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Arbeitsmarkt
Niedriglohn-Alarm in Deutschland
VON EVA ROTH
In Deutschland könnte der Niedriglohn-Sektor bald größer sein als in den USA, warnen
Forscher. Schon heute arbeiten 22 Prozent der Beschäftigten für wenig Geld - damit
liegt die Rate nur noch knapp unter dem amerikanischen Niveau. Das zeigen
Länderstudien, die heute in Amsterdam vorgestellt werden.
Keine Aufstiegschancen
Innerhalb eines Jahrzehnts sei der Anteil der Geringverdiener stark gestiegen - und zwar von 15 auf 22 Prozent.
Damit lag Deutschland 2005 knapp über dem britischen Niveau. Selbst der folgende Konjunkturaufschwung habe
den Trend nicht gestoppt, die Rate stieg noch mal leicht an. Inzwischen sind rund 6,5 Millionen Menschen
Geringverdiener. In Frankreich ist die Quote gerade mal halb so hoch wie hierzulande, in Dänemark ist sie noch
niedriger.
Geringverdiener, im
kritisiert diese Beschäftigungsform in seinem Vorwort zur deutschen Studie: Einzelhandel sind es 40 Prozent.
"Ganz offensichtlich stellt sich die Frage, ob diese Institution eine tragfähige Bei Dienstleistungen für
Langzeit-Lösung in einer modernen Wirtschaft ist." Unternehmen – hierunter fällt
auch Leiharbeit – beträgt die
Quote 36 Prozent.
Deutschland ist auf dem Holzweg, warnt Bosch: "Wenn die Politik nicht
gegensteuert, kann der Niedriglohnsektor in Deutschland größer werden als in den USA, wo jeder Vierte
Geringverdiener ist."
Was ist also zu tun? Ein gesetzlicher Mindestlohn würde immerhin den Menschen helfen,
die Hungerlöhne von vier oder fünf Euro kriegen, meint der Volkswirt. Er ist aber kein
Allheilmittel, wie ein Blick nach Großbritannien lehrt. Daher fordert er: "Wir müssen die
Tarifpolitik stärken." Insbesondere, indem mehr Tarifverträge für allgemein verbindlich
erklärt werden. Auf diese Weise ließen sich mittlere Einkommen stabilisieren.
Die Dänen können sich glücklich schätzen, sie haben schon eine Lösung gefunden. Dort
gibt es kaum Billigjobs - und kaum Arbeitslose. Das Land ist mit einem eigenwilligen
Politikmix erfolgreich. So sind Kündigungen relativ einfach und die
Arbeitslosenunterstützung großzügig. Die Gewerkschaften sind stark und sorgen für eine
geringe Lohnspreizung - nach unten und nach oben.
Niedriglohn (FR- Für Arbeit, die in Deutschland und den USA schlecht bezahlt wird, etwa in der
Infografik)
Fleischindustrie, gibt es in Dänemark anständige Gehälter, berichten die Wissenschaftler.
Zu schaffen macht den Dänen das hiesige Lohndumping: Schlachtereien haben Jobs nach Deutschland verlagert.
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Dokument erstellt am 17.04.2008 um 17:36:02 Uhr
Letzte Änderung am 18.04.2008 um 07:48:01 Uhr
Erscheinungsdatum 18.04.2008