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LOTHAR HEINZ

Der grünen Hölle ent-


ronnen

Verlag Neues Leben Berlin

1954
Alle Rechte vorbehalten Lizenz Nr 303 (305/99/54)
Umschlagzeichnung Fritz Ahlersv Prieros (Mark’
Gestaltung und Typographie Kollektiv Neues Leben
Druck: Karl-Marx-Werk Pößneek. V 15 30
Wie tastende Polypenarme glitten die Lichtkegel der
Scheinwerfer über die Plätze und Baracken des Ausbil-
dungslagers in Sidi bei Abbes. Es mochte gegen ein Uhr
sein. Aus dem Offizierskasino schallten amerikanische
Tanzmusik und das Grölen und Gelächter der zechen-
den Offiziere. In der Baracke CP 7 hörte man nichts
davon. Nur alle Viertelstunde tönten die Schritte der
wachhabenden Lagerstreife durch die dünnen Holzwän-
de.
Der Legionär Werner Scholz lag auf seiner Pritsche
und lauschte auf die verhallenden Schritte der Streife.
Für Sekunden warf der Scheinwerfer sein grelles Licht
in den Raum. Man wachte gut über die Männer der
„Legion etrangere“.
Werners Kameraden ruhten nach den Strapazen des
Tages in tiefem Schlaf. Die Tage im Ausbildungslager
Sidi bei Abbes waren lang und hart. Man nannte es tref-
fend: das „Tor zur Unterwelt“. In Werners Ohr drangen
die Atemzüge der schlafenden Legionäre.
„Nein! Nein! Nicht schlagen…“ Das war der Lünebur-
ger, er phantasierte wieder. Seine Stimme ging in ein
Röcheln über. „… Du elendes Schwein, dann laß mich
doch nach Hause…“
„Halt dei Goschen, jetzt wird’s g’schlafen!“ Das war
Sepp, ein Münchner, auch so ein blutjunges Kerlchen.
In seinen Papieren stand zweiundzwanzig Jahre. Wie alt
mochte er in Wirklichkeit sein? Vielleicht achtzehn,
höchstens neunzehn Jahre.
Jetzt war es wieder still im Raum. Auch die Ratten ra-
schelten nicht mehr. Die Stimme der Kameraden hatte
sie für kurze Zeit in ihre Löcher gescheucht.
Wenn er nur schlafen könnte. Werner drehte sich vor-
sichtig auf die andere Seite. Er biß die Zähne zusam-
men, um nicht aufzuschreien. Die Schultern schmerzten
ihn unerträglich. Das verdankte er dem Sergeanten
Gandon, diesem Leuteschinder. Er war ständig auf der
Suche nach Gründen, um die Legionäre bestrafen zu
können. Gandon fand seine Befriedigung darin, sie in
der schlimmsten Mittagshitze über den Lagerplatz zu
jagen und dabei immer neue Schikanen und Quälereien
zu ersinnen. So mußte Werner mit 25 Kilo Gepäck straf
exerzieren. Die Tragegurte des Tornisters waren durch
Telephondraht ersetzt und schnitten tief in das Fleisch
ein. Besonderes Vergnügen bereitete es dem Sergeanten
Gandon, ihn in Kniebeuge hüpfen zu lassen. Bei jedem
Sprung verursachten die tief in Schultern und Achsel-
höhlen einschneidenden Drähte qualvolle Schmerzen.
Nach etwa vier Stunden brach er ohnmächtig zusam-
men. Kameraden hatten ihn in die Baracke getragen und
die blutenden Schultern verbunden. Die ganze Schinde-
rei mußte er nur deshalb ertragen, weil er für lumpige
800 Francs an einen Eingeborenen seine Taschenuhr
verkauft hatte, um seine miserable Löhnung zu verbes-
sern. Gandon sah darin eine finanzielle Vorbereitung
zur Flucht.
Dabei war eine Flucht aus Sidi bei Abbes glatter
Selbstmord. Die meisten Legionäre, die es versuchten,
wurden bald wieder blutiggeschlagen ins Lager zurück-
gebracht. Manchen erschoß man auch auf der „Flucht“.
Man war nicht kleinlich im Umgang mit Menschenle-
ben und schon gar nicht mit dem der Legionäre.
So sah sie aus, die nackte Wirklichkeit in den marok-
kanischen Ausbildungslagern der französischen Frem-
denlegion. Nichts war von den Vorstellungen und Hoff-
nungen eines „schönen Soldatenlebens unter tropischem
Himmel“ geblieben, nur Flüche und Enttäuschungen.
Legionär Werner Scholz, zweiundzwanzig Jahre, Aus-
bildungslager Sidi bel Abbes (Marokko), Baracke CP 7.
Das war er, der Werner, dem die Verwandten eine gute
Laufbahn prophezeit hatten. Er hatte doch die Mittel-
schule besucht und Dentist gelernt. Ja, und dann wurde
er arbeitslos. – Danach kam der Krach mit den Eltern -
und schließlich traf er den „guten Kameraden“ – in Ge-
danken sah er ihn noch vor sich sitzen:
„Noch zwei Helle, Herr Ober, und ‘nen Doppelten für
den jungen Freund hier.“ Und Werner schüttete ihm
sein Herz aus: Keine Arbeit, kein Geld, den Eltern auf
der Tasche liegen – er hatte eben die Schnauze richtig
voll.
Das sei doch kein Problem hatte der „Kamerad“ ge-
sagt. „Hier in Deutschland ist ja sowieso nichts mehr
los. Du mußt ins Ausland gehen, mein Junge!“
„Wohin?“
„Na, da gibt’s viele Möglichkeiten, vielleicht nach
Frankreich. Ober, noch zwei Helle!“
Werner trank und hörte zu. Ja, das schien ihm richtig.
Zwei Jahre Fremdenlegion – Kleinigkeit! Haufen Geld,
fremde Länder sehen, dann die französische Staatsbür-
gerschaft erwerben und ‘ne Praxis aufmachen.
„Weißt du, in Frankreich nimmt man das nicht so ge-
nau. Du hast doch schon .ein bißchen Ahnung. Allez
hopp geht das, und du bist Arzt. Ja, ja, wirst sehen. Na,
denn Prost! Ober! bringen Sie…“
Am nächsten Tag schon fuhr er per Freifahrtschein von
Düsseldorf nach Landau zur französischen Panzerkaser-
ne. Als er, zusammen mit vielen anderen jungen Men-
schen, den in Französisch abgefaßten Dienstvertrag un-
terschrieb, ahnte er noch nicht, daß er sich für fünf Jahre
der „Grande Nation“ verpflichtet hatte. Man ließ sie in
dem Glauben, die Dienstzeit währe lediglich zwei Jahre.
Der Abtransport in Militäromnibussen nach Frankreich
erfolgte sehr rasch. Sie hatten Anweisung, sich nicht als
Deutsche auszugeben, damit es an der Grenze mit dem
deutschen Zoll keine Schwierigkeiten gäbe. Dann ging
es nach Marseille. Nach der Einkleidung und einer kur-
zen Ausbildung wurden sie nach Marokko eingeschifft.
Fünf Monate waren vergangen, angefüllt mit Strapazen,
Schikanen und bitteren Enttäuschungen.
Das alles ließ er noch einmal an sich vorüberziehen.
Schändlich hatte man sie alle belogen und betrogen. Der
Werber kassierte seine Kopfprämie, Frankreich hatte
einen Kolonialsoldaten mehr, und er, der Düsseldorfer
Dentist Werner Scholz, war Legionär Scholz, eine
Nummer, der jeder hergelaufene Sergeant einen Tritt
geben konnte.
Wie mochte es den Eltern gehen? Ob sie wußten, wo er
war? Heimlich hatte er sich von zu Haus davongestoh-
len. Auf seine Briefe kam keine Antwort. Die Postkon-
trolle der Legion war streng. Vielleicht wanderten seine
Briefe alle in den Papierkorb.
Er mußte wohl trotz seiner Schmerzen in den Schultern
doch noch eingeschlafen sein, denn am Morgen rüttelten
ihn die Kameraden aus dem Schlaf.

Der französische Zehntausendtonnenfrachter „Made-


laine“ stampfte mit großer Fahrt voraus ostwärts. Tau-
send Legionäre, leichte Artillerie, Waffen und Munition
für den Kolonialkrieg waren seine Ladung.
Längst war die marokkanische Küste am Horizont ver-
schwunden, aber Werner Scholz stand noch immer an
der Reling und blickte starr auf den Punkt, an dem er im
leichten Dunst die letzten Hügelketten des schwarzen
Kontinents aus den Augen verloren hatte. Es war bald
Mittag, die Hitze wurde immer unerträglicher. In einer
schattigen Ecke ließ sich Werner auf einer Rolle Tau-
werk nieder. Durch das rhythmische Stampfen der Ma-
schinen vibrierte der ganze Schiffskörper, und das sollte
nun für Wochen die ständige Begleitmusik sein. „Hast
du Feuer, Kamerad?“
Werner schreckte aus seinen Gedanken und griff me-
chanisch nach seinem Feuerzeug. „Wenn’s brennt, ja.“
„Danke.“ Der Fremde tat behaglich einen kräftigen
Pfeifenzug und setzte sich neben Werner auf die Taurol-
le. „Aus Oran?“, begann er die Unterhaltung.
„Nein, Sidi bei Abbes.“
„Schönes Sanatorium, was?“ Er lachte wie über einen
gelungenen Witz. „Ich war in Moknes, fünf Monate. Du
bist Kölner, stimmt’s?“
„Nein, Düsseldorfer.“
„Also doch von da unten, aus der Gegend jedenfalls.
Ich bin in Bremen zu Hause. Es ist schon ein paar Jahre
her, seit ich von da weg bin. Zuletzt war ich im Olden-
burgischen beim Bauern.“ Er schob sein Käppi blanc ins
Genick und wischte sich den Schweiß vom Gesicht.
„Verfluchte Affenhitze.“
Werner fand Gefallen an seinem neuen Bekannten. Er
schätzte ihn auf vierundzwanzig. Das offene, freundli-
che Gesicht mit der immer wieder keck in die Stirn fal-
lenden Haarsträhne flößte ihm Sympathie ein. „Weißt
du, wo es hingeht?“ forschte Werner nach dem Reise-
ziel. Der Bremer zuckte mit den Schultern. „He,
Schwarzer!“ rief er einen gerade vorübereilenden Ne-
gerheizer an und winkte ihn mit seiner Pfeife heran.
„Wohin fahren wir?“
Der Schwarze blickte sich ängstlich um und flüsterte
geheimnisvoll: „Indochina.“ Und damit war er auch
schon aus dem Blickfeld der beiden verschwunden,
denn ein Schiffsoffizier bog gerade um die Ecke.
Der Bremer klopfte seine Pfeife am Stiefelabsatz aus
und fragte ganz unvermittelt: „Wie heißt du eigentlich,
Kamerad?“
„Werner Scholz.“
„Gut, Werner. Ich heiße Karl, Karl Leonhardt. Hör
mal, hast du noch Kameraden auf dem Schiff, ich meine
so richtige Kameraden, gute Freunde?“
„Nein, ich bin mit keinem richtig warm geworden. Nur
mit einem, aber der mußte in Sidi bel Abbes im Lazarett
bleiben.“
Karl Leonhardt schien befriedigt. „Also paß auf, was
uns der Schwarze eben erzählt hat, bleibt unter uns.“
Werner nickte zustimmend. „Ich habe noch ‘nen prima
Kumpel hier, Kuddel, ‘n Hamburger. Wenn du Lust hat,
treffen wir uns heute abend hier zu einem kleinen
Snagg. Mir knurrt nämlich jetzt der Magen. Mal sehen,
wie weit es mit dem Essen ist.“
Werner war froh, einen neuen Kameraden auf dem
Schiff gefunden zu haben und willigte freudig ein.
Während die Tropennacht hereinbrach, fanden sich die
drei, wie sie es vereinbart hatten, in ihrer Ecke auf den
Taurollen ein. Die meisten Legionäre vertrieben sich an
Bord die Zeit mit Glücks- und Kartenspielen oder lagen
schon in ihren Hängematten und schliefen. Die drei wa-
ren ungestört und berieten ihre Lage. Jetzt, nachdem sie
durch den Negerheizer das Ziel der „Madelaine“ erfah-
ren hatten, bereuten sie ihren verhängnisvollen Schritt,
in die Fremdenlegion gegangen zu sein, noch mehr.
Aber davon wurde natürlich nichts besser. Es gab nur
eine Möglichkeit, dem furchtbaren Dschungelkrieg in
der grünen Hölle zu entrinnen: die Flucht!
Karl und Kuddel hatten die Lage bereits am Nachmit-
tag besprochen und weihten nun Werner in ihre Pläne
ein. Sie wollten versuchen, auf der Fahrt durch den Su-
ezkanal das Schiff zu verlassen und schwimmend zu
fliehen. Das war nach ihrer Meinung die günstigste Ge-
legenheit. In den Häfen, die von der „Madelaine“ noch
angelaufen würden, rechneten sie mit einer strengen
Bewachung des Schiffes durch die französischen Offi-
ziere. Auf hoher See aber schien ihnen ein Fluchtver-
such aussichtslos. Werner war mit dem Vorschlag ein-
verstanden. Allein hätte er nicht den Mut zur Flucht
aufgebracht, aber mit den beiden Kameraden gemein-
sam war er bereit, diesen Schritt zu riskieren. Sie be-
schlossen, von ihrer Verpflegung etwas aufzusparen, um
sich eine eiserne Ration für die ersten Tage nach der
Flucht zu schaffen.
Als einzige Waffe sollte jeder nur sein Messer um-
schnallen. Karl übernahm den Auftrag, ein langes Tau
zu besorgen und an Bord zu verstecken. Daran wollten
sie sich hinablassen, damit sie sich beim Sprung von
Bord nicht verrieten.
Einige Stunden später: Die Legionäre schliefen längst.
In den Decks war eine stickige Luft. Werner lag immer
noch wach in seiner Hängematte. Die Erregung über
ihren abenteuerlichen Fluchtplan wühlte noch in ihm.
Ob er es schaffen würde, das Kanalufer zu erreichen?
Wie breit mochte wohl der Suezkanal sein? Im Erdkun-
deunterricht in der Schule hatte er nur von dessen Exi-
stenz erfahren. Das war alles. Wie er aber beschaffen
war, darüber wußte er nichts. Und wenn man sie nun
schon vorher entdecken würde? Vielleicht passierte das
Schiff auch am Tage den Kanal, dann war sowieso alles
Essig.
„Man muß eben beide Daumen drücken und etwas
Schwein haben“, hatte Kuddel gesagt.
Port Said, das am nördlichen Kanalende liegt, passierte
die „Madelaine“ kurz nach Einbruch der Nacht. Das
Lichtermeer der Stadt war bereits achteraus versunken.
Verschiedene Male glitt backbord ein hell erleuchteter
Passagierdampfer vorüber, und gedämpfte Tanzmusik
vermischte sich mit dem Geräusch der monoton stamp-
fenden Schiffsmaschine. Wohl keiner der Passagiere auf
den Luxusdampfern ahnte, daß ganz in der Nähe tau-
send Legionäre einem ungewissen Schicksal in der grü-
nen Hölle Indochinas entgegenfuhren. Werner Scholz
fieberte in seiner Hängematte dem vereinbarten Zeit-
punkt der Flucht entgegen. Etwa alle zehn Minuten
blickte er auf die Armbanduhr. Noch zwei Stunden. Ihm
schien es, als sei die Zeit stehengeblieben. Alles war
vorbereitet. Er tastete zum soundsovielten Male nach
dem Proviantsäckchen und seinem Dolch. Nur jetzt
nicht einschlafen. Aber dazu war er viel zu aufgeregt.
Von seiner Hängematte aus konnte er durch ein Bullau-
ge steuerbords auf die Wellen schauen. Sonst war nichts
zu erkennen. Die Nacht war ziemlich dunkel. Um so
besser. Den Verlauf des Kanalufers verrieten nur hin
und wieder Lichtzeichen an Land. Weit schienen sie
nicht entfernt zu sein. Somit war das Schwimmen kein
Problem.
Die „Madelaine“ fuhr mit halber Maschinenkraft durch
den Kanal. Man würde also in nur geringen Abständen
das Kanalufer erreichen und sich auch in der Finsternis
schnell wieder gefunden haben. Die Kanalzone war von
Tommys streng bewacht. Aber immer noch besser, hier
den Briten in die Hände zu fallen, als in Indochina zu
verrecken. Wenn alles klappte, hofften sie, am nächsten
Mittag schon in Port Said zu sein.
Langsam füllte sich der Raum mit Legionären. Einige
schliefen bereits. Werner sah mit Befriedigung, daß die
Hängematten allmählich alle belegt wurden. Um so we-
niger Betrieb würde oben an Deck sein. Endlich war es
soweit. Werner kletterte aus seiner Hängematte heraus
und tastete sich durch den nur spärlich beleuchteten
Raum, vorbei an der Kombüse und am Maschinenraum
und dann die Stiege hoch an Deck. Am vereinbarten
Treffpunkt stand noch keiner der Freunde. Zehn Sehritte
weiter lehnte eine Gestalt an der Reling, aber das war
weder Karl noch Kuddel. Vor Aufregung zitterten Wer-
ners Hände, als er sich eine Zigarette anbrannte.
„Na, Kamerad, noch ‘ne Zigarette rauchen vor dem
Schlafengehen?“ Karl Leonhardt lehnte sich neben
Werner an die Reling und zündete sich seine Pfeife an.
„Kuddel kommt gleich. Wer ist denn das da vorne?“
fragte er flüsternd.
„Keine Ahnung, wird hoffentlich bald abhauen.“
Sie hörten Schritte hinter sich. Kurt Johannsen trat zu
ihnen. „Alles klar, Jungs?“ Er war ganz ruhig und be-
herrscht, während Werner und Karl sehr aufgeregt zu
sein schienen.
„Ich habe vorhin schon ‘ne Weile aufgepaßt“, flüsterte
Karl. „Die Streife kommt alle zehn Minuten hier vorbei.
Die Brüder sind ganz pünktlich, kann also nichts passie-
ren… Da kommen sie.“
Ein Doppelposten schritt langsam auf die Gruppe zu.
„In zehn. Minuten hat alles unter Deck zu sein! Ver-
standen?“
„In Ordnung, in zehn Minuten nicht mehr auf Deck
sein“, antwortete Kuddel laut. „Unter Deck sind wir in
zehn Minuten auch nicht mehr“, setzte er leise lachend
hinzu.
Die Streife entfernte sich auf ihrem Rundgang wieder.
Auch die Gestalt an der Reling war verschwunden.
„Also los, Jungs! Karl, du gehst zuerst, dann Werner!
Ich pass’ auf, daß hier oben die Luft rein bleibt, und
komme als letzter. Karl wartet am Ufer. Wir beide lau-
fen ein Stück zurück, bis wir auf ihn stoßen. Klar?…
Gut.“
Karl schleppte ein Tau heran, das er hinter einem Ent-
lüftungsschacht versteckt hatte und befestigte es an der
Reling.
Sekunden später verschwand er in der Nacht. Das
Deck war , glücklicherweise schon wie leergefegt.
„Los!“ Der Hamburger sah abwechselnd das Deck ent-
lang und auf Werner, der gerade über die Reling stieg.
Dann war alles dunkel um Werner. Unter ihm rauschte
gurgelnd das Wasser an der Bordwand entlang. Je tiefer
er am Seil hinabglitt, um so mehr begannen seine Hände
zu brennen. Plötzlich wurden ihm vom Sog die Füße
weggerissen. Er ließ das Seil los und begann mit kräfti-
gen Zügen zu schwimmen. Von Karl war bereits nichts
mehr zu sehen. Die Schiffswand glitt schnell vorüber,
und dann wurde er auch schon vom Wirbel des Schrau-
benwassers erfaßt. Als er wieder auftauchte, sah er für
Bruchteile von Sekunden einen Schatten über sich, und
dann -klatschte es neben ihm aufs Wasser. Das muß
Kurt sein, durchzuckte es ihn. Warum ist er nicht am
Seil ‘runtergekommen? Hat man uns entdeckt?
Das Heck der „Madelaine“ befand sich jetzt ungefähr
fünfzig Meter von der Stelle entfernt, an der Werner
dem Ufer zustrebte. Da hörte das Geräusch der Schiffs-
schrauben jäh auf. Eine Trillerpfeife ertönte, laute
Kommandorufe erschallten von Deck. Aufflammende
Scheinwerfer zerschnitten die Dunkelheit und tasteten
suchend über das Wasser. Da waren die Flüchtenden
auch schon vom grellen Lichtkegel eingefangen.
Neben Werner tauchte Kuddels Kopf aus den Wellen
auf. Beide schwammen unter Aufbietung all ihrer Kräfte
dem rettenden Land zu.
Auf der „Madelaine“ ließ man zwei Rettungsboote aus
den Davits zu Wasser. Sekunden später nahmen sie
Kurs auf die Schwimmenden.
„Wenn sie ‘ran sind, dann wegtauchen!“ rief Kuddel.
Das erste Boot mochte nur noch fünfzehn Meter entfernt
sein.
„Haltet an, ihr Kanaillen! Wir haben euch sowieso
gleich.“
Jetzt entdeckte Werner vor sich Karl Leonhardt. Nur
noch wenige Längen trennten ihn vom Ufer! Im
Scheinwerferlicht sah er Karls Haarschopf deutlich auf-
und abtauchen. Da peitschten kurze Feuerstöße aus Ma-
schinenpistolen über das Wasser. Dicht um Karl spritz-
ten kleine Wasserfontänen auf. Werner sah den Bremer
nicht mehr. Entweder war er getaucht, oder die Kugeln
der Häscher hatten ihr Ziel erreicht. Das Boot war jetzt,
fast zum Greifen nahe, herangekommen. Kurt Johann-
sen tauchte schon unter. Jetzt hieß es auch
für Werner, dem Beispiel zu folgen. Tief Luft geholt
und dann weg. Werner schwamm, bis ihm die Lungen
zu platzen drohten. Er mußte doch bald am Ufer sein;
aber als er wieder auftauchte, waren es noch ein Dut-
zend Längen. In unmittelbarer Nähe des Bootes kam er
wieder hoch. Einer der Matrosen schlug ihm mit voller
Wucht den Riemen auf den Kopf. Dann wurde es dun-
kel um Werner, und er wußte nicht mehr, was mit ihm
geschah.

Eine widerlich-ölige Stimme war das erste, was er hör-


te. Es war Capitaine Munier, der militärische Leiter des
Transports.
„Habt ihr die Schweine zurückgebracht? Wo ist der
dritte ,Boche’? Habt ihr ihn abgeknallt, diesen Hund…?
Gut so!“
Mit voller Wucht ließ Munier seine Reitpeitsche über
Werners Gesicht klatschen. Das Blut spritzte sofort aus
der aufgeplatzten Haut. Munier geriet förmlich in einen
Blutrausch und bearbeitete den zu Boden stürzenden
blindwütig mit Fußtritten und Peitschenhieben. Noch
vor Anstrengung keuchend, befahl er mit über-
schnappender Stimme, den Mißhandelten in einen
Schiffsbunker zu werfen.
Während Legionäre Werner Scholz wegschleiften,
zerrte man soeben Kurt Johannsen aus dem zweiten Ret-
tungsboot. Capitaine Munier stürzte sich auf sein neues
Opfer und empfing den Hamburger auf dieselbe Weise.
Blutig geschlagen wurde er wenige Minuten später
ohnmächtig zu Werner Scholz geworfen.
Die „Madelaine“ setzte ihre nächtliche Fahrt fort. Ma-
trosen gingen daran, das Deck von den Blutspuren zu
säubern. Um die beiden Mißhandelten kümmerte sich
niemand.
Ratten, Wasser, Hunger, Schmerzen und Dunkelheit
waren für den Rest der Überfahrt die Gefährten von
Werner Scholz und Kurt Johannsen.
Nur etwas dünne Wassersuppe und halbverschimmel-
tes Brot reichte man ihnen in das dunkle Loch. Ihre Ver-
letzungen waren zum Teil in eitrige Entzündungen
übergegangen.
Kurt und Werner erwarteten mit Bestimmtheit, daß sie
nach der Ankunft in Indochina von einem Militärgericht
abgeurteilt würden. In Haiphong aber kam alles ganz
anders.
Es ging dem Ende der Regenzeit entgegen, und das
französische Hauptquartier in Hanoi rechnete mit einer
großen Herbstoffensive der vietnamesischen Volksar-
mee. General Gonzales de Lenares brauchte jeden
Mann, um bei den außerordentlich hohen Verlusten die
Stellungen halten zu können.
Werner und Kurt wurden einer Strafeinheit zugeteilt
und nach Nghialo, 150 Kilometer nordwestlich Hanoi
im Thai-Gebiet, transportiert. -
Fahl dämmerte der Morgen herauf. Langsam hoben
sich in der Ferne die zweitausend Meter hohen Berge
aus dem Dunst. Die ersten Sonnenstrahlen spiegelten
sich im glitzernden Wasser der Reisfelder. Dahinter
stand dunkel und drohend die Wand des unendlichen
Dschungels. Seit wenigen Tagen hatte der alljährlich
„große Regen“ aufgehört. Der zu grundlosem Morast
aufgeweichte Boden begann unter der glühenden Sonne
Indochinas wieder fest und trocken zu werden.
Aber niemand bereitete sich hier auf die bevorstehende
Reisernte vor. Die Felder waren verwaist. Die Bauern
erschossen, erschlagen, zu Tode gequält, in Bao-Dais
Söldnerarmee gepreßt, oder sie schmachteten in den
Gefängnissen. Ein Teil von ihnen kämpfte in der viet-
namesischen Volksarmee, ein anderer im Hinterland der
französischen Eindringlinge.
Das halbzerstörte Reisbauerndorf La-Bong, einer der
nördlichsten Vorposten der Stadt Nghialo, diente als
Stützpunkt der Legion.
Eine Gruppe von fünfzehn Legionären der in Haiphong
zusammengestellten „Compagnie de discipline“ war vor
einer Woche zur Verstärkung der Besatzung von La-
Bong eingetroffen; unter ihnen Werner Scholz und Kurt
Johannsen.
Sergent-major Degorce befehligte jetzt insgesamt
zweiunddreißig Mann, einschließlich des Sous-officiers
Menzel, einem stiernackigen SS-Mann übelster Sorte,
und dem vietnamesischen Koch der Truppe. Außer drei
Italienern, einem Spanier und einem Belgier waren alle
Deutsche.
Werner Scholz hatte in den Tagen seit der Ankunft in
La-Bong den ersten Vorgeschmack des Dschungelle-
bens bekommen. Die Legionäre, die schon längere Zeit
hier eingesetzt waren, berichteten, daß alle drei Monate
die Einheit wieder aufgefüllt werden mußte. Die zahl-
reichen, zum Teil schon halbverwitterten Holzkreuze
am Südende des Dorfes waren der grauenhafte Beweis
für die Richtigkeit ihrer Worte. Schwarzfieber, Tropen-
koller, Schlangenbisse, Malaria, standrechtliche Er-
schießungen und der Kampf selbst dezimierten unauf-
hörlich die Reihen der Legionäre.
Werner hatte, mit einem anderen Kameraden zusam-
men, die letzte Nachtwache. In einer halben Stunde soll-
te die Ablösung kommen. Schweigend hockten sie in
ihrem Schützenloch und spähten über das Reisfeld zum
Dschungelrand. Die Rauchwölkchen ihrer Zigaretten
wurden schnell vom Morgenwind zerrissen. Um diese
Tageszeit war es noch einigermaßen erträglich. Aber
bereits ein bis zwei Stunden später ging niemand mehr
freiwillig aus den Bambushütten und Erdbunkern.
„Warum bist du denn von zu Hause weggegangen?“
nahm Werner plötzlich das abgebrochene Gespräch
wieder auf.
„Ja, warum?…“ Thomas Dienhardt blies die Zigaret-
tenasche zu Boden und ließ spielerisch eine Handvoll
Sandkörner durch die Finger rieseln. „Man hat bei uns
in Gera so viel vom Westen erzählt, wie schön man dort
leben könnte… und dann sprachen welche im RIAS, das
war dann der letzte Anstoß…“
Werner lachte bitter und äffte ironisch nach: „Schönes
Leben… alles Quatsch! Und was ist aus deinem Mädel
geworden? Die hast du doch auch noch nach Westberlin
mitgenommen?“
„Ich weiß nicht, wir wurden im Lager getrennt. Ein
Kumpel erzählte mir, daß sie sich mit einem amerikani-
schen Offizier angefreundet habe.“
„Also ein Flittchen“, stellte Werner fest.
„Wenn du es so nennen willst, ja.“
„Wahrscheinlich jetzt am Ku-Damm ,tätig’, und du
darfst hier die gesegnete Freiheit der westlichen Welt
genießen.“ Werner richtete sich jäh auf und lauschte
angespannt auf das näher kommende mahlende Ge-
räusch von Raupenketten und Motorenlärm.
„Ein Panzer.“ Dienhardt lachte und zog Werner wieder
auf den Boden ihres Erdloches zurück. „Die Roten ha-
ben hier keine Panzer. Na ja, das kannst du noch nicht
wissen. Das ist ein Spähwagen aus Nghialo, der will
bloß sehen, ob wir noch nicht krepiert sind.“
Dann war es wieder ruhig. Jeder hing seinen Gedanken
nach, während der Panzerspähwagen auf dem Dorfplatz
vor dem Erdbunker haltmachte.

An demselben Vormittag trafen noch fünfzig Legionä-


re aus Nghialo im Dorf ein. Zusammen mit dem Panzer-
spähwagen und einem Dutzend Legionären aus La-
Bong brachen sie am gleichen Tage zu einer „Strafex-
pedition“ nach Nordwesten auf. Eine Gruppe von Le-
gionären war vor einigen Tagen in dieser Gegend von
Partisanen beschossen worden. Der Befehl lautete: „Al-
le Militär- und Zivilpersonen sind ohne Anruf unter
Feuer zu nehmen.“
Stundenlang zogen sie in langer Kolonne am Fuß des
Thai-Gebirges durch Dschungel, Sumpfgelände und
verlassene Dörfer. Überall stießen sie auf Spuren des
Vernichtungswerkes der Legion. Verbrannte und zer-
störte Bambushütten, bleichende Tierkadaver und hin
und wieder auch Teile menschlicher Skelette. Aber was
sie nicht trafen, waren Menschen.
Aufgescheuchte Affenherden in den Bäumen begleite-
ten mit einem ohrenbetäubenden Spektakel die Männer
ein kurzes Stück.
Es mochte etwa eine Stunde vor Einbruch der Nacht
sein, als die Kolonne stoppte und die Vorausabteilung
ein bewohntes Dorf meldete. Man beschloß, mit drei
Gruppen das Dorf zu umzingeln, während die vierte mit
dem Panzerspähwagen warten und, nach vollzogener
Einschließung, in das Dorf einbrechen sollte.
Werner Scholz und Kurt Johannsen gehörten zu der
Gruppe, die sich südlich durch den Dschungel heranar-
beiten mußte. Ein ortskundiger gefangener Vietnamese,
den man aus Nghialo mitgebracht hatte, führte sie. Zwei
Schritte hinter ihm folgte der französische Sous-officier,
seine entsicherte Pistole auf den Rücken des Viet-
namesen gerichtet.
Die Kolonne kam verhältnismäßig schnell voran. Der
einheimische Führer schien die Gegend gut zu kennen.
Nach einer halben Stunde aber waren immer noch keine
Anzeichen des Dorfes zu bemerken. Im Gegenteil, wäh-
rend zu Beginn des Marsches hin und wieder Pfade und
schmale Waldwege auftauchten, befand man sich jetzt
in der unberührtesten Wildnis. Der französische Offizier
wurde langsam nervös und fragte den Vietnamesen
wieder und wieder, wie weit es noch bis zum Dorf sei.
„Gleich da, nicht mehr weit“, lautete stets die Antwort.
Werner Scholz wußte, daß es im Dorf ein ungeheures
Gemetzel geben würde. Noch nie ‘in seinem Leben hat-
te er einen Menschen getötet. In wenigen Minuten sollte
er nun seine Maschinenpistole auf wehrlose Frauen und
Kinder richten, auf Menschen, die ihm nichts getan hat-
ten, denen er noch nie im Leben begegnet war. Der Ge-
danke allein war ihm schon entsetzlich; Grauen schüt-
telte ihn innerlich, daß ihn trotz der unerträglichen Hitze
fröstelte. Seinetwegen hätte sich der Marsch noch über
Stunden hinziehen können. Der Sous-officier aber war
anderer Auffassung. Er trat dem Vietnamesen plötzlich
mit aller Gewalt in die Kniekehlen und versetzte dem
Taumelnden einen Fausthieb ins Gesicht.
„Schwein, denkst wohl, du kannst uns noch länger
durch diese gottverdammte Gegend scheuchen? Wo ist
das Dorf? Los, antworte!“ Aber die Antwort erhielten
sie in diesem Augenblick durch in der Ferne einsetzen-
den Gefechtslärm. Der Überfall auf das Dorf hatte ohne
sie begonnen, vier oder fünf Kilometer entfernt. Der
Vietnamese hatte sie falsch geführt und sie bewußt vom
Dorf fortgelockt, um seinen Landsleuten zu helfen, so
gut er es in seiner Lage konnte. Die sekundenlange all-
gemeine Verwirrung ausnutzend – auch der Offizier
hatte sich von ihm abgewandt – war er mit drei, vier
riesigen Sätzen den Blicken der Legionäre entschwun-
den. In seiner Wut feuerte der Sous-officier aufs Gera-
tewohl sein Magazin leer, aber kein Aufschrei verriet,
daß er getroffen hatte.
„Allez! Marcher en arriere!“ Was blieb ihnen auch an-
deres übrig, als den Rückweg anzutreten? Aber schon
nach kurzer Zeit wußte niemand mehr den richtigen
Weg. Auch die Schüsse waren verstummt, schnell sank
die Tropennacht herab und breitete ihren dunklen
Schleier aus. Im Osten aber leuchtete der Himmel jetzt
purpurn. Wie eine riesige Fackel loderte die Feuers-
brunst in die Nacht. Stätten friedlicher Arbeit verwan-
delten sich in Rauch und Asche.
Ein furchtbarer Marsch begann in Richtung auf das
brennende Dorf. Zur gleichen Strecke, zu der die zwölf
Legionäre am Abend eine Stunde benötigten, brauchten
sie jetzt fast sechs. Sie stießen sich an Bäumen blutig,
versanken bis zu den Hüften im Morast, rissen sich aus
Schlingpflanzen heraus und strauchelten immer wieder
über Hindernisse, die sie in der Nacht nicht erkennen
konnten.
Werner und Kurt tasteten sich dicht nebeneinander
durch die Wildnis und halfen sich gegenseitig, so gut es
in der Dunkelheit möglich war. Werner litt besonders
unter Schmerzen, die von den Gurten des Tornisters
herrührten. Die Wunden von Sidi bei Abbes platzten
immer wieder auf. Kurt trug beide Maschinenpistolen
und übernahm schließlich auch noch Werners Tornister.
Kurz vor Morgengrauen passierten sie die Posten am
Dorfrand. Die Truppe mit dem Panzerspähwagen hatte
sich nach ihrem Mord-und Zerstörungsakt in den noch
heilgebliebenen Bauernhütten einquartiert. Glimmende
Aschenhaufen und verkohlte Bambusstangen kenn-
zeichneten die Stellen, an denen noch vor wenigen
Stunden die Wohnstätten fleißiger Reisbauern gestan-
den hatten.
Das war alles, was die kleine Gruppe erschöpfter Le-
gionäre noch wahrnahm. Wahllos warfen sie sich auf
die Erde und schliefen nach den Strapazen des Gewalt-
marsches sofort ein.

Als Werner von Kurt Johannsen wachgerüttelt wurde,


stand die Sonne schon hoch über dem Dschungelrand.
Man bereitete sich zum Aufbruch vor. In kleinen Grup-
pen saßen die Legionäre zusammen und verzehrten ihre
Marschverpflegung.
Die beiden Freunde machten sich auf die Suche nach
einer Stelle zum Waschen. Auf der anderen Seite des
Dorfes sollte ein Bach sein.
Was sie aber auf dem Weg durch das zerstörte und ge-
plünderte Dorf sahen, ließ sie bis ins Innerste erschau-
dern. Überall stießen sie auf verstümmelte Leichen. So,
wie sie entsetzt zu fliehen versucht hatten, waren diese
Menschen niedergestreckt worden. Hinter einer Hütte
kniete ein Legionär bei einem toten Mädchen und be-
mächtigte sich ihres Schmuckes.
Werner wandte sich ab; er mußte sich übergeben. Ohne
ein Wort zu wechseln, schritten die beiden Freunde ne-
beneinander her.
Erst am Bach beim Waschen brach Werner das
Schweigen. „Ich kann nicht mehr, Kurt. Es ist ja ent-
setzlich.“
„Das ist die ,Legion etrangere’„ antwortete Kurt hart.
„Aber können denn Menschen so etwas überhaupt tun?“
„Du siehst es ja, Werner. Diese Scheusale fühlen sich
noch wohl dabei.“
„Gibt es denn keinen Ausweg? Wir müssen weg von
der Legion, ganz weg, verstehst du, Kurt? Gleichgültig,
wohin.“
„Du bist ein Narr.“ Kurt Johannsen beugte sich über
das Wasser und ließ seine Feldflasche vollaufen.
„Nimm dir auch Wasser mit, unterwegs gibt es nichts.“
Werner fuhr leidenschaftlich fort: „So antworte doch.
Willst du deine Hände mit Blut besudeln?“
„Ich sagte dir, du bist ein Narr. Wo willst du denn hin?
Wir sind hier nicht im Suezkanal. Wenn wir fliehen,
gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder wir werden
erwischt, dann macht man kurzen Prozeß mit uns – du
darfst nicht vergessen, daß wir Angehörige der
,Compagnie de discipline’ sind –, oder wir geraten in
Gefangenschaft, aber die wird nur von kurzer Dauer
sein. Die Roten werden nicht danach fragen, ob du
schuldig bist oder nicht. Für sie bist du Legionär, und
Legionäre werden erledigt. So, jetzt hast du die Wahl.“
„Hast du denn gesehen, daß sie Gefangene erschie-
ßen?“ fragte Werner.
Kurt lächelte mitleidig. „Du bist wirklich ein Narr,
Werner. Sieh dir dieses Dorf an! Davon gibt es Tausen-
de. Und du rechnest noch auf Gnade?“
Werner schwieg. Innerlich gab er Kurt recht. Es mußte
schon stimmen, was die französischen Offiziere immer
sagten. „Wen die Kommunisten erwischen, mit dem ist
es aus. Den lassen sie einen furchtbaren und langsamen
Tod sterben.“ – Es gab keinen Ausweg. Zehn Jahre sei-
nes Lebens hätte er mit Freuden dafür gegeben, um die-
ser Hölle zu entrinnen und wieder in Deutschland zu
sein.
„Komm, wir müssen zurück.“ Kurt Johannsen warf die
Maschinenpistole über die Schulter und kletterte die
Uferböschung hinauf.
Im Dorf empfing sie ein Legionär: „Na, Kameraden,
ihr seid ja diesmal schlecht drangewesen. Wir haben für
euch mit Beute gemacht. Sind fette Brocken darunter.“
Er griente niederträchtig, schlug auf seine prallen Ho-
sentaschen und fügte hinzu: „Aber wir haben ja schließ-
lich auch die Arbeit gehabt.“
Dann schallten die Kommandos zum Sammeln durch
das Dorf. Die Kolonne marschierte los.
Kurz vor La-Bong mußten sie eine besonders unüber-
sichtliche Stelle passieren. Links war stark ansteigendes,
mit Strauchwerk und Felsblöcken besetztes Gelände,
rechts dichter Dschungel. Da krachten plötzlich Schüs-
se. Die überraschten Legionäre warfen sich in Deckung.
„Liegenbleiben und schießen!“ befahl der französische
Offizier. Aber niemand war zu sehen, auf den sie hätten
schießen können. Der Panzerspähwagen versuchte ver-
geblich, die Höhe zu nehmen; an einem Felsblock muß-
te er stoppen:
Ununterbrochen schössen die Vietnamesen. Für die
Legionäre war die Situation äußerst brenzlig. Schlecht
gedeckt saßen sie in der Zange, denn auch von rechts
aus dem Dschungel wurden sie unter Feuer genommen.
Werner Scholz und Kurt Johannsen kauerten zwischen
zwei Felsblöcken und verfolgten das Gefecht. Auch sie
sahen keinen Gegner. Wenige Schritte von ihnen ent-
fernt lag ein Legionär hinter einem Baumstamm und
feuerte wie wildgeworden seine Maschinenpistole leer.
„Siehst du jemand?“ fragte Kurt, als der Legionär sein
Magazin auswechselte.
„Nein“, antwortete der verstört, „aber sonst fallen sie
über uns her.“ Das waren seine letzten Worte. Sein
Kopf sank vornüber. Die beiden Freunde blickten sich
an, und wie einer gemeinsamen Abmachung folgend,
sprangen sie auf. In wenigen Sekunden hatten sie den
Legionär hinter die schützenden Felsblöcke getragen.
„Kopfschuß“, stellte der Hamburger fest, „wird wohl
nichts mehr zu machen sein.“ Kurt untersuchte die Ta-
schen des Toten nach Papieren. Das erste, was er fand,
war ein Brief. „Meine liebe Mutter!“ las er. Kurt steckte
ihn ein, um ihn später abzuschicken.
Der Beschuß hatte aufgehört. Nach kurzem Zögern
kamen die Legionäre wieder aus ihren Deckungen.
Sieben Tote und zwölf Schwerverletzte waren das Er-
gebnis des Überfalls. Die Partisanen hatten ihre ermor-
deten Landsleute gerächt. Niemand hatte sie kommen
oder gehen sehen. So war es immer. Plötzlich von ir-
gendwoher Schüsse und wieder Stille. Der Dschungel
stellte sich schützend und undurchdringlich, drohend
und geheimnisvoll vor die gequälten Bewohner dieses
Landes.
Die Toten wurden in den Spähwagen geladen, für die
Verwundeten fertigte man Tragbahren aus Bambusstan-
gen an.
La-Bong war bald erreicht. Nach kurzer Rast zog die
Truppe mit den Verwundeten weiter nach Nghialo.
Die Legionäre aus La-Bong meldeten sich – bis auf
drei, die verwundet nach Nghialo ins Lazarett transpor-
tiert wurden – bei Sous-officier Menzel zurück.
Nur mit einer Turnhose bekleidet, saß er im Komman-
dobunker. Auf dem Tisch vor ihm stand eine halbge-
leerte Weinflasche.
„Da kommt ihr ja, ihr Galgenvögel.“ Er mußte schon
bedeutend mehr getrunken haben, als die halbgeleerte
Flasche vermuten ließ. Er lallte und schwankte beim
Aufstehen so, daß er sich mit beiden Händen auf den
Tisch stützen mußte.
„Was grinst ihr über euren Vorgesetzten? Saubande!“
Seine Stimme schnappte über. „Euch wird das Lachen
schon noch vergehen, besonders euch von der Straf-
kompanie.“ Auf Kurt weisend, befahl er: „Los, mach
Meldung!“
Aus dem Nebenraum war Sergent-major Degorce ein-
getreten. Schweigend sah er auf die Legionäre und ließ
Menzel gewähren.
Kurt Johannsen nahm Haltung an und berichtete: „Ein
Dorf zerstört und die Einwohner getötet. Auf dem
Rückmarsch, zwei Kilometer vor La-Bong, von einer
starken Partisanengruppe beschossen worden. Verluste:
Sieben Tote, zwölf Schwerverletzte. Drei am schwer-
sten Verwundete nach Nghialo ins Lazarett gebracht.“
„Danke. Wegtreten!“
Die Legionäre machten kehrt und verließen den Bun-
ker. „Du Schwein bist schon wieder besoffen“, stellte
Degorce fest. „Aber, Sergent-major, wo denken Sie hin?
Von den paar Tropfen, hick, verfluchte Hitze –
wahnsinniger Durst.“
Degorce winkte lässig ab und ließ sich auf einen Stuhl
fallen. „In der Nähe operieren Partisanengruppen. Wir
müssen unseren Wachdienst verstärken.“
„Ganz meiner Meinung, Sergent-major. Ich schlage
vor, einen Streifendienst rund um La-Bong einzurich-
ten.“
Degorce nickte. „Nicht übel. Richte einen solchen
Streifendienst ab heute ein, Menzel! Und – was ich noch
sagen wollte, laß die Toten eingraben; verpesten uns bei
der Hitze sonst die ganze Gegend.“

Nachdem sie den Bunker verlassen hatten, gingen


Werner und Kurt mit den anderen zur Hütte des vietna-
mesischen Koches Ho.
Es gab Reis mit Hammelfleisch. Hungrig, wie sie wa-
ren, aßen sie ihre Portionen gleich in der Hütte.
Ein vietnamesisches Mädchen, das man gezwungen
hatte, für die Küche zu arbeiten, brachte ein Bündel
Brennreisig und legte es neben die Kochstelle nieder.
Obwohl dieses Mädchen sehr hübsch war, wagte keiner
der Legionäre, sich ihm in anzüglicher Weise zu nähern.
Sergent-major Degorce hatte vor einigen Tagen, als man
sie ins Dorf brachte, erklärt, er würde persönlich mit
dem abrechnen, der sich an sie heranmachte. Für die
Legionäre war es klar, daß Degorce ein Auge auf sie
geworfen hatte, und so galt sie in La-Bong als „tabu“.
„Für dich ist Post da“, sagte Ho zu Werner.
Post von zu Hause, dachte Werner, endlich. Er sprang
auf und rannte zur Unterkunft. Im Halbdunkel der Hütte
sah er den hellen Umschlag auf seiner Pritsche leuchten.
Absender Düsseldorf Die Schriftzüge seines Vaters. Mit
tränenfeuchten Augen las er vor der Hütte.

Düsseldorf, am 26. Juli 1952


„Lieber Junge!
Mutter und ich machen uns große Sorgen um Dich.
Dein letzter Brief kam aus Marokko. Du schreibst, daß
Deine Ausbildung nun bald zu Ende sei und Du dann
zum Einsatz kommst. Hoffentlich nicht nach Indochina.
Man hört soviel Schlechtes von dort, auch in den Zei-
tungen schreiben sie davon.
Was hast Du bloß in den fremden Ländern verloren?
Wir wünschen und sehnen den Tag herbei, an dem Du
wieder zu Hause bist…“
Ein Schatten fiel auf den Brief. Kurt Johannsen war he-
rangetreten und ließ sich neben Werner nieder. „Was
schreiben sie denn?“
„Sie machen sich Sorgen. Mein Vater will wissen, was
ich hier verloren habe.“
„Das weiß wohl keiner von uns. Verloren haben hier
Tausende Leben und Gesundheit. Aber das ist auch al-
les. Wir sind nur die Bauern, die im großen Schachspiel
geopfert werden.“ Der blonde Hamburger zog einen
Brief aus der Tasche. Es war der des toten Legionärs.
„Hier ist der letzte Brief eines solchen geopferten Bau-
ern“.
Laut las er vor:
Nghialo, den 21. 9.1952
„Meine liebe Mutter!
Heute ist Sonntag. Aber man merkt hier nichts davon.
Wir müssen unseren Dienst so wie an jedem anderen
Tag versehen. Unsere Offiziere sind sehr gemein zu uns.
Ich hasse sie. Kommandiert wird nur französisch, aber
beim Einsatz wird mit ,Hurra’ gestürmt. Auch beim
Sterben schreien sie deutsch.
Wenn wir in Nghialo durch die Straßen gehen, dann
nur immer in größeren Gruppen, denn an jeder Ecke
lauert der Tod. Die Bevölkerung sieht uns lieber gehen
als kommen. Das ist kein Wunder; denn wir haben ihr
nur Elend und Vernichtung gebracht.
Du wirst entsetzt sein, wenn Du meinen Brief liest.
Aber warum soll ich Dich belügen? Wenn ich nicht
wiederkomme, dann sollst Du wenigstens gewußt ha-
ben, wie es mir ergangen ist. Ich verfluche den Tag, an
dem ich mich zur Legion gemeldet habe. Wenn Du
meine Freunde siehst, dann warne sie davor. Morgen
geht es zum Einsatz gegen Partisanen. Hoffentlich ver-
läuft alles glatt.“
Hier endete der Brief.
„Es verlief nicht alles glatt“, fügte Kurt hinzu. „Jeman-
den vom Tod seines Nächsten zu benachrichtigen, ist
immer eine schwere, undankbare Aufgabe, aber es wird
uns nicht erspart bleiben. Die amtliche Mitteilung der
Legion wird seine Mutter wenig trösten können.“
Bevor sie ihren Wachdienst antreten mußten, schrieb
Werner an seine Eltern nach Düsseldorf und Kurt nach
Minden an die Mutter des gefallenen Legionärs.

Es war an einem Spätnachmittag, wenige Tage darauf.


Werner Scholz saß in der Hütte des Koches Ho und
briet sich zwei Sumpfhühner, die er am Vormittag ge-
schossen hatte.
Völlig außer Atem und mit zerrissenem Brusttuch
stürzte plötzlich das vietnamesische Mädchen in die
Hütte. Aufgeregt berichtete sie Ho etwas in ihrer Spra-
che. Werner verstand nur immer den Namen Degorce.
„Was gibt es denn?“ erkundigte sich Werner.
„Ihr blonder Freund hat Ming vor Degorce in Schutz
genommen. Der hat dann geschossen.“
„Geschossen – auf Kurt?“ Werner stand ungläubig und
fassungslos. Er packte das Mädchen am Arm, daß sie
leicht aufschrie. „Wo war das? Schnell! Erzähle! Ist ihm
etwas geschehen?“
„Ich weiß nicht… ich bin nur gerannt, um von Degorce
wegzukommen… Es war am Reisfeld, dort, wo der gro-
ße tote Baum steht…“
„Der große tote Baum…“, stammelte Werner verstört
und rannte hinaus. Verschiedene Legionäre blickten ihm
erstaunt nach, als er quer durch das Dorf hastete. Kurz
vor dem Kommandobunker sah er Degorce. Schlen-
dernden Schrittes, im Mundwinkel lässig eine Zigarette
und in der Rechten seine unvermeidliche Reitpeitsche,
kam er näher.
Werner blieb stehen und starrte ihn an, sein Blick hef-
tete sich auf die Pistolentasche, als könne sie ihm Ant-
wort geben.
„Kannst du nicht grüßen?“ herrschte ihn der Sergent-
major an. Aus seinen entsetzlichen Gedanken gerissen,
zuckte Werner zusammen und salutierte. Erst als De-
gorce im Erdbunker verschwunden war, rannte er wei-
ter. Da lag das Reisfeld vor ihm – dort hinten reckte der
große tote Baum seine kahlen Äste in den Himmel.
Werner lief den trockenen, lehmigen Weg durch das
Reisfeld entlang. Weiter vorn schimmerte etwas Dunk-
les – Kurt!
Der Freund lag auf dem Gesicht – zusammenge-
krümmt. Werner riß ihn an der Schulter herum. Das -
Gesicht war blutverschmiert, und ein kleines Loch in
der Stirn zeigte den Weg, den die Kugel des Mörders
genommen hatte.
Langsam richtete sich Werner wieder auf. Grenzenlo-
ser Haß und unfaßbare Trauer ließen sein Herz wild
schlagen. Er lud sich den schweren leblosen Körper des
Freundes auf die Schulter und schritt zum Dorf zurück.
Degorce und Menzel saßen vor dem Erdbunker. Sie
schienen sich zu unterhalten. Der Sergent-major zeich-
nete dabei mit seiner Reitpeitsche Figuren in den Sand.
Erst als Werners Schatten in ihr Blickfeld fiel, sahen
sie auf. Werner bemerkte, wie Degorce zusammenzuck-
te, sich aber gleich wieder in der Gewalt hatte.
Stumm legte Werner den Erschossenen zu Füßen der
beiden nieder. Sein kalter, von Schmerz und Haß erfüll-
ter Blick lag fragend und anklagend auf Degorce. Se-
kunden herrschte Schweigen. Menzel betrachtete ab-
wechselnd den Toten und Werner.
„Was soll das?“ fragte er schließlich.
„Was soll schon sein? Partisanen.“ Gleichgültig
sprach Degorce die Worte. „Mach nicht so ein Theater“,
setzte er hinzu. „Schaff die Leiche weg und schreib ‘ne
Meldung.“
Nur die warnende Stimme der Vernunft hielt Werner
davon ab, sich auf Degorce zu stürzen.
„Na los, nun mach schon!“ schnauzte Menzel. „Mor-
gen früh ist die Beerdigung. Kümmere dich um einen
Sarg und laß das Grab ausheben.“
Thomas Dienhardt, der gerade vorüberkam, half den
Toten tragen. Im Weggehen hörte Werner noch, wie
Menzel zu Degorce sagte: „War ja nur Strafkompanie,
das Luder.“
Behutsam betteten sie den Toten in der Hütte auf eine
Pritsche und wuschen das Blut ab. Als Dienhardt ge-
gangen war, warf Werner sich auf sein Lager. Minuten
war völlige Leere in ihm. Aber dann stürmten die Ge-
danken auf ihn ein.
Warum mußtest du sterben? Warum nicht ein anderer,
einer von denen, die man nicht mehr zu den Menschen
rechnen konnte, einer, der kaltschnäuzig Leben vernich-
tete? Aber denen war er ja gerade im Wege gewesen.
Degorce – ja, ihn sollte die gerechte Strafe treffen.
Werner schwor es sich in dieser Stunde, angesichts des
toten Freundes.
„Er war ein guter Mensch.“ Ming war unbemerkt in die
Hütte getreten. Ihre Worte riefen Werner wieder in die
Wirklichkeit zurück. Das Mädchen kniete vor der Prit-
sche des Toten nieder und betrachtete ihn lange. Dann
küßte sie ihn auf die Stirn und erhob sich. Werner hatte
Ming erstaunt und tief bewegt betrachtet.
„Es gibt auch noch gute Menschen in der Legion. Es
ist schwer, daran zu glauben, aber man muß es können.“
Sie setzte sich unbefangen zu Werner auf die- Pritsche
und blickte ihn mit ihren großen dunklen Augen an.
Werner suchte mühsam seine französischen Sprach-
kenntnisse zusammen und begann ein Gespräch.
„Er hat es für dich getan.“
Ming nickte. „Er war noch zu jung zum Sterben. Aber
wenn man leben will, darf man nicht in die Fremdenle-
gion gehen.“
Werner fühlte sich durch die Worte dieses einfachen
vietnamesischen Mädchens tief beschämt.
„Er mußte“, versuchte er zu entschuldigen.
„Warum? Wer zwang euch alle dazu?“
„In unserer Heimat sind schlechte Zeiten. Es gibt keine
Arbeit, und viele haben Hunger.“
„Es ist nicht gut, wenn man seiner Heimat den Rücken
kehrt und in fremde Länder Elend und Vernichtung
bringt.“
„Es gab keinen anderen Ausweg für uns. Auch in mei-
ner Heimat sind fremde Soldaten, sind Franzosen und
Amerikaner.“
Mings Augen blickten zornig. „Warum jagt ihr sie
nicht davon?“ Ja, warum taten sie es nicht? Diese einfa-
che Logik verblüffte Werner derart, daß er nach einer
Erwiderung suchen mußte. „Das geht nicht“, sagte er
schließlich, ohne von seiner Antwort selbst überzeugt zu
sein.
„Wenn alle so denken wie ihr Legionäre, dann nicht.“
„Ming, denke nicht schlecht von meinem Volke. Es
sind nicht alle Deutschen so wie Sous-officier Menzel.
Auch hat man uns nicht gesagt, was wir in der Legion
für Aufgaben haben würden.“
„Wärst du zur Legion gegangen, wenn du gewußt hät-
test, was euch erwartet?“
„Nein, nie hätte ich das getan.“ Ohne Zögern sagte es
Werner. „Warum gehst du dann nicht weg?“
„Wir haben es versucht. Er war auch mit dabei“, Wer-
ner wies auf den toten Freund. „Man hat uns wieder
gefangen und blutig geschlagen. Einer wurde erschos-
sen. Dann steckten sie uns in Hai-phong in eine Straf-
kompanie.“
Ming schwieg eine Weile. „Ihr werdet nicht mehr lan-
ge hier sein.“
„Warum nicht?“ fragte Werner erstaunt.
„Mein Volk wird euch aus dem Lande jagen wie die
Chinesen die Amerikaner.“
„Die Legion hat gute Waffen, Panzer und moderne
Flugzeuge. Ihr habt nur alte, schlechte Waffen.“
Das Mädchen lächelte. „Aber wir haben unsere Heimat
zu verteidigen. Wofür kämpft ihr?“
Da war wieder dieses kleine Wörtchen „wofür?“. Nie-
mand konnte es beantworten. Ja, wofür kämpften sie?
Er zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht.“
„Du solltest darüber nachdenken.“
Werner sprang von der Pritsche auf. Draußen hatte
man ihn gerufen. Drei Legionäre kamen auf die Hütte
zu. „Sofort das Dorf nach Ming durchsuchen. Befehl
von Degorce.“ Werner erbleichte. „Ich komme sofort,
Kameraden.“ Ming flüsterte er zu: „Sie suchen dich,
verstecke dich… schnell.“ Ihre Blicke hasteten durch
das Innere der Hütte. „Krieche unter die Pritsche, dort
sucht dich niemand.“ Mit katzenhaften Bewegungen
kroch das Mädchen unter die Lagerstatt des Toten.

Sergent-major Degorce schäumte vor Wut. Die Such-


aktion war ergebnislos verlaufen. Das ganze Dorf hatten
die Legionäre durchgekämmt. Menzel trat schweißtrie-
fend in den Bunker und schmiß wütend seine Maschi-
nenpistole in die Ecke.
„Es hat keinen Sinn mehr. Drei Stunden suchen wir
jetzt schon diese verfluchte braune Hexe.“
„Idioten!“ fauchte Degorce und nahm einen großen
Schluck aus einer dickbäuchigen Weinflasche. „Dein
Wachsystem taugt überhaupt nichts. Da können auch
die Roten in der Dunkelheit einsickern wie das Wasser
in den Sand.“
Menzel überlegte, wie er den Sergent-major beruhigen
könne. „Ich fahre morgen nach Nghialo und hole ein
Mädchen.“
„Du hast die Weisheit mit Löffeln gefressen, das kann
ich selber. Scher dich raus, ich will deine blöde Visage
nicht mehr sehen!“
Ming hatte in der Hütte den Einbruch der Nacht abge-
wartet und sich dann unbemerkt durch die Reisfelder in
den nahen Dschungel geschlichen. Wahrscheinlich wäre
Degorces und Menzels Schlaf nicht so ruhig gewesen,
hätten sie gewußt, daß Ming nach einer knappen halben
Wegstunde in einem Unterstand der vietnamesischen
Volksarmee als alte Bekannte lebhaft begrüßt wurde.

In zwei Gliedern waren die Legionäre von La-Bong


angetreten. Sous-officier Menzel hatte Sergent-major
Degorce bereits Meldung erstattet. Werner stand in der
zweiten Reihe. Sein Blick ruhte auf dem roh zusam-
mengezimmerten Sarg, der neben der Gruft stand; da-
hinter befanden sich in langer Reihe Holzkreuze auf
kleinen Hügeln. Seine Gedanken weilten bei dem toten
Freund.
„Legionäre!“ begann Degorce. Werner durchzuckte es
heftig. Dieser Mörder erdreistete sich wirklich, die Rede
am Grabe seines Opfers zu halten!
„Die Feinde Frankreichs, die Feinde der Freiheit haben
einen unserer Kameraden feige und hinterhältig ermor-
det. Die .Grande Nation’, für die Legionär Kurt Johann-
sen gefallen ist, wird ihn nicht vergessen und sein An-
denken in Ehren halten.“
„… nur Strafkompanie, das Luder“, hörte Werner in
Gedanken Menzel zu Degorce sagen. Degorce sprach
weiter. Den Sinn seiner Worte aber erfaßte Werner
nicht… bis ihn die Kameraden anstießen. Degorce hatte
drei Schuß Salut befohlen. Der Dschungel warf das
Echo vielfach zurück, dann war es um so stiller. Vier
Legionäre ließen den Sarg in die Gruft hinab; dumpf
polterte Erde auf die Bretter. Das Begräbnis war zu En-
de. Die Legionäre verstreuten sich, Degorce und Menzel
unterhielten sich lachend, während sie nebeneinander
herliefen. Werner aber schwor sich in dieser Minute,
seinen ermordeten Kameraden zu rächen. Ein unbändi-
ger Haß nicht nur gegen Degorce, sondern gegen das
mörderische System der ganzen Legion hatte ihn erfaßt.
In diesem Augenblick wußte er auch Antwort auf seine
Frage zu geben, wofür kämpften sie hier? Diese sadisti-
schen Ausgeburten wie Degorce, Menzel und viele Le-
gionäre waren nur die willkommenen Werkzeuge für
jene, die den Befehl zu Mord, Brand und Ausplünde-
rung des Landes gaben. Die Habseligkeiten der Bevöl-
kerung waren die Beute der Legionäre. Aber die große
Beute, die Reichtümer des ganzen Landes, die rissen
andere an sich. Werner erinnerte sich noch gut daran,
was sie in Haiphong gesehen hatten. Riesige Schiffe mit
Kautschuk- und Zinnladungen stachen in See. Ja, das
mußte es wohl sein, warum Frankreichs Herrscher –
damals wie heute – um jeden Preis ganz Indochina unter
ihre Knute bringen wollten.

Es war am Nachmittag desselben Tages. Werner hatte


dienstfrei und war vor das Dorf geschlendert. Nicht weit
von dem Platz, an dem Kurt Johannsen unter der Kugel
von Degorce zusammengebrochen war, ließ er sich im
Schatten eines Strauchwerks nieder.
Nach einer Weile mußte er wohl eingenickt sein; denn
plötzlich weckte ihn das Geräusch von Schritten aus
seinem leichten Schlummer. Wenige Meter vor ihm
stand Degorce! Mit einem Satz war Werner auf den
Beinen. Den Schaft seiner Maschinenpistole hielt er fest
umklammert. Degorce maß ihn mit einem spöttischen
Blick.
„Auf diesen Augenblick habe ich gewartet“, stieß
Werner leidenschaftlich hervor und senkte den Lauf der
Waffe, bis sie auf Degorces Brust wies. „Ich glaubte
nicht, daß ich mit dem Mörder meines Freundes so
schnell abrechnen kann.“
Der Sergent-major erblaßte und griff instinktiv nach
seiner Pistole.
„Hände weg! Keine Dummheiten, sonst knallt’s“,
warnte ihn Werner.
„Was soll der Quatsch?“ knurrte Degorce unsicher.
„Ich habe es nie für möglich gehalten, daß ein Mensch
so frech und kaltschnäuzig sein kann, wie Sie, Monsi-
eur.“
„Legionär Scholz, wie reden Sie mit ihrem Vorgesetz-
ten? Ich werde Sie bestrafen lassen!“ versuchte Degorce
Werner einzuschüchtern.
„Sie werden nie mehr jemanden bestrafen noch töten
können. Es ist aus, Monsieur Sergent-major Degorce,
endgültig aus.“
Degorce, der sah, daß es keinen Sinn hatte, Werner mit
Drohungen einzuschüchtern, wurde von jäher Todes-
angst gepackt. Er, der jahrelang kaltschnäuzig unschul-
dige Menschen hatte umbringen helfen, warf sich auf
die Knie und bettelte wimmernd um Gnade.
Dieser Sadist, der innerlich ein erbärmlicher Feigling
war, widerte Werner dermaßen an, daß sich sein Haß in
Ekel und Verachtung wandelte. „Für Mörder, die aus
Lust töten, gibt es keine Gnade!“ Werner drückte ab –
dann ging er zum Dorf zurück, ohne sich noch einmal
umzusehen.
Am nächsten Morgen fanden Legionäre bei einer
Suchaktion Degorce. In der Annahme, er sei von Parti-
sanen erschossen worden, erstattete Menzel dem Kom-
mandanten nach Nghialo Meldung.
Sonst ging alles wie gewöhnlich seinen Gang. Nur die
Legionäre waren furchtsamer geworden und fühlten
sich, selbst am hellichten Tage mitten im Dorf, von ver-
meintlichen Partisanen bedroht. Besonders Menzel,
sonst der größte Maulheld und Schläger, zitterte ständig
um sein armseliges Leben. Als jedoch aus Nghialo die
Nachricht kam, er sei zum Sergent-major und gleichzei-
tig zum Stützpunktkommandanten von La-Bong beför-
dert worden, soff er sich einen gewaltigen Rausch an
und zog grölend durch La-Bong.

Es traf sich glücklich, daß Werner, als er mittags zum


Essenempfang ging, den Koch Ho allein in seiner Hütte
fand.
„Ming ist ihnen entwischt, trotz der ganzen Sucherei
hat sie niemand gefunden. Kurt hat sie auch noch im
Tode beschützt. Sie versteckte sich unter seiner Prit-
sche.“
Der Vietnamese lächelte. „Du bist ein guter Kamerad.
Ming läßt dich grüßen und dankt dir für die Hilfe.“
Werner blickte den Koch erstaunt an. „Ming läßt mich
grüßen?“
„Ja, du hast richtig gehört, sie läßt dich grüßen.“
„Hast du sie gesehen? Woher weißt du, daß sie ent-
kommen ist?“
„Ich weiß noch viel mehr.“ Ho lächelte verschmitzt,
beugte sich zu Werner und flüsterte: „Du hast auch dei-
nen Kameraden gerächt.“
„Wie meinst du das?“ fragte Werner scharf.
„Du hast ihn gerichtet, peng… und aus.“ Er beugte
sich wieder über seine Feuerstelle und rührte eifrig im
Topf.
Werner überlegte kurz, wie er sich verhalten sollte. Es
war gefährlich, durfte er Ho trauen? Er mußte Gewiß-
heit haben. „Also, wenn es so wäre. Was würdest du
dann machen?“
„Nichts. Was sollte ich denn machen? Dich verraten?
Nein, nein.“ Er schüttelte bei seinen Worten energisch
den Kopf. „Sag mir lieber, was du jetzt machen willst,
vielleicht kann ich dir helfen.“
Werner schoß eine Idee durch den Kopf. „Wo ist Ming
jetzt?“
„Dort, wo sie in Sicherheit ist, bei guten Freunden.“
„Was sind das für Freunde, kennst du sie?“
Ho schaute Werner prüfend an. „Ja, ich kenne sie. Es
ist die vietnamesische Volksarmee“, fügte er dann voller
Stolz hinzu.
Werners Gedanken wirbelten durcheinander. Bot sich
ihm hier endlich eine Gelegenheit zur Flucht? Aber
würden die Viet-Minh ihn nicht auch töten? Er erinnerte
sich des Gespräches mit Kurt. „Was geschieht mit ei-
nem Legionär, der überläuft?“ fragte er unvermittelt.
„Er kommt ins Gefangenenlager“, versichte Ho mit der
selbstverständlichsten Miene der Welt.
„Und dort wird er erschossen, ja?“
„Unsere Soldaten sind keine Legionäre, das darfst du
nicht vergessen. Es gibt viele Legionäre, die überliefen.-
oder gefangengenommen wurden und heute schon wie-
der in ihrer Heimat sind.“
Werner stand nachdenklich auf und ließ sich das Essen
in sein Kochgeschirr schütten.
„Kommst du heute abend noch mal zu mir?“ fragte
Ho. „Wir haben uns noch viel zu erzählen, glaube ich.“
Werner nickte und drückte dem Vietnamesen fest die
Hand. „Ich komme!“
Und so war es dann auch. Werner suchte Ho auf, und
sie sprachen über viele Dinge; Dinge, die für Werner
neu und ungewohnt waren. Ho erzählte von seiner Hei-
mat, erzählte, daß sie in Frieden lebten und ihre Volks-
republik aufbauten. Mit den Franzosen hatte die Volks-
regierung einen Vertrag abgeschlossen, der Vietnam
Unabhängigkeit garantierte. Das war 1946. Aber was
bedeuten schon Verträge, wenn die Banque de
l’Indochina ihre Profite steigern will? Am 20. Novem-
ber 1946 brachen die Franzosen skrupellos den Vertrag
und gingen zum Angriff über.
Seitdem kämpft das vietnamesische Volk unter der
Führung der La-Dong-Volkspartei und seinem Präsiden-
ten Ho-Chi-Minh heldenhaft gegen den an Waffen und
Kriegsmaterial weit überlegenen Feind. Im Herbst 1950
ging die vietnamesische Volksarmee zum Gegenangriff
über und konnte bis heute große Teile des Landes von
den Eindringlingen befreien.
Das erzählte Ho alles an diesem für Werner so bedeu-
tungsvollen Abend. Was Werner bisher instinktiv nur
fühlte und ahnte, verdichtete sich in ihm zur Gewißheit.
Ho sagte es mit den Worten: „Du kämpftest bisher auf
der falschen Seite, dort kann aber nicht der Platz eines
anständigen Menschen sein. Mach es so, wie es viele
Legionäre getan haben, kehre dem ,schmutzigen Krieg’
den Rücken.“
„Ho, du mußt mir zur Flucht verhelfen, du weißt, wo
deine Freunde im Dschungel sind. Führe mich zu ih-
nen!“
Über Hos Gesicht glitt ein befreiendes Lächeln, und er
umarmte Werner impulsiv. „Es dauert nicht mehr lange,
und die Volksarmee wird auch den Bauern von La-Bong
ihre Heimat wieder zurückgeben. Wir können dabei
aber am besten helfen, wenn wir hier auf unserem Po-
sten aushalten!“
Werner blickte den Vietnamesen erstaunt an. „Wie
wollen wir ihnen helfen, wenn wir in der Legion sind?“
„Sieh, Kamerad“, begann Ho, „unsere Volksarmee hat
zwar viele Kämpfer, und es werden ihrer täglich mehr,
aber Waffen und Munition sind knapp.“ Werner lachte
verständnisvoll. „Na, gut, Ho. Aber wer soll das Zeug
wegbringen?“
„Das laß mich nur besorgen; die Volksarmee hat tapfe-
re und geschickte Männer. Na, du wirst sie ja noch ken-
nenlernen.“
Es war nicht allzu schwer, an das Depot der Einheit he-
ranzukommen. Eine Bauernhütte neben dem Erdbunker
enthielt eine beachtliche Anzahl von Handgranaten, In-
fanteriemunition, Sprengladungen und Minen, nur durch
eine verriegelte Tür gesichert.
Am günstigsten war die Gelegenheit, unbemerkt in die
Hütte zu gelangen, wenn Menzel sich wieder besoffen
hatte, und das geschah fast täglich. In diesem Zustand
war er besonders gemein, und die Legionäre mieden ihn
dann wie die Pest. Wenn ein lautes Grölen aus dem
Bunker scholl, machten alle einen weiten Bogen.
Werner kam gerade von Posten. Im Erdbunker wurde
das Legionärslied gesungen. Menzel „feierte“ mit eini-
gen Saufkumpanen. Werner blieb einen Augenblick
stehen und prüfte die Umgebung. Niemand war zu se-
hen. Kurz entschlossen riegelte er die Hütte auf und
huschte hinein. In kurzer Zeit hatten sich seine Augen
an das Halbdunkel gewöhnt.
Dann sah er, fein säuberlich aufgeschichtet, die be-
gehrten Dinge. Zehn Handgranaten, zwei Sprengladun-
gen und etliche gefüllte Patronentaschen konnte er unter
seiner Kleidung verstauen, ohne daß es beim flüchtigen
Hinsehen besonders aufgefallen wäre.
Vorsichtig spähte er durch die Türritze, ehe er wieder
ins Freie trat.
Freudig empfing ihn Ho. „Gib her, Kamerad, ich ver-
stecke es bis heute nacht.“ In der Ecke seiner Hütte kam
unter dem Brennholz eine kleine Grube zum Vorschein.
Er hat gut vorbereitet, stellte Werner anerkennend fest.
„Ich werde nochmals gehen.“
„Sei vorsichtig, Kamerad“, mahnte Ho.
„Keine Angst, es wird schon nichts passieren. Menzel
säuft heute wie ein Loch, und außerdem wird es bald
dunkel.“
Werner ging in seine Hütte und wartete dort den Ein-
bruch der Nacht ab. Dann nahm er seinen leeren Torni-
ster unter den Arm und machte sich auf den Weg. Er
wollte diesmal eine größere Ladung holen, damit es sich
wenigstens lohnte.
Alles ging gut. Unbemerkt hatte er sich wieder in die
Hütte geschlichen und seinen Tornister bis zum Bersten
mit Munition gefüllt. In jede Hand nahm er noch zwei
Kästen mit Maschinengewehrgurten. Plötzlich hörte er
draußen Stimmen. Menzel war mit einigen Legionären
aus dem Bunker getreten. Sie standen ungefähr drei
Schritte vor der Hüttentür, und einer versuchte den an-
deren im Erzählen seiner Schandtaten zu übertrumpfen.
„Damals bei Haiphong, das muß so im Februar oder
März 1948 gewesen sein. Da hatten wir einen Legionär
bei uns, Corporal Peligrinelli hieß der Kerl.“ Menzel
brach in widerliches Lachen aus. „Ich muß jetzt noch
lachen, wenn ich an den Burschen denke. Dieser Kerl
war nämlich Schlächter von Beruf. In der Nacht hatte
der Posten einen Vietnamesen über den Haufen ge-
knallt. Morgens hat er uns dann gezeigt, was für ein
Fachmann er ist. Mit seinem Messer hat er dem Kerl
den Brustkorb aufgeschnitten und das Herz herausgeholt
und dann…“, die anderen Scheußlichkeiten konnte
Werner nicht mehr verstehen, da die Legionäre wieder
in den Bunker zurückgegangen waren.
Jetzt herrschte draußen wieder Stille. Der Mond warf
sein fahles Licht auf La-Bong. Ein Papagei, aus dem
Schlaf gescheucht, kreischte. Vorsichtig öffnete Werner
die knarrende Hüttentür.
Minuten später zog ihn Ho schnell in die Küche und
befreite ihn von seiner schweren Last. Werner ließ sich
erschöpft neben der Feuerstelle nieder und brannte sich
eine Zigarette an.
Ho hantierte mit der Munition und füllte sie in handli-
che Säckchen. In der Nähe der Hütte schrie ein Nacht-
vogel.
„Sie sind da“, sagte Ho und trat vor die Tür. Eine Wei-
le herrschte Stille. Werner war aufs äußerste gespannt.
Ob Ho die Männer mit in die Hütte bringt? In diesem
Augenblick schoben sich lautlos zwei Gestalten herein.
„Das ist Kamerad Werner, der Ming versteckte und die
Munition aus dem Depot holte.“ Mit diesen Worten
stellte ihn Ho den beiden Fremden vor. Mit festem Hän-
dedruck begrüßten sie sich.
Jetzt konnte Werner die beiden Gesichter erkennen,
denn ein Windstoß durch die nur angelehnte Tür ließ
das Feuer aufflackern.
Es sind ja noch Jugendliche, stellte Werner fest. Und
so war es auch. Die beiden vietnamesischen Jungen
mochten fünf zehn, höchstens sechzehn Jahre alt sein.
Der größere von beiden sagte Ho etwas in seiner Mut-
tersprache. Werner bedauerte, daß er nichts verstehen
konnte.
Dann nahmen sie die Säckchen mit der Munition, ver-
abschiedeten sich und verschwanden wie ein Spuk in
der Nacht. Eine Weile lauschte Werner noch ange-
spannt. Die Posten konnten sie nicht entdeckt haben,
denn alles blieb ruhig. Jetzt müssen sie längst im schüt-
zenden Dschungel sein, dachte Werner beruhigt nach
einer Viertelstunde.
Er wollte schon gehen, da hielt ihn Ho nochmals zu-
rück. „Warte noch, die Kameraden haben mir eine wich-
tige Mitteilung überbracht. In drei Tagen, also am
Dienstag, beginnt die Gegenoffensive der Volksarmee.
Als erstes wird La-Bong überrannt. Die Kameraden bit-
ten uns, ihnen dabei zu helfen. Du weißt, Werner, daß
im Bunker bei Menzel drei schwere Maschinengewehre
stehen. Ist es möglich, sie vorher rauszuholen oder we-
nigstens unbrauchbar zu machen?“
Werner überlegte eine Weile. „Es wird schwierig sein,
aber ich werde es versuchen. Am besten wird es morgen
passen. Menzel muß nach Nghialo zum Rapport. Ich
will versuchen, den Posten dann aus dem Bunker zu
locken.“
„Sei vorsichtig dabei, Kamerad Werner. Übrigens…
morgen nacht kommt Ming mit einer kleinen Gruppe.“
„Ming ins Dorf?“ Werner dachte sofort an die große
Gefahr, die dem Mädchen in La-Bong drohte. „Wenn
einer der Legionäre sie sieht, ist es schlecht um sie be-
stellt.“
Der Koch lächelte über Werners Sorge. „Es wird sie
schon keiner sehen. Ming hat Erfahrung. Sie ist schon
viele Jahre bei der Volksarmee, war oft in der Legion
und hat wichtige Nachrichten ausgekundschaftet.“
„Na gut. Also bis morgen.“
Auf dem Wege zu seiner Hütte wurde Werner plötzlich
angerufen.
„Legionär Scholz“, antwortete Werner. Der grelle
Schein einer Taschenlampe blendete ihm ins Gesicht.
„Was machst du noch so spät hier draußen?“
„Bißchen frische Luft geschnappt“, antwortete Werner
harmlos.
„Hau dich lieber auf deine Pritsche. Sonst kann es dir
passieren, daß dich mal einer ohne Anruf über den Hau-
fen knallt.“

Am nächsten Morgen tobte Sergent-major Menzel vor


der Front der angetretenen Legionäre. „Ihr Nachtwäch-
ter, ihr verdammten! Die Viet-Minh haben uns heute
nacht aus dem Depot Munition geklaut! Ich lasse alle
Posten erschießen!“ drohte er wild. „Wie ist so etwas
möglich?“
Einer wußte, wie so etwas möglich war, nämlich Wer-
ner, der sich innerlich amüsierte.
„Wer hat etwas Verdächtiges bemerkt?“ Menzel blick-
te wütend von Mann zu Mann. „Wer heute nacht Wache
hatte, vortreten!“ schrie er. Die halbe Einheit war das.
„Nun?… Los! Sprecht, ihr Halunken!“
„Legionär Scholz lief um Mitternacht durch das Dorf“,
meldete ein Posten.
„Scholz?!“ Menzel zog die Augenbrauen hoch. „Was
wolltest du heute nacht im Dorf, he?“
„Nur etwas Luft schnappen, Sergent-major.“ Werner
war aus dem Glied vorgetreten. Was wollte Menzel ihm
schon anhaben? Beweisen konnte ihm niemand etwas.
Menzel konnte sich schon seit dem Tage, als Werner
mit seinem toten Kameraden am Bunker erschienen
war, eines Mißbehagens nicht erwehren, wenn er ihn
traf. „Strafkompanie, du Kanaille, he?“
„Jawohl, Monsieur Sergent-major.“
„Nimm dich in acht!“ Weiter wußte er jetzt nichts zu
sagen. Gern hätte er diesem Scholz eins ausgewischt,
aber er hatte absolut keine Handhabe. Einen Befehl, der
den Legionären nachts das Verlassen der Unterkünfte
verbot, gab es nicht.
„Ab sofort wird das Depot bewacht, verstanden?…
Wegtreten!“

Mittags fuhr Menzel mit zwei Mann Begleitung nach


Nghialo zum Rapport. Vor dem nächsten Abend kam er
dann meistens nicht zurück. In der Stadt gab es etliche
Lokalitäten, die den Legionären für viel Geld das boten,
was sie suchten; Musik, Schnaps und Mädchen. Das war
für Menzel gerade das richtige.
Am Abend ging Werner zum Bunker. Vor der Tür sa-
ßen zwei Legionäre: der Stellvertreter Menzels, Legio-
när Ullrich, und der Posten für das Munitionsdepot.
Werner setzte sich zu den beiden. Während die sich
über alles mögliche unterhielten, überlegte Werner
krampfhaft, wie er unbemerkt die Maschinengewehre
aus dem Bunker holen könne. Plötzlich kam ihm eine
Idee. Ja, so müßte man es versuchen.
„Die Moskitos nachts sind fürchterlich. Mich haben sie
schon halb aufgefressen. Wenn die Legion nicht so gei-
zig wäre, dann hätten wir schon längst jeder unser
Netz.“ Die beiden Legionäre nickten zustimmend.
„Menzel kommt ja heute nacht sowieso nicht zurück. In
Nghialo wird er wohl nicht an Langeweile leiden.“ Die
Legionäre quittierten Werners Feststellung mit einem
Grinsen.
„Das Moskitonetz von Degorce liegt doch noch im
Bunker. Wenn du nichts dagegen hast“, wandte er sich
an Ullrich, „werde ich heute nacht mit im Bunker schla-
fen.“
„Na, um so besser“, stimmte Ullrich zu. „Nach den
letzten Vorfällen reiße ich mich wahrhaftig nicht da-
nach, allein zu schlafen.“
Werner atmete erleichtert auf. Sein Vorhaben ließ sich
gut an. Ungefähr nach einer Stunde ging er mit Ullrich
in den Bunker. Seine Maschinenpistole legte er wie
immer neben sich. Für alle Fälle!
Legionär Ullrich fiel schnell in tiefen Schlaf, und bald
tönte sein Schnarchen durch den Bunker. Vorsichtig
stand Werner auf und tastete sich zur gegenüberliegen-
den Wand. Hier lagen unter einer Zeltbahn die drei Ma-
schinengewehre.
Vor dem Bunker schrie wieder der Nachtvogel. Das
verabredete Signal. Ho war da. Werner huschte zum
Ausgang und öffnete. Behend schlüpfte der Vietnamese
die Erdstufen herunter. Werner tastete im Dunkeln nach
ihm. Ho hatte eine Maschinenpistole in der Hand. „Es
hat alles geklappt. Der Posten vor dem Depot stört uns
nicht mehr. Hast du die Maschinengewehre?“ flüsterte
der Koch. „Ja, komm…. hier drüben an der Wand.“
Legionär Ullrich hörte nichts. Sein Schnarchen klang
regelmäßig und beruhigte die beiden. „Wir müssen
zweimal gehen“, flüsterte Werner. Jeder mit einem
schweren Maschinengewehr bepackt, schlichen sie sich
aus dem Bunker. Bis zu Hos Hütte hatten sie ungefähr
dreihundert Schritte zurückzulegen. In einem Gebüsch
neben der Tür erwartete sie bereits Ming mit einer drei-
köpfigen Gruppe. Werner war es rätselhaft, wie sie es
jedes Mal verstanden, völlig unbemerkt in das Dorf zu
gelangen. Die Posten schliefen bestimmt nicht, dazu
hatten sie viel zu sehr Angst vor einer Überrumpelung.
Die beiden legten die Maschinengewehre ab und be-
grüßten die Freunde hastig. Viel Zeit hatten sie nicht. Es
galt, so schnell wie möglich die Aktion zu beenden,
denn die Postenablösung nahte. Plötzlich hörten sie Au-
togeräusche. Dann war es wieder still. „Was war das?“
fragte Ho beunruhigt.
Werner zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung.“
Vorsichtig machten die beiden sich wieder auf den
Weg zum Bunker, um das dritte Maschinengewehr und
die von Ho erbeutete Maschinenpistole zu holen.
Nichts Verdächtiges war unterwegs zu bemerken. Wo-
her das Motorengeräusch gekommen war, blieb eben-
falls ungeklärt. Werner trat zuerst in den Bunker. Zwei
Schritt hinter ihm folgte der Vietnamese.
Von kräftigen Armen gepackt, wurden sie plötzlich die
Stufen hinabgerissen. Eine Taschenlampe flammte auf.
Menzel stand mit gezogener Pistole vor den beiden am
Boden Liegenden. Der Sergent-major war überraschend
mit seinen beiden Begleitern aus Nghialo zurückge-
kehrt. Gewarnt durch den toten Posten vor dem Muniti-
onsdepot, hatten sie mit dem Legionär Ullrich zusam-
men Werner und Ho im Bunker aufgelauert.
„So“, schrie Menzel, „jetzt haben wir endlich die
Schweine!“ Unter wüsten Beschimpfungen und Dro-
hungen traktierte er die beiden mit Fußtritten und gab
den Befehl, sie zu fesseln.
Den Rest der Nacht verbrachten Werner und Ho,
schmerzhaft gefesselt, im Bunker auf der Erde. Ullrich
mußte sie bewachen.
Ihre Lage schien hoffnungslos. Werner überlegte, daß
sie frühestens in zwei Tagen durch die angekündigte
Offensive der Volksarmee auf Befreiung rechnen konn-
ten. Schon am anderen Morgen aber würde man sie bru-
tal foltern, um Aussagen zu erpressen, an wen Waffen
und Munition weitergegeben worden waren. Dann wür-
de man kurzen Prozeß machen, vorausgesetzt, sie über-
lebten überhaupt die unmenschlichen Mißhandlungen.
An Schlafen war jetzt nicht mehr zu denken. Nach einer
Ewigkeit begann es draußen zu dämmern, und ein
schwacher Lichtschein fiel durch die Ritzen der Bunker-
tür.
Wo wird Ming mit ihrer Gruppe jetzt sein? überlegte
Werner.
In diesem Augenblick krachten Schüsse im Dorf. Ein
Maschinengewehr begann zu hämmern, und dazwischen
explodierten Handgranaten. Kopflos stürzte Ullrich aus
dem Bunker. Menzel sprang von seiner Pritsche auf und
folgte ihm schlaftrunken.
„Unsere Freunde!“ jubelte Ho. Angespannt lauschten
sie den Vorgängen im Dorf. Immer näher kam der Ge-
fechtslärm, Aber dann wurden die Schüsse spärlicher,
bis es schließlich wieder ruhig im Dorf war. Aufs äußer-
ste erregt lauschten die beiden Gefesselten. Hatten die
Legionäre La-Bong wieder fest in ihrer Hand?
Eine Gestalt verdunkelte den Bunkereingang. Auf
vietnamesisch rief sie etwas in den Raum. Ho antworte-
te in seiner Muttersprache, und ehe Werner recht zur
Besinnung kam, war er bereits von den Fesseln befreit.
Auf dem Dorfplatz standen die Legionäre mit erhobe-
nen Händen. Menzel befand sich nicht unter ihnen. Spä-
ter erfuhr Werner von Ho, daß man ihn auf der Flucht
aus dem Dorf erschossen hatte.
Um den Stoß der erbeuteten Waffen sammelten sich
immer mehr Volksarmisten, die das Dorf durchsucht
hatten. Sie tauschten teilweise ihre Gewehre in Maschi-
nenpistolen um und ergänzten ihren Munitionsvorrat.
Werner und Ho waren sofort von den braunen Männern
umringt, die ihnen herzlich die Hände schüttelten. Ho
wies dabei immer wieder auf Werner und erklärte sei-
nen Landsleuten etwas auf vietnamesisch.
Werners anfängliche Verlegenheit schlug sehr schnell
in unbeschreibliche Freude um, als die Soldaten ihm
lachend auf die Schulter klopften und ihm versicherten,
daß er von nun an ihr Freund sei und sie ihn nicht mehr
zur Legion rechneten.
Da drängte sich Ming durch den Kreis der Soldaten.
Sie begrüßte Werner lebhaft und wies dabei hinter sich.
Werner erblickte ehemalige Legionäre in der Uniform
der Volksarmee. „Na, Kamerad, das war Hilfe zur rech-
ten Zeit, was?“
„Das kann man wohl sagen“, lachte Werner. „Morgen
geht’s nach Nghialo.“
„Nehmt mich mit, Kameraden!“ bat Werner. Statt einer
Antwort drückte Ming ihm eine Maschinenpistole in die
Hand.
Ununterbrochen marschierten im Laufe des Tages sin-
gende Kolonnen der vietnamesischen Volksarmee in
La-Bong ein. Ursprünglich sollte das Dorf erst am näch-
sten Tage mit Beginn der großen Herbstoffensive ein-
genommen werden. Ming benachrichtigte aber mit ihrer
Gruppe in der Nacht die Einheit von der großen Gefahr,
in der die beiden Freunde schwebten.
Werner staunte über die gute Ausrüstung der Volksar-
mee. „Alles Beute“, klärten ihn die Kameraden auf.
„Made in USA. Jetzt tragen Reisbauern diese Waffen,
und sie verstehen gut damit umzugehen. Die Geschütze
hatten wir auseinandergenommen und in wochenlanger
Arbeit Stück für Stück über das Thai-Gebirge ge-
schleppt.“
Begeistert vom Kampfgeist und der Moral, die in der
Volksarmee herrschten, stellte Werner Vergleiche zur
Fremdenlegion an. Ja, diese Menschen wußten, wofür
sie kämpften!

Am nächsten Morgen wurde Werner vom Donner der


Geschütze geweckt. Das waren die letzten Vorbereitun-
gen des Angriffs auf Nghialo. Mit einer Gruppe Deut-
scher marschierte Werner durch den Dschungel. Endlos
schlängelten sich die Kolonnen von allen Seiten auf die
Stadt zu.
Dann begann der Angriff. Gleich beim ersten Sturm
wurde eine Kompanie marokkanischer Schützen über-
rannt, und bereits am Abend des 14. Oktober war
Nghialo von der Volksarmee eingeschlossen. Rund
dreieinhalbtausend Kämpfer bildeten einen eisernen
Ring. Verzweifelt versuchten ihn die Eingeschlossenen
zu sprengen.
Das französische Hauptquartier in Hanoi war äußerst
beunruhigt über die Funkberichte aus Nghialo und sand-
te B-26-Bomber. Vergeblich. Immer näher schob sich
die Volksarmee in tagelangen, erbitterten Kämpfen an
die Stadt heran.
Am Sonnabendnachmittag trat auch Werner mit seiner
Gruppe zum letzten Angriff auf die Stellungen der Le-
gionäre an. Es war eines der erbittertsten Ringen um die
Befreiung Vietnams von der französischen Kolonial-
herrschaft. Bis in die Nacht hinein wechselten Artille-
rieduelle mit blutigen Handgemengen. Nach eingebro-
chener Dunkelheit erhellten Leuchtgeschosse der feind-
lichen Bomber das Schlachtfeld.
Als es gegen drei Uhr morgens von den Bergrändern
zu dämmern begann, tobte der Kampf bereits zwischen
den ersten Häusern am Stadtrand.
Fünf Stunden später wehte die Fahne der Volksrepu-
blik Vietnam über Nghialo. Die Befreier zogen er-
schöpft, aber begeistert und singend durch die brennen-
den Straßen. Jubelnd empfing sie die Bevölkerung.

Wochen später.
In Düsseldorf halten zwei glückliche Menschen fol-
genden Brief in den Händen:
Nghialo, am 19. Oktober 1952 „Meine lieben Eltern!
Dieser Brief wird einen anderen Weg nehmen. Er
kommt über China, die Sowjetunion und Polen zu Euch.
Seit einer Woche bin ich nicht mehr in der Fremdenle-
gion, sondern auf vietnamesischer Seite. Nach schweren
Kämpfen haben wir heute die Stadt Nghialo erobert.
Macht Euch keine Sorgen um mich, denn es geht mir
gut.
Ich habe die erste freie Minute dazu benutzt, um Euch
diese Zeilen zu senden und sitze zwischen den rauchen-
den Trümmern, während ich schreibe. Wie alles ge-
kommen ist, daß ich heute ein freier Mensch bin und
weiß, wofür ich kämpfe, werde ich Euch erzählen, wenn
ich wieder in Deutschland bin. Lange wird das nicht
mehr dauern, denn unsere vietnamesischen Freunde le-
gen unserer Heimfahrt nichts in den Weg.

Herzlichst, Euer Sohn Werner.“


Schlanke Segelflugzeuge schweben über Täler und
Bergkuppen, klettern bei günstigem Aufwind zu großen
Höhen hinauf bis dicht unter die weißen bauschigen
„Wolken und kommen dann wieder sanft zur Erde her-
ab.
Manchmal wird auch bei schlechtem Wetter geflogen,
in die “Waschküche“ dicker, grauer Regenwände hin-
ein. Dann pfeift und heult der Sturm in den Verstrebun-
gen, rüttelt an den Tragflächen und wirft die „Kiste“
wild herum.
Wollt ihr das und Adalberts Bruchlandung miterleben?
Dann lest das Buch von Hans-Joachim Härtung

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