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Neo-Realismus

Schimmelpfennig:
 Älteste Theorie, einfachste Theorie und v.a.: Analysiert Auswirkungen einer vorausgesetzten
Anarchie in reiner Form, dient oft als Widerpart, war lange dominante Theorie

Ursprünge

 5. Jhdt. v. Chr.: Thukydides im Peloponnischen Krieg ist Grundlage


 Realismus von 2. WK bis 1970 Leittheorie internationaler Politik
 Hauptwerk klassischer Realismus: 1948 „Politics Among Nations“ (Macht und Frieden, Hans J.
Morgenthau)
 Hauptwerk Neorealismus: 1979 „Theory of International Politics (Kenneth N. Waltz)

Zentrale Aussage:
 Existenzielle Unsicherheit der Staaten
 Unsicherheit hängt von Machtverteilung und verfügbarer Technologie ab
 Hohe Machtkonzentration+(v.a. Defensive) Verteidung = geringere Unsicherheit (nur
temporär)
 Akteure: Egoistisch-zweckrationale Staaten
o Anarchie und Sorge um Existenz sorgen dafür, nach Macht zu streben ->
Machtkonkurrenz
 Interaktionsmechanisem sorgen für Reproduktion von:
Anarchie (keine Weltregierung), Machtstreben und Machtkonkurrenz

3.1 Akteure und Disposition

 Akteure: einheitlich handelnde korporative Akteure,


(Staaten können in der internationalen Politik wie Personen behandelt werden)
 Nationale politische Auseinandersetzungen enden bei Außen- und Sicherheitspolitik,
„nationales Interesse“ überwiegt -> Minister, Regierungschef, Diplomaten: Alle treten nach
außen geschlossen auf
 Zweckrational und egoistisch: Es geht ausschließlich um Maximierung des eignen Nutzens,
Nutzen anderer interessiert ihn höchstens, wenn es ihm selbst wiederum nutzt.
(gilt für viele Theorien)
Unterschied: Streben nach Macht
o Klassischer Realismus: Akteursdisposition = Kontextunabhängig streben alle Menschen in
politischen Beziehungen nach Macht
o Neorealismus: Machtstreben ist Strukturwirkung der Anarchie: gewählte Handlungsweise
unter den Bedingungen der Anarchie

3.2 Struktur

 Anarchie, (fehlende) Arbeitsteilung, Machtverteilung/Polarität der Staaten, Technologie


o Abwesenheit von Herrschaft und Arbeitsteilung = strukturelle Konstante
o Machtverteilung und Technologie = variable Strukturen

Ordnung und Arbeitsteilung

 Staaten sind nicht nur gleichranging, sondern gleichartig: üben auf ihrem Territorium
jeweils gleiche souveräne und umfassende Herrschaftsfunktionen aus
 Folgen der Anarchie:

1. Bedrohung durch existenzielle Unsicherheit


o Oberstes Ziel: Souveränität (Fähigkeit auf eigenem Territorium unabhänhig
herrschen zu können)
o Erst wenn das gewährleistet ist, kann Staat sich anderen Interessen widmen, z.B.
Reichtum, Umweltschutz, Demokratiedurchsetzung, Menschenrechte
 Ökonomische und ideologische Interessen werden immer sicherheitspolitischen
ZielenMil untergeordnet
 Staaten, die das ignorieren, verlieren an Macht

2. Jeder Staat muss selbst für seine Sicherheit sorgen

o Dafür braucht er Macht


o Militärische und militärisch nutzbare Ressourcen stehen für Machtausübung an
oberster Stelle
o Mittel physischer Zwangewalt (bewaffnete Streitkräfte) sind die wichtigste
Machtressource:
Wirksamste Mittel gegen Kontroll- und Machtansprüche zu verteigigen
Aber auch: Zugang zu Rohstoffen verschaffen, Märkte öffnen, Ideologie annehmen
 Militärische Macht ist Währung der internationalen Politik

Militärische Macht setzt auch andere Ressourcen voraus:


o Große Bevölkerung: umfangreiche Streitkräfte
o Großes Territorium: geringe Verwundbarkeit gegenüber Angriffen
o Technologische Kenntnisse, technische Fertigkeiten, notw. Rohstoffe, leistungsfähige
Industrie: notwendig für Waffenproduktion
o Finanzielle Mittel administrative Kapazitäten: Organisation und Unterhalt der Streitkräfte
Aber: Macht ist relativ, Staaten, die nach Macht streben, vergleichen sich mit anderen
Staaten

Anarchie -> eigene Sicherheit ist oberstes Ziel -> Streben nach (militärischer) Macht ->
Versuch mindestens so mächtig zu sein, wie andere Staaten

Offensiver vs. defensiver Realismus: Ist Macht Selbstzweck oder Mittel zum Zweck?
o Selbstzweck: Macht maximieren, um mächtiger als alle Staaten zu sein
o Mittel zum Zweck: Strebt nur so weit nach Macht, wie es für Sicherheit notwendig ist
o Defensiv (nach Waltz): Staaten werden erst aktiv, wenn andere Staaten so mächtig
werden, dass sie die Sicherheit bedrohen
o Offensiv (nach Mearsheimer, Zakaria): Jeder Staat muss nach Macht streben, weil
mächtigster Staat in einem anarchischen System die beste Position ist,
denn: ständige Machtverschiebungen verlangen permanente Anstrengung zur Erhöhung
der Macht (Staaten sind offensive Positionalisten)
Vermittelnde Positon: Unterscheidung von unterschiedlichen Typen von Staaten:
Revisionistisch (offensiv) oder Status-Quo (defensiv)

Wirtschaftliche Bedeutung
o Wirtschaftsbeziehung kommt dann zu Stande, wenn sie für beide Seiten profitabel ist
o ABER: Wenn Staat A mehr als B von der Beziehung profitiert, stärkt es die Macht von A,
Staaten achten darauf, nur Deals mit etwa gleichen Gewinnen einzugehen
o Staaten haben Sorge vor Abhängigkeit:
Wirtschaftsbeziehungen verstärken die ökonomische Arbeitsteilung -> Staaten
spezialisieren sich auf Güter, die sie konkurrenzfähig produzieren können,
müssten andere Wirtschaftsgüter aufgeben und stattdessen importieren, wollen aber
keine Abhängigkeit von anderen Staaten (da im Krisenfall erpressbar)
o Angst vor Betrug: Bei Liberalisierung des Marktes kann es sein, dass sich eine Seite nicht
an die Abmachungen hält und eigene Produkte schütztm bzw. Importe behindert ->
Machtvoteil

 Dreifache Furcht durch Sicherheitsproblem


o Furch vor relativen Verlusten und Abhängigkeit: Weniger Bereitschaft zur Kooperation
o Politische Autonomie der Staaten bedroht politische Autonomie der Bürger:
Staatliche notw. Der Verfügungsgewalt über gesellschaftliche Ressourcen und der
Stärkung der politischen Geschlossenheit
 Staatliche Kompetenzen werden auf Kosten individueller Freiheiten und Rechte
ausgedehnt
 Internationale Anarchie ist fundamentales Problem für Ineffizienz und Unfreiheit

Machtverteilung

 Internationale Machtverteilung hängt von Anzahl der Großmächte im System ab


(unipolar, bipolar, multipolar)
 „Definition“ Großmacht
o Militärische Ressourcen -> überlegenere Machtressourcen
o -Defensive Großmacht: kann allein gegen jeden anderen Staaten militärisch
bestehen (Atomwaffen)
- Fähigkeit auch nach einem Atomangriff noch zurückzuschlagen, sodass keiner
einen Angriff wagt
o Offensive Großmacht: „globale Machtprojektion“: GM muss über Möglichkeit
verfügen, Streitkräfte an jedem Krisenherd der Erde zum Einsatz bringen zu
können (Militärbasen, Flugzeugträger, Langstreckenwaffen,…)

Früher Multipolar: Preußen, Russland, UK, USA, dann Bipolar: USA, CCCP
Heute: USA? USA vs. Russland? China et al.? 3 verschiedene Ansätze

 Unipolarität (Hegemonie)
o Schwächt negative Auswirkung der Anarchie: Zentralisierung/Monopolisierung
vom Macht
o Keine Gegenmacht: Sorgt für Sicherheit und Ordnung im System:
Weist Schranken, setzt Regeln, „Proto-Weltstaat“
o Ist Staat übermächtig: Keiner wagt offene Machtkonkurrenz: Machtstreben wird
gedämpft -> mehr innerstaatliche Freiheit
 Bipolarität: Staaten sortieren sich in Blöcke: Großmächte kontrollieren nur
Machtentwicklung eines Konkurrenten, leichter als Multipolarität zu kalkulieren,
begünstigt Kooperation
 Mulitpolarität: Unterschiedliche Allianzen, häufige Bündniswechsel: Größte Unsicherheit

(Militär)Technologie

 Verhältnis von Offensive und Defensive im System entscheidend:


o Mehr Offensive: erhöht Unsicherheit im System, Staaten müssen vermeiden zuerst
angegriffen zu werden, besser: selbst angreifen: Präemptivschlag (unbegründeter
Angriff)
o Wenn alle Staaten eine Waffe hätten, mit der sie Waffen anderer Staaten lahmlegen
könnten, würde man versuchen, die Waffe so schnell wie möglich einzusetzen
o Mehr Defensive: Staaten können riskieren angegriffen zu werden, das gibt allen
mehr Zeit zu verhandeln = Friedliche Lösung -> mehr Sicherheit im System
o Wenn alle Staaten ein defensives Schutzschild hätten, wären Sicherheitsprobleme
der Anarchie behoben
o Es kommt auf die Verteilung an: Wenn nur ein Staat eine 100%-sichere Defensive
verfügt, wird evtl. die Sicherheit verringert, weil er alle Staaten gefahrlos bedrohen kann
 Heutzutage betrifft die technologische Struktur des Internationalen Systems Nuklearwaffen und
ihre Verbreitung
o „einfacher“ Gegenschlag durch Nuklearraketen auf U-Booten oder geschützten Silos in
Reichweite des Angreifers -> Defensives Mittel!
o Nuklearwaffen stoppen Aufrüstung anderer, weil gewöhnliche Waffen nicht an diese
Kraft herankommen
o Nuklearwaffen sind aber nicht per se stabilisierend: grenznahe oder schlecht geschützte
Raketen bürgen Gefahr
o Ost-West-Koflikt: Bipolarität + nukleare Abschreckung sichere und stabile Ära des
Systems
multipolare Welt ohne Abschreckung ist instabil und unsicher

3.3 Sicherheitsdilemma und Machtgleichgewicht

Interaktionsmechanismus des Sicherheitsdilemmas

Angenommen, Staaten sind defensive Positionalisten (Vorherrschaft anderer verhindern, aber keine
eigene Vorherrschaft anstreben)
2 Optionen für Staat:
C: Nicht Aufrüsten, keinen Angriff vorbereiten
D: Aufrüsten, Anriff vorbereiten
 Mögliche Interaktionsprozesse
o CC: Beide bewahren Status quo
o DD: beide versuchen sq zu verändern
o CD/DC: einer von beiden versucht sq zu verändern, während der andere nichts
unternimmt
o Beste Option für defenisve Positionalisten: CC
o Keinesfalls akzeptabel: CD/DC: der jeweils andere verschafft sich einen
machtpolitschen Vorteil
o Dann lieber noch: Rüstungswettkampf, Bündniskonkurrenz, Krieg
 Optimalstes Ergebnis: C wählen
o Individuell bestmögliches Ergebnis ist auch für kollektiv optimalstes Ergebnis

 ABER: DD sorgt für mehr Gleichgewicht, denn mit CC wird riskiert, dass der andere Staat das
defensive Verhalten ausnutzt, um sich selbst Machtgewinn zu verschaffen
o Zwei Faktoren entscheiden, ob sich dennoch defensiv verhalten wird:
o 1. Risiko, das der Staat eingehen kann
Kleines Risiko, dann vllt defensives Verhalten
- es geht um Überleben des Staates, Einsatz zu groß, keine Risiken
- > Teilnahme Rüstungswettkampf, keine Isolation, Verteidigungsaufstellung
o 2. Vertrauen, dass der andere Staat sich defensiv verhalten wird
- > Staat kann nicht vertrauen, „es gibt keine Freunde“, nur defensives
Verhalten nicht möglich.

 Rein defensive Positionalisten können nicht der internationalen Machtkonkurrenz


entkommen:
Bei DD fühlen sich beide in ihrer Wahl bestätigt, da das defensiv gemeinte Verhalten offensiv
interpretiert wird

Machtgleichgewicht

Offensive positionale Staaten (wollen Vorherrschaft)

 Staat B wird mächtiger durch:


o Bevölkerungswachstum, Territorialgewinn, dynamische Wirtschaft, neue
Energieressourcen, technologische Innovation, v.a. durch militärische Aufrüstung,
 dann betreibt Staat A Gleichgewichtspolitik:
o Mobilisierung eigener Machtressourcen:
Förderung der eigenen Industrie, Vergrößerung der Streitkräfte, Entwicklung
überlegener Waffen (=internes balancing)
o Reicht das nicht aus: Externe Gleichgewichtspolitik:
Verbündung mit anderen Staaten gegen B, bis Machtvorsprung ausgeglichen ist
 Externe Gleichgewichtspolitik immer nur zweite Wahl
o Nie sicher, ob Verlass auf Bündnispartner herrscht
o Einzug in Konflikte, an denen Staat kein Interesse hat
 Staat B findet keine Bündnispartner, weil Staaten sich dem Schwächeren anschließen, um
Souveränität und Autonomie zu bewahren, gleichzeitig will Staat seine Macht auch nicht
teilen
 Staaten, denen es nicht um den Erhalt von Gleichgewicht geht, werden immer wieder mit
einem Machtgleichgewicht konfrontiert

Zusammenfassung:

 Defensives Verhalten von Staaten (Erhalten des Gleichgewichts) sorgt immer für
Machtkonkurrenz, weil
o Die Unsicherheit herrscht, dass ein anderer Staat das defensive Verhalten nutzt um
einen Machtgewinn zu erzielen

 Offensives Verhalten von Staaten (Anstreben einer Weltherrschaft) sorgt immer wieder für
ein Machtgleichgewicht, weil Staaten sich von Großmächten abwenden, um souverän zu
bleiben

Handlungskoordination durch Zwangsmacht

Negative Handlungskoordination = Machtkonkurrenz/Machtgleichgewicht

 Wenn eine Zwangsmacht existiert, ist die Folge: andere Staaten bilden militärische
Gegenmacht
 Wechselseitige Androhung -> Abwehren von Zwängen

Positive Handlungskoordination = Verwirklichung politischer Ziele durch Kooperation

 Kooperation kommt aus Angst vor Abhängigkeit oft nicht zu Stande


 Zwangsmacht ist das zentrale Mittel positiver internationaler Handlungskoordination:
 Um Ziele zu erreichen, die sich nicht aus eigener Kraft verwirklichen lassen, setzen Staaten
auf Zwang(smittel), bzw. Drohung
 Zwang sorgt für Kooperation und bestimmt die Inhalte
 Ein Hegemon ist notwendig, der seine militärische Übermacht verwendet Regeln für die
internationale Zusammenarbeit zu setzen und Staaten zu zwingen, sich an diese Regeln zu
halten
 Ergebnisse internationaler Politik sind immer eine Folge von Zwang, Androhung von Zwang,
auch Furcht vor der Androhung von Zwang

Auch zwischenstaatliche Abkommen und internationale Organisationen werden in der


Realismus-Theorie durch Macht erklärt:

 Verträge diesen den mächtigsten Vertragspartnern ihre Machtposition zu verteidigen und zu


verbessern
 Beispiel: UNO wird von Europa/USA angeführt, G8…, EU

3.4 Dynamik: Hegemoniezyklen

Durch Machtkonkurrenz ist die Entwicklung des internationalen Systems ein zyklisches
Phänomen

 Ewiges hin und her von Machtgleichgewicht und –ungleichgewicht


 Sicherheitsdilemma: Befürchtung, ein Staat habe Vorsprung: Versuch, Vorsprung
auszugleichen
 Vormachtstreben (oder auch nur die unterschiedliche Entwicklung der Machtressourcen)
sorgen dafür, dass ein Machtgleichgewicht permanent in Frage gestellt wird,
daraufhin wird es durch Gleichgewichtpolitik wiederhergestellt

DENNOCH: Hegemoniezyklen machen sich bemerkbar:


Hin und wieder gelingt es Staaten eine Übermacht zu erringen
 Ursache von Hegemoniezyklen:
Überlegenere technologische, wirtschaftliche, soziale, politische, militärische Innovationen
und Ressourcen
 Hegemonialphasen sind Phasen stabiler Ordnung: Hegemon sorgt für Frieden, Regeln;
Übermacht sorgt dafür, dass kein anderer Staat es als aussichtsreich ansieht, den Hegemon
herauszufordern
 Hegemonialphasen sind aber nicht von Dauer:
o Andere nahmen Innovationen des Hegemons nach (ökonomisch-technologischer,
politischer, militärischer Vorsprung schmilzt)
o Staaten entwickeln eigene Innovationen, die ihnen selbst Überlegenheit verschaffen
o Der Hegemon tut alles für die Erhaltung der Macht: Hohe Staatsausgaben: Weniger
Investition in Wirtschaft und Technologie -> Machtvorsprung nimmt ab,
vor allem können alle anderen Staaten Ressourcen in Stärkung der eigenen
ökonomischen und militärischen Macht stecken
o Wenn also andere Staaten an Macht gewinnen, ist es für den Hegemon aufwändiger
und kostspieliger, Regelverletzer zu sanktionieren

 Hegemoniale Ordnung gerät irgendwann in eine Krise oder bricht zusammen


 Es beginnt Phase relativer Unordnung und verstärkter Rivalität
 Neuer oder ehemaliger Akteur versucht Hegemonie zu erreichen

In der internationalen Politik gibt es keinen Fortschritt

 Nur ein radikaler Systemwechsel von Anarchie zu Hierarchie (Weltstaat) kann Dymanik
durchbrechen
 Je mehr die Staaten sich einer Hierarchie annähern, desto gefährlicher ist der Zustand für die
Nicht-Hegemonie-Staaten:
GEFAHR: Staat muss gegenüber Hegemon politische Autonomie einschränken bzw. Staat
aufgeben
 Hegemonie ist für das anarchische internationale System wünschenswert: Unsicherheit im
System verringert sich, Frieden und Ordnung entsteht

 Sicherheitsdilemma und Machtgleichgewicht sorgen dafür, dass das


Machtreben/Machtkonkurrenz reproduziert werden
 Unsicherheit ist grundlegendes Problem:
Not, Ungleichheit, Unfreiheit bleiben unbearbeitet
 Jede Phase erhöhter Sicherheit/Stabilität wird durch Machtdiffusion/technologische
Innovation enden
Carlo Masala
Kernaussage:
Realismus ist kein monolithischer Theorieblock
Sondern: Es gibt eine Gemeinschaft von Realisten, die theoretische Annahmen teilen, sich aber auch
ergänzen, bzw. sogar widersprechen

Realistisch arbeitende Wissenschaftler teilen drei Annahmen über internationale Politik:

 Gruppen: Sie sind Kern internationaler Politik; Politik findet in und zwischen Gruppen statt,
Gruppensolidarität ist zentral und für innenpolitische Prozesse/Konflikte, sowie Kooperation
zw. Gruppen
 Egoismus: Handeln der Individuen und Gruppen ist durch eigene Interessen getrieben
 Machtzentrismus: Schlüssel zum Verständnis von (innen-, außen-, internationale) Politik ist
die Interaktion von sozialer und materieller Macht. Interaktion findet beständig vor
Gebrauch materieller Macht (Zweck: Zwang) statt.

2. Der klassische Realismus

Keine einheitliche Theorie, einflussreichster Wissenschaftler, Grundstein der Forschung in


Internationale Beziehungen für Entwicklung realistischer Theorie
J. Morgenthau
Sein Realismus soll Gegenentwurf zu Idealismus sein
Idealismus: Durch Moral, Gesetze (Erziehung) können Kriege als politisches Mittel verbannt
werden; ist aber selbst skeptisch gegenüber Theoriebildung (artifiziell)

 Moralische Grundsätze sind nicht universell, sondern kulturabhängig, Norm- und


Machtvorstellungen sind „nationalistischer Universalismus“
 Jede Theorie muss die Unveränderlichkeit des Menschen akzeptieren:
Menschen sind egoistisch,
hungrig nach Macht: „lust of power“,

 Diese Eigenschaften werden durch Analogie in internationale Poltik übertragen:


Macht einer Nation meint also macht von bestimmten Individuen einer Nation,
der Staat wird damit auch zu einer „Quasipersönlichkeit“

 Anarchisches System setzt Machtgier des Individuums keine strukturellen Grenzen, daher die
Verschiebung des „Hungers“ auf eine nationale Ebene
3 Idealtypen von Politik: Machterhaltung, Machtsteigerung, Machtdemonstration

 6 Bedingungen für die Begrenzung exzessiver Machtpolitik (Gute Diplomatie)


o Existenz großer Anzahl unabhängiger Staaten
o Gemeinsame europäische Kultur
o Geogr. Begrenzung des internationalen Systems
o Abwesenheit von Massenvernichtungswaffen
o Freiheit der Politiker, Politik zu gestalten
o Existenz eines externen Balancers
 -> Nur Gegenmacht kann Macht einschränken
o Völkerrecht, Moral, internationale Organisationen, Abrüstung keine Alternativen,
weil es keine Wirkung auf staatliches Handeln hat (keine Konsequenzen für nicht-
Beachtung)
Neorealismus nach Kenneth Waltz

Theorie ist nur Spekulation, lose mit Welt verbunden. Soll Wirkung erklären, die von der Struktur der
internationalen System auf die Einheiten
4 realistische Grundannahmen:

 Staaten sind die wichtigsten Akteure in der internationalen Politik


 Staaten agieren rational, denn sie versuchen mit denen ihnen zur Verfügung stehenden
Mitteln ihre Ziele zu erreichen
 Minimalziel der Staaten ist die Sicherung der Existenz
 Staaten agieren in einem Kontext mit Begrenzungen. Dieser konditioniert Handeln, sodass
wiedererkennbare Muster produziert werden (vgl. oben Hegemoniezyklen)

Souveränität: Staat kann selbst entscheiden, wie er auf interne und externe Herausforderungen
reagiert

Essenz der Theorie: Je weniger Großmächte und je mehr Gegenmächte, desto geringer ist die
Konfliktgefahr

Heutzutage wichtig: Offensiver vs. defensiver Neorealismus

Offensiver Realismus: Bewusste Ungleichverteilung relativer Gewinne zum eigenen staatlichen


Vorteil

Defensiver Realismus: Staaten können sich sicher fühlen und haben nicht immer Bedürfnis, ihre
Position im System verbessern zu wollen

Realismus als normative Theorie

Gerücht: Neorealisten sind kriegslüstern


o Militärischer und rassistischer Sozialdarwinismus
o Einfluss der Denker hoch, nutzen nicht Chance in ein friedliches System zu transformieren
 Aber Realisten trennen eigene politische Ablehnung von Krieg von den theoretischen
Annahmen
 Ist aber nicht glaubwürdig: Theoretische Fassbarkeit beeinflusst ethisch-moralische
Vorstellungen

Im Folgenden soll der Realismus deshalb als Handlungshandbuch verstanden werden:

Internationale Politik im Namen der Gerechtigkeit ist stets Gefahr von unbegrenzten, ewigen Kriegen,
sucht friedensfördernden Realismus

„if freedom is wanted insecurity must be accpeted“, „equality is associaten with instability“

Die Aufgaben des Neorealismus heute und in der Zukunft

Nicht einzig wahre Theorie, sondern „skeptische Gegenwartswissenschaft“


Theorien sollten hinterfragt werden, müssen akzeptieren, dass sie eine normative (empfehlende)
Dimension haben
Christian Tuschoff
 Großtheorien sind Spotlights: sie beleuchten wesentliche Ausschnitte der Dunkelheit,
tauchen aber andere ins Dunkel
 Internationales System = Anarchisches Selbsthilfe System
 Informationsunsicherheit: Absichten des Staates sind nicht bekannt
 Sicherheit des einen Staates ist Unsicherheit des anderen
 Kooperation ist schwierig und selten: Vorteil des anderen führt zu Unterlegenheit

Kleine Staaten können sich schlecht selbst helfen: deshalb zweite Präferenz

 Kleine Staaten bilden Allianz: Gemeinsam Macht eines Hegemons ausbalancieren


 Kleine Staaten ordnen sich einem Hegemon unter

Macht

 Latente Macht = Wohlstand, tatsächliche Macht = militärische Fähigkeiten, Probleme:


 Macht ist nicht messbar, keine einheitlichen Maßstäbe bei Messung der Faktoren
 Aber militärische Macht ist etwas einfacher zu messen: lässt sich in Fakten festhalten:
Nukleare Waffen
 trotzdem: Maersheimer 3 Schritte-Vorschlag:
o Größe und Qualität
o Kooperation von Luft- und Bodentruppen
o Fähigkeit über Wasser und Luft Streitkräfte in Einsatz bringen

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