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Bearbeitet von
Prof. Dr. med. habil. Volker Hofmann, Prof. Dr. med. Karl-Heinz Deeg, Prof. Dr. med. Peter F. Hoyer
3., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage 2005. Buch. 728 S. Hardcover
ISBN 978 3 13 100953 1
Format (B x L): 27 x 19500 cm
Weitere Fachgebiete > Medizin > Klinische und Innere Medizin > Pädiatrie,
Neonatologie
Zu Inhaltsverzeichnis
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14 Niere
P. F. Hoyer
In den letzten Jahren hat sich die Sonographie als erst- dale Anteil ist häufig von Darmluft überlagert, bei
rangige bildgebende Methode zur Darstellung der Nie- Splenomegalie ist die Darstellung dagegen er-
ren und ableitenden Harnwege allgemein durchgesetzt. leichtert.
Das früher unentbehrliche Ausscheidungsurogramm ist g Von dorsal durch die Rückenmuskulatur sind die
aufgrund der sonographisch erkennbaren Nierenmor- Nieren mühelos in 2 Ebenen abzubilden. Diese Dar-
phologie in der Regel nicht mehr indiziert. Das Gleiche stellungsart erlaubt außerdem eine exakte Bestim-
gilt für die Durchführung einer nativen Computertomo- mung der Nierenlängsachsen, die im Säuglingsalter
graphie, die meist keine zusätzlichen Informationen er- eher parallel verlaufen, jenseits dieses Alters in kau-
bringt (46). daler Richtung divergieren.
Dem Stellenwert „erstrangig“ kann die sonographi-
sche Untersuchung nur dann gerecht werden, wenn Die Kenntnis der Längsachse ist Voraussetzung für eine
moderne Geräte mit hoher Auflösung zur Verfügung genaue Querschnittdarstellung. Bei schrägen Quer-
stehen. Mit der hohen Auflösung muss auch der An- schnitten kommt es aufgrund des „Salami-Schnitt-Phä-
spruch an die technische und insbesondere fachliche nomens“ zu fehlerhaften Messwerten und damit zu Vo-
Kompetenz des Untersuchers steigen, ohne die Nieren- lumenfehlbestimmungen. Bei der Darstellung des Quer-
fehlbildungen, zystische Nierenerkrankungen oder Pa- schnitts, der von lateral her oder bei der rechten Niere
renchymveränderungen leicht fehlinterpretiert werden. von ventral durch die Leber vorgenommen wird, gilt bei
zentralem Anschnitt, dass der kleinstmögliche Quer-
schnitt der Exakteste ist.
Untersuchungstechnik Der gesunde Ureter entzieht sich der regelhaften so-
nographischen Darstellung. Mitunter kann ein Urin
Bei Säuglingen sollte die Sonographie der Nieren und transportierendes Uretersegment während einer peri-
ableitenden Harnwege grundsätzlich mit der Untersu- staltischen Welle kurz gesichtet werden. Ein dilatierter
chung der Blase beginnen, da Säuglinge häufig direkt Ureter lässt sich proximal von lateral oder von dorsal
nach dem Öffnen der Windeln miktionieren. Durch An-
wendung von in Babyflaschenwärmern angewärmtem
Ultraschallkontaktgel kann ein Aufschrecken der Kinder
vermieden werden.
Aufgrund der meist lufthaltigen Darmschlingen ge-
lingt die Darstellung der Nieren von ventral häufig un-
zureichend. Am besten lassen sich die Nieren von late-
ral oder dorsal darstellen:
g Bei der Darstellung von lateral ist darauf zu achten,
dass die Leber (Abb. 14.1) oder die Milz als Schall-
fenster für die Niere dienen. Liegt Darm im Schall-
fenster, ist die Darstellung unsauber und unzurei-
chend. Gegebenenfalls lässt sich das Schallfenster
bei kooperativen Kindern durch tiefes Ein- oder Aus-
atmen optimieren. Ferner muss der Untersucher
eine Vorstellung vom Verlauf der Nierenlängsachse
haben. Sie verläuft in etwa parallel zum Psoas, d. h.
von kranial-dorsal nach kaudal-ventral.
– Die Darstellung der rechten Niere bereitet in der
Regel keine Schwierigkeiten. Ausnahmen sind das
Fehlen eines geeigneten Leberschallfensters bei
Schrumpfleber oder Zwerchfellhochstand. Abb. 14.1 Normale Niere. Darstellung von ventral durch das
– Die Darstellbarkeit der linken Niere von lateral Schallfenster der Leber. Die gesunde Leber stellt die Vergleichs-
hängt wesentlich von der Milzgröße ab. Der kau- größe für die Beurteilung der Echogenität dar.
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Hofmann, Deeg, Hoyer, Ultraschall in Pädiatrie und Kinderchirurgie (ISBN 3131009535), © 2005 Georg Thieme Verlag
14 Niere
Untersuchungsvorbereitung
Bei der Nierensonographie ist keine spezielle Untersu- Abb. 14.3 Echoreiche Linie im oberen Nierendrittel: so ge-
chungsvorbereitung erforderlich. Die Patienten sollten nannte „parenchymal junction line“. Dieser Normalbefund darf
jedoch gut hydriert sein, da sonst dem Untersucher in nicht mit einer Parenchymnarbe verwechselt werden.
einer Antidiuresesituation eine urodynamisch relevante
Obstruktion entgehen würde. Aus diesem Grund ist
auch postnatal innerhalb der ersten 48 Stunden eine Die normale Niere weist glatte Konturen auf und hat
Sonographie der Nieren und Harnwege nur einge- beim Schnitt auf den Nierenhilus zu eine bohnenför-
schränkt aussagefähig. Die Untersuchung innerhalb die- mige Form. Am Übergang vom mittleren zum oberen
ses Zeitraums kann nur der Orientierung dienen, ein Drittel findet sich häufig eine Parenchymkerbe, die
Normalbefund schließt eine Obstruktion nicht aus. nicht mit einer Narbe verwechselt werden darf
Grundsätzlich müssen die Nieren und Harnwege (Abb. 14.3). In der Literatur wird dieses Phänomen
einmal bei voller Blase sowie unmittelbar nach der Mik- „parenchymal junction line“ genannt. Es stellt ein Relikt
tion untersucht werden. Eine Untersuchung bei leerer der ehemaligen Renkulierung im Oberpol dar. Ur-
Blase gilt als unvollständig. Dies muss im Befundbericht sprünglich wurde diese parenchymale echoreiche Linie
betont werden. für ein bindegewebiges Septum gehalten. Neuere Un-
tersuchungen mittels Kernspintomographie zeigten
aber, dass es sich hierbei um interponiertes Fettgewebe
Normale Anatomie handelt (47).
Nieren von Früh- und Neugeborenen weisen häufig
Die Auflösungsmöglichkeit moderner Ultraschallgeräte die für das Fetalalter typische fetale Renkulierung auf
erlaubt im Vergleich mit makroskopischen Nieren- (Abb. 14.4), die nach Ende des 1. Lebensjahres nur noch
schnittpräparaten eine ausgezeichnete Detailerkenn- selten erkennbar ist (41, 81).
barkeit (15) (Abb. 14.2). Das Parenchym gliedert sich in Rinde und Mark.
Zentral liegt als reflexreiche bandförmige Struktur der
sog. Mittelechokomplex. Die Nierenrinde ist von feiner,
homogener Echotextur mittlerer Echogenität. Beim ge-
sunden Kind ist die Rindenechogenität gering niedriger
als die Parenchymechogenität der Leber.
Medulla Calices
(Markpyramide) minores
Sinus renalis
Calices majores
peripelvines
Fettgewebe Pyelon
Columna
renalis
Ureter
Vasae
arcuatae
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Hofmann, Deeg, Hoyer, Ultraschall in Pädiatrie und Kinderchirurgie (ISBN 3131009535), © 2005 Georg Thieme Verlag
Normale Anatomie 14
Beim Neugeborenen ist die Nierenrindenechogenität
gering höher als die der Leber. Diese relativ höhere Rin-
denechogenität des kleinen Säuglings gegenüber der äl-
terer Kinder verliert sich etwa im 3. Lebensmonat (Abb.
14.4) (30, 34). Als Ursache für die Echogenitätserhö-
hung wird die relativ hohe Dichte an Glomeruli in der
frühen Säuglingszeit angenommen. Die Zahl der Glo-
meruli ist bei Geburt bereits vollständig vorhanden und
nimmt im Laufe des Lebens nicht zu. Die Abnahme der
Echogenität wird durch ein Auseinanderrücken der Glo-
meruli durch das Wachstum des Tubulusapparats inter-
pretiert (41).
Die Markpyramiden stehen regelmäßig voneinan-
der getrennt nahezu radiär, die Pyramidenspitzen mün- a
den als Papillen in die Nierenkelche und sind bei leich-
ter Kelcherweiterung präzis darstellbar. Die Basis der
Pyramiden weist in der Mitte eine rundliche Einker-
bung auf, wodurch die Pyramide sehr stark an ein Ging-
kobaumblatt erinnert. Die Pyramiden sind deutlich
echoärmer als die Nierenrinde, jedoch nicht echofrei.
Die Markpyramiden sind bei Säuglingen häufig
echoärmer als im späteren Lebensalter und können An-
lass zur Verwechslung mit Zysten oder Kelchektasien
geben. Echoarme Pyramiden weisen jedoch nicht die
für Zysten typische dorsale Schallverstärkung auf.
Als Besonderheit findet man bei einigen Neugebore-
nen in der Perinatalperiode eine erhöhte Echogenität
der Markpyramiden, wobei die Echogenität höher als
die der Nierenrinde sein kann (Abb. 14.5a, b). Dieses b
Phänomen verschwindet meistens nach 1–2 Wochen. Abb. 14.5a, b Transiente Hyperechogenität der Markpyra-
Als Ursache wird eine mangelnde Hydrierung mit Aus- miden in der Neugeborenenperiode.
fall von Proteinen und Harnsäure im Tubulusbereich a Hohe Echogenität in den distalen Markpyramidenanteilen,
möglicherweise durch Ausfällung von Harnsäure oder Prote-
angenommen (1, 24). (Manche Autoren glauben mittels inen in den Sammelrohren. Als Ursache für dieses Phänomen
dieses Phänomens die Ausfällung von Tamm-Horsfall- wird eine mangelnde Hydratation und geringe Diurese disku-
Protein identifizieren zu können und sprechen von der tiert.
Tamm-Horsfall-Niere. Mangels Spezifität akustischer b Befund nach 2 Wochen deutlich rückläufig.
Phänomene ist eine derartige Schlussfolgerung nicht
zulässig.)
Die Bertini-Säulen oder Columnae renalis sind von spreizung oft nur wenige Millimeter. Eine Beurteilung
gleicher Echogenität wie die Nierenrinde. Hypertro- des Nierenbecken-Kelchsystems sollte daher grund-
phierte Columnae renalis werden häufiger bei Einzel- sätzlich in 2 Ebenen erfolgen.
nieren beobachtet, sie können aber auch unabhängig Arterien erscheinen bisweilen als echoreiche Re-
davon auftreten. Nicht selten besteht eine diagnosti- flexe und je nach Schallkopffrequenz und Gefäßkaliber
sche Unsicherheit bezüglich der Abgrenzung zu Tumo- als Doppelreflexe. Aufgrund des teilweise parallelen
ren (s. Raumforderungen der Niere). Verlaufs zur Schallkopfoberfläche kommen die an der
Der Mittelechokomplex besteht aus: Basis der Pyramiden verlaufenden Aa. arcuatae häufig
g dem Nierenbecken-Kelchsystem gut zur Darstellung. Weitkalibrige Venen sind im Hilus-
g dem peripelvinen Fettgewebe sowie bereich mitunter ohne Dopplersonographie kaum von
g den sich im Hilus verzweigenden Strukturen des Nierenbecken-Kelchsystems zu unter-
bzw. zusammenlaufenden Gefäßen. scheiden.
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Hofmann, Deeg, Hoyer, Ultraschall in Pädiatrie und Kinderchirurgie (ISBN 3131009535), © 2005 Georg Thieme Verlag
14 Niere
Harnblase 10
Nierenlänge (cm)
Die Harnblase kann nur im gefüllten Zustand beurteilt
werden. Aufgrund der Randbegrenzung im kleinen Be- 8
cken erscheint sie bei Füllung im Querschnitt eher als
Viereck mit abgerundeten Ecken und nur bei geringerer 6
Füllung oder während der Miktion rund. Bei Mädchen
wird die Blasenwand dorsal durch den Uterus impri- 4
miert, der überwiegend eine von der Mittellinie leicht
nach links abweichende Lage einnimmt. Ventral der
2
Blasenvorderwand findet sich bisweilen eine kleine, 40 60 80 100 120 140 160 180
lentiforme, echoarme Struktur, die einem Urachusrudi- Körperlänge (cm)
ment entspricht.
Mittelwert rechts obere 2SD rechts untere 2SD rechts
Die Dicke der Harnblasenwand beträgt bei mittlerer a Mittelwert links obere 2SD links untere 2SD links
Füllung bei Säuglingen etwa 2–3 mm, bei größeren Kin-
dern maximal 4 mm. Bei entleerter Blase ist sie dicker. y = 17,52+4,20 x r 2 = 0,99
Die Blasenschleimhaut imponiert abhängig vom Winkel y = 15,77+3,32 x r 2 = 0,99
y = 14,01+2,44 x r 2 = 0,98
zur Ausbreitungsrichtung der Schallwellen als zarte,
Gesamtnierenvolumen rechts und links (ml)
300
glatte, echoreiche Schicht. Sie kann aber bei fast leerer
Blase eine wellige Kontur annehmen. 250
200
Morphometrie
150
0
Länge · Breite · mittlere Tiefe · 0,5. 0 10 20 30 40 50 60
Körpergewicht (kg)
b obere SD mittleres Gesamtvolumen (ml) untere SD
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Dopplersonographie 14
60 120
n = 14001 Neugeborene
100
50
0
Nierenbreite 0 20 60 40 80 100 120 140 160 180 200
20 a Höhe (cm)
140
Nierentiefe
10 120
Nierenbeckentiefe 100
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14 Niere
Aa. arcuatae
Eine Standardisierung der Platzierung der Messvolu-
mina ist unabdingbar. Wir messen die Flussgeschwin- Aa. segmentalis
digkeit der Aa. renalis kurz vor dem Eintritt in das Pa-
renchym bzw. bei früher Aufgabelung in Segmentäste
kurz vor der Gabelung, die Aa. segmentales werden int- Aa. interlobulares
rarenal in Höhe des Mittelechokomplexes im Bereich
des Nierenbeckens vermessen, die Aa. interlobares etwa
in der Mitte der Markkegel, die Aa, arcuatae am kortiko-
medullären Übergang. Eigene erstellte Messwerte de- Abb. 14.9 Arterielles Gefäßsystem der Niere.
cken sich mit denen von Deeg (16) (Tabelle 14.1 u. 14.2).
Die von Grunert (29) publizierten Daten liegen be-
züglich der systolischen Flussgeschwindigkeiten um ca. Gefäße zum Vergleich mit herangezogen werden, damit
15–20 cm/s höher, die mittleren gewichteten Flussge- systemische hämodynamische Faktoren nicht als renale
schwindigkeiten ca. um 10–14 cm/s höher als die von Faktoren interpretiert werden.
Deeg et al. angegebenen Werte. Da beide Autoren die Bei der von Grunert (29) angegebenen Methode, die
gleichen Geräte verwendet haben, kann der Unter- Nierendurchblutung auf das Nierengewicht in Gramm
schied nur auf die unterschiedliche Platzierung des oder auf die auf 1,73 m2 normierte Körperoberfläche zu
Messvolumens zurückzuführen sein: Die von beiden beziehen, besteht das Problem, dass bei begrenztem la-
Arbeitsgruppen ermittelten RI-Werte sind als identisch teralen Auflösungsvermögen selbst moderner Ultra-
zu betrachten. schallgeräte der Fehler bei der Gefäßdurchmesserbe-
Diese Normalwertunterschiede sind ein Beleg dafür, stimmung im Quadrat in die Volumenflussberechnung
dass trotz hoher Sensitivität und Reproduzierbarkeit eingeht.
diese Methode nur dann für intra- und interindividuelle
Vergleiche brauchbare Ergebnisse liefert, wenn die
Messpunkte exakt bestimmt worden sind. Die maxima- Powerdoppler
len Blutflussgeschwindigkeiten nehmen vom Nierenhi-
lus in Richtung Nierenperipherie deutlich ab. „Color doppler energy“ oder „Powermode“ oder „Angio-
Die Korrelation der maximalen Blutflussgeschwin- mode“ ist eine dopplersonographische Technik, die
digkeiten mit dem Lebensalter zeigen etwas höhere 1993 etabliert wurde. Bei dieser wird nicht die Fluss-
Flussgeschwindigkeiten im Säuglingsalter, danach sind richtung farbig kodiert dargestellt, sondern die Energie
die Blutflussgeschwindigkeiten etwas niedriger und der aus dem Gewebe reflektierten Signalstärke ohne
unabhängig vom Lebensalter nahezu konstant. Das Richtungsangabe. Der Powermode hat gegenüber dem
Gleiche gilt auch für die RI-Werte, die bei Säuglingen konventionellen Farbdoppler folgende Vorteile:
und Frühgeborenen höhere Werte aufweisen (6, 7). g Der Powermode ist weniger vom Dopplerwinkel ab-
Grundsätzlich dürfen dopplersonographisch ermit- hängig. Dies wird insbesondere deutlich, wenn die
telte Flusskurven der Nierengefäße nicht isoliert be- Gefäßverläufe rechtwinklig zur Einschallrichtung er-
trachtet werden, sondern es sollten andere abdominelle folgen. Beim Dopplerwinkel von 90° ist mit dem
A. renalis Aa. segmentales Aa. interlobares Tabelle 14.2 Normalwerte für re-
nale Gefäßwiderstände ± Standard-
Säuglinge, Kleinkinder 0,78 ± 0,13 0,81 ± 0,12 0,70 ± 0,03 abweichungen (nach Deeg [16])
Schulkinder 0,68 ± 0,10 0,62 ± 0,10 0,59 ± 0,08
Jugendliche 0,64 ± 0,09 0,64 ± 0,04 0,60 ± 0,04
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Fehlbildungen 14
konventionellen Farbdoppler keine Flussgeschwindig- bels, bei Geburt in Höhe von L1. Während der Aszensi-
keit darstellbar, während dies mit dem Powermode onsphase kommt es zu einer Rotation des ursprünglich
noch gut möglich ist. ventral gelegenen Nierenbeckens nach medial. Wenn
g Der Powermode detektiert niedrige Flussvolumina der embryonale Aszensionsprozess die Niere nicht in
und Flussgeschwindigkeiten. Je nach Gerät wird die die übliche Position in die Fossa renalis führt, ist eine
Sensitivität mindestens um das Dreifache gesteigert. Heterotopie die Folge:
Unter idealen Bedingungen sind Flussgeschwindig- g fehlende Aszension führt zur Beckenniere
keiten detektierbar, die in der Größenordnung der g überschießende Aszension zur thorakalen Niere und
kapillaren Flussgeschwindigkeit liegen. g Wandern auf die Gegenseite zur gekreuzten Hetero-
g Beim Powermode tritt kein Aliasing auf. Das beim topie.
konventionellen Farbdoppler auftretende Aliasing,
d. h. bei Flussgeschwindigkeiten, die über der oberen Rotationsstörungen kommen isoliert, meist aber in
farbig kodierten Flussgeschwindigkeit liegen, tritt Kombination mit Aszensionsstörungen vor. 3 Formen
ein Farbumschlag in den negativen Bereich auf, z. B. können unterschieden werden:
von rot nach blau. g Ausbleiben der Rotation mit nach ventral gerichte-
tem Nierenbecken
Der Nachteil der Methode liegt darin, dass sie anfälliger g laterale Rotation und
für Bewegungsartefakte ist. g übersteigerte Rotation mit nach dorsal positionier-
Eine sinnvolle Anwendungsmöglichkeit der Methode tem Nierenbecken.
besteht immer dann, wenn nicht die absolute Flussge-
schwindigkeit, sondern die Perfusionsdichte in einem Die Kenntnis dieser Embryogenese erleichtert das Ver-
umschriebenen Areal erfasst werden soll. Vorausset- ständnis für Positionsanomalien und erklärt die häufige
zung hierfür ist eine standardisierte Geräteeinstellung Malrotation bei Malaszension. Malposition und Malro-
mit Berücksichtigung der Frequenz, Distanz der Niere tation sind häufig Zufallsbefunde. Klinische Relevanz
vom Schallkopf und Feldgröße der farbkodierten Re- besteht nur bei der Suche nach einer 2. Niere bei Ver-
gion, da Abtastfrequenz und Bildauflösung von der dacht auf einseitige Nierenagenesie, bei der Differenzi-
Feldgröße abhängig sind (102). aldiagnose tastbarer Unterbauchtumoren sowie im Hin-
Die normale Niere zeigt in der Nierenrinde eine ho- blick auf eventuell geplante Operationen. Urodyna-
mogene Perfusion direkt bis unter die Kapsel. Die Mark- misch relevante Obstruktionen und Steinbildungen sind
pyramiden sind aufgrund der Gefäßarmut ausgespart. bei malpositionierten oder -rotierten Nieren häufiger
Krankheitsbilder, die mit einer verminderten Perfu- als bei Nieren in normaler Position.
sion einhergehen, wie das hämolytisch urämische Syn- g Sonographisch erscheinen malpositionierte oder
drom, Niereninfarkte, Narbenabszesse lassen sich deut- -rotierte Nieren meist mehr oval als nierenförmig
licher darstellen. und das Nierenbecken liegt überwiegend extrarenal.
Bei der Transplantatniere korreliert das Powerdopp-
lerbild mit der Rarefizierung der Gefäße bei der chroni- Bei Verschmelzung beider metanephrogenen Blasteme
schen Transplantatdysfunktion (Abb. 14.10a–c und vor der Aszension ist die Ausbildung einer der zahlrei-
14.11a–e). chen Verschmelzungsformen die Folge. Man unter-
Die Blasenwand zeigt in der konventionellen Farb- scheidet je nach partieller Aszension Beckenkuchen-
doppleruntersuchung wenig Durchblutung, bei starker niere, Hufeisenniere, gekreuzte Heterotopie mit Ver-
inflammatorischer Reaktion kann unter Umständen schmelzung oder Sigmaniere. Sonographisch gelingt die
mittels Powermode eine verstärkte Gefäßinjektion dar- eindeutige Differenzierung einer Verschmelzungsniere
stellbar werden. nicht immer, sodass bei klinischen relevanten Sympto-
men ein Ausscheidungsurogramm oder Hydro-MRT er-
forderlich sein kann.
Fehlbildungen Die Hufeisenniere (Abb. 14.12 u. 14.13a, b) entgeht
nicht selten der orientierenden sonographischen Unter-
Ektopie und Malrotation, Formvarianten suchung, insbesondere dann, wenn nur von lateral ge-
schallt wird. Die Darstellung der prävertebralen Paren-
Ektopie und Malrotation sind durch die Embryologie chymbrücke ist bei luftgefüllten Darmschlingen mitun-
verständlich. Die Nierenentwicklung beginnt mit der ter recht schwierig. Bei der Untersuchung von dorsal
Verschmelzung der aus dem Urnierengang ausge- sollten folgende Befunde den Verdacht auf Hufeisennie-
sprossten Ureterknospe und dem metanephrogenen ren lenken:
Gewebe. In der 6. Embryonalwoche liegt die Nachniere g nicht nach kaudal divergierende,
kaudal der Aortengabel. sondern parallele Nierenlängsachsen
Im Laufe der weiteren Entwicklung kommt es zur g fehlende oder schlechte Abgrenzbarkeit
sog. Aszension der Niere. Gegen Ende des 3. Fetalmo- der Unterpole und
nats liegt die Nierenmitte in Höhe des 2.–3. Lendenwir- g ventral positionierte Nierenbecken.
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Hofmann, Deeg, Hoyer, Ultraschall in Pädiatrie und Kinderchirurgie (ISBN 3131009535), © 2005 Georg Thieme Verlag
14 Niere
a b
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Fehlbildungen 14
a b
c d
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Fehlbildungen 14
tung beurteilt werden und der Patient bedarf einer
kindernephrologischen Überwachung.
g Besteht eine zusätzliche männliche Genitalfehlbildung
wie Kryptorchismus, Samenblasenzysten oder eine
weibliche Genitalfehlbildung wie Uterusanomalien,
-doppelanlagen oder Hymenalatresie (Abb. 14.15a, b)?
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14 Niere
a b
Abb. 14.15a, b Einzelniere links, zystisch erweiterte Samen- a Blasentransversalschnitt.
blasenstrukturen retrovesikal. b Blasentransversalschnitt etwas nach kranial versetzt.
ler konsekutiver fehlender Nephroninduktion. Die Folge So liegt die Größe von dysplastischen Nieren ohne Zys-
kann die Ausbildung großer Zystenformationen sein ten deutlich unter der 3er-Perzentile (Abb. 14.16, 14.17).
(multizystische Dysplasie), die der Ureterknospenver- Sie müssen differenzialdiagnostisch von Schrumpfnie-
zweigung entstammen, sowie kleinerer Zysten, die sich ren verschiedenster Ursache abgegrenzt werden
von tubulären und glomerulären Strukturen ableiten. (Abb. 14.18). Dysplastische Nieren mit großen Zysten
Fibromuskuläre mesenchymale Zellen, Zilienepithe- dagegen imponieren klinisch schon im Säuglingsalter
lien und metaplastische Knorpelzonen gelten als typi- als großer palpabler Bauchtumor.
sche histologische Merkmale der Dysplasie. Der Ureter In der Ära der pränatalen Sonographie werden mul-
ist meist atretisch oder hochgradig stenosiert. Weniger tizystische Nierendysplasien meist pränatal diagnosti-
extreme Dysplasieformen (einfache Dysplasien), die nur ziert. Bei multizystischer Dysplasie bestehen die Nieren
die äußeren Kortexelemente betreffen, sind häufig bei aus einem Konglomerat von unterschiedlich vielen und
unterer Harntraktobstruktion anzutreffen, was darauf unterschiedlich großen Zysten (Abb. 14.19a, b).
hindeutet, dass die Differenzierungsstörung wesentlich Das sonographische Bild ist außerordentlich varia-
später nach der Fusion von Ureterknospe und meta- bel:
nephrogenem Blastem eintritt. Beispiele hierfür sind die g bisweilen gleicht es einem Traubenkonglomerat
Ureterabgangsstenose, die Nierenveränderungen bei g anstelle der Niere können aber auch nur eine
Urethralklappen, das Prune-Belly-Syndrom oder der pri- (Abb. 14.20a, b) oder wenige (Abb. 14.21) große Zys-
märe Reflux in Assoziation mit Nierendysplasie. ten zur Darstellung kommen
Sonographische Kriterien der Nierendysplasie: g ein Parenchymsaum fehlt
g hohe Echogenität g die Konturen sind lobulär
g fehlende oder stark reduzierte kortikomedulläre Dif- g die Zysten lassen sich nicht ineinander überführen.
ferenzierung
g die Größe der Niere variiert stark und ist abhängig
von der Zahl und Größe zystischer Elemente.
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Fehlbildungen 14
Die Diagnose bereitet im klassischen Fall keine Schwie-
rigkeiten (Abb. 14.19), gelegentlich ist aber die Abgren-
zung zur Hydronephrose bei Ureterabgangsstenose
schwierig, zumal hier das Parenchym auch dysplastisch
und extrem rarefiziert sein kann, und aufgrund der
oben dargestellten embryologischen Entwicklung auch
zystische Elemente im Parenchym zu finden sind.
Bei der Hydronephrose
g liegt die größte „Zyste“ zentral (Abb. 14.1.22a)
g die ektatischen Kelche sind radiär herum angeordnet
g das Parenchym zwischen den Kelchen kann soweit
aufgebraucht sein, dass es dünn wie Septen er-
scheint (Abb. 14.22b)
Abb. 14.16 Echoreiche, deutlich verkleinerte Niere bei ei-
nem Säugling mit Nierenfunktionseinschränkung: Dysplasie.
a
Abb. 14.19a, b b Operationspräparat der multizystischen Niere.
a Multizystische Dysplasie. Das Parenchym zwischen den
Zysten ist echoreich und lässt keine normale Nierenstruktur er-
kennen.
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