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Initiationstod im Dschungel c
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eine ersten Ayahuasca-Erfahrungen hatte ich in Kopfjägern so ziemlich
Amsterdam gemacht und mir in der Nacht ge- alles, was man eigentlich
schworen – falls ich dort lebend herauskommen zum Glück nicht braucht.
würde –, nie wieder etwas derart Törichtes zu tun. Wie wir
alle wissen, hält das Leben jedoch seltsame Wege der Er-
Foto: Paul Eijkemans
Bereit zu sterben
kenntnis bereit und bringt uns passgenau zu dem, was wir
brauchen, um heil – sprich: ganz – zu werden. So verschlug Apropos »Kopfjäger«:
es mich abermals zum Ayahuasca. Ich erhielt von dem Shu- Die Gastgeber sind Shu-
ar-Uwishin-Schamanen Miguel Chiriap eine Einladung zum ar-Indianer, ein kämpfe-
Natemamu-Ritual in Ecuador. risches Volk, welches im
Zuerst spürte ich, wie immer, wenn gravierende Verände- 15. Jahrhundert die Inkas
rungen in meinem Leben anstanden, einen inneren Wider- und im 16. sogar die Spa-
stand. Außerdem stand ein weiteres Element der Ausbildung nier vertrieben hatte.
bei Claudio Naranjo ins Haus. Ich hatte ohnehin nicht genü- Lange praktizierten sie
gend finanzielle Ressourcen, und der Zeitraum beinhaltete di- die Tradition der
verse Hypnose-Ausbildungen, die ich zu leiten hatte. Auf »ma- Schrumpfköpfe (»Tsant-
gische« Weise bekam ich dann binnen weniger Tage die aus- sas«), welche angeblich
Don Luiz, der »Älteste«, gibt stehende Summe überwiesen. Die Seminare wurden ebenfalls vor gut einem Jahrhun-
gen Jaguaren einmal abgesehen, kommt für den allein rei- Krankheit, aber nicht vom physischen Tod.
Von Jörg Fuhrmann senden Durchschnittswestler ohne adäquate Spanischkennt- Aus meinem näheren Umfeld schlägt mir häufig Unver-
In diesem Regenwald wächst nisse mitunter ein freudvolles Urlaubsfeeling auf. Kurz ge- ständnis entgegen. Ich kann es verstehen, weiß doch selber
die Lehrerpflanze Ayahuasca sagt: Der geneigte Abenteurer findet auf seinem Weg zu den nicht, warum ich zu gehen habe. Schließlich ist klar: Ich wer-
de es tun. Auch wenn dieser Gedanke völlig irrational sein
Initiationstod im Dschungel
mag, so ist für mich nun doch klar, dass ich mein Leben, mei-
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belhafte, sumpfartige Landschaft, bis wir das Haus eines an-
ne Seele zur Disposition stelle. Im Hinblick auf den Ritus und deren alten Schamanen erreichen, der uns den Weg in den
die gesamte Reise bin ich mit der Frage auf Leben und Tod Dschungel weist. Als wir nach circa vier Stunden einen Baum
aufgebrochen. Auch wenn es sich, wie Stan Grof sagt, dabei mit der Dschungelliane Ayahuasca ausfindig machen, bin ich
(hoffentlich) nicht um den physischen Tod handelt, sondern bereits am Ende meiner Kräfte. Die beiden Schamanen un-
um einen metaphysischen Tod, habe ich mein irdisches Da- terhalten sich munter und scheinen mehr als topfit. Warum
sein nun abermals bewusst in die Waagschale des allgegen- die Shuar »Könige des Amazonasbeckens« genannt werden,
wärtigen und kollektiv verdrängten Todes geworfen. Habe wird mir nun deutlich, als ich Miguel mit der Machete in Win-
mein Testament gemacht und breche jetzt auf. deseile etwa zehn Meter hoch in den Baum klettern sehe, wo
er von der obersten Astgabel aus die Liane loshackt. Mühse-
Hürden und Hindernisse lig zerren wir die hölzerne Schlange aus dem Baum und hacken
sie in Stücke, welche wir anschließend in 50-kg-Säcke füllen.
Die Hinreise ist geprägt von unzähligen Hürden. Ein guter Als ich mir noch die Frage stelle, wer denn wohl die Säcke
Freund aus Jugendtagen hat sich das Leben genommen. Mein quer durch den Dschungel über Sumpflöcher, Baumstämme
Auto wird von einer hektischen Rentnerin gerammt. Die deut- und alle Arten von Hindernissen hinwegbringen soll, ahne
sche Bahn erkennt mein Ticket nicht an, ich soll binnen zwei ich bereits die Antwort. Nachdem der Hinweg sich bereits als
Wochen über 150 €an Strafe zahlen. Meine gesamte Ausrüs- Schinderei erwiesen hatte, wurde aus dem Rückweg nun eine
tung geht angeblich in Madrid verloren. Doch schließlich re- Höllentour, die mich auf alle Fälle zwei Dinge lehrte. Erstens:
gelt sich alles von selbst. Als ich mich innerlich völlig zerrüt- Ich bin nicht mein Schmerz, und zweitens: Der Trick ist, wei-
tet nach 22 Stunden Flug am Kofferband in Quito entscheide, ter zu atmen. Dabei hämmert die Frage nach dem Sinn dieses
die Reise trotzdem – also nur mit dem, was ich am Leibe tra- Unterfangens von innen auf meine Schädelknochen: »Was soll
ge – anzutreten, öffnet sich das Portal und mein Rucksack er- das alles hier? Und was ist das nur für eine Bande von aben-
scheint. Diesen bekomme ich anschließend sogar, aufgrund teuersüchtigen Leuten, denen ich, der Oberabenteuertourist,
des nicht vorhandenen Paketscheins, ungesehen am kontrol- mich hier angeschlossen habe?« Irgendwie aber wuchsen wir
lierenden Polizisten vorbeigeschmuggelt. alle über uns selbst hinaus und erreichten nach einem schein-
Der Taxifahrer betätigt Bremse und Gas scheinbar synchron, bar unendlichen Marsch abermals das Lager der Shuar.
berichtet dazu wie am Fließband von der Zwei-Millionen-Me-
tropole, streichelt seinen Wackeldackel auf dem fellbezoge- Die Liane Ayahuasca
nen Armaturenbrett und trägt mit seinen stinkenden Brems-
belagresten gehörig zur heißen Glocke aus Verkehrsmief über Hier, nahe am Äquator, geht die Sonne gegen 18 Uhr rasch
der Stadt bei. Außer, dass man als Gringo nach 18 Uhr besser unter, um anschließend den Himmel für ein unsagbares En-
die Straße meiden solle, verstehe ich nur wenig bis gar nichts. semble klar glitzernder Sternendiamanten freizugeben. Seit
Anschließend an die Höllentaxifahrt gen Casa Helbling ma- jeher ist die Nacht die Zeit der Geistwesen und der schama-
che ich mich mit ein paar Holländern, Finnen und Schweden nischen Heilarbeit. Wir feiern eine Eröffnungszeremonie mit
eine Stunde über holprige Lehmwege, und wir erreichen spät und bemächtigt sich meiner Darmschlingen. Sie kriecht durch
Strapazen im Dschungel am Abend in der Dunkelheit das Haus des Schamanen am mich hindurch.
Das Rundhaus des Schamanen Rande des Regenwaldes. Im Anschluss an die unruhige und Ayahuasca ist eine Schlange. Man weiß nicht, was sie einem
der Shuar
Unsere Reise in den Süden von Ecuador erweist sich als viel zu kurze Nacht brechen wir in aller Herrgottsfrühe auf zeigen wird. Und man sieht dabei immer einen Spiegel des-
ästhetischer Glücksfall. Die Landschaft entschädigt für die zur Ayahuasca-Jagd. Dabei bewegen wir uns durch eine fa- sen, was in einem selber ist – schonungslos. Die Bezeichnung
Initiationstod im Dschungel c
lianischen »Santo Daime-Anhänger« sie auch liebevoll »Groß-
mutter«. Laut den Shuar soll ein regelmäßiger Gebrauch zur
totalen Reinigung führen, einem Zustand, der vielleicht mit
der viel gerühmten »Erleuchtung« zu vergleichen ist. Mit Hil-
fe des Ayahuascas reinigen sie nicht nur Körper, Geist und
Seele, sondern nehmen auch Kontakt zu den Geistern ihrer
Umwelt und Mitmenschen auf. Die Shuar sind überzeugt, dass
damit sämtliche Erkrankungen geheilt und träge Hunde wie-
der zum Jagen animiert werden. So auch in der heutigen Nacht.
Zahlreiche erkrankte Indios aus dem von schwarzen Scha-
manen verfluchten Nachbardorf sind erschienen und erbitten
Heilung.
einem goldenen El Dorado. Mein Verstand hakt aus. Angst wesen und Ratgeber. Doch es war nicht für alle so: »Wenn trauen, desto größer der nachhaltige Effekt – der Geist oder
überkommt mich. Ich denke an einen der Holländer aus un- Ayahuasca eine Schlange ist, dann ist Datura ein Monster«, Gott der Courage (»Arútam«) werde es uns danken, sagt Mi-
Phase zwei der Ayahuasca- serer Gruppe, der nach siebzig Sessions immer noch Angst meinte einer der anderen hinterher zu mir. Das »Monster« guel. Dieser Initiationsritus zur Erweckung des Arútam-Geis-
Herstellung: das Zerkleinern
verspürt. Unsagbare Hitze steigt meine Wirbelsäule empor. habe sein gesamtes Inneres, seine gesamte jahrzehntelang trai- tes im Jungen wird normalerweise bereits im Alter von sechs
Ich reiße mir sämtliche Kleider vom Leib, liege splitternackt nierte Zen-Spiritualität auffressen wollen. Für mich hingegen bis acht Jahren vollzogen. Wir ziehen uns aus und rutschen
»halluzinogene Droge« oder die rein chemische Analyse von im Schlamm und umwickle dabei den Pfahl einer Wäschelei- endete diese Zeremonie mit einem guten und zuversichtli- auf glitschigen Steinen ins strömende Wasser. Kollektiv brül-
MAO-Hemmern und DMT ist im Grunde eine Reduzierung, ne, welcher jetzt kein Wäscheleinenpfahl mehr ist, sondern chen Gefühl. len wir in der Schlucht, schwimmen und kämpfen uns dem
wie wir sie aus der geistlosen Wissenschaft des Westens seit ein Weltenbaum. Ich sehe die Mutter, die »Große Mutter«. Nach ein paar Stunden Schlaf erfolgen um Punkt drei die Wasserfall entgegen. Nach circa 25 Metern, gut der Hälfte des
der Aufklärung gewohnt sind. Letzteres zeigt sich vor allem Werde wieder zu ihr – werde Teil von ihr, werde Schlamm. rituellen Waschungen im heiligen Fluss. Nun sind wir nüch- Weges, ist die Strömung so stark, dass wir alle zurückgetrie-
in der dreisten Patentierung eines gewissen amerikanischen Ich sehe meinen Totenschädel grinsen. Meinen Grabstein. Der tern und brechen wieder auf. Es geht in den Dschungel hin- ben werden. Ich bin völlig am Ende, habe Hunger und kann
Forschers namens Loren Miller, der das Ayahuasca seit 1986 Himmel, der Wald, die Schamanenrundhütte – alles ist über- ein, den Weg zu »Tsunki«, dem Geist des großen Wasserfalls. nicht mehr. Plötzlich sehe ich, wie einer der Norweger noch
als »seine Entdeckung« beansprucht – ein Beispiel für den zogen mit energetischen Linien und symmetrischen Mustern. Wir rutschen lehmige Pfade auf und ab und bewegen uns wie einmal einen Anlauf nimmt. Ich folge ihm mit einem Sprung.
Raub geistigen und kulturellen indigenen Eigentums, wie er Blau. Rot. Gelb. Grün. Energie überall. Ich bin Teil von ihr und ein langer Wurm aus zwölf Männern und einer Frau durch Auf der Hälfte der Gedanke: »Ich kann nicht mehr. Ich schaf-
kaum krasser sein könnte. frage die ewige Mutter, was meine Aufgabe ist. Sie antwortet: den Dschungel. Teil des Rituals ist das Kauen von wilden Coca- fe es nicht.« Doch er ändert sich in: »Gib mir Kraft! Ich schaf-
Für die Indigenen ist Ayahuasca seit vielen tausend Jahren »Die Liebe in die Welt bringen und die Menschen heilen.« Ich Blättern und das regelmäßige Konsumieren des heiligen Ti- fe es!« Und tatsächlich, ich erreiche die blank polierte Stein-
die heiligste Medizin Südamerikas. Daher nennen die brasi- sage »Ja!« und löse mich dabei immer mehr auf. Sehe mich gre-Tabaccos. Das Coca vertreibt die Müdigkeit und den Hun- platte hinter dem Wasserfall, schreie gegen das Tosen an und
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macht der Regenwald seinem Namen alle Ehre: Mitten in der mich von außen. Werde zu einem meiner Krafttiere – zu ei- mehr recht gut und sehr gereinigt fühle. In den Tagen darauf
klammen Nacht beginnt es zu schütten. Wir brechen im Dun- nem Vogel, einem Kondor oder Papagei. Bin dieser Vogel. beendeten weitere Westler das Ritual. Mehrere Wochen nach
keln auf und stolpern zwei weiteren Wasserfällen entgegen, Schlage wild mit den Flügeln. Schreie. Fliege zu den Inseln meiner Rückkehr erfuhr ich mit großer Bestürzung, dass ei-
um uns von sämtlichen negativen Energien zu befreien. Nach der Ahnen. Hebe aus dem Sitzen unzählige Male einen Meter ner der mir so lieb gewordenen Gruppenteilnehmer im An-
unserer Rückkehr erhalten wir vom Stammesältesten, dem und mehr von der Bank ab. Die Bank zerbricht. Miguel schrei- schluss an den Ritus auf einer Rundreise in Folge massiven
Schamanen Don Luiz, Shuar-Namen, die in Korrespondenz tet ein und behandelt mich. Anschließend sehe ich wieder die Alkohol- und Drogenkonsums aus dem Leben gerissen wur-
mit unserer Reise und unserer Energie stehen. Die Shuar ha- Schlange, sehe die Flussgeister und die Ahnen, inklusive mei- de. Die Vereinigung der rituell induzierten Reinigung und da-
ben uns außerdem ihre traditionellen Ketten zum Schutz an- ner noch lebenden Großmutter, direkt vor mir. Alle verkün- mit einhergehenden Offenheit mit westlichen Genusskon-
gefertigt, die wir fortan bei den Zeremonien tragen. Was auch den sie einstimmig, wie im Chor: »Jetzt ist es gut. Komm nach sumgütern beinhaltete ein tödliches Potenzial. In Anbetracht
notwendig erscheint, denn neben zahlreichen Blessuren und Haus. Sie haben dir den Namen ›der mutige Mann, den nie- eines solchen Ereignisses stellt sich die Frage nach Leben und
Wunden haben mir irgendwelche Viecher ihre Maden unter mand umbringen kann‹ gegeben, und morgen musst du den Tod noch einmal auf ganz andere Weise. Klar haben sich nach
die Haut gepflanzt. Außerdem habe ich bereits an die hundert Mut haben, das vor der Gruppe zu vertreten.« diversen Psychotherapien auch schon unzählige Menschen
Moskitostiche. das Leben genommen, aber all das Lamentieren und Verglei-
Im Bauch des Drachen chen hilft nicht über die Tatsache hinweg, dass ein wunder-
Die Not der Indigenen voller Mensch nicht lebend aus dem Dschungel zurückge-
Die weitere Nacht war ein Vollkontakt mit der Grenze mei- kommen ist.
Doch es gibt Schlimmeres. Die gegenwärtige Lage der Shu- nes Bewusstseins. Ich war da, wo Es – die Schattenfährte mei- Sollte also ein Westeuropäer solche Rituale nicht oder nur
ar ist nicht leicht. Texaco und Esso vergiften ihre Urwälder. ner Ängste – mich hingelockt hatte. »Ich« war im Bauch des begrenzt in Anspruch nehmen? Davon abgesehen, dass es den
Die Chinesen und Kanadier haben ihnen 15 Millionen Dollar Drachen und somit nur noch partiell vorhanden. Und ich wuss- Shuar beim Ritus nicht wesentlich besser ging als uns, so ist
für ihre Wasserfälle geboten, weil sie das Gold darunter ab- te, dass ich zurückkehren musste, dass ich dort nicht verwei- doch die Frage von Bedeutung, was derjenige an Erdung,
graben wollen. Es hat bereits Kämpfe gegen Goldjägerfirmen len durfte. Für den Rest der Nacht konzentrierte sich mein in- Rückhalt und Integrationsfähigkeit im alltäglichen Leben mit-
gegeben, mit mehreren Toten. Angesichts dieser Lebenslagen nerer Beobachter auf den Holzbalken, an dem ich mich wie bringt. Oft werden viel zu große Hoffnungen mit spirituellen
relativieren sich die Kosten für schamanische Rituale schnell. ein in Seenot Geratener festklammerte. Dabei versuchte ich und transpersonalen Methoden verknüpft. Pater Willigis Jä-
Sicherlich wurde oft das Geldproblem in Sachen Schamanis- halbwegs aufrecht im ewigen »Jetzt« dieser einen Nacht zu ger sagte einmal: »Ein spiritueller Weg, der nicht zurück in
mus erwähnt, aber man darf nicht vergessen, in welcher Si- verweilen. Was mir aber nur mehr als schwerlich gelang. Tei- den Alltag und zum Mitmenschen führt, ist ein Irrweg.« Ich
tuation sich die indigenen Völker Südamerikas nach wie vor le meiner Erinnerungen sollten sich dabei partiell-schemen- denke, dies ist die grundsätzliche Gefahr bei allen spirituel-
befinden. haft verabschieden. len Wegen und Methoden. Oft kann – je nach Problemlage
Hundert weitere Moskitostiche später ereignet sich das Wun- und seelischer Konstitution – eine geerdete Psychotherapie
Reinigung der des folgenden Morgens. Der bissige, ja man muss schon bessere Dienste leisten.
beinahe sagen blutrünstige Papagei lässt sich ohne größere Ich persönlich stehe für die Integration spiritueller mit psy-
Nun beginnt der Reingungsritus des täglichen Ayahuasca- Widerstände von mir auf den Arm nehmen. Eine handgefer- chotherapeutischen Methoden. Seit meiner Rückkehr nach
tee-Zubereitens und Trinkens. Parallel werden von uns fast tigte Papageienkette der Shuar wird mir zum Symbolgeschenk Deutschland habe ich die Erfahrungen integrieren und in mei-
rund um die Uhr die heiligen Baumtrommeln geschlagen. Wir der vergangenen Nacht. Don Luis, der »Alte«, rät mir, dass ne tägliche Arbeit einfließend lassen können. Die Reise nach
schlafen kaum noch, schälen und zerklopfen die Liane, hal- man auf die Weisungen der Ahnen und Geister hören solle Ecuador hat mir einen enormen Zuwachs an Klarheit, Intui-
ten das Feuer am Brennen und gießen anschließend den Tee und dass es dann auch richtig sei. Viele befreundete Schama- tion und Freiheit von Angst gebracht. I
ab, um ihn literweise zu trinken. Mit den Waschungen am nen haben mir genau diese Empfehlung im Vorfeld mit auf
kommenden Morgen beginnt ein neuer Zyklus. Tag für Tag. diese »Heldenreise« gegeben.
Foto: Jörg Fuhrmann
Das gesamte Ritual geht über acht weitere Tage. Die Gruppe Bemerkenswerterweise traf ich meine Oma nach meiner An-
Für die Shuar sind Papageien schweißt uns zusammen. Der permanente Schlafentzug. Die kunft in Deutschland wieder. Sie hatte mich, obwohl sie ver-
Inkarnationen spielerischer Jörg Fuhrmann, Dipl. Sozialpädagoge,
täglichen Stiche. Das konstante Trommeln. Die ungewohnte gessen hatte, wo ich mich befand, in jener Nacht im Traum ge-
Leichtigkeit und Weisheit Gestalttherapeut, Hypnose-Ausbilder,
Umgebung. Der uralte Ritus. Die tägliche Medizin. Die ritu- sehen. Mit Hut und zerstochen von oben bis unten. In ihrem Hochschuldozent, Schamanischer Geist-
ellen Waschungen und unsere traditionellen Shuar-Gewän- Traum habe ich zu ihr gesagt, dass ich jetzt nach Hause kom- heiler, Autor, langjährige Ausbildung in
bin voller Entsetzen über die Energie, die sich da in mir ma- der. All das verändert uns und bringt uns in eine andere Qua- men würde. schamanischen Techniken und Transper-
nifestiert hat. lität von Bewusstheit. Bei mir schlagen bereits zwei Liter voll sonaler Psychologie
Dann übernachten wir auf dem Boden eines Jahrtausende durch. Andere trinken zehn Liter oder mehr und merken selbst Tödliche Offenheit www.freiraum-fuhrmann.de
alten Ritualplatzes nahe am Wasserfall. Ein vom rituellen Ta- nach Tagen kaum etwas.
bak über die Zeit ausgehöhlter Stein verkündet von einer un- Bei der vierten Zeremonie in dieser Folge bricht bei mir et- Ich beende den Ritus mit einem unguten Gefühl. Kann nicht
vorstellbar langen und reichen Initiationstradition. Und nun was durch. Ich trete komplett aus meinem Körper und sehe sagen, warum oder wieso das so ist, da ich mich selbst nun-