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Stellungnahme der E-Plus-Gruppe zum Impulspapier der Bundesnetzagentur -

Untersuchung nach Art.1 Abs.2 der EU-Richtlinie 2009/114/EG

Zusammenfassung
Die EU-Richtlinie 2009/114/EG (geänderte GSM-Richtlinie) schreibt vor, dass das bisher für
GSM-Dienste reservierte 900 MHz-Frequenzband in den einzelnen Mitgliedsstaaten bis zum
9.5.2010 für andere Technologien geöffnet werden soll (so genanntes „Refarming“).
Bei der Umsetzung dieser Richtlinie müssen die Mitgliedsstaaten untersuchen, ob aufgrund
der bestehenden Zuteilung des 900 MHz-Bands an die einzelnen Mobilfunkbetreiber
Wettbewerbsverzerrungen wahrscheinlich sind und solche Verzerrungen in
verhältnismäßiger Weise beheben.
Die E-Plus Gruppe (E-Plus) hat bereits seit Jahren und auf Basis verschiedener Gutachten
dargelegt, dass die ungleiche 900 MHz-Frequenzausstattung der deutschen
Mobilfunknetzbetreiber den Wettbewerb verzerrt und erheblich zu den weiterhin sehr
asymmetrischen Marktanteilen auf dem deutschen Mobilfunkmarkt beigetragen hat.
Während die D-Netzbetreiber Deutsche Telekom und Vodafone bereits seit 1990 über je 2 x
12,4 MHz Spektrum verfügten, konnten die E-Netzbetreiber E-Plus und Telefónica O2 in
ihren Netzaufbauphasen nämlich keinerlei 900 MHz-Spektrum nutzen.
E-Plus hat sich daher seit 1995 dafür eingesetzt, dass die damit einhergehenden
frequenzbedingten Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten von E-Plus (und nach deren
Markteintritt auch zu Lasten von Telefónica O2) durch die Zuteilung von Nutzungsrechten an
Spektrum aus den GSM-Erweiterungsbändern (E-GSM) zumindest eingeschränkt werden.
Die Bundesnetzagentur hat in ihrem GSM-Konzept aus dem Jahr 2005 dann auch
richtigerweise festgestellt, dass es aufgrund der sukzessiven Lizenzierung der vier
deutschen Mobilfunknetzbetreiber und deren damit einhergehender asymmetrischer
Frequenzausstattung im 900 MHz-Band unterschiedliche regulatorische
Rahmenbedingungen für die einzelnen Mobilfunknetzbetreiber gibt. Entsprechend hat sie
2006 je 2 x 5 MHz frei gewordenen 900 MHz-Spektrum aus dem E-GSM-Band E-Plus und
Telefónica O2 zugeteilt, um die asymmetrische Frequenzausstattung der
Mobilfunknetzbetreiber im 900 MHz-Band anzugleichen bzw. etwas zu verringern.
Seitdem verfügen Deutsche Telekom und Vodafone über je 2 x 12,4 MHz, E-Plus und
Telefónica O2 über je 2 x 5 MHz Spektrum im 900 MHz-Frequenzband.
Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der seit 2004 auf EU-Ebene geführten Diskussionen zur
Nutzungsflexibilisierung von Spektrum hat E-Plus jedoch bereits vor der Verabschiedung des
GSM-Konzepts darauf hingewiesen, dass eine umzusetzende Nutzungsflexibilisierung des
900 MHz-Bands bei den E-Netzbetreibern weiteren Frequenzbedarf im 900 MHz-Band
auslösen wird, um mit den D-Netzbetreibern chancengleich konkurrieren zu können.
Folgerichtig hat E-Plus frühzeitig darauf gedrängt, dass es spätestens zum Ende der
(ursprünglichen) 900 MHz-Frequenznutzungsrechte der D-Netzbetreiber am 31.12.2009 eine
Umverteilung der 900 MHz-Frequenzen und ein Refarming des 900 MHz-Bandes geben
sollte.
Nach vielfältigen diesbezüglichen Diskussionen hat die Bundesnetzagentur im Herbst 2009
entschieden, dass sie über das Ob und Wie eines Refarmings des 900 MHz-Bandes nur auf
Antrag eines Nutzungsberechtigten (Antragsverfahren) und erst nach Abschluss der für das
Jahr 2010 geplanten Frequenzversteigerung von Spektrum in anderen Frequenzbändern
(800, 1800, 2100 und 2600 MHz) entscheiden wird.

1
Ende 2009 wurde dann bekannt, dass die Bundesnetzagentur die nach der geänderten
GSM-Richtlinie vorgeschriebene Untersuchung, ob die bestehende Zuteilung des 900 MHz-
Bands an die deutschen Mobilfunknetzbetreiber Wettbewerbsverzerrungen wahrscheinlich
macht, innerhalb von 3 Monaten nach Abschluss der für das Jahr 2010 geplanten
Frequenzversteigerung durchführen wird.
E-Plus hat diese Vorgehensweise stets kritisiert und deutlich gemacht, dass man die
Vorgaben der geänderten GSM-Richtlinie bereits bei der von der Bundesnetzagentur in den
Vergabebedingungen zur Frequenzversteigerung gewählten Gesamtbetrachtung des 800
und 900 MHz-Frequenzbandes hätte rechtskonform umsetzen können.
Dies ist leider nicht geschehen.
Nachdem die Frequenzversteigerung von Spektrum in den Frequenzbändern 800, 1800,
2100 und 2600 MHz am 20.5.2010 endete, hat die Bundesnetzagentur am 11.8.2010 das zur
Kommentierung stehende Impulspapier zur „Frequenzverteilungsuntersuchung“
veröffentlicht. Auf dessen Basis soll gemäß Art.1 Abs.2 der geänderten GSM-Richtlinie die
Frage untersucht werden, ob aufgrund der bestehenden 900 MHz-Frequenzausstattung der
einzelnen Betreiber Wettbewerbsverzerrungen auf dem deutschen Mobilfunkmarkt
wahrscheinlich sind, und wie solche Verzerrungen in verhältnismäßiger Weise behoben
werden könnten und sollten.
E-Plus hat diese Frage durch zwei Gutachten untersuchen lassen:
Zum einen wurden die „Wettbewerbs- und Regulierungsimplikationen der 900 MHz-
Frequenzausstattung von Mobilfunknetzbetreibern in Deutschland“ von Prof. Dr. Gerpott aus
ökonomischer Sicht analysiert (im Folgenden: Gerpott-Gutachten).1
Gerpott kommt in diesem Gutachten - selbst für den Fall, dass man die Ergebnisse der
Frequenzversteigerung im Rahmen der Frequenzverteilungsuntersuchung berücksichtigen
würde - zu dem Ergebnis, dass in Deutschland die Ausstattung der D-Netzbetreiber mit
Spektrum im 900 MHz-Bereich bis in die Gegenwart deutliche Wettbewerbsverzerrende
Effekte zuungunsten der E-Netzbetreiber nach sich zieht.2 Durch eine Flexibilisierung des
900 MHz-Bandes unter Beibehaltung der gegenwärtigen Frequenzausstattung würden daher
die ohnehin vorhandenen Wettbewerbsstörungen verstärkt, die Wettbewerbschancen der E-
Netzbetreiber auf dem Markt für mobile Datendienste erheblich beeinträchtigt. Eine
Flexibilisierung ohne vorhergehende Frequenzumverteilung berge deshalb die Gefahr, die
Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs im deutschen Mobilfunkmarkt zu verschlechtern.3
Gerpott schlägt daher vor, dass diese Wettbewerbsverzerrungen durch eine ab 2011
durchzuführende Umverteilung des 900 MHz-Bandes behoben werden sollten, so dass jeder
Mobilfunknetzbetreiber über 2 x 8,4 MHz im 900 MHz-Band verfügen kann.
Zum anderen hat Prof. Dr. Holznagel die „Rechtsfragen im Zusammenhang mit der
Flexibilisierung des 900 MHz-Spektrums aufgrund der RL 2009/114/EG“ begutachtet (im
Folgenden: Holznagel-Gutachten).4
Zunächst wird in diesem Gutachten klargestellt, dass im Rahmen der
Frequenzverteilungsuntersuchung nach Art.1 Abs.2 der geänderten GSM-Richtlinie
ausschließlich auf etwaige Wettbewerbsverzerrungen im 900 MHz-Band abzustellen sei, und
dass eine Einbeziehung des 800 MHz-Bands den klaren Vorgaben der Richtlinie
widerspräche.

1
Gerpott, Wettbewerbs- und Regulierungsimplikationen der 900 MHz-Frequenzausstattung von
Mobilfunknetzbetreibern in Deutschland, 2010, im Folgenden: Gerpott, Implikationen 900 MHz-
Frequenzausstattung.
2
Gerpott, Implikationen 900 MHz-Frequenzausstattung, S. IV.
3
Gerpott, Implikationen 900 MHz-Frequenzausstattung, S. 40 f.
4
Holznagel, Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Flexibilisierung des 900-MHz-Spektrums aufgrund der RL
2009/114/EG, 2010, im Folgenden: Holznagel, Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung.

2
Ferner weist Holznagel nach, dass die von Gerpott identifizierten Wettbewerbsverzerrungen
nach der geänderten GSM-Richtlinie nicht hinnehmbar sind. Die geänderte GSM-Richtlinie
schreibe im Interesse der Nutzer nämlich unter anderem vor, durch die schnellstmögliche
Flexibilisierung der Frequenznutzung im 900 MHz-Band eine frühzeitige bedarfsgerechte und
flächendeckende Bereitstellung breitbandiger Netzzugangstechniken zu ermöglichen. Auch
zu diesem Zweck solle die flexiblere Frequenznutzung wann immer möglich durch die
Regulierungsbehörden gefördert werden. Denn durch die Ermöglichung eines
chancengleichen Wettbewerbs um die Einführung multipler Dienste im 900 MHz-Band
würden die Wettbewerbsbedingungen auf dem Endkundenmarkt gefördert. Dies würde
wiederum attraktivere Endkundenangebote ermöglichen, was wiederum den Bedürfnissen
aller Mobilfunknutzer zu Gute komme.5
Dem gegenüber würde das von der Bundesnetzagentur vorgesehene Antragsverfahren als
Voraussetzung für eine Frequenzflexibilisierung die effektive Nutzung der 900 MHz-
Frequenzen behindern und im Widerspruch zu den Vorgaben der geänderten GSM-Richtlinie
stehen. Denn bei der derzeitigen Frequenzverteilung könnten die E-Netzbetreiber nicht von
der Nutzungsflexibilisierung bei 900 MHz profitieren, da ihre Frequenzausstattung bei 900
MHz – im Gegensatz zu der Frequenzausstattung der D-Netzbetreiber - kein (bzw. kein
wettbewerbsfähiges) Refarming bei fortgesetztem GSM 900-Betrieb zulasse. Das Ziel der
gleichzeitigen Aufrechterhaltung der Verfügbarkeit von GSM neben UMTS sei für den
Richtliniengeber jedoch von großer Bedeutung.6
Schließlich zeigt das Holznagel-Gutachten auf, dass es geeignete Rechtsgrundlagen gibt,
um die im Gerpott-Gutachten identifizierten Wettbewerbsverzerrungen durch eine
Umverteilung der 900 MHz-Frequenzen zu beheben.7
Aus Sicht von E-Plus sollte eine Umverteilung der 900 MHz-Frequenzen daher nun sofort
von Amts Wegen eingeleitet werden, damit allen Mobilfunknetzbetreibern möglichst
kurzfristig die Möglichkeit zum Refarming im 900 MHz-Band eingeräumt werden kann.
Andernfalls würde der Wettbewerb auf dem deutschen Mobilfunkmarkt behindert und eine -
von der Nutzung des 800 MHz-Bandes unabhängige, aber mindestens gleich gut geeignete -
Möglichkeit vergeben, mobile Breitbandnetze in Deutschland auf- bzw. auszubauen.
Dies würde sowohl den Vorgaben der geänderten GSM-Richtlinie als auch den Zielen der
Breitbandstrategie der deutschen Bundesregierung zuwider laufen.

5
Holznagel, Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, S. V.
6
Holznagel, Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, S. 13, 16.
7
Holznagel, Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, S. V.

3
1. Sachverhaltsdarstellung im Impulspapier
Zu A. Einleitung
In der Einleitung zum Impulspapier stellt die Bundesnetzagentur auf Seite 2 Absatz 2 dar,
dass die in der Richtlinie 2009/114/EG zur Änderung der Richtlinie 87/372/EWG des Rates
über die Frequenzbänder, die für die koordinierte Einführung eines europaweiten öffentlichen
zellularen digitalen terrestrischen Mobilfunkdienstes in der Gemeinschaft bereitzustellen sind
(geänderte GSM-Richtlinie)8, vorgesehene Öffnung des 900 MHz-Bandes erlaubt werden
soll, damit zusätzliche kompatible Dienste bereitgestellt werden können, die störungsfrei
neben GSM-Funknetzen betrieben werden können. Hiermit soll zu den Zielen des
Binnenmarkts und der i2010-Initiative beigetragen, gleichzeitig die europaweite Verfügbarkeit
des GSM aufrechterhalten sowie der Wettbewerb durch das Angebot einer großen
Bandbreite von Diensten und Technologien bestmöglich gesteigert werden.
E-Plus weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Erwägungsgrund 3 der geänderten
GSM-Richtlinie darüber hinaus deutlich macht, dass das 900 MHz-Band gute
Ausbreitungsmerkmale und eine größere Reichweite als höhere Funkfrequenzen aufweist,
so dass moderne Sprach-, Daten- und Multimediadienste mit Hilfe der 900 MHz-Frequenzen
auch auf weniger dicht besiedelte und ländliche Gebiete ausgedehnt werden können.
Eine Wettbewerbsfördernde Öffnung des 900 MHz-Bandes kann daher nach den
Zielvorstellungen der geänderten GSM-Richtlinie auch einen positiven Beitrag zum
flächendeckenden Breitbandausbau in Deutschland leisten.

Zu B. Ausgangslage
Zu II. Berücksichtigte Frequenzbereiche
Die hier in Rede stehende Frequenzverteilungsuntersuchung beruht auf Art.1 Abs.2 der
geänderten GSM-Richtlinie.
Dennoch möchte die Bundesnetzagentur die geänderte GSM-Richtlinie dahingehend
„auslegen“, dass nicht nur die Zuteilungen im 900 MHz-Band, sondern sämtliche
Frequenznutzungsrechte von der Untersuchung betroffen sein sollen, die aufgrund der
„Entscheidung der Präsidentenkammer zur Flexibilisierung der Frequenznutzungsrechte für
drahtlose Netzzugänge zum Angebot von Telekommunikationsdiensten in den Bereichen
450 MHz, 900 MHz, 1800 MHz, 2 GHz und 3,5 GHz“ (Flexibilisierungsentscheidung)9 für den
Nutzungszweck drahtloser Netzzugang für das Angebot von Telekommunikationsdiensten
genutzt werden können.
Das Holznagel-Gutachten belegt, dass sich die geänderte GSM-Richtlinie ausschließlich auf
das 900 MHz-Band bezieht. Dort wird hierzu ausgeführt:
„… die von der Bundesnetzagentur angestellte Gesamtschau des Spektrums „unterhalb von
1 GHz“ [ist] bereits nicht mit der geänderten GSM-Richtlinie zu vereinbaren. Bereits
Erwägungsgrund (4) stellt darauf ab, dass die Nutzung für andere Technologien erlaubt
werden sollte, damit zusätzliche kompatible europaweite Dienste im 900-MHz-Band
bereitgestellt werden können. Ebenso formuliert Art.1 Abs.2 der geänderten GSM-RL
unmissverständlich, dass die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung untersuchen, ob aufgrund
der bestehenden Zuteilung des 900-MHz-Bands Wettbewerbsverzerrungen wahrscheinlich
sind. Die Richtlinie ist damit eindeutig. Es kommt ausschließlich auf die Frage an, ob die

8
ABl. EU L 274 vom 20.10.2009, Seiten 25ff.
9
BK 1a-09/001, veröffentlicht als Verfügung 58/2009 im Amtsblatt der Bundesnetzagentur Nr.20/2009 vom
21.10.2009, im Folgenden: Flexibilisierungsentscheidung
(http://www.bundesnetzagentur.de/cln_1931/DE/Sachgebiete/Telekommunikation/RegulierungTelekommunikation
/Frequenzordnung/OeffentlicherMobilfunk/FlexibilisierungFrequenznutzungsrechte/FlexibilisierungNutzungsrechte
_node.html).

4
Frequenzausstattung im 900-MHz-Bereich Wettbewerbsverzerrungen befürchten lässt. Eine
Gesamtschau mit anderen Frequenzbereichen hat demgegenüber außen vor zu bleiben.
Dies liegt auch in der Ratio des Ziels der geänderten GSM-Richtlinie, gerade die flexible
Nutzung des 900-MHz-Spektrums (und nicht etwa des 800-MHz-Bands) zu ermöglichen,10
11
wie es auch in der Harmonisierungsentscheidung der Kommission zum Ausdruck
kommt.“12
Es ist daher rechtlich nicht haltbar, im Rahmen der auf Art.1 Abs.2 beruhenden
Frequenzverteilungsuntersuchung auch andere Frequenzbereiche in die
Frequenzverteilungsuntersuchung einbeziehen zu wollen.
Hätte der EU-Gesetzgeber, wie die „Auslegung“ der Bundesnetzagentur nahelegt,
beispielsweise die 800 MHz-Frequenzen aus der Digitalen Dividende tatsächlich in den
Untersuchungsauftrag nach Art.1 Abs.2 der geänderten GSM-Richtlinie einbeziehen wollen,
wäre dies problemlos möglich gewesen.
Über eine Nutzung der Digitalen Dividende wird auf EU-Ebene nämlich spätestens seit der
am 13.11.2007 veröffentlichten Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament,
den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der
Regionen „Ausschöpfung der digitalen Dividende in Europa: Ein gemeinsames Konzept für
die Nutzung der durch die Digitalumstellung frei werdenden Frequenzen“13 diskutiert.
Dennoch hat die EU-Kommission in ihrem erst ein Jahr später am 19.11.2008 vorgelegten
Vorschlag zur Änderung der GSM-Richtlinie die 800 MHz-Frequenzen aus der Digitalen
Dividende vollkommen unberücksichtigt gelassen. Dem wurde von EU-Parlament und Rat im
bis September 2009 andauernden Gesetzgebungsverfahren zur geänderten GSM-Richtlinie
zugestimmt. Auch dies belegt, dass die geänderte GSM-Richtlinie sich nur auf das 900 MHz-
Band bezieht.
Schließlich kann auch die von der Bundesnetzagentur für ihre „Auslegung“ angeführte
Begründung, dass in Deutschland sämtliche Netzbetreiber, die über
Frequenznutzungsrechte im 900 MHz-Band verfügen, auch über Frequenznutzungsrechte in
anderen Frequenzbereichen verfügen, zu keinem anderen Ergebnis führen.
Es ist nämlich EU-weit der Regelfall, dass 900 MHz-Frequenzinhaber auch in anderen
Frequenzbereichen über Frequenznutzungsrechte verfügen. Der EU-Gesetzgeber hat die
geänderte GSM-Richtlinie gleichwohl allein auf das 900 MHz-Frequenzband beschränkt.
Im Rahmen der Frequenzverteilungsuntersuchung darf daher nur das 900 MHz-Band
berücksichtigt werden.
Folglich umfasst die Frequenzverteilungsuntersuchung nach der geänderten GSM-Richtlinie
daher auch einen anderen Untersuchungsgegenstand als die bezüglich der Entscheidung
der Bundesnetzagentur zur Vergabe von 800, 1800, 2100 und 2600 MHz14 laufende
Rechtsstreitigkeit zwischen Bundesnetzagentur und E-Plus.
Ein erheblicher Teil der zwischen Bundesnetzagentur und E-Plus in Bezug auf jene
Frequenzvergabeentscheidung ausgetauschten Argumente ist auf die nun begonnene

10
RL 2009/114/EG, Erwägungsgrund (3).
11
Entscheidung der Kommission vom 16.10.2009 zur Harmonisierung des 900 MHz-Bands und des 1800-MHz-
Bands für terrestrische Systeme, die europaweite elektronische Kommunikationsdienste in der Gemeinschaft
erbringen können, ABl. EU L 274 vom 20.10.2009, 32-35.
12
Holznagel, Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, S. 17 f.
13
KOM (2007)700 endg.
14
BK 1a-09/002, veröffentlicht als Verfügung 59/2009 im Amtsblatt der Bundesnetzagentur Nr.20/2009 vom
21.10.2009, im Folgenden: Frequenzvergabeentscheidung
(http://www.bundesnetzagentur.de/cln_1931/DE/Sachgebiete/Telekommunikation/RegulierungTelekommunikation
/Frequenzordnung/OeffentlicherMobilfunk/VergabeVerfahrenDrahtlosNetzzugang/vergabeVerfahrenDrahtlosNetz
zugang_node.html).

5
Frequenzverteilungsuntersuchung nach der geänderten GSM-Richtlinie daher nicht oder
nicht ohne weiteres übertragbar.

Zu III. Werdegang der Frequenznutzungsrechte und deren Verteilung im 900


MHz-Band
Die Bundesnetzagentur führt auf Seite 6 des Impulspapiers aus, dass die Verteilung der
gegenwärtigen Frequenznutzungsrechte das Ergebnis einer Vielzahl von offenen, objektiven,
transparenten und diskriminierungsfreien Vergabeverfahren sei. Hierzu ist aus Sicht von E-
Plus anzumerken, dass dies keineswegs als rechtlich geklärt anzusehen ist. Die derzeitige
Zuteilung der Frequenzen aus dem 900 MHz- und 1800 MHz-Band an die D-Netzbetreiber
und die Zuteilung von Frequenzen als Folge der 2010 durchgeführten
Frequenzversteigerung ist zwar aufgrund sofort vollziehbarer Entscheidungen der
Bundesnetzagentur erfolgt. Diese Entscheidungen sind jedoch nicht bestandskräftig.
E-Plus hat hinsichtlich der fraglichen Frequenzzuteilungen erhebliche rechtliche Zweifel,
insbesondere an der Rechtmäßigkeit der Zuteilung bzw. der Objektivität, Transparenz und
Diskriminierungsfreiheit des Vergabeverfahrens. Gegen die fraglichen
Frequenzzuteilungsentscheidungen sind daher Widerspruchs- bzw. Klageverfahren
anhängig, deren Ergebnis offen ist.
Vor einer letztinstanzlichen Entscheidung dieser Verfahren kann die Rechtmäßigkeit der
erfolgten Frequenzzuteilungen bzw. die Objektivität, Transparenz und
Diskriminierungsfreiheit der entsprechenden Vergabeverfahren nicht ohne weiteres
unterstellt werden.

Zu 3. Zweite Vergabe von Ergänzungsspektrum und Angleichung der


Restlaufzeiten – das GSM-Konzept
Die Bundesnetzagentur führt auf Seite 8 (unten) des Impulspapiers aus, dass die E-GSM-
Frequenzen einen „Ausgleich“ unter den bestehenden GSM-Netzen hinsichtlich deren –
infolge sukzessiver Lizenzierung – ungleicher Frequenzausstattung ermöglicht und damit
günstigere frequenzregulatorische Voraussetzungen für einen chancengleichen und
nachhaltigen Wettbewerb im GSM-Mobilfunk herbei geführt hätte.
Dem gegenüber hatte die Bundesnetzagentur im „Konzept der Bundesnetzagentur zur
Vergabe weiteren Spektrums für den digitalen öffentlichen zellularen Mobilfunk unterhalb von
1,9 GHz“ (GSM-Konzept)15, im „Diskussionspapier zur Vorbereitung eines Konzepts zur
Flexibilisierung der Frequenznutzungsrechte in den Bereichen 900 und 1800 MHz“ (K 9 | 18-
Diskussionspapier)16 als auch in der Flexibilisierungsentscheidung17 richtigerweise
verdeutlicht, dass die Zuweisung von 2 x 5 MHz 900 MHz-Frequenzen an E-Plus und
Telefónica O2 lediglich eine „Angleichung“ der asymmetrischen Frequenzausstattung der
deutschen Mobilfunknetzbetreiber bewirken könne.
Der Handlungskomplex I des GSM-Konzepts hat sogar den Titel „Angleichung der
asymmetrischen Frequenzausstattung der bestehenden GSM-Netzbetreiber“.

15
Veröffentlicht als Verfügung 88/2005 im Amtsblatt der Bundesnetzagentur Nr.23/2005, Seite 1852 ff, im
Folgenden: GSM-Konzept
(http://www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/Telekommunikation/RegulierungTelekommunikation/Frequen
zordnung/OeffentlicherMobilfunk/GSMKonzept/gsmkonzept_node.html).
16
Veröffentlicht als Mitteilung 663/2008 im Amtsblatt Bundesnetzagentur Nr. 22/2008, S. 3649 ff, im Folgenden: K
9 | 18-Diskussionspapier
(http://www.bundesnetzagentur.de/cln_1931/DE/Sachgebiete/Telekommunikation/RegulierungTelekommunikation
/Frequenzordnung/OeffentlicherMobilfunk/GSMFlexibilisierungRefarming/GSMFlexibilisiergRefarming_node.html)
17
Flexibilisierungsentscheidung, S.10.

6
E-Plus (und auch Telefónica O218) haben daher bereits seit Jahren darauf hingewiesen, dass
es auch nach der Umsetzung des GSM-Konzepts weiterhin eine asymmetrische
Frequenzausstattung unter den deutschen Mobilfunknetzbetreibern gibt, und dass es einer
Umverteilung der 900 MHz-Frequenzausstattungen bedarf, um für die deutschen
Mobilfunknetzbetreiber eine chancengleiche Öffnung des 900 MHz-Bandes zu ermöglichen.
Dies wurde von der Bundesnetzagentur im K 9 | 18-Diskussionspapier auch ausdrücklich in
dieser Weise thematisiert und wird nach Kenntnis von E-Plus auch von anderen
Regulierungsbehörden innerhalb der EU erwogen bzw. umgesetzt.
Auf Seite 9 (oben) des Impulspapiers führt die Bundesnetzagentur insofern richtigerweise
aus, dass das GSM-Konzept lediglich eine „Angleichung“ der asymmetrischen
Frequenzausstattung der deutschen Mobilfunknetzbetreiber hat bewirken können.

Zwischen 3. und 4. / Fehlende Darstellung des K 9 | 18-Diskussionspapiers


Bei der Darstellung der Ausgangslage fehlt im Impulspapier der Bundesnetzagentur jeglicher
Hinweis darauf, dass die Bundesnetzagentur am 19.11.2008 das K 9 | 18-Diskussionspapier
veröffentlicht hat.
Dieses Diskussionspapier sollte nach der Auffassung der Bundesnetzagentur die Grundlage
für ein „Konzept zur Flexibilisierung der Frequenznutzungsrechte im Bereich 900 MHz und
1800 MHz“ bilden.19
In jenem K 9 | 18-Diskussionspapier finden sich einige auch für die nunmehrige
Frequenzverteilungsuntersuchung äußerst relevante Ausführungen.
So wird zur Frage, zu welchem Zeitpunkt die flexibleren frequenzregulatorischen
Rahmenbedingungen wirksam werden sollten (Frage 1) festgestellt, dass einiges dafür
spricht, eine Flexibilisierung in den Bereichen 900 MHz und 1800 MHz vor dem 31.12.2016
einzuführen. Es wird zudem zutreffenderweise ausgeführt, dass durch die Öffnung des
Spektrums bzw. die Aufhebung der Beschränkung auf den GSM-Standard ein
gesamtwirtschaftlicher Nutzen entsteht, dass das 900 MHz-Spektrum aufgrund der günstigen
Ausbreitungseigenschaften und der damit verbundenen erheblichen Kostenvorteile bei
einem flächendeckenden Netzaufbau gegenüber höher gelegenem Frequenzspektrum
besondere Bedeutung zukommt, dass das Angebot breitbandiger Dienste daher effizienter
erfolgen kann, und dass eine Flexibilisierung der betroffenen Frequenzbereiche nach 2016
nach erster Einschätzung den gesamtwirtschaftlichen Nutzen reduzieren würde.20
Ferner führt die Bundesnetzagentur in ihren dortigen Erläuterungen zu Frage 1
richtigerweise aus, dass sowohl die Verbraucherinteressen (§2 Abs.2 Nr.1 TKG) und die aus
einer möglichst frühzeitigen Anpassung der Frequenznutzungsrechte zu erwartenden
Effizienzgewinne als auch das Regulierungsziel der Förderung nachhaltig
wettbewerbsorientierter Märkte (§2 Abs.2 Nr.2 TKG) dafür sprechen würden, vor 2016 eine
Flexibilisierung durchzuführen.21
Zur Frage, ob es zur Verwirklichung der Regulierungsziele und zur Wahrung des
Grundsatzes der Diskriminierungsfreiheit erforderlich ist, die in den Bereichen 900 MHz und
1800 MHz zugeteilten Frequenzen mit dem Ziel der Angleichung der Frequenzausstattung
umzuverteilen (Frage 3), stellt die Bundesnetzagentur ferner fest, dass unter den deutschen
Mobilfunknetzbetreibern die 900 und die 1800 MHz-Frequenzen nicht gleich verteilt sind. Als
eine diesbezügliche Handlungsmöglichkeit führt die Bundesnetzagentur insofern aus, dass

18
Siehe nur O2, Stellungnahme zum K9/18-Diskussionspapier, S. 2
(http://www.bundesnetzagentur.de/cae/servlet/contentblob/90712/publicationFile/2750/TelefonicaO2Id15561pdf.p
df).
19
K 9 | 18-Diskussionspapier, S. 2.
20
K 9 | 18-Diskussionspapier, S. 9.
21
K 9 | 18-Diskussionspapier, S. 9 f.

7
die Gelegenheit der Flexibilisierung der Frequenznutzungsrechte im Bereich 900 und 1800
MHz für eine Umverteilung genutzt werden könne. Zum einen könne eine Umverteilung der
Verwirklichung der Regulierungsziele der Sicherstellung chancengleichen Wettbewerbs und
der Förderung nachhaltig wettbewerbsorientierter Märkte (§ 2 Abs.2 Nr.2 TKG) sowie des
Gebots der Diskriminierungsfreiheit (§ 55 Abs.1 S.3 TKG) dienen.22 Zum anderen könne eine
Umverteilung im Zusammenhang mit der Flexibilisierung der Frequenznutzungsrechte das
Ziel der Sicherstellung einer effizienten Frequenznutzung (§ 52 Abs.1 TKG) fördern.23
Zur Frage, welcher Zeitraum für die 900 und 1800 MHz-Frequenznutzungsrechte
angemessen wäre, falls diese Frequenznutzungsrechte vor dem 31.12.2016 flexibilisiert
würden (Frage 4), weist die Bundesnetzagentur ferner darauf hin, dass eine Anpassung
dieser Rechte als sachgerecht angesehen werden könne, damit ein ausreichender
Amortisationszeitraum für die Investitionen in neue breitbandige Technologien bestünde.24
Insgesamt hat die Bundesnetzagentur daher im K 9 | 18-Diskussionspapier bereits eine
Vielzahl von Fragen aufgeworfen und teilweise beantwortet, die auch im Rahmen der
nunmehrigen Frequenzverteilungsuntersuchung relevant sind.
Aus Sicht von E-Plus ist es zur vollständigen Beschreibung der Ausgangslage dieser
Frequenzverteilungsuntersuchung daher unabdingbar, das K 9 | 18-Diskussionspapier in die
Betrachtung einzubeziehen bzw. dieser zugrunde zu legen.

Zu 4. Flexibilisierung
Die Bundesnetzagentur beendet ihre Darstellung des Werdegangs der
Frequenznutzungsrechte und deren Verteilung im 900 MHz-Band mit dem Hinweis auf ihre
Flexibilisierungsentscheidung vom 12.10.2009 und dem Hinweis, dass die
Bundesnetzagentur darin unter anderem den Entschluss gefasst habe, die Beschränkung in
den Frequenznutzungsrechten für die Frequenzbereiche 900 und 1800 MHz auf Antrag der
Frequenzzuteilungsinhaber nach Maßgabe der geänderten GSM-Richtlinie aufzuheben, so
dass die Netzbetreiber unter Sicherstellung der Verträglichkeit die Frequenzen zum
schnellstmöglichen Zeitpunkt technologieneutral nutzen können.
E-Plus möchte in diesem Zusammenhang einige Ausführungen aus der
Flexibilisierungsentscheidung ergänzen, die für diese Frequenzverteilungsuntersuchung von
Belang sein bzw. werden können.
So hat die Bundesnetzagentur in der Entscheidung fest gestellt, dass dieser Entscheidung
keine Außenwirkung im rechtlichen Sinne zukommen solle, sondern nur die
Bundesnetzagentur selbst binden solle. Die Entscheidung sei daher kein Verwaltungsakt
gemäß § 35 VwVfG.25
Ferner stellt die Bundesnetzagentur abermals klar, dass dem Spektrum bei 900 MHz durch
die gegenüber höher gelegenem Frequenzspektrum günstigeren Ausbreitungseigenschaften
und den damit verbundenen erheblichen Kostenvorteilen bei einem flächendeckenden
Netzaufbau besondere Bedeutung zukommt.26
Zudem weist die Bundesnetzagentur darauf hin, dass es den Inhabern von 900 MHz-
Frequenznutzungsrechten durch die vorgesehene Aufhebung der Beschränkung des GSM-
Standards ermöglicht wird, breitbandige Netzzugangstechniken frühzeitig bedarfsgerecht
und flächendeckend einzuführen, und dass die Verbesserung der Versorgung der Nutzer mit
breitbandigen Netzzugängen entsprechend der Breitbandstrategie der Bundesregierung ein

22
K 9 | 18-Diskussionspapier , S. 11.
23
K 9 | 18-Diskussionspapier, S. 12.
24
K 9 | 18-Diskussionspapier, S. 13.
25
Flexibilisierungsentscheidung, S.16.
26
Flexibilisierungsentscheidung, S.26.

8
überragendes Ziel der Telekommunikationspolitik ist und in erheblichem Maß zur
Verwirklichung des Infrastrukturgewährleistungsauftrags des Bundes aus Art.87f GG
beiträgt.27 Die bestehenden Nutzungsrechte sollten daher möglichst frühzeitig angepasst und
technologieneutrale Nutzungen ermöglicht werden, um die Effizienzgewinne bei der
Bereitstellung von breitbandigen Diensten mit niedrigem Frequenzspektrum auszuschöpfen
und die Interessen der privaten und gewerblichen Nutzer zu wahren.28
Schließlich stelle eine zügige Flexibilisierung die Förderung nachhaltig
wettbewerbsorientierter Märkte sicher, da die im Zuge der Umrüstung der Netze
notwendigen Entscheidungen von den Netzbetreibern entsprechend den
Marktgegebenheiten getroffen werden können. Dadurch könne der Wettbewerb zwischen
den bisherigen Mobilfunknetzbetreibern angeregt werden und diese könnten selbst und ohne
regulatorischen Beschränkungen entscheiden, wann der Technikumstieg erfolgen soll und
ob sie mit innovativen Technologien auf den Markt vorstoßen oder die Amortisation
bisheriger Investitionen fortsetzen.29
Trotz dieser Ausführungen hat die Bundesnetzagentur E-Plus im November 2009 darüber
informiert, dass E-Plus zwar sofort einen Antrag auf Nutzungsflexibilisierung des 900 MHz-
Bands stellen könne. Die Bundesnetzagentur werde über diesen Antrag jedoch erst nach
Abschluss des für 2010 geplanten Frequenzvergabeverfahrens entscheiden.

27
Flexibilisierungsentscheidung, S.26f.
28
Flexibilisierungsentscheidung, S.27.
29
Flexibilisierungsentscheidung, S.27.

9
Zu C. Kernfragen:
Zu Frage 1: Welche Auswirkungen hat die Versteigerung von Frequenzen für den
drahtlosen Netzzugang zum Angebot von Telekommunikationsdiensten in den
Frequenzbereichen 800 MHz, 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz im April und Mai dieses
Jahres auf die Wettbewerbssituation? Inwieweit können diese Auswirkungen zum
jetzigen Zeitpunkt hinreichend konkret beschrieben und beurteilt werden?
Wie bereits oben in den Kommentaren zu B. II. dargelegt, bezieht sich die auf Art.1 Abs.2
der geänderten GSM-Richtlinie beruhende Frequenzverteilungsuntersuchung und die in
diesem Zusammenhang geforderte Untersuchung der Wettbewerbssituation allein auf das
900 MHz-Frequenzband.
Die Versteigerung von Frequenzen für den drahtlosen Netzzugang zum Angebot von
Telekommunikationsdiensten in den Frequenzbereichen 800 MHz, 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6
GHz im April und Mai 2010 spielt im Rahmen dieser Untersuchung folglich keine Rolle.
Der Vollständigkeit halber soll jedoch auf die Erläuterung der Bundesnetzagentur zu dieser
Frage eingegangen werden.
Darin stellt die Bundesnetzagentur dar, dass zwar lediglich Telefónica O2, Deutsche
Telekom und Vodafone Spektrum bei 800 MHz erhalten haben, dass diese Unternehmen
jedoch auch jeweils etwa 1 Milliarde Euro mehr gezahlt haben als E-Plus.
Zudem rechnet die Bundesnetzagentur vor, dass E-Plus bezogen auf ein Megahertz neu
ersteigerten Spektrums durchschnittlich etwa vier Millionen Euro gezahlt hat, während die
anderen drei Mobilfunknetzbetreiber über zwölf Millionen Euro je Megahertz und damit im
Verhältnis zu E-Plus mehr als das Dreifache pro Megahertz bezahlt haben.
Bei einer solchen Darstellung durch die Bundesnetzagentur könnte fälschlicherweise der
Eindruck erweckt werden, dass die Bietstrategie von E-Plus sich freiwillig auf einen relativ
„günstigen“ Erwerb von Frequenzen fokussiert habe.
Tatsächlich hat E-Plus während der knapp 7 Wochen und 224 Bietrunden dauernden
Frequenzversteigerung in 203 Bietrunden (d.h. in mehr als 90 % aller Runden) das
Höchstgebot für mindestens 2 x 5 MHz 800 MHz-Spektrum gehalten.
Zudem hat E-Plus noch kurz vor Ende der Auktion in der 216. Bietrunde Höchstgebote in
einer Gesamtsumme von 739 Millionen Euro abgegeben, von der allein 561 Millionen Euro
auf 2 x 5 MHz Spektrum im 800 MHz-Band entfielen.
Dass E-Plus am Ende der Auktion „nur“ gut 283 Millionen Euro für das schließlich erworbene
Spektrum ausgegeben hat, kann daher nicht darauf zurückgeführt werden, dass E-Plus sich
freiwillig auf einen relativ „günstigen“ Erwerb von Frequenzen beschränkt hat.
In diesem Zusammenhang ist vielmehr auch zu berücksichtigen, dass das Auktionsergebnis
aus einem Vergabe- bzw. Versteigerungsverfahren resultiert, an dessen Rechtmäßigkeit E-
Plus weiterhin erhebliche Zweifel hat. Das Verfahren ist deshalb Gegenstand einer
gerichtlichen Klärung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Bis diese Klärung abgeschlossen
ist, kann nicht einfach von einer Rechtmäßigkeit des Verfahrens ausgegangen werden.
Ferner muss berücksichtigt werden, dass für die D-Netzbetreiber aufgrund ihrer bestehenden
besseren Ausstattung mit 900 MHz-Frequenzen und ihrer auch daraus resultierenden
gemeinsam marktbeherrschenden Stellung auf dem deutschen Mobilfunkendkundenmarkt
besondere Anreize bestanden, für die von ihnen letztlich erworbenen jeweils zwei 800 MHz-
Frequenzblöcke einen strategischen Kaufpreis zu bezahlen, um diese gemeinsam
marktbeherrschende Stellung weiter abzusichern und um durch den Ausschluss eines E-
Netzbetreibers im 800 MHz-Bereich in der Zukunft zusätzliche Gewinne anzustreben.30

30
Siehe auch Gerpott, Implikationen 900 MHz-Frequenzausstattung, S.35 ff.

10
In der Darstellung des Frequenzauktionsergebnisses durch die Bundesnetzagentur sollte
daher der Eindruck vermieden werden, E-Plus habe sich freiwillig auf einen relativ
„günstigen“ Erwerb von Frequenzen beschränkt.31
Die Erläuterungen der Bundesnetzagentur zu Frage 1 sollen schließlich auch insofern nicht
unkommentiert bleiben, als für die Einschätzung der Auswirkungen der
Frequenzversteigerung nach Auffassung der Bundesnetzagentur auch die erwartbare
Entwicklung der Mobilfunk-Endkundenmärkte zu berücksichtigen sein könnte.
In diesem Zusammenhang möchte E-Plus darauf hinweisen, dass im Gerpott-Gutachten
gezeigt wird, dass Deutsche Telekom und Vodafone den deutschen
Mobilfunkendkundenmarkt auch mehr als 20 Jahre nach erstmaliger Lizenzierung weiterhin
gemeinsam beherrschen.32
Auch das Bundeskartellamt hat in den vergangenen Jahren mehrfach Anhaltspunkte für eine
gemeinsame marktbeherrschende Stellung von Deutscher Telekom und Vodafone gesehen,
hierüber jedoch keine abschließende Feststellung treffen müssen.33
Ohne eine Änderung der regulatorischen Rahmenbedingungen ist daher eine weitere
Verfestigung der gemeinsamen marktbeherrschenden Stellung von Deutscher Telekom und
Vodafone zu erwarten.
Unter Verweis auf den Beginn dieser Ausführungen sei abschließend nochmals festgestellt,
dass für die Frequenzverteilungsuntersuchung nur das 900 MHz-Band relevant ist, und dass
die Erläuterungen der Bundesnetzagentur zu Frage 1 nur der Vollständigkeit halber
kommentiert werden.

Zu Frage 2: Welchen Einfluss haben Wettbewerber, die nicht selbst über


Frequenznutzungsrechte in den berücksichtigten Frequenzbereichen verfügen, auf die
Wettbewerbssituation der betroffenen Netzbetreiber?
Die geänderte GSM-Richtlinie zielt auf eine wettbewerbsfördernde Flexibilisierung des 900
MHz-Bandes ab.
Eine solche Nutzungsflexibilisierung von Frequenzen kann offensichtlich nur Wettbewerber
betreffen, die überhaupt über Frequenznutzungsrechte verfügen.
In Deutschland verfügen die vier am Markt verbliebenen Mobilfunknetzbetreiber über – wenn
auch äußerst asymmetrisch verteilte - Frequenznutzungsrechte im relevanten 900 MHz-
Band.
Wettbewerber, die nicht selbst über Frequenznutzungsrechte (im 900 MHz-Band) verfügen,
sind im Rahmen dieser Frequenzverteilungsuntersuchung daher nicht zu berücksichtigen.
Entsprechend stellt die Bundesnetzagentur beispielsweise in ihrer Frage 9 richtigerweise
auch nur auf die „Netzbetreiber“ ab.

31
Ein interessanter gedanklicher Ansatz könnte allerdings darin bestehen, die in der Auktion erzielten Marktpreise
auf die Werthaltigkeit der den vier deutschen Mobilfunknetzbetreibern vor der Auktion zur Verfügung stehenden
Frequenzausstattung umzurechnen. Nimmt man – wie die Bundesnetzagentur in ihrer
Frequenzvergabeentscheidung – an, dass das 800 und das 900 MHz-Band vergleichbar sind, würde aufgrund der
resultierenden Werte nochmals deutlich, dass durch die Umsetzung von Handlungskomplex I des GSM-Konzepts
nur eine Angleichung der Frequenzausstattung vorgenommen wurde.
32
Gerpott, Implikationen 900 MHz-Frequenzausstattung, S. III, 13.
33
Zur Vermutung der gemeinsamen Marktbeherrschung der beiden D-Netzbetreiber und deren Ursache in der
besseren Frequenzausstattung vgl. zuletzt Bundeskartellamt, Fallbericht vom 2.2.2010 über die Entscheidung
vom 28.12.2009 im Verfahren B7-170/07 zur Prüfung eines möglichen Missbrauchs einer gemeinsam
marktbeherrschenden Stellung durch günstige On-Net-Tarife der Mobilfunksprachtelefonie durch T-Mobile und
Vodafone, dort S.2 f
(http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Missbrauchsaufsicht/Kurzberichte/Fallbericht_B07-170-
07-endg.pdf).

11
Allerdings soll in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, dass die Ausstattung mit
einer ausreichenden Menge von 900 MHz-Frequenzen und deren
Flexibilisierungsmöglichkeit auf den Wettbewerb der Mobilfunknetzbetreiber mit und um
MVNO, Diensteanbieter und No-Frills-Anbieter Auswirkungen haben kann. Um in diesem
Zusammenhang entscheidende Wettbewerbsimpulse liefern zu können, ist es für jeden
Mobilfunknetzbetreiber unumgänglich, über eine ausreichende Ausstattung mit Frequenzen
im 900 MHz-Band zu verfügen.
In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass E-Plus den Wettbewerb der
Mobilfunknetzbetreiber um MVNO und No-Frills-Anbieter in Deutschland in Gang gesetzt und
voran getrieben hat. Dies hat – zum Wohle der deutschen Verbraucher - zu einer
Verstärkung der Wettbewerbsintensität nicht nur zwischen den Mobilfunknetzbetreibern,
sondern auch insgesamt zwischen den Mobilfunknetzbetreibern einerseits und den MVNO,
Diensteanbietern und No-Frills-Anbietern andererseits geführt.

Zu Frage 3: Bestehen objektive ökonomisch-frequenztechnische Nachteile aufgrund


der Frequenzzuteilungen? Welche Kennzahlen sind aussagekräftig?
Das beigefügte Gerpott-Gutachten weist – selbst für den Fall einer Berücksichtigung des 800
MHz-Spektrums - nach, dass die seit 1990 bestehende Frequenzausstattung von Deutscher
Telekom und Vodafone mit je 2 x 12,4 MHz Spektrum im 900 MHz-Frequenzband, gekoppelt
mit dem Sachverhalt, dass E-Plus und Telefónica O2 erst 2006 und nur je 2 x 5 MHz
Spektrum aus dem 900 MHz-Frequenzband zugänglich gemacht wurden, weiterhin objektive
ökonomisch-frequenztechnische Nachteile zuungunsten von E-Plus und Telefónica O2 nach
sich zieht. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass das 800 MHz-Spektrum im Rahmen
dieser Frequenzverteilungsuntersuchung nicht zu berücksichtigen ist.
So zeigen laut Gerpott bereits frühere, die Ausprägungen von betriebswirtschaftlichen
Erfolgsindikatoren bei GSM 900- und GSM 1800-Mobilfunknetzbetreibern vergleichende
empirische Analysen übereinstimmend, dass Unternehmen, die zunächst mit 1800 MHz-
Frequenzen ausgestattet wurden, signifikant niedrigere SIM-Kartenmarktanteile und
EBITDA-Margen aufweisen als ihre Konkurrenten, die mit 900 MHz-Frequenzen gestartet
sind.34 Bei einer Fortschreibung der früheren Untersuchungen für aktuelle
Betrachtungszeiträume kommt Gerpott ebenfalls zu dem Ergebnis, dass sich die
strukturellen frequenzbedingten Marktungleichgewichte verfestigt haben.35 Auch Anfang
2010 würden GSM-Netzbetreiber, die ursprünglich mit 900 MHz-Frequenzen ausgestattet
wurden, noch signifikant höhere SIM-Kartenmarktanteile insgesamt und, speziell im UMTS-
Geschäft, höhere Umsatzmarktanteile und EBITDA-Margen aufweisen als ihre
Wettbewerber, denen zunächst nur Frequenzen im 1800 MHz-Bereich zugeteilt wurden.36
Unterstützt durch einen früheren Vermarktungsstart hätten GSM 900-Wettbewerber im
Vergleich zu GSM 1800-Anbietern einen signifikant
• um 16,5 Prozentpunkte höheren Mobilfunkdiensteumsatzanteil (im 1. Quartal 2010),
• um 14,5 Prozentpunkte höheren SIM-Kartenanteil an der Gesamtzahl aller aktivierten
GSM- und UMTS-SIM-Karten (am 31.3.2010),
• um 22,5 Prozentpunkte höheren SIM-Kartenanteil an der Gesamtzahl aller aktivierten
UMTS-SIM-Karten (am 30.9.2009),
• um 9,3 Prozentpunkte höheren UMTS-Anteil an sämtlichen eigenen aktivierten SIM-
Karten am 30.9.2009

34
Gerpott, Implikationen 900 MHz Frequenzausstattung, S. 27 mit Verweis auf Sung, The determinants of
market share for mobile telecommunications operators, 2005 (http://www.userpage.fu-berlin.de/~jmueller/its/
conf/porto05/papers/Sung.pdf); Gerpott, K&R 2005, S. 503, 508; ders., Öffnung von GSM-Frequenzen für
UMTS-Angebote, 2008, S. 56-58.
35
Gerpott, Implikationen 900 MHz-Frequenzausstattung, S. 28.
36
Gerpott, Implikationen 900 MHz-Frequenzausstattung, S. IV.

12
erreicht.37
Diese Ergebnisse ließen den Schluss zu, dass in Deutschland die Ausstattung der D-
Netzbetreiber mit jeweils 12,4 MHz gepaartem Spektrum im 900 MHz-Bereich ab dem Jahr
1990 gekoppelt mit dem Sachverhalt, dass E-Plus und O2 erst im Jahr 2006 jeweils 5 MHz
gepaarte 900 MHz-Frequenzen zugänglich gemacht wurden, bis zur Gegenwart deutliche
wettbewerbsverzerrende Effekte zuungunsten der E-Netzbetreiber nach sich ziehe.38
Aufgrund der Marktmachtunterschiede und der Effekte der relativen Wettbewerbsposition
von Mobilfunknetzbetreibern auf deren EBITDA-Marge überrasche es auch nicht, dass von
den GSM 900 MHz-Lizenzinhabern im ersten Quartal 2010 bei der EBITDA-Marge ein hoch
signifikanter Vorsprung von 9,5 Prozentpunkten erzielt wurde.39
Selbst wenn man die Wirkungen von Unterschieden im Markteintrittszeitpunkt auf
Marktanteilskriterien sowie zusätzlich von unterschiedlichen Marktanteilen und absoluten
Kundenbeständen auf die EBITDA-Marge statistisch neutralisiere, seien noch eigenständige
Effekte auf Markterfolgsindikatoren nachweisbar. So ergebe sich, dass die GSM-
Frequenzlage von Mobilfunknetzbetreibern bei den GSM 900-Betreibern auch dann zu
signifikanten höheren Marktanteilen als bei den GSM 1800-Konkurrenten führe, wenn diese
einen identischen Vermarktungszeitraum haben. 40
Weiter belegt Gerpott, dass die GSM-Frequenzlage eines Unternehmens selbst nach
Neutralisierung von Profitabilitätseffekten des Vermarktungszeitraums, des absoluten SIM-
Kartenbestands als Betriebsgrößenmaß und des SIM-Kartenmarktanteil als
Marktmachtindikator einen signifikanten zusätzlichen Einfluss auf die EBITDA-Marge im Jahr
2009 sowie im ersten Quartal 2010 hat.41
Schließlich gibt Gerpott zu beachten, dass in seiner Analyse mit dem Erfolgskriterium
EBITDA-Marge lediglich Nachteile auf der Absatzpreisseite und bei den laufenden
Betriebskosten, nicht aber höhere Funknetzinvestitionen von Mobilfunknetzbetreibern mit
1800 MHz-Startfrequenzen gegenüber von Anfang an mit GSM-900-Frequenzen
ausgestatteten Unternehmen erfasst worden seien. Bei Verwendung von
Profitabilitätskennzahlen, die auch diese Investitionsnachteile berücksichtigen (z.B.
Rentabilität des betriebsnotwendigen materiellen Anlagevermögens) sei anzunehmen, dass
Effekte der Lage der GSM-Frequenzausstattung noch viel stärker ausfallen würden.42
Alles in allem sprächen die empirischen Fakten klar dafür, dass von einem merklichen
Abschmelzen von Kosten- und Umsatznachteilen aufgrund der Erstausstattung von GSM-
Mobilfunknetzbetreibern mit 1800 MHz-Frequenzen gegenüber GSM 900-Wettbewerbern bis
heute nicht die Rede sein könne.43
Hinsichtlich der in der Erläuterung zu Frage 3 von der Bundesnetzagentur aufgeworfenen
Überlegung, ob die Frequenzverteilung in Deutschland mit der in anderen Staaten innerhalb
und außerhalb Europas zu vergleichen ist, weist E-Plus darauf hin, dass uns kein Staat
bekannt ist, bei dem die hier in Frage stehende Verteilung des 900 MHz-Bandes exakt mit
der Situation auf dem deutschen Mobilfunkmarkt vergleichbar ist.
Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass eine Frequenzumverteilung im 900 MHz-Band
aktuell auch in anderen EU-Mitgliedsstaaten erwogen bzw. umgesetzt wird.
Die Umverteilung von 900 MHz-Spektrum scheint dabei teilweise mit begleitenden
regulatorischen Maßnahmen (Erlaubnis zum Refarming, Verlängerung der

37
Gerpott, Implikationen 900 MHz-Frequenzausstattung, S. 27 f.
38
Gerpott, Implikationen 900-MHz-Frequenzausstattung, S. IV.
39
Gerpott, Implikationen 900-MHz-Frequenzausstattung, S. 28.
40
Gerpott, Implikationen 900-MHz-Frequenzausstattung, S. 29.
41
Gerpott, Implikationen 900-MHz-Frequenzausstattung, S. 29.
42
Gerpott, Implikationen 900-MHz-Frequenzausstattung, S. 30.
43
Gerpott, Implikationen 900-MHz-Frequenzausstattung, S. 31.

13
Frequenznutzungsrechte, Frequenzvergabe in anderen Bändern mit einer einhergehenden
übergreifenden Neuordnung der Frequenzausstattungen etc.) verknüpft zu sein.
In einer der diesbezüglichen regulatorischen Diskussionen hat beispielsweise auch die
englische Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom (bzw. deren Rechtsvorgängerin) für
eine Umverteilung von 900 MHz-Spektrum plädiert, um im Vereinigten Königreich ein
wettbewerbsförderndes Refarming im 900 MHz-Band zu ermöglichen.44

Zu Frage 4: Bedarf es zur Sicherstellung einer diskriminierungsfreien und effizienten


Verwaltung der öffentlichen Ressource Funkfrequenz einer mengensymmetrischen
Verteilung der Frequenzen?
Gerpott weist in seiner Studie nach, dass die gegenwärtig bestehende stark asymmetrische
Frequenzverteilung im 900 MHz-Band wettbewerbsverzerrende Effekte hat, und dass zu
deren Behebung ein Frequenztausch vorgenommen werden sollte, bei dem Deutsche
Telekom / Vodafone je 2 x 3,4 MHz 900 MHz Frequenzen gegen je 2 x 3,4 MHz 1800 MHz-
Frequenzen von E-Plus / Deutsche Telekom tauschen.45
In einem solchen Zielszenario hätten die vier deutschen Mobilfunknetzbetreiber dann jeweils
2 x 8,4 MHz, also mengensymmetrische, 900 MHz-Frequenzen.
Eine solche mengensymmetrische Verteilung des 900 MHz-Spektrums unter den deutschen
Mobilfunknetzbetreibern wäre sicherlich die naheliegendste Möglichkeit, um eine
diskriminierungsfreie und effiziente Verwaltung der öffentlichen Ressource Funkfrequenz zu
gewährleisten.

Zu Frage 5: Inwieweit können Wettbewerbsverzerrungen auf den betreffenden


Mobilfunkmärkten a) durch Frequenzzuteilungen im Allgemeinen und b) durch
Frequenzzuteilungen, die das Ergebnis von offenen, objektiven, transparenten und
diskriminierungsfreien Vergabeverfahren sind, im Besonderen, verursacht werden?
Es zeigt sich in vielen Ländern, dass Frequenzzuteilungen im Allgemeinen (neben den damit
oftmals einhergehenden unterschiedlichen Frequenzvergabezeitpunkten) einen erheblichen
Einfluss auf die Marktpositionen der einzelnen Mobilfunknetzbetreiber haben.
Frequenzzuteilungen können auch dann Wettbewerbsverzerrungen verursachen, wenn sie
für die einzelnen Mobilfunknetzbetreiber zu unterschiedlichen regulatorischen
Rahmenbedingungen führen, die einen chancengleichen Wettbewerb verhindern.
Dies gilt nach der Verwaltungspraxis der Bundesnetzagentur auch dann, wenn man – wie die
Bundesnetzagentur – davon ausgeht, dass die eigenen Frequenzzuteilungen das Ergebnis
von offenen, transparenten und diskriminierungsfreien Vergabeverfahren sind.
Denn die Bundesnetzagentur hat die im Rahmen des Handlungskomplexes I des GSM-
Konzepts im Jahr 2006 erfolgte Angleichung der asymmetrischen 900 MHz-
Frequenzausstattung der deutschen Mobilfunknetzbetreiber vorgenommen, „obwohl“ die bis
dahin bestehenden Frequenzzuteilungen im 900 und 1800 MHz-Band nach ihren
Feststellungen aus offenen, objektiven, transparenten und diskriminierungsfreien
Vergabeverfahren resultierten.
Es würde dieser Verwaltungspraxis der Bundesnetzagentur zuwiderlaufen, wenn man nun
argumentieren würde, dass Wettbewerbsverzerrungen auf den betreffenden
Mobilfunkmärkten nicht auch durch Frequenzzuteilungen verursacht werden können, die das

44
T-Mobile’s response to Ofcom’s consultation on the application of spectrum liberalisation and trading to the
mobile sector (www.ofcom.org.uk/consult/condocs/liberalisation/responses/T-Mobile.pdf).
45
Gerpott, Implikationen 900 MHz-Frequenzausstattung; S. XX.

14
Ergebnis von offenen, objektiven, transparenten und diskriminierungsfreien
Vergabeverfahren sind.
Anders gesagt: Wettbewerbsverzerrungen können auch nach der Verwaltungspraxis der
Bundesnetzagentur selbst dann durch Frequenzzuteilungen verursacht werden, wenn diese
Frequenzzuteilungen nach eigener Feststellung das Ergebnis von offenen, objektiven,
transparenten und diskriminierungsfreien Vergabeverfahren sind.

Zu Frage 6: Inwiefern kann die Flexibilisierung von Frequenznutzungsrechten zu


Wettbewerbsverzerrungen führen?
Nach der geänderten GSM-Richtlinie sind die Mitgliedsstaaten verpflichtet, bis Mai 2010 eine
flexible Nutzung des 900 MHz-Frequenzbands zu ermöglichen und zu untersuchen, ob
aufgrund der bestehenden Zuteilung des 900 MHz-Bands an die Mobilfunkbetreiber
Wettbewerbsverzerrungen auf den betreffenden Mobilfunkmärkten wahrscheinlich sind.
Gerpott weist in seinem Gutachten nach, dass eine Flexibilisierung des 900 MHz-Bandes
unter Beibehaltung der gegenwärtigen Frequenzausstattung die ohnehin vorhandenen
Wettbewerbsstörungen auf dem deutschen Mobilfunkmarkt weiter verstärken würde, und
dass die Wettbewerbschancen der E-Netzbetreiber auf dem Markt für mobile Datendienste
durch eine Frequenzflexibilisierung ohne vorherige Umverteilung des 900 MHz-Bandes
erheblich beeinträchtigt würde. Eine Flexibilisierung ohne vorhergehende
Frequenzumverteilung berge deshalb die Gefahr, die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs im
deutschen Mobilfunkmarkt zu verschlechtern.46
In diesem Zusammenhang ist bei der Frage der Beurteilung der wahrscheinlichen
Wettbewerbsverzerrungen auch nicht erst – wie die Bundesnetzagentur in ihrer Erläuterung
zu Frage 6 zu begründen versucht – auf den Zeitpunkt einer tatsächlichen flexibilisierten
Nutzung des 900 MHz-Bandes abzustellen.
Vielmehr weist Holznagel in seinem Gutachten nach, dass die wettbewerblichen
Auswirkungen bei der Untersuchung nach Art.1 Abs.2 der geänderten GSM-Richtlinie durch
einen „Forward Looking Approach“ abstrakt im Vorfeld der Nutzung abzuschätzen sind. Im
Einzelnen wird im Holznagel-Gutachten hierzu ausgeführt:
„Nach der geänderten GSM-Richtlinie kommt es für die Beurteilung möglicher
Wettbewerbsverzerrungen nicht auf die tatsächlich flexible Nutzung der 900-MHz-
Frequenzen an. Die wettbewerblichen Auswirkungen sind abstrakt im Vorfeld der Nutzung
abzuschätzen. Ein Rückzug der Bundesnetzagentur auf die Unmöglichkeit der Abschätzung
von Wettbewerbsverzerrungen ohne eine konkret beantragte Flexibilisierung ist nicht
zulässig und sachlich auch nicht gerechtfertigt. Vielmehr verfolgt die geänderte GSM-
Richtlinie einen „forward looking approach“. Die Bundesnetzagentur hat daher eine
generelle, vorausschauende und in die Zukunft gerichtete Analyse der Struktur und des
Funktionierens des Wettbewerbs im flexibilisierten 900-MHz-Bereich durchzuführen.“47
Die Einschätzung der Bundesnetzagentur, wonach eine voll umfassende und konkrete
Untersuchung der Wettbewerbsverzerrungen erst dann erfolgen könne, wenn ein
Netzbetreiber die Flexibilisierung seines 900 MHz-Spektrums konkret anstrebt, stehe damit
in Widerspruch zum verbindlichen Untersuchungsauftrag aus Art.1 Abs.2 der geänderten
GSM-Richtlinie und sei nicht mit der Wertung dieser Richtlinie zu vereinbaren.
„[…] die geänderte GSM-Richtlinie [verfolgt] mit ihrem Ansatz das in der europäischen
Telekommunikationsregulierung bekannte Prinzip des „forward-looking approach“, das vor
allem bei der Marktdefinition und -analyse zur Anwendung kommt. Vergleichbar mit dem
Untersuchungsauftrag der geänderten GSM-Richtlinie zur zukünftigen Entwicklung des

46
Gerpott, Implikationen 900 MHz-Frequenzausstattung; S. 40 ff.
47
Holznagel, Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, S. IV.

15
Wettbewerbs im 900-MHz-Band werden auch im Rahmen der Marktdefinition Märkte, die für
die Zwecke der bereichsspezifischen Regulierung definiert werden, stets vorausschauend
bewertet, da die [Nationalen Regulierungsbehörden] die künftige Entwicklung des Marktes in
ihre Bewertungen einbeziehen.‘48 Ausschlaggebend ist dabei nicht eine konkrete
Wettbewerbsentwicklung, sondern vielmehr eine generelle vorausschauende Analyse der
Struktur und des Funktionierens des in Frage stehenden Marktes.“49
Ebenso wie die Marktdefinition erfordere auch die Untersuchung „wahrscheinlicher“
Wettbewerbsverzerrungen eine vollumfänglich vorausschauende und in die Zukunft
gerichtete Analyse bereits mit der Umsetzung der geänderten GSM-Richtlinie.
So schreibe neben dem Wortlaut von Art.1 Abs. 2 auch der Wortlaut von Erwägungsgrund 7
der geänderten GSM-Richtlinie vor, dass untersucht werden soll, ob der Wettbewerb durch
die Umsetzung dieser Richtlinie verzerrt werden könnte. In beiden Fällen verdeutliche der
Konjunktiv, dass eine Untersuchung der hypothetischen Auswirkungen der flexiblen Nutzung
des 900 MHz-Bands zu erfolgen hat.50
Das Holznagel-Gutachten macht darüber hinaus deutlich, dass der von der
Bundesnetzagentur für ihre gegenläufige Interpretation angeführte Erwägungsgrund 6
lediglich ein Gefahrenszenario darstelle, das bei einer flexibilisierten Nutzung des 900 MHz-
Bands entstehen könnte. Damit sei aber keineswegs gemeint, dass eine entsprechende
Untersuchung von Wettbewerbsverzerrungen erst dann erfolgen solle, wenn ein
Netzbetreiber die flexible Nutzung anstrebt.51
Die Auslegung der Bundesnetzagentur würde zudem bedeuten, dass die Umsetzung der
geänderten GSM-Richtlinie faktisch der Entscheidung der D-Netzbetreiber überlassen
werde.
Solange diese keine Flexibilisierung des 900 MHz-Bandes beantragten, würde es nach der
Deutung der Bundesnetzagentur nämlich bis zum Auslaufen der Frequenznutzungsrechte
Ende 2016 keine Wettbewerbsverzerrungen geben können. So unterstreicht Holznagel, dass
– selbst wenn ein E-Netzbetreiber die Flexibilisierung seiner Frequenzen im 900 MHz-Band
beantragt und nicht gleichzeitig ein D-Netzbetreiber die flexible Nutzung anstrebt – eine dann
erfolgende Wettbewerbsüberprüfung nach der Auslegung der Bundesnetzagentur ergeben
müsste, dass keine Wettbewerbsverzerrungen wahrscheinlich sind. Diese Situation führe zu
dem Dilemma, dass für die E-Netzbetreiber ein Flexibilisierungsantrag keinen Sinn ergebe.
Denn selbst wenn einem E-Netzbetreiber die flexible Nutzung gewährt werde, reiche das
gegenwärtige Spektrum ohne Zuteilung weiterer 900 MHz-Frequenzen nicht aus, um für
einen Übergangszeitraum parallel UMTS und GSM im 900 MHz-Band zu betreiben.
Die Interpretation der Bundesnetzagentur lasse auch die weitergehenden Zielsetzungen der
geänderten GSM-Richtlinie unberücksichtigt. Das alleinige Abstellen auf die Sicherung des
Wettbewerbs erweise sich als einseitige und nur verkürzte Untersuchung der Zielsetzungen.
Die Richtlinie rücke nämlich weiterhin ein ganzes Bündel von Zielen in den Vordergrund. Hier
werde unter anderem auf die „bestmögliche Steigerung des Wettbewerbs“ durch das
Angebot einer großen Bandbreite von Diensten und Technologien abgezielt. Auch das Ziel
der gleichzeitigen Aufrechterhaltung der Verfügbarkeit von GSM neben UMTS nehme
besondere Bedeutung in Anspruch.52
Diese beiden Ziele der Richtlinie würden verfehlt, wenn den E-Netzbetreibern faktisch die
Möglichkeit versperrt würde, im 900 MHz-Band GSM und UMTS parallel anzubieten. Zudem

48
Leitlinien der Kommission zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach dem
gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste, ABl. EU C 165 vom
11.7.2002, S.3 ff.
49
Holznagel, Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, S. 14 f.
50
Holznagel, Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, S. 15.
51
Holznagel, Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, S. 14 f.
52
Holznagel, Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, S. 16.

16
würde dadurch die Einführung von UMTS im 900 MHz-Band auf absehbare Zeit verzögert,
was im internationalen Vergleich mit spürbaren Nachteilen für die deutschen Verbraucher
einherginge. Die zeitnahe europäische Weiterentwicklung hin zur Informationsgesellschaft –
das übergeordnete Ziel der harmonisierten Frequenzflexibilisierung – könne nach den
Ergebnissen des Gerpott-Gutachtens daher nur durch eine Umverteilung des 900 MHz-
Bandes erreicht werden.
In Bezug auf die von der Bundesnetzagentur in ihrer Erläuterung zu Frage 6 vertretenen
Auffassung, dass das in Erwägungsgrund 6 der geänderten GSM-Richtlinie genannte
Regelbeispiel („…insbesondere…“) in Deutschland nicht einschlägig sei, da alle betroffenen
Netzbetreiber im 900 MHz-Band in der Lage seien, im Sinne der Richtlinie „Dienste der
dritten Generation zu betreiben“, auch wenn die Frequenzmengenverhältnisse
unterschiedlich sind, wird ebenfalls im Holznagel-Gutachten Stellung genommen.
Dort heißt es, dass die Auffassung der Bundesnetzagentur unzutreffend sei, dass in
Deutschland der in Satz 2 von Erwägungsgrund (6) genannte Fall für eine mögliche
Wettbewerbsverzerrung infolge der Umsetzung des Handlungskomplexes I des GSM-
Konzepts nicht gegeben ist.53
Nach Erwägungsgrund 6 der geänderten GSM-Richtlinie könnten nämlich „insbesondere“
Mobilfunkbetreiber, denen keine Frequenzen im 900 MHz-Band zugeteilt worden sind,
Kosten- und Effizienznachteile gegenüber anderen Betreibern erleiden. Sofern die
Bundesnetzagentur behauptet, dies treffe auf die Bundesrepublik Deutschland nicht zu, da
alle gegenwärtigen GSM-Netzbetreiber über Frequenznutzungsrechte im 900 MHz-Band
verfügten, verkenne diese, dass es sich dabei nur um ein Regelbeispiel („insbesondere“)
handele. Der Fall, dass ein Netzbetreiber nicht über ausreichend Frequenzen im 900 MHz-
Band verfüge, um UMTS und GSM parallel anzubieten, sei mit dem in der Richtlinie
aufgeführten Regelbeispiel aber ohne Weiteres vergleichbar und daher sehr wohl geeignet,
Wettbewerbsverzerrungen im Sinne der Richtlinie zu begründen.
Folglich sei ein Rückzug der Bundesnetzagentur auf die Unmöglichkeit der Abschätzung von
Wettbewerbsverzerrungen nicht zulässig.
Solange diese Umstände nicht hinreichend berücksichtigt werden, sei die Richtlinie noch
nicht ausreichend in nationales Recht umgesetzt, da die Frequenzen im 900 MHz-Band für
die E-Netzbetreiber nicht für GSM- und UMTS-Systeme „verfügbar“ sind.54
Die umfassende Untersuchung durch Prof. Holznagel macht daher deutlich, dass es für die
Beurteilung möglicher Wettbewerbsverzerrungen nicht auf die tatsächlich flexible Nutzung
der 900 MHz-Frequenzen ankommen kann.

Frage 7: Wie lange werden GSM-Systeme und in welchem Umfang bei 900 MHz
voraussichtlich eingesetzt?
Sowohl für die D- wie die E-Netzbetreiber wird ein Grundbedarf, GSM-Systeme zu nutzen,
vermutlich über 2020 hinaus vorhanden bleiben.
Es ist jedoch zu erwarten, dass der Bandbreitenbedarf für GSM in Zukunft sinken wird, da
große Teile des GSM-Sprachdienstes auch über UMTS abgewickelt werden können, UMTS
von den marktüblichen Endgeräten unterstützt wird und eine sukzessive Ablösung von GSM-
durch UMTS-Sprachdienste effizient ist, da UMTS für den Sprachdienst mindestens die
doppelte spektrale Effizienz von GSM hat.
Auch in Bezug auf die GSM-Nutzung bei 900 MHz könnte eine effiziente und damit
volkswirtschaftlich wünschenswerte Nutzung mithin dazu führen, dass GSM 900-

53
Holznagel, Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, S. 17
54
Holznagel, Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, S. 15 f.

17
Sprachdienste zunehmend durch UMTS-Sprachdienste ersetzt werden, sei dies durch UMTS
900 oder UMTS in einem anderen Frequenzband. Bei einer solchen an
Effizienzgesichtspunkten orientierten und volkswirtschaftlich wünschenswerten Nutzung des
900 MHz-Bandes könnte jeder Netzbetreiber mit 2 x 3,4 MHz für GSM 900 auskommen.

Zu Frage 8: Ist der Parallelbetrieb von GSM-Systemen einerseits und breitbandigen


Systemen (wie UMTS oder LTE) andererseits im Frequenzband 900 MHz durch ein und
denselben Netzbetreiber wettbewerblich objektiv notwendig?
Die geänderte GSM-Richtlinie zielt unter anderem darauf ab, dass – auch um den Ausbau
mobiler Breitbandnetze zu erleichtern – ab Mai 2010 neben GSM auch die Nutzung anderer
Technologien im 900 MHz-Frequenzband ermöglicht werden soll, und dass die
Mitgliedsstaaten bei der dafür notwendigen Flexibilisierung der Nutzungsmöglichkeiten
untersuchen sollen, ob aufgrund der bestehenden Zuteilung des 900 MHz-Bands an die im
Wettbewerb befindlichen Mobilfunkbetreiber Wettbewerbsverzerrungen wahrscheinlich sind.
Etwaige Wettbewerbsverzerrungen sind in verhältnismäßiger Weise abzustellen.
Dies zeigt, dass der EU-Gesetzgeber einen Parallelbetrieb von GSM- und breitbandigen
Systemen im 900 MHz-Frequenzband durch ein und denselben Netzbetreiber ermöglichen
möchte.
Die Entscheidung, ob ein solcher Parallelbetrieb „wettbewerblich objektiv notwendig“ ist,
sollte jedoch jeder Netzbetreiber selbst treffen können und nicht, wie in der
Flexibilisierungsentscheidung der Bundesnetzagentur angelegt, einer Entscheidung der
gemeinsam marktbeherrschenden D-Netzbetreiber Deutsche Telekom und Vodafone
überlassen werden, die einen Parallelbetrieb für die E-Netzbetreiber E-Plus und Telefónica
O2 zumindest bis 2017 faktisch verhindert.55
E-Plus hält einen solchen Parallelbetrieb für „wettbewerblich objektiv erforderlich“. E-Plus hat
deshalb frühzeitig bei der Bundesnetzagentur einen Antrag gestellt, der auf eine
Frequenzumverteilung des 900 MHz-Spektrums zu Ende 2009 abzielt, die sämtlichen
deutschen Mobilfunknetzbetreibern einen solchen Parallelbetrieb ermöglichen würde.

Zu Frage 9: Wie wird die Umstellung von GSM-Systemen auf breitbandige Systeme
konkret bewerkstelligt? Wird gleichsam von einer auf die andere Sekunde
umgeschaltet, oder wird die Umstellung eine vorübergehende parallele Nutzung von
GSM- und breitbandigen Systemen erfordern?
Bei der Umstellung von GSM- auf breitbandige Systeme handelt es sich um einen
evolutionären Prozess. Dabei wird der GSM-Verkehr, insbesondere der Sprachverkehr,
durch Steigerung des Anteils UMTS-fähiger Endgeräte und geeignete
Verkehrslenkungsmaßnahmen sukzessiv auf UMTS-Träger verschoben.
Dies funktioniert recht gut zwischen GSM 1800 und UMTS 2100, da diese Bänder ähnliche
Ausbreitungseigenschaften haben. Bei 1800 MHz kann also schrittweise das Band von
GSM-Anwendungen frei geräumt und auf breitbandige Datendienste umgewidmet werden.
Bei 900 MHz ist dies nur möglich, wenn der jeweilige Netzbetreiber beide Dienste parallel im
gleichen Frequenzband anbieten kann.

55
Vgl. auch Holznagel, Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, S. 18.

18
Zu Frage 10: Wie wird die Kanalfragmentierung zu beseitigen sein?
Die Gutachten von Gerpott und Holznagel belegen, dass aufgrund der bestehenden
Zuteilung des 900 MHz-Bands Wettbewerbsverzerrungen auf dem deutschen
Mobilfunkmarkt bestehen, und dass zu deren Beendigung von Amts wegen eine
Umverteilung der 900 MHz-Frequenzen vorgenommen werden sollte bzw. kann.
Diese Umverteilung sollte genutzt werden, um die derzeit bestehenden Fragmentierungen
des 900 MHz-Bands zu beseitigen und damit eine effizientere und die Einführung mobiler
Breitbanddienste erleichternde Nutzung des 900 MHz-Bandes zu erreichen.
Im Ergebnis könnte jeder der vier deutschen Mobilfunknetzbetreiber 2 x 8,4 MHz
zusammenhängenden Spektrums im 900 MHz-Band nutzen, um beispielsweise einen
Parallelbetrieb von GSM und einer breitbandigen Technologie im 900 MHz-Band
durchführen zu können.

Zu Frage 11: Unter welchen Umständen wäre die Ergreifung regulatorischer


Maßnahmen nach Art.14 der Genehmigungsrichtlinie gerechtfertigt und
verhältnismäßig?
Im Zusammenhang mit möglichen Maßnahmen nach Art.14 der Genehmigungsrichtlinie ist
zunächst zu erwähnen, dass E-Plus – auch vor dem Hintergrund der seit 2004 laufenden
EU-Diskussionen zur Nutzungsflexibilisierung von Spektrum – frühzeitig darauf gedrängt hat,
dass es in Deutschland spätestens Ende 2009 eine Umverteilung der 900 MHz-Frequenzen
und ein Refarming des 900 MHz-Bandes geben sollte.
Entsprechend hat E-Plus frühzeitig einen diesbezüglichen Antrag bei der Bundesnetzagentur
gestellt und, da dieser nicht positiv beschieden wurde, auch gegen die mit Wirkung zum
1.1.2010 erfolgte Verlängerung der 900 MHz-Frequenznutzungsrechte der D-Netzbetreiber
Rechtsmittel eingelegt.
Seit 1.1.2010 nutzen die D-Netzbetreiber ihre Frequenznutzungen im 900 MHz-Bereich
daher nicht aufgrund rechtskräftiger, sondern lediglich aufgrund sofort vollziehbarer
Frequenzzuteilungen bzw. schwebend unwirksamer öffentlich-rechtlicher Verträge.
Es ist daher bereits fraglich, ob sich die gegenwärtigen 900 MHz-Frequenzzuteilungen an die
D-Netzbetreiber überhaupt als wirksam erweisen.
Unabhängig davon weist Holznagel in seinem Gutachten nach, dass die Ergreifung
regulatorischer Maßnahmen nach Art.14 der Genehmigungsrichtlinie auch insoweit
gerechtfertigt und verhältnismäßig ist, als sie auf die Änderung der Frequenznutzungsrechte
der D-Netzbetreiber durch Umverteilung der bestehenden Nutzungsrechte abzielt.
Dazu wird im Holznagel-Gutachten ausgeführt:
„Die Vorteile eines frühzeitigen Frequenzwechsels überwiegen gegenüber den Interessen
der D-Netzbetreiber an einer Aufrechterhaltung des Status Quo.“56
Eine Frequenzumverteilung diene legitimen öffentlichen Zwecken, nämlich der Umsetzung
der europarechtlich induzierten „bestmöglichen Steigerung des Wettbewerbs durch das
Angebot einer großen Bandbreite von Diensten und Technologien“ sowie der Wahrung eines
chancengleichen Wettbewerbs (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG) und der Sicherstellung einer
effizienten Nutzung von Frequenzen (§ 2 Abs. 2 Nr. 7 TKG).
Sie sei ferner erforderlich: Die einzig verbleibenden Optionen, entweder bis zum Auslaufen
der bis 2016 laufenden Frequenznutzungsrechte überhaupt nicht aktiv zu werden oder erst
dann, wenn ein D-Netzbetreiber die Flexibilisierung beantragt, seien zur Erreichung des

56
Holznagel, Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, S. IV.

19
europarechtlichen Ziels, eine parallele Verfügbarkeit von GSM und UMTS im 900 MHz-Band
schnellstmöglich verfügbar zu machen, nicht gleich geeignet.
Eine frühzeitige Frequenzumverteilung sei schließlich auch angemessen. Dies zeige bereits
ein Vergleich des Kostenaufwandes von D- und E-Netzbetreibern in den verschiedenen
Szenarien. So würden sich die Mehrkosten eines E-Netzbetreibers, um bei bestehender
Frequenzausstattung UMTS 1800 anstatt UMTS 900 anzubieten, auf 220 Mio. Euro pro Jahr
belaufen. Verglichen hiermit erschienen die bei den D-Netzbetreibern für die Umrüstung ihrer
900 MHz-Basisstationen im Fall einer Umverteilung anfallenden Kosten in Höhe von jährlich
27 Mio. Euro moderat.57 Darüber hinaus diene der Frequenzwechsel der Schaffung eines
chancengleichen Wettbewerbs im Sinne des § 2 Abs. 2 TKG.
Im Gerpott-Gutachten wird hierzu ausgeführt: „Die drohenden Wettbewerbsverzerrungen
sind ohne einen von der Behörde angeordneten Frequenztausch zwischen D- und E-
Netzbetreibern ganz erheblich.“58
Selbst für den Fall, dass man die diesjährige Frequenzversteigerung und ihre Ergebnisse im
Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art.14 der Genehmigungsrichtlinie
berücksichtigen wollte, weist Gerpott insofern nach, dass die notwendige Umverteilung der
900 MHz-Frequenzen nicht dadurch kompensiert werden könne, dass die
Bundesnetzagentur den Mobilfunkanbietern durch die Versteigerung der Digitalen Dividende
allenfalls die Möglichkeit der Ersteigerung anderer Frequenzen im Bereich unter 1 GHz
eröffnet hat, die ebenfalls flexibel genutzt werden können. Die Auktion habe letztlich nämlich
nicht zu einem Abbau der regulierungsbedingten Wettbewerbsverzerrungen beigetragen.59
Vielmehr würden die tatsächlichen Ergebnisse der Versteigerung die Beherrschung des
deutschen Mobilfunkmarktes durch die D-Netzbetreiber verstärken und erheblich zur
Ausweitung ihrer Dominanz bei mobilen Breitbandzugängen und Datendiensten beitragen.
Nach Gerpott sei es zur Realisierung eines chancengleichen Wettbewerbs im Sinne von § 2
Abs. 2 Nr. 2 TKG geboten, dass die Bundesnetzagentur von Amts wegen die von der EU
geforderte Nutzung von 900 MHz-Frequenzen für UMTS-Angebote durch einen
Frequenztausch zwischen D- und E-Netzbetreibern sicherstelle.60
Ohne eine solche Umverteilung sei absehbar, dass es bis zum Auslaufen der derzeitigen
GSM-Lizenzen am 31.12.2016 nicht zu einer Nutzung von 900 MHz-Frequenzen für UMTS-
Angebote kommen werde.61 Dies sei eine maximal ineffiziente Nutzung der betreffenden
Frequenzen. Die Regulierungsziele des § 2 Abs. 2 Nr. 2 und 7 TKG würden somit im
Rahmen der Abwägung der Bundesnetzagentur für die Vornahme eines Frequenzwechsels
streiten.62
Auch Holznagel führt im Zusammenhang mit der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art.14
der Genehmigungsrichtlinie aus, dass sich in der Versteigerung die von der
Bundesnetzagentur angenommene Chance auf Ausgleich der Wettbewerbsnachteile der E-
Netzbetreiber gegenüber den D-Netzbetreibern tatsächlich nicht realisiert habe. Hieraus
folge für die Frage der Verhältnismäßigkeit, dass der Gesichtspunkt der Versteigerung nicht
geeignet sei, die Abwägungsposition der E-Netzbetreiber in Bezug auf die Gebotenheit einer
Frequenzumverteilung abzuschwächen.63
Des Weiteren würden durch die Ermöglichung chancengleichen Wettbewerbs um die
Einführung multipler Dienste im 900 MHz-Band die Wettbewerbsbedingungen auf dem
Endkundenmarkt gefördert (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 TKG). Dies ermögliche wiederum attraktivere

57
Holznagel, Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, S. 29.
58
Gerpott, Implikationen 900 MHz-Frequenzausstattung, S. V, 40.
59
Gerpott, Implikationen 900 MHz-Frequenzausstattung, S. 40 ff.
60
Gerpott, Implikationen 900 MHz-Frequenzausstattung, S. V.
61
Gerpott, Implikationen 900 MHz-Frequenzausstattung, S. 41.
62
Holznagel, Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung; S. 30.
63
Holznagel. Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, S. 29.

20
Endkundenangebote, wodurch letztlich die Bedürfnisse aller Mobilfunknutzer bestmöglich
befriedigt werden könnten. Demgegenüber liefe die gegenwärtige Situation – ohne eine
Umverteilung – den Interessen der Endkunden zuwider. Die absehbare Reduktion der
Wettbewerbsintensität führe dazu, dass mobile Datendienste weniger schnell und zu
unattraktiveren Preisen für die Bevölkerung verfügbar würden, als es in einem Umfeld der
Fall wäre, in dem alle Mobilfunkbetreiber über eine hinreichende Ausstattung mit Frequenzen
im 900 MHz-Band verfügen.64
Schließlich sehe auch Erwägungsgrund (69) der geänderten Genehmigungsrichtlinie vor,
dass die flexiblere Frequenznutzung „wann immer möglich“ zu fördern sei. Auch die
Erwägungen zur geänderten GSM-Richtlinie strebten mit der Flexibilisierung des 900 MHz-
Bands eine „bestmögliche Steigerung des Wettbewerbs“ an. Ein effektiver Wettbewerb um
die Einführung „einer großen Bandbreite von Diensten und Technologien“ sei aber nur dann
möglich, wenn allen Netzbetreibern genügend Frequenzen im 900 MHz-Band zur Verfügung
stünden, um UMTS-Dienste einzuführen, ohne dort den Betrieb von GSM einstellen zu
müssen. Schließlich diene die geänderte GSM-Richtlinie ausweislich ihres
Erwägungsgrundes (4) dazu, die europäische „i2010-Initiative“ zur Förderung einer
europaweiten Informationsgesellschaft für Wachstum und Beschäftigung zu unterstützen. Es
gehe im Interesse der Nutzer darum, durch die schnellstmögliche Flexibilisierung der
Frequenznutzung im 900 MHz-Band breitbandige Netzzugangstechniken frühzeitig
flächendeckend einzuführen. Die Versorgung der Nutzer mit breitbandigen Netzzugängen sei
ein überragendes Ziel der Telekommunikationspolitik.65
Insgesamt sei vor diesem Hintergrund davon auszugehen, dass die Vorteile eines
frühzeitigen Frequenzwechsels den Eingriff in die Nutzungsrechte der D-Netzbetreiber
aufwiegen würden. Eine Frequenzumverteilung entspreche daher dem Gebot der
Verhältnismäßigkeit und sei auch objektiv gerechtfertigt.66

Zu Frage 12: Wäre ein regulatorisches Eingreifen in die bis 2016 laufenden
Frequenznutzungsrechte gerechtfertigt und verhältnismäßig?
Zunächst ist abermals zu betonen, dass E-Plus – auch vor dem Hintergrund der seit 2004
laufenden EU-Diskussionen zur Nutzungsflexibilisierung von Spektrum – frühzeitig darauf
gedrängt hat, dass es in Deutschland spätestens zum Zeitpunkt des Auslaufens der 900
MHz-Frequenznutzungsrechte der D-Netzbetreiber am 31.12.2009 eine Umverteilung der
900 MHz-Frequenzen und ein Refarming des 900 MHz-Bandes geben sollte.
Entsprechend hat E-Plus bereits im Jahr 2006 einen diesbezüglichen Antrag bei der
Bundesnetzagentur gestellt und, da dieser nicht positiv bzw. nicht beschieden wurde, auch
gegen die mit Wirkung zum 1.1.2010 erfolgte Verlängerung der 900 MHz-
Frequenznutzungsrechte der D-Netzbetreiber Rechtsmittel eingelegt.
Seit 1.1.2010 nutzen die D-Netzbetreiber ihre Frequenznutzungen im 900 MHz-Bereich
daher nicht aufgrund rechtskräftiger, sondern lediglich aufgrund sofort vollziehbarer
Frequenzzuteilungen bzw. schwebend unwirksamer öffentlich-rechtlicher Verträge.
Es ist daher bereits fraglich, ob sich die gegenwärtigen 900 MHz-Frequenzzuteilungen an die
D-Netzbetreiber überhaupt als wirksam erweisen.
Jedenfalls wurde durch die Einlegung dieser Rechtsmittel durch E-Plus (und die – soweit E-
Plus bekannt - mit ähnlicher Zielrichtung eingelegten Rechtsmittel der Telefónica O2)
verhindert, dass seitens der D-Netzbetreiber Bestandsvertrauen im Hinblick auf die
Verlängerung ihrer Frequenznutzungsrechte bis zum 31.12.2016 eintreten konnte.

64
Holznagel, Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, S. 30 f.
65
Holznagel, Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, S. 31.
66
Holznagel, Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, S. 31.

21
Unabhängig davon weist das Holznagel-Gutachten nach, dass eine Frequenzumverteilung
bzw. ein Frequenzwechsel und der damit verbundene regulatorische Eingriff „auch vor dem
Hintergrund der bestehenden Frequenznutzungsrechte, die bis 2016 verlängert wurden,
gerechtfertigt und verhältnismäßig“ ist.67
So wird unter anderem ausgeführt, dass der Umstand, dass die Bundesnetzagentur die
Laufzeit der Frequenznutzungsrechte der D-Netzbetreiber bis zum 31.12.2016 verlängert
hat, nicht zur Folge habe, dass ihnen hieraus ein Bestandsvertrauen erwachsen sei, welches
die Bundesnetzagentur an einer Änderung der Frequenznutzungsrechte hindern würde.68
Dies ergebe sich zum einen aus der Ratio des § 55 Abs.8 TKG. Danach könne eine
Frequenzzuteilung bzw. -verlängerung nie unabhängig von den Voraussetzungen des § 55
Abs.5 TKG bzw. des § 63 TKG (oder sonstiger Widerrufsgründe) gewährt werden. Soweit
also die Voraussetzungen einer Inhaltsänderung oder eines Widerrufsgrundes erfüllt seien,
entfalle ein schutzwürdiges Bestandsvertrauen in die Befristungsverlängerung. Die D-
Netzbetreiber müssten aufgrund der gesetzlichen Regelungen stets mit der Möglichkeit des
Widerrufs rechnen.69 Zum anderen folge dies auch aus der Regelung des § 60 Abs.2 Satz 2
TKG, der gerade die Möglichkeit eines Frequenzwechsels „während des laufenden
Genehmigungszeitraums“70 vorsehe. Aufgrund der Existenz dieser gesetzlichen Regelungen,
die gerade eine Änderung der Frequenznutzungsrechte während des
Genehmigungszeitraums vorsehen, dürfe der Inhaber einer Zuteilung nicht auf
unveränderten Fortbestand seiner Zuteilung vertrauen.
Hinzu komme, dass Art.14 Abs.2 der Genehmigungsrichtlinie auf die nationalen Vorschriften
über Entschädigungen verweist. Aus der Systematik des Gesetzes (Einräumung von
Ausgleichsansprüchen) folge für den Regelfall, dass der damit verbundene
Vermögensschutz als ausreichend anzusehen sei, um die berechtigten
Bestandserwartungen der betroffenen Netzbetreiber zu befriedigen. Nur im Ausnahmefall
könne eine Inhaltsänderung ermessensfehlerhaft sein, wenn ein damit verbundener
beachtlicher Schaden (z.B. immaterieller Art) auch durch die Gewährung eines
vermögensrechtlichen Ausgleichs nicht kompensiert werden könne. Dies treffe auf die
Situation des Frequenzwechsels aber nicht zu. Die Interessen der D-Netzbetreiber an der
Aufrechterhaltung der ihnen zugewiesenen Frequenzen seien nämlich rein finanzieller und
nicht ideeller Natur.71
Ein regulatorisches Eingreifen in die bis 2016 laufenden 900 MHz-Frequenznutzungsrechte
der D-Netzbetreiber ist demnach gerechtfertigt und verhältnismäßig.

Zu Frage 13: Welche Wechselwirkungen bestehen zwischen der Untersuchung nach


Art.1 Abs.2 der geänderten GSM-Richtlinie und der in Zukunft zu treffenden
Entscheidung über die Einräumung von Nutzungsrechten im Frequenzbereich 900
MHz ab dem 1. Januar 2017? Falls ein Vergabeverfahren durchzuführen sein wird: Wie
könnte und müsste dieses Vergabeverfahren ausgestaltet sein, um im Einklang mit
unionsrechtlichen und bundesrechtlichen Vorgaben zu stehen?
Im Gerpott-Gutachten wird nachgewiesen, dass aufgrund der bestehenden Zuteilung des
900 MHz-Bands an die D- und die E-Netzbetreiber Wettbewerbsverzerrungen auf dem
deutschen Mobilfunkmarkt bestehen, und dass diese durch eine Umverteilung des 900 MHz-
Frequenzbands von Amts wegen behoben werden sollten. Gerpott schlägt insofern vor, ab
dem 1.7.2011 mit dem entsprechenden Frequenztausch zu beginnen und diesen innerhalb

67
Holznagel, Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, S. V.
68
Holznagel, Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, S. 32.
69
Holznagel, Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, S. 47.
70
Holznagel, Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, S. 32.
71
Holznagel, Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, S.29.

22
von zwei Jahren abzuschließen.72 In diesem Fall würden die ersten umverteilten Frequenzen
den Netzbetreibern 5 ½ Jahre und die letzten umverteilten Frequenzen 3 ½ Jahre vor
Auslaufen der diesbezüglichen Frequenznutzungsrechte zur Verfügung stehen. Da die in der
diesjährigen Frequenzauktion versteigerten Frequenzen bis Ende 2025 genutzt werden
dürfen, schlägt Gerpott zudem vor, auch die dann umverteilten Frequenznutzungsrechte auf
Ende 2025 zu verlängern, um die Planungssicherheit zu erhöhen, die für
Investitionsentscheidungen in UMTS-/ LTE-Netze erforderlich ist.73
Ein solches Vorgehen könnte zweifellos auch im Einklang mit unions- und bundesrechtlichen
Vorgaben ausgestaltet werden, da die diesjährige – äußerst umfangreiche –
Frequenzversteigerung eindrucksvoll belegt hat, dass es keinen Neueinsteiger gibt, der
Interesse an einem Eintritt in den deutschen Mobilfunkmarkt hat bzw. die dafür notwendigen
Voraussetzungen erfüllt.74

Zu Frage 14: Inwiefern sind Neueinsteigerinteressen zu berücksichtigen?


Die Empirie der beiden letzten Frequenzversteigerungen zeigt, dass mit dem Hinzutreten
von Neueinsteigern in den deutschen Mobilfunkmarkt nicht mehr zu rechnen ist.
Bei der UMTS-Auktion im Jahr 2000 hatten noch sieben Bieter um die damals versteigerten
145 MHz im 2000 MHz-Frequenzband konkurriert. Von diesen sieben Bietern ist einer
während der Auktion ausgestiegen, die zwei in der damaligen Auktion „erfolgreichen“
Neueinsteiger haben bzw. mussten den deutschen Mobilfunkmarkt bereits vor Jahren wieder
verlassen. Seitdem sind nur noch die beiden marktbeherrschenden D-Netzbetreiber
Deutsche Telekom und Vodafone sowie die beiden E-Netzbetreiber E-Plus und Telefónica
O2 auf dem deutschen Mobilfunkmarkt tätig.
Bei der diesjährigen Frequenzauktion hat die Bundesnetzagentur 360 MHz Spektrum in den
Bändern 800, 1800, 2100 bzw. 2600 MHz versteigert. Damit wurden dem Markt ein
Vielfaches der im Jahr 2000 versteigerten Frequenzen und sogar deutlich mehr Frequenzen
zur Verfügung gestellt als die zuvor für den Gesamtmarkt insgesamt verfügbaren 255 MHz.
Diese Versteigerung wäre mithin ein idealer Zeitpunkt für einen Neueinsteiger gewesen.
Trotzdem haben bei der diesjährigen Auktion nur noch die vier am Markt verbliebenen
Mobilfunknetzbetreiber Interesse an neuen Frequenzen gezeigt bzw. die
Zulassungsvoraussetzungen zur Versteigerung erfüllen können.
Aufgrund der fortschreitenden Marktsättigung und des sich damit in absehbarer Weise weiter
verschärfenden Verdrängungswettbewerbs ist von einem zukünftigem Markteintritt von
Neueinsteigern erst recht nicht mehr auszugehen.
Neueinsteigerinteressen sind mithin nicht zu berücksichtigen.

72
Gerpott, Implikationen 900 MHz-Frequenzausstattung, S. 48.
73
Gerpott, Implikationen 900 MHz-Frequenzausstattung, S. 46.
74
Siehe auch Frage 14.

23

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