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Wählen ab 16 – Österreich als Vorreiter in der EU

Userkommentar | PAUL SCHMIDT


14. Oktober 2017, 14:1379POSTINGS

https://derstandard.at/2000066016425/Waehlen-ab-16-Oesterreich-als-Vorreiter-in-der-EU

Vor zehn Jahren wurde das Wahlalter herabgesetzt. Eine Bilanz

Vor zehn Jahren wurde in Österreich das Wahlalter herabgesetzt. Jugendliche, die am Wahltag das 16.
Lebensjahr vollendet haben, dürfen seither bei Nationalratswahlen, bei Gemeinderats-, Landtags- und
Bundespräsidentenwahlen und bei den Wahlen zum Europäischen Parlament ihre Stimme abgeben. Österreich
ist bislang das einzige EU-Land, in dem die Teilnahme an nationalen sowie an den Wahlen zum Europäischen
Parlament ab 16 erlaubt ist.

Die Erwartungen im Vorfeld der Wahlrechtsreform waren entsprechend hoch. Durch das frühe Einbinden der
Jugend in den politischen Gestaltungsprozess erhoffte man sich eine Zunahme ihres politischen Interesses und
Wissens. Auf lange Sicht sollte sich das wiederum positiv auf die Wahlbeteiligung auswirken. Die Kritiker
hingegen warnten gerade vor dem mangelnden politischen Interesse und Wissen von 16- bis 17-Jährigen. Sie
seien noch nicht reif genug, um politisch informierte Entscheidungen zu treffen.

Durchwachsene Bilanz

Seit der Herabsetzung des Wahlalters haben in Österreich zwei Europawahlen, zwei
Bundespräsidentenwahlen, zwei Nationalratswahlen sowie verschiedene Wahlen auf Landes- und
Gemeindeebene stattgefunden. Die dritte Nationalratswahl, bei der 16-Jährige wählen können, steht
unmittelbar vor der Türe.

Welche Bilanz lässt sich also zehn Jahre nach der Herabsetzung des Wahlalters in Österreich ziehen? Haben
die Befürworter oder die Kritiker Recht behalten? Unterschiedliche Vor- und Nachwahlbefragungen sowie
Analysen des Erstwählerverhaltens bei der Nationalratswahl 2013 und 2017 kommen auf den ersten Blick zu
einem durchwachsenen Ergebnis. Demnach gingen Österreichs Erstwähler bei der Nationalratswahl 2013
weitaus seltener zur Wahl als ältere Wähler. Die berichtete Wahlbeteiligung lag bei den 16 bis 17-Jährigen bei
63 Prozent und somit deutlich unter der allgemeinen Wahlbeteiligung von 80 Prozent. Auch das politische
Interesse der Erstwähler lag deutlich unter jenem der älteren Wählergruppen.

Politisches Interesse

Zwischen 2013 und 2017 ist allerdings das Interesse der 16 bis 20-Jährigen merklich gestiegen. Während
2013 nur rund 25 Prozent aller Erstwähler sehr oder ziemlich an Politik interessiert waren, sind es aktuell 60
Prozent. Auch die Wahrscheinlichkeit, zur Wahl zu gehen, hat sich gegenüber 2013 deutlich erhöht. Damals
wollten 70,3 Prozebnt der 16 bis 20-Jährigen ihre Stimme abgeben, 2017 sind es bereits 85,1 Prozent.

Ob Jugendliche wählen wollen, hängt stark von ihrem politischen Interesse ab. Während in der Gruppe der
nicht beziehungsweise wenig an Politik interessierten Jugendlichen lediglich vier von fünf zur Wahl gehen
wollen, sind es bei den sehr beziehungsweise ziemlich Interessierten immerhin fast 90 Prozent.
Zielgruppengerechte Informations- und Aktivierungsangebote können helfen, Interesse zu wecken.
Insbesondere Politische Bildung in der Schule trägt wesentlich dazu bei, Wissen zu fördern und dadurch
letztlich die allgemeine Wahlbeteiligung zu erhöhen.
Positiver Trend

Aus demokratiepolitischer Sicht hat sich die Herabsetzung des Wahlalters in Österreich jedenfalls ausgezahlt.
Der positive Trend wird sich möglicherweise auch bei der am Sonntag stattfindenden Nationalratswahl
fortsetzen.

In Kombination mit begleitenden schulischen und außerschulischen Maßnahmen und Informationsangeboten


sollte "Wählen ab 16" auch in anderen EU-Ländern Schule machen. Die Europäische Integration würde von
einer stärkeren Mitbestimmung der Jugend auf allen politischen Ebenen jedenfalls profitieren. (Paul Schmidt,
14.10.2017)

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