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Kopplung des Einzelpartikel- und des

Zwei-Kontinua-Verfahrens für die Simulation


von Gas-Feststoff-Strömungen

Zur Erlangung des akademischen Grades eines

Dr.-Ing.

vom Fachbereich Bio- und Chemieingenieurwesen


der Universität Dortmund
genehmigte Dissertation

vorgelegt von
Dipl.-Ing. Christof Grüner

aus
Tarnowitz

Tag der mündlichen Prüfung: 22. Oktober 2004


1. Gutachter: Prof. Dr. Karl Strauß
2. Gutachter: Prof. Dr. Herbert Koch

Dortmund 2004
Berichte aus der Strömungstechnik

Christof Grüner

Kopplung des Einzelpartikel- und


des Zwei-Kontinua-Verfahrens für die Simulation
von Gas-Feststoff-Strömungen

D 290 (Diss. Universität Dortmund)

Shaker Verlag
Aachen 2004
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet
über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Zugl.: Dortmund, Univ., Diss., 2004

Copyright Shaker Verlag 2004


Alle Rechte, auch das des auszugsweisen Nachdruckes, der auszugsweisen
oder vollständigen Wiedergabe, der Speicherung in Datenverarbeitungs-
anlagen und der Übersetzung, vorbehalten.

Printed in Germany.

ISBN 3-8322-3458-6
ISSN 0945-2230

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Danksagung
Die vorliegende Arbeit entstand im Rahmen meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Ange-
stellter am Lehrstuhl Energieprozeßtechnik & Strömungsmechanik des Fachbereiches Bio-
und Chemieingenieurwesen der Universität Dortmund.
Herrn Prof. Dr. K. Strauß danke ich herzlich für die Unterstützung dieser Arbeit und für
das mir entgegengebrachte Vertrauen. Mit seinen Anregungen und Ratschlägen hat er maß-
geblich zum Gelingen der Arbeit beigetragen.
Danken möchte ich auch Herrn Prof. Dr. H. Koch für die freundliche Übernahme des Kor-
referates. Frau Prof. Dr. G. Sadowski und Herrn Prof. Dr. P. Walzel danke ich für die
Mitwirkung an der Prüfung sowie Herrn Prof. Dr. U. Köster für die Übernahme des Kom-
missionsvorsitzes.
Den studentischen Hilfskräften, Studien- und Diplomarbeitern danke ich für ihren vorbild-
lichen Einsatz bei der Bearbeitung der gestellten Themen.
Den Mitarbeitern und Kollegen des Lehrstuhls Energieprozeßtechnik & Strömungsmecha-
nik sei für ihre Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft gedankt.
Mein ganz besonderer Dank gebührt meinen Eltern, meinen Geschwistern und deren Fa-
milien für den langjährigen Rückhalt, das große Interesse, mit dem sie meinen Werdegang
verfolgt haben, sowie die stets vorbehaltlose Unterstützung meiner Ziele.
Meiner Frau Silvia danke ich für ihre liebevolle und verständnisvolle Unterstützung. Ihr
sonniges Gemüt und ihre Geduld waren mir stets eine Quelle meiner Bemühungen.
Meinen Eltern in Dankbarkeit
Zusammenfassung
In der hier vorliegenden Arbeit wird ein gekoppeltes Verfahren für die Simulation von
Gas-Feststoff-Strömungen entwickelt. Als Basis für die Kopplung dienen zwei etablierte
Simulationsverfahren. Dies ist zum einen das deterministische Zwei-Kontinua-Verfahren,
bei dem sowohl die Gasphase als auch der dispers verteilte Feststoff als koexistierende
Kontinua aufgefasst werden. Zum anderen wird das stochastische Einzelpartikel-Verfahren
eingesetzt, bei dem die Beschreibung der Bewegung der Feststoffteilchen mit Hilfe einer
detaillierten Einzelpartikelbetrachtung vorgenommen wird.
Die Aufteilung der Strömungsgeometrie in stochastische und deterministische Zonen er-
folgt unter Verwendung eines Gebietszerlegungskriteriums, das zwei Bedingungen mitein-
ander kombiniert, welche die Gültigkeit des Zwei-Kontinua-Verfahrens prüfen. Zu diesem
Zweck wird ein funktionaler Zusammenhang entwickelt, der den so genannten KTGF-
Deformationsanteil beschreibt. Mit dessen Hilfe ist die Beschreibung von Deformationen ei-
ner Verteilungsfunktion der Partikelgeschwindigkeiten möglich, die aus den Gradienten der
granularen Temperatur und der Partikelgeschwindigkeit resultieren. Bei diesen Deformatio-
nen handelt es sich um Abweichungen der Verteilungsfunktion von der Maxwell-Verteilung,
die in der Herleitung der beschreibenden Gleichungen für das Zwei-Kontinua-Verfahren zu-
grundegelegt sind. Die Formulierung des KTGF-Deformationsanteils ist so gewählt, dass
ein direkter Vergleich mit einer Bewertungsfunktion DEq,p , die weitergehende Deformatio-
nen einer Verteilungsfunktion von der Gleichgewichtsverteilung erfasst, erfolgen kann. Eine
weitere Bedingung ist die Gültigkeit der Kontinuumsannahme, die ebenfalls eine notwen-
dige Voraussetzung für das Zwei-Kontinua-Verfahren ist. Die logische Verknüpfung beider
Bedingungen ermöglicht eine Zuordnung eines der beiden numerischen Berechnungsverfah-
ren zu einem bestimmten Bereich der Strömungsgeometrie.
Für die Konstruktion des gekoppelten Simulationsverfahrens wird das entwickelte Kriteri-
um in einen adaptiven Gebietszerlegungsalgorithmus integriert. Ausgehend von der Defini-
tion einer Randzone, welche die stochastische Zone von der deterministischen Zone trennt,
kann einer räumlichen Veränderung der Zonen im Verlaufe der Simulation Rechnung getra-
gen werden. Innerhalb des gekoppelten Simulationsverfahrens spielt der Informationsaus-
tausch an der Grenzfläche zwischen den beiden numerischen Verfahren eine entscheidende
Rolle. Um eine konservative Behandlung der Bilanzgrößen an dieser Grenzfläche zu gewähr-
leisten, werden entsprechende Übergangsbedingungen vorgestellt.
Für die Berechnung der Feststoffphase mit dem gekoppelten Simulationsverfahren wird
eine Zwei-Schritt-Lösungstrategie vorgeschlagen. Diese sieht im ersten Schritt eine Initia-
lisierung vor, in der auf effiziente Weise eine Näherungslösung erzeugt wird. Im Anschluss
daran erfolgt eine erste Gebietsaufteilung. Im zweiten Schritt findet die gekoppelte Berech-
nung der Feststoffphase auf der Basis der adaptiven Gebietszerlegung statt.
Das vorgestellte gekoppelte Simulationsverfahren wird anhand von Simulationen einer Gas-
Feststoff-Strömung in ausgewählten Strömungskonfigurationen getestet. Dabei kann eine
gute Übereinstimmung zwischen den Ergebnissen des gekoppelten Verfahrens und denen
des Einzelpartikel-Verfahrens, das als bestmögliche Approximation zu Referenzzwecken
herangezogen wird, festgestellt werden.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 1
1.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
1.2 Ziele dieser Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

2 Simulation von Gas-Feststoff-Strömungen 5


2.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
2.2 Mathematische Berechnungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

3 Formulierung der Bilanzgleichungen 13


3.1 Beschreibung der Gasphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
3.1.1 Bewegungsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
3.1.2 Modellierung der Turbulenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
3.2 Beschreibung der Feststoffphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
3.2.1 Zwei-Kontinua-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
3.2.2 Einzelpartikel-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
3.3 Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
3.3.1 Randbedingungen für das Zwei-Kontinua-Verfahren . . . . . . . . . 32
3.3.2 Randbedingungen für das Einzelpartikel-Verfahren . . . . . . . . . 35
3.4 Numerisches Berechnungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

4 Analyse des Verhaltens der Feststoffphase 39


4.1 Das granulardynamische Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
4.2 Erkennung granulardynamischer Gleichgewichtszustände . . . . . . . . . . 40
4.3 Granulare Transportkoeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
4.4 Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

5 Gebietszerlegungskriterium 47
5.1 Gültigkeitsbereich der Kontinuumsannahme . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
5.2 KTGF-Deformationsanteil DKT GF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
5.3 Signifikanz-Niveau-Beschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
5.4 Gebietszerlegungskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
5.5 Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

6 Konstruktion eines adaptiven Simulationsverfahrens 59


6.1 Konzept der adaptiven Verfahrenskopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
6.2 Informationsaustausch an den Zonengrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
6.2.1 Korrektur der Widerstandskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
6.2.2 Modellierung der Geschwindigkeitskovarianz . . . . . . . . . . . . . 66
6.2.3 Formulierung der Übergangsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . 68
6.3 Beschreibung der Lösungstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

i
Inhaltsverzeichnis

6.4 Modifikation des Mehrgitterverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76


6.5 Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

7 Analyse des gekoppelten Simulationsverfahrens 81


7.1 Simulation einer Gas-Feststoff-Strömung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
7.1.1 Zylinderumströmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
7.1.2 Umströmung eines einseitigen Hindernisses . . . . . . . . . . . . . . 88
7.2 Untersuchung der Lösungsqualität des gekoppelten Simulationsverfahrens . 91
7.2.1 Zylinderumströmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
7.2.2 Umströmung eines einseitigen Hindernisses . . . . . . . . . . . . . . 96
7.3 Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

8 Zusammenfassung und Ausblick 103

ii
Variablenverzeichnis
Lateinische Buchstaben
DKT GF KTGF-Deformationsanteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
D Abmessung des Strömungsgebietes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [m]
DEq Bewertungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
Ep kinetische Energie eines Partikels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [J]
Fr Froude-Zahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
I Einheitstensor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
Ip Trägheitsmoment einer Kugel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [kg m2 ]
Kgp Geschwindigkeitskovarianz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [m2 /s2 ]
Kn Knudsen-Zahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
L Längenmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [m]
M Momentenvektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [Nm]
Ma Mach-Zahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
F Kraftvektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [N]
N Partikelanzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
P Wahrscheinlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
R Radius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [m]
Re Reynolds-Zahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
Rep Partikel-Reynolds-Zahl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .[–]
ReS Reynolds-Zahl der Scherströmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
S Kontrollvolumengrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [m2 ]
St Stokes-Zahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
T Spannungstensor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [N/m2 ]
T thermodynamische Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .[K]
TR Tensor der Reynoldsspannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [N/m2 ]
Wg mittlere Eintrittsgeschwindigkeit der Gasphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [m/s]
Y+ dimensionsloser Wandabstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
c Fluktuationsgeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [m/s]
cd Widerstandsbeiwert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .[–]
ckt Korrekturfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
cM Auftriebsbeiwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
cR Rotationsbeiwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
dp Partikeldurchmesser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .[m]
e Stoßzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
f Verteilungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [verschieden]
fp Reibungsbeiwert Partikel-Partikel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
fw Reibungsbeiwert Partikel-Wand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
g Vektor der Erdbeschleunigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .[m/s2 ]

iii
Variablenverzeichnis

g Partikelgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
g0 radiale Verteilungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
k turbulente kinetische Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [m2 /s2 ]
kgp Volumenkraft des Impulsaustausches zwischen Gas- und Partikelphase . . . [N/m3 ]
 freie Weglänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [m]
m, m statistische Momente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [verschieden]
mp Masse eines Partikels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [kg]
n Einheitsnormalenvektor einer Oberfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
np Anzahldichte der Partikelphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [1/m3 ]
p Druck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [N/m2 ]
t Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [s]
u Vektor der Geschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [m/s]
v Vektor der Geschwindigkeit eines Einzelpartikels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [m/s]
x Ortsvektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [m]

Griechische Buchstaben
Γ Eintrittsfläche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .[m2 ]
Ω Kontrollvolumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [m3 ]
Φ Korrekturpolynom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
β Widerstandsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [kg/m3 /s]
ε Dissipationsrate der turbulenten kinetischen Energie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .[m2 /s3 ]
η Kolmogorowsche Längenskala . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [m]
γp Dissipationsrate der granularen Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [kg/m/s3 ]
κp Leitfähigkeit der Partikelphase. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .[kg/m/s]
µ Viskosität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [Pa s]
µt turbulente Viskosität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .[Pa s]
νC Kollisionsfrequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [1/s]
ω Vektor der Rotationsgeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [1/s]
φ Volumenanteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
ρ Dichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [kg/m3 ]
σ Standardabweichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [verschieden]
τ Subzeitschritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [s]
τC Kollisionszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [s]
τK Kolmogorov-Zeitskala . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [s]
τp aerodynamische Partikelrelaxationszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [s]
Θ granulare Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [m2 /s2 ]
ζ Volumenviskosität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [Pa s]

Indizes
Eq bezeichnet den Gleichgewichtszustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
M Maxwell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
W an der Wand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]

iv
Variablenverzeichnis

g bezeichnet die Gasphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]


in bezeichnet die Eintrittsparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
i, j, k ganzzahliger Laufindex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
p bezeichnet die Partikelphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
ps simulierte Partikel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
rel relativ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]

Hochgestellte Symbole
(i) Bezeichnung des Grades der Approximation zur Boltzmann-Gleichung. . . . . . . .[–]

Abkürzungen
DNS Direkte Numerische Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
KTGF Kinetische Theorie granularer Fluide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
LES Large Eddy Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]
PSIC Particle Source In Cell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [–]

v
Variablenverzeichnis

vi
1 Einleitung
Mehrphasenströmungen treten in zahlreichen Anwendungen der industriellen Praxis auf. In
der chemischen Verfahrenstechnik sind Mehrphasenströmungen in vielen Grundoperatio-
nen wie beispielsweise Verdampfung, Kondensation, Mischen oder Trennen vertreten. Dabei
lassen sich diese in vier Kategorien einteilen: Gas-Flüssig-, Gas-Feststoff-, Flüssig-Feststoff-
und Dreiphasenströmungen. Die genannten Strömungskategorien können in unterschiedli-
chen Konfigurationen auftreten. So stellt eine Blasensäule ein Gas-Flüssig-System dar, in
dem die Flüssigkeit die kontinuierliche und die Gasblasen die disperse Phase darstellen. Ein
Flüssigkeitszerstäuber zielt auf die Dispersion feinster Flüssigkeitstropfen ab, wobei hier
das Gas die kontinuierliche und die Tropfen die disperse Phase bilden. Als Beispiel für eine
weitere Konfiguration eines Gas-Flüssig-Systems kann eine geschichtete Rohrströmung die-
nen. Hier bilden sowohl die Flüssigkeit als auch das Gas jeweils eine kontinuierliche Phase.
Konkretisiert man die genannten Beispiele, so ist eine Unterscheidung in Ein- und Mehr-
komponenten Mehrphasenströmungen notwendig. Eine Dampf/Wasser Strömung stellt ei-
ne Gas-Flüssig-Strömung einer Komponente dar, während eine Luft/Wasser Strömung ein
Beispiel einer mehrkomponentigen Gas-Flüssig-Strömung ist.
Die Vielfalt und zugleich die Komplexität der unterschiedlichen Strömungsformen stel-
len hohe Ansprüche an den Ingenieur in Hinblick auf die Entwicklung, Auslegung und
Optimierung zugehöriger Anlagenkomponenten. Lange Zeit stellten empirische Erfahrun-
gen die Grundlage für das Design derartiger verfahrenstechnischer Systeme dar. Das Fehlen
einer leistungsfähigen Messtechnik sowie der Möglichkeit einer Vorausberechnung wichti-
ger Einflußgrößen machten Verfahrensverbesserungen außerordentlich schwierig. Erst die
Fortschritte auf dem Gebiet der Messanalyse und die Bereitstellung hoher Rechnerlei-
stungen haben dazu geführt, dass praxisrelevante Aufgabenstellungen deutlich effizienter
bearbeitet werden können. So ermöglicht die Entwicklung neuer Messtechniken eine zu-
verlässige Prozesskontrolle und die Ermittlung fundamentaler Prozessparameter. Wach-
sende Computerressourcen unterstützen den Einsatz moderner, numerischer Verfahren,
die das Werkzeug eines Ingenieurs ergänzen. Insbesondere der anhaltende Fortschritt in
der Entwicklung von Parallelrechnern, die aus mehreren tausend Prozessoren bestehen
können, ermöglicht Einblicke in bislang unerforschte Gebiete zu denen auch Aspekte der
Mehrphasenströmungen gehören. Dabei liegen die Vorteile numerischer Simulationen in der
schnellen und kostengünstigen Durchführung von Parameterstudien, wodurch zeitintensive
und teure experimentelle Untersuchungen zumindest teilweise ersetzt werden können. Zu-
dem sind bestimmte Größen einer experimentellen Untersuchung nicht zugänglich, so dass
numerische Berechnungen die einzige Möglichkeit bieten, entsprechende Zusammenhänge
zu untersuchen.

1
1 Einleitung

1.1 Motivation
Bei der theoretischen Beschreibung von zweiphasigen Strömungen haben sich zwei Ver-
fahren etabliert, die sich in ihren Annahmen und Einsatzvoraussetzungen, vor allem aber
in der Genauigkeit der Lösung unterscheiden. Während der Beschreibung der Gasphase
jeweils gleiche Überlegungen zugrunde liegen, ergeben sich die Unterschiede aus der Be-
trachtungsweise der dispersen Phase. Im so genannten Zwei-Kontinua-Verfahren wird die
disperse Phase ausschließlich durch deren mittlere Eigenschaften beschrieben. Die Lösung
liefert keinerlei Informationen über das Verhalten einzelner Elemente der dispersen Pha-
se, insbesondere ist es nicht möglich aus den zur Verfügung stehenden Informationen die
Bahnkurve eines Partikels, Tropfens oder einer Gasblase in der Strömungsgeometrie an-
zugeben. Aufgrund der deterministischen Berechnung der zugrunde liegenden Transport-
gleichungen zeichnet sich das Verfahren durch eine hohe Effizienz im Hinblick auf die
Rechengeschwindigkeit aus, liefert aber in Bereichen inhomogener Bewegung der dispersen
Phase, beispielsweise vor Strömungshindernissen, unzutreffende Ergebnisse, die eine korrek-
te Vorausberechnung der Strömungsentwicklung verhindern. Einschränkend ist weiterhin
die Forderung, dass die Abstände zwischen den Teilchen sehr viel kleiner sein müssen als
die Abmessungen des Strömungsfeldes. Zudem erweist es sich als problematisch geeignete
Randbedingungen für einen weiten Anwendungsbereich zu formulieren.
Dieses Problem tritt bei dem zweiten Verfahren nicht auf. Das so genannte Einzelpartikel-
Verfahren bei dem stochastische Methoden zum Einsatz kommen, liefert alle beschreiben-
den Zustandsgrößen jedes einzelnen diskreten Partikels innerhalb der Geometrie. Als Parti-
kel sind in diesem Zusammenhang sowohl Gasblasen, als auch Flüssigkeitstropfen und Fest-
stoffteilchen zu verstehen. Wegen seiner detaillierten Modelle bietet dieses Verfahren die
derzeit maximale Vorhersage-Genauigkeit für die numerische Berechnung praxisrelevanter,
zweiphasiger Strömungen. Die Formulierung der Randbedingungen erfolgt hier ebenfalls
wesentlich detaillierter als bei dem Zwei-Kontinua-Verfahren und stellt keine Schwierigkeit
dar. Dem steht als Nachteil der hohe Berechnungsaufwand gegenüber, insbesondere dann,
wenn Wechselwirkungen zwischen den Phasen berücksichtigt werden müssen.
In zahlreichen Anwendungen mit dispersen, zweiphasigen Systemen existieren Berei-
che innerhalb des Strömungsgebietes, in denen das Verhalten der dispersen Phase durch
das individuelle Verhalten jedes einzelnen Teilchens bestimmt wird. Da die Annahmen für
den Einsatz des Zwei-Kontinua-Verfahrens hier nicht eingehalten sind, ist die Anwendung
des Einzelpartikel-Verfahrens zwingend erforderlich. In weiten Teilen der Strömungsgeo-
metrie jedoch, wie das beispielsweise in Bereichen ungestörter Partikelbewegung der Fall
ist, erlaubt das Verhalten der dispersen Phase den Einsatz des effizienten Zwei-Kontinua-
Verfahrens. Dabei kann in technisch relevanten Strömungskonfigurationen der Anteil der
Geometrie, in dem das Zwei-Kontinua-Verfahren einsetzbar ist, deutlich überwiegen. Hier
wird ein Potential zur Rechenzeitersparnis erkennbar, wenn es gelingt die Strömungsgeome-
trie im Verlaufe der numerischen Berechnung in zwei Gebiete mit jeweils deterministischer
und stochastischer Beschreibungsweise der dispersen Phase einzuteilen. Das recheninten-
sive Einzelpartikel-Verfahren kann dann auf den Bereich eingeschränkt werden, in dem es
unverzichtbar ist. Im verbleibenden Großteil des Rechengebietes kann auf das effiziente

2
1.2 Ziele dieser Arbeit

Zwei-Kontinua-Verfahren zurückgegriffen werden. Somit kann die numerische Berechnung


wesentlich zeitsparender durchgeführt werden, ohne einen nennenswerten Verlust in der
Genauigkeit in Kauf nehmen zu müssen.

1.2 Ziele dieser Arbeit


In der vorliegenden Arbeit soll für Konfigurationen turbulenter Gas-Feststoff-Strömun-
gen ein neuartiges, effizientes Verfahren zur Beschreibung der dispersen Phase entwickelt
werden. Ziel ist es, das stochastische Einzelpartikel-Verfahren und das deterministische
Zwei-Kontinua-Verfahren auf der Basis einer adaptiven Gebietszerlegung zu koppeln. Das
Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Entwicklung von Kriterien und Techniken welche die
Konstruktion des kombinierten Verfahrens ermöglichen. Mit dessen Hilfe sollen die Vortei-
le des numerisch sehr effizienten Zwei-Kontinua-Verfahrens mit der hohen Genauigkeit des
Einzelpartikel-Verfahrens kombiniert werden.
Im folgenden Kapitel werden zunächst wichtige charakteristische Eigenschaften von
Gas-Feststoff-Strömungen erläutert sowie ein Überblick über die numerischen Berechnungs-
methoden zur Beschreibung von Zwei-Phasen-Strömungen gegeben. In Kapitel 3 werden
die Bilanzgleichungen zur Beschreibung der Gas- und der Feststoffphase vorgestellt. Dabei
wird der Formulierung der Bilanzgleichungen der Feststoffphase sowohl der kontinuierli-
cher Charakter des Zwei-Kontinua-Verfahrens als auch die diskrete Beschreibungsweise des
Einzelpartikels-Verfahrens Rechnung getragen. Im Kapitel 4 wird auf Basis der kinetischen
Theorie granularer Fluide das Verhalten der Feststoffphase analysiert. Die Entwicklung
eines Gebietszerlegungskriteriums, dessen Einsatz eine Voraussetzung für die Durchführ-
barkeit der Verfahrenskopplung darstellt, steht im Mittelpunkt von Kapitel 5. In dem
darauf folgenden Kapitel 6 wird das Konzept für die Entwicklung eines adaptiven Simu-
lationsverfahrens dargelegt. Sowohl die notwendigen Techniken zur Umsetzung des neuen
Verfahrens als auch die erforderliche Gesamt-Lösungstrategie werden hier beschrieben und
diskutiert. In Kapitel 7 schließlich wird die Lösungsqualität und die Rechenzeitersparnis
des entwickelten Simulationsverfahrens analysiert. Dabei werden anhand von Simulationen
in ausgewählten Strömungskonfigurationen die Ergebnisse der Berechnung des Bewegungs-
verhaltens der Feststoffphase, die mit dem Einzelpartikel- und dem gekoppelten Simulati-
onsverfahren erhalten wurden, miteinander verglichen.

3
1 Einleitung

4
2 Simulation von
Gas-Feststoff-Strömungen
Die Vielzahl technischer Anwendungsbereiche für Gas-Feststoff-Strömungen impliziert be-
reits, dass ein breiter Wertebereich für die strömungstechnisch relevanten Parameter be-
steht. Dabei ist die Kenntnis über die Ausprägung dieser Parameter von großer Bedeutung
für die theoretische Modellbildung. So nimmt beispielsweise die Höhe des Volumens, das
von der Feststoffphase in einem Bezugsvolumen eingenommen wird, einen entscheidenden
Einfluss auf die Auswahl der Modelle zur Beschreibung der Wechselwirkungsmechanismen
innerhalb der dispersen Phase. In diesem Kapitel werden zunächst die wichtigsten Kennzah-
len erläutert, die eine Gas-Feststoff-Strömung charakterisieren. Danach wird ein Überblick
über die verschiedenen Verfahren zur Simulation von Gas-Feststoff-Strömungen gegeben
sowie eine Eingrenzung des Bereiches der in dieser Arbeit untersuchten Konfigurationen
vorgenommen.

2.1 Grundlagen
Gas-Feststoff-Strömungen besitzen eine Reihe charakteristischer Merkmale anhand derer
eine Klassifizierung möglich ist. Ein wichtiger Parameter ist der relative Volumenanteil
φ, der den Anteil des Volumens angibt, den eine Phase der Suspension pro Einheitsvolu-
men einnimmt. Bezeichnet man den Volumenanteil der Feststoffphase mit φp und den der
Gasphase mit φg , so gilt für die Summe beider Anteile:

φp + φg = 1. (2.1)

Wird nun eine Phase als Kontinuum betrachtet, so sind nur die makroskopischen Eigen-
schaften derselben interessant. Sie werden durch eine Mittelung der lokalen mikroskopi-
schen Ereignisse gebildet. Der Bereich auf den sich diese Mittelwertbildung erstreckt, wird
Kontrollvolumen genannt. Der Größe des Kontrollvolumens der Mittelwertbildung kommt
eine entscheidende Rolle zu. Um eine statistisch signifikante Mittelwertbildung sicherzu-
stellen, muss das Volumen eine ausreichend große Anzahl von dispersen Elementen, hier
zusammenfassend als Partikel bezeichnet, enthalten. So ist beispielsweise bei einer Anzahl
von 104 Partikeln innerhalb eines Kontrollvolumens der Fehler, den man bei einer Mittel-
wertbildung macht, kleiner als 1% [Reif65]. Für ein Gas unter Normalbedingungen wäre
hierzu ein würfelförmiges Volumen mit einer Kantenlänge von ca 1µm erforderlich [Cro82].
Da die Abmessungen der meisten Strömungskonfigurationen deutlich größer sind als die-
se Skala, ist hier die Kontinuumsannahme für die Gasmoleküle gerechtfertigt. Betrachtet
man jedoch die disperse Phase einer Gas-Feststoff-Strömung, so kann das erforderliche Kon-
trollvolumen aufgrund eines geringen Volumenanteils der Feststoffphase oder eines großen
Eigenvolumens der Partikel schnell die charakteristischen Dimensionen der Geometrie er-
reichen, wenn der Fehler ebenfalls weniger als 1% betragen soll. In solchen Fällen ist die
5
2 Simulation von Gas-Feststoff-Strömungen

Kontinuumsannahme für die Feststoffphase nicht mehr zutreffend. Daher ist im Einzelfall
zu überprüfen, ob eine Kontinuumsbetrachtung der dispersen Phase zulässig ist.
Ein weiterer wichtiger Parameter zur Klassifizierung von Gas-Feststoff-Strömungen ist
die Stokes-Zahl St. Diese ist definiert als das Verhältnis aus der aerodynamischen Parti-
kelrelaxationszeit τp und einer charakteristischen Zeitskala des Strömungssystems, die in
turbulenten Gas-Feststoff-Strömungen häufig aus dem so genannten Kolmogorov-Zeitmaß
τK gebildet wird:
τp
St = . (2.2)
τK
Die aerodynamische Partikelrelaxationszeit τp ist definiert als die Zeitspanne in der ein
Partikel aus seiner Ruhelage heraus 63%, dies entspricht dem Wert 1 − exp(−1), der stati-
onären Endgeschwindigkeit erreicht. Sie kennzeichnet damit das dynamische Antwortver-
halten der Partikel bei Änderung der umgebenden Gasphasengeschwindigkeit. τp kann aus
den Eigenschaften des Systems abgeleitet werden:

ρp d2p
τp = . (2.3)
18 µg

Dabei kennzeichnen ρp und dp die Dichte und den Durchmesser eines Partikels, während
µg die molekulare Viskosität der Gasphase darstellt. Das Kolmogorov-Zeitmaß τK gibt die
Lebensdauer der kleinsten turbulenten Wirbel der Gasphase an. Sie stellt somit ein Maß
für das dynamische Verhalten der Gasphase dar. Für τK gilt:

µg
τK = . (2.4)
ρg ε

Hier sind ρg die Dichte der Gasphase und ε die Dissipationsrate der turbulenten kineti-
schen Energie k, auf die in Kapitel 3 genauer eingegangen wird. Während τp und τK die
Zeitskalen für die Änderung der Geschwindigkeit jeweils einer Phase angeben, beschreibt
die Stokes-Zahl den Grad des Folgevermögens der Partikel in der Gasphase. Für St  1
erfolgt die Reaktion der Partikelgeschwindigkeit auf eine Änderung der Gasgeschwindigkeit
nahezu ohne Zeitverzug. Die Bahnlinie eines Partikels stimmt dann in guter Näherung mit
der Bahnlinie eines benachbarten Fluidelementes überein (vgl. Abbildung 2.1). Für St 
1 dagegen ist die Änderungsgeschwindigkeit der Gasphase so groß, dass die Partikel auf-
grund ihrer Trägheit kaum darauf reagieren können. Das Folgevermögen der Partikel ist in
diesem Fall gering, sie werden in ihrer Bewegung nur geringfügig von den Fluktuationen
der Gasphase beeinflusst. Bei St ≈ 1 neigen die Partikel dazu den turbulenten Strukturen
der Gasphase zu folgen. Aufgrund von Zentrifugaleffekten kommt es jedoch zur Krümmung
ihrer Bahnlinien. Tang, der diese Thematik numerisch untersucht hat, beobachtete eine
Aufkonzentrierung der Partikel an den Rändern der Wirbelstrukturen [TWY92], die von
Yang experimentell nachgewiesen werden konnte [YCC95].
Ein weiterer wichtiger Klassifizierungsparameter ist die Kollisionszeit τC . Diese kenn-
zeichnet die mittlere Zeit, die vergeht, bis ein Partikel nach einer Kollision erneut mit einem
6
2.1 Grundlagen

Bahnlinie der Gasphase


Bahnlinie eines Partikels

St1 St1

St≈1

Abbildung 2.1: Einfluss der Stokes-Zahl auf die Partikelbewegung in turbulenten Strukturen
der Gasphase.

anderen Partikel kollidiert. τC kann aus der Kollisionsfrequenz νC berechnet werden, auf
die in Kapitel 3 genauer eingegangen wird:
1
τC = . (2.5)
νC
Wird nun die aerodynamische Partikelrelaxationszeit τp auf die Kollisionszeit τC bezogen,
so können wichtige Aussagen über die dominanten Phasenwechselwirkungen getroffen wer-
den. Ist der Quotient
τp
1 (2.6)
τC
so spricht man von einer durch aerodynamische Kräfte dominierten Gas-Feststoff-Strömung.
Hier wird die Partikelbewegung maßgeblich von der Gasphase beeinflusst. Die Partikel ha-
ben genügend Zeit um auf Änderungen der Gasgeschwindigkeit zu reagieren, bevor eine
Kollision stattfindet. In diesem Zusammenhang spricht man auch von einer verdünnten
Strömung [CST98]. Ist auf der anderen Seite
τp
 1, (2.7)
τC
so liegt eine kollisionsdominierte Strömung vor. Die Partikel kollidieren im zeitlichen Mit-
tel mit einem anderen Partikel, bevor sie auf die Änderungsgeschwindigkeit der Gasphase
reagieren können. In diesem Parameterbereich verwendet man den Begriff einer dichten
Gas-Feststoff-Strömung [CST98]. Zwischen der Kollisionszeit τC und dem Volumenanteil
besteht ein einfacher Zusammenhang: steigt der Volumenanteil an, so verringert sich die
Kollisionszeit τC aufgrund kleiner werdender Abstände zwischen den Partikeln. Der Quo-
tient aus τp und τC wird dementsprechend größer. Nach einer Einteilung von Elghobashi
findet bei einem Volumenanteil von φp = 10−3 der Übergang von einer verdünnten zur
einer dichten Suspension statt [Elg94]. Bei geringeren Volumenanteilen d.h. beim Vor-
liegen einer verdünnten Suspension können die interpartikulären Wechselwirkungen ver-
nachlässigt werden. Eine Phasenwechselwirkung kann dagegen auch bei weit kleineren Vo-
lumenanteilen eine wichtige Rolle spielen. So ist in einem Volumenanteil-Bereich zwischen
7
2 Simulation von Gas-Feststoff-Strömungen

φp = 10−6 und φp = 10−3 die Rückwirkung der Partikel auf die Bewegung der Gaspha-
se in die Modellierung einzubeziehen. In diesem Parameterbereich spricht man von einer
Zwei-Wege-Kopplung. Dabei wird sowohl die Geschwindigkeit als auch die Intensität der
Gasphasenturbulenz von der Präsenz der Feststoffphase beeinflusst. Die Änderung der
Gasphasengeschwindigkeit resultiert aus der Impulsänderung der Feststoffphase. Die In-
tensität der Gasphasenturbulenz kann in Anwesenheit der Partikel sowohl angefacht als
auch gedämpft werden. So erhöhen Partikel in einem Gas-Feststoff-System mit St < 100
die Turbulenzdissipation, bei höheren St-Zahlen dagegen wird die Turbulenzproduktion
verstärkt [Elg94]. Bei Volumenanteilen φp < 10−6 liegt eine Ein-Wege-Kopplung vor, da
lediglich die Gasphase einen Einfluss auf die Partikel ausübt. Erhöht man den Volumenan-
teil der dispersen Phase über einen Wert von φp > 10−3 , liegt also eine dichte Suspension
vor, so müssen auch Partikel-Partikel-Kollisionen in die Modellierung einbezogen werden.
In diesem Zusammenhang spricht man von einer Vier-Wege-Kopplung.
In der vorliegenden Arbeit werden sowohl verdünnte als auch dichte Gas-Feststoff-
Strömungen untersucht. Die Einbeziehung von Strömungshindernissen in die Gesamtbe-
trachtung verursacht hohe lokale Unterschiede in der Ausprägung der einzelnen Strömungs-
parameter, wie beispielsweise des Volumenanteils. Deshalb müssen a priori alle Wechsel-
wirkungsmechanismen zwischen der Gas- und der Feststoffphase in die Betrachtung ein-
bezogen werden, um eine realitätsnahe Beschreibung derartiger Gas-Feststoff-Systeme zu
gewährleisten.

2.2 Mathematische Berechnungsverfahren


Die Entwicklung mathematischer Berechnungsverfahren, die eine vollständige Beschreibung
von Gas-Feststoff-Strömungen ermöglichen, stellt seit langem eine Herausforderung an die
Wissenschaft dar. Obwohl ein allgemein gültiger Lösungsansatz bislang nicht verfügbar
ist, existieren bereits mehrere Modellansätze, die eine Vorhersage des Bewegungsverhaltens
einer Gas-Feststoff-Strömung ermöglichen und sich insbesondere in industriellen Anwen-
dungen bewährt haben. Neben einer einphasigen Berechnung beider Phasen konnten sich
vor allem die zweiphasigen Berechnungsverfahren etablieren. Zu den Letzten gehören das
Zwei-Kontinua-Verfahren und das Einzelpartikel-Verfahren. Beide Verfahren unterscheiden
sich in der Beschreibung der Feststoffphase und werden zur Berechnung von verdünnten
sowie dichten Gas-Feststoff-Strömungen bis zu einem Volumenanteil von 10−1 eingesetzt.
Bevor die Grundideen der zweiphasigen Berechnungsverfahren vorgestellt werden, soll
kurz auf die Methode der einphasigen Beschreibung einer Zweiphasenströmung eingegan-
gen werden. Wie bereits im letzten Abschnitt erwähnt, implizieren kleine St-Zahlen (St 
1) ein sehr gutes Folgevermögen der Partikel gegenüber der Gasphase. In einem solchen Fall
können beide Phasen als eine quasi Einphasenströmung betrachtet werden. Hierzu werden
die beschreibenden Größen der Bewegung und der Stoffeigenschaften jeder Einzelphase zu
Mischungsgrößen zusammengefasst. Der Vorteil dieses Ansatzes besteht in der Reduktion
der Anzahl der beschreibenden Differentialgleichungen des Systems. Aus diesem Grund
besitzt das Verfahren eine hohe numerische Effizienz. Als nachteilig ist die mangelnde phy-

8
2.2 Mathematische Berechnungsverfahren

sikalische Motivation bei der Definition einiger Mischungsgrößen zu nennen, insbesondere


dann, wenn das Folgevermögen der Partikel gegenüber der Gasphase nachlässt. Desweiteren
werden Phasenwechselwirkungen nicht erfasst, und Informationen über das Bewegungsver-
halten der dispersen Phase sind nicht verfügbar. Da für das im Rahmen dieser Arbeit
verfolgte Ziel eine detaillierte Beschreibung der dispersen Phase erforderlich ist, kann hier
die einphasige Beschreibung keine Anwendung finden.

Zwei-Kontinua-Verfahren
Untersuchungsziel einer Gas-Feststoff-Strömung ist oftmals nicht die vollständige, mikro-
skopische Beschreibung des gesamten Strömungsbereiches, sondern die Kenntnis der orts-
und zeitaufgelösten mittleren, makroskopischen Größen, wie der Geschwindigkeit, des Vo-
lumenanteils oder der Temperatur beider Phasen. Das Zwei-Kontinua-Verfahren, in der
Literatur auch unter dem Namen Euler/Euler-Verfahren bekannt, behandelt Gas- und
Feststoffphase als zwei koexistierende Kontinua und liefert so die mittleren Strömungsei-
genschaften beider Phasen. Während die Kontinuumsannahme für die Gasphase in den
meisten Fällen zutrifft - ausgenommen bei stark verdünnten Gasen - sollte eine kontinuier-
liche Behandlung der Feststoffphase aufgrund des individuellen Bewegungsverhaltens der
Partikel kritisch überprüft werden. Deshalb ist die Wahl eines geeigneten Kontrollvolu-
mens für die Kontinuumsbetrachtung eine wichtige Vorüberlegung. Wie bereits im vorigen
Abschnitt erwähnt, sollte dieses zum einen eine ausreichende Anzahl von Partikeln enthal-
ten, zum anderen sollte es klein genug gegenüber den charakteristischen Abmessungen der
Strömungsgeometrie sein. Um die mikroskopischen Effekte, die in einem Kontrollvolumen
stattfinden, auf eine makroskopische Ebene zu übertragen, werden die zugrunde liegenden
Transportgleichungen beider Phasen einem Mittelungsprozeß unterzogen, das in Kapitel 3
erläutert wird. Die Berücksichtigung der Wechselwirkungen zwischen den Phasen erfolgt
durch die Einführung lokaler, gemittelter Austauschterme.
Die Hauptprobleme bei der Verwendung des Zwei-Kontinua-Verfahrens liegen einerseits
in der Bestimmung der Transportkoeffizienten der Feststoffphase, wie beispielsweise der
Partikelviskosität, andererseits in der Formulierung geeigneter Randbedingungen für die
Feststoffphase. Für die Ermittlung der Transportkoeffizienten wurden in den letzten Jahr-
zehnten zahlreiche Ansätze entwickelt, die weitestgehend auf experimentelle Daten zurück-
greifen und damit nur für einen beschränkten Parameterbereich gültig sind [CSL86, RE89].
Eine allgemein gültige Möglichkeit zur Berechnung der Transportkoeffizienten bieten analy-
tische Ansätze, zu denen die weit verbreitete kinetische Theorie granularer Fluide (KTGF)
gehört. Zur Entwicklung dieser Theorie wurde die Analogie zwischen der Bewegung der
Moleküle eines Gases und der Bewegung der Partikel eines fluidisierten Feststoffs verwen-
det [CC70, Gid94]. Eine Einschränkung bei der Verwendung dieses Ansatzes stellt die
Annahme dar, dass die Partikelgeschwindigkeiten einer bestimmten Wahrscheinlichkeits-
dichteverteilung unterliegen. Wird diese Verteilung durch äußere Einflüsse, beispielsweise
durch Hindernisse, stark deformiert, kann die KTGF nicht ohne Einschränkungen verwen-
det werden [Kan03].
Eine weitere Schwierigkeit bei der Verwendung des Zwei-Kontinua-Verfahrens stellt die

9
2 Simulation von Gas-Feststoff-Strömungen

Formulierung geeigneter Randbedingungen für die Partikelphase dar. Wechselwirkungen


zwischen der Feststoffphase und der Bewandung, wie beispielsweise inelastische Kollisio-
nen oder Wandrauhigkeitseffekte, erschweren die Beschreibung solcher Vorgänge auf der
makroskopischen Ebene. Um diesem Problem zu begegnen, wurden zahlreiche Modelle ent-
wickelt, von denen jedoch viele problemspezifisch sind und daher keine Allgemeingültigkeit
besitzen [Ind01]. Eine weitere Einschränkung ergibt sich, wenn Partikelkollektive mit einer
Größenverteilung analysiert werden sollen. Die Einbeziehung einer polydispersen Partikel-
phase in die Simulation ist bei der Anwendung des Zwei-Kontinua-Verfahrens zwar möglich,
erfordert aber eine Einteilung des Partikelkollektivs in Größenklassen [Boe96, Sya87]. Da
jede Klasse als eine disperse Phase betrachtet werden muss, ist diese Vorgehensweise mit
einem Effizienzverlust verbunden. Desweiteren bleibt der Einfluss der Partikelrotation auf
das Feststoffverhalten unberücksichtigt. Insbesondere in wandnahen Bereichen sind durch
zahlreiche Partikel-Wand-Kollisionen erhöhte Rotationsgeschwindigkeiten der Partikel zu
beobachten [Som96]. Diese sind die Ursache einer am Partikel angreifenden Querkraft, wel-
che die Partikelbewegung entscheidend beeinflussen kann. Auf diese Problematik wird in
Kapitel 3 genauer eingegangen.
Der Vorteil des Zwei-Kontinua-Verfahrens besteht darin, dass aufgrund einer makrosko-
pischen Betrachtung beider Phasen selbst bei hohen Volumenanteilen der Feststoffphase
eine effiziente Berechnung möglich ist. Die für die Gasphase aufgestellten Gleichungen
können in einer ähnlichen Weise für die Feststoffphase formuliert werden. Für diesen Glei-
chungstyp existieren leistungsstarke, numerische Methoden, woraus die besondere Effizienz
dieses Verfahrens resultiert. Das im Rahmen dieser Arbeit neu entwickelte Verfahren zur
Berechnung von Gas-Feststoff-Strömungen schließt das Zwei-Kontinua-Verfahren ein. Da-
bei wird der Vorteil der numerischen Effizienz ausgenutzt. Die wesentlichen Schwachstellen
des Zwei-Kontinua-Verfahrens werden durch die Kopplung mit dem im nächsten Abschnitt
beschriebenen Einzelpartikel-Verfahren vermieden.

Einzelpartikel-Verfahren
Die diskrete Natur der Feststoffphase in einer Gas-Feststoff-Strömung legt den Gedanken
nahe, eine individuelle Betrachtung jedes einzelnen Partikels vorzunehmen. Das Einzelpar-
tikel-Verfahren, in der Literatur auch unter dem Namen Euler/Lagrange-Verfahren be-
kannt, trägt dieser mikroskopischen Betrachtungsweise Rechnung, indem die Bahnlinien der
einzelnen Partikel unter dem Einfluss der auf sie wirkenden Kräfte bestimmt werden. Hierzu
ist für jedes Partikel die so genannte Basset-Boussinesq-Oseen Gleichung unter Einhaltung
gegebener Randbedingungen auszuwerten. Die Beschreibung von Wechselwirkungen, wie
der Partikel-Partikel- und Partikel-Wand-Kollisionen, erfolgt ebenfalls auf mikroskopischer
Ebene durch entsprechende Modelle. Die mittleren Eigenschaften der Feststoffphase werden
nach der Berechnung einer Vielzahl von Bahnlinien als Ergebnis einer statistischen Mitte-
lung gewonnen. An dieser Stelle erkennt man bereits den Nachteil dieses Verfahrens, der
sich aus der Notwendigkeit der Berechnung einer großen Anzahl von Partikelbahnen ergibt,
die für eine statistisch zuverlässige Mittelwertbildung unerlässlich sind. Diesem Nachteil
steht eine Reihe von Vorteilen gegenüber, die dieses Verfahren in den vergangenen Jahren

10
2.2 Mathematische Berechnungsverfahren

zu einem wichtigen Werkzeug für die Simulation von Gas-Feststoff-Strömungen gemacht


haben. Hierzu gehört insbesondere die Möglichkeit einer detaillierten Beschreibung der
physikalischen Vorgänge, denen die Partikelbewegung unterliegt. So ist die Ermittlung der
Partikelrotationsgeschwindigkeit, die für die Berechnung der Partikelquerkräfte (Magnus-
und Saffman-Kraft) benötigt wird, problemlos möglich. Wechselwirkungen wie beispiels-
weise Partikel-Partikel-Kollisionen können präzise mit den Gesetzen der Stoßmechanik be-
schrieben werden. Ein weiterer Vorteil ist der breite Einsatzbereich des Einzelpartikel-
Verfahrens. So ist die Untersuchung eines polydispersen Feststoffsystems möglich, indem
eine Partikelgrößenverteilung berücksichtigt wird. Aufgrund der detaillierten Betrachtung
der Vorgänge, die sich an einem einzelnen Partikel abspielen, können zusätzliche Einflüsse,
wie beispielsweise eine Verbrennungsreaktion in die Modellierung mit einbezogen werden.
Auch die Formulierung von Randbedingungen für die Strömungsgrößen der Partikelphase
an der Bewandung stellt im Gegensatz zum Zwei-Kontinua-Verfahren keine Schwierigkeit
dar [Som96].
Die oben genannte Einschränkung des Einzelpartikel-Verfahrens, der hohe Zeitbedarf,
offenbart sich insbesondere bei der Berechnung von dichten Gas-Feststoff-Strömungen. Hier
kann allein die Anzahl der vorliegenden Partikel schnell Dimensionen erreichen, welche
selbst die Kapazität leistungsstarker Computer übersteigt. Die Berücksichtigung weiterer
Vorgänge wie z.B. der Partikel-Partikel-Kollisionen oder der Rückwirkung der Partikel auf
die Gasphase kann eine Simulation derartiger Gas-Feststoff-Strömungen aufgrund der sehr
hohen Berechnungszeit unvertretbar machen [CST98].
Das im Rahmen dieser Arbeit neu entwickelte Verfahren trägt zur Lösung dieser Pro-
blematik bei, indem es die Berechnung der Feststoffphase mit dem Einzelpartikel-Verfahren
auf einen begrenzten Bereich beschränkt, innerhalb dessen die Anwendung des Zwei-Kon-
tinua-Verfahrens aufgrund der im vorigen Abschnitt genannten Einschränkungen nicht in
Frage kommt. Dieser Bereich zeichnet sich durch ein hohes Maß an Unregelmäßigkeit in der
Bewegung der Partikel aus und ist vorwiegend in der Nähe fester Hindernisse sowie an der
Geometriebegrenzung vorzufinden. Hier können die Vorteile des Einzelpartikel-Verfahrens,
insbesondere die detaillierte Beschreibung des Feststoffverhaltens, ausgenutzt werden. Zu-
dem eröffnet die Möglichkeit der Beschränkung der Simulation auf einen kleinen Bereich,
in dem das Einzelpartikel-Verfahren zum Einsatz kommt, eine echte Perspektive zur Be-
rechnung von dichten Gas-Feststoff-Strömungen innerhalb einer angemessenen Zeit.

11
2 Simulation von Gas-Feststoff-Strömungen

12
3 Formulierung der
Bilanzgleichungen
Das im Rahmen dieser Arbeit entwickelte Verfahren zur Simulation von Gas-Feststoff-
Strömungen ist ein Hybridverfahren. Es kombiniert das Zwei-Kontinua-Verfahren mit dem
Einzelpartikel-Verfahren. Während die Beschreibung der Gasphase für beide Verfahren
identisch ist, existieren, wie in Kapitel 2 ausgeführt, bei der Behandlung der Feststoffphase
gravierende Unterschiede. In diesem Kapitel werden zunächst die zugrunde liegenden Bi-
lanzgleichungen zur Berechnung der Gasphase vorgestellt. Anschließend werden ausgehend
von der Formulierung der Boltzmann-Gleichung die beschreibenden Gleichungen der Fest-
stoffphase nach dem Zwei-Kontinua- und dem Einzelpartikel-Verfahren hergeleitet. Dabei
erfolgt die Formulierung der Bilanzgleichungen unter der Annahme isothermer Bedingun-
gen und unter Ausschluss chemischer Reaktionen. Die Feststoffphase besteht aus ideal
sphärischen, monodispersen Partikeln.

3.1 Beschreibung der Gasphase


3.1.1 Bewegungsgleichungen
Die Bewegung der Gasphase wird durch die Bilanzgleichungen für Masse, Impuls und
Energie beschrieben. Darüber hinaus ist ein rheologisches Stoffgesetz sowie eine thermody-
namische Zustandsgleichung zur vollständigen Modellierung erforderlich. Betrachtet man
ein beliebig geformtes, ortsfestes Kontrollvolumen Ω mit der Oberfläche S, das von einer
Gasphase mit der Geschwindigkeit ug durchströmt wird (vgl. Abbildung 3.1), so ergibt sich
für die Massenbilanz der folgende Zusammenhang:
 

φg ρg dΩ + φg ρg ug · n dS = 0, (3.1)
∂t Ω S

wobei dS ein infinitesimal kleines Element der Oberfläche S und n den zu dS gehörenden
nach außen gerichteten Normalenvektor darstellen. Der erste Term auf der linken Seite

S
n

ug

Abbildung 3.1: Allgemeines Kontrollvolumen.

13
3 Formulierung der Bilanzgleichungen

von (3.1) beschreibt die Massenänderung im Kontrollvolumen Ω innerhalb der Zeitspan-


ne ∂t, der zweite Term kennzeichnet den konvektiven Transport von Masse durch die
Begrenzungsfläche S. Da in den hier untersuchten Strömungskonfigurationen keine Pha-
senübergänge berücksichtigt werden, finden sich auf der rechten Seite von (3.1) keine Quell-
oder Senkenterme. Geht man nun von einer Inkompressibilität der Gasphase aus, was bei
niedrigen Strömungsgeschwindigkeiten (Ma < 0.2) physikalisch gerechtfertigt und nume-
risch erforderlich ist, lässt sich die Gasdichte ρg aus (3.1) eliminieren [Str91].
Wird nun für das Kontrollvolumen Ω die Bilanzgleichung für den Impuls formuliert, so
erhält man:
    

φg ρg ug dΩ + φg ρg ug ug · n dS = Tg · n dS + φg ρg g dΩ + kgp dΩ. (3.2)
∂t Ω S S Ω Ω

Die linke Seite von (3.2) beschreibt die zeitliche Änderung des Impulses sowie den konvek-
tiven Impulsfluss über die Oberfläche von Ω. Der erste Term der rechten Seite repräsentiert
den diffusiven Impulsfluss über die Oberfläche. Der Spannungstensor der Gasphase Tg auf
der rechten Seite von (3.2) gibt die Normal- und Tangentialspannungen an der Oberfläche
des Kontrollvolumens wieder und ist für inkompressible, newtonsche Fluide durch das zu-
gehörige rheologische Stoffgesetz gegeben:
     
2
Tg = − pg + µg − ζg ∇ · ug I + µg ∇ug + (∇ug )T . (3.3)
3

Hierbei bezeichnet ζg die Volumenviskosität, die für kompressible Medien berücksichtigt


werden muss. Für das hier betrachtete inkompressible Fluid nimmt diese folglich den Wert
Null an. Die Größen pg und I kennzeichnen den statischen Druck innerhalb der Gaspha-
se sowie den Einheitstensor. Das zweite und dritte Integral der rechten Seite von (3.2)
beschreiben den Einfluss der Schwerkraft sowie einen Impulsaustauschterm, der sich aus
der Wechselwirkung mit der dispersen Phase ergibt. Die Größen g und kgp bezeichnen in
diesem Zusammenhang die Erdbeschleunigung und eine Volumenkraft, die sich aus der
Partikelwechselwirkung ergibt. Die Diskussion von kgp erfolgt in Abschnitt 3.2. Die oben
formulierten Gleichungen für Masse und Impuls sind für eine Zweiphasenströmung definiert.
Betrachtet man eine einphasige Strömung (φg =1 und kgp=0), so reduzieren sich (3.1) und
(3.2) zur Kontinuitätsgleichung und Navier-Stokes-Gleichung in der allgemein bekannten
Form. Aufgrund isothermer Bedingungen ist eine Lösung der Energiebilanz nicht erforder-
lich.

3.1.2 Modellierung der Turbulenz


Eine turbulente Strömung ist unter anderem dadurch charakterisiert, dass sich die Schwan-
kungsbewegungen auf unterschiedlichen Längenskalen vollziehen. Die Abmessungen der
einzelnen Turbulenzelemente können in der Größenordnung der Strömungsgeometrie lie-
gen, bis hin zu den kleinsten Elementen, deren Ausdehnung durch die so genannte Kolmo-
gorovsche Längenskala η gegeben ist. Obwohl die kleinen Turbulenzelemente zahlenmäßig

14
3.1 Beschreibung der Gasphase

überwiegen, ist der größte Teil der Turbulenzenergie in den großskaligen Wirbeln enthal-
ten [Frö00]. Diese werden von der mittleren Strömung erzeugt und zerfallen in immer
kleinere Wirbel. Mit abnehmender Wirbelgröße werden viskose Kräfte dominant, welche
die kinetische Energie der Turbulenzbewegung irreversibel in innere Energie der Strömung
überführen. Der Zusammenhang zwischen dem Energieinhalt und der Wirbelgröße wird
auch als Kolmogorov’sche Energiekaskade bezeichnet [Leo74].
Die in Abschnitt 3.1.1 formulierten Transportgleichungen gelten für laminare und tur-
bulente Strömungsvorgänge. Eine vollständige örtliche Beschreibung des turbulenten Strö-
mungsfeldes setzt ein Rechengitter voraus, das auch noch die kleinsten Wirbel hinreichend
genau erfasst. Darüber hinaus sollte der Zeitschritt auf eine Größe reduziert werden, wel-
che das turbulente Zeitmaß auflösen kann. Ein Verfahren, welches die erforderliche örtliche
und zeitliche Auflösung besitzt, um alle Turbulenzeffekte erfassen zu können, wird als
die Direkte Numerische Simulation (DNS) bezeichnet. Hierbei werden die dreidimensio-
nalen, zeitabhängigen Transportgleichungen durch eine entsprechende Diskretisierung des
Strömungsfeldes in den Kontrollvolumina direkt d.h. ohne den Einsatz eines Turbulenz-
modells gelöst. Die Ausdehnung der Kontrollvolumina hängt von der Größe der kleinsten
turbulenten Wirbel ab, die durch die Kolmogorovsche Längenskala gegeben ist. Bei größer
werdender Turbulenzintensität der Strömung nimmt der Wert dieses Längenmaßes ab. Da-
durch erhöht sich der Rechenaufwand drastisch, da eine höhere Auflösung des Strömungs-
gebietes erforderlich ist. Aus diesem Grund ist die Anwendung der Direkten Numerischen
Simulation bislang auf einfache Strömungsgeometrien (z.B. Kanalströmung) bei moderater
Turbulenzintensität beschränkt und somit für die Praxis zur Zeit noch unbedeutend.
Ein Verfahren, das den Rechenaufwand im Vergleich zu einer DNS erheblich reduziert,
ist die Large-Eddy-Simulation (LES). Hierbei werden nur die großen, energiereichen Wir-
bel aufgelöst, während der Einfluss kleiner turbulenter Strukturen durch entsprechende
Modelle (Feinstrukturmodelle) berücksichtigt wird [Sma63, Fer96, DS97]. Ein bekanntes
Feinstrukturmodell ist das Smagorinsky-Modell, das für den Fall einer isotropen Turbulenz
eine gute Übereinstimmung mit experimentellen Untersuchungen liefert [BFR80]. Trotz ei-
nes bereits erheblich geringeren Rechenaufwandes der LES gegenüber einer DNS, ist die
Large-Eddy-Simulation derzeit noch als ein Verfahren zur Berechnung vergleichsweise ein-
facher Strömungskonfigurationen zu sehen. Ihr großes Potential bei der Analyse zahlrei-
cher Strömungsphänomene lässt jedoch vermuten, dass sich die LES in naher Zukunft zu
einem wichtigen Werkzeug für die Simulation praxisrelevanter, turbulenter Strömungen
entwickeln wird.
In turbulenten Strömungen sind sämtliche Feldgrößen Funktionen des Ortes und der
Zeit. In vielen Fällen, insbesondere bei industriellen Anwendungen, ist man lediglich an
den Mittelwerten dieser Größen interessiert, da meist auch nur diese messtechnisch erfasst
werden können. Zur mathematischen Behandlung werden alle zeitabhängigen Größen Φ in
einen Mittelwert Φ und einen Schwankungswert Φ aufgespalten:

Φ(t, x) = Φ(x) + Φ (t, x). (3.4)

Der Mittelwert in (3.4) wird über die Zeit T bestimmt, die vergleichsweise ”lang” gegenüber

15
3 Formulierung der Bilanzgleichungen

der Zeit sein muss, in der sich die turbulenten Schwankungen vollziehen:
T
1
Φ(x) = Φ(t, x) dt. (3.5)
T
0

Wird nun für die Feldgrößen in (3.1) und (3.2) eine Aufspaltung gemäß (3.5) vorgenommen
und eine zeitliche Mittelung der gesamten Gleichung durchgeführt, so ergibt sich die so
genannte Reynolds-gemittelte Massenbilanz:
 

φg dΩ + φg ug · n dS = 0, (3.6)
∂t Ω S

wobei alle Korrelationen mit φg wegen ihrer geringen Bedeutung vernachlässigt werden.
Für die Reynolds-gemittelte Impulsbilanz gilt entsprechend

  

φg ρg ug dΩ + φg ρg ug ug · n dS + φg ρg ug ug T · n dS (3.7)
∂t Ω S  S 
= Tg · n dS + φg ρg g dΩ + kgp dΩ,
S Ω Ω

mit Tg als Reynolds-gemitteltem Spannungstensor:


   
2
Tg = − pg + µg ∇ · ug I + µg ∇ug + (∇ug )T . (3.8)
3

Die Reynolds-gemittelte Impulsbilanz (3.7) unterscheidet sich von der Impulsbilanz (3.2)
nur durch die Korrelation der Schwankungsgrößen TR = −ρg ug ug T , die als Reynolds-
spannungen bezeichnet werden. Sie sind durch die Mittelung des nichtlinearen Konvek-
tionsterms entstanden und können als zusätzliche Scherspannungen interpretiert werden,
die durch die turbulenten Geschwindigkeitsfluktuationen hervorgerufen werden. Die Be-
rechnung dieser Korrelationen erfordert weitere Informationen, die aus Turbulenzmodellen
gewonnen werden können. Dabei kann die Formulierung geeigneter Modellansätze auf zwei
unterschiedlichen Wegen erfolgen. Zum einen lassen sich so genannte Reynoldsspannungs-
Modelle herleiten, die für die Bestimmung der Schwankungsgrößen exakte Gleichungen
bereitstellen [LRR75, Rodi87]. Infolgedessen zeichnet sich dieser Ansatz durch eine hohe
Genauigkeit aus, ist jedoch aufgrund seiner Komplexität (mehr als 6 zusätzliche partielle
Differential-Gleichungen mit Termen höherer Ordnung) rechenaufwändig und anspruchs-
voll bezüglich der Definition von Randbedingungen. Zum anderen können die unbekannten
Korrelationen über einen Gradientenansatz ermittelt werden. Der Vorteil dieser Methode
liegt darin, dass die Koeffizienten empirisch ermittelt oder aus halbempirischen Bestim-
mungsgleichungen berechnet werden können, wobei die Anzahl zusätzlicher Transportglei-
chungen im Allgemeinen gering ist. Grundgedanke des Gradientenansatzes ist die Wirbel-
viskositätshypothese nach Bousinesque, wonach die Reynoldsspannungen TR aus den
16
3.1 Beschreibung der Gasphase

zeitlich gemittelten Geschwindigkeitsgradienten abgeleitet werden können [LS72]:


  2
TR = −ρg ug ug T = µt ∇ug + (∇ug )T − ρg k I. (3.9)
3
Die turbulente kinetische Energie k ist hierbei definiert als:
1
k = (ug ug + vg vg + wg wg ). (3.10)
2
Die Größe µt kennzeichnet die so genannte turbulente Viskosität, die im Gegensatz zu der
molekularen Viskosität µg keine Materialkonstante, sondern eine örtlich und zeitlich varia-
ble Größe darstellt. Für deren Berechnung existieren unterschiedliche Ansätze. Je nach der
Anzahl der zusätzlichen Transportgleichungen werden diese in Null-, Ein- und Zweiglei-
chungsmodelle unterteilt. Im Rahmen dieser Arbeit wird das von Launder & Spalding
entwickelte und in der industriellen Praxis weit verbreitete k-ε-Modell, ein Zweigleichungs-
modell, verwendet [LS72]. Hierzu werden die Transportgleichungen für die turbulente ki-
netische Energie k und die Dissipationsrate ε gelöst. Die Dissipationsrate ε ist dabei wie
folgt definiert:
µg
ε= ∇ug : (∇ug )T . (3.11)
ρg

Mit diesen Größen lässt sich die turbulente Viskosität nach einer Kolmogorov-Prandtl-
Beziehung ermitteln [Kol42, Pra45]:

k2
µT = Cµ ρg , (3.12)
ε
wobei Cµ eine empirische Konstante darstellt. Die Transportgleichungen für die turbulente
kinetische Energie und die Dissipationsrate werden aus den gemittelten und zeitabhängigen
Impulserhaltungssätzen hergeleitet [Hin75]. Unbekannte Korrelationen müssen dann noch
durch die bekannten Größen ug , k und ε ersetzt werden. Als Ergebnis erhält man die
Transportgleichungen für die turbulente kinetische Energie k
   
∂ µt
ρg k dΩ + ρg k ug · n dS = ∇k · n dS + TR : ∇ug − ρg ε dΩ (3.13)
∂t Ω S S σk Ω

und für die Dissipationsrate ε


   
∂ µt ε ε2
ρg ε dΩ+ ρg ε ug ·n dS = ∇ε·n dS + Cε1 TR : ∇ug −Cε2 ρg dΩ, (3.14)
∂t Ω S σ
S ε Ω k k
wobei der Ausdruck TR : ∇ug das Skalarprodukt zweier Tensoren kennzeichnet. Die Kon-
stanten in (3.12), (3.13) und (3.14) wurden durch Regression an eine Vielzahl experimen-
teller Ergebnisse angepasst. Ein häufig verwendeter Konstantensatz lautet [LS72]:

17
3 Formulierung der Bilanzgleichungen

Cµ Cε1 Cε2 σk σε
0.09 1.44 1.92 1.0 1.3

Das Standard-k-ε Modell (3.13, 3.14) reduziert die Berechnung der komplexen Vorgänge
der Turbulenz auf die Lösung zweier Bilanzgleichungen. Aufgrund der getroffenen Annah-
men (z.B. Isotropie der Turbulenz) und des Einsatzes von empirisch angepassten Kon-
stanten sind dem Modell Grenzen hinsichtlich seiner Gültigkeit gesetzt. Eine Anpassung
ist zum Beispiel bei der Anwesenheit einer zweiten Phase erforderlich. Über den Einfluss
der dispersen Phase auf die Turbulenz gibt es jedoch widersprüchliche Aussagen, die eine
Modellerweiterung erschweren. Es existieren zwar zahlreiche Vorschläge das k-ε-Modell zu
erweitern, derartige Korrekturen sind aber nur von eingeschränktem Nutzen, da sie für
spezielle Anwendungsfälle entwickelt wurden und somit keine Allgemeingültigkeit besitzen
[CW86, TF94, GNN83]. Trotz dieser Einschränkungen stellt das k-ε-Modell einen guten
Kompromiss zwischen der erreichbaren Genauigkeit und dem erforderlichen Berechnungs-
aufwand dar. Darüber hinaus ergibt sich ein Vorteil bei der Anwendung im Zusammenhang
mit mehrphasigen Strömungen, da die Modellkonstanten bereits gut angepasst sind und
für verschiedene Anwendungsfälle validiert wurden.

3.2 Beschreibung der Feststoffphase


Die Beschreibung des Bewegungsverhaltens der dispersen Feststoffphase erfolgt in Analo-
gie zur Beschreibung der Molekülbewegung in einem idealen Gas. Hier wird die Annahme
getroffen, die Moleküle stellen harte Kugeln dar mit ausschließlich translatorischen Frei-
heitsgraden der Bewegung. Die intermolekularen Kollisionen sind binär und vollständig ela-
stisch. Der Bewegungszustand eines Molekülkollektivs lässt sich allgemein durch die Anga-
be von Ort und Geschwindigkeit jedes einzelnen Teilchens zu jedem Zeitpunkt beschreiben.
Eine Funktion, die den Zustand eines Gases vollständig beschreibt, ist die Wahrscheinlich-
keitsdichteverteilung f (x, v, t). Das Produkt
f (x, v, t) dx dv (3.15)
gibt die Anzahl der Moleküle an, deren Schwerpunkt sich zum Zeitpunkt t im Volumen
(x, x + dx) befindet und die eine Geschwindigkeit im Intervall (v, v + dv) aufweisen. Die
zeitliche und räumliche Evolution von f wird durch die Boltzmann-Gleichung beschrieben
(z.B. nach [Gid94]):
 
∂f ∂f ∂f ∂f
+v· +F· = . (3.16)
∂t ∂x ∂v ∂t coll
Dabei stellt die linke Seite von (3.16) die kinetischen Terme dar, welche den Transport
von f aufgrund einer ungestörten Molekülbewegung sowie einer durch die äußeren Kräfte
beeinflussten Bewegung beschreiben. Die Summe der äußeren Kräfte wird in F zusam-
mengefasst. Die rechte Seite von (3.16) repräsentiert die durch binäre Stöße zwischen den
Molekülen bedingte Änderung der Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung f .
18
3.2 Beschreibung der Feststoffphase

Eine analytische Lösung der Boltzmann-Gleichung ist bislang nur unter vereinfachen-
den Annahmen möglich. Ein Spezialfall stellt hierbei die Annahme eines thermodynami-
schen Gleichgewichts dar. Befindet sich ein Molekülkollektiv in einem thermodynamischen
Gleichgewicht, d.h. es finden keinerlei Ausgleichsprozesse mehr statt, dann werden die drei
Summanden auf der linken Seite von (3.16) zu Null. Damit (3.16) weiterhin erfüllt ist,
muss für den als Kollisionsoperator bekannten Term auf der rechten Seite dieser Gleichung
gelten:
 
∂f
≡ 0. (3.17)
∂t coll
Dies ist dann der Fall, wenn die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion f die Form der bekann-
ten Maxwell-Verteilung fM einnimmt:
 
ρ |v − u|2
fM (v) = 3 exp − . (3.18)
(2πRT ) 2 2RT

Dabei beschreiben ρ die Gasdichte, u die mittlere Molekülgeschwindigkeit und T die ther-
modynamische Temperatur, die ein Maß für die kinetische Energie der Fluktuationsbewe-
gung darstellt. Die Maxwell-Verteilung stellt somit die Lösung der Boltzmann-Gleichung
für den Fall eines thermodynamischen Gleichgewichts dar. Unter dieser Voraussetzung las-
sen sich nun aus (3.16) Bilanzgleichungen herleiten, die den Transport von Masse, Impuls
und Energie in einem idealen Gas beschreiben.
Die hier kurz skizzierte Methodik der Beschreibung des Bewegungsverhaltens idealer
Gase gehört zum Gebiet der kinetischen Gastheorie. Eine ausführliche Beschreibung dieser
Theorie ist dem Standardwerk von Chapman & Cowling zu entnehmen [CC70].
Um den Bewegungszustand eines dispersen Feststoffs mit vergleichbaren Methoden zu
beschreiben, wurde die kinetische Gastheorie zu Beginn der achtziger Jahre zur kinetischen
Theorie granularer Fluide (KTGF) erweitert. In dem folgenden Abschnitt 3.2.1 werden die
Grundzüge dieser Methode sowie die sich hieraus ergebenden Transportgleichungen für die
Feststoffphase vorgestellt.
Eine andere Möglichkeit der Lösung von (3.16) besteht in der Verwendung stochasti-
scher Verfahren. Hierbei wird die zeitliche Evolution eines Molekülkollektivs mit stocha-
stischen Methoden approximiert. Die Beschreibung der dazu notwendigen Techniken sowie
der zu berücksichtigenden Annahmen, insbesondere im Hinblick auf disperse Partikelkol-
lektive, sind Gegenstand von Abschnitt 3.2.2.

3.2.1 Zwei-Kontinua-Verfahren
Beim Zwei-Kontinua-Verfahren wird angenommen, dass sowohl die Gas- als auch die Fest-
stoffphase als zwei koexistierende Kontinua dargestellt werden können. Die zeitlich gemit-
telten Erhaltungsgleichungen der Gasphase (3.6, 3.7) sind bereits in Abschnitt 3.1.2 vorge-
stellt worden. Die Transportgleichungen der Feststoffphase ergeben sich aus einer zeitlichen
Mittelung der so genannten Maxwellschen Transportgleichungen, die ihren Ursprung in
19
3 Formulierung der Bilanzgleichungen

der Boltzmann-Gleichung haben. Die Herleitung dieser Beziehungen erfolgt im Rahmen


der kinetischen Theorie granularer Fluide, die im Gegensatz zur kinetischen Gastheorie
eine Betrachtung von dispersen Feststoffsystemen erlaubt. Da die KTGF ausführlich von
Gidaspow beschrieben wurde [Gid94], sollen an dieser Stelle lediglich die zu treffenden
Annahmen sowie eine Skizze der Herleitung bis hin zur Formulierung der Transportglei-
chungen der Feststoffphase gegeben werden.
Eine zweiphasige Gas-Feststoff-Strömung unterscheidet sich von der Strömung eines
Molekülkollektivs durch die Anwesenheit einer zweiten Phase. Daher sind trotz der Ähn-
lichkeit des Bewegungsverhaltens des fluidisierten Feststoffs zu dem eines idealen Gases
wesentliche Unterschiede festzustellen. Die wichtigsten lassen sich wie folgt zusammenfas-
sen:
• die Partikel-Partikel-Kollisionen erfolgen inelastisch, das heißt, um eine Fluidisierung
der Feststoffphase aufrechtzuerhalten, muss der Verlust an kinetischer Energie infolge
der Kollisionen durch einen Energietransfer von der Gasphase zur Feststoffphase
kompensiert werden,
• zwischen den Kollisionen wirken auf die Partikel äußere Kräfte, die zum einen aus
der Druckverteilung um das Partikel, zum anderen aus den Schubspannungen an der
Oberfläche des Partikels resultieren,
• die Gravitationskraft sowie die Rotationsbewegung der Partikel ist zu berücksichti-
gen,
• die turbulenten Strukturen der Gasphase beeinflussen die Fluktuationsbewegung der
Partikel.
Die hier aufgeführten Unterschiede zwischen einem dispersen Feststoffsystem und einem
Molekülkollektiv werden bis auf den Schwerkrafteinfluß und die Rotationsbewegung in der
kinetischen Theorie granularer Fluide berücksichtigt. Die Abweichungen vom thermodyna-
mischen Gleichgewicht, die aus der Existenz treibender Kräfte herrühren, werden allgemein
durch folgenden Ansatz erfasst [Gid94]:
f = f (0) + f (1) = f (0) (1 + Φ(1) ). (3.19)
f stellt die zweite Approximation zur Boltzmann-Gleichung dar (die Maxwell-Verteilung
f (0) wird in diesem Zusammenhang auch als erste Approximation bezeichnet); der Aus-
druck Φ(1) steht für ein Korrekturpolynom, das bestimmte Abweichungen vom thermody-
namischen Gleichgewicht berücksichtigt. Die Herleitung sowie die Diskussion dieser Größe
erfolgt in Kapitel 5. Unter Verwendung von (3.19) können nun die Transportgleichungen
der Feststoffphase in analoger Weise zum Vorgehen in der kinetischen Gastheorie herge-
leitet werden. Hierzu wird die Boltzmann-Gleichung mit einer Größe q, die den Transport
einer Strömungseigenschaft beschreibt, multipliziert und über den gesamten Geschwindig-
keitsraum integriert:
     
∂f ∂f ∂f ∂f
q +v· +F· dv = q dv. (3.20)
∂t ∂x ∂v ∂t coll
20
3.2 Beschreibung der Feststoffphase

Das Ergebnis der Integration stellt die Maxwellschen Transportgleichungen dar. Für q =
φp ρp ergibt sich die Massenerhaltungsgleichung der Partikelphase:
 

φp dΩ + φp up · n dS = 0, (3.21)
∂t Ω S

mit dem mittleren Volumenanteil φp und der mittleren Geschwindigkeit der Partikel up .
Setzt man nun q = φp ρp up , so kann die Impulserhaltungsgleichung wie folgt angegeben
werden:
    

φp ρp up dΩ + φp ρp up up · n dS = Tp · n dS + φp ρp g dΩ − kgp dΩ, (3.22)
∂t Ω S S Ω Ω

wobei Tp den Spannungstensor der Partikelphase darstellt:


     
2
Tp = − pp + µp − ζp ∇ · up I + µp ∇up + (∇up )T . (3.23)
3

Hier bezeichnen pp , ζp und µp den Partikeldruck, die Volumen- und die Scherviskosität
der Partikelphase. Die drei Unbekannten sowie der Impulsaustauschterm kgp in (3.22),
kgp = β (up − ug ), der als Produkt aus einer Widerstandsfunktion β und der Relativ-
geschwindigkeit zwischen Partikelensemble und Gas modelliert wird, sind weiter unten
erläutert. Die dritte Maxwellsche Transportgleichung wird für die Fluktuationsenergie der
Partikelphase formuliert. Dabei wird angenommen, dass die Fluktuationsbewegungen der
Partikel isotrop sind und sich deshalb aus der Definition der kinetischen Energie Ep ein
Zusammenhang zwischen der Fluktuationsbewegung u p und der granularer Temperatur Θ
ergibt:
1 1 2 1 3
Ep = mp up 2 + mp u p = mp up 2 + mp Θ. (3.24)
2 2 2 2
Setzt man nun in (3.20) q = 3/2mp Θ, so kann folgende Bilanzgleichung für die granulare
Temperatur Θ gefunden werden:
 
∂ 3 3
φp ρp Θ dΩ + φp ρp up · nΘ dS (3.25)
∂t Ω 2 S 2
   
= Tp : ∇up dΩ + κp ∇Θ · n dS − γp dΩ + Ψp dΩ.
Ω S Ω Ω

Die linke Seite von (3.25) beschreibt die zeitliche Änderung und den konvektiven Transport
der Fluktuationsenergie der Partikel. Die ersten beiden Terme der rechten Seite stellen die
Produktion sowie den diffusiven Transport der granularen Temperatur dar. Die verblei-
benden beiden Summanden bezeichnen die Dissipation sowie den Austausch der Fluktua-
tionsenergie zwischen Gas und Partikel.
Die Geschwindigkeitsgradienten der Partikelströmung werden durch den Spannungsten-
sor Tp (3.23) charakterisiert. Die hierin enthaltene Größe pp bezeichnet den Partikeldruck.
21
3 Formulierung der Bilanzgleichungen

Er repräsentiert das Bestreben der Partikel sich innerhalb der Gasphase räumlich auszubrei-
ten und würde bei Abwesenheit anderer Kräfte zu einer gleichmäßigen Partikelbeladung im
gesamten Strömungsgebiet führen. Die Berechnung des Partikeldruckes erfolgt aus einem
Kinetik- und einem Kollisionsterm [LSJ84]:

pp = pp,kin + pp,koll . (3.26)

Der kinetische Term erfasst die translatorische Bewegung der Partikel und ergibt sich zu:

pp,kin = φp ρp Θ, (3.27)

der Kollisionsterm berücksichtigt Partikelkollisionen und lautet:

pp,koll = 2(1 + e)g0φp 2 ρp Θ. (3.28)

Hierbei bezeichnen e und g0 die Stoßzahl und die radiale Verteilungsfunktion. Die Stoß-
zahl e beschreibt den Verlust an kinetischer Energie bei einer Kollision. Ein vollkommen
elastischer Stoß wird mit e = 1 beschrieben; e = 0 führt zu einer maximalen Dissipa-
tion kinetischer Energie während einer Kollision. Im Rahmen dieser Arbeit wird e als
eine Materialkonstante behandelt, die Abhängigkeit von anderen Randbedingungen wie
Auftreffwinkel oder Auftreffgeschwindigkeit wird vernachlässigt. Die radiale Verteilungs-
funktion g0 ist ein Maß für die Wahrscheinlichkeit, dass sich zwei Teilchen eines dichten
Partikelkollektivs berühren. Für die Modellierung dieser Größe existiert eine Vielzahl von
Ansätzen; einen Überblick darüber gibt Boemer [Boe96]. In dieser Arbeit wird der Ansatz
von Ma & Ahmadi verwendet, der für Suspensionen mit Volumenanteilen im Bereich von
φp < 10−2 eine gute Näherung darstellt [MA90, Ind01]:
 3 −0.678

φp
g0 = 1 + 4φp 1 + 2.5φp + 4.59φp 2 + 4.515φp 3 1 − . (3.29)
0.644

Eine weitere Unbekannte in (3.23) ist die Scherviskosität µp , die keine Stoffgröße ist, son-
dern eine Variable, die vom Strömungszustand abhängig ist. Ähnlich wie beim Partikel-
druck setzt sie sich aus einem kinetischen und einem kollisionalen Term zusammen. Das
Ergebnis kann wie folgt angegeben werden [Gid94]:
  2
Θ 10 π 4 4 2
µp = ρp dp 1 + (1 + e)g0 φp + (1 + e)g0φp . (3.30)
π 96 (1 + e)g0 5 5

Die Volumenviskosität ζp resultiert aus einer lokalen Kompression der Partikelphase und
wird in folgender Form verwendet [LSJ84]:

4 Θ
ζp = φp 2 ρp dp g0 (1 + e) . (3.31)
3 π

22
3.2 Beschreibung der Feststoffphase

Der zweite Term der rechten Seite von (3.25) stellt den diffusiven Transport der granularen
Temperatur dar. Die darin enthaltene Größe κp wird als Wärmeleitfähigkeit der Partikel-
phase bezeichnet und kann angegeben werden als [Gid94]:
  2
Θ 150 π 6
κp = ρp dp 1 + (1 + e)g0 φp + 2φp 2 g0 (1 + e) . (3.32)
π 384 (1 + e)g0 5

Die Dissipationsrate γp in (3.25) beschreibt die Energiedissipation aufgrund inelastischer


Partikelkollisionen [Gid94]:

4 Θ
γp = 3(1 − e2 )φp 2 ρp g0 Θ − ∇ · up . (3.33)
dp π

Bei völlig elastischen Stößen (e = 1) findet keine Dissipation kinetischer Energie statt
(γp = 0). Die Größe Ψ im letzten Summanden in (3.25) berücksichtigt die Produktion
bzw. Dissipation der Fluktuationsenergie Θ aufgrund von Reibungskräften zwischen den
Partikeln und der Gasphase:

Ψp = β(Kgp − 3Θ). (3.34)

Die Größe Kgp wird als Geschwindigkeitskovarianz bezeichnet und stellt eine Verknüpfung
zwischen der Gas- und Partikelfluktuation dar. Sie wird in Kapitel 6 genauer beschrieben.
Die im Rahmen des Zwei-Kontinua-Verfahrens noch nicht näher spezifizierte Größe ist
der Impulsaustauschterm kgp aus (3.7) und (3.22). Dieser beschreibt die Impulsänderung
aufgrund der Wechselwirkung zwischen der Gas- und Partikelphase. Die in diesem enthal-
tenen wesentlichen Kraftbeiträge sind:
• die Widerstandskraft FW und

• die Querkräfte (Magnus- und Saffman-Kraft).


Weitere Kräfte, wie die virtuelle Massenkraft oder die Basset-Kraft berücksichtigen die
instationäre Bewegung der Partikel und den daraus resultierenden Einfluss des Mediums,
welches das Partikel unmittelbar umgibt. Diese Kraftbeiträge können jedoch aufgrund
des hohen Dichteverhältnisses ρp /ρg vernachlässigt werden [KES98]. Ähnliches gilt für die
Druckkraft, die sich aus dem dynamischen Druckgradienten in der Gasströmung ergibt.
Auch diese kann aufgrund ihrer geringen Bedeutung in turbulenten Gas-Feststoff-Strömun-
gen vernachlässigt werden [Som96]. Im Gegensatz dazu können die Querkräfte einen ent-
scheidenden Einfluss auf die Partikelbewegung haben. Deren Bedeutung hängt jeweils von
den Randbedingungen der Strömung ab. Wichtig in diesem Zusammenhang ist vor allem
die Geometrie der Strömung sowie die Feststoffeigenschaften wie z.B. der Partikeldurch-
messer. Beide Querkräfte entstehen durch eine unterschiedliche Anströmgeschwindigkeit
an der Oberfläche des Partikels, so dass sich eine unsymmetrische Druckverteilung auf der
Partikeloberfläche ausbildet. Die resultierende Kraft wirkt dann in Richtung des geringe-
ren Druckes. Die Saffman-Kraft, die aus einem Geschwindigkeitsgradienten der Strömung
23
3 Formulierung der Bilanzgleichungen

resultiert, kann insbesondere in Wandnähe große Werte annehmen [Som96]. Die Magnus-
Kraft ergibt sich aus der Rotation der Partikel im Strömungsfeld der Gasphase. Hohe
Rotationsgeschwindigkeiten können vor allem in solchen Strömungsgeometrien auftreten,
wo begrenzende Wände oder Hindernisse häufige Partikel-Wand-Kollisionen induzieren.
Da im Rahmen dieser Arbeit die Umströmung von Hindernissen in einer Kanalgeometrie
untersucht wird, darf der Einfluss der Magnus- sowie der Saffman-Kraft in der Nähe
dieser Begrenzungen auf keinen Fall vernachlässigt werden. Im Kernbereich der Strömung
hingegen, wo die Partikelbewegung vorwiegend von aerodynamischen Kräften dominiert
wird und der Schergradient der Strömung gering ist, kann der Beitrag beider Querkräfte
außer acht gelassen werden. Da das Zwei-Kontinua-Verfahren in dem zuletzt genannten
Bereich der Strömung Anwendung findet (s. Kapitel 7), kann auf den Einsatz beider Kraft-
komponenten innerhalb dieses Verfahrens verzichtet werden. Das Einzelpartikel-Verfahren,
das in den übrigen Bereichen der Strömungsgeometrie eingesetzt wird, muss dagegen den
Einfluss beider Querkräfte auf das Partikelverhalten aus den genannten Gründen berück-
sichtigen. Die Formulierung der beschreibenden Gleichungen dieser Kraftbeiträge erfolgt im
folgenden Abschnitt zusammen mit der Beschreibung der Widerstandskraft, die in beiden
Verfahren Berücksichtigung findet.

3.2.2 Einzelpartikel-Verfahren
Wie bereits in Abschnitt 3.2 erwähnt, ist man nur in Ausnahmefällen in der Lage ei-
ne analytische Lösung der Boltzmann-Gleichung anzugeben. Um dennoch praxisrelevante
Probleme, wie beispielsweise den Wiedereintritt eines Raumgleiters in die Erdatmosphäre,
behandeln zu können, wurden stochastische Simulationsverfahren entwickelt. Diese wur-
den zunächst für die Untersuchung von Molekülkollektiven eingesetzt und approximieren
die zeitliche Evolution eines Partikelsystems [Bird76]. Das Einzelpartikel-Verfahren, das
im Folgenden vorgestellt wird, ermöglicht die Beschreibung des Bewegungsverhaltens ei-
nes Partikelkollektivs in einer Gas-Feststoff-Strömung. Dabei wird auf Methoden sowie
Simulationstechniken zurückgegriffen, die denen zur Beschreibung von Molekülsystemen
weitestgehend entsprechen.
Die Simulation der Bewegung eines Partikelkollektivs basiert auf einer von Bird vor-
geschlagenen Splitting-Technik [Bird76]. In einem ersten Schritt erfolgt die simultane Be-
rechnung einer Vielzahl von Partikelbahnen ohne Berücksichtigung interpartikulärer Kol-
lisionen:

t+∆t

xj (t + ∆t) = xj (t) + vj (s)ds. (3.35)


t

Im Zeitintervall ∆t, in dem die Berechnung stattfindet, ändert sich die Partikelgeschwin-
digkeit vj nur aufgrund der auf das Partikel wirkenden Kräfte oder der Wechselwirkung
mit der Geometrieberandung. Dabei muss die Anzahl der simulierten Partikel groß genug
sein, um statistisch zuverlässige Aussagen über das mittlere Bewegungsverhalten der Par-
tikelphase treffen zu können. Der zweite Schritt beinhaltet die Berechnung der interparti-
24
3.2 Beschreibung der Feststoffphase

kulären Kollisionen, welche die Partikel im Verlaufe des vergangenen Zeitschrittes erfahren
haben. Die Bestimmung des mittleren Bewegungsverhaltens der Partikel erfolgt durch ei-
ne Auswertung der, durch das Einzelpartikel-Verfahren bestimmten, Approximation der
Verteilungsfunktion f (t, x, v).

Translatorische Partikelbewegung
Die Änderung des Bewegungszustandes eines Einzelpartikels resultiert aus den an diesem
Partikel angreifenden Kräften und Momenten. Betrachtet man die translatorische Bewe-
gung eines Partikels in einer Gasströmung, welches zunächst keinerlei Wechselwirkung mit
anderen Partikeln oder der Berandung erfährt, so kann die zeitliche Änderung seines Im-
pulses durch die folgende Gleichung beschrieben werden:
dvp
mp = FG + FA + FW + FS + FM . (3.36)
dt
Die ersten beiden Kraftbeiträge auf der rechten Seite von (3.36) stellen die Körperkräfte -
Gewichtskraft FG und Auftriebskraft FA - dar:
π π
FG = ρp dp 3 g, FA = ρg dp 3 g. (3.37)
6 6
Die verbleibenden drei Kraftkomponenten werden als aerodynamische Kräfte bezeichnet;
es sind die Widerstandskraft, die Saffman-Kraft und die Magnus-Kraft. Die Widerstands-
kraft FW , die auf ein Partikel in einer parallelen Fluidströmung wirkt, resultiert aus einem
Reibungs- und einem Druckwiderstand. Die Gleichung zur Bestimmung des Gesamtwider-
standes lautet:
ρg πdp 2
FW = cd |vrel |vrel , vrel = ug − vp , (3.38)
2 4
wobei vrel die Relativgeschwindigkeit zwischen Fluid und Partikel ist. Der Widerstands-
beiwert cd ist eine Funktion der mit vrel gebildeten Partikel-Reynolds-Zahl Rep

ρp dp |vrel |
Rep = (3.39)
µg

und kann mit Hilfe der Korrelation von Turton & Levenspiel für Rep < 2·105 angegeben
werden [TL86]:
24
0.413
cd = 1 + 0.173 Rep0.657 + . (3.40)
Rep 1 + 16300 Re−1.09
p

Eine Modifikation dieser Gleichung ergibt sich aus der Wechselwirkung eines Partikels mit
den turbulenten Strukturen der Gasphase. Es wird angenommen, dass der Einfluss der
Fluidturbulenz auf den Widerstandsbeiwert durch Interaktionen der kleinen Wirbel mit

25
3 Formulierung der Bilanzgleichungen

der Partikeloberfläche zustande kommt [BGM98]. Dies führt zu einer Erhöhung des Wi-
derstandsbeiwertes. Eine Beziehung die diesen Zusammenhang beschreibt lautet [BGM98]:
 3
−4 dp
cdt = cd 1 + 8.76 · 10 , (3.41)
η

mit η als der Kolmogorow´schen-Längenskala:


  14
µg 3
η= . (3.42)
ρg 3 ε

Ermittelt man nun in einer Volumeneinheit die mittlere Widerstandskraft FW sowie die
mittlere Relativgeschwindigkeit vrel = ug − up , so kann die im letzten Abschnitt 3.2.1 ein-
geführte Widerstandsfunktion β zur Berücksichtigung der Impulswechselwirkung zwischen
Gas und Partikel aus folgender Gleichung berechnet werden:

np |FW |
β= , (3.43)
|vrel |

wobei np die lokale Anzahldichte darstellt. Die Bedeutung der Querkräfte, der Saffman-
und der Magnus-Kraft, wurde bereits in Abschnitt 3.2.1 erläutert. Beide Kraftkomponenten
werden in der Simulation mit dem Einzelpartikel-Verfahren berücksichtigt. Die Gleichung
zur Bestimmung der Saffman-Kraft lautet:

d2p ρg µg
FS = 6.46 (vrel × ωg ) f (Rep , ReS ) , (3.44)
4 |ωg |

wobei ωg = ∇ × ug /2 der Vektor der Rotationsgeschwindigkeit der Gasphase ist. Der


Korrekturfaktor f (Rep , ReS ) erlaubt die Anwendung dieser Gleichung auch bei höheren
Partikel-Reynolds-Zahlen. Nach Mei gilt [Mei92]:
⎧  
⎨ √ Rep √
(1 − 0.3314 ) exp − + 0.3314  für Rep ≤ 40
f (Rep , ReS ) =  10 , (3.45)

0.0524  Rep für Rep > 40

mit  = ReS /2Rep . ReS stellt die Reynolds-Zahl der Scherströmung dar:

ρg d2p |ωrel |
ReS = , ωrel = ωg − ωp . (3.46)
µg

Die Gleichung zur Bestimmung der Magnus-Kraft lautet:

ρg |vrel | π d2p
FM = cM (ωrel × vrel ) , (3.47)
2 |ωrel | 4

26
3.2 Beschreibung der Feststoffphase

wobei cM den Auftriebsbeiwert kennzeichnet. Die Bestimmung von cM ist in der Vergangen-
heit Gegenstand zahlreicher Untersuchungen gewesen. Die Ergebnisse sind unter anderem
in der Arbeit von Sommerfeld verglichen worden und zeigen widersprüchliche Resultate
[Som96]. In der vorliegenden Arbeit wird der Zusammenhang nach Tsuji et. al verwen-
det, da dieser den hier untersuchten Partikelreynoldszahlenbereich am besten beschreibt
[TMM85]:

0.4G falls G ≤ 1 1 dp |ωrel |
cM = , G= . (3.48)
0.4 falls G > 1 2 |vrel |
Der Einfluss weiterer Kräfte wie der virtuellen Massenkraft, der Basset-Kraft und der
Druckkraft wird, wie schon beim Zwei-Kontinua-Verfahren (s. Abschnitt 3.2.1), vernachläs-
sigt. Damit sind alle relevanten Kräfte erfasst, welche die translatorische Partikelbewegung
entscheidend beeinflussen. Die resultierende Differentialgleichung für die Partikelgeschwin-
digkeit lautet:

∂vp 3 ρg |vrel |
= cd |vrel |vrel + cM (ωrel × vrel ) (3.49)
∂t 4 ρp dp |ωrel |
 0.5
2 µg
+ 6.46 cS (vrel × ωg ) + g.
π ρg |ωg |

Die Lösung von (3.49) erfolgt mit Hilfe des Polygonzug-Verfahrens:


∆t  (t)
vp(t+∆t) ≈ vp(t) + F . (3.50)
mp
 (t)
Hierbei bezeichnet F die Summe der im Zeitschritt t auf das Partikel wirkenden,
äußeren Kräfte, während ∆t den Zeitschritt der Berechnung repräsentiert. Die nach dem
Zeitschritt ∆t neu eingenommene Partikelposition ergibt sich entsprechend zu:

x(t+∆t)
p ≈ x(t) (t)
p + vp ∆t. (3.51)

Rotatorische Partikelbewegung
Die Änderung des Drehimpulses eines Partikels ist gleich der Summe aller an ihm angrei-
fenden Momente Mi :
dωp 
Ip = Mi . (3.52)
dt i

Hierbei bezeichnet Ip das Trägheitsmoment einer Kugel, für das gilt:


1
Ip = mp dp 2 . (3.53)
10
Die Summe der am Partikel angreifenden Momente resultiert aus der Bewegung des um-
gebenden Fluides sowie aus der Wechselwirkung mit Wänden oder anderen Partikeln.
27
3 Formulierung der Bilanzgleichungen

Während der Einfluss der Kollisionen weiter unten beschrieben wird, lässt sich für die
Wirkung des Fluides auf die Rotation des Partikels eine von Dennis formulierte Bezie-
hung angeben [DSI80]:

ρg dp 5
M = cR |ωrel |ωrel . (3.54)
64
cR stellt den Rotationsbeiwert dar. Dessen Abhängigkeit von der Reynolds-Zahl der Rota-
tion
|ωrel |
ReR = ρg dp 2 (3.55)
4µg

lässt sich wie folgt zusammenfassen:




⎪ 16π

⎪ für 0 ≤ ReR < 101

⎪ ReR



⎪ 6.45 32.1

⎪ √ + für 101 ≤ ReR < 103

⎪ Re Re

⎨ 6.8
R R

cR (ReR ) = √ für 103 ≤ ReR < 4 · 104 . (3.56)



⎪ ReR



⎪ 0.058

⎪ √ für 4 · 104 ≤ ReR < 4 · 105


20
ReR



⎪ 0.397

⎩ √ für 4 · 105 ≤ ReR < 107
5
ReR

Setzt man nun (3.54) in (3.52) ein, so ergibt sich folgende Differentialgleichung zur Bestim-
mung der Rotationsgeschwindigkeit eines Partikels:
dωp 15 ρg cR
= |ωrel |ωrel . (3.57)
dt 16 ρp π

Die Lösung von (3.57) erfolgt wie im translatorischen Fall mit Hilfe des Polygonzug-
Verfahrens.

Einfluss der Fluidturbulenz auf die Partikelbewegung


Die Berechnung der Partikelbewegung in einer turbulenten Gas-Feststoff-Strömung erfor-
dert die Kenntnis der Momentangeschwindigkeit der Gasphase am Aufenthaltsort des Parti-
kels. Wie bereits in Abschnitt 3.1.2 erwähnt, setzt sich diese aus einem zeitlichen Mittelwert
und einem Schwankungsanteil zusammen. Die zeitlich gemittelte Gasgeschwindigkeit ergibt
sich direkt aus der Lösung der in Abschnitt 3.1 vorgestellten Gleichungen zur Berechnung
der Gasphase; der Schwankungsanteil, der insbesondere bei kleinen Partikeln zu verstärkter
Partikeldispersion führen kann, muss durch ein geeignetes Modell erfasst werden. Im Rah-
men dieser Arbeit wird ein stochastisches Modell, das so genannte Diskrete-Wirbel-Modell
28
3.2 Beschreibung der Feststoffphase

verwendet [Mil90]. Hierin werden die Turbulenzeigenschaften der Gasphase entlang einer
jeden Partikeltrajektorie berücksichtigt. Die Verteilung der Schwankungsgeschwindigkeit
an einem festen Ort wird unter der Annahme isotroper Turbulenz durch eine Gaussvertei-
lung mit der Standardabweichung σg modelliert:

2
σg = k, (3.58)
3
wobei k die turbulente kinetische Energie der Gasphase ist. Es wird nun angenommen,
dass die aus einem Zufallsprozeß erzeugte Schwankungsgeschwindigkeit, der ein Partikel
ausgesetzt ist, über einen festgelegten Zeitraum ∆tint entlang der Partikelbahn konstant
bleibt. Dabei ist ∆tint durch das Minimum aus der Wirbelzerfallszeit TE und der Durch-
querungszeit TD gegeben:

∆tint = min (TE , TD ) , (3.59)

mit TE = 0.3k/ε und TD = TE σg /|vrel |. Ist ∆tint größer als eine der beiden Zeitskalen,
so wird eine neue Schwankungsgeschwindigkeit bestimmt, mit der das Partikel in Wechsel-
wirkung tritt. Das Diskrete-Wirbel-Modell stellt eine einfache und effiziente Methode dar,
Fluidfluktuation entlang der Partikelbahn zu berechnen und ist in der Lage die Partikel-
dispersion selbst in komplexeren zweiphasigen Strömungen zu beschreiben.

Einfluss der Partikel auf die Fluidbewegung


Die Änderung der Geschwindigkeit eines Partikels aufgrund des Impulsaustausches mit dem
umgebenden Fluid impliziert, dass auch die Bewegung der Gasphase durch die Bewegung
der Partikel beeinflusst wird. Um dem Impulsübertrag bei der Berechnung der Gasphase
Rechnung zu tragen, wurde von Crowe die so genannte Particle-Source-In-Cell (PSIC)
Methode entwickelt [CSS77]. Hierin wird die Impulsänderung aller Partikel aufsummiert,
die ein gegebenes Kontrollvolumen ∆Ω im Zeitschritt ∆t durchqueren. Als Ergebnis erhält
man den in (3.7) enthaltenen Impulsaustauschterm kgp:

1 
Nτ N
∆Ω,j   
(j) (j−1)
kgp = mp,k vp,k − vp,k − g ∆τj , (3.60)
∆Ω ∆t j=1
k=1

wobei ∆t die Summe der Subzeitschritte ∆τ repräsentiert, in denen die Berechnung der Par-
tikelphase erfolgt. Die Impulsänderung in (3.60) wird um den Schwerkraftterm mp,k g∆τj
verringert, da dieser zwar bei der Berechnung der Impulsänderung eines Partikels berück-
sichtigt wird, jedoch kein Resultat der Gasphase ist.

Partikel-Wand-Kollisionen
Die Modellierung der Partikel-Wand-Kollisionen spielt bei der Beschreibung der Partikel-
bewegung in einer berandeten Gas-Feststoff-Strömung eine wichtige Rolle. So kann das
29
3 Formulierung der Bilanzgleichungen

Bewegungsverhalten der Partikelphase durch vermehrte Wandkollisionen stark beeinflusst


werden. Dies gilt insbesondere für große Partikel, die aufgrund ihrer höheren Trägheit lang-
samer auf die Kräfte der Gasphase reagieren können und somit häufiger mit der Berandung
kollidieren. Die dabei induzierte Partikelrotation hat durch die Wirkung der Magnus-Kraft
einen entscheidenden Einfluss auf die Partikelbewegung. Der Kollisionsvorgang ist von
mehreren Einflussparametern abhängig; die wichtigsten davon sind [Som96]:
• der Auftreffwinkel,
• die Translations- und Rotationsgeschwindigkeit des Partikels vor dem Aufprall,
• die Materialpaarung zwischen Wand und Partikel,
• die Form des Teilchens und
• die Rauigkeit der Wand.
Im Rahmen dieser Arbeit findet die Modellierung der Partikel-Wand-Kollisionen ohne Be-
schränkung der Allgemeinheit an glatten Wänden und unter Verwendung von sphärischen
Partikeln statt. Die Berechnung der translatorischen und rotatorischen Partikelgeschwin-
digkeit nach einer Wandkollision erfolgt mit Hilfe der Impuls- und Drehimpulsgleichungen,
die zu den bekannten Stoßgesetzen führen. Hierzu werden Informationen über den Resti-
tutionskoeffizienten eW und den Gleitreibungsbeiwert µW benötigt. Beide Parameter sind
im Wesentlichen von der Materialpaarung abhängig. Die in Kapitel 7 durchgeführten Si-
mulationen gehen von Polystyrol-Partikeln aus, die sich in einem Glaskanal bewegen. Aus
Experimenten konnte hierfür ein Parametersatz von ew = 0.96 und µW = 0.201 gefunden
werden [Ind01]. Eine ausführliche Beschreibung des Stoßvorganges kann der Arbeit von
Sommerfeld entnommen werden [Som96].

Partikel-Partikel-Kollisionen
Der Einfluss von Partikel-Partikel-Kollisionen auf das Bewegungsverhalten der Feststoff-
phase in einer dispersen Gas-Feststoff-Strömung offenbart sich bereits bei moderaten Bela-
dungen. Experimentelle Untersuchungen von Tanaka et al. in einem vertikalen Rohr mit
einem Feststoffvolumenanteil von φp = 4 · 10−4 haben gezeigt, dass interpartikuläre Kol-
lisionen zu einer verstärkten Dispersion der Partikel und damit zu einer gleichmäßigeren
Konzentrationsverteilung im Rohrquerschnitt führen [TTT89]. Diese Messungen wurden
durch entsprechende Simulationen von Tanaka & Tsuji bestätigt [TT91]. Die Bedeu-
tung von Partikel-Partikel-Kollisionen kann, wie bereits in Kapitel 2 ausgeführt, durch den
Vergleich der Partikelrelaxationszeit τp mit der Kollisionszeit τC abgeschätzt werden. In
einer dichten Gas-Feststoff-Strömung beispielsweise ist die Kollisionszeit deutlich kleiner
als die Partikelrelaxationszeit. Hier wird die Partikelbewegung in entscheidendem Maße
durch die interpartikulären Kollisionen bestimmt.
Die Modelle zur Simulation von Partikel-Partikel-Kollisionen unterscheiden sich in den
Verfahren zur Detektion einer Kollision sowie in der Auswahl eines Kollisionspartners. Al-
len Modellen ist jedoch gemeinsam, dass die Ermittlung der Bewegungszustände nach dem
30
3.2 Beschreibung der Feststoffphase

Stoß aus der Lösung der Impuls- und Drehimpuls-Erhaltungsgleichungen hervorgeht. Unter
der Annahme, die Partikelphase bestehe aus starren Kugeln, werden dabei Inelastizitäts-
und Reibungseffekte über den Restitutionskoeffizienten und den Gleitreibungsbeiwert in die
Betrachtung miteinbezogen (Details siehe unter [Som96]). Zur Detektion einer Partikelkol-
lision stehen sowohl deterministische als auch stochastische Modelle zur Verfügung. Bei
einer deterministischen Kollisionsdetektion, wie es beispielsweise beim Modell von Tana-
ka & Tsuji der Fall ist, werden alle kombinatorisch denkbaren Partikelpaarungen in
jedem Zeitschritt überprüft [TT91]. Dies führt zu einem enormen Rechenaufwand, der
proportional zum Quadrat der Anzahl der Partikel ist. Daher ist diese Methode für nu-
merische Simulationen praxisrelevanter Zweiphasenströmungen ungeeignet [CST98]. Um
dennoch eine effiziente Berechnung von Gas-Feststoff-Strömungen unter Berücksichtigung
von Partikelkollisionen zu ermöglichen, wurden stochastische Kollisionsmodelle entwickelt.
Bei diesen wird die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Kollision abgeschätzt und die
Kollisionsentscheidung anhand von Zufallszahlen getroffen. Ein Beispiel eines sehr genau-
en und effizienten, stochastischen Kollisionsmodells stellt die modifizierte Nanbu-Methode
dar [Nan80, IN87]. Bei diesem Modell wird der Kollisionspartner zufällig aus den N∆Ω
Partikeln ausgewählt, die sich zu einem bestimmten Zeitpunkt t in der gleichen Zelle ∆Ω
befinden. Die Wahrscheinlichkeit Pij für das Auftreten einer Kollision zwischen dem i-ten
und dem j-ten Partikel ist durch
νij ∆t
Pij = (3.61)
N∆Ω
gegeben, wobei νij die Kollisionsfrequenz zwischen dem i-ten und j-ten Partikel darstellt
und sich wie folgt berechnen lässt:

νij = np π d2p |vij | . (3.62)

Dabei bezeichnet np die lokale Anzahldichte der realen Feststoffpartikel. Die Wahrschein-
lichkeit Pij entspricht der Aufenthaltswahrscheinlichkeit des j-ten Partikels im Kollisions-
zylinder, der vom i-ten und j-ten Partikel gebildet wird.
Ein Kollisionszylinder, wie er schematisch in Abbildung 3.2 dargestellt ist, schließt alle
geometrischen Orte ein, an denen innerhalb des Zeitschrittes ∆t eine Kollision zwischen den
Partikeln i und j stattfinden kann. Hierzu muss sich der Schwerpunkt des j-ten Partikels im
Inneren des Kollisionszylinders befinden, dessen Querschnittsfläche sich bei monodispersen
Partikeln zu πdp 2 ergibt. Die Länge des Zylinders entspricht dem Produkt aus der Relativ-
geschwindigkeit zwischen beiden Partikeln und der Zeitspanne ∆t. Der Kollisionspartner j
wird mit Hilfe einer gleichverteilten Zufallszahl ψ ∈ [0, 1] ausgewählt,

j = ψN∆Ω
+ 1, (3.63)

wobei ψN∆Ω
der ganzzahlige Anteil des Produkts ψN∆Ω ist. Das i-te Partikel kollidiert
dann mit dem j-ten Partikel, falls folgende Bedingung erfüllt ist:
j
ψ> − Pij . (3.64)
N∆Ω
31
3 Formulierung der Bilanzgleichungen

Hierbei sollte N∆Ω Pij < 1 gelten. Der Vorteil der modifizierten Nanbu-Methode liegt darin,
dass der Rechenzeitbedarf direkt proportional zur Anzahl der Partikel in der betrachteten
Zelle ist (O(N∆Ω)). Weiterhin besitzt der im Zufallsprozeß ausgewählte Kollisionspartner
die Eigenschaften eines der simulierten Partikel innerhalb der Zelle ∆Ω. Dadurch wird
sichergestellt, dass die Verteilungsfunktion der Partikeleigenschaften exakt repräsentiert
wird. Dies verhindert im Gegensatz zu Kollisionsverfahren, die einen Kollisionspartner mit
mittleren Partikeleigenschaften für alle simulierten Partikel auswählen ([OP93]), einen sy-
stematischen Modellfehler, der unter bestimmten Umständen gravierende Auswirkungen
auf die Strömungseigenschaften haben kann [Kan03]. Aus diesen Gründen kommt im Rah-
men dieser Arbeit die modifizierte Nanbu-Methode zum Einsatz.
Nach der Auswahl eines Kollisionspartners z
und einer positiven Kollisionsentscheidung (Be-
dingung (3.64) ist erfüllt) wird der Stoßpunkt
j vij
zwischen beiden Partikel bestimmt. Hierzu wird y
das globale Koordinatensystem in das Koordi-
natensystem des Kollisionszylinders gemäß Ab- i
bildung 3.2 transformiert. Anhand zweier gleich-
verteilter Zufallszahlen Γ1,2 ∈ [0, 1] erfolgt dann x
die Erzeugung des Stoßnormaleneinheitsvektors
auf einer Halbkugeloberfläche des i-ten Parti-
kels. Über eine Koordinatentransformation wird
der Stoßnormaleneinheitsvektor zurück in das Abbildung 3.2: Kollisionszylinder.
globale Koordinatensystem transformiert. Aus
der Position des Stoßnormaleneinheitsvektors ergibt sich schließlich der gesuchte Stoßpunkt
zwischen den beiden Kollisionspartnern [Bab89].

3.3 Randbedingungen
In den vorangehenden Abschnitten 3.1 und 3.2 wurden die Bewegungsgleichungen für bei-
de Phasen einer Gas-Feststoff-Strömung vorgestellt. Die Formulierung der Randbedingun-
gen vervollständigt dieses Gleichungssystem und ermöglicht die Berechnung von konkre-
ten Strömungsproblemen. Im Folgenden sollen jeweils für das Zwei-Kontinua- und das
Einzelpartikel-Verfahren die Randbedingungen an den Grenzen des Berechnungsgebietes
für die Gas- und Feststoffphase beschrieben werden.

3.3.1 Randbedingungen für das Zwei-Kontinua-Verfahren


Randbedingungen für die Gasphase
An Eintrittsrändern wird die so genannte Dirichlet-Randbedingung verwendet, d.h. Wer-
te aller Strömungsgrößen der Gasphase werden fest vorgegeben. Am Austrittsrand wer-
den die Gradienten in Flächennormalenrichtung für alle Variablen gleich Null gesetzt. An
Symmetrierändern kann kein gerichteter Fluss einer Größe stattfinden, woraus folgt, dass
32
3.3 Randbedingungen

∂ug /∂n = 0 ist. Die Vorgabe eines Gradienten einer Größe am Geometrierand, wie es an
Austritts- und an den Symmetrierändern erfolgt ist, wird als Neumann-Randbedingung be-
zeichnet. An festen Wänden gilt die Haftbedingung für die Geschwindigkeit der Gasphase,
ug = 0. Die Turbulenzgrößen an einer Wand betragen: ε = k = 0. Da diese Bedingung
wegen der Notwendigkeit der Auflösung des Wandnahbereiches nicht praktikabel ist, wird
Folgendes gefordert:
   
∂ε ∂k
= 0, = 0, (3.65)
∂n W ∂n W

wobei n die Koordinatenrichtung normal zur Wand ist.


Um die turbulenten Größen im wandnahen Bereich zu simulieren, kommen spezielle
Wandfunktionen zum Einsatz. Hierzu wird der wandnahe Bereich in zwei Schichten aufge-
teilt. In unmittelbarer Wandnähe ist die Strömung hauptsächlich durch die viskosen Span-
nungen geprägt, man spricht in diesem Bereich von einer viskosen Unterschicht. Durch
einen Übergangsbereich, wo sowohl viskose Spannungen als auch Reynolds-Spannungen
gleichermaßen bedeutsam sind, gelangt man in den Bereich der turbulenten Grenzschicht.
Hier wird der Impulstransport von den Reynolds-Spannungen dominiert. Um den Gültig-
keitsbereich der beiden Schichten anzugeben, wird ein dimensionsloser Wandabstand Y +
eingeführt:
ρg uτ y
Y+ = . (3.66)
µg

(3.66) enthält die Wandschubspannungsgeschwindigkeit uτ , die sich aus der Wandschub-


spannung ergibt:

τW
uτ = . (3.67)
ρg

Der Bereich der viskosen Unterschicht liegt zwischen Y + = 0 und Y + = 5. Der Bereich
der turbulenten Grenzschicht erstreckt sich über 50 ≤ Y + ≤ 5000, wobei die obere Gren-
ze des Gültigkeitsbereiches von der Reynolds-Zahl der Kernströmung abhängig ist. Der
Übergangsbereich kann somit durch 5 ≤ Y + ≤ 50 beschrieben werden.
Aufgrund der sehr geringen Ausdehnung der viskosen Unterschicht wird diese im Allge-
meinen nicht durch das Rechengitter aufgelöst. Der wandnächste Punkt des numerischen
Gitters liegt somit im Übergangsbereich der turbulenten Grenzschicht und die zugehörige
Wandfunktion für die Berechnung der mittleren Gasgeschwindigkeit kann wie folgt ange-
geben werden:

|ug | = log Y + + 5.2, (3.68)


κ
wobei κ die von Kármán-Konstante mit κ = 0.4 darstellt. (3.68) wird als logarithmisches
Wandgesetz bezeichnet. Um nun die Turbulenzgrößen am wandnächsten Punkt zu berech-
nen, wird angenommen, dass sich die Produktion und die Dissipation der Turbulenz im
33
3 Formulierung der Bilanzgleichungen

Gleichgewicht befinden. Unter dieser Annahme ergibt sich für die Dissipationsrate der fol-
gende Ausdruck [LS74]:

u3τ
ε= . (3.69)
κy

Die turbulente kinetische Energie k lässt sich dann aus der Lösung von (3.13) bestimmen.

Randbedingungen für die Feststoffphase


Die Formulierung der Randbedingungen für die Feststoffphase an Eintritts- und Aus-
trittsrändern des Berechnungsgebietes erfolgt analog zur Gasphase. Als schwierig erweist
sich die Behandlung der Randbedingungen an festen, undurchlässigen Wänden. Die Pro-
blematik soll anhand der Formulierung der Randbedingung für die Geschwindigkeit der
Feststoffphase kurz skizziert werden. Die auf die Wand treffenden Partikel werden von der
Wand selbst und von anderen Partikeln in Wandnähe beeinflusst. Drei verschiedene Sze-
narien sind bei der Vorgabe der Randbedingungen für die Geschwindigkeit an der Wand
möglich:

• die Haftbedingung [CP95, HS97], wenn das Wandrauhigkeitsmaß größer als der Par-
tikeldurchmesser ist, die Partikel eine sehr geringe Trägheit besitzen und somit eine
vernachlässigbare Relativgeschwindigkeit zur Gasphase haben. In diesem Fall gilt:

vp = 0. (3.70)

Fast immer ist der Partikeldurchmesser größer als die Längenskala der Wandrauig-
keit, so dass Partikel an der Wand abgleiten können. Auch bei einem so genannten
Haftstoß, bei dem das Partikel schon während der Kompressionsphase des Stoßes auf
der Wand abzurollen beginnt, ist die Haftbedingung nicht erfüllt, weil es aufgrund
eines Abrollens zu einer Relativbewegung zwischen der Wandfläche und dem Partikel
kommt,

• die kinetische Gleichgewichtsbedingung [CSL86], d.h. die Partikel können auf der
Wand frei abgleiten und es tritt keine Differenz zwischen der mittleren Geschwin-
digkeit unmittelbar an der Wand und im Mittelpunkt der wandnächsten Zelle. Es
gilt:
 
∂up
vp = 0, = 0, (3.71)
∂n W

wobei die Größen vp und up die Normal- und Tangentialgeschwindigkeit der Partikel
an der Wand darstellen. Diese Bedingung ist nur dann sinnvoll, wenn der Einfluss
der Wandreibung vernachlässigt werden kann,

34
3.3 Randbedingungen

• die Schlupfbedingung, d.h. die Partikel werden an der Wand teilweise abgebremst.
Es wird angenommen, dass die Schlupfgeschwindigkeit proportional zum lokalen Ge-
schwindigkeitsgradienten ist [Soo67]:
 
∂up
up = lp , (3.72)
∂n W
wobei lp ein Längenmaß kennzeichnet, für den der mittlere Partikelabstand eingesetzt
wird [DLS93]. (3.72) ist aus der kinetischen Theorie verdünnter Gase abgeleitet wor-
den und kann nur unter bestimmten Einschränkungen auf makroskopische Partikel
angewendet werden [Ind01].
Die hier vorgestellten Randbedingungen für die wandparallelen Geschwindigkeitskompo-
nenten der dispersen Phase berücksichtigen nicht die mechanischen Vorgänge bei Partikel-
Wand-Kollisionen. Eine kürzlich von Indenbirken vorgestellte Methode löst diese Proble-
matik, indem die Partikelphase in zwei Teilphasen aufgespalten wird, die unterschiedliche
Bewegungsrichtungen (eine Teilphase bewegt sich auf die Wand zu, die andere von der
Wand weg) besitzen können [Ind01]. Die mechanischen Vorgänge der Kollision eines Einzel-
partikels finden dabei ihre Berücksichtigung. Dieses Modell liefert neue Randbedingungen,
die einen wesentlich allgemein gültigen Charakter aufweisen, als es bei den vorhergehenden
Modellen der Fall war. Die Aufspaltung und Zusammenführung der Teilphasen führt jedoch
zu einem höherem Speicher- und Rechenaufwand, insbesondere dann, wenn die Anzahl der
Teilphasen groß wird.
Die oben dargelegte, offensichtliche Problematik bei der Formulierung von Randbedin-
gungen für die Geschwindigkeit der dispersen Phase tritt ebenfalls bei der Vorgabe von
Randbedingungen für die granulare Temperatur Θ auf. Im Rahmen dieser Arbeit wird
im Bereich von festen, undurchlässigen Wänden das Einzelpartikel-Verfahren eingesetzt.
Aufgrund seiner detaillierten Modellierung stellt die Formulierung der Randbedingungen
für die disperse Phase an festen Grenzen des Berechnungsgebietes kein Problem mehr dar.
Im Folgenden soll der Vorteil des Einzelpartikel-Verfahrens diesbezüglich kurz erläutert
werden.

3.3.2 Randbedingungen für das Einzelpartikel-Verfahren


Die Formulierung der Randbedingungen für die Gasphase bleibt bei der Verwendung des
Einzelpartikel-Verfahrens für die Feststoffphase unverändert. Aufgrund der individuellen
Betrachtung eines jeden einzelnen Partikels der Feststoffphase ist die Behandlung der Rand-
bedingungen für die disperse Phase gänzlich unterschiedlich. Am Strömungseintritt wer-
den gemäß entsprechender Verteilungsfunktionen eine Strömungsgeschwindigkeit sowie eine
Partikelverteilung angenommen. Am Strömungsaustritt verlassen die Partikel ungehindert
das Strömungsgebiet und werden in der Simulation nicht weiter berücksichtigt. An festen,
undurchlässigen Wänden kollidieren die Partikel mit der Berandung. Im Gegensatz zu der
kollektivistischen Betrachtungsweise im Zwei-Kontinua-Verfahren ermöglicht die Einzel-
partikelbetrachtung eine detaillierte Beschreibung von Partikel-Wand-Wechselwirkungen.
35
3 Formulierung der Bilanzgleichungen

Hierfür werden Informationen über die mechanischen Eigenschaften der Kombination Par-
tikel/Wand sowie über den Bewegungszustand der Partikel vor der Kollision verwendet
(s. Abschnitt 3.2.2). Durch die Anwendung der mechanischen Stoßgesetze zur Berechnung
einer Wandkollision entfällt damit die Notwendigkeit der Formulierung von Randbedin-
gungen für die Feststoffphase an festen Rändern. Aus diesem Grund wird im Rahmen
dieser Arbeit in Bereichen fester Strömungsbegrenzungen ausschließlich das Einzelpartikel-
Verfahren verwendet.

3.4 Numerisches Berechnungsverfahren


Die in den Abschnitten 3.1 und 3.2.1 vorgestellten Gleichungen zur Berechnung der Gaspha-
se und der dispersen Phase im Rahmen des Zwei-Kontinua-Verfahrens stellen ein System
partieller, nichtlinearer Differentialgleichungen mit einer intensiven Kopplung der Varia-
blen dar. Da eine analytische Lösung des Gleichungssystems nicht möglich ist, müssen
effiziente, numerische Verfahren eingesetzt werden. Diese sind in der Literatur ausführlich
dokumentiert [Fle88, FP96, Wen96] und sollen daher in dieser Arbeit nur kurz skizziert
werden. Auf die Lösung der Bewegungsgleichungen für die disperse Phase im Rahmen des
Einzelpartikel-Verfahrens (s. Abschnitt 3.2.2) soll am Ende dieses Abschnittes eingegangen
werden.
Zur numerischen Lösung des Differentialgleichungssystems wird dieses in einem Dis-
kretisierungsschritt durch ein algebraisches Gleichungssystem approximiert. Die Diskreti-
sierung der Differentialgleichungen erfolgt nach der Finite-Volumen-Methode. Hierzu wird
das Strömungsfeld in Kontrollvolumina unterteilt, die als Bilanzräume zur Lösung der
integralen Transportgleichungen dienen. Alle Interpolationen und Gradientenapproxima-
tionen sind von zweiter Ordnung. Das verwendete Rechengitter ist blockstrukturiert, die
Zellen stellen ausschließlich Hexaederelemente dar. Die Druck-Geschwindigkeit-Kopplung
wird über den SIMPLE-Consistent Algorithmus [VR84], ein Druckkorrektur-Verfahren si-
chergestellt.
Das resultierende nichtlineare und gekoppelte Gleichungssystem wird iterativ gelöst. Die
zur Zeit effizientesten Methoden zur iterativen Lösung solcher Gleichungssysteme stellen die
Mehrgitter-Verfahren dar. Dabei werden neben dem eigentlichen Rechengitter (Feingitter),
auf dem die Lösung des Problems erfolgen soll, zusätzlich eine Sequenz von Grobgittern mit
einer geringeren Anzahl von Knotenpunkten erzeugt. Das Problem wird nun schrittweise
auf die gröberen Gitter übertragen, um dann auf dem gröbsten Gitter gelöst zu werden.
Anschließend wird aus der Grobgitter-Lösung und der Feingitter-Approximation eine Kor-
rektur ermittelt, mit der die Lösung auf dem ursprünglichen Rechengitter verbessert wird.
Eine detaillierte Beschreibung des eingesetzten Mehrgitter-Verfahrens erfolgt in der Arbeit
von Stüben und Trottenberg [ST84].
Die Berechnung einer Gas-Feststoff-Strömung mit dem Einzelpartikel-Verfahren für die
disperse Phase erfolgt iterativ in zwei Teilschritten. Im ersten Schritt werden die Glei-
chungen zur Berechnung der Gasphase unter Anwendung des oben erwähnten Mehrgitter-
Verfahrens für einen Zeitschritt ∆t gelöst. In einem zweiten Schritt erfolgt die Simulation

36
3.4 Numerisches Berechnungsverfahren

der Feststoffphase. Um den Rechen- und Speicheraufwand zu begrenzen, werden im Allge-


meinen nicht alle Partikel durch das Strömungsfeld verfolgt, sondern nur eine repräsentative
Anzahl. Ein Simulationspartikel entspricht dann einer bestimmten Anzahl realer Partikel
mit denselben physikalischen Eigenschaften.
Bei der Simulation der Feststoffphase werden Wechselwirkungen sowohl mit der Gas-
phase als auch mit anderen Partikeln berücksichtigt. Dabei müssen Zeitschrittbeschränkun-
gen eingehalten werden, die eine Aufteilung des Zeitschrittes ∆t in Subzeitschritte ∆τ
erforderlich machen [Som96]. Bei der Ausführung eines Subzeitschrittes kommt die, im
Abschnitt 3.2.2 bereits erwähnte, Splitting-Technik zum Einsatz [Bird76]. Es handelt sich
hier um eine Entkoppelung der Partikelbewegung von den interpartikulären Kollisionen.
Alle simulierten Partikel werden zunächst innerhalb von ∆τ kollisionsfrei bewegt. Treten
während dieses Subzeitschrittes Wechselwirkungen mit der Berandung auf, so werden die-
se unmittelbar berechnet. Erst am Ende von ∆τ erfolgt die stochastische Ausführung der
Partikel-Partikel-Kollisionen. Die Berechnung der Partikeltrajektorien wird solange fort-
geführt, bis die Summe aller Subzeitschritte den Zeitschritt ∆t der Gasphase erreicht. Nun
können die mittleren Eigenschaften der Partikelphase in jeder Zelle des Berechnungsgebie-
tes ermittelt werden. Aus diesen Informationen werden schließlich die Quellterme in den
Gleichungen der Gasphase, nach dem in Abschnitt 3.2.2 dargestellten PSIC-Verfahren,
berechnet. Mit der erneuten Berechnung der Gasphase ist der erste Iterationszyklus ab-
geschlossen. Das iterative Verfahren wird solange fortgeführt, bis ein Abbruchkriterium
erfüllt ist.
Damit sind die numerischen Berechnungsmethoden für die Berechnung einer Gas-Fest-
stoff-Strömung jeweils unter Anwendung des Zwei-Kontinua- und des Einzelpartikel-Verfah-
rens für die disperse Phase erläutert. Im Rahmen dieser Arbeit werden beide Verfahren
zur Beschreibung der Feststoffphase miteinander kombiniert. Der Ablauf des gekoppelten
Simulationsverfahrens wird in Kapitel 6 ausführlich beschrieben.

37
3 Formulierung der Bilanzgleichungen

38
4 Analyse des Verhaltens der
Feststoffphase
Wie im vorigen Kapitel erläutert, lässt sich das Bewegungsverhalten eines Molekülkol-
lektivs in einem idealen Gas durch die Angabe einer Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung
f (t, x, v) beschreiben. Wirken auf das System keinerlei Ausgleichsprozesse infolge treiben-
der Kräfte, so befindet sich das Molekülkollektiv im thermodynamischen Gleichgewicht. In
diesem Zustand entspricht die Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung der bekannten Maxwell-
Verteilung.
Das Bewegungsverhalten eines Partikelkollektivs in einer turbulenten Gasströmung
ist trotz seiner Analogie zur Bewegung eines Molekülkollektivs erheblich komplexer. Der
Gleichgewichtszustand entspricht nicht dem eines idealen Gases. Die Abweichung vom ther-
modynamischen Gleichgewicht resultiert aus der Existenz zusätzlicher Einflußfaktoren, die
in der Natur einer Feststoffströmung liegen (s. Abschnitt 3.2.1). In diesem Kapitel soll
ausgehend von der Definition des Gleichgewichtszustandes für ein Partikelkollektiv, ein
Gleichgewichtskriterium vorgestellt werden, welches das Ausmaß der Abweichung einer
Verteilungsfunktion von der Gleichgewichtsverteilung bewertet. Auf der Grundlage die-
ses Kriteriums sollen dann Richtlinien für die Anwendbarkeit des Zwei-Kontinua- bzw.
Einzelpartikel-Verfahrens zur Berechnung der Feststoffphase formuliert werden.

4.1 Das granulardynamische Gleichgewicht


Betrachtet man ein Partikelkollektiv in einem unendlich ausgedehnten Raum, so stellt
sich nach unendlich langer Zeit für die Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung der Partikel-
geschwindigkeiten f (v) ein Gleichgewichtszustand ein. Dieser ist dadurch charakterisiert,
dass sich die Verteilungsfunktion nicht mehr ändert und somit keine Ausgleichsprozes-
se mehr stattfinden. Für diesen Zustand hat Kanther in seiner Arbeit den Begriff des
granulardynamischen Gleichgewichts eingeführt [Kan03]. Befindet sich ein Partikelkollek-
tiv im granulardynamischen Gleichgewicht, so unterscheidet sich die zugehörige Vertei-
lungsfunktion der Partikelgeschwindigkeiten f (v) von der Maxwell-Verteilung durch zwei
charakteristische Deformationen. Zum einen durch die Anisotropie, die aus dem Einfluss
der Gravitationskraft resultiert, zum anderen durch eine strukturelle Abweichung in der
Asymptotik infolge inelastischer Partikel-Partikel-Kollisionen. Bei der Anisotropie han-
delt es sich um eine achsensymmetrische Deformation der Maxwell-Verteilung, d.h. die
Schwankungsgeschwindigkeiten der Partikel besitzen eine unterschiedliche Ausprägung in
den Koordinatenrichtungen. Die strukturelle Abweichung in der Asymptotik einer Vertei-
lungsfunktion spielt eine wichtige Rolle nur im Bereich kleiner Stokes-Zahlen und für sehr
geringe Restitutionskoeffizienten.
Betrachtet man dreidimensionale, berandete Gas-Feststoff-Strömungen, so ist der Ein-
fluss inelastischer Kollisionen auf die Geschwindigkeitsverteilung der Partikel vernachlässig-

39
4 Analyse des Verhaltens der Feststoffphase

bar klein. Die Gründe hierfür liegen darin, dass die Kollisionen nahezu elastisch erfolgen
und bei höheren Partikel-Reynoldszahlen (Rep > 1) von der Anisotropie der Strömung
dominiert werden. Da in technisch relevanten Gas-Feststoff-Strömungen deutlich höhere
Partikel-Reynoldszahlen zu erwarten sind, wird die Geschwindigkeitsverteilung maßgeblich
von der Anisotropie beeinflusst. Damit lässt sich das granulardynamische Gleichgewicht
durch eine angenäherte Gleichgewichtsverteilung fEq,p charakterisieren, die anisotrope Ge-
schwindigkeitsfluktuationen bereits berücksichtigt [Kan03]:
 
3
1 (vi − ui )2
fEq,p (v) = np √ exp − . (4.1)
i=1
2πΘi 2Θi

Der Unterschied zur Maxwell-Verteilung (3.18) liegt in der Verwendung richtungsabhängi-


ger granularer Temperaturen Θi . Bisher wurde Θ unter der Annahme isotroper Geschwin-
digkeitsfluktuationen als eine richtungsunabhängige Größe verwendet. Diese Annahme ist
beim Vorliegen anisotroper Fluktuationen nicht mehr zulässig. Zur Charakterisierung der
Abweichungen von (4.1) lässt sich eine Bewertungsfunktion formulieren, die in folgendem
Abschnitt vorgestellt wird.

4.2 Erkennung granulardynamischer Gleichgewichts-


zustände
Um das Ausmaß der Abweichung einer beliebigen Verteilungsfunktion fp der Partikel-
geschwindigkeiten von der Gleichgewichtsverteilung (4.1) bewerten zu können, kann eine
Bewertungsfunktion DEq,p formuliert werden, für deren Herleitung die Eigenschaften bei-
der Verteilungsfunktionen fp und fEq,p verglichen werden. Als Eigenschaften eignen sich
statistische Momente, die sich für beide Funktionen explizit bestimmen lassen. Aus den
Differenzen dieser Größen und unter Verwendung eines geeigneten Normierungsmaßstabes
kann dann eine skalare Größe gefunden werden, welche eine Beurteilung der Verteilungs-
funktion fp der Partikelgeschwindigkeiten ermöglicht.
Bevor ein entsprechendes Kriterium zur Beurteilung von Verteilungsfunktionen ge-
genüber dem granulardynamischen Gleichgewicht vorgestellt wird, sollen zunächst zwei
Methoden skizziert werden, mit denen eine Bewertungsfunktion angegeben werden kann,
welche die Abweichungen einer beliebigen Verteilungsfunktion fp der Partikelgeschwindig-
keiten von der Maxwell-Verteilung fM erfasst. Hierzu wird jeweils ein räumlich homogenes
System von N Feststoffpartikeln betrachtet. Die erste Methode stellt eine exakte Möglich-
keit zur Berechnung des Abstandes DEq einer Verteilungsfunktion fp zur lokalen Maxwell-
Verteilung fM dar. Hierbei wird DEq unter Verwendung der so genannten Sobolev-Norm
bestimmt [TR97]:
  12
|fˆM (ω) − fˆp (ω)|2
DEq := fM − fp = dω , (4.2)
R3 (1 + |ω|2 )

40
4.2 Erkennung granulardynamischer Gleichgewichtszustände

wobei die Größen fˆM (ω) bzw. fˆp (ω) Fourier-Transformierte im Frequenzraum ω ∈ R3 dar-
stellen. (4.2) erfasst alle Deformationen einer Verteilungsfunktion gegenüber einer Maxwell-
Verteilung. Im Folgenden soll die Gesamtheit der auf eine Verteilungsfunktion einwirken-
den Deformationen als Typ-I-Deformationen bezeichnet werden. Ergibt die Ermittlung von
(4.2) einen Wert gleich Null, so liegt mit Sicherheit eine Maxwell-Verteilung vor, anderen-
falls existieren strukturelle Abweichungen von dieser. Der Nachteil dieser Methode ist, dass
zur Auswertung von (4.2) ein Aufwand der Ordnung O(N 2) erforderlich ist, weshalb diese
Methode für die Praxis ungeeignet ist.
In einer weiteren von Tiwari vorgestellten Methode wird für die zu untersuchende
Verteilungsfunktion fp eine Abweichung von der Maxwell-Verteilung durch den folgenden
Zusammenhang berücksichtigt [Tiw98a, Tiw98b]:

fp (v) = fM (v) [1 + χ(v)] . (4.3)

Für die Funktion χ(v) wird ein polynomialer Ansatz nach der Grad´schen 13 Momente
Methode [Grad49] gemacht, die Kanther für die Beschreibung von Partikelkollektiven
um ein Moment vierter Ordnung erweitert hat [Kan03]:

χ(v) = a + b · (v − u) + (v − u)t C (v − u) + d · (v − u) |v − u|2 + e · |v − u|4 . (4.4)

Gleichung (4.4) enthält 14 Unbekannte, von denen a und e skalare Größen, b und d Vekto-
ren und C einen symmetrischen Tensor charakterisieren. Zur Ermittlung der unbekannten
Koeffizienten werden statistische Momente nullter bis vierter Ordnung der diskreten Ver-
teilungsfunktion bestimmt:

N 
N 
N
m(0) = gj , m(1) = gj vj , m(2) = gj vj vjT , (4.5)
j=1 j=1 j=1


N 
N
m(3) = gj vj |vj |2 , m(4) = gj |vj |4 .
j=1 j=1

Hierbei bezeichnet gj das Partikelgewicht. Mit Hilfe dieses Gewichtungsfaktors muss die
Anzahl an simulierten Partikeln im Strömungsgebiet nicht mit der Anzahl real existierender
Partikel übereinstimmen. Aus den statistischen Momenten lassen sich nun die benötigten
makroskopischen Größen bestimmen. Die Anzahldichte np entspricht dabei dem Quotienten
aus dem Moment nullter Ordnung und dem Volumen einer Zelle:

m(0)
np = . (4.6)
∆Ω
Die drei Komponenten der mittleren Partikelgeschwindigkeit können unter Einbeziehung
des Momentes erster Ordnung gebildet werden:

m(1)
u= . (4.7)
m(0)
41
4 Analyse des Verhaltens der Feststoffphase

Der symmetrische Spannungstensor T, die granulare Temperatur Θ und der Wärmefluß-


vektor q ergeben sich aus:

1 
3
T = m(2) − m(0) uuT , Θ= Tii , (4.8)
3m(0) i=1
 
1  (2)
3
1
q = m(3) − m(2) u + u m(0) |u|2 − mii .
2 2 i=1
Für die Bestimmung der Bewertungsfunktion DEq ist die Angabe zweier weiterer Größen
erforderlich, des spurfreien Spannungstensors τ und des zentralen Momentes vierter Ord-
nung γ:

τ = T − m(0) ΘI, (4.9)

γ = m(4) − 8 u · m(3) + 4 uT m(2) u + 2 m(2) I |u|2 − 3 |u|4 − 15m(0) Θ2 .


Unter Verwendung von (4.8) und (4.9) sowie einer Normierungsfunktion für den polyno-
mialen Ansatz χ(v)
  12
fM (v) 2
DEq ≈ χ := χ (v) dv (4.10)
R3 ρ

erhält man schließlich die Bewertungsfunktion DEq , als ein Maß für die Distanz zwischen der
Maxwell-Verteilung fM und einer beliebigen Verteilung fp der Partikelgeschwindigkeiten
[Kan03]:
  12
1 1 2 |q|2 1 γ2
DEq ≈ χ = (0)
τ 2E + + . (4.11)
m Θ 2 5 Θ 120 Θ2

Hierbei bezeichnet ||τ ||E die Euklidische Norm des spurfreien Spannungstensors. Die in der
eckigen Klammer von (4.11) enthaltenen Summanden beschreiben drei unterschiedliche De-
formationsarten. Anisotrope Abweichungen von der Maxwell-Verteilung werden durch den
Spannungstensor ||τ ||E erfasst, asymmetrische Deformationen in der Verteilung der kineti-
schen Energie berücksichtigt der Wärmeflußvektor q. Den strukturellen Abweichungen in
der Asymptotik einer Verteilungsfunktion fp wird schließlich durch das zentrale Moment
vierter Ordnung γ Rechnung getragen. Diese drei Deformationsarten werden im Folgenden
als Typ-II-Deformationen bezeichnet.
Gleichung (4.11) stellt eine Bewertungsfunktion zur Beurteilung einer beliebigen Vertei-
lungsfunktion fp der Partikelgeschwindigkeiten gegenüber der Maxwell-Verteilung fM dar.
Der Aufwand für die Auswertung von (4.11) ist von der Ordnung O(N ). Um Abweichungen
einer Verteilungsfunktion fp von der granulardynamischen Gleichgewichtsverteilung fEq,p
detektieren zu können, muss die Bewertungsfunktion DEq durch die Verwendung richtungs-
abhängiger granularer Temperaturen Θi modifiziert werden. Die neue Bewertungsfunktion

42
4.3 Granulare Transportkoeffizienten

DEq,p nimmt dann die folgende Form an:


  12
1 1 2 2 2 1
DEq,p = (0)
Dτ + Dq + Dγ2 , (4.12)
m 2 5 120

wobei die einzelnen Summanden Dτ , Dq und Dγ wiederum die Deformationsarten Ani-


sotropie, Asymmetrie und Asymptotik bezeichnen. Eine ausführliche Darstellung dieser
Terme findet sich in der Arbeit von Kanther [Kan03]. Mit (4.12) können Abweichun-
gen vom granulardynamischen Gleichgewicht zuverlässig erfasst werden, solange diese zum
Typ-II-Deformationen gehören. Da (4.12) in jeder Zelle des Berechnungsgebietes ermittelt
wird, können innerhalb der Rechengeometrie Partikelkollektive, die sich in einem granu-
lardynamischen Nicht-Gleichgewichts-Zustand befinden, lokalisiert werden. Diese Bereiche
werden als Nicht-Gleichgewichts-Zonen bezeichnet.

4.3 Granulare Transportkoeffizienten


Eine detaillierte Beschreibung der Verteilungsfunktion der Partikelgeschwindigkeiten ist
von großer Bedeutung für die korrekte Berechnung des Bewegungsverhaltens eines Parti-
kelkollektivs. In diesem Zusammenhang sind drei Größen zu nennen, die bei der Strömungs-
analyse eine zentrale Position einnehmen. Es handelt sich dabei um die mittlere Kollisi-
onsfrequenz ν, die mittlere Fluktuationsgeschwindigkeit c und die mittlere freie Weglänge
, für die folgender Zusammenhang gilt:
c
= . (4.13)
ν
Während die mittlere Kollisionsfrequenz ν die mittlere Anzahl der Stöße eines Partikels
in einer Zeiteinheit angibt und somit maßgeblich für die präzise Beschreibung des Kolli-
sionsverhaltens der Partikel ist, sind die Größen c und  wichtig für die Herleitung der
Transportkoeffizienten im Rahmen des Zwei-Kontinua-Verfahrens.
Um die Abhängigkeit der drei Größen von der Gestalt der Geschwindigkeitsverteilung
zu untersuchen, hat Kanther entsprechende Parameterstudien durchgeführt [Kan03].
Diese haben gezeigt, dass bereits geringe Abweichungen der Verteilungsfunktion fp von
der Gleichgewichtsverteilung fEq,p zu erheblichen Abweichungen der Kollisionsfrequenz
ν gegenüber der Kollisionsfrequenz ν M einer energiegleichen Maxwell-Verteilung führen
können. In diesem Zusammenhang ist auch die Wahl eines geeigneten Kollisionsmodells
diskutiert worden. Es konnte aufgezeigt werden, dass die zur Detektion der Partikelkollisio-
nen verwendete Nanbu-Methode die mittlere Kollisionsfrequenz ν eines Partikelkollektivs
richtig wiedergibt. Für die Untersuchung der Abhängigkeit der granularen Transportko-
effizienten von der Form der Verteilungsfunktion fp wurde die Viskosität µp eines Par-
tikelkollektivs ausgewählt. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass die Berücksichtigung
der Anisotropie im granulardynamischen Gleichgewicht zu einer anisotropen Viskosität µp
führt. Die Unterschiede in den gerichteten Komponenten der Viskosität nehmen stark zu,

43
4 Analyse des Verhaltens der Feststoffphase

wenn sich das Partikelkollektiv vom granulardynamischen Gleichgewicht entfernt. Dabei


können die Unterschiede zum Teil Größenordnungen betragen. Darüber hinaus weichen
die absoluten Größen der Komponenten der Viskosität beträchtlich von der Viskosität µM
eines Partikelkollektivs mit einer energiegleichen Maxwell-Verteilung ab. Diese Ergebnisse
sind auch auf andere granulare Transportkoeffizienten übertragbar.

4.4 Schlussfolgerung
In diesem Kapitel wurde eine Bewertungsfunktion DEq,p vorgestellt, welche alle Abwei-
chungen einer Verteilungsfunktion der Partikelgeschwindigkeiten fp von der granulardyna-
mischen Gleichgewichtsverteilung fEq,p zuverlässig erfasst, solange diese eine anisotrope,
asymmetrische oder asymptotische Deformation der Verteilungsfunktion zur Folge haben.
Damit lässt sich eine beliebige Verteilungsfunktion eines Partikelkollektivs hinsichtlich ihres
Abstandes vom Gleichgewichtszustand bewerten.
Befindet sich ein Partikelkollektiv nicht in einem granulardynamischen Gleichgewicht,
so hat dies entscheidende Konsequenzen für die Ermittlung der Transportkoeffizienten, die
im Rahmen des Zwei-Kontinua-Verfahrens benötigt werden. Bereits bei der Annahme ei-
ner granulardynamischen Gleichgewichtsverteilung weisen die Transportkoeffizienten einen
anisotropen Charakter auf. Dieser wird verstärkt, sobald sich das Partikelkollektiv vom
Gleichgewicht entfernt. In diesem Fall werden nicht nur die Unterschiede in den gerich-
teten Transportkoeffizienten wesentlich größer, sondern sie weichen auch beträchtlich von
den Transportkoeffizienten ab, die eine energiegleiche Maxwell-Verteilung aufweist.
Das Zwei-Kontinua-Verfahren, welches sich aus der deterministischen Lösung der Boltz-
mann-Gleichung ergibt (vgl. Abschnitt 3.2.1), setzt an jedem Ort des Berechnungsgebietes
und zu jeder Zeit die Maxwell-Verteilung sowie geringe Abweichungen von dieser voraus.
Wegen der Annahme einer isotropen Geschwindigkeitsverteilung, besteht bei der Herleitung
der Transportkoeffizienten ein prinzipieller Modellfehler. Dieser wird jedoch vernachlässig-
bar klein, wenn Partikelkollektive mit höheren Volumenanteilen untersucht werden. Hier
sind die Abweichungen aufgrund der Anisotropie meistens nur geringfügig. Bei gravierenden
Deformationen der Geschwindigkeitsverteilung jedoch, kann das Bewegungsverhalten eines
Partikelkollektivs im Rahmen des Zwei-Kontinua-Verfahrens nicht richtig wiedergegeben
werden. Solche Deformationen der Verteilungsfunktion treten insbesondere in komplexen
Geometrien auf, beispielsweise vor Strömungshindernissen, wo die Annahme einer isotro-
pen Geschwindigkeitsverteilung zur Berechnung der Transportkoeffizienten auf keinen Fall
gerechtfertigt ist. In diesen Nicht-Gleichgewichts-Zonen führt die Berechnung einer Parti-
kelströmung mit dem Zwei-Kontinua-Verfahren zu fehlerhaften Ergebnissen.
Die oben formulierten Überlegungen legen den Schluss nahe, dass die Verwendung des
Zwei-Kontinua-Verfahrens auf Bereiche innerhalb der Strömungsgeometrie begrenzt wer-
den sollte, in denen sich das Partikelkollektiv in einem Zustand nahe dem granulardynami-
schen Gleichgewicht befindet. Außerhalb dieser Bereiche, in denen die Verteilungsfunktion
der Partikelgeschwindigkeiten eine starke Deformation erfährt, ist die Verwendung des
stochastischen Einzelpartikel-Verfahrens notwendig. Hier werden keine Einschränkungen

44
4.4 Schlussfolgerung

bezüglich der Verteilungsfunktion gemacht, d.h. alle Abweichungen vom granulardynami-


schen Gleichgewicht fließen in die Auswertung der mittleren Partikeleigenschaften ein und
werden insbesondere durch die Nanbu-Methode berücksichtigt. Damit stellt sich aber auch
die Frage nach welchem Kriterium eine Aufteilung der Strömungsgeometrie erfolgen soll, in
der eine unterschiedliche numerische Behandlung der Berechnung der Feststoffphase zum
Einsatz kommt. Dieser Frage widmet sich das folgende Kapitel, in dem die Herleitung eines
Gebietszerlegungskriteriums vorgestellt wird.

45
4 Analyse des Verhaltens der Feststoffphase

46
5 Gebietszerlegungskriterium
Bei der Berechnung des Bewegungsverhaltens eines Partikelkollektivs mit dem Zwei-Konti-
nua-Verfahren werden für die Verteilungsfunktion der Partikelgeschwindigkeiten im gra-
nulardynamischen Gleichgewicht eine Maxwell-Verteilung vorausgesetzt sowie bestimmte
Abweichungen von dieser zugelassen. Weitere Abweichungen von diesem Zustandsraum
führen zu einer fehlerhaften Berechnung der Transportkoeffizienten und damit zu einer
unrealistischen Vorhersage des Partikelverhaltens.
Wie im vorigen Kapitel erläutert, muss in
Bereichen, in denen die Deformationen der Ge-
schwindigkeitsverteilung stark anisotrope Trans-
portkoeffizienten zur Folge haben, das stochasti-
sche Einzelpartikel-Verfahren eingesetzt werden. Hindernis
Diese Bereiche werden im Folgenden als stocha-
stische Zonen bezeichnet. Im restlichen Teil der
Geometrie kann das Zwei-Kontinua-Verfahren ver- stochastische Zone
wendet werden. Diese Bereiche werden als de-
terministische Zonen bezeichnet. Die Entschei-
dung für die Verwendung eines der beiden nume- deterministische Zone
rischen Berechnungsverfahren kann mit Hilfe ei-
nes Gebietszerlegungskriteriums erfolgen. Dieses
sollte die zeitliche Evolution der Eigenschaften Abbildung 5.1: Gebietszerlegung.
des Partikelkollektivs berücksichtigen und damit eine adaptive Berechnungsweise ermögli-
chen, ohne den Gültigkeitsbereich des Zwei-Kontinua-Verfahrens zu verletzen. In Abbil-
dung 5.1 ist am Beispiel der Umströmung eines Hindernisses schematisch die Aufteilung
der Strömungsgeometrie in zwei Bereiche dargestellt, in denen die Berechnung des Par-
tikelkollektivs auf numerisch unterschiedlichem Wege erfolgt. In diesem Kapitel werden
zwei Bedingungen vorgestellt, die eine Aufteilung der Geometrie in Gebiete ermöglichen,
in denen das jeweils geeignete Berechnungsverfahren zum Einsatz kommt. Diese müssen
dann durch logische Verknüpfungen zu einem Gebietszerlegungskriterium zusammengefasst
werden.

5.1 Gültigkeitsbereich der Kontinuumsannahme


Der Berechnung einer Gas-Feststoff-Strömung mit dem Zwei-Kontinua-Verfahren liegt die
Annahme zugrunde, dass sich sowohl die Gas- als auch die Feststoffphase als zwei kontinu-
ierliche Fluide verhalten, sich gegenseitig durchdringen und miteinander in Wechselwirkung
stehen. Die Grundvoraussetzung für eine Kontinuumsbeschreibung beider Phasen ist, dass
für einen Mittelwert eines beliebigen Kontrollvolumens des durchströmten Gebietes die
mittleren, lokalen Zustandsgrößen jeweils in geeigneter und statistisch sinnvoller Weise de-
finiert werden können. Daraus resultiert die Forderung, dass die Anzahl von Einzelelemen-

47
5 Gebietszerlegungskriterium

ten beider Phasen für jedes betrachtete Kontrollvolumen im Strömungsgebiet hinreichend


groß sein muss. Für die Feststoffphase bedeutet dies insbesondere, dass der mittlere Par-
tikelabstand deutlich geringer sein sollte als die Abmessungen des gewählten numerischen
Gitters. Zur Überprüfung der Kontinuumsannahme ist es üblich, statt des mittleren Par-
tikelabstandes die mittlere freie Weglänge  zu verwenden, für die folgende Abschätzung
verwendet werden kann [EPA99]:

dp
= . (5.1)
6 φp

Es handelt sich hier um die mittlere Wegstrecke, die zwischen zwei aufeinander folgenden
Kollisionen eines Partikels mit einem anderen Partikel oder einer Berandung zurückgelegt
wird. Mit der mittleren freien Weglänge  und einer charakteristischen Abmessung lchar
eines Kontrollvolumens lässt sich nun eine dimensionslose Kennzahl, die Knudsen-Zahl Kn
definieren, welche als Bedingung für die Gültigkeit der Kontinuumshypothese verwendet
werden kann:

Kn = ≤ Kncrit , (5.2)
lchar

wobei lchar z.B. aus dem Volumen einer Gitterzelle berechnet werden kann: lchar = 3 V∆Ω .
Schaaf&Chambrè teilen die Knudsen-Zahl in drei Bereiche ein (s. Abbildung 5.2), in
denen eine unterschiedliche mathematische Beschreibung eines Gases erfolgt [SC61]. So

10−8 10−6 10−4 10−2 1 102 104 Kn

Kontinuums-Bereich Übergangs-Bereich freie Molekülströmung

Abbildung 5.2: Bereiche der Knudsen-Zahl.

ist die Gültigkeit der Kontinuumsbetrachtung bis zu Kncrit = 10−3 gewährleistet. Für
Kn ≥ 10−1 ist für eine statistische Mittelung die Anzahl der Moleküle in einem Kontroll-
volumen nicht ausreichend groß, weshalb hier eine Einzelbetrachtung der Moleküle erfol-
gen sollte (freie Molekülströmung). Zwischen den beiden Bereichen, im Übergangs-Bereich
(10−3 ≤ Kn ≤ 10−1 ), muss im Einzelfall entschieden werden, welche Berechnungsmethode
zum Einsatz kommt. Während die Gasphase die Bedingung Kn ≤ 10−3 in jedem Fall erfüllt,
ist sie für die in dieser Arbeit betrachteten Partikelkollektive nicht realisierbar. Dies gilt ins-
besondere dann, wenn die charakteristische Länge lchar sehr klein wird. Es hat sich jedoch
gezeigt, dass viele praxisrelevante Mehrphasenströmungen in sehr guter Näherung mit dem
Zwei-Kontinua-Verfahren beschrieben werden können. Der Grund dafür liegt darin, dass

48
5.2 KTGF-Deformationsanteil DKT GF

zumeist stationäre oder zumindest quasistationäre Strömungen betrachtet werden. In sol-


chen Fällen können nach Goedicke die Ensemble-Mittelwerte durch Langzeitmittelwerte
ersetzt werden [Goe92]. Folglich lässt sich die Kontinuumsannahme durch die Verwendung
hinreichend langer Mittelungszeiträume rechtfertigen. Um dennoch bei der Berechnung der
Bewegung eines Partikelkollektivs mit dem Zwei-Kontinua-Verfahren eine Mindestanzahl
an Partikeln in einer Zelle des numerischen Gitters zu gewährleisten, wird für die Simula-
tion der Feststoffphase die Knudsen-Zahl wie folgt festgelegt: Kncrit = 10−1 . Damit kann
als Bedingung für die Anwendbarkeit des Zwei-Kontinua-Verfahrens die folgende Grenze
für den Feststoffvolumenanteil angegeben werden:
dp
φp > . (5.3)
0.6 lchar
Sinkt der Feststoffvolumenanteil in einem Kontrollvolumen unter den angegebenen Wert
ab, so kann eine repräsentative Anzahl an Partikeln für eine instationäre Kontinuumsbe-
trachtung nicht gewährleistet werden. Somit muss die Beschreibung des Bewegungsverhal-
tens des Partikelkollektivs in dem betrachteten Kontrollvolumen mit dem Einzelpartikel-
Verfahren approximiert werden.

5.2 KTGF-Deformationsanteil DKT GF


Die in dem vorigen Kapitel vorgestellte Gleichgewichtsverteilung fEq,p der Partikelge-
schwindigkeiten (4.1) beschreibt den Bewegungszustand eines Partikelkollektivs, das sich
in einem granulardynamischen Gleichgewicht befindet. Abweichungen von diesem Zustand
werden mit Hilfe der Bewertungsfunktion DEq,p (4.12) detektiert. Dabei werden alle Störun-
gen der Verteilungsfunktion fp zuverlässig erfasst, die als eine anisotrope, asymmetrische
oder asymptotische Deformation der Geschwindigkeitsverteilung aufgefasst werden können
(Typ-II-Deformationen). Damit kann die Bewertungsfunktion DEq,p als ein Unterschei-
dungskriterium zwischen einer Gleichgewichts- und einer Nicht-Gleichgewichts-Verteilung
der Partikelgeschwindigkeiten verwendet werden.
Beim Zwei-Kontinua-Verfahren werden im granulardynamischen Gleichgewicht bestimm-
te Abweichungen einer Verteilungsfunktion von der Maxwell-Verteilung berücksichtigt. Um
den Abweichungsgrad genauer zu charakterisieren, wird ein, ursprünglich von Chapman
& Cowling vorgestellter [CC70] und von Gidaspow auf Partikelkollektive übertrage-
ner Ansatz zur Beschreibung dichter Gase verwendet [Gid94], der eine Approximation der
Verteilungsfunktion der Partikelgeschwindigkeiten darstellt:

f = f (0) + f (1) + f (2) + .... . (5.4)

f (0) bezeichnet die erste Approximation zur Boltzmann-Gleichung und stellt die bekannte
Maxwell-Verteilung dar. f = f (0) ist somit eine erste Approximation der Geschwindig-
keitsverteilung und gilt zunächst für räumlich homogene Partikelkollektive mit vollkom-
men elastischen Partikel-Partikel-Kollisionen. Abweichungen von diesem Zustand werden

49
5 Gebietszerlegungskriterium

durch weitere Glieder in (5.4) berücksichtigt. So bezeichnen f (0) + f (1) die zweite und
f (0) + f (1) + f (2) die dritte Approximation zur Boltzmann-Gleichung. Zur Ermittlung von
f (1) in (5.4) wird folgender Ansatz verwendet:

f (1) = f (0) Φ(1) , (5.5)

wobei Φ(1) ein skalares Abweichungspolynom darstellt, welches bestimmte Deformationen


der Maxwell-Verteilung erfasst. Unter Verwendung der Boltzmann-Gleichung (3.16) kann
für Φ(1) der folgende Zusammenhang gefunden werden [Gid94]:
1 2
Φ(1) = − A · ∇lnΘ − B : ∇uTp , (5.6)
np np
wobei A eine vektorielle und B eine tensorielle Größe darstellen. Beide sind Funktionen
der Partikelgeschwindigkeit v. Für A wird folgender Ansatz verwendet:

A = A(ξ) ξ, (5.7)

wobei ξ eine dimensionslose Variable mit


  12
1
ξ= v (5.8)

darstellt und die Funktion A(ξ) eine konvergente Reihe der Form


(p)
A(ξ) = ap S 3 (ξ 2 ) (5.9)
2
p=0

ist. Im Rahmen dieser Arbeit wird die unendliche Reihe in (5.9) durch die zweite Appro-
ximation von A(ξ) ersetzt:


2
(p)
A(ξ) ≈ A(ξ)(2) = a(2) 2
p S 3 (ξ ). (5.10)
2
p=0

(2)
Dabei erfolgt die Ermittlung der Koeffizienten ap aus der Auswertung folgender Gleichung:

2
a(2)
p apq = αq , (q = 1, 2). (5.11)
p=0

Hierbei sind α1 = −15/4 und α2 = 0. Die fehlenden Koeffizienten apq können [CC70]
(p)
entnommen werden. In (5.9) bezeichnet S 3 (ξ 2 ) das so genannte Sonin-Polynom, das sich
2
aus einer Reihendarstellung ergibt:
 p  
(p)
2
k 3 1
S 3 ξ2 = −ξ +p . (5.12)
2
k=0
2 p−k k!(p − k)!
50
5.2 KTGF-Deformationsanteil DKT GF

Die Auswertung von (5.11) sowie (5.12) führt schließlich zu folgender Beziehung für A(ξ):

15 130 − 59ξ 2 + 2ξ 4
A(ξ) ≈ − 1 . (5.13)
1408 d2p (π Θ) 2

Zur Ermittlung der tensoriellen Größe B wird das Produkt aus einem spurfreien Tensor ξξ
und einer konvergenten Reihe B(ξ) gebildet:

B =ξξ B(ξ). (5.14)

Der Tensor ξξ ist definiert als:
◦ 1
ξξ= ξξ − (ξx ξx + ξy ξy + ξz ξz ) I, (5.15)
3
wobei ξξ das dyadische Produkt der beiden ξ-Vektoren darstellt. Die Berechnung von B(ξ)
erfolgt in analoger Weise zu A(ξ) aus der Auswertung von


2
(p−1)
B(ξ)(2) = b(2)
p S5 (ξ 2 ) (5.16)
2
p=0

sowie

2
b(2)
p bpq = βq , (q = 1, 2), (5.17)
p=0

wobei β1 = 5/2 und β2 = 0 betragen. Für B(ξ) ergibt sich danach der folgende Zusam-
menhang :

5 −247 + 12ξ 2
B(ξ) ≈ − . (5.18)
3232 d2 (π Θ) 12
p

Mit (5.6) ist es nun möglich zwei unterschiedliche Ursachen für die Deformationen einer
Verteilungsfunktion anzugeben. Der erste Summand in (5.6) berücksichtigt Abweichun-
gen von der Maxwell-Verteilung aufgrund eines Gradienten der granularen Temperatur.
Der zweite Summand ermöglicht die Erfassung aller Abweichungen, die aus dem Gra-
dienten der Partikelgeschwindigkeit resultieren. Damit ist die zweite Approximation der
Verteilungsfunktion der Partikelgeschwindigkeiten in der Lage Verteilungsfunktionen von
Partikelkollektiven richtig zu beschreiben, solange deren Form durch die beiden genannten
Gradienten deformiert worden ist. Um weitere Abweichungen von der Gleichgewichtsver-
teilung zu berücksichtigen, welche beispielsweise aufgrund höherer Ableitungen entstehen,
müssen höhere Approximationen der Verteilungsfunktion in die Berechnung einbezogen
werden. Da für die Herleitung der Transportgleichungen des Zwei-Kontinua-Verfahrens die
51
5 Gebietszerlegungskriterium

zweite Approximation der Verteilungsfunktion f = f (0) 1 + Φ(1) verwendet wird (vgl.


Abschnitt 3.2.1), kann im Weiteren auf eine Auswertung entsprechender Abweichungspo-
lynome höherer Ordnung verzichtet werden.
Mit der Angabe des Abweichungspolynoms (5.6) lassen sich nun folgende Aussagen
formulieren. Kommt es zu einer Deformation der Verteilungsfunktion aufgrund von Gra-
dienten der granularen Temperatur oder der Partikelgeschwindigkeit, so werden diese im
Rahmen des Zwei-Kontinua-Verfahrens erfasst. Treten jedoch zusätzliche Abweichungen
der Verteilungsfunktion von der Gleichgewichtsverteilung auf, die ihren Ursprung nicht in
den genannten Störungen haben, so bleiben diese innerhalb des genannten Verfahrens un-
berücksichtigt. In diesem Fall würde die Berechnung des Partikelverhaltens zu systematisch
falschen Ergebnissen führen.
Das Abweichungspolynom Φ(1) und die im letzten Kapitel vorgestellte Bewertungs-
funktion DEq,p sollen nun dazu dienen eine Bedingung zu formulieren, die eine Aufteilung
der Strömungsgeometrie in stochastische und deterministische Zonen ermöglicht, in denen
jeweils das Einzelpartikel- und das Zwei-Kontinua-Verfahren zum Einsatz kommen. Wie
bereits oben ausgeführt, berücksichtigt das Abweichungspolynom Φ(1) Deformationen aus
Gradienten der Geschwindigkeit und der granularer Temperatur. Die Bewertungsfunktion
DEq,p dagegen ist in der Lage alle Deformationsarten aufgrund von Anisotropie, Asym-
metrie und Asymptotik zu erfassen. Diese schließen ebenfalls die vom Abweichungspoly-
nom Φ(1) beschriebenen Deformationen ein. Somit stellt die Bewertungsfunktion DEq,p ein
zuverlässiges Maß dar, um den aus den erwähnten Deformationen resultierenden Abwei-
chungsgrad einer Verteilungsfunktion vom granulardynamischen Gleichgewicht zu bewer-
ten.
Die Idee einer Gebietszerlegung besteht nun darin, das Abweichungspolynom Φ(1) mit
dem Maßstab DEq,p zu bewerten. Um die beiden Größen Φ(1) und DEq,p miteinander verglei-
chen zu können, muss (5.6) mit einer geeigneten Normierungsfunktion verrechnet werden.
Die hier verwendete Norm entspricht der für die Herleitung der Bewertungsfunktion be-
schriebenen Darstellung [Tiw98a, Tiw98b]:
  12
fM (v) 2
χ := χ (v) dv , (5.19)
R3 ρ
in welcher für die Funktion χ(v) zuvor ein polynomialer Ansatz nach der Grad´schen
13 Momenten Methode gemacht wurde. Wird χ(v) durch das Abweichungspolynom Φ(1)
ersetzt, so ergibt sich der folgende Ausdruck:
  12
f (0) (v) (1) 2
DKT GF = Φ dv . (5.20)
R3 np
Setzt man nun (5.6) in (5.20) ein, so lässt sich für DKT GF nach einigen Umformungen die
nachstehende Formulierung finden:
0.763 0.184 1
DKT GF = 1 |∇Θ| + 1 (2A1 + A2 + 3A3 ) 2 , (5.21)
Θ np dp 2 π 2 np dp (Θ π) 2 2

52
5.2 KTGF-Deformationsanteil DKT GF

wobei folgende Abkürzungen gelten:


 2  2  2
∂up ∂vp ∂wp
A1 = + + , (5.22)
∂x ∂y ∂z
 2  2  2
∂up ∂vp ∂up ∂wp ∂vp ∂wp
A2 = − + − + − , (5.23)
∂x ∂y ∂x ∂z ∂y ∂z
 2  2  2
∂up ∂vp ∂up ∂wp ∂vp ∂wp
A3 = + + + + + . (5.24)
∂y ∂x ∂z ∂x ∂z ∂y
Gleichung (5.21) stellt den KTGF-Deformationsanteil dar, der alle Abweichungen von der
Maxwell-Verteilung erfasst, solange diese ihren Ursprung in den Gradienten der granula-
ren Temperatur und der Partikelgeschwindigkeit haben. Dieser Typ von Deformationen
wird im Folgenden als Typ-III-Deformationen bezeichnet. Zusätzliche Deformationen der
Verteilungsfunktion werden von DKT GF nicht berücksichtigt.
Es ist nun möglich den KTGF-Deformationsanteil DKT GF (5.21) direkt mit der Be-
wertungsfunktion DEq,p (4.12) zu vergleichen. In der Abbildung 5.3 sind beide Größen in
einem Balkendiagramm dargestellt. Ausgehend vom granulardynamischen Gleichgewicht

DEq,p , DKT GF

Typ-I-Deformationen
DEq,p (Typ-II-Deformat.)
Asymptotik
Abweichungen
von der KTGF
Asymmetrie
∇Θ DKT GF (Typ-III-Deformat.)

∇Θ

Anisotropie
∇vT ∇vT
granulardynamisches
Gleichgewicht
Einzelpartikel- Zwei-Kontinua-
Verfahren Verfahren

Abbildung 5.3: Vergleich der Bewertungsfunktion DEq,p mit dem KTGF-Deformationsanteil


DKT GF .

zeigt der linke Balken die Gesamtheit aller Deformationen, denen eine Verteilungsfunktion
der Partikelgeschwindigkeiten ausgesetzt werden kann. In der Abbildung 5.3 wird dieser

53
5 Gebietszerlegungskriterium

Zustand durch die gestrichelte, horizontale Linie mit dem Index: Typ-I-Deformationen
gekennzeichnet. Abweichungen vom granulardynamischen Gleichgewicht, welche von der
Bewertungsfunktion DEq,p erfasst werden, sind durch die horizontale Linie mit dem In-
dex: DEq,p (Typ-II-Deformationen) gekennzeichnet. Hierin enthalten sind die Anisotropie,
die Asymmetrie und die Asymptotik. Die anisotropen Störungen der Verteilungsfunkti-
on können zu einem Teil aus den Gradienten der Partikelgeschwindigkeit (∇vT ) resul-
tieren. Der restliche Teil, hier durch die untere, schraffierte Fläche dargestellt, enthält
weitere Störungen, wie sie beispielsweise vor Strömungshindernissen entstehen. Sie wer-
den in der Bewertungsfunktion DEq,p berücksichtigt. Anders stellt sich die Situation für
den KTGF-Deformationsanteil DKT GF dar, der durch den rechten Balken charakterisiert
wird. Ausschließlich Störungen, die aus dem Gradienten der Partikelgeschwindigkeit re-
sultieren, tragen zu einer anisotropen Deformation der Verteilungsfunktion bei. Ähnlich
verhält es sich beim Vergleich der asymmetrischen Deformationen einer Verteilungsfunkti-
on. So berücksichtigt der KTGF-Deformationsanteil DKT GF nur Abweichungen aufgrund
des Gradienten der granularen Temperatur ∇Θ. Weitere Störungen der Verteilungsfunkti-
on, die zur einer asymmetrischen Deformation führen, werden im Gegensatz zur DEq,p , hier
durch die schraffierte, mittlere Fläche dargestellt, nicht berücksichtigt. Eine asymptotische
Deformation einer Verteilungsfunktion wird schließlich nur von der Bewertungsfunktion
DEq,p detektiert, im KTGF-Deformationsanteil findet sie keine Berücksichtigung.
Die Tatsache, dass der KTGF-Deformationsanteil ausschließlich Typ-III-Deformationen
erfasst, führt dazu, dass das Zwei-Kontinua-Verfahren eine gute Approximation des Bewe-
gungsverhaltens eines Partikelkollektivs liefert, solange die vorliegenden Deformationen zu
diesem Deformationstyp gehören. In der Abbildung (5.3) ist dieser Zustand durch die gestri-
chelte, horizontale Linie mit dem Index: DKT GF (Typ-III-Deformationen) gekennzeichnet.
Tragen weitere Abweichungen zur Deformation der Verteilungsfunktion bei, so werden diese
vom DKT GF nicht detektiert und führen somit bei einer Berechnung der Feststoffphase mit
dem Zwei-Kontinua-Verfahren zur fehlerhaften Ergebnissen. In diesen Fällen ist der Ein-
satz des Einzelpartikel-Verfahrens zwingend erforderlich. Zusätzliche Abweichungen, die
nicht zum Typ-III-Deformationen gehören, sind in der Abbildung 5.3 als Abweichungen
von der KTGF gekennzeichnet und werden zu einem großen Teil von der Bewertungsfunk-
tion DEq,p detektiert. Die verbleibenden Deformationen, in der Abbildung (5.3) durch die
obere, schraffierte Fläche dargestellt, gehören zum Typ-I-Deformationen. Deren Erfassung
kann mit Hilfe der in Kapitel 4 beschriebenen Sobolev-Norm erfolgen.
Damit kann eine weitere Bedingung formuliert werden, deren Gültigkeit den zwingenden
Einsatz des Einzelpartikel-Verfahrens fordert:

DEq,p > DKT GF . (5.25)

Im Falle, dass DEq,p = DKT GF kann das Zwei-Kontinua-Verfahren angewendet werden.

54
5.3 Signifikanz-Niveau-Beschränkung

5.3 Signifikanz-Niveau-Beschränkung
Bei der Simulation des Bewegungsverhaltens eines Partikelkollektivs werden die beiden
Größen DEq,p und DKT GF nach jedem Zeitschritt ∆t und in jeder Zelle der stochastischen
Zone ermittelt. Folglich unterliegt die Berechnung beider Größen stochastischen Fluktua-
tionen. Während diese für die Ermittlung des KTGF-Deformationsanteils DKT GF eine
untergeordnete Rolle spielen, hier wird ausschließlich auf die in den Zellenmittelpunkten
vorliegenden Gradienten zurückgegriffen, können sich bei der Berechnung der Bewertungs-
funktion DEq,p sehr hohe Unsicherheiten ergeben. Diese sind umso größer, je kleiner die
Anzahl der zur Auswertung benötigten Partikel ist. Folglich kann die Ermittlung der im vo-
rigen Abschnitt vorgestellten Bedingung (5.25) zu einer falschen Entscheidung hinsichtlich
der Wahl des numerischen Berechnungsverfahrens führen. Um dies zu vermeiden, wird die
Bewertungsfunktion DEq,p mit einer Funktion verglichen, die sich aus einem numerischen
Experiment ergibt. Hierzu werden räumlich homogene Partikelkollektive im granulardyna-

0.9
0,9

Mittelwert D Eq,p,hom
Standardabweichung σ(DEq,p,hom )
0.6
0,6
DEq,p,hom

0,3
0.3

0
0 200
200 400
400 600
600 800
800 1000
1000
np

Abbildung 5.4: Signifikanz-Niveau der Bewertungsfunktion DEq,p .

mischen Gleichgewicht erzeugt, die jeweils die gleiche Anzahl an Partikeln besitzen. Deren
Simulation ergibt im stationären Endzustand eine Bewertungsfunktion DEq,p,hom . Aus der
Vielzahl dieser Simulationen kann schließlich für eine definierte Anzahl von Partikeln ein
Mittelwert D Eq,p,hom und eine Standardabweichung σ(DEq,p,hom ) ermittelt werden. Dieses
Experiment wird für verschiedene Partikelzahlen fortgeführt. In der Abbildung 5.4 sind die
beiden Parameter in Abhängigkeit der Partikelanzahl np dargestellt. Es sind bereits die
an die Simulationsdaten angepassten Ausgleichsgeraden eingezeichnet. Es ergibt sich der
folgende Zusammenhang zwischen der mittleren Bewertungsfunktion DEq,p,hom bzw. deren
Standardabweichung σ(DEq,p,hom ) und der Partikelanzahl np :
DEq,p,hom = 2.795 n−0.493
p , (5.26)
σ(DEq,p,hom ) = 0.835 n−0.525
p . (5.27)
55
5 Gebietszerlegungskriterium

Bei sehr großen Partikelzahlen streben beide Größen asymptotisch einem sehr kleinen Wert
entgegen. Damit lässt sich nun zusammen mit (5.25) die folgende Bedingung für die An-
wendbarkeit eines der beiden numerischen Berechnungsverfahren in einer beliebigen Zelle
∆Ω der Rechengeometrie formulieren:

DEq,p > DKT GF + 1.96 σ(DEq,p,hom ), (5.28)

wobei hier ein 95%-Konfidenzintervall angenommen wird. Ist (5.28) erfüllt, so liegt eine
stochastische Zone vor und das Einzelpartikel-Verfahren kommt in jedem Fall zum Einsatz.

5.4 Gebietszerlegungskriterium
Mit Hilfe der in den Abschnitten 5.1 und 5.3 vorgestellten Bedingungen (5.3) und (5.25)
sowie unter Berücksichtigung von (5.28) kann das folgende Gebietszerlegungskriterium for-
muliert werden. Für den Einsatz des Einzelpartikel-Verfahrens gilt:

DEq,p > DKT GF oder Kn > Kncrit , (5.29)

wobei DKT GF = DKT GF + 1.96 σ(DEq,p,hom ). Es liegt eine stochastische Zone vor. Für den
Einsatz des Zwei-Kontinua-Verfahrens gilt:

DEq,p ≤ DKT GF und Kn ≤ Kncrit . (5.30)

In diesem Fall liegt eine deterministische Zone vor.

5.5 Schlussfolgerung
In diesem Kapitel wurde ein Kriterium (5.29) und (5.30) vorgestellt, mit dessen Hilfe eine
Entscheidung bezüglich der Anwendung eines der beiden numerischen Berechnungsverfah-
ren getroffen wird. Das Kriterium basiert auf zwei Bedingungen. Während die erste (5.3) die
Kontinuumsannahme und damit die Gültigkeit des Zwei-Kontinua-Verfahrens überprüft,
nutzt die zweite Bedingung (5.25) die entscheidenden Annahmen aus, die für die Herleitung
des Zwei-Kontinua-Verfahrens aus der Boltzmann-Gleichung zugrunde gelegt worden sind.
In diesem Zusammenhang ist der so genannte KTGF-Deformationsanteil entwickelt wor-
den, mit dessen Hilfe die Erfassung bestimmter Deformationen und ein direkter Vergleich
mit der Bewertungsfunktion DEq,p möglich sind. Die Berücksichtigung von statistischen
Schwankungen, denen die Auswertung der Bedingung (5.25) ausgesetzt ist, erfolgt durch
die Einbeziehung einer Signifikanzfunktion. Die Auswertung des Kriteriums in jeder Zelle
des Berechnungsgebietes ermöglicht in jedem Zeitschritt der Simulation eine Aufteilung der
Strömungsgeometrie in stochastische und deterministische Zonen. In den deterministischen
Zonen ist eine aggregierte Beschreibung des Einzelpartikelverhaltens eines Partikelkollek-
tivs mit dem Zwei-Kontinua-Verfahren zulässig. In den stochastischen Zonen dagegen sind
detaillierte Informationen über die Verteilung der Partikelgeschwindigkeiten erforderlich,
56
5.5 Schlussfolgerung

um das Bewegungsverhalten der Feststoffphase zuverlässig zu beschreiben. Hier ist der


Einsatz des Einzelpartikel-Verfahrens zwingend erforderlich.
Durch die Zuordnung eines numerischen Berechnungsverfahrens zu bestimmten Berei-
chen der Strömungsgeometrie ist es nun möglich komplexe Strömungsprobleme unabhängig
von dem Verhalten der sich darin befindlichen Partikel zu untersuchen. Als Voraussetzung
dafür müssen allerdings Techniken entwickelt werden, die eine adaptive Berechnung der
gesamten Strömungsgeometrie mit einer Kombination beider Einzelverfahren ermöglichen.
Im Mittelpunkt des nächsten Kapitels steht daher die Konstruktion eines neuen, gekop-
pelten Verfahrens, welches die Berechnungsstrategien der beiden Einzelverfahren integriert
und damit eine effiziente Simulation eines erweiterten Anwendungsbereichs ermöglicht.

57
5 Gebietszerlegungskriterium

58
6 Konstruktion eines gekoppelten,
adaptiven Simulationsverfahrens
Im vorherigen Kapitel wurde ein Gebietszerlegungskriterium vorgestellt, das eine Auftei-
lung der Berechnungsgeometrie in zwei Bereiche ermöglicht, in denen eine unterschiedli-
che numerische Behandlung der Feststoffphase stattfinden soll. Die Ermittlung des Bewe-
gungsverhaltens eines Partikelkollektivs erfolgt in beiden Geometriebereichen unter Ver-
wendung der in Kapitel 3 vorgestellten Modellansätze für das Einzelpartikel- bzw. das
Zwei-Kontinua-Verfahren. Da es sich bei einer turbulenten Gas-Feststoff-Strömung prinzi-
piell um einen instationären Vorgang handelt, muss nach jedem Iterationsschritt im Ver-
laufe der Simulation eine erneute Auswertung des in dem letzten Kapitel gefundenen Ge-
bietszerlegungskriteriums (5.29) und (5.30) erfolgen. Dies impliziert, dass die räumliche
Ausdehnung der Bereiche in denen ein bestimmtes numerisches Verfahren verwendet wird,
variieren kann und somit eine kontinuierliche Überwachung der Gebietsaufteilung nicht
nur numerisch sinnvoll, sondern auch aus Gründen der Modellkonsistenz erforderlich ist.
In diesem Kapitel soll zunächst das Konzept der adaptiven Zerlegung des Berechnungsge-
bietes vorgestellt werden. Im Weiteren werden Techniken behandelt, die einen Austausch
der Informationen zwischen den numerischen Verfahren ermöglichen. Anschließend wird
die Lösungstrategie des gekoppelten Simulationsverfahrens erläutert.

6.1 Konzept der adaptiven Verfahrenskopplung


Die Anwendung des im vorigen Kapitel vorgestellten Gebietszerlegungskriteriums ermöglicht
eine eindeutige Zuordnung einzelner Geometriebereiche zu einem der beiden numerischen
Berechnungsverfahren. Eine Aufteilung der Strömungsgeometrie in zwei Zonen, d.h. in eine
stochastische Zone (S) in der das Einzelpartikel-Verfahren und eine zweite, deterministische
Zone (D) in der das Zwei-Kontinua-Verfahren verwendet wird (s. Abbildung 6.1), würde je-
doch eine automatische Überwachung der Gebietsaufteilung verhindern. Der Grund dafür

stochastische Zone

S DEq,p > DKT GF ∨ Kn > Kncrit
(Einzelpartikel-Verfahren)

deterministische Zone ∗
D DEq,p ≤ DKT GF ∧ Kn ≤ Kncrit
(Zwei-Kontinua-Verfahren)

Abbildung 6.1: Gebietszerlegung in zwei Zonen.

liegt darin, dass die Auswertung des Gebietszerlegungskriteriums ausschließlich in Berei-

59
6 Konstruktion eines adaptiven Simulationsverfahrens

chen möglich ist, in denen das Einzelpartikel-Verfahren eingesetzt wird. Eine räumliche
Ausdehnung der stochastischen Zone (S) wäre damit nicht feststellbar. Eine Lösung dieses
Problems ermöglicht die Definition einer Randzone (R). Diese besitzt die Breite von minde-
stens einer Zelle und ist dadurch charakterisiert, dass hier das Einzelpartikel-Verfahren zum
Einsatz kommt, obwohl die Auswertung des Gebietszerlegungskriteriums eine determini-
stische Zone anzeigt (s. Abbildung 6.2). Der Vorteil dieser Methode ist, dass die Randzone


S DEq,p > DKT GF ∨ Kn > Kncrit

Einzelpartikel-Verfahren
R

DEq,p ≤ DKT GF ∧ Kn ≤ Kncrit
Zwei-Kontinua-Verfahren D

Abbildung 6.2: Gebietszerlegung in drei Zonen.

nach jedem Zeitschritt räumlich neu angepasst werden kann. Damit ist sichergestellt, dass
die Aufteilung der Strömungsgeometrie in stochastische (S) und deterministische Zonen
(D) nur von der Auswertung des Gebietszerlegungskriteriums abhängig ist und während
der Simulation vollständig adaptiv erfolgt. Ergibt die Auswertung des Gebietszerlegungs-

kriteriums in einer Randzone: DEq,p > DKT GF oder Kn > Kncrit , so wird aus der Randzone
(R) eine stochastische Zone (S). Umgekehrt kann aus der Randzone eine deterministische
Zone (D) werden, wenn in allen benachbarten stochastischen Zonen (S) die Auswertung

des Gebietszerlegungskriteriums DEq,p ≤ DKT GF und Kn ≤ Kncrit ergibt. Hierbei ist zu
beachten, dass eine stochastische Zone (S) niemals an eine deterministische Zone (D) gren-
zen kann, d.h. sie muss stets von Randzonen (R) umgeben sein. In der Abbildung 6.3 ist
die räumliche Evolution der Gebietsaufteilung während einer Simulation für die stocha-
stische Zone (S) schematisch dargestellt. Die Auswertung des Gebietszerlegungskriteriums
erfolgt nach jedem Zeitschritt und in jeder Zelle, die zur Rand- bzw. zur stochastischen
Zone gehört. Muss eine R-Zelle, in der Abbildung 6.3 links oben mit R gekennzeichnet, zu
einer S-Zelle werden, so expandiert die stochastische Zone und alle benachbarten D-Zellen,
mit  D gekennzeichnet, der neuen S-Zelle werden zu R-Zellen (Expansion). Ähnliches gilt
für die Kontraktion der stochastischen Zone; soll aus einer S-Zelle, in der Abbildung 6.3
rechts unten mit S gekennzeichnet, eine D-Zelle werden, so wechselt der Status dieser Zel-
le aufgrund der Nachbarschaft einer S-Zelle zunächst zu einer R-Zelle. Alle benachbarten
R-Zellen, die ihrerseits keine S-Zelle als Nachbar haben, werden zu D-Zellen (Kontrak-
tion). Nach jeder Veränderung der Zellenzugehörigkeit muss sichergestellt sein, dass die
stochastische Zone vollständig von Randzellen umgeben ist. Auf diese Weise können even-
tuelle Änderungen des Bewegungsverhaltens eines Partikelkollektivs erkannt und in der
oben beschriebenen Prozedur der Gebietszerlegung berücksichtigt werden.
Den bisherigen Überlegungen ist gemeinsam, dass sie für eine Erweiterung bzw. ei-
ne Verringerung der stochastischen Zone stets eine räumliche Verschiebung der Randzone
60
6.1 Konzept der adaptiven Verfahrenskopplung

Expansion

D R D D D R D D D R R D
R S R D R S S D R S S R
D R D D D R D D D R R D

Kontraktion

D D R D D R R D D R R D
D R S R R R S R R S S R
D D R D D R R D D R R D

Abbildung 6.3: Expansion und Kontraktion der stochastischen Zone (S).

voraussetzen. Im Folgenden soll geklärt werden, ob eine stochastische Zone auch inner-
halb eines Bereiches entstehen kann, der vollständig zur deterministischen Zone gehört.
Die Ausbildung einer stochastischen Zone verlangt die Erfüllung mindestens einer der bei-

den Bedingungen: DEq,p > DKT GF oder Kn > Kncrit . Die Gültigkeit der ersten Bedin-

gung (DEq,p > DKT GF ) setzt eine Störung des Bewegungsverhaltens des Partikelkollektivs
voraus, die vom KTGF-Deformationsanteil nicht erfasst wird. Eine solche Störung kann
jedoch bei einer stationären Simulation nur über Randbedingungen aufgeprägt werden.
Diese können im Verlaufe einer Simulation durch die Präsenz von festen Berandungen
entstehen. Da in dem hier verwendeten Algorithmus sichergestellt wird, dass sämtliche
wandnächsten Zellen zur stochastischen Zone gehören, können etwaige Störungen durch
die erste Bedingung erfasst werden. Somit kann innerhalb einer deterministischen Zone der

Fall DEq,p > DKT GF gar nicht auftreten. Die Ausbildung einer stochastischen Zone auf-
grund der Gültigkeit der ersten Bedingung kann daher ausgeschlossen werden. In diesem
Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die Erfassung von stochastischen Inseln be-
reits zu Beginn einer Simulation erfolgen muss. Diese haben die Funktion einer Keimzelle
und können im Verlaufe der Simulation ihre endgültige Gestalt annehmen. Auf diese Wei-
se können Nicht-Gleichgewichts-Zonen, die beispielsweise eine Folge der sich gegenseitig
durchdringenden Partikelkollektive sind, erfasst werden.
Aus der Erfüllung der zweiten Bedingung Kn > Kncrit folgt, dass der Volumenanteil
der Feststoffphase in der betrachteten Zelle so gering ist, dass die Kontinuumsannahme für
die Anwendung des Zwei-Kontinua-Verfahrens nicht mehr erfüllt ist. In diesem Fall muss
die betreffende Zelle in eine stochastische Zelle umgewandelt werden. Bisher erfolgt die
Auswertung des Gebietszerlegungskriteriums nur in den stochastischen- und den Randzo-

nen. Der Grund dafür ist, dass die Überprüfung der ersten Bedingung (DEq,p > DKT GF )
die Kenntnis über die Verteilungsfunktion der Partikelgeschwindigkeiten erfordert. Für die
Auswertung der zweiten Bedingung Kn > Kncrit wird lediglich der Volumenanteil der Fest-

61
6 Konstruktion eines adaptiven Simulationsverfahrens

D D D D D D D R D

D D D D S D R S R

D D D D D D D R D

Abbildung 6.4: Ausbildung einer S-Zelle innerhalb einer deterministischen Zone (D) aufgrund
der Gültigkeit der Bedingung Kn > Kncrit .

stoffphase benötigt, der im gesamten Rechengebiet zur Verfügung steht. Somit kann die
Auswertung der zweiten Bedingung auch in den zur deterministischen Zone gehörenden D-
Zellen erfolgen. In der Abbildung 6.4 ist der Vorgang der Ausbildung einer stochastischen
Zelle innerhalb einer deterministischen Zone schematisch dargestellt.
Ein Ablaufdiagramm der gekoppelten Simulation einer Gas-Feststoff-Strömung wird im
Abschnitt 6.3 beschrieben.

6.2 Informationsaustausch an den Zonengrenzen


Die Ermittlung der Strömungseigenschaften eines Feststoffkollektivs mit einem hybriden
Simulationsverfahren setzt voraus, dass sowohl das Einzelpartikel-Verfahren als auch das
Zwei-Kontinua-Verfahren in einem Bereich, in dem dessen Anwendung zulässig ist, ver-
gleichbare Ergebnisse liefern. Hierzu ist ein Vergleich beider Verfahren notwendig, um
eventuelle Unterschiede in der Vorhersage des Partikelverhaltens zu lokalisieren. Ein wei-
teres wichtiges Element in der Entwicklung des neuen Verfahrens stellt der Informati-
onsaustausch zwischen den beiden Einzelverfahren an der Zonengrenze dar. Es müssen
entsprechende Rand- und Übergangsbedingungen formuliert werden, die eine konservative
Behandlung der Bewegungsgleichungen im gesamten Rechengebiet gewährleisten.
Die oben genannten Aspekte sollen nun in den folgenden Abschnitten genauer behandelt
werden.

6.2.1 Korrektur der Widerstandskraft


Die translatorische Bewegung eines Einzelpartikels wird in entscheidendem Maße von der
Widerstandskraft FW geprägt:

ρg πdp 2
FW = cd |vrel |vrel , vrel = ug − vp . (6.1)
2 4
Die Ermittlung des Widerstandsbeiwertes cd erfolgt dabei in Abhängigkeit der Reynolds-
Zahl der Partikel Rep . Für Rep < 0.25 spricht man vom Stokes-Bereich; auf die Partikel
wirken vorwiegend Reibungskräfte. Für den Widerstandsbeiwert und die Widerstandskraft

62
6.2 Informationsaustausch an den Zonengrenzen

gelten in diesem Bereich folgende Beziehungen:


24
cd = ⇒ FW = 3π dp µ vrel . (6.2)
Rep
Für Rep > 1000 sind es die Trägheitskräfte, die einen entscheidenden Einfluss auf die Par-
tikel ausüben. In diesem so genannten Newton-Bereich liegt eine turbulente Umströmung
der Partikel vor und die Widerstandskraft ist proportional zum Quadrat der Relativge-
schwindigkeit:
ρg
cd = 0.44, FW = 0.44 π d2p vrel |vrel |. (6.3)
8
Im Übergangsbereich 0.25 ≤ Rep ≤ 1000 sind sowohl Reibungs- als auch Trägheitskräfte
gleichermaßen relevant. In Kapitel 3 wurde zur Berechnung der Widerstandskraft eine
empirische Korrelation angegeben (3.40), welche die in den drei Bereichen vorherrschenden
Kraftverhältnisse berücksichtigt.
Wie (6.2) und (6.3) zeigen, ist die Widerstandskraft von der Relativgeschwindigkeit
abhängig. Dabei ist vrel keine konstante Größe, sondern durch eine Verteilungsfunktion
bestimmt. Schwankungen der Relativgeschwindigkeit werden somit auf die Widerstands-
kraft übertragen. Im Stokes-Bereich ergibt sich ein proportionaler Zusammenhang zwischen
den Varianzen der Widerstandskraft σF2 W und der Relativgeschwindigkeit σv2 rel [Kan03]:

σF2 W = (3π dp µ)2 σv2 rel . (6.4)


Hierin ist σF2 W unabhängig von der mittleren Relativgeschwindigkeit vrel = ug − up . Im
Übergangs- sowie im Newton-Bereich ergibt sich dagegen ein nichtlinearer Zusammenhang
zwischen σF2 W und σv2 rel . Zudem ist σF2 W zunehmend von der mittleren Relativgeschwindig-
keit vrel abhängig. Für den Newton-Bereich ergibt sich zwischen σF2 W und σv2 rel bzw. vrel
näherungsweise folgende Abhängigkeit:
 ρg 2

σF2 W ≈ 2 0.44 π d2p σv2 rel σv2 rel + 2 |vrel |2 . (6.5)


8
(6.5) bedeutet, dass aufgrund der zusätzlichen Abhängigkeit der Varianz der Widerstands-
kraft von vrel die Schwankungen der Relativgeschwindigkeit anisotrop auf die Schwankun-
gen der Widerstandskraft übertragen werden. Daraus resultiert eine wichtige Konsequenz
für die Berechnung der Widerstandskraft. Während das Zwei-Kontinua-Verfahren die Wi-
derstandskraft aus der mittleren Relativgeschwindigkeit vrel ermittelt,
ρg πdp 2 vrel ρg dp
FW (Rep ) = cd (Rep ) |vrel |vrel , Rep = , (6.6)
2 4 µg
verwendet das Einzelpartikel-Verfahren die vollständige Verteilung der Relativgeschwindig-
keit vrel , so dass sich für ein Partikelkollektiv folgende mittlere Widerstandskraft ergibt:

vrel ρg dp
FW (Rep ) = FW (Rep ) f (vrel ) dvrel , Rep = . (6.7)
R3 µg
63
6 Konstruktion eines adaptiven Simulationsverfahrens

vrel,z FW,z

Stokes-Bereich
vrel,z F W,z

FW,x
vrel,x vrel,x F W,x

FW,z

Übergangs- und Newton FW,z (Rep )


-Bereich FW,z (Rep )

FW,x
FW,x (Rep ) FW,x (Rep )

Abbildung 6.5: Anisotrope Übertragung der Schwankungen der Relativgeschwindigkeit auf die
Widerstandskraft.

Aufgrund der anisotropen Schwankungsübertragung von vrel auf FW sind die Größen
der Widerstandskraft, wie sie sich durch die Anwendung der beiden Einzelverfahren er-
geben, voneinander verschieden. In der Abbildung 6.5 ist diese Problematik für einen
zweidimensionalen Fall noch einmal schematisch dargestellt. Für den Stokes-Bereich führt
die Berechnung der Widerstandskraft sowohl mit dem Zwei-Kontinua- als auch mit dem
Einzelpartikel-Verfahren aufgrund der direkten Proportionalität zwischen σF2 W und σv2 rel zu
den gleichen Ergebnissen (F W,z , F W,x). Im Übergangs- und Newton-Bereich ergeben sich
zwei unterschiedliche Werte für die Widerstandskraft. Im Einzelpartikel-Verfahren führt
die Nicht-Linearität zwischen σF2 W und σv2 rel bzw. vrel zu einer Verschiebung der mittleren
Widerstandskraft FW (Rep ) zu höheren Werten hin. Der Grund dafür ist, dass Partikel mit
einer höheren Relativgeschwindigkeit vrel einer überproportional höheren Widerstands-
kraft ausgesetzt sind, als dies bei Partikel mit geringeren Relativgeschwindigkeiten der
Fall ist. Die Berechnung der Widerstandskraft mit dem Zwei-Kontinua-Verfahren ist da-
her durch die Verwendung von mittleren Werten für die Relativgeschwindigkeit mit einem
systematischen Fehler behaftet. Um diese Abweichung quantitativ zu erfassen, werden die
Widerstandsbeiwerte cd , wie sie sich aus den beiden numerischen Verfahren in Abhängigkeit
der mittleren Reynolds-Zahl der Partikel Rep und der Standardabweichung der Relativge-
schwindigkeit σvrel ergeben, miteinander verglichen. Hierzu wird für den Widerstandsbei-
wert die in Kapitel 3 eingeführte Korrelation nach Turton&Levenspiel verwendet. Der
aus dem Einzelpartikel-Verfahren resultierende mittlere Widerstandsbeiwert errechnet sich
aus:

cd (Rep ) = cd (Rep ) f (vrel ) dvrel , (6.8)
R3

64
6.2 Informationsaustausch an den Zonengrenzen

mit der Verteilungsfunktion der Relativgeschwindigkeit:


 
1 (vrel − vrel )2
f (vrel ) =
3 exp − 2 σv2 rel
. (6.9)
2 π σ2 2vrel

Für einen Vergleich zwischen cd (Rep ) und dem mittleren Widerstandsbeiwert, wie er sich
aus dem Zwei-Kontinua-Verfahren in Abhängigkeit der mittleren Relativgeschwindigkeit
vrel ergibt, muss (6.8) numerisch approximiert werden. Bildet man nun aus dem Ergebnis
für cd (Rep ) und aus dem mittleren Widerstandsbeiwert cd (Rep ) einen Quotienten, so lässt
sich folgender Korrekturfaktor ckt definieren:
cd (Rep )
ckt = . (6.10)
cd (Rep )
In der Abbildung 6.6 ist ckt in Abhängigkeit der mittleren Reynoldszahl der Partikel Rep
und der Standardabweichung σvrel dargestellt. Für erhöhte Werte von Rep und σvrel erkennt

1.5
1.4
1.3
ckt

1.2
1.1
1
300
200 0.8
100 0.6
Rep 0.4
0 0.2 σvrel
0
Abbildung 6.6: Korrekturfaktor ckt .

man einen erheblichen Anstieg des Korrekturfaktors. In diesem Fall wird die mit dem Zwei-
Kontinua-Verfahren ermittelte Größe der Widerstandskraft unterschätzt.
Um diesen offensichtlichen Modellfehler des Zwei-Kontinua-Verfahrens zu beheben, wird
der aus der mittleren Relativgeschwindigkeit resultierende, mittlere Widerstandsbeiwert
cd (Rep ) mit dem Korrekturfaktor ckt multipliziert. Hierzu soll der in Abbildung 6.6 darge-
stellte Zusammenhang zwischen ckt und Rep bzw. σvrel durch eine Korrelation wiedergege-
ben werden. Für ckt wird folgender Ansatz verwendet:

ckt ≈ 1 + a log b Rep + 1 . (6.11)


Für die Koeffizienten a und b erhält man durch Regression:
a = −0.0087 σvrel + 0.2497 σv2 rel − 0.0635 σv3 rel , (6.12)
65
6 Konstruktion eines adaptiven Simulationsverfahrens

b = 1.6007 − 0.2457 σvrel + 2.5786 σv2 rel − 4.6241 σv3 rel + 2.0599 σv4 rel . (6.13)
Durch die Berücksichtigung der vorstehenden Korrelation ist sichergestellt, dass die mit
dem Zwei-Kontinua- sowie mit dem Einzelpartikel-Verfahren ermittelten Werte der Wider-
standskraft nahezu identisch sind.

6.2.2 Modellierung der Geschwindigkeitskovarianz


Das Ausmaß der Schwankungsgeschwindigkeit eines Partikelkollektivs wird durch die An-
gabe der granularen Temperatur Θ beschrieben. Während im Einzelpartikel-Verfahren die
Berechnung der granularen Temperatur direkt aus den Schwankungsgeschwindigkeiten der
Partikel Θ = |vp |2 /3 ermittelt wird, ist im Falle des Zwei-Kontinua-Verfahrens eine Trans-
portgleichung für Θ zu lösen (vgl. (3.25)). Wie in Kapitel 3 beschrieben, berücksichtigt
diese neben dem konvektiven und diffusiven Transport der granularen Temperatur auch
die Produktion bzw. Dissipation der Fluktuationsenergie, die aus dem Einfluss der Rei-
bungskraft zwischen den Partikeln und dem umgebenden Gas resultieren. Sie werden in
der Größe Ψ zusammengefasst:

Ψp = β(Kgp − 3Θ). (6.14)

Kgp ist die Geschwindigkeitskovarianz, sie stellt eine Korrelation zwischen den Fluktua-
tionsgeschwindigkeiten vp einzelner Partikel und den Fluktuationsgeschwindigkeiten der
Gasphase ug dar:

Kgp = ug vp . (6.15)

Zur Modellierung von (6.15) wird ein vereinfachtes Kräftegleichgewicht am Einzelpartikel


betrachtet [SM98]:
dvp 3 ρg
= cd (Rep ) |up − vp | (ug − vp ) . (6.16)
dt 4 ρp dp
Nach der Subtraktion der entsprechenden zeitgemittelten Größen erhält man die Bewe-
gungsgleichung eines Partikels unter dem Einfluss der Fluktuationsgeschwindigkeit der
Gasphase:
dvp 3 ρg

= cd (Rep ) |up − vp | ug − vp . (6.17)


dt 4 ρp dp
Setzt man nun die Gültigkeit des Stokes-Bereiches für den Widerstandsbeiwert cd voraus,
so gilt:
dvp 1 
18 µg
= u − vp , τp = , (6.18)
dt τp g ρp d2p

wobei τp die aerodynamische Partikelrelaxationszeit bezeichnet. Zur Lösung von (6.18) wird
angenommen, dass die von einem Partikel entlang seiner Bahnkurve erfahrene Fluktuation
66
6.2 Informationsaustausch an den Zonengrenzen

der Gasphase als ein periodischer Vorgang beschrieben werden kann. So ist es möglich die
Fluktuationsgeschwindigkeit der kontinuierlichen Phase durch eine Sinusfunktion mit einer
Amplitude A und der Frequenz ω auszudrücken:

ug (t) = A sin (ω t) . (6.19)

Für die eingeschwungene Lösung der Bewegungsgleichung eines Partikels unter Einwirkung
dieser Gasfluktuation gilt:
ug (t) ω τp
vp (t) = −A cos (ω t) . (6.20)
1 + ω 2 τp2 1 + ω 2 τp2

Die Bildung des Produktes ug vp und eine anschließende zeitliche Mittelung führt über
einen Koeffizientenvergleich zu folgendem Ergebnis:
√ √
ug vp = 2k 3Θ. (6.21)

Dieser Ansatz, der bereits in der Arbeit von Sinclair & Mallo verwendet wurde [SM98],
stellt das Produkt der gemittelten Beträge der Fluktuationsgeschwindigkeiten dar und darf
zunächst bei geringen mittleren Reynolds-Zahlen der Partikel Rep << 1 verwendet wer-
den. Um (6.21) auch für Anwendungen in Verbindung mit höheren mittleren Reynolds-
1
0.9
0.8
0.7
0.6
f (Rep )

0.5
0.4
0.3
0.2
0.1
0
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Rep
Abbildung 6.7: Abhängigkeit des Multiplikators f (Rep ) von der mittleren Reynolds-Zahl der
Partikel Rep .

Zahlen nutzen zu können, wird eine auf einer entsprechenden Parameterstudie basieren-
de Erweiterung vorgenommen. Dabei werden Partikelkollektive mit jeweils unterschiedli-
chem Partikeldurchmesser im granulardynamischen Gleichgewicht erzeugt und mit Hilfe
des Einzelpartikel-Verfahrens simuliert. Die sich im stationären Endzustand der Simula-
tion ergebende Größe für die granulare Temperatur Θ muss mit dem Ergebnis aus der
67
6 Konstruktion eines adaptiven Simulationsverfahrens

Simulation mit dem Zwei-Kontinua-Verfahren übereinstimmen. Hieraus kann ein Faktor f


eingeführt werden, mit dem (6.21) multipliziert werden muss, um die genannte Überein-
stimmung zu gewährleisten. Der aus der geschilderten Untersuchung resultierende Zusam-
menhang zwischen dem Faktor f und der mittleren Reynolds-Zahl der Partikel Rep kann
wie folgt angegeben werden:


1 für Rep ≤ 0.062
f Rep = −0.457 . (6.22)
0.28 Rep für 0.062 < Rep

In der Abbildung 6.7 ist dieser Zusammenhang noch einmal für einen Reynolds-Zahlen Be-
reich von Rep < 10 grafisch dargestellt. Für Rep << 1 wird die Fluktuationsgeschwindigkeit
der Partikel stark von derjenigen der Gasphase beeinflusst. Es besteht eine starke Korre-
lation zwischen beiden Fluktuationsgeschwindigkeiten; in diesem Bereich nimmt f einen
Wert von eins ein. Bei höheren mittleren Reynolds-Zahlen der Partikel dagegen nimmt die
Trägheit der Partikel zu und bewirkt einen geringeren Einfluss der Gasfluktuationen auf
die Partikelbewegung. Die Korrelation zwischen den Fluktuationsgeschwindigkeiten nimmt
daher ab (f < 1).

6.2.3 Formulierung der Übergangsbedingungen


Die Berechnung des Bewegungsverhaltens eines Partikelkollektivs mit einem gekoppelten
Simulationsverfahren erfordert einen präzisen Informationstransfer im Randbereich zwi-
schen den beiden numerischen Berechnungsverfahren. Zu diesem Zweck müssen Übergangs-
bedingungen formuliert werden, die eine konservative Behandlung der Erhaltungsgrößen
beim Übergang vom deterministischen in den stochastischen Bereich, wie auch in die ent-
gegengesetzte Richtung gewährleisten. Bevor diese Thematik genauer behandelt wird, soll
an dieser Stelle zunächst eine Formulierung gegeben werden, welche die Erzeugung von
Partikeln auf der Fläche eines Kontrollvolumens ermöglicht. Bei dem betrachteten Kon-
trollvolumen handelt es sich um den Eintrittsbereich einer Strömungsgeometrie; die Fläche
stellt eine Eintrittsfläche dar. Dabei sollen auf der Grundlage einer Verteilungsfunktion
sowohl die Partikelanzahl als auch die zugehörigen Geschwindigkeiten ermittelt werden.

Modellierung der Eintrittsrandbedingungen


Ausgehend von einer gegebenen Verteilungsfunktion der Partikelgeschwindigkeiten fp (t, x, v)
lässt sich die Anzahl der Partikel in einem betrachteten Kontrollvolumen Ω zu einem be-
liebigen Zeitpunkt t wie folgt angeben:
 
np (t) = fp (t, x, v) dv dx. (6.23)
Ω R3v

Es soll nun die Anzahl der Partikel ermittelt werden, die im Zeitintervall τ die Eintritts-
fläche Γ des betrachteten Kontrollvolumens Ω passieren (s. Abbildung 6.8). Dabei ist zu

68
6.2 Informationsaustausch an den Zonengrenzen

Eintrittsfläche Γ

nx

Abbildung 6.8: Eintrittsrand.

beachten, dass der zu berechnende Partikel-Nettofluss ṁ auch solche Partikel berücksich-


tigen muss, die im gleichen Zeitintervall das Kontrollvolumen aufgrund einer negativen
Geschwindigkeit wieder verlassen. Eine geeignete Formulierung stellt das folgende Integral
dar [RW01]:
 τ 
np,in(τ ) = − (v · nx ) fin (t, x, v) dv dFx dt, (6.24)
0 Γ v·nx ≤0

wobei dFx ein infinitesimales Flächenelement bezeichnet und nx den Einheitsnormalenvek-


tor der Fläche Γ bei x ∈ Γ darstellt. Für die Verteilungsfunktion der Partikelgeschwindig-
keiten auf der Eintrittsfläche fin kann die Maxwell-Verteilung verwendet werden:
 
n∗p,in |v − uin|2
fin(t, x, v) = fM (t, x, v) = 3 exp − . (6.25)
(2πΘin) 2 2Θin

Hierbei kennzeichnen die mit dem Index in versehenen Größen die bekannten Eintrittspa-
rameter auf der Eintrittsfläche. Dies sind im Einzelnen die mittlere Partikelgeschwindigkeit
uin, die granulare Temperatur Θin sowie die Partikelanzahldichte n∗p,in, die sich aus dem
mittleren Volumenanteil φp ergibt

6 φp
n∗p,in = . (6.26)
π d3p

Während n∗p,in die Anzahl der Partikel angibt, die nach einem Zeitintervall ∆τ in Ω vorlie-
gen, charakterisiert np,in die Anzahl der Partikel, die innerhalb von ∆τ die Eintrittsfläche
passieren müssen, um n∗p,in einzuhalten. Diese Parameter werden im Weiteren als konstant
über die Fläche Γ und die Zeit t angenommen. Die Auswertung des inneren Integrals in
(6.24) erfolgt unter Zuhilfenahme folgender Substitution:
 3
v = uin + 2Θin ξ, dv = (2Θin ) 2 dξ, (6.27)

69
6 Konstruktion eines adaptiven Simulationsverfahrens

so dass gilt:

− (v · nx ) fin (t, x, v) dv (6.28)
v·nx ≤0
√ 
2Θin

= 3 (a + (ξ · (−nx ))) exp −ξ 2 dξ.


π2 ξ·nx ≤a

Hierbei stellt a eine Abkürzung mit:


(uin · (−nx ))
a= √ (6.29)
2 Θin
dar. Führt man nun die Definition der Fehler-Funktion erf(x) ein
 x
2
erf(x) = √ exp(−z 2 ) dz (6.30)
π 0
und setzt die Konstanz des Einheitsnormalenvektors nx über die Fläche Γ voraus, so ver-
einfacht sich (6.24) zu:
  
1 1

np,in(τ ) = τ |Γ| n∗p,in 2Θin a (1 + erf(a)) + √ exp −a2 . (6.31)


2 π
Die Anzahl der in das Kontrollvolumen Ω eintretenden, simulierten Partikel ergibt sich
dann unter Berücksichtigung des Partikelgewichtes g aus:
 
np,in
nps,in = , (6.32)
g
wobei der Klammerausdruck den unteren ganzzahligen Anteil des Quotienten in (6.32)
darstellt. Ein weiteres Partikel wird dann erzeugt, wenn (np,in − nps,in) größer ist als eine
gleichverteilte Zufallszahl ψ ∈ [0, 1].
Nachdem die Anzahl der in Ω eintretenden Partikel festgelegt ist, werden diese gleichver-
teilt auf der Eintrittsfläche Γ positioniert. Jeder Zeitpunkt, zu dem ein Partikel innerhalb
des Zeitintervalls ∆τ durch eine Eintrittsfläche in das Strömungsgebiet eintritt, ist gleicher-
maßen wahrscheinlich. Daher wird eine gleichverteilte Zufallszahl ∆τ ∗ ∈ [0, ∆τ ] erzeugt
und das Partikel um diesen Zeitschritt fortbewegt. Die Ermittlung der Geschwindigkeit
eines Partikels erfolgt unter Verwendung einer Verteilungsfunktion, die auf der Eintritts-
fläche der so genannten Maxwell-HS-Verteilung (HS: half-space) entspricht [RW01]:

⎨  fin (x, v) (v · nx ) für v · nx ≤ 0
fHS (v) = − v·nx ≤0 fin (x, v) (v · nx ) dv . (6.33)

0 für v · nx > 0
Die Auswertung des Integralausdrucks in (6.33) erfolgt analog zur Ermittlung der Partike-
lanzahl np,in und liefert:
   
1 1

− fin (x, v) (v · nx ) dv = n∗p,in 2Θin a (1 + erf(a)) + √ exp −a2 . (6.34)


v·nx ≤0 2 π
70
6.2 Informationsaustausch an den Zonengrenzen

Damit sind die Randbedingungen auf der Eintrittsfläche eines Kontrollvolumens für ein
Partikelkollektiv, im Rahmen der Berechnung mit dem Einzelpartikel-Verfahren, bestimmt.
Die nächsten Schritte der Simulation bestehen in der Ermittlung der einzelnen Partikel-
trajektorien sowie der Ausführung von interpartikulären Kollisionen. Diese Schritte sind
bereits in Kapitel 3 erläutert worden.
Die hier vorgestellten Randbedingungen (6.31) und (6.33) sollen im Folgenden bei der
Beschreibung der Übergangsbedingungen im Randgebiet zwischen den beiden numerischen
Berechnungsverfahren zum Einsatz kommen.

Modellierung der Übergangsbedingungen


Im Folgenden werden die Übergangsbedingungen an der Grenzfläche zwischen der determi-
nistischen- und der Randzone beschrieben. Die Beschreibung erfolgt gesondert für eine R-
und eine D-Zelle.
Betrachtet wird zunächst ein beliebiges Kontrollvolumen aus dem Randbereich (R) der
Strömungsgeometrie, dessen unmittelbare Nachbarzelle zum deterministischen Bereich (D)
gehört (vgl. Abbildung 6.9). Wie bereits im Abschnitt 6.1 beschrieben, erfolgt die Berech-
nung der Feststoffphase im Randbereich mit Hilfe des Einzelpartikel-Verfahrens. Innerhalb
des deterministischen Bereiches wird das Zwei-Kontinua-Verfahren verwendet. Der Infor-
mationsfluss I durch die Grenzfläche AG erfolgt hier von der D-Zelle zur R-Zelle. Um die

AG

D R

Abbildung 6.9: Übergangsbedingung für die R-Zelle.

Bewegung eines Partikelkollektivs in der Randzelle (R) zu berechnen, müssen entsprechen-


de Übergangsbedingungen auf der Grenzfläche AG formuliert werden. Dies bedeutet, dass
der bisherigen kontinuierlichen Beschreibungsweise der Partikelphase (D) nun eine Ein-
zelpartikelbetrachtung (R) folgt. Die für die Erzeugung der Partikel auf der Grenzfläche
erforderlichen Informationen werden aus den in den Mittelpunkten der beiden Zellen gespei-
cherten Daten ermittelt. In diesem Zusammenhang wird ein Hybrid-Verfahren verwendet,
welches die Ermittlung des mittleren Volumenanteils sowie der mittleren Geschwindigkei-
ten der Feststoffphase aus der Kombination des so genannten UPWIND-Verfahrens und
der zentralen Differenzen vornimmt. Als Entscheidungskriterium dient die Zell-Peclet-Zahl
Pe, die sich aus dem Verhältnis des konvektiven und diffusiven Informationstransportes

71
6 Konstruktion eines adaptiven Simulationsverfahrens

ergibt:
ρp (vp · n) ∆x
Pe = , (6.35)
µp
wobei ∆x die Entfernung zwischen den Mittelpunkten beider Zellen bezeichnet. Nachdem
die erforderlichen Parameter, d.h. der Volumenanteil φp,G , die mittlere Partikelgeschwin-
digkeit up,G und die granulare Temperatur ΘG an der Grenzfläche bestimmt sind, kann
die Partikelanzahl und die Geschwindigkeit der einzelnen Partikel ermittelt werden. Hierzu
werden die im letzten Abschnitt vorgestellten Beziehungen (6.31) und (6.33) verwendet.
Die Anwendung beider Gleichungen an einer Grenzfläche zur Kopplung einer kontinuier-
lichen und einer Einzelpartikel-Beschreibungsweise der Feststoffphase ist in der Litera-
tur als Maxwell-Marshak-Kopplungsbedingung bekannt. Eine allgemeine Formulierung der
Übergangsbedingung, die einen stetigen Übergang der Flüsse über die Grenzfläche fordert,
kann für die Massen- bzw. Impulserhaltung wie folgt angegeben werden [Que99]:
 
− (v · nx ) fEq (x, v) dv = − (v · nx ) fp (x, v) dv, (6.36)
v·nx ≤0 v·nx ≤0

bzw.:
 
− (v · nx ) vp fEq (x, v) dv = − (v · nx ) vp fp (x, v) dv, (6.37)
v·nx ≤0 v·nx ≤0

wobei fEq eine Gleichgewichtsverteilung der Partikelgeschwindigkeiten in der D-Zelle dar-


stellt. Im Verlaufe einer Simulation sind beide Gleichungen, (6.36) und (6.37), im statisti-
schen Mittel erfüllt.
In einem weiteren Schritt soll ein Kontrollvolumen aus dem deterministischen Bereich
betrachtet werden, in dem die Berechnung der Feststoffphase mit dem Zwei-Kontinua-
Verfahren erfolgt. Die Anordnung der Nachbarzellen sowie die Richtung der Informations-
flüsse I durch die Grenzflächen AG sind in der Abbildung 6.10 dargestellt. Für die Be-

AG,l AG,r

Il Ir

R D R

Abbildung 6.10: Übergangsbedingung für die D-Zelle.

rechnung des Bewegungsverhaltens der Feststoffphase mit dem Zwei-Kontinua-Verfahren


müssen sämtliche Flüsse über die Flächen des Kontrollvolumens bekannt sein. Zur Er-
mittlung der Flüsse Il über die Grenzfläche AG,l werden die Eigenschaften der Partikel,
72
6.2 Informationsaustausch an den Zonengrenzen

welche die R-Zelle über die Grenzfläche AG,l verlassen, notiert. Aus der Anzahl dieser Par-
tikel, deren Geschwindigkeit sowie der Fluktuationsgeschwindigkeit können der Massen-,
Impuls- und Fluktuationsenergiefluss bestimmt werden. Anders stellt sich die Situation an
der Grenzfläche AG,r dar. Hier führt die Verwendung der Partikeleigenschaften, die für die
Berechnung der Feststoffphase mit dem Einzelpartikel-Verfahren in der R-Zelle erzeugt
wurden, zu einer instabilen Ermittlung der Flüsse Ir über die Grenzfläche AG,r . Der Grund
für diese Instabilitäten liegt darin, dass die Generierung von Partikeleigenschaften auf AG,r
in der R-Zelle stochastischen Schwankungen unterworfen ist. Diese Schwankungen werden
auf die Berechnung der Flüsse Ir in der D-Zelle übertragen und führen zu neuen mitt-
leren Feststoffeigenschaften (Volumenanteil, Geschwindigkeit und granulare Temperatur)
in der D-Zelle. Aus diesen Informationen werden im nächsten Zeitschritt erneut Parti-
kel auf AG,r in der R-Zelle erzeugt, d.h. die ursprünglichen stochastischen Schwankungen
gehen in die Generierung neuer Partikel ein. Diese Instabilitäten können im Laufe der Si-
mulation zunehmen und führen schließlich zur Divergenz. Um dies zu verhindern, werden
sämtliche Flüsse über AG,r aus den in den Mittelpunkten der beiden Zellen gespeicherten
Informationen berechnet. Dieses Vorgehen stabilisiert die auftretenden Fluktuationen. Die
erforderlichen Interpolationen werden mit dem bereits oben erwähnten Hybrid-Verfahren
vorgenommen.
Im Folgenden soll anhand eines Beispiels die Funk-
tionsweise der gekoppelten Simulation an der Grenz-
fläche zwischen einer deterministischen- und einer
Randzone erläutert werden. Betrachtet wird die Si-
AG,o
mulation einer aufwährtsgerichteten Gas-Feststoff- D
Strömung in einem vertikalen Kanal. In der Abbil- Io
dung 6.11 sind drei aus der Rechengeometrie ent-
nommene Zellen dargestellt, von denen die mittlere
eine R-Zelle, die beiden verbleibenden D-Zellen dar- R
stellen. Bei der Berechnung des Feststoffverhaltens
für einen Subzeitschritt ∆τ in der Randzone wird Iu
AG,u
für jedes einzelne Partikel die Bewegungsgleichung
gelöst. Dies gilt für Partikel, die sich in der R-Zelle
bereits befinden, als auch für Partikel, die durch die D
Fläche AG,u in die R-Zelle eintreten. Um die Anzahl
und Geschwindigkeit der eintretenden Partikel zu
bestimmen, müssen zunächst die mittlere Geschwin-
digkeit up,G , die granulare Temperatur ΘG und der
Abbildung 6.11:
Feststoffvolumenanteil Φp,G an der Grenzfläche AG,u
Übergangsbedingungen am Beispiel
ermittelt werden. Diese drei Parameter beschreiben
der Simulation einer Gas-Feststoff-
die in (6.36) und (6.37) angegebene Gleichgewichts-
Strömung.
verteilung der Partikelgeschwindigkeiten fEq . Aus
der Anwendung des Hybrid-Verfahrens ergeben sich für die gesuchten Größen die folgenden

73
6 Konstruktion eines adaptiven Simulationsverfahrens

Zahlenwerte:

uz,p,G = 0.8766, ΘG = 9.25 · 10−4 , φp,G = 0.001, (6.38)

wobei uz,p,G die aufwärtsgerichtete Komponente der mittleren Geschwindigkeit der Parti-
kelphase darstellt. Setzt man die Zahlenwerte aus (6.38) in (6.31) ein, so kann die Anzahl
der Partikel np,in, die über die Eintrittsfläche AG,u und innerhalb des Subzeitschrittes
∆τ = 0.01 in die R-Zelle eintreten, berechnet werden. Für np,in ergibt sich ein Wert von
17.75. Aus dem Vergleich der Wahrscheinlichkeit (np,in − nps,in) mit einer gleichverteil-
ten Zufallszahl ψ ∈ [0, 1] ergibt sich die Anzahl der eintretenden simulierten Partikel zu
nps,in = 17. Nachdem nps,in berechnet ist, wird jedem Partikel eine Geschwindigkeit zu-
geordnet. Dies erfolgt durch die Auswertung von (6.33) und unter Berücksichtigung von
(6.38).
Bei der Berechnung des Bewegungsverhaltens der Feststoffphase im Zeitintervall ∆τ
wird eine bestimmte Anzahl von Partikeln die R-Zelle durch die Grenzfläche AG,o verlas-
sen. Die Eigenschaften dieser Partikel, deren Geschwindigkeit und granulare Temperatur,
werden als statistische Momente nullter, erster und zweiter Ordnung (s. Kapitel 4) an der
Grenzfläche AG,o gespeichert. In dem hier vorgestellten Beispiel verlassen in jedem Sub-
zeitschritt ∆τ im Mittel 17.4 Partikel die R-Zelle. Da der Zeitschritt für die Simulation der
Gasphase ∆t aus zehn Subzeitschritten besteht, beträgt die gesamte Anzahl der austreten-
den Partikel nach Ablauf eines Zeitschrittes ∆t 174. Die mittlere Partikelgeschwindigkeit
uz,p,G ergibt sich aus dem statistischen Moment erster Ordnung, sie nimmt einen Wert
von 0.8762 ein, für die granulare Temperatur, die das Ergebnis der statistischen Momente
zweiter Ordnung ist, gilt ΘG = 1.07 · 10−3 . Die gespeicherten Daten werden nun dazu ver-
wendet den Massen-, Impuls-, und Energiefluß Io über die Grenzfläche AG,o zu berechnen.
Zusammen mit den entsprechenden Flüssen über die verbleibenden Flächen der oberen D-
Zelle kann dann das Bewegungsverhalten der Feststoffphase in der deterministischen Zone
ermittelt werden.

6.3 Beschreibung der Lösungstrategie


Die Konstruktion eines gekoppelten Simulationsverfahrens aus dem Zwei-Kontinua- und
dem Einzelpartikel-Verfahren schließt das Konzept einer Lösungstrategie ein, nach der die
Berechnung der Feststoffphase im gesamten Strömungsgebiet erfolgt. Dabei ist für eine
simultane Anwendung der beiden numerischen Verfahren die Auswertung des in Kapi-
tel 5 vorgestellten Gebietszerlegungskriteriums erforderlich. Die erstmalige Aufteilung des
Rechengebietes setzt eine vorherige Berechnung der Feststoffphase mit dem Einzelpartikel-
Verfahren voraus, was sehr zeitaufwendig sein kann. Um dies zu vermeiden, besteht der
erste Schritt der Lösungstrategie in einer Approximation der Bewegung der Feststoffphase
auf der Basis des Zwei-Kontinua-Verfahrens (s. Abbildung 6.12). Auf diese Weise erhält
man bereits nach wenigen Zeitschritten eine Näherungslösung. Als problematisch erweist
sich dabei die Formulierung der Randbedingungen für die granulare Temperatur Θ. Deswei-
teren ist in Nicht-Gleichgewichts-Zonen (s. Kapitel 7) ein überproportionaler Anstieg von
74
6.3 Beschreibung der Lösungstrategie

adaptive Gebietszerlegung
Initialisierung mit
gemäß Kriterium
Einzelpartikel-Verf.

D-Bereich R-Bereich S-Bereich

Näherungslösung mit
Zwei-Kontinua-Verf.
Berechnung mit ÜB Berechnung mit
Zwei-Kont.-Verf. Einzelpart.-Verf.

Auswertung des
Zerlegungskriteriums

gekoppeltes Simulationsverfahren mit


Initialisierung
adaptiver Gebietszerlegung

Abbildung 6.12: Lösungstrategie für die Berechnung der Feststoffphase mit dem gekoppelten
Simulationsverfahren.

Θ zu erwarten. Um eine Störung der numerischen Stabilität zu vermeiden, wird daher die
granulare Temperatur bei der Bestimmung einer Näherungslösung als eine konstante Größe
behandelt. Aus den erhaltenen Daten können nun im gesamten Strömungsgebiet Partikel
generiert werden, deren Bewegung im Folgenden mit dem Einzelpartikel-Verfahren berech-
net wird. Durch die Berücksichtigung der in Kapitel 5 beschriebenen Signifikanz-Niveau-
Beschränkung der Bewertungsfunktion DEq,p kann bereits nach Ablauf weniger Zeitschritte
eine Auswertung des für die Gebietsaufteilung erforderlichen Gebietszerlegungskriteriums
vorgenommen werden.
Damit ist der Schritt der Initialisierung beendet und das rechenintensive Einzelpartikel-
Verfahren kann durch das gekoppelte Simulationsverfahren mit adaptiver Gebietszerle-
gung abgelöst werden. An dieser Stelle sei angemerkt, dass die für den Schritt der In-
itialisierung benötigte Zeit weniger als 10% der Gesamtzeit in Anspruch nimmt, die für
das Gesamtverfahren benötigt wird. Das Rechengebiet wird nun gemäß des Kriteriums in
die deterministische-, die stochastische- und die Randzone eingeteilt, wobei in der deter-
ministischen Zone das Zwei-Kontinua-, in der stochastischen- und der Randzone jeweils
das Einzelpartikel-Verfahren zur Berechnung des Bewegungsverhaltens der Feststoffpha-

75
6 Konstruktion eines adaptiven Simulationsverfahrens

se verwendet wird. Bevor der Berechnungsvorgang beginnt, müssen zunächst die Grenz-
flächen identifiziert werden, an denen der Informationstransfer zwischen den numerisch
unterschiedlich behandelten Zonen stattfindet. Die Berechnung der Partikelbewegung für
einen Zeitschritt ∆t erfolgt dann zuerst  mit dem Einzelpartikel-Verfahren, wobei die Si-
mulation in Subzeitschritten ∆τ mit ∆τ = ∆t durchgeführt wird. Zur Ermittlung der
mittleren Partikeleigenschaften erfolgt die Auswertung der statistischen Momente nach
Ablauf von ∆t in den Mittelpunkten der stochastischen Zonen und der Randzonen so-
wie auf den Grenzflächen. Erst jetzt kann die Berechnung der Partikelbewegung mit dem
Zwei-Kontinua-Verfahren für ∆t und unter Berücksichtigung der Übergangsbedingungen
vorgenommen werden. Nach jedem Zeitschritt wird das Zerlegungskriterium in der sto-
chastischen Zone und in der Randzone erneut ausgewertet, um eine eventuelle räumliche
Verschiebung der einzelnen Zonen zu detektieren. So wird sichergestellt, dass zu jedem
Zeitpunkt der Simulation eine dem Zerlegungskriterium entsprechende Gebietsaufteilung
vorliegt und damit eine korrekte numerische Berechnung der Feststoffphase erfolgt.
Eine wichtige Fragestellung, die sich bei der Konstruktion des gekoppelten Simulations-
verfahrens ergibt, ist der Aspekt einer Parallelisierung. Durch das große Leistungspoten-
tial paralleler Rechner kann eine signifikante Verkürzung der Rechenzeit einer Simulation
erreicht werden. Während der Einsatz effizienter, paralleler Algorithmen für die Berech-
nung von dispersen Mehrphasenströmungen mit dem Zwei-Kontinua-Verfahren bereits den
Stand der Technik darstellt, befinden sich Parallelisierungsverfahren für das Einzelpartikel-
Verfahren noch am Anfang ihrer Entwicklung [Was98, Fra02]. Das in dieser Arbeit ent-
wickelte gekoppelte Simulationsverfahren zur Berechnung von Gas-Feststoff-Strömungen
stellt für den Einsatz eines Parallelrechnersystems im Vergleich zum Einzelpartikel-Verfah-
ren kein zusätzliches Hindernis dar. Die Zerlegung der Rechengeometrie in Partitionen
sowie deren Zuordnung zu den einzelnen Prozessoren ist unabhängig von der Gebietsauf-
teilung der Strömungsgeometrie in stochastische-, deterministische- und Randzonen. Legt
die Partitionierung die Prozessorgrenze in der stochastischen Zone bzw. in der Randzone
fest, so erfolgt der Datenaustausch zwischen den Prozessoren wie beim Einzelpartikel-
Verfahren. Befindet sich die Prozessorgrenze in der deterministischen Zone, so erfolgt der
Informationstransfer wie bei der Berechnung der Gasphase.

6.4 Modifikation des Mehrgitterverfahrens


Wie bereits in Kapitel 3 erläutert, besteht die Effizienz des Zwei-Kontinua-Verfahrens in
der Verfügbarkeit von leistungsfähigen Methoden, die eine iterative Lösung des zugrun-
de liegenden nichtlinearen und gekoppelten Gleichungssystems ermöglichen. Eine solche
Methode stellt das Mehrgitter-Verfahren dar (vgl. Abschnitt 3.4).
Durch die Konstruktion eines gekoppelten Simulationsverfahrens ergeben sich für den
Einsatz der Mehrgittertechnik wichtige Anpassungen. Bei der so genannten Restriktion des
Problems werden Feingitterzellen zu Grobgitterzellen zusammengefasst. Beim Einsatz des
gekoppelten Simulationsverfahrens muss der Vorgang der Restriktion die Gebietsaufteilung
der Strömungsgeometrie berücksichtigen. Insbesondere ist hierbei die Frage zu klären, wel-

76
6.4 Modifikation des Mehrgitterverfahrens

chen Zellenstatus soll eine Grobgitterzelle erhalten wenn sie aus Feingitterzellen besteht,
die unterschiedlichen Zonen angehören. Die weiteren Schritte des Mehrgitter-Verfahrens
bestehen in der Berechnung des Defektes dF in den Feingitterzellen sowie einer Lösung des
behandelten Problems auf dem Grobgitter. Bei diesen Vorgängen muss erörtert werden,
wie die stochastischen- und die Randzellen in die Berechnung einbezogen werden sollen.
Bei der Prolongation wird die berechnete Korrektur eF auf das Feingitter übertragen. Auch
hier ist zu klären, in welchen Zellen des Feingitters eine Modifikation der entsprechenden
Größen vorgenommen werden muss, um den Vorgang der Prolongation zu ermöglichen.
Zunächst soll die Frage beantwortet werden, wie die zur stochastischen- bzw. zur Rand-
zone gehörenden Zellen in das Mehrgitter-Verfahren einbezogen werden. Dabei ist zu be-
achten, dass das Einzelpartikel-Verfahren, das in diesen Bereichen eingesetzt wird, bereits
die bestmögliche Approximation des Feststoffverhaltens liefert. Daher darf der Einsatz des
Mehrgitter-Verfahrens zu keinen Veränderungen des Partikelverhaltens in den betreffen-
den Zellen führen. Dies hat zur Folge, dass die R- bzw. S-Zellen zwar zur Bildung von
Grobgitterzellen verwendet werden dürfen; eine Korrektur der Partikeleigenschaften aus
der Lösung einer Größe in der Grobgitterzelle ist jedoch ausgeschlossen. In der Abbildung

R R R S

R R R R

R,S

S S R S

S S R S
R S

S S

Abbildung 6.13: Erzeugung einer Grobgitterzelle aus Feingitterzellen der R- bzw. S-Zone.

6.13 sind schematisch die verschiedenen Möglichkeiten zur Erzeugung einer Grobgitter-
zelle dargestellt, die jeweils aus vier Feingitterzellen der R- bzw. S-Zone gebildet wird.
Da in der gebildeten Grobgitterzelle eine Berechnung der Feststoffphase nicht stattfin-
det, ist eine Unterscheidung zwischen einer R- bzw. S-Grobgitterzelle nicht erforderlich.
Abbildung 6.14 zeigt schematisch die Möglichkeiten zur Bildung einer D-Grobgitterzelle
aus vier Feingitterzellen der unterschiedlichen Zonen. Wie in der Abbildung 6.14 darge-
stellt, ist für die Erzeugung einer D-Grobgitterzelle das Vorliegen von mindestens einer
D-Feingitterzelle erforderlich. Anordnungen von D-Grobgitterzellen mit mehreren R- bzw.

77
6 Konstruktion eines adaptiven Simulationsverfahrens

D D D R

D D D D

D R D R

R S D R
D R

R R

Abbildung 6.14: Erzeugung einer D-Grobgitterzelle aus Feingitterzellen der D-, R- bzw. S-
Zone.

S-Zellen sind ebenfalls möglich. Entscheidend ist an dieser Stelle, dass im weiteren Verlauf
des Mehrgitter-Verfahrens die Berechnung des Defektes dF nur in den D-Feingitterzellen
erfolgt und die in der D-Grobgitterzelle berechnete Korrektur eF ebenfalls ausschließlich in
den D-Feingitterzellen Anwendung findet, da in den R- bzw. S-Zellen bereits die bestmögli-
che Approximation durch das Einzelpartikel-Verfahren gewährleistet ist.
Im Folgenden sind die wesentlichen Änderungen, die sich für das Mehrgitter-Verfahren
ergeben, zusammengefasst:

• Bei der Restriktion eines Problems auf das Grobgitter, erfolgt die Berechnung des
Defektes dF nur in den D-Feingitterzellen; in den entsprechenden S- bzw. R-Zellen
wird der Defekt gleich Null gesetzt.

• Die exakte Lösung einer Größe Φ̂G aus der interpolierten Approximation ΦG und
dem Defekt dG erfolgt auf dem Grobgitter ausschließlich in den D-Grobgitterzellen.

• Bei der Prolongation wird die in den D-Grobgitterzellen berechnete Korrektur eF


auf das Feingitter übertragen. Dabei werden nur die entsprechenden Größen in den
D-Feingitterzellen korrigiert (ΦF = ΦF + eF ).

In der Abbildung 6.15 ist diese Prozedur für eine aus jeweils zwei D- und R-Zellen gebildete
D-Grobgitterzelle schematisch dargestellt.
Durch die Anwendung des modifizierten Mehrgitter-Verfahrens wird der Rechenauf-
wand beträchtlich reduziert, ohne dabei die Genauigkeit der Lösung zu beeinträchtigen.
Das Konvergenzverhalten wird dadurch ebenfalls nicht gestört. Im Rahmen dieser Arbeit
werden zur Bildung einer D-Grobgitterzelle ausschließlich D-Feingitterzellen verwendet.

78
6.5 Schlussfolgerung

ΦF , dF = 0 ΦF , dF
ΦG , dG

R D Restriktion
D
R D

Lösung
ΦF ΦF + eF
Φ̂G

R D Prolongation
D
R D

Abbildung 6.15: Schema der modifizierten Mehrgittertechnik.

Dabei enthält eine Grobgitterzelle jeweils acht Feingitterzellen. Grobgitterzellen, die bereits
eine R- bzw. eine S-Feingitterzelle enthalten, werden als R,S-Grobgitterzellen deklariert.

6.5 Schlussfolgerung
In diesem Kapitel wurden Methoden und Techniken vorgestellt, die eine Konstruktion
des gekoppelten Simulationsverfahrens aus dem Zwei-Kontinua- und dem Einzelpartikel-
Verfahren ermöglichen. Die Durchführbarkeit der adaptiven Gebietszerlegung innerhalb der
Strömungsgeometrie wurde durch die Definition einer Randzone sichergestellt. Die Auswer-
tung des Gebietszerlegungskriteriums erfolgt hier zu jedem Zeitpunkt der Berechnung auf
der Basis des Einzelpartikel-Verfahrens. Auf diese Weise kann eine räumliche Verschiebung
der deterministischen bzw. der stochastischen Zone im Verlaufe der Simulation detektiert
werden.
Die Verwendung der mittleren Relativgeschwindigkeit außerhalb des Stokes-Bereiches
führt bei der Berechnung der Widerstandskraft zu einem systematischen Fehler inner-
halb des Zwei-Kontinua-Verfahrens. Die hieraus resultierende Unterschätzung der Wider-
standskraft hat Konsequenzen für das Strömungsverhalten der Feststoffphase. So ist in
Abhängigkeit der gewählten Strömungskonfiguration eine Erhöhung bzw. Reduzierung der
Partikelgeschwindigkeit festzustellen. Durch die Verwendung eines Korrekturfaktors, der
die vollständige Verteilung der Relativgeschwindigkeit berücksichtigt, konnte eine Über-
einstimmung der Ergebnisse erzielt werden, wie sie sich für die Widerstandskraft aus dem
Zwei-Kontinua- und dem Einzelpartikel-Verfahren ergeben.
Eine weitere Modifikation des Zwei-Kontinua-Verfahrens wurde bei der Berechnung der
granularen Temperatur vorgenommen. Die getroffene Annahme der Gültigkeit des Stokes-

79
6 Konstruktion eines adaptiven Simulationsverfahrens

Bereiches bei der Modellierung der Geschwindigkeitskovarianz konnte durch die Verwen-
dung einer aus einer Parameterstudie gewonnenen Funktion modifiziert werden, die den
Gültigkeitsbereich auf höhere Reynoldszahlen erweitert.
Ausgehend von einer geeigneten Formulierung der Randbedingungen auf der Eintritts-
fläche der Strömungsgeometrie, wurde ein Konzept für die Ermittlung von Übergangs-
bedingungen vorgestellt, der eine konservative Behandlung der Erhaltungsgrößen auf der
Grenzfläche gewährleistet. Die Strategie mit der die Berechnung der Partikeleigenschaften
an einer Grenzfläche erfolgt, hängt von der Richtung des Informationsflusses ab. Erfolgt
der Informationstransfer von einer deterministischen Zelle in eine Randzelle, so wird ein
Hybrid-Verfahren eingesetzt. Findet der Informationstransfer von einer Randzelle in eine
deterministische Zelle statt, so werden die Partikeleigenschaften auf der Grenzfläche mit
Hilfe von statistischen Momenten ermittelt.
Für die Berechnung der Feststoffphase mit dem gekoppelten Simulationsverfahren wur-
de eine aus zwei Schritten bestehende Lösungstrategie präsentiert. Im ersten Schritt, der
Initialisierung, werden beide Einzelverfahren nacheinander zur Erzeugung einer Nähe-
rungslösung sowie für eine erste Bewertung des Partikelverhaltens eingesetzt. Im zweiten
Schritt erfolgt die gekoppelte Berechnung der Feststoffphase unter simultaner Anwendung
beider Einzelverfahren auf der Basis einer adaptiven Gebietszerlegung.
Um die Leistungsfähigkeit des gekoppelten Simulationsverfahrens zur erhöhen, wurde
das Mehrgitter-Verfahren an die Gebietszerlegung angepasst. Dadurch konnte eine wesent-
liche Zeiteinsparung bei gleich bleibender Genauigkeit erzielt werden.

80
7 Analyse des gekoppelten
Simulationsverfahrens
In diesem Kapitel soll die Lösungsqualität sowie die numerische Effizienz des gekoppelten,
adaptiven Simulationsverfahrens für die Simulation von Gas-Feststoff-Strömungen ana-
lysiert werden. Für diesen Zweck werden die aus der Simulation mit dem gekoppelten
Verfahren erhaltenen Ergebnisse mit denen aus der Berechnung mit dem Einzelpartikel-
Verfahren verglichen. Die Verwendung des Einzelpartikel-Verfahrens als Referenzverfah-
ren erscheint hier sinnvoll, da eine gute Übereinstimmung zwischen Simulationsergebnis-
sen und entsprechenden experimentellen Daten existiert, was zahlreiche Studien belegen
[Som96, Sch00, Stö03].
Die gewählte Strömungsgeometrie besteht aus einem vertikalen, quadratischen Kanal,
in dem zwei unterschiedliche Hindernisse jeweils einzeln platziert werden. Die Wahl die-
ser Geometriekonfiguration für die Analyse des gekoppelten Simulationsverfahrens wurde
getroffen, weil sich innerhalb der aufwährtsgerichteten Strömung Bereiche mit unterschied-
licher Komplexität des Bewegungsverhaltens der Feststoffphase ausbilden können. Durch
eine geeignete Wahl der Parameter ist sichergestellt, dass während des Berechnungsvor-
gangs sowohl das Einzelpartikel- als auch das Zwei-Kontinua-Verfahren in den entspre-
chenden Geometriebereichen zum Einsatz kommen.

7.1 Simulation einer Gas-Feststoff-Strömung


Bevor die Lösungsqualität des gekoppelten Simulationsverfahrens analysiert wird, soll zu-
nächst die zeitliche Entwicklung der Gebietsaufteilung bis zur Ausbildung eines stationären
Zustands vorgestellt werden, die während der Simulation einer Gas-Feststoff-Strömung mit
dem gekoppelten Simulationsverfahren beobachtet werden kann. Für die entsprechenden
Simulationen wird eine Geometriekonfiguration mit jeweils unterschiedlichen Hindernis-
sen verwendet. In der zuerst gewählten Strömungsgeometrie wird die Umströmung eines
horizontalen Zylinders betrachtet. Die darauf folgende Untersuchung behandelt die Um-
strömung eines keilförmigen Hindernisses, welches an einer Kanalseite befestigt wird. Die
Beschreibung der Strömungsgeometrie sowie des Strömungsverhaltens beider Phasen er-
folgt unter Verwendung normierter Größen sowie dimensionsloser Kennzahlen.
Die Berechnung der stationären Gas-Feststoff-Strömung ist dreidimensional und erfolgt
auf einem blockstrukturierten Gitter unter Verwendung von Hexaederelementen. In der
Nähe der Hindernisse wird eine Gitterverfeinerung vorgenommen, um eine höhere Genau-
igkeit der numerischen Approximation zu erzielen. Die Konvergenzbeschleunigung erfolgt
durch den Einsatz des Mehrgitter-Verfahrens. Die Anzahl der Gitterelemente auf dem fein-
sten Gitter liegt in der Größenordnung von 120000. Die zur Beschreibung des Gas- und
des Feststoffverhaltens benötigten Modelle sind in Kapitel 3 ausführlich beschrieben.

81
7 Analyse des gekoppelten Simulationsverfahrens

7.1.1 Zylinderumströmung
Die Abbildung 7.1 zeigt die für die Simulation der
Zylinderumströmung verwendete Geometrie. Alle Austritt
dargestellten Längenangaben werden auf die Kan-
tenlänge D der quadratischen Querschnittsfläche
des vertikalen Kanals bezogen. Die Länge L des
Kanals beträgt L/D = 4. Das zylindrische Hin-
dernis erstreckt sich über die gesamte Kanalbreite

L
D und hat einen Radius RZ von RZ /D = 0.05.
Das Hindernis wird in einer Höhe von z/D = 2 2RZ
platziert. Die mittlere Geschwindigkeit der Gas-
phase am Eintritt Wg wird zur Normierung der
Geschwindigkeiten beider Phasen verwendet. Die Wg
Feststoffphase besteht aus monodispersen Parti- z
keln mit einem Durchmesser dp von dp /D = 5.0 · y
x
10−4 und einer Dichte ρp von ρp /ρg = 860. Der Vo- D
−3
lumenanteil der Feststoffphase φp beträgt 1.0·10 . D
Das Partikelgewicht g, welches das Verhältnis aus
realen und simulierten Partikeln angibt, wurde auf
einen Wert von 40 festgelegt. Die beiden dimensi- Abbildung 7.1:
onslosen Kennzahlen, die Reynolds-Zahl Re√und Kanalgeometrie mit einem
die Froude-Zahl Fr, die sich aus Fr = Wg / gD zylindrischen Hindernis.
ergibt, betragen: Re = 150000 und Fr = 2.8. Der
Strömungseintritt bzw. -austritt befinden sich an der Unter- bzw. Oberseite des Kanals.
Im Eintritt sind Gas- und Partikelgeschwindigkeit über den Querschnitt konstant, und
die Partikel weisen eine homogene Verteilung auf. Weitere für die Simulation benötigte
Parameter sind in der Tabelle 7.1 zusammengefasst.

Tabelle 7.1: Simulationsparameter

charakteristische Größe Symbol Wert


Stoßzahl Partikel-Wand ew 0.9
Stoßzahl Partikel-Partikel ep 0.95
Reibungsbeiwert Partikel-Wand fw 0.2
Reibungsbeiwert Partikel-Partikel fp 0.3
Partikel-Subzeitschritt ∆τ 10−4

Die im Folgenden vorgestellten Simulationsergebnisse werden jeweils in der x, z-Symme-


trieebene dargestellt. Abbildung 7.2 zeigt die Momentaufnahmen der Gebietsaufteilung
während des zeitlichen Fortschritts der Simulation. Dabei repräsentieren die dunklen Be-

82
7.1 Simulation einer Gas-Feststoff-Strömung

reiche der Strömungsgeometrie die stochastische, die farblosen die deterministische Zone.
Der dazwischen liegende graue Bereich kennzeichnet die Randzone. Wie bereits in Kapitel 6
erläutert, wird in der stochastischen und in der Randzone das Einzelpartikel-Verfahren, in
der deterministischen Zone das Zwei-Kontinua-Verfahren verwendet. Vor dem Start einer
Simulation erfolgt für jede verwendete Strömungsgeometrie eine automatische Zuordnung
der wandnächsten Zellen zur stochastischen Zone (s. Abschnitt 6.1).
3 3 3
2.8 2.8 2.8
2.6 2.6 2.6
2.4 2.4 2.4
−→ z/D

−→ z/D

−→ z/D
2.2 2.2 2.2

⇒ 2
⇒ 2
⇒ 2
1.8 1.8 1.8
1.6 1.6 1.6
1.4 1.4 1.4
1.2 1.2 1.2
1 1 1
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
−→ x/D −→ x/D −→ x/D

3 3 3
2.8 2.8 2.8
2.6 2.6 2.6
2.4 2.4 2.4
−→ z/D

−→ z/D

−→ z/D

2.2 2.2 2.2

⇒ 2
⇒ 2
⇒ 2
1.8 1.8 1.8
1.6 1.6 1.6
1.4 1.4 1.4
1.2 1.2 1.2
1 1 1
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
−→ x/D −→ x/D −→ x/D

Abbildung 7.2: Veränderung der Gebietsaufteilung während der Simulation der Zylinderum-
strömung.

Zu Beginn der Simulation ergibt die Auswertung des Gebietszerlegungskriteriums (5.29 und
5.30) die in Abbildung 7.2 links oben dargestellte Gebietsaufteilung. Man erkennt, dass die
zur stochastischen Zone gehörenden Geometriebereiche sich vorwiegend in der Umgebung
fester Berandungen sowie im Nachlaufgebiet des Zylinders befinden. Die Präsenz des Zy-

83
7 Analyse des gekoppelten Simulationsverfahrens

linders verursacht eine starke Abnahme des Volumenanteils der Feststoffphase im dahinter
liegenden Bereich. Das hat zur Folge, dass die Kontinuumsannahme für die Anwendung des
Zwei-Kontinua-Verfahrens und damit die Bedingung (5.3) nicht mehr erfüllt sind, wodurch
der Einsatz des Einzelpartikel-Verfahrens in dieser Zone erforderlich wird. Im Bereich un-
mittelbar vor dem Zylinder erkennt man die Ausbildung einer, zu diesem Zeitpunkt der
Simulation noch relativ kleinen, stochastischen Zone. In diesem Bereich, der auch als Re-
laxationszone bezeichnet wird, kollidieren die vom Zylinder reflektierten Partikel mit den
Partikeln der Anströmung. Der hieraus resultierende Bewegungszustand der Feststoffphase
weist Deformationen der Verteilungsfunktion der Partikelgeschwindigkeiten auf, die vom
KTGF-Deformationsanteil DKT GF nicht mehr erfasst werden können. Die Auswertung des
Gebietszerlegungskriteriums, insbesondere der Bedingung (5.25), weist damit diesem Be-
reich die stochastische Zone zu. Die verbleibenden, im gesamten Strömungsgebiet vereinzelt
auftretenden, stochastischen Bereiche sind auf die geringe Datenbasis zurückzuführen, die
zu Unsicherheiten bei der Auswertung des Gebietszerlegungskriteriums führt. Diese werden
von der Signifikanz-Niveau-Beschränkung (s. Kapitel 5) berücksichtigt.
Im weiteren Verlauf der gekoppelten Simulation können folgende Veränderungen der
Gebietsaufteilung beobachtet werden. Zum einen wird die Datenbasis für die statisti-
sche Auswertung zunehmend größer, wodurch die zu Beginn der Simulation vorliegenden
Schwankungen ausgeglichen werden. Zum anderen ist ein Anwachsen der stochastischen
Zone vor dem Zylinder bis zum stationären Endzustand zu beobachten (s. Abbildung 7.2
rechts unten), was weiterhin auf die Erfüllung der Bedingung (5.25) zurückzuführen ist.
In Abbildung 7.3 ist links für die Zylinderumströmung der Verlauf der Bewertungsfunk-
tion DEq,p im stationären Endzustand dargestellt, der sich aus der Simulation mit dem

DEq,p DKT GF
3 10 3 10
2.8 2.8
2.6 8 2.6 8
2.4 2.4
−→ z/D

−→ z/D

2.2 6 2.2 6
2 2
1.8 4 1.8 4
1.6 1.6
1.4 2 1.4 2
1.2 1.2
1 0 1 0
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
−→ x/D −→ x/D

Abbildung 7.3: Bewertungsfunktion DEq,p (links) und KTGF-Deformationsanteil DKT GF


(rechts) im stationären Endzustand bei der Umströmung eines Zylinders.

84
7.1 Simulation einer Gas-Feststoff-Strömung

Einzelpartikel-Verfahren ergibt. Man erkennt in einem bestimmten Abstand vor dem Zy-
linder einen sprunghaften Anstieg der Bewertungsfunktion, die im weiteren Verlauf bis zur
Zylinderoberfläche auf einen Wert nahe Null monoton abnimmt. Im Nachlaufgebiet des
Zylinders liegt eine sehr geringe Partikeldichte vor. Die resultierende geringe Anzahl an
Partikelkollisionen verhindert die Einstellung des granulardynamischen Gleichgewichts be-
vor die Partikel das Nachlaufgebiet wieder verlassen. Die Folge ist ein erhöhter Wert der
Bewertungsfunktion in diesem Bereich. Eine ausführliche Untersuchung der Gestalt einer
Relaxationszone kann der Arbeit von Kanther entnommen werden [Kan03]. Ebenfalls in
der Abbildung 7.3 dargestellt, ist der Verlauf des KTGF-Deformationsanteils DKT GF , wie
er sich im stationären Endzustand aus der Simulation mit dem Einzelpartikel-Verfahren
ergibt. Vergleicht man beide Simulationsergebnisse, so erkennt man für DKT GF eine wesent-
lich geringer ausgeprägte Relaxationszone. Wie bereits in Kapitel 5 erläutert, berücksichtigt
der KTGF-Deformationsanteil DKT GF ausschließlich Typ-III-Deformationen einer Vertei-
lungsfunktion der Partikelgeschwindigkeiten. Treten weitere Deformationen einer Vertei-
lungsfunktion auf, so werden diese nicht berücksichtigt. Die Bewertungsfunktion DEq,p
dagegen, ist in der Lage ein wesentlich breiteres Störungsspektrum einer Verteilungsfunk-
tion zu erfassen (Typ-II-Deformationen), weshalb hier die Relaxationszone stärker ausge-
prägt erscheint. Damit führt die Ermittlung der Transportkoeffizienten der Partikelphase
mit dem Zwei-Kontinua-Verfahren in diesem Bereich zu fehlerhaften Ergebnissen. Diese
Tatsache verdeutlicht die Notwendigkeit der Berechnung der Relaxationszone mit dem
Einzelpartikel-Verfahren, welches den schnellen Veränderungen der Strömungseigenschaf-
ten der Feststoffphase Rechnung trägt. Eine aggregierte Beschreibung des Einzelpartikel-
verhaltens als Partikelkollektiv, wie im Falle des Zwei-Kontinua-Verfahrens, ist in diesem
Bereich unzureichend. Im Nachlaufgebiet des Zylinders beobachtet man für DKT GF erheb-
lich höhere Werte als für DEq,p . Die geringe Anzahl von Partikeln führt in diesem Bereich zur
Verletzung der Kontinuumsannahme (5.3), wodurch die Anwendung des Zwei-Kontinua-
Verfahrens unzulässig wird. Die Auswertung des KTGF-Deformationsanteils ist somit im
Nachlaufgebiet des Zylinders nicht sinnvoll.
In Abbildung 7.4 ist die Gebietsaufteilung dargestellt, wie sie sich im stationären End-
zustand bei der Simulation mit dem Einzelpartikel-Verfahren (links) und dem gekoppelten
Berechnungsverfahren (rechts) ergibt. Man erkennt eine sehr gute Übereinstimmung der
von beiden Verfahren ausgewiesenen stochastischen Zonen. Dieses Ergebnis zeigt, dass
die Auswertung des Gebietszerlegungskriteriums und somit die Aufteilung der Rechen-
geometrie in die unterschiedlichen Zonen von der Berechnungsstrategie des gekoppelten
Simulationsverfahrens nahezu unbeeinflusst bleibt.
Die Kopplung des Einzelpartikel- und des Zwei-Kontinua-Verfahrens zu einem hybri-
den Simulationsverfahren löst die Problematik der Formulierung von Randbedingungen
für die Berechnung der Feststoffphase mit dem Zwei-Kontinua-Verfahren. Damit können
zahlreiche technisch bedeutsame Strömungsformen, wie die Umströmung von Hindernissen
(z.B. Wärmetauscherrohren), die bisher mit dem konventionellen Zwei-Kontinua-Verfahren
nur mit speziellen Anpassungen beschrieben werden konnten, mit dem hier entwickelten,
allgemein gültigen Berechnungsverfahren erfasst werden. Ein weiterer Aspekt, der aus der
Verfahrensentwicklung resultiert, betrifft die numerische Effizienz des gekoppelten Simula-
85
7 Analyse des gekoppelten Simulationsverfahrens

Einzelpartikel-Verf. gekoppeltes Verf.


3 3
2.8 2.8
2.6 2.6
2.4 2.4
−→ z/D

−→ z/D
2.2 2.2
2 2
1.8 1.8
1.6 1.6
1.4 1.4
1.2 1.2
1 1
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
−→ x/D −→ x/D

Abbildung 7.4: Gebietsaufteilung im stationären Endzustand der Simulation mit dem


Einzelpartikel-Verfahren (links) und dem gekoppelten Verfahren (rechts).

tionsverfahrens. Tabelle 7.2 zeigt die prozentuale Aufteilung der Zellen- und Partikelanzahl
auf die deterministische-, die stochastische- und die Randzone, die sich bei der Simulation
der Zylinderumströmung mit dem gekoppelten Simulationsverfahren im stationären Zu-
stand ergeben hat. Man erkennt, dass 57% der Gesamtanzahl der Zellen sich innerhalb der
R- und S-Zone befinden. Dieser relativ hohe Zellenanteil resultiert aus der a priori Zuord-
nung aller wandnächsten Zellen zur stochastischen Zone. Für die numerische Effizienz ist
jedoch der Partikelanteil entscheidend. Bei der Aufteilung der Partikel auf die drei Zonen
stellt man fest, dass deutlich mehr als die Hälfte aller Partikel (61%) sich innerhalb der
deterministischen Zone befinden. Hier wird der Vorteil des gekoppelten Simulationsver-

Tabelle 7.2: Prozentuale Aufteilung der Zellen- und Partikelanzahl auf die D-, R- und S-Zone
innerhalb des Strömungsgebietes.

D-Zone R-Zone S-Zone


Zellenanteil in % 43 15 42
Partikelanteil in % 61 16 23

fahrens sichtbar. Durch die geringere Anzahl von Partikeln innerhalb der stochastischen-
bzw. der Randzone wird der Rechenaufwand für die Berechnung einzelner Partikel mit dem
Einzelpartikel-Verfahren wesentlich reduziert. Dies führt zu einer deutlichen Rechenzeiter-
sparnis gegenüber einer Simulation mit dem Einzelpartikel-Verfahren. Für die hier behan-
delte Strömungskonfiguration wurde eine Rechenzeitersparnis von 42% erzielt. Hierbei ist
86
7.1 Simulation einer Gas-Feststoff-Strömung

anzumerken, dass die Rechenzeitersparnis sehr stark von den gewählten Strömungsparame-
tern der Feststoffphase sowie von der Geometriekonfiguration abhängig ist. Die Zunahme
des Volumenanteils der Feststoffphase führt zu einer schmaler werdenden Relaxationszone
und damit einer kleineren stochastischen Zone. Der Grund dafür liegt in den verstärkt
auftretenden Partikel-Partikel Kollisionen, die eine Anpassung der Verteilung der Partikel-
geschwindigkeiten an den neuen Gleichgewichtszustand auf einem engerem Raum stattfin-
den lassen. Eine weitere Maßnahme, die zu einer Kontraktion der Relaxationszone führt,
ist der Einsatz von Partikelkollektiven mit kleinerem Durchmesser. Bei einem konstanten
Volumenanteil der Feststoffphase nimmt die Anzahldichte der Partikel in einem Kontroll-
volumen zu. Die hieraus resultierende Abnahme der freien mittleren Weglänge hat eine
erneute Zunahme der Partikel-Partikel-Kollisionen zur Folge. Die beiden hier beschriebe-
nen Maßnahmen verursachen eine Verkleinerung der stochastischen Zone und führen damit
zu einer höheren Rechenzeitersparnis. In der Abbildung 7.5 sind die Bewertungsfunktion
DEq,p und die Gebietsaufteilung bei der Simulation einer Gas-Feststoff-Strömung mit einem
normierten Partikeldurchmesser der Feststoffphase von dp /D = 1.25 · 10−4 dargestellt. Die
Strömungskonfiguration wird unverändert beibehalten. Aus der Darstellung der Bewer-
DEq,p Gebietsaufteilung
3 1 3
2.8 2.8
2.6 2.6
2.4 2.4
0.67
−→ z/D
−→ z/D

2.2 2.2
2 2
1.8 1.8
0.33 1.6
1.6
1.4 1.4
1.2 1.2
1 0 1
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
−→ x/D −→ x/D

Abbildung 7.5: Bewertungsfunktion DEq,p und Gebietsaufteilung bei der Simulation einer Gas-
Feststoff-Strömung mit einem normierten Partikeldurchmesser von dp /D =
1.25 · 10−4 .

tungsfunktion erkennt man eine deutlich schmaler ausgeprägte Relaxationszone vor dem
Zylinder. Folglich beschränkt sich auch die stochastische Zone auf einen schmalen Bereich
nahe des Hindernisses. Die resultierende Rechenzeitersparnis beträgt hier 55%.
Neben der Variation der Strömungsparameter der Feststoffphase hat jede Verände-
rung der Geometriekonfiguration eine neue Gebietsaufteilung zur Folge. Dabei spielt die
räumliche Ausdehnung von Bereichen mit einer beispielsweise durch Hindernisse gestörten

87
7 Analyse des gekoppelten Simulationsverfahrens

Partikelbewegung eine entscheidende Rolle. Ein Spezialfall stellt hier sicherlich die einfa-
che Kanalströmung dar. Es ist leicht zu erkennen, dass in einer Strömungsgeometrie mit
einem weitgehend ungestörten Partikelverhalten bzw. einer lediglich geringen Störung der
Partikelbewegung durch Hindernisse eine Rechenzeitersparnis wie bei der einfachen Kanal-
strömung erzielt werden kann.

7.1.2 Umströmung eines einseitigen Hindernisses


Bei der hier untersuchten Strömungskonfiguration handelt es sich um die Umströmung
eines einseitigen Hindernisses in einem vertikalen Kanal. Während die Kanalgeometrie

Austritt
a/2

a
L

a
a

Wg
z
y
x
D
D
Abbildung 7.6: Kanalgeometrie mit einem einseitigen Hindernis.

bereits im letzten Abschnitt ausführlich beschrieben wurde, sind die Abmessungen des
einseitigen Hindernisses, das im Folgenden als Prisma bezeichnet wird, in der Abbildung
7.6 dargestellt. Das Prisma besitzt eine dreieckige Grundfläche und ist in einer Höhe von
z/D = 2 an der Wand des Kanals angebracht. Für den Parameter a gilt: a/D = 0.25. Die
Strömungsparameter für die Simulation der Gas-Feststoff-Strömung bleiben gegenüber de-
nen im Abschnitt 7.1.1 unverändert. Die Ergebnisse werden in der x, z-Symmetrieebene
dargestellt. Abbildung 7.7 zeigt die Veränderung der Gebietsaufteilung während der Simu-
lation der Prismenumströmung. Zur Beginn der Simulation liegen die stochastischen Zonen
vorwiegend in der Wandnähe, was auf die festgelegte Zuordnung der wandnächsten Zel-
len zum stochastischen Bereich zurückzuführen ist, sowie im Nachlaufgebiet des Prismas
vor. Ähnlich wie bei der Zylinderumströmung ist der Volumenanteil der Feststoffphase im

88
7.1 Simulation einer Gas-Feststoff-Strömung

3 3 3
2.8 2.8 2.8
2.6 2.6 2.6
2.4 2.4 2.4
−→ z/D

−→ z/D

−→ z/D
2.2 2.2 2.2

⇒ 2
⇒ 2
⇒ 2
1.8 1.8 1.8
1.6 1.6 1.6
1.4 1.4 1.4
1.2 1.2 1.2
1 1 1
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
−→ x/D −→ x/D −→ x/D

3 3 3
2.8 2.8 2.8
2.6 2.6 2.6
2.4 2.4 2.4
−→ z/D

−→ z/D

−→ z/D

2.2 2.2 2.2

⇒ 2
⇒ 2
⇒ 2
1.8 1.8 1.8
1.6 1.6 1.6
1.4 1.4 1.4
1.2 1.2 1.2
1 1 1
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
−→ x/D −→ x/D −→ x/D

Abbildung 7.7: Veränderung der Gebietsaufteilung während der Simulation der Umströmung
eines einseitigen Hindernisses.

Nachlaufgebiet des Prismas sehr gering, so dass die Kontinuumsannahme keine Gültigkeit
besitzt. Die Auswertung des Gebietszerlegungskriteriums (5.29) und (5.30), insbesondere
der Bedingung (5.3), weist diesem Bereich die stochastische Zone zu. Vor dem Hindernis
kollidieren die vom Prisma reflektierten Partikel mit den Partikeln der Hauptströmung. Die
Verteilungsfunktion der Partikelgeschwindigkeiten weicht in diesem Bereich sehr stark von
der Gleichgewichtsverteilung ab. Durch die Erfüllung der Bedingung (5.25) führt daher die
Auswertung des Gebietszerlegungskriteriums vor dem Prisma zur Ausbildung einer stocha-
stischen Zone. Diese wächst dann im weiteren Verlauf der Simulation an, bis ein stationärer
Endzustand erreicht ist. Die in der Abbildung 7.7 links oben vereinzelt auftretenden Berei-
che mit stochastischer Zone sind, wie bereits früher erläutert, auf die statistischen Schwan-

89
7 Analyse des gekoppelten Simulationsverfahrens

kungen zu Beginn der Simulation zurückzuführen. Mit zunehmender Größe der Datenba-
sis treten diese nicht mehr auf. Abbildung 7.8 stellt den Verlauf der Bewertungsfunktion
DEq,p DKT GF
3 15 3 15
2.8 2.8
2.6 12 2.6 12
2.4 2.4
−→ z/D

−→ z/D
2.2 9 2.2 9
2 2
1.8 6 1.8 6
1.6 1.6
1.4 3 1.4 3
1.2 1.2
1 0 1 0
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
−→ x/D −→ x/D

Abbildung 7.8: Bewertungsfunktion DEq,p (links) und Gebietsaufteilung (rechts) im stati-


onären Endzustand bei der Umströmung eines einseitigen Hindernisses.

DEq,p dar, der sich im stationären Endzustand aus der Simulation mit dem Einzelpartikel-
Verfahren ergibt. Man erkennt vor dem Hindernis eine ausgeprägte Relaxationszone, die
direkt an der Wand beginnt und in einer Krümmung weit in das Strömungsgebiet hinein
ragt. Sie markiert den Bereich, in dem Ausgleichsprozesse in der Verteilung der Partikelge-
schwindigkeiten stattfinden. Ebenfalls in der Abbildung 7.8 dargestellt, ist der Verlauf des
KTGF-Deformationsanteils DKT GF , wie er sich im stationären Endzustand aus der Simu-
lation mit dem Einzelpartikel-Verfahren ergibt. Ähnlich wie bei der Zylinderumströmung
ist die vom DKT GF ausgewiesene Relaxationszone weniger ausgeprägt als es beim DEq,p
der Fall ist. Auch in diesem Fall liegen zusätzliche Deformationen der Verteilungsfunktion
vor, die vom KTGF-Deformationsanteil nicht erfasst werden können. Daher ist hier der
Einsatz des Zwei-Kontinua-Verfahrens unzulässig. Im Bereich der Anströmung des Hinder-
nisses liefert die Auswertung beider Größen (DEq,p und DKT GF ) ein ähnliches Ergebnis.
In dieser Zone liegt offenbar eine Gleichgewichtsverteilung vor, womit die Anwendung des
Zwei-Kontinua-Verfahrens gerechtfertigt wird. Im Nachlaufgebiet des Hindernisses kann
für den KTGF-Deformationsanteil, ähnlich wie bei der Zylinderumströmung, keine Aussa-
ge getroffen werden.
Die Simulation der Umströmung des einseitigen Hindernisses mit dem gekoppelten Si-
mulationsverfahren führt gegenüber einer Simulation mit dem Einzelpartikel-Verfahren und
unter Beachtung der in diesem Beispiel gewählten Strömungsparametern der Feststoffphase
zu einer Rechenzeitersparnis von 52%.

90
7.2 Untersuchung der Lösungsqualität des gekoppelten Simulationsverfahrens

7.2 Untersuchung der Lösungsqualität des gekoppel-


ten Simulationsverfahrens
Im Folgenden soll die Lösungsqualität des gekoppelten Simulationsverfahrens für die Um-
strömung des zylindrischen und des einseitigen Hindernisses analysiert werden. Hierzu wer-
den die erhaltenen Simulationsergebnisse mit denen aus der Simulation mit dem Einzelpar-
tikel-Verfahren verglichen. Die geometrischen Verhältnisse sowie die Strömungsparameter
der Gas- und der Feststoffphase entsprechen denen aus dem vorigen Abschnitt. Die Dis-
kussion der Ergebnisse erfolgt anhand der Darstellung verschiedener Strömungsgrößen auf
der x, z-Symmetrieebene sowie an ausgewählten z/D-Positionen der Kanalgeometrie.

7.2.1 Zylinderumströmung
In Abbildung 7.9 sind die Absolutgeschwindigkeiten der Feststoffphase im stationären End-
zustand bei der Simulation der Zylinderumströmung mit dem Einzelpartikel- und dem
gekoppelten Simulationsverfahren dargestellt. Um einen quantitativen Vergleich der Er-
gebnisse zu ermöglichen, sind in der Abbildung 7.10 die Verläufe der Absolutgeschwindig-
keiten an vier unterschiedlichen z/D-Positionen dargestellt. Dabei geben z/D = 1.5 und
Einzelpartikel-Verf. gekoppeltes Verf.
3 1.1 3 1.1
2.8 1.04 2.8 1.04
2.6 0.98 2.6 0.98
2.4 0.92 2.4 0.92
−→ z/D

−→ z/D

2.2 0.86 2.2 0.86


2 0.8 2 0.8
1.8 0.74 1.8 0.74
1.6 0.68 1.6 0.68
1.4 0.62 1.4 0.62
1.2 0.56 1.2 0.56
1 0.5 1 0.5
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
−→ x/D −→ x/D

Abbildung 7.9: Absolutgeschwindigkeiten der Partikelphase |up | /Wg bei der Simulation der
Zylinderumströmung mit dem Einzelpartikel-Verfahren (links) und dem gekop-
pelten Simulationsverfahren (rechts).

z/D = 1.9 die jeweilige Kanalhöhe vor dem Hindernis an, während z/D = 2.2 und z/D = 4
jeweils die Kanalhöhe hinter den gewählten Hindernissen kennzeichnen. Die Strömung der
Feststoffpartikel wird stromauf des Zylinders bei z/D = 1.5 kaum beeinflusst. Erst in un-
mittelbarer Nähe des Hindernisses (z/D = 1.9) reduziert sich deren Geschwindigkeit. Die
91
7 Analyse des gekoppelten Simulationsverfahrens

z/D = 1.5 z/D = 1.9


0.92 0.95
0.9
0.88 0.9
0.86
0.85
|up | /Wg

0.84
0.82
0.8
0.8
0.78 0.75
0.76
0.74 0.7
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1

z/D = 2.2 z/D = 4


1 1.05
0.9 1
0.8
0.95
0.7
|up | /Wg

0.6 0.9
0.5 0.85
0.4 0.8
0.3
0.75
0.2
0.1 0.7
0 0.65
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
−→ x/D −→ x/D
Abbildung 7.10: Absolutgeschwindigkeiten der Partikelphase |up | /Wg in unterschiedlicher Ka-
nalhöhe bei der Simulation der Zylinderumströmung mit dem Einzelpartikel-
Verfahren (◦) und dem gekoppelten Simulationsverfahren (–).

Stokes-Zahl der Partikel liegt in dieser Zone in einem Bereich zwischen 10 und 100. Folglich
können sie der Bewegung der Gasphase nicht folgen und kollidieren mit dem Hindernis. Die
reflektierten Partikel führen ihrerseits interpartikuläre Kollisionen mit den Partikeln der
Hauptströmung aus, wodurch deren mittlere Absolutgeschwindigkeit vor dem Hindernis
reduziert wird. Der Anstieg der Geschwindigkeit der Feststoffphase weiter stromabwärts
des Zylinders, bei z/D = 2.2 und z/D = 4, ist auf die erhöhte Gasgeschwindigkeit zurück-
zuführen, die aus dem Verdrängungseffekt des Hindernisses resultiert und auf die Parti-
kel übertragen wird. Im Nachlaufgebiet des Zylinders bildet sich eine Rezirkulationszone
aus; die Partikel besitzen hier eine wesentlich reduzierte Geschwindigkeit. Bei z/D = 2.2
beträgt diese beispielsweise 0.06. Mit zunehmender Entfernung vom Zylinder nimmt sie
allmählich zu, was auf die weiter unten beschriebene Partikeldispersion zurückzuführen
ist. Der Vergleich der mittleren Partikelgeschwindigkeit aus der Simulation mit dem ge-
koppelten Simulationsverfahren und dem Ergebnis aus dem Einzelpartikel-Verfahren zeigt
eine sehr gute Übereinstimmung in den wesentlichen Bereichen der Strömungsgeometrie.
92
7.2 Untersuchung der Lösungsqualität des gekoppelten Simulationsverfahrens

Sowohl die Zone vor dem Zylinder mit den Bereichen der ungestörten Partikelbewegung
und der reduzierten Partikelgeschwindigkeit unmittelbar vor dem Hindernis als auch die
Zone stromabwärts des Zylinders mit dem Partikelverhalten im Nachlaufgebiet werden vom
gekoppelten Verfahren richtig wiedergegeben. Der Verlauf des Volumenanteils der Fest-
Einzelpartikel-Verf. gekoppeltes Verf.
3 1.9 3 1.9
2.8 1.71 2.8 1.71
2.6 1.52 2.6 1.52
2.4 1.33 2.4 1.33
−→ z/D
−→ z/D

2.2 1.14 2.2 1.14


2 0.95 2 0.95
1.8 0.76 1.8 0.76
1.6 0.57 1.6 0.57
1.4 0.38 1.4 0.38
1.2 0.19 1.2 0.19
1 1
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
−→ x/D −→ x/D

Abbildung 7.11: Volumenanteil φp · 10−3 der Feststoffphase bei der Simulation der Zylinder-
umströmung mit dem Einzelpartikel-Verfahren (links) und dem gekoppelten
Simulationsverfahren (rechts).

stoffphase auf der x, z-Symmetrieebene und an den unterschiedlichen z/D-Positionen der


Kanalgeometrie ist für die Zylinderumströmung in der Abbildung 7.11 sowie 7.12 darge-
stellt. In der vom Zylinder unbeeinflußten Zone (z/D = 1.5) erkennt man in einer geringen
Entfernung von der Berandung einen Anstieg des Volumenanteils. Der Grund dafür liegt
in der in Kapitel 3 beschriebenen Wirkung der Saffman-Kraft. Die Zunahme des Feststoff-
volumenanteils in diesem Bereich ist jedoch im Falle der Simulation mit dem gekoppel-
ten Verfahren weniger ausgeprägt als mit dem Einzelpartikel-Verfahren. Dies ist darauf
zurückzuführen, dass der Kernbereich der Strömung (0.05 < x/D < 0.95) zur determi-
nistischen Zone gehört. Durch die Anwendung des Zwei-Kontinua-Verfahrens ist jedoch
eine Berücksichtigung der Saffman-Kraft nicht möglich. Damit sind die Partikel der Wir-
kung dieser Querkraft ausschließlich in den stochastischen- und den Randzonen ausgesetzt.
Die Schwankungen des Volumenanteils im Kernbereich der Strömung, die bei der Simu-
lation mit dem Einzelpartikel-Verfahren auftreten, resultieren aus der geringen Größe der
Datenbasis. Weiter stromabwärts erkennt man die Ausbildung von zwei Partikelsträhnen
mit einem erhöhten Volumenanteil, die vom Zylinder abgelöst werden. In der unmittelba-
ren Nähe des Hindernisses (z/D = 1.9) ist der Volumenanteil besonders hoch. Aufgrund
der Trägheit der Partikel ereignen sich in diesem Bereich zahlreiche Partikel-Zylinder-
Kollisionen, die ihrerseits zu verstärkten interpartikulären Wechselwirkungen führen. Die

93
7 Analyse des gekoppelten Simulationsverfahrens

z/D = 1.5 z/D = 1.9


11 2.2

10.5 2
1.8
φp · 10−4

φp · 10−3
10
1.6
9.5
1.4
9 1.2
8.5 1
8 0.8
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1

z/D = 2.2 z/D = 4


1.6 1.8
1.4 1.6
1.2 1.4
φp · 10−3

φp · 10−3

1 1.2
0.8 1
0.6 0.8
0.4 0.6
0.2 0.4
0 0.2 0
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0.2 0.4 0.6 0.8 1
−→ x/D −→ x/D

Abbildung 7.12: Volumenanteil der Partikelphase φp in unterschiedlicher Kanalhöhe bei der


Simulation der Zylinderumströmung mit dem Einzelpartikel-Verfahren (◦) und
dem gekoppelten Simulationsverfahren (-).

hieraus resultierende Abnahme der Partikelgeschwindigkeit hat eine Aufkonzentrierung der


Partikel in dieser Zone zur Folge. Im Nachlaufgebiet führt die Abschirmung des Zylinders
zu einem sehr geringen Volumenanteil der Feststoffphase. Da die vom Zylinder abgelösten
Partikelsträhnen auf die Kanalwand gerichtet sind, nimmt der Effekt der Abschirmung mit
größer werdender Entfernung vom Hindernis zu, so dass das Nachlaufgebiet breiter wird
(z/D = 4). Das aus der Simulation mit dem gekoppelten Verfahren erhaltene Ergebnis für
den Feststoffvolumenanteil stimmt mit dem Ergebnis aus dem Einzelpartikel-Verfahren gut
überein.
Beim Verlauf der normierten granularen Temperatur beobachtet man stromauf des Zy-
linders (z/D = 1.5), im Kernbereich der Strömung, die Ausbildung eines Plateaus mit
Θ/Wg2 ≈ 1.6 · 10−4 . In der Wandnähe ist ein Anstieg von Θ/Wg2 zu erkennen, was aus den
vermehrten Partikel-Wand-Kollisionen resultiert (s. Abbildung 7.14). Die hohe Anzahl an
interpartikulären Kollisionen vor dem Zylinder (z/D = 1.9) sowie im Bereich der Ablösung
der Partikelsträhnen führt zu einer erheblichen Zunahme der Schwankungsgeschwindigkeit
94
7.2 Untersuchung der Lösungsqualität des gekoppelten Simulationsverfahrens

Einzelpartikel-Verf. gekoppeltes Verf.


3 0.01 3 0.01
2.8 0.009 2.8 0.009
2.6 0.008 2.6 0.008
2.4 0.007 2.4 0.007

−→ z/D
−→ z/D

2.2 0.006 2.2 0.006


2 0.005 2 0.005
1.8 0.004 1.8 0.004
1.6 0.003 1.6 0.003
1.4 0.002 1.4 0.002
1.2 0.001 1.2 0.001
1 0 1 0
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
−→ x/D −→ x/D

Abbildung 7.13: Normierte granulare Temperatur Θ/Wg2 bei der Simulation der Zylinderum-
strömung mit dem Einzelpartikel-Verfahren (links) und dem gekoppelten Si-
mulationsverfahren (rechts).

und damit auch der granularen Temperatur, wie in Abbildung 7.13 und 7.14 dargestellt.
Im Nachlaufgebiet des Zylinders sind nur wenige Partikel vorhanden. Deren Bewegungs-
verhalten unterscheidet sich stark voneinander, woraus der hohe Wert für Θ/Wg2 resultiert
(z/D = 2.2). Mit zunehmender Entfernung vom Hindernis nimmt das Gesamt-Niveau der
granularen Temperatur ab. Bei z/D = 4 weist Θ/Wg2 in einem x/D-Bereich zwischen 0.4
und 0.6 einen Wert von 1.3 · 10−3 auf. Dieser geht bei x/D = 0.2 und x/D = 0.8 auf
einen Wert von 0.2 · 10−3 zurück, um anschließend ein höheres Niveau an der Kanalwand
zu erreichen. Der Grund für die Abnahme der granularen Temperatur liegt in der Ver-
schiebung der Partikelsträhne in Richtung der Kanalwand. Wie der Abbildung 7.12 bei
z/D = 2.2 zu entnehmen ist, wird der maximale Volumenanteil der Partikelphase an der
Stelle x/D = 0.1 erreicht. Der Bereich mit einer geringen Schwankungsgeschwindigkeit
liegt somit auf der von der Partikelsträhne abgeschirmten Seite. Die Partikelbewegung ist
an dieser Stelle weit weniger interpartikulären Wechselwirkungen ausgesetzt, als es auf
der, der Hauptströmung zugewandten Seite der Fall ist. Vergleicht man die Ergebnisse für
den Verlauf der normierten granularen Temperatur wie sie sich aus der Simulation mit
dem Einzelpartikel- und dem gekoppelten Berechnungsverfahren ergeben, so stellt man
bei z/D = 1.5 und z/D = 1.9 eine sehr gute Übereinstimmung fest. Abweichungen im
Verlauf der Schwankungsgeschwindigkeit bei z/D = 2.2 und z/D = 4 treten jeweils in
deterministischen Zonen des gekoppelten Simulationsverfahrens auf. Die Kontinuumsan-
nahme des Zwei-Kontinua-Verfahrens führt hier zu einem homogenisierenden Effekt bei
der Berechnung der granularen Temperatur, was sich in einem flacheren Verlauf von Θ/Wg2
wiederspiegelt.

95
7 Analyse des gekoppelten Simulationsverfahrens

z/D = 1.5 z/D = 1.9


4.5 6

4 5
3.5

Θ/Wg2 · 10−2
4
Θ/Wg2 · 10−4

3
3
2.5
2
2
1.5 1

0
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1

z/D = 2.2 z/D = 4


1 1.6
0.9
1.4
0.8
0.7 1.2
Θ/Wg2 · 10−2

Θ/Wg2 · 10−3

0.6 1
0.5
0.4 0.8
0.3 0.6
0.2
0.4
0.1
0 0.2
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
−→ x/D −→ x/D

Abbildung 7.14: Normierte granulare Temperatur Θ/Wg2 in unterschiedlicher Kanalhöhe bei


der Simulation der Zylinderumströmung mit dem Einzelpartikel-Verfahren (◦)
und dem gekoppelten Simulationsverfahren (-).

7.2.2 Umströmung eines einseitigen Hindernisses


Die Umströmung eines einseitigen Hindernisses führt ähnlich wie bei der Zylinderum-
strömung erst in der unmittelbaren Umgebung des Hindernisses zu einer Abnahme der
mittleren Partikelgeschwindigkeit (s. Abbildung 7.15 und 7.16 bei z/D = 0.9). Weiter
stromauf bleibt die Strömung der Feststoffphase vom Hindernis unbeeinflusst. Aufgrund
des Verdrängungseffektes der Gasphase erfahren die Partikel stromabwärts des Prismas bei
z/D = 2.2 eine geringfügige Beschleunigung. Im Nachlaufgebiet können einzelne Partikel
durch den Schwerkrafteinfluß auf das Prisma fallen, bevor sie wieder in die Hauptströmung
eintreten. In der Abbildung 7.16 ist bei z/D = 4 und x/D = 0.9 eine erhöhte Absolutge-
schwindigkeit der Partikel zu erkennen. Es sind stromabwärts gerichtete Partikel, die durch
interpartikuläre Wechselwirkungen in das Nachlaufgebiet eingetreten sind.

96
7.2 Untersuchung der Lösungsqualität des gekoppelten Simulationsverfahrens

Einzelpartikel-Verf. gekoppeltes Verf.


3 1.1 3 1.1
2.8 1 2.8 1
2.6 0.92.6 0.9
2.4 0.82.4 0.8
Abbildung 7.15:
−→ z/D

2.2 0.72.2 0.7 Absolutgeschwindigkeiten


2 0.6 2 0.6 der Partikelphase |up | /Wg
1.8 0.51.8 0.5 bei der Simulation der
Prismenumströmung
1.6 0.41.6 0.4
mit dem Einzelpartikel-
1.4 0.31.4 0.3 Verfahren (links) und dem
1.2 0.21.2 0.2 gekoppelten Simulations-
1 1 verfahren (rechts).
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
−→ x/D −→ x/D
z/D = 0.9 z/D = 1.9
0.95 1
0.9
0.94
0.8
0.93 0.7
|up | /Wg

0.6
0.92 0.5
0.4
0.91
0.3
0.9 0.2
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
z/D = 2.2 z/D = 4
1.2 1
1 0.98
0.96
0.8
0.94
|up | /Wg

0.6 0.92
0.4 0.9
0.88
0.2
0.86
0 0.84
-0.2 0.82
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
−→ x/D −→ x/D

Abbildung 7.16: Absolutgeschwindigkeiten der Partikelphase |up | /Wg in unterschiedlicher Ka-


nalhöhe bei der Simulation der Prismenumströmung mit dem Einzelpartikel-
Verfahren (◦) und dem gekoppelten Simulationsverfahren (-).

97
7 Analyse des gekoppelten Simulationsverfahrens

Einzelpartikel-Verf. gekoppeltes Verf.


3 2.1 3 2.1
2.8 1.89
2.8 1.89
2.6 1.68
2.6 1.68
2.4 1.47
2.4 1.47
Abbildung 7.17:
−→ z/D

2.2 1.26
2.2 1.26 Volumenanteil φp · 10−3
2 1.052 1.05 der Feststoffphase bei
1.8 0.84
1.8 0.84 der Simulation der Pris-
menumströmung mit dem
1.6 0.63
1.6 0.63
Einzelpartikel-Verfahren
1.4 0.42
1.4 0.42 (links) und dem gekoppel-
1.2 0.21
1.2 0.21 ten Simulationsverfahren
1 0 1 0 (rechts).
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
−→ x/D −→ x/D
z/D = 0.9 z/D = 1.9
1.15 4
1.1 3.5
1.05 3
φp · 10−3

φp · 10−3

1 2.5
0.95 2
0.9 1.5
0.85 1
0.8 0.5
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
z/D = 2.2 z/D = 4
2.5 1.8
1.6
2 1.4
1.2
φp · 10−3

1.5
φp · 10−3

1
0.8
1
0.6
0.5 0.4
0.2
0 0
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
−→ x/D −→ x/D

Abbildung 7.18: Volumenanteil der Feststoffphase φp in unterschiedlicher Kanalhöhe bei der


Simulation der Prismenumströmung mit dem Einzelpartikel-Verfahren (◦) und
dem gekoppelten Simulationsverfahren (-).

98
7.2 Untersuchung der Lösungsqualität des gekoppelten Simulationsverfahrens

Die zahlreichen Partikel-Partikel-Kollisionen zwischen den vom Prisma reflektierten


Partikeln und denen der Hauptströmung führen vor dem Hindernis zu einem erheblichen
Anstieg des Volumenanteils der Feststoffphase (s. Abbildung 7.17 und 7.18 bei z/D = 1.9).
Es bildet sich eine Partikelsträhne aus, deren Intensität mit größer werdendem Abstand
vom Hindernis abnimmt. Der Grund dafür liegt zum einen in der Wechselwirkung zwischen
den sich in der Partikelsträhne befindlichen Partikeln und denen der Hauptströmung, zum
anderen in der natürlichen Dispersion, hervorgerufen durch die Schwankungen der Parti-
kel in der Strähne. Beides führt zu einer Homogenisierung der Volumenanteilverteilung.
Die normierte granulare Temperatur Θ, deren Verlauf in der Abbildung 7.19 auf der x, z-
Einzelpartikel-Verf. gekoppeltes Verf.
3 0.03 3 0.03
2.8 0.027 2.8 0.027
2.6 0.024 2.6 0.024
2.4 0.021 2.4 0.021
−→ z/D
−→ z/D

2.2 0.018 2.2 0.018


2 0.015 2 0.015
1.8 0.012 1.8 0.012
1.6 0.009 1.6 0.009
1.4 0.006 1.4 0.006
1.2 0.003 1.2 0.003
1 0 1 0
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
−→ x/D −→ x/D

Abbildung 7.19: Normierte granulare Temperatur Θ/Wg2 bei der Simulation der Prismenum-
strömung mit dem Einzelpartikel-Verfahren (links) und dem gekoppelten Si-
mulationsverfahren (rechts).

Symmetrieebene und in 7.20 an unterschiedlichen z/D-Positionen dargestellt ist, erreicht


das Maximum unmittelbar vor dem Hindernis. In diesem Bereich erfahren die Partikel eine
Vielzahl von Kollisionen sowohl mit dem Prisma als auch untereinander. Weiter strom-
abwärts nehmen die Schwankungsgeschwindigkeiten der Partikel ab, was auf die homoge-
nisierende Wirkung der Partikeldispersion innerhalb der Strähne zurückzuführen ist.
Vergleicht man nun die Simulationsergebnisse für die oben beschriebenen Strömungs-
größen der Feststoffphase, die mit dem Einzelpartikel- und dem gekoppelten Simulations-
verfahren erhalten wurden, so zeigt sich eine gute Übereinstimmung in den wesentlichen
Bereichen der Strömungsgeometrie, was den Abbildungen 7.15, 7.17 und 7.19 sowie 7.16,
7.18 und 7.20 entnommen werden kann. Die in Abbildung 7.18 bei z/D = 2.2 und z/D = 4
dargestellten geringen Abweichungen in den Verläufen des Volumenanteils der Feststoffpha-
se sind, wie bereits bei der Zylinderumströmung erläutert, auf die Querkräfte (Saffman-
und Magnus-Kraft) zurückzuführen, die bei der Berechnung der Feststoffphase mit dem
Zwei-Kontinua-Verfahren nicht berücksichtigt werden.
99
7 Analyse des gekoppelten Simulationsverfahrens

z/D = 1.5 z/D = 1.9


3.2 5
3 4.5
4

Θ/Wg2 · 10−2
2.8
Θ/Wg2 · 10−4

3.5
2.6 3
2.4 2.5
2.2 2
1.5
2
1
1.8 0.5
1.6 0
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1

z/D = 2.2 z/D = 4


2.5 2.5

2 2
Θ/Wg2 · 10−2

Θ/Wg2 · 10−3

1.5 1.5

1 1

0.5 0.5

0 0
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
−→ x/D −→ x/D

Abbildung 7.20: Normierte granulare Temperatur Θ/Wg2 in unterschiedlicher Kanalhöhe bei


der Simulation der Prismenumströmung mit dem Einzelpartikel-Verfahren (◦)
und dem gekoppelten Simulationsverfahren (-).

7.3 Schlussfolgerung
In diesem Kapitel wurde die zeitliche Veränderung der Gebietsaufteilung bei der stationären
Simulation einer Gas-Feststoff-Strömung für zwei unterschiedliche Strömungskonfiguratio-
nen diskutiert. Die Aufteilung der Strömungsgeometrie in deterministische-, stochastische-
und Randzonen erfolgt dabei unabhängig von der Lösungstrategie des gekoppelten Ver-
fahrens, was anhand eines Vergleichs mit einer Gebietsaufteilung aus dem Einzelpartikel-
Verfahren bestätigt werden konnte. Die sich im stationären Endzustand der Simulation er-
gebende Gebietsaufteilung spiegelt den vorliegenden Strömungszustand der Feststoffphase
wieder. Die Notwendigkeit der Zuordnung eines Teilbereichs der Relaxationszone zur sto-
chastischen Zone ergibt sich hierbei aus der unzureichenden Bewertung des Verhaltens der
Partikel durch den KTGF-Deformationsanteil. Im Nachlaufgebiet der Hindernisse muss
wegen der Verletzung der Kontinuumsannahme auf das stochastische Verfahren zurückge-
griffen werden.

100
7.3 Schlussfolgerung

Anhand von Simulationen einer Gas-Feststoff-Strömung in zwei ausgewählten Strö-


mungskonfigurationen wurde die Lösungsqualität des gekoppelten Simulationsverfahrens
getestet. Es zeigte sich eine gute Übereinstimmung zwischen den ermittelten Strömungs-
größen des gekoppelten Verfahrens und denen des Einzelpartikel-Verfahrens. Für die Lö-
sungsqualität des gekoppelten Simulationsverfahrens in den hier untersuchten Strömungs-
geometrien bedeutet es, dass die simultane Anwendung des Einzelpartikel- und des Zwei-
Kontinua-Verfahrens keine Einschränkung für die Vorhersagefähigkeit darstellt. Somit ist
das in Kapitel 6 vorgestellte Konzept zur Behandlung von Übergangsbedingungen ein geeig-
neter Ansatz um den Informationsaustausch an den Zonengrenzen zwischen einer diskreten
und einer aggregierten Beschreibungsweise eines Partikelkollektivs zu gewährleisten.

101
7 Analyse des gekoppelten Simulationsverfahrens

102
8 Zusammenfassung und Ausblick
In der hier vorliegenden Arbeit wurde ein gekoppeltes Verfahren für die Simulation von
Gas-Feststoff-Strömungen entwickelt. Als Basis für die Kopplung dienen zwei etablierte
Simulationsverfahren. Dies ist zum einen das deterministische Zwei-Kontinua-Verfahren,
bei dem sowohl die Gasphase als auch der dispers verteilte Feststoff als koexistierende
Kontinua aufgefasst werden. Zum anderen wird das stochastische Einzelpartikel-Verfahren
eingesetzt, bei dem die Beschreibung der Bewegung der Feststoffteilchen mit Hilfe einer
detaillierten Einzelpartikelbetrachtung vorgenommen wird.
Die Aufteilung der Strömungsgeometrie in stochastische und deterministische Zonen er-
folgte unter Verwendung eines Gebietszerlegungskriteriums, das zwei Bedingungen mitein-
ander kombiniert, welche die Gültigkeit des Zwei-Kontinua-Verfahrens prüfen. Zu diesem
Zweck wurde ein funktionaler Zusammenhang entwickelt, der den so genannten KTGF-
Deformationsanteil beschreibt. Mit dessen Hilfe ist die Beschreibung von Deformationen ei-
ner Verteilungsfunktion der Partikelgeschwindigkeiten möglich, die aus den Gradienten der
granularen Temperatur und der Partikelgeschwindigkeit resultieren. Bei diesen Deformatio-
nen handelt es sich um Abweichungen der Verteilungsfunktion von der Maxwell-Verteilung,
die in der Herleitung der beschreibenden Gleichungen für das Zwei-Kontinua-Verfahren zu-
grundegelegt sind. Die Formulierung des KTGF-Deformationsanteils ist so gewählt, dass
ein direkter Vergleich mit einer Bewertungsfunktion DEq,p , die weitergehende Deformatio-
nen einer Verteilungsfunktion von der Gleichgewichtsverteilung erfasst, erfolgen kann. Eine
weitere Bedingung ist die Gültigkeit der Kontinuumsannahme, die ebenfalls eine notwen-
dige Voraussetzung für das Zwei-Kontinua-Verfahren ist. Die logische Verknüpfung beider
Bedingungen ermöglicht eine Zuordnung eines der beiden numerischen Berechnungsverfah-
ren zu einem bestimmten Bereich der Strömungsgeometrie.
Für die Konstruktion des gekoppelten Simulationsverfahrens wurde das entwickelte
Kriterium in einen adaptiven Gebietszerlegungsalgorithmus integriert. Ausgehend von der
Definition einer Randzone, welche die stochastische Zone von der deterministischen Zone
trennt, kann einer räumlichen Veränderung der Zonen im Verlaufe der Simulation Rechnung
getragen werden.
Innerhalb des gekoppelten Simulationsverfahrens spielt der Informationsaustausch an
der Grenzfläche zwischen den beiden numerischen Verfahren eine entscheidende Rolle. Um
eine konservative Behandlung der Bilanzgrößen an dieser Grenzfläche zu gewährleisten,
wurden entsprechende Übergangsbedingungen vorgestellt.
Der simultane Einsatz beider Verfahren innerhalb einer Strömungskonfiguration ist nur
dann sinnvoll, wenn die Ermittlung der gesuchten Strömungsgrößen mit beiden Verfah-
ren vergleichbare Ergebnisse liefert. Diese Forderung konnte durch Modifikationen des
Zwei-Kontinua-Verfahrens erfüllt werden. In diesem Zusammenhang wurden Korrektur-
funktionen der Widerstandskraft und der Geschwindigkeitskovarianz vorgestellt, die einen
erweiterten Gültigkeitsbereich besitzen.
Für die Berechnung der Feststoffphase mit dem gekoppelten Simulationsverfahren wur-
de eine Zwei-Schritt-Lösungstrategie vorgeschlagen. Diese sieht im ersten Schritt eine In-

103
8 Zusammenfassung und Ausblick

itialisierung vor, in der auf effiziente Weise eine Näherungslösung erzeugt wird. Im An-
schluss daran erfolgt eine erste Gebietsaufteilung. Im zweiten Schritt findet die gekoppelte
Berechnung der Feststoffphase auf der Basis der adaptiven Gebietszerlegung statt.
Durch den Einsatz des gekoppelten Simulationsverfahrens konnte weiterhin die Pro-
blematik der Formulierung von Randbedingungen für die Berechnung der Feststoffphase
mit dem Zwei-Kontinua-Verfahren gelöst werden. Zu diesem Zweck wird der wandnächste
Bereich a priori der stochastischen Zone zugeordnet. Dies ermöglicht eine erheblich detail-
liertere physikalische Beschreibung der dort ablaufenden Vorgänge. Diese Vorgehensweise
kann als ein allgemein gültiger Ansatz zur Berechnung von Gas-Feststoff-Strömungen ver-
standen werden, der seine Stärke insbesondere in komplexen Geometrien zeigt.
Das vorgestellte gekoppelte Simulationsverfahren wurde anhand von Simulationen einer
Gas-Feststoff-Strömung in ausgewählten Strömungskonfigurationen getestet. Dabei konn-
te eine gute Übereinstimmung zwischen den Ergebnissen des gekoppelten Verfahrens und
denen des Einzelpartikel-Verfahrens festgestellt werden. Letzteres wurde als bestmögliche
Approximation zu Referenzzwecken herangezogen. Die durchgeführten Untersuchungen of-
fenbarten einen weiteren Vorteil des neuen Verfahrens: seine numerische Effizienz. So konnte
für die hier untersuchten Strömungskonfigurationen eine signifikante Rechenzeitersparnis
realisiert werden. Dabei ist deren Ausmaß stark von den gewählten Strömungsparametern
der Feststoffphase und der verwendeten Strömungskonfiguration abhängig.
Die Kopplung des Einzelpartikel- und des Zwei-Kontinua-Verfahrens zu einem adap-
tiven Simulationsverfahren stellt einen effizienten und physikalisch plausiblen Berechnungs-
ansatz zur Beschreibung granularer Strömungen dar. In weiteren Forschungsarbeiten auf
diesem Gebiet sollte eine Erweiterung des in dieser Arbeit entwickelten Verfahrens für die
Simulation von polydispersen Feststoffsystemen erfolgen.
Während die Berücksichtigung des polydispersen Charakters der Feststoffphase im Rah-
men der beiden Einzelverfahren bereits den Stand der Forschung darstellt, erfordert diese
Modifikation für das gekoppelte Simulationsverfahren eine angepasste Formulierung der
Übergangsbedingungen. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang die konservative Be-
handlung des Informationstransfers zu beachten. Da es sich bei dem vorgestellten gekop-
pelten Verfahren um eine Metatechnik handelt, ist es möglich, die eingesetzten Modelle
durch weiterentwickelte Modelle zu ersetzen, welche den Einsatz eines erweiterten Anwen-
dungsbereichs von Gas-Feststoff- Strömungen ermöglichen.

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Lebenslauf

Persönliche Daten
Name: Christof Grüner
Anschrift: Kleyer Feld 2
44149 Dortmund
Geburtsdatum: 14. August 1973
Geburtsort: Tarnowskie Góry (Polen)
Staatsangehörigkeit: deutsch
Familienstand: verheiratet, Silvia Grüner

Schulausbildung
1980 – 1988 Volksschule, Tarnowskie Góry
1988 – 1994 Heinrich von Kleist Gymnasium, Bochum
06 / 1994 Allgemeine Hochschulreife

Studium
10 / 1995 – 01 / 2001 Studium der Chemietechnik an der Universität Dortmund
01 / 2001 Abschluß des Studiums als Diplom-Ingenieur
seit 04 / 2001 Aufbaustudium zum Wirtschaftsingenieur
an der Fern-Universität Hagen

Beruf liche Tätigkeit


seit 03 / 2001 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl
Energieprozeßtechnik & Strömungsmechanik
der Universität Dortmund
seit 08 / 2004 Anstellung bei der Degussa AG, Fluidverfahrenstechnik, Hanau

Dortmund 2004

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