicherkrankheit, die durch einen Endozytose von Cholesterin. Hierbei handelt es sich um
Mangel an lysosomaler saurer Lipase bedingt ist. einen typischen Circulus vitiosus, der zu vermehrter
Die gezeigte elektronenmikroskopische Abbildung lysosomaler Speicherung und insgesamt einer
stammt von der Leberbiopsie eines Patienten und zeigt Verschlechterung der Krankheit führt.
die typischen feinstrukurellen Veränderungen. Das Zyto- Die klinischen Symptome des Morbus Wolman
plasma der Hepatozyten ist von zahlreichen, in ihrer bestehen in Hepatosplenomegalie und gastrointesti-
Größe stark variierenden, tropfenartig aussehenden nalen Beschwerden wie Erbrechen und Durchfall. Die
Lysosomen erfüllt (Sterne), die erwartungsgemäß von Therapie ist symptomatisch und besteht in einer
einer Membran begrenzt sind, wie bei starker Ver- Behandlung mit HMG-CoA Reduktasehemmern und
größerung im Nebenbild zu sehen ist. Das gespeicherte Hemmern der Cholesterinsynthese und Apolipo-
Material stellt sich elektronenmikroskopisch strukturlos protein B Produktion.
dar, was in deutlichem Kontrast zur auffälligen Struktur
der Ablagerungen bei anderen lysosomalen Speicher-
krankheiten, wie dem Morbus Gaucher (Abb. 51), Fabry
Literatur
(Abb. 52) und Farber (Abb. 54) steht. Gleichwohl sind
die strukturlos erscheinenden lysosomalen Einschlüsse Anderson R, Byrum R, Coates P, and Sando G (1994) Mutations
charakteristisch und ähnlich pathognomonisch bedeu- at the lysosomal acid cholesteryl ester hydrolase gene locus in
tend wie ihre strukturierten Gegenbeispiele. An dieser Wolman disease. Proc Natl Acad Sci USA 91: 2718
Stelle sollte erwähnt werden, dass die elektronen- Assmann G, and Seedorf U (2001) Acid lipase deficiency:
Wolman disease and cholesteryl ester storage disease. In: The
mikroskopischen Untersuchungen von Haut- oder
metabolic and molecular bases of inherited disease (Scriver C,
Leberbiopsien einen bedeutenden Platz bei der Beaudet A, Valle D, and Sly W, eds). New York: McGraw Hill,
Diagnosestellung lysosomaler Speicherkrankheiten ein- pp 3551
nehmen. Lough J, Fawcett J, and Wiegensberg B (1970) Wolman’s disease:
Das Gen für die saure Lipase befindet sich auf an electron microscopic, histochemical and biochemical study.
Chromosom 10q23 und diverse Typen von Mutationen Arch Pathol 89: 103
wie Nonsens- und Misssens-Mutationen, Frameshifts Marshall W, Ockenden B, Fosbrokke A, and Cumings J (1968)
und das Überspringen von Exons sind krankheitsverur- Wolman’s disease: a rare lipodosis with adrenal calcification. Arch
sachend. Durch den Mangel an saurer Lipase kommt es Dis Child 44: 331
zur massiven Speicherung von Cholesterinestern und Ries S, Büchler C, Schindler G, Aslanidis C, Ameis D, Gasche C,
Triglyzeriden in den Lysosomen, was zur Hepatomegalie Jung N, Schambach A, Fehringer P, Vanier M, et al. (1998)
Different missense mutations in histidine-108 of lysosomal acid
führt. Lysosomale Speicherungen treten auch in den
lipase cause cholesteryl ester storage disease in unrelated
Nebennieren auf und verursachen Nekrosen mit nach- compound heterozygous and hemizygous individuals. Hum
folgenden dystrophischen Verkalkungen. Bedingt durch Mutat 12: 44
das fehlende Austreten von freiem Cholesterin aus Wolman F, Sterck V, Gatt S, and Frenkel M (1961) Primary famil-
Lysosomen werden die Low-Density-Lipoprotein ial xanthomatosis with involvement and calcification of the
Rezeptoren und die HMG-CoA Reduktase aufreguliert. adrenals: report of two more cases in siblings of a previously
Das führt zu einer vermehrten de novo Cholesterin- described infant. Pediatrics 28: 742

Vergrößerung: x 7,900; x 120,000 (Nebenbild)


Abbildung 55 111

Morbus Wolman

Nukleus

*
112 Das Zytoplasma: das lysosomale System und Erkrankungen

GLYKOGENOSE VOM TYP II ZYSTINOSE

Diese lysosomale Speicherkrankheit ist eine autosomal Die Zystinose ist eine seltene, autosomal rezessiv
rezessiv vererbte Erkrankung und wird auch als saurer vererbte Erkrankung, die den lysosomalen Membran-
Maltasemangel oder Pompe’sche Krankheit bezeichnet. transport betrifft. Bedingt durch einen Defekt im
Das Glykogen wird in den Lysosomen gespeichert, Carrier-vermittelten Zystintransport durch die lysoso-
im Gegensatz zu allen anderen Glykogenspeicher- male Membran kommt es zu einem zehn- bis einhun-
krankheiten, bei denen die Speicherung zytosolisch ist dertfach erhöhten Gehalt an freiem Zystin in den
(siehe Abb. 64B). Die Leber ist am stärksten betroffen. Lysosomen. Das führt zur Ausbildung von Kristallen in
Abbildung A zeigt die lysosomale Glykogenspeicherung den Lysosomen (Sterne in Abb. B), die dadurch enorm
(Sterne) in Hepatozyten einer Leberbiopsie. Das vergrößert sind und die verschiedensten Formen
Nebenbild zeigt einen Ausschnitt eines Glykogen-spei- aufweisen können. Rechteckige Einschlüsse verursachen
chernden Lysosoms mit seiner Membran. Das gespei- Doppeltbrechnung im Lichtmikroskop. Die Speiche-
cherte Glykogen erscheint strukturell normal. Zu- rung kann in den Lysosomen der verschiedensten
sätzlich sind in Abbildung A auch typische Glykogen- Gewebe und Organe nachgewiesen werden und führt
partikeln im Zytosol sichtbar (siehe Abb. 64A). zu einem fortschreitenden Schaden der Lysosomen.
Die Krankheit ist durch einen Mangel an lysosomaler Hauptsächlich sind die Nieren betroffen mit nachfol-
saurer _-Glukosidase verursacht, deren Gen auf Chro- gender Ausbildung eines tubulären Fanconi-Syndroms
mosom 17q25 liegt. Es sind eine Vielzahl krankheits- und glomerulären Schäden, die eine Dialyse oder
verursachender Mutationen bekannt. Klinisch können Nierentransplantation nötig machen.
verschiedene Krankheitsbilder unterschieden werden, Der krankheitsverursachende Defekt betrifft das
die alle mit einer Myopathie einhergehen aufgrund der Zystinosin, ein polytopes Membranprotein. Das
Glykogenspeicherungen in der Herz- und Skelett- Zystinose Gen, CNTS, liegt auf Chromosom 17p13. Für
muskulatur sowie der glatten Muskulatur. Thera- die Diagnosestellung ist der Nachweis eines erhöhten
peutisch wird Enzymsubstitution durchgeführt. Die Zystingehalts im peripheren Blut maßgebend.
somatische Gentherapie befindet sich im experi-
mentellen Stadium. Knochenmarkstransplantationen Literatur
haben bislang keine befriedigenden Resultate erbracht.
Gahl W, Thoene J, and Schneider J (2001) Cystinosis: a disorder
of lysosomal membrane transport. In: The metabolic and
molecular bases of inherited diseases (Scriver C, Beaudet A, Valle
Literatur
D, and Sly WS, eds). New York: McGraw Hill, pp 5085
Hirschhorn R, and Reuser A (2001) Glycogen storage disease type McDowell G, Town M, van’t Hoff W, and Gahl W (2000) Clinical
II: acid _-glucosidase (acid maltase) deficiency. In: The metabolic and molecular aspects of nephropatic cystinosis. Pediatr Res 47:
and molecular bases of inherited diseases (Scriver C, Beaudet A, 17
Valle D, and Sly W, eds). New York: McGraw Hill, pp 3389 Spears G, Slusser R, Tousimis A, Taylor C, and Schulman J (1971)
Huie M, Chen A, Tsujino S, Shanske S, DiMauro S, Engel A, and Cystinosis: an ultrastructural and electron-probe study of the
Hirschhorn R (1994) Aberrant splicing in adult onset glycogen kidney with unusual findings. Arch Pathol Lab Med 9: 206
storage disease type II (GSDII): molecular identification of an Touchman J, Anikster Y, Dietrich N, Maduro V, McDowell G,
IVS1(-13T6G) mutation in a majority of patients and a novel Shotelersuk V, and Bouffard G (2000) The genomic region
IVS0(+1GT6CT) mutation. Hum Mol Genet 3: 1081 encompassing the nephropathic cystinosis gene (CNTS): com-
Martiniuk F, Mehler M, Pellicer A, Tzall S, LaBadie G, Hobart C, plete sequencing of a 200-kb segment and discovery of a novel
Ellenbogen A, and Hirschhorn R (1986) Isolation of a cDNA for gene within the common cystinosis-causing deletion. Genome
human acid alpha glucosidase and detection of genetic hetero- Res 10: 165
geneity for mRNA in three alpha glucosidase deficient patients. Town M, Jean G, Cherqui S, Attard M, Forestier L, Whitmore S,
Proc Natl Acad Sci USA 83: 9641 and Callen D (1998) A novel gene encoding an integral mem-
Pompe J-C (1932) Over idiopatische hypertrophie van het hart. brane protein which is mutated in nephropathic cystinosis. Nat
Ned Tijdschr Geneesk 76: 304 Genet 18: 319

Vergrößerung: x 12,000 (A); x 117,000 (Nebenbild); x 8,200 (B)


Abbildung 56 113

Glykogenose Typ II (Pompe)

*
*

Zystinose

Nukleus

* *

*
B
114 Das Zytoplasma: die Autophagozytose

AUTOPHAGOSOMEN : ORGANELLEN FÜR DIE LIMITIERTE SELBSTVERDAUUNG

Autophagozytose ist ein unter physiologischen und dichten Kern nicht verdaubaren Materials und werden
pathologischen Bedingungen auftretender Prozess. Es als Restkörper bezeichnet.
handelt sich um einen komplexen und regulierten Durch Untersuchungen der Autophagozytose an
Vorgang, der als Folge von Fasten, zellulärer Überbelas- Hefen konnten die meisten der involvierten Gene und
tung oder Zellschädigung eintritt und zur Entfernung anschließend ihre Mammalier Homologe identifiziert
überzähliger oder geschädigter Organellen und Anteile werden. Die Tor-Protein Kinase der Hefe ist Bestandteil
des Zytosols führt. Makrophagozytose ist die Segrega- eines Signalübertragungssystems für Nährstoffe, das bei
tion und anschließende Verdauung von Organellen und Nährstoffmangel inaktiviert wird. Das führt zur Bildung
Anteilen des Zytosols, Makropexie die Autophagozytose von Autophagosomen unter der Beteiligung von drei
von Peroxisomen, Krinophagie die von Sekretgranula Eiweißklassen: den Apg* (Autophagie defizient), Aut*
endokriner Zellen, und Mikroautophagie die von (Autophagie), und Cvt* (Zytoplasma zu Vakuole)
kleinen Anteilen des Zytosols. Proteinen. Aut7p*, ein Ubiquitin-artiges Protein, ist
Ein bewährtes experimentelles System zur Analyse während der Initialphase der Autophagosomenbildung
der Makropexie ist die Behandlung von Ratten mit Di- von kritischer Bedeutung und fungiert gemeinsam mit
(2-Äthylexyl) Phthalatin, die zur Proliferation von anderen Apg-Proteinen auch in späteren Phasen.
Peroxisomen führt. Die überzähligen Peroxisomen wer- M: Mitochondrium; PO: Peroxisomen.
den durch Autophagozytose eliminiert. Am Beginn steht
die Entwicklung der Autophagie Vakuole. Es bildet sich
eine Doppelmembran (Pfeilköpfe in Abb. A) um die
Organelle(n), die sich schließt und zur Sequestrierung Literatur
der Organelle(n) führt. Die Sequestrierungsmembran Dunn W (1990) Studies on the mechanism of autophagy: forma-
stammt wahrscheinlich vom endoplasmatischen tion of the autophagic vacuole. J Cell Biol 110: 1923
Retikulum ab, da sie Marker wie Glukose-6-Phospha- Dunn W (1990) Studies on the mechanism of autophagy: matu-
tase, Karboxyesterase 1 und Glukosidase II enthält. ration of the autophagic vacuole. J Cell Biol 110: 1935
Frühe Autophagie Vakuolen enthalten keine lysosoma- Kim J, and Klionsky D (2000) Autophagy, cytoplasm-to-vacuole
len Hydrolasen und die Sequestrierungsmembran targeting pathway, and pexophagy in yeast and mammalian cells.
Annu Rev Biochem 69: 303
besitzt keine lysosomalen Membranproteine. Durch die
Klionsky DJ, Cregg JM, Dunn WA, Jr, Emr SD, Sakai Y,
Fusion mit Lysosomen oder späten Endosomen werden Sandoval IV, Sibirny A, Subramani S, Thumm M, Veenhuis M,
lysosomale Enzyme und Membranbestandteile in die and Ohsumi Y (2003) A unified nomenclature for yeast
Autophagie Vakuole eingebracht. Abbildung B zeigt die autophagy-related genes. Dev Cell 5: 539*
Fusionsstelle (Pfeile) eines Lysosoms mit einer Mizushima N, Yamamoto A, Hatano M, Kobayashi Y, Kabeya,
Autophagie Vakuole (Pfeilköpfe). Abbildung C illus- et al. (2001) Dissection of autophagosome formation using Apg-
triert eine solche Fusion mit dem zusätzlichen deficient mouse embryonic stem cells. J Cell Biol 152: 657
Immungold Nachweis eines lysosomalen Membran- Ohsumi Y (2001) Molecular dissection of autophagy: two ubiqui-
glykoproteins. Die Markierung ist auf die Membran des tin-like systems. Nat Rev Cell Biol 2: 211
fusionierenden Lysosoms (Pfeile) begrenzt. Die Pfeil- Shintani T, Klionsky DJ (2004) Autophagy in health and disease:
köpfe weisen auf die nicht markierte Sequestrierungs- a double-edged sword. Science 306: 990
Yokota S, Himeno M, Roth J, Brada D, and Kato K (1993)
membran hin. Dieser Vorgang leitet die Bildung von
Formation of autophagosomes during degradation of excess per-
Autophagolysosomen ein. Der Immungold Nachweis oxisomes induced by di-(2-ethylhexyl)phthalate treatment. II.
von Kathepsin B in Autophagolysosomen (Sterne) ist in Immunocytochemical analysis of early and late autophagosomes.
Abbildung D dargestellt. Ein frühes Autophagolysosom Eur J Cell Biol 62: 372
(Pfeilköpfe) weist nur eine spärliche Markierung auf.
Nach erfolgter Verdauung des Inhalts enthalten die * Entsprechend einer kürzlich eingeführten Nomenklatur für
Autophagolysosomen gewöhnlich einen elektronen- Autophagie Gene der Hefe werden alle Gene mit ATG bezeichnet.

Vergrößerung: x 32,000 (A, C); x 45,000 (B); x 23,000 (D)


Abbildung 57 115

M
M

PO

PO PO

A B

*
*

M
C D
116 Das Zytoplasma: die Mitochondrien und Abnormitäten

MITOCHONDRIEN VOM CRISTA - UND TUBULUS -TYP

Obwohl Mitochondrien seit den frühen Tagen der Die Matrix enthält die Enzyme des Zitronensäure-
Mikroskopie bekannt sind, ziehen sie wegen ihrer ein- zyklus und der Fettsäure-`-Oxidation. Dichte Matrix-
maligen Eigenschaften und Funktionen, sowohl im zel- granula, wie sie in den Abbildungen A und B auffällig
lulären Leben als auch im Zusammenhang mit dem sind, dienen der Speicherung von Ca2+-und anderen
Zelltod, nach wie vor die größte Aufmerksamkeit auf divalenten Kationen. Auch die mitochondriale DNA ist
sich. In ihrer Größe, Form und Verteilung im Zyto- in der Matrix lokalisiert, ebenso die Maschinerien für
plasma bestehen zwischen den Mitochondrien in ver- die Proteinsynthese, Ribosomen und tRNAs. Allerdings
schiedenen Zelltypen und auch funktionsabhängig sind nur einige der mitochondrialen Proteine im mito-
große Unterschiede. Mitochondrien folgen jedoch in chondrialen Genom kodiert und werden in der Matrix
allen Zellen einem einheitlichen Bauprinzip mit einer synthetisiert. Die Mehrzahl der mitochondrialen Pro-
Doppelmembran und einer charakteristischen Kompar- teine wird an freien Ribosomen im Zytoplasma syn-
timentierung. Dadurch ist es auch sehr leicht, Mito- thetisiert und zur Erreichung ihrer spezifischen Ziele in
chondrien elektronenmikroskopisch von anderen Zell- den Mitochondrien posttranslational durch die
organellen, zum Beispiel den Peroxisomen (siehe Mitochondrienmembranen durchgeschleust. Es sind
Abb. 60) zu unterscheiden. drei Membranproteinkomplexe, TOM (translocase of
Die Abbildungen A und B zeigen Mitochondrien the outer membrane) mit der Import Pore (GIP-gener-
vom Crista-Typ in Pankreasazinuszellen der Ratte al import pore), TIM 23 und TIM 22 (translocase of the
eingebettet in Zytoplasma mit dicht gepacktem endo- inner membrane 23 und 22), die bei der Erkennung und
plasmatischem Retikulum (Ergastoplasma, siehe Abb. Translokation der mitochondrialen Vorläuferproteine
13). Mitochondrien sind bevorzugt dort zu finden, wo eine zentrale Rolle spielen.
Energie gebraucht wird. Den Anforderungen entspre- Mitochondrien sind sehr dynamische Organellen.
chend ändern sie ihren Standort und verändern sich Sie vermehren sich durch Teilung in der Interphase
auch temporär in ihrer Form. In beiden Abbildungen unabhängig vom Zellzyklus. Ununterbrochen stattfin-
sind die Membranen, die den Intermembranraum dende Teilungs- und Fusionsprozesse schaffen die
umfassen und begrenzen, die äußere und innere Grundlage für die Aufrechterhaltung ihrer Struktur,
Mitochondrienmembran, gut zu erkennen. Die äußere Funktion und Vererbung. Mitochondrien sind außeror-
Membran enthält spannungsabhängige Anionenkanäle, dentlich empfindlich gegenüber zellulären Stress-
die mitochondrialen Porine, die Ionen und kleine situationen und haben eine Schlüsselfunktion bei der
Moleküle in den Intermembranraum lassen, wodurch Einleitung des programmierten Zelltods (siehe Abb. 11).
das dortige Milieu dem im Zytoplasma vergleichbar ist.
Die innere Membran ist durch Anreicherung des Literatur
Phospholipids Cardiolipin undurchlässig. Sie umgibt Debatin KM, Poncet D, and Kroemer G (2002) Chemotherapy:
das innerste Kompartiment, die Mitochondrienmatrix, targeting the mitochondrial cell death pathway. Oncogene 21:
und enthält die Proteine für die Oxidationsreaktionen 8786
der Atmungskette für die Adenosintriphosphat (ATP)- Pfanner N, and Wiedemann N (2002) Mitochondrial protein
Synthese und für den regulierten Transports in die import: two membranes, three translocases. Curr Opin Cell Biol
Matrix und in umgekehrter Richtung. Die innere 14: 400
Membran ist durch Faltenbildung vergrößert. In den Scott SV, Cassidy-Stone A, Meeusen SL, and Nunnari J (2003)
meisten Zellen zeigt die innere Membran leistenförmige Staying in aerobic shape: how the structural integrity of mito-
Oberflächenvergrößerungen, die Cristae (Pfeilköpfe in chondria and mitochondrial DNA is maintained. Curr Opin Cell
Biol 15: 482
Abb. B), die sich kulissenartig in den Matrixraum
Susin SA, Zamzami N, and Kroemer G (1998) Mitochondria as
schieben. In Steroidhormon-produzierenden Zellen
regulators of apoptosis: doupt no more. Biochem Biophys Acta
bildet die innere Mitochondrienmembran typischer- 1366: 151
weise tubuläre Oberflächenvergrößerungen (T in Abb. Wang B, Li N, Sui L, Wu Y, Wang X, Wang Q, Xia D, Wan T, and
C), wie sie am Beispiel von Mitochondrien vom Cao X (2004) HubMSP, a novel member of mitochondrial carri-
Tubulus-Typ in einer endokrinen Zelle aus dem Ovar zu er superfamily, enhances dendritic cell endocytosis. Biochem
sehen sind (Abb. C). Biophys Res Commun 314: 292

Vergrößerung: x 40,000 (A); x 49,000 (B); x 49,500 (C)


Abbildung 58 117

B C
118 Das Zytoplasma: die Mitochondrien und Abnormitäten

STRUKTURABNORMITÄTEN VON MITOCHONDRIEN

Abnormitäten der Ultrastruktur von Mitochondrien membran eindeutig sichtbar, was diese abnormen
werden am häufigsten bei vererbbaren Krankheiten der Mitochondrien von Peroxisomen (siehe Abb. 60) unter-
Skelettmuskulatur (Myopathien) und des Zentral- scheidbar macht. Gelegentlich können auch para-
nervensystems beobachtet. Sie treten aber auch im kristalline Einschlüsse, wie in Abbildung B gezeigt
Gefolge toxischer Einflüsse auf (Alkohol, Hydrazin, ver- beobachtet werden. Die Nebenwirkungen einer anti-
schiedene gegen Retroviren gerichtete Medikamente). retroviralen Therapie können in einer Beeinträchtigung
Obwohl es sich um sehr unterschiedliche Ursachen und der oxidativen Phosphorylierung mit nachfolgender
verschiedenartige pathogenetische Mechanismen han- Myopathie, Neuropathie, Leberverfettung und Azidose
delt, sind die auftretenden Strukturveränderungen der bestehen. Behandlung mit AZT (Zidovidin) führt zur
Mitochondrien oftmals ähnlich. Sie bestehen in einer Schädigung der mitochondrialen DNA durch
Vermehrung und Vergrößerung der Mitochondrien Peroxidbildung. Das bedingt eine Beeinträchtigung der
sowie in abnormalen Formen wie auch Veränderungen Replikation der mitochondrialen DNA und führt zur
der Zahl und Gestalt der Cristae und abnormalen Verminderung der Mitochondrienneubildung. Diese
Matrixeinschlüssen. Diese Veränderungen können Nebenwirkung kann durch Radikalfänger unterdrückt
wegen der beeinträchtigten oxidativen Phosphory- werden.
lierung schwerwiegende und systemische Folgen haben.
Abbildung A zeigt einen Ausschnitt von einer
Skelettmuskelfaser mit quergeschnittenen Myofibrillen Literatur
(Stern). Alle Mitochondrien weisen parakristalline
Barile M, Valenti D, Quagliariello E, and Passarella S (1998)
Einschlüsse auf. Solche Einschlüsse können bei Mitochondria as cell targets of AZT (zidovudine). Gen
Enzephalomyopathien und bei speziellen Mitochon- Pharmacol 31: 531
drien-bedingten Erkrankungen auftreten. Dickersin G (2000) Diagnostic Electron Microscopy. A text/atlas.
Abbildung B zeigt vergrößerte Mitochondrien, die New York: Springer
unterschiedliche Formen aufweisen und vollständig mit Garcia de la Asuncion J, del Olmo M, Sastre J, Millan A, Pellin A,
konzentrisch angeordneten Cristae erfüllt sind (Pfeil- Pallardo F, and Vina J (1998) AZT treatment induces molecular
köpfe), so dass keine Matrix mehr erkennbar ist. and ultrastructural oxidative damage to muscle mitochondria.
Normal große und strukturierte Mitochondrien sind Prevention by antioxidant vitamins. J Clin Invest 102: 4
mit Pfeilen markiert. Lewis W, and Dalakas M (1995) Mitochondrial toxicity of antivi-
Abbildung C zeigt durch Arzneimittel verursachte ral drugs. Nat Med 1: 417
Li V, Hostein J, Romero NB, Marsac C, Mezin P, Bost R, Degoul F,
Strukturveränderungen der Mitochondrien von
Fardeau M, and Fournet J (1992) Chronic intestinal pseudoob-
Hepatozyten einer Leberbiopsie. Als Folge der Therapie struction with myopathy and ophthalmoplegia. A muscular bio-
mit einem gegen Retroviren gerichteten Medikament ist chemical study of a mitochondrial disorder. Dig Dis Sci 37: 456
es zum fast vollständigen Verlust der Cristae mit kon- Lindal S, Lund I, Torbergsen T, Aasly J, Mellgren SI, Borud O, and
sekutiver Matrixzunahme gekommen. Vereinzelt sind Monstad P (1992) Mitochondrial diseases and myopathies: a
Reste von Cristae (Pfeil) zu erkennen. Hingegen sind series of muscle biopsy specimens with ultrastructural changes in
sowohl die äußere wie auch die innere Mitochondrien- the mitochondria. Ultrastruct Pathol 16: 263

Vergrößerung: x 56,000 (A); x 9,500 (B); x 62,500 (C)


Abbildung 59 119

A B

C
120 Das Zytoplasma: die Peroxisomen und peroxisomale Erkrankungen

PEROXISOMEN: ORGANELLEN MIT VIELFÄLTIGEN FUNKTIONEN

Peroxisomen, ehemals Mikrobodies genannt, sind ubi- findet sich das PMP-70 zusätzlich in Membranschleifen,
quitäre Organellen, die Katalase und H2O2-produzie- die mit den Peroxisomen verbunden sind. Das PMP-70
rende oxidative Enzyme enthalten. wurde biochemisch in peroxisomalen Membranen von
Abbildung A zeigt die typische Ultrastruktur der geringer Dichte nachgewiesen, die möglicherweise Prä-
Peroxisomen (PO). Sie sind von einer einzelnen Peroxisomen darstellen (siehe Abb. 61).
Membran begrenzt und enthalten eine elektronendichte Die Hauptfunktion der Peroxisomen besteht im
Matrix, die einen kristallinen Einschluss (Stern in Abb. Lipidstoffwechsel. Peroxisomale Oxidasen wandeln
A) in einigen Spezies besitzt (z. B. in Hepatozyten von langkettige ungesättigte Fettsäuren über `-Oxidation in
Ratten), der in anderen fehlt (z. B. in Hepatozyten von Azetyl-CoA um und oxidieren Intermediärprodukte der
Menschen). Sie sind eindeutig von den in Abbildung A Gallensäuren, Leukotriene und Prostaglandine. Die
enthaltenen Mitochondrien (M) unterscheidbar. oxidativen Enzyme benutzen hierfür molekularen
Peroxisomen sind oftmals von Zisternen des endoplas- Sauerstoff, der in H2O2 umgewandelt wird. Peroxi-
matischen Retikulums (ER) umgeben. Üblicherweise somale Katalase spaltet einerseits H2O2 in O2 und
sind Peroxisomen sphärisch; in Nierentubulusepithelien Wasser und oxidiert andererseits verschiedene Subs-
einiger Säuger jedoch eckig. In Hepatozyten haben sie trate, wie Alkohol, Phenol, Formaldehyd und Ameisen-
einen Durchmesser von bis zu 1 µm, während sie in säure unter Verwendung von H2O2. Hierbei handelt es
Fibroblasten lediglich 0,1 µm messen. In spezialisierten sich um wichtige Entgiftungsreaktionen der Hepato-
Epithelien, proliferierenden Hepatozyten nach partieller zyten und Nierentubulusepithelen. Die Peroxisomen
Hepatektomie und bestimmten Hefestämmen bilden der Hepatozyten sind auch in den Cholesterinstoff-
Peroxisomen ein peroxisomales Retikulum. wechsel und die Glukoneogenese involviert. Weiterhin
Trotz ihres einfachen Aufbaus sind Peroxisomen katalysieren sie die erste Reaktion bei der Biosynthese
bemerkenswert kompartmentalisiert, wie mittels der Plasmalogene, welche die häufigsten Phospholipide
Immunelektronenmikroskopie nachgewiesen wurde. der Myelinscheiden darstellen. In den Talgdrüsen der
Abbildung B zeigt eine Immungoldmarkierung für Haut sind sie in die Synthese der komplexen Lipide des
Katalase, die nur in der Matrix von Peroxisomen der Talgs einbezogen.
Rattenleber nachweisbar ist. Im Unterschied dazu
befinden sich die Uratoxidase (Abb. C) und die
Xanthinoxidase nur im kristallinen Einschluss. Die
kristallinen Einschlüsse der Peroxisomen sind aus paral- Literatur
lel angeordneten Bündeln hohler Tubuli zusammenge- Angermüller S, Bruder G, Völkl A, Wesch H, and Fahimi HD
setzt. Jeweils zehn solcher primärer Tubuli bilden kreis- (1987) Localization of xanthine oxidase in crystalline cores of
förmige sekundäre Tubuli mit einem äußeren Durch- peroxisomes. A cytochemical and biochemical study. Eur J Cell
messer von 20 nm. Im Lumen der primären Tubuli Biol 45: 137
befinden sich die Urat- und Xanthinoxidase. Ein wei- Baumgart E (1994) Morphology of peroxisomes in light- and
teres eindrucksvolles Beispiel für die Kompartimen- electron microscopy. In: Peroxisomes (Latruffe N, and Bugaut M,
tierung in Peroxisomen haben die eckigen Peroxisomen eds). Heidelberg: Springer, pp 37
der Rinderniere geliefert. Ihr kristalliner Einschluss Fahimi DH, Reich D, Völkl A, and Baumgart E (1996)
enthält Uratoxidase, die sich anschließende zentrale Contributions of the immunogold technique to the elucidation of
Matrixregion die _-Hydroxysäure Oxidase A, die the biology of peroxisomes. Histochem Cell Biol 106: 105
Mannaerts G, and Van Veldhoven P (1996) Functions and organ-
periphere Matrixregion sowohl Katalase als auch _-
ization of peroxisomal `-oxidation. Annu NY Acad Sci 804: 99
Hydroxysäure Oxidase A und die der begrenzenden Tsukada H, Mochizuki Y, and Fujiwara S (1966) The nucleoids of
Peroxisomenmembran innen anliegenden Marginal- rat liver cell microbodies. Fine structure and enzymes. J Cell Biol
platten ausschließlich _-Hydroxysäure Oxidase B. 28: 449
Abbildung D zeigt die Immungoldmarkierung für das Zaar K (1992) Structure and function of peroxisomes in the
70 kDa peroxisomale Membranprotein (PMP-70). mammalian kidney. Eur J Cell Biol 59: 233
Unter den Bedingungen einer Peroxisomenproliferation Peroxisome web site: www.peroxisome.org

Vergrößerung: x 50,000 (A); x 63,000 (C-D)


Abbildung 60 121

ER

*
PO

PO

Katalase Urat Oxidase PMP-70

B C D
122 Das Zytoplasma: die Peroxisomen und peroxisomale Erkrankungen

BIOGENESE DER PEROXISOMEN

Peroxisomen besitzen keine DNA. Ihre Membran- und Ursprünglich wurde angenommen, dass Peroxi-
Matrixproteine werden im Zytosol an freien Poly- somen sich direkt vom endoplasmatischen Retikulum
ribosomen synthetisiert. Über peroxisomale Er- abschnüren. Dieses Modell hat kürzlich in erweiterter
kennungssignale (PTS) werden sie von Peroxinen (Pex) Form neue Aktualität erlangt. Es muss aber vermerkt
erkannt und importiert. Das PTS 1 ist eine stark kon- werden, dass der Beweis seiner Allgemeingültigkeit noch
servierte, aus drei Aminosäuren (Serin-Lysin-Leuzin) aussteht, da die Daten an wenigen hochspezialisierten
bestehende Sequenz am extremen C-Terminus der Zelltypen (dendritische Zellen und bestimmte Hefe-
meisten Matrixproteine, die vom Pex5p Rezeptor stämme) erhoben wurden. In dendritischen Zellen wur-
erkannt wird. Das PTS 2 besteht aus einer am den die peroxisomalen Membranproteine Pex13p und
N-Terminus einiger Matrixproteine gelegenen PMP-70 in mit dem peroxisomalen Netzwerk verbunde-
Nonapeptid-Konsensus Sequenz und ist der Partner für nen Subdomänen des endoplasmatischen Retikulums
den Pex7p Rezeptor. Die Erkennungssignale für peroxi- immunelektronenmikroskopisch gefunden. Es ist un-
somale Membranproteine sind nicht gut charakterisiert, klar, ob letztere die mutmaßlichen Prä-Peroxisomen-
obwohl bekannt ist, dass Pex3p, Pex17p und Pex19p vesikeln repräsentieren, die sich über Verschmelzung
wichtige Rezeptoren für sie darstellen. Die Matrix- und Matrixproteineinbau zu reifen Peroxisomen ent-
proteine durchtreten die peroxisomale Membran als voll wickeln.
gefaltete Oligomere. Im Gegensatz dazu müssen die Ein weiteres Modell schließt das endoplasmatische
Membranproteine während ihres Einbaus entfaltet wer- Retikulum als Ort der Peroxisomenbildung aus und
den. Die grundlegenden Phospholipide der Peroxi- geht von der Existenz eines autonomen prä-peroxiso-
somenmembran sind Phosphatidylcholin und malen Endomembransystems im Zytosol aus. Das prä-
Phosphatidyläthanolamin, die im endoplasmatischen peroxisomale Endomembransystem, das initial ein
Retikulum synthetisiert werden. Ihr Einbaumechanis- begrenztes Sortiment von Peroxinen enthält, soll über
mus in die Peroxisomenmembran ist unklar. Es wird den Einbau weiterer peroxisomaler Proteine in reife
u.a. angenommen, dass Phospholipidaustausch-Pro- Peroxisomen umgewandelt werden.
teine involviert sind und der Austausch an Orten enger M: Mitochondrium.
Kontakte mit dem endoplasmatischen Retikulum
geschieht.
Hinsichtlich der Neubildung der Peroxisomen Literatur
existieren verschiedene Modelle. Am besten etabliert ist
Baumgart E, Völkl A, Hashimoto T, and Fahimi HD (1989)
das Wachstums-Teilungs Modell, das davon ausgeht,
Biogenesis of peroxisomes: immunocytochemical investigation of
dass Peroxisomen autonome Organellen sind. Es beruht peroxisomal membrane proteins in proliferating rat liver peroxi-
auf experimentellen Daten über das Targeting der per- somes and in catalase-negative membrane loops. J Cell Biol. 108:
oxisomalen Proteine und auf elektronenmikroskopi- 2221
schen Analysen. Letztere haben gezeigt, dass die Bildung Geuze HJ, Murk JL, Stroobants AK, Griffith JM, Kleijmeer MJ,
neuer Peroxisomen durch die Fragmentierung exis- Koster AJ, Verkleij AJ, Distel B, and Tabak HF (2003) Involvement
tierender Peroxisomen und deren anschließendes of the endoplasmic reticulum in peroxisome formation. Mol Biol
Wachstum geschieht. Die dreidimensionale elektronen- Cell 14: 2900
mikroskopische Rekonstruktion proliferierender Pero- Lazarow PB (2003) Peroxisome biogenesis: advances and conun-
xisomen in der regenerierenden Leber unterstützt dieses drums. Curr Opin Cell Biol 15: 489
Modell. Es wurden nicht nur sphärische Peroxisomen, Subramani S, Koller A, and Snyder WB (2000) Import of peroxi-
somal matrix and membrane proteins. Annu Rev Biochem 69:
sondern auch miteinander verbundene Netzwerke von
399
Peroxisomen gefunden. Die Abbildungen A und B Van der Klei I, and Veenhuis M (2002) Peroxisomes: flexible and
zeigen Katalase-positive Peroxisomen (PO), die eine dynamic organelles. Curr Opin Cell Biol 14: 500
hantelförmige Gestalt haben (Pfeilköpfe in Abb. A) oder Yamamoto K, and Fahimi HD (1987) Three-dimensional recon-
schwanzförmige Fortsätze aufweisen (Pfeile in Abb. B), struction of a peroxisomal reticulum in regenerating rat liver:
die Peroxisomen miteinander verbinden. Hierbei könn- evidence of interconnections between heterogeneous segments.
te es sich um Teilungsintermediäre von Peroxisomen J Cell Biol 105: 713
handeln.

Vergrößerung: x 49,000 (A); x 83,000 (B)


Abbildung 61 123

PO

Glykogen

M
PO

B
124 Das Zytoplasma: die Peroxisomen und peroxisomale Erkrankungen

PEROXISOMEN: ADAPTIVE VERÄNDERUNGEN

Peroxisomen sind bemerkenswert flexible Organellen, Gehalt peroxisomaler Enzyme als Folge unterschied-
die sich schnell auf ändernde Ansprüche einstellen kön- licher Behandlungen. Durch die Quantifizierung der
nen. Sowohl ihre Zahl und Größe als auch die Immungoldmarkierung (Bestimmung der Goldparti-
Zusammensetzung und der Gehalt an Enzymen ändert kelzahl pro µm2 peroxisomaler Matrix) gelang es
sich im Gefolge der Behandlung mit bestimmten nachzuweisen, dass eine Behandlung von Ratten mit
Substanzen und als Reaktion auf Umweltgifte. Die rekombinantem menschlichem Tumornekrose Faktor-_
Induktion peroxisomaler Enzyme ist nicht nur dosisab- (TNF-_) zu einer deutlichen Verminderung von
hängig, sondern fällt in der Regel in männlichen Hydratase-Dehydrogenase Epimerase führte (Abb. C).
Versuchstieren stärker aus als in weiblichen. Zudem ist Die Behandlung mit einem Cholesterinsynthese-
sie noch abhängig von der Spezies, da Mäuse und Ratten hemmer (Bezafibrat) hingegen führte zu einer
stärker reagieren als Meerschweinchen und Menschen. Induktion der Hydratase-Dehydrogenase Epimerase,
Die adaptiven Veränderungen werden durch Eiweiße nachweisbar als vermehrte Immungoldmarkierung
vermittelt, die der Superfamilie der Steroidhormon (Abb. D). In Abbildung E ist die Markierungsintensität
Kernrezeptoren angehören und als Peroxisompro- für dieses multifunktionale peroxisomale Matrixenzym
liferation aktivierte Rezeptoren (PPAR) bezeichnet wer- in einem Kontrolltier zu sehen und die Unterschiede im
den. So ist beispielsweise das Peroxin Pex11 in die Ausmaß der Immungoldmarkierung zu Abbildungen C
Regulation der Peroxisomenproliferation einbezogen, und D sind klar ersichtlich.
während das Peroxin Pex14 für den Peroxisomenabbau
wichtig ist.
Die Abbildungen A und B zeigen Veränderungen in
der Rattenleber, die im Gefolge der Behandlung der Literatur
Tiere mit einem hypocholesterinämischen Mittel
(BM15766, ein 7-Dehydrocholesterin-67-Reduktase Baumgart E, Stegmeier K, Schmidt F, and Fahimi HD (1987)
Hemmer) eingetreten sind. Der histochemische Proliferation of peroxisomes in pericentral hepatocytes of rat
Nachweis der Katalase in den Peroxisomen hat zur liver after administration of a new hypocholesterolemic agent
(BM 15766). Lab Invest 56: 55
Bildung eines elektronendichten Reaktionsprodukts
Beier K, and Fahimi HD (1992) Environmental pollution by com-
geführt und erleichtert ihre Identifikation. Abbildung A mon chemicals and peroxisome proliferation: efficient detection
zeigt Katalase-positive, schwarze Peroxisomen (PO), by cytochemistry and automatic image analysis. Progr Histochem
Mitochondrien (M) und sowohl raues wie auch glattes Cytochem 25: 150
endoplasmatisches Retikulum eines Hepatozyten eines Bellu A, Komori M, Van der Klei I, Kiel J, and Veenhuis M (2001)
Kontrolltieres. Wie in Abbildung B zu sehen ist, hat die Peroxisome biogenesis and selective degradation converge at
Behandlung mit BM15766 zu einer deutlichen Pex14p. J Biol Chem 276: 44570
Proliferation der Peroxisomen (PO) geführt, die oftmals Chang C, South S, Warren D, Jones J, and Moser A (1999)
und vorzugsweise bei weiblichen Tieren in Gruppen Metabolic control of peroxisome abundance. J Cell Sci 112: 1579
angeordnet sind und in Größe und Gestalt stark vari- Erdmann R, and Blobel G (1995) Giant peroxisomes in oleic acid-
ieren. Diese Veränderungen sind am stärksten in der induced Saccharomyces cerevisiae lacking the peroxisomal mem-
brane protein Pmp27p. J Cell Biol 135: 111
perivenösen Zone des Leberläppchens ausgeprägt und
Green S, and Wahli W (1994) Peroxisome proliferator-activated
werden in gleicher Weise regional bevorzugt durch receptors – finding the orphan a home. Mol Cell Endocrinol 100:
andere Fremdstoffe ausgelöst. Zusätzlich kann auch eine 149
Proliferation des glatten endoplasmatischen Retikulums Lindauer M, Beier K, Völkl A, and Fahimi HD (1994) Zonal het-
beobachtet werden, welches die Peroxisomen in erogeneity of peroxisomal enzymes in rat liver: differential induc-
mehreren Lagen umgeben kann. Diese Reaktion ist bei tion by three divergent hypolipidemic drugs. Hepatology 20: 475
weiblichen Versuchstieren stärker ausgeprägt. Moody D, and Reddy J (1976) Morphometric analysis of the
Die Abbildungen C–D illustrieren immunelektro- ultrastructural changes in rat liver induced by the peroxisome
nenmikroskopisch nachweisbare Veränderungen im proliferator SaH 42-348. J Cell Biol 71: 768

Vergrößerung: x 35,000 (A, B); x 62,000 (C-E)


Abbildung 62 125

PO

PO
M
M

M PO

PO
M

A B

TNF-_ Bezafibrat Kontrolle

C D E
126 Das Zytoplasma: die Peroxisomen und peroxisomale Erkrankungen

PEROXISOMEN PATHOLOGIE

Peroxisomale Erkrankungen sind rezessiv vererbt und Glykogen und Mitochondrien (M) in Hepatozyten einer
entweder durch den Mangel eines bestimmten peroxiso- gesunden Kontrollmaus (PEX+/+) zu sehen. Im Gegen-
malen Enzyms oder durch eine Störung der Biogenese satz dazu sind bei der Zellwegermaus (PEX5-/-) aufgrund
der Peroxisomen bedingt. Enzymdefekte beeinträchti- des schweren Importdefekts für Matrixproteine keine
gen in der Regel den Lipidstoffwechsel und führen zu Peroxisomen nachweisbar (Abb. B und C). Lediglich in
Störungen der `-Oxidation, der Plasmalogen- und einigen Hepatozyten konnten vereinzelte PMP-70
Isoprenoidsynthese und der Entgiftungsfunktionen. Die positive Peroxisomen Ghosts nachgewiesen werden.
durch Störungen der Peroxisomenbiogenese bedingten Zusätzlich wiesen die Mitochondrien eindrückliche
Erkrankungen sind komplexer Natur. Bei ihnen handelt feinstrukturelle Veränderungen auf, die sowohl ihre
es sich um das Spektrum der Zellweger’schen Erkran- äußere und innere Membran als auch insbesondere die
kungen, zu denen das Zellweger-Syndrom, die neonatale Cristae betrafen (Abb. B und C). Die Zahl der Cristae
Adrenoleukodystrophie und die infantile Refsum’sche war entweder vermindert oder sie waren von kurvigli-
Erkrankung gehören. Allen gemeinsam sind strukturell nearer und kreisförmiger Gestalt (Pfeile in Abb. C).
und funktionell unterschiedlich stark defekte Peroxi- Damit einhergehend fanden sich eine verminderte
somen. Klassischerweise fehlen die Peroxisomen beim Menge und Aktivität der mitochondrialen Atem-
Zellweger-Syndrom, und die Mitochondrien weisen kettenkomplexe. Aufgrund der Funktionsstörungen der
Strukturabnormitäten auf. Jedoch können in Abhän- Peroxisomen wird angenommen, dass die Struktur-
gigkeit von der Schwere der Biogenesestörung Peroxiso- veränderungen der Mitochondrien Folge von Schädi-
men durchaus elektronenmikroskopisch nachgewiesen gungen durch Sauerstoffradikale sind.
werden. Allerdings handelt es sich bei ihnen in der Regel
um Membransäcke, da die Biogenesestörung den Literatur
Import der Matrixproteine, aber nicht den der peroxiso-
malen Membranproteine betrifft. Mitunter können bei Baumgart E, Vanhoorebeek I, Grabenbauer M, Borgers M,
geringgradigen Biogenesedefekten Peroxisomen mit Declerq P, Fahimi HD, and Baes M (2001) Mitochondrial alter-
einem gewissen Gehalt an Matrixproteinen beobachtet ations caused by defective peroxisomal biogenesis in a mouse
model for Zellweger syndrome (PEX5 knockout mouse). Am
werden.
J Pathol 159: 1477
Die durch Biogenesestörungen bedingten peroxiso- Chang C, South S, Warren D, Jones J, and Moser A (1999)
malen Krankheiten sind durch Mutationen der ver- Metabolic control of peroxisome abundance. J Cell Sci 112: 1579
schiedensten Peroxin Gene verursacht. Das Peroxin Gould SJ, Raymond GV, and Valle D (2001) The peroxisome bio-
Pex5, ein Rezeptor für das peroxisomale Erkennungs- genesis disorders. In: The metabolic and molecular bases of
signal 1, ist wichtig während der Anfangsphase des inherited disease (Scriver C, Beaudet A, Valle D, Sly WS, Childs B,
Imports von Matrixproteinen. Ein schwerer Mangel an Kinzler K, and Vogelstein B, eds). New York: McGraw-Hill,
Pex5 Protein verursacht das Zellweger-Syndrom und ein pp 3181
leichterer die infantile Adrenoleukodystrophie. Bei Wanders R, Barth P, and Heymans H (2001) Single peroxisomal
Patienten mit Pex5 Protein Mangel kann sich die enzyme deficiencies. In: The metabolic and molecular bases of
Erkrankung elektronenmikroskopisch durch die inherited disease (Scriver C, Beaudet A, Valle D, Sly WS, Childs B,
Kinzler K, and Vogelstein B, eds). New York: McGraw-Hill.
Anwesenheit zahlreicher Peroxisomen manifestieren,
pp 3219
denen jedoch die Matrixproteine in unterschiedlichem Wiemer E, Nuttley W, Bertolaet B, Li X, Franke U, Wheelock M,
Ausmaß fehlen. Anné U, Johnson K, and Subramani S (1995) Human peroxiso-
Die nebenstehenden Abbildungen zeigen die ultra- mal targeting signal-1 receptor restores peroxisomal protein
strukturellen Befunde in der Leber von Pex5p-defizienten import in cells from patients with fatal peroxisomal disorders.
Mäusen mit dem Zellweger-Syndrom. In Abbildung A J Cell Biol 130: 51
sind Katalase-positive Peroxisomen (PO), reichlich Peroxisome web site: www.peroxisome.org

Vergrößerung: x 54,000 (A); x 36,000 (B, C)


Abbildung 63 127

PEX+/+

Glykogen

PO

Zellweger Maus (PEX-/-)

B C
128 Das Zytoplasma: zytosolische Partikeln

GLYKOGEN

Glukose ist ein wichtiger Energiespender und als Glyko- zytosolischen Glykogenablagerungen im Zytosol von
gen vorzugsweise in der Leber und der Muskulatur Hepatozyten einer Leberbiopsie. Hierbei handelt es sich
gespeichert. Glykogen findet sich im Zytoplasma in um Ablagerungen massiven Ausmaßes, die das
Form von hoch elektronendichten Granula mit einem Zytoplasma der Hepatozyten fast vollständig ausfüllen.
Durchmesser von 10 bis 40 nm, den sogenannten Ähnliche ultrastrukturelle Veränderungen finden sich
`-Partikeln, die typisch für die Muskulatur sind. In auch bei den anderen Typen von Glykogenosen mit
Hepatozyten der Leber bilden die `-Partikeln charakte- Ausnahme der Glykogenose vom Typ II, bei der die
ristische Rosetten, die sog. _-Partikeln (Pfeile in Abb. A). Ablagerungen in den Lysosomen gelegen sind (siehe
Die _-Partikeln bestehen nicht nur aus Glykogen, son- Abb. 56A). Die Glykogenspeicherungen finden sich
dern zusätzlich aus verschiedenen, in die Glykogen- außer in der Leber auch in den Nieren und der
synthese einbezogenen Enzymen, was zu ihrer Darmschleimhaut und gehen mit Hypoglykämie und
Bezeichnung als Glykosomen geführt hat. einer Azidose einher.
Die Glykosomen enthalten Glykogenin, welches die Das für die Glukose-6-Phosphatase kodierende Gen
Glykogensynthese initiiert und Glykogensynthase, liegt auf Chromosom 17q21 und das für die Glykogen
welche die Glukoseketten verlängert. Die Glykosomen Translokase auf 11q23. Besonders schwerwiegenden
sind räumlich eng mit dem glatten endoplasmatischen Enzymaktivitätsmangel lösen Mutationen in der trans-
Retikulum verbunden, in welchem auch die letzte Stufe membranären Domäne des Enzyms aus, während
des Glykogenabbaus stattfindet. Hierbei kommt es solche in einer der beiden luminalen Domänen mit
durch die Glukose-6-Phosphatase zur Hydrolyse von höheren Restenzymaktivitäten einhergehen. Das Ziel
Glukose-6-Phosphat. Bemerkenswerterweise finden aller Therapien besteht in der Aufrechterhaltung eines
sich bedeutende Mengen an Glukose-6-Phosphatase normalen Blutglukosespiegels.
nur in der Leber, den Nieren und den Insulin-pro-
duzierenden Beta-Zellen des Pankreas. Ein angeborener
Enzymmangel führt zu Glykogenosen (siehe unten). Literatur
Annabi B, Hiraiwa H, Mansfield BC, Lei KJ, Ubagai T,
Literatur Polymeropoulos MH, Moses SW, Parvari R, Hershkovitz E,
Mandel H, et al (1998) The gene for glycogen-storage disease
Burchell A, and Waddell ID (1991) The molecular basis of the type-1b maps to chromosome 11q23. Am J Hum Genet 62: 400
hepatic microsomal glucose-6-phosphatase system. Biochim Burchell A (1992) The molecular basis of the type-1 glycogen
Biophys Acta 1092: 129 storage diseases. Bioessays 14: 395
Rybicka KK (1996) Glycosomes – the organelles of glycogen Chen Y (2001) Glycogen storage diseases. In: The metabolic and
metabolism. Tissue Cell 28: 253 molecular bases of inherited diseases (Scriver C, Beaudet A,
Valle D, and Sly WS, eds). New York: McGraw-Hill, pp 1521
Chou J, and Mansfield B (1999) Molecular genetics of type-1
glycogen storage diseases. Trends Endocrinol Metab 10: 104
GLYKOGENOSE VOM TYP I Cori G, and Cori C (1952) Glucose-6-phosphatase of the liver in
Die Komplexität der Glykogenbiosynthese und des glycogen storage disease. J Biol Chem 199: 661
Glykogenabbaus spiegelt sich auch in den verschiedenen Lei KJ, Shelly LL, Pan CJ, Sidbury JB, and Chou JY (1993)
Glykogenspeicherkrankheiten wider, von denen gegen- Mutations in the glucose-6-phosphatase gene that cause glycogen
storage disease type 1a. Science 262: 580
wärtig über zwölf bekannt sind. Je nach Typ der
Veiga-da-Cunha M, Gerin I, Chen YT, de Barsy T, de Lonlay P,
Krankheit können unterschiedliche Enzymrestaktivi- Dionisi-Vici C, Fenske CD, Lee PJ, Leonard JV, Maire I, et al.
täten gemessen werden oder ein vollständiger Enzym- (1998) A gene on chromosome 11q23 coding for a putative glu-
mangel bestehen. cose- 6-phosphate translocase is mutated in glycogen-storage dis-
Die Glykogenose vom Typ I (Glukose-6-Phospha- ease types Ib and Ic. Am J Hum Genet 63: 976
tase Mangel, von Gierke’sche Krankheit) stellt einen von Gierke E (1929) Hepato-nephro-megalia glycogenica
autosomal rezessiv vererbten Mangel an Glukose-6- (Glykogenspeicherkrankheit der Leber und Nieren). Beitr Pathol
Phosphatase dar. Abbildung B zeigt die klassischen Anat 82: 497

Vergrößerung: x 23,500 (A); x 7,200 (B)


Abbildung 64 129

Nukleus

PO

Glykogenose vom Typ I

Nukleus

B M
130 Das Zytoplasma: zytosolische Partikeln

ERYTHROPOETISCHE PROTOPORPHYRIE

Es handelt sich um eine autosomal dominant vererbte Literatur


Krankheit, die durch einen relativen Mangel an Dickersin G (2000) Diagnostic Electron Microscopy. A text/atlas.
Ferrochelatase bedingt ist. Die Ferrochelatase ist ein New York: Springer
Enzym der inneren Mitochondrienmembran und be- Gouya L, Deybach JC, Lamoril J, Da Silva V, Beaumont C,
werkstelligt die letzte Stufe der Hämbiosynthese, die im Grandchamp B, and Nordmann Y (1996) Modulation of the phe-
Einbau von Eisen in das Protoporphyrin IX besteht. notype in dominant erythropoietic protoporphyria by a low
Bei Befall der Leber können elektronenmikrosko- expression of the normal ferrochelatase allele. Am J Hum Genet
pisch typische Veränderungen nachgewiesen werden. 58: 292
Die nebenstehende Abbildung zeigt Anteile von Hepa- Gouya L, Puy H, Lamoril J, Da Silva V, Grandchamp B,
tozyten einer Leberbiopsie eines Patienten, die sternför- Nordmann Y, and Deybach JC (1999) Inheritance in erythropoi-
mige, kristalline Einschlüsse von verschiedener Größe etic protoporphyria: a common wild-type ferrochelatase allelic
variant with low expression accounts for clinical manifestation.
(Pfeile) im Zytoplasma aufweisen. Die aus fadenförmi-
Blood 93: 2105
gem kristallinem Material aufgebauten Einschlüsse sind Magnus I, Jarrett A, Prankerd T, and Rimington C (1961)
sehr charakteristisch und können auch in den Kupffer- Erythropoietic protoporphyria. A new porphyria syndrome with
Zellen, den Gallengangsepithelien und im Lumen der solar urticaria to protoporphyrinaemia. Lancet 2: 448
Gallengänge vorhanden sein. Rademakers LH, Cleton MI, Kooijman C, Baart de la Faille H, and
Das Gen für die Ferrochelatase liegt auf Chromosom van Hattum J (1990) Early involvement of hepatic parenchymal
18q23.1 und eine Vielzahl krankheitsverursachender cells in erythrohepatic protoporphyria? An ultrastructural study
Mutationen wurden in allen 11 Exonen gefunden. of patients with and without overt liver disease and the effect of
Infolge der Veränderungen in der Leber kommt es zu chenodeoxycholic acid treatment. Hepatology 11: 449
charakteristischen hepatobiliären Komplikationen, die Rademakers LH, Cleton MI, Kooijman C, Baart de la Faille H, and
durch den Anstieg von freiem Protoporphyrin bedingt van Hattum J (1991) Ultrastructural aspects of the liver in ery-
throhepatic protoporphyria. Curr Probl Dermatol 20: 154
sind. Freies Protoporphyrin akkumuliert in den
Rufenacht UB, Gouya L, Schneider-Yin X, Puy H, Schafer BW,
Vorläuferzellen der Erythrozyten im Knochenmark und Aquaron R, Nordmann Y, Minder EI, and Deybach JC (1998)
in zirkulierenden Erythrozyten und sein Spiegel im Systematic analysis of molecular defects in the ferrochelatase gene
Blutplasma, der Galle und im Fäzes ist erhöht. Klinisch from patients with erythropoietic protoporphyria. Am J Hum
steht die Photosensibilität im Vordergrund, die im Genet 62: 1341
Gefolge von UV-Bestrahlung zu Erythemen, Ödemen, Taketani S, Inazawa J, Nakahashi Y, Abe T, and Tokunaga R (1992)
Blasenbildung und Juckreiz führt. Structure of the human ferrochelatase gene. Exon/intron gene
organization and location of the gene to chromosome 18. Eur J
Biochem 205: 217

Vergrößerung: x 18,000
Abbildung 65 131

Erythropoetische Protoporphyrie

Nukleus
132 Das Zytoplasma: das Zytoskelett

ZYTOZENTRUM, ZENTROSOM UND MIKROTUBULI

Die Abbildung zeigt das Zentrosom im Zytozentrum


*
einer granulopoetischen Zelle aus dem Knochenmark. MZ

+
Das Zytozentrum ist dem Kern, von dem 2 Segmente im Mt
oberen Teil des Bildes zu sehen sind, benachbart. Vom Z Matrix
Paar der Zentriolen, die in die Matrix des Zentrosoms _
eingebettet sind, ist eines angeschnitten. Zahlreiche
Mikrotubuli (Pfeile) strahlen radiär von hier aus und
Golgi Zisternenstapel sind kreisförmig um das S
_
Zentrosom organisiert. Das Zentrosom bildet das
Organisationszentrum für das mikrotubuläre Zytoske-
Z S
lett und enthält Gamma-Tubulin in den Nukleations-
regionen für das Auswachsen der Mikrotubuli.
Mt + Mt
Mikrotubuli sind in zahlreiche Zellfunktionen ein-
DZ
bezogen. Intrazellulärer Vesikel- und Organellen-
transport gehört ebenso dazu, wie die Zellwanderung,
Bildung von Kinozilien und Trennung der Chromo-
somen während der Zellteilung. Die Wand der Mikro-
tubuli mit 24nm Durchmesser besteht aus 13 zirkulär und eingebettet in einen weiteren perizentriolären
angeordneten Protofilamenten aus Alpha- und Beta- Bereich (äußere Linie mit Doppelpfeilen). Es wird
Tubulin Dimeren, die sich End-zu-End aneinanderrei- angenommen, dass der Zusammenbau der Matrix
hen. Das stabile Minusende der Mikrotubuli liegt im durch die Zentriolen über mikrotubulibindende
Zentrosom eingebettet. Das dynamische Plusende ver- Proteine (offene Pfeilköpfe) ausgelöst wird. Juxtazen-
längert sich in Richtung Zellperipherie. Es entstehen trioläre Strukturen, die Satelliten (S), werden als Vor-
zelluläre Mikrotubuli-„Schienen“, an denen entlang im stufen bei Vorgängen der Duplikation der Zentriolen
Zusammenspiel mit Motorproteinen Vesikel und gesehen. Mikrotubuli (Mt) wachsen in der Umgebung
Organellen transportiert werden. Dieses Netzwerk für beider Zentriolen aus, doch nur ausdifferenzierte
den intrazellulären Transport wird laufend umgebildet. Mutterzentriolen besitzen distale (Pfeil) und subdistale
Mikrotubuli wachsen aus, verlängern sich, brechen Appendices (Stern), wo Mikrotubulisterne (gefüllte
schlagartig zusammen, um anderswo wiederum auszu- Pfeilköpfe) verankert sind.
wachsen, ein Prozess, der als dynamische Instabilität Die elektronenmikroskopische Aufnahme zeigt einen
bezeichnet wird. Die Zentriolen, in deren Umfeld die Querschnitt des distalen Teils eines differenzierten
Mikrotubuli verankert sind, haben eine Schlüssel- Zentriols, in dem sowohl der Zentrinbereich mit den
funktion bei der Organisation des Zytozentrums. Ein Speichen, als auch ein Kranz subdistaler Appendices mit
Zentriol besitzt die Form eines Zylinders mit einer hervorragenden Spitzen zu sehen sind. An der Appendix
Länge von ungefähr 0.2µm. Die Wand besteht aus 9 par- rechts unten ist ein Mikrotubulistern (Pfeile) zu erkennen.
allel angeordneten Mikrotubuli Tripletten, in denen die
Mikrotubuli zum Teil eine gemeinsame Wand besitzen;
Literatur
nur der innerste A-Tubulus ist mit 13 Protofilamenten
komplett, B- und C-Tubuli sitzen mit jeweils 10 Proto- Bornens M (2002) Centrosome composition and microtubule
filamenten halbmondförmig dem A-Tubulus auf. Die anchoring mechanisms. Curr Opin Cell Biol 14: 25
Mikrotubuli Tripletten sind im Querschnitt durch das Galjart N, and Perez F (2003) A plus-end raft to control micro-
tubule dynamics and function. Curr Opin Cell Biol 15: 48
Zentriol im Zentrum des Bildes gut erkennbar, ebenso
Janson ME, de Dood ME, and Dogterom M (2003) Dynamic
die radiären, radspeichenförmigen Strukturen im
instability of microtubules is regulated by force. J Cell Biol 161:
Lumen des Zentriols, wo Zentrin (Z in der Zeichnung) 1029
lokalisiert ist. Rios RM, and Bornens, M (2003) The Golgi apparatus at the cell
Die Zeichnung (neu gezeichnet nach Bornens, 2002) centre. Curr Opin Cell Biol 15: 60
zeigt die Komponenten eines Zentrosoms einer Zelle in Stearn T (2004) The centrosome yields its secrets. Nat Cell Biol 6:
der G1 Phase mit einem differenzierten Mutterzentriol 14
(MZ) und einem Tochterzentriol (DZ). Die Zentriolen
sind über die Matrix (strichlierte Linien) in Verbindung Vergrößerung: x 78,500
Abbildung 66 133

Golgi
134 Das Zytoplasma: das Zytoskelett

AUSSCHALTUNG DER MIKROTUBULI

Die Bedeutung der Mikrotubuli für verschiedene abreichung von Colchicin. Vakuolisierte Teile des Golgi
Zellfunktionen kann indirekt durch ihre funktionelle Apparats (G), der normalerweise in diesen Zellen
Ausschaltung durch Zerstörung des Mikrotubuli- supranukleär gelegen ist (siehe Abb. 101), sind im
netzwerks, zum Beispiel mit dem Herbstzeitlosen- Zytoplasma verstreut und auch in sehr ungewohnter
alkaloid Colchicin, oder durch Mikrotubulistabilisie- Position nahe der basalen Zelloberfläche zu finden. Die
rung mit Taxol gezeigt werden. Ein Zusammenbruch des Pfeilköpfe (Abb. A und B) zeigen auf die Basallamina an
Mikrotubulisystems führt zu charakteristischen Zellver- der benachbarten basalen Plasmamembran. Trotz der
änderungen. veränderten Lage und Gestalt enthalten die Golgi
Die Ausschaltung der Mikrotubuli bewirkt eine viel- Vakuolen Lipoproteinpartikel (Sterne), wie das auch
fache Blockierung des intrazellulären Transports im Zu- normalerweise als Ausdruck ihrer Einbindung in den
sammenhang mit Sekretion, Endozytose und Trans- Lipoproteintransport der Fall ist (siehe Abb. 102). Die
zytose. Eng verbunden damit ist die Beeinträchtigung typische Polarität der Dünndarmepithelzellen ist aufge-
der regulären Organisation und Lokalisation des Golgi hoben und Areale mit einem Bürstensaum, wie er nor-
Apparats und Veränderungen der Zellpolarität. In vielen malerweise nur die apikalen Zelloberflächen bedeckt,
Zellen ist der Golgi Apparat im Zytozentrum um das erscheinen an vielen Stellen als Differenzierung der
Zentrosom herum lokalisiert (siehe Abb. 66) und basolateralen Plasmamembran (Bb in den Abb. A und
Mikrotubuli-bindende Proteine werden assoziiert mit C). Nach 6 Stunden Colchicinbehandlung bedecken
dem Golgi Apparat gefunden. Der Transport der Prä- solche Areale 3% der basolateralen Zelloberfläche. Die
Golgi Intermediären von den Exportregionen des endo- Zeichnung fasst die Zellveränderungen nach 6 Stunden
plasmatischen Retikulums in der Peripherie der Zellen Colchicinbehandlung zusammen.
zum Golgi Apparat im Zytozentrum erfolgt entlang von Z – Zytozentrum, Mt – Mikrotubuli, GA – Golgi
Mikrotubuli im Zusammenspiel mit minus-End-orien- Apparat, G – veränderte, zerstreute Golgi Apparate, aB -
tierten Motorproteinem. Nach Zusammenbruch des apikaler Bürstensaum, bB – basolateraler Bürstensaum.
Mikrotubulisystems verliert der Golgi Apparat seine
charakteristische Position im Zytozentrum und vakuoli- Literatur
sierte Golgi Kompartimente sind im gesamten Zyto-
plasma verstreut. Cole NB, Sciaky N, Marotta A, Song J, and Lippincott-Schwartz J
Die Abbildungen A–C zeigen resorbierende Dünn- (1996) Golgi dispersal during microtubule disruption: regenera-
darmepithelzellen der Ratte 6 Stunden nach der Ver- tion of Golgi stacks of peripheral endoplasmic reticulum exit
sites. Mol Biol Cell 7: 631
Ellinger A, Pavelka M, and Gangl A (1983) Effect of colchicine on
Kontrolle Colchicin rat small intestinal absorptive cells. II. Distribution of label after
aB aB incorporation of (3H)fucose into plasma membrane glycopro-
teins. J Ultrastr Res 85: 260
Pavelka M, and Gangl A (1983) Effects of colchicine on the intes-
tinal transport of endogenous lipid. Ultrastructural, biochemical,
and radiochemical studies in fasting rats. Gastroenterology 84:
544
GA Reaven EP, and Reaven GM (1977) Distribution and content of
Z Z microtubules in relation to the transport of lipid. An ultrastruc-
tural quantitative study of the absorptive cell of the small intes-
Mt tine. J Cell Biol 75: 559
Rios RM, and Bornens M (2003) The Golgi apparatus at the cell
centre. Curr Opin Cell Biol 15: 60
Sandoval IV, Bonifacino JS, Klausner RD, Henkart M, and
Wehland J (1984) Role of microtubules in the organization and
G bB
localization of the Golgi apparatus. J Cell Biol 99: 113s
Thyberg J, and Moskalewski S (1985) Microtubules and the
organization of the Golgi complex. Exp Cell Res 159: 1

Vergrößerung: x 14,000 (A); x 32,000 (B); x 25,000 (C)


Abbildung 67 135

Bb

G
*

*
A

Bb

*
* Bb

B C
136 Das Zytoplasma: das Zytoskelett

AKTINFILAMENTE

Aktinfilamente bilden in allen Eukaryonten ein dyna- Aufbau des terminalen Netzwerks (Terminalgespinst)
misches Skelett- und Bewegungssystem, das gemeinsam mitwirken. Dieses zusammenhängende Filamentsystem
mit den anderen Zytoskelettkomponenten, den Mikro- hat gleichzeitig eine stabilisierende und Bewegungs-
tubuli (Abb. 66) und Intermediärfilamenten (Abb. 69), funktion. Es ist einerseits verantwortlich für die auf-
bei allen Prozessen der Zellbewegung, Zellwanderung rechte Stellung der Mikrovilli und die Organisation des
und Zellteilung, Exo- und Endozytose, Bildung von Filo- Bürstensaums. Andererseits bildet es durch Interaktion
podien und Lamellipodien, Transport von Partikeln mit dem Gürteldesmosom (siehe Abb. 77) ein zellüber-
und Mikroorganismen eine unverzichtbare Rolle spielt. greifendes Bewegungssystem, das Kippbewegungen der
Freie Aktinmoleküle (G-Aktin) im Zytoplasma setzen Mikrovilli zur Erleichterung der Resorption bewirkt.
sich durch Polymerisation in einer Doppelschraube Abbildung D zeigt einen Ausschnitt aus dem Termi-
zum filamentösen Aktin (F-Aktin) mit einem Durch- nalgespinst mit Aktinfilamentwurzeln im Querschnitt.
messer von 6–8nm zusammen. Aktinfilamente sind, so Eng benachbart liegen tief invaginierte Abschnitte der
wie die Mikrotubuli, polar aufgebaut mit einem apikalen Plasmamembran, die als Membranreservoir
dynamischen, rasch wachsenden Plusende und einem für Adaptationen der apikalen Zelloberfläche gesehen
stabileren Minusende. Die Aktinpolarisation zu, even- werden. Die Abbildungen B und E zeigen Aktinfila-
tuell auch verzweigten, Filamenten und das Arrange- mentbündel und büschelartige Filamentarrangements
ment der Filamente in den übergeordneten Architek- im Zytoplasma von Hepatomzellen nach Hochdruck-
turen zu Bündeln, Platten oder Netzwerken wird im kryoimmobilisierung. Die enge Assoziation mit Vesikeln
Zusammenspiel mit zahlreichen Aktin-assoziierten rechts in Abbildung B und mit Zisternen des endoplas-
Proteinen bewerkstelligt. Aktin ist für die visko-elasti- matischen Retikulums in Abbildung E entspricht der
schen Eigenschaften einer Zelle verantwortlich. Je nach wichtigen Rolle der Aktinfilamente als zelluläres Trans-
den speziellen Anforderungen bauen Aktinfilamente portsystem.
stabile oder dynamische Zonen auf. Netzwerke unter
der Zelloberfläche bilden eine Rindenzone, die die Literatur
Plasmamembran verstärken und bewirken, dass Orga-
nellen von dort ausgeschlossen werden. Verspannungs- Denker SP, and Barber DL (2002) Ion transport proteins anchor
fasern (stress fibers) zwischen Zell-Zell Kontakten und and regulate the cytoskeleton. Curr Opin Cell Biol 14: 214
Haftkomplexen führen zu einer Verkabelung der Zellen. De Heredia ML, and Jansen R-P (2004) mRNA localization and
the cytoskeleton. Curr Opin Cell Biol 16: 80
Im Zusammenspiel mit Myosinmotorproteinen wird
Fehrenbacher KL, Boldogh IR, and Pon LA (2003) Taking the A-
ein Aktinfilamentgleissystems für den intrazellulären train: actin-based force generators and organelle targeting. Trends
Transport aufgebaut. Durch Aktinpolymerisation wer- Cell Biol 13: 472
den Organellen raketenartig angetrieben durch das Lee E, and de Camilli P (2001) Dynamin at actin tails. Proc Natl
Zytoplasma bewegt. Dieses Bewegungssystem wird von Acad Sci USA 99: 161
einigen Klassen von Bakterien missbraucht. Sie indu- Pollard TD, Blanchoin L, and Mullins RD (2000) Biophysics of
zieren die Ausbildung eines Aktinkometenschwanzes, actin filament dynamics in nonmuscle cells. Annu Rev Biophys
mit dessen Hilfe sie sich selbst antreiben, im Zytoplasma Biomolec Struct 29: 545
fortbewegen und wie ein Geschoß in benachbarte Zellen Rodriguez OC, Schaefer AW, Mandato CA, Forscher P, Bement
katapultieren. WM, and Waterman-Storer CM (2003) Conserved microtubule-
Die Abbildungen A–E zeigen in einigen Beispielen, actin interactions in cell movement and morphogenesis. Nature
Cell Biol 5: 599
wie Aktinfilamente in Zellen arrangiert sein können. In
Stamnes M (2002) Regulating the actin cytoskeleton during
den Bürstensaummikrovilli resorbierender Epithel- vesicular transport. Curr Opin Cell Biol 14: 428
zellen sind Aktinfilamente mit Proteinen, wie Fimbrin, Taunton J (2001) Actin filament nucleation by endosomes, lyso-
Faszin und Villin, kreuzvernetzt und mit der Plasma- somes and secretory vesicles. Curr Opin Cell Biol 13: 85
membran über Myosine und Calmodulin verbunden. In Wallar BJ, and Alberts AS (2003) The formins: active scaffolds
diesem stabilisierenden Gerüst bilden sie regelmäßige that remodel the cytoskeleton. Trends Cell Biol 13: 435
Bündel, die in Abbildung A längs- und in Abbildung C
quergeschnitten zu sehen sind. Die Filamentbündel der
Mikrovilli setzen sich als Wurzelfasern in das apikale
Zytoplasma fort, wo sie, verbunden mit Spektrinen und Vergrößerung: x 45,000 (A); x 44,000 (B); x 134,000 (C); x 77,500
in Kontakt zu Zytokeratin Intermediärfilamenten, am (D); x 41,000 (E)
Abbildung 68 137

Terminalgespinst

B E
138 Das Zytoplasma: das Zytoskelett

INTERMEDIÄRFILAMENTE

Die Intermediärfilamente gehören, ebenso wie die mente mit einem Durchmesser von 3nm, die sich ihrer-
Mikrotubuli (Abb. 66) und Aktinfilamente (Abb. 68), zu seits antiparallel umwickeln und so gestaffelte Tetra-
den wichtigsten Komponenten des Zytoskeletts. Die meren aufbauen. Durch weitere laterale Assoziation
einzelnen Filamente sind oft zu dicken Fibrillen gebün- werden die Protofibrillen gebildet. Je vier Protofibrillen
delt, die im Zusammenspiel mit Mikrotubuli und setzen sich zum 10nm Intermediärfilament zusammen.
Aktinfilamenten ein unterstützendes Skelett für die Die Klassifizierung der Intermediärfilament-
Zellen aufbauen. Diese filamentöse Architektur ist proteine, einschließlich der Lamine der Kernlamina
jedoch nicht starr, sondern dynamisch und mobil, in (siehe Abb. 3), erfolgt auf Basis der Aminosäure-
besonderer Weise sogar mobiler als andere Komponen- sequenzen in der zentralen Stabregion in 6 Typen. Die
ten des Zytoskeletts. Filamentvorstufen und kurze Fila- Expressionsmuster sind zelltypspezifisch und be-
mente werden unter Mitwirkung molekularer Motoren, stimmte Proteine werden in charakteristischer Weise in
Kinesinen und Dyneinen, mit hoher Geschwindigkeit zu bestimmten Phasen der Differenzierung (siehe Abb. 109
spezifischen Zellarealen, wo sie dann zu Filamenten und 110) und bestimmten Stadien der Embryonal-
zusammengesetzt werden, transportiert. entwicklung koexprimiert.
Die Abbildungen zeigen als Beispiel Zytokeratin
Intermediärfilamente. Zytokeratine, die in saure (Typ I)
und basische (Typ II) Keratine unterteilt werden, sind
die Intermediärfilamentproteine der Epithelzellen. Die Literatur
Bilder zeigen Keratinozyten aus dem Stratum spinosum Chou Y-H, Helfand BT, and Goldman RD (2001) New horizons
der Epidermis. Die Intermediärfilamente sind zu dicken in cytoskeletal dynamics: transport of intermediate filaments
Fibrillen, den Tonofilamenten (Tonofibrillen, Pfeile in along microtubule tracks. Curr Opin Cell Biol 13: 106
Abb. A und B), gebündelt. Sie bilden im Zytoplasma ein Dinsdale D, Lee JC, Dewson G, Cohen GM, and Peter ME (2004)
dichtes Netzwerk, das nur den perinukleären Bereich Intermediate filaments control the intracellular distribution of
ausspart. Die Tonofilamente strahlen über die Inter- caspases during apoptosis. Am J Pathol 164: 395
zellularbrücken in die Plaques der Desmosomen ein Franke WW, Schiller DL, Moll R, Winter S, Schmid E, Engelbrecht
I, Denk H, Krepler R, and Platzer B (1981) Diversity of cytoker-
(siehe Abb. 79). So wird ein zellübergreifenden
atins. Differentiation specific expression of cytokeratin polypep-
Stützsystem, das der Epidermis Festigkeit und dem tides in epithelial cells and tissues.J Mol Biol 153: 933
darunter liegenden Gewebe Schutz bietet, aufgebaut. Fuchs E, and Cleveland D W (1998) A structural scaffolding of
Die Immunogoldmarkierung für Keratin in Abbildung intermediate filaments in health and disease. Science 279: 514
C zeigt eine intensive Reaktivität über dem Netzwerk Helfand BT, Chang L, and Goldman RD (2004) Intermediate fil-
der Intermediärfilamente im Zytoplasma eines Kera- aments are dynamic and motile elements of cellular architecture.
tinozyten. J Cell Sci 117: 133
Die Bezeichnung „Intermediärfilament“ bezieht sich Herrmann H, and Aebi U (2000) Intermediate filaments and their
auf den Durchmesser der Filamente, der mit 10nm associates: multi-talented structural elements specifying cytoar-
zwischen den Durchmessern der Mikrotubuli mit 24nm chitecture and cytodynamics. Curr Opin Cell Biol 12: 79
und dem der Aktinfilamente mit 6-8nm liegt. Die Kumemura H, Harada M, Omary MB, Sakisaka S, Suganuma T,
Namba M, and Sata M (2004) Aggregation and loss of cytokeratin
Intermediärfilamente setzen sich aus Proteinen einer
filament networks inhibit Golgi organization in liver-derived
Multigenfamilie mit mehr als 50 Mitgliedern zusam- epithelial cell lines. Cell Motility Cytoskeleton 57: 37
men. Diese Proteine besitzen eine hauptsächlich Lariviere RC, and Julien JP (2004) Functions of intermediate fila-
_-helikal aufgebaute stabförmige Region im Zentrum, ments in neuronal development and disease. J Neurobiol 58:131
die an jedem Ende von globulären Domänen flankiert Mücke N, Kreplak L, Kirmse R, Wedig T, Herrmann H, Aebi U,
ist. Durch ein Umeinanderwickeln der stabförmigen and Langowski J (2004) Assessing the flexibility of intermediate
Domänen entstehen die apolaren dimeren Protofila- filaments by atomic force microscopy. J Molec Biol 335: 1241

Vergrößerung: x 8,500 (A); x 27,000 (B); x 20,000 (C)


Abbildung 69 139

Nukleus

A B

C
140 Das Zytoplasma: das Zytoskelett

MALLORY -KÖRPER

Mallory-Körper sind zytoplasmatische Einschluss- Membranproteins im endoplasmatischen Retikulum


körper, die sich von Aggresomen (siehe Abb. 18) unter- erzeugt. Mallory-Körper treten im Gefolge verschiede-
scheiden und charakteristischerweise in Hepatozyten ner Formen von zellulärem Stress auf.
bei chronischem Alkoholabusus beobachtet werden
können. Mallory-Körper sind aber nicht alkohol-spezi-
fische Veränderungen, da sie unter verschiedenen
anderen pathologischen Bedingungen auftreten und Literatur
experimentell durch chronische Intoxikation von Denk H, Franke WW, Eckerstorfer R, Schmid E, and Kerjaschki,
Mäusen mit Griseofulvin und Diäthoxydihydro- D (1979) Formation and involution of Mallory bodies (“alcoholic
Collidin erzeugt werden können. Sie sind auch nicht hyalin“) in murine and human liver revealed by immunofluores-
spezifisch für Hepatozyten, sondern können beispiels- cence microscopy with antibodies to prekeratin. Proc Natl Acad
weise auch in Alveolarepithelien und Muskelfasern Sci USA 76: 4112
auftreten. Bezüglich ihrer Zusammensetzung haben Denk H, Gschnait F, and Wolff K (1975) Hepatocellular hyalin
(Mallory bodies) in long term griseofulvin-treated mice: a new
Mallory-Körper gewisse Ähnlichkeiten mit Lewy-
experimental model for the study of hyalin formation. Lab Invest
Körpern beim Morbus Parkinson, neurofibrillären 32: 773
Knäueln beim Morbus Alzheimer und neuronalen Denk H, Stumptner C, and Zatloukal K (2000) Mallory bodies
Einschlüssen bei Motoneuronerkrankungen. revisited. J Hepatol 32: 689
Abbildung A zeigt einen Mallory-Körper (MB) in Hirano K, Roth J, Zuber C., and Ziak M (2002) Expression of a
der Nachbarschaft des Zellkerns eines kultivierten mutant ER-retained polytope membrane protein in cultured rat
Hepatozyten. Seine Größe kann variieren und, wie in hepatocytes results in Mallory body formation. Histochem Cell
Abbildung A zu sehen, der eines Zellkerns gleichen. Biol 117: 41
Mallory-Körper bestehen aus einem dichten irregulären Jensen K, and Gluud C (1994) The Mallory body: theories on
Netzwerk von hyperphosphoryliertem und ubi- development and pathological significance. Hepatology 20: 1330
quitiniertem Zytokeratin 8 und 18 und verschiedenen Nakanuma Y, and Ohta G (1986) Expression of Mallory bodies in
hepatocellular carcinoma in man and its significance. Cancer 57:
nicht Zytokeratin Proteinen, wie Protein 62 und den
8
Hitzeschockproteinen 25 und 70. Abbildung B zeigt Stumptner C, Fuchsbichler A, Lehner M, Zatloukal K, and Denk H
einen Ausschnitt eines Mallory-Körpers bei stärkerer (2001) Sequence of events in the assembly of Mallory body com-
Vergrößerung, bei der das Netzwerk irregulär angeord- ponents in mouse liver: clues to the pathogenesis and significance
neter Intermediärfilamente klar sichtbar ist. Mallory- of Mallory body formation. J Hepatol 34: 665
Körper sind eindeutig vom umgebenden Zytoplasma Stumptner C, Omary MB, Fickert P, Denk H, and Zatloukal K
abgegrenzt und enthalten keine Organellen, wie (2000) Hepatocyte cytokeratins are hyperphosphorylated at mul-
Mitochondrien (M), den Golgi Apparat und endoplas- tiple sites in human alcoholic hepatitis and in a Mallory body
matisches Retikulum (Abb. A und B). Die unterbro- mouse model. Am J Pathol 156: 77
chene Linie in Abbildung B markiert die Grenze eines Yokoo H, Harwood TR, Racker D, and Arak S (1982)
Mallory-Körpers zum umgebenden Zytoplasma. Die Experimental production of Mallory bodies in mice by diet con-
taining 3,5-diethoxycarbonyl-1,4-dihydrocollidine. Gastroenterol
Intermediärfilamente der Mallory-Körper können mit-
83: 109
tels Immunelektronenmikroskopie als Zytokeratin Yuan QX, Marceau N, French BA, Fu P, and French SW (1995)
charakterisiert werden. Abbildung C zeigt den Heat shock in vivo induces Mallory body formation in drug
Immungoldnachweis von Zytokeratin im Mallory- primed mouse liver. Exp Mol Pathol 63: 63
Körper in einem ultradünnen Gefrierschnitt. Zatloukal K, Stumptner C, Fuchsbichler A, Heid H, Schnoelzer M,
Die in Abbildungen A–C gezeigten Mallory-Körper Kenner L, Kleinert R, Prinz M, Aguzzi A, and Denk H (2002) p62
wurden in kultivierten Rattenhepatozyten in vitro durch is a common component of cytoplasmic inclusions in protein
die Anwesenheit eines falsch gefalteten polytopen aggregation diseases. Am J Pathol 160: 255

Vergrößerung: x 14,600 (A); x 50,000 (B); x 22,000 (C)


Abbildung 70 141

MB

Nukleus

MB
M

MB

B C
142 Die Zelloberfläche

DIE PLASMAMEMBRAN

Zellen sind von einer Plasmamembran (Plasmalemma) die Lipide mobil angeordnet sind. Bestimmte Proteine
umgeben, die die Grenze zwischen ihrem Zytoplasma und Lipide können in begrenzten Membranregionen
und der Umgebung bildet. Die hauptsächlichen Bau- angereichert sein, sogenannten Mikrodomänen. Daher
steine der Plasmamembran, wie auch aller anderen Zell- stammt auch das Fluid-Mosaik Modell der Struktur
membranen, sind (Glyko)lipide und (Glyko)proteine. biologischer Membranen.
Abbildung A zeigt die Plasmamembranen zweier Der Lipidbilayer besteht aus Phospholipiden,
benachbarter Enterozyten mit einem schmalen interzel- Cholesterin und Glykolipiden, die unterschiedlich zwi-
lulären Raum. Im Ultradünnschnitt erscheint die Plas- schen den beiden Membranhälften verteilt sind. Die
mamembran als eine etwa 75 nm messende, recht ein- Zuckerseitenketten der Glykolipide gemeinsam mit
fache Struktur, die aus zwei elektronendichten Linien denen der Glykoproteine sind ausschließlich an der
besteht, die einen hellen Spalt begrenzen (Unit Mem- extrazellulären Oberfläche der Plasmamembran gelegen
brane). Diese trilamellare strukturelle Monotonie und bilden die Glykokalyx (siehe Abb. 74 und 75). Die
widerspiegelt weder den asymmetrischen und komple- Membranproteine können in verschiedene Gruppen
xen Aufbau noch die dynamische Natur der Plasma- eingeteilt werden. Die integralen Membranproteine
membran. durchtreten den Lipidbilayer vollständig, entweder ein-
Die Gefrierbruch Elektronenmikroskopie ist eine für malig oder mehrfach. Andere Proteine sind nur teilweise
Membranuntersuchungen sehr geeignete Technik und über eine amphipatische _-Helix oder einen Glykosyl-
hat früh den Beweis für die Anwesenheit von integralen phosphatidylinositol-Anker in den Lipidbilayer einge-
Membranproteinen erbracht. Abbildung B zeigt eine bettet. Die zweite Hauptgruppe von Proteinen sind die
Gefrierbruchpräparation zweier benachbarter Erythro- peripheren Membranproteine, die nicht in den Lipid-
zyten. Da der Gefrierbruch durch das hydrophobe bilayer eingebettet sind. Sie lassen sich leicht ablösen, da
Membraninnere verläuft, entstehen zwei Membran- sie nicht kovalent mit der Membran verbunden sind.
bruchflächen: die dem Zytoplasma zugewandte P-Fläche Wie erwähnt sind die Lipide asymmetrisch in den
und die extrazelluläre E-Fläche. Beide Membran- beiden Membranhälften verteilt. In polarisierten Zellen
bruchflächen sind mit intramembranären Partikeln besteht eine weitere Membranasymmetrie, da sowohl
übersät, die integralen Membranproteinen entsprechen. die Lipid- als auch die Proteinzusammensetzung der
Üblicherweise enthält die P-Fläche eine größere Zahl apikalen und der basolateralen Plasmamembran-
von Partikeln. Die glatten Anteile der Membranbruch- domäne unterschiedlich sein können.
flächen entsprechen Membranlipiden. Durch Modifi-
kation der ursprünglichen Gefrierbruch Technik gelang
es, großflächige Plasmamembranflächen von kultivier-
ten Zellen zu erhalten, wie in Abbildung C gezeigt. Im Literatur
Gegensatz zur Plasmamembran von Erythrozyten sind Edidin M (2003) Lipids on the frontier: a century of cell-mem-
die Partikeln der Plasmamembran von Hepatozyten un- brane bilayers. Nat Rev Mol Cell Biol 4: 414
regelmäßig angeordnet. Gruppen solcher Partikeln Frye L, and Edidin M (1970) The rapid intermixing of cell surface
entsprechen Coated Pits (siehe Abb. 41). Die zahlreichen antigens after formation of mouse-human heterokaryons. J Cell
Erhebungen entsprechen Membranausstülpungen Sci 7: 319
(siehe Abb. 72). Maxfield FR (2002) Plasma membrane microdomains. Curr Opin
Die Plasmamembran hat zwei grundsätzliche Cell Biol 14: 483
Funktionen. Zum einem stellt der Lipidbilayer eine Simson R, Yang B, Moore SE, Doherty P, Walsh FS, and Jacobson
KA (1998) Structural mosaicism on the submicron scale in the
Barriere für die meisten wasserlöslichen Moleküle dar.
plasma membrane. Biophys J 74: 297
Zum anderen gewährleisten die integralen Membran- Singer S, and Nicolson G (1972) The fluid mosaic model of the
proteine den bidirektionalen Stofftransport und die structure of biological membranes. Science 175: 720
Diffusion und damit einhergehende Kommunikation Singer SJ (2004) Some early history of membrane molecular
und Signaltransduktion wie auch Zell-Zell und Zell- biology. Annu Rev Physiol 66: 1
Matrix Interaktionen. Der Lipidbilayer stellt eine zwei- van Meer G (1993) Transport and sorting of membrane lipids.
dimensionale fluide Phase dar, in der die Proteine und Curr Opin Cell Biol 5: 661

Vergrößerung: x 75,000 (A); x 85,000 (B); x 39,000 (C)


Abbildung 71 143

P-Spaltfläche

E-Spaltfläche

C
144 Die Zelloberfläche

ZELLEN IN KULTUR

Verschiedene Zelltypen wie Stammzellen, epitheliale, von unzähligen Mikrovillus-artigen Membranaus-


mesenchymale und neuronale Zellen und diverse stülpungen überzogen, die auch in einem Ultra-
Tumorzellen können in vitro in Zellkulturflaschen oder dünnschnitt einwandfrei sichtbar sind (Abb. C). Wie im
Petrischalen kultiviert werden. Routinemässig werden Ultradünnschnitt in Abbildung C erkennbar ist, sind die
Petrischalen aus Plastik verwendet, in denen die Zellen Mikrovillus-artigen Fortsätze auf die freie Zellober-
in einem geeigneten Kulturmedium bei 37oC in einer fläche begrenzt, während die basale Zelloberfläche flach
feuchtigkeitsgesättigten Sauerstoff-Kohlendioxidatmo- ist und fokale Adhäsionsplaques aufweist. Epitheliale
sphäre als Zellrasen (Monolayer) oder in Suspension Zellen, die als Monolayer auf einer Plastik- oder
wachsen und sich vermehren können. Polarisierte Glasunterlage gewachsen sind, haben eine diskusartige
Monolayer von Epithelzellen können auf porösen Gestalt und bilden Adhärens Junctions und Desmo-
Membranen gezogen werden. Zellkulturen sind vor- somen im Bereich lateraler Zellkontakte. Wenn sie aber
zügliche experimentelle Systeme für morphologische auf porösen Membranen kultiviert werden, bilden sie
und biochemische Analysen und für die Herstellung von zylindrische, polarisierte, über Junktionen verknüpfte
rekombinanten Proteinen und monoklonalen Anti- Zellmonolayer. Unter Verwendung von Nierenepithel-
körpern. zelllinien konnten wichtige Aspekte der Zellpolarität
Die lichtmikroskopische Beobachtung lebender und damit verbundener Transportvorgänge analysiert
Zellen und die fixierter Zellen mittels Rasterelektronen- werden.
mikroskopie hat eine Fülle von Befunden zur Fort- Die Fortbewegung von Zellen stellt ein grundlegen-
bewegung von Zellen in Kultur erbracht. Suspendierte des Phänomen während der Embryogenese und in er-
Zellen etablieren den initialen Kontakt mit dem Substrat wachsenen Organen dar. Sie ist eine wichtige Eigen-
über lange fadenförmige Fortsätze, die Filopodien schaft von Zellen bei der Entzündung und der Immun-
(Pfeilkopf in Abb. A), die mit dem Rasterelektronen- abwehr, der Wundheilung und Gewebereparation und
mikroskop gut sichtbar gemacht werden können. der Ausbreitung von Tumorzellen.
Adhärente Zellen sind abgeflacht und haben zahlreiche
Kontaktstellen mit dem Substrat. Adhärente Zellen kön-
nen über das Substrat wandern. Hierbei handelt es sich Literatur
um eine gerichtete Bewegung, die mit der Bildung von Balcarova-Ständer J, Pfeiffer S, Fuller S, and Simons K (1984)
Lamellipodien einhergeht. Lamellipodien sind flache Development of cell surface polarity in the epithelial Madin-
Fortsätze im Bereich der aktiv wandernden Zellfront Darby canine kidney (MDCK) cell line. EMBO J 3: 2687
(Pfeile in Abb. A). Sowohl Filopodien als auch Bershadsky A, and Vasiliev J (1988) Cytoskeleton. New York:
Lamellipodien enthalten Aktin. In ersteren bildet es Plenum Press
lange gebündelte Filamente und in letzteren ein parallel Bray D (2001) Cell movements: from molecules to motility, 2nd
zum Substrat ausgerichtetes orthogonales querver- edition. New York: Garland Publishing
bundenes Netzwerk. Gemeinsam mit Myosin und Cereijido M, Robbins E, Dolan W, Rotunna C, and Sabatini D
Mikrotubuli und ihren akzessorischen Proteinen sind (1978) Polarized monolayers formed by epithelial cells on a per-
meable and translucent support. J Cell Biol 77: 853
die Aktinfilamente in den Lamellipoden für die
Condeelis J (1993) Life at the leading edge: the formation of cell
Zellbewegung verantwortlich. Während der Zell- protrusions. Annu Rev Cell Biol 9: 411
bewegung unterliegt dieses Zytoskelett Veränderungen, Pantaloni D, Le Clainche C, and Carlier M (2001) Mechanism of
die mit der Bildung, Kontraktion und Auflösung der actin-based motility. Science 292: 1502
Aktinnetzwerke einhergehen. Rodriguez-Boulan E, and Powell SK (1992) Polarity of epithelial
Abbildung B zeigt einen Teil eines geschlossenen and neuronal cells. Annu Rev Cell Biol 8: 395
Monolayers von Rattenhepatozyten im Raster- Simons K, and Fuller S (1985) Cell surface polarity in epithelia.
elektronenmikroskop. Die freie Oberfläche der Zellen ist Ann Rev Cell Biol 1: 243

Vergrößerung: x 500 (A); x 2,900 (B); x 3,500 (C)


Abbildung 72 145

Nukleus

B C
146 Die Zelloberfläche

BÜRSTENZELLE

Spezialisierte Differenzierungen existieren an der Stickstoffoxiden, zum Beispiel NO-Synthase I. Eine


apikalen Oberfläche der Bürstenzellen. Diese besonders Funktion der Bürstenzellen als Chemorezeptoren mit
differenzierten Epithelzellen werden auch als Tuft Cells NO als parakrinem gasförmigen Botenstoff wird in
und Caveolated Cells bezeichnet und liegen disseminiert Erwägung gezogen. Auch die Tatsache, dass die
in den Epithelien des Gastrointestinal- und Respira- Plasmamembran der Bürstenzellmikrovilli eine beson-
tionstrakts, zum Bespiel im Magen, im Dünndarm und dere Glykokonjugatzusammensetzung aufweist und
Dickdarn, in der Gallenblase, den Gallenwegen und im rasch umgesetzt und erneuert wird, wird zu Gunsten
Pankreasgang, sowie im Flimmerepithel der Trachea einer rezeptorischen Funktion diskutiert. Dieses
und der Lunge. Die Bezeichnung der Zellen leitet sich Konzept findet zusätzlich Untermauerung durch die
von den charakteristischen bürsten- oder büschelförmi- Existenz neuronencharakterischischer Intermediär-
gen apikalen Oberflächendifferenzierungen ab. Die filamente. Bürstenzellen exprimieren sowohl Zyto-
Büschel werden von besonders langen und voluminösen keratin Intermediärfilamente, als auch Neurofilamente,
Mikrovilli gebildet, die sich von den Mikrovilli des eine Kombination, die unter normalen Bedingungen in
Bürstensaums der resorbierenden Zellen (Enterozyten, anderen Zellen nicht vorkommt. Zytokeratin 18 findet
siehe auch Abb. 68 und 101) deutlich unterscheiden. sich in hoher Konzentration in Intermediärfila-
Die Abbildung zeigt eine Bürstenzelle aus dem mentbündeln, die von der Zellperipherie zu zentralen
Colon der Ratte mit dem charakteristischen apikalen Zytoplasmaregionen strahlen, sind aber im charakteris-
Mikrovillibüschel. Die Mikrovilli (Pfeil) springen in das tischen apikalen Zytoplasmakompartiment der Bürsten-
Darmlumen vor und überragen deutlich die Mikrovilli zellen unterhalb der Mikrovillibüschel nicht vorhanden.
des Bürstensaums der benachbarten Enterozyten Hier sind es Neurofilamente, die im Zusammenspiel mit
(Pfeilkopf). Die Unterschiede in den Dimensionen der Aktinfilamenten und Mikrotubuli das für Bürstenzellen
beiden Klassen von Mikrovilli sind deutlich erkennbar. typische Zytoskelettnetzwerk bilden.
Dicht gebündelte Aktinfilamente bilden den zentralen
Kern der Mikrovilli und setzen sich als ebenfalls dicht Literatur
gebündelte Wurzelstrukturen (offener Pfeil) in das
apikale Zytoplasma fort, wo sie gemeinsam mit Gebert A, Al-Samir K, Werner K, Fassbender S, and Gebhard A
Mikrotubuli, Intermediärfilamenten und Membran- (2000) The apical membrane of intestinal brush cells possesses a
specialized, but species-specific, composition of glycoconjugates
vesikeln ein für die Bürstenzellen charakteristisches
– on-section and in vivo lectin labelling in rats, guinea-pigs and
apikales Kompartiment bilden. Die feine Lektinogold- mice. Histochem Cell Biol 113: 389
markierung lokalisiert Sialinsäure. Höfer D, and Drenckhahn D (1996) Cytoskeleton marker allow-
Die Bürstenzellen werden mit Chemorezeption und ing discrimination between brush cells and other epithelial cells
mit der Regulation der Elektrolytkonzentrationen in of the gut including enteroendocrine cells. Histochem Cell Biol
den Sekreten der jeweiligen Hohlorgane in Verbindung 105: 405
gebracht. Die apikale Ultrastruktur hat Ähnlichkeit mit Höfer D, and Drenckhahn D (1998) Identification of the taste cell
der von Rezeptorzellen in Sinnesepithelien, zum G-protein, alpha-gustducin, in brush cells of the rat pancreatic
Beispiel mit den sensorischen Zellen in den Ge- duct system. Histochem Cell Biol 110: 303
schmacksknospen. Die Bürstenzellen im Magen, Darm Luciano L, Groos S, and Reale E (2003) Brush cells of rodent gall-
und pankreatischen Gangsystem exprimieren ein für bladder and stomach epithelia express neurofilaments. J
Histochem Cytochem 51: 187
geschmacksensorische Zellen charakteristisches GTP-
Ogata T (2000) Mammalian tuft (brush) cells and chloride cells
bindendes Protein, Alpha-Gustducin, das im Bereich des of other vertebrates share a similar structure and cytochemical
apikalen Pols der Zellen konzentriert ist, vergleichbar reactivities. Acta Histochem Cytochem 33: 439
mit der Lokalisation in den Geschmackszellen, wo es Roth J, Lucocq JM, and Charest PM (1984) Light and electron
mit Geschmacksfunktionen für süß und bitter in microscopic demonstration of sialic acid residues with the lectin
Zusammenhang steht. Bürstenzellen enthalten auch from Limax flavus: A cytochemical affinity technique with the use
besonders reichlich Enzyme für die Produktion von of fetuin-gold complexes. J Histochem Cytochem 32: 1167

Vergrößerung: x 29,500
Abbildung 73 147

Enterozyt

Enterozyt

Bürstenzelle
148 Die Zelloberfläche

DIE GLYKOKALYX (CELL COAT )

Die äussere Oberfläche aller tierischen Zellen ist von der eines absorptiven Enterozyten mit dem Limax flavus
Glykokalyx überzogen. Sie besteht aus den Zucker- Lektin. Eine Lektin-Goldmarkierung findet sich im
seitenketten (Glykane) der Membranproteine und -lipi- Bereich des Bürstensaums und seiner Antenullae
de und zusätzlich aus sezerniertem Schleim an der microvillares sowie endozytotischer Strukturen. In
Oberfläche der Schleimhäute des Verdauungs-, Atem- Abbildung D ist der Nachweis der Blutgruppe A
wegs- und Urogenitaltrakts. Die Funktionen der Substanz mit einem monoklonalen Antikörper am
Glykokalyx sind mannigfaltig. Allgemein ausgedrückt Lowicryl Ultradünnschnitt von einer Duodenum-
übt sie eine schützende und stabilisierende Funktion schleimhautbiopsie eines Patienten mit Blutgruppe A
aus. Spezifischere Funktionen, die von der Struktur der gezeigt. Es findet sich eine dichte Goldpartikel-
Glykane und vom Zelltyp abhängig sind, sind Er- markierung über den Mikrovilli des Bürstensaums und
kennungsfunktionen und Interaktionen mit anderen dem anheftenden Schleim sowie endozytotischen
Glykanen. Spezifische Glykane sind von Bedeutung Strukturen.
während der Entwicklung und Differenzierung von
Organen und beim Tumorwachstum (siehe Abb. 76), da Literatur
sie in Zell-Zell und Zell-Matrix Wechselwirkungen und
Blanquet P (1976) Ultrahistochemical study on the ruthenium
in die Signaltransduktion involviert sind. Glykane kön-
red surface staining. I. Processes which give rise to electron dense
nen auch Rezeptoren für pathogene Mikroorganismen marker. Histochemistry 47: 63
sein oder als Liganden für verschiedene Rezeptoren Goldstein IJ, and Poretz RD (1986) Isolation, physicochemical
fungieren und für den Umsatz und Transport von characterization, and carbohydrate-binding specificity of lectins.
Glykoproteinen bedeutend sein. Letztendlich spielen sie In: The lectins. Properties, functions and applications in biology
auch eine Rolle bei der Erkennung falsch gefalteter and medicine (Liener IE, Sharon N, and Goldstein IJ, eds).
Glykoproteine (siehe Abb. 16 und 22). Orlando: Academic Press, pp 35
Bestimmte Zellen besitzen eine stark entwickelte Haltiwanger RS, and Lowe JB (2004) Role of glycosylation in
Glykokalyx, die ohne spezielle Kontrastierung im development. Annu Rev Biochem 73: 491
Ultradünnschnitt sichtbar ist. Abbildung A zeigt einen Hayat M (1993) Stains and cytochemical methods. New York
Teil des Bürstensaums eines absorptiven Enterozyten. London: Plenum Press
Luft JH (1971) Ruthenium red and violet. I. Chemistry, purifica-
Auf der Spitze der Mikrovilli ist die Glykokalyx in Form
tion methods of use for electron microscopy, and mechanism of
der geweihartigen Antennulae microvillares (Pfeile) action. Anat Rec 171: 347
sichtbar. Abbildung B zeigt den Bürstensaum im Rambourg A (1971) Morphological and histochemical aspects of
Querschnitt und die Kontrastierung der Glykokalyx mit glycoproteins at the surface of animal cells. Int Rev Cytol 31: 57
Rutheniumrot. Rutheniumrot ist ein kationischer Roth J (1983) Application of lectin-gold complexes for electron
Farbstoff, der elektrostatisch an ionisierte Karboxyl- microscopic localization of glycoconjugates on thin sections.
gruppen saurer Mukopolysaccharide bindet und deren J Histochem Cytochem 31: 987
Kontrast im Transmissionselektronenmikroskop stei- Roth J (1996) Glycosylation in the endoplasmic reticulum and
gert. Die Reaktion ist jedoch relativ unspezifisch und auf the Golgi apparatus and cell type-specificity of cell surface glyco-
die Zelloberfläche beschränkt, da der Farbstoff zelluläre conjugate expression: analysis by the protein A-gold and lectin-
Membranen nicht durchdringen kann. gold techniques. Histochem Cell Biol 106: 79
Taylor M, and Drickamer K (2003) Introduction to glycobiology.
Diese Nachteile konnten durch die Anwendung von
Oxford New York: Oxford University Press)
Lektinen und monoklonalen Antikörpern gegen Varki A (1997) Sialic acids as ligands in recognition phenomena.
definierte Glykanepitope an Ultradünnschnitten von FASEB J 11: 248
Lowicryl-eingebetteten Geweben oder ultradünnen Varki A, Cummings R, Esko J, Freeze H, Hart G, and Marth J
Gefrierschnitten überwunden werden. Abbildung C (1999) Essentials of glycobiology. Cold Spring Harbor New York:
zeigt den Nachweis von Sialinsäure in der Glykokalyx Cold Spring Harbor Laboratory Press

Vergrößerung: x 87,500 (A); x 120,000 (B); x 55,500 (C); x 52,000 (D)


Abbildung 74 149

Bürstensaum

A B

C D
150 Die Zelloberfläche

DIE GLYKOKALYX: KOMPOSITIONELLE UNTERSCHIEDE ZWISCHEN ZELLTYPEN UND


DOMÄNENBILDUNG

Die verschiedenen Glykosyltransferasen haben unter- markiert (Pfeilköpfe). Die Endothelzellen zeigten kei-
schiedliche Verteilungsmuster in Abhängigkeit vom nerlei Markierung, was in Tangentialschnitten beson-
untersuchten Gewebe, wie mittels Northern Blot ders klar hervortritt (Stern). Gleichermaßen war die
Analysen und spezifischen Enzymassays nachgewiesen glomeruläre Basalmembran unreaktiv. Somit konnte
werden konnte. Darauf basiert die Annahme, dass die gezeigt werden, dass die Plasmamembran der Podozyten
Glykanstruktur in bestimmten Geweben Ausdruck der im Bereich der Basis ihrer Fußfortsätze bezüglich der
Anwesenheit spezifischer Glykosyltransferasen ist. Zusammensetzung der Glykokalyx hochspezialisiert ist.
Allerdings sind diese Techniken nur von begrenzter Abbildung C zeigt anhand einer Goldmarkierung mit
Aussagekraft für Gewebe und Organe mit komplexer dem Weizenkeimling Lektin (WGA), dass im Gegensatz
zellulärer Zusammensetzung. Hierfür sind zytochemi- hierzu N-Azetylglukosaminreste in allen Anteilen der
sche in situ Techniken die Methoden der Wahl, da es nur Plasmamembran der Podozyten und Endothelien und
mit ihnen gelingt, definierte Glykane spezifischen auch der glomerulären Basalmembran nachgewiesen
Zelltypen zuzuordnen. Die Anwendung von Lektinen werden können.
und monoklonalen Antikörpern gegen definierte
Glykanepitope hat wichtige Erkenntnisse bezüglich Literatur
Zelltyp-spezifischer Glykosilierungsmuster erbracht
und Rückschlüsse auf ihre Funktionen ermöglicht. Brown D, Roth J, and Orci L (1985) Lectin-gold cytochemistry
Abildung A zeigt Anteile von sogenannten dunklen reveals intercalated cell heterogeneity along rat kidney collecting
und hellen Epithelien der Milchgänge einer normalen, ducts. Am J Physiol 248: C348
Gersten KM, Natsuka S, Trinchera M, Petryniak B, Kelly RJ,
nicht laktierenden Brustdrüse und ein Beispiel von
Hiraiwa N, Jenkins NA, Gilbert DJ, Copeland NG, and Lowe JB
Zelltyp-spezifischer Glykosilierung. Die Inkubation von (1995) Molecular cloning, expression, chromosomal assignment,
Lowicryl-Ultradünnschnitten mit einem monoklonalen and tissue-specific expression of a murine alpha-(1,3)-fucosyl-
Antikörper gegen ein Epitop eines O-Glykans resultierte transferase locus corresponding to the human ELAM-1 ligand
in der Markierung der Plasmamembran der dunklen fucosyl transferase. J Biol Chem 270: 25047
Zellen (gefüllte Pfeilköpfe), aber nicht der benachbarten Kerjaschki D, Noronha-Blob L, Sacktor B, and Farquhar M (1984)
hellen Zellen (leere Pfeilköpfe). Bemerkenswert ist wei- Microdomains of distinctive glycoprotein composition in the
terhin, dass nur die apikale Plasmamembran der dunk- kidney proximal tubule brush border. J Cell Biol 98: 1505
len Zellen markiert ist, die durch Desmosomen (Pfeile) Kitagawa H, and Paulson JC (1994) Differential expression of five
von der nicht markierten lateralen Plasmamembran sialyltransferase genes in human tissues. J Biol Chem 269: 17872
getrennt ist. LeHir M, Kaissling B, Koeppen BM, and Wade JB (1982) Binding
of peanut lectin to specific epithelial cell types in the kidney. Am
Abbildung B zeigt einen Teil einer glomerulären
J Physiol 242: C117
Kapillarschlinge und illustriert ein exquisites Beispiel Roth J, Brown D, and Orci L (1983) Regional distribution of N-
für Domänenbildung der Glykokalyx der Podozyten. acetyl-D-galactosamine residues in the glycocalyx of glomerular
Der ultradünne Lowicrylschnitt wurde mit gold- podocytes. J Cell Biol 96: 1189
markiertem Helix pomatia Lektin inkubiert, das mit Yoshida Y, Kurosawa N, Kanematsu T, Taguchi A, Arita M,
terminalen, nicht reduzierten N-Azetylgalaktosamin- Kojima N, and Tsuji S (1996) Unique genomic structure and
resten reagiert. Im Bereich der Plasmamembran der expression of the mouse alpha 2,8-sialyltransferase (ST8Sia III)
Podozyten wurde nur die Basis der Podozytenfortsätze gene. Glycobiology 6: 573

Vergrößerung: x 20,000 (A); x 35,500 (B, C)


Abbildung 75 151

Nukleus

Nukleus
A

Podozyt

Erythrozyt

B C
152 Die Zelloberfläche

VERÄNDERUNGEN DER GLYKOKALYX IN TUMOREN

Bestimmte Glykane weisen während der Embryonal- wichtiger immunzytochemischer Marker. Experimente
entwicklung geweblich und zeitlich begrenzte Ex- mit Zelllinien von kleinzelligen (neuroendokrinen)
pressionsmuster auf, die in malignen Tumoren Lungenkarzinomen haben die Bedeutung der
wiederkehren können. Solche Karzinom-assoziierten Polysialinsäure beim invasiven und metastatischen
Glykane der Zelloberfläche können für das invasive und Tumorwachstum direkt aufgezeigt. Klinische Studien
metastatische Tumorwachstum von Bedeutung sein haben die Bedeutung der Bestimmung des Serum-
oder für die Klinik als prädiktiver Marker. Eine häufig spiegels von Polysialinsäure bei Patienten mit neuroen-
beobachtete Veränderung der Tumorglykane besteht im dokrinen Karzinomen als Indikator für das Tumor-
vermehrten Auftreten von `-1,6-verzweigten tri- und stadium und die Tumorprogression nachgewiesen.
tetraantennären Glykanen. Diese Veränderungen korre-
lieren mit dem metastatischen Potentzial bestimmter Literatur
Tumoren und sind von Bedeutung als prädiktiver
Brockhausen I (1999) Pathways of O-glycan biosynthesis in can-
Marker für den klinischen Verlauf des kolo-rektalen
cer cells. Biochim Biophys Acta 1473: 67
Karzinoms. Gleichermaßen scheint die Expression von
Dennis JW, Granovsky M, and Warren CE (1999) Glycoprotein
Sialoglykanen mit terminaler _ 2,6-verknüpfter Sialin- glycosylation and cancer progression. Biochim Biophys Acta
säure und das Sialosyl-Tn Antigen mit der Progression 1473: 21
des Kolonkarzinoms zu korrelieren und von prädik- Gluer S, Schelp C, Madry N, von Schweinitz D, Eckhardt M, and
tivem Wert zu sein. Diese Feststellungen konnten aber Gerardy-Schahn R (1998) Serum polysialylated neural cell adhe-
nicht auf andere Karzinome übertragen werden. sion molecule in childhood neuroblastoma. Br J Cancer 78: 106
Sialinsäuren existieren auch in Form von _ 2,8-ver- Hakomori S-I (1996) Tumor-associated carbohydrate antigens
knüpften Homopolymeren und diese Polysialinsäure and modified blood group antigens. In: Glycoproteins and disease
wurde am neuralen Zelladhäsionsmolekül NCAM (Montreuil J, Vliegenthart J, and Schachter H, eds). Amsterdam
nachgewiesen. Polysialinsäure ist von Bedeutung für die Lausanne New York Oxford Shannon Tokyo: Elsevier, pp 243
Kobata A (1996) Cancer cells and metastasis. The Warren-Glick
Hirnentwicklung und für die Funktion von Nerven-
phenomenon – a molecular basis of tumorigenesis and metasta-
zellen im reifen Gehirn, da sie Zell-Zell und Zell-Matrix sis. In: Glycoproteins and disease (Montreuil J, Vliegenthart JFG,
Interaktionen des NCAM moduliert. Polysialyliertes and Schachter H, eds). Amsterdam Lausanne New York Oxford
NCAM existiert auch während der embryonalen Shannon Tokyo: Elsevier, pp 211
Entwicklung der Niere und wird im Wilms Tumor, Roth J, Rutishauser U, and Troy FA (1993) Polysialic acid. From
einem hoch malignen Nierentumor re-exprimiert. microbes to man. Basel Boston Berlin: Birkhäuser
Abbildung A zeigt Anteile eines Wilms Tumors und Roth J, Taatjes DJ, Wagner P, Weisgerber C, Heitz PU, Goridis C,
die Anwesenheit einer elektronendichten amorphen and Bitter-Suermann D (1988) Reexpression of poly(sialic acid)
Schicht von variabler Dicke (Pfeilköpfe) an der units of the neural cell adhesion molecule in Wilms tumor. Proc
Oberfläche der Tumorzellen. An Stellen besonderer Natl Acad Sci USA 85: 2999
Ausprägung dieser Schicht können kleine Hohlräume Rutishauser U (1996) Polysialic acid and the regulation of cell
interactions. Curr Opin Cell Biol 8: 679
(Sterne in Abb. A und C) beobachtet werden. Wegen
Seelentag WKF, Li WP, Schmitz SFH, Metzger U, Aeberhard P,
ihrer strukturellen Ähnlichkeit wurde diese Schicht als Heitz PU, and Roth J (1998) Prognostic value of beta-1,6-
die Lamina densa einer Basalmembran angesehen. Wie branched oligosaccharides in human colorectal carcinoma.
in Abbildungen B und C mittels Immungoldmarkierung Cancer Res 58: 5559
mit einem monoklonalen Antikörper gezeigt ist, besteht Tanaka F, Otake Y, Nakagawa T, Kawano Y, Miyahara R, Li M,
sie aber aus Polysialinsäure des NCAM. Polysialinsäure Yanagihara K, Inui K, Oyanagi H, and Yamada T (2001)
konnte auch in verschiedenen malignen neuroendokri- Prognostic significance of polysialic acid expression in resected
nen Tumoren nachgewiesen werden und ist ein non-small cell lung cancer. Cancer Res 61: 1666

Vergrößerung: x 8,500 (A); x 58,000 (B); x 55,000 (C)


Abbildung 76 153

*
Nukleus

*
Nukleus

*
*
*
A

Nukleus

Nukleus *

B C Nukleus
154 Zell-Zell und Zell-Matrix Verbindungen und krankhafte Veränderungen

JUNKTIONALE KOMPLEXE

Junktionale Komplexe sind charakteristisch lokalisierte, raum in Abbildung A entspricht den verbundenen
aus 3 Klassen von Zell-Zell Verbindungen zusammenge- externen Domänen der membrandurchsetzenden
setzte, Haftkomplexe im Epithelgewebe (Abb. A). In Cadherine (Desmokolline, Desmogleine) in den einan-
oberster Position, dem Lumen am nächsten gelegen, der gegenüberliegenden Abschnitten der Plasma-
bilden Tight Junctions eine Abbdichtungszone (zonula membran benachbarter Zellen. Durch Interaktion ihrer
occludens, ZO, siehe auch Abb. 78), über die der para- zytoplasmatisch orientierten Schwanzregionen mit
zelluläre Verkehr reguliert wird. Darunter, in mittlerer _- und `-Cateninen und Formin-1 wird Aktinpoly-
Position, befindet sich ein gürtelförmiges Verbindungs- merisation für die Ausbildung des assoziierten Aktin-
band, das einer dynamischen Stabilisierung des Gewe- filamentsystems induziert. So wird im Zusammenspiel
bes dient (Gürteldesmosom, zonula adhaerens, ZA). Es mit den Filamenten im Terminalgespinst und den
wird von einem darunter liegenden Kranz von Fleck- Aktinfilamentbündeln in den Mikrovilli ein zellüber-
desmosomen (maculae adhaerentens, MA, siehe auch greifendes Skelett- und Bewegungssystem aufgebaut
Abb. 79), die die Zellen wie Druckknöpfe aneinander- (siehe auch Abb. 68). In Abbildung B sind im
heften, begleitet. Die Haftkomplexe sind meist in Terminalgespinst zahlreiche Querschnitte durch die
apikalen Epithelbereichen lokalisiert. Abbildung A zeigt Aktinfilamentwurzeln der Mikrovilli des Bürstensaums
in einem Ausschnitt aus dem Darmepithel alle 3 Teile zu sehen (Pfeile).
eines Haftkomplexes apikal nahe dem Bürstensaum Fleckdesmosomen (maculae adhaerentes) werden in
gelegen. Die Zone setzt sich nach basal hin in eine inter- Abbildung A (MA) und, stärker vergrößert, in
digitierte Adhäsionsregion (Pfeil) fort. Abbildung C gezeigt. Sie sind Teil der Haftkomplexe,
Die zuoberst gelegene abdichtende Zone (ZO) kommen aber auch unabhängig von anderen Zell-Zell
definiert auch die Grenze zwischen apikalen und baso- Verbindungen vor. Wie Druckknöpfe bilden sie an den
lateralen Regionen der Plasmamembran. Im Bereich der lateralen Zelloberflächen zahlreiche Haftstellen, die
Tight Junctions sind die Plasmamembranen der be- über kabelartige Intermediärfilamentbündel unter-
nachbarten Zellen in regelmäßigen Abständen komplett einander und mit den Hemidesmosomen (Abb. 85) an
verschmolzen. Diese Verschmelzungsregionen laufen der basalen Plasmamembran verbunden sind. Der
als Stege und Netzwerke um die gesamte Zirkumferenz Interzellularraum ist weiter als bei den Gürtel-
der Zellen und bilden so ein abdichtendes Band, das zu desmosomen. Die erkennbare Mittellinie (Pfeil, Abb. C)
einer Versiegelung des Epithels und der Interzellular- entspricht den vernetzten glykosilierten extrazellulären
räume führt. Im Dünnschnitt (Abb. A) sind die Ver- Domänen der Cadherine. Die zyoplasmatischen Plaques
siegelungsregionen als Kontaktpunkte („kissing (Pfeilkopf) dienen der Verankerung der Cadherine und
points“) zu erkennen. Die Tight Junctions sind in Form der Intermediärfilamente, die haarnadelförmig in die
drahtartiger Linien und Netze besonders gut in Plaques einstrahlen (siehe Abb. 79).
Gefrierbruchpräparaten (siehe Abb. 78A) zu erkennen.
Die Zonula adhaerens (ZA) liegt unmittelbar unter-
halb der Zonula occludens. Auch hier wird ein die Literatur
gesamte Zelle wie ein Gürtel umrundendes Band
gebildet. Im Schnittbild durch das Gürteldesmosom in Bazzoni G (2003) The JAM family of junctional adhesion mole-
Abbildung A ist zu erkennen, dass die zytoplasmatische cules. Curr Opin Cell Biol 15: 525
Green KJ, and Gaudry CA (2000) Are desmosomes more than
Seite der Plasmamembranen zu Plaques verdichtet ist
thethers for intermediate filaments? Nat Rev Mol Cell Biol 1: 208
und ein Filamentnetzwerk in den Bereich des Gürtel- Kobielak A, Pasolli HA, and Fuchs E (2004) Mammalian formin-
desmosoms einstrahlt. Die gürtelartig um die Zellen 1 participates in adherens junctions and polymerisation of linear
herumlaufende Organisation der Zonula adhaerens mit actin cables. Nat Cell Biol 6: 21
der dichten Zone der einstrahlenden Aktinfilamente ist Tsukita S, Furuse M, and Itoh M (2001) Multifunctional strands
im Flachschnitt durch ein 3-Zellen Areal in Abbildung B in tight junctions. Nat Rev Mol Cell Biol 2,285
gut einsehbar. Die feine Verdichtung im Interzellular- Zigmond S (2004) Formin´ adherens junctions. Nat Cell Biol 6: 12

Vergrößerung: x 88,000 (A), x 20,300 (B), x 120,000 (C)


Abbildung 77 155

ZO

ZA

ZA

MA

A C
156 Zell-Zell und Zell-Matrix Verbindungen und krankhafte Veränderungen

TIGHT JUNCTIONS UND GAP JUNCTIONS

Tight Junctions haben mehrere Hauptfunktionen. In kultivierter Hepatomzellen entstehen durch Ausbildung
Epithelien und Endothelien dichten sie den Inter- junktionaler Komplexe anastomosierende Kanälchen
zellularraum ab und verhindern freien parazellulären mit einem dichten apikalen Mikrovillibesatz. Peroxi-
Verkehr. Tight Junctions bilden die Grenze zwischen dase-konjugiertes Weizenkeimagglutinin markiert so-
apikalen und basolateralen Plasmamembrandomänen, wohl die apikale Mikrovillimembran rechts im Bild als
verhindern Diffusion von Lipiden und Proteinen und auch die basolaterale Plasmamembran links, während
determinieren die Polarität der Epithelzellen. An ihren die Zone der Tight Junctions (TJ) ausgespart ist.
zytoplasmatischen Oberflächen rekrutieren Tight Gap Junctions (maculae communicantes, Nexus)
Junctions zahlreiche Zytoskelett- und Signalmoleküle, sind diejenigen Zell-Zell Verbindungen, die interzel-
ein Prozess, der mit der Regulation des Aktinomyosin- luläre Kommunikation durch Austausch von Ionen und
zytoskeletts und Zell-Zell Adhäsionprozessen in kleinen Molekülen bis zu 1 kDa erlauben. Sie werden
Zusammenhang gebracht wird. Tight Junctions können durch hexagonale Assemblierung integraler Membran-
zwar auch unabhängig von anderen Zellverbindungen proteine, der Connexine, gebildet. Sechs Connexine
vorkommen, doch häufiger sind sie Teil eines junk- formieren sich zu einem hohlen zylindrischen
tionalen Komplexes und bilden die in oberster Position Körperchen, dem Connexon und durch Paarung der
gelegene Zonula occludens (Abb. 77A). Connexonen benachbarter Zellen bilden sich feine,
Gefrierbruchabdrucke vermitteln Einblick in den hydrophile, die Nachbarzellen verbindende Kanäle, die
Verlauf der Tight Junction Verbindungsstege, die als unter hoher Ca2+-Konzentration geschlossen werden.
kontinuierliche, anastomosierende Kämme, drahtför- Die funktionelle Kopplung benachbarter Zellen über
mige Linien und Netzwerke erkennbar sind (TJ in Abb. Gap Junctions ist eine wichtige Grundlage der
A und B). In Form einer abdichtenden Zone (zonula Gewebsorganisation und speziell wichtig während der
occludens) umzirkeln sie die Zellen. Die Anzahl der Embryonalentwicklung. Über Gap Junctions erfolgt
Tight Junction Kämme bestimmt die Barriereeigen- auch die elektrische Kopplung und Erregungsweiter-
schaften der Abdichtungszone und die Dichte des leitung im Herzmuskel und in der glatten Muskulatur.
Epithels; der transepitheliale Widerstand nimmt mit der In Gefrierbruchabdrucken kann man die Con-
Anzahl der Kämme zu. Die Tight Junction Kämme nexonen elektronenmikroskopisch als Partikelchen, die
bestehen aus Claudin und Occludin Proteinaggregaten, in Flecken (maculae communicantes) oder auch großen
die mit den Zonulaproteinen ZO-1, ZO-2 und ZO-3 Flächen akkumuliert sind, erkennen (GJ in Abb. B). Sie
assoziiert sind. Die Einzelkämme verbinden sich mit sind deutlich von den Tight Junction Kämmen (TJ) zu
denen der Partnermembran der Nachbarzelle zu Paaren. differenzieren. Dünnschnittuntersuchungen zeigen die
Sie bilden die im Elektronenmikroskop sichtbaren „kiss- im Bereich der Gap Junctions eng aneinander liegenden
ing points“ (Abb. 77A). Claudine scheinen das Membranen der benachbarten Zellen (GJ im Nebenbild
Rückgrad der Kämme zu bilden, doch auch Lipide sind von Abb. B). Der Interzellularraum ist sehr regelmäßig
mit der Bildung von invertierten zylindrischen Mizellen und, wenn auch extrem eng, doch als distinkter Spalt,
am Aufbau der Abdichtungszone beteiligt. Abdichtende von dem sich auch die Bezeichnung Gap Junction
Zell-Zell Verbindungen finden sich in den meisten ableitet, zu erkennen.
Epithelien und Endothelien. Besonders wichtig sind
Tight Junctions auch bei der Ausbildung distinkter
Barrieren, wie beim Aufbau der Blut-Hirnschranke Literatur
(Abb. 145) und der Blut-Thymusschranke in Endo- Kachar B, and Reese TS (1982) Evidence for the lipid nature of
thelien, der Blut-Hodenschranke, die von den Sertoli tight junction strands. Nature 296: 464
Zellen gebildet wird, und der Barriere im Bereich der Kumar NM, and Gilula NB (1996) The gap junction communica-
Gallekanälchen im Leberepithel. Dieses Beispiel ist im tion channel. Cell 84: 381
Nebenbild von Abbildung A in einem in-vitro-Kultur- Tsukita S, Furuse M, and Itoh M (2001) Multifunctional strands
system gezeigt. In der dreidimensionalen Organisation in tight junctions. Nat Rev Mol Cell Biol 2: 285

Vergrößerung: x 90,500 (A), x 34,000 (Nebenbild), x 71,000 (B),


x 81,000 (Nebenbild)
Abbildung 78 157

TJ

A TJ
GJ

GJ

TJ

B
158 Zell-Zell und Zell-Matrix Verbindungen und krankhafte Veränderungen

FLECKDESMOSOMEN

Fleckdesmosomen (maculae adhaerentes) sind Zell-Zell haften der Zellen in diesem Bereich. Die Inter-
Verbindungen, die mit Intermediärfilamenten assoziiert aktionsregion von Desmoplakin, Plaqueproteinen und
sind und hauptsächlich der Gewebsstabilisierung Cadherinen entspricht der äußeren, zum Inter-
dienen. Fleckdesmosomen bilden in den Haftkom- zellularraum hin orientierten, dichten Plaquezone der
plexen (Abb. 77) unter dem Gürteldesmosom einen Fleckdesmosomen. Der deutlich sichtbare Mittelstreifen
Kranz von Zellverankerungspunkten, kommen aber (Nebenbild in Abb. A, Abb. 77A, C) resultiert aus der
auch außerhalb der Komplexe vor und sind in Zellen, Vernetzung der glykosilierten extrazellulären Domänen
die mechanischem Stress ausgesetzt sind, besonders der Cadhrine und stellt die eigentliche Adhäsionsregion
häufig. Verbunden mit dicken, kabelartigen Inter- dar.
mediärfilamentbündeln, die innerhalb der Zellen Ver- Die Pfeilköpfe in Abbildung A markieren
strebungen aufbauen (Abb. 69), heften sie die benach- Melanosomen im Zytoplasma der Keratinozyten.
barten Zellen wie Druckknöpfe aneinander, stabilisieren
so Zellen und Gewebe und tragen zum Schutz vor
mechanischen Schädigungen bei. Zunehmend wird aber
auch klar, dass Fleckdesmosomen nicht nur mechani- Literatur
sche, sondern auch Signalfunktion haben und in Borrmann CM, Mertens C, Schmidt A, Langbein L, Kuhn C, and
Reaktion auf Signale aus Zellen und Umgebung ihre Franke WW (2000) Molecular diversity of plaques of epithelial-
Organisation und Funktion ändern. adhering junctions. Ann N Y Acad Sci 915: 144
Abbildung A zeigt einen Ausschnitt aus dem Stratum Chiraev NA, and Troyanovsky SM (1997) Direct Ca2+-dependent
spinosum der Epidermis (siehe auch Abb. 109 und 110). heterophilic interaction between desmosomal cadherins,
Die Keratinozyten werden in dieser Epidermisschicht desmoglein and desmocollin, contributes to cell-cell adhesion. J
von dicken Intermediärfilamentbündeln, den Tonofila- Cell Biol 138: 193
menten (TF), durchzogen und über zahlreiche Fleck- Franke WW, Winter S, von Overbeck J, Gudat F, Heitz PU, and
desmosomen (Pfeile) aneinander geheftet. Es ist an Stahli C (1987) Identification of the conserved, conformation-
mehreren Stellen erkennbar, dass die Tonofilamente in dependent cytokeratin epitope recognized by monoclonal anti-
body (lu-5). Virch Arch A Pathol Anat Histopathol 411: 137
die dichten Plaques der Fleckdesmosomen einstrahlen.
Garrod D, Cidgey M, and North A (1996) Desmosomes: differen-
In der stärker vergrößerten Aufnahme eines Fleck- tiation, development, dynamics and disease. Curr Opin Cell Biol
desmosoms im Nebenbild ist die dichte Mittellinie im 8: 670
regelmäßig weiten Interzellularraum deutlich sichtbar. Getsios S, Huen AC, and Green KJ (2004) Working out the
Innerhalb der Plaques kann eine Außen- und Innenzone strength and flexibility of desmosomes. Nat Rev Mol Cell Biol 5:
differenziert werden. Die Immunogoldmarkierung in 271
Abbildung B lokalisiert Zytokeratin mit Hilfe eines Green KJ, and Gaudry CA (2000) Are desmosomes more than
Antikörpers, der ein konserviertes Epitop an der thethers for intermediate filaments? Nat Rev Mol Cell Biol 1: 208
Oberfläche der Zytokeratinfilamente nachweist. Die Koch PJ, and Franke WW (1994) Desmosomal cadherins: anoth-
Goldpartikel markieren die innere, zum Zytoplasma hin er growing multigene family of adhesion molecules. Curr Opin
orientierte, Plaquezone (Pfeile), wo die Zytokeratin- Cell Biol 6: 682
Schmidt A, Heid HW, Schafer S, Nuber UA, Zimbelmann R, and
filamente in Interaktion mit Desmoplakin, einem der
Franke WW (1994) Desmosomes and cytoskeletal architecture in
Plaqueproteine, verankert sind. Desmoplakin steht epithelial differentiation: cell type-specific plaque components
wiederum über andere Plaqueproteine, Plakoglobin und and intermediate filament anchorage. Eur J Cell Biol 65: 229
Plakophilin, mit den membrandurchspannenden Von Overbeck J, Stahli C, Gudat F, Carmann H, Lautenschlager C,
Proteinen der Cadherin Familie, Desmocollinen und Durmuller U, Takacs B, Miggiano V, Staehelin T, and Heitz PU
Desmogleinen, in Verbindung. Ihre, eher heterophilen (1985) Immunohistochemical characterization of an anti-eipthe-
als homophilen, Interaktionen mit den Partnern in der lial monoclonal antibody (mAB lu-5). Virch Arch A Pathol Anat
benachbarten Zelle bewirken das feste Aneinander- Histopathol 407: 1

Vergrößerung: x 30,000 (A), x 60,000 (Nebenbild), x 72,000 (B)


Abbildung 79 159

Nukleus

TF

TF

Nukleus
A

B
160 Zell-Zell und Zell-Matrix Verbindungen und krankhafte Veränderungen

ZELL-ZELL VERZAHNUNGEN

In Geweben und Organen bilden spezialisierte Verbin- Lipoproteintransports. Die benachbarten Zellen sind
dungen der Zellen die Grundlage für ihre mechanische, stellenweise intensiv verbunden und verzahnt, die
chemische und elektrische Kopplung und den Aufbau Interzellularräume geschlossen. Zwischen diesen Inter-
spezifischer Barrieren (Abb. 77–79). Benachbarte Zellen digitationsregionen sind die Interzellularräume jedoch
sind aber auch außerhalb der spezifischen Zell-Zell dilatiert und zeigen sich eingebunden in den Transport
Verbindungen und Komplexe in Kontakt. Zum Beispiel der Lipoproteinpartikel, die an der basolateralen Zell-
erfordert die Ausbildung der kontinuierlichen Epithel- oberfläche sezerniert werden.
überzüge, die die Lumina der inneren Hohlorgane Die Aufnahmen der Abbildungen A und B zeigen das
auskleiden, eine enge Adhäsion benachbarter Zellen Resultat einer speziellen Uranylazetat/Methylzellulose
und Bindung an die Basalmembran. Die Abbildungen A Adsorptionsfärbung an Dünnschnitten von Lowicryl
und B zeigen Aufnahmen des Dünndarmepithels, das in K4M-eingebettetem Gewebe. Die Behandlung führt zu
Abbildung A quer und in Abbildung B senkrecht zur einer intensiven Kontrastierung der Plasmamembranen
Oberfläche geschnitten ist. Die Epithelzellen liegen Seite und der Interzellularverbindungen (Abb. 77A). Intra-
an Seite und ihre Plasmamembranen sind über weite zellulär sind insbesondere Membranen und Organellen
Areale eng verbunden. Zusätzlich stabilisiert wird diese des Sekretionssystem, die in Synthese und Transport
Flächenhaftung durch die ausgeprägte Verzahnung der komplexer Glykane eingebunden sind, intensiv gefärbt.
benachbarten Zellen (Pfeile in Abb. A und B). Die zum Besonders ausgeprägt ist diese Kontrastierung im
Teil flachen, zum Teil auch hohen Kämme an der la- Bereich der Zisternen des Golgi Apparats (Golgi in
teralen Oberflächen der benachbarten Epithelzellen Abb. A und B).
sind in den Interdigitationsregionen (Pfeile) ineinander
geschoben. Die Interzellularräume sind extrem eng und
kaum erkennbar. Jedoch sind diese Kontakte nicht starr,
sondern variabel und die Öffnung der Interzellular- Literatur
räume ist vom jeweiligen Funktionszustand der Zellen Gumbiner BM (1996) Cell adhesion: The molecular basis of tis-
und des Gewebes abhängig, wie das in Abbildung 102B sue architecture and morphogenesis. Cell 84: 345
zu sehen ist. Das Bild zeigt ebenfalls einen Ausschnitt Roth J, Taatjes DJ, and Tokuyasu KT (1990) Contrasting of
aus dem Dünndarmepithel, hier unter dem Aspekt des Lowicryl K4M thin sections. Histochemistry 95: 123

Vergrößerung: x 34,500 (A), x 34,500 (B)


Abbildung 80 161

Golgi

Golgi

B
162 Zell-Zell und Zell-Matrix Verbindungen und krankhafte Veränderungen

BASALES LABYRINTH

Epithelzellen, die in transepitheliale Transportvorgänge aneinander und sind regelmäßiger angeordnet. Ein ähn-
intensiv eingebunden sind, zeigen nicht nur typische liches Bild dichter und besonders regelmäßiger
apikale Oberflächendifferenzierungen (Abb. 103 und Invaginationen der basalen Plasmamembran zeigen die
104), sondern auch basale Charakeristika, die unter dem Streifenstücke der Speicheldrüsen. Ein Segment daraus
Begriff „Basales Membranlabyrinth“ zusammengefasst ist in Abbildung C zu sehen. Die beiden Kanälchen-
werden. Das basale Labyrinth ist ein riesiges Membran- abschnitte aus einem proximalen Nierentubulus einer-
konvolut, das aus den Einfaltungen der basalen Plasma- seits (Abb. B) und einem Speicheldrüsen Streifenstück
membran und verzahnten Falten der lateralen Plasma- andererseits (Abb. C) zeigen eine Sialinsäure-spezifische
membranen der benachbarten Zellen besteht und insge- Lektinogoldmarkierung.
samt zu einer enormen Oberflächenvergrößerung der In den polarisierten Epithelzellen des proximalen
basolateralen Zelloberfläche führt. In enger Nachbar- Tubulus der Niere wird am apikalen Zellpol ein großer
schaft zu den Membranen sind Mitochondrien ange- Teil der Substanzen, die das Filtersystem in den
häuft und vertikal zwischen den Membranfalten Glomerula passiert haben, aus dem Primärharn rück-
aufgereiht. Basale Labyrinthe sind besonders prominent resorbiert, metabolisiert, abgebaut oder basolateral
in den transzellulär transportierenden Epithelien der wiederum abgegeben. So findet apikal die Rück-
proximalen und distalen Nierentubuli, in den resorption eines großen Teils der Glukose statt, ebenso
Sammelrohren der Niere und in den Streifenstücken die Wiederaufnahme von Wasser, Ionen, Vitaminen und
(Sekretrohren) der Speicheldrüsen. Die im Licht- die Reabsorption kleiner Proteine (siehe Abb. 103). Der
mikroskop sichtbaren „Streifen“ kommen durch die basale Zellpol mit dem basalen Labyrinth ist für die
vertikal ausgerichteten Mitochondrien zustande. Exkretion in den Extrazellularraum ausgestattet.
Ihrer Transportfunktion entsprechend besitzen Enzyme für aktiven Ionentransport sind in den
sowohl proximale als auch distale Nierentubuluszellen Membranen des basalen Labyrinths konzentriert. Die
ein ausgeprägtes basales Membranlabyrinth. In für den aktiven Transport notwendige Energie kommt
Abbildung A ist ein Segment eines proximalen Tubulus aus den benachbart lokalisierten Mitochondrien.
(PT) im oberen Teil und ein Segment eines distalen
gewundenen Tubulus (DCT) im unteren Teil des Bildes Literatur
zu sehen. Einen stärker vergrößerten Ausschnitt aus
einem Tubulus proximalis zeigt Abbildung B. An den Fukudome H (2001) A combined SEM and TEM study on the
Epithelzellen des proximalen Tubulus fallen beide in basal labyrinth of the collecting duct in the rat kidney. Arch Histol
Cytol 64: 339
den transepithelialen Transport eingebundenen Ober-
Roth J, Lucocq JM, and Charest PM (1984) Light and electron
flächendifferenzierungen, der hohe apikale Bürsten- microscopic demonstration of sialic acid residues with the lectin
saum und das ausgeprägte basale Labyrinth, besonders from Limax flavus: A cytochemical affinity technique with the use
auf. Die basalen Membraneinfaltungen reichen bis in of fetuin-gold complexes. J Histochem Cytochem 32: 1167
das apikale Zytoplasma der Epithelzellen. In den dista- Tsuchiya K, Wang W, Giebisch G, and Welling PA (1992) ATP is a
len Tubulusepithelzellen sind die Membraneinfaltungen coupling modulator of parallel Na, K-ATPase-K-channel activity
in der Regel zwar nicht so tief, doch liegen sie dichter in renal proximal tubule. Proc Natl Acad Sci USA 89: 6418

Vergrößerung: x 73,000 (A), x 15,200 (B), x 18,000 :(C)


Abbildung 81 163

PT

basales Labyrinth

DCT

B C
164 Zell-Zell und Zell-Matrix Verbindungen und krankhafte Veränderungen

DIE BASALMEMBRAN

Basalmembranen aus speziell aufgebauter extrazellulär- über Verbindungsproteine, wie _-Aktinin, Vinkulin und
er Matrix überziehen die Oberflächen der Zellen kom- Talin, mit dem Aktinzytoskelett in Kontakt. Integrin-
plett oder zum Teil. Im Fall des Epithelgewebes sind es vermittelte Zelladhäsion moduliert Signalübertra-
nur die basalen Oberflächen, die mit diesem Matrix- gungskaskaden und beeinflusst die Expression von
überzug in Kontakt sind. Die Basalmembran bildet hier Genen, die mit Differenzierungsprozessen verknüpft
eine basale Grenzschicht zum Bindegewebe, auf der die sind. Andere Proteine der Lamina basalis gehören
Epithelzellen aufsitzen. Von dieser speziellen Situation zur Familie der Fibuline. ADAMs, die nach ihren
leitet sich auch der Begriff Basalmembran ab. Im Adhäsions- und Metalloproteinasedomänen benannt
Gegensatz dazu sind Muskelzellen komplett in eine sind, modulieren Zell-Zell und Zell-Matrix Interak-
Basalmembran eingehüllt, ebenso die Gliazellen der tionen und spielen eine wichtige Rolle bei Umfor-
Nervenfasern im peripheren Nervensystem. Basal- mungsprozessen in der Matrix.
membranen bilden nicht nur stabisilierende Schichten Die Basallamina wird von einer unterstützenden
und Hüllen für die Zellen, sondern spielen bei zahl- fibroretikulären Schicht begleitet. Im Gegensatz zur
reichen physiologischen und pathologischen Prozessen Basallamina, die von den Epithel-, Muskel- und
in Zellen, Geweben und Organen eine zentrale Rolle, so Gliazellen gebildet wird, ist die Lamina fibroreticularis
bei der Zellwanderung und Differenzierung, der Mor- ein Produkt der Fibroblasten des benachbarten
phogenese und Organneubildung, beim Tumorwachs- Bindegewebes und besteht vor allem aus Typ III
tum und der Metastasenbildung. Basalmembranen Kollagen Fibrillen, die ein feines Gitterfasernetzwerk
bestehen aus 2 Komponenten unterschiedlicher Ab- bilden. Das Nebenbild zeigt die feinen Fibrillen der
stammung, die auch im Elektronenmikroskop unter- Lamina fibroreticulais in sehr regelmäßiger Ausrichtung
scheidbar sind, der Lamina basalis (Lb, Basallamina) und enger Beziehung zur Lamina basalis.
und der Lamina fibroreticularis (Lf).
Die Basallamina ist in Kontakt mit der Plasma-
membran derjenigen Zellen, die ihre Bestandteile pro- Literatur
duzieren und sezernieren, den Epithelzellen, Muskel-
Brown E, and Dejana E (2003) Cell-to-cell contact and extracel-
zellen und Gliazellen. Im Fall der hier gezeigten glatten lular matrix. Editorial overview: Cell-cell and cell-matrix interac-
Muskelzelle ist die Lamina basalis als eine feine Schicht tions – running, jumping, standing still. Curr Opin Cell Biol 15:
nahe der Zelloberfläche deutlich zu erkennen. Die stär- 505
ker kontrastierte, von der Plasmamembran etwas abge- Danen EHJ, and Sonnenberg A (2003) Integrins in regulation of
setzte Region bildet die Lamina densa (Ld); die feine tissue development and function. J Pathol 200: 471
hellere Schicht, die Lamina rara (Lr), ist der Zell- Hay E (1991) Cell biology of the extracellular matrix. New York:
oberfläche direkt benachbart (siehe auch Abb. 85). Typ Plenum Press
IV Kollagen, Fibronektin, Laminin, Entaktin (auch als Sakai T, Larsen M, and Yamada KM (2003) Fibronectin require-
Nidogen bezeichnet) und Heparansulfat Proteoglykane ment in branching morphogenesis. Nature 423: 876
(Perlakan) sind wichtige Bestandteile der Basallamina. Schwarzbauer JE, and Sechler JL (1999) Fibronectin fibrillogene-
sis: a paradigm for extracellular matrix assembly. Curr Opin Cell
Die typische Struktur und Verdichtung der Matrix zur
Biol 11: 622
Lamina densa entsteht durch Assemblierung von Timpl R (1996) Macromolecular organization of basement mem-
Lamininmolekülen mit Typ IV Kollagen, Entaktin und branes. Curr Opin Cell Biol 8: 618
Proteoglykanen. Integrine in der Plasmamembran sind Timpl R, Sasaki T, Kostka G, and Chu M-L (2003) Fibulins: A ver-
die wichtigsten Adhäsionsrezeptoren für die Anheftung satile family of extracellular matrix proteins. Nat Rev Mol Cell
der Zellen an die Matrix. Integrine interagieren auf der Biol 4: 479
einen Seite direkt mit Laminin und Fibronektin in der White JM (2003) ADAMs: modulators of cell-cell and cell-matrix
Basallamina und sind auf der anderen Seite intrazellulär interaction. Curr Opin Cell Biol 15: 598

Vergrößerung: x 55,600, x59,000 (Nebenbild)


Abbildung 82 165

F
Ld Lb
Basalmembran
Lr Lf

Kollagen

Lamina basalis

Lamina fibroreticularis
166 Zell-Zell und Zell-Matrix Verbindungen und krankhafte Veränderungen

DIE GLOMERULÄRE BASALMEMBRAN ALPORT-SYNDROM


(HEREDITÄRE NEPHRITIS )

Die in Abbildung A gezeigte glomeruläre Basalmembran Es handelt sich um eine X-chromosomal dominant
(GBM) unterscheidet sich von Basalmembranen in vererbte Krankheit, die sich in der Kindheit manifestiert
anderen Standorten dadurch, dass sie beidseits von und einen progredienten Verlauf hat.
Zellen begrenzt ist. Hierbei handelt es sich um die In Abbildung B sind einige der charakteristischen
Endothelien der Kapillaren und die Podozyten. Zum elektronenmikroskopischen Befunde illustriert. Typisch
anderen weist sie eine größere Dicke auf, da sie das ist die Verdickung der glomerulären Basalmembran
Produkt der Fusion der Basalmembranen dieser zwei (GBM), die von einer longitudinalen Lamellierung,
Zelltypen ist. Die glomeruläre Basalmembran besteht Aufsplitterung, Fragmentierung und der Bildung net-
aus drei Schichten: einer zentralen elektronendichten zartiger Muster begleitet ist. Andere Anteile der
Lamina densa, an die beidseits eine Schicht geringerer glomerulären Basalmembran können extrem dünn sein
Elektronendichte anschließt. Die den Endothelzellen (nicht sichtbar in Abb. B). Weitere ultrastrukturelle
zugewandte Schicht wird als Lamina rara interna und Veränderungen in Abbildung B bestehen in einer
die den Podozyten zugewandte als Lamina rara externa Hypertrophie der Endothelien, einem Ödem der
bezeichnet. Podozyten und dem Verlust oder der Verschmelzung der
Die Lamina densa besteht aus einem dichten Fußfortsätze der Podozyten. Die gezackten Konturen
Netzwerk von 3 nm dicken Filamenten. Die Lamina rara der glomerulären Basalmembran sind ebenfalls in
interna enthält 10 nm dicke Filamente und beide Abbildung B ersichtlich. Die Gesamtheit dieser
Laminae rarae sind von filamentösem Material durch- Strukturveränderungen ermöglicht die Diagnose.
setzt, das auf der einen Seite an die Podozyten und auf Die krankeitsverursachende Mutation betrifft das
der anderen an die Endothelien reicht. Das die COL4A5-Gen, das für die _5-Ketten des Typ IV
glomeruläre Basalmembran aufbauende Material ist Kollagens kodiert. Das autosomale Alport-Syndrom ist
über Disulfidbrücken und Kollagen-artige Bindungen durch Mutationen der COL4A3- und COL4A4-Gene
stark quervernetzt. Es besteht, wie auch in anderen verursacht, die für die _3- und _4-Ketten des Typ IV
Basalmembranen, aus Typ IV Kollagen, Heparansulfat Kollagens kodieren. Die klinischen Symptome bestehen
und Chondroitinsulfat, Proteoglykanen, Laminin, in Hämaturie, Proteinurie und Ödemen sowie sen-
Nidogen und BM-40/Osteonektin/SPARC. Das nicht soneuraler Schwerhörigkeit. Als Therapie empfiehlt sich
Fibrillen bildende Typ IV Kollagen bildet das Grund- die Nierentransplantation.
gerüst der Lamina densa. Die Proteoglykane bilden qua-
sireguläre, gitterartige Anordnungen in beiden Laminae
rarae. Sowohl Laminin als auch Nidogen sind in allen Literatur
drei Basalmembranschichten vorhanden. Gegenwärtig
Barker DF, Hostikka SL, Zhou J, Chow LT, Oliphant AR,
ist nicht eindeutig erwiesen, ob Fibronektin ein
Gerken SC, Gregory MC, Skolnick MH, Atkin CL, and
Bestandteil der glomerulären Basalmembran ist. Tryggvason K (1990) Identification of mutations in the COL4A5
Pfeile: Schlitzdiaphragmen zwischen den Podozyten collagen gene in Alport syndrome. Science 248: 1224
Fußfortsätzen; Pfeilköpfe: angeschnittene Poren der Dickersin G (2000) Diagnostic electron microscopy. A text/atlas.
Endothelien. New York: Springer
Jefferson JA, Lemmink HH, Hughes AE, Hill CM, Smeets HJ,
Doherty CC, and Maxwell AP (1997) Autosomal dominant
Literatur
Alport syndrome linked to the type-IV collage alpha-3 and alpha-4
Farquhar M (1991) The glomerular basement membrane. A genes (COL4A3 and COL4A4). Nephrol Dial Transplant 12: 1595
selective macromolecular filter. In: Cell biology of extracellular Tryggvason K, and Martin PT (2001) Alport syndrome and base-
matrix (Hay E, ed). New York: Plenum Press, pp 365 ment membrane collagen. In: The metabolic and molecular bases
Kriz A, and Kaissling B (2000) Structural organization of the of inherited disease (Scriver C, Beaudet A, Valle D, and Sly W,
mammalian kidney. In: The kidney: physiology and pathophysi- eds). New York: McGraw-Hill, pp 5453
ology (Seldin D, and Giebisch G, eds). New York Lippincott: Zollinger H, and Mihatsch M (1978) Renal pathology in biopsy.
Williams and Wilkins, pp 587 Berlin Heidelberg New York: Springer

Vergrößerung: x 65,000 (A); x 28,000 (B)


Abbildung 83 167

Bowmann'scher
Podozyten Raum
Fussfortsätze

GBM

A Endothel Kapillarlumen

Alport-Syndrom
Podozyt

GBM

Endothel

B
168 Zell-Zell und Zell-Matrix Verbindungen und krankhafte Veränderungen

DIE DESCEMET ’SCHE MEMBRAN

Die Descemet’sche Membran ist eine besonders auffäl- Die Dicke der Descemet’schen Membran ändert sich
lige, 5-10µm dicke Basalmembran im hinteren Bereich im Lauf des Lebens. In der Hornhaut des Menschen
der Hornhaut des Auges, die im Aufbau und der misst sie zum Zeitpunkt der Geburt ungefähr 3µm und
molekularen Zusammensetzung außergewöhnlich ist besteht hauptsächlich aus der vorderen Schicht. Die hin-
und sich an keiner anderen Stelle des Körpers in dieser tere Schicht wird erst nach der Geburt von den
Form findet. Sie ist mit dem einschichtig platten Epithel, Hornhautendothelzellen gebildet und nimmt langsam
dem Hornhautendothel, das die hintere Hornhaut- an Ausdehnung, bis 10µm Dicke in der Hornhaut älter-
oberfläche überzieht, verbunden und zum Teil auch ein er erwachsener Personen, zu.
Produkt dieser Endothelzellen. Wie andere Basal- Das Hornhautendothel, das in beiden Abbildungen
membranen besteht die Descemet’sche Membran aus im oberen Bildsegment zu sehen ist, erlaubt die Passage
2 Schichten, einer hinteren dem Hornhautendothel von Substanzen aus dem Kammerwasser für die Ver-
benachbarten Schicht und einer vorderen Schicht, die sorgung der Kornea, die ja keine eigenen Blutgefäße
reich ist an kollagenen Fibrillen und sich in das besitzt, und spielt bei der Regulierung des Wassergehalts
Hornhautstroma fortsetzt (posterior und anterior in der Hornhaut eine besondere Rolle. Die Aufrecht-
Abb. A). Beide Schichten der Descemet’schen Membran erhaltung eines kritischen Hydratisierungsgrads ist
sind in Abbildung A zu sehen, ebenso das Hornhaut- ausschlaggebend für die Transparenz des Gewebes. Ein
endothel im obersten Teil des Bildes und das Horn- Anschwellen des Kornealstromas wird durch Ableitung
hautstroma im unteren Bildsegment. Die Unterschiede überschüssiger Flüssigkeit durch den Einsatz von
im Aufbau der Descemet’schen Membran im Vergleich Ionenpumpen in der basolateralen Plasmamembran der
zum Stroma mit den regelmäßigen Lamellen von kolla- Endothelzellen verhindert. Aquaporine bilden wasser-
genen Fibrillen sind gut erkennbar. Abbildung B zeigt selektive Kanäle in den Membranen der Hornhaut-
den hinteren Teil der Membran in stärkerer Vergröße- endothelzellen und spielen für die Regulierung des
rung. transendothelialen Flüssigkeitstransports eine zentrale
Die Descemet’sche Membran enthält Laminin und Rolle.
Fibronektin, ebenso Proteoglykane mit einem hohen
Anteil an Keratansulfat, Heparansulfat und Dermatan-
sulfat. Vergleichbar mit der Situation im Hornhaut- Literatur
stroma ist die Konzentration der Proteoglykane und Abrams GA, Bentley E, Nealey PF, and Murphy CJ (2002)
ihre Zusammensetzung ausschlaggebend für den Was- Electron microscopy of the canine corneal basement membranes.
sergehalt des Gewebes und seine Transparenz. Die Cells Tiss Org 170: 251
Descemet’sche Membran enthält bevorzugt Typ-IV und Benya PD, and Padilla SR (1986) Isolation and characterization of
Typ VIII Kollagen. Typ IV Kollagen ist ein üblicher type-VIII collagen synthesized by cultured rabbit corneal
endothelial cells. J Biol Chem 261: 4160
Bestandteil von Basallaminae (Abb. 82). Im Gegensatz
Joyce NC (2003) Proliferative capacity of the corneal endotheli-
dazu ist Typ VIII Kollagen in anderen Geweben kaum um. Progr Ret Eye Res 22: 359
vorhanden, doch in der Descemet’schen Membran Kapoor R, Sakai LY, Funk S, Roux E, Bornstein P, and Sage EH
hochkonzentriert. Es bildet charakteristische Gitter und (1988) Type-VIII collagen has a restricted distribution in special-
Netzwerke, die im elektronenmikroskopischen Bild wie ized extracellular matrices. J Cell Biol 107: 721
Stufenleitern erscheinen. Das ist vor allem in Abbildung Verkman AS (2003) Role of aquaporin water channels in eye
A zu sehen. function. Exp Eye Res 76: 137

Vergrößerung: x 15,200 (A), x 60,000 (B)


Abbildung 84 169

Endothel Endothel

Posterior

Descemet'sche
Membran

Anterior Descemet'sche
Membran

Stroma

A B
170 Zell-Zell und Zell-Matrix Verbindungen und krankhafte Veränderungen

DIE BASALMEMBRAN DER HAUT UND DIE HEMIDESMOSOMEN DER KERATINOZYTEN :


EINE EPITHEL -BINDEGEWEBE VERBINDUNG

Die beiden Komponenten der Haut, das Plattenepithel wesentlicher Unterschied zu den Desmosomen, die
der Epidermis und das Bindegewebe der darunter gele- benachbarte Epithelzellen über die glykosilierten extra-
genen Dermis, sind fest miteinander verbunden und zellulären Domänen ineinander verzahnter Cadherine
bilden die Dermis-Epidermis Junktion (Abb. A und B). (Desmoglein 1 und Desmokollin 3) verbinden. Die
Die diese Aufgabe erfüllenden Strukturen stellen ein Lamina densa der Basalmembran ist durch Fibrillen mit
vorzügliches Beispiel dafür dar, wie zwei unterschied- der Dermis verbunden. Für diese Interaktion sind Typ
liche Gewebekomponenten mechanisch miteinander VII Kollagen und Laminin 5 wichtig. Typ VII Kollagen-
verankert werden können. fasern selber sind mit Gruppen von Kollagenfasern,
Die involvierten Komponenten sind die Basal- elastischen Fibrillen und perlenförmigen Fibrillen
membran, deren Lamina densa von der Basalzellen- verknüpft, die Bestandteile der Dermis sind.
schicht gebildet wird, die Verankerungsfibrillen der Wie bereits erwähnt, ist die klassische Funktion der
Dermis (Stern in Abb. B) und die Hemidesmosomen Hemidesmosomen die Verankerung der Epithelzellen
der basalen Plasmamembran der Basalzellen der mit der Basalmembran und krankhafte Veränderungen
Epidermis (Pfeile in Abb. A und B). führen zu Störungen in dieser Verankerung mit
Die Basalmembran setzt sich aus der Lamina densa Blasenbildung (siehe Abb. 86). Es mehren sich aber
und einer den Basalzellen zugewandten dünnen Lamina Hinweise, dass die Hemidesmosomen neben ihrer
rara zusammen (Abb. A und B). Der in Abbildung A zu mechanischen Funktion auch in die Signaltransduktion
sehende Anteil der Dermis besteht aus Fibroblasten, einbezogen sind.
Kollagenfaserbündeln und anderen Fibrillen. Die Die Sterne in Abbildung A markieren Dendriten von
Hemidesmosomen der Basalzellen stellen im Gegensatz Melanozyten zwischen den Keratinozyten und die Pfeil-
zu den Desmosomen asymmetrische, hoch spezialisierte köpfe in Abbildung A Melanosomen in Keratinozyten.
Integrin-enthaltende Junktionen dar, die sich in ihrem
molekularen Aufbau sehr stark von den Desmosomen Literatur
(siehe Abb. 79) unterscheiden. Ultrastrukturell besteht
jedes Hemidesmosom aus einem dichten zytoplasmati- Borradori L, and Sonnenberg A (1996) Hemidesmosomes: roles
in adhesion, signaling and human diseases. Curr Opin Cell Biol 8:
schen Fleck, der einer Platte anliegt und aus dünnen ver-
647
ankernden Filamenten, die vom Flecken ausgehend die Burgeson R, and Christiano A (1997) The dermal-epidermal
Lamina rara und densa der Basalmembran durchtreten junction. Curr Opin Cell Biol 9: 651
(Pfeile in Abb. A und B). Die Hauptbestandteile der Dowling J, Yu QC, and Fuchs E (1996) Beta-4 integrin is required
Hemidesmosomen sind das _6`4 Integrin, Typ IV for hemidesmosome formation, cell adhesion and cell survival.
Kollagen (entspricht dem bullösen Pemphigoid J Cell Biol 134: 559
Antigen-2) und das bullöse Pemphigoid-Antigen-1. Green K, and Gaudry C (2000) Are desmosomes more than teth-
Keratin Intermediärfilamente, die mit den dichten zyto- ers for intermediate filaments? Nat Rev Mol Cell Biol 1: 208
plasmatischen Flecken verbunden sind, bilden die Jones J, Hopkinson S, and Goldfinger L (1998) Structure and
Zytoskelett-Hemidesmosom Verankerung. Hierbei han- assembly of hemidesmosomes. BioEssays 20: 488
delt es sich um die Keratine K5 und K18. Sie sind mittels Kowalczyk A, Bornslaeger E, Norvell S, Palka H, and Green KJ
(1999) Desmosomes: intercellular adhesive junctions specialized
Plektin und dem bullösen Pemphigoid Antigen mit dem
for attachment of intermediate filaments. Int Rev Cytol 185: 237
`4-Integrin verknüpft. Die Hemidesmosom-Basalmem- Mainiero F, Pepe A, Wary K, Spinardi L, Mohammadi M,
bran Verankerung wird über Komplexe, die aus `4- Schlessinger J, and Giancotti F (1995) Signal transduction by the
Integrin und Laminin 5 bestehen, gebildet. Die 2–4 nm _6`4-integrin: Distinct `4-subunit sites mediate recruitment of
dicken fadenförmigen Lamininmoleküle stellen die Shc/Grb2 and association with the cytoskeleton of hemidesmo-
Verankerungsfilamente dar. Hierin besteht ein weiterer somes. EMBO J 14: 4470

Vergrößerung: x 15,000 (A); x 60,000 (B)


Abbildung 85 171

Nukleus

Tonofilamente

* *

Basalzellenschicht

Kollagen

Lamina rara
Fibroblast Lamina densa
A

* Lamina densa
Lamina rara

B
172 Zell-Zell und Zell-Matrix Verbindungen und krankhafte Veränderungen

EPIDERMOLYSIS BULLOSA SIMPLEX

Krankheiten der Dermis-Epidermis Junktion sind mit beinträchtigen die Verankerung der Keratinfilamente
einer Brüchigkeit der Haut und der Bildung von Blasen mit den Hemidesmosomen.
verbunden. Die Veränderungen sind im Bereich mecha- Bei der Gruppe der Epidermolysis bullosa sind eine
nisch stark beanspruchter Hautpartien wie den Vielzahl von Komponenten krankhaft verändert wie
Handflächen und Fußsohlen besonders ausgeprägt. Laminin 5, Typ VII Kollagen, Verankerungsfibrillen, die
Die Epidermolysis bullosa simplex ist eine Krankheit Basalmembran und auch Dermisbestandteile. So ist die
der Keratine K5 und K14, die in den Basalzellen der junktionale Epidermolysis bullosa durch fehlendes
Epidermis vorhanden sind. In den Abbildungen A und B Laminin 5 verursacht. Elektronenmikroskopisch sind
sind die auftretenden feinstrukturellen Veränderungen Bläschen nachweisbar, die durch Spaltbildung innerhalb
illustriert. Es handelt sich um eine Hautbiopsie eines der Lamina rara verursacht sind. Die Lamina densa und
Patienten mit der milden Weber-Cockayne Form der die Verankerungsfibrillen sind normal. Die dystrophi-
Epidermolysis bullosa simplex. Die mit einer Bläschen- sche Epidermolysis bullosa ist durch Mutationen im
bildung einhergehende Separation der Dermis-Epider- Gen des Typ IV Kollagens bedingt und als Folge sind die
mis Junktion ist in Abbildung A eindeutig zu erkennen. Verankerungsfibrillen betroffen, die zahlenmäßig
Hierbei kommt es auch zur Zerstörung von Basalzellen. reduziert sein können oder fehlen.
Der Bläscheninhalt besteht aus Zelldetritus und
Exsudat. Die Keratinfilamente und von ihnen gebildete
Bündel und die Hemidesmosomen (Pfeile in Abb. B)
erscheinen bei dieser milden Form elektronen- Literatur
mikroskopisch normal. Bei der schweren Dowling- Chan Y, Yu Q, Fine J, and Fuchs E (1993) The genetic basis of
Meara Form der Epidermolysis bullosa simplex kann es Weber-Cockayne epidermolysis bullosa simplex. Proc Natl Acad
allerdings zur Verklumpung von Keratinfilamenten in Sci USA 90: 7414
basalen Anteilen der Basalzellen kommen, die diagnos- Eady R, McGrath J, and McMillan J (1994) Ultrastructural clues
tisch pathognomonisch sind. to genetic disorders of the skin: the dermal-epidermal junction.
Unterschiedliche Punktmutationen der Keratine K5 J Invest Dermatol 103: 13S
und K14 führen zu Defekten beim Zusammenbau dieser Fuchs . (2001) Disorders of intermediate filaments and their asso-
ciated proteins. In: The metabolic and metabolic bases of inherited
Intermediärfilamente. In Abhängigkeit von der Lage der
disease (Scriver C, Beaudet A, Valle D, and Sly WS, eds). New
Punktmutation können klinisch milde oder schwere York: McGraw-Hill, pp 5629
Formen unterschieden werden. Erstere sind durch eine Ishida-Yamamota A, Mc Grath J, Chapman S, Leigh I, Lane E, and
beeinträchtigte laterale Interaktion in den Keratin- Eady R (1991) Epidermolysis bullosa simplex (Dowling-Meara
filamenten verursacht und letztere durch Defekte bei type) is a genetic disease characterized by abnormal keratin-fila-
der Verlängerung der Keratinfilamente. Die schweren ment network involving keratins K5 and K14. J Invest Dermatol
Formen sind immer durch Mutationen im N-termi- 97: 959
nalen Ende der Helix 1A oder dem C-terminalen Ende Letai A, Coulombe P, McCormick,M. Yu,Q. Hutton E, and Fuchs E
der Helix 2B bedingt. (1993) Disease severity correlates with position of keratin point
Weitere mit Keratinen verbundene Krankheiten mutations in epidermolysis bullosa simplex. Proc Natl Acad Sci
betreffen die suprabasalen Zellschichten der Epidermis. USA 90: 3197
Pearson R, and Spargo B (1961) Electron microscope studies of
Hier handelt es sich um die Keratine K1 und K10, deren
dermal-epidermal separation in human skin. J Invest Dermatol
Störungen sich als epidermolytische Hyperkeratose 36: 213
manifestieren, die mit einer übermäßigen Kerati- Uitto J, and Pulkinnen L (2001) Epidermolysis bullosa: the dis-
nisierung und der teilweisen Zerstörung der Epidermis ease of the cutaneous basement membrane zone. In: The meta-
einhergehen. Von diesen degenerativen Veränderungen bolic and metabolic bases of inherited disease (Scriver C, Beaudet
sind die Basalzellen, die die Keratine K5 und K14 A, Valle D, and Sly WS, eds). New York: McGraw-Hill, pp 5655
enthalten, nicht betroffen. Krankhafte Veränderungen Wilgram G, and Caulfield J (1966) An electron microscopic study
des Plektins und des bullösen Pemphigoid Antigens-1 of epidermolytic hyperkeratosis. Arch Dermatol 94: 127

Vergrößerung: x 3,000 (A); x 45,000 (B)


Abbildung 86 173

Basalzellenschicht

Bläschen

Dermis

B
PRINZIPIEN DER GEWEBEORGANISATION
176 Sekretorische Epithelien

DER PANKREASAZINUS

Die Bauchspeicheldrüse ist eine kombiniert exokrine Modifikationen, Abgabe in das RER-Lumen und
und endokrine Drüse, die retroperitoneal gelegen, ana- Passieren einer Qualitätskontrolle werden die neu
tomisch in vier Regionen, eine Kopf-, Hals-, Körper- gebildeten Proteine aus dem RER exportiert und gelan-
und Schwanzregion, gegliedert ist. Im exokrinen Teil des gen zum Golgi Apparat (Golgi), der mit seinen Stapeln
Pankreas (zum endokrinen Pankreas siehe Abb. 94 und von Zisternen typisch supranukleär gelegenen ist. Hier
95), in dem die Vorstufen einer großen Anzahl ver- werden die Enzyme modifiziert und an der trans-Golgi
schiedener Verdauungsenzyme produziert und über den Seite in Sekretvesikel abgepackt (siehe Abb. 23). In den
Pankreasgang in das Duodenum abgegeben werden, neu gebildeten, noch „unreifen“ Sekretgranula (kon-
bildet der Azinus die morphologische und funktionelle densierenden Vakuolen) spielen sich unter zuneh-
Einheit. Wie ein Kranz von Weinbeeren sitzen die sezer- mender Konzentration des Sekrets Reifungsprozesse ab,
nierenden Endstücke, die Azini, an den Endverzwei- die zur Bildung der „reifen“ Sekretgranula, der
gungen des tubulären Ausführungsgangsystems. Ein Zymogengranula (ZG), führen. Diese enthalten dicht
solcher Azinus mit den sezernierenden Epithelzellen gepackt die Vorstufen der Verdauungsenzyme. Die
und dem engen Lumen im Zentrum (AL – Azinus- zahlreichen Zymogengranula, die im apikalen Zyto-
lumen) ist hier abgebildet. Die noch inaktiven Sekret- plasma akkumuliert sind, bilden die Speicherkompar-
vorstufen sind intrazellulär in den Zymogengranula timente für die Pankreasenzyme, die erst über spezifi-
(ZG) gespeichert, werden nach nervöser oder hor- sche Stimulierung nach Nahrungsaufnahme in das
moneller Stimulierung in das Azinuslumen abgegeben Lumen der Azini gelangen.
und über den Pankreasgang abgeleitet. Erst im Lumen Die Pankreasazini liegen eng Seite an Seite in einer
des Duodenums erfolgt die Aktivierung der Enzyme. dünnen Hülle aus retikulären Bimdegewebe und bilden
Die pyramidenförmigen sezernierenden Zellen in in der Gesamtheit das Hauptvolumen des Pankreas-
den Azini sind über Haftkomplexe in Verbindung und parenchyms. Im lockeren Bindegewebe eingebettet
ihre apikalen Oberflächen bilden die Wand des zentral liegen Blut- und Lymphkapillaren und feine, nicht
gelegenen Kanälchens (AL). Dieses feine Azinus- myelinisierte Nervenfasern (siehe auch Abb. 117).
kanälchensystem setzt sich außerhalb der Azini in die
Schaltstücke (Abb. 88, 89) fort. Die Ultrastruktur der
Azinuszellen spiegelt ihre Funktion als Drüsenzellen, die Literatur
als Hauptaufgabe große Mengen eines proteinhältigen Palade G (1975) Intracellular aspects of the process of protein
Sekrets bilden. Die Zisternen des endoplasmatischen synthesis. Science 189: 347
Retikulums (RER) liegen dicht gepackt in den basalen Schmidt K, Dartsch H, Linder D, Kern H-F, and Kleene R (2000)
und lateralen Zellarealen. Sie bilden das „Ergasto- A submembranous matrix of proteoglycans on zymogen granule
plasma“, in dem die Pankreasenzyme synthetisiert wer- membranes is involved in granule formation in rat pancreatic aci-
den (siehe Abb. 13). Nach ko- und posttranslationalen nar cells. J Cell Sci 113: 2233

Vergrößerung: x 6,200
Abbildung 87 177

Kapillare

Mitochondrien

Golgi

RER Golgi

ZG

AL
Golgi

RER

Nukleus

RER

Kapillare
178 Sekretorische Epithelien

DAS AZINUSZENTRUM MIT SEKRETORISCHEN UND ZENTROAZINÄREN ZELLEN

Die feinen Kanälchen im Zentrum der Azini bilden die Sekretion, häufigen Mechanismus, der als Krinophagie
ersten Abschnitte des sekretableitenden Systems. Sie bezeichnet wird. Die Existenz eines flexiblen Systems, in
setzen sich in die schmalen Schaltstücke, die aus den dem Produktion der Enzyme, Speicherung, Ausschleu-
Azini herausführen, fort. Diese leiten zu den noch in- sen aus der Zelle und Abbau zusammenspielen, ist
tralobulär gelegenen kleinen Ausführungsgängen, die notwendig, da sowohl die Menge an produziertem
sich zu größeren interlobulären Ausführungsgängen Pankreassaft, als auch die Konzentration der Proenzyme
vereinigen. in den Zymogengranula je nach Nahrungszufuhr vari-
Die Abbildung zeigt Details aus dem Zentrum eines ieren. Eine kohlenhydratreiche Diät induziert die selek-
Azinus. Die sezernierenden Azinuszellen sind unter- tive Produktion von Amylase und vermindert Protea-
einander und mit den zentroazinären Zellen (Z) über senbildung. Das Hormon Insulin, das in den Beta-
Haftkomplexe (Stern) verbunden. Diese bestehen, so Zellen der endokrinen Pankreasinseln produziert wird
wie auch in anderen Epithelien, aus Tight Junctions, (Abb. 94), reguliert die Amylase Genexpression in den
einer Zonula adhaerens und einem Kranz von Desmo- Azinuszellen. Dieser Prozess unterstreicht die
somen (siehe Abb. 77). Die apikale Abdichtung durch Bedeutung des insulo-azinären Portalsystems, das durch
die Tight Junctions verhindert das Auslaufen des Sekrets hintereinander geschaltete Kapillarnetze in den
aus dem Azinuslumen (AL) in den Interzellularraum. endokrinen Pankreasinseln und den die Inseln
In der Abbildung sind alle Kompartimente des sekre- umgebenden Azini aufgebaut ist.
torischen Systems der Azinuszellen zu sehen, das dicht Die Abbildung zeigt an Hand zweier Anschnitte des
gepackte raue endoplasmatische Retikulum, der Golgi Azinuslumens (AL) die Plastizität der Kanälchenwand
Apparat (Golgi), kondensierende Vakuolen (KV) und und ihre Anpassung an den jeweiligen Funktions-
Zymogen Granula (ZG). Die verstärkte Elektronen- zustand. Das im mittleren Bereich der Abbildung dar-
dichte des Inhalts der Zymogengranula im Vergleich zu gestellte Azinuskanälchen ist frei von Sekret; zahlreiche
der in den kondensierenden Vakuolen spiegelt die Mikrovilli besetzen die Wand des Kanälchens. In das
Kondensation des Sekrets auf dieser Ebene des Sekre- etwas darüber angeschnittene Kanälchen wurde Sekret
tionswegs (siehe auch Abb. 23 und 39). Kondensierende abgegeben. Sein Lumen ist gefüllt, die Wände sind abge-
Vakuolen werden von trans-Golgi Zisternen und dem flacht und nur wenige Mikrovilli ragen in das Lumen.
trans-Golgi Netzwerk gebildet und sind daher an der Aus der Abbildung ist auch ersichtlich, dass nicht nur
trans-Golgi Seite besonders häufig, während die reifen die apikalen Plasmamembranen der sekretorischen Azi-
Zymogengranula im gesamten apikalen Zytoplasma nuszellen, sondern auch die der zentroazinaren Zellen
und auch in enger Beziehung zur apikalen Plasma- die Auskleidung der Kanälchen bilden. Die zentro-
membran lokalisiert sind. azinären Zellen entsprechen den am weitesten peripher,
Die Zymogengranula beinhalten die konzentrierten noch im Zentrum der Azini, liegenden Zellen der
Proenzyme, die über regulierte Exozytose durch Ver- Schaltstückkanälchen. Sie sind nicht dazu differenziert
schmelzen der Membran des Zymogengranulums mit Pankreassekret zu bilden, unterscheiden sich daher in
der Plasmamembran und Bildung einer Pore in das ihrer Ultrastruktur deutlich von den sekretorischen
Azinuslumen abgegeben werden (siehe Abb. 39-40). Die Azinuszellen, sind jedoch über Haftkomplexe mit den
regulierte Sekretion der Proenzyme nach Nahrungs- sezernierenden Zellen verbunden. In dieser Ausprägung
aufnahme wird hauptsächlich durch Bindung von sind zentroazinäre Zellen ausschließlich in der Bauch-
Cholezystokinin an spezifische Rezeptoren in der baso- speicheldrüse zu finden.
lateralen Plasmamembran der Azinuszellen ausgelöst.
Die zahlreichen Autophagosomen und Lysosomen (Ly)
im apikalen Zytoplasma der Azinuszellen sind Ausdruck Literatur
des lysosomalen Abbaus von übermäßig produziertem Jahn R, and Südhof TC (1999) Membrane fusion and exocytosis.
Sekret durch einen, in Drüsenzellen mit regulierter Annu Rev Biochem 68: 863

Vergrößerung: x 20,000
Abbildung 88 179

ZG

AL
Z

AL

Golgi
KV

Ly
180 Sekretorische Epithelien

DAS SCHALTSTÜCK

Die feinen Sekretkanälchen im Zentrum der Azini der Brunner’schen Drüsen in der Submukosa des Duo-
(Abb. 87, 88) setzen sich in die Schaltstücke, die aus den denums aktiviert werden. Eine frühzeitige Aktivierung
Azini herausführen, fort. Diese konfluieren zu den von Trypsin und anderen Proteasen im Pankreasgang
intralobulären kleinen Ausführungsgängen, die ihrer- wird durch einen Inhibitor, der ebenfalls ein Produkt
seits wieder durch Zusammenfluss die größeren Aus- der Azinuszellen ist und gemeinsam mit den Enzymen
führungsgänge bilden. Die Schaltstückepithelzellen in das Lumen des Pankreasgangsystems gelangt, verhin-
bilden eine eigene Basallamina und sind in feines dert. Vergleichbar mit der Situation in anderen exokri-
Bindegewebe eingebettet. Im Pankreasgangsystem gibt nen Drüsen wird das primäre Pankreassekret im
es keine Streifenstücke, wie sie in anderen Speichel- Ausführungsgangsystem modifiziert. Im Schaltstück
drüsen regulär vorkommen (siehe Abb. 81, 90); auch ist löst das intestinale Hormon Sekretin durch spezifische
das Pankreasgewebe frei von Myoepithelzellen. Bindung an Rezeptoren in der Plasmamembran die Bei-
In Abbildung A ist ein Querschnitt, in Abbildung B mengung von Bikarbonat und Wasser aus. Zahlreiche
ein Längsschnitt durch ein Schaltstück zu sehen. Das basolaterale Faltenbildungen, wie sie vor allem links in
Lumen ist in beiden Bildern mit Sekret gefüllt, das als Abbildung A und rechts in Abbildung B im Kanäl-
dichtes oder flockiges Material erscheint. Abbildung B chenepithel zu sehen sind, weisen auf Ionentransport
zeigt im Pankreassekret Immunogoldmarkierung für hin. Die Epithelzellen sind untereinander über Zell-Zell
Amylase. Kontakte verbunden. Ausgeprägte Haftkomplexe (Pfeile)
Der Pankreassaft enthält die nach wie vor inaktiven sind nahe der apikalen Zelloberfläche lokalisiert. Die
Vorstufen der Enzyme, die erst im Lumen des Duo- lumennahe gelegenen Tight Junctions verhindern, dass
denum durch HCO3- -Ionen und das alkalische Sekret Pankreassekret in den Interzellularraum gelangt.

Vergrößerung: x 23,500 (A), x 18,000 (B)


Abbildung 89 181

B
182 Sekretorische Epithelien

DIE SUBMANDIBULARDRÜSE

In dieser Übersichtsaufnahme, die einen Ausschnitt aus Das Sekret wird über Schaltstücke, Streifenstücke
einer Schweinesubmandibulardrüse zeigt, sind alle peri- und große interlobuläre Ausführungsgänge abgeleitet.
pheren Abschnitte einer zusammengesetzten Speichel- Zwei Schaltstücke (3) im linken oberen Feld des Bildes
drüse, ein gemischtes sezernierendes Endstück mit mu- zeigen ein isoprismatisches Epithel und wenige sehr
kösen Drüsenzellen (1) und serösen Halbmonden (2), platte Myoepithelzellen in den basalen Abschnitten des
kleine Schaltstückkanälchen (3) und ein Streifenstück Epithels. Im linken unteren Bildausschnitt ist ein
(4) zu sehen. Streifenstück (4) zu erkennen. Der Gang besteht aus
Die Gandula submandibularis ist eine zusammenge- hochprismatischen Zellen, die eine ausgeprägte Falten-
setzte tubulo-azinöse Drüse, die ein gemischt schleimig- bildung der basalen Plasmamembran aufweisen, ein
seröses Sekret bildet, das bis zu 70% des Speichels aus- Hinweis auf ihre Funktion im Ionen- und Wassertrans-
macht. Zusammen mit dem Produkt der anderen port. Solch ein basales Labyrinth aus einem Speichel-
großen und kleinen Speicheldrüsen dient das Sekret der drüsenstreifenstück wird in Abbildung 81C stärker ver-
Submandibulardrüse der Anfeuchtung der Mund- größert gezeigt. In den Streifenstücken wird der primäre
schleimhaut, die es mit einem dünnen Schutzfilm Speichel modifiziert. Kallikrein bewirkt eine Prozessie-
überzieht. Nahrungsmittel werden befeuchtet und rung von Proteinen. Na+- und Cl--Ionen werden
gelöst. Der Speichel enthält Verdauungsenzyme, reabsorbiert, das Sekret wird hypoosmotisch und
Immunglobuline, Laktoferrin und Lysozym und spielt Immunglobulin A, ein Produkt der Plasmazellen im
eine wichtige Rolle im Abwehrsystem. umgebenden Bindegewebe, gelangt über Transzytose in
Die sekretorischen Endstücke der Drüse bilden das Kanälchenlumen.
entweder seröse Azini oder gemischte Formen, in denen Das Gangsystem der Speicheldrüsen wird während
schleimbildende und serös sezernierende Zellen neben- der Embryonalentwicklung durch komplexe Verzwei-
einander vorkommen. Die Abbildung zeigt ein gemischt gungsmechanismen in einer Abfolge wiederholter
sero-muköses Endstück mit schleimproduzierenden Knospungen und Spaltbildungen modelliert. Wachs-
Zellen (1), in denen im apikalen Zytoplasma die zahl- tumsfaktoren, das Aktinzytoskelett und Komponenten
reichen Schleimtröpfchen dicht gepackt liegen. Die der Basalmembran haben dabei Schlüsselfunktionen.
mukösen Zellen begrenzen mit ihren apikalen Ober- Speziell hervorzuheben ist Fibronektin, dem bei der
flächen das Lumen, während die serösen Drüsenzellen Morphogenese des verzweigten Ausführungsgang-
(2) an der Basis des sezernierenden Epithels liegen, halb- systems im Zusammenhang mit der Umorganisation
mondförmig den mukösen Zellen aufsitzen („seröse von Zell-Zell zu Zell-Matrix Verbindungen eine beson-
Halbmonde“) und über feine interzelluläre Kanälchen dere Rolle zukommt.
ihr Sekret in das Lumen abgeben. Die serösen Zellen
stehen mit der Basallamina in Kontakt oder sind
myoepithelialen Zellen benachbart, die allerdings in
dieser Übersichtsaufnahme kaum zu erkennen sind. Die Literatur
Myoepithelzellen formen eine Art von Korb um die Sakai T, Larsen M, and Yamada KM (2003) Fibronectin require-
Azini und unterstützen die Sekretion. ment in branching morphogenesis. Nature 423: 876

Vergrößerung: x 1,500
Abbildung 90 183

1
2

1
1

2
4
2

2
1

2
184 Sekretorische Epithelien

DIE BECHERZELLEN : EINZELLIGE DRÜSEN

Exokrine sekretorische Zellen bilden in der Regel kom- und aus Cystin-reichen N- und C-terminalen Domä-
plex strukturierte Drüsen wie die Speicheldrüsen (siehe nen. De novo synthetisierte Apomuzine erhalten im
Abb. 87 und 90). Andererseits existieren sekretorische endoplasmatischen Retikulum N-glykosidisch ver-
Zellen als einzellige Drüsen in den Schleimhäuten der knüpfte Oligosaccharide und werden hier über die
Atemwege, des Verdauungstrakts und des Urogenital- Bildung von Disulfidbrücken im Bereich der C-termi-
trakts und auch in der Konjunktiva oder der Gallen- nalen Domäne dimerisiert. Im Cis Golgi Apparat be-
blase. Den Prototyp einer solchen einzelligen Drüse ginnt die Synthese der O-glykosidisch verknüpften
stellen die wegen ihrer charakteristischen Gestalt als Oligosaccharide (siehe Abb. 29). Im sauren Mileu des
Becherzellen bezeichneten schleimproduzierenden Trans Golgi Apparates werden die Muzin Dimere über
Zellen dar. Zusätzlich zu den Becherzellen existieren Disulfidbrücken im Bereich des N-Terminus in die
weitere spezialisierte schleimproduzierende Einzelzellen reifen Muzin-Multimere umgewandelt und gelangen in
in verschiedenen Organen. Muzine gemeinsam mit die Schleimtröpfchen.
Wasser, Ionen und verschiedenen anderen Glyko- Die Sekretion der Muzine der Becherzellen geschieht
proteinen bilden eine visko-elastische Schleimschicht, über Exozytose. Hierbei ist eine stetig vor sich gehende
die gegen mechanische und chemische Irritationen und basale Sekretion durch die Exozytose einzelner peripher
bakterielle Infektionen schützt sowie die Austrocknung gelegener Schleimtröpfchen von der Stimulus-indu-
der Schleimhäute verhindert und die spezifische lokale zierten Massensekretion der zentral gelegenen Schleim-
Flora reguliert. tröpfchen zu unterscheiden. Letztere kann durch eine
Die gegenüberliegende Abbildung zeigt eine Becher- Vielzahl von Stimuli induziert werden. Zum einem kann
zelle flankiert von absorptiven Enterozyten mit ihrem es sich um unspezifische mechanische und chemische
charakteristischen apikalen Bürstensaum. Die Pfeile Irritation handeln und zum anderen um spezifische
zeigen auf die miteinander verzahnten lateralen Plasma- Stimulation durch Aktivatoren der Phospholipase C
membranen. Das Zytoplasma der Becherzelle wird von und der Adenylat- und Guanylatzyklase. Details des
supranukleär gelegenen Schleimtröpfchen dominiert. Mechanismus der Exozytose sind im Zusammenhang
Ihre Bildung beginnt in erweiterten Anteilen von Trans- mit den Abbildungen 39 und 40 beschrieben.
Golgi Zisternen, in Analogie zur Sekretgranulabildung
in anderen sekretorischen Zellen. In speichernden
Becherzellen ist der Zellkern in den untersten Zell- Literatur
abschnitt gedrängt. Das ihn umgebende Zytoplasma Carson DD, DeSouza MM, Kardon R, Zhou X, Lagow E, and
weist weitlumige Zisternen des rauen endoplasmati- Julian J (1998) Mucin expression and function in the female
schen Retikulums auf. reproductive tract. Hum Reprod Update 4: 459
Die Schleimtröpfchen bestehen vorwiegend aus Dekker J, Rossen JW, Buller HA, and Einerhand AW (2002) The
Muzinen und sind reich an Kalzium. Muzine stellen eine MUC family: an obituary. Trends Biochem Sci 27: 126
heterogene Gruppe sekretorischer oder membrange- Forstner G (1995) Signal transduction, packaging and secretion
bundener Glykoproteine dar. Ihnen gemeinsam ist ihr of mucins. Annu Rev Physiol 57: 585
hoher Gehalt an vornehmlich O-glykosidisch verknüpf- Freeman JA (1966) Goblet cell fine structure. Anat Rec 154: 121
ten Oligosacchariden, die mehr als 50% ihrer Molekül- Gendler SJ, and Spicer AP (1995) Epithelial mucin genes. Annu
masse ausmachen können. Je nach Gewebe unterschei- Rev Physiol 57: 607
Lillehoj ER, and Kim KC (2002) Airway mucus: its components
den sich die Struktur des Apomuzins (nicht glyko-
and function. Arch Pharm Res 25: 770
siliertes Eiweißgerüst) und die seiner Oligosaccharide. Perez-Vilar J, and Hill RL (1999) The structure and assembly of
Obwohl sie eine heterogene Gruppe sind, haben alle secreted mucins. J Biol Chem 274: 31751
Muzine eine gleichartige Domänenstruktur. Sie beste- Specian RD, and Oliver MG (1991) Functional biology of intes-
hen aus einer zentralen Domäne von hintereinander tinal goblet cells. Am J Physiol 260: C183
angeordneten Serin- und Threonin-reichen Sequenzen, Tabak LA (1995) In defense of the oral cavity: structure, biosyn-
die potentiell Akzeptoren für die O-Glykosilierung sind thesis and function of salivary mucins. Annu Rev Physiol 57: 547

Vergrößerung: x 10,500
Abbildung 91 185
186 Sekretorische Epithelien

DIE BELEGZELLEN DES MAGENS : ORTE DER SALZSÄUREPRODUKTION

Die Belegzellen (BZ) befinden sich im mittleren Bereich was zur Ausschleusung von Wasserstoff- und
der Drüsen der Fundus-Korpus Region des Magens. Sie Chloridionen und von Wasser führt. Gegenwärtig ist das
bilden Salzsäure (ungefähr 0,16 M, pH Wert * 0,8) und Membrane Recruitment/Recycling Model für die
sezernieren den Intrinsic Factor (ein Vitamin B12-bin- Salzsäureproduktion das am meisten akzeptierte. Nach
dendes Glykoprotein). Beendigung der Stimulierung der BZ kommt es über das
Die hochspezialisierte Funktion der BZ wider- Membranrezyklieren zur Wiederherstellung des typi-
spiegelt sich in ihrer Feinstruktur und deren funktionell schen zytoplasmatischen Membransystems. Die erhöhte
bedingten Veränderungen. Die apikale Plasmamembran Endozytoseaktivität der Zellen manifestiert sich in vie-
bildet zahlreiche verzweigte Kanäle, die Canaliculi, die len Coated Vesikeln.
tief in das Innere der BZ reichen (Sterne in Abb. A). Die Salzsäureproduktion ist ein kontrollierter
Abbildung B zeigt eine quergeschnittene BZ und ihre Prozess, die durch parakrine, endokrine und neurale
zahlreichen Canaliculi (Sterne). Direkt unterhalb der Stimuli angeregt wird, die an spezifische Rezeptoren in
apikalen Plasmamembran und um die Canaliculi der basolateralen Plasmamembran der BZ binden. Die
befindet sich ein aus Tubuli und Vesikeln sowie aus histaminergische Stimulation durch Histamin, das von
Zisternen bestehendes Membransystem, die Tubulo- benachbarten entero-endokrinen Zellen freigesetzt
vesikeln (tv in Abb. C), die neuerdings als Tubulozis- wird, ist am bedeutendsten. Weiterhin kann die Stimu-
ternen bezeichnet werden. Ein weiteres Charakteris- lation cholinergischer und gastrinergischer Natur sein.
tikum sind die zahlreichen Mitochondrien (M). Sie wer- Es kommt zunächst zur Erhöhung von zyklischem AMP
den benötigt, da die H+-K+-ATPase für den miteinander und intrazellulärem Ca2+ und anschließend zur Aktivie-
gekoppelten Export eines Wasserstoffions und den rung verschiedener Proteinkinasen und Stimulus-
Import eines Kaliumions ein ATP Molekül verbraucht. assoziierter Eiweißphosphorylierung. Das kortikale auf
Die H+-K+-ATPase der BZ ist eine ATPase vom P-Typ, Aktinfilamenten beruhende Zytoskelett ist ebenfalls in
die aus einer katalytischen _-Untereinheit und einer die Rekrutierung von Membranen einbezogen und so-
`-Untereinheit besteht. Erstere besitzt eine Erkennungs- mit von wesentlicher Bedeutung für die BZ Aktivierung.
sequenz für das apikale Sorting und letztere stabilisiert Die Autoimmungastritis des Menschen durch Anti-
die _-Untereinheit und enthält eine Erkennungssequenz körper gegen die H+-K+-ATPase bewirkt Mangel an
für die Endozytose und damit für das Rezyklieren. Die Salzsäure und an Intrinsic Factor. Der resultierende
H+-K+-ATPase ist die primäre Protonenpumpe des Vitamin B12-Mangel verursacht die perniziöse Anämie.
Magens. In ruhenden BZ befindet sie sich vorwiegend in N: Zellkern.
den Tubulovesikeln.
Die dreidimensionale Struktur des zytoplasmati-
schen Membransystems ist seit seiner Entdeckung Literatur
Gegenstand der Kontroverse. Eine Vielfalt von elektro- Duman JG, Pathak NJ, Ladinsky MS, McDonald KL, and Forte JG
nenmikroskopischen Befunden wurde durch Hoch- (2002) Three-dimensional reconstruction of cytoplasmic mem-
druck/Schnellgefrierfixierung und Gefriersubstitution brane networks in parietal cells. J Cell Sci 115: 1251
mit anschließender Analyse von Serien ultradünner Forte J, and Ya X (1996) The membrane-recruitment-and-recy-
Schnitte erhalten. In ruhenden BZ besteht es über- cling hypothesis of gastric HCl secretion. Trends Cell Biol 6: 45
Ogata T, and Yamasaki Y (2000) Morphological studies on the
wiegend aus Zisternen, die nicht mit den Canaliculi in
translocation of tubulovesicular system toward the intracellular
Verbindung stehen und einem Netzwerk gewundener canaliculus during stimulation of the gastric parietal cell. Microsc
Tubuli. Nach Stimulierung der BZ kommt es zur Trans- Res Tech 48: 282
lokation der ATPase-haltigen Tubulovesikeln in die Samuelson LC, and Hinkle KL (2003) Insights into the regulation
apikale Plasmamembran, deren Oberfläche um etwa das of gastric acid secretion through analysis of genetically engi-
Zehnfache zunimmt. Die Zahl der Mikrovilli der neered mice. Annu Rev Physiol 65: 383
Canaliculi nimmt ebenfalls zu. Die H+-K+-ATPase Yao X, and Forte JG (2003) Cell biology of acid secretion by the
besitzt hier Leitfähigkeit für Kalium- und Chloridionen, parietal cell. Annu Rev Physiol 65: 103

Vergrößerung: x 6,000 (A); x 7,500 (B); x 46,000 (C)


Abbildung 92 187

* N

*
*

A B

tv
M

C
188 Sekretorische Epithelien

DIE SCHALTZELLEN DER NIERE : REGULATOREN DES SÄURE -BASEN HAUSHALTS

Die Schaltzellen finden sich entlang der Sammelröhr- Anwesenheit von Chloridkanälen und von H+K+-ATPase
chen der Nierenrinde und der äußeren Markschicht in ihrer basolateralen Plasmamembran. Die Sammel-
sowie in den Verbindungsstücken und, abhängig von röhrchen der äußeren Markschicht enthalten nur die
der Spezies, sowohl in den gewundenen distalen Tubuli _-Schaltzellen. Letztere besitzen apikal gelegene
und in Sammelröhrchen distal der äußeren Mark- H+-ATPase und basolateral befindliche Cl-:HCO -3
schicht. Sie vermitteln die H+ und HCO3- Sekretion Anionen Austauscher und sezernieren basolateral
sowie die Cl- und K+ Reabsorption. Die Schaltzellen HCO 3-, was mit apikaler Protonen (H+)-Sekretion
sind zwischen den Hauptzellen gelegen, wie aus gekoppelt ist. Die `-Schaltzellen weisen eine entge-
Abbildung A und B ersichtlich ist, und sind mit ihnen gengesetzte Polarität für diese Transporter auf und
seitlich verzahnt (Pfeilköpfe in Abb. B). Sie enthalten sezernieren HCO 3- apikal in das Tubuluslumen. Es gibt
Markerproteine wie Karboanhydrase, H+-ATPase und Hinweise darauf, dass die `-Schaltzellen sich in einen
Band 3, mit denen sie immunzytochemisch identifiziert _-Schaltzellen ähnlichen Phänotyp umwandeln kön-
werden können, wobei die vakuoläre H+-ATPase der nen.
verlässlichste Marker ist.
Elektronenmikroskopisch zeichnen sich die Literatur
Schaltzellen durch ein dunkel erscheinendes Al-Awqati Q (2003) Terminal differentiation of intercalated cells:
Zytoplasma (Abb. A), zahlreiche Mitochondrien und the role of Hensin. Annu Rev Physiol 65: 567
Mikrovilli der apikalen Plasmamembran sowie Brown D, Hirsch S, and Bluck S (1988) An H+-ATPase in opposite
tubulovesikuläre Membranen im apikalen Zytoplasma plasma membrane domains in kidney epithelial cell subpopula-
aus. Letztere sind selbst bei schwacher Vergrößerung in tions. Nature 331: 622
Abbildung A erkennbar. Das basale Membranlabyrinth Brown D, and Stow JL (1996) Protein trafficking and polarity in
ist weniger ausgeprägt als das der Hauptzellen (Abb. A kidney epithelium: from cell biology to physiology. Physiol Rev
und B). 76: 245
Schaltzellen sind strukturell sehr variabel. Das Kaissling B, and Kriz W (1992) Morphology of the loop of Henle,
distal tubule, and collecting duct. In: Handbook of physiology
Zytoplasma der Schaltzellen der äußeren Schicht des
(Windhager EE, ed). New York: American Physological Society,
Nierenmarks ist heller (Abb. B) als das derjenigen der
pp 109
Nierenrinde (Abb. A). Der apikale Zellpol kann weit in Kriz A, and Kaissling B (2000) Structural organization of the
das Tubuluslumen ragen sowie zahlreiche Mikrovilli mammalian kidney. In: The kidney: physiology and pathophysi-
und nur wenige tubulovesikuläre Membranen ology (Seldin D, and Giebisch G, eds). New York: Lippincott
aufweisen (Abb. A). Andererseits kann er auf der Höhe Williams and Wilkins, pp 587
der Tight Junctions stark eingeschnürt und von den Schuster VL (1993) Function and regulation of collecting duct
umgebenden Hauptzellen weitgehend überdeckt sein intercalated cells. Annu Rev Physiol 55: 267
und massenhaft zytoplasmatische tubuläre Membranen Schwartz GJ, Tsuruoka S, Vijayakumar S, Petrovic S, Mian A, and
aufweisen (Abb. B). Diese Variabilität in der apikalen Al-Awqati Q (2002) Acid incubation reverses the polarity of
Struktur ist abhängig vom Funktionszustand der intercalated cell transporters, an effect mediated by hensin. J Clin
Invest 109: 89
Schaltzellen und Ausdruck extensiven Rezyklierens
Tsuganezawa H, Kobayashi K, Iyori M, Araki T, Koizumi A,
zwischen der Plasmamembran und den apikalen
Watanabe S, Kaneko A, Fukao T, Monkawa T, Yoshida T, et al.
intrazellulären Vesikeln. (2001) A new member of the HCO3- transporter superfamily is
Funktionell und immunzytochemisch können min- an apical anion exchanger of beta-intercalated cells in the kidney.
destens zwei Haupttypen von Schaltzellen unter- J Biol Chem 276: 8180
schieden werden: die _- und die `-Schaltzellen. Beide Van Adelsberg J, Edwards JC, Takito J, Kiss B, and Al-Awqati Q
finden sich in den Sammelröhrchen der Nierenrinde. (1994) An induced extracellular matrix protein reverses the
Gemeinsam ist beiden Typen von Schaltzellen die polarity of band 3 in intercalated epithelial cells. Cell 76: 1053

Vergrößerung: x 8,500 (A); x 8,000 (B). Aufnahmen von der


Nierenrinde des Kaninchens.
Abbildung 93 189

Hauptzelle Schaltzelle

Hauptzelle

Schaltzelle

B
190 Sekretorische Epithelien

ENDOKRINE SEKRETION : INSULIN-PRODUZIERENDE BETA -ZELLEN


DER LANGERHANS’SCHEN INSELN

Endokrine Zellen können Organe wie die Schilddrüse Zellen enthalten sie reichlich raues endoplasmatisches
und die Nebennieren oder Mikroorgane in größeren Retikulum, zahlreiche Mitochondrien, einen gut ent-
Organen wie die Langerhans’schen Inseln des Pankreas wickelten Golgi Apparat und viele Sekretgranula (SG).
bilden und existieren zudem als Einzelzellen verstreut in Die Sekretgranula bestehen aus einem elektronendich-
anderen Organen wie den Atmungs- und Verdauungs- ten Kern aus Insulin und einem luzenten Hof aus über-
organen (siehe Abb. 96). Endokrine Zellen bilden, spei- wiegend C-Peptid. Die anastomosierenden Stränge von
chern und sezernieren Polypeptide oder Steroid- Beta-Zellen und das Kapillarnetzwerk bilden eine
hormone, die wichtige Moleküle für die Signal- Funktionseinheit. Insulin wird über regulierte Exozyto-
transduktion sind. Sie sezernieren ihre Produkte in das se der Sekretgranula sezerniert (siehe Abb. 40).
Blut, über das sie zu entfernten Organen transportiert Wie andere Polypeptidhormone wird das Insulin als
werden und ihre Wirkung entfalten. Dementsprechend Prä-Prohormon synthetisiert (siehe Schema). Die
sind endokrine Drüsen reich an Kapillaren. Nach erfolg- Entfernung des Signalpeptids vom Prä-Proinsulin im
ter Bindung an spezifische Rezeptoren der Plasma- endoplasmatischen Retikulum führt zum Proinsulin,
membran der Zielzellen werden Signalkaskaden aus- das aus einer durch zwei Disulfidbrücken verbundenen
gelöst, die so wichtige Funktionen wie die Proliferation A- und B-Kette besteht, die über das C-Peptid verknüpft
und Differenzierung von Zellen und den Stoffwechsel sind. Über limitierte Endoproteolyse wird das
regulieren. Proinsulin in Insulin umgewandelt. Die Endoprotease
In der gegenüberliegenden Abbildung sind Beta- PC2 schneidet beim basischen Aminosäurepaar Arg31-
Zellen einer Langerhans’schen Insel zu sehen, die Arg32 der B-Kette/C-Peptid Junktion und die Endo-
Insulin bilden. Wie andere professionelle sekretorische protease PC 3 bei Lys64-Arg65 der A-Kette/C-Peptid
Junktion. Die freigelegten basischen Aminosäurepaare
Insulin werden durch die Karboxypeptidase H entfernt. Die
Proinsulin-Insulin Konversion erfolgt in sauren pH-
Wert aufweisenden, partiell Clathrin-überzogenen
unreifen Sekretgranula der Trans Region des Golgi
Apparates. Insulin spielt eine bedeutende Rolle bei der
Kontrolle der Homeostase der Blutglukose und ist auch
C-Peptid
in den Lipid- und Eiweißstoffwechsel einbezogen. Seine
Zielzellen sind die Hepatozyten, die Skelett- und
Herzmuskelfasern, die Adipozyten und die Fibroblasten.

Endoproteasen
& Literatur
Carboxypeptidase H
Bailyes E, Guest P, and Hutton J (1992) Insulin synthesis. In:
Insulin. Molecular biology to pathology (FM A, and SJH A, eds).
Oxford New York Tokyo: IRL Press, pp 64
Loh Y, Beinfeld M, and Birch N (eds) (1993) Proteolytic process-
ing of prohormones and proneuropeptides. Boca Raton Ann
Proinsulin Arbor London Tokyo: CRC Press
Molinete M, Irminger JC, Tooze SA, and Halban PA (2000)
Trafficking/sorting and granule biogenesis in the beta-cell. Semin
Cell Dev Biol 11: 243
Signalpeptidase Orci L, Ravazzola M, Storch M-J, Anderson RGW, Vassalli J-D,
and Perrelet A (1987) Proteolytic maturation of insulin is a post-
Golgi event which occurs in acidifying clathrin-coated secretory
Arg 65 vesicles. Cell 49: 865
COOH Steiner DF, Smeekens SP, Ohagi S, and Chan SJ (1992) The new
Lys 64
enzymology of precursor processing endoproteases. J Biol Chem
Prä-Proinsulin 31 Arg
267: 23435
32 Arg

Vergrößerung: x 11,200
Abbildung 94 191

SG

Golgi

SG

Kapillare

Nukleus
192 Sekretorische Epithelien

STÖRUNGEN DER HORMONKONVERSION IN MENSCHLICHEN INSULINOMEN

Störungen der Funktion der Beta-Zellen verursachen ein im Trans Golgi Netzwerk gelegener Sorting Rezeptor
verschiedene Krankheiten. So können die funktionellen für Proinsulin und Prohormone anderer neuroen-
(d.h. Insulin bildenden) Insulinome zu lebensbedroh- dokriner Zellen. In transgenen Mäusen mit fehlender
lichen Zuständen infolge einer hyperinsulinämischen Karboxypeptidase E wurde eine Hyperproinsulinämie
Hypoglykämie führen, die durch fehlerhafte Insulin- als Folge konstitutiver Proinsulinsekretion beobachtet.
sekretion und gestörte Proinsulin-Insulin Konversion Inwieweit ein Bezug zu menschlichen Insulinomen
bedingt ist. besteht, ist unbekannt. Es ist andererseits bekannt, dass
Wie in Abbildung A und B gezeigt, bilden funk- in normalen Beta-Zellen und anderen neuroendokrinen
tionelle Insulinome Sekretgranula. Es handelt sich um Zellen der Inhalt unreifer Sekretgranula bevorzugt se-
Aufnahmen von zwei aufeinanderfolgenden ultradün- zerniert werden kann.
nen Serienschnitten, in denen die gleichen Organellen Die Proinsulin-Insulin Konversion scheint in funk-
einer Insulinomzelle zu sehen sind. Mittels Immun- tionellen Insulinomen auf unterschiedliche Weise
elektronenmikroskopie kann in den Sekretgranula gestört zu sein. Zusätzlich zur oben erwähnten inkom-
Insulin mit einem monoklonalen Antikörper nachge- pletten Konversion sind auch Abweichungen in der
wiesen werden, wie die intensive Markierung mit Topographie der Hormonkonversion bekannt. In den
Goldpartikeln zeigt (Abb. A). Jedoch unterscheiden sich Insulinomzellen beginnt die Konversion schon im Golgi
die Sekretgranula von denen normaler Beta-Zellen Apparat und nicht erst in unreifen Sekretgranula wie in
(Abb. 93). Die meisten weisen keinen Hof auf und den normalen Beta-Zellen. Die Usache hierfür ist unbe-
kristalline Kerne sind selten. Insgesamt ähneln sie ultra- kannt.
strukturell unreifen Sekretgranula normaler Beta-
Zellen, obwohl sie sich nicht in der Nachbarschaft des Literatur
Trans Golgi Apparates befinden.
Patienten mit funktionellen Insulinomen haben in Cool DR, Normant E, Shen FS, Chen HC, Pannell L, Zhang Y, and
der Regel nicht nur hohe Insulin Plasmaspiegel als Loh YP (1997) Carboxypeptidase E is a regulated secretory path-
Ausdruck einer gestörten Hormonsekretion, sondern way sorting receptor: Genetic obliteration leads to endocrine dis-
auch erhöhte Proinsulin Plasmaspiegel. Immun- orders in Cpe(fat) mice. Cell 88: 73
Komminoth P, Heitz PU, and Roth J (1999) Human insulinoma:
elektronenmikroskopisch ist Proinsulin in funktionellen
clinical, cellular, and molecular aspects. Endocr Pathol 10: 269
Insulinomen im Gegensatz zu normalen Beta-Zellen Neerman-Arbez M, Sizonenko SV, and Halban P (1993) Slow
nicht nur im Golgi Apparat und in assoziierten unreifen cleavage at the proinsulin B-chain/connecting peptide junction
Sekretgranula nachweisbar, sondern auch in den meis- associated with low levels of endoprotease PC1/3 in transformed
ten anderen Sekretgranula und in unter der Plasa- `-cells. J Biol Chem 268: 16098
membran befindlichen Sekretgranula. Abbildung B Roth J, Komminoth P, and Heitz PU (1995) Topographic abnor-
zeigt diesen Befund im konsekutiven Ultradünnschnitt malities of proinsulin – insulin conversion in functioning human
zu dem in Abb. A gezeigten. Somit kann gefolgert wer- insulinomas: Comparison of immunoelectron microscopic and
den, dass viele Sekretgranula Proinsulin enthalten, clinical data. Am J Pathol 147: 489
welches gemeinsam mit dem Insulin sezerniert wird Roth J, Komminoth P, Klöppel G, and Heitz PU (1995) Diabetes
und als eine Ursache für die beobachteten hohen and endocrine pancreas. In: Anderson’s pathology (Damjanov I,
and Linder J, eds). St. Louis Chicago: Mosby Year Book, pp 2042
Proinsulin Plasmaspiegel angesehen werden kann. In
Smeekens S, Montag A, Gary T, Albiges-Rizo C, Carroll R,
diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die Benig M, Phillips L, Martin S, Ohagi S, Gardner P et al (1992)
Menge von Endoprotease PC3 in Insulinomzellen Proinsulin processing by the subtilisin-related proprotein conver-
reduziert ist, was eine verminderte Proinsulin-Insulin tases furin, PC2, and PC3. Proc Natl Acad Sci USA 89: 8822
Konversion zur Folge hat. Sekretion von Proinsulin Tooze S, Flatmark T, Tooze J, and Huttner WB (1991)
kann aber auch durch gestörtes Sorting in die Characterization of the immature secretory granule, an interme-
Sekretgranula verursacht sein. Karboxypeptidase E ist diate in granule biosynthesis. J Cell Biol 115: 1491

Vergrößerung: x 38,500 (A, B)


Abbildung 95 193

Insulin

Nukleus

Proinsulin

Nukleus

B
194 Sekretorische Epithelien

DAS DIFFUSE ENDOKRINE SYSTEM

Endokrine Zellen existieren in der Schleimhaut des Ver- Nach entsprechender Stimulation sezernieren die
dauungs- und Atemwegstrakts sowie des Urogenital- offenen und geschlossenen endokrinen Zellen ihre
trakts und der Haut und seltener im Bindegewebe dieser Sekretprodukte in das umgebende Bindegewebe, von wo
Organe. Sie kommen als Einzelzellen oder in kleinen es in Lymph- oder Blutkapillaren und somit in die
Zellgruppen vor. Obwohl die Zellen des diffusen Blutzirkulation gelangt. Nach ihrer Freisetzung in die
(neuro)endokrinen Systems viele morphologische und Umgebung können die Peptide eine parakrine Wirkung
biochemische Gemeinsamkeiten haben, unterscheiden auf dort vorhandene Zellen entfalten, wie andere
sie sich nicht nur hinsichtlich ihres Standortes, sondern endokrine Zellen, exokrine Zellen, Muskelfasern und
hauptsächlich durch die Art der gebildeten regula- Nervenzellen. Sie können auch autokrin wirken, d.h.
torischen Peptide. Trotz aller Unterschiede bilden sie die endokrine Zelle stimulieren, von der sie gebildet
aber ein funktionelles System. So stellt das diffuse wurden. Die verschiedenen Zellen des diffusen
endokrine System des Verdauungstrakts die größte (neuro)endokrinen Systems produzieren mehr als 100
endokrine Drüse des Körpers dar. Die Pathologie des bioaktiv wirksame Substanzen einschließlich klassischer
(neuro)endokrinen Systems ist komplex und schließt Polypeptidhormone, Neuropeptide und Wachstums-
Hyperplasien und Tumoren ein, die mit schweren hor- faktoren wie Insulin, Somatostatin, Gastrin, Histamin,
monellen Dysregulationen einhergehen können. Motilin, Substanz P, EGF, etc. und erst kürzlich entdeck-
Abbildung A zeigt zwei endokrine Zellen in der te regulatorische Peptide wie NO, Orexine, Leptin und
Schleimhaut des Duodenums. Beide enthalten eine Ghrelin. Bemerkenswerterweise kann ein endokriner
Vielzahl der für endokrine Zellen charakteristischen Zelltyp verschiedene Arten von Polypeptiden bilden.
Dense Core Sekretgranula, die typischerweise im
basalen Zytoplasma der Zellen liegen. Eine der Zellen ist
eine Somatostatin-produzierende D-Zelle. Sie ent-
spricht dem sogenannten geschlossenen Typ einer intra-
Literatur
epithelialen endokrinen Zelle, da sie keinen Kontakt
zum Lumen hat. Die andere endokrine Zelle ist eine TG- Bordi C, D’Adda T, Azzoni C, and Ferraro G (2000) Classification
Zelle, die ein dem Gastrin-Cholezystokinin ähnliches of gastric endocrine cells at the light and electron microscopical
Hormon produziert. Sie stellt den sogenannten offenen levels. Microsc Res Tech 48: 258
Typ einer endokrinen Zelle dar, deren apikale, mikrovil- Dockray G, Varro A, and Dimaline R (1996) Gastric endocrine
cells: gene expression, processing, and targeting of active prod-
litragende Plasmamembran (Pfeilköpfe) in das Lumen
ucts. Physiol Rev 76: 767
reicht. Die Pfeile weisen auf junktionelle Komplexe mit Ito T (1999) Differentiation and proliferation of pulmonary neu-
den angrenzenden absorptiven Zellen hin. Es ist roendocrine cells. Progr Histochem Cytochem 34: 245
bemerkenswert, dass in Abhängigkeit vom Standort der Larson L-I (2000) Developmental biology of gastrin and somato-
gleiche endokrine Zelltyp geschlossen oder offen sein statin in the antropyloric mucosa of the stomach. Micr Res Tech
kann. So sind die Gastrin-produzierenden G-Zellen des 48: 272
Magens in der Pylorusschleimhaut vom offenen Typ Montuenga L, Guembe L, Burell M, Bodegas M, Calvo A, Sola J,
und in der Korpusschleimhaut vom geschlossenen Typ. Sesma P, and Villaro A (2003) The diffuse endocrine system: from
Abbildung B zeigt eine solitäre Insulin-produzieren- embryogenesis to carcinogenesis. Progr Histochem Cytochem 38:
de Zelle im Epithel eines kleinen Sekretgangs des 153
Pankreas mit Immungoldmarkierung für Insulin über Pearse A (1972) The diffuse neuroendocrine system: an extension
of the APUD concept. London: Heinemann
ihren Sekretgranula. Im Hauptbild erscheint sie als ge-
Rehfeld J (1998) The new biology of gastrointestinal hormones.
schlossene Zelle, die vom Zytoplasma der angrenzenden Physiol Rev 78: 1087
Duktepithelien überzogen ist (Pfeilköpfe). Die Unter- Slominski A, and Wortsman J (2000) Neuroendocrinology of the
suchung von Serienschnitten zeigte aber, dass sie eine skin. Endocrine Rev 21: 457
Zelle vom offenen Typ ist, wie im Nebenbild zu sehen Solcia E, Capella C, Fiocca R, Cornaggia M, and Bosi F (1989) The
ist. Ein Pfeilkopf markiert die in das Duktlumen gastroenteropancreatic endocrine system and related tumors.
reichende apikale Plasmamembran und die Pfeile einen Gastroenterol Clin North Am 18: 671
junktionalen Komplex.

Vergrößerung: x 5,800 (A); x 12,000 (B, Nebenbild)


Abbildung 96 195

D-Zelle

TG-Zelle
N

B-Zelle

B
196 Sekretorische Epithelien

DAS LEBEREPITHEL

Innerhalb der, wenige Millimeter messenden, prismati- funktion, produzieren extrazelluläre Matrix (EZM) ein-
schen Leberläppchen bildet das Epithel mit den Hepato- schließlich Prokollagen, und EZM-abbauende Metallo-
zyten radiär ausgerichtete verzweigte Platten, zwischen proteinasen. Sie spielen eine wichtige Rolle beim Auf-
denen die weiten Blutkapillaren, die Lebersinus oder und Umbau der Matrix innerhalb der Leberläppchen.
Sinusoide, liegen. Diese verlaufen ebenfalls radiär in Eine Ito Zelle ist im rechten oberen Bildsegment zwi-
Richtung zum Läppchenzentrum, wo sie in die ab- schen 2 Hepatozyten zu sehen. Die zahlreichen Fett-
leitende Vena centralis einmünden. Die Leberzellplatten tröpfchen im Zytoplasma (Sterne) spiegeln die Funk-
sind aus einer einzelligen Lage von Hepatozyten aufge- tion dieser Zellen als Speicher fettlöslicher Vitamine. Ito
baut (siehe Zeichnung Abb. 98). Mit ihren apikalen Zellen beinhalten einen hohen Prozentsatz des
Oberflächen bilden sie die Wand der zwischen den gesamten, im Körper gespeicherten, Vitamin A und
Leberzellen gelegenen feinen Gallencanaliculi, die spielen eine wichtige Rolle für die Aufrechterhaltung der
innerhalb der Zellplatten ein verzweigtes Kanälchen- Vitamin A Homeostase. Unter pathologischen Bedin-
system um die Hepatozyten herum ausbilden. Die basa- gungen aktiviert, können Ito Zellen zu Myofibroblasten
le Plasmamembran der Hepatozyten ist großflächig zu transformieren und Typ I Kollagen exprimieren. Sie
den Sinusoiden hin gerichtet. sind bei der Entstehung von Leberfibrosen und Leber-
Die Abbildung zeigt einen Ausschnitt aus einem zirrhose maßgeblich involviert.
Leberläppchen mit den aus Hepatozyten bestehenden Im Gegensatz zu den Ito Zellen, die außerhalb der
Zellplatten, rechts im Bild quer und links flach geschnit- Sinus gelegen sind, sitzen die Kupffer’schen Sternzellen
ten. Im Flachschnitt im linken oberen Teil des Bildes mit ihrem voluminösen Zellkörper und den zahlreichen
sind zwischen den Hepatozyten Gallencanaliculi mit Fortsetzen im Lumen der Sinusoide mitten im Blut-
Pfeilen markiert. Die benachbarten Leberzellen liegen strom. Der enge Kontakt mit dem Blut ist wichtig für
Seite an Seite und sind an ihren lateralen Oberflächen in ihre Filterfunktion. Sie sind Phagozyten des unspezifi-
Kontakt. Sie bilden sowohl Haftkomplexe mit abdich- schen Abwehrsystems und befreien das Blut von unge-
tenden Tight Junctions, die einen Ausfluss der Galle in wünschten Materialien, überalterten und umzubauen-
den Interzellularraum und in das Blut verhindern (siehe den Substanzen und schädigenden Stoffen. Durch ihre
Abb. 98), als auch Desmosomen und kommunizierende bevorzugte Position mitten im Blutstrom können sie
Verbindungen in Form von Gap Junctions. Mit dem mit zirkulierenden Substanzen in direkten Kontakt
basalen Pol bilden die Leberzellen die Kommunika- treten. Die Abbildung zeigt eine typisch sternförmige
tionsregion für den Stoffaustausch mit dem Blut. Die Kupfferzelle, die mit ihren Fortsätzen das sinusoidale
Lebersinus sind mit einem extrem dünnen, vielfach Lumen überbrückt. Über die Fortsätze ist sie mit dem
durchlöcherten Endothel ausgekleidet. Durch die Sinusendothel in Kontakt und erreicht durch die Poren
zahlreichen großen und kleinen Poren (Pfeilköpfe) den Disse’schen Raum.
kann Blutplasma aus dem Sinuslumen in den schmalen
Spaltraum zwischen Hepatozytenoberfläche und
Sinusendothel, den Disse’schen Raum, gelangen und Literatur
mit der basalen Hepatozytenoberfläche in direkten
Bedossa P, and Paradis V (2003) Liver extracellular matrix in
Kontakt treten. Eine kontinuierliche Lamina basalis ist
health and disease. J Pathol 200: 504
nicht vorhanden. Die unruhige, mit zahlreichen Sato M, Suzuki S, and Senoo H (2003) Hepatic stellate cells:
Mikrovilli besetzte basale Leberzelloberfläche spiegelt Unique characteristics in cell biology and phenotype. Cell Struct
die vielfachen hier stattfindenden Transportvorgänge. Funct 28: 105
Im Disse’schen Raum und zwischen den Hepatozyten Sun ZL, Wada T, Maemura K, Uchokura K, Hoshino S, Diehl AM,
liegen spezielle Bindegewebszellen, die Ito Zellen oder and Klein AS (2003) Hepatic allocraft-derived Kupffer cells regu-
Fettspeicherzellen. Die Ito Zellen haben Fibroblasten- late T cell response in rats. Liver Transpl 9: 489

Vergrößerung: x 9,400
Abbildung 97 197

Ito Zelle

* *
Kupffer'sche
Sternzelle Sinus

Endothel

Hepatozyten Disse'scher
Raum

Sinus
8
9
1 Sekretorische Epithelien

DAS LEBEREPITHEL – GALLEKANÄLCHEN

Die Leber ist das zentrale Stoffwechselorgan des Orga- Die Galle wird am apikalen Pol der Hepatozyten in
nismus und hat gleichzeitig die Funktion einer exokri- die engen Lumina der Gallekanälchen abgegeben. An
nen und einer endokrinen Drüse. Das exokrine Sekret, der Peripherie der Leberläppchen setzen sich die
die Galle, gelangt in die Gallekanälchen, das endokrine Gallekanälchen in die Hering’schen Gänge fort, die aus
Sekret, zum Beispiel Lipoproteinpartikel und Gerin- den Läppchen herausleiten und an der Grenze zum
nungsfaktoren, wird direkt in das Blut abgegeben. Die Bindegewebe zu den größeren Gallengängen in den
initialen Abschnitte des Gallengangsystems liegen als Periportalfeldern konfluieren. Mit der Galle gelangen
feine Kanälchen zwischen den Leberepithelzellen (GK in Gallensäuren, Cholesterin, Phospholipide, konjugiertes
Abb. A und B). Ihre Wand wird von der apikalen Zell- Bilirubin und Elektrolyte in das Lumen des Duode-
oberfläche der Hepatozyten gebildet. nums. Die Galle bewirkt die Emulierung der im Speise-
Die Zeichnung illustriert den Verlauf der feinen, ver- brei enthaltenen Fette und ist notwendig für den regu-
zweigten Gallekanälchen um die annähernd würfel- lären Ablauf der Lipidresorption im Dünndarm. Auch
förmigen Hepatozyten in einer Leberzellplatte. Die werden über die Galle metabolisierte Arzneimittel und
lateralen Zelloberflächen kontaktieren die Nachbar- Schwermetalle ausgeschieden und Immunglobulin A in
zellen und die basalen Domänen sind zu den sinusoi- den Darm transportiert.
dalen Kapillaren hin gerichtet (Sinusoid). Die weißen Die Wand der Gallekanälchen (GK) ist durch Mikro-
Pfeile weisen auf die exokrinen Sekretionsdomänen, die villi, die manchmal fast das ganze Lumen ausfüllen
schwarzen Pfeile auf die Domänen für die endokrine (Abb. A), vergrößert. Das den Gallekanälchen benach-
Sekretion. K – Kupffer’sche Sternzelle, Ito – Ito Zelle barte Zytoplasma enthält dicht gepackt Membranen des
(Fettspeicherzelle). endoplasmatischen Retikulums, Stapel von Golgi Zister-
nen (Golgi) mit Lipoproteinpartikeln, Mitochondrien
(M), Peroxisomen (PO), Lysosomen und autophagische
Vakuolen (AV). Sekretgranula sind nicht zu sehen, da
der Export der Gallenbestandteile über ATP-abhängige
apikal GK Pumpen erfolgt. Diese molekularen Transporter (ABC
Transporter) besetzen einen wesentlichen Teil der
apikalen Plasmamembran der Hepatozyten. Das Kanäl-
chenlumen ist gegenüber dem Interzellularraum durch
basal ein Abdichtungsband aus Tight Junctions (Pfeile in
Abb. B) versiegelt. Diese Zonula occludens verhindert,
Sinusoid dass Galle über den Interzellularraum in den
K Ito Disse’schen Raum und in das Lumen der Lebersinus
gelangt. Durch Defekte im Abdichtungssystem kann
sich Galle mit Blut mischen; die Folge ist das Entstehen
von Gelbsucht.

Literatur
Wolkoff AW, and Cohen DE (2003) Bile acid regulation of hepat-
ic physiology. I. Hepatocyte transport of bile acids. Am J Physiol-
Gastr L 284: G175

Vergrößerung: x 24,000 (A), x 32,500 (B)


Abbildung 98 199

Golgi
GK

PO
AV

GK
GK

B
200 Sekretorische Epithelien

DAS LEBEREPITHEL – LIPOPROTEINTRANSPORT

Die basale Zelloberfläche der Hepatozyten ist in direk- schen Retikulum entspricht der Region im RER-SER-
tem Kontakt mit dem Blutplasma, das durch die Poren Übergangsbereich, wo sie zusammengesetzt werden
in den Sinusendothelzellen in den Disse’schen Raum (siehe auch Abb. 19).
gelangt (siehe Abb. 97). Zahlreiche Produkte der LPs werden in den Golgi Apparat, wo die hauptsäch-
Hepatozyten, Lipoproteinpartikel, Albumin und Plas- liche Glykosylierung der Proteine stattfindet, transpor-
maproteine für die Blutgerinnung, wie Prothrombin, tiert (Abb. B). Innerhalb des Golgi Apparats sind die LPs
Fibrinogen und die Faktoren V, VII und IX, werden im in den dilatierten Abschnitten der Zisternen (Pfeile)
Sinn einer endokrinen Sekretion direkt in das Blut lokalisiert. Vesikel in Golgi Nähe, die LPs einzeln oder in
abgegeben. dicht gepackten Gruppen (Pfeil) enthalten, entsprechen
Lipoproteinpartikel (LPs) werden in den Hepato- Transport Kompartimenten.
zyten im Lumen des endoplasmatischen Retikulums Vesikel, die LPs enthalten, sind auch zahlreich nahe
(ER) zusammengesetzt und, nach Passage des Golgi der basolateralen Plasmamembran der Hepatozyten
Apparats, mikrotubuliabhängig zu den basolateralen (Pfeile in Abb. C). Hier sind es jedoch ausschließlich
Zelloberflächen transportiert. Die von den Leberzellen solche, die nur ein Lipoproteinpartikelchen beinhalten.
gebildeten Lipoproteinpartikel mit einem Durchmesser Die LPs gelangen über Exozytose in den Disse’schen
von 50–80nm gehören hauptsächlich zu der Klasse der Raum und damit in das Blutplasma und über die Poren
Very Low Density Lipoproteine (VLDLs). Auf Grund in den Sinusendothelzellen in das Lumen der Sinus. LPs
ihres intensiven Kontrasts noch Fixierung in Osmium im Disse’schen Raum sind mit Pfeilköpfen markiert. Im
sind sie im Elektronenmikroskop gut sichtbar und ihr Disse’schen Raum sind auch feine Kollagenfibrillen (C),
Weg vom Ort ihrer Bildung im ER (Abb. A) über den die ein lockeres Gitterfasernetzwerk um die Endothel-
Golgi Apparat (Abb. B) zu den Exozytoseregionen an zellen aufbauen, zu sehen. Eine kontinuierliche
der basolateralen Zelloberfläche und ihrem extrazel- Basallamina ist nicht vorhanden.
lulären Ziel im Disse’schen Raum (Abb. C) kann gut
verfolgt werden. Abbildung A zeigt die Grenzregion
zwischen rauem (RER) und glattem (SER) endoplasma- Literatur
tischen Retikulum. In enger Nachbarschaft zu Mito-
Cenedella RJ, Crouthamel WG, and Mengolf HF (1974) Intestinal
chondrien (M), Peroxisomen (PO) und Glykogenpar- versus hepatic contribution to circulating triglyceride levels.
tikeln (siehe auch Abb. 64) sind zahlreiche Anschnitte Lipids: 35
von ER-Segmenten mit luminalen Lipoproteinpartikeln Reaven EP, and Reaven GM (1980) Evidence that microtubules
(Pfeile) zu sehen. Ihre bevorzugte Lokalisation im play a permissive role in hepatocyte very low density lipoprotein
Grenzbereich von rauem und glattem endoplasmati- secretion. J Cell Biol 84: 28

Vergrößerung: x 33,800 (A), x 34,800 (B), x 26,500 (C)


Abbildung 99 201

Golgi
RER PO

PO

A B

C
Endothelzelle
Disse'scher Raum

Hepatozyt

C
202 Sekretorische Epithelien

PLEXUS CHOROIDEUS

Das die Gehirnventrikel und den Zentralkanal im Ultrafiltrats in das Ventrikellumen wird durch das
Rückenmark auskleidende Ependym besteht aus einer Plexusependym verhindert. Die benachbarten Epen-
einzelligen Lage einfacher iso- bis hochprismatischer dymzellen sind ausgeprägt verzahnt und der Inter-
Zellen, die über Gürteldesmosomen in Verbindung zellularraum ist durch Tight Junctions (Kreis), durch
sind. Spezialisierte Ependymregionen existieren in der die eine Barriere für den Liquor aufgebaut wird,
Wand des 3. Ventrikels. Die dort lokalisierten Tanyzyten abgedichtet. Die Ependymzellen besitzen zahlreiche
sind mit Tight-Junction-Zonen barrierebildend und mit Mitochondrien, dicht gepackt Membranen des endo-
langen Fortsätzen und Endfüßchen in Kontakt mit der plasmatische Retikulums und einen prominenten Golgi
Wand der Blutgefäße. Apparat. Das Plexusependym zeigt Charakteristika von
Eine andere spezialisierte Form zeigt das Ependym Epithelien, die in transzellulären Transport intensiv
im Bereich der Plexus choroidei, die sich während der eingebunden sind. Die Oberflächen beider Zelldomä-
Entwicklung an den Kontaktregionen mit den aus- nen, der apikalen und basolateralen, sind massiv ver-
geprägt vaskularisierten Meningen im Bereich des größert, apikal durch einen Bürstensaum aus dicht
Dachs des 3. und des 4. Ventrikels und in den Wänden gepackten Mikrovilli und basal durch ausgeprägte inter-
der Seitenventrikel ausbilden. Hier differenzieren sich digitierende Faltenbildungen. Die Komponenten des
die Ependymzellen zu Zellen mit sekretorischer und Ultrafiltrates betreten die Zellen basolateral. Durch die
resorptiver Funktion und bilden zusammen mit dem Na+, K+-ATPasen in den Mikrovillimembranen wird Na+
lockeren Bindegewebe, das ein dichtes Netzwerk von in den Extrazellularraum gepumpt. Das entstehende
Blutgefäßen führt, die Areale der Plexus choroidei. In osmotische Gefälle erleichtert den Transport von Wasser
den Plexus choroidei wird die Zerebrospinalflüssigkeit, in das Ventrikellumen. Auch in Endozytoseprozesse ist
der Liquor cerebrospinalis (CSF – cerebrospinal fluid), die sehr unruhige, apikale Mikrovillioberfläche der
produziert. Der Liquor zirkuliert durch die Hirn- Ependymzellen, eingebunden. Wie in anderen Organen
ventrikel, den Zentralkanal und die Subarachnoidal- (siehe Abb. 103) wird auch in den Plexusependymzellen
räume und bildet um das zentrale Nervensystem herum der Endozytoserezeptor Megalin exprimiert.
eine Mantelschicht, die Gehirn und Rückenmark vor Zellen des Immunsystems, die nicht nur unter
Stößen von außen schützt. pathologischen Bedingungen, sondern auch im Liquor
Die Abbildung zeigt Ausschnitte aus beiden, an der gesunder Personen zu finden sind, scheinen die
Liquorproduktion maßgeblich beteiligten, Schichten Meningen und die Plexus choroidei zu passieren.
des Plexus choroideus, das Plexusependym und das
direkt darunter in enger Beziehung zur Basallamina Literatur
gelegene Kapillarnetz. Das Endothel der Kapillaren ist
Christensen E, and Birn H (2002) Megalin and cubilin: multi-
fenestriert (Pfeilköpfe) und besitzt keine Tight
functional endocytic receptors. Nat Rev Mol Cell Biol 3: 258
Junctions. Bei der Liquorproduktion wird in einem Kivisäkk P, Mahad DJ, Callahan MK, Trebst C, Tucky B, Wei T,
ersten Schritt ein Ultrafiltrat des Blutes produziert und Wu L, Baekkevold ES, Lassmann H, Staugaitis SM, Campbell JJ,
gelangt in das umgebende Bindegewebe; im zweiten and Ransohoff RM (2003) Human cerebrospinal fluid central
Schritt wird das Ultrafiltrat im Plexusependym modi- memory CD4+T cells: Evidence for trafficking through choroids
fiziert und in ein exkretorisches Produkt, den Liquor plexus and meninges via P-selectin. Proc Natl Acad Sci USA 100:
cerebrospinalis, umgewandelt. Eine direkte Passage des 8389

Vergrößerung: x 11,000
Abbildung 100 203

Plexus choroideus
204 Resorptive Epithelien

DAS RESORBIERENDE DÜNNDARMEPITHEL

Die Ultrastruktur der resorbierenden Epithelzellen Die Bürstensaumenzyme und andere Membran-
(Saumzellen), die in einer einzelligen Lage die Dünn- komponenten werden laufend erneuert. Die neusyn-
darmzotten überziehen, reflektiert ihre Hauptaufgabe thetisierten Membranbestandteile werden zwischen den
bei der Resorption der aufgenommenen Nahrungs- Mikrovilli in die Plasmamembran eingesetzt. Nur diese
stoffe. Die Abbildungen A und B zeigen eine Übersicht Areale der apikalen Plasmamembran sind für Fusions-
und einen Ausschnitt aus dem apikalen Bereich von prozesse zugänglich. Von hier reichen Membranin-
Saumzellen mit dem prominenten Bürstensaum (B) aus vaginationen tief in das Terminalgespinst. Entsprechen-
dicht gepackten und sehr regelmäßigen Mikrovilli. Die de Membranprofile sind in Abbildung B links und
zahlreichen Mikrovilli führen zu einer immensen rechts neben dem Haftkomplex, ebenso in Abbil-
Vergrößerung der apikalen Oberfläche der resorbieren- dung 68A und besonders schön in Flachschnitten in den
den Zellen. Jede Saumzelle besitzt ungefähr 3000 Abbildungen 68D und 77B zwischen den filamentösen
Mikrovilli. Sie enthalten ein filamentöses Zentrum aus Wurzeln der Mikrovilli zu sehen. Diese Membranareale
gebündelten Aktinfilamenten, die mit Fimbrin und unterscheiden sich in ihren Mikrodomänen von den
Villin vernetzt sind und über Myosin I and Calmodulin Mikrovillimembranen und werden als Membranre-
mit der Plasmamembran in Verbindung stehen. Die servoir für Anpassungsvorgänge an der apikalen Zell-
Filamentbündel setzen sich in Wurzelstrukturen, die in oberfläche angesehen.
das Terminalgespinst (TG, Terminales Netzwerk) unter- In Abbildung A ist der gesamte apikale Zellbereich
halb des Bürstensaums einstrahlen, fort. Verbunden mit einer Saumzelle aus dem menschlichen Dünndarm-
Spektrin und Zytokeratin Intermediärfilamenten sind epithel mit zahlreichen Mitochondrien und Lysosomen
sie Teil des apikalen Zytoskeletts, das für die aufrechte (Ly) und dem Golgi Apparat in typischer Position nahe
Stellung der Mikrovilli und ihre Organisation im dem Zellkern (Golgi) zu sehen. Ein distinkt polarer
Bürstensaum zuständig ist (siehe auch Abb. 68). Aufbau der Saumzellen mit apikalen und basolateralen
Aktinfilamente des terminalen Netzwerks sind mit dem Plasmamembranarealen ist für ihre Funktion unbedingt
Gürteldesmosom im mittleren Teil der apikalen notwendig. Die Polarität wird durch die Tight-Junction-
Haftkomplexe (2 in Abb. B; siehe auch Abb. 77) assozi- Zone im obersten Bereich der die Zellen verbindenden
iert. Durch diese Verbindungen wird im apikalen Haftkomplexe bestimmt. Links im Bild und in Abbil-
Zellpol ein zellübergreifendes Stütz- und Bewegungs- dung B stärker vergrößert ist ein Haftkomplex mit der
system aufgebaut, das Kippbewegungen der Mikrovilli Zonula occludens (1), der Zonula adhaerens (2) und
im Bürstensaum ermöglicht. Der Kontakt mit den in die einer Macula adhaerens (3) dargestellt (siehe auch Abb.
Zellen aufzunehmenden Substanzen wird dadurch 77). Abbildung C zeigt eine etwas weiter basal gelegene
begünstigt und die Resorption erleichtert. Region der lateralen Zelloberfläche, wo die benach-
An der luminalen Zelloberfläche ist die Plasma- barten Zellen ausgeprägte Zell-Zell Verzahnungen
membran mit 10nm besonders dick. Die Membran ist bilden (siehe auch Abb. 80).
in Abbildung B, die einen Ausschnitt aus dem Bürsten-
saum von Dünndarmepithelzellen der Ratte zeigt, als
Literatur
deutlich 3-lamelläre Struktur, bedeckt mit dem feinen
filamentösen Netzwerk, der Glykokalyx (siehe auch Affleck JA, Helliwell PA, and Kellett GL (2003) Immuno-
Abb. 74), erkennbar. Die Glykokalyx ist als distinkte cytochemical detection of GLUT2 at the rat intestinal brush-bor-
Schicht in der Darstellung einer Saumzelle aus dem der membrane. J Histochem Cytochem 51: 1567
menschlichen Dünndarm in Abbildung A besonders gut Hansen GH, Pedersen J, Niels-Christiansen L, Immerdal L, and
zu sehen. Im Bürstensaum wird der Verdauungsprozess Danielsen EM (2003) Deep-apical tubules: dynamic lipid-raft
microdomains in the brush-border region of enterocytes.
abgeschlossen. In der Plasmamembran lokalisierte
Biochem J 373: 125
Enzyme bewirken die abschließende Zerlegung von Louvard D, Kedinger M, and Hauri HP (1992) The differentiating
Oligosascchariden und Oligopeptiden. Die Produkte, intestinal epithelial cell: establishment and maintenance of func-
Aminosäuren, Di- und Tripeptide und Zucker werden tions through interactions between cellular structures. Annu Rev
über spezifische Membrankanäle und Transportsysteme Cell Biol 8: 157
durch die Plasmamembran transportiert. Fettsäuren Sanco E, Batlle E, Clevers H (2003) Live and let die in the intes-
und Monoglyzeride diffundieren in die Mikrovilli. tinal epithelium. Curr Opin Cell Biol 15: 763

Vergrößerung: x 9,000 (A), x 57,000 (B), x 57,000 (C)


Abbildung 101 205

TG

1
Ly
Ly
2

Golgi
B

A C
206 Resorptive Epithelien

DÜNNDARMEPITHEL – LIPOPROTEINTRANSPORT

In den resorbierenden Dünndarmepithelzellen (Saum- auffällig sind sie in den dilatierten Zisternen des Golgi
zellen, Enterozyten) passieren die Endprodukte der mit Apparats (Abb. A, Pfeile) und in großen Transport-
der Nahrung aufgenommenen und im Lumen des vesikeln (Abb. A, links neben dem Golgi Stapel).
Verdauungstrakts abgebauten Nahrungsbestandteile das Extrazellulär sind VLDLs in den dilatierten Abschnitten
Darmepithel. Nach Aufnahme an der apikalen Ober- der Interzellularräume (Abb. B, IZR) zwischen den
fläche und spezifischer Verarbeitung in den Zellen er- Verzahnungsarealen auffällig (Pfeilköpfe in Abb. B).
folgt der Export der Produkte in den Interzellularraum Abbildung C zeigt Lipoproteinpartikel akkumuliert im
und das Bindegewebe an der basolateralen Zellober- lockeren Bindegewebe der Lamina propria (Pfeilköpfe
fläche. Von dort wird über Blut- und Lymphgefäße ab- in Abb. C). Von dort werden sie hauptsächlich über das
und weitertransportiert. Spezielle Wege nehmen die Lymphgefäßsystem abtransportiert. Abbildung D zeigt
Lipide, deren trans- und extrazellulärer Transport im einen Ausschnitt aus einer Lymphkapillare in der
Elektronenmikroskop gut nachvollziehbar ist. Lamina propria der Darmschleimhaut einer Ratte nach
Im Darmlumen werden die Produkte der Lipid- intravenöser Verabreichung von Peroxidase. Die zahlrei-
verdauung gemeinsam mit Gallesalzen in gemischte chen großen und kleinen Lipoproteinpartikel im Lumen
Mizellen verpackt, die mit dem Bürstensaums direkt in (Pfeilköpfe) erscheinen durch das elektronendichte
Kontakt treten. Durch die Kippbewegungen der Reaktionsprodukt, das im Rahmen der Peroxidase-
Mikrovilli wir der Kontakt mit den Mizellen begünstigt. reaktion durch Oxidation von Diaminobenzidin ein-
Aus den Mizellen freigesetzte freie Fettsäuren und steht, negativ gefärbt hell vor dunklem Hintergrund. In
Monoglyzeride diffundieren in die Mikrovilli und den Lumina der Blutkapillaren (Abb. C) sind keine LPs
verbinden sich mit fettsäurebindenden Proteinen, mit zu sehen.
deren Hilfe sie in das apikale Zytoplasma gelangen. Dort
werden im glatten endoplasmatischen Retikulum (ER) Literatur
Triglyzeride und andere Lipide resynthetisiert und an
den Übergangsregionen von glattem zu rauem ER in Ikeda I, Mitsui K, Matsuoka R, Hamada T, Imabayashi S, Uchino
Lipoproteinpartikel (LPs) gepackt. Nach Weitertrans- A, Yamada K, and Imaizumi K (2003) Cholesterol esterase bound
to intestinal brush border membranes does not accelerate incor-
port erfolgt in den Golgi Zisternen die hauptsächliche
poration of micellar cholesterol into absorptive cells. Biosci
Glykosylierung, die Verpackung in Transportvesikel und Biotechnol Biochem 67: 2381
der Transport zur basolateralen Zelloberfläche. Die LPs Jones AL, and Ockner RK (1971) An electron microscopic study
gelangen über Exozytose in den Interzellularraum (IZR) of endogenous very low density lipoprotein production in the
und von dort in die Lamina propria der Darmschleim- intestine of rat and man. J Lipid Res 12: 580
haut. Besonders voluminöse Lipoproteinpartikel, die Marcil V, Delvin E, Seidman E, Poitras L, Zoltowska M, Garofalo
Chylomikronen, entstehen während der postprandialen C, and Levy E (2002) Modulation of lipid synthesis, apolipopro-
Lipidabsorption, doch werden in den resorbierenden tein biogenesis, and lipoprotein assembly by butyrate. Am J
Dünndarmepithelzellen auch unabhängig von der Physiol Gastrointest Liver Physiol 283: G340
Nahrungsaufnahme und im Hungerzustand kleine 50- Pavelka M, and Gangl A (1983) Effects of colchicine on the intes-
80nm messende Lipoproteinpartikel (VLDLs – very low tinal transport of endogenous lipid. Ultrastructural, biochemical,
and radiochemical studies in fasting rats. Gastroenterology 84:
density lipoprotein particles) gebildet, deren Lipide
544
hauptsächlich aus der Galle und abgeschilferten Zellen Pepper MS, and Skobe M (2003) Lymphatic endothelium: mor-
stammen. phological, molecular and functional properties. J Cell Biol 163:
Die Abbildungen A–D zeigen die intrazellulären (A) 209
und extrazellulären (B–D) Wege der kleinen intestinalen Siddiqi SA, Gorelick FG, Mahan JT, and Mansbach CM (2002)
VLDLs in der Darmschleimhaut einer Ratte im Hunger- COPII proteins are required for Golgi fusion but not for endo-
zustand. VLDL-Partikel sind in allen Kompartimenten plasmic reticulum budding of the pre-chylomicron transport
der intrazellulären Sekretionswege zu finden. Besonders vesicle. J Cell Sci 116: 415

Vergrößerung: x 33,500 (A), x 28,000 (B), x 18,300 (C),


x 36,500 (D)
Abbildung 102 207

Golgi

IZR

Lymphkapillare

Blut-
kapillare

C D
208 Resorptive Epithelien

PROXIMALE TUBULI DER NIERE : MODIFIKATION DES PRIMÄRHARNS

Das von den Glomeruli der Nieren generierte Plasma Nephritis Antigen gp330 identifiziert. Es ist in vielen
Ultrafiltrat, der Primärharn, wird entlang der Nieren- anderen Zelltypen und Organen nachgewiesen worden,
tubuli modifiziert, so dass täglich von etwa 180 Litern wie den Typ II Pneumozyten, dem Innenohr, der Schild-
Primärharn zirka 1,5 Liter endgültiger Harn aus- drüse und dem Plexus chorioideus. Megalin ist ein
geschieden werden. In den proximalen Tubuli werden Mitglied der Low-Density-Lipoprotein Rezeptorfamilie
annähernd 70% des Wassers, die gesamte Glukose, und ein Typ I Membranglykoprotein mit einer Masse
Ionen, Vitamine, kleine Eiweiße, Arzneimittel und von über 600 kDa. Es unterscheidet sich vom Kubilin,
andere Substanzen reabsorbiert und entweder lysoso- welches ein 460 kDa peripheres Membranprotein ist.
mal abgebaut oder in das Blut zurückgebracht. Beide Rezeptormoleküle bilden Komplexe und haben
Die Feinstruktur der proximalen Tubulusepithelien jedes eine große extrazelluläre Domäne, die Liganden
widerspiegelt ihre Funktion. Der apikale Bürstensaum bindet. Da Megalin eine große Zahl unterschiedlichster
dient der Absorption und das basale Labyrinth von Liganden bindet, ist es auch mit einem Staubsauger oder
Membranen (siehe Abb. 81) der Exkretion. Beide Lumpensammler verglichen worden. Es ist bedeutend
Membranspezialisierungen führen zu einer enormen für die Vitaminhomeostase, da es mindestens drei vita-
Oberflächenvergrößerung, die für den transzellulären, minbindende Eiweiße (Transcobalmin-Vitamin B12,
durch Rezeptoren und Transporter der Plasma- Retinol-bindendes Protein, Vitamin D-bindendes
membran vermittelten Transport von Wichtigkeit ist. Protein) bindet. Verschiedene Trägerproteine (Albumin,
Aufgrund des unterschiedlichen Gehalts der apikalen Laktoferrin, Transerythrin, etc.), Enzyme und Enzym-
und der basolateralen Plasmamembran an solchen hemmer sind Liganden des Megalins. Stark basisch
funktionellen Eiweißen besteht eine epitheliale Asym- geladene Arzneimittel wie Aprotinin, Polymyxin B und
metrie. Neben der transzellulären Route existiert noch Aminoglykoside wie das Gentamycin werden durch die
ein parazellulärer Weg, über den Wasser und Ionen Bindung an das Megalin reabsorbiert und akkumulieren
transportiert werden, da sie die Tight Junctions über in den Lysosomen der proximalen Tubuli. Darin
Osmose passieren können. begründet sich die Nephrotoxizität von Polymyxin B
Eine besondere Spezialisierung der proximalen und Gentamycin.
Tubulusepithelien besteht im apikalen endozytotischen
Apparat, der den Großteil des apikalen Zytoplasmas
erfüllt (Abb. A und B). Er besteht aus endozytotischen Literatur
Vesikeln (Pfeil in Abb. A) und Tubuli (Pfeilköpfe in Abb. Christensen E, and Birn H (2002) Megalin and cubilin: multi-
B). Die ausgeprägte Glykokalyx dieser Strukturen ist functional endocytic receptors. Nat Rev Molec Cell Biol 3: 258
durch eine ihren Elektronenkontrast verstärkende Christensen EI, and Willnow TE (1999) Essential role of megalin
Chemikalie hervorgehoben worden. Verschiedenste in renal proximal tubule for vitamin homeostasis. J Am Soc
Substanzen, die über rezeptorvermittelte Endozytose Nephrol 10: 2224
durch die zwischen den Mikrovilli gelegenen Coated Pits Farquhar MG, Saito A, Kerjaschki D, and Orlando RA (1995) The
internalisiert werden, gelangen in den endozytotischen Heymann nephritis antigenic complex: Megalin (gp330) and
Apparat und von hier in die Lysosomen. Die Tubuli des RAP. J Am Soc Nephrol 6: 35
endozytotischen Apparats sind für das Membran- Kerjaschki D, and Farquhar MG (1982) The pathogenic antigen
Rezyklieren verantwortlich. of Heymann nephritis is a membrane glycoprotein of the renal
proximal tubule brush border. Proc Natl Acad Sci USA 79: 5557
In den proximalen Tubuli befinden sich zwei
Moestrup SK, Cui SY, Vorum H, Bregengard C, Bjorn SE,
wichtige Rezeptoren für die Endozytose: das Megalin Norris K, Gliemann J, and Christensen EI (1995) Evidence that
und das Kubilin. In Abbildung C ist Megalin mittels epithelial glycoprotein 330/megalin mediates uptake of polybasic
Immungoldmarkierung im Bürstensaum und dem drugs. J Clin Invest 96: 1404
apikalen endozytotischen Apparat nachgewiesen. Die Orlando RA, Rader K, Authier F, Yamazaki H, Posner BI,
laterale Plasmamembran (PM) ist nicht markiert. Bergeron JJM, and Farquhar MG (1998) Megalin is an endocytic
Megalin wurde ursprünglich als das Heymann- receptor for insulin. J Am Soc Nephrol 9: 1759

Vergrößerung: x 20,000 (A); x 50,500(B); x 45,000 (C)


Abbildung 103 209

Bürstensaum

Nukleus
A B

Megalin

Bürstensaum

PM M
C
210 Resorptive Epithelien

DER EINFLUSS VON PARATHORMON AUF DIE PROXIMALEN TUBULI

Entsprechend ihrer wichtigen Funktion im Wasser- und Vermehrung der Tubuli ein. Die Membranverlagerun-
Elekrolythaushalt des Körpers müssen sich die gen waren mit einer Umverlagerung der Markierung für
Epithelien der proximalen Tubuli den fortwährend den NaPi-IIa Ko-Transporter in den apikalen endozyto-
wechselnden Ansprüchen anpassen. Besonders auf- tischen Apparat verbunden. Die NaPi-IIa Ko-Trans-
schlussreich hierfür sind Experimente an Tieren, die porter befanden sich allerdings nur transient im
speziellen Diäten unterworfen wurden oder mit endozytotischen Apparat und wurden anschließend in
Hormonen, die den Wasser- und Elektrolythaushalt re- Lysosomen abgebaut. Der Transport des NaPi-IIa
gulieren, behandelt wurden. Als ein Beispiel für adaptive Ko-Transporters in die Lysosomen war abhängig von
Veränderung soll die Phosphationen Reabsorption einer Taxol-empfindlichen Umverteilung der Mikro-
durch die proximalen Tubuli dienen. tubuli von apikal nach basal.
Phosphationen (Pi) passieren die Glomeruli und Mit Phosphatverlust einhergehende vererbbare
werden zu etwa 80% aus dem Primärharn in den pro- Erkrankungen des Menschen sind mit einer Vermin-
ximalen Tubuli reabsorbiert. Die Reabsorption erfolgt derung der NaPi-IIa Ko-Transporter verbunden, die
über den Bürstensaum und erfordert die Anwesenheit offenbar durch erhöhte Serumspiegel des Fibroblasten
von Natriumionen (Na). Es existieren drei Typen von Wachstumsfaktors 23 bedingt sind.
Na/Pi Ko-Transportern, von denen der Na/Pi Ko- M: Mitochondrien.
Transporter NaPi-IIa der wichtigste für die Phosphat-
reabsorption in den proximalen Tubuli ist. Es handelt
Literatur
sich um eine polytopes Membranglykoprotein, das aus
acht transmembranären, vier extrazellulären und drei Beck L, Karaplis A, Amizuka N, Hewson A, Ozawa H, and et al
intrazellulären Schleifen besteht. Die intrazelluläre (1998) Targeted inactivation of Npt2 in mice leads to severe phos-
Schleife 1 und die extrazelluläre Schleife 3 sind in den phate wasting, hypercalciura and skeletal abnormalities. Proc Natl
Na/Pi Ko-Transport involviert. Der NaPi-IIa Ko- Acad Sci USA 95: 5372
Transporter befindet sich im Bürstensaum der pro- Karim-Jimenez Z, Hernando N, Biber J, and Murer H (2001)
ximalen Tubuli und die hier vorhandene Menge des Ko- Molecular determinants for apical expression of the renal type II
Na/Pi-cotransporter. Pflügers Arch 442: 782
Transporters bestimmt, wieviel Phosphat reabsorbiert
Lambert G, Traebert M, Hernando N, Biber J, and Murer H
werden kann. Der NaPi-IIa Ko-Transporter wird unter (1999) Studies on the topology of the renal type II NaPi-cotrans-
dem Einfluss von Parathormon rasch herunterreguliert, porter. Pflügers Arch 43: 972
was zur Hemmung der tubulären Reabsorption von Lötscher M, Scarpetta Y, Levi M, Halaihel N, Wang H, Zajicek HK,
Phosphat führt. Mittels quantitativer Elektronen- Biber J, Murer H, and Kaissling B (1999) Rapid downregulation
mikroskopie und Immungoldmarkierung wurden die of rat renal Na/P(i) cotransporter in response to parathyroid hor-
Vorgänge des Parathormon-induzierten Verschwindens mone involves microtubule rearrangement. J Clin Invest 104: 483
der NaPi-IIa Ko-Transporter analysiert und sind teil- Murer H, Hernando N, Forster I, and Biber J (2003) Regulation of
weise in den Abbildungen A (Kontrollsituation) und B Na/Pi transporter in the proximal tubule. Annu Rev Physiol 65:
(nach Gabe von Parathormon) illustriert. Unter dem 531
Einfluss des Parathormons kam es zu einer starken Shimada T, Mizutani S, Muto T, Yoneya T, Hino R, et al (2001)
Cloning and characterization of FGF23 as a causative factor of
Reduktion der Mikrovilli des Bürstensaums der pro-
tumor-induced osteomalacia. Proc Natl Acad Sci USA 98: 6500
ximalen Tubuli, was immunelektronenmikroskopisch Tenenhouse H, and Sabbagh Y (2002) Novel Pi regulating genes
mit einem fast vollständigen Verlust der Markierung für in the pathogenesis of renal Pi wasting disorders. Eur J Physiol
den NaPi-IIa Ko-Transporter einherging. Gleichzeitig 444: 317
vergrößerte sich der apikale endozytotische Apparat Traebert M, Roth J, Biber J, Murer H, and Kaissling B (2000)
infolge der Endozytose von Anteilen der apikalen Internalization of proximal tubular type-II Na/Pi-cotransporter
Plasmamembran (vergleiche die vertikalen Markie- by parathyroid hormone: an immunogold electron-microscopic
rungslinien in Abb. A und B). Insbesondere trat eine study. Am J Physiol Renal Physiol 278: F148

Vergrößerung: x 42,000 (A, B)


Abbildung 104 211

M M

Nukleus

A B
212 Sensorische Epithelien

DIE PHOTOREZEPTOREN DER RETINA : UMWANDLUNG VON LICHTQUANTEN


IN ELEKTRISCHE SIGNALE

Die Photorezeptoren sind Teil der inneren sensorischen stammt dem Vitamin A1. Durch Absorption von Licht
Retina und werden durch Lichteinfall aktiviert. Es wird das 11-cis-Retinal unmittelbar zu all-trans-Retinal
existieren zwei Typen von Photorezeptoren, die in spe- photoisomerisiert, was zu einer Konformations-
zifischen Regionen der Retina vorkommen. Die Stäb- änderung des Rhodopsins führt. Hieran schließt sich
chen-Photorezeptoren liegen in der Peripherie der eine Signalkaskade an, die letztlich zum Schließen der
Retina und sind für das Schwarz/Weiß Sehen bei ge- Na+-Kanäle und zur Hyperpolarisierung der Plasma-
ringer Lichtintensität (Dämmerungssehen) verant- membran führt.
wortlich. Die Zäpfchen Photorezeptoren hingegen Die apikalen Enden der äußeren Segmente der
befinden sich in den zentral gelegenen Anteilen der Stäbchen und Zäpfchen Rezeptoren sind in das Pig-
Retina und sind für das Farbsehen bei hellem Licht mentepithel eingebettet, das Melaningranula enthält,
zuständig. Es existieren drei Typen von Zäpfchen die überschüssiges Licht absorbieren und somit seine
Photorezeptoren, welche die Unterscheidung von Blau, Reflektion verhindern. Zwischen den Photorezeptoren
Grün und Rot ermöglichen. und dem Pigmentepithel liegt eine beide Zelltypen
Beide Typen von Photorezeptoren sind längliche, verbindende Matrixsubstanz. Die Retinaablösung ist die
hoch polarisierte Neuronen, die aus einem supranukleär Folge der Trennung der beiden Zellschichten und kann
gelegenen inneren und äußeren Segment bestehen. zur Erblindung führen. Im Zusammenhang mit Abbil-
Infranukleär befindet sich die synaptische Region, durch dung 105 wird die spezielle Funktion des Pigment-
die der Kontakt mit Interneuronen hergestellt wird, epithels für die äußeren Segmente besprochen werden.
welche die Licht-induzierten elektrischen Signale zu den Es übt eine Ernährungsfunktion für die Retina aus und
Ganglienzellen der Retina übertragen. Die Grenze zwi- spielt zudem eine essentielle Rolle bei der Regeneration
schen dem inneren und äußeren Segment eines Stäb- des Rhodopsins. Durch Lichtexposition gebleichtes
chen Photorezeptors ist im Hauptbild durch offene Rhodopsin zerfällt in Opsin und all-trans-Retinal. Das
Pfeile markiert und bei starker Vergrößerung im all-trans-Retinal wird reduziert, zum Pigmentepithel
Nebenbild zu sehen. Die inneren Segmente enthalten transportiert, enzymatisch oxidiert und zu 11-cis-
zahlreiche sehr lange Mitochondrien zusätzlich zum Retinal re-isomerisiert. Der Transport der Chromo-
endoplasmatischen Retikulum und dem Golgi Apparat. phore vom Pigmentepithel zurück in die Photo-
Innere und äußere Segmente sind über ein modi- rezeptoren geschieht mittels des interstitiellen Retinoid-
fiziertes Zilium (9+0 Symmetrie) miteinander verbun- bindenden Proteins.
den, wie im Nebenbild illustriert (Stern). Die äußeren
Segmente enhalten Stapel von geschlossenen
Membranscheiben, auch Disks genannt (Details in Abb.
106A), die das lichtempfindliche Photopigment Literatur
Rhodopsin enthalten. Die Synthese der Scheiben- Borhan B, Souto M, Imai H, Shichida Y, and Nakanishi K (2000)
bestandteile geschieht in den inneren Segmenten, von Movement of retinal along the visual transduction pathway.
wo sie durch die enge Zytoplasmaregion beim Science 288: 2209
Verbindungszilium in das äußere Segment gelangen. Kaushal S, Ridge K, and Khorana H (1994) Structure and func-
Die Scheiben selber werden durch Einstülpungen der tion in rhodopsin: the role of asparagine-linked glycosylation.
Plasmamembran des Verbindungsstücks gebildet, die Proc Natl Acad Sci USA 91: 4024
Masland R (2001) The fundamental plan of the retina. Nature
sich von ihr abschnüren. Das Rhodopsin der Scheiben
Neurosci 4: 877
ist ein hochspezialisierter G-Protein-gekoppelter Re- Menon S, Han M, and Sakmar T (2001) Rhodopsin: structural
zeptor und ein polytopes Membranprotein, das von basis of molecular physiology. Physiol Rev 81: 1659
Lichtquanten aktiviert wird. Die zwei N-Glykane des Rando R (1996) Polyenes and vision. Chem Biol 3: 255
Rhodopsins sind für seine Fähigkeit zur Signalüber- Sakmar T (1998) Rhodopsin: a prototypical G protein-coupled
mittlung notwendig. Jedes Rhodopsinmolekül besteht receptor. Progr Nucleic Acid Res Mol Biol 59: 1
aus dem Opsin Apoprotein, das kovalent gebundenes Wald G (1968) The molecular basis of visual excitation. Science
Chromophor 11-cis Retinal enthält. Letzteres ent- 162: 230

Vergrößerung: x 8,200; x 65,000 (Nebenbild)


Abbildung 105 213

Endothel

Pigmentepithel

äusseres Segment

inneres Segment

inneres
Segment
214 Sensorische Epithelien

UMSATZ VON PHOTOREZEPTOREN UND LICHT-INDUZIERTE APOPTOSE

Photorezeptoren sind hochspezialisierte, differenzierte exposition tritt Photorezeptor Apoptose ein, die vor-
Zellen, die sich nicht mehr teilen können. Jedoch kann zugsweise durch weißes Licht und andererseits durch
an ihnen ein außergewöhnliches Phänomen beobachtet blaues Licht verursacht werden kann. Auch die Menge
werden. Es besteht darin, dass Teile der lichtempfind- vorhandenen Rhodopsins ist für das Eintreten der
lichen äußeren Segmente kontinuierlich erneuert wer- Licht-induzierten Apoptose von Bedetung. Bei fort-
den, während der restliche Anteil der Zellen relativ sta- bestehender Lichtexposition kommt es schließlich auch
bil bleibt. zur Apoptose des Pigmentepithels. Somit kann es im
In Abbildung A und dem zugehörigen Nebenbild Gefolge andauernder intensiver Lichtexposition zur
sind die feinstrukturellen Details eines äußeren Degeneration der Retina kommen. Experimente mit
Segments gezeigt. Es besteht aus parallel angeordneten, Mäusen haben gezeigt, dass zwei unterschiedliche
dicht gepackten Membranen, welche die Scheiben Vorgänge bei der Licht-induzierten Retinadegeneration
bilden. Die Scheiben sind von der umgebenden ablaufen. Durch helles Licht verursachte Apoptose
Plasmamembran getrennt (Nebenbild in Abb. A). Der erfordert die Aktivierung von Rhodopsin und ist unab-
extrazelluläre Raum zwischen dem apikalen Ende des hängig vom Transduzin-vermittelten Signalweg. Durch
äußeren Segments ist von Ausläufern der Pigment- schwache Lichtintensitäten ausgelöste Apoptose ist
epithelien erfüllt. Mittels Histoautoradiographie wurde hingegen abhängig vom Transduzin-vermittelten
die intrazelluläre Wanderung metabolisch markierter Signalweg.
Proteine sichtbar gemacht. Sie konnten zunächst im
Golgi Apparat der inneren Segmente nachgewiesen wer-
den und von dort auf ihrem Weg über sich neu bildende Literatur
Scheiben an der Basis der äußeren Segmente bis in die
Scheiben der Segmentenden verfolgt werden. Die Schei- Hafezi F, Marti A, Munz K, and Reme CE (1997) Light-induced
ben enthaltenden Spitzen der äußeren Segmente schnü- apoptosis: differential timing in the retina and pigment epitheli-
ren sich letztlich ab und werden vom Pigmentepithel um. Exp Eye Res 64: 963
Hao W, Wenzel A, Obin MS, Chen CK, Brill E, Krasnoperova NV,
phagozytiert und abgebaut. Auf diese Weise werden
Eversole-Cire P, Kleyner Y, Taylor A, Simon MI, et al (2002)
kontinuierlich große Mengen von Photorezeptor Evidence for two apoptotic pathways in light-induced retinal
Scheiben durch das Pigmentepithel abgebaut und degeneration. Nat Genet 32: 254
rezykliert. Die Erneuerung der äußeren Segmente ist La Vail M (1976) Rod outer segment disc shedding in the rat reti-
reguliert und folgt einem zirkadianen Rhythmus. na: relationship to cyclic lighting. Science 194: 1071
Entsprechend ihrer unterschiedlichen Funktion werden Marmor M, and Wolferberger T (1998) The retinal pigment
Anteile der Zäpfchen Photorezeptoren unmittelbar nach epithelium. Function and disease. New York Oxford: Oxford
Lichteinfall phagozytiert, während die Phagozytose der University Press
Stäbchen Photorezeptoren erst mit dem Eintreten der Remé CE, Grimm C, Hafezi F, Wenzel A, and Williams TP (2000)
Dämmerung beginnt. Apoptosis in the retina: The silent death of vision. News Physiol
Die phagozytotische Aktivität des Pigmentepithels Sci 15: 120
Schremser J, and Williams T (1995) Rod outer segment (ROS)
ist naturgemäß auch von großer Bedeutung bei sich
renewal as a mechanism for adaptation to a new intensity envi-
abrupt ändernden Lichtintensitäten, Licht-induzierten ronment. II. Rhodopsin synthesis and packing density. Exp Eye
Schädigungen und der Apoptose von Photorezeptoren. Res 61: 25
Abbildung B zeigt eindrücklich die Veränderungen an Schremser J, and Williams T (1995) Rod outer segment renewal
äußeren Segmenten von Stäbchen der Retina von as a mechanism for adaptation to a new intensity environment,
Albinoratten nach akuter starker Lichtexposition (bis zu I: rhodopsin levles and ROS length. Exp Eye Res 61: 17
1000 lx für 2 Stunden). Sie bestehen in der Auflösung Young R (1976) Visual cells and the concept of renewal. Invest
der geordneten Strukturen. Bei noch stärkerer Licht- Ophthalmol 15: 700

Vergrößerung: x 35,000 (A); x 73,000 (Nebenbild); x 36,000 (B)


Abbildung 106 215

B
216 Sensorische Epithelien

DAS RIECHEPITHEL

Das Riechepithel in der Regio olfactoria der Nasenhöhle gängen an der Epitheloberfläche münden. Im Zyto-
ist das sensorische Organ für die hoch sensible Geruchs- plasma der Riechkolben sind die Basalkörper und die
rezeption. Es enthält, eingebettet in hochprismatische Ansatzregionen der Zilien besonders prominent. Die
Stützzellen, die bipolaren sensorischen Neuronen, deren langen, peitschenförmigen Zilien besitzen breite
periphere dendritische Fortsätze die charakteristischen Ansatzstellen (Pfeile in Abb. C) und eine, für Zilien ty-
Riechkolben bilden. Die Neuriten (Axonen) werden pische, 9-malige Anordnung von Mikrotubulidoubletten
nach Verlassen des Epithels von Schwannzellen umhüllt mit 2 zentralen Mikrotubuli in den proximalen Be-
und ziehen als Fila olfactoria zu spezifischen Synapsen- reichen, ebenso wie halskettenförmig angeordnete
regionen im Bulbus olfactorius. Vorläuferzellen der Plasmamembranpartikel (Abb. C), wie sie auch in den
Neuronen und der Stützzellen liegen als kleine runde Zilien der Flimmerzellen vorkommen. Die Mikrotubuli-
und horizontal ausgerichtete Zellen an der Basis des doubletten fehlen in den sich stark verjüngenden dista-
Epithels. Auch existieren mindestens zwei verschiedene len Segmenten der Zilien (siehe Querschnitte in Abb. B);
Typen spezieller Epithelzellen mit regelmäßigen Mikro- die Mikrotubuli liegen hier einzeln und ungeordnet.
villi. Zum Teil werden ihnen sensorische Eigenschaften Die Überführung chemischer Stimuli in neuronale
zugeordnet, zum Teil sind sie vergleichbar mit Bürsten- Signale findet durch Bindung der Geruchstoffe an
zellen (siehe Abb. 73), und zum Teil eingebunden in spezische Rezeptoren in der Plasmamembran der Zilien
Transportprozesse für den Aufbau eines optimalen statt. Im olfaktorischen System der Säugetiere werden
Ionenmilieus an der Epitheloberfläche. Duftstoffe durch eine große Familie von Rezeptoren
Des Riechepithel zeigt in allen Vertebraten einen detektiert, doch wird in einem individuellen Neuron
bemerkenswert ähnlichen Aufbau. Ausschnitte aus dem nur eines von 1000 Rezeptorgenen exprimiert. Die je-
Riechepithel der Maus sind in den Abbildungen A und weils einen bestimmten Rezeptor tragenden Neuronen
B im Dünnschnitt und in Abbildung C in einer Gefrier- sind im olfaktorischen Epithel weit verstreut, doch kon-
ätzpräparation zu sehen. Abbildung A zeigt den apikalen vergieren ihre Axonen zu präzisen Arealen im Bulbus
Bereich des Epithels, in dem die dendritischen Fortsätze olfactorius. Die Rezeptoren sind nicht nur in den den-
dreier Rezeptorneuronen mit den zilientragenden dritischen Riechkolben und in den Perikarya innerhalb
Riechkolben besonders auffällig sind. Die Neuronen des Epithels, sondern auch im Bereich der Axon-
sind über Haftkomplexe aus Tight Junctions, Zonulae terminalregionen im Bulbus olfactorius nachweisbar.
und Maculae adhaerentes in Verbindung mit den
Stützzellen (SZ), in denen das terminale Netzwerk als
helle Zone ganz apikal gelegen und abgesetzt vom dich- Literatur
ten Zytoplasma mit zahlreichen Mitochondrien und Asan E and Drenckhahn D (2005) Immunocytochemical charac-
endoplasmatischen Membrankonvoluten deutlich sicht- terization of two types of microvillar cells in rodent olfactory
bar ist. Die Pfeilköpfe im Gefrierbruchabdruck in epithelium. Histochem Cell Biol 123: 157
Abbildung C weisen auf die parallel gereihten Ver- Barnea G, O´Donnell S, Mancia F, Sun X, Nemes A, Mendelsohn
schmelzungsstege im breiten Band der Zonula occlu- M., and Axel R (2004) Odorant receptors on axon termini in the
dens hin (siehe Abb. 77, 78). Die knöpfchenartigen brain. Science 304: 1468
Auftreibungen der Riechkolben mit den langen Zilien, Buck L, and Axel R (1991) A novel multigene family may encode
in denen die Rezeptormoleküle in der Plasmamembran odorant receptors: a molecular basis for odor recognition. Cell 65:
175
lokalisiert sind, überragen die Epitheloberfläche. Sie
Firestein S (2001) How the olfactory system makes sense of
sind von den zahlreichen unregelmäßige Fortsätzen der scents. Nature 413: 211
Stützzellen, die an der apikalen Oberfläche des Epithels Kerjaschki D, and Hörandner H (1976) The development of
ein dichtes Geflecht bilden, umgeben. Zilien und mouse olfactory vesicles and their contacts: A freeze-etching
Stützzellfortsätze schwimmen im Sekret der study. J Ultrastr Res 54:420
Bowman’schen Drüsen, die im subepithelialen Mombaerts P (2001) How smell develops. Nat Neurosci Suppl 4:
Bindegewebe liegen und mit kurzen Ausführungs- 1192

Vergrößerung: x 16,500 (A); x 39,000 (B); x 35,000 (C)


Abbildung 107 217

SZ SZ

B C
218 Plattenepithelien

DAS VORDERE HORNHAUTEPITHEL

Das geschichtete Epithel an der Vorderseite der Horn- dünnen Schutzfilm aus Tränenflüssigkeit, der durch den
haut ist ein Teil der korneo-skleralen Hülle, die den Lidschlag gleichmäßig verteilt wird und die Epithel-
äußeren Mantel des Augapfels bildet, die Organe im oberfläche kontinuierlich feucht hält, überzogen.
Inneren schützt und, gemeinsam mit dem Druck durch Beimengungen schleimiger Komponenten halten die
das Kammerwasser, das Auge in Form hält. Die vordere Oberfläche während des Lidschlags gleitfähig, stabili-
Oberfläche der Hornhaut wird von einem mehr- sieren den Tränenfilm, verhindern die Austrocknung
schichtigen Epithel überzogen. des darunterliegenden Gewebes und bilden eine
Das vordere Hornhautepithel zeigt alle Charakteris- schützende Barriere gegenüber schädigenden Substan-
tika eines einfachen geschichteten Plattenepithels mit zen.
5–7 Zelllagen. Die Basalzellenschicht besteht aus hohen Eine Barriere, die das Hornhautgewebe gegenüber
polygonalen Zellen, die der Basallamina aufsitzen und wasserlöslichen Substanzen undurchlässig macht, wird
mit ihr und der benachbarten Bowman’schen Schicht durch Tight Junctions in der oberflächlichen Zelllage
über Hemidesmosomen verbunden sind (siehe auch aufgebaut. Tight Junctions bilden sich während der
Abb. 129). Zahlreiche Desmosomen heften die Zellen Differenzierung von den basalen zu den superfizialen
aneinender. Sie sind mit dicken Intermediärfilament- Schichten aus und können nach Abschilferung der ober-
bündeln (Tonofilamenten), die ein intrazelluläres stabi- flächlichen Zellen binnen einer Stunde regenerieren.
lisierendes Trabekelwerk aufbauen, in Verbindung. Die Für die Aufrechterhaltung der Durchsichtigkeit der
weiten Interzellularräume zwischen den Basalzellen Hornhaut ist eine präzise Regulierung des Wassergehalts
werden durch feine Interzellularbrücken, in die Tono- notwendig (siehe auch Abb. 128). Dabei spielen Aqua-
filamente einstrahlen, überspannt. porine im Hornhautepithel und Hornhautendothel
Die Bowman’sche Schicht, die im untersten Teil des (Abb. 84) eine wichtige Rolle.
Bildes zu sehen ist, entspricht dem vordersten Teil des
Kornealstromas. Das Hornhautepithel wird laufend
erneuert. Die Basalzellen sind mitotisch sehr aktiv und Literatur
ersetzen die sich abschilfernden Oberflächenzellen. Die
Hornhaut besitzt eine große Wundheilungsfähigkeit. Argüeso P, and Gipson IK (2001) Epithelial mucins of the ocular
surface: Structure, biosynthesis and function. Exp Eye Res 73: 281
Die Zellen verändern ihre Form Hand in Hand
Daniels JT, Dart JKG, Tuft SJ, and Khaw PT (2001) Corneal stem
gehend mit der Differenzierung und Wanderung zur cells in review. Wound Rep Reg 9: 483
Epitheloberfläche. Sie werden zunehmend platter. Die Kinoshita S, Adachi W, Sotozono C, Nishida K, Yokoi N,
oberflächlichen „Pflasterzellen“ sind besonders reich an Quantock AJ, and Okubo K (2001) Characteristics of the human
Zytokeratinfilamenten. Sie schützen die darunter gele- ocular surface epithelium. Progr Ret Eye Res 20: 639
genen Zellen vor Einwirkungen von außen. Ihre apikale Verkman AS (2003) Role of aquaporin water channels in eye
Plasmamembran mit feinen Mikrovilli wird von einem function. Exp Eye Res 76: 137

Vergrößerung: x 4,300
Abbildung 108 219

Oberflächenzellen

Basalzellenschicht
220 Plattenepithelien

DIE EPIDERMIS

Das geschichtete verhornte Plattenepithel der Epidermis akkumuliert, umgewandelt. Melanozyten stammen aus
bildet die äußerste Schicht der Haut und schützt den der Neuralleiste und wandern sekundär in die
Körper gegenüber Einflüssen von außen, mechanischen Epidermis ein. Sie besiedeln die basalen Zelllagen und
Einwirkungen, Strahlen, Chemikalien und Mikroorga- bilden zahlreiche lange Fortsätze. Melanosomentransfer
nismen. Das Epithel erneuert sich laufend und differen- in die Keratinozyten erfolgt durch Endozytose der
ziert sich von den zuinnerst gelegenen germinativen Spitzen der Fortsätze, ein Prozess, der als zytokrine
Schichten, wo sich die Zellen mitotisch teilen, zur Epi- Sekretion bezeichnet wird. Ein Melanozyt versorgt in
dermisoberfläche hin Hand in Hand gehend mit dem der funktionellen Melanineinheit ungefähr 36
Verhornungsprozess und der Ausbildung einer Flüssig- Keratinozyten. In der Abbildung ist ein Melanozyt (M)
keitsbarriere, die vor Austrocknung des Körpers schützt zwischen den Basalzellen zu sehen. In Abbildung 85 sind
und Voraussetzung für das terrestrische Leben ist (siehe zwischen den Keratinozyten zahlreiche Melanozyten-
Abb. 110). Diese Barriere besteht aus 3 Hauptkompo- fortsätze zu erkennen (Sterne).
nenten, den terminal differenzierten Zellen mit ihrer Die dritte Schicht der Epidermis wird auf Grund der
speziellen Umhüllung, einer extrazellulären Lipid- auffälligen Keratohyalingranula, die im Zytoplasma der
schicht und Tight Junctions. Die meisten Epidermis- Keratinozyten vermehrt sichtbar werden, als Körner-
zellen sind Keratinozyten, die entsprechend ihrer schicht (stratum granulosum) bezeichnet. Die Zellen
Funktion in 4 Schichten (strata) organisiert sind. Die werden am Übergang vom Stratum spinosum zum
Epidermis bedeckt das Bindegewebe der Haut, die Der- Stratum granulosum platt. Noch immer sind sie über
mis, die im untersten Abschnitt des Bildes zu sehen ist. zahlreiche Desmosomen verbunden, aber auch Tight
Die polygonalen Zellen der Basalschicht (stratum Junctions, die eine wichtige Komponente der Flüssig-
basale) sitzen der Basallamina auf. Sie enthalten keitsbarriere als Schutz gegen das Austrocknen des
hochkonzentriert Zytokeratin Intermediärfilamente Körpers aufbauen, werden in dieser Schicht gebildet.
von den Keratin Typen 5 und 14, die als dichte Tono- Die Hornschicht (stratum corneum) besteht im tie-
filamente (Abb. 69 und 85) im Zytoplasma der Keratino- feren Teil aus den sich transformierenden Keratinozyten
zyten zu erkennen sind. Sie sind mit den Desmosomen, (siehe auch Abb. 110). In der extrem dicken Epidermis
die die benachbarten Zellen aneinanderheften, und mit an den Handflächen und Fußsohlen erscheint diese
den Hemidesmosomen, die die basalen Zellabschnitte in Schicht als hell leuchtendes Stratum lucidum. Die
der Basalmembran verankern, in Verbindung. Die äußerste Lage der Hornschicht wird von den terminal
Basalmembran (siehe Abb. 85) bildet eine Grenzschicht differenzierten Keratinozyten mit ihrer komplexen
zwischen Epidermis und Dermis. zusammengesetzten Oberflächenumhüllung gebildet
Im der Dornenzellschicht (stratum spinosum) sind (siehe Abb. 110). In ihnen sind Kern und Zellorganellen
die Tonofilamente besonders prominent und strahlen in nicht mehr erkennbar.
die Desmosomen im Bereich der Interzellularbrücken,
die sich über die weiten Interzellularräume spannen Literatur
und sie überbrücken, ein. Im Lichtmikroskop erschei-
nen die Interzellularbrücken als dornenförmige Fort- Doering T, Holleran WM, Potratz A, Vielhaber A, Elias PM,
sätze der Zellen; davon leitet sich die Bezeichnung der Suzuki K, and Sandhoff K. (1999) Sphingolipid activator proteins
Schicht ab. Die Zellen der Basal- und der Dornen- are required for epidermal permeability barrier formation. J Biol
Chem 274: 11038
zellschicht enthalten zahlreiche Melaningranula (siehe
Furuse M, Hata M, Furuse K, Yoshida Y, Haratake A, Sugitani Y,
auch Abb. 85), die als besonders dichte Einschlüsse im Noda T, Kubo A, and Tsukita S (2002) Claudin-based tight junc-
Zytoplasma zu erkennen sind (Pfeile). Melanin wird in tions are crucial for the mammalian epidermal barrier: a lesson
den Melanozyten (M) mit Hilfe des Enzyms Tyrosinase from claudin-1-deficient mice. J Cell Biol 156: 1099
durch Oxidation von Tyrosin zu 3,4-Dihydroxy- Tsuruta D, Green KJ, Getsios S, and Jones JCR (2002) The barrier
phenylalanin gebildet, in Prä-Melanosomen gespeichert function of the skin: how to keep a tight lid on water loss. Trends
und weiter in Melanin, das in den Melanosomen Cell Biol 12: 355

Vergrößerung: x 6,100
Abbildung 109 221

Stratum
corneum

Stratum
granulosum

Stratum
spinosum

Stratum
basale

Dermis
222 Plattenepithelien

DIFFERENZIERUNG DER KERATINOZYTEN UND AUSBILDUNG DER FLÜSSIGKEITSBARRIERE IN


DER EPIDERMIS

Im Verlauf ihres Weges von den basalen Schichten zur Zellhülle der verhornenden Zellen sind Keratin-
Oberfläche durchlaufen die Keratinozyten ein spezifi- Filaggrin-Komplexe, Involukrin und die Plakinproteine
sches Differenzierungsprogramm, das zu charakteristi- Envoplakin und Periplakin. Die Hülle wird durch den
schen Transformationen der Zellen und letztendlich zu Einbau zusätzlicher Strukturproteine verstärkt.
ihrem Tod führt. Die abgestorbenen Zellen bilden, in Während dieser Vorgänge werden die Zellen permeabel,
ihren Sekreten eingebettet und versiegelt, die unlösliche durch Ca2+-Einstrom werden Transglutaminidasen
und flüssigkeitsundurchlässige oberflächliche Horn- aktiviert und es kommt zu einer irreversiblen Ver-
schicht der Epidermis. netzung beteiligter Proteine, sodass an der Innenseite
Abbildung A zeigt Keratinozyten im Stratum spin- der Plasmamembran ein kontinuierlicher gerüstbilden-
osum mit dicken Tonofilamentbündeln, die in die dor- der Überzug (Pfeilköpfe in Abb. C) entsteht. Im
nenförmigen Interzellularbrücken und in die Plaques Zytoplasma der Keratinozyten sind in der Körnerschicht
der Fleckdesmosomen einstrahlen. Die Intermediär- zahlreiche Lamellenkörperchen (Odland bodies; Pfeile
filament Keratine vom Typ 5 und 14 in den basalen in Abb. C) zu sehen. Ihr glykolipidhältiger Inhalt mit
Keratinozyten werden im Verlauf ihrer Differenzierung Azylglukosylceramid wird in den Interzellularraum se-
und Wanderung durch das Stratum spinosum zum zerniert (Sterne) und bindet an Involukrin. Es entsteht
Stratum granulosum durch die Keratine 1 und 10 und damit eine komplexe, zusammengesetzte Zellhülle, die
letztlich durch Keratine vom Typ 2e und 9 ersetzt. Im den barrierebildenden Eigenschaften der Hornschicht
Nebenbild sind 2 Fleckdesmosomen stärker vergrößert der Epidermis zugrunde liegt. In Abbildung C sind
zu sehen. Es sind sowohl die besonders dichten Plaques beide Teile, das lipidhältige, multilamellär erscheinende
und die dichte interzelluläre Vernetzungszone, wo durch Sekret im Interzellularraum und die dichte kompakte
die Verbindung der extrazellulären Domänen der Zelloberfläche gut zu erkennen (Sterne und Pfeilköpfe).
Cadherine die Nachbarzellen aneinander haften (siehe Veränderungsprozesse in der Zellhülle spielen sich
Abb. 79), gut erkennbar. Die den Maculae adhaerantes auch noch dann ab, wenn die Zellen nicht mehr tran-
direkt benachbarten dichten Netzwerke entsprechen skriptorisch aktiv sind. Auch ultrastrukturell sind
den gebündelten Tonofilamenten, die haarnadelförmig Zellveränderungen von den inneren zu den äußeren
in die Desmosomenplaques einstrahlen und dort ver- Lagen in der Hornschicht deutlich zu sehen (Abb. B).
ankert sind. Die oberflächlichsten Zellen werden kontinuierlich
In Abbildung B ist ein Ausschnitt aus der Körner- abgeschilfert. Dabei werden die Desmosomen aus-
schicht (Stratum granulosum) und der Übergangs- geschaltet. In Abbildung B sind in der Hornschicht die
bereich zur Hornschicht (Stratum corneum) dargestellt. veränderten Desmosomen gut erkennbar.
Das Stratum granulosum ist durch die besonders
prominenten Keratohyalingranula (KG) charakterisiert.
Sie enthalten das Protein Filaggrin und sind mit den Literatur
Keratin Tonofilamenten (Pfeilköpfe), die ihrerseits in
den Desmosomen (Pfeile) verankert sind, verbunden. Doering T, Holleran WM, Potratz A, Vielhaber A, Elias PM,
Suzuki K, and Sandhoff K (1999) Sphingolipid activator proteins
Die Keratinozyten der Körnerschicht wandeln sich in
are required for epidermal permeability barrier formation. J Biol
einem stufenweisen Prozess in die abgeflachten ver- Chem 274: 11038
hornten Zellen, die in ihrer Gesamtheit die Hornschicht Furuse M, Hata M, Furuse K, Yoshida Y, Haratake A, Sugitani Y,
aufbauen, um. Hand in Hand gehend werden Kerne und Noda T, Kubo A, and Tsukita S (2002) Claudin-based tight junc-
Zellorganellen abgebaut und es beginnt ein Prozess, der tions are crucial for the mammalian epidermal barrier: a lesson
zu Veränderungen an der Plasmamembran und zur from claudin-1-deficient mice. J Cell Biol 156: 1099
Ausbildung einer speziellen Schicht unterhalb der Segre J (2003) Complex redundancy to build a simple epidermal
Plasmamembran führt. Bestandteile dieser speziellen permeability barrier. Curr Opin Cell Biol 15: 778

Vergrößerung: x 21,00 (A); x 74,000 (Nebenbild); x 60,000 (B);


x 10,000 (C)
Abbildung 110 223

Stratum spinosum

Tonofilament

Stratum corneum
* *

KG
B C
224 Epithelien der Atemwege und Kinoziliendyskinesien

DAS TRACHEOBRONCHIALEPITHEL

Die oberen Abschnitte der Atemwege dienen der Mikrotubuluspaares aus (S in der Zeichnung). Sie sind
Luftleitung, wobei die Atemluft während ihrer Passage in die Umwandlung der Gleitbewegung der Zilien in
erwärmt und befeuchtet wird und von Schmutz- eine Schlagbewegung einbezogen. Die peripheren
partikeln befreit wird. Das auskleidende respiratorische Mikrotubulipaare sind über Nexinfilamente (N in der
Epithel besteht aus vier verschiedenen Zelltypen, von Zeichnung) miteinander verbunden, die auch für die
denen die zwei erstgenannten in Abbildung A gezeigt Aufrechterhaltung der Axonemstruktur während der
sind: (1) den zylindrischen Flimmerzellen, die zahl- Gleitbewegung wichtig sind. Von den A-Mikrotubuli
reiche Kinozilien aufweisen, die dem Transport des gehen Paare von Dyneinarmen aus (O und I in der
Schleims und inhalierter Partikeln dienen; (2) den Zeichnung). Es handelt sich bei ihnen um Mikrotubuli-
Becherzellen (Sterne), die einzellige schleimprodu- assoziierte ATP-asen, die eine wichtige Rolle beim
zierende Drüsen darstellen; (3) den disseminierten Gleiten der Mikrotubuli spielen. Im Gefolge der ATP-
neuroendokrinen Zellen (auch Kultschinsky-Zellen Hydrolyse durch Dynein gleiten die Mikrotubulipaare
genannt) und (4) den Basalzellen, die als Stammzellen aneinander vorbei und bewirken so das Biegen der
für die Regeneration des Epithels verantwortlich sind. Kinozilien. Beides, die Gleitbewegung und das Biegen
Die Kinozilien der Flimmerzellen sind 4–6 µm lange, sind die Grundlage für die Kinozilienbewegung. Sie
bewegliche Ausstülpungen des Zytoplasmas (Abb. A). besteht aus einem schnellen Vorwärtsschlag und einer
Ihre Grundstruktur ist das Axonem (AX in Abb. B), das langsamen peitschenartigen Rückwärtsbewegung. Alle
aus Mikrotubuli besteht und von der Plasmamembran Kinozilien schlagen leicht phasenversetzt in der gleichen
umgeben ist (Abb. B bis D und Zeichnung). Das Axo- Richtung und bewegen die Schleimschicht und in ihr
nem setzt sich aus einem zentralen Paar von Mikro- enthaltene Partikel in Richtung Kehlkopf. Das Fehlen
tubuli (C in der Zeichnung) und neun peripher gelege- der äußeren Dyneinarme geht mit einer verlangsamten
nen Mikrotubulipaaren zusammen, der sogenannten Kinozilienbewegung einher.
9+2 Anordnung. Die peripheren Mikrotubulipaare Die Axonema sind an den Basalkörpern (BK in Abb.
bestehen aus einem kompletten Mikrotubulus, dem B) verankert, die aus neun Mikrotubulitriplets bestehen
A-Mikrotubulus aus 13 Protofilamenten und einem (Abb. E). Die Basalkörper stellen modifizierte Zen-
unvollständigen Mikrotubulus, dem B-Mikrotubulus triolen dar, die als Schablone für die Bildung der
aus 10 Protofilamenten. Im Bereich des freien Endes der äußeren Mikrotubulipaare dienen. Die distalen Enden
Zilien weisen die Axonema neun einzelne periphere der Basalkörper weisen Wurzelfäden auf (R in Abb. B).
Mikrotubuli und ein zentrales Paar auf (Abb. D). Zwischen den Zilien befinden sich kurze verzweigte
Die 9+2 Anordnung der Mikrotubuli wird durch Mikrovilli-artige Plasmamembranausstülpungen (Abb. A,
akzessorische Proteine stabilisiert. Von den A-Mikro- MV in Abb. B).
tubuli gehen radiale Speichen in Richtung des zentralen M: Mitochondrien.

Literatur
Goodenough UW, and Heuser JE (1985) Substructure of inner
dynein arms, radial spokes, and the central pair/projection com-
plex of cilia and flagella. J Cell Biol 100: 2008
Holwill ME, Foster GF, Hamasaki T, and Satir P (1995)
Biophysical aspects and modelling of ciliary motility. Cell Motil
C Cytoskeleton 32: 114
Lindemann CB, and Kanous KS (1997) A model for flagellar
motility. Int Rev Cytol 173: 1
Satir P (1988) Dynein as a microtubule translocator in ciliary
S motility: current studies of arm structure and activity pattern.
Cell Motil Cytoskeleton 10: 263
Sleigh MA, Blake JR, and Liron N (1988) The propulsion of
mucus by cilia. Am Rev Respir Dis 137: 726

I M Vergrößerung: x 6,000 (A); x 25,000 (B); x 60,500 (C); x 68,000 (D);


O A N
B x 94,000 (E)
Abbildung 111 225

Kinozilien

*
*
A

AX

MV

BK

B R C E
226 Epithelien der Atemwege und Kinoziliendyskinesien

DIE PATHOLOGIE DER KINOZILIEN

Chronische Atemwegserkrankungen können durch liärer Dyskinesie und Situs inversus ist schleierhaft.
Funktionsbeeinträchtigungen oder das Fehlen der Möglicherweise besteht eine Funktionsstörung der
Kinozilien verursacht sein. Sie werden als das Syndrom Monozilien während der frühen Embryonalent-
der unbeweglichen Kinozilien oder als ziliäre Dyskinesie wicklung. Monozilien an embryonalen Zellen, ins-
bezeichnet und schließen das Kartagener-Syndrom ein. besondere des Primitivknotens, drehen sich schnell im
Die Folgen sind eine beeinträchtigte Reinigung der Uhrzeigersinn und scheinen für die Ausbildung der
Atemwege mit Schleimstau und Entzündungen. Die Links-Rechts Körperasymmetrie wichtig zu sein. Bei
ziliäre Dyskinesie ist ein heterogenes Krankheitsbild, das einer Funktionsstörung wie Dysmotilität oder Immo-
mit einer Vielzahl ultrastruktureller Abweichungen der tilität besteht eine fünfzigprozentige Wahrscheinlichkeit
Kinozilien vergesellschaftet ist. Jedoch ist es nicht immer für die Ausbildung eines Situs inversus.
möglich, eine Beziehung zwischen Funktionsstörung Das Syndrom immotiler Kinozilien stellt eine auto-
und abnormer Feinstruktur herzustellen, da strukturell somal rezessive erbliche Belastung dar. Da viele axone-
völlig normal erscheinende immotile oder dysmotile male Proteine betroffen sind, sind unterschiedliche
Kinozilien vorkommen können. Gene mutiert. Das Fehlen der äußeren Dyneinarme ist
Abbildung A zeigt die Extremsituation eines fast durch Mutationen im Gen für die Intermediärketten des
vollständigen Fehlens der Kinozilien. Der Pfeil in Abbil- Dyneins auf Chromosom 9p13-p21 verursacht.
dung B weist auf eine einzelne Kinozilie. Stattdessen
finden sich vermehrt Mikrovilli-artige Fortsätze (MV in
Abb. A und B) und gelegentlich unregelmäßig angeord-
Literatur
nete Basalkörper-ähnliche Strukturen (Pfeilköpfe in
Abb. A). Häufiger zu beobachtende Kinoziliendefekte Afzelius B, Mossberg B, and Bergström S (2001) Immotile cilia
bestehen in: (a) Verlust oder Verminderung der Zahl der syndrome (primary ciliary dyskinesia), including Kartagener syn-
inneren und äußeren Dyneinarme, (b) Fehlen entweder drome. In: The metabolic and molecular bases of inherited dis-
der äußeren oder der inneren Dyneinarme, (c) Ver- ease (Scriver C, Beaudet A, Valle D, and Sly WS, eds). New York:
McGraw-Hill, pp 4817
kürzung der äußeren Dyneinarme und Fehlen der inne-
Hamada H, Meno C, Watanabe D, and Saijoh Y (2002)
ren (Abb. C), (d) Speichendefekte wie völliges Fehlen Establishment of vertebrate left-right asymmetry. Nat Rev Genet
oder vereinzelt fehlende Speichenköpfe, (e) Abnormali- 3: 103
täten der äußeren Mikrotubulipaare wie Verlust eines Jorissen M, and Cassiman J (1991) Relevance of the ciliary ultra-
Mikrotubulus (Abb. D), (f) fehlendes zentrales Mikro- structure in primary and secondary ciliary dyskinesia: a review.
tubuluspaar und damit verbundene Transposition eines Am J Rhinol 5: 91
peripheren Mikrotubuluspaars (oberes Axonem in Pennarun G, Escudier E, Chapelin C, Bridoux AM, Cacheux V,
Abb. E), (g) überzählige zentrale Mikrotubulipaare Roger G, Clement A, Goossens M, Amselem S, and Duriez B
(oberes Axonem in Abb. F), (h) oder Fehlen des zentra- (1999) Loss-of-function mutations in a human gene related to
len Mikrotubuluspaars (oberes Axonem in Abb. G). Chlamydomonas reinhardtii dynein IC78 result in primary ciliary
Üblicherweise besteht eine gute Korrelation zwischen dyskinesia. Am J Hum Genet 65: 1508
Praetorius H, and Spring K (2005). A physiological view of the
Kinozilien- und Spermienmotilität, so dass die gleichen
primary cilium. Annu Rev Physiol 67: 515
ultrastrukturellen Veränderungen in beiden Zelltypen Schneeberger EE, McCormack J, Issenberg HJ, Schuster SR, and
beim selben Patienten beobachtet werden können. Gerald PS (1980) Heterogeneity of ciliary morphology in the
Das Kartagener-Syndrom ist ein ist durch Dynein- immotile-cilia syndrome in man. J Ultrastruct Res 73: 34
mangel verursachter Subtyp der ziliären Dyskinesie. Supp DM, Potter SS, and Brueckner M (2000) Molecular motors:
Klinisch besteht ein Situs inversus, Bronchiektasen und the driving force behind mammalian left-right development.
chronische Sinusitis. Der Zusammenhang zwischen zi- Trends Cell Biol 10: 41

Vergrößerung: x 13,000 (A, B); x 121,000 (C); x 125,000 (D);


x 110,000 (E); x 101,000 (F); x 67,000 (G)
Abbildung 112 227

MV

A C

MV

B D

E F G
228 Epithelien der Atemwege und Kinoziliendyskinesien

DIE ALVEOLEN : GASAUSTAUSCH UND ABWEHRSYSTEM

Die Alveolen sind die Endabschnitte der Atemwege und Die Surfactant Proteine A und D haben primär
dienen primär dem Gasaustausch. In der menschlichen Abwehrfunktionen, wobei das erstere zusätzlich für den
Lunge bilden sie eine etwa 75 m2 große Oberfläche für Stoffwechsel der Surfactant Phospholipide wichtig ist.
den Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid zwi- Beide gehören der Familie der Collectine an, die an
schen der Atemluft und dem Blut, der über passive ihrem C-Terminus eine C-Typ Lektindomäne besitzen,
Diffusion geschieht. Der in den Gasaustausch einbezo- die mit Glykanen von Bakterien (beispielsweise Gruppe
gene Teil des Alveolarseptums ist in Abbildungen A B Streptokokken, Pseudomonas aeruginosa), Viren
und B gezeigt und besteht aus (1) einer dünnwandigen (bspw. Respiratory Syncitial Virus, Haemophilus
kontinuierlichen Kapillare, (2) einer von Endothelien influenzae), Pilzen und Mykobakterien reagieren. Die
und Typ I Alveolarepithelien (Pneumozyten) synthe- durch die Surfactant Proteine opsonisierten Pathogene
tisierten doppelten Basalmembran (BM in Abb. B), (3) werden dann von Lungenmakrophagen und Monozyten
den dünnen Zytoplasmaausläufern der Typ I Alveolar- phagozytiert. Zum anderen haben die Surfactant
epithelien, und (4) den Erythrozyten. Die flach ausgezo- Proteine A und D eine direkte antimikrobielle Wirkung
genen Typ I Alveolarepithelien stellen etwa 40% der auf Gram-negative Bakterien, indem sie deren Wachs-
Alveolarzellpopulation dar und überziehen annähernd tum hemmen.
90% der Alveolaroberfläche. Die in den Alveolarnischen Die Typ II Alveolarepithelien sind die Stammzellen
gelegenen kuboidalen Typ II Alveolarepithelien bede- des Alveolarepithels und somit die Vorläufer der Typ I
cken nur 10% der Alveolaroberfläche (Abb. C). Sie sind Alveolarepithelien und für die Reparation nach
indirekt in den Gasaustausch einbezogen, da sie den Lungenschädigung zuständig.
Surfactant produzieren, der aus Phospholipiden, M: Mitochondrium.
Cholesterin und Eiweißen besteht. Die Surfactant
Phospholipide, insbesondere das Dipalmitoylphosphat-
idylcholin, reduzieren die Oberflächenspannung in den
Alveolen und verhindern ihren Kollaps. Der Surfactant Literatur
ist in speziellen Sekretgranula, den Lamellenkörperchen
(LK in Abb. C und D), gespeichert und wird in das Crouch E, and Wright JR (2001) Surfactant proteins A and D and
Alveolarlumen sezerniert, wie in Abbildung D zu sehen. pulmonary host defense. Annu Rev Physiol 63: 521
Der Inhalt der Lamellenkörperchen besteht aus Dietl P, and Haller T (2005) Exocytosis of lung surfactant: from
the secretory vesicle to the air-liquid interface. Annu Rev Physiol
konzentrischen und parallelen Anordnungen von
67: 595
Phospholipiden. Die sezernierten Phospholipide des Fehrenbach H (2001) Alveolar epithelial type II cell: defender of
Surfactant bilden einen Monolayer (Pfeile in Abb. D) an the alveolus revisited. Respir Res 2: 33
der Luft-Flüssigkeitsgrenze. Zwischen ihm und den Hawgood S, and Poulain FR (2001) The pulmonary collectins
Alveolarzellen befindet sich die wässrige Hypophase, die and surfactant metabolism. Annu Rev Physiol 63: 495
tubuläres Myelin (Stern) als Speicherform der Mason RJ, and Crystal RG. (1998) Pulmonary cell biology. Am J
Surfactant Phospholipide und Surfactant Proteine Respir Crit Care Med 157: S72
enthält. Sowohl die Typ I als auch die Typ II Nogee L, Garnier G, Dietz H, Singer L, Murphy A (1994) A muta-
Alveolarepithelien sind in den Ionen- und Wasser- tion in the surfactant protein B gene responsible for fatal neona-
transport einbezogen und somit wichtig für die tal respiratory in multiple kindreds. J Clin Invest 93: 1860
Homöostase der Hypophase. Weaver T, and Conkright J (2001) Functions of surfactant pro-
teins B and C. Annu Rev Physiol 65: 555
Die Surfactant Proteine B und C sind nicht nur für den
Williams M (2003) Alveolar type I cells: molecular phenotype
Aufbau der Lamellenkörperchen und des tubulären Mye- and development. Annu Rev Physiol 65: 669
lins wichtig, sondern auch für die Bildung eines stabilen Wu H, Kuzmenko A, Wan S, Schaffer L, Weiss A, Fisher J, Kim K,
Surfactant Monolayers. Angeborener Mangel an Surfactant and McCormack F (2003) Surfactant proteins A and D inhibit the
Protein B führt zu schwerem, tödlich verlaufendem growth of Gram-negative bacteria by increasing membrane per-
Respiratory-Distress-Syndrom des Neugeborenen. meability. J Clin Invest 111: 1589

Vergrößerung: x 2,200 (A); x 48,000 (B); x 10,200 (C); x 36,000 (D)


Abbildung 113 229

Alveole

Typ I Pneumozyt
Kapillare
Erythrozyt

Typ II
Pneumozyt
Typ I
Erythrozyt Typ I Pneumozyt Alveole
Aveolus

A BM
Endothel
B Erythrozyt

LK
MLB
M
Alveole
Aveolus

Hypophase

LK
MLB

Typ II Pneumozyt
*

LK

Endothel LK
MLB

C D
230 Das Urothel

DIE DECKZELLEN – OBERFLÄCHENDIFFERENZIERUNGEN

Alle Abschnitte der harnableitenden Wege, Nieren- (siehe Zeichnung zu Abb. 115). Zur Uroplakinfamilie
becken, Ureteren, Harnblase und proximale Abschnitte gehören mindestens 5 Proteine, die 4fach die Membran
der Harnröhre, sind von einem ausschließlich hier vor- durchspannenden UPIa und UPIb Proteine und die Typ I
kommenden Epithel, dem Übergangsepithel oder Proteine UPII, UPIIIa und UPIIIb.
Urothel, überzogen. Das Urothel ist ein spezielles Morphologisch sind die Plaqueareale durch eine
geschichtetes Epithel, in dem die Basalzellen und die deutliche Asymmetrie (AUM – asymmetric unit mem-
benachbarten Intermediärzellen von großen, sehr volu- brane) gekennzeichnet, wie das im Nebenbild zu
minösen oberflächlichen Deckzellen wie von einem Abbildung A zu sehen ist. Durch die besondere Form
Schirm überspannt und bedeckt werden. Davon leitet und Lokalisation der Uroplakin Partikel innerhalb der
sich auch die in der englischen Literatur übliche Membran (siehe Zeichnung zu Abb. 115), erscheint das
Bezeichnung „Umbrella Cells“ ab. Die Deckzellen sind äußere Blatt der Plasmamembran etwa doppelt so dick,
lumenbildend und für die spezifischen Urotheleigen- wie das innere Blatt. Die Plaques bilden einen wesent-
schaften mit dem Aufbau einer wasserundurchlässigen lichen Teil des Urothel Barrieresystems. Auch ist die
Barriere, die die Passage von Ionen und Metaboliten runzelige Oberflächenarchitektur Ausdruck der Zell-
verhindert, verantwortlich. In der Harnblase passt sich dynamik, die im Rahmen der zyklischen Veränderungen
das Urothel den zyklischen Veränderungen des Lumens durch Füllen und Entleeren der harnableitenden
und den Änderungen der Druckverhältnisse bei Füllung Organe, notwendig ist. Die oberflächlichen schüssel-
und Entleerung an. Die spezifischen Funktionen der förmigen Einkerbungen sind in ihren Abmessungen mit
Deckzellen spiegeln sich in den charakteristischen den fusiformen Membranvesikeln im Zytoplasma der
apikalen Membranspezialisierungen, die auch im Deckzellen (siehe Abb. 115) vergleichbar. Durch
Elektronenmikroskop sichtbar sind. Vesikelfusion mit der luminalen Plasmamembran kann
Die Übersichtsaufnahme in Abbildung A zeigt ein die Oberfläche der Deckzellen bei der Anpassung an
Segment aus dem Mäuseurothel mit den wenig differen- eine vermehrte Füllung vergrößert werden. Im Zentrum
zierten basalen Zellen im unteren Bildbereich, benach- von Abbildung C stoßen drei Zellen aneinander. Die
barten Intermediärzellen im Zentrum und einer Zellgrenzen sind als feine Linien deutlich erkennbar.
Deckzelle im oberen Bildteil. Die im Transmissions- Hier sind die Zellen durch Haftkomplexe verbunden.
elektronenmikroskop sichtbare runzelige apikale
Oberfläche (Abb. A) ist in den Abbildungen B und C in Literatur
einer rastermikroskopischen Aufnahme zu sehen. Die Apodaca G (2004) The uroepithelium: Not just a passive barrier.
Pfeile innerhalb des Rechtecks in Abbildung B weisen Traffic 5: 117
auf die Zellgrenzen zwischen den benachbarten Zellen. Hu P, Meyers S, Liang FX, Deng FM, Kachar B, Zeidel M, and Sun
Das runzelige, faltige Aussehen der apikalen Zell- TT (2002) Role of membrane proteins in permeability barrier
oberfläche, auf das in Abbildung B durch Pfeilköpfe function: uroplakin ablation elevates urothelial permeability. Am
innerhalb des Kreises hingewiesen wird, kommt durch J Physiol 283: F1200
höhlen- oder schüsselförmige Einkerbungen der Ober- Jezernik K, and Pipan N (1993) Blood-urine barrier formation in
fläche zustande (Abb. C). Eine noch stärkere Ver- mouse urinary bladder development. Anat Rec 235: 533
größerung zeigt das Nebenbild in Abbindung C. Die Min G, Zhou G, Schapira M, Sun T-T, and Kong X-P (2003)
Kämme und Mikrofalten, die die Einkerbungen begren- Structural basis of urothelial permeability barrier function as
revealed by cryo-EM studies of the 16 nm uroplakin particle.
zen, entsprechen den Scharnierregionen, wo die Wand
J Cell Sci 116: 4987
der Einkerbungen beweglich ist und gefaltet werden Truschel ST, Ruiz WG, Shulman T, Pilewski J, Sun TT, Zeidel ML,
kann. Die anderen Teile der Wand sind nicht faltbar, da and Apodaca G (1999) Primary uroepithelial cultures: a model
sie fast vollständig mit Plaques besetzt sind. Die Plaques system to analyse umbrella cell barrier function. J Biol Chem 274:
bestehen aus zweidimensional organisierten Kristall- 15020
strukturen, die sich aus dicht gepackten hexagonalen Veranic P, Romih R, and Jezernik K (2004) What determines
16 nm Uroplakin (UP) Partikeln zusammensetzen differentiation of urothelial umbrella cells? Eur J Cell Biol 83: 27

Vergrößerung: x 3,500 (A); x 193,000 (Nebenbild); x 3,700 (B);


x 5,200 (C); x 10,000 (Nebenbild)
Abbildung 114 231

Deckzelle

B C
232 Das Urothel

DIE FUSIFORMEN VESIKEL IN DEN DECKZELLEN

Uroplakin Plaques (siehe Abb. 114) sind nicht auf die Apikale Plasmamembran

apikale Plasmamembran der Deckzellen beschränkt,


sondern sind auch Bestandteil der Membranen der *
Fusiforme Vesikel
fusiformen Vesikel, die im apikalen Zytoplasma der
Deckzellen sehr zahlreich sind (Abb. A) und die mit den
Anpassungsprozessen der Deckzelloberfläche beim Ly
Füllen und Entleeren der Harnblase in Zusammenhang
?
gebracht werden. Fusiforme Vesikel liegen als einzelne
Golgi
Vesikel oder in Gruppen gestapelt und in enger
Verbindung mit dem Zytoskelett und einem speziellen AUM-Partikel

Netzwerk aus Zytokeratin Filamenten im apikalen E


Zytoplasma, oft in unmittelbarer Nähe zur apikalen
P
Plasmamembran. Die Abbildungen A und B zeigen
fusiforme Vesikel in Urotheldeckzellen der Maus in
einem Dünnschnitt (Abb. A) und einem Gefrierbruch- Dicke Linien weisen auf die Lokalisation der
abdruck (Abb. B). Unter starker Vergrößerung ist die Plaqueregionen in der apikalen Plasmamembran und in
durch die Uroplakin Partikel hervorgerufene Asymme- den fusiformen Vesikeln. Dem Modell entsprechende
trie der Vesikelmembran deutlich erkennbar. Sie Membranabschnitte sind mit Rechtecken und einem
entspricht dem Bild der asymmetrischen Membran in zusätzlichen Stern (im Fall der Plasmamembran)
den Plaques der apikalen Plasmamembran (Abb. 114A, markiert. E – nach außen gerichtete Seite der Membran;
Nebenbild). Für die Darstellung der Partikel in den P – zum Zytoplasma gerichtete Seite der Membran; Ly –
Uroplakin Plaqueregionen der Deckzellmembranen Lysosom.
eignen sich besonders gut Gefrierbruchpräparationen. Die AUM-Partikel und Plaques sind nicht starr. Es
Abbildung B zeigt das an Hand eines Gefrierbruch- besteht die Vorstellung, dass über Interaktion ihrer
abdrucks aus dem apikalen Deckzellzytoplasma. Die Kopfregionen Formveränderungen und Dynamik
Membranen fusiformer Vesikel sind mit zahlreichen ermöglicht werden.
Partikeln in dicht gepackter Aufstellung besetzt
(Pfeilköpfe).
Fusiforme Vesikel scheinen im Golgi Apparat
gebildet zu werden. Sie werden zur apikalen Plasma-
membran der Deckzellen transportiert und im Rahmen
der Anpassung des Urothels an den luminalen Füllungs-
Literatur
zustand in die Membran eingebaut. Zunehmende
Füllung der Blase stimuliert die Fusion der Vesikel mit Kachar B, Liang F, Lins U, Ding M, Wu X-R, Stoffler D, Aebi U,
der Plasmamembran, wodurch sich die luminale and Sun T-T (1999) Three-dimensional analysis of the 16 nm
Oberfläche der Deckzellen vergrößert. Die Exozytose urothelial plaque particle: Luminal surface exposure, preferential
der fusiformen Vesikel scheint mit Endozytose gekop- head-to head interaction, and hinge formation. J Mol Biol 285:
595
pelt zu sein und der Reservepool nach Entleerung der
Min G, Zhou G, Schapira M, Sun T-T, and Kong X-P (2003)
Blase sowohl durch Endozytose, als auch Vesikelneu- Structural basis of urothelial permeability barrier function as
bildung wieder aufgebaut zu werden. revealed by cryo-EM studies of the 16 nm uroplakin particle.
In der Zeichnung werden die Charakteristika der J Cell Sci 116: 4087
Deckzellen zusammengefasst und Vorstellungen über Veranic P, and Jezernik K (2002) Trajectorial organization of
den Aufbau der asymmetrischen Membran mit den cytokeratins within the subapical region of umbrella cells. Cell
AUM-Uroplakin Partikeln in einem Modell präsentiert. Motil Cytoskeleton 53: 317

Vergrößerung: x 40,500 (A); x 80,000 (B); x 194,000 (Nebenbild)


Abbildung 115 233

Fusiforme Vesikel

Fusiforme Vesikel

B
234 Die Endothelien

KONTINUIERLICHES ENDOTHEL , PERIZYT

Ein einfaches, plattes Epithel, als Endothel bezeichnet, Endothelzellen produzieren zahlreiche bioaktive
bildet die luminale Auskleidung der Blut- und Substanzen, Hormone, Adhäsionsmoleküle und
Lymphgefäße. Das Endothel hat zahlreiche Aufgaben, Gerinnungsfaktoren, die in den Zellen gespeichert und
die sich zum Teil auch im ultrastrukturellen Bild im Fall von Endothelschädigungen prompt an die
spiegeln. Auch bestehen Unterschiede in den verschiede- Oberfläche abgegeben werden können. Dadurch kön-
nen Abschnitten des makro- und mikrovaskulären nen Endothelzellen die Mikroumgebung von beein-
Systems. In Kapillaren existieren spezielle transendothe- trächtigten Regionen rasch verändern und pathologi-
liale Transportmechanismen. Bezogen auf die Organisa- sche Abläufe im Gerinnungssystem oder entzündliche
tion des Endothels können kontinuierliche Kapillaren Prozesse kontrollieren. Das Nebenbild in Abbildung B
(Abb. A und B), diskontinuierliche und fenestrierte zeigt Weibel-Palade-Körperchen. Es handelt sich um
Kapillaren (Abb. 97 und 117) differenziert werden. endothelspezifische Speicherorganellen für den multi-
Abbildung A zeigt eine kontinuierliche Kapillare mit meren von Willebrand-Faktor, dem eine Schlüsselrolle
dem Endothel (E) und einem das Endothel um- bei der Thrombozytenadhäsion und Aggregation am
fassenden Perizyten. Details des Endothels sind in Ort von Gefäßschädigungen zukommt. Auch ist der von
Abbildung B zu sehen. An den Überlappungsregionen Willebrand-Faktor Trägerprotein für den Blutge-
der benachbarten Endothelzellen sind die Zellen in rinnungsfaktor VIII. Sowohl im Querschnitt (a) als
Kontakt (Pfeile in Abb. B) und über Haftkomplexe ver- auch im Längsschnitt (b) sind die charakteristischen
bunden. Tight junctions bilden eine Barriere, die den tubulären Innenstrukturen gut erkennbar. Die Weibel-
interzellulären Verkehr beschränkt. In kontinuierlichen Palade Körperchen beinhalten auch eine Reihe anderer
Kapillaren erfolgt der transendotheliale Transport Proteine, Endothelin, Interleukin-8 und P-Selektin, die
hauptsächlich intrazellulär über Vesikel, die in beiden ebenfalls reguliert exportiert werden und bei
Richtungen transportieren. In den Endothelzellen, die Gefäßschädigungen lokale und systemische vasoaktive
in den Abbildungen A und B gezeigt werden, sind Reaktionen und Entzündungsprozesse modulieren.
Vesikelknospen nahe der Zelloberfläche und zahlreiche
kleine Transportvesikel im Zytoplasma zu sehen. Der
endotheliale Verkehr wird zum Teil über transzellulären Literatur
Transport von Albumin und anderen Makromolekülen Baumgartner W, Hinterdorfer P, Schindler H, and Drenckhahn D
über Caveolae (siehe Abb. 46) reguliert. In mikro- (2000) The cadherin mediated cell-cell adhesion of vascular
vaskulären Endothelzellen wurden Interaktionen zwi- endothelium cells. Biophys J 78: 2630
schen einem 60-kDa albuminbindendem Plasma- Dejana E (2004) Endothelial cell-cell junctions: happy together.
membranprotein und Caveolin-1 mit Signalwirkung für Nature Rev Mol Cell Biol 5: 261
die Aktivierung von Vesikelbildung und transendothe- Minshall RD, Tiruppathi C, Vogel SM, and Malik AB (2002)
lialen Vesikeltransport identifiziert. Andere Proteine, Vesicle formation and trafficking in endothelial cells and regula-
zum Beispiel Transferrin, werden über einen Clathrin- tion of endothelial barrier function. Histochem Cell Biol 117: 105
vermittelten Mechanismus transportiert (siehe Abb. Predescu SA, Predescu DN, Timblin BK, Stan RV, and Malik AB
41). Die Endothelzellen bilden prominente basale (2003) Intersectin regulates fission and internalisation of caveolae
in endothelial cells. Mol Biol Cell 14: 4997
Fortsätze, die streckenweise die Kapillaren begleiten und
Schnittler HJ, Puschel B, and Drenckhahn D (1997) Role of
eine zweite Lage zwischen Basallamina und Perizyten cadherins and plakoglobin in interendothelial adhesion under
bilden (Abb. A). Das Endothel wird von einer kon- resting conditions and shear stress. Am J Physiol 273: H2396
tinuierlichen Basallamina umscheidet (Pfeilköpfe in Van Mourik JA, de Wit TR, and Voorberg J (2002) Biogenesis and
Abb. A und B) und auch der Perizyt ist von einer kon- exocytosis of Weibel-Palade bodies. Histochem Cell Biol 117: 113
tinuierliche Lamina basalis (Pfeilköpfe in Abb. A) Weibel ER, and Palade GE (1964) New cytoplasmic components
umgeben. in arterial endothelia. J Cell Biol 23: 101

Vergrößerung: x 16,000 (A); x 29,500 (B); x 65,000 (Nebenbild a);


x 90,000 (Nebenbild b)
Abbildung 116 235

Perizyt

Weibel-Palade-Körperchen

a b

B
236 Die Endothelien

FENESTRIERTES ENDOTHEL

In fenestrierten Endothelien werden extrem dünne fenestrierte und nicht-fenestrierte Endotheldomänen


Endothelzellausläufer von zahlreichen speziell aufge- gleichermaßen. Aus den Abbildungen B und C ist
bauten Poren durchsetzt. Kapillaren mit solch fenes- ersichtlich, dass extrem flache, fenestrierte Endothelzell-
trierten Endothelien sind typisch für die endokrinen domänen (Pfeilköpfe) Seite an Seite zu anderen
Organe und bilden die dichten Kapillaretze in der Endothelabschnitten lokalisiert sind. Das Endothel ist
Lamina propria der Schleimhaut des Intestinaltrakts, in zwischen den fenestrierten Abschnitten höher.
der Bauchspeicheldrüse, in den Plexus choroidei und Caveolae, Transzytosevesikel und feine, fast das gesamte
den Ziliarfortsätzen des Auges. Im Gegensatz zu den Endothel durchsetzende, Transportkanälchen (siehe
offenen Poren im Sinusendothel der Leber (Abb. 97–99) auch Abb. 47A) bestimmen hier das ultrastrukturelle
sind die Poren (fenestrae) in den fenestrierten Bild.
Endothelien nicht frei passierbar, sondern von einem Abbildung C zeigt zwischen dem sekretorischen
Diaphragma aus radiär ausgerichteten Fibrillen überzo- Pankreasepithel links und dem fenestrierten Endothel
gen. Sie sind sehr homogen in ihrem Durchmesser rechts eine marklose Nervenfaser des vegetativen
(70–80nm) und entsprechen speziellen Transport- Nervensystems. Im Axon (A), das im zentralen Teil des
regionen innerhalb der Endothelzellen. Basal sind die Bildes zu sehen ist, liegen dicht gepackt zahlreiche
Porenregionen von einer durchgehenden Basallamina synaptische Vesikel.
überzogen. Auch dadurch unterscheiden sie sich von
den Sinusendothelien in der Leber und auch von den
diskontinuierlichen Kapillaren in der Milz und im
Knochenmark, die alle nur rudimentäre Basallamina- Literatur
segmente besitzen. Minshall RD, Tiruppathi C, Vogel SM, and Malik AB (2002)
Die Aufnahme einer fenestrierten Kapillare aus einer Vesicle formation and trafficking in endothelial cells and regula-
Rattenbauchspeicheldrüse in Abbildung A zeigt, dass tion of endothelial barrier function. Histochem Cell Biol 117: 105
das Endothel auch in diesem Kapillartyp kontinuierlich Oh P, McIntosh DP, and Schnitzer JE (1998) Dynamin at the neck
ist, sich die Endothelzellen überlappen und durch of caveolae mediates their budding to form transport vesicles by
Haftkomplexe verbunden sind. In den Endothelzellen GTP-driven fission from the plasma membrane of endothelium.
J Cell Biol 141: 101
existieren unterschiedliche Domänen. Der Abschnitt
Simionescu M, and Simionescu N (1991) Endothelial transport
links im Bild mit den zahlreichen Caveolae und of macromolecules: Transcytosis and Endocytosis. Cell Biol Rev
Transzytosevesikeln ist vergleichbar mit dem Bild der 25: 1
kontinuierlichen Kapillare in Abbildung 116, während Vogel SM, Easington CR, Minshall RD, Niles WD, Tiruppathi C,
im rechten unteren Abschnitt das Endothel extrem flach Hollenberg SM, Parrillo JE, and Malik AB (2001) Evidence
und durch mehrere fenestrae durchsetzt ist (Pfeilköpfe). of transcellular permeability pathway in microvessels. Microvasc
Die Basallamina ist nicht unterbrochen und überzieht Res 61: 87

Vergrößerung: x 28,400 (A); x 55,600 (B); x 35,000 (C)


Abbildung 117 237

B C
238 Die Endothelien

ENDOTHELZELLKONTAKTE MIT PERIZYTEN UND GLATTEN MUSKELZELLEN

Die Abbildungen zeigen Ausschnitte aus der Wand einer elastica interna. Mit ihren feinen, fingerförmigen
Kapillare (Abb. A) und einer Arterie (Abb. B) mit beson- Endformationen stecken sie in der Basallamina, die jede
derem Hinblick auf die Endothelzellen und ihre der zuinnerst liegenden glatten Muskelzellen umgibt
Interaktionen mit der Umgebung. In den dargestellten und mit der Basallamina des Endothels in Verbindung
Endothelzellen sind die Strukturen des biosynthetischen steht. Der subendotheliale Raum wird fast komplett von
Systems mit zahlreichen freien und gebundenen Ribo- der Membrana elastica interna eingenommen, die in
somen, Membranen des endoplasmatischen Retikulums Arterien eine distinkte elastische Schicht zwischen
und ausgeprägten Golgi Apparaten besonders promi- Endothel und glatter Muskulatur bildet. Die Vorstufen
nent und weisen darauf hin, dass die Endothelien nicht der elastischen Fasern werden hier nicht von Fibro-
eine simple Auskleidung der Gefäße bilden, sondern blasten produziert (siehe Abb. 125 und 126), sondern
hochaktive Zellen sind und wichtige sekretorische sind ein Produkt der glatten Muskelzellen der
Leistungen erfüllen. Nicht nur sind Produkte der Gefäßwand. Die Pfeilköpfe in Abbildung B markieren
Endothelzellen bei der Auslösung der Blutgerinnung bei eine Area densa in der zuinnerst lokalisierten glatten
Gefäßwandschädigungen besonders wichtig (Weibel- Muskelzelle, eine der Anheftungsregionen für die Aktin-
Palade Körper siehe Abb. 116), sie sind ebenso beteiligt filamente, die hier wie ein Sporn von der Zellperipherie
an Prozessen zur Verhinderung intravaskulärer in das Zellinnere ausgerichtet ist.
Koagulation und Thrombosebildung. Durch die Endothelzell-Matrixinteraktionen und Kontakte mit
Produktion von Substanzen mit muskelrelaxierender benachbarten Zellen der Gefäßwand sind für den
und kontrahierender Wirkung beeinflussen Endothel- Aufbau und die Organisation der Gefäßwände not-
zellen die Aktivität der glatten Muskulatur in der Gefäß- wendig. Ebenso spielen sie eine wichtige Rolle bei der
wand. Auch spielen die Endothelzellen eine wichtige Neubildung von Gefäßschläuchen während der
Rolle bei der transendothelialen Wanderung von Zellen embryonalen Vaskulogenese und während der Angio-
des Abwehrsystems und kontrollieren Gefäßwachstums- genese, ausgehend von bereits existierenden Gefäßen im
vorgänge. Das Endothel reorientiert und reorganisiert Rahmen von physiologischen und pathologischen
sich unter der Einwirkung von Scherkräften. Prozessen, wie Wundheilung, chronischer Entzündung,
Die unruhige apikale Oberfläche der Endothelzellen Ausbildung von Kollateralkreisläufen und Gefäß-
spiegelt die ausgeprägte Dynamik durch Exozytose und neubildung in Tumoren.
Endozytosevorgänge. Auch die basale Oberfläche der
Endothelzellen ist vielgestaltig. Das ultrastrukturelle
Bild reflektiert die Interaktionen der Endothelzellen mit Literatur
anderen Abschnitten der Gefäßwand. Endothelzellen Brooke BS, Karnik SK, and Li DY (2003) Extracellular matrix in
bilden Fortsätze, mit denen sie entweder die Basalla- vascular morphogenesis and disease: structure versus signal.
mina penetrieren und mit der Matrix und benachbarten Trends Cell Biol 13: 51
Zellen Kontakt aufnehmen (Abb. A) oder innerhalb der Drenckhahn D, and Ness W (1997) The endothelial contractile
Basallamina Strukturen für die Interaktion mit der cytoskeleton. In Vascular endothelium. Physiology, pathology and
Umgebung (Abb. B) ausbilden. Ein Beispiel aus dem therapeutic opportunities (Born, GVR, and Schwarz, CJ, eds).
Kapillarendothel mit einem basalen Fortsatz (Pfeile), Stuttgart: Schattauer, pp 127
der durch die Lamina basalis hindurchtretend über Nelson WJ (2003) Tube morphogenesis: closure, but many open-
einen pfotenförmigen Endbereich mit dem benach- ings remain. Trends Cell Biol 13: 615
barten Perizyten in Kontakt tritt, zeigt Abbildung A. Rong JX, Shapiro M, Trogan E, and Fisher EA (2003)
Transdifferentiation of mouse aortic smooth muscle cells to a
Breite, leistenförmige Zytoplasmafortsätze bilden stel-
macrophage-like state after cholesterol loading. Proc Natl Acad
lenweise parallel zur basalen Endothelzelloberfläche Sci USA 100: 13531
eine zusätzliche dünne zelluläre Schicht, wie das in Tsilibary EC (2003) Microvascular basement membranes in dia-
Abbildung 116A zu sehen ist. betes mellitus. J Pathol 200: 537
Abbildung B zeigt ein Beispiel aus einer Arterien- Woijciak-Stothard B, and Ridley AJ (2003) Shear stress-induced
wand. Lange, von Basallamina überzogene, Endothel- endothelial cell polarization is mediated by Rho and Rac but not
zellfortsätze (Pfeile) penetrieren die breite Membrana Cdc42 or PI 3-kinases. J Cell Biol 161: 429

Vergrößerung: x 31,200 (A), x 18,700 (B)


Abbildung 118 239

Endothelzelle

A Perizyt

Endothelzelle

glatte
Muskelzelle

Membrana
elastica
interna

B
240 Das Glomerulum und krankhafte Veränderungen

DAS GLOMERULUM : EIN HOCHSPEZIALISIERTER FILTERAPPARAT

Die Glomeruli der Nieren sind exquisite und komplex molekülen entsprechend ihrer Masse und Gestalt
gebaute Filter. Sie bestehen aus einem Konvolut von geschieht in der GBM und auf der Ebene der
Kapillaren, denen die Podozyten aufsitzen und den Filtrationsdiaphragmen. Das Nephrin der Filtrations-
mesangialen Zellen (Abb. A). Zwischen den Endothel- diaphragmen spielt hierbei eine entscheidende Rolle.
zellen und den Podozyten liegt die glomeruläre Basal- Die endozytotisch aktiven Podozyten und mesan-
membran (GBM; siehe auch Abb. 83A). Die gefensterten gialen Zellen üben eine Reinigungsfunktion für den
Endothelzellen (Pfeilköpfe in Abb. B) unterscheiden glomerulären Filter aus, indem sie Eiweiße von den
sich von anderen fenestrierten Endothelien (siehe Abb. Filtrationsdiaphragmen und aus dem subendothelialen
117) durch größere Poren und fehlende Poren- Raum entfernen.
diaphragmen. Die spezielle Gestalt der in den Harnspalt
(Sterne in Abb. A und B) ragenden Podozyten kann am
besten mit der Rasterelektronenmikroskopie dargestellt Literatur
werden (Abb. C). Vom Körper der Podozyten gehen
Kerjaschki D, Sharky DJ, and Farquhar MG (1984) Identification
lange, sich verzweigende Fortsätze aus, die Primär-
and characterization of podocalyxin – the major sialoprotein of
fortsätze, welche die Kapillaren umschlingen. Von ihnen the renal glomerular epithelial cell. J Cell Biol 98: 1591
werden die Sekundärfortsätze gebildet, die sogenannten Kriz A, and Kaissling B (2000) Structural organization of the
Fußfortsätze, die die etwa 40 nm weiten Filtrations- mammalian kidney. In: The kidney: physiology and pathophysi-
schlitze bilden, die durch die Filtrationsdiaphragmen ology (Seldin D, and Giebisch D, eds). New York: Lippincott
überbrückt werden (Pfeile in Abb. B). Die Filtrations- Williams and Wilkins, pp 587
diaphragmen bilden die Grenze zwischen der apikalen Matsui K, Breitender-Geleff S, Soleiman A, Kowalski H, and
und basalen Plasmamembran der Podozyten. Die abge- Kerjaschki D (1999) Podoplanin, a novel 43-kDa membrane pro-
flachten Enden der Fußfortsätze inserieren in die GBM. tein, controls the shape of podocytes. Nephrol Dial Transplant 14
Die Membranglykoproteine Podocalyxin und Podo- Suppl 1: 9
planin sind für die Aufrechterhaltung der speziellen Mundel P, and Shankland SJ (2002) Podocyte biology and
response to injury. J Am Soc Nephrol 13: 3005
Podozytengestalt verantwortlich. Das an Sialinsäure
Orlando RA, Takeda T, Zak B, Schmieder S, Benoit VM,
reiche Podocalyxin wirkt auch als Antiadhäsin und hält McQuistan T, Furthmayr H, and Farquhar MG (2001) The
mittels elektrostatischer Repulsion die Filtrations- glomerular epithelial cell anti-adhesin podocalyxin associates
schlitze offen. Nephrin, das zur Ig-Superfamilie der with the actin cytoskeleton through interactions with ezrin.
Adhäsionsmoleküle gehört, befindet sich ausschließlich J Am Soc Nephrol 12: 1589
in den Filtrationsdiaphragmen und stellt die Haupt- Pavenstädt H, Kriz W, and Kretzler M (2003) Cell biology of the
komponente eines reißverschlussartig aufgebauten glomerular podocyte. Physiol Rev 83: 253
porösen Filters dar. Es ist auch für die Aufrechterhaltung Ruotsalainen V, Ljungberg P, Wartiovaara J, Lenkkeri U, Kestila M,
der Filtrationsschlitze wichtig. Der komplexe glomeru- Jalanko H, Holmberg C, and Tryggvason K (1999) Nephrin is
läre Filter besteht somit aus den Endothelzellen, der specifically located at the slit diaphragm of glomerular podocytes.
stark hydratisierten GBM und den die Filtrationsporen Proc Natl Acad Sci USA 96: 7962
Takeda T, Go WY, Orlando RA, and Farquhar MG (2000)
überbrückenden Filtrationsdiaphragmen.
Expression of podocalyxin inhibits cell-cell adhesion and modi-
Durchtretende Moleküle werden entsprechend ihrer fies junctional properties in Madin-Darby canine kidney cells.
Ladung, Masse und Gestalt selektioniert. Der glomeru- Mol Biol Cell 11: 3219
läre Filter ist durchlässig für Wasser. Für das Filtern von Wartiovaara J, Öfverstedt L-G, Khosnoodi J, Zhang J, Mäkelä E,
Makromolekülen entsprechend ihrer elektrischen Sandin S, et al (2004) Nephrin strands contribute to a porous slit
Ladung sind die negativen Ladungen der Endothelzellen diaphragm scaffold as recealed by electron tomography. J Clin
und der GBM verantwortlich. Das Filtern von Makro- Invest 114: 1475

Vergrößerung: x 7,000 (A); x 45,000 (B); x 15,000 (C)


Abbildung 119 241

Kapillare
*

Podozyt

GBM
* Erythrozyten

Kapillare

*
Kapillare
Mesangium

Podozyt
*
Podozyt

GBM

B Kapillare C
242 Das Glomerulum und krankhafte Veränderungen

PATHOLOGIE DES GLOMERULÄREN FILTERS : MINIMAL CHANGE GLOMERULOPATHIE UND


KONGENITALE NEPHROTISCHE SYNDROME

Schädigungen des glomerulären Filters treten im Literatur


Rahmen verschiedener erworbener und vererbter Er- Boute N, Gribouval O, Roselli S, Benessy F, Lee H, Fuchshuber A,
krankungen auf und führen zum nephrotischen Dahan K, Gubler MC, Niaudet P, and Antignac C (2000) NPHS2,
Syndrom, das durch Proteinurie, Ödeme, Hypo- encoding the glomerular protein podocin, is mutated in autoso-
albuminämie und Hyperlipidämie charakterisiert ist. mal recessive steroid-resistant nephrotic syndrome. Nat Genet 24:
Abbildungen A und B zeigen die charakteristischen 349
Veränderungen der Minimal Change Glomerulopathie, Breiteneder-Geleff S, Matsui K, Soleiman A, Meraner P,
die im Verlust der Fußfortsätze der Podozyten und der Poczewski H, Kalt R, Schaffner G, and Kerjaschki D (1997)
Filtrationsdiaphragmen (Pfeile in Abb. B) sowie im Podoplanin, novel 43-kd membrane protein of glomerular
Auftreten von Fetttröpfchen in den Podozyten (Sterne epithelial cells, is down-regulated in puromycin nephrosis. Am J
in Abb. B) und einer Vermehrung der Mikrovilli Pathol 151: 1141
Dickersin G (2000) Diagnostic electron microscopy. A text/atlas.
(Pfeilköpfe in Abb. A und B) bestehen. Ferner kann es
New York: Springer
zur Ablösung der Fußfortsätze von der glomerulären Kerjaschki D, Vernillo A, and Farquhar M (1985) Reduced sialyla-
Basalmembran (GBM) kommen, was hier nicht zu tion of podocalyxin – the major sialoprotein of the rat kidney
sehen ist. Infolge der Proteinurie und nachfolgender glomerulus – in aminonucleoside nephrosis. Am J Pathol 118: 343
Proteinreabsorption treten Eiweiß-gefüllte Vakuolen in Kestila M, Lenkkeri U, Mannikko M, Lamerdin J, McCready P,
den proximalen Tubulusepithelien auf (offene Sterne in Putaala H, Ruotsalainen V, Morita T, Nissinen M, Herva R, et al
Abb. C). Im Puromycin-induzierten nephrotischen (1998) Positionally cloned gene for a novel glomerular protein
Syndrom der Ratte, einem Tiermodell der menschlichen - nephrin- is mutated in congenital nephrotic syndrome. Mol Cell
Minimal Change Glomerulopathie, ist der Sialinsäure- 1: 575
gehalt des Podocalyxins vermindert und die Menge an Lenkkeri U, Mannikko M, McCready P, Lamerdin J, Gribouval O,
Podoplanin herabgesetzt. Niaudet PM, Antignac CK, Kashtan CE, Homberg C, Olsen A,
et al (1999) Structure of the gene for congenital nephrotic syn-
Die verschiedenen kongenitalen nephrotischen
drome of the finnish type (NPHS1) and characterization of
Syndrome weisen ultrastrukturelle Veränderungen auf, mutations. Am J Hum Genet 64: 51
die denen der Minimal Change Glomerulopathie Liu G, Kaw B, Kurfis J, Rahmanuddin S, Kanwar YS, and
entsprechen. Einige der involvierten Gene konnten Chugh SS (2003) Neph1 and nephrin interaction in the slit
identifiziert werden. Das kongenitale nephrotische diaphragm is an important determinant of glomerular perme-
Syndrom vom Finnischen Typ ist durch Mutationen im ability. J Clin Invest 112: 209
NPHS1-Gen verursacht, das für Nephrin kodiert. Mundel P, and Shankland SJ (2002) Podocyte biology and
Mutationen im NPHS2-Gen, welches für Podocin response to injury. J Am Soc Nephrol 13: 3005
kodiert, verursachen das Steroid-resistente, familiäre Olson J, and Schwartz M (1998) The nephrotic syndrome: mini-
nephrotische Syndrom. Somit sind diese Krankheiten mal change disease, focal segmental glomerulosclerosis, and mis-
indirekte Hinweise für die Bedeutung von Nephrin und cellaneous causes. In: Heptinstall’s pathology of the kidney
(Jennette J, Olson J, and Silva F, eds). Philadelphia: Lippincott-
Podocin bei der normalen glomerulären Filtration.
Raven, pp 187
In Mäusen ist das CD2-assoziierte Protein (CD2- Shih NY, Li J, Karpitskii V, Nguyen A, Dustin ML, Kanagawa O,
AP) mit dem Nephrin der Filtrationsdiaphragmen der Miner JH, and Shaw AS (1999) Congenital nephrotic syndrome
Podozyten verbunden. Seine Abwesenheit verursacht in in mice lacking CD2-associated protein. Science 286: 312
transgenen Mäusen ein nephrotisches Syndrom. Somit Tryggvason K, Ruotsalainen V, and Wartiovaara J (1999)
könnte CD2-AP-Mangel auch für ein menschliches Discovery of the congenital nephrotic syndrome gene discloses
nephrotisches Syndrom verantwortlich sein. the structure of the mysterious molecular sieve of the kidney. Int
J Dev Biol 43: 445
Yoshikawa N, Cameron AH, and White RH (1982) Ultrastructure
of the non-sclerotic glomeruli in childhood nephrotic syndrome.
J Pathol 136: 133

Vergrößerung: x 8,000 (A); x 14,000 (B); x 17,500 (C)


Abbildung 120 243

Minimal Change Glomerulopathie

Mesangium

Kapillare

GBM
Kapillare

Podozyt

Podozyt
*

*
*
GBM
*
*
Kapillare
B C
244 Das Glomerulum und krankhafte Veränderungen

GLOMERULÄRE ERKRANKUNGEN : MEMBRANÖSE GLOMERULONEPHRITIS

Die membranöse Glomerulonephritis ist durch die zirkulierender Antikörper an nicht weiter charakteri-
Bildung und Ablagerung von Immunkomplexen verur- sierte Antigene der glomerulären Kapillarschlingen oder
sacht und mit einem nephrotischen Syndrom oder einer in situ.
isolierten Proteinurie verknüpft. Primäre idiopathische Die experimentell erzeugte Heymann Nephritis ist
Formen mit unbekannten auslösenden Antigenen wer- der primären idiopathischen Form der membranösen
den von sekundären Formen unterschieden, die durch Glomerulonephritis sehr ähnlich. Das involvierte
Infektionen (Hepatitis B, Syphillis, Malaria, etc.), Antigen ist das Megalin (früher als gp330 bezeichnet),
Autoimmunkrankheiten (systemischer Lupus erythe- welches Bestandteil der Coated Pits entlang der freien
matodes, rheumatische Arthritis) und Arzneimittel Oberfläche der Podozyten und der in die glomeruläre
(Penicillamin, Gold) verursacht sind. Vier Stadien der Basalmembran eingebetteten Basis der Fußfortsätze ist.
membranösen Glomerulonephritis können anhand der Megalin findet sich auch in den proximalen Tubuli
strukturellen Veränderungen unterschieden werden. (siehe Abb. 103). Zirkulierende Anti-Megalin Anti-
Die nebenstehende Abbildung zeigt die typischen körper binden das Antigen in situ, was zur progressiven
elektronenmikroskopischen Befunde bei membranöser Bildung von subepithelialen Immunkomplexen führt.
Glomerulonephritis. Sie bestehen aus amorphen elek-
tronendichten Ablagerungen (Sterne) zwischen den
Podozyten und der glomerulären Basalmembran
(GBM), die aus Immunkomplexen bestehen. Aufgrund Literatur
ihrer Lage werden sie als subepitheliale Ablagerungen Cavallo T (1994) Membranous nephropathy. Insights from
bezeichnet und können in allen Kapillarschlingen Heymann nephritis. Am J Pathol 144: 651
beobachtet werden. In der post-infektiösen sekundären Cohen A, and Nast C (1996) Kidney. In: Anderson’s pathology.
Form erscheinen die Ablagerungen in Form eindrück- (Damjanov I, and Linder J, eds). St. Louis: Mosby, pp 2073
licher hügelförmiger Depots (siehe auch Nebenbild) Collins AB, Bhan AK, Dienstag JL, Colvin RB, Haupert GT, Jr,
Mushahwar IK, and McCluskey RT (1983) Hepatitis B immune
gemeinsam mit neutrophilen Granulozyten im Lumen
complex glomerulonephritis: simultaneous glomerular deposi-
der Kapillaren. Zusätzlich zu den subepithelialen tion of hepatitis B surface and e antigens. Clin Immunol
Ablagerungen kommt es zum Verlust der Fußfortsätze Immunopathol 26: 137
und einer Abflachung der Podozyten. Die hier gezeigten Dickersin G (2000) Diagnostic electron microscopy. A text/atlas.
Abbildungen, insbesondere das Nebenbild, entsprechen New York: Springer
frühen Stadien einer membranösen Glomerulo- Kerjaschki D, and Farquhar M (1983) Immunocytochemical
nephritis, da weder eine deutliche Verdickung der localization of the Heymann nephritis antigen (gp 330) in
glomerulären Basalmembran noch eine Umhüllung der glomerular epithelial cells of normal Lewis rats. J Exp Med 157:
Immunkomplexe durch die Basalmembran eingetreten 667
sind. Kerjaschki D, and Farquhar MG (1982) The pathogenic antigen
Die Immunkomplexe in Form der subepithelialen of Heymann nephritis is a membrane glycoprotein of the renal
proximal tubule brush border. Proc Natl Acad Sci USA 79: 5557
Ablagerungen können mittels Immunfluoreszenz
Kerjaschki D, Miettinen A, and Farquhar MG (1987) Initial events
nachgewiesen werden und bestehen vorwiegend aus IgG in the formation of immune deposits in passive Heymann
und zum anderen aus C3 und leichten Ketten bei den nephritis. gp330-anti-gp330 immune complexes form in epithe-
primären Formen von glomerulärer Glomerulo- lial coated pits and rapidly become attached to the glomerular
nephritis oder C1q bei sekundären Formen im Gefolge basement membrane. J Exp Med 166: 109
eines systemischen Lupus erythematodes. Die Bildung Zollinger H, and Mihatsch M (1978) Renal pathology in biopsy.
der Immunkomplexe erfolgt über die Bindung Berlin Heidelberg New York: Springer

Vergrößerung: x 8,800; x 10,500 (Nebenbild)


Abbildung 121 245

Membranöse Glomerulonephritis

* Granulozyt

GBM

Podozyt
Granulozyt

GBM

Podozyt

* * *
GBM
246 Das Glomerulum und krankhafte Veränderungen

GLOMERULÄRE ERKRANKUNGEN : MEMBRANOPROLIFERATIVE GLOMERULONEPHRITIS

Die membranoproliferative Glomerulonephritis wird in den nebenstehenden Abbildungen illustriert. Sie beste-
unterschiedliche Typen unterteilt, die sich ätiologisch hen aus C3, IgG und IgM, die immunhistochemisch
und klinisch voneinander unterscheiden. Die hier nachgewiesen werden können. Weitere charakteristische
besprochene Typ 1 membranoproliferative Glomerulo- Veränderungen bestehen in der Verdopplung der
nephritis ist eine Immunkomplex Nephritis, bei der glomerulären Basalmembran, die in den nebenstehen-
primäre idiopathische und sekundäre Formen unter- den Abbildungen nicht vorhanden ist und der
schieden werden können. Letztere treten verge- Verschmelzung von Fußfortsätzen der Podozyten. Im
sellschaftet mit verschiedenen Krankheiten auf wie Hauptbild ist die hochgradige Einengung des
beispielsweise Infektionskrankheiten (überwiegend Kapillarlumens durch die aufgetriebenen Endothel-
Hepatitis C), Tumoren und systemischen Immun- zellen und die Mesangialzellproliferation deutlich
abnormalitäten (Sichelzellenanämie, Kryoglobulinä- erkennbar.
mie). Die Typ 1 membranoproliferative Glomerulo-
nephritis wird durch zirkulierende Immunkomplexe
verursacht, die zur Aktivierung des klassischen Kom- Literatur
plementsystems führen.
Die elektronenmikroskopischen Veränderungen bei Burstein DM, and Rodb RA (1993) Membranoproliferative
membranoproliferativer Glomerulonephritis bestehen glomerulonephritis associated with hepatitis C virus infection.
im Auftreten von amorphen elektronendichten Ab- J Am Soc Nephrol 4: 1288
Cohen A, and Nast C (1996) Kidney. In: Anderson’s pathology.
lagerungen (Sterne) zwischen den Endothelzellen und
(Damjanov I, and Linder J, eds). St. Louis: Mosby, pp 2073
der glomerulären Basalmembran (GBM). Aufgrund Dickersin G (2000) Diagnostic electron microscopy. A text/atlas.
ihrer Lage werden sie als subendotheliale Ablagerungen New York: Springer
bezeichnet und können in allen Kapillarschlingen eines West CD (1992) Idiopathic membranoproliferative glomeru-
glomerulären Läppchens beobachtet werden. Sie werden lonephritis in childhood. Pediatr Nephrol 6: 96
auch in der mesangialen Matrix beobachtet. Die suben- Zollinger H, and Mihatsch M (1978) Renal pathology in biopsy.
dothelialen Ablagerungen können massiv sein, wie in Berlin Heidelberg New York: Springer

Vergrößerung: x 7,000; x 9,500 (Nebenbild)


Abbildung 122 247

Membranoproliferative Glomerulonephritis

Kapillare

*
GBM
*
*
Podozyt

Podozyt

GBM

*
248 Das Glomerulum und krankhafte Veränderungen

GLOMERULÄRE ERKRANKUNGEN : TRANSPLANTATGLOMERULOPATHIE

Die morphologischen Veränderungen im Gefolge einer enthalten (offener Pfeil). Segmental zu beobachtendes
chronischen Abstoßungsreaktion sind komplex und Verschwinden der Fußfortsätze der Podozyten ist ty-
durch immunologische Reaktionen an den Nieren- pisch in fortgeschrittenen Phasen. Die Endothelien sind
gefäßen und im Interstitium verursacht. Klinisch findet ebenfalls verändert im Sinne einer De-Differenzierung
sich eine fortschreitend abnehmende Nierenfunktion. mit Verlust der Fenestrationen und die Kapillarlumen
Die chronische Transplantatglomerulopathie ist nur sind eingeengt. Mit Immunhistochemie können IgM,
eine Fazette der morphologischen Veränderungen bei C1q und C3 in den Kapillarschlingen und im verbrei-
der chronischen Abstoßungsreaktion und kann im terten Mesangium nachgewiesen werden.
Gefolge einer akuten Abstoßung auftreten. Elektronen-
mikroskopisch werden Veränderungen aller Bestandteile Literatur
des Glomerulum, gefunden, wie aus der nebenstehen-
den Abbildung ersichtlich ist. Die glomeruläre Basal- Briner J (1987) Transplant glomerulopathy. Appl Pathol 5: 82
membran ist deutlich verdickt, streckenweise verdoppelt Cohen A, and Nast C (1996) Kidney. In: Anderson’s ´pathology.
und aufgesplittert (Pfeilkopf). Ablagerungen amorphen (Damjanov I, and Linder J, eds). St. Louis: Mosby, pp 2073
Dickersin G (2000) Diagnostic electron microscopy. A text/atlas.
elektronendichten Materials in subendothelialen
New York: Springer
Regionen der glomerulären Basalmembran (Sterne) Olsen S, Bohman SO, and Petersen VP (1974) Ultrastructure of
können über weite Strecken gefunden werden. Weiter- the glomerular basement membrane in long term renal allografts
hin kann die Lamina rara interna der glomerulären with transplant glomerular disease. Lab Invest 30: 176
Basalmembran verbreitert sein und Fragmente von Zollinger H, and Mihatsch M (1978) Renal pathology in biopsy.
Zellen, vesikuläre Strukturen und Membranprofile Berlin Heidelberg New York: Springer

Vergrößerung: x 8,000
Abbildung 123 249

Glomerulopathie bei chronischer Abstossungsreaktion

Podozyt

*
*
*

Kapillare
250 Das Bindegewebe

LOCKERES FASRIGES BINDEGEWEBE

Das Bindegewebe, aus Zellen und extrazellulärer Matrix gewebsklassen. Zahlreiche Kollagentypen sind bekannt.
aufgebaut, bildet das Stroma der Organe des Körpers. Das Kollagen vom Typ I assembliert zu dicken Fasern,
Als Hüll- und Füllgewebe begleitet es die anderen die dem Gewebe Stabilität geben und überall dort, wo
Gewebe und baut ein Rahmenwerk auf, das die grund- hohe Festigkeit gefordert wird, vorkommen (Abb. 126).
legende Architektur bestimmt, die Organe gliedert, Feine retikuläre Fasern bestehen hauptsächlich aus Typ
Blut- und Lymphgefäße führt und die Hüllen um die III Kollagen. Sie bilden die feinen fasrigen Gitterwerke
Nervenfasern bildet. Jedoch ist das Bindegewebe nicht (Gitterfasern) in der Lamina fibroreticularis der
nur Stütze und Gerüst, sondern ist außerordentlich Basalmembranen (Abb. 82) und im retikulären Gewebe
dynamisch und der Ort, wo sich zahlreiche Regulations- im Knochenmark und in den lymphatischen Organen.
prozesse für die Gewebsbildung und Organisation, Das Übersichtsbild zeigt lockeres fasriges Binde-
Immunantwort, Wundheilung, Blutbildung und Organ- gewebe in der Wand des Dünndarms einer Ratte. Binde-
neubildung abspielen. Die extrazelluläre Matrix ist ein gewebe dieser Art findet sich in zahlreichen Organen in
Produkt der Bindegewebszellen und wird laufend den Septen und Hüllen für die Blut- und Lymphgefäße,
erneuert. Umgekehrt beeinflussen Moleküle der Nervenfasern und Muskelzellen. Eine Gruppe glatter
extrazellulären Matrix Funktion und Aktivität der Muskelzellen (M) aus der Muskelwand des Darms ist im
Zellen. Die Matrix spielt auch bei pathologischen linken unteren Bildbereich zu sehen. Der größte Teil des
Prozessen eine Schlüsselrolle und ist involviert in Bildes zeigt das lockere Bindegewebe der Submukosa
Pathomechanismen bei entzündlichen und degenerati- mit Fibroblasten und einem Makrophagen. Der Fibro-
ven Erkrankungen, Tumorinvasion, Metastasierung und blast links oben im Bild enthält dicht gepackt
Tumorangiogenese. Membranen des endoplasmatischen Retikulums und
In der Regel sind es die Fibroblasten, die sowohl die einen prominenten Golgi Apparat (G), wie das für
Vorstufen der Bindegewebsfibrillen und Fasen, als auch aktive Bindegewebszellen, die reichlich Matrixkompo-
die Moleküle der Grundsubstanz synthetisieren und nenten synthetisieren, typisch ist. In der Abbildung ist
sezernieren. Die Matrix besteht im wesentlichen aus auch deutlich erkennbar, dass in diesem Gewebe die
kollagenen und elastischen Fibrillen und Fasern, einge- Grundarchitektur aus 2 Netzwerken gebildet wird,
bettet in eine Grundsubstanz von nicht-kollagenen einem Netzwerk aus den feinen Fortsätzen der Fibro-
Glykoproteinen und Proteoglykanen. Der Wassergehalt blasten (F) und einem Netzwerk aus kollagenen
des Gewebes wird von der Konzentration und Fibrillen und Fasern (K). Kollagenfibrillenbündel
Zusammensetzung der Proteoglykane wesentlich beein- begleiten auch die zahlreichen marklosen Nervenfasern
flusst. Die Fibrillen, Fasern und die Komponenten der des vegetativen Nervensystems (Sterne).
Grundsubstanz unterscheiden sich in den verschiede-
nen Bindegewebsklassen, wobei die Konzentration und
der Aufbau der verschiedenen kollagenen und elasti- Literatur
schen Fasern die Eigenschaften des jeweiligen Gewebes, Bosman FT, and Stamenkovic I (2003) Preface to extracellular
seine Konsistenz und Elasitzität bestimmen. Das matrix and disease. J Pathol 200: 421
wiederum gibt die Basis für die Klassifizierung des De Wever O, and Mareel M (2003) Role of tissue stroma in cancer
Bindegewebes in lockeres fasriges Bindegewebe, das im cell invasion. J Pathol 200: 429
Bild hier gezeigt wird, in dichtes fasriges Bindegewebe Stamenkovic I (2003) Extracellular matrix remodelling: the role
(siehe Abb. 128) und in retikuläre und elastische Binde- of matrix metalloproteinases. J Pathol 200: 448

Vergrößerung: x 7,100
Abbildung 124 251

K *
Fibroblast

Makrophage

F
*
K

M
252 Das Bindegewebe

FIBROBLAST, FIBROZYT UND MAKROPHAGE

Der in Abbildung A dargestellte aktive Fibroblast mit all ein Netzwerk, das zusammen mit den Kollagen-
seinen ultrastrukturellen Charakteristika ist in Ab- fibrillenbündeln (K) die Grundarchitektur des Binde-
bildung B einer inaktiven Bindegewebszelle, in dieser gewebes aufbaut.
Phase als Fibrozyt bezeichnet, gegenübergestellt. Der inaktive Fibrozyt (Abb. B) ist schmäler und
Fibroblasten machen den Hauptanteil der residenten weniger voluminös im Vergleich zur aktiven Zelle. In
Bindegewebszellen aus. Sie synthetisieren und sezer- den Fibrozyten ist das endoplasmatische Retikulum nur
nieren alle Komponenten der extrazellulären Matrix, spärlich ausgebildet, sie besitzen kein Ergastoplasma.
sowohl die Moleküle der Grundsubstanz als auch die Mit ihren schmalen Zytoplasmafortsätzen umgeben sie
Vorstufen der verschiedenen Typen von Kollagenen und die Kollagenfibrillenbündel (K) wie mit Flügeln.
die Vorstufen der elastischen Fasern. Das Sekretions- Dadurch kommt eine Kompartimentierung des
programm der Fibroblasten determiniert die Zu- Gewebes zustande. In den Sehnen werden die ent-
sammensetzung der Matrix und bildet die Basis für die sprechenden Fibrozyten auch als „Flügelzellen“ bezeich-
Konstruktion der verschiedenen Bindegewebsklassen. net.
Fibroblasten sind spindelförmig und präsentieren Abbildung C zeigt den Makrophagen aus Abbildung
sich ultrastrukturell mit allen Charakteristika von 124 stärker vergrößert. Die Oberfläche ist eingebuchtet
Zellen, die als Hauptaufgabe große Mengen eines pro- und oft auch extrem tief invaginiert und zahlreiche
teinhältigen Sekrets bilden. Im Kern sind die Nukleolen Endozytosevesikel hängen als Knospen an der Plasma-
prominent. Die langen Zytoplasmafortsätze zeigen aus- membran. Makrophagen sind mobile Zellen des
geprägte Oberflächeneinfaltungen und enthalten dicht Abwehrsystems, die von Monozyten aus dem Blut
gepackt raues endoplasmatisches Retikulum (Ergasto- abstammen. Die besitzen ausgeprägt Phagozytose-
plasma). Im Golgi Apparat werden die Sekretproteine fähigkeit und enthalten auffällige Phagosomen und
modifiziert und nach Fertigstellung in Post-Golgi Lysosomen (siehe auch Abb. 47B, 127, 158). Neben den
Transportkompartimente verpackt, unmittelbar an- wichtigen Aufgaben bei der Eliminierung von
schließend zur Oberfläche transportiert und über Mikroorganismen und schädigenden Substanzen im
Exozytose abgegeben. Alle Komponenten der Grund- Abwehrsystem, spielen Makrophagen im Bindegewebe
substanz und ebenso die Prokollagene und Kompo- beim Abbau überalteter Fasern und beim Umsatz von
nenten der elastischen Fasern nehmen den konstituti- Matrixmolekülen eine wichtige Rolle. Elastische Fasern
ven Sekretionsweg. Im Gegensatz zur regulierten (E) und Kollagenfibrillen (K) sind in Abbildung C sehr
Sekretion (siehe Abb. 39, 40, 87, 88) werden im konsti- nahe an der Makrophagenoberfläche zu sehen und
tutiven Sekretionsweg die Zellprodukte im Golgi liegen auch innerhalb der tief invaginierten Ober-
Apparat kontinuierlich verpackt und sofort im An- flächenbereiche.
schluss daran exportiert. Sie werden nicht intrazellulär
gespeichert. Über die Transportwege von neusyn-
thetisiertem Prokollagen aus dem endoplasmatischen
Retikulum heraus und über den Golgi Apparat zur Literatur
Zelloberfläche gibt es detaillierte Untersuchungen, die Mironov AA, Beznoussenko GV, Nicoziani P, Martella O, Trucco
darauf hinweisen, dass Prokollagen gemeinsam mit A, Kweon H-S, Di Giandomenico D, Polishchuk RS, Fusella A,
anderen Proteinen die Golgi Stapel passiert, ohne das Lupetti P, Berger EG, Geerts WJC, Koster AJ, Burger KNJ, and
Zisternenlumen zu verlassen (siehe auch Abb. 36). Die Luini A (2001) Small cargo proteins and large aggregates can
feinen Endabschnitte der Fibroblastenfortsätze (Pfeile) traverse the Golgi by a common mechanism without leaving the
stehen untereinander in Kontakt und bilden im Gewebe lumen of cisternae. J Cell Biol 155: 1225

Vergrößerung: x 13,400 (A); x 7,600 (B); x18,200 (C)


Abbildung 125 253

Fibroblast Fibrozyt

Makrophage

E
K

A C
254 Das Bindegewebe

KOLLAGENE UND ELASTISCHE FASERN

Abbildung A zeigt kollagene (K) und elastische Fasern (E) 6. Quervernetzung der Fibrillen zu kollagenen Fasern
im lockeren Bindegewebe der Dünndarmwand. Es ist das vermittelt durch Proteoglykane (Doppelpfeile) und FACIT
Typ I Kollagen, das besonders dicke Fasern, bis zu 20µm Kollagene (Pfeil; FACIT – fibril associated collagens with
im Durchmesser, bildet. Diese dicken, auch lichtmikro- interrupted triple helices, Typ IX, XII, and XIV Kollagene).
skopisch gut sichtbaren, Typ I Kollagen Fasern bestehen Elastische Fasern (E in den Abb. A, C, D) sind grund-
aus gebündelten kollagenen Fibrillen, die im Elektronen- legend für die elastischen Eigenschaften der Gewebe, die
mikroskop im Längsschnitt als feingestreifte fädige Dehnung und Rückführung in die Ausgangslage ermög-
Strukturen (K in den Abb. A, B, C) und quergeschnitten lichen. Sie bestehen aus Elastin, das im Elektronenmikro-
als runde Strukturprofile (Abb. A) gut erkennbar sind. skop als homogenes Material erscheint, und Mikro-
Das Streifenmuster, das in der stärkeren Vergrößerung in fibrillen (Pfeile in Abb. D), die ihrerseits aus Fibrillin 1
Abbildung B besonders gut zu sehen ist, resultiert aus der und 2 und assoziierten Glykoproteinen zusammengesetzt
unterschiedlichen Kontrastierung auf Grund der gestuf- sind. Die Mikrofibrillen, sowohl im Innern der Fasern als
ten Anordnung der Tropokollagenmoleküle (siehe Zeich- auch in den Randbereichen lokalisiert (Abb. D), initiieren
nung) und der dazwischen entstehenden Spalten, in die die Faserbildung und bilden ein Gerüstwerk für das Elas-
die kontrastgebenden Farbstoffe bevorzugt eindringen. tin. Die enge Verbindung von Elastin und Mikrofibrillen
Die wichtigsten Schritte bei der Bildung der kollage- kommt besonders gut in Abbildung D zur Darstellung.
nen Fasern sind im Diagramm (nach Kierszenbaum 2002, Eng benachbart liegen feine Fibroblastenfortsätze (F).
mit Modifikationen neu gezeichnet) zusammengefasst. Alle Komponenten der elastischen Fasern, Tropo-
elastin, Fibrillin 1 und 2 und assoziierte Glykoproteine,
1 2 werden am rauen endoplasmatischen Retikulum der
Fibroblasten synthetisiert, nach Glykosylierung im Golgi
Apparat in Sekretvesikel verpackt und exportiert.
4 3 Extrazellulär beginnt die Assemblierung von Tropo-
elastin. Im Rahmen der Quervernetzung, katalysiert
durch Lysyloxidase, bilden die oxidierten Lysine
Desmosinringe. Analog entstehen Isodesmosinringe. Die
64 nm
Fibrilline haben in diesem Prozess der Tropoelastin-
assemblierung eine unterstützende und regulierende
5 Funktion. Durch Aggregation entstehen aus den vorerst
gebildeten unreifen die reifen elastischen Fasern mit
300 nm einem hohen Gehalt an Desmosin und Isodesmosin, den
für Elastin charakteristischen Aminosäuren, die die
Grundlage für seine gummiartigen Eigenschaften bilden.
6 Die Pfeile in Abbildung A weisen auf nicht-myelini-
sierte Nervenfasern.

1. Prokollagensynthese am rauen endoplasmatischen Literatur


Retikulum der Fibroblasten, Hydroxylierung von Prolin
und Lysin, initiale Glykosylierung und Bildung von Chiquet-Ehrismann R, and Chiquet M (2003) Tenascins: regulation
Tripelhelices. and putative functions during pathological stress. J Pathol 200: 488
2. Terminale Glykosylierung im Golgi Apparat. Kierszenbaum AL (2002) Histology and cell biology. An intro-
duction to pathology. Mosby: St. Louis
3. Verpackung in Transportkompartimente und
Kreis T, and Vale R (1999) Guidebook to the extracellular matrix and
Exozytose. adhesion proteins, 2nd ed. Oxford New York: Oxford University Press
4. Extrazelluläre Entfernung nicht-helikaler Ab- Rosenblom J, Abrams WR, and Mecham R (1993) Extracellular
schnitte durch Prokollagenpeptidase und Bildung von matrix 4: The elastic fiber. FASEB J 7: 1208
Tropokollagen. Timpl R, Sasaki T, Kostka G, and Chu M-L (2003) Fibulins: A versa-
5. Aggregation der Tropokollagenmoleküle und tile family of extracellular matrix proteins. Nat Rev Mol Cell Biol 4:
Bildung der kollagenen Fibrillen. Durch Assemblierung in 479
versetzter Ordnung entsteht ein Stufenmuster. Die Quer-
vernetzung wird durch Lysyloxidase (Pfeil) katalysiert. Vergrößerung: x 16,000 (A); x 85,000 (B); x 77,000 (C); x 30,000 (D)
Abbildung 126 255

E
E
K
E

F
C

F E
A
F

K F
B D
256 Das Bindegewebe

EOSINOPHILER GRANULOZYT, PLASMAZELLE, MAKROPHAGE UND MASTZELLE

Im Gegensatz zu den Fibroblasten und Fibrozyten, die In Abbildung B ist ein Makrophage (MA) mit riesi-
im Bindegewebe ortsständig sind, wandern Zellen des gen Lysosomen (Ly) im Zytoplasma zu sehen. Das ultra-
Abwehrsystems, aus dem Blut und Knochenmark stam- strukturelle Bild spiegelt die Aufgabe der Makrophagen
mend, sekundär in das Bindegewebe ein. Sie werden im Abwehrsystem und beim physiologischen Gewebs-
unter dem Begriff „mobile Bindegewebszellen“ zusam- umbau. Mit ausgeprägter Phagozytosefähigkeit ausge-
mengefasst. Mobile Zellen, die Schlüsselfunktionen in stattet, stehen Makrophagen im Mittelpunkt bei der
der spezifischen und unspezifischen Immunabwehr Eliminierung schädigender Materialien und Mikro-
innehaben, sind besonders zahlreich in Geweben, wo organismen ebenso, wie beim Abbau von überalterten
Kontakte mit schädigenden Substanzen, Mikro- Fibrillen, Fasern und anderen Matrixkomponenten. Das
organismen und Viren bevorzugt möglich sind, wie zum einverleibte Material wird in den Lysosomen abgebaut
Beispiel in den Schleimhäuten des Verdauungs- und und umgebaut und Produkte an der Oberfläche den
Respirationstrakts. spezifischen Abwehrzellen präsentiert.
Abbildung A zeigt einen eosinophilen Granulozyten Eine Mastzelle (M) gemeinsam mit einem Teil einer
(E) und eine Plasmazelle (P) eingebettet in eine Matrix Plasmazelle (P) zeigt Abbildung C. Mastzellen sind
mit zahlreichen kollagenen Fibrillen und in enger wichtige Zellen des Abwehrsystems, aber auch involviert
Beziehung zu Fibroblastenfortsätzen (F). Eosinophile in pathologische Immunreaktionen, insbesondere
Granulozyten (siehe auch Abb. 157) machen etwa 2–4% Allergien. Mastzellprodukte erleichtern die Bewegung
der Leukozyten im Blut aus und sind als mobile von Zellen und Molekülen hin zu Fremdinvasions-
Bindegewebszellen besonders zahlreich in der Lamina regionen. Das nach Mastzellaktivierung freigesetzte
propria des Dünndarms. Die spezifischen eosinophilen Histamin erhöht die Gefäßdurchlässigkeit und chemo-
Granula bieten durch ihr kristallines Zentrum (Stern) taktisch wirksame Substanzen aus den Mastzellen
ein charakteristisches Bild. Dieses Kristalloid beinhaltet wirken auf mobile Zellen, Monozyten, neutrophile und
ein basisches Protein („major basic protein“), das eosinophile Granulozyten, anziehend. Die Mastzell-
Parasitenmembranen angreift und nach Bindung an produkte sind in den nicht-aktivierten Zellen in
Parasitenoberflächen freigesetzt wird. Andere Produkte Speichergranula (Sterne) angereichert. Hauptsächlich
der eosinophilen Granulozyten modulieren die Akti- enthalten die Granula Histamin, Heparin, Proteo-
vität von Mastzellen und schützen gegenüber potentiell glykane und eine Reihe von Proteasen. Die Freisetzung
gefährlichen Effekten der Mastzelldegranulierung. Die erfolgt nach Aktivierung gemeinsam mit Entzündungs-
eosinophilen Granula werden, ebenso wie die Mastzell- aktivatoren, die zum Zeitpunkt der Aktivierung pro-
granula, zu den sekretorischen Lysosomen gerechnet duziert werden. Aktiviert werden die Zellen durch
(Lysosomen siehe Abb. 48 und 49). Bindung eines spezifischen Antigens, das sich mit zwei
Plasmazellen gehören zum spezifischen Abwehr- Immunglobulin E Molekülen, die über einen Rezeptor
system und entstehen aus B-Lymphozyten nach in der Plasmamembran verankert sind, verbindet. Eine
Antigen-Stimulierung. Sie synthetisieren und sezer- besonders rapide Freisetzung der Granulainhalte wird
nieren die spezifisch gegen das aktivierende Antigen dadurch möglich, dass die Speichergranula nach
gerichteten Antikörper und bilden damit die Grundlage Aktivierung schon innerhalb der Zelle untereinander
für die spezifische humorale Immunität. Die Plasma- fusionieren und Extrusionskanäle zur Zelloberfläche
zellen selbst bleiben im Gewebe, während ihre Produkte ausgebildet werden. Mikrotubuliabhängige Bewegungen
als Immunglobuline über den Kreislauf in alle der Sekretgranula scheinen bei der Mastzellentleerung
Körperregionen gelangen. Die Plasmazellkerne zeigen eine bedeutende Rolle zu spielen.
eine charakteristische Chromatin Radspeichenstruktur.
Zwei der „Speichen“ sind in dem Anschnitt in
Abbildung A erkennbar. Im Zytoplasma liegt dicht Literatur
gepackt raues endoplasmatisches Retikulum (Ergasto- Smith AJ, Pfeiffer JR, Zhang J, Martinez AM, Griffiths GM, and
plasma), das die Aufgabe der Plasmazellen in der Wilson BS (2003) Microtubule-dependent transport of secretory
Produktion großer Mengen sekretorischer Glyko- vesicles in RBL-2H3 cells. Traffic 4: 302
proteine widerspiegelt. Auch Abbildung C zeigt einen Swanson MS, and Fernandez-Moreira E (2003) A microbial strat-
kleinen Ausschnitt aus einer Plasmazelle (P). egy to multiply in macrophages: A pregnant pause. Traffic 3: 170

Vergrößerung: x 10,400 (A); x 7,500 (B); x11,600 (C)


Abbildung 127 257

Eosinophiler Granulozyt Makrophage


MA
E F
F
Ly
Ly

Ly
*
P
A B

Plasmazelle, Mastzelle
M

*
P *

C
258 Das Bindegewebe

DIE BINDEGEWEBSSCHICHT DER KORNEA

Die Hornhaut bildet den vordersten Teil der äußeren Architektur der Lamellen auf Grund der unterschiedlich
Augenhaut, die das Augeninnere schützt und mithilft, angeschnittenen Fibrillen gut erkennbar. Sowohl im
das Auge in Form zu halten. Der zentrale Bereich der Längs-, als auch im Querschnitt kommt gut zur
Kornea entspricht dem vorderen Pol des Augapfels. Als Darstellung, dass der Abstand zwischen den einzelnen
Teil des optischen Apparats des Auges muss die Kollagenfibrillen sehr regelmäßig ist. Dieser regel-
Hornhaut transparent sein. Zahlreiche feine Nerven- mäßige Raum zwischen den Fibrillen hängt eng mit der
fasern durchziehen das Hornhautstroma, doch enthält Organisation der wasserbindenden Moleküle und mit
die Kornea weder Blut- noch Lymphgefäße. Aus diesem dem Wassergehalt der Kornea zusammen, dessen präzise
Grund werden auch Komponenten des Abwehrsystems Regulierung für ihre Durchsichtigkeit Voraussetzung ist.
am Eindringen in die Kornea gehindert. Das macht die Die kollagenen Fibrillen sind in eine Grundsubstanz
Hornhaut mit einem minimalen Abstoßungsrisiko zu eingebettet, die reich an Proteoglykanen mit Keratan-
einem idealen Organ für die Transplantation. Das und Dermatansulfat ist. Vor allem die hohe Konzen-
Kornealstroma (Substantia propria) nimmt etwa 90% tration von Keratansulfat scheint für die Regulierung
der Gesamtdicke der Kornea ein. Es besteht aus einem des Wassergehalts der Kornea und die Aufrecht-
außergewöhnlich dichten, ganz speziell aufgebauten fas- erhaltung eines für die Transparenz kritischen Hydra-
rigen Bindegewebe, in dem hauptsächlich Kollagene tionsgrades eine Hauptrolle zu spielen. Die mit Keratan-
vom Typ I und Typ V vertreten sind. sulfat verbundenen Proteine sind hauptsächlich
Die Abbildung zeigt einen Ausschnitt aus dem mitt- Lumikan, Keratokan und Mimekan. Keratansulfat- und
leren Teil des Kornealstromas mit den geschichteten Dermatansulfat-verbundene Proteoglykane haben unter-
und unterschiedlich orientierten Kollagenfibrillen, schiedliche Wasserbindungseigenschaften. Während
zwischen denen auch ein Fibroblast und ein dünner Dermatansulfat unter Hydrationstufen, die für normales
Fortsatz eines zweiten zu sehen sind. Die Zellen sind Korneagewebe typisch sind, voll hydriert ist, zeigt
extrem flach zwischen den Lagen von Kollagenfibrillen Keratansulfat nur eine partielle Hydrierung und scheint
ausgespannt. Im Stroma der Kornea sind die kollagenen als Hydrationspuffer zu wirken.
Fibrillen in flachen, zum Teil untereinander verflochte-
nen, Lamellen organisiert. Die Fibrillenausrichtung ist
in den benachbarten Lamellen unterschiedlich und Literatur
wechselt von Lamelle zu Lamelle. Die Lamellen Funderburgh JL (2000) Keratan sulfate: structure, biosynthesis,
überkreuzen einander in verschiedenen Winkeln und and function. Glycobiology 10: 951
bilden ein komplexes Gitterwerk, das fast den gesamten Radner W, and Mallinger R (2002) Interlacing of collagen lamel-
Extrazellularraum einnimmt und die Kornea gegenüber lae in the midstroma of the human cornea. Cornea 21: 598
Deformierung und Traumata sehr widerstandsfähig Verkman AS (2003) Role of aquaporin water channels in eye
macht. Im elektronenmikroskopischen Bild ist die function. Exp Eye Res 76: 137

Vergrößerung: x 30,000
Abbildung 128 259

Kollagen

Stromazelle

Kollagen
260 Das Bindegewebe

DIE BOWMAN’SCHE SCHICHT IN DER KORNEA

Ursprünglich wurde die Bowman’sche Schicht im nahme in Abbildung A im mittleren Bildteil dargestellt
vorderen Bereich der Kornea, auf der das vordere ist. Das anschließende Kornealstroma ist im unteren
Hornhautepithel mit der Basallamina aufsitzt, als Bildsegment zu sehen. Die unterschiedliche Organi-
Bowman’sche Membran, analog zur Descemet’schen sation der kollagenen Fibrillen in der Bowman’schen
Membran im hinteren Hornhautbereich, bezeichnet. Schicht im Vergleich zu der im Kornealstroma ist gut
Die Bowman’sche Schicht entspricht jedoch nicht wie erkennbar. Während im Kornealstroma die kollagenen
die Descemet’sche Membran (Abb. 84) einer Basal- Fibrillen in flachen Lamellen gestapelt sind (siehe auch
membran. Es handelt sich bei der Bowman’schen Abb. 128), bilden sie in der Bowman’schen Schicht ein
Schicht vielmehr um den vordersten Teil des Korneal- dichtes Geflechtwerk. Einen Ausschnitt daraus zeigt
stromas, wenn auch die Fibrillenarchitektur eine ganz Abbildung B in stärkerer Vergrößerung.
andere ist. Die Bowman’sche Schicht ist 6–9 µm dick Die Bowman’sche Schicht ist, wie alle Bereiche der
und besteht aus einem dichten Geflechtwerk von haupt- Kornea, transparent und bildet eine Schutzschicht
sächlich Typ I kollagenen Fibrillen. gegenüber externen Traumata und mikrobieller
Die Ausschnitte aus der menschlichen Kornea in den Invasion.
Abbildungen A und B zeigen Teile der Basalzellenschicht
des vorderen Hornhautepithels (siehe auch Abb. 108)
und die Basallamina mit der Lamina rara nahe der
basalen Plasmamembran der Epithelzellen und der Literatur
benachbarten Lamina densa. Die Lamina densa ist in Abrams GA, Bentley E, Nealey PF, and Murphy CJ (2002)
Abbildung B mit einem Stern markiert. Sie setzt sich in Electron microscopy of the canine corneal basement membranes.
die Bowman’sche Schicht fort, die in der Übersichtsauf- Cells Tiss Org 170: 251

Vergrößerung: x 15,000 (A); x 91,000 (B)


Abbildung 129 261

Basalzellenschicht Basalzellenschicht

* *

Bowman'sche Schicht

Bowman'sche Schicht

Stroma

A B
262 Das Bindegewebe

DIE AMYLOIDOSE DER NIERE

Mit dem Begriff Amyloidose werden Ablagerungen erkennbare Störung der Architektur des Glomerulums
unterschiedlicher Eiweiße im Gefolge verschiedenar- ist deutlich ausgeprägt und hat zur Vergrößerung des
tiger Krankheiten bezeichnet. Die im extrazellulären Mesangiums, zur Verbreiterung der glomerulären
Raum abgelagerten Eiweiße bilden Fibrillen mit einem Basalmembranen und einer Lumeneinengung der
Durchmesser zwischen 75 und 100 Å. Das gemeinsame Kapillaren geführt. Solche pathologischen Veränderun-
Bauprinzip der Fibrillen besteht in einer `-Faltblatt- gen sind nicht mehr mit einer normalen glomerulären
struktur. Die geordnet abgelagerten Amyloidfibrillen Funktion vereinbar.
sind doppeltbrechend und haben eine starke Affinität Die Amyloidose kann vererbt (primär) oder erwor-
gegenüber dem Farbstoff Kongorot, mit dem sie nicht ben (sekundär) sein und entweder ein einzelnes Organ
nur histochemisch nachgewiesen, sondern auch von oder ganze Organsysteme befallen. Je nach der Zu-
anderen fibrillären Eiweißablagerungen unterschieden sammensetzung der Fibrillen Untereinheiten können
werden können. verschiedene Typen der Amyloidose unterschieden wer-
Ablagerungen von Amyloid in der Niere werden in den. Der häufigste Typ ist die Amyloidose durch leichte
den Glomeruli, den Blutgefäßen, dem Interstitium und Ketten von Immunglobulinen (AL-Amyloidose), bei der
in den peritubulären Basalmembranen gefunden. Die die Untereinheiten der Fibrillen aus den variablen Teilen
nebenstehende Abbildung zeigt Amyloidablagerungen von leichten Ketten monoklonaler Immunglobuline
im dadurch vergrößerten Mesangium (Sterne) eines bestehen. Bei der reaktiven Amyloidose (AA-Amy-
Glomerulums sowie entlang und auch innerhalb der loidose) bestehen die Untereinheiten der Fibrillen aus
glomerulären Basalmembran. Die Amyloidablagerun- dem Amyloid A. Als Folge der fortschreitenden
gen können zur Aufsplitterung der glomerulären Amyloidablagerungen wird die normale Gewebe-
Basalmembran führen oder sie gar vollständig ersetzen. struktur zerstört und die Organfunktion geschädigt. Bei
Das Nebenbild zeigt massive Ablagerungen von der Amyloidose der Niere herrscht der AA-Typ vor,
Amyloidfibrillen (Stern) zwischen dem Endothel und obwohl auch der AL-Typ gefunden werden kann.
Podozyten, die zum Ersatz der glomerulären Basal-
membran geführt haben. Im Gefolge ist es zum Verlust
der Fußfortsätze der Podozyten gekommen. Die Literatur
Podozyten können sich fokal von der glomerulären Benson M (2001) Amyloidosis. In: The metabolic and molecular
Basalmembran ablösen und als Folge kann es zum bases of inherited diseases (Scriver C, Beaudet A, Valle D, and
Austritt von Amyloidfibrillen in den glomerulären Sly WS, eds). New York: McGraw-Hill, pp 5345
Harnspalt kommen. Diese Veränderungen sind in den Dickersin G (2000) Diagnostic electron microscopy. A text/atlas.
gezeigten Abbildungen nicht vorhanden. Die nicht New York: Springer
verzweigten Amyloidfibrillen sind überwiegend wahllos Moss J, Shore I, and Woodrow D (1994) AA glomerular amyloid.
An ultrastructural immunogold study of the colocalization of
angeordnet. In der unmittelbaren Nachbarschaft der
heparan sulphate proteoglycan and P component with amyloid
Podozyten können sie oftmals in nadelförmigen fibrils together with changes in distribution of type IV collagen
Anordnungen gefunden werden. Diese sind Ausdruck and fibronectin. Histopathology 24: 427
aktiver Bildung von Amyloid und häufig bei primärer Dikmann S, Churg J, and Kahn T (1981) Morphologic and clini-
Amyloidose zu beobachten. Sie verschwinden im cal correlates in renal amyloidosis. Hum Path 12: 160
Verlaufe der Rückbildung der Amyloidose. Die in der Zollinger H, and Mihatsch M (1978) Renal pathology in biopsy.
nebenstehenden elektronenmikroskopischen Abbildung Berlin Heidelberg New York: Springer

Vergrößerung: x 6,300 (A); x 29,000 (Nebenbild)


Abbildung 130 263

Amyloidose der Niere

Kapillare

Podozyt

*
*

Endothel
264 Das Bindegewebe

SICHTBARMACHUNG DES WACHSTUMS VON AMYLOIDFIBRILLEN DURCH ZEITRAFFER ATOM -


KRAFTMIKROSKOPIE

Amyloidablagerungen bestehen aus feinen Fibrillen, die Eine mögliche Anwendung der Zeitraffer Atomkraft-
in ultradünnen Gewebeschnitten mittels Transmissions- mikroskopie könnte im Testen von Arzneimitteln liegen,
elektronenmikroskopie sichtbar gemacht werden kön- die entwickelt wurden, um die Bildung von
nen (siehe Abb. 130). Die Amyloidfibrillen sind unlös- Amyloidfibrillen zu unterdrücken.
lich und sehr stabile Strukturen. Amyloidfibrillen kön-
nen auch in vitro unter Verwendung synthetisch herge-
stellter Eiweiße erzeugt werden.
Beim hier gezeigten Beispiel wurde Amylin verwen- Literatur
det, das die Untereinheit der Amyloidablagerungen Binnig G (1992) Force microscopy. Ultramicroscopy 42: 7
beim Typ 2 Diabetes mellitus ist. Mittels Zeitraffer Atom- Binnig G, Quate CF, and Gerber C (1986) Atomic force micro-
kraftmikroskopie wurde das Wachstum der Fibrillen scope. Phys Rev Lett 56: 930
untersucht. Die Atomkraftmikroskopie eignet sich her- Blackley HK, Sanders GH, Davies MC, Roberts CJ, Tendler SJ, and
vorragend für hochauflösende Untersuchungen von Wilkinson MJ (2000) In-situ atomic force microscopy study of
Makromolekülen in wässriger Umgebung und stellt eine beta-amyloid fibrillization. J Mol Biol 298: 833
sinnvolle Ergänzung zur Dünnschnitt Elektronen- Goldsbury C, Aebi U, and Frey P (2001) Visualizing the growth of
mikroskopie dar, da sie Zeitrafferuntersuchungen unter Alzheimer’s A beta amyloid-like fibrils. Trends Mol Med 7: 582
fast physiologischen Bedingungen ermöglicht. Goldsbury CS, Cooper GJ, Goldie KN, Muller SA, Saafi EL,
Abbildung A zeigt eine Aufnahme von Protofibrillen, die Gruijters WT, Misur MP, Engel A, Aebi U, and Kistler J (1997)
Polymorphic fibrillar assembly of human amylin. J Struct Biol
von in Puffer gelöstem Amylin an der Oberfläche von
119: 17
Glimmer gebildet wurden. Die Protofibrillen entstehen Jena B, and Hörber H (2002) Atomic force microscopy in cell
durch das Aneinanderreihen von verdrehten `-Faltblatt- biology. In: Meth Cell Biol 68. Amsterdam: Academic Press
strukturen (twisted `-sheets) entlang ihrer Längsachse. Ionescu-Zanetti C, Khurana R, Gillespie JR, Petrick JS,
Sie stellen die Bausteine für die Amyloidfibrillen dar. Trabachino LC, Minert LJ, Carter SA, and Fink AL (1999)
Abbildungen B, C und D zeigen den gleichen Ausschnitt Monitoring the assembly of Ig light-chain amyloid fibrils by
eines Präparates, der über einen Zeitraum von mehreren atomic force microscopy. Proc Natl Acad Sci USA 96: 13175
Stunden analysiert wurde, und illustrieren das Muller DJ, Schabert FA, Buldt G, and Engel A (1995) Imaging
Wachstum von Protofibrillen an der Glimmerober- purple membranes in aqueous solutions at sub-nanometer reso-
fläche. Auf diese Weise wurde es möglich, das Wachstum lution by atomic force microscopy. Biophys J 68: 1681
einzelner Protofibrillen im Detail zu analysieren. So Shirahama T, and Cohen A (1967) High resolution electron
microscopic analysis of the amyloid fibril. J Cell Biol 33: 679
konnte beispielsweise über Zeitrafferstudien das
Stolz M, Stoffler D, Aebi U, and Goldsbury C (2000) Monitoring
Protofibrillenwachstum mit 1,1 (SD = 0,5) Nanometer biomolecular interactions by time-lapse atomic force microscopy.
pro Stunde ermittelt werden. Zusätzlich zur Analyse J Struct Biol 131: 171
einzelner vorbestehender Protofibrillen und ihres Walsh DM, Hartley DM, Kusumoto Y, Fezoui Y, Condron MM,
Wachstums konnte auch die de novo Bildung von Lomakin A, Benedek GB, Selkoe DJ, and Teplow DB (1999)
Protofibrillen studiert werden. Sie entstehen aus Amyloid beta-protein fibrillogenesis. Structure and biological
Nukleationszentren, die als kleine Punkte in Erschei- activity of protofibrillar intermediates. J Biol Chem 274: 25945
nung treten.

Vergrößerung: x 50,000 (A-D)


Abbildung 131 265

4,7 Std. 7,5 Std. 10,2 Std.

B C D
266 Das Fettgewebe

DAS WEISSE FETTGEWEBE

Das Fettgewebe existiert in zwei Formen, die bereits mit portiert werden. Weiße Adipozyten synthetisieren die
dem bloßen Auge unterschieden werden können und Lipoprotein-Lipase, die zu den Endothelien benach-
die feinstrukturell wesentliche Unterschiede aufweisen: barter Kapillaren transferiert wird und dort Fettsäuren
als weißes Fettgewebe und braunes Fettgewebe (siehe von den Chylomikronen oder Very-Low-Density
Abb. 133). Weißes Fettgewebe findet sich vor allem in Lipoproteinen freisetzt, die zu den Adipozyten trans-
der Subkutis, überwiegend als isolierte Adipozyten und portiert werden. Im glatten endoplasmatischen Reti-
in der Bauchhöhle, vorwiegend als kompaktes Gewebe. kulum der Adipozyten werden aus ihnen Triglyzeride
Die weißen Adipozyten werden wegen der Anwesenheit resynthetisiert, die in die Fetttröpfchen integriert wer-
eines einzelnen Fetttröpfchens als univakuoläre (oder den. Der Abbau der gespeicherten Triglyzeride geschieht
unilokuläre) Adipozyten bezeichnet. Je nach Größe des mittels einer Hormon-sensitiven Lipase. Phospho-
Fettröpfchens können die weißen Adipozyten zwischen rylierung dieser Lipase durch Glukagon, ACTH oder
40 und 120 µm messen. Adrenalin hat einen lipolytischen Effekt zur Folge,
In Abbildung A sind weiße Adipozyten der Subkutis während Insulin and Prostaglandine die Lipase hem-
gezeigt. Sie werden von einem einzigen, schwach osmio- men und die Speicherung von Triglyzeriden stimulie-
philen Fetttröpfchen (L) dominiert, das den weißen ren. Zusätzlich zu seiner Hauptfunktion im Energie-
Adipozyten ihre sphärische Form und das Aussehen stoffwechsel wirkt das weiße Fettgewebe als Isolator,
eines Siegelrings verleiht. Das Zytoplasma existiert in stellt einen Wasserspeicher dar und dient als Bau-
Form eines schmalen, in die Peripherie gedrängten material zur lageerhaltenden Umhüllung von Organen
Saumes, in dem sich der stark abgeflachte Zellkern (z. B. für Niere und Auge) und als druckelastisches
befindet (Abb. A und N in Abb. B). Der in Abbildung A Polstermaterial an Stellen mechanischer Beanspruchung
eingerahmte Teil des weißen Adipozyten ist in (Handteller, Fußsohlen, Gelenke).
Abbildung B bei stärkerer Vergrößerung zu sehen und Weißes Fettgewebe sezerniert zahlreiche Eiweiße,
lässt Details des Zytoplasmas erkennen. In der Nähe des unter denen das Hormon Leptin eines der bedeutend-
Zellkerns (N) befinden sich der Golgi Apparat, sten ist. Leptin, dessen Synthese über die sympathische
Mitochondrien (M) und Zisternen des rauen endoplas- Innervation des weißen Fettgewebes reguliert wird, ist
matischen Retikulums. Die Plasmamembran weist ein Sattheits-Hormon, das den Appetit und das
Caveoli (Pfeile) auf. Unmittelbar unterhalb von ihr Energiegleichgewicht steuert und somit von Bedeutung
befinden sich zahlreiche pinozytotische Vesikeln. Das bei der Fettsucht ist.
angrenzende Fetttröpfchen, das zu etwa 95% aus
Triglyzeriden besteht, ist nicht durch eine Membran
vom Zytoplasma getrennt und stellt somit einen zyto-
plasmatischen Einschluss dar. An der Grenze zwischen Literatur
dem Zytoplasma und dem Fetttröpfchen befindet sich Cinti S (1999) The adipose organ. Milan: Kurtis
ein flaches Netzwerk aus Intermediärfilamenten, dessen Cinti S (2001) The adipose organ: morphological perspectives of
Anwesenheit nur in Tangentialschnitten deutlich zu adipose tissues. Proc Nutr Soc 60: 319
Tage tritt. Die weißen Adipozyten sind von einer Cushman S (1970) Structure-function relationship in the adipose
Basalmembran umgeben, deren Lamina basalis (Lb) in cell: I. Ultrastructure of the isolated adipose cell. J Cell Biol 46: 326
Abbildung B gut erkennbar ist. Kershaw E E, and Flier JS (2004) Adipose tissue as an endocrine
Das weiße Fettgewebes stellt ein wichtiges Energie- organ. J Clin Endocrinol Metab 89: 2548
reservoir dar. In Abhängigkeit vom Energiebedarf des Klaus S (2004) Adipose tissue as a regulator of energy balance.
Curr Drug Targets 5: 241
Organismus werden die in den Fetttröpfchen enthalte-
Novakofski J (2004) Adipogenesis: usefulness of in vitro and in
nen Triglyzeride auf- oder abgebaut. Somit ist das weiße vivo experimental models. J Anim Sci. 82: 905
Fettgewebe ein aktives, dynamisches Gewebe. Die Tri- Rayner DV (2001) The sympathetic nervous system in white adi-
glyzeride der weißen Adipozyten werden im Wesent- pose tissue regulation. Proc Nutr Soc. 60: 357
lichen aus Fettsäuren synthetisiert, die in eiweißgebun- Trayhurn P, and Beattie JH (2001) Physiological role of adipose
dener Form vom Darm (als Chylomikronen) oder der tissue: white adipose tissue as an endocrine and secretory organ.
Leber (als Very-Low-Density Lipoproteine) antrans- Proc Nutr Soc. 60: 329

Vergrößerung: x 3,700 (A); x 27,500 (B)


Abbildung 132 267

L
A

M
Nukleus
Golgi

Lb
B
268 Das Fettgewebe

DAS BRAUNE FETTGEWEBE

Das braune Fettgewebe unterscheidet sich sowohl in sei- für die Thermogenese von Bedeutung. Die durch Lipo-
ner Feinstruktur als auch seiner Funktion vom weißen lyse der Triglyzeride der Fetttröpfchen generierten
Fettgewebe. Obwohl es beim Neugeborenen reichlich freien Fettsäuren im Zytosol werden überwiegend von
vorhanden ist, findet es sich beim erwachsenen Men- den Mitochondrien aufgenommen und `-oxidiert. Der
schen und Tier nur als kleine Gewebedepots an ver- durch die Fettsäureverbrennung generierte Protonen-
einzelten Körperstellen; bei Nagetieren typischerweise gradient in den Mitochondrien wird nicht wie üblich
im Bindegewebe zwischen den Schulterblättern. Seine zur ATP-Synthese verwendet, sondern durch das in der
braune Farbe rührt her vom Reichtum an Mitochon- inneren mitochondrialen Membran gelegene Uncoup-
drien. Die braunen Adipozyten enthalten im Gegensatz ling Protein UCP1 (Thermogenin) in Wärmeenegie
zu den weißen Adipozyten zahlreiche, unterschiedlich umgewandelt. Braunes Fettgewebe liefert Wärmeener-
große Fetttröpfchen und werden als plurivakuoläre gie zur Kompensation bei akuter und chronischer Kälte-
(oder plurilokuläre) Adipozyten bezeichnet. Braune exposition, nach der Geburt zur Aufrechterhaltung der
Adipozyten sind polyedrisch und generell kleiner (20 bis Körpertemperatur und während der Aufwachphase von
40 µm) als ihre weißen Cousins. Das kompakt aufge- Winterschläfern.
baute braune Fettgewebe ist sehr reich an Kapillaren Neben der eminenten Rolle bei der Kontrolle der
und sympathischen Nervenfasern. Thermogenese besitzt das Noradrenalin weitere Funk-
Die Abbildung zeigt den typischen ultrastrukturellen tionen, die mit der Proliferation und Differenzierung der
Aufbau brauner Adipozyten. Charakteristisch ist der im braunen Adipozyten im Zusammenhang stehen. Braune
Gegensatz zu den weißen Adipozyten zentral gelegene, (und weiße) Adipozyten entwickeln sich aus morpho-
rundliche Zellkern (N). Das Zytoplasma ist erfüllt von logisch undifferenziert erscheinenden mesenchymalen
unterschiedlich großen Fetttröpfchen (L) und zahl- Zellen der Umgebung von Kapillaren, die aber bereits
reichen großen Mitochondrien (M) und enthält raues Adipozyten-spezifische Transkriptionsfaktoren besitzen
wie glattes endoplasmatisches Retikulum. Mitochon- und somit schon determiniert sind. Noradrenalin
drien und Fetttröpfchen sind im Nebenbild bei stärke- fördert die Proliferation von Prä-Adipozyten, aber führt
rer Vergrößerung abgebildet. Die Mitochondrien zeich- nicht zur Induktion von UCP1. In reifen braunen
nen sich durch große, parallel angeordnete Cristae aus. Adipozyten reguliert es jedoch direkt die Expression des
Des weiteren sind kleine Gruppierungen von Peroxiso- Gens für UCP1 und hemmt die Apoptose.
men (PO) vorhanden. Die braunen Adipozyten sind
von einer Basalmembran umgeben. Der Reichtum des
braunen Fettgewebes an Kapillaren (Kap) manifestiert Literatur
sich selbst in der hier gezeigten einzelnen elektronen- Cannon B and Nedergaard J (2004) Brown adipose tissue: func-
mikroskopischen Aufnahme. Zu erwähnen ist die enge tion and physiological significance. Physiol Rev 84: 277
topografische Beziehung zwischen Adipozyten und den Cinti S (1999) The adipose organ. Milan: Kurtis
Kapillarendothelien, wobei letztere oftmals hyper- Cinti S (2001) The adipose organ: morphological perspectives of
trophisch sein können (Kap*) und wahrscheinlich von adipose tissues. Proc Nutr Soc 60: 319
den NO- und CO-synthetisierenden braunen Adipo- Cinti S (2002) Adipocyte differentiation and transdifferentiation:
zyten funktionell beeinflusst werden. plasticity of the adipose organ. J Endocrinol Invest 25: 823
Im Gegensatz zum weißen Fettgewebe werden die Klaus S (2004) Adipose tissue as a regulator of energy balance.
Fettsäuren durch das braune Fettgewebe für die Wärme- Curr Drug Targets 5: 241
Klingenberg M and Huang S-G (1999) Structure and function of
bildung verwendet, und dieser Prozess setzt ein, wenn
the uncoupling protein from brown adipose tissue. Biochim
die Grenze der Thermoneutralität unterschritten wird. Biophys Acta 1415: 271
Die Thermogenese wird maßgeblich von Noradrenalin Lafontan M and Berlan M (1993) Fat cell adrenergic receptors anf
kontrolliert und erfolgt im Wesentlichen über `-adren- the control of white and brown fat cell function. J Lipid Res 34:
ergische Rezeptoren der braunen Adipozyten. Die enge 1057
räumliche Beziehung zwischen den Fetttröpfchen und Trayhurn P and Nicholls D (1986) Brown adipose tissue. London:
den Mitochondrien, wie im Nebenbild ersichtlich, ist Edward Arnold

Vergrößerung: x 10,300 (A); x 33,000 (Nebenbild)


Abbildung 133 269

Kap
Nukleus
L

M
L

PO L

Kap*
M

Nukleus

L
L M

M L

Kap
270 Der Knorpel

DER GELENKKNORPEL

Das Knorpelgewebe stellt ein spezialisiertes Bindege- interterritoriale Matrix, die den Hauptteil der Matrix
webe dar, welches mit dem Knochengewebe das Stütz- darstellt, ist ausschnittsweise in Abbildung B bei starker
gewebe des Körpers bildet. Drei Typen von Knorpel- Vergrößerung gezeigt. Sie besteht aus einem dichten
gewebe können unterschieden werden: der hyaline und Netzwerk von 50-150 nm dicken Kollagenfasern, die in
der elastische Knorpel und der Faserknorpel. Sie unter- zwei unterschiedlichen Anordnungen vorliegen. Zum
scheiden sich in der Menge und der Zusammensetzung einem finden sich parallel zur Oberfläche ausgerichtete
der Fasern der Matrix und in ihrer Verteilung im Kollagenfasern, die in den tieferen Regionen radiär bis
Körper. Alle drei Knorpelformen sind gekennzeichnet schräg verlaufen und damit arkadenartige Formationen
durch einen niedrigen Stoffwechsel, das Fehlen von bilden. In einem einzelnen Ultradünnschnitt, wie in
Blutgefäßen und die Fähigkeit zu wachsen. Knorpel- Abbildung B gezeigt, sind daher sowohl längsgeschnit-
gewebe besteht aus Chondrozyten, die in kleinen tene (Pfeile) als auch quergeschnittene (offener Pfeil)
Gruppen angeordnet die Chondrone bilden, und einer Kollagenfasern von unterschiedlichen Durchmessern
Matrix, die den Hauptbestandteil des Gewebes aus- sichtbar. Die zwischen ihnen gelegenen Proteoglykane
macht. Die Matrix ist reich an Kollagenen und Proteo- stellen sich als eine feingranuläre Struktur dar (G). Im
glykanen und besteht zu 60–80% aus Wasser. Diese Gegensatz hierzu sind die Kollagenfasern im unreifen
Zusammensetzung bedingt die elastischen Konsistenz Knorpel ungeordnet, isotrop angeordnet.
des Knorpels und seine hohe Zugfestigkeit. Hyaliner Gelenkknorpel kann lokalisiert oder diffus ver-
Knorpel ist die häufigste Knorpelform und überzieht kalken. Abbildung C zeigt kleine Verkalkungsherde im
beispielsweise die knöchernen Gelenkflächen, daher der Interterritorium menschlichen Gelenkknorpels. Da das
Name Gelenkknorpel. Gewebe konventionell chemisch fixiert wurde, ist die
Detaillierte Analysen zum Aufbau der Matrix des Erhaltung der Matrix suboptimal.
Gelenkknorpels sind durch die Technik des Hochdruck-
gefrierens möglich geworden, die im Gegensatz zur Literatur
chemischen Fixierung das Knorpelgewebe gewisser-
maßen in seiner nativen Struktur erhält. Abbildungen A Ghadially F (1983) Fine structure of synovial joints. A text and
atlas of normal and pathological articular tissues. London:
und B zeigen elektronenmikroskopische Aufnahmen
Butterworth
von Gelenkknorpel, der mittels Hochdruckgefrierens Hunziker E (1992) Articular cartilage structure in humans and
fixiert wurde und nach Gefriersubstitution in Epon experimental animals. In: Articular cartilage and osteoarthritis.
eingebettet wurde. Abbildung A zeigt zwei benachbarte (Kuettner K, Schleyerbach R, Peyron J, and Hascall V, eds). New
Chondrone, die von je zwei Chondrozyten gebildet sind. York: Raven, pp 183
Chondrozyten synthetisieren und sezernieren die Kom- Hunziker EB, Herrmann W, Schenk RK, Mueller M, and Moor H
ponenten der Matrix und enthalten reichlich endoplas- (1984) Cartilage ultrastructure after high pressure freezing, freeze
matisches Retikulum und einen gut entwickelten Golgi substitution, and low temperature embedding. I. Chondrocyte
Apparat. Die Chondrone sind von der perizellulären ultrastructure-implications for the theories of mineralization and
Matrix (PM) umgeben, an die sich die territoriale vascular invasion. J Cell Biol 98: 267
Matrix (TM) anschließt. Diese Territorien werden von Hunziker EB, Michel M, and Studer D (1997) Ultrastructure of
adult human articular cartilage matrix after cryotechnical pro-
der interterritorialen Matrix (ITM) umgeben und
cessing. Microsc Res Tech 37: 271
begrenzt. Die drei Matrixkomponenten unterscheiden Hunziker EB, and Schenk RK (1984) Cartilage ultrastructure after
sich durch die Zusammensetzung und Anordnung der high pressure freezing, freeze substitution, and low temperature
Kollagenfasern. Die perizelluläre Matrix ist relativ embedding. II. Intercellular matrix ultrastructure – preservation
homogen, da sie keine Kollagenfasern enthält und von of proteoglycans in their native state. J Cell Biol 98: 277
10–15 nm dicken Filamenten durchsetzt ist. Die sich Poole C (1993) The structure and function of articular cartilage
anschließende territoriale Matrix besteht aus dichten matrices. In: Joint cartilage degradation. Basic and clinical aspects
Netzwerken von 10–20 nm dicken Kollagenfasern. Die (Woessner J, and Howell D, eds). New York: Marcel Dekker, pp 1

Vergrößerung: x 4,000 (A); x 34,000 (B); x 26,000 (C)


Abbildung 134 271

PM

Nukleus
PM

TM
TM

PM

ITM
A

B C
272 Der Knochen

OSTEOBLAST UND OSTEOZYT

Das Knochengewebe ist das Gewebe des Skeletts, das liche Osteoblastenschicht bereits verlassen. Die polare
dem Körper Festigkeit und Halt gibt und empfindliche Organisation ist nicht mehr erkennbar. Er ist zum Teil
Organe gegenüber schädigenden Einwirkungen schützt. von seinem Produkt, dem Osteoid (O), umgeben und
Es ist ein besonders stabiles Binde- und Stützgewebe, mit einem dünnen Fortsatz (Pfeil) tritt er in Kontakt
charakterisiert durch die Imprägnierung der extrazel- mit einem der Fortsätze des „jungen“ Osteozyten
lulären Matrix mit Kalzium- und Phosphatsalzen. In (Pfeil), der im untersten Segment der Abbildung zu
einem komplexen Mineralisationsprozess werden sehen ist. Der Osteozyt liegt bereits innerhalb der mine-
Hydroxylapatitkristalle an Komponenten der Grund- ralisierten Matrix (M), doch ist er nach wie vor
substanz und kollagene Fibrillen angelagert. Die resul- hochaktiv, wie aus dem überreichlich vorhandenen
tierende spezielle Festigkeit und Stabilität des Gewebes rauen endoplasmatischen Retikulum zu erkennen ist. Es
machen es für die geforderten Stütz- und Schutz- ist dies ein wesentlicher Unterschied zum Osteozyten in
funktionen besonders geeignet. Das Knochengewebe ist Abbildung B. Dieser „ältere“ Osteozyt liegt in einer
gut vaskularisiert. Es bildet ein Reservoir für Kalzium- kleinen Höhle eingebettet in der mineralisierten Matrix.
und Phosphationen und ist in die Regulierung des Der schmale Zytoplasmasaum um den Kern enthält nur
Blutkalziumspiegels mit einbezogen. Wenn es auch starr wenige Organellen. Ein dünner Fortsatz reicht in einen
und unflexibel erscheint, ist es doch metabolisch sehr feinen Kanal (Pfeil). Unzählige solcher Canaliculi
aktiv und sensitiv gegenüber geänderten Funktions- durchsetzen die mineralisierte Matrix und bauen ein
zuständen. Funktions- und Belastungsänderungen im Kommunikationssystem für die Ernährung der Zellen
Organismus führen zur Reorganisation des Knochen- innerhalb der harten Knochenmatrix auf. Nährstoffe
gewebes und Umbau des Knochens. Nicht nur während diffundieren aus den Blutgefäßen, die in den
der Embryonalentwicklung, sondern auch im erwachse- Gefäßkanälen liegen, durch die Canaliculi zu den
nen Körper wird der Knochen in Anpassung an die Osteozytenhöhlen. Auch die Osteozyten selbst kommu-
funktionelleen Bedingungen und die jeweilige Belas- nizieren über Gap Junctions.
tungssituation laufend umorganisiert. Das ist verbunden In der Osteoidschicht (O) in Abbildung C sind feine
mit Knochenresorption, Neubildung von mineralisierter kollagene Fibrillen zu erkennen. Diese werden, Hand in
Matrix und Gefäßneubildung. Hand gehend mit der Transformation der Osteoblasten
Die Abbildungen A, B und C zeigen Ausschnitte aus zu Osteozyten, weiter zu dickeren Bündeln zusam-
Knochengewebe der Maus. Ein Gefäßkanal mit einer mengefasst. Die elektronendichten Flecken und Büschel
Blutkapillare (Kap), eingebettet in lockeres Binde- sind Mineralisationsareale und weisen darauf hin, dass
gewebe mit Fibroblasten und Osteoprogenitorzellen, ist die Einlagerung von Mineralsalzen, die von den
in Abbildung A dargestellt. Aktive Osteoblasten (Obl) Osteoblasten initiiert und kontrolliert wird, bereits
sind epithelartig aufgereiht. Sie produzieren Osteoid, die eingesetzt hat.
noch nicht mineralisierte Knochenmatrix, die haupt-
sächlich aus Typ I kollagenen Fibrillen, weniger Typ V
Kollagen, und einer Reihe von Grundsubstanz- Literatur
molekülen, Glykosaminoglykanen und Glykoproteinen,
wie Osteokalzin, Osteopontin und Osteonektin, besteht. Boskey AL (1992) Mineral-matrix interactions in bone and carti-
Osteoid ist als feine fibrilläre Schicht den Osteoblasten lage. Clin Orthop Rel Res 281: 244
benachbart zu sehen. Die nach außen anschließenden, Ducy P, Schinke T, and Karsenty G (2000) The osteoblast: A
sophisticated fibroblast under central surveillance. Science 289:
extrem elektronendichten, Areale entsprechen der schon
1501
mineralisierten Knochenmatrix. Lorenz M, and Plenk H Jr (1977) Die Ultrastruktur der Zellen des
Der Osteoblast in Abbildung C zeigt Charakteristika Knochengewebes. Acta Med Austr 4: 148
einer hochaktiven sezernierenden Zelle mit großen Olsen BR, Reginato AM, and Wang W (2000) Bone development.
Nukleolen, dicht gepacktem rauen endoplasmatischen Annu Rev Cell Dev Biol 16: 191
Retikulum (Ergastoplasma) und prominenten Golgi Ortega N, Behonick DJ, and Werb Z (2004) Matrix remodelling
Apparaten. Einer der Osteoblasten hat die epithelähn- during enchondral ossification. Trends Cell Biol 14: 86

Vergrößerung: x 3,000 (A); x 1,800 (B); x 9,400 (C)


Abbildung 135 273

Obl
Kap
Osteozyt

Obl

A B

Osteoblast

M M
M

Osteozyt

C
274 Der Knochen

OSTEOKLAST

Knochenabbau durch Resorption der Knochenmatrix Die Membran der Ruffled Border enthält vakuoläre
ist Aufgabe der Osteoklasten, voluminöser vielkerniger H+-ATPase und zeigt Gemeinsamkeiten mit der
Zellen, die sich durch Fusion und spezielle Differen- Membran später Endosomenkompartimente. Es wird
zierungsprozesse aus Vorläuferzellen der Monozyten/ ein saures Milieu, das die Aktivität der lysosomalen
Makrophagenlinie aus dem Knochenmark entwickeln. Enzyme begünstigt, geschaffen. Die Knochenresorp-
Der Knochenabbau ist ein Prozess, der mit der Knochen- tionsfläche mit der Ruffled Border ist durch ringförmig
neubildung eng verbunden ist und gewährleistet, dass angeordnete, spezielle Zytoplasmadomänen, die mit
Knochengewebe laufend umgebaut werden kann. Durch zahlreichen Aktinfilamenten ausgestattet, doch im
die Kopplung von Knochenneubildung und Knochen- wesentlichen frei von Zellorganellen sind, begrenzt.
resorption kann ein komplexer Skelettteil ausgeformt Dieser Zytoplasmaring bildet eine Versiegelungszone,
werden, können die Gefäßkanäle entstehen und die not- die den Raum der Knochenresorption mit dem sauren
wendigen Anpassungen des knöchernen Skeletts an die Milieu von der Umgebung abgrenzt. Teile des
Funktions- und Belastungsänderungen des Körpers Abdichtungszone (clear zone – CZ) sind in Abbildung B
stattfinden. Die Knochenresorption durch Osteo- sichtbar.
klastenaktivität ist eine der Grundlagen für die Regu- Die abgebaute Knochenmatrix wird von den
lierung des Blutkalziumspiegels. Die Osteoklasten treten Osteoklasten zur weiteren Verarbeitung internalisiert, in
mit dem abzubauenden Knochen in Kontakt. An der transzytotische Vesikel aufgenommen und an der, den
dem Knochen anliegenden Oberfläche wird die Resorptionsarealen gegenüberliegenden, basolateralen
Plasmamembran durch die Ausbildung zahlreicher Plasmamembran in den Extrazellularraum abgegeben.
Einfaltungen massiv vergrößert. Es bildet sich die für An der Ruffled Border findet Sekretion und Endozytose
Osteoklasten charakteristische gekrauste resorbierende in zwei Subdomänen, einer peripheren Sekretions-
Oberfläche, die „Ruffled Border“ (RB). Durch Abbau domäne (Vesikelfusionszone) und einer zentralen
von Knochenmatrix entsteht in diesem Bereich eine Endozytosedomäne (Matrixaufnahmezone) in sehr ge-
Ausnehmung in der Matrix, die „Resorptionsbucht“ ordneter Weise statt. Endozytose von der Ruffled Border
oder Howship’sche Lakune. und Transzytose sind sehr rasch über Mikrotubuli
Abbildung A zeigt einen Osteoklasten in einer ablaufende Prozesse und sind von der Ansäuerung des
Lakune innerhalb der mineralisierten Knochenmatrix, Extrazellularraums abhängig.
die als sehr dichte Fläche im Bild links unten zu sehen
ist. Drei der Kerne sind angeschnitten. Die zur Matrix
hin gerichtete, „ausgefranst“ wirkende, Oberfläche Literatur
entspricht der resorptionsaktiven Oberflächenregion Holtrop ME, and King GJ (1977) The ultrastructure of the osteo-
des Osteoklasten. Details der Knochenresorptions- clast and its functional implications. Clin Orthop 123: 177
oberfläche mit der charakteristischen Ruffled Border Mulari MTK, Zhao H, Lakkakorpi PT, and Väänänen HK (2003)
kommen in Abbildung B zur Darstellung. Zahlreiche Osteoclast ruffled border has distinct subdomains for secretion
feine, aus dem Knochen freigesetzte, nadelförmige and degraded matrix uptake. Traffic 4: 113
Kristalle sind an der Resorptionsfront zwischen den Ortega N, Behonick DJ, and Werb Z (2004) Matrix remodelling
Membraneinfaltungen zu sehen. Die Knochenresorp- during enchondral ossification. Trends Cell Biol 14: 86
tion ist ein komplexer Vorgang, bei dem die Matrix Salo J, Lehenkari P, Mulari M, Metsikko K, and Vaananen HK
demineralisiert wird, die Mineralsalze im sauren Milieu (1997) Removal of osteoclast bone resorption products by trans-
gelöst und die organischen Bestandteile enzymatisch cytosis. Science 276: 270
Stenbeck G, and Horton MA (2003) Endocytic trafficking in
abgebaut werden. Die zu resorbierenden Knochen-
actively resorbing osteoclasts. J Cell Sci 117: 827
matrixareale werden lysosomalen Enzymen, die aus Teitelbaum SL (2000) Bone resorption by osteoclasts. Science 289:
sekretorischen Lysosomen der Osteoklasten stammen, 1504
ausgesetzt. Die Enzyme werden in den Osteoklasten Toyomura T, Murata Y, Yamamoto A, Oka T, Sun-Wada G-H,
synthetisiert, an der trans-Golgi Seite abgepackt und Wada Y, and Futai M (2003) From lysosomes to the plasma mem-
über Exozytose in die Spalten zwischen den brane. Localization of vacuolar H+-ATPase with the a3 isoform
Membraneinfaltungen der Ruffled Border abgegeben. during osteoclast differentiation. J Biol Chem 278: 22023

Vergrößerung: x 8,600 (A); x 21,800 (B)


Abbildung 136 275

Osteoklast

RB

CZ

RB

CZ
B
276 Die Skelettmuskulatur und Dystrophien

MYOFIBRILLEN UND SARKOMER

Die Skelettmuskelzellen, häufiger als Muskelfasern be- dicken Myosinfilamente mit der Z-Scheibe verbindet.
zeichnet, sind vielkernige Synzytien, die während der Eine weniger dichte Region im Zentrum der A-Zonen,
Entwicklung durch Fusion von Vorläuferzellen, den die H-Zone, entspicht der aktinfilamentfreien Zone mit
Myoblasten, entstehen. Sie messen im Durchmesser den stabförmigen Anteilen der Myosinmoleküle. Die
10–100µm und können Längen von wenigen Milli- H-Zone ist durch die stärker kontrastierte M-Linie
metern bis fast einen Meter erreichen. Die Kerne, zweigeteilt. Im Zentrum der der A-Zone werden über
Hunderte an Zahl, sind in der Zellperipherie nahe der verbindende Proteine die Myosinfilamente in Stellung
Plasmamembran lokalisiert, während fast der gesamte gehalten. Ein Intermediärfilamentgitter aus Desmin
Innenraum der Muskelfaser von den längs ausgerich- bildet stabilisierende Quervernetzungen zwischen den
teten Myofibrillen eingenommen wird. Die Myofibrillen benachbarten Myofibrillen, die mit der Plasma-
setzen sich aus den 2 Klassen von Myofilamenten membran und der extrazellulären Matrix über die
zusammen: Den dicken Myosinfilamenten, die aus den Kostameren, die gegenüber den Z- und M-Linien posi-
Myosin II Molekülen mit stabförmigen Körpern und tioniert sind, verbunden sind. Dystrophin, ein stabför-
globulären Kopfdomänen aufgebaut sind, und den aus miges dimeres Protein, stellt durch Bindung an Aktin
Aktindoppelhelices bestehenden dünnen Aktinfilamen- einerseits und an Transmembranproteine, die wiederum
ten (siehe auch Abb. 68). mit Laminin und Agrin in der Basallamina interagieren,
Die Abbildung zeigt einen Ausschnitt aus dem andererseits die Verbindung zwischen dem Zytoskelett
Zytoplasma einer quergestreiften Skelettmuskelfaser mit der Muskelfaser und der extrazellulärer Matrix her.
den parallel angeordneten Myofibrillen. Die Mitochon- Tropomyosin und die drei Troponinmoleküle haben
drien (M) sind in den schmalen Zytoplasmasträngen eine Schlüsselfunktion bei der Initiation der
zwischen den Myofibrillen, wo auch Glykogen (Stern) Kontraktion. Ausgelöst durch Ca2+-Bindung an eines der
angereichert ist, aufgereiht. In regelmäßigen Abständen Troponine werden durch Positionsänderung des
sind Membranprofile des sarkoplasmatischen Retiku- Tropomyosins die Myosinköpfchenbindungsstellen an
lums mit Triaden (Pfeile; siehe auch Abb. 138) zu sehen. den Aktinmolekülen freigelegt. In Kontraktionszyklen
Das Querstreifungsmuster im Zytoplasma der mit definiert aufeinanderfolgenden Schritten kommt es
Muskelfaser kommt durch die geordnete Aneinander- durch Bindung, Stellungsänderung, Lösung, und aber-
reihung der Myofibrillen, die in gleicher Anordnung malige Bindung der Myosinköpfchen an die Aktin-
Seite an Seite liegen, zustande, während die Streifung moleküle zur gleitenden Bewegung der dünnen Aktin-
der Myofibrillen die Anordnung der Myofilamente filamente entlang den dicken Myosinfilamenten. Dies
spiegelt (siehe auch Nebenbild). Intensiver kontrastierte führt durch Verkürzung der Sarkomere zur Kontraktion
A-Bänder, in denen die Filamente deutlich erkennbar der Muskelfaser. Die benachbarten Sarkomere kontra-
sind (A-Zonen oder A-Streifen, A – anisotrop), kommen hieren mit jeweils kurzer Zeitverschiebung.
durch die dicken Myosinfilamente zustande. In den
weniger intensiv gefärbten I-Bändern (I-Zonen oder I-
Streifen, I – isotrop), die frei von Myosin sind, Literatur
dominieren die Aktinfilamente. Die dichten Z-Linien
im Zentrum der I-Bänder entsprechen scheibenförmi- Clark KA, McElhinny AS, Meckerle MC, and Gregorio CC (2002)
Striated muscle cytoarchitecture: an intricate web of form and
gen Plattformen, in denen die Aktinfilamente über
function. Annu Rev Cell Dev Biol 18: 637
Alpha-Aktinin verankert sind. Nebulin windet sich um Gordon AM, Homsher E, and Regnier M (2000) Regulation of
die Aktinfilamente und unterstützt die Aktin- contraction in striated muscle. Physiol Rev 80: 853
verankerung. Weitere assoziierte Proteine sind Tropo- Towler MC, Kaufman SJ, and Brodsky FM (2004) Membrane
modulin, ein Aktin-kappenbildendes Protein, das die traffic in skeletal muscle. Traffic 5: 129
Länge der Aktinfilamente reguliert, und Titin, ein Tskhovrebova L, and Trinick J (2003) Titin: Properties and family
Riesenmolekül mit elastischen Eigenschaften, das die relationships. Nat Rev Mol Cell Biol 4: 679

Vergrößerung: x 33,000, x 48,500 (Nebenbild)


Abbildung 137 277

Sarkomer
Z Z
M
A A
H
I I
278 Die Skelettmuskulatur und Dystrophien

DAS SARKOPLASMISCHE RETIKULUM , TRIADEN, SATELLITENZELLE

Für die Muskelkontraktion müssen Ca2+-Ionen zur ATPasen in der Membran des L-Systems Ca2+ in das
Verfügung sein und rasch wieder entfernt werden. Die Lumen der Terminalzisternen rücktransportiert. In den
rapide Freisetzung und Entfernung von Ca2+ wird durch Skelettmuskelfasern sind die Triaden regelmäßig an den
ein komplexes Membransystem, das jede Myofibrille Übergangsregionen der A- und I-Zonen lokalisiert
umgibt und unter dem Begriff „sarkoplasmatisches (siehe Abb. 137).
Retikulum“ zusammengefasst wird, ermöglicht. Das Häufig besteht eine enge Nachbarschaft von T-
sarkoplasmatische Retikulum besteht aus 2 Teilen, dem Tubuli und Caveolae in der Plasmamembran der
Longitudinalsystem oder L-System und dem Trans- Muskelfasern, wie das in Abbildung A zu sehen ist. Die
versalsystem oder T-Tubulussystem. Das L-System ist T-Tubulusmembranen sind, ebenso wie die Membranen
longitudinal um die Myofibrillen ausgerichtet. Es der Caveolae (siehe Abb. 46), reich an Cholesterin.
entspricht dem glatten endoplasmatischen Retikulum, Caveolae scheinen in die Entwicklung des T-Tubulus-
umgibt als komplexes Zisternensystem jede Myofibrille systems eingebunden. Die Pfeilköpfe in Abbildung A
und dient als Hauptkalziumspeicher. Die Endbereiche markieren die Basallamina, die die gesamte Oberfläche
sind zu Terminalzisternen erweitert. Das T-System der Muskelfasern kontinuierlich überzieht.
besteht aus tubulären Einstülpungen der Plasma- In Abbildung C ist eine Satellitenzelle, die in einer
membran, die zirkulär jede Myofibrille umgeben. Von gemeinsamen Basallaminahülle (Pfeilköpfe) in unmit-
manchen Autoren wird die Bezeichnung „sarkoplasma- telbarer Nachbarschaft zur Plasmamembran einer
tisches Retikulum“ ausschließlich für das L-System ver- Muskelfaser lokalisiert ist, dargestellt. Im Zytoplasma
wendet. L- und T-System bilden gemeinsam die Signal- der Satellitenzelle sind zahlreiche Ribosomen, Membra-
transduktionsorganellen, die Triaden. nen des endoplasmatischen Retikulums und Vesikel zu
Eine Triade besteht aus 2 Terminalzisternen des erkennen, doch keine Myofibrillen. Dies entspricht dem
L-Systems, die ein T-Tubulussegment umschließen. In Bild einer Muskelvorläuferzelle. Skelettmuskulatur
den Triaden wird das, an der motorischen Endplatte besitzt Regenerationsfähigkeit nach Zellschädigungen
(siehe Abb. 139) ausgelöste, Aktionspotential von der durch Verletzungen oder Myopathien. Normalerweise
Plasmamembran über das T-System auf das L-System ruhende Satellitenzellen werden aktiviert, proliferieren
übertragen. Dies löst Ca2+-Freisetzung aus dem L- und können durch Fusion neue mehrkernige Muskel-
System in das Zytoplasma und die Initiation der fasern hervorbringen.
Muskelkontraktion aus (siehe Abb. 137).
Abbildung A zeigt Triaden (Pfeile) quer geschnitten
in den Zytoplasmasträngen zwischen oberflächlichen Literatur
Myofibrillen. In Abbildung B sind Triaden zum Teil Franzini-Armstrong C, Protasi F, and Ramesh V (1998)
flach geschnitten. Sowohl die Terminalzisternen des Comparative ultrastructure of Ca2+ release units in skeletal and
L-Systems (L) als auch die zentral gelegenen T-Tubuli cardiac muscle. Ann NY Acad Sci 853: 20
(T) sind deutlich zu erkennen. In den engen intermem- Mazzarello P, Calligaro A, Vannini V, and Muscatello U (2003)
branösen Zytoplasmaschlitzen zwischen den T-Tubuli The sarcoplasmic reticulum: Its discovery and rediscovery. Nat
und den Membranen der L-Zisternen ist dichtes Rev Mol Cell Biol 4: 69
Material sichtbar. Es entspricht Proteinkomplexen, die Nicole S, Desforges B, Millet G, Lesbordes J, Cifuentes-Diaz C,
in die Signalübertragung eingebunden sind. Span- Vertes D, Cao ML, de Backer F, Languille L, Roblot N, Joshi V,
Gillis JM, and Melki J (2003) Intact satellite cells lead to remark-
nungssensorproteine in der T-Tubulusmembran wer-
able protection against Smn gene defect in differentiated skeletal
den nach Depolarisation der Plasmamembran aktiviert muscle. J Cell Biol 161: 571
und führen zu Konformationsänderungen der Proteine, Towler MC, Kaufman SJ, and Brodsky FM (2004) Membrane
die ihrerseits Ca2+-Kanäle in der Membran der benach- traffic in skeletal muscle. Traffic 5: 129
barten Terminalzisternen des L-Systems öffnen und die Wagenknecht T, and Rademacher M (1997) Ryanodine receptors:
rapide Freisetzung von Ca2+ in das Zytoplasma Structure and macromolecular interactions. Curr Opin Struct
bewirken. Gleichzeitig wird über Ca2+-aktivierte Biol 7: 258

Vergrößerung: x 43,000 (A); x 69,000 (B); x 12,500 (C)


Abbildung 138 279

Triade
L T L

L L

A B

Satellitenzelle

C
280 Die Skelettmuskulatur und Dystrophien

MOTORISCHE ENDPLATTE

Als Motorische Endplatten werden die speziellen neuro- Die Abbildung zeigt ein Segment aus einer quer-
muskulären chemischen Synapsen an den Skelett- gestreiften Muskelfaser im Bereich einer motorischen
muskelfasern bezeichnet. Sie entstehen an den Kontakt- Endplatte. Drei von den hier akkumulierten Kernen
stellen der Endverzweigungen des Neuriten (Axon, siehe sind angeschnitten. Das Zytoplasma enthält zahlreiche
Abb. 144, 148) eines Motorneurons mit der Oberfläche Mitochondrien, endoplasmatisches Retikulum und freie
einer Muskelfaser. Motorische Endplatten haben einen Ribosomen. Myofibrillen (Sterne) sind im engeren Um-
charakteristischen Aufbau. Die Verzweigungen des feld der motorischen Endplatte sehr spärlich. Im linken
Axons endigen in kolbenförmigen Auftreibungen, den unteren Bildsegment ist die eigentliche neuromuskuläre
Endkolben, die einzeln in flachen Vertiefungen der Verbindung zu sehen. Der in einer Einsenkung der
Muskelzelloberfläche eingebettet sind. Die Basallamina Muskelfaser liegende Endkolben eines Axons ist in
um die Gliazellhülle des Axons (siehe Abb. 148) setzt diesem Querschnitt vom Zytoplasma der Muskelzelle
sich direkt in die Basallamina der Muskelzelle und auch allseits umgeben. Im Zytoplasma des Axons sind
in den synaptische Spalt zwischen der Plasmamembran Mitochondrien und synaptische Vesikel erkennbar. Die
der Endkolbens und derjenigen der Muskelfaser fort. Pfeile weisen auf die für die motorische Endplatte
Der Endkolben des Axons bildet den präsynaptischen charakteristische labyrinthartige Faltenregion mit den
Teil der neuromuskulären Verbindung, in dem der schmalen Trögen und den dazwischen liegenden
Transmitter Azetylcholin in synaptischen Vesikeln Leisten. Die Fortsetzung des synaptischen Spalts in die
gespeichert ist. Die Erregungsübertragung erfolgt durch Tröge hinein ist deutlich erkennbar, ebenso die feine
Freisetzung des Azetylcholins durch Exozytose in den Basallamina, die die Plasmamembran auch im Bereich
synaptischen Spalt und Bindung an spezifische Rezep- der Einsenkungen kontinuierlich überzieht. Membran-
toren in der Plasmamembran der Muskelfaser. Die konvolute des postsynaptischen Apparats einer neuro-
Plasmamembran der Muskelfaser bildet den postsynap- muskulären Verbindungsregion sind auch im linken
tischen Teil der motorischen Endplatte. Sie ist hier oberen Bildteil zu sehen (Pfeile), doch ist hier das Axon
durch extensive Faltung stark vergrößert und in funk- nicht angeschnitten.
tionell unterschiedliche Domänen gegliedert. Enge, zum Die Abbildung zeigt auch, dass die gesamte Muskel-
Teil verzweigte, trogartige Einsenkungen, in die hinein faser von einer Basallamina überzogen und in lockeres
sich der synaptische Spalt fortsetzt, wechseln mit Bindegewebe, das Endomysium, eingebettet ist.
schmalen oberflächlichen Leisten. Die Membran-
domänen im Bereich der Leisten tragen die Azetyl-
cholinrezeptoren, während die Ionenkanäle in den
Membrandomänen im Bereich der Tröge lokalisiert
Literatur
sind. Dadurch ist eine differenzierte Antwort auf einen
Nervenimpuls möglich. Die Bindung des in den synap- Burden SJ (2002) Building the vertebrate neuromuscular synapse.
tischen Spalt freigesetzten Azetylcholins an die Rezepto- J Neurobiol 53: 501
ren in der Leistenmembran führt zum Öffnen der Miana-Mena FJ, Roux S, Benichou JC, Osta R, and Brulet P
Kationenkanäle in den Trögen. Natriumeinstrom (2002) Neuronal activity-dependent membrane traffic at the
neuromuscular junction. Proc Natl Acad Sci USA 99: 3234
bewirkt eine lokale Membrandepolarisation, die über
Sanes JR, and Lichtman JW (1999) Development of the vertebrate
die Plasmamembran und das T-Tubulussysten die neuromuscular junction. Annu Rev Neurosci 22: 389
Triaden erreicht, wo das Signal auf das L-System über- Sanes JR, and Lichtman JW (2001) Induction, assembly, matura-
tragen wird, aus dem die kontraktionsauslösende Ca2+- tion and maintenance of a postsynaptic apparatus. Nat Rev
Freisetzung erfolgt (siehe Abb. 138). Eine kontinuier- Neurosci 2: 791
liche Stimulierung wird durch den raschen Abbau des Towler MC, Kaufman SJ, and Brodsky FM (2004) Membrane
Azetylcholins durch die Azetylcholinesterase verhindert. traffic in skeletal muscle. Traffic 5: 129

Vergrößerung: x 9,800
Abbildung 139 281

Motorische Endplatte

*
Axon
282 Die Skelettmuskulatur und Dystrophien

MUSKELDYSTROPHIEN

Muskeldystrophien sind eine Gruppe kongenitaler Die Muskeldystrophien vom Typ Duchenne und
Erkrankungen, die durch fortschreitenden Muskel- Becker werden X-chromosomal rezessiv vererbt und
schwund zu Muskelschwäche führen. Wegen der sind durch das vollständige Fehlen oder die Anwesen-
Schädigung und infolge von Nekrosen der Muskelfasern heit geringer Mengen verkürzten Dystrophins verur-
kommt es zu erhöhten Serumwerten von Kreatinkinase. sacht. Die kongenitale Muskeldystrophie vom Typ
Die verschiedenen Typen von Muskeldystrophien sind Fukuyama ist durch die Unterglykosilierung des Dystro-
durch Mutationen im Dystrophin Gen oder den Genen glykans verursacht. Dystroglykan ist der Hauptbestand-
für die Komponenten des Dystrophin-Glykoprotein teil des Dystrophin-Glykoprotein Komplexes. Mutati-
Komplexes, des Sarkoglykan Komplexes und des onen des Sarkoglykans, eines integralen Membran-
Laminin 2 verursacht. Durch die Schädigung auch nur glykoproteins, verursachen mitunter die Gliedergürtel-
einer einzigen dieser Komponenten kommt es zur Un- typ (Limb-Girdle) Dystrophie. Mutationen des Laminin
terbrechung der mechanischen Verbindung zwischen 2 (Merosin) verursachen die Merosin-Mangel Muskel-
dem Aktinzytoskelett der Muskelfasern und der Basal- dystrophie.
membran.
Bei der Duchenne Muskeldystrophie finden sich in
Gruppen angeordnete degenerierende und nekrotische Literatur
Muskelfasern, die von normal erscheinenden
Blake DJ, Weir A, Newey SE, and Davies KE (2002) Function and
Muskelfasern umgeben sind. In Abb. A ist eine dys- genetics of dystrophin and dystrophin-related proteins in muscle.
trophische Muskelfaser (rechts) und eine benachbarte Physiol Rev 82: 291
fast normal erscheinende Muskelfaser zu sehen, Die Durbeej M, and Campbell KP (2002) Muscular dystrophies
Veränderungen der dystrophischen Muskelfasern sind involving the dystrophin-glycoprotein complex: an overview of
komplex und betreffen primär die Struktur und current mouse models. Curr Opin Genet Dev 12: 349
Funktion des Sarkolemmas (Plasmamembran). Früh- Grewal PK, Holzfeind PJ, Bittner RE, and Hewitt JE (2001)
zeitig kommt es zu fokalen Brüchen des Sarkolemmas Mutant glycosyltransferase and altered glycosylation of alpha-
gefolgt von der Auflösung der Zellmembran. Das dystroglycan in the myodystrophy mouse. Nat Genet 28: 151
geschädigte Sarkolemma ist durchlässig für Proteine. Henry MD, and Campbell KP (1999) Dystroglycan inside and
Die Kalziumhomöostase der Muskelfasern ist ebenfalls out. Curr Opin Cell Biol 11: 602
Hohenester E, Tisi D, Talts JF, and Timpl R (1999) The crystal
gestört. Eine erhöhte Konzentration von intrazellulärem
structure of a laminin G-like module reveals the molecular basis
Kalzium führt nicht nur zur Hyperkontraktion der of alpha-dystroglycan binding to laminins, perlecan, and agrin.
Muskelfaser sondern auch über die Kalzium-bedingte Mol Cell 4: 783
Aktivierung von Proteasen zur ihrer Lyse. Regelmäßig Martin PT (2003) Dystroglycan glycosylation and its role in
werden keilförmig gestaltete abnormale Sarkomer- matrix binding in skeletal muscle. Glycobiology 13: 55R
abschnitte beobachtet. In den Abbildungen A und B ist Michele DE, Barresi R, Kanagawa M, Saito F, Cohn RD, Satz JS,
die pathologische Sarkomerstruktur klar ersichtlich. Dollar J, Nishino I, Kelley RI, Somer H, et al (2002) Post-transla-
Von den Z-Bändern sind nur noch Reste nachweisbar tional disruption of dystroglycan-ligand interactions in congeni-
(Pfeile). Die Myofibrillen sind zwar vorhanden, aber tal muscular dystrophies. Nature 418: 417
unregelmäßig angeordnet. Es finden sich reichlich Nishino I, and Ozawa E (2002) Muscular dystrophies. Curr Opin
Glykogenpartikeln (Sterne). In frühen Stadien der Neurol 15: 539
Patel TJ, and Lieber RL (1997) Force transmission in skeletal
Duchenne Muskeldystrophie kann es als Reaktion auf
muscle: from actomyosin to external tendons. Exerc Sport Sci Rev
Nekrosen zur Regeneration von Muskelfasern kommen. 25: 321
Letztere sind oftmals dünner und weisen zentral und Worton R, Molnar M, Brais B, and Karpati G (2001) The
nicht wie normalerweise peripher gelegene Zellkerne Muscular Dystrophies. In: The meatbolic and molecular bases of
auf (Abb. C). Als Reaktion auf die Muskelfaser- inherited disease (Scriver C, Beaudet A, Valle D, W. Sly WS,
untergänge kommt es zur Vermehrung des Binde- und Childs B, Kinzler K, and Vogelstein B, eds). New York: McGraw-
Fettgewebes. Hill, pp 5493

Vergrößerung: x 12,000 (A); x 44,000 (B); x 6,500 (C)


Abbildung 140 283

Muskeldystrophie (Duchenne)

Nukleus

B
284 Die Herzmuskulatur

MYOFIBRILLEN , GLANZSTREIFEN

Bezogen auf die Myofibrillenorganisation gehört die bart finden sich Haftareale in Form von Maculae
Herzmuskulatur, ebenso wie die Skelettmuskulatur, adhaerentes. Im transversalen Abschnitt verläuft die
zum Typ des quergestreiften Muskelgewebes. Die Schnittebene durch die sehr dichte Plaqueregion einer
Herzmuskelzellen sind voluminöse Zellen mit einem Fascia adhaerens. Die Plasmamembranen und der
großen, zentral gelegenen Kern. Über charakteristische Interzellularraum sind im Bereich der Fascia adhaerens
End-zu-End-Zellkontakte, die Disci intercalares (Glanz- auf Grund der Schnittführung nicht dargestellt, doch
streifen), stehen sie mit den Nachbarzellen in Verbin- auf beiden Seiten außerhalb der Glanzstreifenregion
dung und sind mit ihnen funktionell gekoppelt. Die sichtbar. Die Zellen sind von einer kontinuierlichen
Endbereiche der Herzmuskelzellen sind verzweigt und Basallamina überzogen und zeigen zahlreiche oberfläch-
unterschiedlich lang, sodass die Zellverbindungs- lich lokalisierte Vesikel und Caveolae. Triaden sind nicht
regionen stufenförmig, mit transversalen Abschnitten so regelmäßig angeordnet und prominent wie in den
im rechten Winkel zu den Myofibrillen und longitudi- Skelettmuskelfasern, doch sind die Myofibrillen von
nalen Abschnitten parallel zu den Myofibrillen, aufge- anastomosierenden Netzwerken des sarkoplasmatischen
baut sind. In den Disci intercalares der Herzmuskulatur Retikulums umgeben (Pfeilköpfe in Abb. A und B). An
sind 3 Klassen von Zell-Zell Kontakten in charakteristi- Stelle von Triaden werden oft Diaden gebildet.
scher Weise lokalisiert: Fasciae adhaerentes bilden band- Mitochondrien (M) mit dicht gepackten Cristae sind
förmige Haftareale im transversalen Teil der Disci inter- zahlreich in den Zytoplasmaarealen zwischen den
calares. In ihnen sind die Aktinfilamente der jeweils Myofibrillen, wo auch Glykogen eingelagert ist. Die
endständigen Sarkomeren der Nachbarzellen verankert. Energie-produzierenden und Energie-speichernden
Die Fasciae adhaerentes bilden in der Herzmuskulatur Organellen und Strukturen liegen eng benachbart zu
die Grundlage für ein zellübergreifendes Kontraktions- den Energie-verbrauchenden Kontraktionseinheiten,
system und ermöglichen die mechanische Kopplung der den Myofibrillen.
benachbarten Zellen. Maculae adhaerentes (Fleck- Die Region innerhalb des Rechtecks in Abbildung B
desmosomen, siehe auch Abb. 79) verbinden die be- wird in stärkerer Vergrößerung im Nebenbild gezeigt. In
nachbarten Zellen sowohl in den transversalen, als auch diesem Querschnitt durch eine A-Zone einer Myofibrille,
den lateralen Abschnitten der Disci intercalares und ver- wo die dicken Myosinfilamente und die dünnen Aktin-
stärken die mechanische Fixierung der Nachbarzellen. filamente ineinander geschoben sind und die Filament-
Gap Junctions (Nexus, Maculae communicantes, siehe regionen sich überlappen, ist deutlich erkennbar, dass
auch Abb. 78) befinden sich im longitudinalen Teil der jedes Myosinfilament von regelmäßig hexagonal ange-
Glanzstreifen, wo sie gegenüber den Kontraktions- ordneten Aktinfilamenten umgeben ist.
kräften geschützt sind. Sie erlauben Ionentransport
zwischen den benachbarten Zellen, dienen der Erre-
gungsweiterleitung und bilden die Grundlage für die
elektrische Kopplung der Nachbarzellen. Wenn auch das Literatur
Gewebe aus Einzelzellen aufgebaut ist, besteht im Fall
Franzini-Armstrong C, Protasi F, and Ramesh V (1998) Compa-
der Herzmuskulatur doch ein funktionelles Synzytium. rative ultrastructure of Ca2+ release units in skeletal and cardiac
Abbildung A zeigt aus dem Myocard eines Kanin- muscle. Ann NY Acad Sci 853: 20
chens die Zellkontaktregion eines Glanzstreifens im Miller MK, Granzier H, Ehler E, and Gregorio CC (2004) The
Bereich einer Übergangszone des transversalen in den sensitive giant: the role of titin-based stretch sensing complexes in
logitudinalen Abschnitt. Pfeile markieren eine Gap the heart. Trends Cell Biol 14: 119
Junction im longitudinalen Abschnitt. Beidseits benach- Severs NJ (2000) The cardiac muscle cell. Bioessays 22: 188

Vergrößerung: x 35,500 (A); x 114,000 (B); x 273,600 (Nebenbild)


Abbildung 141 285

M
M

M
Fa
sci
a
ad
ha
er
en
s

B
286 Die glatte Muskulatur

GLATTE MUSKELZELLEN, SYNAPSE Á DISTANCE

Die glatte Muskulatur, die die kontraktile Wand der Region um die Kernpole ausgehen. In Abbildung A ist in
inneren Hohlorgane und Gefäße bildet, besteht aus der zuoberst liegenden, längs geschnittenen, glatten
spindelförmiger Zellen, die meist in Bündeln organisiert Muskelzelle solch ein Zytoplasmabereich zu sehen.
sind und je nach Lokalisation und Aufgabe eine Länge Dichte Areale, die als Plattformen für die Verankerung
von 20µm in der Wand der Blutgefäße, über 200µm in der Aktinfilamente dienen, sind im Zellinneren zwischen
der Darmwand und bis zu 500µm in der Wand der den Filamenten erkennbar (Sterne in Abb. A) und an
Gebärmutter während der Schwangerschaft erreichen denjeingen Stellen, wo sie mit der Plasmamembran ver-
können. Die glatten Muskelzellen besitzen einen zentral bunden sind, besonders auffällig (Area densa, Abb. B).
gelegenen länglichen Kern mit spitz zulaufenden Enden. Die glatten Muskelzellen produzieren Bestandteile der
Im benachbarten, ebenfalls spindelförmigen Zyto- die Zelloberfläche kontinuierlich überziehenden
plasmabereich sind die Organellen und Kompartimente Basallamina (Pfeilköpfe), zum Beispiel Typ IV Kollagen,
des biosynthetischen Systems konzentriert. Der größte Laminin und Proteoglykane. In beiden Aufnahmen sind
Teil des Zytoplasmas wird vom kontraktilen Apparat Caveolae zu sehen, die in Gruppen die Oberfächenareale
aus Myosin II, Aktin und assoziierten Proteinen, der glatten Muskelzellen besetzen. Oft besteht eine enge
wie Tropomyosin und Caldesmon, eingenommen. Nachbarschaft zu glatten Membranen des endoplasma-
Calmodulin reguliert als Ca2+-bindendes Protein die tischen Retikulums (siehe Abb. 46A), die auf mögliche
intrazelluläre Ca2+-Konzentration. Anders als bei der Analogien zu den T- und L-Systemen in der querge-
Kontraktion der quergestreiften Muskulatur, wo der streiften Muskulatur hinweisen.
Troponin-Tropomyosinkomplex die kontraktionsaus- Die glatten Muskelzellen sind von einem feinen,
lösende Schlüsselrolle innehat, wird die Kontraktion der lockeren Bindegewebe, dem Endomysium, umgeben.
glatten Muskulatur über das Ca2+-Calmodulin/Myosin- Abbildung B zeigt in einiger Distanz zu der Oberfläche
Leichte Ketten-Kinasesystem reguliert und durch der glatten Muskelzelle ein Axon des vegetativen
Phosphorylierung einer der leichten Ketten in der Nervensystems, eingescheidet in eine Basallamina und
Myosin-Köpfchendomäne initiiert. eingebettet in ein Netzwerk von kollagenen Fibrillen
Ultrastrukturell dominieren die Aktinfilamente. (K). Benachbart liegt ein Fibroblastenfortsatz (F). Im
Über Alpha-Aktinin sind sie in den dichten Körpern, Axon, das hier keine Gliahülle besitzt (siehe Abb. 146),
Arealen und Plaques, die an der Plasmamembran haften sind nahe der Plasmamembran zahlreiche synaptische
und als ein anastomosierendes Netzwerk in des Vesikel (Pfeile) akkumuliert. Da die hier freigesetzten
Zellinnere ausstrahlen (siehe auch Abb. 118), verankert. Transmitter über eine gewisse Distanz zur Plasma-
Die dichten Körper und Plaques entsprechen den Z- membran der Muskelzelle, die die spezifischen Rezep-
Scheiben in der quergestreiften Muskulatur. Die toren trägt, diffundieren, wird diese Art der Synapsen als
Intermediärfilamente der glatten Muskelzellen bestehen „Distanzensynapse“ (synapse á distance) bezeichnet.
aus Desmin oder, im Fall der Gefäßmuskulatur, aus
Vimentin. Innerhalb eines Muskelzellbündels kommu-
nizieren die glatten Muskelzellen untereinander über Literatur
Gap Junctions.
Die Abbildungen A und B zeigen glatte Muskulatur Baron CB, and Coburn RF (2004) Smooth muscle raft-like mem-
aus der Rattendünndarmwand. Der größte Teil des branes. J Lipid Res 45: 41
Zytoplasmas der glatten Muskelzellen, die in Abbildung Bolton TB, Prestwich SA, Zholos AV, and Gordienko DV (1999)
Excitation-contraction coupling in gastrointestinal and other
A im unteren Bildteil längs und im oberen Teil quer
smooth muscles. Annu Rev Physiol 61: 85
geschnitten sind, wird von den kontraktilen Filamenten Isshiki M, and Anderson RGW (2003) Function of caveolae in
eingenommen. Mitochondrien (M) liegen zwischen den Ca2+ entry and Ca2+-dependent signal transduction. Traffic 4: 717
Filamenten und in der Zellperipherie aufgereiht, vor Je H-D, Gallant C, Leavis PC, and Morgan KG (2004) Caveolin-1
allem aber gemeinsam mit endoplasmatischem Retiku- regulates contractility in differentiated vascular smooth muscle.
lum, freien Ribosomen, Golgi Apparat und Lysosomen Am J Physiol Heart Circ Physiol 286: H91
in den spindelförmigen Zytoplasmaarealen, die von der

Vergrößerung: x 10,300 (A); x 52,000 (B)


Abbildung 142 287

M
*

Area densa

Caveolae

Axon
F

B K
288 Die glatte Muskulatur

CADASIL

CADASIL ist die Abkürzung für Cerebrale Autosomal zellulär gelegenen Anheftungsstellen für Myofilamente
Dominante Arteriopathie mit subkortikalen Hirnin- (Pfeilkopf) unterschieden werden.
farkten und Leukoenzephalopathie und ist die häufigste Die chemische Natur der CADASIL Ablagerungen ist
Form von vererbtem Schlaganfall. Üblicherweise tritt gegenwärtig unklar. Es bleibt zu beweisen, ob es sich bei
die Krankheit um das 45. Lebensjahr auf und ist ge- ihnen um die extrazellulären Domänen von Notch3
kennzeichnet durch wiederholte Schlaganfälle, Verän- Protein handelt, die bekanntermaßen in kleinen
derungen der weißen Substanz des Gehirns, Migräne Arterien bei CADASIL angehäuft sind.
und fortschreitende Demenz. CADASIL wird durch
Mutationen im Notch3 Gen verursacht, das auf Chro- Literatur
mosom 19q12 liegt. Die in den EGF-Motiven auftre- Baudrimont M, Chabriat H, Vahedi K, and Bousser M (1998)
tenden Mutationen führen entweder zum Verlust oder Diagnostic value of skin biopsies in cerebral autosomal dominant
zur Zunahme von Zystein. Die Notch Proteine sind arteriopathy with subcortical infarcts and leukoencephalopathy
wichtige Regulatoren für das Schicksal von Zellen oder (CADASIL). Neuropathol Appl Neurobiol 24: 148
sind in die Kontrolle von Signalen für die Zellprolifera- Hassan A, and Markus HS (2000) Genetics and ischaemic stroke.
Brain 123: 1784
tion und -reifung einbezogen.
Joutel A, Andreux F, Gaulis S, Domenga V, Cecillon M, Battail N,
Die charakteristischen Veränderungen bei CADASIL
Piga N, Chapon F, Godfrain C, and Tournier-Lasserve E (2000)
bestehen in einer systemischen arteriellen Vaskulo- The ectodomain of the Notch3 receptor accumulates within the
pathie, die vorwiegend die glatte Muskulatur kleiner cerebrovasculature of CADASIL patients. J Clin Invest 105: 597
Arterien betrifft. Es sind trotz der vorherrschenden kli- Joutel A, Corpechot C, Ducros A, Vahedi K, Chabriat H,
nischen Symptomatik aber nicht nur die kleinen Arterien Mouton P, Alamowitch S, Domenga V, Cecillion M, Marechal E,
der weißen Substanz betroffen, sondern auch die der et al (1996) Notch3 mutations in CADASIL, a hereditary adult-
Haut. Dadurch kann mittels der elektronenmikrosko- onset condition causing stroke and dementia. Nature 383: 707
pischen Untersuchung einer Hautbiopsie die Diagnose Kalaria RN (2001) Advances in molecular genetics and pathology
gestellt werden. In den Abbildungen A und B sind die of cerebrovascular disorders. Trends Neurosci 24: 392
typischen Veränderungen sichtbar, die in einer Ein- Kalimo H, Viitanen M, Amberla K, Juvonen V, Marttila R,
Poyhonen M, Rinne JO, Savontaus M, Tuisku S, and Winblad B
engung des Lumens der kleinen Arterien durch eine
(1999) CADASIL: hereditary disease of arteries causing brain
Intimaverdickung (Abb. A rechts oben), einem fort-
infarcts and dementia. Neuropathol Appl Neurobiol 25: 257
schreitenden Zerfall der glatten Muskelfasern und einer Ruchoux M, and Maurage E (1997) Review on CADASIL.
Vermehrung der extrazellulären Substanz bestehen. J Neuropathol Exptl Neurol 56: 947
Obwohl diese Veränderungen auch lichtmikroskopisch Ruchoux MM, Guerouaou D, Vandenhaute B, Pruvo JP,
nachweisbar sind, ist die entscheidende pathogno- Vermersch P, and Leys D (1995) Systemic vascular smooth mus-
monische Veränderung für die eindeutige Diagnose- cle cell impairment in cerebral autosomal dominant arteriopathy
stellung von CADASIL nur elektronenmikroskopisch with subcortical infarcts and leukoencephalopathy. Acta
nachweisbar. Sie besteht im Auftreten begrenzter Neuropathol (Berlin) 89: 500
Sourander P, and Walinder J (1977) Hereditary multi-infarct
Ablagerungen eines granulären elektronendichten
dementia. Morphological and clinical studies of a new disease.
Materials zwischen der Plasmamembran der glatten Acta Neuropathol (Berlin) 39: 247
Muskelfasern und der sie umgebenden Basalmembran Tournier-Lasserve E, Joutel A, Melki J, Weissenbach J,
(Pfeile in Abb. A und B). Bei starker Vergrößerung, wie Lathrop GM, Chabriat H, Mas JL, Cabanis EA, Baudrimont M,
in Abbildung B gezeigt, können diese extrazellulären Maciazek J, and et al (1993) Cerebral autosomal dominant arteri-
CADASIL Ablagerungen (Pfeile) eindeutig von den opathy with subcortical infarcts and leukoencephalopathy maps
ebenfalls begrenzten elektronendichten, aber intra- to chromosome 19q12. Nat Genet 3: 256

Vergrößerung: x 6,500 (A); x 36,000 (B)


Abbildung 143 289

Endothel

Erythrozyten

Nukleus

B
290 Das Nervengewebe und krankhafte Veränderungen

ZNS – NEURON, GLIAZELLEN

Das Nervengewebe mit den strukturellen und funktio- der Gliazellhüllen als Achsenzylinder (Axone) erschei-
nellen Grundlagen für die anspruchvollsten Funktionen nen, dargestellt. Die Nervenzellfortsätze liegen oft in
und Aufgaben des Organismus, einschließlich Gedächt- Gruppen und sind von feinen Gliazellfortsätzen ein-
nisleistungen und Kreativität, steht im Zentrum der gescheidet. In den Axonen sind Anschnitte von Mito-
zell- und molekularbiologischen Forschung und zieht chondrien zu sehen, ebenso zahlreiche Profile von
die höchste Aufmerksamkeit auf sich. Aktuelle Befunde Neurofilamenten und Mikrotubuli (Neurotubuli), die
über die Lokalisation neuronaler Stammzellen inner- Schienen für den axoplasmatischen Transport bilden. In
halb bestimmter Gehirnabschnitte erlauben revolutio- beiden Abbildungen, vor allem im rechten Bildsegment
när neue Einblicke in die Vorgänge bei der Neurogenese von Abbildung B, sind markhaltige Nervenfasern, in
und geben Hoffnung auf neue Behandlungsstrategien denen die Axone von Myelinscheiden (Sterne, siehe
zur Gewebserneuerung nach Verletzungen und bei auch Abb. 148) umgeben sind, zu sehen. Die Axon-
neurodegerativen Erkrankungen. scheiden aus Myelin werden im zentralen Nervensystem
Die Abbildungen A und B zeigen Ausschnitte aus von speziellen Gliazellen, den Oligodendrozyten, ge-
dem Nervengewebe des zentralen Nervensystems. Der bildet. Andere Gliazellen sind die protoplasmatischen
erste Blick auf die Ultrastrukturen des Hirnparenchyms und fibrillären Astrozyten, die mit ihren Fortsätzen in
ist verwirrend. Es ist schwer oder unmöglich, jedes enger Beziehung zu den Oberflächen der Neuronen all
Detail zu identifizieren und mit Sicherheit einem der ihre Teile, Perikaryon und Fortsätze, umhüllen.
beiden Zelltypen des Nervengewebes, Nervenzellen Astrozyten bilden die Grenzschichten an der Oberfläche
(Neuronen) und Gliazellen, zuzuordnen. Der große des Nervengewebes zur Pia mater und, mit füßchenför-
Zellkörper einer Nervenzelle mit dem Perikaryon und migen Fortsätzen, die Grenzschichten um die Blut-
mit einem dendritischen Fortsatz ist in Abbildung A zu gefäße, die perivaskulären Hüllen (Abb. 145).
sehen. Das umgebende Hirnparenchym besteht aus
zahllosen Nerven- und Gliazellfortsätzen, die eng Literatur
benachbart Seite an Seite liegend den engen, spaltförmi-
gen Interzellularraum begrenzen. Bannai H, Inoue T, Nakayama T, Hattori M, and Mikoshiba K
Die Neuronen sind die strukturellen und funktio- (2003) Kinesin dependent, rapid, bi-directional transport in
nellen Einheiten im Nervengewebe. Sie bestehen aus dendrites of hippocampal neurons. J Cell Sci 117: 163
Hickey WF, Vass K, and Lassmann H (1992) Bone marrow-
dem Zellkörper mit Kern und Perikaryon, einem
derived elements in the central nervous system: an immunohisto-
Fortsatz für die Impulsleitung aus dem Zellkörper her- chemical and ultrastructural survey of rat chimeras. J Neuro-
aus in die Peripherie, dem Neuriten, einem oder pathol Exp Neurol 51: 246
mehreren Fortsätzen, die hauptsächlich Impulse aus der Horne J (2004) New neurons? Nat Cell Biol 6: 287
Peripherie zum Perikaryon leiten, den Dendriten, und Matteoli M, Coco S, Schenk U, and Verderio C (2004) Vesicle
den Synapsenregionen, wo Impulse auf andere turnover in developing neurons: how to build a presynaptic ter-
Neuronen oder Effektorzellen übertragen werden (siehe minal. Trends Cell Biol 14: 133
auch Abb. 139). Der Nervenzellkörper enthält den Kern Priller L (2003) Grenzgänger: adult bone marrow cells populate
und das den Kern umgebende Zytoplasma, das Peri- the brain. Histochem Cell Biol 120: 85
karyon, wo sich alle Teile des biosynthetischen Systems, Sanai N, Tramontin AD, Quninones-Hinojosa A, Barbaro NM,
Ribosomen, endoplasmatisches Retikulum, Golgi Gupta N, Kunwar S, Lawton MT, McDermott MW, Parsa AT,
Verdugo JM-G, Berger MS, and Avlarez-Buylla A (2004) Unique
Apparat und alle anderen, für das zelluläre Leben
astrocyte ribbon in adult human brain contains neural stem cells
notwendigen, Organellen befinden. Eine dem Peri- but lacks chain migration. Nature 427: 740
karyon vergleichbare Organellenausstattung besitzen Song H, Stevens CF, and Gage FH (2002) Astroglia induce neuro-
die Dendriten. In den Abbildungen ist zwar der Axon- genesis from adult stem cells. Nature 417: 39
hügel, die Übergangsgangsstelle des Perikaryons in den Wisco D, Anderson ED, Chang MC, Norden C, Boiko T, Fölsch H,
Neuriten, anschnittsbedingt nicht zu sehen, doch sind in and Winckler B (2003) Uncovering multiple axonal targeting
beiden Abbildungen zahlreiche Neuriten, die innerhalb pathways in hippocampal neurons. J Cell Biol 162: 1317

Vergrößerung: x 5,500 (A); x 26,500 (B)


Abbildung 144 291

Dendrit

Perikaryon

B
292 Das Nervengewebe und krankhafte Veränderungen

ZNS – BLUT-HIRNSCHRANKE, SYNAPSEN

Seit mehr als 100 Jahren ist bekannt, dass das Gewebe oder hemmender Wirkung. Nach der Transmitter-
des Gehirns gegenüber schädigenden Substanzen aus exozytose werden Membrankomponenten reinternali-
dem Blut durch eine spezielle Schranke geschützt ist. siert, entweder über „kiss and run“-Mechanismen oder
Diese Blut-Hirn-Schranke beeinflusst den para- und Rezeptor-gesteuerte Endozytose.
transzellulären Verkehr. Tight Junctions zwischen den Die prä- und postsynaptischen Membranen besitzen
benachbarten Zellen im kontinuierlichen Endothel bil- speziell aufgebaute Funktionsdomänen, die sich mor-
den abdichtende Versiegelungsbänder. In den Endothel- phologisch durch Membranverdichtungen auszeichnen.
zellmembranen existieren spezifische Transportmecha- Entsprechend werden asymmetrische und symmet-
nismen auch für kleine Moleküle und die Anzahl der rische Synapsentypen unterschieden. Ein Beispiel einer
Rezeptoren ist gering. Substanzen, die entkommen, wer- asymmetrischen Synapse ist in Abbildung B zu sehen.
den durch ein spezielles Transportsystem in den Asymmetrische Synapsen, die hauptsächlich exzita-
Endothelzellen wieder in das Blut rücktransportiert. torischen Synapsen mit Glutamat als Transmitter ent-
Die zwei benachbarten kleinen Gefäße (Sterne) in sprechen, zeigen besonders prominente postsynaptische
Abbildung A sind repräsentativ für die Mikrovaskulatur Membranverdichtungen (Pfeilkopf). Auch sind über-
im Gewebe des Gehirns. Sie werden von einem konti- wiegend kugelförmige synaptische Vesikel (Pfeile)
nuierlichen Endothel ausgekleidet. Transportvesikel charakteristisch. Im Gegensatz dazu zeigen die sym-
sind nur spärlich zu sehen, wie es dem eingeschränkten metrischen Synapsen (Abb. C), die hauptsächlich inhi-
transzellulären Transport entspricht. Aus dem Kno- bitorischen Synapsen entsprechen, prominente Mem-
chenmark stammende perivaskuläre Zellen begleiten branverdichtungen an Membranarealen beider, der
die Gefäße. Noch innerhalb der Basallamina (Pfeil- post- und auch präsynaptischen, Membranen und es
köpfe) befindet sich ein Perizyt in engem Kontakt zum dominieren abgeflachte, scheibenförmige synaptische
Endothel. In der Nachbarschaft der Gefäße sind Zell- Vesikel (Pfeile in C).
körper mehrerer Astrozyten zu sehen und zahlreiche
Profile von Gliazellfortsätzen liegen nahe der Basallami-
na, wo sie eine perivaskuläre Gliaschicht, die Membrana Literatur
gliae perivascularis, aufbauen.
Die Abbildungen B und C zeigen Beispiele che- Hickey WF, Vass K, and Lassmann H (1992) Bone marrow-
mischer Synapsen, wo an spezialisierten Haftregionen derived elements in the central nervous system: An immunohisto-
der Neuronen die Nervenimpulse durch Neurotrans- chemical and ultrastructural survey of rat chimeras. J Neuro-
pathol Exp Neurol 51: 246
mitter übertragen werden. Eine Synapse besteht aus
Holburg A, and Lippoldt A (2002) Tight junctions of the blood-
einem präsynaptischen Teil (prä), oft der Endkolben brain barrier: development, composition, and regulation. Vascul
eines Axons, wo synaptische Vesikel, die den Transmitter Pharmacol 38: 323
enthalten, angehäuft sind (Pfeile), und einem post- Jarousse N, and Kelly RB (2001) Endocytic mechanisms in
synaptischen Teil (post), oft ein dornenförmiger synapses. Curr Opin Cell Biol 13: 461
Fortsatz eines Dendriten. Ein solcher ist quergeschnit- Matteoli M, Coco S, Schenk U, and Verderio C (2004) Vesicle
ten, umgeben von präsynaptischen Axonendigungen turnover in developing neurons: how to build a presynaptic ter-
mit synaptischen Vesikeln, in Abbildung B zu sehen. Die minal. Trends Cell Biol 14: 133
prä- und postsynaptischen Membranen sind durch den Micheva KD, Buchanan J Holz RW, and Smith SJ (2003)
sehr regelmäßigen, 20–30nm messenden, synaptischen Retrograde regulation of synaptic vesicle endocytosis and re-
Spalt getrennt. Ausgelöst durch Ca2+-Einstrom über cycling. Nat Neurosci 6: 925
Nitta T, Hata M Gotoh S, Seo Y, Sasaki H, Hashimoto N, Furuse
spannungsgesteuerte Kanäle, werden die Transmitter
M, and Tsukita S (2003) Size-selective loosening of the blood-
durch Fusion der Vesikelmembran mit der präsynap- brain barrier in claudin-5-deficient mice. J Cell Biol 161: 653
tischen Membran in den synaptischen Spalt freigesetzt Sytnyk V, Leshchynśka I, Dityatev A, and Schachner M (2004)
und von spezifischen Rezeptoren in der postsynap- Trans-Golgi network delivery of synaptic proteins in synapto-
tischen Membran gebunden. Als Folge kommt es durch genesis. J Cell Sci 117: 381
Öffnen von Ionenkanälen zu Änderungen der Pola- Yamagata M, Sanes JR, and Weiner JA (2003) Synaptic adhesion
risation der postsynaptischen Membran mit erregender molecules. Curr Opin Cell Biol 15: 621

Vergrößerung: x 6,600 (A); x 53,000 (B);x 82,000 (C)


Abbildung 145 293

Blut-Hirnschranke

Perivaskuläre Zellen

*
* Astrozyten

Perizyt

Asymmetrische Synapse Symmetrische Synapse

prä

post
prä

post

B C
294 Das Nervengewebe und krankhafte Veränderungen

MARKLOSE NERVENFASER

Im peripheren Nervensystem sind die Nervenzellfort- Basallamina bedeckt. In solch superfizieller Position
sätze, die Neuriten (Axone) und die langen Dendriten befinden sich die Axone vor allem dort, wo Transmitter
(dendritische Axone), von spezialisierten Gliazellen, den freigesetzt werden, um zu den Oberflächen von
Schwann’schen Zellen, umhüllt. Die Axone, ihre Zielzellen, zum Beispiel glatten Muskelzellen oder
Schwann’sche Hülle und die umgebende Basallamina Drüsenzellen, zu diffundieren (siehe auch Abb. 142B).
bilden die impulsleitenden Strukturen, die Nerven- Im Axoplasma, dem Zytoplasma der Axone, sind
fasern. Bezugnehmend darauf, ob eine Myelinscheide neben den Mikrotubuli (Pfeile), die hier als Neurotubuli
(siehe Abb. 148) gebildet wird oder nicht, spricht man bezeichnet werden, auch Intermediärfilamente, hier
von markhaltigen oder marklosen Nervenfasern. Ent- Neurofilamente genannt, zu sehen. Neurotubuli und
lang der markhaltigen Nervenfasern erfolgt die Neurofilamente bilden Schienen für den axoplasmati-
Erregungsleitung sehr rasch, da die Myelinscheide eine schen Transport. Der rasche axoplasmatische Transport
isolierende Schicht bildet und der Impuls von einer verläuft bidirektional, erfordert ein intaktes Mikro-
erregbaren Region an den Zellgrenzen der tubulisystem und Motorproteine, Kinesine und
Schwann’schen Zellen zur nächsten „springt“. In den Dyneine. Kinesin ist im anterograden Transport einge-
marklosen Nervenfasern, die keine Myelinscheide setzt, über den neusynthetisierte Moleküle und
besitzen, breitet sich die Erregung kontinuierlich und Organellen, Mitochondrien und zahlreiche Vesikel, auch
weniger rasch aus. Marklose Nervenfasern gehören synaptische Vesikel, vom Perikaryon in die Axon-
hauptsächlich zu den postganglionären Fasern des vege- peripherie transportiert werden. Mit Dynein als Motor-
tativen Nervensystems. protein werden internalisierte Substanzen retrograd von
Die Abbildung zeigt eine marklose Nervenfaser in den Axonendbereichen zum Perikaryon transportiert.
der Dünndarmwand. Die Axone (A) liegen mehr oder Missbräuchlich werden solche Wege auch von Toxinen
weniger tief im Zytoplasma der Schwann’schen Zelle, und Viren verwendet.
deren Kern (N) rechts im Bild zu sehen ist, eingebettet Die Nervenfaser ist in lockeres Bindegewebe mit
und eine Basallamina (Pfeilköpfe), ein Produkt der feinen kollagenen Fibrillen, das Endoneurium, einge-
Schwannzelle, umgibt kontinuierlich die gesamte bettet.
Nervenfaser. In der Regel wird von einer Schwannzelle
mehr als ein Axon umhüllt. In enger räumlicher
Beziehung ihrer Plasmamembran zur Plasmamembran Literatur
des Axons, dem Axolemm, umgibt die Schwann’sche
Zelle die Axone (A), von denen die meisten komplett Janmey PA, Leterrier J-F, and Herrmann H (2003) Assembly and
eingescheidet sind. In diesen Fällen bilden invaginierte structure of neurofilaments. Curr Opin Colloid Interface Sci 8: 40
Lariviere RC, and Julien JP (2004) Functions of intermediate fila-
Plasmamembranareale ein Mesaxon (offene Pfeile), das
ments in neuronal development and disease. J Neurobiol 58: 131
als Aufhängeapparat für das Axon die Verbindung mit Mirsky R, Jessen KR, Brennan A, Parkinson D, Dong ZP, Meier C,
der Oberfläche herstellt. Ein Axon im linken Panmantier E, and Lawson D (2002) Schwann cells as regulators
Bildsegment, in dem auch Mikrotubuli (Pfeile), ein of nerve development. J Physiol 96: 17
Mitochondrion (Stern) und synaptische Vesikel zu Smith RS, and Snyder RE (1992) Relationship between the rapid
sehen sind, ist hier nur teilweise von der Schwannzelle axonal transport of newly synthesized proteins and membranous
umgeben. Zum Teil wird das Axon nur von der organelles. Mol Neurobiol 6: 285

Vergrößerung: x 33,300
Abbildung 146 295

N
*

Kollagene
Fibrillen

Lamina basalis Schwann'sche Zelle


296 Das Nervengewebe und krankhafte Veränderungen

PERIPHERER NERV, BINDEGEWEBSHÜLLEN

Die einzelnen Nervenfasern sind in den Nerven des Lamellen sind von einer Basallamina (Pfeilköpfe), die
peripheren Nervensystems von drei unterschiedlichen mit den kollagenen Fibrillen im Endoneurium innen
Bindegewebshüllen mit jeweils eigenen spezifischen und Epineurium außen in enger Verbindung steht,
Funktionen umgeben, dem Endoneurium, Perineurium überzogen. Kollagene Fibrillen (K in Abb. B) liegen auch
und Epineurium. Abbildung A zeigt alle drei Kom- zwischen den Perineuralzelllamellen. Fibroblasten
ponenten. In der marklosen Nervenfaser im Zentrum fehlen hier; man nimmt an, dass die Kollagenvorstufen
sind Axone mit zahlreichen Neurotubuli und Neuro- von den Perineuralzellen produziert werden. Das Zyto-
filamenten von feinen Schwannzellausläufern (S) um- plasma ist reich an Mitochondrien, Mikrotubuli und
hüllt. Die Nervenfaser liegt eingebettet in Endoneurium Filamenten, die die hohe Transportaktivität und
mit feinen Netzwerken kollagener Fibrillen (K). In Kontraktilität der Zellen widerspiegeln. Auf transzel-
größeren Nervenfaserbündeln (Nervenfaszikeln) wer- lulären Verkehr weisen die zahlreichen Vesikel, die aus-
den die einzelnen Nervenfasern und die Blutkapillaren gedehnte Areale der Perineuralzellen besetzen, beson-
vom Endoneurium zusammengehalten. Es besteht eine ders in den extrem dünnen Perineuralzelllamellen akku-
enge Verbindung der kollagenen Fibrillennetze mit den mulieren und häufig mit einer der beiden Oberflächen
Basallaminae der Schwannzellen einerseits und der in Verbindung sind (Abb. B). Ähnlich wie in den
Perineuralzellen andererseits. Fibroblasten sind spärlich Endothelzellen, die die Blut-Hirnschranke bilden,
innerhalb des Endoneuriums zu finden. Es wird ange- wirken die Perineuralzellen als Barriere und sind mit
nommen, dass Kollagenvorstufen auch von Schwann- molekularen Maschinerien für spezifischen Transport
zellen produziert wird. ausgestattet.
Das Perineurium umgibt die Nervenfasern eines Das Epineurium mit dicken Bündeln kollagener
Nervenfaszikels und besteht aus einem ganz speziell Fibrillen (K) bildet den äußersten Bindegewebsbereich
aufgebauten Bindegewebe, das eine epithelartige Grenz- eines peripheren Nerven. In einem großen Nerven
schicht aufbaut. In Abbildung A wird ein kleiner umgibt das dicht fasrige Bindegewebe des Epineuriums
Faszikel mit nur einer marklosen Nervenfaser gezeigt. viele Nervenfaszikel und führt die größeren Blutgefäße,
Große Faszikel enthalten zahlreiche marklose und deren Äste innerhalb des Perineuriums in die einzelnen
markhaltige Nervenfasern eingebettet in Endoneurium Faszikel eintreten.
und abgegrenzt vom umgebenden Epineurium durch
das Perineurium. Die Perineuralscheide eines größeren
Faszikels, der auch markhaltige Nervenfasern enthält, ist Literatur
in Abbildung B zu sehen. Das Perineurium besteht aus Hirakawa H, Okajima S, Nagaoka T, Takamatsu T, and Oyamada
einer oder mehreren Lagen flacher, abgeplatteter Zellen, M (2003) Loss and recovery of the blood-nerve barrier in the rat
die über Haftkomplexe (Kreis) mit abdichtenden Tight sciatic nerve after crush injury are associated with expression of
Junctions verbunden sind. Das Perineurium hat in intercellular junctional proteins. Exp Cell Res 284: 196
diesem Zusammenhang den Charakter eines Epithels Smith CE, Atchabahian A, Mackinnon SE, and Hunter DA (2001)
Development of the blood-nerve barrier in neonatal rats.
(Perineuralepithel) und bildet einen wichtigen Teil der
Microsurg 21: 290
Blut-Nervengewebsschranke (siehe auch Blut-Hirn- Terbo PM, Vuorinen VS, and Roytta M (2002) The endoneurium
schranke, Abb. 145). Es können 5–6 Perineuralzelllagen response to microsurgically removed epi- and perineurium. J
gebildet werden, wobei auch durch Verzweigungen eine Periph Nerve System 7: 155
multilamelläre Organisation entsteht (Abb. A und B). Walbeehm ET, Afoke A, de Wit T, Holman F, Hovius SER, and
Die beiden dünnen Perineuralzelllagen in Abbildung B Brown RA (2004) Mechanical functioning of peripheral nerves:
sind durch feine Zytoplasmabrücken verbunden. Beide linkage with the “mushrooming” effect. Cell Tiss Res 316: 115

Vergrößerung: x 24,000 (A); x 28,800 (B)


Abbildung 147 297

Perineurium

S
Axon

Endoneurium

Epineurium

A K

Per
ine
K uriu
m

B
298 Das Nervengewebe und krankhafte Veränderungen

MARKHALTIGE NERVENFASER , MYELIN

Nervenfasern, die für eine besonders rasche und effi- dem Wickelungsprozess kommt es zur Membrankom-
ziente Erregungsleitfähigkeit ausgestattet sein müssen, paktierung. Das Zytoplasma wird aus dem Bereich
besitzen eine lipidangereicherte isolierende Myelin- der Myelinscheidenanlage fast vollständig verdrängt
scheide, die von speziellen Gliazellen, den Oligodendro- und die inneren Plasmamembranblätter fusionieren.
zyten im zentralen und den Schwann’schen Zellen im Die äußeren Blätter der Plasmamembran begrenzen den
peripheren Nervensystem produziert wird. Die Myelin- spaltförmigen Extrazellularraum. Benachbarte
scheide isoliert das Axon gegenüber dem umgebenden Membranlamellen werden über homophile Inter-
Gewebe und reduziert die Erregungsausbreitung ent- aktionen des myelinassoziierten Protein O stabilisiert.
lang der Plasmamembran des Axons. Dies führt dazu, Die hoch geordnete Organisation der Schwannzellplas-
dass der elektrische Impuls sich entlang der Nervenfaser mamembranen in der Myelinanlage führt zur charak-
sprunghaft von einer zur nächsten myelinscheidenfreien teristischen, elektronenmikroskopisch erkennbaren
Region an den Zellgrenzen der Gliazellen, den Periodizität innerhalb des kompakten Myelins, wie sie
Ranvier’schen Schnürringen (Abb. 149), ausbreitet. Eine im Nebenbild zur Darstellung kommt, mit den
Myelinscheide fehlt nur am Axonhügel und im Bereich Hauptlinien (Pfeile), die durch die Verschmelzung der
der terminalen Axonverzweigungen. Im zentralen inneren Plasmamembranblätter entstehen, und mit den
Nervensystem produzieren die Oligodendrozyten beiden Intermediärlinien alternieren, die durch die
Myelinscheiden für mehrere Axone, wobei der äußeren Blätter der Plasmamembran mit dem dazwi-
Zellkörper dieser Gliazellen außerhalb der Nervenfasern schen liegenden Extrazellularspalt (Pfeilkopf) zustande
bleibt. Im Gegensatz dazu versorgen im peripheren kommen. Innerhalb des Myelins bleiben nur Zyto-
Nervensystem die Schwannzellen nur jeweils ein Axon plasmareste, die als enge „Straßen“ durch die
mit einer Myelinscheide. Es wird jedoch die gesamte Myelinscheide ziehen, die Schmidt-Lanterman’schen
Schwannzelle in die Nervenfaser eingegliedert. Spalten oder Inzisuren. Durch diese Zytoplasmastraßen
Die Abbildung zeigt eine markhaltige Nervenfaser werden kurze Diffusionswege zwischen innerem und
aus dem peripheren Nervensystem eingebettet in äußerem Zytoplasmaband der Schwannzelle aufgebaut.
Endoneurium. Das Axon im Zentrum wird von einer Die Schmidt-Lanterman’schen Inzisuren gehören
Schwannzelle, von der alle Abschnitte, einschließlich der zum nicht-kompakten Myelin, zu dem auch die
Myelinscheide, dargestellt sind, umgeben. Die Aus- Ranvier’schen Schnürringe und die paranodalen
bildung der Myelinscheide ist ein äußerst komplexer Schleifen (siehe Abb. 149) gerechnet werden. Im Verlauf
Vorgang, der mit Membranneubildung, Umschichtung der Myelinbildung werden nicht nur heterotypische
des Zytoplasmas, Zellbewegung, Gestaltsveränderungen Zell-Zell-Verbindungen zwischen der Schwannzelle und
und Zell-Zell-Interaktionen zwischen der myelini- dem Axon ausgebildet, sondern auch autotypische
sierenden Gliazelle und dem Axon einhergehen. Im Membranverbindungen an den inneren und äußeren
peripheren Nervensystem wird vorerst ein Axonsegment Mesaxonen, den Schmidt-Lanterman’schen Inzisuren
in das Zytoplasma einer Schwannzelle invaginiert. Ein und in den paranodalen Regionen.
Mesaxon wird gebildet und Teile dieser Plasma-
membranbereiche bilden durch spiralige Wickelungen
um das Axon die erste Anlage der Myelinscheide. Das Literatur
Mesaxon wird in drei Abschnitte unterteilt, in das innere
und äußere Mesaxon und den mittleren Abschnitt, der Arroyo EJ, and Scherer SS (2000) On the molecular architecture
of myelinated fibers. Histochem Cell Biol 113: 1
das Myelin bildet. Während des Umwickelungsprozesses
Balice-Gordon RJ, Bone L, and Scherer SS (1998) Junctional gap
wird das Zytoplasma der Schwannzelle umverteilt. Der junctions in the Schwann cell myelin sheath. J Cell Biol 142: 1095
größte Teil des Schwannzellkörpers mit dem Zellkern Lemke G (1996) Unwrapping myelination. Nature 383: 395
bleibt außerhalb der Myelinscheide und bildet das Peles E, and Salzer JL (2000) Functional domains in myelinated
äußere Zellband (eingekreister Stern). An der Innenseite axons. Curr Opin Neurobiol 10: 558
der Myelinscheide bleibt nur ein dünnes Zytoplasma- Spiegel I, and Peles E (2002) Cellular junctions of myelinated
band, das das Axon umgibt (Stern). Gleichzeitig mit nerves. Mol Membr Biol 19: 95

Vergrößerung: x 80,000; x 200,000 (Nebenbild)


Abbildung 148 299

*
Inneres Mesaxon

Äußeres Mesaxon
*

Axon

Myelin
300 Das Nervengewebe und krankhafte Veränderungen

RANVIER’SCHER SCHNÜRRING

Entlang einer markhaltigen Nervenfaser sind zahlreiche membran. Die paranodalen axo-glialen Verbindungen
Schwannzellen mit dem von ihnen gebildeten Myelin an den Schleifenspitzen, die die Myelinscheide am Axon
hintereinander gereiht. Die isolierende Myelinschicht ist befestigen, separieren die Membrandomänen in der
nur im Bereich der Zellgrenzenregionen, wo die hinter- nodalen Zone, wo Na+-Kanäle konzentriert sind, von
einander geschalteten Schwannzellen aneinanderstoßen, den sich lateral anschließenden juxtaparanodalen
unterbrochen. Diese Bereiche, die Ranvier’schen Domänen mit der Konzentration von K+-Kanälen und
Schnürringe, sind von dünnen Schwannzellfortsätzen Caspr2. Auch Signalübertragungfunktionen werden den
eingehüllt. Im Verlauf einer markhaltigen Nervenfaser axo-glialen Verbindungen an den Schleifenspitzen
sind die Ranvier’schen Schnürringe (Ranvier’sche zugeschrieben. Die juxtaparanodalen Areale liegen im
Knoten) die einzigen Stellen, wo die Nervenfaser erreg- Bereich der Endabschnitte der Internodia noch bedeckt
bar ist, während die langen Abschnitte zwischen den von kompaktem Myelin. Zusätzlich zu den heterotypi-
Knoten, die Internodia, durch das kompakte Myelin schen axo-glialen Verbindungen werden im Bereich der
isoliert sind. Die nodalen Bereiche, zusammen mit den paranodalen Schleifen auch autotypische, sowohl Tight
paranodalen und juxtanodalen Regionen, bilden Junctions als auch Adhaerens und Gap Junctions ausge-
spezielle Areale entlang den Nervenfasern, wo Na+- und bildet, über die die Paranodalschleifen untereinander
K+-Kanäle und andere spezifische Proteine in distinkten verbunden sind.
Membrandomänen lokalisiert sind. Die Erregungs- Anders als im peripheren Nervensystem ist im
leitung erfolgt saltatorisch von einem Ranvier Knoten zentralen Nervensystem die zentrale Knotenregion
zum nächsten. Die Internodalsegmente, die je nach nicht von den myelinbildenden Oligodendrozyten
Größe der Schwann’schen Zellen bis zu 80–100µm bedeckt, sondern von Fortsätzen der perinodalen
Länge erreichen können, werden übersprungen. Astrozyten besetzt.
Die Abbildungen zeigen einen Ranvier’schen Knoten
entlang einer markhaltigen Nervenfaser des peripheren
Nervensystems und die benachbarten paranodalen
(PN) und juxtaparanodalen (JXP) Areale. In der Literatur
Knotenregion, die in Abbildung A mit Pfeilen markiert Arroyo EJ, and Scherer SS (2000) On the molecular architecture
ist und in Abbildung B stärker vergrößert gezeigt wird, of myelinated fibers. Histochem Cell Biol 113: 1
ist das Axon nur von flachen, zottenförmigen Aus- Fannon AM, Sherman DL, Ilyina-Gragerova G, Brophy PJ,
läufern der Schwannzellen und einer Basallamina Friedrich VL Jr, and Colman DR (1995) Novel E-cadherin-medi-
(Pfeilköpfe) eingehüllt. Die zentrale nodale Zone setzt ated adhesion in peripheral nerve: Schwann cell architecture is
sich lateral in die paranodalen Zonen fort. Dort öffnet stabilized by autotypic adherens junctions. J Cell Biol 129: 189
sich das kompakte Myelin und die Schwannzellen bilden Martin S, Levine AK, Chen ZJ, Ughrin Y, and Levine JM (2001)
charakteristische zungenförmige Schleifen, deren Deposition of NG2 proteoglycan at nodes of Ranvier in the
Spitzenareale mit dem Axolemm verbunden sind (Abb. peripheral nervous system. J Neurosci 21: 8119
Peles E, and Salzer JL (2000) Functional domains in myelinated
C). Der interzelluläre Spalt ist 2–3nm weit. Die hier
axons. Curr Opin Neurobiol 10: 558
lokalisierten speziellen axo-glialen Verbindungen kön- Spiegel I, and Peles E (2002) Cellular junctions of myelinated
nen im Elektronenmikroskop als dichte Areale dar- nerves. Mol Membr Biol 19: 95
gestellt werden (Doppelpfeile). Sie entsprechen Kom- Wiley CA, and Ellisman MH (1980) Rows of dimeric-particles
plexen von Zelladhäsionsmolekülen, Kontaktin und within the axolemma and juxtaposed particles within glia, incor-
Caspr (contactin associated protein) in der axonalen porated into a new model for the paranodal glial-axonal junction
Membran und Neurofaszin 155 in der Schleifen- at the node of Ranvier. J Cell Biol 84: 261

Vergrößerung: x 10,700 (A); x 28,000 (B); x 46,600 (C)


Abbildung 149 301

Axon

JXP
PN
S

A B

Axon

C
302 Das Nervengewebe und krankhafte Veränderungen

AXONALE DEGENERATION

Die axonale Degeneration ist eine krankhafte Verände- erscheinen weitgehend unauffällig. Letzten Endes zer-
rung der peripheren Nerven, die durch verschiedene fällt das Axon in Stücke. In gleicher Weise kommt es bei
Arten von Schädigungen wie mechanische Durch- myelinisierten Nervenfasern (Abb. B) zu axonalen
trennung, fehlende Durchblutung, virale Infekte und Veränderungen, die im Zerfall des Axons münden. Die
Druck ausgelöst werden kann. Myelinscheiden werden zunächst eingeschnürt und zer-
Die Waller’sche Degeneration nach experimenteller fallen anschließend in ovale bis rundliche Fragmente,
Durchtrennung eines peripheren Nervs ist der Protoyp wie in Abbildung B dargestellt. Hier ist der Verlust des
einer axonalen Degeneration. Die hierbei zu beobach- Axons und der fortgeschrittene Zerfall der Myelin-
tenden ultrastrukturellen Veränderungen können auch scheide augenfällig. Die Fragmente der Nervenfasern
im Gefolge der oben erwähnten anderen Ursachen werden hauptsächlich von Phagozyten beseitigt.
auftreten. Die axonale Degeneration beginnt am Ort der Proliferierende Schwannzellen sind ebenfalls an der
Schädigung und breitet sich von hier aus entlang des Beseitigung der Zerfallsprodukte beteiligt. Wichtiger ist
gesamten Axons nach distal aus, wobei es zum komplet- aber ihre Funktion als Leitschiene für aussprossende
ten Nervenfaserzerfall kommt. Hierbei handelt es sich Axone während der Nervenregeneration. Die proli-
um die anterograde Degeneration. Davon sind die ferierenden Schwannzellen wandern entlang einer von
Veränderungen der Nervenfasern proximal des Schädi- der verbliebenen Basalmembran und dem Endo-
gungsortes zu unterscheiden, die als retrograde De- neurium gebildeten röhrenförmigen Struktur, den soge-
generation bezeichnet werden und sich lediglich bis nannten Büngner-Bändern. Ihnen entlang wachsen die
zum nächsten Ranvier’schen Knoten ausbreiten. aussprossenden Axone, die nach Erreichen des Inner-
Weiterhin kommt es zur Schwellung und Chromatolyse vationsortes eine Synapse bilden. Die Regeneration der
des Perikaryons und der Verlagerung des Zellkerns in Nerven kann nach etwa vier Monaten abgeschlossen
die Zellperipherie. Die Strukturveränderungen entwi- sein.
ckeln sich schrittweise und laufen nach einem be-
stimmten Zeitplan ab.
In Abbildung A (quergeschnittene nichtmyelinisierte Literatur
periphere Nervenfaser) und B (quergeschnittene myeli-
Chaudry V, Glass J, and Griffin J (1992) Wallerian degeneration in
nisierte periphere Nervenfaser) sind unterschiedliche peripheral nerve disease. Neurol Clin 10: 613
Stadien der axonalen Degeneration illustriert. Anfäng- Griffin J, George R, and Lobato C (1992) Macrophage responses
lich kommt es zur ödematösen Schwellung des Axons and myelin clearance during Wallerian degeneration: relevance to
mit Zerfall von Neurofilamenten und Mikrotubuli und immune-mediated demyelination. J Neuroimmunol 40: 153
dem Auftreten von Autophagolysosomen, etwa wie in Schröder J (2001) Pathology of peripheral nerves. An atlas of
Abbildung A gezeigt. Die umgebenden Schwannzellen structural and molecular pathological changes. Berlin: Springer

Vergrößerung: x 12,000 (A); x 9,500 (B)


Abbildung 150 303

Axonale Degeneration

Schwann'sche Zelle

Nukleus

B
304 Das Nervengewebe und krankhafte Veränderungen

NEUROAXONALE DYSTROPHIE

Die neuroaxonale Dystrophie (Schindler’sche Krank- Die neuroaxonale Dystrophie wird durch Misssense-
heit) ist eine seltene, autosomal rezessiv vererbte Krank- und Nonsensmutationen im Gen der _-N-Azetyl-
heit. Sie ist durch einen Mangel an lysosomaler _-N- galaktosaminidase verursacht, das sich auf Chromosom
Azetylgalaktosaminidase (früher als _-Galaktosidase B 22q13.1-13.2 befindet. Durch den Enzymmangel
bezeichnet) verursacht. Klinisch werden drei Phäno- kommt es zur Anhäufung von Glykoproteinen, Glyko-
typen der Krankheit unterschieden, von denen Typ I sphingolipiden und Proteoglykanen, deren Oligo-
und Typ II näher besprochen werden. saccharidseitenketten in abnormer Weise durch
Der Typ I tritt im Kindesalter auf und stellt eine klas- N-Azetylgalaktosaminreste beendet sind.
sische neuroaxonale Dystrophie dar. Die Speicherungen
treten nur im Nervensystem und nicht in anderen
Organen oder den Zellen des peripheren Bluts auf. Literatur
Durch die elektronenmikroskopische Untersuchung des
Plexus myentericus in Biopsien der Rektumschleimhaut De Leon G, and Mitchel M (1985) Histological and ultrastructur-
oder von Nervenfasern in Biopsien der Haut können die al features of dystrophic isocortical axons in infantile neuroaxon-
sehr charakteristischen feinstrukturellen Veränderun- al dystrophy (Seitelberger disease) Act Neuropathol (Berlin) 66:
89
gen in präterminalen und terminalen Axonen
Desnick R, and Schindler D (2001) _-N-acetylgalactosaminidase
nachgewiesen werden und sind in den Abbildungen A deficiency: Schindler’s disease. In: The metabolic and molecular
und B gezeigt. Die stark erweiterten Axone enthalten bases of inherited disease (Scriver C, Beaudet A, Valle D, Sly WS,
auffällige tubulo-vesikuläre Strukturen. Sie sind in Childs B, Kinzler K, and Vogelstein B, eds). New York: McGraw-
Abbildung B bei starker Vergrößerung abgebildet und Hill, pp 3483
bestehen aus unzähligen verzweigten, unregelmäßig Kanzaki T, Wang A, and Desnick R (1991) Lysosomal _-N-acetyl-
gestalteten Tubuli und winzigen Vesikeln. Im Gefolge galactosaminidase deficiency, the enzymatic defect in angioker-
kann es zum Verlust der Myelinscheiden kommen. In atoma corporis diffusum with glycopeptiduria. J Clin Invest 88:
Abbildung A ist ein Anfangsstadium der Auflösung der 707
Myelinscheide zu sehen. Bei der Typ I neuroaxonalen Schindler D, Bishop DF, Wolfe D, Wang A, Egge H, Lemieux R,
Dystrophie finden sich keine Hinweise für lysosomale and Desnick R (1989) Neuroaxonal dystrophy due to lysosomal
_-N-acetylgalactosaminidase deficiency. N Engl J Med 320: 1735
Speicherungen. Sie sind aber ein typischer Befund beim
Schröder J (2001) Pathology of peripheral nerves. An atlas of
im Erwachsenenalter auftretenden Typ II der neuro- structural and molecular pathological changes. Berlin: Springer
axonalen Dystrophie. Hier finden sich zahlreiche zyto- Walkey S, Baker H, Rattazzi M, Haskins M, and Wu J-Y (1991)
plasmatische Vakuolen, die entweder scheinbar keinen Neuroaxonal dystrophy in neuronal storage disorders: Evidence
Inhalt haben oder mit einem filamentösen Material for major GABAergic neuron involvement. J Neurol Sci 104: 1
gefüllt sind. Sie können in der Haut und in verschiede- Wolfe D, Schindler D, and Desnick R (1995) Neuroaxonal dystro-
nen anderen Zelltypen wie Endothelien, ekkrinen phy in infantile _-N-acetylgalactosaminidase deficiency. J Neurol
Schweißdrüsenepithelien, Fibroblasten und glatten Sci 132: 44
Muskelfasern nachgewiesen werden.

Vergrößerung: x 9,500 (A); x 105,000 (B)


Abbildung 151 305

Neuroaxonale Dystrophie

B
306 Das Nervengewebe und krankhafte Veränderungen

NEUROPATHIEN IM GEFOLGE VON DYSPROTEINÄMIEN

Die Neuropathien sind Erkrankungen des peripheren Literatur


Nervensystems und können in zwei Gruppen unterteilt Bollensen E, Steck A, and Schachner M (1988) Reactivity with the
werden: vererbbare und erworbene Neuropathien. peripheral myelin glycoprotein Po in serum from patients with
Erworbene Neuropathien können im Zusammenhang monoclonal IgM gammopathy and polyneuropathy. Neurology
mit verschiedenen immunpathologischen Veränderun- 38: 1266
gen auftreten wie dem multiplen Myelom (lymphoplas- Braun P, Frail D, and Latov N (1982) Myelin-associate glycopro-
mozytisches Lymphom, Morbus Waldenström), dem B- tein is the antigen for a monoclonal IgM in polyneuropathy.
Zellen Lymphom oder monoklonalen Gammopathien J Neurochem 39: 1261
unbekannter Genese. Diese Neuropathien stellen somit Jacobs JM (1996) Morphological changes at paranodes in IgM
Komplikationen dieser Grundkrankheiten dar. paraproteinaemic neuropathy. Microsc Res Technique 34: 544
Dysproteinämische Neuropathien führen vorzugs- Lach B, Rippstein P, Atack D, Afar D, and Gregor A (1993)
Immunoelectron microscopic localization of monoclonal IgM
weise zu Strukturalterationen der Myelinscheiden, wie
antibodies in gammopathy associated with peripheral demyeli-
in der nebenstehenden Abbildung illustriert ist. Im nating neuropathy. Act Neuropathol (Berlin) 85: 298
speziellen Fall handelt es sich um die Folgen einer Latov N, Hays A, and Sherman W (1988) Peripheral neuropathy
monoklonalen IgM-Gammopathie. Es kommt zu einer and anti-MAG antibodies. Crit Rev Neurobiol 3: 301
unterschiedlich stark ausgeprägten Separation der Lupski J, and Garcia C (2001) Charcot-Marie-Tooth peripheral
Myelinlamellen, die zur Bildung ungleichmäßig weiter neuropathies and related disorders. In: The metabolic and molec-
Spalten im Bereich der Zwischenlinien führen. Diese ular bases of inherited disease (Scriver C, Beaudet A, Valle D,
Veränderungen treten bevorzugt in den äußeren Sly WS, Childs B, Kinzler K, and Vogelstein B, eds). New York:
Bereichen der Myelinscheiden auf, führen insgesamt zu McGraw-Hill, pp 5759
einer Auflockerung der normalerweise kompakten Meier C, Vandevelde M, Steck A, and Zurbriggen A (1984)
Myelinscheiden und können letztlich zur Entmyelini- Demyelinating polyneuropathy associated with monoclonal IgM-
paraproteinemia. Histological, ultrastructural and immunocyto-
sierung führen.
chemical studies. J Neurol Sci 63: 353
Die Pathogenese der mit monoklonalen IgM- Monaco S, Bonetti B, Ferrari S, Moretto G, Nardelli E, Tedesco F,
Gammopathien verbundenen Neuropathien ist bis zu Mollnes T, Nobile-Orazio E, Manfredini E, and Bonazzi L (1990)
einem gewissen Grad aufgeklärt. Das in den Myelin- Complement-mediated demyelination in patients with IgM
scheiden abgelagerte IgM bindet spezifisch an das monoclonal gammopathy and polyneuropathy. N Engl J Med
Myelin-assoziierte Glykoprotein. Die Anwesenheit 322: 649
dieser Immunkomplexe initiiert eine Komplement-ver- Schröder J (2001) Pathology of peripheral nerves. An atlas of
mittelte Myelinschädigung und Entmyelinisierung. Im structural and molecular pathological changes. Berlin: Springer
Gegensatz hierzu konnten bei IgA- und IgG-Gammo- Smith I, Kahn S, and Lacey B (1983) Chronic demyelinating neu-
pathien keine Immunglobulinablagerungen im Myelin ropathy associated with benign IgM paraproteinemia. Brain 106:
nachgewiesen werden. 169
Vital C, and Vallat J (1987) Ultrastructural study of the human
diseased peripheral nerve, 2nd ed. New York: Elsevier

Vergrößerung: x 27,000
Abbildung 152 307

Dysproteinämische Neuropathie
308 Das Nervengewebe und krankhafte Veränderungen

METACHROMATISCHE LEUKODYSTROPHIE

Die metachromatische Leukodystrophie ist eine autoso- metachromatischen Leukodystrophie, von der die
mal rezessiv vererbte lysosomale Speicherkrankheit. Sie Abbildung B stammt, treten zusätzlich zusammengeset-
ist in der Regel durch einen Mangel an Arylsulfatase A zte Einschlusskörper auf (Sterne), die bei starker
und in seltenen Fällen durch einen Mangel an Saposin Vergrößerung im Nebenbild zu Abbildung B zu sehen
B, dem Sphingolipid Aktivatorprotein, verursacht. Wie sind.
die Krankheitsbezeichnung impliziert, betreffen Leuko- Das Gen für die Arylsulfatase A liegt auf Chromo-
dystrophien vorwiegend die weiße Substanz. Die meta- som 22q13 und die häufigsten krankheitsverursachen-
chromatische Leukodystrophie kann klinisch in drei den Veränderungen sind Punktmutationen und Splice-
Formen unterteilt werden: die infantile Form mit Donor-Site Mutationen. Eine Genotyp-Phänotyp
Auftreten vor dem 5. Lebensjahr, die juvenile Form mit Korrelation besteht nur insofern als das der Schwere-
Auftritt zwischen dem 5. Lebensjahr und der Pubertät, grad der Erkrankung umgekehrt proportional zur
und die adulte Form. Enzymrestaktivität ist.
Der Arylsulfatase A Mangel resultiert in einer ge-
störten Entfernung von Sulfatgruppen von 3-O-Sulfo-
galaktose-enthaltenden Glykolipiden, Sulfatiden, Sulfo-
galaktoglyzerolipiden und verschiedenen anderen sul- Literatur
fatierten Glykolipiden. Sulfatierte Glykolipide gemein- Berger J, Loschl B, Bernheimer H, Lugowska A, Tylki-Szymanska A,
sam mit Galaktozeramiden sind wichtige Komponenten Gieselmann, V., and Molzer, B. (1997) Occurrence, distribution,
für die Isolatorfunktion des Myelins und des Weiteren and phenotype of arylsulfatase A mutations in patients with
von Bedeutung bei der Reifung des Gehirns. Die metachromatic leukodystrophy. Am J Med Genet 69: 335
Veränderungen bei metachromatischer Leukodys- Bosio A, Binczek E, and Stoffel W (1996) Functional breakdown
trophie betreffen hauptsächlich das Nervensystem, da of the lipid bilayer of the myelin membrane in central and
peripheral nervous system by disrupted galactocerebroside syn-
die sulfatierten Glykolipide vorzugsweise in den
thesis. Proc Natl Acad Sci USA 93: 13280
Myelinscheiden des peripheren und zentralen Nerven- Kappler J, Leinekugel P, Conzelmann E, Kleijer WJ, Kohlschutter A,
systems und nur in geringen Mengen in anderen Tonnesen T, Rochel M, Freycon F, and Propping P (1991)
Organen vorkommen. Die nebenstehenden elektronen- Genotype-phenotype relationship in various degrees of arylsulfa-
mikroskopischen Aufnahmen illustrieren die feinstruk- tase A deficiency. Hum Genet 86: 463
turellen Veränderungen, die im Wesentlichen in der Leinekugel P, Michel S, Conzelmann E, and Sandhoff K (1992)
Entmyelinisierung der Nervenfasern, dem Vorhanden- Quantitative correlation between the residual activity of beta-
sein metachromatischer Granula und der nachfolgen- hexosaminidase A and arylsulfatase A and the severity of the
den Verminderung der weißen Substanz bestehen. resulting lysosomal storage disease. Hum Genet 88: 513
Abbildung A zeigt ein fortgeschrittenes Stadium der Phelan MC, Thomas GR, Saul RA, Rogers RC, Taylor HA,
Entmyelinisierung einer Nervenfaser in einer Haut- Wenger DA, and McDermid HE (1992) Cytogenetic, biochemical,
and molecular analyses of a 22q13 deletion. Am J Med Genet 43:
biopsie, das mit dem Zerfall der Myelinscheide ein-
872
hergeht. Im Nebenbild ist bei starker Vergrößerung die Polten A, Fluharty AL, Fluharty CB, Kappler J, von Figura K, and
gestörte Periodizität der Myelinscheide zu erkennen. Gieselmann V (1991) Molecular basis of different forms of
Reaktiv kommt es zu einer Vermehrung der Schwann- metachromatic leukodystrophy. N Engl J Med 324: 18
Zellen. Die Epithelzellen der Schweißdrüsen der Haut von Figura K, Gieselmann V, and Jaeken J (2001) Metachromatic
zeigen auch die charakteristischen intrazellulären leukodystrophy. In: The metabolic and molecular bases of inher-
Einschlusskörper in Form von sogenannten Zebra- und ited disease (Scriver C, Beaudet A, Valle D, and Sly WS, eds). New
Tuffsteinkörpern (Abb. B). Bei der adulten Form der York: McGraw-Hill, pp 3695

Vergrößerung x 13,000 (A); x 80,000 (Nebenbild); x 32,500 (B);


x 84,500 (Nebenbild)
Abbildung 153 309

Metachromatische Leukodystrophie

B
310 Das Nervengewebe und krankhafte Veränderungen

NEURONALE ZEROIDLIPOFUSZINOSEN

Die neuronalen Zeroidlipofuszinosen (NZL) sind eine und B entstammen einer Hautbiopsie und zeigen
Gruppe autosomal rezessiv vererbter, progressiver neu- die verschiedenartigen Einschlusskörper in Endothel-
rodegenerativer Krankheiten, bei denen es sich um lyso- zellen von Kapillaren. Der bei starker Vergrößerung in
somale Speicherkrankheiten handelt. Sie sind die häu- Abbildung B gezeigte Einschlusskörper enthält sowohl
figsten neurodegenerativen Erkrankungen des Kindes- kurviglineare (Pfeilkopf) als auch Fingerabdruck-artige
alters. Neben der kindlichen Form existieren noch eine Strukturen (Pfeile). Diese gemischten Einschlusskörper
spätinfantile und eine juvenile Form. Die drei Formen wurden bei einer juvenilen NZL beobachtet. Üblicher-
der NZL können aufgrund der charakteristischen weise finden sich bei der juvenilen NZL nur Fingerab-
Feinstruktur der Einschlüsse elektronenmikroskopisch druck-artig gestaltete Einschlüsse.
voneinander unterschieden werden.
Bei der infantilen NZL treten vorzugsweise Ablage-
rungen von Saposin A und B sowie auch Anteile des Literatur
Gliafaserproteins auf. Der krankheitsverursachende
Eiberg H, Bisgaard ML, and Mohr J (1989) Linkage between alpha
Defekt betrifft die Palmitoyl-Protein Thioesterase (PPT,
1B-glycoprotein (A1BG) and Lutheran (LU) red blood group sys-
CLNI), deren Gen auf Chromosom 1p32 liegt. Die häu- tem: assignment to chromosome 19: new genetic variants of
figsten Mutationen sind ein vorzeitiger Stopkodon beim A1BG. Clin Genet 36: 415
Arginin 151 und eine Misssensmutation (R122W). Gonatas NK, Gambetti P, and Baird H (1968) A second type of
Elektronenmikroskopisch werden pathognomonische late infantile amaurotic idiocy with multilamellar cytosomes.
elektronendichte granuläre lysosomale Einschlüsse Neuropath Exp Neurol 27: 371
beobachtet. Haltia M, Rapola J, and Santavuori P (1973) Infantile type of so-
Bei der spätinfantilen NZL treten Ablagerungen der called neuronal ceroid-lipofuscinosis. Histological and electron
C-Untereinheit der mitochondrialen ATP-Synthase auf. microscopic studies. Acta Neuropathol (Berlin) 26: 157
Die Ursache liegt im Mangel an Pepinase (CLN2), einer Hofmann S, and Peltonen L (2001) The neuronal ceroid lipofus-
lysosomalen Protease, deren Gen auf Chromosom cinoses. In: The metabolic and molecular bases of inherited dis-
ease (Scriver C, Beaudet A, Valle D, and Sly WS, eds). New York:
11p15 liegt. Elektronenmikroskopisch bestehen die
McGraw-Hill, pp 3877
lysosomalen Speicherungen aus kurviglinearen Struk- Mitchison HM, Hofmann SL, Becerra CH, Munroe PB, Lake BD,
turen (Sterne in Abb. A). Crow YJ, Stephenson JB, Williams RE, Hofman IL, Taschner PE,
Die juvenile NZL ist verursacht durch Verän- et al (1998) Mutations in the palmitoyl-protein thioesterase gene
derungen des lysosomalen Membranproteins Battenin, (PPT; CLN1) causing juvenile neuronal ceroid lipofuscinosis with
dessen Gen auf Chromosom 16p12 liegt. Es kommt zur granular osmiophilic deposits. Hum Mol Genet 7: 291
Ablagerung eines Lipopigments, das Ähnlichkeiten mit Sharp JD, Wheeler RB, Lake BD, Savukoski M, Jarvela IE,
dem Lipofuszin hat und vorwiegend aus der C Peltonen L, Gardiner RM, and Williams RE (1997) Loci for clas-
Untereinheit der mitochondrialen ATP-Synthase und sical and a variant late infantile neuronal ceroid lipofuscinosis
des Weiteren aus geringen Mengen von Saposin besteht. map to chromosomes 11p15 and 15q21-23. Hum Mol Genet 6:
Elektronenmikroskopisch bestehen die lysosomalen 591
Sleat DE, Donnelly RJ, Lackland H, Liu CG, Sohar I, Pullarkat RK,
Speicherungen aus Fingerabdruck-artig gestalteten
and Lobel P (1997) Association of mutations in a lysosomal pro-
Einschlüssen (finger print bodies). tein with classical late-infantile neuronal ceroid lipofuscinosis.
Da die morphologischen Veränderungen der ver- Science 277: 1802
schiedenen NZL nicht auf das Nervengewebe be- Vesa J, Hellsten E, Verkruyse LA, Camp LA, Rapola J, Santavuori P,
schränkt sind, kann die elektronenmikroskopische Hofmann SL, and Peltonen L (1995) Mutations in the palmitoyl
Diagnose an Hautbiopsien oder isolierten Leukozyten protein thioesterase gene causing infantile neuronal ceroid lipo-
des peripheren Bluts gestellt werden. Abbildungen A fuscinosis. Nature 376: 584

Vergrößerung: x 32,000 (A); x 63,000 (B)


Abbildung 154 311

Neuronale Zeroidlipofuszinose

*
Nukleus

B
312 Zellen des Bluts

ROTE BLUTZELLEN – ERYTHROBLAST, RETIKULOZYT, ERYTHROZYT

Die Zellen der eryothropoetischen Blutbildungsreihe erweiterten perinukleären Zisternen begrenzt. In dieser
entwickeln sich aus multipotenten Stammzellen unter Entwicklungsphase finden keine Zellteilungen mehr
dem Einfluss von Erythropoetin, dem in der Niere pro- statt. Die orthochromatischen Erythroblasten stoßen
duzierten und für die Bildung roter Blutzellen wichtig- den Kern aus und werden damit zu Retikulozyten (Abb.
sten Regulatorhormon. Die Erythropoese wird stimu- B und Nebenbild in Abb. A rechts oben).
liert, wenn ein Missverhältnis von Sauerstoffbedarf und Der Retikulozyt in Abbildung B fällt durch eine aus-
Sauerstoffzufuhr vorliegt, zum Beispiel bei Hypoxie geprägt bizarre Oberflächenarchitektur mit vielgestalti-
durch eine Abnahme des Sauerstoffpartialdrucks in der gen Fortsätzen auf, wie sie nach der Kernausstoßung
Einatmungsluft oder durch Verminderung der sauer- typischerweise zu sehen ist. Doch sind Mitochondrien
stofftransportierenden Erythrozyten im zirkulierenden und Polyribosomen (Pfeile im Nebenbild) noch vor-
Blut durch Blutverlust. Die Erythropoetin-sensitiven handen und Endozytose (Pfeilkopf im Nebenbild) fin-
Progenitorzellen CFU-E (erythroid colony forming det statt. In den Retikulozyten wird nach wie vor
unit) differenzieren zu Proerythroblasten. Hand in Hämoglobin synthetisiert. Innerhalb weniger Tage reift
Hand gehend mit mehreren Zellteilungen entstehen der Retikulozyt zum Erythrozyten. In diesem letzten
basophile, polychromatische und orthochromatische Stadium der Entwicklung wird die Zelloberfläche umge-
(euchromatische) Erythroblasten und in weiterer Folge formt und die Zellorganellen verschwinden. Der Abbau
Retikulozyten, die bereits in das zirkulierende Blut ein- der Zellorganellen wird durch Ubiquitinbindung ini-
treten können. Die Erythropoese spielt sich über einen tiiert. Membranbestandteile werden in multivesikuläre
Zeitraum von 4-6 Tagen ab und ist charakterisiert durch und multilamelläre Organellen (Pfeilköpfe in Abb. B)
die Synthese und zunehmende Anreicherung des sortiert und durch Fusion mit der Plasmamembran aus-
Zytoplasmas mit dem Sauerstoff- und Kohlendioxyd- gestoßen.
transportierenden Molekül Hämoglobin. Gleichzeitig Der reife Erythrozyt (rechts in Abb. B) mit seiner
kommt es zu programmierten Kern- und Zyto- typisch bikonkaven Scheibenform, die ein für den
plasmaveränderungen, die dazu führen, dass der Kern Gasaustausch günstiges Oberflächen-Volumen Verhält-
ausgestoßen wird und die Zellorganellen verschwinden. nis gewährleistet, dient vor allem als Behälter für das
Die Abbildungen A und B zeigen Zellen der Erythro- Sauerstoff- und Kohlendioxyd-transportierende Hämo-
poese aus einem Knochenmarkspunktat. Erythroblasten globin. Das durch die hohe Hämoglobinkonzentration
in einem frühen und späteren Entwicklungsstadium sehr homogen elektronendichte Zytoplasma ist frei von
sind in Abbildung A zu sehen. Mit zunehmender Organellen. Ein Membranskelett aus Spektrin, einem
Hämoglobinanreicherung wird das Zytoplasma elektro- heterodimeren Protein, das mit Aktin und Plasma-
nendichter. Der nur teilweise sichtbare Erythroblast membranproteinen interagiert, bildet die Grundlage für
rechts im Bild zeigt, einem polychromatischen die bikonkave Form der reifen roten Blutzellen. Die sub-
Erythroblasten (pE) entsprechend, ein weniger dichtes membranöse elastische Matrix, die durch das Spektrin-
Zytoplasma im Vergleich zu den beiden anderen Zellen, gitter entsteht, ermöglicht den Zellen nach Verformung
die orthochromatische Erythroblasten (oE) darstellen. durch Scherkräfte zu ihrer bikonkaven Form zurück-
Die Hämoglobinsynthese beansprucht verschiedene zukehren.
Zellsysteme, Mitochondrien, wo das Häm des Hämo-
globinmoleküls gebildet wird und freie Ribosomen
(Pfeile im Nebenbild links), wo die Globinketten syn-
thetisiert werden. Das Eisen wird an Transferrin gebun- Literatur
den durch Rezeptor-gesteuerte Endozytose über Géminard C, de Gassart A, Blanc L, and Vidal M (2004)
Clathrin-coated Vesikel (Pfeilkopf) aufgenommen. Die Degradation of AP2 during reticulocyte maturation enhances
Kerne zeigen durch das kondensierte Chromatin (C) ein binding of Hsc70 and Alix to a common site on TfR for sorting
charakteristisches Schachbrettmuster und werden von into exosomes. Traffic 5: 181

Vergrößerung: x 10,500 (A); x 39,200 (Nebenbild rechts oben);


x 17,200 (Nebenbild links unten); x 15,000 (B)
Abbildung 155 313

Retikulozyt

oE

C pE

Erythroblast

Erythrozyt

Retikulozyt

B
314 Zellen des Bluts

NEUTROPHILER GRANULOZYT

Unter den weißen Blutzellen und auch in der Klasse der und weniger zahlreich als die spezifischen neutrophilen
Granulozyten sind die neutrophilen Granulozyten, die Granula. Sie sind die ersten Granula, die währender
auf Grund ihres vielgestaltigen gelappten Kerns auch als Granulopoese auftreten (primäre Granula), doch kom-
polymorphkernige Neutrophile bezeichnet werden, die men sie nicht nur in den neutrophile Granulozyten vor,
häufigsten. Sie machen im Blut etwa 65% aller Leuko- sondern werden auch in Monozyten und Lymphozyten
zyten aus. Durch Interaktion mit Endothelzellen, Bin- gebildet. Die azurophilen Granula entsprechen Lyso-
dung an extrazelluläre Matrixkomponenten und somen und enthalten saure Hydrolasen, antibakterielle
Chemotaxis verlassen sie das zirkulierende Blut und Substanzen und die, für die Bildung des hoch bakterizid
bewegen sich zu Fremdinvasionsregionen und anderen wirkenden Hypochlorit verantwortliche, Myeloper-
Orten ihres Einsatzes. Neutrophile sind die ersten Zellen oxidase. Die spezifischen und azurophilen Granula
in Entzündungsarealen. Sie sind aktive Phagozyten fusionieren mit Phagosomen zu Phagolysosomen und
(Mikrophagen) und befähigt, fremde Materialien und entleeren ihren Inhalt in einem Prozess, der als
Organismen zu internalisieren. Fc-Rezeptoren in der Degranulierung bezeichnet wird. Die Abbauprodukte
Plasmamembran binden an die Fc-Region von Anti- werden zum Teil durch Exozytose freigesetzt. Subtypen
körpern, die zum Beispiel die Oberfläche von Bakterien der tertiären Granula enthalten Phosphatasen und
dekorieren. Neutrophile Granulozyten spielen eine zen- Metalloproteinasen, Kollagenasen und Gelatinasen, die
trale Rolle im unspezifischen Abwehrsystems und in unterstützender Funktion die Wanderung der Zellen
haben, gemeinsam mit anderen Leukozyten, eosino- im Bindegewebe erleichtern. Die Granula der neutro-
philen und basophilen Granulozyten, Monozyten/ philen Granulozyten werden speziellen Typen der sekre-
Makrophagen und Lymphozyten, eine Schlüssel- torischen Lysosomen (siehe Abb. 48, 49) zugeordnet.
funktion bei Entzündungsreaktionen und in der Wund- Neben den dicht gepackten spezifischen, Azur- und
heilung. tertiären Granula sind die anderen Zellorganellen nicht
Die Abbildung zeigt einen neutrophilen Granulo- auffällig, doch enthalten die Zellen eine beträchtliche
zyten aus dem menschlichen Blut. Zwei der Kernlappen Menge an Glykogen, das im Zytoplasma in Form von
sind im Bild zu sehen. Das kondensierte Chromatin dichten, verstreut eingelagerten Granula (siehe auch
dominiert und besetzt ausgedehnte Areale des Kern- Abb. 64) sichtbar ist. Anaerobe Glykolyse erlaubt den
raums. Der Golgi Apparat ist zentral nahe den Kern- neutrophilen Granulozyten in einem von der Sauer-
segmenten positioniert. Der Hauptteil des Zytoplasmas stoffzufuhr abgeschnittenen Umfeld zu überleben.
wird von den dicht gepackt liegenden Granula, deren
Inhalte die antimikrobiellen Eigenschaften der Zellen
Literatur
ausmachen, besetzt. Drei Hauptklassen von Granula
existieren, die spezifischen neutrophilen Granula (Pfeil- Blott EJ, and Griffiths GM (2002) Secretory lysosomes. Nat Rev
köpfe), die azurophilen Granula (Azurgranula, Pfeile) Mol Cell Biol 3: 122
und tertiäre Granula (offene Pfeile), unter denen weitere Jiang X, Kobayashi T, Nahirney PC, del Saz EG, and Seguchi H
Subtypen klassifiziert werden. Ultrastrukturell ist es (2000) Ultracytochemical study on the localization of superoxide
schwierig und zum Teil auch unmöglich, jedes der producing sites in stimulated rat neutrophils. Anat Rec 258: 156
Lowe JB (2003) Glycan-dependent leukocyte adhesion and
Granula zu identifizieren. Die spezifischen neutrophilen
recruitment in inflammation. Curr Opin Cell Biol 15: 531
Granula sind kugelförmig oder ellipsoid. Sie sind unter Stephens L, Ellson CC, and Hawkins P (2002) Roles of PI3Ks in
allen Granula die kleinsten, aber auch die zahlreichsten leukocyte chemotaxis and phagocytosis. Curr Opin Cell Biol 14:
und enthalten eine Reihe von Enzymen, wie Phospho- 203
lipasen und Typ-IV-Kollagenase, bakteriostatische und Weiner OD (2002) Regulation of cell polarity during eukaryotic
bakterizide Substanzen, wie Lysozym, und Komple- chemotaxis: the chemotactic compass. Curr Opin Cell Biol 14:
mentaktivatoren. Die azurophilen Granula sind größer 196

Vergrößerung: x 28,000
Abbildung 156 315

Neutrophiler Granulozyt

Nukleus

Golgi

Nukleus
316 Zellen des Bluts

EOSINOPHILER GRANULOZYT

Im Differentialblutbild machen die eosinophilen Gra- geprägte Toxizität gegenüber Wurmparasiten und
nulozyten 2–4% aller Leukozyten aus. Eine Vermehrung Protozoen besitzt. Nach Bindung an die Parasiten-
tritt bei parasitären Infektionen und Allergien auf, oberfläche wird der toxische Inhalt der Granula direkt
Befunde, die auf die wichtige Rolle der eosinophilen auf die Membranen der Parasiten freigesetzt. Produkte
Granulozyten im Abwehrsystem und bei überschießen- eosinophiler Granulozyten modulieren die Aktivität
den Immunreaktionen hinweisen. Die eosinophilen von Mastzellen. Die eosinophilen Granula enthalten
Granulozyten sind nach ihren auffällig großen, eosino- Enzyme, die potentiell gefährliche Effekte vasoaktiver
philen Granula benannt. Sie sind, ebenso wie andere Substanzen, die im Rahmen von Entzündungs-
Leukozyten, mobile Zellen, die das zirkulierende Blut reaktionen freigesetzt werden, abschwächen. So wie in
verlassen, in das Bindewebe auswandern, sich zu Ent- den neutrophilen (Abb. 156) werden auch in den
zündungsherden bewegen und potentiell gefährdete eosinophilen Granulozyten Azurgranula gebildet. Sie
Körperregionen besiedeln. Besonders zahlreich sind die entsprechen Lysosomen und enthalten eine Reihe saurer
eosinophilen Granulozyten im lymphoretikulären Hydrolasen, die bei der Zerstörung von Parasiten und
Bindegewebe der Darmschleimhaut. dem Abbau von Antigen-Antikörperkomplexen beson-
In der Abbildung eines eosinophilen Granulozyten dere Bedeutung haben. Nahe der Oberfläche des abge-
aus dem peripheren Blut ist eines der Kernsegmente bildeten Eosinophilen sind große Vakuolen, die auf
(Nukleus) zu sehen. Der Kern ist meist zweilappig. Das Makropinozytose hinweisen, zu sehen. Besonders
kondensierte Chromatin bildet ein breites Band in der spezialisiert sind eosinophile Granulozyten für die
Peripherie des Kernraums. Das ultrastrukturelle Bild des Phagozytose von Antigen-Antikörperkomplexen.
Zytoplasmas wird von den großen spezifischen eosino- Sowohl die spezifischen eosinophilen Granula, als
philen Granula dominiert. Die Granula können auf auch die Azurgranula werden zu speziellen Klassen
Grund des intensiv elektronendichten zentralen sekretorischer Lysosomen gerechnet.
Kristalloids leicht identifiziert werden. Die kristalloiden
Granulakörper enthalten ein basisches Protein (major
basic protein), das für die Eosinophilie der Granula ver- Literatur
antwortlich ist, und ebenso, wie einige Proteine, die in Blott EJ, and Griffiths GM (2002) Secretory lysosomes. Nat Rev
der Granulamatrix lokalisiert sind, eine besonders aus- Mol Cell Biol 3: 122

Vergrößerung: x 29,000
Abbildung 157 317

Eosinophiler Granulozyt

Nukleus
318 Zellen des Bluts

MONOZYT

Monozyten, die größten der weißen Blutzellen, machen Die Abbildung zeigt einen Monozyten aus dem
2–8% der gesamten Leukozyten im Blut aus. Sie stam- menschlichen Blut. Der Kern hat eine charakteristisch
men aus dem Knochenmark und sind die Vorläufer- eingedellte Form. Im Zytozentrum sind Anschnitte der
zellen der Makrophagen und der Phagozyten des Zentriolen zu sehen (Pfeile) und benachbart mehrere
mononukleären phagozytierenden Systems in ver- Stapel von Golgi Zisternen. Monozyten werden zwar in
schiedenen Geweben und Organen. Es gehören die der Klassifizierung der Blutzellen zu den agranulären
Alveaolarphagozyten der Lunge ebenso dazu wie die Zellen gerechnet, besitzen aber, so wie die neutrophilen
Kupffer’schen Sternzellen in der Leber (Abb. 97), die und eosinophilen Granulozyten, azurophile Granula.
Mikrogliazellen im zentralen Nervensystem und die Die Azurgranula entsprechen Lysosomen (Ly), die in
Erythrozyten-abbauenden Phagozyten in der roten den ausdifferenzierten Phagozyten durch Fusion mit
Pulpa der Milz. Auch befinden sich unter den als Phagosomen die Bildung von Phagolysosomen be-
Monozyten klassifizierten Blutzellen die Vorläuferzellen wirken, in denen das den Zellen einverleibte Material
der Osteoklasten (Abb. 136). abgebaut wird. Das ultrastrukturelle Bild des Zyto-
Monozyten besiedeln fast jedes Organ des Körpers. plasmas mit den zahlreichen Mitochondrien (M), glat-
Sie werden im Blut zu den diversen Organen trans- tem und rauem endoplasmatischen Retikulum (RER),
portiert, die weitere Differenzierung der Monozyten zu Transportvesikeln in der Golgi Region und Endozytose-
Zellen, die zur Phagozytose (siehe Abb. 47B) befähigt vesikeln an der Plasmamembran weist auf Aktivität der
sind, den Makrophagen, findet jedoch außerhalb der Zellen, Syntheseleistungen und Transportfunktionen
Gefäße im Bindegewebe statt. Makrophagen gehören zu hin.
den mobilen Bindegewebszellen (siehe Abb. 124, 125,
127), die sowohl beim physiologischen Umbau von Literatur
Geweben und Organen als auch bei pathologischen
Ishibashi M, Hiasa K, Zhao QW, Inoue S, Ohtani K, Kitamoto S,
Gewebsreaktionen und bei der Ausschaltung schädigen-
Tsuchihashi M, Sugaya T, Charo IF, Kura S, Tsuzuki T, Ishibashi T,
der Substanzen, Mikroorganismen und Viren eine zen- Takeshita A, and Egashira K (2004) Critical role of monocyte
trale Rolle spielen. Sie bauen extrazelluläres chemoattractant protein-1 receptor CCR2 on monocytes in
Matrixmaterial und überalterte Fibrillen und Fasern ab hypertension-induced vascular inflammation and remodeling.
und eliminieren Reste degenerierter Zellen und Circ Res 94: 1203
Apoptosekörper (Abb. 11). Angezogen von Reaktions- Löms Ziegler-Heitbrock H-W (1989) The biology of the mono-
produkten nach Invasion von Mikroorganismen und cyte system. Eur J Cell Biol 49: 1
Gewebsschädigungen wandern Makrophagen zu Ent- Takahashi A, Kono K, Ichihara F, Sugai H, Fujii H, and
zündungsherden und Regionen pathologischen Ge- Matsumoto Y (2004) Vascular endothelial growth factor inhibits
websumbaus. Sie phagozytieren Zellen und Mikro- maturation of dendritic cells induced by lipopolysaccharide, but
organismen und reinigen das Gewebe von toten Zellen, not by proinflammatory cytokines. Cancer Immunol
Immunother 53: 543
abgelagerten Materialien und Trümmern nach Gewebs-
Vogl-Willis CA, and Edwards IJ (2004) High glucose-induced
zerstörung. Monozyten differenzieren auch in Antigen- alterations in subendothelial matrix perlecan leads to increased
präsentierende Zellen, die internalisierte Antigene zum monocyte binding. Aterioscl Thromb Vasc Biol 24: 858
Teil abbauen und die Fragmente, zusammen mit den Zhu CH, Ying DJ, Mi JH, Zhu XH, Sun JS, and Cui XP (2004) Low
Histokompatibilitätsmolekülen II, an der Zelloberfläche shear stress regulates monocyte adhesion to oxidized lipid-
den Zellen des spezifischen Abwehrsystems (Abb. 159) induced endothelial cells via an IkappaBalpha dependent path-
anbieten. way. Biorheol 41: 127

Vergrößerung: x 34,000
Abbildung 158 319

Monozyt

Nukleus

RER
Golgi M

Ly
320 Zellen des Bluts

LYMPHOZYT

Lymphozyten sind die immunkompetenten Zellen des Säugetieren, zu denen das Knochenmark gehört, be-
spezifischen Abwehrsystems, die dazu ausgebildet sind, nannt. Sie sind die kompetenten Zellen der humoralen
Antigene zu erkennen und eine spezifische Immun- Immunität. Reife B-Zellen exprimieren auf ihrer Ober-
antwort zu geben. Sie sind als heterogene Zellpopula- fläche MHC II-Moleküle und Antikörper und differen-
tion im peripheren Blut mit etwa 30%, bezogen auf alle zieren nach Aktivierung in die Antikörper-sezernieren-
Leukozyten, vertreten. Lymphozyten werden im Blut den Plasmazellen (siehe Abb. 127).
und in der Lymphe transportiert und rezirkulieren zu Natürliche Killerzellen besitzen unabhängig von
ihren angestammten Bereichen in den lymphatischen einer Antigenaktivierung zytotoxische Eigenschaften,
Geweben und Organen. Auch wenn sie sich morpholo- die bei der Ausschaltung von virusinfizierten Zellen und
gisch ähnlich darstellen, handelt es sich bei den Abtötung von Tumorzellen eine bedeutende Rolle spie-
Lymphozyten doch um eine heterogene Population von len.
Zellen, die sich in verschiedenen Aspekten, Abstam- Die Abbildung zeigt einen Lymphozyten aus dem
mung, Funktion, Ort der Differenzierung, Oberflächen- menschlichen Blut. Die meisten der im Blut zirkulieren-
charakteristika, Lokalisation im lymphatischen Gewebe den Lymphozyten liegen mit ihrem Durchmesser in der
und Lebensdauer, unterscheiden. Drei Haupttypen wer- Größenordnung von 6–15µm. Das Zytoplasma enthält
den klassifiziert, die T-Lymphozyten (T-Zellen), die B- zahlreiche freie Ribosomen. Einige Mitochondrien (M)
Lymphozyten (B-Zellen) und die natürlichen Killer- und wenige Zisternen des rauen endoplasmatischen
zellen (natural killer cells – NK-Zellen). Retikulums (RER) sind im Zytoplasma zu sehen. Stapel
Die Bezeichnung der T-Zellen leitet sich vom kurzer Golgi Zisternen begleitet von vielen Vesikeln mit
Thymus, wo für diese Klasse der Lymphozyten die und ohne Coat sind im Zytozentrum nahe dem Zellkern
Differenzierung zu immunkompetenten Zellen statt- gelegen. Ein multivesikuläres Körperchen (MVB) ist
findet, ab. Die T-Zellen sind die Lymphozyten der zel- dem Golgi Apparat benachbart und weist auf das endo-
lulären Immunität und werden weiter unterteilt bezo- somale System hin, in dem in den B-Zellen MHC II
gen auf ihre Oberflächendifferenzierung und die An- Moleküle mit den Antigenpeptiden beladen werden.
wesenheit von CD4- oder CD8-Proteinen in der Die im Blut zirkulierenden Lymphozyten sind
Plasmamembran, die entsprechend MHC II oder MHC hauptsächlich reife T-Zellen. Reife B-Zellen sind in
I (MHC – major histocompatibility complex)-gebun- geringerer Zahl vorhanden. Zirka 5–10% der Zellen, die
dene Antigene erkennen. CD4+-Helferlymphozyten als Lymphozyten diagnostiziert werden, besitzen weder
spielen eine zentrale Rolle bei der Einleitung einer T-Zell- noch B-Zellcharakteristika. Dazu gehören NK-
Immunantwort nach Auftreten eines Antigens. Bindung Zellen und auch wenige, im Blut zirkulierende, hämato-
ihres Rezeptors an ein MHC II-assoziiertes Antigen an poetische Stammzellen.
der Oberfläche einer Antigen-präsentierenden Zelle
aktiviert die Zellen, führt zur Proliferation und
Differenzierung weiterer T- und NK-Zellen und
Literatur
Differenzierung von B-Lymphozyten in Plasmazellen,
die spezifische Antikörper synthetisieren und sezernie- Boes M, Cuvillier A, and Ploegh H (2004) Membrane specializa-
ren. CD8+-Lymphozyten sind im Gegensatz zu den tions and endosome maturation in dendritic cells and B cells.
CD4+-Zellen primäre Effektorzellen. Stimuliert durch Trends Cell Biol 14: 176
die Bindung ihrer Rezeptoren an MHC I-assoziierte Chin YH, Cai J-P, and Xu X-M (1991) Tissue-specific homing
receptor mediates lymphocyte adhesion to cytokine-stimulated
Antigene an der Oberfläche virusinfizierter oder neo-
lymph node high endothelial venule cells. Immunol 74: 478
plastischer Zellen sezernieren sie Perforine, die in den Ikuta K, Uchida N, Frieman J, and Weissman IL (1992)
Membranen transformierter Zellen Kanäle bilden und Lymphocyte development from stem cells. Annu Rev Immunol
ihre Auflösung bewirken. 10: 759
B-Lymphozyten sind nach der Bursa Fabricii im Yagita H, Nakata M, Kawasaki A, Shinkai Y, and Okumura K
Vogeldarm, wo sie ursprünglich entdeckt wurden, (1992) Role of perforin in lymphocyte-mediated cytolysis. Adv
beziehungsweise nach den Bursaäquivalenten in den Immunol 51:215

Vergrößerung: x 37,000
Abbildung 159 321

Lymphozyt

M
RER

MVB Golgi

Nukleus
322 Zellen des Bluts

MEGAKARYOZYT UND THROMBOZYTENBILDUNG

Megakaryozyten sind polyploide Riesenzellen im Kno- Demarkierende Membranen, die nicht für die
chenmark, aus deren Zytoplasma die für die Blutge- Abtrennung der Thrombozyten verwendet wurden,
rinnung notwendigen Blutplättchen (Thrombozyten) bilden in den von den Megakaryozyten abgelösten
als kleine scheibenförmige Zellelemente abgeschnürt Plättchen das offene kanalikuläre System (Abb. B). Das
und direkt in das zirkulierende Blut abgegeben werden. Lumen der tief in das Zytoplasma invaginierten Ka-
Die Thrombozytenbildung durch die Megakaryozyten nälchen ist in Verbindung mit dem Extrazellularraum.
und ihre Abgabe in das Blut wird über Thrombopoetin, Das zweite Kanalsystem der Plättchen, das dichte
einem aus der Leber und Milz stammenden Glyko- tubuläre System (Stern in Abb. B, Abb. 161), leitet sich
protein, reguliert. Im Verlauf der Megakaryozyten- vom endoplasmatischen Retikulum ab und dient als
differenzierung entsteht bei fortlaufender DNA-Repli- Kalziumspeicher.
kation und gleichzeitiger Unterdrückung der Mitose ein In der Plättchendifferenzierung können zwei Phasen
polyploider Kern. Die Polyploidisierung hängt mit der unterschieden werden. In der ersten Phase, die durch
Unterdrückung von Stathmin, einem Regulator der Mikro- thrombozytenspezifische Wachstumsfaktoren induziert
tubuliaktionen in der Zellteilungsspindel, zusammen. wird und einige Tage dauert, kommt es zur Polyploidi-
Die Blutplättchen werden im Zytoplasma der Mega- sierung, zur Volumszunahme des Zytoplasmas und
karyozyten vorgebildet. In den speziellen Plättchen- Bildung der spezifischen Kompartimente und Granula.
bildungsregionen, an denen die Oberfläche vorgewölbt In der zweiten Phase werden die Plättchenbildungs-
ist, werden jeweils 10–20 Plättchen vorgeformt. Die regionen mit den Organellen und Granula gefüllt und
reifenden Plättchenvorstufen werden mit Organellen die vorgebildeten Thrombozyten in das Blut abgegeben.
und Granula, die aus den zentralen Zytoplasmaarealen Diese Vorgänge spielen sich innerhalb von Stunden ab.
der Megakaryozyten in die Plättchenbildungszonen
transportiert werden, gefüllt und durch ein Demar- Literatur
kierungssystem, das sich aus Plasmamembran-
Ebbeling L, Robertson C, McNicol A, and Gerrard JM (1992)
einstülpungen bildet, abgegrenzt. Nach Füllung mit
Rapid ultrastructural changes in the dense tubular system follow-
Organellen, Granula und Zytoskelettkomponenten wird
ing platelet activation. Blood 80: 718
ein marginales Mikrotubulusband, das aus 8–12 Fuhrman B, Brook GJ, and Aviram M (1992) Proteins derived
Windungen eines einzigen Mikrotubulus besteht, from platelet alpha granules modulate the uptake of oxidized low
gebildet. Die oberflächlich gelegenen Plättchen- density lipoprotein by macrophages. Biochim Biophys Acta 1127:
bildungsregionen stülpen sich durch die Spalten zwi- 15
schen den Endothelzellen der Knochenmarkssinus vor, Hartwig J, and Italiano J (2003) The birth of the platelet. J
sodass die sich abschnürenden Plättchen direkt in das Thromb Haemost 1: 1580
Blut gelangen. Italiano JE, and Shivdasani RA (2003) Megakaryocytes and
Die Abbildungen A und C zeigen Megakaryozyten- byond: the birth of platelets. J Thromb Haemost 1: 1174
segmente aus dem menschlichen Knochenmark. Eine Kaushansky K (2003) Thrombopoietin: a tool for understanding
thrombopoiesis. J Thromb Haemost 1: 1587
grobe Abgrenzung der zukünftigen Plättchen durch
Mahaut-Smith MP, Thomas D, Higham AB, Usher-Smith JA,
demarkierende Membranen (eingekreister Stern) ist
Hussain JF, Martinez-Pinna J, Skepper JN, and Mason MJ (2003)
bereits erkennbar. Teilweise ist das Zytoplasma noch frei Properties of the demarcation membrane system in living rat
von Organellen, teilweise gefüllt mit verschiedenen megakaryocytes. Biophys J 84: 2646
Kompartimenten, Organellen und Granula, Alpha- Rubin CI, French DL, and Atweh GF (2003) Stathmin expression
Granula und Dense Core Granula, entsprechend ihrem and megakaryocyte differentiation: A potential role in polyploidy.
Vorkommen in den zukünftigen Thrombozyten. Exp Hematol 31: 389

Vergrößerung: x 15,000 (A); x 12,000 (B); x 34,500 (C)


Abbildung 160 323

*
A

Alpha "Dense core"


Granula Granula
*

Offenes kanalikuläres System

B C
324 Zellen des Bluts

THROMBOZYT

Die Thrombozyten (Blutplättchen) sind Zytoplasma- inhibitor. In den Dense Core Granula (Delta-Granula,
fragmente der Megakaryozyten im Knochenmark (siehe siehe auch Abb. 160) ist Serotonin, Adenosindi-
Abb. 160). Nach ihrer Abschnürung und Abgabe direkt phosphat, Adenosintriphosphat und Histamin ge-
in das Blut zirkulieren die Thrombozyten im strömen- speichert. Die Lamda-Granula enthalten, Lysosomen
den Blut in Form kleiner Scheiben (Plättchen) mit entsprechend, verschiedene Hydrolasen. Die Inhalts-
einem Durchmesser von 3–4µm. Ihre Lebensdauer stoffe der Alpha- und Delta-Granula sind vor allem in
beträgt etwa 10 Tage. Die Thrombozyten spielen eine den initialen Blutgerinnungsphasen für die Plättchen-
Schlüsselrolle bei der Blutgerinnung, sowohl bei der aggregation, Blutkoagulation und Vasokonstriktion im
Bildung der Blutgerinnsel als auch bei der Retraktion Umfeld des beschädigten Gefäßabschnitts notwendig
der Gerinnsel und der Reparatur des verletzten Ge- und wichtig für die ersten Stadien der Gefäßreparatur.
webes. Die Endothelauskleidung der Blutgefäße wird Die Inhalte der Lamda-Granula dienen hauptsächlich
durch die Plättchen laufend überwacht und auf der Resorption des Gerinnsels in den späten Phasen der
Beschädigungen hin kontrolliert. Die Blutplättchen sind Wiederherstellung der Gefäßwand.
die ersten Zellen an Orten von Endothelschäden und Die Thrombozyten enthalten zwei verschiedene
Verletzungen. Membransysteme, die Membrankanäle und Tubuli des
Die Abbildungen A und B zeigen Thrombozyten im offenen kanalikulären Systems, das sich aus den De-
Lumen eines Blutgefäßes in der Darmwand. Im Zyto- markationsmembranen der Plasmamembran ableitet
plasma sind Organellen, Granula und Teile der (siehe Abb. 160), und das als Speicher für Kalziumionen
Kanälchensysteme (siehe auch Abb. 160) zu sehen. In dienende dichte tubuläre System (weiße Pfeile in
beiden Abbildungen ist auch das prominente marginale Abb. A), das sich aus dem endoplasmatischen Reti-
Mikrotubulusband (MT), das aus einem einzigen kulum ableitet und bei der Regulierung des Kalzium-
Mikrotubulus in 8–12 Windungen besteht, zu erkennen. haushalts eine wichtige Rolle spielt.
In diesem Mikrotubulus werden über 90% des
`-Tubulins von einer `1-Isoform, die für Mega-
karyozyten und Thrombozyten spezifisch ist, ein- Literatur
genommen. Das Mikrotubulusband erhält die Schei-
benform der Thrombozyten und spielt auch bei der Barkalow KL, Italiano JE Jr, Chou DE, Matsuoka Y, Bennett V, and
Vorbildung der Plättchen im Zytoplasma der Hartwig JH (2003) Alpha–adducin dissociates from F-actin and
Megakaryozyten eine Rolle. Neben dem Mikrotubulus- spectrin during platelet activation. J Cell Biol 161: 557
Colman RW (1990) Aggregin: a platelat ADP receptor that medi-
band haben für die Erhaltung und Änderung der
ates activation. FASEB J 4: 1425
Plättchenform vernetzte Aktinfilamente, die mit Elrod JW, Park JH, Oshima T, Sharp CD, Minagar A, and
Spektrin und assoziierten Proteinen des Membran- Alexander JS (2003) Expression of junctional proteins in human
skeletts interagieren, eine wichtige Funktion. Die platelets. Platelets 14: 247
Plättchen müssen im zirkulierenden Blut Scherkräften Italiano JE Jr, Bergmeier W, Tiwari S, Falet H, Hartwig JH,
widerstehen. Eine rapide Umformung ist nach Hoffmeister KM, André P, Wagner DD, and Shivdasani RA (2003)
Aktivierung notwendig, wenn die Thrombozyten auf Mechanisms and implications of platelet discoid shape. Blood
Gefäßschäden reagieren, sich abkugeln und Filopodien 101: 4789
und Lamellen ausbilden. Mangin P, Ohlmann P, Eckly A, Cazenave JP, Lanza F, and Gachet
Der zentrale, organellenreiche Teil des Zytoplasmas C (2004) The P2Y(1) receptor plays an essental role in the platelet
wird als Granulomer bezeichnet und dem oberfläch- shape change induced by collagen when TxA2 formation is pre-
vented. J Thromb Haemost 2: 969
lichen, außerhalb des Mikrotubulusbandes gelegenen,
Quinton TM, Murugappan S, Kim S, Jin J, and Kunapuli SP
organellenfreien Hyalomer gegenübergestellt. Das (2004) Different G-protein-coupled signaling pathways are
Granulomer enthält Mitochondrien, Peroxisomen, involved in alpha granule release from human platelets. J Thromb
Glykogeneinlagerungen und verschiedene Granula. Die Haemost 2: 978
großen Alpha-Granula (Sterne in Abb. B) enthalten Veljkovic DK, Cramer EM, Alimardani G, Fichelson S, Masse JM,
hauptsächlich Gerinnungsfaktoren, Fibrinogen, Wachs- and Hayward CPM (2003) Studies of alpha-granule proteins in
tumsfaktoren, Plasminogen und Plasminogenaktivator- cultured human megakaryocytes. Thromb Hemost 90: 844

Vergrößerung: x 63,500 (A); x 43,500 (B)


Abbildung 161 325

Offenes kanalikuläres
MT System

MT

MT

*
*

MT

B
STICHWORTVERZEICHNIS

A –, Insulinom 192
–, Langerhans’sche Insel 190
Adipozyt 266, 268 –, Schaltstück 180
Aggresomen 36 Becherzellen 184, 224
Aktinfilamente 136, 144, 146, 154, 204, 276 Becker’sche Muskeldystrophie 282
–, Bürstensaum 136, 204 Belegzellen 186
–, F-Aktin 136 –, Canaliculi 186
–, G-Aktin 136 –, Salzsäureproduktion 186
–, terminales Netzwerk 136, 204 Bindegewebe 250, 252, 254, 256, 258, 262
–, Verspannungsfasern 136 –, Amyloidose der Niere 262
Alport-Syndrom 166 –, Cornea 258
Alveolen 228 –, elastische Fasern 250, 254
–, Abwehrsystem 228 –, eosinophiler Granulozyt 256
–, Alveolarepithelzellen Typ I 228 –, fasriges Bindegewebe 250
–, Alveolarepithelzellen Typ II 228 –, Fibroblast 250, 252
–, Gasaustausch 228 –, Fibrozyt 252
–, Surfactant 228 –, kollagene Fasern 250, 254
Amyloidfibrillen 264 –, kollagene Fibrillen 250, 252, 254
–, Zeitraffer Atomkraftmikroskopie 264 –, Makrophage 252, 256
Amyloidose der Niere 262 –, Mastzelle 256
Apoptose 22, 34, 214 Birbeck-Granula 90
–, Retina 214 Blut 312, 314, 316, 318, 320, 322, 324
Astrozyten 290, 292 –, eosinophiler Granulozyt 316
Atomkraftmikroskopie 18, 264 –, Erythroblast 312
–, Kernporenkomplexe 18 –, Erythrozyt 312
Autophagie 22 –, Lymphozyt 320
Autophagozytose 114 –, Megakaryozyt 322
–, Autophagosomen 114 –, Monozyt 318
Axon 290, 292, 294, 296, 300, 302 –, neutrophiler Granulozyt 314
Axonale Degeneration 302 –, Retikulozyt 312
–, Thrombozyt 324
B –, Thrombozytenbildung 322
Basales Labyrinth 162, 208 Blut-Hirnschranke 156, 292
Basalkörper 224 Bowman’sche Schicht 260
Basallamina 164, 234, 236, 238, 278, 280, 284, 286, 294, Brauner Adipozyt 268
296, 298, 300 Brefeldin A 66, 68, 70, 72
Basalmembran 164, 166, 168, 170, 240 –, Endosomen 68
–, Alport-Syndrom 166 –, Membrantubuli 68
–, Descemet’sche Membran 168 –, Prä-Golgi Transportintermediäre 72
–, Haut 170 –, retrograder Transport internalisierter Lektine 70
–, Lamina basalis 164 –, transitorisches ER 72
–, Lamina densa 164 Bromdeoxyuridin 8
–, Lamina fibroreticularis 164 5’Bromuridin-5-Triphosphat 14
–, Lamina rara 164 Bürstensaum 134, 136, 148, 204, 208
–, Nierenglomerulum 166, 240 Bürstenzelle 146
Bauchspeicheldrüse 176, 178, 180, 190, 192
–, Azinus 176, 178 C
–, Beta-Zellen 190
–, endokrine Sekretion 190, 192 CADASIL 288
–, exokrine Sekretion 176, 178, 180 Cadherine 154, 158
Stichwortverzeichnis 327

Cajal Körperchen 4, 10 Eiweiß N-Glykosilierung 30, 32, 50, 52, 54


Calnexin/Calreticulin Zyklus 32 –, Golgi Apparat 50, 52, 54
Caspasen 22 –, raues endoplasmatisches Retikulum 30, 32
Caveolae 92, 234, 236 –, Reglukosilierung 32
–, Endothelzellen 234 Eiweiß O-Glykosilierung 58
–, glatte Muskelzellen 92 Eiweißqualitätskontrolle 32
Choleratoxin 92 Elastische Fasern 250, 254
Cholezystokinin 194 –, Elastin 254
Chondrozyt 270 –, Mikrofibrillen 254
Chromatin 4, 6, 8, 12, 20 Endoneurium 296
Chromosomen 4, 8, 10, 20 Endosomen 84, 86, 88
Clathrin 82 Endothel 234, 236, 238
Clathrin-coated Vesikel 82 –, fenestriertes Endothel 236
Colchicin 134 –, Kontakte mit Perizyten und glatten Muskelzellen 238
Concanavalin A 30 –, kontinuierliches Endothel 234
COPI 42 –, von Willebrand-Faktor 234
COPII 42 –, Weibel-Palade-Körperchen 234
COP-überzogene Vesikel 42 Endozytisches System 82, 84, 86, 88, 90, 92, 94
C-Peptid 190 –, Caveolae 92
Crigler-Najjar-Syndrom 40 –, Choleratoxin 92
–, Clathrin 82
D –, Endosomen 84
–, Endozytisches TGN 86
Deckzellen 232 –, Endozytische Wege 84
–, fusiforme Vesikel 232 –, Endozytose 84
Dermis-Epidermis Junktion 170, 172 –, Golgi Apparat 84, 86
–, Epidermolysis bullosa simplex 172 –, Langerhans-Zellen 90
Descemet’sche Membran 168 –, Makropinozytose 82
Desmin 276 –, Phagozytose 94
Diffuses endokrines System 194 –, Pinozytose 94
–, geschlossener Typ 194 –, Potozytose 92
–, offener Typ 194 –, Rezeptor-vermittelte Endozytose 82
Disci intercalares 284 –, Tubuläre perizentrioläre Endosomen 88
–, Fasciae adhaerentes 284 –, Virusendozytose 82
–, Gap Junctions 284 –, Virusinternalisation 92
DNA 6, 8 Endozytisches TGN 86
Duchenne Muskeldystrophie 282 Entaktin 164
Dünndarmepithel 184, 204, 206 Eosinophiler Granulozyt 256, 316
–, Becherzellen 184 Eosinophiler Myelozyt 20
–, Bürstensaum 204 Ependym 202
–, Haftkomplexe 204 Epidermis 90, 220, 222
–, Lipoproteintransport 206 –, Basalschicht 220
–, resorbierende Epithelzellen 204, 206 –, Differenzierung der Keratinozyten 222
–, Terminalgespinst 136, 204 –, Dornenzellschicht 220
Dystrophin 276 –, Flüssigkeitsbarriere 222
–, Hornschicht 220
E –, Keratinozyten 220, 222
–, Körnerschicht 220
EDEM 44 –, Lamellenkörperchen 222
Eiweißfaltungskrankheiten 34 Epidermolysis bullosa simplex 172
328 Stichwortverzeichnis

Epineurium 296 –, Gap Junctions 284


ERAD 44 Glatte Muskelzelle 92, 286
ER-Mannosidase I 32 Glatte Muskulatur 164, 286, 288
ER-Overload Response 34 –, Area densa 286
Ergastoplasma 26 –, CADASIL 288
Erythroblast 312 –, Synapse á distance 286
Erythropoetin 312 Glattes endoplasmatisches Retikulum 38, 40
Erythropoetische Blutbildungsreihe 312 –, Proliferation 40
Erythropoetische Protoporphyrie 130 Gliazellen 290
Erythrozyt 312 Glomeruläre Basalmembran 240
Exozytose 78, 80 Glomeruläre Erkrankungen 244, 246, 248
–, membranoproliferative Glomerulonephritis 246
F –, membranöse Glomerulonephritis 244
–, Transplantatglomerulopathie 248
Fettgewebe 266, 268 Glukosidase I 32
–, brauner Adipozyt 268 Glukosidase II 32, 44
–, braunes Fettgewebe 268 Glukosyltransferase 32, 44
–, weißer Adipozyt 266 Glykogen 38, 128
–, weißes Fettgewebe 266 Glykogenose vom Typ I 128
Fibroblast 250, 252 Glykogenose vom Typ II 112
Fibronektin 164 Glykokalyx 142, 148, 150, 152
Fibrozyt 252 –, Antennulae microvillares 148
Filaggrin 222 –, Bürstensaum 148
Filopodien 144 –, Domänenbildung 150
Fleckdesmosomen 154, 158 –, Hirnentwicklung 152
–, Cadherin 158 –, Karzinom-assoziierte Glykane 152
–, Plaqueproteine 158 –, Polysialinsäure 152
–, Zytokeratinfilamente 158 –, Unterschiede zwischen Zelltypen 150
Flimmerzellen 224 –, Veränderungen in Tumoren 152
Flügelzellen 252 –, Wilms Tumor 152
Fukuyama Muskeldystrophie 282 GM2-Gangliosidosen 106
Fusiforme Vesikel 232 Golgi Apparat 20, 46, 48, 50, 52, 54, 56, 58, 60, 62, 64, 66,
–, AUM-Partikel 232 70, 74, 76, 84, 86, 134
–, Deckzellen 232 –, ATP-abhängige Strukturveränderungen 76
–, Uroplakin Plaques 232 –, N-Azetylglukosaminyl-, Galaktosyl-, Fukosyl-,
Sialyltransferasen 52
G –, N-Azetylglukosaminyltransferase I 50
–, Brefeldin A 66, 70
Gap Junctions 156 –, Camillo Golgi 46
–, Connexine 156 –, cis-Seite 46
–, Connexon 156 –, Endozytose 60, 86
–, Gefrierbruch 156 –, N-Glykan Trimmen 50
Gastrin 194 –, Golgi Mannosidase I 50, 52, 54
Gelenkknorpel 270 –, Glykosilierung von Proteinen 50
–, Chondrone 270 –, Golgi Stapel 46
–, Chondrozyt 270 –, Golgi-Mannosidase II 50
–, Matrix 270 –, Hitzeschock 74
Gilbert-Syndrom 40 –, Hochdruckkryofixierung 64, 66
Glanzstreifen 284 –, Immunelektronenmikroskopie 48
–, Fasciae adhaerentes 284 –, Kippserie 64
Stichwortverzeichnis 329

–, komplexe N-Glykane 52 –, Tonofilamente 138, 220, 222


–, mannosereiche N-Glykane 52 –, Zytokeratin 138
–, Mitose 20 Ito Zellen 196, 198
–, Polypeptid-GalNAc Transferase 58 I-Zellkrankheit 100
–, Protein N-Glykosilierung 54, 56
–, Protein O-Glykosilierung 58 J
–, Proteinsekretion 48
–, Sekretion 60 Junktionaler Komplex 154, 204
–, Synthese der Asparagin-verknüpften Glykane 52 –, Cadherine 154
–, trans-Golgi-ER 62, 64 –, _- und `-Catenine 154
–, trans-Seite 46 –, Desmogleine 154
Gürteldesmosom 154 –, Desmokolline 154
–, Dünndarmepithel 204
H –, Fleckdesmosom 154
–, Gürteldesmosom 154
Haftkomplex 154, 204 –, Macula adhaerens 154
Haut 170, 220, 222 –, Tight Junctions 154
–, Dermis-Epidermis Junktion 170 –, Zonula adhaerens 154
–, Epidermis 220, 222 –, Zonula occludens 154
–, Keratinozyten 170
–, Melanozyt 170, 220 K
Hemidesmosom 170
–, Integrin 170 Kapillare 234, 236
Hereditäre Nephritis 166 –, Endothel 234
Herzmuskulatur 284 –, fenestriertes Endothel 236
–, Glanzstreifen 284 –, kontinuierliches Endothel 234
–, Myofibrillen 284 –, Perizyt 234
Heymann-Nephritis Antigen gp330 208 Kartagener-Syndrom 226
Histamin 194, 256 Keratinozyt 170, 220
Hitzeschock 74 Keratohyalingranula 220, 222
–, Golgi Apparat 74 Kernhülle 4, 28
–, Mitochondrien 74 –, Kernporen 4
–, raues endoplasmatisches Retikulum 74 –, perinukleäre Zisterne 4, 28
–, Zytoskelett 74 Kernlamina 6, 138
Hitzeschockproteine 74 –, Lamin-assoziierte Proteine 1 und 2 6
HIV (human immunodeficiency virus) 82 –, Muskeldystrophie 6
Hochdruckkryofixierung 62, 64, 66, 72, 136, 270 Kernporenkomplexe 16, 18
–, Atomkraftmikroskopie 18
I –, dreidimensionale Struktur 16
–, Gefrierbruch 16
Insulin 190, 194 –, Kryo-Elektronenmikroskopie 16
Insulinom 192 Kinozilien 224, 226
Integrin 170 –, Axonema 224
Intermediärfilamente 6, 138, 140, 154, 158, 220, 222, –, Dynein 224
276, 294 –, Dyneinmangel 226
–, Desmin 276 –, Kartagener-Syndrom 226
–, Kernlamina 6 –, Kinozilienbewegung 224
–, Lamine 138 –, Pathologie 226
–, Mallory-Körper 140 –, Syndrom immotiler Kinozilien 226
–, Neurofilamente 294
330 Stichwortverzeichnis

Knochen 272, 274 –, I-Zellkrankheit 100


–, Mineralisation 272 –, metachromatische Leukodystrophie 308
–, Osteoblast 272 –, Morbus Fabry 104
–, Osteoid 272 –, Morbus Farber 108
–, Osteoklast 274 –, Morbus Gaucher 102
–, Osteozyt 272 –, Morbus Wolman 110
Knochenabbau 274 Lysosomales System 96, 98, 100, 102, 104, 106, 108, 110,
Knochenmark 322 112
Knorpel 270 –, Lamp 98
–, Gelenkknorpel 270 –, lysosomale Enzyme 96, 98
Kollagen vom Typ I 250 –, lysosomale Membranen 98
Kollagene Fasern 250, 254 –, Lysosomen 96, 98
Kollagene Fibrillen 250, 252, 254 –, Mannose-6-Phosphat 96
–, Streifenmuster 254 –, Polylaktosamin 98
Kornea 218, 258, 260 –, saure Phosphatase 98
–, Bindegewebsschicht 258 –, sekretorische Lysosomen 98, 256, 314, 316
–, Bowman’sche Schicht 260
–, Descemet’sche Membran 168 M
–, Vorderes Hornhautepithel 218
Krinophagie 114 Macula adhaerens 154, 158, 204, 222
Kubilin 208 Magen 186
Kultschinsky-Zellen 224 –, Belegzellen 186
Kupffer’sche Sternzelle 94, 196, 198 Makropexie 114
Makrophage 250, 252, 256, 318
L Makropinozytose 82
Mallory-Körper 140
Lamellipodien 144 –, Zytokeratin 8 und 18 140
Lamina basalis 164 Mannose-6-Phosphatrezeptoren 98
Lamina fibroreticularis 164 Markhaltige Nervenfaser 298, 300
Lamine 6, 138 –, Myelinscheide 298, 300
Laminin 164 –, paranodale und juxtaparanodale Areale 300
Langerhans’sche Insel 190 –, Schmidt-Lanterman’sche Inzisuren 298
Langerhans-Zellen 90 Marklose Nervenfaser 294, 296
–, Birbeck-Granula 90 Mastzelle 256
–, Langerin 90 Megakaryozyt 170, 322
Leber 196, 198, 200 Megalin 208
–, Disse’scher Raum 196, 200 Melanozyt 170, 220
–, Gallencanaliculi 196 Mesaxon 294
–, Ito Zelle 196 Metachromatische Leukodystrophie 308
–, Kupffer’sche Sternzelle 196 Mikrotubuli 132, 134
–, Leberepithel 196, 198, 200 –, Ausschaltung 134
–, Lipoproteintransport 200 –, Bürstensaum 134
–, VLDL 38 –, dynamische Instabilität 132
Lunge 228 –, Golgi Apparat 134
Lymphozyt 320 –, _-Tubulin 132
Lysosomale Enzyme 96 –, `-Tubulin 132
Lysosomale Speicherkrankheiten 100, 102, 104, 106, –, Zellpolarität 134
108, 110, 112, 308, 310 Mineralisierte Knochenmatrix 272
–, GM2-Gangliosidose 106 Mitochondrien 22, 116, 118
–, Glykogenose vom Typ II 112 –, Crista-Typ 116
Stichwortverzeichnis 331

–, Myopathien 118 –, Perikaryon 290


–, parakristalline Einschlüsse 118 Neurotubuli 294
–, programmierter Zelltod 116 Neutrophiler Granulozyt 314
–, Strukturabnormalitäten 118 Niere 166, 188, 208, 210, 240, 244, 246, 248, 262
–, toxische Einflüsse 118 –, AA-Amyloidose 262
–, Tubulus-Typ 116 –, AL-Amyloidose 262
Mitose 20 –, Bürstensaum 208
Monozyt 318 –, distaler Tubulus 162
Morbus Fabry 104 –, Einfluss von Parathormon auf die proximalen Tubuli
Morbus Farber 108 210
Morbus Gaucher 102 –, glomeruläre Erkrankungen 244, 246, 248
Morbus Wolman 110 –, Glomerulum 240
Motilin 194 –, proximaler Tubulus 208, 210
Motorische Endplatte 280 –, Regulation des Säure-Basen Haushalts 188
Mott-Zelle 34 –, Sammelröhrchen 188
Muskeldystrophien 282 –, Schaltzellen 188
Myelin 298 Nierenglomerulum 240
Myelinscheide 298, 300 –, Basalmembran 240
Myofibrille 276, 284 –, Filtrationsdiaphragmen 240
–, A-Bänder 276 –, Filtrationsschlitze 240
–, H-Zone 276 –, Podozyten 240
–, I-Bänder 276 Nukleolus 4, 10, 12, 14, 26
–, M-Linie 276 –, Architektur 10, 12
–, Z-Scheibe 276 –, dicht fibrilläre Komponente 10, 12
–, fibrilläres Zentrum 10, 12
N –, granuläre Komponente 10, 12
–, kompakte Nukleolen 12
Nebulin 276 –, Nukleolonema 12
Nephrin 240 –, Prä-rRNA Transkription 14
Nervengewebe 290, 292, 294, 296, 298, 300, 302, 304, –, ringförmige Nukleolen 12
306, 308, 310 Nukleoporine 16
–, axonale Degeneration 302
–, Blut-Hirnschranke 292 O
–, Gliazellen 290
–, markhaltige Nervenfaser 298, 300 Odland bodies 222
–, marklose Nervenfaser 294, 296 Oligodendrozyten 290
–, metachromatische Leukodystrophie 308 Oligosaccharyltransferase 30
–, Myelin 298, 300 Osteoblast 272
–, Nervenregeneration 302 Osteoid 272
–, neuroaxonale Dystrophie 304 Osteoklast 274
–, Neuron 290 –, ruffled Border 274
–, neuronale Zeroidlipofuszinosen 310 Osteozyt 272
–, Neuropathien im Gefolge von Dysproteinämien 306
–, peripherer Nerv 296 P
–, Ranvier’scher Schnürring 300
–, Synapsen 292 Pankreas 24
Neuroaxonale Dystrophie 304 Pankreasazinus 176, 178
Neuron 290 –, Azinuszellen 176, 178
–, Dendrit 290 –, Azinuszentrum 178
–, Neurit 290 –, Zentroazinäre Zellen 178
332 Stichwortverzeichnis

Pankreasazinuszelle 24, 26, 46, 78, 176, 178 –, Apoptose 22


–, Amylase 24 –, Autophagie 22
–, Proteinbiosynthese 24 –, Mitochondrien 116
–, raues endoplasmatische Retikulum 24 Prokollagensynthese 254
–, Zymogengranula 24, 46, 48, 78, 176, 178 Protein N-Glykosilierung 50, 52, 54, 56
Parathormon 210 –, Antiporter 52
Perineurium 296 –, N-Azetylglukosaminyl-, Galaktosyl-, Fukosyl-,
Peripherer Nerv 294, 296, 298, 300 Sialyltransferasen 52
–, Bindegewebshüllen 296 –, N-Azetylglukosaminyltransferase I 50
Perizyt 234, 238 –, N-Glykan Trimmen 50
Perlakan 164 –, Glykosyltransferasen 52
Peroxisomen 120, 122, 124, 126 –, Golgi-Mannosidase I 50
–, adaptive Veränderungen 124 –, Golgi-Mannosidase II 50
–, Biogenese 122 –, komplexe N-Glykane 52
–, Enzymdefekte 126 –, mannosereiche N-Glykane 52
–, Immungoldmarkierung 120 –, Zelltyp-abhängige Unterschiede im Aufbau von
–, Katalase 120 Glykanen 56
–, kristalliner Einschluss 120 –, Zelltyp-abhängige Unterschiede in der Topographie
–, Matrix 120 von Glykosilierungsreaktionen 54
–, Pathologie 126 Protein O-Glykosilierung 58
–, PMP-70 120 –, Polypeptid-GalNAc Transferase 58
–, Störungen der Peroxisomenbiogenese 126 –, Topographie der Biosynthese von Serin-/Threonin-
–, Uratoxidase 120 verknüpften Glykanen 58
–, Zellweger-Syndrom 126 Proteinsekretion 48
Phagozytose 94 –, Amylase 48
Pigmentepithel 212, 214 –, Golgi Apparat 48
Pinozytose 94 –, Immunelektronenmikroskopie 48
Plasmamembran 142 –, kondensierende Vakuolen 48
–, Fluid-Mosaik Modell 142 –, Prä-Golgi Transportintermediäre 48
–, Gefrierbruch Elektronenmikroskopie 142 –, raues endoplasmatisches Retikulum 46, 48
–, Glykokalyx 142 –, Sekretgranula 24, 46, 48, 78, 176, 178
–, integrale Membranproteine 142 –, Zymogengranula 24, 46, 48, 78, 176, 178
–, Lipidbilayer 142
–, Mikrodomänen 142 R
–, periphere Membranproteine 142
Plasmazelle 256 Ranvier’scher Schnürring 300
Plexus choroideus 202 Raues endoplasmatisches Retikulum 26, 28, 30, 32, 34,
PNS 294, 296, 298 36, 42
Podocalyxin 240 –, Aggresomen 36
Podoplanin 240 –, Apoptose 34
Podozyt 166, 240 –, Eiweiß N-Glykosilierung 30
–, Schlitzdiaphragmen 166 –, Eiweißqualitätskontrolle 32
Polyoma Viren 22 –, Eiweißtranslokation 30
Polysomen 26 –, Reglukosilierung 32
Potozytose 92 –, Russell-Körper 34, 36
Prä-Golgi Transportintermediäre 42, 44, 46, 72 –, Speicherort für nicht korrekt gefaltete, aggregierte
–, Eiweißqualitätskontrolle 44 Glykoproteine 34
–, Trimmen von Oligosacchariden 44 –, transitorische Elemente 42
Prä-rRNA 10, 14, 26 –, Trimmen der Oligosaccharide 32
Programmierter Zelltod 22, 116 Regulierte Sekretion 80
Stichwortverzeichnis 333

Retikulozyt 312 Skelettmuskulatur 276, 278, 280, 282


Retina 212, 214 –, Duchenne Muskeldystrophie 282
–, Licht-induzierte Apoptose 214 –, motorische Endplatte 280
–, Photorezeptoren 212, 214 –, Muskeldystrophien 282
–, Pigmentepithel 212 –, Myofibrille 276
–, Rhodopsin 212 –, Sarkomer 276
–, Stäbchen 212 –, sarkoplasmatisches Retikulum 278
–, Zapfen 212 –, Satellitenzelle 278
Rezeptor-vermittelte Endozytose 82 –, Triade 276, 278
Ribosomen 26 Somatostatin 194
Ricinus communis I Lektin 82, 84, 88 Submandibulardrüse 182
Riechepithel 216 –, Schaltstück 182
–, Fila olfactoria 216 –, sero-muköses Endstück 182
–, Riechkolben 216 –, seröser Halbmond 182
–, sensorische Neurone 216 –, Streifenstück 182
–, Stützzellen 216 Substanz P 194
RNA 6, 10, 14 Surfactant 228
Russell-Körper 34, 36 –, antimikrobielle Wirkung 228
Synapse á distance 286
S Synapsen 280, 286, 292
–, asymmetrische Synapsen 292
Sarkomer 276 –, symmetrische Synapsen 292
Sarkoplasmisches Retikulum 278 Syndrom immotiler Kinozilien 226
Satellitenzelle 278
Saumzelle 204 T
Schmidt-Lanterman’sche Inzisuren 298
Schwannzelle 294, 296, 298, 300, 302 Terminalgespinst 136, 204
Sec61-Komplex 30 Thrombozyt 322, 324
Sekretgranula 46, 48, 78, 80 –, Alpha-Granula 324
Sekretion 24, 26 –, Dense Core Granula 324
–, Protein A-Gold Technik 24 –, dichtes tubuläres System 324
–, raues endoplasmatisches Retikulum 24, 26 –, Granulomer 324
–, Ribosomen 26 –, Hyalomer 324
Sekretorische Lysosomen 98, 256, 314, 316 –, Mikrotubulusband 324
Sekretorisches System 24, 26, 28, 30, 32, 34, 36, 38, 40, –, offenes kanalikuläres System 324
42, 44, 46, 48, 50, 52, 54, 56, 58, 60, 62, 64, 66, 68, 70, 72, Thrombozytenbildung 322
74, 76, 78, 80 Tight Junctions 154, 156, 204, 218, 220, 234, 292
–, Aggresomen 36 –, Blut-Hirnschranke 156, 292
–, Brefeldin A 68, 72 –, Claudin 156
–, glattes endoplasmatisches Retikulum 38, 40 –, Gefrierbruch 156
–, Golgi Apparat 46, 50, 52, 54, 58, 60, 62, 64, 66, 74, 76 –, Occludin 156
–, Immunelektronenmikroskopie 48 –, Zonulaproteine 156
–, kondensierende Vakuolen 46 Titin 276
–, Prä-Golgi Transportintermediäre 42, 44, 50 Tonofilamente 138, 158
–, raues endoplasmatisches Retikulum 28, 30, 32, 34, 36, Tracheobronchialepithel 224
74 –, Basalkörper 224
–, Ribosomen 26 –, Basalzellen 224
–, Russell-Körper 36 –, Becherzellen 224
–, Sekretgranula 24, 46, 48, 78, 80 –, Flimmerzellen 224
–, TGN 60, 62, 64 –, Kultschinsky-Zellen 224
334 Stichwortverzeichnis

Trans-Golgi Netzwerk (TGN) 46, 60, 62, 64, 98 –, Architektur 4


Trans-Golgi-ER 62, 64, 86 –, Cajal Körperchen 4, 10
Translokon 30 –, Chromatinfibrillen 8
Triaden 276, 278 –, Chromosomen 4, 6, 8, 10, 20
–, T-Tubulussystem 278 –, Domänen in Interphasenchromosomen 8
–, Terminalzisternen des L-Systems 278 –, Interchromatingranula 4
Tropokollagen 254 –, Kernlamina 6
Tropomodulin 276 –, Kernporen 16, 18
Typ-IV Kollagen 164 –, Nachweis von Orten der DNA-Replikation 8
–, Nachweis von Ribonukleoproteinen 6
U –, Nukleolus 4, 10, 12, 14
–, Orte der RNA-Synthese 14
Übergangselemente (transitorische Elemente) –, Perichromatinfibrillen 6, 14
des rauen endoplasmatischen Retikulums 42, 46 –, Perichromatingranula 6
Unfolded Protein Response 34 –, Perichromatinregionen 8
Uroplakin Partikel 232 –, Prä-mRNA Partikel 6
Urothel 232 –, Virale Einschlüsse 22
–, fusiforme Vesikel 232 Zelloberfläche 142, 144, 146, 148, 150, 152
–, Gefrierbruch 232 –, Bürstenzelle 146
–, Glykokalyx 148, 150
V –, Plasmamembran 142
–, Zellen in Kultur 144
Very low density lipoprotein Partikel 38, 200, 206 Zellteilung 20
–, Leber 38, 200 Zell-Zell Verzahnungen 160
–, Dünndarm 206 Zellweger-Syndrom 126
Virale Einschlüsse 22 Zentriolen 20, 66, 132
Virusendozytose 82 Zentrosom 132
Virusinternalisation 92 ZNS 290, 292, 298
von Willebrand-Faktor 234 Zonula adhaerens 154, 204
Zonula occludens 154, 156, 204
W Zymogengranula 24, 46, 48, 78, 176, 178
Zystinose 112
Weibel-Palade-Körperchen 234 Zytokeratin 138, 158
Weißer Adipozyt 266 Zytokeratin 8 und 18 140
Weizenkeimagglutinin 70, 84 Zytomegalieviren 22
Wilms Tumor 152 Zytoskelett 132, 134, 136, 138, 140
–, Aktinfilamente 136, 144, 146, 276
Z –, Intermediärfilamente 6, 138, 140, 154, 158, 220, 222,
276, 294
Zeitraffer Atomkraftmikroskopie 264 –, Mallory-Körper 140
–, Amyloidfibrillen 264 –, Mikrotubuli 68, 132, 134
Zellbewegung 144 Zytosolische Partikel 128, 130
Zellen in Kultur 144 –, erythropoetische Protoporphyrie 130
–, Filopodien 144 –, Glykogen 128
–, Lamellipodien 144 –, Glykogenose vom Typ I 128
–, Zellbewegung 144 –, Glykosomen 128
Zellkern 4, 6, 8, 10, 14, 16, 18, 20, 22 Zytozentrum 132, 134

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