Sie sind auf Seite 1von 8

8 Private Unfallversicherung*

8.1 Allgemeines

Die Versicherung der Risikofälle des Lebens wie Unfall, Krankheit, Alter, Tod ist
außerhalb und neben der gesetzlichen Unfallversicherung auch durch private Versi-
cherungsverträge möglich. Eine solche Versicherung wird auf Grund eines freiwil-
ligen Entschlusses sowohl des Versicherungsnehmers als auch des Versicherers, eine
entsprechende vertragliche Regelung zu treffen, abgeschlossen. Der Versicherungs-
vertrag ist demnach privatrechtlicher Natur. Für den Bereich der Unfallbegutach-
tung ist die auf einem solchen privatrechtlichen Vertrag beruhende Unfallversiche-
rung von Bedeutung. Art und Umfang dieser Versicherung richten sich im Prinzip
nach dem Versicherungsvertragsgesetz und nach den „Allgemeinen Unfallversiche-
rungsbedingungen (AUB 2008 s. Anhang 3). Die AUB 2008 entsprechen im wesent-
lichen den AUB 2000, die mit nur geringen Änderungen auf den AUB 94 und 88
basieren. Gegenstand des Vertrages ist die im Vertrag genannte AUB, wobei in der
privaten Unfallversicherung eine Anpassung der Altverträge häufig das Ziel der
Vertriebsaktivitäten ist. In der AUB 2008 wurde eine Anpassung an das neue Ver-
sicherungsvertragsgesetz und das allgemeine Gleichstellungsgesetz vorgenommen.
Es wurden Regelungen zu nicht versicherbaren Personen in der AUB gestrichen.
Ein erheblicher Teil der Bevölkerung ist heute privat unfallversichert; häufig besteht
eine Doppelversicherung. Die Bewertungsmaßstäbe und die Beurteilungskriterien
von Unfallfolgen unterscheiden sich jedoch in der privaten und gesetzlichen Unfall-
versicherung zum Teil erheblich. Die private Unfallversicherung soll den Verlust
oder die Minderung der Arbeitskraft in finanzieller Form ausgleichen. Die Höhe der
Ersatzleistung hängt von dem Grad der dauernden Beeinträchtigung der körperli-
chen oder geistigen Leistungsfähigkeit (Invalidität) einerseits und der Höhe der frei
vereinbarten Versicherungssumme andererseits ab. Sie ist grundsätzlich eine Sum-
menversicherung.
Zu beachten ist, dass es in der privaten Unfallversicherung neben den AUB 2008
noch Besondere Bedingungen und Zusatzbedingungen zu den AUB gibt. Die Beson-
deren Bedingungen werden entwickelt und angeboten, um für einen bestimmten
Kundenkreis aufgrund der besonderen Leistungen oder anderen Grundlagen der
Leistungsbemessung attraktiv zu sein. Beispiele dafür sind die Besonderen Bedin-
gungen für die verbesserte Bemessung des Invaliditätsgrades (BB verb. Gliedertaxe
– 96), die Besonderen Bedingungen für die verbesserte Berechnung der Invaliditäts-
leistung bei unfallbedingter Dienst- oder Berufsunfähigkeit des Versicherten (BB
Dienst-/Berufsunfähigkeit – 96) und die Besonderen Bedingungen für die Unfallver-
sicherung mit progressiver Invaliditätsstaffel (BB Progression 500 % – 96). Ebenso

* Unter Mitwirkung von Dipl. Volkswirt Norbert Neumann, Reha Assist Deutschland
GmbH, Meschede.

Bereitgestellt von | HELIOS Zentralbibliothek


Angemeldet
Heruntergeladen am | 28.09.14 11:56
Allgemeines 79

sind für Kinder Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Invaliditäts-Zusatz-


versicherung von Kindern (KIZ 2008) sowie die zuvor entwickelten Besonderen
Bedingungen in der Kinderunfallversicherung zu berücksichtigen, die den besonde-
ren Umständen des Kinderunfalls, ebenso aber deren besonderes Schutz- und Absi-
cherungsbedürfnis entsprechen, z.B. die Einbeziehung von Vergiftungen aufgrund
versehentlicher Einnahme von für Kinder schädliche Stoffen.

Einige der Leistungen (z.B. Krankenhaustage- und Genesungsgeld, Tagegeld) wer-


den nur für einen vertraglich vereinbarten Zeitraum erbracht. Dies gilt auch für
vertraglich zugesicherte Assistanceleistungen, z. B. sogenannte Alltagshilfen (Woh-
nungsreinigung, Essensservice) oder häusliche Pflegleistungen. Bei anderen Leistun-
gen muss die Unfallfolge (Invalidität, Tod) in einem bestimmten Zeitraum eingetre-
ten bzw. ärztlich festgestellt sein.

Gliedmaßenverlust und völlige Funktionsunfähigkeit einer Gliedmaße werden


gleich bewertet. Der Dauerschaden lässt sich in diesen Fällen i.d.R. schon nach
Abschluss der Behandlung bestimmen. So wird z.B. der Verlust einer Hand mit
55 % bewertet. Der Verlust des rechten wie des linken Daumens wird jeweils mit
20 %, der Verlust eines Zeigefingers mit 10 %, der Verlust eines der übrigen Finger
wie der Verlust einer Großzehe mit 5 % bewertet.

Bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit von mehreren der vorgenannten Körperteile


werden die Prozentsätze addiert. Ergibt die Addition mehr als 100 %, wird wie bei
einer Vollinvalidität abgefunden. Bei Teilverlusten oder teilweiser Funktionsunfä-
higkeit von Gliedmaßen bzw. Sinnesorganen werden die angegebenen Werte ent-
sprechend herabgesetzt. Die Teilbewertung ist dabei schwieriger als der volle Ver-
lust. Sie erfolgt nach funktionell-anatomischen Gesichtspunkten. Rechts oder links
ist ebenso wie der Beruf der Versicherten nicht von Bedeutung. Allerdings werden,
wie zuvor aufgezeigt, bei bestimmten Berufen die verbesserten Gliedertaxen verein-
bart, z.B. in medizinischen Berufen werden Verträge angeboten, die den Verlust
von Arm/Hand mit 100 % bewerten, den von Daumen/Zeigefinger mit 60 %.

Die Minderung der Funktionsfähigkeit einer Gliedmaße wird nicht in Prozentsät-


zen, sondern in Bruchteilen angegeben. In der Praxis hat sich die Angabe in Zehntel
bewährt; gebräuchlich sind aber auch 1⁄4, 1⁄3, l⁄2, 2⁄3 oder 3⁄4 des jeweiligen Gliedwertes.
Als Schadensregulierung ist eine einmalige Kapitalzahlung vorgesehen; bei Teil-
invalidität wird anteilig die versicherte Summe ausgezahlt. Bei vereinbarter Progres-
sionsleistung wird der Progressionsfaktor ab dem im Vertrag bestimmten Invalidi-
tätsgrad (z. B. bei 90 % gilt Faktor 6 der Auszahlung die sechsfache Summe) zu-
grunde gelegt. Bewertet und abgefunden wird der eingetretene Dauerschaden; er
umfasst das, was sich längstens 3 Jahre nach dem Unfall feststellen lässt. Alle später
möglichen oder wahrscheinlichen Verschlechterungen und Besserungen finden im
Gegensatz zu der gesetzlichen Unfallversicherung keine Berücksichtigung. Bei Ren-
tenleistungen ist eine regelmäßige Überprüfung des Invaliditätsgrades möglich, so-
fern dies vereinbart wurde.

Bereitgestellt von | HELIOS Zentralbibliothek


Angemeldet
Heruntergeladen am | 28.09.14 11:56
80 Private Unfallversicherung

8.2 Versicherter Personenkreis

Versicherer sind die in verschiedener Rechtsform bestehenden Versicherungsgesell-


schaften, soweit sie diese Art von Versicherung betreiben. Die Mittel werden durch
die Beiträge der Versicherungsnehmer beschafft. Versicherungsnehmer sind die
Personen, die mit dem Versicherer einen entsprechenden Vertrag geschlossen ha-
ben, für die Dauer des Vertrages. Ein solcher Vertrag ist auch für die Versicherung
von Unfällen möglich, die einem anderen als dem Versicherungsnehmer zustoßen.
Voraussetzung für das wirksame Zustandekommen einer Unfallversicherung ist die
Entrichtung des ersten Beitrages oder des vereinbarten Einmalbetrages. Eine ärztli-
che Untersuchung vor Abschluss eines Vertrages entfällt in der Regel bei Verträgen
im normalen Leistungsbereich, ab einer Versicherungssumme von ca. 1 Million €
erfolgt meist eine Gesundheitsprüfung, ggf. auch mit ärztlicher Untersuchung, auf
Verlangen und zu Lasten des Versicherers. Zuvor waren die Altverträge mit einem
Endalter ausgestattet, d. h. sie endeten automatisch mit der Vollendung des 70. oder
80. Lebensjahres, nach den AUB 2008 können beide Seiten die Verträge mit einer
Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Jahresende kündigen, ansonsten findet eine
automatische Prolongation des Vertrages um jeweils ein Jahr statt. Seniorenpro-
dukte sind grundsätzlich mit einem offenen Endalter ausgestattet und sichern den
Tatbestand Pflegebedürftigkeit als Unfallfolge leistungsmäßig ab. Soweit Versicher-
te nach Vertragsschluss versicherungsunfähig werden, erlischt der Versicherungs-
schutz. Der entrichtete Beitrag ist indes zurückzuzahlen.

8.3 Versicherungsfall

Versicherungsschutz wird gegen die Folgen der dem Versicherten während der Ver-
tragsdauer zustoßenden Unfälle gewährt. Im Gegensatz zur gesetzlichen Unfallver-
sicherung sind also auch Unfälle des täglichen Lebens einbegriffen; ein Zusammen-
hang mit einer bestimmten Tätigkeit oder Verrichtung ist nicht erforderlich. Es
besteht generell eine Weltdeckung, das heißt, anders als beim Arbeitsunfall ist der
geografische Ort des schädigenden Ereignisses für die Leistungsentscheidung ohne
Bedeutung. Der Begriff des Unfalls ist in § 1 Abs. 3 der AUB 2008 definiert und
lautet:
Ein Unfall liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren
Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erlei-
det.
Es stellen sich dem Gutachter damit zwei Grundfragen, die die Qualität des Gut-
achtens prägen*:

* S. 4 Qualitätssicherung bei Gutachten in der privaten Unfallversicherung, Herausgeber


Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, Berlin 2006, s. Anhang 3.2.

Bereitgestellt von | HELIOS Zentralbibliothek


Angemeldet
Heruntergeladen am | 28.09.14 11:56
Versicherungsfall 81

1. Liegt eine ursächlich auf den Unfall zurückzuführende dauernde Beeinträchti-


gung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit vor?
2. In welchem Ausmaß besteht die Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen
Leistungsfähigkeit aufgrund ausschließlich medizinischer Gesichtspunkte und ha-
ben unfallfremde Komponenten an der Gesundheitsschädigung oder ihren Folgen
mitgewirkt?
Außerdem ist bestimmt, dass unter den Versicherungsschutz fällt, wenn durch eine
erhöhte Kraftanstrengung an Gliedmaßen oder Wirbelsäule ein Gelenk verrenkt
wird oder Muskeln, Sehnen, Bänder oder Kapseln gezerrt oder zerrissen werden.
Unter den Versicherungsschutz fallen u.a. nicht:
a) Erkrankungen infolge psychischer Reaktionen
b) Vergiftungen infolge Einnahme fester oder flüssiger Stoffe durch den Schlund (Im
übrigen s. Nr. 5.2.5 der AUB 2008 im Anhang 3).
Eine Reihe von Tatbeständen werden von der Versicherung ausgeschlossen, wie
Unfälle durch Kriegsereignisse o.ä., Unfälle bei der vorsätzlichen Ausführung von
Straftaten, Heilmaßnahmen oder Eingriffen, soweit nicht durch ein Unfallereignis
veranlasst, Unfälle infolge von Schlaganfällen und Krampfanfällen, die den ganzen
Körper ergreifen, von Geistes- oder Bewusstseinsstörungen einschließlich solcher,
die durch Trunkenheit verursacht sind, soweit diese Anfälle oder Störungen nicht
durch ein unter die Versicherung fallendes Unfallereignis hervorgerufen worden
sind.
Der Versicherte muss den Unfall unfreiwillig erleiden. Vorsätzlich zugefügte Verlet-
zungen, wie Selbstbeschädigung, Selbstmord usw. sind daher keine Unfallereignisse
im Sinne der Unfallversicherungsbedingungen. Hierzu ist aber das Gesetz zur Än-
derung des Gesetzes über den Versicherungsvertrag vom 30.6.1967 von Bedeutung,
durch das in das Versicherungsvertragsgesetz § 180a eingefügt worden ist. Dieser
lautet:
„Hängt die Leistungspflicht des Versicherers davon ab, dass der Betroffene unfreiwillig eine
Gesundheitsbeschädigung erlitten hat, so wird die Unfreiwilligkeit bis zum Beweise des Ge-
genteils vermutet.
Auf eine Vereinbarung, durch die von den Vorschriften des Absatzes 1 zum Nachteil des
Betroffenen abgewichen wird, kann sich der Versicherer nicht berufen.“

Der Versicherer muss demnach beweisen, dass die erlittene Gesundheitsbeschädi-


gung nicht unfreiwillig war.
Auch im Bereich der privaten Unfallversicherung wird der Gutachter sich mit der
Frage auseinandersetzen müssen, ob bei den Unfallfolgen andere mitwirkende Fak-
toren von Bedeutung sind. Wenn bei den Unfallfolgen Krankheiten oder Gebrechen
mitgewirkt haben, so ist nach den AUB die Leistung aus der Unfallversicherung
entsprechend dem Anteil dieser Krankheiten oder Gebrechen zu kürzen. Der Anteil
muss aber mindestens 25 v.H. betragen.

Bereitgestellt von | HELIOS Zentralbibliothek


Angemeldet
Heruntergeladen am | 28.09.14 11:56
82 Private Unfallversicherung

Handelt es sich um Schädigungen an Bandscheiben sowie Blutungen aus inneren


Organen oder um Gehirnblutungen, so leistet der Versicherer nur dann, wenn für
diese Schäden die überwiegende Ursache ein Versicherungsfall, nicht aber eine in-
nere Erkrankung oder ein Gebrechen gewesen ist. Bauch- oder Unterleibsbrüche
werden nur dann entschädigt, wenn sie durch eine gewaltsame, von außen kom-
mende Einwirkung entstanden sind.
Die Entschädigung von Unfallneurosen, d. h. von psychischen oder nervösen Stö-
rungen, die im Anschluss an einen Unfall eintreten, werden anders als in der gesetz-
lichen Unfallversicherung behandelt. Solche Störungen werden nur dann entschä-
digt, wenn sie auf eine durch den Unfall verursachte organische Erkrankung des
Nervensystems oder auf eine durch den Unfall neu entstandene Epilepsie zurückzu-
führen sind. Da die Invalidität innerhalb eines Jahres eingetreten sein und vor Ab-
lauf von weiteren drei Monaten ärztlicherseits festgestellt und geltend gemacht
worden sein muss, schließt dies vom Zeitablauf her die Einbeziehung bestimmter
Verschlimmerung aus, ebenso werden mögliche positive Verbesserungen der Funk-
tionalität möglicherweise außer Betracht bleiben.

8.4 Leistungen

Die private Unfallversicherung kennt nur Geldleistungen. Einzelne Gesellschaften


bieten inzwischen ergänzende Beratungsleistungen einschließlich einen Rehabilita-
tions-Managements von medizinischen Unfallfolgen an sowie psycho-traumatolo-
gische Beratung. Die Höhe der Geldleistungen hängt von der bei Abschluss der
Versicherung vereinbarten Entschädigungssumme und von dem Umfang der Unfall-
folgen ab. Die Todesfallentschädigung wird durch die versicherte Todesfallsumme
bestimmt. Bei der sogenannten Invaliditätsentschädigung, d. h. also bei Leistungen
wegen einer Beeinträchtigung infolge eines Unfalls, wird die Ganzinvalidität und
die Teilinvalidität unterschieden. Dabei werden die folgenden durch die allgemei-
nen Unfallversicherungsbedingungen bestimmten Invaliditätsgrade angenommen.
Diese lauten:
a) bei Verlust v. H.
eines Armes im Schultergelenk 70
eines Armes bis oberhalb des Ellenbogengelenkes 65
eines Armes unterhalb des Ellenbogengelenkes 60
einer Hand im Handgelenk 55
eines Daumens 20
eines Zeigefingers 10
eines anderen Fingers 5
b) bei Verlust
eines Beines über Mitte des Oberschenkels 70
eines Beines bis zur Mitte des Oberschenkels 60

Bereitgestellt von | HELIOS Zentralbibliothek


Angemeldet
Heruntergeladen am | 28.09.14 11:56
Leistungen 83

v. H.
eines Beines bis unterhalb des Knies 50
eines Beines bis zur Mitte des Unterschenkels 45
eines Fußes im Fußgelenk 40
einer großen Zehe 5
einer anderen Zehe 2
eines Auges 50
des Gehörs auf einem Ohr 30
des Geruchs 10
des Geschmacks 5
Die vollständige Funktionsunfähigkeit eines Körperteils oder Sinnesorgans hat den
gleichen Invaliditätsgrad wie der Verlust. Handelt es sich um einen teilweisen Ver-
lust oder eine teilweise Funktionsunfähigkeit, so wird der entsprechende Teil des
Satzes angenommen.
Soweit sich der Invaliditätsgrad nicht nach den festen Sätzen bestimmen lässt, ist
bei der Bemessung des Invaliditätsgrades in Betracht zu ziehen, inwieweit die nor-
male körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit unter ausschließlicher Berücksich-
tigung medizinischer Gesichtspunkte beeinträchtigt ist (2.1.2.2.2 AUB 2008).
Bei der Ganzinvalidität erhält der Versicherte die volle, bei Teilinvalidität den dem
Grade der Invalidität entsprechenden Teil der Versicherungssumme für den Invali-
ditätsfall. Wenn aber ein Unfall innerhalb eines Jahres vom Unfalltag an gerechnet
zum Tode führt, so wird als Entschädigung nur die versicherte Todesfallsumme
geleistet. Die als dauernde Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit bezeichnete Inva-
lidität als Unfallfolge muss innerhalb eines Jahres vom Unfalltage an gerechnet
eingetreten sein. Bei der Bemessung der Invalidität sind körperliche und geistige
Funktionsbeeinträchtigungen, die vor dem Unfall bereits bestanden, als Abzug in
Höhe dieser Vorinvalidität berücksichtigt (2.1.2.2.3 AUB 2008). In vielen Verträ-
gen wird anstelle oder in Ergänzung der Einmalsumme eine Unfallrente auf Lebens-
zeit vereinbart. Üblicherweise beginnt sie ab einem Invaliditätsgrad von 50 %. Ab
einem Invaliditätsgrad von 90 % kann eine Verdoppelung des monatlichen Renten-
betrages vorgesehen sein. Starken Zuspruch finden auch die sogenannten Verträge
mit Progressionsstaffel. Die Invaliditätssumme bzw. die Rentenzahlung wird im
Leistungsfall bei Erreichen bestimmter Invaliditätsgrade erhöht, bei Vollinvalidität
auf einen maximalen Betrag von 400 bzw. 500 % der vereinbarten Versicherungs-
summe. Diese Steigerungen bei hohen Invaliditätsgraden führen zu sehr hohen
Kapitalbeträgen, während bei niedrigen Invaliditätsgraden, die häufiger festgestellt
werden, die normalen Versicherungssummen vereinbart wurden. Neben der Ent-
schädigung für Todesfall und Invalidität können auch Tagegelder-, Krankenhaus-
tagegelder und Heilkostenversicherungen abgeschlossen werden, häufig sind So-
forthilfen vereinbart. Ein wichtiger Baustein im Leistungsbereich sind die Pflegeun-
fallrenten bei Seniorenprodukten.

Bereitgestellt von | HELIOS Zentralbibliothek


Angemeldet
Heruntergeladen am | 28.09.14 11:56
84 Private Unfallversicherung

8.5 Ärztliches Berichtswesen

Grundsätzlich ist jedes Unternehmen frei in der Wahl seiner Vordrucke und ärztli-
chen Berichte bzw. Gutachten. Der Gesamtverband der deutschen Versicherungs-
wirtschaft e.V. hat jedoch zur effizienteren Abwicklung der Zusammenarbeit mit
den Ärzten die CUBUS-Software entwickelt. CUBUS steht für computerunterstütz-
tes Berichtswesen Unfall/Schaden und soll das ärztliche Berichtswesen in der priva-
ten Unfallversicherung steuern. Der Arzt kann mit dem angebotenen System die
Berichte selbst am PC erstellen oder wie gewohnt diktieren und schreiben lassen.
Die CUBUS-Berichte stehen auch in Papierform zur Verfügung. Der Berichtsrah-
men wird vom Versicherer aus 16 Bausteinen zusammengestellt, mit denen gezielt
die benötigten Informationen abgefragt werden. Das Programm enthält zusätzliche
Hilfetexte, die dem Arzt Erläuterungen zu den AUB und Hilfestellungen für die
Erstellung seines Berichtes geben. Die Erläuterungen helfen dem Arzt, die versiche-
rungsrechtlichen Probleme besser zu verstehen. Zudem gibt das Programm bei be-
stimmten unplausiblen Antworten Hinweise und Fehlermeldungen. Sie erscheinen
automatisch und fordern zu einer Überprüfung der Antwort auf.
Der ärztliche Bericht soll so möglichst AUB-konform erstellt werden. Es ist für den
Arzt zweckmäßig, wenn nicht sogar notwendig, dass Programm auf dem Rechner
zu installieren, um so die Eingaben direkt am Bildschirm vornehmen zu können.
Dies ist für die ärztliche Gutachter die wirtschaftlichste Form der Berichterstattung.
Das Programm kann technisch problemlos und kostenfrei von der Homepage des
GDV (Gesamtverband der Versicherungswirtschaft e. V., http://www.gdv.de) he-
runtergeladen werden. Es ist allerdings auch als CD-ROM beim GDV in Berlin
erhältlich (Anschrift: GDV, Friedrichstr. 191, 10117 Berlin). Grundsätzlich wäre es
auch möglich, die Berichte per e-mail zu versenden. Hiergegen bestehen jedoch
noch erhebliche Datensicherheitsbedenken. Auch in technischer Hinsicht sind die
Bedingungen sowohl bei den Ärzten, den Krankenhäusern als auch den Versiche-
rungsunternehmen noch zu unterschiedlich, um diesen Weg zu beschreiten.

8.6 Verfahren

Der Versicherte hat gegenüber dem Versicherten bei Eintritt eines Unfalls verschie-
dene Verpflichtungen. Er muss einen Unfall, der voraussichtlich eine Entschädi-
gungspflicht herbeiführt, unverzüglich anzeigen. Falls der Tod Folge eines Unfalls
ist, muss die Anzeige spätestens innerhalb von 48 Stunden telegraphisch erfolgen.
Der Versicherte muss gemäß Nr. 71 der AUB 2008 unverzüglich nach dem Unfall
einen Arzt zuziehen, ferner muss er sich der ärztlichen Behandlung bis zum Ab-
schluss des Heilverfahrens regelmäßig unterziehen. Er muss für angemessene Kran-
kenpflege und nach Möglichkeit für Abwendung und Minderung der Unfallfolgen
sorgen. Er ist verpflichtet, entsprechende Vordrucke im Versicherungsfall auszufül-
len (Schadenanzeigen) und alle verlangten sachdienlichen Auskünfte zu erteilen.

Bereitgestellt von | HELIOS Zentralbibliothek


Angemeldet
Heruntergeladen am | 28.09.14 11:56
Verfahren 85

Den behandelnden Arzt muss der Versicherte von der Schweigepflicht entbinden
und alle mit dem Unfall beschäftigten Stellen ermächtigen, dem Versicherer auf
Verlangen Auskunft zu erteilen. Außerdem ist der Versicherte verpflichtet, den vom
Versicherer bezeichneten Arzt zur Untersuchung aufzusuchen.
Der Versicherer seinerseits ist verpflichtet, nach Vorlage der Unterlagen sich spätes-
tens innerhalb eines Monats darüber zu erklären, ob er den Anspruch auf die To-
desfallsumme, Tagegeld oder Heilkosten und wieweit er ihn anerkennt. Bei der
Invaliditätsentschädigung beträgt diese Frist 3 Monate.
Bei Meinungsverschiedenheiten über Art und Umfang der Unfallfolgen oder darü-
ber, ob und in welchem Umfang der eingetretene Schaden auf den Versicherungsfall
zurückzuführen ist, kann der Versicherte Klage vor den ordentlichen Gerichten
erheben.

Tipps
Grimm, W., Unfallversicherung, AUB-Kommentar, 3. Auflage, Verlag CH-Beck
München 2000.
Hinweise für die Prüfung der Pflegebedürftigkeit und für die Bemessung des Invali-
ditätsgrades sowie der Leistungsbeeinträchtigung in der privaten Unfallversiche-
rung, Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV).
Spier, R., Japtok, H.-IJ., Grundbegriffe der Unfallmedizin (u.a. Gutachten), 2. Auf-
lage, Verlag Versicherungswirtschaft Karlsruhe, 1998.
Zeitschrift Versicherungsmedizin, Prognose, Therapie, Begutachtung, Verlag Versi-
cherungswirtschaft Karlsruhe, Telefon 07 21 / 3 50 90, Fax 07 21/ 318 33 und www.
vvw.de.

Bereitgestellt von | HELIOS Zentralbibliothek


Angemeldet
Heruntergeladen am | 28.09.14 11:56

Das könnte Ihnen auch gefallen