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Baunscheidtöl

Das Geheimnis des "Original-Oleum-Baunscheidtii"- ist bis heute nicht gelüftet worden,
außer jenen Inhaltsstoffen, die Baunscheidt gezwungenermaßen nach Berlin ans
Innenministerium melden mußte. Ob diese Rezeptur vollständig gewesen ist, wird
bezweifelt. Ebenfalls ist nicht geklärt, ob Croton tiglium, das Samenöl eines
Wolfsmilchgewächses von stärkster Toxizität, als Inhaltsstoff bei Baunscheidt überhaupt
verwendet wurde. Die Erbengemeinschaft Baunscheidt hat dieses wiederholt bestritten.

Bei Anwendung von crotonölhaltigen Präparaten werden neben eitrigen — erwünschten


— Hautreaktionen auch Narbenbildung durch Sekundärheilung und
Pigmentveränderungen der Haut berichtet. Crotonöl selbst ist seit längerer Zeit in der
Diskussion.

Aus dem Samenöl des Wolfsmilchgewächses Croton tiglium L. konnte ein l2-
Tetradecanoyl-porbol-acetat (TPA) isoliert werden.

Bereits 1941 wurden Bestandteile des Crotonöles als begünstigender Faktor für
Tumorwachstum an Mäusehaut angesehen.

Es ist heute bewiesen, daß TPA stark tumorprovozierende Eigenschaften besitzt, es wird
in der klinischen Forschung als Standardsubstanz für das Studium der Tumorgenese an
Mäusehaut oder in verschiedenen anderen Zellsystemen verwandt.

In der Familie der Wolfsmilchgewächse (Euphorbiaceen) sind C20-Verbindungen als


Diterpene mit verwandten Grundstrukturen weitverbreitet. Ein Kennzeichen des
Milchsaftes von den Euphorbiaceen, besonders von Croton tiglium L., ist neben einer
Cokanzerogenität nach Hecker auch eine starke Reizung der Haut. Hier werden durch
Kontakt mit der Epidermis Blasen und Nekrosen, am Auge eine Keratitis hervorgerufen.
Bei oraler Aufnahme kann es zu einer tödlichen nekrotisierenden Gastroenteritis
kommen.

Um die Jahrhundertwende noch als Laxans benutzt, ist Crotonöl, in der Dosierung von
0,5 bis 1 ml als Abführmittel eingesetzt, für Menschen tödlich!

Nach Toxinaufnahme erfolgt die Therapie symptomatisch bei ernster Prognose.


In den heute gängigen Rezepturen, die nachfolgend dargestellt werden, ist die
tatsächliche Aufnahme von Crotonöl als Externum sehr gering.

Aschner übermittelte bewährte magistral hergestellte Crotonölmischungen, von denen


hier eine Auswahl vorgestellt wird:

Rp.: Ol. Croton 10.0


Ol. Cajeputti 5.0
Spir. vin. dil. 5.0
Rp.: Ol. Croton 4.0
Ol. Canthar 20.0
Ol. Therebinth 20.0
Ol. Rapai 60.0
Rp.: Ol. Therebinth 20.0
Ol. Croton 20.0
Ol. Sassafras 20.0
Ol. Olivar 40.0

Notabene: Crotonöl ist rezeptpflichtig!

Im Handel existieren mehrere crotonölhaltige Fertigpasten, über die die Rote Liste
informiert.

Die Kenntnis der doch beträchtlichen Nebenwirkungen von Crotonöl hat aus
Verantwortlichkeit die Ärzte und die Pharmaindustrie nach neuen Ölgemischen suchen
lassen: Es ist bis heute nicht sicher bewiesen, daß nur stark pustelerzeugende
(Baunscheidt-)Öle den gewünschten Heileffekt bringen.

Der Autor ist der Meinung, daß ein dauerhafter Therapieeffekt — gemäß vieler
naturheilkundlicher Erfahrungswerte — gerade in einer moderaten Stimulation zu
suchen ist, wie viele andere Ergebnisse beweisen. Überstimulation kann auch Blockade
bedeuten.

Als Alternative bietet sich ein Baunscheidtöl an, das seit fast zwei Jahrzehnten wertvolle
Dienste leistet. Dieses crotonölfreie Baunscheidtöl ist als Fertigarzneimittel der Firma
Galmeda als "GA 301-Redskin 301" im Handel.

Die Zusammensetzung lautet wie folgt:

In 100 g Liquidum sind enthalten:

Histaminhydrochlorid 1,0 g
Oleum caryophylli 2,5 g
Oleum juniperi 2,5 g

Pharmakologisch sind folgende Wirkungen interessant: Histamin wirkt als biogenes


Amin kapillarerweiternd und steigert lokal die Gefäßpermeabilität. Einerseits werden
auf diese Weise Makrophagen vermehrt ausgeschleust und andererseits
Regulationsmechanismen aktiviert. Oleum caryophylli (Nelkenöl) zeigt eine
anästhetische und antiseptische Wirkung. Wacholderöl (Oleum juniperi) unterstützt die
bereits vorliegende Hyperämie.

Bei Anwendung dieser Rezeptur treten keine Eiterpusteln auf, sondern wir erhalten
Hautreizquaddeln. In der alten Terminologie der Humoralpathologie gesprochen,
verwenden wir mit GA 301-Redskin 301 ein Ableitungsmittel.

Reaktiv tritt nach Anwendung des GA 301-Öles eine leichte Analgesie ein, die nach
Kenntnis der neurophysiologischen Daten erwünscht ist. Nachfolgend ist eine meßbare
Hyperämie bestimmbar, die im Sinn eines Katalysators die Zeilregulationsmechanismen
beschleunigt ablaufen läßt.

Die Quaddeldauer beträgt — je nach Reaktionslage des Patienten — 12 h bis maximal


24 h.

Die Quaddelbildung ist annähernd nebenwirkungsfrei und kann nach Abklingen der
Hautreaktion erneut stimuliert werden. Allergische Reaktionen auf die Inhaltsstoffe, die
sehr selten beobachtet wurden, sind vor Beginn der Therapie auszuschließen.

Interessanterweise sind allergische Erkrankungsbilder wie Bronchialasthma oder


Heuschnupfen in dieser Therapieform keine absoluten Kontraindikationen. Hier kann
erahnt werden, welches weite Therapiefeld sich eröffnet, wenn Umstimmungstechniken
vorsichtig und moderat angewendet werden. Eine zurückhaltende Baunscheidttherapie
mit einer angepaßten Einreibung, z. B. GA 301-Redskin 301, und einer ergänzenden
oralen Therapie kann eine Sanierung des gesamten Terrains bedeuten. In praxi sind hier
viele Remissionen gelungen.

Aufgrund der dargestellten Problematik ist es deshalb besonders wichtig, den Patienten
schriftlich aufzuklären, was sehr umfassend gestaltet sein sollte:

1. Ausführliche Beschreibung des Eingriffs mit ausreichender Darstellung der


Nebenwirkungen.
2. Veränderungen der Hautoberfläche mit Zeitdauer und möglichen
längerdauernden Veränderungen.
3. Das vorwiegend gewünschte therapeutische Ziel.
4. Unterschrift nicht vergessen!

Eine zurückhaltende Anwendung ist bei niedrigem Blutdruck und während der Menses
geboten.

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