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mit KIelI. 3016 Seelze 6
Heft 29. September 1992
5. Jahrgang
GESCHICHTS CHTHEUTE
"Wir
beginnen die
Geschichte des
germanisch-deutschen
Wesens nicht im Jahre I,
sondern gehen viele Tausende
von Jahren zurück und ziehen
von den Trägern der Megalith
kultur eine gerade Linie zu Her
zog Widukind und Bismarck."
Alfred Rosenberg, 1932
" Allgemein läßt sich sagen, daß der Westen und Südwesten
Deutschlands keltorämischen, der Nordwesten germanischen, die
Mitte und der Süden keltogermanischen, der Südosten kelto
slawischen, der Osten germanoslawischen Charakter trägt. Was die
,Römer' in Deutschland jeweils gewesen sind, müßte von Fall zu
Fall ausgemacht werden."
Veit Valentin, Geschichte der Deutschen, 1947
Sekundarstufe I Slaven und Germanen
� . ��, er Geschichtsunterricht an deut manisch oder (außerhalb Deutschlands) in der geographischen Namen und ihre Er
, ) schen Schulen hat den Berührun-
! doeuropäisch (vgl. M 1). klärung.
� A gen der Germanen und Deutschen
. _
'nit südlichen und westlichen Nachbarn Wenn man die Verwandtschaft dieser oder
. Römern, Italienern, Franzosen usw.) im eines Teils der genannten Sprachen erken
Geographische Namen,
mer die gebührende Aufmerksamkeit zu nen will, so ist auf eine wichtige Erschei
kommen lassen. Wie steht es aber mit den nung der menschlichen Sprache zu achten: Flußnamen und
östlichen Nachbarn? Gerade im Zuge der sie steht in einem ständigen Prozeß von
Vereinigung Deutschlands ist es notwendig Veränderungen. Kleinste und kleine Ab
die" alteuropäische
geworden, sich mit diesen Beziehungen in weichungen von der sonst üblichen Norm Hydronymie"
tensiver zu beschäftigen als bisher. Die Na summieren sich im Lauf der Jahrhunderte
menforschung kann hierzu wichtige Er zu Barrieren zwischen einzelnen Sprachen Fast alles, womit der Mensch in nähere Be
kenntnisse beisteuern. und Sprachgruppen, so daß die Verwandt ziehung tritt, wird mit Namen belegt: Kin
schaft z. B. zwischen Deutsch und Russisch der, Haustiere, Lebensmittel, Verkehrsmit
kaum noch erkennbar ist. Geht man aber tel, Siedlungen, geographische Gegeben
zeitlich zurück und vergleicht ein gotisches heiten. Von diesen zahlreichen Varianten
Germanisch, Slavisch
Wort (aus dem 4. Jahrhundert) mit einem sind für den Sprach historiker besonders
und Baltisch: Zweige altkirchenslavischen (aus dem 9./10. Jahr diejenigen interessant, die an Objekten haf
hundert), so gelingt es schon eher, eine ge ten bleiben, die ortsfest sind. Da Menschen
der indogermanischen meinsame Vorform zu gewinnen. Innerhalb wandern, verwundert es nicht, wenn man
Sprachenwelt der indogermanischen Sprachfamilie bilde deutsche Namen in Kasachstan, polnische
ten offenbar das Germanische, Baltische im Ruhrgebiet, türkische in Berlin und eng
Die Vergleichende Sprachwissenschaft hat und Slavische eine engere Gemeinschaft. lische in Afrika findet. Sie geben daher
wahrscheinlich machen können, daß fast al- Nur hier gibt es z. B. Wörter, die in allen nicht immer sichere Auskunft darüber, wel
Sprachen Europas (die wichtigsten Aus anderen indogermanischen Sprachen feh che Sprache früher in einem bestimmten
lIahmen sind Baskisch, Ungarisch, Finnisch len wie dt. heil, walten, Gold, tal/send, RQg Gebiet gesprochen wurde.
und Estnisch) miteinander verwandt sind gen u. a. m. (die slavischen und baltischen
und auf gemeinsame Wurzeln zurückge Parallelen übergehen wir). Dieses spricht Ganz anders steht es mit den ortsfesten geo
hen. Dazu gehören das Lateinische (auch für lang anhaltende und frühe Kontakte graphischen Namen, den Dorf-, Stadt-,
die Basis für die zahlreichen romanischen zwischen diesen drei Spr?chgruppen. Jüng Berg-, See- und Flußnamen. Bei ihnen be
Sprachen wieFranzösisch, Italienisch, Spa ste Untersuchungen haben darüber hinaus obachtet man eine Erscheinung, die für die
nisch. Portugiesisch, Rumänisch), das Grie wahrscheinlich gemacht, daß es vor allem Frage, welche Völker früher einmal in ei
chische, Keltische (z. B. Bretonisch, Wali zwischen dem Germanischen und den bal nem bestimmten Gebiet gewohnt haben,
sisch, Irisch), das Germanische (Deutsch, tischen Sprachen (d. h. dem Litauischen, von höchster Bedeutung ist: Bei einem Be
Englisch, Niederländisch, die nordgerma Lettischen und dem früher in Ostpreußen völkerungswechsel verschwinden sie in der
nischen Sprachen), das Slavische (Rus gesprochenen Altpreußischen; Estnisch Regel nicht, sondern werden durch die
sisch, Ukrainisch, Weißrussisch, Polnisch, gehört nicht hierher, sondern zu den finno Sprache der neuen Siedler verändert und an
Tschechisch, Slovakisch, Kroatisch, Ser ugrischen Sprachen um das Finnische und das neue Idiom angepaßt. Sie erhalten sich
bisch, Siovenisch, Bulgarisch), das Balti Ungarische) besonders enge Beziehungen oft mit außerordentlicher Zähigkeit, wobei
sche (Lettisch, Litauisch, das ausgestorbe gegeben hat, die dafür sprechen, daß die bedeutsam ist, daß es zumeist die bäuerlich
ne Altpreußische) und Albanisch. Außer baltischen Sprachen als die engsten Ver siedelnden Menschen sind, die die Namen
halb Europas sind noch das Armenische, wandten der germanischen Sprachfamilie tradieren. Erobernde, nomadenhaft lebende
Iranische (Persisch, Kurdisch u. v. a. m.) anzusehen sind. Schon früh müssen diese Völkerschaften wie Hunnen und Mongolen
und das Indische mit seinen zahlreichen � Kontakte aber unterbrochen worden sein, hinterlassen nur sehr selten geographische
Dialekten anzuschließen. Wichtig für die und zwar von slavischen Stämmen. Wenn Namen. Verbindet man diese Erkenntnisse
Sprachvergleichung sind auch bereits aus man zu weiteren Aussagen über Ort, Raum mit der schon angesprochenen ständigen
gestorbene, aber noch schriftlich überlie und Zeirder Kontakte zwischen Germanen, Veränderung der Sprache, so ist es nicht sei
ferte Sprachen wie das Hethitische (in Balten und Slaven kommen möchte, so ist ten möglich, auch noch zu bestimmen,
Kleinasien) und das Tocharische (in Chi es notwendig, ein Teilgebiet der verglei wanl1 etwa ein Ortsname von einer Sprache
nesisch-Turkestan). Zusammenfassend be chenden und historischen Sprachwissen in eine andere übergegangen ist, oder, dar
zeichnet man diese Sprachen als indoger- schaft heranzuziehen: die Untersuchung aus folgernd. \1"(/1111 ein Bevülkerungs-
, . "
illaven und Germanen Sekundarstufe I
Lernintention
A o
Heiligenhafen
Hohwachter Bucht
Die Schülerinnen und Schüler sollen Kembs o Klauslorf
• Sulsdorf
anhand von Orts- und Gewässernamen /Tesehendorf() ()
Wandelwilz. () ()Bankendorf lährsdorf s-
mit Hilfe von Erkenntnissen der Na TechelwilZOGrbmerSdOrfKlinqlen 0 . u,el
_
Allgalendorf()Nan�dorf Bollbrügge 9 () OOlendorf
menforschung die Einsicht gewinnen, Kröß. Seegalendorf Neukii'l:hen 0 Godderslorf
daß die jahrhundertelange Nachbar () Sal�wilz 0 Mieh'aelisdorf
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Glddendorf K,ö:,n
schaft von Germanen/Deutschen und c:::::::> Dannau () Kra'ksdorf
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Döhnsdorf • Oldenburg Rellin Heringsdorf \
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Slaven vorwiegend durch friedliches o HOhäslein • .S igge n
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Nebeneinander und fruchtbaren Aus oEhlerslorf Far9jmiel
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Arbeitsaufträge Te�orf Harmsdorf .Damlos· Koselau KI:'au
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o Zu welchen Sprachgruppen gehören () .Wandererruh Dahme
• Rüling
die erwähnten Sprachen? lang�hagen • Gurrau Dahmeshöved
o Wie sind die auffälligen Überein Nienrade
Haiendorf 0 0 0 Manhagen
stimmungen in den drei Beispielen zu Schönwaldeo o Wahrendorf Sievershagen .Cismar
0 .
erklären? Stelle Vennutungen an. KnlePljagen Marxdorf o Bescf?endorf Nlen ß agen
o Es gibt auch eine entfernte Ähnlich Be �eld ()Suxdorf .lensle
keit zwischen den Wörternfath erIVa Sioipe o Brenkenhagen
ter, mother/Mutter und padre, madre, • .Grämilz
Kassau Hasselburg oKrummbek Körniek • /" Ostsee
und im Russischen heißt die Mutter Griebel • 0 Sehashagen I. .
• Sierhagen 0 OAlbersdorf
mal', im Genitiv materi. Was könnte • • lo�eberg ()
Bliesdorf
Plunkau Allenkrempe
das bedeuten?
A. Bach, Deutsche Namenkunde. Die deutschen Per wirtschaft der alten Zeit, ihre Techni
Kussebode. Güstritz. Kremlin. Zeetze, sonennamen, T. I -2; Die deutschen Ortsnamen, T. I ken, ihre Schutz-, Verteidigungs- und
Malllllloissell, Lensian, Dolgow, Satelllin, - 2; Registerband. Heidelberg 1952-56.
Grenzanlagen, Einrichtungen der Ver
Dic�1eitzen, Salderatzell usw. Die Deutung H. H. Bielfeldt, Die slawischen Wörer im Deutschen.
waltung, der Rechtspflege, des Kultes
gerade dieser slavischen Ortsnamen ist Leipzig 1982.
E. Eichier, Slawische Ortsnamen zwischen Saale und und Handels, ihre Siedlungen, Straßen,
nicht immer einfach. Im Hannoverschen
-
Neiße. Bd. I 2, Bautzen 1987. Brücken und Furten, ihr Brauchtum
Wendland ist das Slavische noch lange le R. Fischer, Slawisch-deutsches Zusammenleben im samt ihren Überlieferungen und man
bendig geblieben, und die Namengebung ist Lichte der 011snamen, Beiträge zur Namenforschung
ches andere lassen sich teilweise aus ih
z. T. eine andere als in den übrigen ehemals 9( 1955), S. 26 - 35.
J. Herrmann (Hrsg.), Die Slawen in Deutschland. Ge nen erfassen ..."
von Slaven besiedelten Gebieten. (aus: A. Bach. Deutsche Namenkunde. Bd.�: Die
schichte und Kultur der slawischen Stämme westlich
deutschen Ortsnamen. Teil 2. Heidelberg 195�.
von Oder und Neiße vom 6. - 12. Jahrhundert. Berlin
Neben den rein slavischen und rein germa S. 583 )
1985.
nischen bzw. rein deutschen Ortsnamen H. Krahe, Unsere ältesten Flußnamen. Wiesbaden
gibt es im deutsch-slavischen Kontaktge 1964. Eichhorst. Buchholz, Otterbach. Rehwinkel.
H. Naumann, Die "Mischnamen", in: Materialien zum Osten·ode. Wernigerode. Frankfurt. Herford.
bietaucheinenNamentypus. der als "Misch Steinfurl. Königsbrück, Falkenstein. Neuenburg.
Slawischen Onomastischen Altas, Berlin 1964, S. 79
name" bezeichnet wird. Es handelt sich da -98. Rothenburg. Neuenkirchen. Osterfeld. Ludwigs
bei um Relikte, die auf enge Kontakte zwi W. P. Schmid, Bemerkungen zum Werden des ..Ger felde. Seligenporten. Pfaffendorf. Neukloster.
schen Deutschen und Slaven weisen. Dabei manischen", in: Sprache und Recht. Festschrift f. Ruth Slraßdorf. Gräfental. Joachimsthal. Fürstenwal
Schmidl-Wiegand, Berlin-New York 1986. S. 7 11 - de, Mittenwalde. Rhulllspringe, Fischbach. Tie
unterscheidet man zwei Typen: 1. slavi
721. fenbach. Altmarkt. Neulllarkt. Miihlberg. Mühl
scher Personenname + deutsches Grund J. Udolph. Studien zu slavischen Gewässernamen und hausen, Bergen. Weißenfels. Glashütte. Hirsch
wort (Bogumi/sdOlj "Dorf des Bogumil"); Gewässerbezeichnungen. Ein Beilrag zur Frage nach berg. Forst, Weißensee. Neustadt.
2. deutscher Personenname + slawisches der Urheimat der Slaven. Heidelberg 1979.
�
Hohenstein 0 Göhl 0 OGörtz 0 i
-holt, -horst, -( l)-ing, -rode/-rade, o . OEhlerstorf 0
-wald, -bruchl-brook, -tall-dal, -hau- OWasbuck
O Wangels
lübbersdorf Schwelbek Plügge
0
Johannisdorf 0
0
0
OQuals
Far!5miel
OSüssau\
senl-Ill/sen (verkürzt zu: -sen), -ort,
-stedtl-stadt. ud'Iu"hn
K-k 0
Grammdorf 0
0 Sebent
lütJendorf OGaarz
0Siggen
.
Ieben
OHansühn 0Meischentorf OSipsdorf
2. Slavische Ortsnamen fallen oft durch 0
Tes?orf Harmsdorf ODamlos OKoselau Klenau
ihren von dem Deutschen abweichen o Gut o Petersdorf Quaal
Schwienkuhl 0 OGrube
den fremden Klang auf. Ist die Ein O Petersdorf 0 OAltratjensdorf
deutschungjedoch schon frühzeitig er Reth
o wiSCh Kab�horst 0 Gosdorf 0
Owandererruh Dahm e
folgt, versagt dieses Kriterium. InZwei o
langenhagen ORüting
OGullau Dahmeshöved
fels fällen sind immer die alten Formen Nienrade
Haiendorf 0 0 UManhagen
des Namens (aus Urkundenbüchern Schönwalde 0 o Wahrendorf Sievershagen OCismar
usw.) heranzuziehen. Häufig erkennt 0
o Besct?ndorf Nienßagen
Kniepßagen Marxdorf
man slavische Namen an den Endun
Be�eld OSuxdorf Olenste
gen wie -itz, -ane/-ahn, -ik, -sk-, -in, Stolpe o Brenkenhagen
-011-.
o OGrömitz
Kassau Hasselburg oKrummbek Körnick 0 /"
Griebel 0 0 Schashagen ".
.
o 0 Sierhagen0
lo'!?eberg 0 0 OAlbersdorf
Plunkau Altenkrempe Bliesdorf
Ostsee
B ucht 10 km
(nach: Antje Schmitz, Die Orts- und Gewässernamen des Kreises Ostholstein, Neumünster 1981, Anhang)