PÄDAGOGISCHE PSYCHOLOGIE
DES LEHRENS UND LERNENS
Münchner Skript 2.0
Gaby Loicht
2016
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis .................................................................................................................... 1
Überblick .................................................................................................................................. 5
1. Grundprozesse des Lernens ..................................................................................................................... 6
1.1. Überblick Lernen .......................................................................................................... 6
1.2. Auffassungen über Lernen .......................................................................................... 9
1.2.1. Lernen als Assoziationsbildung .....................................................................................................................9
1.2.2. Lernen als Verhaltensänderung ....................................................................................................................9
1.2.3. Lernen als Wissenserwerb/Informationsverarbeitung ......................................................................... 10
1.2.4. Lernen als Konstruktion von Wissen .......................................................................................................... 11
1.3. Theorien des Lernens ................................................................................................. 11
1.4. Behavioristische Lerntheorien .................................................................................... 12
1.4.1. Klassisches Konditionieren .......................................................................................................................... 13
1.4.2. Instrumentelles Lernen .................................................................................................................................. 27
1.4.3. Operantes Konditionieren .......................................................................................................................... 28
1.4.4. Vergleich Klassisches und Operantes Konditionieren ........................................................................... 46
1.4.5. Erlernte Hilflosigkeit ..................................................................................................................................... 47
1.5. Sozial-kognitive Lerntheorie (Lernen am Modell) ...................................................... 50
1.5.1. Unterschiede kognitive Lerntheorie/behavioristische Lerntheorie ..................................................... 52
1.5.2. Reziproker Determinismus........................................................................................................................... 53
1.5.3. Einflussfaktoren des Beobachtungslernens .............................................................................................. 54
1.5.4. Vier-Prozess-Modell des Beobachtungslernens ..................................................................................... 54
1.5.5. Wirkungen des Beobachtungslernens / Verstärkungslernens ............................................................. 58
1.5.6. Unterschiede Beobachtungslernen und Verstärkungslernen ................................................................ 59
1.5.7. Effekte des Modelllernens .......................................................................................................................... 60
1.5.8. Anwendungsbeispiele von Modelllernen ................................................................................................. 62
1.6. Abgrenzung operantes Konditionieren und Modelllernen ......................................... 64
1.7. Kognitive Lerntheorien .............................................................................................. 64
1.7.1. Kognitivismus vs. Behaviorismus ................................................................................................................. 64
1.7.2. Kognitive Sichtweise des Lernens .............................................................................................................. 65
1.8. Konstruktivistische Lerntheorien ................................................................................ 65
1.8.1. Formen des Konstruktivismus ...................................................................................................................... 65
2. Gedächtnis ............................................................................................................................................... 66
2.1. Gedächtnisprozesse................................................................................................... 67
2.2. Gedächtnismodelle .................................................................................................... 67
2.2.1. Mehrspeichermodell/Drei-Speicher-Modell ........................................................................................... 67
2.2.2. Arbeitsgedächtnismodell nach Baddeley & Hitch ................................................................................. 79
2.2.3. Ein-Speicher-Modell/Theorie der Verarbeitungstiefe ......................................................................... 81
3. Wissenserwerb ........................................................................................................................................ 83
3.1. Wissensarten des Langzeitgedächtnisses .................................................................. 84
3.2. Überblick Wissensarten, Repräsentation, Wissenserwerb .......................................... 84
3.3. Repräsentation Deklaratives Wissen.......................................................................... 85
3.3.1. Begriffe .......................................................................................................................................................... 86
3.3.2. Vorstellungsbilder ........................................................................................................................................ 90
3.3.3. Propositionen ................................................................................................................................................. 92
3.3.4. Schemata ....................................................................................................................................................... 93
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Überblick
Assoziatives Lernen
Klassisches Konditionieren
Behavioristische
erlernte Hilflosigkeit
Gedächtnis
Gedächtnis- und
Lernhilfen
Denken/Problemlösen
Problemlösen
Transfer
Instruktion/Unterrichtsqualität
Instruktion
Unterrichtsqualität
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1.1 Überblick Lernen
Eine Definition, die alle Aspekte des Lernens umfasst ist nicht bekannt
Definition: Lernen ist ein Prozess, der in einer relativ konsistenten Änderung des Verhaltens
oder im Verhaltenspotentials resultiert und auf Erfahrung aufbaut. […] Lernen ist nicht direkt
zu beobachten, es muss aus der Leistung, also dessen Ausdruck im beobachtbaren Verhalten,
erschlossen werden. (Zimbardo, 2008)
Definition Lernen: „Lernen ist ein Prozess, bei dem es zu überdauernden Änderungen im
Verhaltenspotenzial als Folge von Erfahrungen kommt.“ (Hasselhorn & Gold, 2013)
Def. Lernen: Von Lernen wird gesprochen, wenn es auf der Grundlage von Erfahrung
(selbst Erlebtem oder Wahrgenommenem) beabsichtigt oder unbeabsichtigt zu einer relativ
dauerhaften Veränderung im Wissen oder Verhalten des Individuums kommt (Seidl &
Krapp, 2014).
Lehren und Lernen stehen in unmittelbarem Zusammenhang. Man kann keinen der beiden
Prozesse einzeln für sich behandeln!
6
1.1 Überblick Lernen
Die vier Hauptströmungen im Überblick:
LERNEN ALS ASSOZIATIONSBILDUNG (1) LERNEN ALS VERHALTENSÄNDERUNG (2)
Assoziation zwischen Reizen und Assoziation zwischen Reizen Verhaltensänderung durch Verhaltensänderung durch
Reaktionsimpulsen Verstärkungskontingenzen Beobachtung
Thorndike (1989, 1913) Pawlow Gründer: Watson, Skinner Albert Bandura
Vertreter
Klassisches Konditionieren Operantes Konditionieren Lernen am Modell
Lerntheorien
Vorläufer Behaviorismus Behaviorismus Behaviorismus Sozial-kognitive Lerntheorie
Strömung
Verknüpfung bzw. Verbindung Räumlich-zeitliche Kontiguität Kernannahmen: Stellvertretendes Lernen,
(Assoziation) zwischen zweier Sinneseindrücke - Lernen gleichzusetzen mit stellvertretende Verstärkung
Sinneseindrücken oder Reizen und sichtbaren Verhaltensänderungen
Handlungs- oder Reaktionsimpulsen - Verknüpfung von Umweltreizen
und Verhaltensweisen
Grundlage Aufbau von Verhaltensweisen stark
durch Reiz-Reaktions-Kontingenzen
beeinflussbar
- Gesetz der Bereitschaft - Kontrollphase Lernen durch Einsatz von Lernen durch Beobachtung von
- Gesetz der Übung - Kodierungsphase Verstärkung/Bestrafung Verhaltens/Auswirkungen auf
Lernvorgang
- Gesetz des Effekts - Löschungsphase Verhalten
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1.1 Überblick Lernen
LERNEN ALS WISSENSERWERB (3) LERNEN ALS KONSTRUKTION VON WISSEN (4)
Vertreter Atkinson & Shiffrin; Baddeley Piaget, Bartlett, Aebli
Lerntheorien Informationsverarbeitungsmodelle des menschlichen Gedächtnisses
Strömung Kognitive Lerntheorien Konstruktivismus
Annahmen über die inneren (mentalen) Prozesse und Mechanismen des - Individueller Aufbauprozess (anstatt mechanischer
Verstehens und Erinnerns von Informationen spielen eine wichtige Rolle Abbildungsprozess)
Grundlagen
- Fokus liegt mehr auf Verstehen, als auf Behalten von
Informationen
- Wie wird Wissen erworben? Eher Variante als eine Alternative zur Auffassung von Lernen als
- Wie ist Wissen repräsentiert? Wissenserwerb
- Was erleichtert den Erwerb von Wissen?
Sonstige Infos
- Was beeinträchtig den längerfristigen Zugriff auf erworbenes
Wissen?
- Wie lässt sich die Verfügbarkeit von Wissen erhöhen?
8
1.2 Auffassungen über Lernen
Definition Lernen: Lernen ist ein Prozess, der zu relativ stabilen Veränderungen im
Verhalten oder im Verhaltenspotential führt und auf Erfahrung (bzw. Übung oder
Beobachtung) aufbaut. Lernen ist nicht direkt zu beobachten, es muss aus Veränderungen des
zu beobachtbaren Verhaltens erschlossen werden (Zimbardo, 2008).
Definition Lernen: Lernen ist der Sammelname für Vorgänge, Prozesse oder nicht
unmittelbar beobachtbare Veränderungen im Organismus, die durch „Erfahrung“ entstehen
und zu Veränderungen des Verhaltens führen (Bergius, 1971).
9
1.2 Auffassungen über Lernen
1.2.2.2. Modelllernen
Lernen ist der Prozess, durch den deklaratives (Begriffe, Schemata, Regeln = Sachverhalte)
und prozedurales Wissen (psychomotorische, kognitive Fähigkeiten = Fertigkeiten, z.B.
Autofahren) über die Welt sowohl aufgrund externer Anregungen wie auch durch die
Eigenaktivität des Lernens entsteht oder verändert wird.
verbal (sprachlich)
ikonisch (begrifflich
oder bildlich)
Hierzu gehören:
Gedächtnismodelle
Wissenserwerb
Lernstrategien (Gedächtnis- und Lernhilfen)
11
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Operantes Konditionieren:
Aufmerksamkeitsstörungen,
aggressives Verhalten
Betonung der Interaktion Modelllernen
von Individuum und
Einflüssen der sozialen
Sozial-kognitive
Umwelt als Ursache für
Veränderungen von
Kognition und Verhalten
Beschreibung von Lernen als Gedächtnis
Ergebnis der
Informationsverarbeitung Informationsverarbeitung Wissenserwerb
(kognitive Theorien) durch Aufmerksamkeit,
Gedächtnis und
Denkprozesse
Verständnis von Lernen als Gedächtnis
kognitive Konstruktion von
Kognitiv-
Wissen und Verständnis, die Wissenserwerb
konstruktivistische
von den Lernenden selbst
ausgeht
Verständnis von Lernen als
Ergebnis sozialer und
kooperativer Konstruktion
Sozial-konstruktivistisch von Wissen und Verständnis,
die aus der Interaktion
mehrerer Lernender
hervorgeht
Definition Behaviorismus: Behaviorismus ist ein wissenschaftlicher Ansatz, der das Feld der
Psychologie auf messbares, beobachtbares Verhalten reduziert (Gerrig & Zimbardo, 2008).
12
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Der Behaviorismus ist eine Richtung der objektiven Psychologie: Die Lehre vom Verhalten, von
Handlungen und Reaktionen. Behaviorismus konzentriert sich alleine auf nach außen
erkennbare Verhaltensweisen /Handlungen / Reaktionen und ignoriert dabei nach innen
gerichtete Reaktionen.
Klassisches Konditionieren ist eine Form des assoziativen Lernens, bei der ein neutraler
Reiz mit einem bedeutungsvollen, unkonditionierten Reiz wiederholt dargeboten wird.
Hierdurch wird der ursprüngliche neutrale Reiz konditioniert und kann auch ohne den
unkonditionierten Reiz die nun konditionierte Reaktion hervorrufen (Seidl & Krapp, 2014).
13
1.4 Behavioristische Lerntheorien
NS (Neutraler Stimulus)
• ursprünglich unbedeutender Reiz, der bisher keine Reaktion hervorgerufen hat
CS (Konditionierter Stimulus)
• Ein Reiz, der eine emotionale oder physiologische Reaktion nach einem Konditionierungsvorgang hervorruft
Lernen
Kontiguität Kontingenz einer Reiz-
Raktions-
Verbindung
Bsp.: Nur dann, wenn Glockenton unmittelbar vor der Futterdarbietung erklingt, kann er zum konditionierten
Stimulus (CS) werden.
14
1.4 Behavioristische Lerntheorien
UCS UCR
Nahrung Lidschlussreflex
Schmerzreiz Angstreaktion
Tadel Furcht
Erklärung: Durch einen angeborenen Reiz (UCS) muss auf Seiten des Lernenden ein
natürlicher Reflex (UCR) erfolgen
NS Keine Reaktion
Schule
Glockenton
Lehrer
1.4.1.2.2. KONDITIONIERUNGSPHASE
NS UCS UCR
CS CR
Lehrer Furcht
15
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Erklärung: Durch die oben erfolgte wiederholte Paarung des NS mit dem UCR wird der NS
zu einem konditionierten Auslöser (CS), der eine konditionierte Reaktion (CR) hervorruft
1.4.1.2.4. BEISPIEL
Beim klassischen Konditionieren wird keine neue Reaktion gelernt, es entsteht lediglich eine
neue Reiz-Reaktions-Verbindung!
Nach dem Experiment des Physiologen Iwan Pawlow (1849 – 1936) lässt sich das oben
beschriebene Prinzip des klassischen Konditionierens bei einem Hund zeigen.
16
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Nach der Konditionierung setzte der Speichelfluss schon beim Glockenton ein. Nach
Verbindung des UCS mit dem NS folgt tatsächlich eine konditionierte Reaktion (CR) auf den
Glockenton (danach CS).
1.4.1.4.1. ERWERB
Zeitliche Anordnungsmöglichkeiten:
17
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Fazit: Klassisches Konditionieren ist komplexer als Pawlow angenommen hatte: Ein NS wird
nur dann ein effektiver CS, wenn er kontingent und informativ ist.
1.4.1.4.2. REIZGENERALISIERUNG
Reizgeneralisierung = automatische Erweiterung der Reaktion auf Stimuli, die nie mit dem
ursprünglichen UCS gepaart wurden (Gerrig & Zimbardo, 2008).
Je ähnlicher der Reiz dem ursprünglichen CS ist, desto stärker die Reaktion (
Generalisierungsgradient)
Generalisierung ist in der Natur eine Art Sicherheitspolster: neue aber vergleichbare
Ereignisse bekommen dieselbe Bedeutung gleiche Reaktion
Bsp.: Raubtier gibt einen anderen, aber ähnlichen Laut von sich das Beutetier erkennt die Gefahr und
reagiert entsprechend
1.4.1.4.3. REIZDISKRIMINATION
18
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Beispiel: Maus läuft nur vor getigerten Katzen weg, aber nicht vor braunen Katzen.
CR geht verloren, wenn über einen längeren Zeitraum lediglich CS angeboten wird und
dadurch nicht mehr mit dem UCS in Verbindung gebracht werden kann CR wird dadurch
im Verlaufe der Zeit immer schwächer bis er schließlich ausbleibt.
Weitere Begrifflichkeiten:
Spontane Remission: Gelöschte Reaktion ist verhaltenstheoretisch aus den Augen, aber
kognitiv nicht aus dem Sinn CR tritt nach Ruhephase in schwacher Form wieder auf, wenn
wieder nur der CS angeboten wird
Generell ist es schwieriger eine konditionierte Reaktion vollständig zu löschen als sie zu
erwerben!
NS, der mit einem zuvor etablierten CS1 assoziiert wird, wird in der Folge zu einer ebenfalls
CR führen und demgemäß als CS2 (konditionierter Stimulus höherer Ordnung) angesehen.
Durch Konditionierung hat der CS einiges von der Macht des biologisch bedeutsamen UCS
übernommen (da er nun die Reaktion CR auslösen kann) CS ist in gewissem Sinne zum
Stellvertreter des UCS geworden
19
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Nun können konditionierte Reize eingesetzt werden, um einen weiteren Reiz zur Auslösung
der gleichen Reaktion zu konditionieren.
Es ist auch möglich, zwei Reize VOR der Konditionierung miteinander zu verknüpfen:
Späterer CS1 und CS2 werden nun vor dem Aufbau einer Konditionierung miteinander
gekoppelt.
20
1.4 Behavioristische Lerntheorien
o Nicht mehr daran gebunden, dass ein biologisch relevanter Reiz auftritt
o Verhaltensreaktionen sind durch ein unbegrenztes Repertoire von Reizen
kontrollierbar
o Konditionieren umfasst nicht nur die Entwicklung einer Verhaltensreaktion,
sondern auch Assoziationen zwischen Reizereignissen, die als Signale von Lust
und Schmerz neu bewertet werden
o Wichtiger Prozess für das Verständnis vieler Arten komplexen menschlichen
Verhaltens
1.4.1.5. Anwendungsbereiche
Ziel: Nachweis, dass viele Furchtreaktionen als eine Paarung aus einem NS mit etwas
natürlich Furchtauslösendem verstanden werden können.
21
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Ergebnis: Nach wiederholter Kopplung zeigte Albert auf den Reiz „Ratte“ die
konditionierte Reaktion Angst.
Konditionierte Furchtreaktionen können über Jahre hinweg anhalten, auch wenn der
ursprüngliche furchteinflößende UCS nie wieder Auftritt.
Kann folglich nur sehr schwer wieder gelöscht werden.
Ist intensive Angst beteiligt, dann kann es sogar nach nur einmaliger Koppelung des NS mit
UCS zur Konditionierung kommen (z.B. Autounfall bei Regen Panik bei Regen im Auto).
22
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Ausgangslage:
Peter (3 J.) hat Angst vor weißen Ratten und hatte diese Angst auch auf andere Objekte
übertragen (Kaninchen, Wattebällchen, Pelzmäntel)
Ablauf:
1) Tag 1: Ratte (CS) in einem Käfig im Zimmer Furcht (CR), aber relativ weit weg
von Peter. Kind bekam währenddessen Eis (UCS) angenehme Reaktion (UCR)
3) Nach mehreren solcher Sitzungen: Peter hatte jegliche Angst vor dem Tier verloren
1.4.1.5.2.2. Extinktion
Methode: Menschen durch geeignete Übungen zur völligen Entspannung bringen und in
diesem Zustand mit dem furchtauslösenden Reiz konfrontieren Überwindung der Furcht
(Methode war erfolgreich!)
furchteinflößenden Situation
2) Erlernen der Entspannungstechnik
3) Durcharbeiten der Angsthierarchie auf rein mentaler Ebene; dabei Einsatz von
Entspannungstechniken (wenn Angstgefühl einsetzt)
23
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Einsatzmöglichkeiten:
Malleson, 1959 hat das Flooding-Verfahren erfolgreich bei Prüfungsangst angewandt.
1.4.1.5.2.5. Aversionstherapie
Beispiel Alkoholiker:
1.4.1.5.3. SCHULBEISPIELE
24
1.4 Behavioristische Lerntheorien
25
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Maßnahmen im Unterricht:
26
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Assoziatives Lernen: Aufgrund einer raumzeitlichen Nähe zwischen einem Reiz (Stimulus =
S) und einer Reaktion (= R) wird jegliche Reaktion, die mit einem Reiz wiederholt in
Kontiguität stand, auch in Zukunft durch diesen Reiz ausgelöst
Erkenntnis basiert dieser Theorie zufolge auf den sinnlichen Erfahrungs- bzw.
Vorstellungsassoziationen, deren elementarste Form die
Räumliche und zeitliche Berührung von Ereignissen (Kontiguität) darstellt,
die aber auch durch wahrgenommene Gleichheit oder Ungleichheit (Gesetz der
Ähnlichkeit bzw. des Kontrasts)
und durch die Wahrnehmung einer zeitlichen Abfolge (Gesetz der Kausalität)
zustande kommen können
Versuchsablauf:
♦ Hungrige Katze wurde in einen Käfig gesperrt, vor dem Futter stand
27
1.4 Behavioristische Lerntheorien
♦ Durch einen Tritt auf eine Taste konnte das Versuchstier die Tür öffnen und somit an
das Futter gelangen
♦ Katze zeigte zuerst spontane Verhaltensweisen, um sich zu befreien (z.B. Kratzen an
den Gitterstäben)
Katze zeigte sogenannte trail & error-Versuche (Lernen durch Versuch und
Irrtum)
♦ Zufälliger Tritt auf die Taste Tür öffnet sich Katze gelangt an das Futter
1. Gesetz der Bereitschaft: motivationale Bereitschaft, durch die ein Lerner dazu neigt,
etwas als angenehm oder unangenehm zu empfinden.
2. Gesetz der Übung: Stärkung einer Verknüpfung durch Übung Schwächung einer
Verknüpfung durch Nicht-Übung
3. Gesetz des Effekts (law of effect): zentrale Erfahrung. Kraft eines Stimulus wird
verstärkt, wenn der Reaktion eine Belohnung folgt und geschwächt, wenn keine
Belohnung folgt. Bestrafung hat kaum einen Effekt.
Ergebnis: Lernen ist keine Assoziation zwischen zwei Reizen, sondern zwischen Reizen
(Stimuli) und einer Reaktion (R), gelernt wird durch eine S-R-Verbindung
Operantes Konditionieren ist eine Form des Lernens, bei der die positiven oder negativen
Konsequenzen eines bestimmten Verhaltens die Auftretenswahrscheinlichkeit dieses
Verhaltens erhöhen bzw. verringern (Seidl & Krapp, 2014).
28
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Operant = jedes Verhalten, das von einem Organismus gezeigt wird und anhand seiner
beobachtbaren Effekte auf die Umwelt des Organismus beschrieben werden kann. (wörtlich:
Operant: die Umwelt beeinflussend)
Der Lernpsychologe Burrhus Frederic Skinner setzte sich mit den Arbeiten Thorndikes
auseinander.
Unterschied zu Thorndike: Nicht nur Beobachtung, sondern Kontrolle des Verhaltens mithilfe
einer vorausgehenden Reizbedingung.
Seine grundlegende Frage war jedoch nicht wie bei Thorndike, unter welchen Bedingungen
sich das Verhalten verändern lässt, sondern wie sich das Verhalten unter Kontrolle bringen
lassen kann durch vorausgegangenen Reiz.
Futterpille für die Ratte durch Drücken des Hebels keinen Einfluss jedoch auf den
Zeitpunkt des Drückens
Zusätzlich vorausgehende Reizbedingung (= diskriminativer Reiz, z.B. Lichtquelle)
Ratte erhält nur Futter (S+) wenn die Lichtquelle (S) eingeschaltet ist
Tier lernt somit den Hebel nur zu drücken, wenn das Licht angeschaltet ist
29
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Lernen durch Konsequenzen; Das Verhalten (R) ist durch vorangehenden Reiz
kontrollierbar
Schema:
Diskriminativer Reiz: Die Reize, die einer Situation vorangehen, erlangen durch Assoziation
mit Verstärkung oder Bestrafung die Funktion, das Verhalten festzulegen Organismen
lernen, dass ihr Verhalten bei manchen Reizgegebenheiten, nicht jedoch bei anderen eine
bestimmte Wirkung (Verstärkung/Bestrafung) hat (Holland & Skinner, 1971).
Diskriminativer Reiz: Reiz, der auf ein erwünschtes Verhalten hinweist (Woolfolk, 2014).
Beispiele:
- andere Reaktion bei roter als bei grüner Ampel
- Kind soll im Unterricht ruhig sitzen, darf aber in den Pausen laut und rege sein
Unter Laborbedingungen kann bei Vorliegen diskriminativer Reize durch die Manipulation
der Verhaltenskonsequenzen das Verhalten eines Organismus weitgehend kontrolliert
werden.
Bsp.: Tauben können Körner nach dem Picken auf eine Scheibe nur gegeben werden, wenn grünes Licht
erscheint, und nicht bei rotem grünes Licht = diskriminativer Hinweisreiz
30
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Ein Reiz, der Verstärkung signalisiert, wird als positiver diskriminativer Reiz (𝑆 𝐷 )
bezeichnet. Der Reiz, der keine Verstärkung signalisiert, wird als negativer diskriminativer
Reiz (𝑆 𝛿 ) bezeichnet.
Reizgeneralisierung: automatische Erweiterung der Reaktion auf Stimuli, die nie mit dem
ursprünglichen UCS gepaart wurden (Gerrig & Zimbardo, 2008).
Voraussetzungen für operantes Konditionieren – also dafür, dass man eine Reaktion über
einen diskriminativen Reiz und der Konsequenz auf die Reaktion kontrollieren kann – sind,
wie beim klassischen Konditionieren:
1.4.3.2.1. REAKTIONS-KONSEQUENZ-KONSTELLATION
31
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Darbietung Beseitigung
Positiver Verstärker Positive Verstärkung Bestrafung II
Negativer Verstärker Bestrafung I Negative Verstärkung
Keine Konsequenz Löschung Löschung
Verstärker ist jede Art von Konsequenz, die das Verhalten, auf das sie folgt, festigt
(Woolfolk, 2014).
Ein Reiz ist dann aversiv, wenn Organismen auf diesen mit Flucht bzw. Vermeidung
reagieren (Aversiv = unangenehm oder irritierend)
Vandalismus
Gleichgültigkeit
Angst
Aggressivität
Unaufmerksamkeit
Beispiele:
- Kind hat seine Hausaufgaben gemacht darf abends Süßigkeiten essen = positiver
Verstärker
- Kind isst beim Abendessen das Gemüse es muss heute sein Zimmer nicht aufräumen =
negativer Verstärker (der aversive Reiz – Zimmer aufräumen – wird entzogen)
32
1.4 Behavioristische Lerntheorien
1.4.3.2.3. VERSTÄRKERPLÄNE
(nach Ferster & Skinner, 1957)
33
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Quotenplan Intervallplan
Verstärkung erfolgt nach gewisser Anzahl von Verstärkung folgt nach bestimmten
Reaktionen Zeitintervallen/Zeitspannen (unabhängig
von Reaktion)
34
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Perfekt wäre:
Effekt nach Bittermann (1975): Reaktionen, die unter partieller Verstärkung erworben
wurden, sind löschungsresistenter als bei kontinuierlicher Verstärkung.
Bsp.: Wenn Schüler sich häufig meldet nicht jedes Mal aufrufen, sondern partiell
verstärken
1.4.3.2.4. BESTRAFUNG
Bestrafung: Prozess, der zur Schwächung oder Unterdrückung von Verhalten führt
(Woolfolk, 2014).
Bestrafung führt, anders als die Verstärkung, nicht zu einer Senkung der
Auftretenswahrscheinlichkeit. Sie unterdrückt in der Situation das eben gezeigte Verhalten
lediglich Tendenz dieses Verhalten wieder auszuführen bleibt bestehen.
35
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Folgt auf ein Verhalten dauerhaft keine Konsequenz, wird dieses Verhalten dauerhaft aus
dem Verhaltensrepertoire gelöscht = Löschungsbedingung.
Man will die Wahrscheinlichkeit einer Reaktion nicht für alle Umstände ändern
(Generalisierung), vielmehr will man sie nur in einem bestimmten Kontext ändern.
Diskriminativer bzw. Hinweisreiz: Reiz, der auf ein erwünschtes Verhalten hinweist
(Woolfolk, 2014).
Beispiele:
- Andere Reaktion bei roter als bei grüner Ampel
- Schulbeispiel: Kind soll beim Unterricht ruhig sitzen, darf aber in den Pausen laut und
rege sein
36
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Unter Laborbedingungen kann bei Vorliegen diskriminativer Reize durch die Manipulation
der Verhaltenskonsequenzen das Verhalten eines Organismus weitgehend kontrolliert
werden.
Beispiel: Tauben können Körner nach dem Picken auf eine Scheibe nur gegeben werden, wenn grünes Licht
erscheint, und nicht bei rotem grünes Licht = diskriminativer Hinweisreiz
Schulbezug:
Jede Frage/ Aufforderung im Unterricht, die eine Antwort nach sich zieht, besitzt die
Funktion eines diskriminativen Reizes (wenn alle Schüler dieser Aufforderung nachkommen)
Experiment nach Tuckman (1992): Hefte sollen auf den Tisch gelegt werden
o Schüler tun es Lob
o Schüler schwätzt, legt aber Heft dennoch auf den Tisch nicht verstärken!
o Diskriminativer Reiz hebt sich nicht ausreichend von anderen Reizen ab.
Ziel: Gewünschte Reaktion direkt auf den diskriminativen Reiz (Wort singen reicht, um es als
Verb zu identifizieren)
Verhaltensformung: Jeder kleine Schritt oder Fortschritt in Richtung auf ein erwünschtes
Verhalten wird verstärkt (Woolfolk, 2014).
Sukzessive Annäherung: Kleine Komponenten, aus denen sich ein komplexes Verhalten
zusammensetzt, werden nacheinander verstärkt, um sich dem erwünschten Verhalten
anzunähern (Woolfolk, 2014).
Bekannteste Anwendung:
„programmierte Unterweisung“ (Skinner): Programm führt Lernenden durch sorgefältig
geplante Lernschritte
Chaining = Kettenbildung
Operantes Verfahren, bei dem jeder Reaktion innerhalb einer Kette von Einzelreaktionen
ein konditionierter Verstärker folgt, bis auf die letzte Reaktion ein unkonditionierter oder
primärer Verstärker folgt.
Jedes Glied der Kette ist ein diskriminativer Reiz für die nächste Reaktion und ein
konditionierter Verstärker der unmittelbar vorausgeht.
38
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Eine bevorzugte Verhaltensweise (welche häufig & gerne ausgeführt wird) kann ein
effektiver Verstärker sein für Verhaltensweisen mit geringer Häufigkeit! (David Premack,
1965)
Hierbei handelt es sich um den gekonnten, d.h. individuell angepassten Einsatz positiver und
negativer Verstärker. Dabei können verschiedene Verstärkerklassen unterschieden werden:
39
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Token (Münzen, Striche, Marken…) können durch erwünschtes Verhalten verdient und dann
gegen reale Verstärker eingetauscht werden.
Verhaltensabbau Stimuluskontrolle
Operante Löschung
Bestrafung Typ I
Bestrafung Typ II
Verstärkung inkompatiblen Verhaltens
Negative Praxis
Verhaltensverhinderung
Verzögerung des Handlungsablaufs
Gedankenstopp
1.4.3.5.1. STIMULUSKONTROLLE
Verhalten lässt sich durch den Einsatz von Hinweisreizen (diskriminative Stimuli) steuern und
damit kontrollieren. Es ergeben sich zwei Möglichkeiten:
41
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Bei Beginn des Extinktionsprozesses kann eine vorübergehende Erhöhung des Verhaltens
stattfinden (Ausbleiben des Verstärkers Frustration), Tempo der Löschung hängt von der
Lernvorgeschichte ab (kontinuierliche Verstärkung ist weniger löschungsresistent als partielle
Verstärkung). Löschung alleine reicht nicht aus um ungewünschtes Verhalten abzubauen.
Mögliche Probleme:
- Exakte Identifikation der bisherigen Verstärker (nicht sicher ob allein die bisherige
Zuwendung des Lehrers auf Störverhalten der alleinige Verstärker war)
- Konsequente nicht mehr Darbietung der Verstärker
- Hohe Wahrscheinlichkeit, dass Mitschüler auf Störverhalten reagieren einfaches
Ignorieren nur eingeschränkt praktizierbar
- Zunächst Zunahme des Auftretens des Problemverhaltens und größere Vielfalt
möglich
Grenzen:
Unerwünschte Nebeneffekte:
- Wutreaktionen
- Enttäuschungsreaktionen
- Frustrationsreaktionen
Konsequenzen:
Löschungen nur immer in Verbindung mit Methoden zum Verhaltensaufbau einsetzen
- Effektive Reduktion
- Langanhaltende Wirkung
- Vollständiger Abbau
- Verzicht auf aversive Kontrolle
42
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Grundregeln:
- Strafe gleich zu Beginn einer Verhaltenskette (hier meist noch milde Strafe
ausreichend)
- Lehrer mit gutem Verhältnis zu seinen Schülern eher Verhaltensreduktion
- Strafreiz sofort und in ausreichender Stärke
- Informationen bzw. Begründungen zur Strafe erhöhen die Wirksamkeit und die
Orientierungsmöglichkeiten
- Beschreibung von Alternativen
- Variation der aversiven Reize (durch Gewöhnung nimmt Wirksamkeit ab)
- Warnstimuli aufbauen
Zitat Skinner (1989): „Ein Lehrer, der straft, bringt Schülern bei, dass Bestrafung ein Weg
ist, Probleme zu lösen. Das eigentliche Ziel eine unerwünschte Verhaltensweise auszulöschen
erreicht er dabei nicht. Stattdessen nimmt der Lehrer einige Nebeneffekte in Kauf, die seine
Arbeit auf längere Sicht eher erschweren als erleichtern.“
Unerwünschte Nebeneffekte:
Bestrafung kann auch dann verstärkend wirken, wenn die Strafe nicht konsequent
jedes Mal eintritt (Bandura, 1977, 1986)
43
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Oft erfährt der Bestrafte nicht, welches Alternativverhalten erwünscht wäre (Skinner,
1953)
Interesse an schulischer Arbeit kann sich nicht dadurch entwickeln, dass Desinteresse
bestraft wird (Skinner)
Zwei Formen:
44
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Nachteile:
- Längeres Vorhandensein des unerwünschten Verhaltens
Vorteile:
- Positive Kontrollmethode
- Gute Kombinationsmöglichkeit mit anderen Methoden ist gegeben
- Langanhaltende Reduktion
- Häufig vollständiger Abbau des unerwünschten Verhaltens
- Konstruktive Methode, da erwünschtes Verhalten auf- und ausgebaut wird
- Beste Methode zum Verhaltensabbau
(Sättigung) Störendes Verhalten wird nach Aufforderung über einen längeren Zeitraum so
lange gezeigt, bis sie nicht mehr verstärkend, sondern neutral oder aversiv wirkt. durch
Wiederholung Herbeiführung einer Ermüdung (Hemmung)
Unterrichtsbeispiel:
Schüler störte den Unterricht durch Äußern von Tierlauten Aufforderung über mehrere
Zehn-Minuten-Perioden Tierlaute zu machen (in einem kleinen Nebenraum) kein weiteres
Auftreten des störenden Verhaltens
1.4.3.5.7. VERHALTENSVERHINDERUNG
Bsp.: Keine Zigaretten einstecken wäre ein R` für Rauchen; Ärgerkontrolle: Lehrperson als R` für Schimpfen bis
20 zählen
45
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Bsp.: Bei dem Problem einer Arbeitsunterbrechung durch Zeitunglesen sollte die Zeitung weggeschlossen und
der Schlüssel an einen schwer erreichbaren Ort gelegt werden.
1.4.3.5.9. GEDANKENSTOPP
Gedanken:
- Selbst als unerwünschte Verhaltensweisen (Grübelei, bei der Arbeit von der Freundin
träumen)
- können wiederum Auslöser für unerwünschtes Verhalten sein (Angstgedanken können
zu Fluchtverhalten in Alkohol führen)
- als Verstärker für unerwünschtes Verhalten (z.B. Rationalisierungen, bei
Vermeidungsverhalten gegenüber anderen Personen nachträgliche Rechtfertigung
sich ausdenken)
Verhaltensveränderung herbeiführen:
Reaktionssequenz:
46
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Als gelernte Hilflosigkeit bezeichnet man die Erwartung, unvermeidbare aversive Ereignisse
nicht kontrollieren, d.h. nicht beeinflussen zu können. Der Organismus ist nicht in der Lage,
durch ein Flucht- bzw. Vermeidungsverhalten den aversiven Reiz abzuschalten oder
vorbeugend zu vermeiden (Edelmann & Wittmann, 2012).
Erlernte Hilflosigkeit: Menschen, die die Überzeugung entwickeln, dass sie Ereignisse und
Ergebnisse ihrer Bemühungen in Leistungssituationen nicht mehr kontrollieren können,
befinden sich im Zustand der erlernten Hilflosigkeit (Seligman, 1979).
Hilflosigkeit ist der psychologische Zustand, der häufig hervorgerufen wird, wenn Ereignisse
unkontrollierbar sind (Seligman, 1979).
A) Vorexperiment (Trainingsphase):
47
1.4 Behavioristische Lerntheorien
Beide Gruppen in einem Käfig („shuttle-Box), in dem eine Hälfte unter Strom gesetzt
werden kann, die andere nicht. Beide Hälften sind voneinander durch eine (für die Hunde
schulterhohe) Barriere getrennt. Die erste Käfighälfte wird unter Strom gesetzt, ein
Lichtsignal erscheint. Die Hunde können dem Schock entgehen, indem sie über die Barriere
springen (Fluchtverhalten bei Licht).
48
1.4 Behavioristische Lerntheorien
(1) Motivationales Defizit: durch traumatische Bedingungen, die man nicht kontrollieren
konnte verliert man die Motivation zum Handeln es kommt zu Apathie,
Resignation und Passivität
(2) Kognitives Defizit: selbst wenn es irgendwann einmal gelungen ist, der
unangenehmen Situation zu entfliehen, so hat man trotzdem Schwierigkeiten zu
lernen, dass die eigene Reaktion diese Veränderung bewirkt hat
b) Immunisierung durch diskriminative Kontrolle: wer sich im Büro hilflos fühlt, muss dies
nicht auch zu Hause sein; bei Lehrer A kann man andere Erwartungen hegen als bei
Lehrer B
c) Die relative Bedeutung der Konsequenzen bildet die dritte Grenze: Hilflosigkeit kann
sich leicht von stärker traumatisierenden Situationen auf weniger bedeutsame
Ereignisse übertragen, aber nicht umgekehrt
o Internale Attribution: Person ist der Meinung, dass sie keine Kontrolle ausübt,
gleichzeitig aber andere Personen in derselben Situation Kontrolle ausüben
können persönliche Hilflosigkeit (Verlust Selbstwertgefühl)
o Externale Attribution: Person geht davon aus, dass auch andere Personen in
der gleichen Situation keine Kontrolle ausüben können universelle
Hilflosigkeit (kein Verlust Selbstwertgefühl)
Re-Attribuierungstraining:
Schüler sollen dabei lernen, dass ihre Misserfolge nicht auf mangelnden Fähigkeiten,
sondern auf mangelnde Anstrengung zurückzuführen ist. Denn Anstrengung wird im
Gegensatz zur Fähigkeit als kontrollierbar wahrgenommen.
50
1.5 Sozial-kognitive Lerntheorie (Lernen am Modell)
Soziale Lerntheorien und kognitive Theorien Verhalten wird von der Umwelt
beeinflusst!
Banduras sozial-kognitive
Lerntheorie
Konginitive Prozesse
Soziale Verhaltensweisen (Aufmerksamkeit,
Interpretation, Verarbeitung)
Banduras Kritik richtete sich am Anfang der 60er Jahre gegen den reinen Behaviorismus.
Insbesondere Skinners operante Konditionierung schien ihm keine ausreichende Erklärung für
menschliches Lernen.
„Die Menschen müssten ihre Meinung ändern, wie Wetterfahnen ihre Richtung, um sich den
Launen anderer anpassen zu können.“ (Bandura 1977)
51
1.5 Sozial-kognitive Lerntheorie (Lernen am Modell)
Verhalten)
Bandura (1986)
•"Lernen ist eine informationsverarbeitende
Aktivität, durch die Informationen über die Struktur
von Verhaltensweisen und über Umweltereignisse
in symbolische Repräsentationen, die als
Wegweiser für Handlungen dienen, umgewandelt
werden
Skinner (1953)
•Hält es zwar für möglich, dass kognitive Prozesse
Verhaltensänderungen begleiten, er schließt jedoch
aus, dass sie auf solche Einfluss nehmen können
Nach Bandura lernt der Mensch nicht nur durch Auswertung von Verhaltenskonsequenzen,
sondern auch durch Beobachtung (= Modelllernen) anderer, macht sich Erfahrungen, die
andere gewonnen haben, zunutze.
Modelle können auch nicht reale oder Verhaltensabfolgen sein, z.B. Filme
52
1.5 Sozial-kognitive Lerntheorie (Lernen am Modell)
Soziale Einflüsse
(Umweltvariablen)
1.5.2.2. Leistungsergebnisse
- Ziele - Selbstwirksamkeit
53
1.5 Sozial-kognitive Lerntheorie (Lernen am Modell)
Einflussfaktoren Auswirkungen
Gebrauch von Strategien,
Entwicklungsstand Entwicklungsstand, ausdauerndere
Aufmerksamkeit
Ansehen und Kompetenz des Modells; Fähiges Modell mit hohem Sozialstatus wird
Organisieren der Lerner für das Lernen aufmerksamer Beobachtet
Konsequenzen für das Modell liefern Infos
Stellvertretende Konsequenzen über die Angemessenheit und die
wahrscheinlichen Folgen des Verhaltens
Beobachter übernehmen eher ein
vorgeführtes Verhalten, wenn sie den
Erwartung bestimmter Folgen
Eindruck gewinnen, es ist angemessen und
bringt Erfolg
Beobachtende Lerner schenken denjenigen
Verhaltensweisen größere Aufmerksamkeit,
Ziele setzen
die ihnen hilfreich bei der Erreichung ihrer
Ziele sind
Beobachtende Lerner ahmen dann ein
Modell nach, wenn sie glauben, sie könnten
das beobachtete Verhalten lernen oder
Selbstwirksamkeit
ausführen. Die Beobachtung von ähnlichen
Modellen wirkt sich auf das
Selbstwirksamkeitserleben aus
54
1.5 Sozial-kognitive Lerntheorie (Lernen am Modell)
Verhalensimitation
Zwischen einem modellhaften Ereignis und einer möglichen Nachbildung vermitteln vier
Bedingungskomplexe:
1.5.4.1. Aufmerksamkeitsprozesse
Prozess, der aus dem gesamten Reizangebot der Umwelt eine Auswahl für die weitere
Verarbeitung vornimmt.
55
1.5 Sozial-kognitive Lerntheorie (Lernen am Modell)
Ein potentielles Modell muss als notwendige Lernvoraussetzung zuerst die Aufmerksamkeit
eines Beobachters auf sich ziehen.
Schulbezug:
Lehrer, die bei den Schülern den Eindruck erwecken können, ihr Fachgebiet gut zu
beherrschen und die zudem freundliche Beziehungen zu ihren Schülern entwickelt haben,
erfüllen diese Bedingungen (Faktoren). Auch Begeisterungsfähigkeit ist eine wichtige
Eigenschaft von Lehrern.
1.5.4.2. Gedächtnisprozesse
56
1.5 Sozial-kognitive Lerntheorie (Lernen am Modell)
Vor der Nachahmung des beobachtbaren Verhaltens muss es ins Gedächtnis transferiert und
dort gespeichert werden.
- Vorgeführte Handlungen werden symbolisch kodiert und in mehr oder minder leichte
erinnerbare kognitive Schemata transformiert.
In dieser Phase wird man durch Selbstbeobachtung oder objektive Rückmeldung (Feedback)
auf Fehler aufmerksam.
Auch wenn bereits bekannt ist, wie das Verhalten abläuft, und dies im Gedächtnis
gespeichert ist, kann es trotzdem noch nicht richtig ausgeführt werden; dazu ist Übung mit
Rückmeldungen und Anleitungen notwendig.
Schulbezug:
1.5.4.4. Motivationsprozesse
Ob ein beobachtbares Verhalten nachgeahmt wird, hängt von der Motivation des
Lernenden in einer gegebenen sozialen Situation ab.
Entscheidend für die offene Ausführung erlernter Handlungen sind Verstärkungs- bzw.
motivationale Prozesse.
57
1.5 Sozial-kognitive Lerntheorie (Lernen am Modell)
Einfluss durch:
a) Stellvertretende Verstärkung
b) Selbstbelohnungs- bzw. Selbstbestrafungsmechanismen
c) Externale Verstärkungsprozesse durch real vorhandene Dritte
3 Formen der
Verstärkung (Bandura)
Selbstverstärkung:
Direkte Verstärkung: Stellvertretende Verstärkung: Beobachter verstärkt sich
Beobachter ahmt Beobachtung von Verhalten, selbst.
Verhalten nach und das belohnt wurde Ziel pädagogischer Einwirkung
bekommt dafür direkten (Verstärkung) -> Bereitschaft = Selbststeuerung des
Verstärker der Nachahmung steigt Lernenden -> förderlich, aber
nicht notwendig
Ablauf Experiment:
Vier Gruppen von Kindern (KIGA: 3-5 J.) beobachteten:
Die jeweiligen Gruppen wurden in einen Raum geführt mit attraktiven Spielsachen, mit denen
sie jedoch nicht spielen durften. Ziel Erreichen von Frustration
Danach. in einen weiteren Raum mit älteren und unattraktiveren Spielsachen und einer Puppe
(Bobo).
Ergebnis:
Die Gruppen 1-3 zeigten daraufhin mit den Spielsachen relativ gleich starkes aggressives
Verhalten: doppelt so viele aggressive Akte wie die Kontrollgruppe Modelllernen
58
1.5 Sozial-kognitive Lerntheorie (Lernen am Modell)
Die Kinder wurden in einen Spielraum gebracht, in dem sich auch die Puppe Bobo befand,
die zuvor von den Erwachsenen aggressiv behandelt wurde.
Ergebnis:
Jungen insgesamt aggressiver als Mädchen
Gruppe 1 und 3 verhielten sich ähnlich aggressiv der Puppe gegenüber wie die
Erwachsenen
Gruppe 2 (Bestrafung) deutlich weniger aggressiv
Dann wurden den Kindern Belohnungen versprochen, für jede gesehene Handlung, die sie
nachahmen konnten. Alle Kinder (der drei Gruppen) verhielten sich aggressiv der Puppe
gegenüber. D.h. alle Kinder lernten das Verhalten, nur die Motivation für die Ausführung
war unterschiedlich.
Es wird nicht nur aufgrund der Konsequenz eigenen Verhaltens, sondern auch durch
stellvertretende Verstärkung gelernt (siehe oben: Variation des Experiments)
Verstärkungen besitzen aus sozial-kognitiver Sicht eine andere Funktion als beim
operanten Konditionieren: Sie informieren Beobachter über den Wert oder die
Angemessenheit bestimmter Verhaltensweisen
Beispiel:
1. Gruppe: Belohnung von Aggression Verhaltensweise ist erwünscht
2. Gruppe: Bestrafung von Aggression Verhalten ist nicht erwünscht
Lob und Tadel vom Lehrer SuS lernen durch Beobachten, welche Handlungen
toleriert werden und welche nicht
Effekte
Neuerwerb von Verhaltensweisen
Hemmungseffekte
Enthemmungseffekte
Auslöseeffekte
Nullwirkung
Modell führt Verhaltensweisen vor, die der Beobachter noch nicht beherrscht, aber mehr
oder minder identisch reproduziert (keine reine Imitation, sondern Prozess mit Kognitionen)
60
1.5 Sozial-kognitive Lerntheorie (Lernen am Modell)
unterscheidet
Modellieren
soziale-
kognitive
Lerntheorie Nachahmen,
Imitieren
Modellieren geht über das Kopieren von Verhaltensweisen hinaus. Durch Modellieren kann
die Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens erhöht oder gesenkt werden
Bsp.: Kind beobachtet aggressiven Erwachsenen Entwicklung eines Schemas (Allgemeine Vorstellung, die die
wesentlichen Merkmale der vorgeführten Aggression enthält)
Schulbezug: Erlernen des Zehnerübergangs bei einem älteren Schüler. Vorteil hierbei
ist das Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit ist höher als bei der
Lehrerdemonstration
Schulbezug: Lehrer (Modell) gibt den Lernenden nicht nur Erklärungen, sondern
verbalisiert zusätzlich seine Gedanken und nennt Gründe für seine eigene
Vorgehensweise
1.5.7.2. Hemmungseffekte
Bsp.: Beobachtung der Bestrafung explorativen Verhaltens durch ungeduldige Mutter. „Stell
nicht immer so dumme Fragen“
1.5.7.3. Enthemmungseffekte
Beim Beobachten werden vorher gehemmte Verhaltensweisen häufiger oder treten wieder
auf, nachdem ein Modell beobachtet wurde, das vorher verbotene oder bedrohliche
Handlungen ohne negative Folgen ausführt und/oder damit sogar Erfolg hat.
Bsp.: Dialekt in einer Umgebung sprechen, welcher normalerweise negativ sanktioniert wird
Hinweise für Unterricht: Wenn Lob und Tadel vom Lehrer ausgehen, gibt es viele
Beobachter, die daraus Lernen sich gemäß zu verhalten
1.5.7.4. Auslöseeffekte
Modelle können Verhalten auslösen, welche der Beobachter schon völlig beherrscht!
1.5.7.5. Nullwirkung
Lehrer sind im Allgemeinen nicht wirklich als gute Modelle für Schüler zu sehen.
„Während die Mehrzahl der Untersuchungen eine kausale Beziehung zwischen Gewalt im
Fernsehen und aggressivem Verhalten nachweist, bleiben die – zahlenmäßig weit
geringeren – Verfechter der Gegenposition bei ihrer Auffassung, dass keine Wirkungen
nachgewiesen werden können.“ (Television and Behavior, 1982)
Wenn keine solchen Verbindungen vorliegen, können Gewaltfilme auch Angst auslösen!
63
1.6 Abgrenzung operantes Konditionieren und Modelllernen
Sozial-kognitive Lerntheorie
Operantes Konditionieren
(Beobachtungslernen)
Reaktions-Konsequenz Konstellation Lernen durch Beobachtung
- von Verhalten
- von Konsequenzen des Verhaltens
Kognitive Prozesse werden nicht Berücksichtigung kognitiver und sozialer
berücksichtigt Prozesse
Lernen erfolgt aufgrund der nachfolgenden Lernen erfolgt aufgrund der Beobachtung
Konsequenz, die Ausführer selbst erhält von Verhalten und evtl. durch die
Verstärkung bzw. Bestrafung des Modells
Einfluss durch: äußere Einflüsse (Bestrafter, Einfluss durch: Selbst, Umwelt und
Belohner) Leistungsergebnisse (tierarchischer
reziproker Determinismus
Definition: Eine kognitive Sicht des Lernens begreift Lernen als aktiven geistigen Prozess
des Erwerbs, Behaltens, Abrufens und Anwendens von Wissen.
Behaviorismus Kognitivismus
Neue Verhaltensweisen und Wissen, das neues Verhalten
Lerninhalte
Assoziationen ermöglicht
Dem Lerner werden (als Der Lerner erweitert selbst
Auffassung des
unbeschriebenes Blatt) neue sein Wissen über die Welt
Lernprozesses
Assoziationen beigebracht
64
1.8 Konstruktivistische Lerntheorien
Kognitionswissenschaft: Die Wissenschaft vom Denken, von der Sprache und – zunehmend
auch vom Gehirn.
Def.: Der Konstruktivismus ist eine Lernauffassung, nach der Lernen nicht nur als das
Empfangen und Verarbeiten von Informationen gesehen wird, Lernen ist vielmehr die aktive
und individuelle Konstruktion von Wissen (Woolfolk, 2008).
Kernannahmen:
- Wissen wird individuell aufgebaut, nicht mechanisch abgebildet
- Lerner: sucht aktiv und zielgerichtet nach Informationen, interpretiert diese und leitet neue
Konzepte ab
- Betonung von selbstgesteuertem Lernen und Selbstkontrolle
- Beschäftigt sich damit, wie Logik und universales Wissen entsteht, das nicht direkt durch
Umweltfaktoren beeinflusst wird
- Wissen ist subjektiv, da selbst aufgebaut und kein wirklichkeitsgetreues Bild
65
1.8 Konstruktivistische Lerntheorien
- Piaget: Umwelt ist wichtig, kann aber nicht zu einer Änderung im Denken führen
Unterscheidung zwischen:
2. Gedächtnis
Das Gedächtnis ist somit kein passiver Informationsspeicher, sondern ist abhängig von der
Aktivität des Lerners bei der Aneignung. Die höchste Aufnahmeschnelligkeit ist im Schulalter
zu finden.
Die Qualität des Gedächtnisses und die Fähigkeit sich zu erinnern, ist abhängig von:
2.1. Gedächtnisprozesse
Bevor Informationen langfristig gespeichert werden können müssen sie vom Organismus
zuerst aufgenommen und verarbeitet werden. Drei mentale Prozesse sind notwendig, um
Wissen zu einem späteren Zeitpunkt nutzen zu können, unabhängig von der Form des
Gedächtnisses:
Enkodierung
Hiermit wird ein Prozess bezeichnet, durch den Informationen in ein System gelangen, das
diese verarbeitet und in eine verwertbare Form umsetzt. Im Fall des menschlichen
Gedächtnisses werden Informationen aus sämtlichen Sinnesorganen so umgewandelt, dass
sie dem Verarbeitungssystem übertragen werden.
Speicherung
„Bewahrung“ von Informationen. Speichermenge hängt vom Speichersystem ab.
Abruf
Prozess, der darauf zielt, im LZG gespeicherte Informationen zu „finden“.
2.2. Gedächtnismodelle
2.2.1. Mehrspeichermodell/Drei-Speicher-Modell
(nach Atkinson & Shiffrin, 1968)
67
2.2 Gedächtnismodelle
Das UKZG ist eine Komponente des Gedächtnissystems, in der Informationen aus der
Außenwelt empfangen und für kurze Zeiträume zwischengespeichert werden.
Sensorische Register lassen sich nach den verschiedenen Arten von Sinnesorganen
unterschieden:
Speicherdauer UKZG:
Diese Frage wurde zugunsten der zweiten Alternative durch Untersuchungen von Sperling
(1960) entschieden.
2.2.1.2. Aufmerksamkeitsprozesse
Zwischen den hereinkommenden Reizen und der weiteren Verarbeitung im KZG ist die
Betrachtung von Aufmerksamkeitsprozessen wichtig.
Der Übergang vom sensorischen Register zum Kurzzeitgedächtnis wird mit unterschiedlichen
Modellen zu erklären versucht:
Modelle
Aufmerksamkeitsprozesse
2.2.1.2.1. FILTER-MODELL
(nach Broadbent, 1958)
69
2.2 Gedächtnismodelle
Durch einen Selektionsfilter wird eine Information ausgewählt und aus dem Gesamt des
Informationsangebots weiterverarbeitet.
Die irrelevante Botschaft wird auf dem niedrigsten Niveau, das für eine Unterscheidung
hinreichend ist, verarbeitet. Die Analyse ist dann beendet, wenn eine Unterscheidung
zwischen den beiden Botschaften möglich ist.
2.2.1.2.3. SPÄTE-SELEKTIONS-MODELL
(nach Deutsch & Deutsch, 1963)
Erklärung: eine Selektion findet erst auf einer späteren Stufe der Analyse statt. Alle
eingehenden Informationen werden erkannt, die Selektion erfolgt auf der Stufe des
Kurzzeitgedächtnisses – nur die „beachteten“ Reize haben Zugang zu den weiteren Stufen,
z.B. zum LZG.
Grundannahme: der Mensch verfügt über einen begrenzten Pool kognitiver Ressourcen, der
bei der Informationsverarbeitung eingesetzt wird.
- Schwierige Aufgabe: man braucht dafür den größten Teil der Verarbeitungskapazität,
und hat somit kaum mehr Ressourcen für eine andere Aufgabe übrig (z.B. Auto fahren in
der Stadt) kein anspruchsvolles Gespräch möglich, da man sich mehr auf den
70
2.2 Gedächtnismodelle
- Leichte Aufgabe: man benötigt nicht viele Ressourcen eine weitere Aufgabe kann
problemlos nebenbei durchgeführt werden (z.B. Autobahn fahren und anspruchsvolles
Gespräch führen)
Modellannahmen:
(1) Man kann zwei Aufgaben ohne Interferenz durchführen, wenn die Anforderungen
aus beiden zusammen nicht die begrenzte Verarbeitungskapazität überschreiten
(2) Die Ausführung einer Tätigkeit beeinträchtigt die einer anderen, wenn dafür mehr
Kapazität verlangt wird, als für beide zur Verfügung steht
(3) Der Einsatz der Verarbeitungskapazität erfolgt in flexibler und intentionaler Weise,
dabei aber so ökonomisch wie möglich
Sanders (1986) stellte Studien zusammen, bei der gezeigt werden konnte, dass eine
Erstaufgabe (z.B. Kopfrechnen) nicht durch eine Zweitaufgabe (z.B. Nachführen eines
Musters mittels eines Stifts auf einer Platte) beeinträchtigt wird.
2.2.1.3. Kurzzeitgedächtnis
2.2.1.3.1. GEDÄCHTNISSPANNE
71
2.2 Gedächtnismodelle
Bereits Ebbinghaus (1885) hatte festgestellt, dass er bei einmaligem Durchlesen eine Reihe
von 7 Silben richtig reproduzieren konnte. Georg Miller (1956) schlug die Zahl 7 plus/minus
2 vor.
Gedächtnisspanne: 7 ±2
Für Atkinson und Shiffrin (1968) war das KZG zugleich das AG einer Person. Durch
Kontrollprozesse wird dabei der Informationsfluss im Gedächtnissystem gesteuert.
2.2.1.3.2. SPEICHERDAUER
Informationen, die in das KZG übertragen worden sind, können höchstens 20 – 30 Sekunden
dort gespeichert werden (Peterson & Peterson, 1959).
2.2.1.3.3. KONTROLLPROZESSE
Dienen der Erhaltung des Wissens im KZ nicht unbedingt der Übertragung ins LZG.
Bsp.: Eine gute Methode, sich die Telefonnummer eines Freundes zu merken, ist es, die
Ziffern ständig im Kopf kreisen zu lassen.
72
2.2 Gedächtnismodelle
Mnemotechnik zum aktiv halten einer Information im KZG; dient nicht unbedingt dem
Übergang ins LZG
Sie belegten, dass immer dann, wenn in eine Merkreihe herausfallende Elemente eingebaut
sind (z.B. in einer Silbenreihe eine Zahl oder in eine Reihe mit römischen Ziffern ein
geometrisches Muster), dieses andersartige Glied besser gemerkt wird als die übrigen.
Das Einprägen eines vorgegebenen Materials ist kein vom übrigen Verhaltensablauf
isolierter Vorgang. Jeder Lernvorgang ist vielmehr in einer Serie von Lernvollzügen
eingebettet, die sich gegenseitig beeinflussen.
Bsp.: Name eines Bekannten ist stark mit einer Telefonnummer verbunden, dieser Bekannte erhält nun aber
eine neue Telefonnummer man kann sich die neue Telefonnummer schwer merken, es fällt einem immer die
alte Telefonnummer ein
Nachgewiesen wurde dies von Müller & Schumann (1899) mittels eines Experiments
anhand von Reihen mit sinnlosen Silben.
- Lernen von ähnlichen Silbenreihen dauerndes Behalten und sicheres Reproduzieren fast
unmöglich
73
2.2 Gedächtnismodelle
Hierbei werden einzelne Elemente mit Bedeutungen angereicherte oder getrennte Elemente
zu einem Ganzen verbunden Beziehung zwischen neuem Wissen uns Wissen aus dem
LZG herstellen
2.2.1.5.1.2. CHUNKING
(nach Miller, 1956)
Chunking ist ein Prozess der Rekonfiguration von Items, indem sie auf der Basis von
Ähnlichkeiten oder anderen Organisationsprinzipien gruppiert werden. Oder sie werden zu
größeren Mustern kombiniert.
Bsp.: Folge aus vier Ziffern 1 – 9 – 8 – 4 merken. Diese könnten die Kapazität des KZG eigentlich
aufbrauchen. Merkt man sich diese Zahlen aber in Form einer Jahreszahl, so ist nur ein Speicherplatz des KZG
belegt.
Bousfield (1953) stellte in seinem Experiment fest, dass Vpn, die Listen mit 60 Wörtern
erhalten hatten in geordneter Folge reproduzierten, obwohl lediglich eine beliebige Folge
reproduziert werden sollte.
74
2.2 Gedächtnismodelle
2.2.1.5.1.4. DUAL-CODE-THEORIE
(nach Paivio, 1971)
2.2.1.6. Langzeitgedächtnis
75
2.2 Gedächtnismodelle
episodisches Gedächtnis
(eigene Erfahrungen mit
Raum und Zeitinformationen)
Explizites
Gedächtnis/dekleratives
Gedächtnis (bewusst)
Semantisches Gedächtnis
(Fakten, allgemeines Wissen)
Langzeitgedächtnis
Klassische
Konditionierungseffekte
Priming/Bahnen (implizite
Aktivierung von Begriffen
und Konzepten im LZG)
Das Ausmaß des Vergessens ist am Anfang sehr hoch und nimmt
dann mit der Zeit ab.
76
2.2 Gedächtnismodelle
2.2.1.6.1.2.2. Priming
(nach Tulving & Schacter, 1990)
„Vorwärmen, vorbereiten“
Priming bezieht sich auf die erhöhte Wahrscheinlichkeit, einen Reiz wiederzugeben oder
wiederzuerkennen, wenn davor ein assoziativ damit verbundener Gedächtnisinhalt aktiviert
worden ist.
77
2.2 Gedächtnismodelle
2.2.1.7. Positionseffekte als Beleg für die Existenz von KZG und LZG
Positionseffekte: Tendenz, den Anfang und das Ende einer Liste besser zu behalten als die
Mitte (Woolfolk, 2014).
Bei serialen Lernanforderungen, also z.B. Lernen von 30 sinnlosen Silben, treten
Positionseffekte auf (Murdock, 1962).
Bedeutung: Sowohl bei den ersten, wie auch bei den letzten Silben besteht eine höhere
Reproduktionswahrscheinlichkeit im Vergleich zu den mittleren Items.
Erklärung:
- Zu Beginn: mehr oder minder leerer Kurzzeitspeicher vorhanden Silben können öfter
Wiederholt werden größere Wahrscheinlichkeit des Transferierens in den
Langzeitspeicher = Primacy-Effekt
- Nach mehr als 7 Items: Kapazität des KZG erschöpft ein Item muss ausscheiden
neue Items bleiben kürzer im KZG weniger häufige Wiederholung der Silben
können langzeitlich weniger gut gemerkt werden
- Letzte Items: befinden sich noch im KZG und können aus diesem noch abgerufen werden
= Recency-Effekt
2.2.1.8.1. VORTEILE
2.2.1.8.2. NACHTEILE
Craik und Lockhart (1972): Kann nicht die unterschiedlichen Ergebnisse bezüglich
der Speicherkapazität des KZG erklären (5-9 Items aber bis zu 20 Items, wenn
Sätze) Chunking nicht als adäquate Erklärung
Vieles lässt sich nicht eindeutig dem KZG oder dem LZG zuordnen
78
2.2 Gedächtnismodelle
♦ Lehrer ist Externer Stimulus für Schüler für kurze Zeit im sensorischen Register
viel wird wieder vergessen wenn es interessant genug ist und man
aufmerksam ist Initiale Verarbeitung Arbeitsgedächtnis mit dem aktuellen
Zentrum des Bewusstseins (7+/-2 Fakten) wenn neue Gedanken dazukommen
fallen andere wieder raus werden vergessen andere Fakten werden mit
Wissen aus Langzeitgedächtnis verknüpft dort gespeichert
Baddeley & Hitch (1974) gehen von derselben Unterteilung in UKZ, AG und LZG wie
Atkinson & Shiffrin aus. Haben jedoch einen anderen Aufbau des Arbeitsgedächtnisses
entwickelt.
Erarbeitet von Baddeley & Hitch. Nach ihrer Vorstellung ist das KZG kein einfacher
Zwischenspeicher, sondern ein modular aufgebautes System, das getrennte, aber interaktive
Subsysteme umfasst.
Diese Komponente überwacht und koordiniert die anderen Sub-Systeme, besitzt aber selbst
keine Speicherkapazität.
Phonologische Schleife: Teilsystem des AG. Ein Übungssystem des Gedächtnisses für Worte
und Laute, die man in 1,5 bis 3 Sekunden wiederholen kann (Woolfolk, 2014).
Kurzzeitspeicher und aktives Auffrischen von Lauten, Wörtern und verbalen Informationen.
80
2.2 Gedächtnismodelle
Beispiel: Einem Schüler gelingt es häufig im Unterricht, Mitteilungen des Lehrers zu wiederholen, obwohl er
gerade nicht aufgepasst hat.
Visuell-räumlicher Notizblock: Teilsystem des AG, dessen Funktion es ist, visuelle und
räumliche Informationen zu halten und zu bearbeiten (Woolfolk, 2014).
Episodischer Puffer: Ein Prozess, der in sich die Informationen der phonologischen Schleife
vereint und ergänzt, des visuell-räumlichen Sketchpads und des Langzeitgedächtnisses unter
der übergeordneten Kontrolle der zentralen Exekutive (Woolfolk, 2014).
Der episodische Puffer integriert Informationen aus der phonologischen Schleife, dem
visuell-räumlichen Notizblock und dem Langzeitgedächtnis unter der Oberaufsicht der
zentralen Exekutive.
Geht davon aus, dass es nur ein LZG gibt Gedächtnis wird nicht in versch.
Komponenten untergliedert
Dafür gibt es verschiedene Ebenen der initialen Kodierung und Verarbeitung von
Informationen
o verschiedene Grade der Informationsverarbeitung (tief vs. Flach)
81
2.2 Gedächtnismodelle
2.2.3.1. Verarbeitungsstufen
flach
graphische Form gering
mittel
phonemisch (laut) mittel
tief
semantisch (Bedeutung) hoch
Craik und Tulving (1975) veränderten das Konzept Verarbeitungsbreite statt –tiefe
Infos können nebeneinander verarbeitet werden
Ergebnis:
Gering: Was war großgeschrieben
Mittel: was reimt sich auf bunt
Hoch: Ergänze folgenden Satz: Die Frau geht mit dem _____ spazieren.
Je höher die Verarbeitungstiefe, desto häufiger wurden die Wörter später erinnert
Wichtig für eine dauerhafte Behaltensleistung ist der Grad mit dem die zu
lernenden Informationen elaboriert sind S nicht nur lesen lassen, sondern auch mit
eigenen Worten zusammenfassen lassen
3. Wissenserwerb
„Lernen im Sinne von Wissenserwerb kann als der Aufbau und die fortlaufende
Modifikation von Wissensrepräsentationen definiert werden. [Es] ist ein bereichsspezifischer,
komplexer und mehrstufiger Prozess, der die Teilprozesse des Verstehens, Speicherns und
Abrufens einschließt.“ (Steiner, 2001)
Lernen im Sinne von Wissenserwerb kann als Aufbau und fortlaufende Modifikation von
Wissensrepräsentationen definiert werden (Krapp & Weidemann, 2006).
83
3.1 Wissensarten des Langzeitgedächtnisses
Beim Wissenserwerb interessiert uns nur, wie Wissen im LZG erworben, repräsentiert
wird/ist.
Semantisches
Deklaratives Wissen
Wissen Episodisches
LZG Wissen
Prozedurales
Wissen
Deklaratives Wissen ist Wissen, das durch Worte oder andere Symbole aller Art erklärt
werden kann (Farnham-Diggory, 1994)
Deklaratives Wissen: Explizit (meist verbal) gefasstes Wissen; „wissen, dass“ etwas der Fall
ist (Woolfolk, 2014)
Prozedurales Wissen: Wissen, das vorgeführt wird, wenn wir eine Aufgabe ausführen;
„wissen, wie“ (Woolfolk, 2014)
84
3.3 Repräsentation Deklaratives Wissen
Hier beschränken wir uns lediglich auf die Speicherung/Repräsentation von semantischem
Wissen, da dies das Wissen ist, dass für z.B. die Schule relevant ist.
85
3.3 Repräsentation Deklaratives Wissen
Begriffe (semantisches
Vernetzung)
Propositionen
Netzwerktheorien
propositinale Netzwerke
Wissenserwerb
deklaratives Wissen Schemata/Skripts
(Speicherung)
semantische Netzwerke
Vorstellungsbilder
Hier wird der Frage nachgegangen, wie Wissen in den verschiedenen Gedächtnissen
(Explizit, Implizit, …) gespeichert wird. Dargestellt werden die verschiedenen
Netzwerktheorien der Speicherung deklarativen Wissens.
3.3.1. Begriffe
Definition Begriffe: = Bei einem Begriff handelt es sich um eine semantische Kategorie auf
kognitiver Ebene (Mietzel, 2007).
Bsp.: Die Farbe Rot zeigt sich in den verschiedenen Farbtönen! Aber meist spricht man nur von Rot!
86
3.3 Repräsentation Deklaratives Wissen
Dewey (1993): Ein Begriff lässt sich am besten als eine Kategorie verstehen, die als
ein kognitives Werkzeug in jeweils bestimmten alltäglichen Situationen verwendet
werden kann. Man muss auch wissen, wie man es verwendet!
Begriffe repräsentieren: Klassen von Objekten (Autos), Aktivitäten (Lesen),
Eigenschaften (groß), Abstraktionen (Liebe, Wahrheit) und Beziehungen (klüger als)
1) Hierarchische Struktur
2) Kreuzklassifikation
3) Typikalität
Pflanze
Blume Baum
3.3.1.1.2. KREUZKLASSIFIKATION
Liebe
Herz
Herzchirurgie
3.3.1.1.3. TYPIKALITÄT
Einige Objekte sind charakteristische Vertreter des Begriffs: z.B. Rose als klassischer
Vertreter von Blumen.
87
3.3 Repräsentation Deklaratives Wissen
Kategorisierung nach
Begriff als Bezeichnung für eine Kategorie, in die nach bestimmten Regeln Objekte oder
Ereignisse einordnet werden (Hull, 1920).
Bsp.: Ein Mensch ist nur dann „Junggeselle“, wenn er drei Voraussetzungen erfüllt: er muss männlich,
unverheiratet und erwachsen sein. Fehlt eines dieser drei Voraussetzungen, kann er nicht als Junggeselle
bezeichnet werden.
1. Jede Kategorisierung ist durch das Vorhandensein einer kleinen Anzahl von relevanten
Merkmalen definiert (Bsp.: relevantes Merkmal = Dreieckig)
2. ein Objekt/Ereignis ist nur dann Beispiel für eine Kategorie, wenn es Träger des
relevanten Merkmals ist
3. Innerhalb einer bestimmten Abstraktionsebene sind einzelne Kategorien klar
voneinander trennbar ( nie zwei Kategorien gleichzeitig) und können nur auf einer
höheren Ebene zusammengefasst werden
4. Relevante Merkmale sind nicht nach ihrer Bedeutung unterscheidbar, sondern alle sind
gleich wichtig (Bsp.: Rechtwinklig und Dreieck sind als Merkmal gleich wichtig)
Anwendbarkeit auf den Unterricht ist begrenzt: effektivere Lernleistung von Begriffen durch
exakte Definition von Lehrern
88
3.3 Repräsentation Deklaratives Wissen
Bsp.: Wie viele der dargestellten Trinkgefäße lassen sich als Tassen klassifizieren?
Bsp.: alltägliche Gebrauchsgegenstände sind nicht immer über eine bestimmte Anzahl von Merkmalen
definierbar, z.B. kann eine Tasse verschiedene Formen haben und nur schwer von „Becher“ unterschieden
werden.
Definition Prototyp: Ein Prototyp entsteht, indem man auf der kognitiven Ebene eine Art
Mittelwert von sämtlichen Beispielen bildet, die man im Laufe der Zeit als typisch erachtet
hat (Mietzel, 2007).
Typisch ist ein Beispiel, wenn es möglichst nahe am Prototypen ist und wenig Abweichungen
hat. Daher konzentriert man sich auf charakteristische (d.h. typische) Merkmale, nicht auf die
relevanten.
Bsp.: Man würde Vögel durch die Fähigkeit zum Fliegen charakterisieren (!), obwohl es Vögel gibt, die nicht
fliegen können (Pinguine) und auch flugfähige Tiere gibt, die keine Vögel sind (Fledermäuse).
Kritik:
89
3.3 Repräsentation Deklaratives Wissen
Lässt situative Bedingungen unberücksichtigt (was ist in bestimmten Umfeld typisch und was
nicht?), bei abstrakten Begriffen (Gerechtigkeit) nicht anwendbar.
Menschen bilden nicht nur einen Prototyp, sondern mehrere aus (Medin et al. 2000).
Kinder leiten Begriffe von Beispielen ab, die als Prototypen gespeichert werden
Kennenlernen eines neuen Objekts: Objekt wird mit den bereits vorhandenen
Prototypen verglichen und nach Ähnlichkeitsausdruck entschieden, ob es einer
gespeicherten Kategorie zugeordnet werden kann
Dies ist kognitiv einfach handzuhaben und flexibler als eine Definition von Begriffen
über feste Merkmale (z.B. auch wenn ein Hund nicht bellte, gehört er eindeutig in
diese Kategorie)
Es ist nicht sinnvoll, wenn eine Klassifikation nur nach relevanten Merkmalen oder nur nach
Prototypen vorgenommen wird. Lehrer sollten somit stets mit klassischen Beispielen beginnen
und dann Merkmale herausarbeiten.
z.B. durch Concept Maps, in denen Schüler gelernte Dinge in Verbindung bringen.
3.3.2. Vorstellungsbilder
Umstrittenes Konzept:
Manche Psychologen verneinen diese Speicherung und gehen davon aus, dass nur das
Arbeitsgedächtnis die Propositionen in solche Bilder „umrechnet“.
3.3.2.2. Dual-Encoding-Theory
(Theorie nach Paivio, 1971)
Ergebnis: Bilder wurden zu 100%, Sätze zu 89% und Wörter zu 88% wiedererkannt.
Warum wurden die Bilder scheinbar besser behalten, als das sprachliche Material?
- Sprachliches Material semantisch codiert und gespeichert (Wörter nach ihrer
Bedeutung verschlüsselt)
- Bilder hingegen lassen sich in bildhafter und in sprachlicher Form abspeichern
Visuelle Repräsent
Verbale ation im
vorstel-
Einheiten LZG
lungsbilder
91
3.3 Repräsentation Deklaratives Wissen
Bsp.: zwei Möglichkeiten der Speicherung eines Satzes „Das Buch ist auf dem Tisch“
3.3.3. Propositionen
92
3.3 Repräsentation Deklaratives Wissen
Was passiert, wenn dem vorhandenen Netzwerk neue Informationen hinzugefügt werden
sollen?
3.3.4. Schemata
Schemata sind abstrakte Wissensstrukturen, die eine sonst unübersichtliche Menge von
Informationen strukturieren und dadurch reduzieren (Woolfolk, 2014),
Ein Schema ist eine verallgemeinerte geordnete Wissensstruktur, die aus vorausgegangenen
Erfahrungen mit einem Ereignis, einem Objekt oder einer Person entstanden sind (Koriat,
2000).
Bsp.: Das Schema Buch umfasst alle Erfahrungen, Merkmale die man im Laufe seines Lebens mit Büchern und
Lesen von Büchern gesammelt hat.
93
3.3 Repräsentation Deklaratives Wissen
Kontextspezifisch
•(Erfahrungs- und Kulturbedingt)
•z.B. Kinder haben aus alltäglicher Erfahrung ein Schema zur Form der Erde gewonnen,
das sich nicht in Einklang mit den Ergebnissen physikalischer Erkenntnisse bringen lässt
Emotionsbesetzt
•(Claxton, 1990)
•z.B. einige Menschen verbinden das Unterrichtsfach Mathematik mit negativen
Erfahrungen, weil die Auseinandersetzung mit dort gestellten Aufgaben bei ihnen
unangenehme Gefühle auslöst
Skripts sind Schemata, die typische Abfolgen von Ereignissen in einer alltäglichen Situation
repräsentieren - auch Ereignis-Schemata genannt (Woolfolk, 2014).
Bsp.: Das Wissen, wie man sich beim Betreten eines Restaurants verhält.
Ablauf Experiment:
94
3.3 Repräsentation Deklaratives Wissen
Studenten wurden gebeten, in einem Arbeitszimmer eines Professors Platz zu nehmen. Nach
35 sec. wurden sie in einen zweiten Raum gebracht und sollten völlig unerwartet aufzählen,
was sich in dem Arbeitszimmer befand.
Ergebnis:
Studenten erinnerten sich an alles, was typischerweise in einem Arbeitszimmer zu finden ist.
Aber es waren auch untypische Objekte im Arbeitszimmer, die
nur von wenigen erinnert wurden (z.B. ein Totenschädel). Viele
reproduzierten außerdem typische Objekte, die sich gar nicht in
dem Zimmer befanden (z.B. Bücher).
Erklärung:
Während der Erinnerungsphase erfolgt eine Aufarbeitung der
gespeicherten Informationen; dabei wurden:
Vorteile:
Schemata ersparen es dem Lernenden, für jeden neuen Reiz einen Speicherplatz zur
Verfügung zu stellen Unterstützung von Gedächtnisleistung
Schemata strukturieren unübersichtliche Mengen an Informationen
Schemata erhalten „freie Plätze“, sodass wichtige Informationen einfach hinzugefügt
werden können (z.B. Schema „Büro“ kann man „dienstlich“ und „häuslich“ hinzufügen)
Viele Ereignisse lassen sich verlässlich vorhersagen
Nachteile:
Beobachtungen/Nacherzählungen können aufgrund von Schemata verfälscht werden
(meist werden nur schema-konforme Reize wahrgenommen)
95
3.3 Repräsentation Deklaratives Wissen
Erregung geht von bestimmten Knoten aus und setzt sich entsprechend der
Assoziationsstärke dieser Knoten fort
Verbindung zwischen den Knoten meist inaktiv, erst bei aktivem Nachdenken werden
diese aktiviert
Je mehr Verknüpfungen der Lernende aufweist, desto schneller kann dieser sich an
etwas erinnern.
Experiment:
Probanden hörten eine Geschichte und am Ende wurde getestet, ob sie Sätze (aus der Mitte
und vom Ende) wiedererkennen.
Ergebnis:
96
3.3 Repräsentation Deklaratives Wissen
Erklärung:
- Ein Satz ist unmittelbar nach seiner Darbietung im Gedächtnis gespeichert; nach etwas
Zeit, kann aber nur noch die Bedeutung der Aussage wiederholt werden
- Propositionale Netzwerke speichern nur die Bedeutung und nicht die wörtliche
Formulierung
97
3.4 Aufnahme deklaratives Wissen
Informationen aus dem sensorischen Register müssen erst intensiv aufbereitet werden, wenn
sie in das Langzeitgedächtnis übertragen werden sollen. Dies kann nur unter gewissen
Umständen stattfinden:
3.4.1. Elaboration
Elaborative Prozesse:
98
3.4 Aufnahme deklaratives Wissen
Elaboration ist auch wichtig für das Behalten von Wissen über Sachverhalte. Enkodieren
eines Sachverhaltes durch Zufügen vieler Propositionen zum Netzwerk bessere Erinnerung
Rekonstruktion kann auf mehr Anhaltspunkte zurückgreifen (Anderson & Reder, 1979)
3.4.2. Organisation
Eine gute Organisation ist vor allem beim Lernen größerer Informationen sehr wichtig.
3.4.2.1. Organisationsprozesse
Ausubel (1963): Lernmaterial kann nur potentiell sinnvoll sein; Verständnis kann bei Schüler
nur durch aktives Interpretieren einer Erfahrung geschehen Aufgabe des Lehrers ist es,
die Erfahrungen mitzugestalten.
Die Klarheit der Lehrerdarstellung durch Anwendung von Beispielen, Abbildungen, die
Ordnung des Lernmaterials nach logischen Gesichtspunkten und die Strukturierung des
Lernstoffes sind Kennzeichen geordneten Unterrichts.
Lernen mit Vergleichen ist sinnvoll, da neue Informationen besser vorstellbar sind und eine
strukturierende Funktion aufweisen. Durch Vorstellungen werden neue Informationen aktiv
assimiliert neue Informationen in der „Bibliothek“ des Lerners.
3.4.3. Schemabildung
99
3.5 Speicherung von prozeduralen Wissen
Schemata wirken als Rahmen, der die Integration neuen Wissens in bestehende
Wissenselemente erleichtert.
(Anpassung: Assimilation, Akkommodation)
3.4.4. Kontext
Aspekte wie die Umwelt oder Emotionen bei Lernprozessen werden mit den Informationen
gespeichert. Abrufen wird erleichtert, wenn der Kontext beim Abruf der gleiche ist wie beim
Speichern (sog. Enkodierungsspezifität).
Bsp.: Werden Vokabeln unter Wasser gelernt, werden diese dort auch besser erinnert als an Land.
Prozedurales Wissen ist Wissen, das vorgeführt wird, wenn wir eine Aufgabe ausführen;
„wissen, wie“ (Woolfolk, 2014)
Prozedurales Wissen:
3.5.1. ACT-Theorie
(Adaptive control of thought Theorie von Anderson, 1983)
Bei dieser Theorie handelt es sich im eine komplette Theorie der menschlichen
Informationsverarbeitung (Wahrnehmung, Sprache, Problemlösen, etc.).
3.5.1.1. Gedächtnissysteme
100
3.5 Speicherung von prozeduralen Wissen
Handlungsregel
WENN DANN
3.5.1.1.3. ARBEITSGEDÄCHTNIS
Hier sind alle Informationen, die dem Bewusstsein in Moment zugänglich sind aktiviert (z.B.
Sinneseindrücke, die gerade enkodiert werden; …)
101
3.5 Speicherung von prozeduralen Wissen
2) Grad der Passung: Es kommt eher die Prozedur zur Anwendung, die einen größeren
Grad der Passung mit dem bestehenden Sachverhalt besitzt
3) Zieldominanz: Eine Prozedur kann nur dann aktiviert werden, wenn das momentan
verfolgte Ziel mit dem Zielelement der Bedingungskomponente übereinstimmt
5) Stärke der Prozedur: Jede erfolgreiche Anwendung führt zur Stärkung der Prozedur;
Misserfolge bewirken Schwächung.
102
3.5 Speicherung von prozeduralen Wissen
Erlernen einer Fertigkeit beginnt auf kognitiver Stufe: Lerner erwirbt Wissen über den
genauen Ablauf der Fertigkeit und deren Ausführung (= Produktionsregel) Regel ist dann
als Wissen in deklarativer Form im Gedächtnis repräsentiert.
3.5.1.4.2. WISSENSKOMPILIERUNG
Bei weiterer Übung wird eine spezielle Prozedur für die Fertigkeitsausführung ausgebildet,
indem das deklarative Wissen (d.h. die Regel für die Fertigkeit, z.B. Position der Gänge) in
eine prozedurale Form überführt wird. (Vorgang der Wissenskompilierung)
Man braucht in der Regel nicht mehr ständig vergegenwärtigen (Entlastung des AG)
Handlungsausführung wird immer flüssiger
deklaratives Wissen bleibt verfügbar, aber prozedurales Wissen bestimmt
Handlungsausführung
3.5.1.4.3. WISSENSOPTIMIERUNG
103
3.6 Bedeutung des Vorwissens
Vorwissen nach Dochy & Alexander (1995). Vorwissen ist das gesamte Wissen einer
Person, das
(a) dynamischer Natur ist, (e) zum Teil explizit und zum Teil implizit
(b) vor der Bearbeitung einer ist und
Lernaufgabe zur Verfügung steht, (f) konzeptuelle und metakognitive
(c) strukturiert ist, Komponenten umfasst
(d) in unterschiedlichen Formen vorliegt,
Rolle des Vorwissens kann anhand von vier Schritten erläutert werden:
Rolle des
Vorwissens
3.6.1. Expertiseforschung
Analyse von Vorwissenseffekten beim Lernen und Behalten neuer Informationen mittels
Vergleich von Experten und Novizen.
104
3.6 Bedeutung des Vorwissens
Gruppen:
Gruppe 1: Kinder- und Erwachsenenexperten
Gruppe 2: Kinder- und Erwachsenennovizen
Aufgaben:
Ergebnisse:
105
3.6 Bedeutung des Vorwissens
4. Experten können wichtige Aspekte ihres Wissens ohne große Anstrengung abrufen
und scheinbar automatisch nutzen
5. Experten verfügen über variable und flexible Reaktionsmuster im Umgang mit neuen
Situationen
6. Wie gut Experten ihre besonderen Kenntnisse auch an anderen Personen
weitergeben können, hat mit ihrem Expertisestatus allerdings nichts zu tun
Wissensdomäne: Wissen über Fußball (da hier kein statistisch bedeutsamer Zusammenhang
festgestellt wurde)
Vorgehen:
- Erfassung des spezifischen Fußballwissens und der allgemeinen Intelligenz von mehr als
500 Schülerinnen und Schülern (3., 5. Und 7. Klasse)
- Vorlesen einer Geschichte, die vom Verlauf eines Fußballspiels handelte (enthielt
Auslassungen, Widersprüche und Ungereimtheiten, die Fußballexperten auffallen
müssten)
- Ziel: spätere Wiedergabe der Geschichte
Ergebnisse:
Darbietungs- und Lernphase: Es wurden alle Namen von amerikanischen Präsidenten und alle
Bundesstatten zum Einprägen präsentiert
Kontrollphase nach einem Tag: Aufzählen aller Bundesstaaten und Präsidenten, an die sie
sich erinnern konnten
Ergebnisse:
Gruppe 1 und 2 konnte jeweils mehr Exemplare wiedergeben, als Gruppe 3
Versuchsablauf:
Schritt 1: Bilder von Sehenswürdigkeiten bestimmter Landstriche als
Hintergrundwissen wurden so lange gelernt, bis sie diese Gegenden den Bildern
leicht zuordnen konnten (z.B. Pauluskirche und Frankfurt)
Ergebnisse:
Beim Lernen der Detailinformationen keine Überlegenheit der Vorwissensgruppe
Schüler die aufgefordert wurden, sich die neuen Fakten mithilfe visueller Vorstellung
einzuprägen, profitierten von dem früher erworbenen Hintergrundwissen
107
3.7 Vergessen im Langzeitgedächtnis
3.6.4.1. Konstruktionshypothese
(nach Bartlett, 1932)
Kerngedanke: Neues Wissen wird auf Basis des vorhandenen Vorwissens interpretiert
Experiment:
- Geschichten wurden vorgelegt; sollten nacherzählt werden
- Geschichten: sprachlicher Stil und Inhalte entstammten aus für die Teilnehmer sehr
fremden Kulturen
Ergebnisse: Es fanden sich bei der Nacherzählung eine Reihe von Verzerrungen:
- Nivellierung: eine Vereinfachung von Sachverhalten
- Akzentuierung: ein Hervorheben und Überbetonen bestimmter Details
- Assimilation: ein Verändern von Details, was zu einer besseren Übereinstimmung des
Gehörten oder Gelesenen mit dem eigenen Vorwissen führt
Vorwissen fördert die Qualität der Informationsverarbeitung über wenigstens die folgenden
drei Prozesse:
Ein beachtlicher Teil von Gedächtnisinhalten wird im Lauf der Zeit wieder vergessen Was
bedingt dieses Vergessen?
108
3.7 Vergessen im Langzeitgedächtnis
Man muss zunächst sicherstellen, ob eine Information auch wirklich in das Kurzzeitgedächtnis
zur weiteren Verarbeitung gelangt ist.
Vergessen: Information, die schon im LZG nachgewiesen wurde, aber nicht mehr abrufbar
ist
Spurenzerfallstheorie
Verdrängung
Verzerrung
Vorgehen: lernte lange Listen sinnarmer Silben unter versuchte sie zu unterschiedlichen
Zeitpunkten zu reproduzieren (z.B. nach 21 Minuten bis 31 Tagen)
Ergebnis: nach sehr langer Zeit konnten die Listen immer schlechter reproduziert werden
109
3.7 Vergessen im Langzeitgedächtnis
3.7.1. Spurenzerfallstheorie
Spurenverfall: Das Verblassen und Schwächer werden von Erinnerungen mit der Zeit
(Woolfolk, 2014).
Vergleich des Vergessens mit Spuren, die ein Fußgänger im weichen Sand hinterlassen hat
Verschwinden im Laufe der Zeit
Dieser Prozess ist abhängig von der verstrichenen Zeit seit der letzten Aktualisierung des
Lerninhaltes. Ist diese Spur völlig verwischt, so gibt es keine Möglichkeit mehr, den
Gedächtnisinhalt abzurufen.
Belege:
- Spurenzerfall im UKZG und KZG gut belegt
- Für LZG: viele gegenteilige Befunde vorhanden
- Daher: Andere Theorie besser
Vergessen bzw. Beeinträchtigung des Behaltens bedeutet nicht gleichzeitig, dass die
entsprechenden Gedächtnisinhalte ausgelöscht worden sind.
Hier fehlt ein geeigneter Schlüssel, also Abrufhinweis, um die relevanten Repräsentationen
hinreichend stark zu aktivieren, damit sie im AG bewusstwerden.
110
3.7 Vergessen im Langzeitgedächtnis
Annahme: Aus dem LZG geht nichts verloren, was diesem einmal übergeben worden ist.
Vergessen ist nichts anderes als ein Misslingen des Abrufs von Inhalten aus diesem Speicher
(Ashcraft, 2002).
Möglichkeit des „Verblassens“ sollte man jedoch nicht ganz ausschließen. Vor allem wenn sie
nur sehr selten oder überhaupt nicht mehr abgerufen werden.
Grundannahme:
- Kein echtes Vergessen
- Sondern „Findestörung“ (d.h. temporär ist der Zugriff zur gesuchten Information gestört
Interferenz: „Erschwerung oder Verhinderung der Reproduktion von Gelerntem durch nicht
dazugehörige Inhalte“ (Dorsch et al. 1994).
Interferenz = Störung
Interferenz (Störung) tritt auf, wenn die Hinweisreize nicht klar genug auf eine bestimmte
Erinnerung verweisen. Je größer die Unsicherheit über die angemessene Reaktion auf eine
Abrufhilfe ist, desto stärker wird die Erinnerungsleistung beeinträchtigt.
Hierunter wird verstanden, dass das Erlernen neuen Materials eine hemmende Wirkung auf
bereits gelernte Inhalte haben kann.
Zuerst untersucht wurde dieses Phänomen von Müller & Pilzecker (1900) und hat daher
auch ihre Bezeichnung.
111
3.7 Vergessen im Langzeitgedächtnis
Für das Behalten spielen ebenso Ereignisse, die dem Lernen vorausgegangen sind, eine Rolle.
D.h. ein neu zu lernender Inhalt kann durch zuvor gelerntes gestört werden.
Empirische Belege:
(Zusammenfassung verschiedener Studien durch Underwood (1957)).
- Personen ohne Erfahrungen mit lernen sinnloser Silben: nach 24 Stunden konnten 75%
einer erlernten Reihe wiedergegeben werden
- Personen mit Erfahrungen im lernen sinnloser Silben: nach 24 Stunden konnten nur noch
15% richtig wiedergegeben werden (Vpn haben vorher bereits 20 solcher Listen
mindestens gelernt)
3.7.4. Verdrängung
3.7.5. Verzerrung
112
3.8 Förderung des Behaltens im Langzeitgedächtnis -Unterricht
Das erworbene bleibt im Gedächtnis nicht stabil, sondern verzerrt sich. Je länger der
Abstand zwischen Lernphase und Wiedergabephase, desto eher entspricht das Erinnerte
einem Schema und nicht den erlebten Tatsachen.
Frage: Wie kann das Behalten im Langzeitgedächtnis bei Schülern gefördert werden
Vorwissen aktivieren
Lernen in alltäglichen Situationen. Lernstoff/Frage an der Lebenswelt der Schüler
orientieren
Schüler müssen vor Inhaltsdarbietung zu lösendes Problem erkennen
Advance Organizer (Vorangestellte Organisationshilfen, Ausubel, 1963, 2000)
Brown, Collins, Duguid (1989): Begriffe müssen wie Werkzeuge eingesetzt werden
können, der Schüler muss die Erfahrung sammeln, dass man mit ihnen etwas
anfangen kann
Aufmerksamkeit der Schüler auf Thema/Lehrer lenken
Lerninhalte veranschaulicht darbieten
Elaboration, auch elaborierende Wiederholung (siehe Arbeitsgedächtnis)
Einstiegsphase
Vorwissen aktivieren Erst die Frage, dann die Advance Organizer Beachtung bestehender
Antwort Lernvoraussetzungen
113
3.8 Förderung des Behaltens im Langzeitgedächtnis -Unterricht
- Problem im Unterricht: Schüler wissen nicht, welche Probleme mit dem Lerninhalt gelöst
werden können reine Darbietung von für Schüler „nutzlos“ erscheinendem Wissen
- Wenn auf „echte“ Fragen der Schüler Antworten gefunden werden bestehen die besten
Voraussetzungen sie auch zu verarbeiten
- Lernen in alltäglichen Situationen
o Zunächst entstehen ein oder mehrere Fragen
o Woraufhin ein oder mehrere Antworten gesucht und gefunden werden
Zeigten eine Möglichkeit auf, wie man Schülern helfen kann, sich an bereits bekanntes
Wissen zu erinnern:
Fragen haben das Ziel, sich bereits bekannte Regeln zu vergegenwärtigen, damit im
Verlauf des Unterrichts effektiver gearbeitet werden kann
114
3.8 Förderung des Behaltens im Langzeitgedächtnis -Unterricht
Beispiel:
(nach Eggen & Kauchak, 2001) Eine Sozialkundestunde, in der die Hauptmerkmale einer
Regierung erarbeitet werden sollen, könnte vom Lehrer folgendermaßen eingeleitet
werden:
Experimentablauf:
- Gruppe 1:112 nach dem Zufallsprinzip zusammengestellte Begriffe merken (Bsp.: Platin,
Aluminium, Kalkstein, Silber, Smaragd, Granit, Messing, Marmor, Schiefer, Stahl, …)
Ergebnis:
Behaltene Wörter nach einer Übungsphase von 4 Minuten:
115
3.8 Förderung des Behaltens im Langzeitgedächtnis -Unterricht
Für eine dauerhafte Speicherung muss der Lernende Inhalte, die er in Textform oder als
Vortrag bekommt selbst elaborieren.
116
4.1 Arten von Lernstrategien
Über gelesenes sich oder sich gegenseitig Fragen stellen fördert das Behalten (Kind, 1989).
Lernstrategien: Eine Form des prozeduralen Wissens – wissen, wie man eine Aufgabe
angeht (Woolfolk, 2014).
117
4.1 Arten von Lernstrategien
Organisations-
/Transformations-
strategien
Nachfolgend werden die Arten von Lernstrategien von Wild & Schiefele erläutert.
Hinweis:
In einem Modell von Ballstaedt werden
- Kognitive Strategien als Primärstrategien
- Metakognitive Strategien als Kontrollstrategien
- und Ressourcenbezogene Strategien als Stütz- bzw. Sekundärstrategien bezeichnet
118
4.1 Arten von Lernstrategien
4.1.1.1. Organisation
Informationsreduzierende Vorgehensweise
Auswahl/Zusammenfassen von Informationen sinnstiftende Gliederung
Gliederung anfertigen, Diagramm/MindMaps erstellen
4.1.1.2. Elaboration
4.1.1.3. Wiederholung
Metakognition besteht aus drei verschiedenen Arten von Wissen (Schunk, 2004):
119
4.1 Arten von Lernstrategien
Selbstregulationswissen
deklaratives Wissen prozedurales Wissen
(konditionales Wissen)
• Wissen über Prozesse, • Kentnisse darüber, wie • Kenntnisse darüber,
die sein Lernen und die Strategien zu wann und warum die
Behalten betreffen nutzen sind verfügbaren
• Kenntnisse von den Maßnahmen und
eigenen Fertigkeiten, Strategien
Strategien und anzuwenden sind
Ressourcen
= Lernprozesse steuern/kontrollieren
4.1.2.1. Planung
4.1.2.2. Selbstüberwachung
o Kontrollfragen
o Überprüfung, ob Gelesenes verstanden wurde
o Korrektur der eigenen Aufgabenbearbeitung (kritisches Begleiten)
120
4.2 Beispiele für kognitive Lernstrategien
Interne Ressourcen
Externe Ressourcen
Gliederung des Stoffes, Kategorien bilden, Struktur in die Fülle von Informationen bringen.
Effektivität:
Bower et al. (1969) legten den Vpn Begriffshierarchie als Baumdiagramme vor, die
anschließend zu reproduzieren waren (Experimentalgruppe).
Ergebnis:
- Experimentalgruppe konnte dreimal so viele Wörter reproduzieren als Kontrollgruppe
Hohe Effektivität, da Merkstoffe, die hierarchisch gegliedert werden in ca. zwei- bis
dreimal höherem Ausmaß reproduziert werden als wenn keine Gliederung
stattfindet
121
4.2 Beispiele für kognitive Lernstrategien
4.2.1.2.1. SELBSTREZITATIONSTECHNIKEN
Bsp.:
- Text zweimal lesen und sich dann selbst Fragen dazu stellen
Geeignet für:
o Lernen von Definitionen
o Vokabeln
o Rechtschreiben
o Rechenoperationen
Effektivität:
Wurde von Gates (1917) belegt
4.2.1.2.2. SQ3R-METHODE
Entwickelt von Robinson (1961) zur Bewältigung umfangreicher und semantisch
bedeutungsvoller Texte (z.B. Bücher)
122
4.2 Beispiele für kognitive Lernstrategien
Mit den Buchstaben SQ3R sind die Bezeichnungen folgender Tätigkeiten (nach Günther,
Heinze & Schott, 1977) gemeint:
4.2.1.2.3. SQ4R-METHODE
Survey
Review Question
SQ4R
Recite Read
Reflect
Zentrales Merkmal der SQ4R-Methode: Fragen formulieren und beantworten, Text in einem
Rückblick mit den Fragen im Kopf nochmals durchgehen.
eine Rückschau auf den Text mit Fragen im Kopf, erbringt einen Gewinn allgemeiner
Art
nur mit Suchauftrag sinnvoll, z.B. nur eine Aussage pro Absatz (Snowman, 1986)
sinnbezogenes Verarbeiten mit fortlaufenden Entscheidungen (Anderson &
Armbruster, 1984)
Effektivität:
- Dumke & Schäfer (1986): keine eindeutigen positiven Effekte
Mitschreiben erlaubt die Aufmerksamkeitslenkung auf den Vortrag und die Notizen können
für die Rekonstruktion des Gehörten eine Hilfe sein.
- Bebilderte Arbeitsblätter
- Folien
- Tafelbilder
124
4.2 Beispiele für kognitive Lernstrategien
4.2.2. Mnemotechniken
Auch als Memotechniken, oder Merktechniken bezeichnet
Mit Mnemotechniken ist ein engerer Sachverhalt gemeint; mit ihnen bezeichnet man alle
Verfahren, mit deren Hilfe Information verarbeitet und organisiert wird, um später wieder
leichter verfügbar zu sein (Lukesch, 2001).
o Vor allem hilfreich, wenn zu lernendes Material nicht sinnvoll erscheint und man es in
bestimmter Reihenfolge wiedergeben muss
o nach Untersuchungen von Atkinson (1975) ist die Anwendung von Mnemotechniken
in der Schule und in der Uni sinnvoll
Achtung: Von den nun folgenden Beispielen, müssen nicht alle gelernt werden, am besten
man sucht sich ein paar aus.
4.2.2.1.1. LOCI-METHODE
Kann man anwenden, wenn Material nicht sinnvoll erscheint oder man es in einer
bestimmten (willkürlich erscheinenden) Reihenfolge wiedergeben muss.
Erst Kinder ab 8 Jahre sind hierzu in der Lage
Vorgehen Loci-Technik:
Vorgehensweise nach Bower (1970):
(1) Man stelle sich einen gut vertrauten Ort vor, der auch genügend Platz bietet, um die
Information dort zu verteilen
125
4.2 Beispiele für kognitive Lernstrategien
(2) Für die zu merkenden Inhalte sollen möglichst eindringliche mentale Bilder gefunden
werden. Die Bildsymbole sollen konkrete Dinge sein, nie die Wörter selbst, denn das
Buchstabenbild wäre keine elaborative Hilfe
(3) Auf die Bedingung der Gleichzeitigkeit ist zu achten: Während der Begriff gelernt
wird, muss die Verknüpfung der Bildsymbole mit dem Ort stattfinden
(4) Bei der Wiedergabe kann man den Ort in Gedanken abgehen, die gebildeten
mentalen Bilder dabei dekodieren und die Information so in der richtigen
Reihenfolge abrufen
(5) Ein und derselbe Ort kann immer wieder benutzt werden, um Informationen zu
speichern. Somit ist die Ökonomie dieser Methode gewährleistet
Verwendbar zum Lernen von Listen (z.B. Einkaufsliste), nicht aber zum tieferen
Verständnis von Texten und Sachverhalten (nicht nur Orte können verwendet werden,
sondern auch der Körper)
Effektivität:
- Es wurden zwei bis siebenmal höhere Reproduktionsleistungen beobachtet als bei
Anwendung üblicher Lerntechniken (Bower, 1970)
- Nach (Adams, 1976) soll man mit der Loci-Technik 25 Begriffe in vier Minuten lernen
können, nach einer Woche konnten davon noch 92% und nach fünf Wochen noch 80%
126
4.2 Beispiele für kognitive Lernstrategien
Ein Schlüsselwort ist ein Wort der eigenen Sprache, das eine gewisse Klangähnlichkeit mit
Teilen eines in einer anderen Sprache zu lernenden Wortes besitzt (Atkinson, 1975). Aus
beiden ist ein Bild zu formen, wobei später auf dem Umweg des Vorstellungsbildes die
richtige Übersetzung reproduziert werden kann (Arbinger, 1984).
Bsp.: spanisches Wort „espanilla“ (=Schienbein) ähnlich klingendes deutsches Wort „Spinne“ daraus
Vorstellungsbild formen: „eine Spinne krabbelt über das Schienbein“
Effektivität:
Wurde von Atkinson (1975) überprüft. Bestätigung der Effektivität
127
4.3 Gute und schlechte Strategienutzer
4.2.2.2.4. AKROSTICHONE
Merksätze, bei denen der Anfangsbuchstabe jedes Wortes (oder auch die Anfangssilben
oder -wörter eines Gedichtes) den eigentlich zu merkenden Inhalt bezeichnen.
Bsp.:
„Mein Merkurs
Vater Venus
erklärt Erde
mir Mars
jeden Jupiter
Sonntag Saturn
unseren Uranus
Nachthimmel“ Neptun
Nach Pressley (1986) beruht die effektive Nutzung von Lernstrategien auf der
Koordination
- Bereichsspezifischen Wissens
128
4.4 Effektivität von Lernstrategien
- von Strategiewissen
- Metakognitiver Kontrolle und
- Motivationalen Überzeugungen
Gekennzeichnet durch:
Überzeugung und Kontrollierbarkeit des Lernvorgangs
Glauben über die Verfügbarkeit persönlicher Ressourcen
Wertschätzung systematischen Vorgehens
Überzeugung von der Nützlichkeit von Lernstrategien
Inhaltliche Gerichtetheit der motivationalen Dynamik
Bewusste Kontrolle zur Aufrechterhaltung der Motivation bei konkurrierenden Zielen
oder schwacher Intention
Baumert & Köller (1996) berichten von den wenigen bestehenden Untersuchungen, in denen
Strategieverwendung und Lernleistung in Verbindung gesetzt wurden folgendes:
129
4.5 Training von Lernstrategien
Ebenfalls enthalten sind Anregungen für Kurse mit Schülern für drei Altersgruppen
Nach Friedrich (1995) kann man Lernstrategien direkt oder indirekt vermitteln
130
4.5 Training von Lernstrategien
5. Selbstreguliertes/Selbstgesteuertes Lernen
(auch „Self-Regulated Learning“ (SRL))
Behavioristische Sichtweise
•Verhalten des Schülers hängt ausschließlich von Bedingungen der Umwelt ab.
Somit ist vor allem der Lehrer für die positiven Konsequenzen (erreichen der
Lernziele) verantwortlich.
Sozial-kognitive Sichtweise
•Person des Lernenden ist in Prozess eigebunden (Kontrolle muss ihm teilweise
übertragen werden) -> Selbstreguliertes Lernen
Def.: Selbstregulation (oder selbstreguliertes Lernen) ist Lernen, das aus den selbstgenerierten
Gedanken der Lernenden resultiert und aus jenen Verhaltensweisen, die systematisch auf
das Erreichen ihrer Lernziele ausgerichtet sind (Schunk & Zimmerman, 2003).
Def.: Selbst reguliertes Lernen ist eine Form des Lernens, bei der die Person in Abhängigkeit
von der Art ihrer Lernmotivation selbstbestimmt eine oder mehrere
Selbststeuerungsmaßnahmen (kognitiver, metakognitiver, volitionaler oder
verhaltensmäßiger Art) ergreift und den Fortgang des Lernprozesses selbst überwacht
(Schiefele & Pekrun, 1996).
Aus sozial-kognitiver und vor allem konstruktivistischer Perspektive ist es nötig, den Lerner in
sein eigenes Lernen einzubinden und ihm Verantwortung zu übertragen
131
5.1 Komponenten des selbstregulierten Lernens
Diese sind aus den Definitionen abzulesen und enthalten meistens folgende drei
Komponenten:
Ebenen, auf die sich selbstreguliertes Lernen stets bezieht (Hasselhorn & Gold, 2013):
Prozessmodell nach
Zimmerman, 1998
Modelle selbstregulierten
Drei-Phasen-Modell
Schiefele & Pekrun, 1996
Komponentenmodelle Drei-Schichten-Modell
Boekaerts, 1999
1) Beobachtung 3) Strategieeinsatz
und Bewertung Phase 2: und Überwachung
eigenen Phase 1: Lernphase
Lernverhaltens Lernvor-
bereitung
2) Zielsetzung und
strategische Phase 3:
Planung nachbe-
reitende 4) Bewertung der
Phase Effektivität des
Strategieeinsatzes
Hier spielen lt. Zimmerman zwei aufeinander bezogene Teilprozesse der Selbstregulation
eine wichtige Rolle:
Hier werden:
133
5.3 Prozessmodelle selbstgesteuerten Lernens
3. 1.
postaktionale Präaktionale
Phase Phase
2. aktionale Phase
134
5.3 Prozessmodelle selbstgesteuerten Lernens
- Dient der Einschätzung und Bewertung des Lernergebnisses und dem Ziehen von
Schlussfolgerungen, die das künftige Lernverhalten betreffen
- Darüber nachdenken, was man hätte besser machen können, wenn Lernergebnis nicht
zufriedenstellend ausgefallen ist
- Lernergebnis zufriedenstellend ausgefallen es stellen sich positive Emotionen ein
eigentliche Lernphase
135
5.3 Prozessmodelle selbstgesteuerten Lernens
- Beinhalten Vergleichsprozesse
o individueller und
o sozialer Art
- Geben Auskunft über die Angemessenheit des zuvor gewählten Strategieeinsatzes
- Positiver Lernausgang Selbstverstärkung
Beschreiben die Kompetenzen der selbstregulativ Lernenden sowie die Ebenen oder
Inhaltsbereiche, auf die sich die Selbstregulation beziehen
137
5.4 Komponentenmodelle selbstregulierten Lernens
Thematisiert die Ebene der kognitiven Prozesse und der auf sie einwirkenden
kognitiven Primärstrategien der Informationsverarbeitung
Damit sind die vom Lernen habituell bevorzugten Herangehensweisen oder Lernstile
gemeint
Voraussetzung für Regulation:
o Vorhandensein unterschiedlicher Primärstrategien
Bsp.: WAS kann ich tun, um den Inhalt eines Textes zu behalten?
138
5.5 Förderung selbstregulierten Lernens
Aufgaben:
o Einsatz der kognitiven Primärstrategien kontrollieren
o und optimieren
Regulationsvoraussetzungen:
o Metakognitives Wissen
o Metakognitiven prozedurale Fertigkeiten des
Planens
Überwachens
Korrigierens
Bsp.: WIE kann ich kontrollieren, ob ich die Hauptaussage eines Textes wirklich behalten habe?
Soll verdeutlichen, dass der gesamte Lernprozess in das kognitive und motivationale
Selbstkonzept und in die selbstbezogenen Überzeugungen einer Person eingebettet
sind
139
5.5 Förderung selbstregulierten Lernens
Förderung der
Selbstwirksamkeitserwartung
Bestimmung eigener
Verhaltenskonsequenzen
Einflussfaktoren:
Bisherige Erfolgsgeschichte
Stellvertretende Erfahrungen (Erfolge von Bezugspersonen)
Ermunterndes Zuhören
Physiologischer Ergebniszustand (Erregung bei Prüfung soll kein Anlass zu Sorge sein
und nicht auf mangelnde Vorbereitung zurückzuführen sein)
- Bestimmung von Lernzielen ist eine wichtige Aktivität beim selbstgesteuerten Lernen
- Leichte Überschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit gilt als förderlich (wenig
Frustration, mehr Mut und Ausdauer)
- Deutliche Überschätzung mit Nachteilen verbunden (Frust)
Merkregel: Ziele müssen SMART sein, also spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und
terminiert (Doran, 1981).
140
5.6 Implikationen für den Unterricht
Schüler erhält wichtige Information über das eigene Verhalten, Stärken und Schwächen
Zu Beginn der Schulzeit: Oftmals sehr optimistische Einschätzung (glauben man kann
alles)
Im weiteren Verlauf der Schulzeit: Selbsteinschätzung wird immer realistischer
Selbstverstärkung: Liegt vor, wenn man eine uneingeschränkte Kontrolle über verfügbare
Verstärker besitzt, die man sich noch Erreichen eines Ziels verabreichen kann.
Diese auf einer allgemeinen Ebene befindlichen Prinzipien sollen das selbstgesteuerte
Lernen begünstigen
1) Anleitung zur
a. Selbstbeobachtung
b. Selbstbewertung
c. Selbstverstärkung
2) Modellieren und Erklären von Maßnahmen der Selbstregulation von Lernprozessen
3) Übertragen der Verantwortlichkeit für das Selbstmanagement von Lernzeit und
Anstrengung
141
5.6 Implikationen für den Unterricht
5.6.3. Hausaufgaben-Training
(nach Perels, 2007)
- Konzipiert für Eltern, die ihren Kindern bei den Hausaufgaben helfen wollen
- Ziele:
o Informationen über die Selbstregulation von Lernen vermitteln
o Techniken und Strategien einüben, um es den Eltern zu ermöglichen,
modellhaft das selbstregulierte Lernen ihrer Kinder zu fördern und zu
begleiten
- Effektstärken in mittlere Höhe (Dignath, Büttner & Langfeldt, 2008; Sitzmann &
Ely, 2011)
- Implementation kognitiver und metakognitiver Strategien liegen deutlich über einer
halben Standardabweichung. Vor allem die Methode der expliziten Einführung von
Strategien hat sich bewährt (Hattie, 2009)
- Einübung kontextgebundener Lernstrategien und zusätzliche Vermittlung
metakognitiven Wissens über die Möglichkeiten und Begrenztheiten solcher
Strategien höchste Effekte auf selbstgesteuertes Lernen (Hattie, Biggs & Purdie,
1996)
142
5.6 Implikationen für den Unterricht
Lehren: als Lehren bezeichnen wir ein methodisches Vorgehen, das explizit und bewusst,
absichtlich und geplant eingesetzt wird, um erfolgreiche Lernvorgänge unterschiedlicher Art
auszulösen oder zu beeinflussen (Hasselhorn & Gold, 2013).
Programmierter
Unterricht (Skinner)
Historische Beispiele
Kumulatives Lernen
(Gagnè)
Kognitivismus
Behavioristische ID- Mastery Learing
Modelle (Bloom)
Instructional Design
Kognitivistische ID- Elaborationstheorie
Modelle (Reigeluth)
Konstruktivismus
Anchored-Instruction-
Ansatz
konstruktivistische
Instruktionsansätze
Cognitive-
Apprenticeship-Ansatz
Fremdsteuerung Selbststeuerung/
/Behaviorismus Konstruktivismus
/Kognitivismus
143
6.1 Kognitivistische Lehrtheorien (Instructional Design)
Lehrfunktionen:
(nach Greeno, Collins und Resnick, 1996)
Empfehlungen für die Planung und Durchführung von Unterricht (Instructional Design):
(nach Weinert, 1974)
1) Lernziele konkretisieren
144
6.1 Kognitivistische Lehrtheorien (Instructional Design)
o Spezifische Vorkenntnisse
o Qualität der Instruktion
o Motivation
- Problem: Unterrichtszeit ist begrenzt
Wirksamkeit:
- Früher: Gottschaldt (1972) berichtete eine beträchtliche Lernzeitersparnis
- Heute: Nicht die Methode an sich ist für die guten Lernleistungen verantwortlich,
sondern die Individualisierung des Unterrichts
6.1.3. Kritik
Lernen findet losgelöst vom Kontext statt. Das so erworbene Wissen läuft Gefahr,
nicht auf andere Situationen flexibel angewandt werden zu können Träges
Wissen
146
6.2 Konstruktivistische Lehrtheorien (Situated Learning)
Grundidee:
Selbstgesteuerter Lernprozess
Beruht auf Eigenständigkeit
Lernprozesse verlaufen individuell unterschiedlich
Sind meist in sozialen Kontexten verankert
6.2.1.1. Gestaltungsprinzipien:
(nach Reinmann & Mandl, 2006)
147
6.2 Konstruktivistische Lehrtheorien (Situated Learning)
Eingebettete Daten: Alle Daten, die zur Lösung des Problems benötigt werden, sind in
die Geschichte eingebettet
6.2.1.2. Empirie
148
6.2 Konstruktivistische Lehrtheorien (Situated Learning)
Wesentliche Kennzeichen:
Cognitive-
Apprenticeship
konkrete steigender
Problemstellungen sozialer Austausch Anspruch
(Komplexität)
6.2.3.1. Grundprinzip
149
6.3 Vergleich Kognitivismus – Konstruktivismus
6.2.4. Kritik
150
7.1 Merkmale Unterrichtsqualität
Kognitivismus Konstruktivismus
Primat der Instruktion Primat der Konstruktion
„Instructional Design“ „Situated Learning“
Unterrichten im Sinne von Unterrichten im Sinne von
- Erklären - Unterstützen
- Anleiten - Anregen
- Darbieten - Beraten
Beispiele: Beispiel:
- Programmierter Unterricht (Skinner) - Konzept der Situiertheit (Greeno)
- Mastery Learning (Bloom) - Anchored Instruction (CTGV)
- Kumulatives Lernen (Gagnè) - Cognitive Apprenticeship (Collins et
al. 1989)
Probleme: Probleme:
- Reduktion von Eigeninitiative und - Empirische Belege
Selbstverantwortung von Schülern - Desorganisation und Überforderung
- Extrinsische Motivation - Probleme bei weniger begabten
- Träges Wissen Lernern
- Schereneffekte
- Kosten-Nutzen-Relation oft fraglich
7. Unterrichtsqualität
Nach Weinert, Helmke und Schrader (1989) ist das Metakonstrukt Unterrichtsqualität jedes
stabile Muster von Instruktionsverhalten, das als Ganzes oder durch einzelne Komponenten
die substantielle Vorhersage von Schulleistung erlaubt.
6) Effiziente Klassenführung
7) Klare und strukturierte Stoffdarbietung
8) Ausreichende Lernzeiten gewähren
9) Intensive Übungsphasen vorsehen
10) Hohe Aufgabenorientierung
11) Unterstützende Lerngerüste verwenden
12) Variabilität und Flexibilität der Lehrmethoden
13) Unterstützendes Lernklima herstellen
14) Rückmeldung geben und fortlaufende Lernerfolgskontrolle durchführen
15) Angemessener Umgang mit Heterogenität
1. Klassenführung
2. Klarheit und Strukturiertheit
3. Konsolidierung und Sicherung
4. Aktivierung
5. Motivierung
6. Lernförderliches Klima
7. Schülerorientierung
8. Kompetenzorientierung
9. Umgang mit Heterogenität
10. Angebotsvariation
1) Kognitive Aktivierung
a. Lerngegenstände inhaltlich klar und verständlich erklären und erarbeiten
152
7.2 Klassenführung
2) Konstruktive Unterstützung
a. Herstellung einer positiven Lehrer-Schüler-Beziehung
b. Herstellung einer positiven Schüler-Schüler-Beziehung
3) Effiziente Klassenführung
a. Klar formulierte Regeln
7.2. Klassenführung
Unter Klassenführung (oder Classroom Management) versteht man die Koordination des
sozialen Geschehens im Klassenzimmer mit dem Ziel, Lernzeit optimal zu nutzen und
Zeitverluste durch nicht lernbezogene Aktivitäten zu vermeiden. (Kunter & Voss, 2011)
Frühzeitige und konsequente Einführung von Regeln und Routinen für das Verhalten der
Klasse.
Verhaltensroutinen
Mobilitätsroutinen
• z.B. wie und wann darf das Klassenzimmer während des Unterrichts verlassen werden
Beginn/Beendens Routinen
• Zulässigkeit Schüler-Schüler-Interaktionen
153
7.3 Klarheit und Strukturiertheit
7.2.2. Regeln
(1) Allgegenwärtigkeit der Lehrkraft: Zumindest Eindruck erwecken, dass man über jedes
Geschehen in der Klasse Bescheid weiß, Aspekte sind Präsenz, also die sofortige
Reaktion auf Störungen und auffälliges Verhalten, sowie die Überlappung, d.h. die
Fähigkeit, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun
(3) Aufrechterhaltung des Gruppenfokus: Ziel des Unterrichts ist es, möglichst viele Schüler
zu aktivieren: dies geschieht durch Aufmerksamkeit der ganzen Klasse (z.B. jederzeit
die Chance, aufgerufen zu werden) sowie stete Leistungsverantwortlichkeit (z.B. durch
Kontrolle von Hausaufgaben)
Hierbei handelt es sich um die Stimmigkeit von Zielen, Inhalten und Methoden;
Angemessenheit des methodischen Grundrhythmus, sowie Regel- und Rollenklarheit (
Überschneidungen mit Aspekten der Klassenführung)
154
7.4 Konsolidierung und Sicherung
- Akustik
- Sprache (Prägnanz)
- Inhalt (Kohärenz) und
Fachlichkeit (Korrektheit)
Die Lernleistung der Schüler kann einerseits durch mangelnde Klarheit (z.B. falsche
Grammatik, Unsicherheitsausdrücke, Sprechverzögerungen) minimiert werden. Dies ist von
enormer Wichtigkeit, denn Lehrpersonen dienen häufig als Modelle.
Ziel Strukturierung: Sie dient dem Ziel, Unterrichtsstoff so zu vermitteln, dass eine gut
organisierte Wissensbasis entsteht. Um dieses Ziel zu erreichen, werden häufig funktional
unterschiedliche Phasen miteinander verknüpft.
Der Prozess des Lernens ist durch Wiederholung und Übung charakterisiert. Unterschieden
werden kann hier zwischen:
155
7.5 Aktivierung
7.5. Aktivierung
Kognitive Aktivierung
• Aktivierung im Sinne des SRL -> Tiefe Verarbeitung durch anspruchsvolle Lernstrategien
Soziale Aktivierung
• Formen kooperativen Lernens
Aktive Teilhabe
• SuS sollen an Planung/Gestaltung des Unterrichts teilnehmen
Körperliche Aktivierung
• Konstrast zu passiv-sitzender Lernhaltung
7.6. Motivierung
Motive sind die Motoren des Handelns. Dennoch müssen die Begriffe Motiv und Motivation
unterschieden werden, da sie häufig als Synonym gebraucht werden.
Für Lernprozesse ist ein gewisser Grad an Motivierung über den kompletten Zeitraum
unabdingbar. Ziel hierbei ist es, dass der Lehrer in der Lage ist die motivationale
Fremdsteuerung (durch den Lehrer selbst) durch die motivationale Selbststeuerung (SuS
sollen in der Lage sein ihre eigenen Lernsituationen selber motivierend zu gestalten) ersetzt
werden.
Motive sind hierbei unterschiedlich stark ausgeprägt und beziehen sich auf unterschiedliche
Gegenstandbereiche:
156
7.7 Lernförderliches Klima
Lernumgebungen schaffen, die das Lernen der SuS erleichtern, begünstigen oder positiv
beeinflussen. Die Schaffung vieler Erfolgssituationen stellt den Kern eines lernförderlichen
Klimas dar.
Bei Fehlern der SuS ist es stets sinnvoll den Schülern alternative Strategien zur Bewältigung
der missglückten Aufgabe zu geben. Vor allem, wenn die SuS in der Lage sind ihre eigenen
Fehler zu berichtigen, hat dies positive Auswirkungen auf das Lernklima.
Eine angenehme Atmosphäre im Klassenraum (z.B. auch Lachen im Unterricht), d.h. ein
Mittelweg aus Ernsthaftigkeit und entspannender Atmosphäre wirkt sich positiv auf das
Klassenklima und somit auf die Unterrichtsqualität aus.
7.8. Schülerorientierung
Die Wertschätzung des Schülers als Person hat enormen Einfluss auf den affektiven Aspekt
des Wohlbefindens.
Ein schülerorientierter Unterricht ist dadurch gekennzeichnet, dass die SuS die Lehrperson
auch als Ansprechpartner in nicht-fachlichen Fragen erleben und sie als Schülerperson
respektiert, interessiert und fair/gerecht wahrnimmt.
Schüler wollen als gleichwertiger Teil des Unterrichtsgeschehens angesehen werden und
aktiv in den Unterricht eingebunden werden.
7.9. Kompetenzorientierung
Kompetenz umfasst, was ein Mensch wirklich kann und weiß, das heißt alle Fähigkeiten,
Wissensbestände und Denkmethoden, die ein Mensch in seinem Leben erwirbt und zur
Verfügung hat. Damit impliziert der Begriff auch ein individuelles Vermögen, Befähigung und
Potential. (Weinberg, 2004).
157
7.10 Umgang mit Heterogenität
Ein wesentliches Ziel von Unterricht ist der Erwerb von Kompetenzen, wie sie in
Bildungsstandards beschrieben sind. Hierbei wird das Hauptaugenmerk nicht auf die Inhalte
gelegt – nicht nur Durchnehmen, sondern auch können.
Schüleraktivität
PISA und IGLU zeigen auf, dass Länder mit einer hohen Heterogenität (wie es in
Deutschland der Fall ist) scheinbar schlechter abschneiden als vorwiegend homogen
geprägte Länder.
1. Vorwissen: Häufig unterschiedliches Vorwissen erschwert die Situation alle SuS auf
ein gleiches Niveau zu bringen, ohne sie dabei zu unter- bzw. überfordern. Derselbe
Unterricht für alle SuS mit unterschiedlichem Vorwissen hat unterschiedliche
Auswirkungen (ATI-Forschung)
7.11. Angebotsvariation
158
7.12 Schlüsselkompetenzen der Lehrkräfte
Hiermit ist eine große Varianz an allen verfügbaren Inszenierungstechniken gemeint, wie
beispielsweise Freiarbeit, Gruppenarbeit, Lehrgänge, Stationenunterricht, Medien,
Textsorten, Aufgabentypen, …
Prozedurales Wissen
Fachliches Wissen Sachkompetenz ohne Kenntnisse der Fachdidaktik ist
kein Lernerfolg möglich. Fachliche Mängel hingegen
können ausgeglichen werden (Helmke et al., 2008)
Curriculares Wissen Fachwissen + Zielvorstellungen über Bildung und
Lernen; Lehrplan
Philosophie des Schulfachs Epistemologische Überzeugungen
Allgemeines pädagogisches Wie bereitet man die für die Lernziele notwenigen
Wissen Lerngelegenheiten?
Fachspezifisches
pädagogisches Wissen
Diagnostische Kompetenz
Epistemologische Überzeugungen sind Vorstellung über Struktur des Wissens und des
Wissenserwerbs und beeinflussen Lernprozesse und Lernleistungen.
159
7.13 Aptitude-Treatment-Interaction (ATI)
Für den optimalen Lerneffekt sollten die Lehrmethoden auf die Voraussetzungen der
Lernenden abgestimmt sein. Beispielsweise lernen Schüler bei ungünstigen
Lernvoraussetzungen (z.B. hohes Angstpotential, niedriges Intelligenzniveau) besser bei
lehrerzentriertem, hochstrukturiertem Unterricht.
Bei günstigen Lernvoraussetzungen kontrollieren und setzen die Schüler die Lernziele aber
besser selbstständig (z.B. Diskussionsgruppen), hier ist ein höheres Maß an Freiräumen
effektiver.
8. Problemlösen
8.1.1. Interpolationsbarriere
Beispiel: Brettspiele
- Ziel: Gegner besiegen
- Mittel: bekannt
160
8.2 Arten von Problemsituationen
8.1.2. Synthesebarriere
Beispiel: Absichten eines Historikers die Lücken eines z.T. unlesbaren Fragments zu
ergänzen; Wohnung soll schöner werden
- Ziel: das genaue Ziel ist nicht bekannt (z.B: was heißt „schöner“?)
- Mittel: bekannt
- Problem: Ziel ist nicht genau bekannt
161
8.3 Problemlöseprozess
8.3. Problemlöseprozess
(nach Bransford & Stein, 1984)
8.3.1. Identifikation
Es ist nicht leichter Probleme zu erkennen, als diese zu lösen, wie man annehmen könnte. In
der Realität ist es durchaus nicht einfach, Probleme zu erkennen bzw. wahrzunehmen.
8.3.2. Definition
8.3.3. Exploration
162
8.4 Vergleich Experten vs. Novizen beim Problemlösen
Bei diesem Schritt werden Strategien verwendet, um mit der Lösungssuche zu beginnen
Algorithmische Strategien
Heuristische Strategien
Mittel-Ziel-Analyse
• Maßnahmen auswählen, die den Abstand zwischen Ausgangssituation und erstrebten Ziel
verkürzen
8.3.4. Antizipation
- Viele Schüler neigen dazu, nach Erreichen einer Lösung das Problem als
abgeschlossen zu betrachten
- Es findet keine kritische Überprüfung statt, ob ihre Lösung überhaupt sinnvoll
erscheint
Man bezeichnet jemanden als Experten – man schreibt ihm Expertise zu -, wenn dieser in
einem bestimmten Problembereich herausragende Leistungen erbringt (Ericsson & Lehmann,
1996).
163
8.4 Vergleich Experten vs. Novizen beim Problemlösen
Novize fängt erst an, sich mit einem bestimmten Thema vertraut zu machen.
Experten:
- Altersunabhängig (Chi & Koeske, 1983)
- Vorteile gehen z.B. bei sinnlosen, noch nicht bekannten Schachzügen verloren (Chase
& Simon, 1973)
- Expertise entwickelt sich dadurch, dass man sich mit außerordentlich vielen
Problemen in seinem Gebiet auseinandergesetzt hat (Chase & Simon, 1973)
Experten unterscheiden sich von Novizen dadurch, dass sie ihr Wissen anders ordnen.
Fundiertes
Umfasst:
Grundlagenwissen
- Deklaratives Wissen
- Prozedurales Wissen
- Konditionales Wissen
Sehr schnelles Erkennen Schnelles Erkennen bedeutsamer Gegebenheiten aufgrund
relevanter ihrer Umfangreichen Erfahrung
Problemmerkmale
Experten nehmen sich im Vergleich zu Novizen mehr Zeit um
Großer Zeitaufwand
sich mit den Gegebenheiten für sie neuen und damit
zum Verstehen von
schwierigen Problemen ihres Spezialbereichs vertraut zu
Problemen verwenden
machen
Großer Teil des prozeduralen Wissens bei Experten ist
hochgradig automatisiert
Entlastung des AG
164
8.5 Verhinderung von Problemlösungen
- Nicht alle Probleme sind mit dem vorhandenen Wissen lösbar (z.B.: komplexe
technische Probleme)
Es können vier verschiedene Faktoren in Rechnung gestellt werden, wenn wir auf der Suche
nach Erklärungen für interindividuelle Unterschiede beim Problemlösen sind:
Verarbeitungs-
geschwindigkeit
prozedurale
Aspekte
Ausmaß des
Interindividuelle prozeduralen Wissen
Unterschiede des
Problemlösens
Kapazität des AG
deklarative
Aspekte
Ausmaß des
deklarativen Wissens
- Normalerweise: Besseres Lösen von Problemen, auf die selbe Art, wie man es bereits
früher gemacht hat
- Aber: Nicht mehr gut, wenn sich das Problem verändert hat und trotzdem die alte
Lösungsmethode angewandt wird
166
9.1 Arten von Transfer
• „Lernen sollte sich in wirklichkeitsnahen Situationen vollziehen und auf die Lösung solcher
Probleme gerichtet sein, mit denen sich Schüler in ihrem Leben wirklich auseinander zu
setzen haben“ (Cunningham, 1991)
• Dies betrifft beispielsweise die Aufgabenstellungen in Büchern, sie müssen für den Schüler
verständlich formuliert sein
• nach Sweller, lieber ausgearbeitete Aufgaben vorlegen, also Schüler alles alleine
erarbeiten lassen
9. Transfer
Die erfolgreiche Anwendung des zuvor angeeigneten Wissens bzw. der erworbenen
Fertigkeiten im Rahmen einer neuen, in der Situation der Wissens- bzw. Fertigkeitsaneignung
noch nicht ersichtlichen Anforderung wird in der Lernpsychologie als Transfer bezeichnet
(Hasselhorn & Gold, 2013).
167
9.1 Arten von Transfer
Horizontaler vs.
vertikaler Transfer
Automatischer vs.
bewusster Transfer
Transferart Beschreibung
- Positiver: wenn neues Lernen oder
Problemlösen durch
vorangegangenes Lernen erleichtert
wird
Positiver vs. negativer Transfer
- Vertikaler: lernförderliche
Übertragung übergeordneter Natur
- Literal: Übertragung einer intakten
Fertigkeit bzw. Kenntnis auf neue
Lernaufgaben des gleichen Typs
9.2. Transfertheorien
Geben Antworten auf die Frage, wie Gelerntes erfolgreich transferiert werden kann.
Transfer durch
metakognitive Kontrolle
Behauptung: Mit Lerntransfer ist nur dann zu rechnen, wenn in der Anwendungssituation
Wissenselemente vorhanden sind, die in identischer Weise in der Lernsituation enthalten
waren.
Sichtweise: Transfer ist nicht, wie von Thorndike behauptet von identischen Elementen
abhängig, sondern von allgemeinen Prinzipien oder Verallgemeinerungen, die beim Lernen
als solche erkannt und in neuen Anforderungssituationen wieder angewandt werden.
Von Analogie spricht man, wenn zwei Probleme oder Anforderungen eine ähnliche
Tiefenstruktur besitzen (Hasselhorn & Gold, 2013).
Ansatz:
- Mentale Werkzeuge (z.B. Aktivitäten), die sich in früheren Situationen bei der
erfolgreichen Lösung eines Problems bewährt haben sind hier der zentrale Ansatz.
- Transfer ist dann möglich, wenn es funktionale Ähnlichkeiten zwischen den
ursprünglichen Anforderungen einer Lernsituation und der aktuellen
Anforderungssituation gibt
Ansatz:
- Verbindung der bisherigen Theorien
o Vorstellung eines generellen Transfers über den Aufbau allgemeiner
Schlüsselqualifikationen
170
9.3 Förderung von Transfer im Unterricht
o Thorndikes Annahmen
o Judd’s Annahmen
o Lerntransfer durch Analogiebildung
o Transfer durch Nutzung mentaler Werkzeuge
- Und metakognitiver Kontrollmöglichkeiten
Ziel ist es dem Entstehen von trägem Wissen entgegenzuwirken! Daraus ergeben sich
gewisse Empfehlungen für den Unterricht:
171
9.3 Förderung von Transfer im Unterricht
Literatur
172