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22 Abrechnung ärztlicher Leistungen

im Notarztdienst
Ulrich v. Hintzenstern

22.1 Abrechnungsgrundlagen 740 22.2.3 Besondere Kostenträger 743


22.2 Abrechnung 740 22.2.4 Leichenschau 743
22.2.1 EBM 740
22.2.2 GOÄ 741
740 22  Abrechnung ärztlicher Leistungen im Notarztdienst  

22.1 Abrechnungsgrundlagen
• Angestellte Ärzte (SR 2 c BAT/BAT-O), bei denen die Notarzttätigkeit im
NEF oder RTH zur Dienstaufgabe gehört (Kommune ist Träger des NA-
Dienstes), erhalten pro Einsatz z. Zt. einen „Einsatzzuschlag“ in Höhe von
23,87 € (TV-Ärzte/VKA). Die Entwicklung dieses Betrags ist an Veränderun-
gen des Tabellenentgelts der Entgeltgruppe II Stufe 1 gekoppelt.
– Der Arbeitgeber kann diese Einsatzpauschale einbehalten, wenn er für
den Angestellten eine Unfallversicherung (meist als Gruppenunfallversi-
cherung) abgeschlossen hat.
– Der Angestellte bekommt den Einsatzzuschlag ausbezahlt, wenn er dem
Arbeitgeber nachweisen kann, dass er eine Unfallversicherung mit Leis-
tungen, die mit denen der Gruppenversicherung des Arbeitgebers ver-
gleichbar sind, abgeschlossen hat.
• Für ermächtigte Notärzte (Dienst in der Freizeit) sind folgende Gebühren-
ordnungen maßgebend:
– Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM).
– Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ).
22
Die Diagnoseverschlüsselung auf der Grundlage der ICD-10 ist mittlerweile
verbindlich.

Tab. 22.1  Abrechnungsgrundlagen


EBM GOÄ

Primärkassen: Ersatzkassen: Verband der Private Kranken-


• Allgemeine Ortskrankenkas- ­Angestellten-Krankenkassen versicherungen
sen (AOK) (VdAK) bzw. Arbeiter-Ersatz- (PKV), so z. B.:
• Betriebskrankenkassen Versicherungen (AEV); so z. B.: • Hallesche Natio-
• Innungskrankenkassen (IKK) • Barmer Ersatzkasse (BEK) nale
• Landwirtschaftliche Kran- • Deutsche Angestellten Kran- • Allianz
kenkassen (LKK) kenkasse (DAK) • Continentale
• Seekasse • Techniker Krankenkasse
• Bundesknappschaft (TKK)

Sozialhilfe Bereitschaftspolizei, Bundes-


wehr, Bundesgrenzschutz,
­Zivildienst

Notarztrelevante Diagnoseverschlüsselungen finden sich unter: www.agbn.de


und www.kvb.de.

Einnahmen aus Notarzttätigkeiten müssen in der Steuererklärung angegeben


werden.

22.2 Abrechnung
22.2.1 EBM
Zur Abrechnung nach EBM ist eine Ermächtigung zur Teilnahme an der ambu-
lanten vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen des NA-Dienstes erforderlich.
  22.2 Abrechnung  741

Ein entsprechender Antrag muss an die zuständige Bezirksstelle der Kassenärztli-


chen Vereinigung gestellt werden, deren Anschrift man von der KV des jeweiligen
Landes (▶ Anhang B) erfahren kann. Von der Bezirksstelle erhält man eine Arzt-
nummer. Die Abrechnung muss per EDV mittels spezieller Abrechnungspro-
gramme erfolgen. Über die erforderliche Software beraten die Kassenärztlichen
Vereinigungen. In manchen Bundesländern existieren abweichende Regelungen.

Beim Ausfüllen des Personalienfelds des Abrechnungsscheins sind folgende


Angaben zwingend erforderlich:
• Bezeichnung und Ort der Krankenkasse.
• Name, Vorname und Geburtsdatum des Versicherten (Pat.).
• Versichertenstatus (1 = Mitglied, 3 = Familienangehörige, 5 = Rentner
und deren Angehörige).

Wenn möglich, die Krankenversichertennummer zusätzlich angeben.


Seit 1.4.2003 ist die notärztliche Vergütung in fast allen Bundesländern pauscha-
liert.
• Maßgeblich für den Ansatz der Pauschale ist der Zeitpunkt der Alarmierung
des Notarztes. 22
• Die Gesamteinsatzzeit bemisst sich von der Alarmierung des Notarztes bis
zur Rückkehr zur Praxis/Standort.
• Neben diesen Pauschalen können keine weiteren Positionen der EBM abge-
rechnet werden.
• Die Pauschalen gelten auch für sonstige Kostenträger.
Für eine Auflistung der wichtigsten EBM-Ziffern sowie klin. Beispiele ▶ An-
hang C.

22.2.2 GOÄ
Bei Privatpatienten ist der Notarzt bei der Erstellung seiner Liquidation an die
GOÄ gebunden. Nach der Notfallversorgung erhält der Patient eine Privatrech-
nung (▶ Abb. 22.1) unter Angabe von:
• Einsatzdatum.
• Diagnose(n).
• GOÄ-Nummern mit Bezeichnung der einzelnen berechneten Leistungen.
• Dem jeweiligen Steigerungssatz (Multiplikator).
• Dem daraus resultierenden Betrag.
Abrechnung
• Der Punktwert beträgt zurzeit 5,82873 Cent, d. h. z. B. der 1-fache Wert einer
Leistung, die in der GOÄ mit 100 Punkten festgelegt ist, beläuft sich auf 5,83
20AC (bei der Bemessung von Gebühren sind sich ergebende Bruchteile ei-
nes Cents unter 0,5 abzurunden und Bruchteile von 0,5 und mehr aufzurun-
den).
• „Übliche“ Abrechnung („Standardtarif“ mit reduzierten Gebührensätzen):
– Ärztliche Leistungen: 2,3-(1,7-)facher Satz.
– Medizinisch-technische Leistungen (*): 1,8-(1,3-)facher Satz.
– Laborleistungen (**): 1,15-(1,1-)facher Satz.
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Dr. med. Kurt Knete 98765 Samariterstadt


Notarzt Johann-Selbstlos-Str. 11
01234/567 89

An …

Notarzteinsatz am …

Für ärztliche Bemühungen erlaube ich mir laut


untenstehender Aufstellung

€…

zu berechnen.
22 Diagnosen: …

GOÄ-Nr. Leistung Steigerungssatz €


… … … …

Kurzbegründung bei Überschreiten des 2,3- bzw. 1,8-fachen


Steigerungssatzes:
* Leistung am Unfallort und im Rettungswagen
** Besondere Dringlichkeit des Einsatzes

Um Überweisung des Betrages innerhalb von 30 Tagen wird gebeten.

Bankverbindung:
Raffeisenbank Samariterstadt (IBAN: DE93 1234 0000 0012 1234 12)

Abb. 22.1  Beispiel eines Privatrechnungsvordrucks [A300]

• „Erhöhte“ Abrechnung:
– Ärztliche Leistungen: 3,5-facher Satz.
– Medizinisch-technische Leistungen (*): 2,5-facher Satz.
– Laborleistungen (**): 1,3-facher Satz.
• Bei erhöhter Abrechnung ist eine Begründung erforderlich, so z. B.:
– „Leistung am Notfallort und im Rettungstransportwagen“.
– „Besondere Dringlichkeit des Einsatzes“.
– „Technische Schwierigkeit der Versorgung“.
– „Schwere des Notfalls“.
– „Erhöhter Zeitaufwand für Notfallbehandlung“.

Die früher für Arbeits- und Wegeunfälle anzuwendende eigene Gebühren-


ordnung (UV-GOÄ) wurde am 1.10.2009 im Notarztdienst abgeschafft.
Sämtliche Berufsgenossenschaften eines Bundeslandes werden unter einer
einheitlichen Kassennummer zusammengefasst (z. B. in Bayern 71802). Die
entsprechenden Einsätze werden nach EBM abgerechnet.
  22.2 Abrechnung  743

Für eine Auflistung der wichtigsten GOÄ-Ziffern sowie klin. Beispiele ▶ An-
hang C.

22.2.3 Besondere Kostenträger
• Hartz-IV-Empfänger besitzen eine normale Krankenversicherung.
• Sozialhilfeempfänger (d. h. nicht mehr im erwerbsfähigen Alter befindlich
oder berufsunfähig): Das zuständige Sozialamt hat eine eigene Kassennum-
mer. Zusätzlich muss vom Sozialamt ein Behandlungsschein angefordert wer-
den, der zusammen mit der EDV-Abrechnung eingereicht werden muss.
• Besucher aus dem EU-Ausland: Der Pat. muss vorlegen (Dokumente nach
Möglichkeit kopieren): Europäische Krankenversicherungskarte (European
Health Insurance Card = EHIC) sowie Personalausweis bzw. Reisepass. Mit
den Daten aus diesen Dokumenten muss der NA die Vordrucke 80 und 81
ausfüllen (zu beziehen beim Kohlhammer-Verlag, Stuttgart) und an die AOK
schicken, die eine provisorische Versichertennummer zuteilt.
• Besucher aus Ländern außerhalb der EU müssen privat abgerechnet werden.
• Postbeamte: 22
– Postbeamtenkrankenkasse A: Abrechnung über die Kassenärztliche Ver-
einigung nach EBM.
– Postbeamtenkrankenkasse B: Abrechnung nach GOÄ. Ärztliche Leistun-
gen = 1,9-facher Satz, medizinisch-technische Leistungen = 1,5-facher
Satz, Labor = 1,15-facher Satz.
• Bundesbahnbeamte
– Beitragsklasse I, II und III: Abrechnung nach GOÄ. Ärztliche Leistungen
= 2,2-facher Satz, medizinisch-technische Leistungen = 1,8-facher Satz,
Labor = 1,15-facher Satz.
– Beitragsklasse IV: Abrechnung nach GOÄ („volle“ Privatpatienten).

22.2.4 Leichenschau
Die Liquidation der Leichenschau (▶ Anhang C, Beispiel 2: „Reanimation“) er-
folgt mittels Privatrechnung (GOÄ-Ziffer 100) an die Angehörigen (Adresse be-
reits am Notfallort notieren, bei unbekannter Leiche oder z. B. bei Verkehrsunfäl-
len von der Polizei ermitteln lassen).

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