Die Gesundheits- und Wellnessbranche boomt. Doch werden die Deutschen wirklich immer
gesünder?
Zahlen sprechen dagegen: Übergewicht und die damit verbundenen Folgen wie Diabetes und
Gelenkerkrankungen nehmen zu. Auch schon bei Kindern zeigen Untersuchungen
erschreckende Ergebnisse. Die Ursachen für diese Entwicklung sind bekannt: mangelnde
Bewegung und falsche, vor allem zu fette und zuckerhaltige Ernährung.
Da ist es nur zu befürworten, dass Politiker und Verbraucherschützer auf eine bessere
Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln drängen. Denn wer weiß schon, dass in einem
Liter eines bestimmten Kindermilchgetränks 44 Stück Würfelzucker stecken? Klare
Informationen auf den Lebensmittelverpackungen könnten aufklären und den Konsum
gesundheitsschädlicher Produkte zumindest verringern.
Das Verbraucherministerium hat sich der Sache angenommen und eine Art Leitlinie vorgestellt.
Das klingt zunächst gut, doch bei näherem Hinsehen zeigen sich gleich zwei kritische Punkte.
Erstens: Die Leitlinie wäre unverbindlich, da kein Hersteller verpflichtet würde, sich an die
Vorgaben des Ministeriums zu halten. Ob der Verbraucher informiert wird oder nicht, wäre
also in das Belieben der einzelnen Unternehmen gestellt. So geht Aufklärung meiner Meinung
nach nicht. Zweitens: Die vom Ministerium vorgeschlagene Nährwertkennzeichnung ist viel zu
kompliziert.
Es soll Angaben über den Gehalt an Kalorien, Fett, Zucker, gesättigten Fettsäuren und Salz
geben, bezogen auf eine Portion oder 100 Gramm. Zudem soll, in Prozent ausgedrückt, ein
Bezug zu der jeweils empfohlenen Tageszufuhr hergestellt werden. Bei so einer Kennzeichnung
müsste man mit dem Taschenrechner zum Einkaufen gehen! Statt den Verbrauchern die
Möglichkeit zu geben, rasch zu entscheiden, ob dieses oder jenes Produkt in den
Einkaufswagen wandert, werden sie mit einer Masse von Informationen überflutet. Ich
befürchte, ein gegenteiliger Effekt tritt ein – die zu detaillierte Kennzeichnung wird gar nicht
beachtet. Sinnvoller scheint es mir, es unseren Nachbarn in Großbritannien nachzumachen.
Dort wird teilweise schon eine Art Ampelsystem verwendet. Durch die Farben Grün, Gelb und
Rot wird angezeigt, ob ein Lebensmittel geringe, mittlere oder große Mengen an Fett, Salz,
Zucker und so weiter enthält. Das System ist einfach, für jeden verständlich. Genauere
Angaben könnten ergänzend auf der Verpackung angebracht werden für die, die mehr wissen
wollen. Aber die Ampel wäre das erste Signal – aufschlussreich und für die meisten Käufer
ausreichend.
Die Diskussion über das Informationsrecht des Verbrauchers hat hierzulande gerade erst
angefangen. Ich bin guten Mutes, dass im Verlauf der öffentlichen Auseinandersetzung die
Vernunft, das heißt ein schnell erfassbares System sich durchsetzen wird. Auch der
Wettbewerb am Markt wird zeigen, was der Verbraucher will, und die Produzenten werden
sich darauf einstellen – und nebenbei auch mehr Waren herausbringen, die nicht nur so vor
Fett und Zucker strotzen und die die reinsten Kalorienbomben sind.