2017
Trinkwasserinstallation
DIN 1988‐300:2012‐05
Was hat sich bewährt?
Prof. Dipl.‐Ing. Bernd Rickmann
rickmann@fh‐muenster.de
Anforderungen aus der Hygiene
Der Arbeitskreis hat sich mit der Feststellung befasst, dass seiner Erfahrung
nach Trinkwasserleitungen im Bestand in Hauptverteilungsbereichen häufig
überdimensioniert sind.
Der Arbeitskreis sieht aufgrund seiner Erfahrung die Notwendigkeit, darauf
zu achten, dass bei einer Neubearbeitung der technischen Regelwerke sowie
bereits jetzt bei Sanierungen darauf geachtet wird, dass die
Berechnungsverfahren nur so große Rohrleitungssysteme liefern, wie für die
Bedarfsdeckung notwendig ist.
Ein „schlankes System“ beinhaltet ein bedarfsgerecht dimensioniertes
Rohrleitungssystem sowohl hinsichtlich Verzweigungsgrad als auch
hinsichtlich der Durchmesser
www.ak‐wasserhygiene.de
© B. Rickmann ‐ 14.02.2017 Folie 2 / 62
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Maßgebliche Einflussgrößen auf die Rohrdurchmesser
Konstruktion Berechnung
Spitzendurchfluss
hoch
niedrig
niedrig hoch
Verfügbare Druckdifferenz
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Historisches
Zitat*):
„Eine gute Rohrnetzberechnung besteht
aus vielen Fehlern, die sich gegenseitig aufheben“.
*) K.W. Usemann, SIA für Bauwesen Berlin, ca. 1970
Änderungen gegenüber DIN 1988-3:1988-12
c) Ausschluss sog. vereinfachter Rechengänge
(bei denen z. B. die Druckverluste durch Einzelwiderstände geschätzt werden),
wobei nur bei produktneutraler Ausschreibung die angegebenen
Referenzwerte für die Einzelwiderstände verwendet werden dürfen;
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produktspezifische Widerstandsbeiwerte
Zwischenfazit
Durch die Verwendung produktspezifischer Widerstandsbeiwerte erhöht sich für alle
Rohrleitungssysteme rein rechnerisch der Druckverlust im Fließweg gegenüber einer
Rohrnetzberechnung nach DIN 1988‐3.
Die Rohrleitungen werden dadurch in Abhängigkeit von der Verbindungstechnik
tendenziell größer.
Im Hinblick auf künftige Berechnungen im 3D‐Modell (BIM) ist die differenzierte
Berechnung allerdings zwangsläufig.
Wird das Rohrnetz zeichnerisch so dargestellt, wie es anschließend gebaut wird, erhöht
sich vermutlich der Anteil der erfassten Einzelwiderstände weiter.
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Änderungen gegenüber DIN 1988-3:1988-12
d) Beginn der Bemessung der Rohrleitungen nach dem Wasserzähler,
wobei der vom Wasserversorgungsunternehmen angegebene
Mindestdruck nach dem Wasserzähler zu verwenden ist;
Pauschale Annahme: Druckverlust WZ und Hausanschlussleitung
Wird vom WVU nur der Mindestversorgungsdruck
pminV in der Versorgungsleitung angegeben, geht der
Planer/Installateur davon aus, dass die vom WVU
bemessene Hausanschlussleitung und der
Hauswasserzähler zusammen keinen höheren
Druckverlust als 850 hPa bei der Spitzenbelastung
nach dieser Norm aufweisen.
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Pauschale Annahme: Druckverlust WZ und Hausanschlussleitung
640,3 l
Differenziert berechnet: Druckverlust WZ und Hausanschlussleitung
Das WVU gibt den Werkstoff und die Nennweite für
die Anschlussleitung sowie die Bauart der HAE und
des Wasserzählers an, womit der für die
Trinkwasser‐Installation verbleibende Druck bei
Entnahme des Spitzenvolumenstroms berechnet
werden kann. Die Druckverluste der zur
Wasserzähleranlage gehörenden Absperrarmaturen
sind über ihre Widerstandsbeiwerte zu erfassen.
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Differenzierte Berechnung: Druckverlust WZ und Hausanschlussleitung
539,3 l
Zwischenfazit
Die pauschale Berücksichtigung des Druckverlustes in der
Hausanschlussleitung (pHAL) und des Wasserzählers des WVU´s (pWZ) mit
insgesamt 850 hPa führt in Trinkwasserinstallationen für mehrgeschossige
Gebäude zu unnötig großen Leitungsquerschnitten.
Diese Druckverluste müssen unter Berücksichtigung der Vorgaben des
Wasserversorgers differenziert berechnet werden, insbesondere dann, wenn in
größeren Trinkwasserinstallationen Woltmannzähler zum Einsatz kommen.
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Änderungen gegenüber DIN 1988-3:1988-12
a) Absenkung der Berechnungsdurchflüsse
von Wasch‐ und Geschirrspülmaschinen;
b) Anpassung der Spitzenvolumenströme
an die aktuellen Gegebenheiten und die Einführung von
Nutzungseinheiten zur besseren Erfassung der endsträngigen
Spitzenbelastungen (z. B. im Stockwerksbereich);
Seniorenheim/Pflegeheim: Spitzendurchfluss
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Seniorenheim (96 Betten): Spitzendurchfluss
697,5 l
Pflegeheim (96 Betten): Spitzendurchfluss
656,4 l
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Bettenhaus im Krankenhaus: Spitzendurchfluss
Spitzendurchfluss: Messergebnisse (Zeitintervall 10‐Sekunden)
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Bettenhaus im Krankenhaus: Spitzendurchfluss
Gilt nur für „Kur‐ und Rehakliniken“
mit der Betriebscharakteristik eines Hotels
Krankenhäuser sind Sonderbauten!
120 70
60
Spezifischer PWH-Verbrauch [l/(Bett·Tag)]
100
50
PWH-Volumenstrom [l/min]
80
40
60
30
40
20
20 10
0
0
Bettenhaus Bettenhaus Bettenhaus Allgemein
überwiegend innere überwiegend
Medizin Orthopädie
Uhrzeit [HH:MM]
R. Diekmann, KEMPER ThermoSystem KTS, Sanitärtechnisches Symposium FH Münster 2016
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Sonderbauten: Spitzendurchfluss
Sonderbauten: Objektspezifische Berechnung des Spitzendurchflusses
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Sonderbauten: Spitzendurchfluss
Die Spitzendurchflüsse der
Teilbereiche der 975,3 l
Trinkwasser‐Installation
sind zu addieren, wenn sie
zeitlich zusammenfallen.
Bettenhaus im Krankenhaus
1033,2 l
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Spitzendurchfluss: Messergebnisse (Zeitintervall 10‐Sekunden)
Die Spitzendurchflüsse der Teilbereiche der
Trinkwasser‐Installation sind zu addieren, wenn
sie zeitlich zusammenfallen.
???
Zwischenfazit
Die Gleichzeitigkeitskurven in DIN 1988‐300 müssen als Referenzkurven
bezeichnet werden.
Spitzenvolumenströme dürfen nicht addiert werden.
VDI 6023
Die zu erwartenden Gleichzeitigkeiten der Trinkwasserentnahme werden in Abhängigkeit
von den Angaben des Raumbuchs (von der Art der Nutzung) ermittelt.
Dabei sollen nach Möglichkeit aktuelle Erfahrungswerte vergleichbarer Objekte
gewertet werden.
Die Dimensionierung der Trinkwasserleitung muss nach DIN 1988‐300 und DVGW W 553
sowie den Angaben im Raumbuch unter Berücksichtigung des bestimmungsgemäßen
Betriebs erfolgen. Ein kleinstmöglicher Gleichzeitigkeitsfaktor muss gewählt werden, um
geringe Nennweiten zu erreichen.
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Änderungen gegenüber DIN 1988-3:1988-12
b) Anpassung der Spitzenvolumenströme
an die aktuellen Gegebenheiten und die Einführung von Nutzungseinheiten zur
besseren Erfassung der endsträngigen Spitzenbelastungen (z. B. im
Stockwerksbereich);
Nutzungseinheiten (NE)
Erfahrungsgemäß sind in Fließrichtung zum Ende der Strangleitung hin und in der
Stockwerksverteilung von NEs die Durchflüsse nach Gleichung (9) zu hoch, weil nicht
mehr als zwei Entnahmestellen zugleich, z. B. in einem Bad, geöffnet sind.
Deshalb wird der Spitzendurchfluss in jeder Teilstrecke einer NE maximal dem
Summendurchfluss der beiden größten an der Teilstrecke installierten
Entnahmestellen gesetzt (gilt auch für die Fälle in einer NE, bei denen sich nach
Gleichung (9) ein kleinerer Durchfluss ergibt).
Wird an eine Teilstrecke (z. B. in der Steigleitung) eine zweite NE angeschlossen,
addieren sich die Spitzendurchflüsse der beiden NEs, sofern der sich damit ergebende
Spitzendurchfluss kleiner ist als der nach Gleichung (9) berechnete. Andernfalls ist der
Spitzendurchfluss nach Gleichung (9) zu bestimmen.
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Wohngebäude (48 Wohneinheiten) mit Nutzungseinheiten
511,4 l
Wohngebäude (48 Wohneinheiten) ohne Nutzungseinheiten
511,5 l
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Nutzungseinheiten: Datenbasis für Raumbuch
Zwischenfazit
Wenn die nachfolgende Regel der Norm beachtet wird, sind gesonderte
Berechnungsmodalitäten für Nutzungseinheiten überflüssig!
DIN 1988‐300, 5.2.2 Summendurchfluss
Bei der Berechnung von Leitungsanlagen sind grundsätzlich alle Entnahmestellen
mit ihren Berechnungsdurchflüssen einzusetzen.
Hiervon ausgenommen ist der Fall, wenn in einer Nutzungseinheit (NE) ein
zweites Waschbecken, eine Duschwanne zusätzlich zur Badewanne, ein
Sitzwaschbecken, ein Urinal oder Zapfventile in Vorräumen von Toilettenanlagen
vorhanden ist. Sie werden im Summendurchfluss nicht berücksichtigt.
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Änderungen gegenüber DIN 1988‐3:1988‐12
f) differenzierte Berechnung der Ringleitungen
in der Stockwerksverteilung von Nutzungseinheiten;
Normative Anforderungen
5.7 Besonderheiten bei Ringleitungen in der Stockwerksverteilung von Nutzungseinheiten
Für eine gleichmäßige hygienische Durchströmung der Ringleitung wird empfohlen, eine
Ringnennweite zu wählen.
Der Druckbedarf ΔpRing ist für eine gleichzeitige Entnahme an den beiden größten
Entnahmearmaturen im Ring differenziert zu berechnen und bei der Ermittlung der
verfügbaren Druckdifferenz für die Rohrreibung … zu berücksichtigen:
(Dabei dürfen die Fließgeschwindigkeiten … nicht überschritten werden.
ANMERKUNG Ein geeignetes Verfahren für die differenzierte Berechnung ist in [2] enthalten.
[2] Cross, H.: Analysis of flow in networks of conduits or conductors. University of Illinois Bull.‐No. 286, 1986, zitiert in Brix, J., Heyd, H., Gerlach, E.:
Die Wasserversorgung. München: Oldenburg, 1963
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Ringleitungsberechnungen unter Berücksichtigung der Gleichzeitigkeit
???
Ringleitungsberechnungen nach Spöler‐Cross
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Ringleitungsberechnungen nach Spöler‐Cross
Zwischenfazit
Für die allgemeingültige Anwendung des Cross‐Verfahrens auf ausgedehntere
Ringleitungsstrukturen und sogenannte vermaschte Netze in der
Trinkwasserinstallation, muss eine Modifikation vorgenommen werden, damit
die Gleichzeitigkeit der Entnahme gemäß DIN 1988‐300 bei der Dimensionierung
von Ringleitungen berücksichtigt werden kann.
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Zirkulation
g) modifizierte Berechnung der Zirkulationssysteme
mit dem Ziel, die hygienischen Anforderungen bei minimalem
anlagentechnischem und energetischem Aufwand zu realisieren;
Beimischverfahren
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Beimischgrad = 0 / 0,5 / 1,0: Horizontale Verteilung
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Beimischgrad = 1,0: Simulation
Beimischgrad = 0,0: Vertikale Verteilung
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Beimischgrad = 0,0: Simulation
Zwischenfazit
Bei horizontalen oder auch bei vertikalen Erschließungskonzepten, bei der die
Zirkulation über die Stockwerksleitungen führt, bleibt ein Beimischgrad > 0 ohne
signifikante Effekte auf die Verteilung der Volumenströme im Zirkulationssystem.
Zur Sicherstellung einer einwandfreien Funktion größerer Zirkulationssysteme bei
Verwendung von Thermostatventilen mit Werkseinstellung ist die Durchführung einer
Simulationsrechnung mit einem variablen Beimischgrad zwingend erforderlich.
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Betriebstemperaturen: 30‐Sekunden‐Regel
DIN 1988‐200, 3.6
Bei bestimmungsgemäßem Betrieb darf
maximal 30 s nach dem vollen Öffnen einer
Entnahmestelle die Temperatur des
Trinkwassers kalt 25 °C nicht übersteigen
und die Temperatur des Trinkwassers warm
muss mindestens 55 °C erreichen.
Überwärmtes Kaltwasser in den Stockwerks‐/Einzelzuzleitungen
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Umgebungstemperaturen / thermische Entkopplung
Berechnete Temperatur‐Zapfprofile / Nachweis der 30‐Sekunden‐Regel
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PWH‐Temperatur‐Zapfprofil bei funktionierender Zirkulation
Berechnete Temperatur‐Zapfprofile / Nachweis der Komfortklasse
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DIN 1988‐300, 5.2.1 Berechnungsdurchfluss
Grundsätzlich sind für die Bemessung der Rohrdurchmesser die
Angaben der Hersteller über die Berechnungsdurchflüsse und die
Mindestfließdrücke … der Entnahmearmaturen zu
berücksichtigen.
Zwischenfazit
Der Nachweis der 30‐Sekunden‐Regel und der Komfortklassen nach VDI 6003 bereits in
der Planungsphase ist verlässlich nur möglich, wenn Herstellerdaten
(Mindestfließdruck und Berechnungsvolumenstrom) für die verwendeten
Entnahmearmaturen zur Verfügung stehen.
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Fazit
DIN 1988‐300
Was hat sich bewährt?
Der Wasserinhalt vergleichbarer Trinkwasserinstallationen hat
sich mit Einführung der Bemessungsregeln der DIN 1988‐300
vergrößert und nicht verringert.
Herzlichen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
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