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Jugoslawien

Bei der ersten Volkszählung vom 15. März 1948 wurden auf dem Staatsgebiet der
Volksrepublik Jugoslawien nur mehr 55.337 Deutsche gezählt, die mit 41.460 Personen
mehrheitlich in der serbischen Teilrepublik und im Raum der autonomen Provinz
Vojvodina lebten. Zum Zeitpunkt der Volkszählung befanden sich noch mindestens
10.000 Deutsche in den sich auflösenden Lagern. An die 70.000 Personen deklarierten
sich wegen der antideutschen Maßnahmen als Magyaren (48.000), Kroaten (12.000),
Serben (6.000), Österreicher oder als Angehörige einer anderen Volksgruppe (3.000).
Denn bei der Volkszählung von 1953 gab es plötzlich noch 60.000 Deutsche, von denen
zwei Drittel bis 1960 auswanderten, nachdem sie sich von ihrer jugoslawischen
Staatsbürgerschaft losgekauft hatten. Zwischen 1952 und 1959 wurde mit Hilfe des
Roten Kreuzes ein Großteil der deutschen Kinder von den jugoslawischen Kinderheimen
nach Deutschland und Österreich überführt. Somit war die deutsche Bevölkerungsgruppe
bei der jugoslawischen Volkszählung von 1961 auf 20.000 Angehörige geschrumpft. Der
Rückgang setzte sich bis zur Volkszählung von 1971 fort, bei der sich nur mehr 12.300
Personen zur deutschen Volksgruppe bekannten. Davon lebten 7.243 Personen im
serbisch-vojvodinischen Raum und 2.792 in der kroatischen Teilrepublik. Der Zerfall der
Volksrepublik Jugoslawien zu Beginn der 1990er Jahre nährte unter dem Regime von
Slobodan Miloševic einen großserbischen Nationalismus, der bei den älteren Angehörigen
der deutschen Volksgruppe wieder Erinnerungen an die Schrecken der Nachkriegszeit
wachrief. Bei der Volkszählung von 1991 waren es daher nur mehr 5.172 Personen, die
sich in Serbien als Deutsche deklarierten. Am Ende des blutigen Bürgerkriegs war unter
militärischem Druck der internationalen Staatengemeinschaft aus den im ehemaligen
Staatsverband der Volksrepublik Jugoslawien verbliebenen Teilrepubliken Serbien und
Montenegro die Bundesrepublik Jugoslawien entstanden. Die Volkszählung in der
Bundesrepublik Jugoslawien von 2002 brachte für die deutsche Volksgruppe mit nur mehr
3.901 Angehörigen einen Verlust von 24% gegenüber 1991. In der Serbischen Republik
sank die Zahl der Deutschen auf 747 Personen; 1991 waren es immerhin noch 1.299
gewesen. In der autonomen Provinz Voivodina hielt sich der Verlust bei der Volkszählung
von 2002 mit einem Minus von 18% gegenüber 1991 in Grenzen. Die Zahl der Deutschen
sank dort von 3.873 auf 3.154. Die Volkszählung von 2002 berücksichtigte die wenigen
Deutschen in Montenegro und im Kosovo nicht mehr. 1991 hatten sich in Montenegro
noch 124 Personen zur deutschen Volksgruppe bekannt, im Kosovo waren es im selben
Jahr genau 90 – in beiden Fällen wohl ausschließlich ehemalige Gastarbeiter in
Deutschland, Österreich oder der Schweiz. Zu gewissen Hoffnungen ermutigt das
Minderheitengesetz der Bundesrepublik Jugoslawien von 2002, das die deutsche
Minderheit als autochthone Volksgruppe anerkennt und ihr damit eine Reihe von
Minderheitenrechten einräumt. Ein Hauptproblem für die deutsche Minderheit stellen
weiterhin die AVNOJ-Beschlüsse und ihre Folgegesetze dar, weil ihre Rechtsgültigkeit die
Angehörigen der deutschen Volksgruppe teilweise vom Restitutionsprogramm
ausschließt. Die deutschen Minderheitsverbände in der nunmehrigen Republik Serbien-
Montenegro fordern daher die Aufhebung aller Gesetze, die gegen die Bürger deutscher
Volkszugehörigkeit in Jugoslawien erlassen wurden. Die Republik Serbien-Montenegro ist
der Nachfolgestaat der Bundesrepublik Jugoslawien. In der Republik Slowenien existiert
eine kleine deutsche Minderheit, die auf Grundlage der Volkszählung von 1991
mindestens 1.813 Personen umfasst, wobei zwischen Österreichern und Deutschen
unterschieden wurde. Der Grazer Historiker Stefan Karner kam in seinen Untersuchung
zur deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien zum Ergebnis, dass die genaue Zahl
jedoch über diesem Ergebnis liegt. Die Republik Slowenien hat in einem
Kulturabkommen, das 2001 nach langjährigen Verhandlungen mit der Republik Österreich
abgeschlossen wurde, erstmals wieder seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs die
Existenz einer deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien anerkannt. Als autochthone
Volksgruppe finden in der Verfassung der Republik Slowenien vom 23. Dezember 1991
hingegen nach wie vor nur die Ungarn und die Italiener Anerkennung. Bei der
Volkszählung 2001 bekannten sich in Slowenien 1628 Personen zur deutschen
Muttersprache.
Im Gegensatz zu Slowenien anerkennt die Republik Kroatien ihre nationalen Minderheiten
als autochthone Volksgruppen, zu denen neben den Serben, Tschechen, Ungarn, Roma,
Italienern, Juden, Ukrainern und Ruthenen (Rusini) auch die Deutschen zählen. In Kroatien
bekennen sich nach amtlichen Angaben 2.800 Personen zur deutschen Minderheit, die
seit der kroatischen Unabhängigkeit ein reges Vereinsleben entwickelt hat. Das kulturelle
Zentrum der deutschen Minderheit in Kroatien ist die Stadt Esseg (kroat. Osijek) in
Slawonien.

Wassertheurer Peter

Slowenien
Offizielle Amtssprache: Slowenisch, regional auch: Ungarisch,
Italienisch

Umgangssprachen: Slowenisch, Ungarisch, Italienisch,


(Stokawisch, Tschakawisch, Kajkawisch, Mazedonisch, Albanisch),
(/[Bairisch]/), Romani

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[Die Karte stellt die ehem. Kronländer in der österreichischen Monarchie dar. Sie sind auch Kulturregionen.]

Ca. 85% der Bevölkerung sprechen als Muttersprache Slowenisch. Im


Alltag finden dabei meist noch die inzwischen allerdings durch die
Standardsprache beeinflußten Dialekte Anwendung. In jüngster Zeit haben
die Dialekte auch die Musikszene erreicht. Die Standardsprache basiert
heute auf dem Dialekt von Laibach/Ljubljana. Auch in Laibach gibt es aber
eine von der Standardsprache abweichende Umgangssprache. Im
Übermurgebiet im Osten gibt es eine ungarische Minderheit. In Gemeinden
mit starker ungarischer Minderheit ist Ungarisch zweite Amtssprache. Auf
Istrien gibt es eine italienische Minderheit. In Gemeinden mit starker
italienischer Minderheit ist Italienisch zweite Amtssprache. Über das Land
verstreut gibt es noch
Serben/Montenegriner/Kroaten/Bosniaken/Mazedonier/Albaner. Sie sind im
wesentlichen ein Relikt der jugoslawischen Zeit. Sie machen insgesamt
etwa 5% der Bevölkerung aus. Sie beherrschen neben
Serbisch/Kroatisch/Bosnisch bzw. Mazedonisch oder Albanisch meist auch
Slowenisch, spätestens seit der Unabhängigkeit. Außerdem gibt es 0,2%
Roma. Nicht nur weil Slowenien 1000 Jahre lang Teil des Deutschen Reichs
bzw. Österreichs war, sondern auch wegen einer germanischsprachigen
Besiedlung im Hochmittelalter gab es bis zum 2. Weltkrieg eine starke
bairischsprachige Minderheit. Im Gottscheer Land (Kočevje) stellten sie
sogar 80% der Bevölkerung. Sie wurden während des Krieges
ausgesiedelt, die übrigen meist nach dem Krieg vertrieben oder
assimilierten sich in den Nachkriegsjahren. Das Gottscheer Land war daher
in den letzten Kriegsjahren fast unbesiedelt bzw. nur von Partisanen
bewohnt. Heute sprechen noch 0,03% der Bevölkerung Deutsch oder
Bairisch. Sie kämpfen in jüngster Zeit um Minderheitenrechte und haben
die Unterstützung Deutschlands und Österreichs. Viele Slowenen sprechen
auch Deutsch als Fremdsprache.

Geschichte

Ein Teil Sloweniens war vielleicht von Illyrern bewohnt, als im 8. Jh.v.Chr.
Kelten sich in Slowenien ansiedelten. Die hiesigen Kelten wurden als
Noriker bekannt, sie vermischten sich möglicherweise mit Illyrern. Um die
Zeitenwende wurde das Gebiet römisch, es begann eine Romanisierung.
Bei der Reichsteilung 395 war Slowenien Teil des Weströmischen Reichs.
Bald darauf wurde es Opfer verschiedener nomadischer Völker, die das
Gebiet nacheinander eroberten, z.B. die Goten, die Langobarden, die
Awaren. Von nachhaltigerer Wirkung waren die Slawen, die mit den
Awaren kamen, möglicherweise als ihre Knechte. Während die anderen
Völker vor allem (meist kurzzeitige) Herrschaft ausübten, siedelten sich
die Slawen in großer Zahl an. Sie verdrängten oder assimilierten die
keltischen, lateinischen und keltischen romanisierten Bewohner an ihre
Sprache und Kultur. So entstand eine alpenslawische Kultur. Nach der
Christianisierung bildeten sie ein Fürstentum, Karantanien. Dieses
Fürstentum wurde ?? Teil anderer Herrschaften, eine gewisse politische
Eigenständigkeit ist aber bis ins 15. Jh. nachweisbar (Inthronisierung des
Herrschers auf dem traditionellen karantanischen Fürstenstuhl, Ablegung
eines Amtseides auf Slawisch usw.). Zu dieser Zeit war das heutige
Slowenien schon Teil des Habsburgerreichs. In diesem verteilte es sich auf
verschiedene Länder: Kärnten, die Steiermark, die Krain, Ungarn
(Übermurgebiet), das Österreichische Küstenland. Man kann auch sagen:
Der Süden Kärnten ebenso wie der Süden der Steiermark waren
slawischsprachig, auch der äußerste Westen Ungarns, die Krain
vollständig; das Küstenland teilte sich in eine italienischsprachige, eine
slowenischsprachige, eine bairischsprachige und eine friaulischsprachige
Gruppe. Die Landschaften waren sehr verschieden; vor allem der
Gegensatz zwischen der Küstenregion und den alpinen übrigen
Landschaften ist heute noch ausgeprägt. Aufgrund der sprachlichen
Ähnlichkeit bildete sich aber Mitte des 19. Jhs. ein slowenisches
Nationalbewußtsein heraus. 1918 wurde Slowenien Teil des Königreichs
der Serben, Kroaten und Slowenen, das ab 1929 Jugoslawien genannt
wurde. Bei Jugoslawien blieb Slowenien in der heutigen Form bis 1991, als
es seine Unabhängigkeit erklärte.
Seit der Zeit des Fürstentums Karantanien gab es Einwanderung aus
verschiedenen Teilen Süddeutschlands. Seitdem gab es eine
deutschsprachige Minderheit im Land. In den Städten dominierte das
Deutsche bis Ende des 19. Jhs. Auf dem Land gab es in verschiedenen
Landesteilen deutsche Minderheiten. Die Gottschee wurde erst durch
Deutsche erstmals besiedelt. Sie machten dort bis zum 2. Weltkrieg 80%
der Bevölkerung aus. Während des Krieges wurde aber Jugoslawien
zerschlagen und Slowenien auf Deutschland, Ungarn und Italien aufgeteilt.
Die Gottschee gehörte zum italienischen Teil, deshalb wurden die
Deutschsprachigen ausgesiedelt. Nur eine kleine Minderheit blieb zurück,
die sich nach dem Krieg zum größten Teil assimilierte. Im deutschen Teil
führte die Militärverwaltung eine Germanisierungspolitik durch, die aber
auf ganzer Linie scheiterte.

Im Küstenland gab es immer schon eine italienische Minderheit. Daher


forderte Italien dieses Gebiet nach dem 1. Weltkrieg. Istrien wurde Italien
zugeschlagen. Unter den Faschisten in Italien gab es auch dort natürlich
eine Italienisierungspolitik.

Joachim Hösler (2006): Slowenien: Von den Anfängen bis zur Gegenwart (Ost- und
Südosteuropa, Geschichte der Länder und Völker), Regensburg: Pustet.

© bey Johannes Reese

Oliver Bagaric

„Die deutsche Minderheit in Jugoslawien und den Nachfolgestaaten von 1945-2005“


Vortrag anläßlich des VDA-Forums „Brennpunkt Südosteuropa – Deutsche Minderheiten
1920-1945-2005“.
am 15. Oktober 2005 im World-Trade-Center Dresden,

Die Geschichte der deutschen Minderheit in Jugoslawien nach 1945 ist – leider Gottes –
die Geschichte einer aussterbenden Volksgruppe. Betrachtet man die Zahlen, die bei den
Bevölkerungszählungen in der Nachkriegszeit ermittelt wurden, ist ein kontinuierlicher
Rückgang festzustellen. Zum Zeitpunkt der Machtübernahme durch die Partisanen Ende
1944 befanden sich noch circa 200 000, vor allem Donauschwaben unter deren
Einflussbereich. Sie blieben, weil sie nicht evakuiert werden konnten und/oder im
Bewußtsein, nichts Unrechtes getan zu haben. Schon bei der ersten Bevölkerungszählung
nach dem Krieg, 1948, waren nur noch 55 000 Deutsche in Jugoslawien und 1981 ganze
10 000. Das war alles, was von einer 500 000 starken, wirtschaftlich überdurchschnittlich
produktiven nationalen Minderheit geblieben war, die nach der Zerschlagung Österreich-
Ungarns zahlenmäßig genauso stark war, wie etwa die ungarische oder die albanische
Minderheit im neuentstandenen SHS-Staat. Was war passiert?
1945 – die Stunde Null der Donauschwaben in Jugoslawien
Auf die Ereignisse und das Verhalten der deutschen Volksgruppe in Jugoslawien während
des zweiten Weltkrieges ist eingegangen worden. Hier ist die Frage nach dem Verhalten
des Tito-Regimes und der kommunistischen Regierung gegenüber den Deutschen von
vorrangiger Bedeutung. Die gesamte deutsche Volksgruppe in Jugoslawien wurde mit den
AVNOJ1-Beschlüssen vom 21. November 1943 und am selben Datum 1944 ohne
Gerichtsverfahren und unter Anwendung der völkerrechtlich unhaltbaren These der
Kollektivschuld zu Feinden Jugoslawiens erklärt, entrechtet und enteignet.2 Der Inhalt der
AVNOJ-Erlässe von Jajce lautete:
1. Verlust der jugoslawischen Staatsbürgerschaft und aller bürgerlichen und
staatsbürgerlichen Rechte der deutschen Volkszugehörigen.
2. der gesamte bewegliche und unbewegliche Besitz aller Personen deutscher
Volkszugehörigkeit wird vom Staat beschlagnahmt und geht in dessen Eigentum über.
Von den 200 000 Verbliebenen wurden ca. 170 000 in Arbeits- und Konzentrationslager
in Slowenien, Kroatien und der Vojvodina interniert, ca. 30 000 wurden zur Zwangsarbeit
in die Sowjetunion deportiert. Fast ein Drittel der 200 000 enteigneten und entrechteten
Deutschen, genauer 64 000, vor allem Zivilisten kamen zwischen 1944 und der
Lagerauflösungen im Jahre 1948 ums leben. Es handelte sich dabei in der Batschka um
die Lager Ba_ki Jarak
(Jarek), Gakovo (Gakowa) und Kruševlje (Kruschiwl). Im Banat waren es die Lager
Molin (Molidorf), Kni_anin (Rudolfsgnad), in Syrmien das Lager Seidenfabrik in
Sremska Mitrovica (Syrmisch Mitrowitz). In Slawonien gab es die Lager Valpovo
(Walpach) und Krndija (Kerndia), um nur einige bekanntere zu nennen. In allen Lagern
war die Zahl der Todesopfer hoch: willkürliche Erschießungen, Misshandlungen, völlig
unzureichende Nahrung und ununterbrochen schwere physische Arbeit rafften die
Insassen dahin. Auffällig ist, dass sich die Vertreibungs- und Internierungspolitik der
Partisanen und der kommunistischen Behörden ausschließlich gegen die Deutschen
richtete. Obwohl der Nationalitätengegensatz zwischen Serben und Ungarn nach dem
ersten Weltkrieg und erst
recht nach der Besetzung der Ba_ka und Baranja durch ungarische Truppen mit den sich
daran anschließenden Serbenverfolgungen fraglos schärfere Formen angenommen hatte,
als sie je für das Verhältnis der volksdeutschen zur andersnationalen Bevölkerung
kennzeichnend war.
Besonders tragisches Schicksal ereilte die Kinder unter 14 Jahren, die oft von ihren Eltern
getrennt wurden und in gesonderte Lager, danach in Waisenhäuser mit anderen, in dem
Fall elternlosen slawischen Kindern kamen, wo ihnen der Gebrauch ihrer Muttersprache
untersagt wurde. Diese Behandlung kam einer ethnischen Umerziehung gleich und erst
Jahre nach dem Krieg hat das Rote Kreuz es geschafft, einen Großteil, aber nicht alle
diese Kinder nach Deutschland und Österreich zu ihren Eltern zu bringen.
Der jugoslawischen Regierung ging es nach dem Krieg darum, die deutsche Bevölkerung
insgesamt und endgültig aus dem Land zu entfernen.3 Denjenigen beispielsweise, welche
mit Krankentransporten aus der Sowjetunion ab 1946 zurückkamen, wurde die Einreise
ins Land verweigert. Die Partisanen taten alles, damit eine möglichst große Zahl an
Volksdeutschen Jugoslawien für immer verlässt, was sie aber nicht daran hinderte, diese
Zahlen in ihre demographischen Verlustrechnungen einzubeziehen.4 Neben den
organisierten Transporten nach Österreich, wurden beispielsweise die Lager absichtlich
schlecht bewacht, um einer möglichst großen Zahl der Gefangenen die Flucht zu
ermöglichen und sie auf diese Art und Weise loszuwerden.
Der Völkerrechtler der Universität Würzburg, Prof. Dieter Blumenwitz hat 2001 in einem
Gutachten den Beweis erbracht, dass die in Jugoslawien zwischen 1944-1948 gegen die
gesamte autochtone deutsche Bevölkerungsgruppe ergriffenen Maßnahmen, die neben
Massentötungen die kollektive Enteignung und Entrechtung, die Internierung und
Vertreibung sowie die zwangsweise ethnische Umerziehung von Kindern umfassten, im
Sinne der Völkermordkonvention der UN vom Dezember 1948 den Tatbestand des
Völkermordes erfüllen.
Nach dem Krieg sahen sich die Donauschwaben in Jugoslawien einem generellen
Faschismus- und Kollaborationsvorwurf mit dem Dritten Reich ausgesetzt, ihnen wurde
in der Gesamtheit eine landesverräterische Rolle als „Fünfte Kolonne“ zugeschrieben und
sie wurden mit einer Kollektivschuld beladen. Diese Vorwürfe dienten der prinzipiellen
ideologisch-politischen Rechtfertigung von Aussiedlung, Vertreibung, Deportation,
Zwangsarbeit, Enteignung und politischer Diskriminierung als Maßnahmen kollektiver
Vergeltung.5 Weitere Motive für das drakonische Vorgehen der Partisanen gegen die
deutsche Bevölkerung bestanden in der Forderung der aus den kargen Gebieten
kommenden Partisanenkämpfer, mit fruchtbarem Land belohnt zu werden, des weiteren
im ideologisch motivierten Plan, mittels der Enteignung von Grund und Boden der
Deutschen die Sowjetisierung der Wirtschaft in Gang zu setzen und schließlich in der
Beispielswirkung, die von Polen, Tschechien, Ungarn und den deutschen Ostgebieten
ausging. Der Beschluss der Potsdamer Konferenz vom 2.8.1945 betreffend eine
„geregelte und humane“ Durchführung des „Bevölkerungstransfers“ sanktionierte im
Grunde schon einen sich im vollen Gange befindlichen Prozess in den OME-Staaten. „In
Jugoslawien war die völlig ungeregelte Vertreibung in Gestalt der Todeslager und
zahlreicher Massaker an den Donauschwaben mit einem grausamen Genozid gekoppelt.
Der erst im Januar 1946 bei dem Alliierten Kontrollrat in Berlin eingereichte Antrag, die
Vertreibung der Deutschen aus Jugoslawien international noch nachträglich im Sinne des
Beschlusses der Potsdamer Konferenz zu legitimieren, zeigt, zu wie viel
Menschenverachtung das Tito-Regime in dieser Frage fähig war.“6 Keineswegs waren die
Arbeits- und Konzentrationslager spontane Angelegenheit. Es handelte sich um
mindesten 70 Lager – eine genaue Zahl ist nicht bekannt – für die deutsche Bevölkerung
und bis dahin jugoslawische Staatsbürger!
Durch die Enteignung und anschließende Besiedlung der Vojvodina durch vorwiegend
Partisanenkämpfer wurde auch die ethnische Zusammensetzung dieser Provinz
fundamental verändert und zwar zugunsten der Serben. Von den neuangesiedelten
Kolonisten waren 72% Serben, 18% Montenegriner, 5% Makedonier, 3% Kroaten und
jeweils unter einem Prozent Slowenen und Muslime (Übrigens zum zweiten mal wurde
das ethnische Bild der Vojvodina drastisch zugunsten der Serben und auf Kosten der
nationalen Minderheiten im letzten Jahrzehnt geändert). Hinter beiden Plänen sind
großserbische Motive nur unschwer zu erkennen. Dank dieser Tatsache war die
Eingliederung der Vojvodina nach Serbien viel einfacher durchzusetzen.
Aber nicht nur das ethnische Bild wurde verändert. Die Kolonisten brachten ihre Kultur
und Bräuche mit und brauchten lange Zeit, um die Wirtschaftsweise dieses Landstriches
zu erlernen. So benötigten sie mehrere Jahre, um das Produktionsniveau der
Donauschwaben zu erreichen. Die Ankömmlinge, wie sie von der alteingesessenen
Bevölkerung abschätzig genannt wurden, waren nicht an die dortige Arbeitsweise
gewöhnt. Sie kamen aus kargen Gegenden und waren eine völlig andere Wirtschaftsweise
gewöhnt. Noch heute ist in der alteingesessenen Bevölkerung der Spruch erhalten
geblieben: „Tausche zehn Ankömmlinge gegen einen Schwaben“. Jugoslawien verlor
durch seine deutsche Minderheit nicht nur einen materiellen Wert, sondern wurde auch
um eine in jeder Hinsicht reiche Bevölkerungsgruppe ärmer.7
Später, im Tito-Jugoslawien sind die verbliebenen Deutschen niemals als nationale
Minderheit anerkannt worden und haben dementsprechend keine Schulen mit ihrer
Muttersprache und andere kulturelle Organisationen bekommen können. Eine freie
Vereinsbildung war ihnen untersagt. Das aber sind für jede ethnische Minderheit wichtige
Grundlagen der eigenen Identitätsbewahrung, Entwicklung und Kulturpflege. In
Ermangelung dieser Möglichkeiten blieb den Deutschen nur eine Assimilation oder
Aussiedlung übrig. Die meisten wählten den zweiten Weg. Seit Anfang der 1950er Jahre
kam es zur Massenaussiedlung der deutschen Volksgruppe aus Jugoslawien.8 Die
Mehrheit nutzte die Liberalisierung des kommunistischen Regimes und siedelte von 1955
bis 1970 nach Deutschland aus. In der Nachkriegszeit war zur Vernichtung der deutschen
Bücher gekommen, die bis dahin in den Bibliotheken der Vojvodina vorhanden waren.
Die deutschsprachigen Bücher wurden als „wertlos“ gestempelt und zum Papierrecycling
freigegeben. In den Schulen wurde beispielsweise das Wort „Partisan“ großgeschrieben,
im Gegensatz dazu das Wort „Deutscher“ klein.9 Ihre Identität sollten die Deutschen im
Alltag lieber nicht betonen, wenn sie keine Schikanen in der Schule, am
Ausbildungsplatz, bei Behörden usw. haben wollten. Viele wurden dadurch zu einer
schnellen Anpassung und späteren Assimilation gezwungen. Geiger schreibt, es war nicht
schön, in der Zeit ein Deutscher zu sein.

Die deutsche Minderheit in den Nachfolgestaaten Jugoslawiens


Kroatien
Der Zerfall Jugoslawiens in den 1990er Jahren bedeutete auch für die
Jugoslawiendeutschen eine Zäsur. Zum einen wurde diese Volksgemeinschaft erneut
geteilt und nach dem Ersten Weltkrieg erneut durch Staatsgrenzen voneinander getrennt.
Zusätzlich gerieten auch sie in den Strudel des Krieges. Wie auch die ungarische
Minderheit in der Vojvodina, versuchten auch sie, solange es ging, sich der serbischen
Mobilisierung und einem ungerechten Aggressionskrieg gegen Kroatien und auch gegen
ihre Volksgenossen dort zu widersetzen.
Auf der kroatischen Seite waren auch die Angehörigen der deutschen Minderheit freilich
wie ihre kroatischen Nachbarn einer neuen Drangsal ausgesetzt und wurden von den
Serben und der Jugo-Armee nicht geschont. 429 Deutsche kamen dabei gewaltsam ums
Leben und 142 fielen als Soldaten im Freiheitskampf der kroatischen Armee. Das ist die
eine Seite.
Zum anderen aber ist im Zuge der staatlichen, gesellschaftlichen sowie ideologischen
Erosion in Jugoslawien die Tabuisierung der Deutschen weggefallen, von denen die
Gemeinschaften nun enorm profitieren. Der Partisanenmythos, ein Grundpfeiler der Tito-
Herrschaft sowie die schwarz-weiße offizielle Darstellung des „Befreiungsskampfes“ sind
wie ein Kartenhaus implodiert. Eine wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Schicksal
der deutschen Volksgruppe insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg ist nun möglich
und erwünscht. Ebenso die anderen tabuisierten Themen wie das Gefangenenlager für
politische Häftlinge auf der Insel Goli Otok oder das Schicksal zehntausender kroatischer
Milizen und Zivilisten auf dem Leidensweg von Bleiburg. Die Deutschen können sich
nun frei zu ihrer Identität bekennen, Kulturvereine gründen und ihr geschichtliches und
kulturelles Erbe nach 50 Jahren Marginalisierung wieder pflegen. Das ist die erfreulichere
Seite und insgesamt die Ausgangslage der deutschen Minderheit in den Nachfolgestaaten.
Unterschiede in der Behandlung durch die einzelnen Staaten gibt es jedoch trotzdem.
Dazu mehr im weiteren Verlauf.
Nach der Bevölkerungszählung in Kroatien von 2001 lebten dort insgesamt 3000
Deutsche, vor allem in Ostslawonien, schwerpunktmäßig aber in Osijek/Essegg und
Umgebung. Und hier wird das dringlichste Problem trotz aller Förderung deutlich. Es
sind nur noch wenige übriggeblieben, viele interessieren sich noch kaum für ihre
Vorfahren und Geschichte, viele haben sich längst assimiliert und tragen nur noch einen
deutschen Nachnamen, nur wenige beherrschen noch die Sprache ihrer Vorfahren. Das ist
heute die größte Bedrohung der deutschen Volksgruppe im ehemaligen Jugoslawien.
Jedoch nun zu den Aktivitäten der Deutschen in Kroatien. Schon kurz nach den ersten
freien Wahlen von 1990 konstituierte sich hier ein "Verband der Deutschen und
Österreicher in Kroatien". In Kroatien wirken heute fünf deutsche Minderheitenverbände,
von denen zwei in Osijek, zwei in Zagreb und einer in Vukovar sind. Der größte und
aktivste ist die Volksdeutsche Gemeinschaft – Landsmannschaft der Donauschwaben in
Kroatien (VDG) in Osijek, welcher Deutsche aus ganz Kroatien versammelt und der
Träger aller wichtigen gemeinsamen Programme der deutschen Minderheit ist. Von ihm
kam die Initiative zur Gründung des Dachverbandes der deutschen
Minderheitenverbände, welcher seit 1999 existiert, dem sich aber leider nicht alle
Verbände aus Kroatien anschlossen. Die VDG gibt ein Jahrbuch heraus und eine
zweisprachige Vierteljahreszeitschrift mit dem Titel Deutsches Wort/Njema_ka Rije_.
Anerkannt und gefördert vom kroatischen Staat hat sich diese Vereinigung in den zehn
Jahren ihres Bestehens vor allem Aufgaben wie der Durchführung von Sprachkursen in
Hochdeutsch, aber auch in der angestammten Mundart, karitativen Tätigkeiten,
Veranstaltung von Seminaren, Ausstellungen und Exkursionen, Herausgabe von Büchern
über die Donauschwaben, Förderung des Mädchenchores "Brevis - Donau" und
Kennzeichnung von Orten, in denen die Donauschwaben einst lebten bzw. von früheren
Lagern der Tito-Partisanen, in denen sie Todesqualen erlitten, verschrieben.
Der Präsident der Volksdeutschen Gemeinschaft – Landsmannschaft der Donauschwaben
in Kroatien, Vizepräsident des Weltdachverbandes der Donauschwaben und
Abgeordneter für die Minderheiten im kroatischen Parlament, Nikola Mak, erklärte in
einer vor einem Jahr gehaltenen Rede im Abgeordnetenhaus in Berlin, dass Kroatien
ihnen, den Minderheiten die höchsten Rechte wie im Gesetze so auch im Alltag
anerkenne und es nun seit 1991 ein Land sei, in dem man wieder stolz und ohne Angst
sagen könne, dass man Deutscher sei.10 Es ist ja fast schon besser als in Deutschland
selbst! Er wies darauf hin, dass schon in der ersten Verfassung von 1991 die deutsche und
österreichische Minderheit in der Präambel als autochtone Minderheiten, die einen
besonderen Schutz des Mehrheitsvolkes, der Kroaten verdienen, anerkannt wurden. Alles
andere wäre nicht nur ahistorisch, ungerecht und im Widerspruch zur europäischen
Wertegemeinschaft und sämtlichen UN-Konventionen über den Minderheitenschutz,
sondern auch zutiefst undankbar, wenn man die österreichische und deutsche
Kroatienpolitik Anfang der 1990er Jahre in Betracht zieht.
Insbesondere zählen auch zu den Rechten der deutschen Minderheit
- der Gebrauch der Minderheitensprache
- Schulung in der Muttersprache
- Lokale Minderheitenselbstverwaltung
- Vertretung im kroatischen Parlament
Entsprechend der kleinen Anzahl der Deutschen, wies Mak daraufhin, dass alle Rechte
angewendet werden. So gebe es
- 3 Kindergärten, in denen die deutsche Sprache erlernt werde (Osijek)
- 1 Grundschule, wo die deutsche Sprache Muttersprache ist (Osijek)
- 1 Gymnasium, in welchem die deutsche Sprache die dominante Fremdsprache ist
(Osijek)
- eine lokale Minderheitenselbstverwaltung in einer Dorfgemeinde (Kneževi Vinogradi),
in einer Großstadt (Osijek) und in der selbigen Gespanschaft
- 2003 wurde bei den Parlamentswahlen auf der separaten Minderheitenliste (für 12
kleinere Minderheiten) der deutsche Kandidat gewählt. So ist ein Deutscher nach 1910
wieder im kroatischen Parlament vertreten und setzt sich dort aktiv für die deutsche
Minderheit ein. Diese Wahl habe nach seiner Einschätzung enorme Bedeutung für das
Ansehen und das Selbstbewusstsein der deutschen Minderheit gehabt. Außerdem ist von
enormer Bedeutung, dass der kroatische Staat und die lokale Regierung finanziell die
deutsche Minderheit unterstützten, so habe sie
- ihr Blatt „Deutsches Wort“ 4 mal jährlich
- schon 12 Jahre das Symposion „Deutsche und Österreicher in Kroatien“,
- schon 11 Jahre ihr „Jahrbuch“
- Chöre, Theatergruppen, Ausstellungen und Konzerte, Jahrestage und anderweitige
Versammlungen
Im Programm der VDG haben zwei Projekte einen besonderen Platz:
1. Verzeichnen und Veröffentlichen des sakralen Erbens der Donauschwaben, um auf
diese Weise die Spuren des Erbens in Kroatien dauerhaft zu erhalten.
2. Aufstellen von Gedenktafeln in kroatischer und deutschen Sprache in Ortschaften, in
denen in größerer Anzahl die Donauschwaben lebten. Das geschieht in Zusammenarbeit
mit Heimatortsgemeinschaften aus Deutschland und Österreich und die ersten solchen
Tafeln wurden schon 2004 in Branjina-Kischtalok und Popovac-Bann aufgestellt und es
bleibt noch die Aufstellung der Tafeln in Josipovac-Kravice.
Die Erinnerungsarbeit, die Dokumentation des Schicksals der Volksdeutschen aus
Jugoslawien und die Würdigung der Opfer ist eine weitere Tätigkeit, die einen weiten
Raum in den Aktivitäten der Minderheit vor Ort und des Weltdachverbandes der
Donauschwaben einnimmt. So veranstaltete am 14. Mai 2005 in Osijek die VDG den
Vertreibungstag 1945- 2005. Vor 60 Jahren hatte am 11. Mai 1945 die Internierung von
vielen tausenden Donauschwaben in die Konzentrationslager Josipovac (Oberjosefsdorf),
Valpovo (Walpach) und Krndija (Kerndia) begonnen. Mehr als die Hälfte hatte die
Konzentrationslager nicht
überlebt. Die Veranstaltung fand am Friedhof in Valpovo (Walpach) statt, wo vor zwei
Jahren unter großer Anteilnahme der kroatischen Öffentlichkeit ein Mahnmal für die
Opfer des Konzentrationslagers Valpovo errichtet worden war. Zu den Ehrengästen
konnten vom Vorsitzenden der VDG und Abgeordneten zum kroatischen Parlament,
Nikola Mak hohe politische Amtsträger, von der kommunalen bis zur staatlichen
Regierungsebenen, sowie kirchliche Würdenträger und Vertreter der deutschen und
österreichischen Botschaften sowie Rudolf Reimann als Vertreter des Weltdachverbandes
der Donauschwaben begrüßt werden. Reimann dankte der Republik Kroatien dafür, dass
man der donauschwäbischen Lageropfer gedenkt. Kroatien garantiere seinen
Minderheiten eine konstitutive Anerkennung und unterstützt sie im Rahmen der
gesetzlichen Möglichkeiten. Neben der Gedenkstätte in Valpovo existiert auch eine am
ehemaligen Konzentrationslager Krndija. Die Enthüllung beider Denkmäler war sehr
wichtig, so Mak, auch für die kroatische Regierung und Öffentlichkeit, die mit voller
Pietät und Mitgefühl an den Kommemorationen teilnahmen und vorbehaltlos den
Völkermord unserer Minderheit verurteilten.
Im Geschäftsbericht der Donauschwäbischen Kulturstiftung des Landes Baden-
Württemberg für das Jahr 2004 heißt es zu Kroatien: „In Kroatien nimmt das
Engagement und das Selbstbewusstsein der deutschstämmigen Bürgerinnen und Bürger
zu. Die ersten Organisationsstrukturen vor allem in Essegg/Osijek und Umgebung und
Agram/Zagreb haben sich dank einer zunehmenden Unterstützung durch örtliche
Behörden, jedoch auch durch die zuständigen Regierungsstellen, gefestigt. Die
erfolgreiche, konsequente Kulturarbeit insb. In Essegg/Osijek hat das Ansehen der
Volksdeutschen Gemeinschaft gestärkt und sie zum festen, anerkannten Bestandteil
örtlichen Kulturlebens gemacht. Die Wahl des Kandidaten der deutschen Minderheit,
Herrn Nikola Mak, Vorsitzender der Volksdeutschen Gemeinschaft Essegg/Osijek, zum
Abgeordneten und Minderheitenvertreter im Kroatischen Parlament ist als Anerkennung
intensiver Bemühungen nicht allein zur Festigung wieder gewonnener Identität, sondern
auch demokratischer und freiheitlicher Artikulation der Minderheiten im Land zu
bewerten.“ Mak äußerte die Hoffnung, dass gemäß einer Vereinbarung mit der
regierenden Partei in Kroatien, die berüchtigten ''AVNOJ-Dekrete'' noch in dieser
Legislaturperiode auch formell außer Kraft gesetzt werden. Das hätte für die Deutschen in
Kroatien natürlich nur eine große symbolische Bedeutung, vor allem aber moralische
Rehabilitierung. Auf diese Weise wäre Kroatien das erste Land in Ost- und Südosteuropa,
das diese Beschlüsse abgeschafft hat.11
Aber auch im Bereich der Restitutionsgesetzgebung ist Kroatien viel liberaler als es
etwa die beiden EU-Mitglieder Tschechien und die Slowakei sind. Während Prag und
Preßburg die vertriebenen Sudeten- und Karpatendeutschen von jeder Restitution
ausgrenzt, schließt Kroatien die vertriebenen Donauschwaben ein und hat dazu mit der
Republik Österreich ein bilaterales Abkommen ausgehandelt. Im August konnte eine
positive Einigung bei den österreichisch-kroatischen Verhandlungen zum kroatischen
Entschädigungsgesetz in Vukovar erzielt werden. Nach dem novellierten kroatischen
Entschädigungsgesetz besteht auch für ehemalige kroatische Staatsbürger die
Möglichkeit, Restitutionsanträge einzubringen, wenn dafür ein bilaterales Abkommen
zwischen Kroatien und dem jeweiligen Staat des Antragstellers besteht. Zwischen
Österreich und Kroatien konnte so ein bilaterales Abkommen vereinbart werden, das
voraussichtlich bis zum Frühjahr 2006 von beiden Parlamenten verabschiedet wird.
Serbien
In dem selben, eben zitierten Bericht der Donauschwäbischen Kulturstiftung heißt es zur
Lage der Deutschen in Serbien noch ganz vorsichtig und mit viel Optimismus: „Die
Bemühungen in Serbien-Montenegro, zur Demokratie und gesellschaftlichen Normalität
zurückzukehren, gewähren nach Jahren die Möglichkeit, die deutsche Sprache und Kultur
erneut pflegen zu können. Die günstigeren örtlichen Gegebenheiten haben den Deutschen
in und um Subotica und Sombor, unter Umständen auch in und um Neusatz/Novi Sad,
etwas mehr Spielraum zur Artikulation erlaubt. Die demokratische Wende lässt auf eine
Wiederbelebung traditioneller Pflege deutscher Sprache und Kultur nicht allein in den
genannten Orten hoffen. Eine realistische, zukunftsgerichtete Kulturpolitik muss auch
hier wie in Kroatien von Anfang an auf die Förderung der deutschen Sprache im Rahmen
bilingualer Kindergärten und Schulen setzen und mit begleitenden, komplementären
Förderprogrammen, wie zum Beispiel im Medienbereich sowie im Bereich
deutschsprachigen Laientheaters und der Theaterpädagogik, langfristig auf die allgemein
gesellschaftliche Pflege deutscher Sprache und Kultur zielen.“ Die Lage der Deutschen in
Serbien gestaltete sich nach dem Zusammenbruch Jugoslawiens zweifelsohne schwieriger
als etwa in Kroatien. Der Krieg in Bosnien und die dadurch verursachte Isolation und
Embargos und das Miloševi_-Regime haben sich nicht nur auf die deutsche Minderheit,
sondern auch auf die anderen und die gesamte Bevölkerung negativ ausgewirkt. Die
nochmalige Veränderung der ethnischen Zusammensetzung der Vojvodina zuungunsten
aller Minderheiten dort, hervorgerufen durch die Ansiedlung von Serben aus Kroatien,
Bosnien und dem Kosovo, hat oft zu spannungsreichen Situationen in der Provinz
geführt. Nicht vergessen darf man, dass die Partei des radikalen _etnikführers Vojislav
Šešelj in Serbien bei den letzten Wahlen über 30% der Stimmen auf sich vereinigen
konnte. Wahrlich ist eine solide Minderheitenpolitik einerseits aber auch ein
vertrauensvolles Verhältnis zwischen den Serben und dem Angehörigen Minderheiten
andererseits dadurch nicht erleichtert worden.
Nach der Volkszählung von 2002 leben in Serbien insgesamt 3900 Deutsche, davon 3150
in der Vojvodina. Das sind 0,05 % der Bevölkerung Serbiens. Gott sei Dank sind in der
Vojvodina immer noch moderatere Töne und eine andere Politik möglich, dank der etwas
anderen Mentalität der dortigen, alteingesessenen Serben, die aber auch zunehmend unter
Druck der Radikalen geraten sind. So setzte das Parlament von Vojvodina vergangenen
Jahr
eine Historikerkommission ein, um die noch vorhandenen spuren der Donauschwäbischen
Bevölkerung zu erforschen, besonders das Verhalten der Volksgruppe in der
Besatzungszeit und ihre Vertreibung danach. 2001 wurden in Kni_anin (Rudolfsgnad)
und 2002 in Kikinda Denkmäler und Votivtafeln
zum Andenken an die Opfer der Donauschwaben errichtet. 2003 und 2004 konnten auf
Initiative der im Weltverband der Donauschwaben zusammengeschlossenen
Landsmannschaften Gedenkstätten in den ehemaligen Lagern in Subotica und Gakovo
errichtet werden. In Gakovo bei Sombor in Nordserbien wurde ein sechs Meter hohes
Gedenkkreuz errichtet und es wurde im Rahmen einer würdigen Gedenkveranstaltung mit
hohen geistlichen und weltlichen Würdenträgern aus Serbien, Österreich und Deutschland
mit über 1000 Teilnehmern den ungefähr 15.000 Toten dieses Lagers erinnert. Weitere
Gedenkstätten sollen folgen. Vor zwei Wochen sollte die Einweihung des Gedenkkreuzes
am Ort des ehemaligen Konzentrationslagers Kruševlje/Kruschiwl stattfinden. Während
die bilateralen Verhandlungen mit Österreich zur Entschädigung der heute in Österreich
lebenden Donauschwaben mit Kroatien erfolgreich abgeschlossen wurden, müssen mit
Serbien diese Verhandlungen erst aufgenommen werden. Die Regierung der Republik
Serbien und Montenegro arbeitet an einem neuen Denationalisierungsgesetz, das als
Entwurf vorliegt und, ähnlich dem Kroatischen Entschädigungsgesetz auch den AVNOJ-
Betroffenen das Recht auf Entschädigung oder Vermögensrückgabe einräumt. Das ist
aber erst ein Prozess, ein schmerzlicher Prozess für Serbien, der mit vielen
Schwierigkeiten verbunden sein und so schnell sicher nicht zum Abschluss kommen wird.
Das zeigte sich in einer Zurückweisung einer Initiative des deutschen Vereins „Donau“
aus Novi Sad/Neusatz durch das serbische Verfassungsgericht 2003, der die
Außerkraftsetzung der AVNOJ-Dekrete und der begleitenden Beschlüsse bezüglich der
deutschen Minderheit forderte.
Das Parlament der Republik Serbien und Montenegro hat 2002 ein neues
Minderheitenschutzgesetz verabschiedet, das die deutsche Minderheit als autochthone
Volksgruppe anerkennt und ihr das Recht zugesteht, einen eignen "nationalen Rat" zu
gründen. Die Bildung dieses Nationalrates der deutschen Minderheit – der als Vertretung
der Minderheit nach dem Minderheitengesetz mit den maßgeblichen Bundesbehörden in
Fragen der Gestaltung der Minderheitengesetze etc. zusammenarbeiten soll, was die
betreffende Minderheit erst in den Genuss der im Minderheitengesetz verbrieften Rechte
bringen würde – scheiterte bisher jedoch an den Rivalitäten zwischen verschiedenen
deutschen Vereinigungen in Serbien. Es gibt in der Vojvodina ein knappes Duzend
deutscher Vereine mit relativ ähnlichen Vorstellungen und nur zum Teil
unterschiedlichen Akzentsetzungen.12 Die vom Weltdachverband der Donauschwaben
initiierte Gründung einer gemeinsamen Dachorganisation für diese Vereine scheiterte
ebenfalls an Uneinigkeit und gegenseitigen Rivalitäten vor allem des in Novi Sad
bestehenden deutschen Vereins „Donau“ und dem „Deutschen Volksbund“ aus Subotica.
Unnötig macht es sich hier die ohnehin kleine deutsche Volksgruppe schwer und schadet
somit nur sich selbst.
Slowenien
Die nach der letzten Volkszählung in Slowenien nur etwa 1800 Personen zählende
deutsche Minderheit wird vom slowenischen Staat nicht als eine autochtone nationale
Minderheit anerkannt und erhält demnach auch keine staatlichen Förderungen, wie sie
den anerkannten Minderheiten, zu denen derzeit nur die Magyaren und Italiener und mit
Einschränkungen auch die Roma, zählen, zustehen.13 Dieser Status wird ihr mit den
Argumenten, sie sei zu klein, siedle nicht geschlossen und sie hätten nach dem 2. WK
keine kulturellen Organisationen und Vereine mehr gehabt, verweigert. Wobei jedem
Politiker dort klar ist, dass die Vereinsbildung für die verbliebenen Deutschen, die sowohl
in der Politik als auch in der Wissenschaft von 1945-1990 ein Tabuthema waren, absolut
unmöglich war. Der österreichische Historiker Stefan Karner hat außerdem in seinem
Buch über die deutschsprachige Volksgruppe in Slowenien nachgewiesen, dass sie relativ
kompakt, verteilt auf einige große und größere Städte siedelt und mindestens die Hälfte
der heutigen Angehörigen als autochton angesehen werden können. Aufgrund der
Nichtanerkennung als autochtone nationale Minderheit muß die deutsche Volksgruppe
auf finanzielle und kulturelle Förderung durch Slowenien, wie sie die anderen zwei
Minderheiten genießen, verzichten.
Die deutschsprachige Gruppe konnte sich seit der Selbständigkeit Sloweniens in drei
Vereinen artikulieren (Friedensbrücke Maribor, Gottscheer Altsiedler Verein in Poljane
und der Slowenische Gottscheer Verein Peter Kosler in Ljubljana). Ihr Programm umfasst
vor allem kulturell-ethnische Bereiche (Kennzeichnung ehemaliger Gottscheer
Siedlungen, Friedhöfe, Kapellen, Bewahrung der deutschen Muttersprache, Kulturabende,
deutschsprachige Gottesdienste, Ausstellungen). Alle drei setzen sich für die
Anerkennung der deutschsprachigen Volksgruppe als nationale Gemeinschaft ein.
Bedenken muss man, dass die Behandlung und der Umgang mit der deutschen Minderheit
in Slowenien oft in den Kontext mit der slowenischen Minderheit im südlichen Kärnten
gestellt wird.

1
Antifaschistischer Rat der Nationalen Befreiung Jugoslawiens, provisorischer
Exekutivrat der
Partisanenbewegung.
2
Vgl. Vorwort zum Rechtsgutachten über die Verbrechen an den Deutschen in
Jugoslawien 1944-48. von Prof.
Dr. Dieter Blumenwitz.
3
Ebenda, S. 45.
4
Vgl. GEIGER, Vladimir: Nestanak folksdoj_era. Zagreb 1997, S. 33.
5
Vgl. SEWANN, Gerhard: Donauschwaben. In: LexSOE. München 20004, S. 203-204.
6
Ebenda, S. 204.
7
Vgl. GEIGER, Nestanak, S. 41.
8
Grund war ein Abkommen zwischen Jugoslawien und der BRD 1952 und zwischen
Jugoslawien und
Österreich 1955 über die Möglichkeit der „Umsiedlung“ der Volksdeutschen. Der
Kriegszustand zwischen
Jugoslawien und diesen zwei Ländern wurde ja erst im Jahre 1951 beendet. Außerdem
ging erst 1951 die
Passhoheit von den alliierten Stellen auf deutsche Behörden in der BRD über, was eine
rechtliche Voraussetzung
für die Überführung schuf. Vgl. KARNER, Stefan: Die deutschsprachige Gruppe in
Slowenien. Aspekte ihrer
Entwicklung 1939-1997. Klagenfurt u.a. 1998, S. 160-163.
9
Vgl. GEIGER, Vladimir: Što se dogodilo s Folksdoj_erima? Zagreb 1993, S. 68.
10
Zitat Mak: „Diese Regierung [Kommunisten] verfolgte oder schikanierte uns nicht
mehr direkt, gab uns aber
sehr klar zu wissen, dass wir keinerlei Rechte als nationale Minderheit fordern sollen und
das kroatische Volk
und alle andere Völker hielten uns nie für ihren Feind, im Gegenteil, sie schätzten unsere
Ehrlichkeit und
unseren Fleiß und halfen uns auf Schritt und Tritt. Ohne die Hilfe der einfachen
Menschen hätten wir weder die
Lagerzeit, noch die Zeit nach dem Lager überlebt, als wir wörtlich nackt und barfuss
waren, ohne Dach über dem
Kopf.“
11
Das öffentliche Bewußtsein in Kroatien scheint im Hinblick auf die
Jugoslawiendeutschen gespalten: „Bis
heute sagen einige, es würde ihnen recht geschehen, während andere immer noch nichts
davon wissen oder es
nicht wahrhaben möchten“, sagt Geiger. Vor allem einstigen Kommunisten widerstrebt
es, ihre früheren
Parteigenossen durch den Exodus der Deutschen in schlechtes Licht zu rücken. Hoffnung
mache jedoch, daß der
junge kroatische Staat Forschungen über die Volksdeutschen aktiv unterstütze – wie etwa
Geigers neues
Buchprojekt über das deutsche Dorf Krndija in Slawonien, in dem später auch ein Lager
eingerichtet wurde.
Quelle: Eurasisches Magazin, 30.08.2005. Von Veronika Wengert
12
Der eine z.B. setzt sich für eine liberalere Visumspraxis für Angehörige der deutschen
Minderheit bei der
Einreise nach Deutschland.
13
Quelle VLÖ

Publikationen

Signal 1999 Die Gottscheer

01 Vorwort Heimat - das sind Menschen ... - Die Volksgruppe der


02 Ethnomusikologische Gottscheer
Feldforschung in der
Südsteiermark "Gottscheer" ist eine Bezeichnung, die sich im Laufe
03 Handschriftliche der Jahrhunderte für die Angehörigen der deutschen
Aufzeichnungen des Sprachinsel im Südosten Sloweniens, die einen alten
Priesters M. Ljubša deutschen Dialekt aus dem 14. Jahrhundert sprechen,
04 Mit dem Fahrrad durchgesetzt hat. "Gottscheer" ist in diesem Sinne eine
Grenzen überwinden Bezeichnung für die nationale Angehörigkeit. Die
Gottscheer und die deutsche Minderheit haben keine
05 Johann Puch / Janez gesetzliche Absicherung und auch keine besonderen
Puh - ein Abriss Rechte (z.B.: Schulen, Kindergärten, zweisprachige
06 Grenzüberschreitende Tafeln, u.ä.). Das ist auch ein Grund für die starke
Jugendliteratur Assimilation unserer Volksangehörigen. Gewährleistet
07 Die Gottscheer sind nur unsere individuellen Rechte wie die der Araber,
Inder, Kosaken oder der Angehörigen anderer
Volksgruppen, obwohl die Gottscheer hier schon seit
Jahrhunderten leben und genau in diesem Gebiet ihre
Kultur und Identität entwickelt haben. Um Geldmittel
verschiedenster Ministerien zu lukrieren, arbeiten wir mit
allen Vereinen Sloweniens zusammen.

Die Gottschee und ihre Zukunft


Das Gottscheerland liegt ca. 60 km südöstlich von
Ljubljana. Diese einstige deutsche Sprachinsel ist der
Öffentlichkeit heute durch folgende Ereignisse und
Tatsachen bekannt: durch die Kämpfe der Gegner des
kommunistischen Regimes in der Nachkriegszeit, die
große Braunbärpopulation und vielleicht noch durch das
zerstörte Kulturerbe (über 90 zerstörte Kirchen). Wir
jungen Gottscheer wünschen uns natürlich, daß unser
Land aufgrund anderer Dinge bekannt wäre: wegen der
schönen Gottscheer Lieder, des reichen Kulturlebens und
der interessanten Erzählungen über das Leben in
unserem Gebiet, die die Verbindung zu unseren
Vorfahren aufrechterhalten sollen. Vor allem wünschen
wir uns, daß man unser Gebiet der freundlichen Leute
wegen kennt, die sich gegenseitig schätzen und
verstehen, obwohl sie verschiedenen Volksgruppen und
Kulturen angehören. Mit dem Plan, wenigstens
annähernd an die Realisierung unserer Wünsche
heranzukommen und weil wir glauben, daß unsere
Sprache und unsere Kultur etwas so Wertvolles ist, daß
es geradewegs kriminell wäre, wenn wir zulassen
würden, daß all das aus dem slowenischen Raum
verschwindet, haben wir uns nach der Verselbständigung
Sloweniens im Verein der "Gottscheer Altsiedler"
organisiert. Im Rahmen des Vereins kümmern wir uns um
den Erhalt unseres Kulturerbes und unserer Sprache. Es
ist erfreulich, daß vor allem junge Leute dem Verein
beitreten. Im November letzten Jahres ist eine eigene
selbständige "Gottscheer Jugendgruppe" gegründet
worden, die im kulturellen Bereich sehr aktiv ist und
eigenständig Veranstaltungen, Sprachkurse, Workshops
und Ausstellungen organisiert. Die Möglichkeiten für
unsere Arbeit haben sich dadurch vergrößert, daß wir mit
Hilfe der Kärntner Landes- und der österreichischen
Bundesregierung ein Haus in Občice/Krapflern kaufen
konnten, in dem wir uns treffen, arbeiten und
Veranstaltungen organisieren. Deshalb, weil wir uns auf
neue Möglichkeiten und neue Aufgaben freuen und
selbstverständlich auch deshalb, damit ich Ihnen meine
Muttersprache vorstelle, meine ich, daß ein Gedicht über
die Freude "Freu dich auch mit", geschrieben vom Freund
der Familie Karl Schemitsch, sehr passend wäre.

Karl Schemitsch
Vreb di a mit
I blil haint shing(o)n
lai Vraisn pring(o)n
vreb di a mit.
Lu(o)ß sh(o) dort lafn,
shai khenn(o)nt rafn,
i plaib lai du.
Shing(o)n ünt lochn,
d(o) Urbait a mochn,
haint ischt d(o) Tsait.
Vreb di mit insch du,
bu is schö schean lai bu?
vreb di a mit.
Freu dich auch mit
Ich will heut singen,
nur Freuden bringen,
freu dich auch mit.
Laß sie dort laufen,
sie können raufen,
ich bleib nur da.
Singen und lachen,
die Arbeit auch machen,
heut ist die Zeit.
Freu dich mit uns da,
wo ist`s so schön nur wo?
Freu dich auch mit.

Tätigkeiten des Gottscheer Altsiedler Vereins


Der Verein arbeitet für die Erhaltung des Kulturerbes:
Kapellen werden renoviert, deutsche Aufschriften auf
Grabsteinen werden erhalten und vieles mehr. In
Kočevsko polje haben wir ein kleineres Museum mit
Erzeugnissen der Gottscheer und ihrem Werkzeug.
Außerdem bereiten wir verschiedenste Veranstaltungen
für Vereinsmitglieder vor, wie zum Beispiel heuer im Juni
ein dreitägiges Treffen unserer Volksgruppe aus aller
Welt. Im Kulturzentrum finden regelmäßig Sprachkurse
für Deutsch und Gottscheer Deutsch statt, an denen 37
Kinder teilnehmen, und auch der Gottscheer Jugendchor
mit seinen 28 Mitgliedern hält hier seine Proben ab. Der
Chor gastierte unter anderem beim Treffen der deutschen
Sprachinseln in Maria Luggau und auf Einladung des
Artikel-VII-Kulturvereins für Steiermark in Laafeld/Potrna.
Regelmäßig treten wir auch in Klagenfurt als Abschluß
der Gottscheer Kulturwoche auf. Letztes Jahr haben 20
Kinder an dreiwöchigen Sprachferien in Klagenfurt im
Modestusheim teilgenommen und heuer waren es wieder
ebensoviele. In der Ferienzeit hat die Jugendsektion
jeden Tag verschiedene Workshops (Töpfern,
Glasmalerei, Fotozirkel, Schwimmen...) organisiert. Etwa
30 Jugendliche haben daran teilgenommen. Außerdem
haben wir unsere Beziehungen zu den anderen
deutschen Minderheiten in Europa verstärkt und unsere
Jugendorganisation hat an verschiedenen Treffen in
Polen, in der Slowakei und in Dänemark teilgenommen.
Besonders stolz sind wir auch auf unsere gute
Zusammenarbeit mit den slowenischen Minderheiten in
Kärnten und der Steiermark. Unsere Arbeit haben wir
auch am runden Tisch in Dolenske Toplice vorgestellt, an
der auch der Vorstand des Österreichischen
Volksgruppenzentrums Mag. Pipp und der
Obmannstellvertreter des Artikel-VII-Kulturvereins für
Steiermark Herr Prof. Gombocz teilnahmen. Das ist nur
ein Teil unserer Tätigkeiten, mit denen wir unser
Kulturerbe und das Nationalbewußtsein der Gottscheer
zu erhalten versuchen.

Wer sind die Gottscheer?


Durch Dialekt- und Geschichtsforschung hat man
versucht, die Herkunft der Gottscheer zu erklären. Mit
großer Sicherheit können wir heute behaupten, daß wir
Nachfahren von Siedlern sind, die aus dem Oberkärntner
und Osttiroler Raum in dieses Gebiet gekommen sind. Im
12. Jahrhundert war eines der Mitglieder der adeligen
Familie Ortenburg aus Kärnten Besitzer dieser Gegend.
Damals bekamen die Ortenburger als Lehen einen Besitz
in Krain. Deshalb lag es auch im Interesse des
Eigentümers, daß das bis dahin unbesiedelte und
deshalb auch nicht ertragbringende Gebiet besiedelt
wurde. Die Kolonisierung der Ortenburger begann schon
vor dem Jahre 1330 und dauerte über einen längeren
Zeitraum. In einer Urkunde aus dem Jahre 1339 hat der
Patriarch von Aquileia/Oglej, Oton V, Ortenburg die
Erlaubnis erteilt, in der Kapelle des Hl. Bartholomäus in
Mahovnik/Mooswald einen Kaplan einzusetzen. Diese
Meierei war wahrscheinlich das Zentrum für weitere
Ansiedlungen. Später sind dann neue Kirchen und
Siedlungen entstanden. Auf einem Gebiet von 860 km˛
sind in 176 Dörfern und Weilern 127 Kirchen erbaut
worden. Bald schon konnte die Bevölkerung nicht mehr
von dem kargen Karstboden leben und so erteilte Kaiser
Friedrich III. im Jahre 1492 den Gottscheern die Erlaubnis
zum Hausieren. Viele Urkunden und Verordnungen
haben dieses Recht bis zum 1. Weltkrieg geregelt. Die
große Bevölkerungszahl der Gottscheer ist in der Zeit der
Türkeneinfälle stark gesunken. Valvasor nennt die
Gottscheer eine Bastion gegen die Türkengefahr.
Gottschee war auch von der Pest, anderen ansteckenden
Krankheiten und zahlreichen Naturkatastrophen betroffen.
Auch die Gottscheer Bauern haben sich gegen die
Herrschaft erhoben und an den Bauernaufständen der
Jahre 1515 und 1523 beteiligt. Ebenso haben sie
(erfolglos) Widerstand gegen die französische
Obergewalt geleistet. Gottschee hatte den Status einer
Grafschaft und später unter den Auerspergern sogar den
eines Herzogtums (1791). Im 19. Jahrhundert hat die
Bevölkerung einen Höchststand von 28.000 Personen
erreicht. Ermöglicht wurde dies durch die
Industrialisierung, wodurch auch jene, die keine Bauern
waren, sich etwas dazuverdienen konnten. Ende des 19.
Jh. werden die Aussiedlungstendenzen, vor allem nach
Amerika, stärker. So ist in Cleveland der erste Verein der
Gottscheer Aussiedler, den es heute noch gibt,
entstanden. Viele sind nach ein paar Jahren aus den USA
zurückgekehrt, haben mit ihren Ersparnissen den
Lebensstandard der Familie aufbessern können und
haben auch neue Technologien mitgebracht. Die
Gottscheer konnten Ende des 1.Weltkrieges mit einem
relativ gut organisierten Schulsystem aufwarten. Sie
hatten ein höheres Gymnasium, eine Fachschule, ein
Waisenhaus, 33 deutsche Volksschulen und zwei
Kindergärten. Nach dem 1. Weltkrieg ist die Gottschee
ein Teil des Königreiches Slowenien-Kroatien-Serbien
geworden. Alle Versuche, eine Autonomie zu erreichen,
sind gescheitert. Passiert ist genau das, wovor man sich
gefürchtet hat: Die deutschen Vereine wurden aufgelöst,
die Staatsbeamten und Lehrer wurden entlassen,
schleichend die deutschen Schulen, die Fachschule,
aufgehoben, das Gymnasium in Gottschee wurde
slowenisch. Die Intelligenz wanderte vor allem nach
Kärnten aus. Die Folgen dessen waren ein Rückgang der
Bevölkerung im Gottscheer Land und allgemeine
Unzufriedenheit. In den Jahren 1937/38 begannen sich
die Gottscheer dem Nationalsozialismus zuzuwenden. Als
Hitler 1941 das slowenische Gebiet teilte, kam die
Gottschee unter italienische Herrschaft. Die italienische
Okkupation hat natürlich die Gottscheer enttäuscht. Die
Führung hat sich mit den nationalsozialistischen
Machthabern auf eine Aussiedlung geeinigt, ähnlich wie
es in Südtirol und im Kanaltal gehandhabt worden ist. Die
Propaganda für die Aussiedlung war stark, die Angst,
allein im leeren Ort zurückzubleiben, war groß und
außerdem begannen die ersten Partisanenüberfälle. Die
Mehrheit der Bevölkerung entschloß sich zur
Aussiedlung. Angesiedelt wurden sie in Häusern
ausgesiedelter Slowenen im Gebiet von Krško/Gurkfeld
und Brežice/Rann. Einige sind zu Hause in Gottschee
geblieben, trotz des Drucks v.a. im Tal von
Tschermoschnitz und Pöllandl. Geblieben sind auch die
Gottscheer, die in den Städten und außerhalb der
Sprachinsel lebten. Nach dem Krieg mußten die, welche
umgesiedelt wurden, ins Ausland fliehen und nur wenige
sind in das Gottscheerland zurückgekehrt. In der
Nachkriegszeit wurden die Verbrechen der Hitlerzeit allen
Deutschen zugeschrieben. Derartige Vorwürfe
bekommen die Angehörigen der Minderheit noch immer
zu hören, obwohl sie Jahrzehnte nach dem Krieg geboren
wurden. Nach dem AVNOJ-Erlaß wurden die Deutschen
enteignet. Allein in Ljubljana wurde das Eigentum von
1667 Personen konfisziert. Nach dem Krieg sind im
Gottscheer Gebiet verschiedene staatliche
Genossenschaften entstanden, die das Eigentum
verwalteten. In die leeren Häuser zogen Arbeiter, die auf
diesen Besitzungen arbeiteten. Vorerst waren hier
slowenische Staatsbürger tätig, später siedelten sich aber
immer mehr Leute aus Bosnien, teilweise aus Kroatien,
dem Kosovo, Mazedonien und auch einige Roma an. So
ist die nationale und religiöse Zusammensetzung der
Bevölkerung sehr bunt. Es war durchaus keine Seltenheit,
daß in einigen Dörfern in wenigen Jahrzehnten die
gesamte Bevölkerung 2-3 mal ausgewechselt wurde. Die
Leute haben eben anderswo ein besseres Einkommen
gefunden... Nach der Unabhängigkeitserklärung
Sloweniens haben auch wir Gottscheer die Möglichkeit
gesehen, unsere nationale Angehörigkeit verstärkt zu
zeigen, und deshalb haben wir uns in Vereinen
organisiert.

Die Gottscheer heute


Unsere Volksgruppe ist heute weltweit in zahlreichen
Vereinen zusammengeschlossen. Wir schätzen, daß
etwa 3000 Gottscheer in Österreich, ca. 1000 in
Deutschland und um die 25.000 in den USA, wo sie am
besten organisiert sind, leben. Wie viele es von uns in
Slowenien gibt, ist noch nicht belegt, weil sich bei uns
sozusagen tagtäglich neue Mitglieder "melden". Das ist
auch eine Frage der Toleranz und des Wohlwollens der
umgebenden Bevölkerung und der slowenischen Politik.
Besonders auffällig ist, daß sich jedesmal, wenn es in den
Medien ungünstige Artikel gibt, ein bestimmter
Prozentsatz an Leuten kurzerhand zurückzieht. Ähnliche
Probleme haben auch andere Minderheiten zum Beispiel
die Slowenen, Kroaten, und vor allem die Roma in
Österreich. Die Gottscheer Vereine aus aller Welt sind
seit 1960 in der "Arbeitsgemeinschaft Gottscheer
Vereine" zusammengeschlossen. Angehörige dieser
Organisation sind auch die Vereine, die in Slowenien tätig
sind. Der "Verein der Gottscheer Altsiedler" wurde 1992
in Kočevske Poljane/Pöllandl gegründet, der slowenisch-
gottscheerische "Verein Peter Kosler" im Jahre 1994 in
Ljubljana. Das Ziel beider Vereine ist es die slowenische
Öffentlichkeit auf Folgendes aufmerksam zu machen: auf
die 600jährige Besiedlung des Gebietes um die
Gottschee durch eine deutsche Bevölkerung, die
Erhaltung des Kulturerbes und auf die Erhaltung der
Sprache als Bewußtsein der nationalen Angehörigkeit.
Beide Vereine geben gemeinsam die Zeitschrift Bakh-Pot
heraus. Die darin enthaltenen Artikel sind in drei
Sprachen verfaßt: Gottscheerisch, Slowenisch und
Deutsch. Das Zentralorgan der Gottscheer Vereine
weltweit ist die Gottscheer Zeitung, die (wieder) seit 1955
in Klagenfurt erscheint. Die Gottscheer Zeitung bzw. ihr
Vorläufer der Gottscheer Bote ist zuerst in Gottschee -
seit 1904 - erschienen. Ziel dieser Zeitung ist es, die
Volksgruppenangehörigen auf der ganzen Welt
miteinander zu verbinden, sie über Neuigkeiten und
Arbeiten der Vereine zu informieren und die Verbindung
zur alten Heimat zu erhalten. In diesem Sinne ist auch der
Leitspruch auf der Titelseite jeder Ausgabe zu verstehen:
"Mit der Heimat im Herzen über Land und Meer
verbunden." Lobenswert ist es, daß immer mehr
Abonnenten des Zentralorgans aus Slowenien stammen.
Wir Gottscheer, die in der Heimat geblieben sind, hoffen,
daß unsere Landsleute und ihre Nachkommen gerne
nach Hause zurückkehren und daß sie um so schönere
Eindrücke davontragen. Auch dafür soll unser
Kulturzentrum in Občice da sein. Heimat ist nicht nur ein
Teil Erde, den man bearbeiten, vermessen und verkaufen
kann... Dies sind vor allen Dingen Menschen, die dieselbe
Sprache sprechen, die dich verstehen und die sich
freuen, wenn du kommst. Solch eine Heimat möchten wir
unseren auf der ganzen Welt verstreuten Landsleute
bieten können.

Maridi Tscherne ist Geschäftsführerin des Gottscheer


Altsiedler-Vereins.

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