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Ulrich v. Hintzenstern
5.1 Stabile Angina pectoris 232 5.6 Notfälle bei Pat. mit implan
5.2 Akutes Koronarsyndrom 233 tierten Kardioverter-/Defibril
5.3 Akute Linksherzinsuffi lator-Systemen 243
zienz 236 5.7 Hypertensiver Notfall 245
5.4 Herzrhythmusstörungen 237 5.8 Zirkulatorische Synkope 247
5.4.1 Tachykarde Rhythmusstörun 5.9 Schocktherapie 248
gen 237 5.10 Präklinische i. v. Lyse bei
5.4.2 Bradykarde Rhythmusstörun Myokardinfarkt 250
gen 240
5.5 Notfälle bei Patienten mit
Herzschrittmacher 241
232 5 Herz-Kreislauf-Notfälle
5.2 Akutes Koronarsyndrom
Definition Der Begriff „Akutes Koronarsyndrom“ umfasst die Manifestations-
formen der KHK mit akuter Lebensbedrohung:
• Instabile Angina pectoris (Auftritt von Beschwerden mit zunehmender Dauer
und Intensität in Ruhe oder bei geringer Belastung).
• Nicht-ST-Strecken-Hebungsinfarkt (Non-ST-Elevation-Myocardial-Infarc-
tion = NSTEMI).
• ST-Strecken-Hebungsinfarkt (ST-Elevation-Myocardial-Infarction = S TEMI).
Verursacht wird das akute Koronarsy. durch Ruptur oder Erosion eines athero
sklerotischen Plaques mit Teilverschluss (meist instabile Angina pectoris oder
NSTEMI) oder vollständigem Verschluss (STEMI) eines Koronargefäßes.
Symptomatik
• Retrosternale oder/und linksthorakale Schmerzen: 5
– Vernichtendes, > 30 Min. anhaltendes Druck- und Engegefühl.
– Evtl. Schmerzausstrahlung in den linken oder beide Arme, Schultern,
Unterkiefer, Oberbauch, Rücken.
– Beschwerdepersistenz trotz Bettruhe und Nitroglyzeringabe.
• Todesangst, Dyspnoe, Kaltschweißigkeit.
• Übelkeit, Erbrechen (evtl. einziges Symptom).
• Unerklärliche Synkope, Dyspnoe oder Lungenödem.
Bei alten Pat. oder Diabetikern häufig auch atypische Symptome:
• Geringer Schmerz bzw. isolierte Bauchschmerzen.
• Akute Verwirrtheit bzw. Verschlechterung des Allgemeinzustands oder dia-
betisches Koma.
Kurzanamnese
• Z. n. Stenokardien, Myokardinfarkt, aortokoronare Bypass-OP, PTCA.
• Gleichzeitige Einnahme von vasodilatatorisch wirkenden Medikamenten
(z. B. Nitropräparate) und Sildenafil.
• Risikofaktoren: Hypertonie, Nikotinabusus, Diabetes mell., Hyperlipidämie,
Adipositas, Stress.
Sofortdiagnostik
• Basischeck (▶ 4.1.2).
• Puls (↑ oder ↓), SpO2 (evtl. ↓), RR (↑ oder ↓).
• EKG:
– Gerät mit 3 Ableitungen: Ggf. Rhythmusstörungen, jedoch kein Infarkt-
ausschluss möglich.
– Gerät mit 12 Ableitungen: Initial beträchtliche T-Überhöhung („Ersti-
ckungs-T“), danach ST-Hebungen.
234 5 Herz-Kreislauf-Notfälle
• Schocksymptomatik?
• Auskultation: Vitientypische Geräusche, Lungenstauung?
• Inspektion:
– Blässe oder Zyanose.
– Gestaute Halsvenen.
• Troponin-T-Schnelltest (▶ 1.6.7).
Sofortmaßnahmen
• Beruhigender Zuspruch.
• Oberkörperhochlagerung.
• 2 Hub (0,8 mg) Nitroglyzerinspray s. l. oder 1 Nitroglyzerinkapsel zerbeißen
lassen bei RRsyst ≥ 100 mmHg und Puls > 50/Min.
• O2-Gabe (▶ 1.6.3, ▶ 1.22).
• I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (▶ 1.22).
• Analgesie mit 5 mg Morphin i. v., ggf. Nachinjektion von 2-mg-Boli.
• Ggf. Sedierung mit Midazolam 1,25–2,5-mg-Boli i. v.
• Bei hypertensivem Notfall ▶ 5.7.
• Spritzenpumpe: Nitroglyzerin 50 mg mit NaCl 0,9 % auf 50 ml: 2–6 ml/h,
wenn RRsyst ≥ 100 mmHg und Puls > 50/Min.
• Acetylsalicylsäure 500 mg i. v.
• Heparin 70 IE/kg KG, max. 5.000 IE Alternativ: Enoxaparin 1 mg/kg KG s. c
bei NSTEMI bzw. 0,5 mg/kg KG i. v. bei STEMI.
• Falls grundsätzlich mit der aufnehmenden Klinik als präklinische Therapie
bei V. a. akutes Koronarsy. vereinbart: Clopidogrel 300–600 mg p. o.
5 • Neuere ADP-Rezeptor-Antagonisten: Schneller und effektiver als Clopido-
grel wirken Prasugrel (60 mg) und Ticagrelor (180 mg), deren präklini-
scher Einsatz bei STEMI-Pat. erwogen werden kann. Bei beiden Substan-
zen muss aber im Vergleich mit Clopidogrel mit einer erhöhten Rate von
Blutungskomplikationen gerechnet werden → Nutzen gegen Risiko bei je-
dem Pat. individuell abwägen. Cave: Kein Prasugrel oder Ticagrelor bei
Pat. mit Z. n. hämorrhagischem Insult oder zerebrovaskulärem Ereignis
geben!
• Bei Übelkeit Metoclopramid 10–20 mg i. v.
• β-Blocker, z. B. Metoprolol bei Tachykardie und anhaltender Angina pectoris-
Symptomatik max. 3 × 5 mg i. v. nach Herzfrequenz (KI: f < 60/Min., RRsyst
< 90 mmHg, massive Linksherzinsuff., Asthma).
• Ggf. Lyse (▶ 5.10).
• Bei Zeichen der Linksherzinsuff. (▶ 5.3) Furosemid 20–40 mg i. v.
• Bei schwerwiegenden symptomatischen ventrikulären Tachykardien Amio-
daron 5 mg/kg KG über mind. 3 Min. Danach Dauerinfusion 10–20 mg/kg
KG/24 h. Bei Unwirksamkeit Wiederholung des Bolus (5 mg/kg KG) nach
15 Min. Bei Erfolglosigkeit Ajmalin 25–50 mg i. v.
• Bei Kammertachykardie medikamentöser Therapieversuch (s. o.), bei Erfolg-
losigkeit oder Kreislaufinstabilität synchronisierte Kardioversion, bei Kam-
merflimmern Defibrillation (▶ 3.4.12).
• Bei Bradykardie: Atropin 0,5–1 mg i. v., bei Wirkungslosigkeit Orciprenalin
0,1–0,5 mg i. v., ggf. externe SM-Stimulation (▶ 3.4.13).
• Ggf. Schocktherapie (▶ 5.9).
• Ggf. Reanimation (▶ 3.5).
5.2 Akutes Koronarsyndrom 235
• Nur bei ca. 50 % der Pat. finden sich stenokardische Beschwerden in der
Vorgeschichte.
• Komplikationen: Kardiogener Schock, Lungenödem, Rhythmusstörun-
gen (Kammerflimmern, Asystolie).
• Eine Subarachnoidalblutung (▶ 8.3.5) oder eine Perimyokarditis kann
EKG-Veränderungen wie beim Myokardinfarkt bewirken!
• „Non-ST-Elevation-Myocardial-Infarction“ (NSTEMI): Dieser „kleine
Infarkt“ ist definiert durch das Auftreten der typischen Beschwerden ei-
ner instabilen Angina (Stenokardien, im Gegensatz zum „großen In-
farkt“ aber keine ST-Hebungen im EKG) mit gleichzeitigem Anstieg der
Kardiomarker Troponin I oder T.
5.3 Akute Linksherzinsuffizienz
Symptomatik
• Dyspnoe, Tachypnoe, Orthopnoe.
• Unruhe, Kaltschweißigkeit.
• Schwächegefühl.
• Verwirrtheit (v. a. ältere Pat.).
NYHA
„New York Heart Association Functional Classification“. System der Eintei-
lung des Schweregrades einer Herzinsuffizienz:
• NYHA I: Keine Symptome.
• NYHA II: Symptome bei erheblicher Anstengung.
• NYHA III: Symptome bei leichter Anstrengung.
• NYHA IV: Ruhesymptome.
Kurzanamnese
• KHK, Hypertonie, Klappenvitien, Nierenerkrankung.
• Z. n. Myokardinfarkt, Myokarditis, hypertensive Krise, Rhythmusstörungen.
• Nykturie, Reizhusten.
• Medikamente wie z. B. Digitalis, Antihypertensiva, Antianginosa, Diuretika,
Immuntherapie bei Ca.
Sofortdiagnostik
5 • Basischeck (▶ 4.1.2).
• Puls (↑), SpO2 (evtl. ↓), RR (↓), EKG (evtl. Rhythmusstörungen).
• Schockzeichen?
• Inspektion:
– Zyanose, Blässe.
– Halsvenenstauung.
– Schaumig, rötliches Sputum.
• Auskultation:
– Lunge: Feuchte RG, ggf. nur Giemen und verlängertes Exspirium.
– Herz: Galopprhythmus (3. und 4. Herzton), vitientypische Geräusche?
Sofortmaßnahmen
• Oberkörperhoch- und Beintieflagerung.
• O2-Gabe (▶ 1.6.3, ▶ 1.22).
• 2 Hub (0,8 mg) Nitroglyzerinspray s. l. oder 1 Nitroglyzerinkapsel zerbeißen
lassen bei RRsyst ≥ 100 mmHg und Puls > 50/Min.
• I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (▶ 1.22) mit minimaler Infusions-
geschwindigkeit.
• Ggf. Intubation und Beatmung.
• Furosemid 20–80 mg i. v.
• Ggf. Sedierung/Analgesie bzw. Hustendämpfung mit 2-mg-Boli Morphin i. v.
• Ggf. Sedierung mit Midazolam 1,25 mg i. v.
• Bei hypertensivem Notfall ▶ 5.7.
• Ggf. Spritzenpumpe: Nitroglyzerin 50 mg mit NaCl 0,9 % auf 50 ml: 0,5–6 ml/h,
wenn RRsyst ≥ 100 mmHg und Puls > 50 und < 100/Min.
• Bei ausgeprägter Bronchospastik: β2-Sympathikomimetika-Aerosol, z. B.
2 Hübe Fenoterol oder Theophyllin 200 mg langsam i. v. (cave: Tachykardie).
5.4 Herzrhythmusstörungen 237
• Schocktherapie ▶ 5.9.
• Rhythmusstörungen ▶ 5.4.
Transport Immer Transport in die nächste internistische Fachabteilung.
Prinzipien der Weiterbehandlung Weiterbehandlung je nach Ursache, Flüssig-
keitsbilanzierung.
Differenzialdiagnose Asthma bronchiale (▶ 7.2), Lungenödem aus nichtkardia-
ler Ursache (▶ 7.5).
5.4 Herzrhythmusstörungen
5.4.1 Tachykarde Rhythmusstörungen
Symptomatik
• Herzrasen, Angst-, Beklemmungsgefühl.
• Angina pectoris.
• Dyspnoe.
• Schwindel, präkollaptische Zustände, Synkope, Krämpfe.
• Kardiogener Schock.
• Evtl. Harndrang.
Kurzanamnese 5
• Bekannte KHK, Herzvitien, Rhythmusstörungen.
• Schilddrüsenüberfunktion.
• Physische oder psychische Belastung.
• Alkohol, Nikotinabusus.
• Medikamenteneinnahme, Drogen, Fieber.
Sofortdiagnostik
• Basischeck (▶ 4.1.2).
• Puls (zentral und peripher messen: Pulsdefizit?). Puls unregelmäßig, Pulsdefi-
zit → ventrikuläre Extrasystolie.
• SpO2 (↓), RR (↓).
• EKG (▶ Abb. 5.1, ▶ Abb. 5.2):
– Ventrikuläre Extrasystolie (intermittierend schenkelblockartig deformier-
te QRS-Komplexe).
– Sinustachykardie.
– Vorhoftachykardie, -flattern und -flimmern.
– Tachykardie mit schmalen Kammerkomplexen (< 0,12 s, d. h. QRS bei
25 mm/s EKG-Registriergeschwindigkeit < 3 mm und bei 50 mm/s
< 6 mm).
– Tachykardie mit breiten, schenkelblockartigen Kammerkomplexen
(> 0,12 s).
– Torsade de pointes (Sonderform der Kammertachykardie): Um die Null-
Linie spindelförmig undulierende QRS-Komplexe.
– Kammerflimmern, -flattern (▶ 3.5.2).
• Auskultation:
– Herz: Vitientypische Geräusche?
– Lunge: Stauung?
238 5 Herz-Kreislauf-Notfälle
VES
Sinustachykardie
Multiforme VES
Bigeminus
(VES – normaler
Komplex – VES –
Paroxysmale supraventrikuläre normaler Komplex
im Wechsel)
Tachykardie (Reentry-Tachykardie)
Couplets
(2 VES direkt
hintereinander)
Vorhofflattern Salven
(> 2 VES
hintereinander)
„Torsade de pointes“
Sofortmaßnahmen
! Präklinische Behandlung nur bei relevanten hämodynamischen Auswirkun-
gen (Schwindel, Benommenheit, Synkope, Bewusstlosigkeit, Stenokardie,
Lungenödem, Schock) und unter permanenter EKG-Kontrolle.
• Lagerung je nach Kreislaufsituation (▶ 2.5).
• O2-Gabe (▶ 1.6.3, ▶ 1.22).
• I. v. Zugang mit Infusion (Ringeracetat ▶ 1.22).
• Bei ventrikulärer Extrasystolie Therapie nur bei Salven und gleichzeitigem
V. a. akuten Myokardinfarkt: Amiodaron 5 mg/kg KG über mind. 3 Min. Da-
nach Dauerinfusion 10–20 mg/kg KG/24 h. Bei Unwirksamkeit Wiederho-
lung des Bolus (5 mg/kg KG) nach 15 Min.
• Vagusreiz durch Valsalva-Pressdruckversuch oder Karotissinusmassage.
Antiarrhythmika immer sehr langsam injizieren (außer Adenosin).
Tachykardie
• Vagusreiz
• Adenosin (z.B. Adrekar®) 3 mg i.v.,
ggf. Wiederholung nach jeweils 1–2 Min.
mit 6, 9 und 12 mg
• Verapamil (z.B. Isoptin®) 5–10 mg i.v.
• Magnesiumsulfat 1–2 g i.v.
• Vagusreiz
• Ajmalin (z.B. Gilurytmal®) 25–50 mg i.v.
Nein
„Torsade de pointes“
• Magnesiumsulfat • Amiodaron (z.B. Cordarex®) 5 mg/kg KG
2 g i.v. i.v., ggf. Wiederholung nach 15 Min.
• Ggf. Defibrillator Perfusor: 10–20 mg/kg KG/24 h
• Ajmalin (z.B. Gilurytmal®) 50 mg i.v.
5.4.2 Bradykarde Rhythmusstörungen
Symptomatik
• Schwindel, Synkope.
• Bewusstseinstrübung, Krämpfe.
• Dyspnoe.
• Übelkeit.
• Angina pectoris, Herzinsuff., kardiogener Schock.
Kurzanamnese
• Bekannte KHK, Z. n. Myokardinfarkt, Myokarditis.
• Hyperkaliämie (z. B. bei Niereninsuff.).
• Medikamente (Digitalis, β-Blocker).
• Hypothyreose.
• Gestörte Kreislaufregulation (Hirnstamminfarkt, erhöhter Hirndruck,
▶ 8.3.2).
Sofortdiagnostik
• Basischeck (▶ 4.1.2).
• Puls (↓), SpO2 (↓), RR (↓), EKG (▶ Abb. 5.4).
• Radialispuls arrhythmisch und evtl. durch Pulsdefizit bradykard → ventriku-
läre Extrasystolie (▶ 5.4.1).
5 • Schockzeichen?
Sofortmaßnahmen
! Präklinische Behandlung nur bei relevanten hämodynamischen Auswirkun-
gen (Schwindel, Benommenheit, Synkope, Bewusstlosigkeit, Stenokardie,
Lungenödem, Schock) und unter permanenter EKG-Kontrolle.
• Lagerung je nach Kreislaufsituation (▶ 2.5).
• O2-Gabe (▶ 1.6.3, 1.22).
• I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (▶ 1.22).
• 0,5–1 mg Atropin i. v., ggf. wiederholen (Höchstdosis: 3 mg).
• Bei Wirkungslosigkeit: Adrenalin 1 mg mit NaCl 0,9 % auf 50 ml verdünnen
(1 ml = 20 μg); 1 ml-Boli i. v. i. v.
• Bei Wirkungslosigkeit: Externe Stimulation (▶ 3.4.13) ggf. unter Sedierung.
• Ggf. Reanimation (▶ 3.5).
Prinzipien der Weiterbehandlung Langzeit-EKG, Diagnostik und Therapie einer
Grundkrankheit, antibradykarde Therapie, ggf. permanenter SM.
Differenzialdiagnose Zirkulatorische Synkope (▶ 5.8), epileptischer Anfall
(▶ 8.3.4).
Bei AV-Block II. Grades Typ II (Mobitz II°) und AV-Block III. Grades kann
Atropin eine paradoxe Verstärkung der AV-Blockierung mit Abfall der
Kammerfrequenz verursachen.
5.5 Notfälle bei Patienten mit Herzschrittmacher 241
Sinusbradykardie
Sick-Sinus-Syndrom
2 x PP
5
AV-Block I. Grades
P P P P P P
P P P P P P
P
P P P P P P P P
Sofortdiagnostik
• Basischeck (▶ 4.1.2).
• Puls (↑ oder ↓), SpO2, RR.
• EKG (▶ Abb. 5.5, ▶ Abb. 5.6):
– Starrfrequente Stimulation mit einer tatsächlichen Frequenz < der
programmierten Frequenz, z. B. durch Batterieerschöpfung (SM-Pass:
Programmierte Frequenz, Implantationsdatum).
– Bradykardie ohne sichtbare SM-Impulse (z. B. durch Impulsgeberdefekt,
Kabelbruch, oder Oversensing, d. h. Missdeutung von Muskelaktionen als
Eigenaktion).
– Bradykardie mit sichtbaren SM-Impulsen ohne nachfolgende Depolarisa-
tion (Exitblock z. B. durch Elektrodendislokation oder Anstieg der Pacing-
Schwelle durch Fibrosierung).
– Unkoordiniertes Auftreten von starrfrequenten SM-Impulsen und ausrei-
chenden Eigenaktionen (undersensing z. B. durch Sondenkontaktproble-
me), ggf. mit Auftreten von Kammerflimmern.
– Tachykardie ohne SM-Impulse (SM-unabhängig).
– Tachykardie mit SM-Impulsen (SM-abhängig, z. B. durch Reentrytachy-
kardie).
• Inspektion:
– Typische Narbenlokalisation links oder rechts infraklavikulär.
– SM-Taschendekubitus, evtl. mit Luxation des SM aus der Weichteilta-
sche?
– Zyanose, Halsvenenstauung.
5 • Palpation des Aggregats im Narbenbereich.
• Auskultation: Lungenstauung?
Sofortmaßnahmen
• Oberkörperhochlagerung, ggf. Schocklagerung (▶ 2.5).
• O2-Gabe (▶ 1.6.3, 1.22).
• I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (▶ 1.22).
• Bei Bradykardie:
– 0,5–1 mg Atropin i. v.
– Bei Erfolglosigkeit Orciprenalin 0,1–0,5 mg i. v.
– Bei Erfolglosigkeit externe Stimulation (▶ 3.4.12).
• Bei Tachykardie:
– SM-abhängig: Magnet auf SM auflegen (→ Umschalten in starrfrequente
Stimulation).
– SM-unabhängig ▶ 5.4.1.
• Bei Kammerflimmern Defibrillation (▶ 3.4.11).
• Ggf. Schocktherapie (▶ 5.9).
• Ggf. Reanimation (▶ 3.5).
• Bei SM-Luxation Aggregat in mit Ringeracetat oder NaCl 0,9 % getränkte
Kompresse einwickeln oder mit Elektrodenpaste bestreichen und auf der
Haut fixieren.
! Immer SM-Ausweis mitnehmen.
Transport Nach Möglichkeit in das implantierende oder betreuende Zentrum,
bei größerer Entfernung in die nächste kardiologische Fachabteilung.
5.6 Notfälle – implantiertes Kardioverter-/Defibrillator-System 243
Sofortdiagnostik
• Basischeck (▶ 4.1.2).
• Puls, SpO2, RR.
• EKG:
– Maligne Rhythmusstörung (z. B. Kammertachykardie oder Kammerflim-
mern) → Funktionsausfall der Kardioversions-/Defibrillatoreinheit.
– „Normalbefund“ nach Schockabgabe → nicht indizierte (bzw. indizierte!)
Schockabgabe.
• Schockzeichen (▶ 5.9)?
• Inspektion: Typische Narbenkonstellation (linker Oberbauch oder links in
fraklavikulär).
• Palpation des Aggregats (meist linksepigastrisch oder linkssubpektoral).
Sofortmaßnahmen Funktionsausfall der Kardioversions-/Defibrillatoreinheit:
Therapie wie bei Pat. ohne ICD: Bei Kammertachykardie Kardioversion, bei Kam-
merflimmern Defibrillation (▶ 3.4.12), ggf. Reanimation (▶ 3.5).
Nicht indizierte Schockabgabe:
• Ggf. Störsignale (z. B. elektrophysikalische Therapie) unterbrechen oder Pat.
aus Störfeld (z. B. Hochspannungsleitung) entfernen.
• Starken Magneten auf das Aggregat auflegen → Inaktivierung der Kardiover-
sions-/Defibrillationseinheit.
• O2-Gabe (▶ 1.6.3, 1.22).
• I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (▶ 1.22).
• Bei nicht indizierter Schockabgabe ggf. vorsichtige Sedierung mit z. B.
1,25-mg-Midazolam-Boli i. v.
5 • ICD-Ausweis mitnehmen.
Transport Nach Möglichkeit Transport in das implantierende oder betreuende
Zentrum, bei größerer Entfernung in die nächste kardiologische Fachabteilung.
Prinzipien der Weiterbehandlung Überprüfung, ggf. Umprogrammierung, chir-
urgische Korrektur oder Aggregatwechsel. Ggf. antiarrhythmische Therapie.
Differenzialdiagnose Epileptischer Anfall (▶ 8.3.4).
• Je nach System kann durch Auflegen eines Magneten die Defibrillator-
funktion temporär für die Dauer der Magnetauflage oder permanent
ausgeschaltet (und auch wieder eingeschaltet) werden → nach Magnet
auflage Funktion (temporär oder permanent) mit dem betreuenden
Zentrum abklären.
• Bei Magnetauflage bleibt die Funktion der VVI-Schrittmachereinheit
erhalten.
• Bei ICD-Pat. ist das EKG zur Todesfeststellung nicht verwertbar (▶ 1.17).
• Bei körperlichem Kontakt mit dem Pat. (z. B. während Herzdruckmas-
sage) kann bei ICD-Impulsabgabe evtl. ein ungefährlicher Schlag („Wei-
dezaun“) gespürt werden.
5.7 Hypertensiver Notfall
Hypertonus in der Schwangerschaft ▶ 14.2.3.
Symptomatik
• Zerebrale Symptome:
– Starke Kopfschmerzen, Schwindel.
– Übelkeit, Erbrechen.
– Sehstörungen, Nystagmus.
– Motorische Unruhe, Verwirrtheit, Benommenheit, Bewusstseinsstörun-
gen.
– Fokale oder generalisierte Krampfanfälle, Paresen, Koma.
• Kardiale Symptome:
– Stenokardien.
– Herzrhythmusstörungen.
– Dyspnoe, Herzinsuff., Lungenödem.
• Starkes Nasenbluten. 5
Kurzanamnese
• Bekannter Hypertonus (RR-Medikamente?).
• Unterbrechen einer antihypertensiven Therapie (v. a. Clonidin) → Rebound-
Phänomen.
• Kokainintoxikation.
Sofortdiagnostik
• Basischeck (▶ 4.1.2).
• Puls, SpO2, RR (↑; an beiden Armen messen), EKG (evtl. Rhythmusstörun-
gen, Infarkt).
• Inspektion: Zentrale Zyanose (bei hypertensivem Lungenödem), Halsvenen-
stauung, Beinödeme, Nasenbluten.
• Lungenauskultation: Feuchte, aber nicht klingende RG → Stauung.
• Neurologische Notfalluntersuchung (▶ 8.2): Bewusstseinsstörung, Paresen,
Pupillendifferenz (Hirnödem, intrakranielle Blutung).
Sofortmaßnahmen (▶ Abb. 5.7).
• Beruhigender Zuspruch.
• Oberkörperhochlagerung.
• O2-Gabe (▶ 1.6.3, 1.22).
• I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (▶ 1.22).
• Bei Angina pectoris ▶ 5.1.
• Bei Rhythmusstörung ▶ 5.4.
• Bei Linksherzinsuff. (Lungenödem): Furosemid 20–40 mg i. v.
• Bei Angstzuständen oder Agitiertheit vorsichtige Sedierung mit Midazolam
in Boli von 1,25 mg i. v. oder Diazepam 2,5 mg i. v.
246 5 Herz-Kreislauf-Notfälle
Dosierung: 5 mg 1,2 mg
5.8 Zirkulatorische Synkope
Symptomatik
• Gähnen, Schwindel.
• Sehstörungen (Schwarzwerden bzw. Flimmern vor den Augen).
• Übelkeit, Kaltschweißigkeit.
• Kurz dauernde Bewusstseinsstörung („Ohnmacht“, „Kollaps“).
Kurzanamnese
• Meist im Allgemeinen gesunde Pat. (vasovagale Synkope).
• Emotionale Erregung, Stress, Schmerz; oft im Zusammenhang mit äußeren
Faktoren wie langes Stehen, überfüllte oder überwärmte Räume, Massenhys-
terie (vasovagale Synkope).
• Beim Bücken oder Aufstehen (orthostatische Synkope).
• Bekannte Hypotonie (orthostatische Synkope).
• Hitzeexposition (Hitzeohnmacht).
• Defäkation, Miktion, Husten, Heben schwerer Lasten (pressorische Synkope).
Sofortdiagnostik
• Basischeck (▶ 4.1.2).
• Puls (↓ bei vasovagaler Synkope, ↑ meist bei orthostatischer Synkope), SpO2,
RR (↓), EKG.
• BZ-Stix.
• Inspektion:
– Blässe; feuchtwarme, gerötete Haut (Hitzeohnmacht).
– Sturzverletzungen. 5
• Neurologische Notfalluntersuchung (▶ 8.2): Neurologische Ausfälle.
• Temperatur (evtl. ↑ bei Hitzeohnmacht).
Sofortmaßnahmen
• Schocklagerung (ggf. in kühler, schattiger Umgebung).
• Frischluftzufuhr, O2-Gabe (▶ 1.6.3, 1.22).
• Ggf. beengende Kleidung öffnen.
• Bei ausbleibender Besserung i. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat
(▶ 1.22).
• Ggf. 0,5 mg Atropin i. v.
• Ggf. ½ Amp. Etilefrin oder 1⁄5-Amp.-Boli Cafedrin/Theodrenalin nach Wir-
kung.
Transport Bei orthostatischer oder vasovagaler Synkope hausärztliche Abklä-
rung ausreichend, in unklaren Fällen oder bei länger dauernder Synkope Trans-
port in die nächste internistische Abteilung.
Prinzipien der Weiterbehandlung Diagnostische Abklärung, ggf. Pharmakothe-
rapie.
Differenzialdiagnose Anaphylaktoide Reaktion (▶ 19.1), Herzrhythmusstörun-
gen (▶ 5.4), epileptischer Anfall (▶ 8.3.4), Vena-cava-Kompressionssy. (▶ 14.2.2),
Hypoglykämie (▶ 8.3.1), Hyperventilationssy. (▶ 7.6), Lungenembolie (▶ 7.4),
Myokardinfarkt (▶ 5.2), Perikardtamponade (▶ 11.3), zerebrovaskuläre Insuff.,
Hypoxie, Schock (▶ 5.9).
248 5 Herz-Kreislauf-Notfälle
5.9 Schocktherapie
Grundsätze des Volumenersatzes
Bei schwerem Volumenmangel Kristalloide kombiniert mit Kolloiden (▶ 1.22)
infundieren. Die maximale Infusionsdosis von 1.000–1.500 ml kolloidaler Volu-
menersatzstoffe spielt im RD nur eine untergeordnete Rolle. Bei massivem Volu-
mendefizit (z. B. schwere Blutung) muss Volumen ggf. auch weit über die Maxi-
maldosierungen hinaus gegeben werden.
Extrem hoher Volumenbedarf weist meist auf schwere Blutungen hin → zügiger
Transport zur kausalen chirurgischen Versorgung.
Kristalloide Infusionslösungen (Elektrolytlösungen)
Indikationen Dehydratation (z. B. durch Schwitzen, Fieber, Diarrhö), initialer
Volumenersatz, Verbrennungen, Offenhalten venöser Zugänge. Wirkdauer kris-
talloider Lösungen: Ca. 30 Min.
Verfügbare Lösungen (▶ 1.22)
• Ringeracetat: Kristalloid der 1. Wahl im RD.
• NaCl 0,9 %: Universelles Lösungs- und Verdünnungsmittel.
• Ringerlaktat: Leicht hypoton, daher z. B. bei SHT oder Polytrauma zusätzli-
che Schädigung möglich (Ödembildung verstärkt).
! Pädiatrische Infusionslösungen ▶ 12.1.7 sind nicht zum Volumenersatz indi-
ziert!
Small-volume-Resuscitation (SVR) Mit hyperosmolarer Kochsalzkolloidlösung
5 (NaCl 7,2–7,5 %). Ausgeprägter Volumeneffekt (das 3- bis 4-fache des Infusions-
volumens) durch Mobilisierung endogener Flüssigkeit. Ziel ist die Wiederherstel-
lung der bei Schock und schwerer Hypovolämie gestörten Mikrozirkulation.
• Dosierung: Infusionsvolumen ca. 4 ml/kg KG (250 ml bei 70 kg KG).
• Verfügbare Lösungen: In Deutschland zugelassen: HyperHAES® (7,5 % NaCl
+ 6 % HAES 200.000) oder Rescueflow® (7,2 % NaCl + 6 % Dextran 70).
Die vorliegenden Daten aus klinischen Studien legen einen besonderen Vorteil
beim Polytrauma und SHT (Senkung der intrakraniellen Drucks) nahe.
Kolloidale Infusionslösungen (Lösungen mit hohem
Wasserbindungsvermögen)
Indikationen Primärtherapie bei Volumenmangel und Schock jeder Genese.
Verfügbare Lösungen
• Hydroxyäthylstärke (HAES, ▶ 1.22): Initialer Volumeneffekt abhängig von
der Konzentration, Wirkdauer abhängig vom Substitutionsgrad. Zu bevorzu-
gen sind HAES-Präparate der 3. Generation (Molekulargewicht: 130.000 Da,
Substitutionsgrad: 0,4–0,5). Kolloid der 1. Wahl im RD.
• Gelatinelösungen: Wirkdauer 1–2 h; NW. Allergien.
Schockformen
Symptomatik
• Veränderte Bewusstseinslage: Unruhe, Angst, Apathie, Somnolenz, Koma.
• Zeichen der „Zentralisation“: Kalte, feuchte, blassgraue Extremitäten (Aus-
nahme: Septischer Schock in der Frühphase).
5.9 Schocktherapie 249
bedingt. Eine (präklinische) Lyse sollte nach Möglichkeit nur in den Fällen durch-
geführt werden, in denen ein geeignetes Zentrum mit einer echten 24-h-Bereit-
schaft nicht in einem ausreichenden Zeitraum (s. o.) gewährleistet ist.