Sie sind auf Seite 1von 11

PAULUS, ORIGENES UND METHODIUS

ÜBER DIE AUFERSTEHUNG DER 1~01~EN

In Mk 12,18 ff lesen wir, wie die Sadduzäer, die selbst an


eine Auferstehung nicht glauben, die eschatologische Lehre Jesu
ins Lächerliche zu ziehen suchen. Eine Frau habe nach dem Levi-
ratsgesetz des Moses nacheinander 7 Ehemänner besessen, sei aber
dennoch kinderlos geblieben. Wessen Frau werde sie nun bei der
Auferstehung sein? Jesus ant\vortet, dass sie von den Dingen der
anderen Welt und erst recht von seiner Lehre nichts verstanden
hatten. «Denn bei der Aufestehung der Toten heiraten sie weder,
noch werden sie geheiratet, sondern werden sein wie die Engel
im Himmel».
Dieses Jesuswort «neque nubent, neque nubentur» wurde
in der Folgezeit der ersten beiden christHchen Jahrhunderte zum
Leitmotiv für die grosse charismatische Bewegung, ohne die die
rasche Ausbreitung des Christentums kaum denkbar erscheint, für
Enkratiten, Enthusiasten, Gnostiker u.a. Allerdings \vird dabei der
im Evangelium gegebene Sinn ein völlig anderer. Hatte dasselbe
durch dieses Jesuswort auf die andersgeartete, nicht mehr an Zeit
und Raum gebundene Ordnung des Jenseits, so verweisen diese
Gruppen auf eine in der Taufe schon erreichte Auferstehung hin.
Wir sind bereits mit Christus auferstanden und unser Leben hat
einen neuen Sinn erhalten. Eine weitere Auferstehung wird nicht
stattfinden 1.
Es ist daher nicht weiter verwunderlich, dass Paulus, der sieb
in seinem 1. Brief an die I<:orinther an eine weitgehend cha-
rismatisch bestimmte Gemeinde wendet, an die Antworten auf
pastorale Anfragen aus eigenem das Kapitel anfügt über Christi
Auferstehung und die unsere am Ende der Zeiten.

1 Cor 15,38-50
Diese Verse weisen in besonderer Weise auf die Auferstehung
der Toten am Ende der Zeiten hin mit Bezug auf die schon

1 Thom. Ev., log 17-18 (Guillaumont 12).


104 M. MEES

erfolgte Auferstehung Jesu. Da aber die Briefe des Paulus Gele-


genheitsschreiben sind, Situationen anspechen, die uns heute
nicht mehr zugänglich sind, so müssen auch die all)gemeinen
für uns gültigen Wahrheiten aus dem Zeitgebundenem herausgelöst
werden. Damit ist aber auch die Gefahr gegeben, dass in den Text
hineingelesen wird, was aus eigener Blickrichtung als richtig erach-
tet 'wi:rd, was aber der Apostel gar nicht sagen wollte. Jedenfalls
sind es gerade diese Paulusverse, die sowohl von Origenes \vie
auch von Methodius für ihre je verschiedene Auferstehungslehre
herangezogen wurden. Es sei daher gestattet, gerade bei ihrer
jeweiligen Auslegung zu verharren. Es sind vor allem drei Punkte,
die das Interesse erregen: Das Gleichnis vom Samenkorn, die
Verschiedenheit irdischer und himmlischer Körper und das
Geheimnis der Verwandlung aus 15,51.
Das Gleichnis vom Salnenkorn nimmt in diesem Zusammen-
hang eine besondere Stellung ein. Soll es doch den Wahrheitsgehalt
des Auferstehungsdogmas durch den Hinweis auf die Vorgänge in
der ]~atur unterstreichen. Das in die Erde gesenkte und verwesende
Korn, das einen neuen Halm mit einer vollen Ähre aus der Erde
spiessen lässt, hat zu den verschiedensten Deutungen Anlass
gegeben. Denn man hat daraus eine Antwort auf die Frage nach
dem l,os des irdischen in die Erde gesenkten Leibs zu finden
gesucht. Da das Korn verwest und nur die Voraussetzug eines
neuen ist, hat man geglaubt, dass Paulus im Verein mit 2 Cor 5,
1-10 (s.u.) hier von einem neuen, himmlischen, von dem in die
Erde gesenkten verschiedenem Leibe rede, der im Himmel für
uns bereit liege. In diese Richtung weisen schon die Überlegungen
bei Origenes 2. Methodius und die traditionelle Erklärung des
Glaubensartikels über die Auferstehung der Toten verweist auf
den zusalnn1enhängenden Prozess von gesätem Korn und reifender
Ähre und damit auf den in der Erde bestatteten Leib als den der
künftigen Auferstehungsherrlichkeit.
Gewiss darf man annehmen, dass Paulus an ein Entsprechen
von gesätem Korn und zu erntender Ähre gedacht hat und daher
auch an eine Ähnlichkeit von irdischem Leib und der Gestalt der
Auferstehungsherrlichkeit. Aber über die an den Text gestellte
Frage über das Los des sterblichen Leibes dürfte er nichts aussagen.
Denn der Zusammenhang ist eigentlich ein anderer. Paulus muss

2 EI. Conzelmann, Der erste Brief an die Korinther} Göttingen 1969, S.


335-346; H.-D. Wendland, Die Briefe an die Korinther} Götüngen 1972, S.
155-158; R. Buhmann, Der Zweite Brief an die Korinther} Göttingen 1976.
DIE AUFERSTEHUNG DER TOTEN 105

gegen die Geistbegabten und Enthusiasten aus Korinth die Wirk-


lichkeit einer 2., zukünftigen Auferstehung unterstreichen. Er
verweist dabei auf die jedem bekannten Vorgänge in der Natur,
bei Aussaat und Ernte. Wie dort aus Tod und Verwesung neues
Leben entsteht, so ist es auch für den an die Auferstehung Jesu
Glaubenden gewiss, dass auch er einst von den Toten auferstehen
\vird. Paulus betont also kräftig das «Dass» der Auferstehung.
Über das «Wie» bleiben seine Worte unbestimmt. Dies umso
mehr, da er in 15,51 die Hoffnung ausspricht, nicht zu sterben,
sondern bei der baldig ersehnten Ankunft des Herrn verwandelt
zu werden.
Ähnlich dürfte es sich bei den Vergleichen der Verse ab 15,40
über die verschiedene Beschaffenheit, Ausstrahlungskraft und Qua-
lität irdischer und Himmelskörper handeln. Denn auch hier ist der
Vergleichspunkt eigentlich nicht die Frage nach dem Los des
irdischen Leibes. Vielmehr geht es eigentlich nur darum, die neuar-
tige Herrlichkeit des Auferstehungsleibes zu erläutern, der ähnlich
dem des im esten Teil beschriebenen auferstandenen Jesus sein
wird. Dass dies der begrabene Leib ist, könnte man nach
1 Thess 4, 13 ff, annehmen, ist aber so nirgends gesagt. Das
Problen1 dürfte bei Paulus nicht im Vordergrund stehen und durch
den Glauben an den Auferstandenen, der einst auch uns auferwecken
wird, überhöht und verdrängt 'sein.
7twas anders verhält es sich ab 15, 51, da Paulus eschatologi-
sche Ereignisse in Form apokalyptischer Beschreibung dar}egt. Denn
die Hoffnung bei der Parusie des Herrn noch anwesend zu sein, ohne
vorher durch den Tod hindurchgegangen zu sein setzt eigentlic~l
die Verklärung dieses Leibes voraus. Ebenso könnte man annehmen,
dass die Toten, die sich auf die Stimme des Erzengels hin aus ihren
Gräbern erheben werden, in ihren irdischen nun verklärten Leibern
erscheinen werden. Aber wiederum geht es eigentlich nicht um
diese Punkte. Vielmehr ist der Hauptpunkt der Ausblick auf die
zukünftige bald erwartete Verherrlichung. Das « syn Christo» sein,
und dies für immer, ist der Schlusspunkt paulinischerChristologie
und auch das Endziel des christlichen Lebens . Diese eschatologische
Hoffnung malt Paulus mit allen ihm zu Gebote stehenden Farben
aus, wobei die Einzelheiten meist blass und unbestimmt bleiben.

Diese Verse mit ihren Bildworten vom zerbrechlichen, leicht


abtransportierbaren Zelt und dem festgefügten nicht von Menschen-
händen erbauten Haus, die Gewandsymbolik und die Verben vom
Aus- und Anziehen, scheinen eindeutig auf das künftige Los des
106 M. MEES

irdischen Leibes hinzuweisen und wurden im Laufe der Jahrhunderte


auch meist in dieser Form interpretiert 3.
Dennoch scheint es ratsam, nicht von hier aus imit der Inter-
pretation der Texte zu beginnen, da wir es mit Bildworten und
Vorstellungen zu tun haben, die in den Paulusbriefen selten sind
und daher auch vom Gegner übernommen sein könnten, ohne
völlig in den Gedankengang eingebaut worden zu sein. Schon 1 QS
4, 20 wie auch aethHen 90, 28 und 4 Esr 10, 25 weisen darauf
hin, wie prophetische Texte über den Sion (etwa 1s 2, 2) auf das
geistige und erlöste Israel angewendet wurden. Frühchristliche Texte
wie etwa 1 Clern; Didache; Ps. Barnabas und Pastor Hermae zeigen
auf, ·"rie derartige Spekulationen zur Ausdeutung des Geheinlnisses
des neue.n Gottesvolkes dienstbar gemacht wurden. Die johanneische
Symbolik, die allerdings die Bildworte «Frau - Stadt» gebraucht,
zeigt zudenl an, wie solche Symbolgehalte für die Erklärung dies-
seitiger und jenseitiger Wirklichkeit in Gebrauch waren, für den
Einzelnen und die Genleinde Ver\vendung finden konnten.
Die Verse bei Paulus dürften in diese Richtung \veisen 4. Dabei
können die einzelnen Bildworte in ihrer Bedeutung schillern. Das
festgefügte Haus bedeutet die gerettete himmlische Gemeinde und
auch den einzelnen verklärten Gläubigen. Im Gegensatz dazu ist der
Zeltbau Sinnbild für den hinfälligen irdischen Leib. Ähnlich will
die Ge\vandsymbolik die feste Zuversicht zum Ausdruck bringen,
auf ein I~ingehen in die Herrlichkeit mit Christus. Auch die Verben
vom Aus- und Anziehen wollen eigentlich nichts anderes sagen wie
schon in 1 Cor 15 vom Tod als dem notwenidigen Hinübergehen
in das l~eben mit Christus. Über das Los des irdischen Leibes
scheinen sie so \venig auszusagen wie der ganze Passus.
So betrachtet, ilässt sich 2 Cor 5) 1-10 unter jene eschatologi-
schen Stellen bei Paulus einreihen, die viel von der Wirklichkeit
christlicher Hoffnung auf das jenseitige Leben mit Christus reden,
aber nur unbestimmt über die Einzelheiten. Zu bedenken bleibt
auch, dass sich Paulus gemäss seiner Anthropologie, die sich von
der unsrigen weitgehend unterscheidet, ein Leben ohne einen
irgendwie gearteten Leib nicht vorstellen kann.

3 E. Brandenburger, Fleisch und Geist. Paulus und die dualistische


Weisheit) N·eunkirchen..Vluyn 1968, S. 177-179.
4 LA. Bühner, Skenos) ExegWbNT 3, Stuttgart 1983, S. 602-603; F.G.
Lang, 2 Cor. 5,1-10 in der neueren Forschung) Tübingen 1973, S. 132-134.
176-184.
DIE AUFERSTEHUNG DER TOTEN 107

OrigenC's) C. Cels V) 19
Anders verhält es sich dagegen bei Origenes, obwohl der grosse
Exeget aus Alexandrien sich mehrere Male der Verse 1 Cor 15, 38-51
und 2 Cor 5, 1-10 bedient, um seine Auferstehungslehre zu erläutern.
Natürlich folgt kein antiker Autor, auch nicht Origenes, unserer
modernen exegetischen Methode, die vom Wort, vom Satz, dem
Kapitel aus beginnt um den näheren und weiteren Zusammenhang
festzustellen und um von hier aus zum allgemeinen Wahrheitsgehalt
vorzudringen. Für den frühchristlichen Schrifts teller dagegen ist die
Schrift die von oben gegebene Bestätigung, das göttliche Siegel,
für die Wahrheiten, die er schon immer gekannt hat, die ihm
durch die allgemeine Glaubensüberzeugung oder durch eigene Speku-
lation überkommen sind. Darum kann er in den Worten der
Schrift auch alles finden, was er für richtig hält, woran aber ein
Paulus wohl nie gedacht hat. Zu beachten ist auch, dass Origenes
entsprechend seiner hellenistischen Bildung ontologischen Denkkate-
gorien verpflichtet ist, Paulus aber apokalyptisch und daher existen-
tialistisch denkt. Daraus ergeben sich von selbst verschiedenartige
Perspektiven. Zudem waren die Hörer und Leser des Origenes
sämtlich in der griechischen Philosophie geschult, die zumindestens
seit Platon die Dichotomie lehrte, die Zweiteilung von Seele und
Leib.
In C. Cels) V, 19 polemisiert Origenes ll1it Celsus, dem er
vorwirft, dass er die Tiefe und Erhabenheit der christlichen Aufer-
stehungslehre in keiner Weise verstanden habe. Gerade wie er
dieselbe ins Lächerliche ziehe, sie der menschlichen Vernunft als
wenig ebenbürtig hinstelle, ja sie sogar als eine schlecht verstandene
Seelenwanderungs-Lehre hinstelle, beweise wie wenig er verstanden
habe. Das komme auch daher, dass er sich nur von einfachen,
frommen Leuten habe unterrichten lassen, die eine wahre Scheu
haben, die \Vahrheiten des Evangeliums mit denen der Philosophie
in Verbindung zu bringen. Origenes hält also die Lehren der Philo-
sophen von der Auferstehung und dem Leben nach dem Tod mit
der Lehre des Evangelium konform, stellt sich also mit den Philo-
sophen gegen die einfachen Gläubigen, die «silnplicjores» seiner
Kirche 5. Di~s macht sich auch in seiner Exegese bemerkbar.
C. Cels V, 19 stützt sich weitghend auf das Gleichnis vom
Samenkorn aus 1 Cor 15, 38. Aber wenn Paulus auf das Ender-
gebnis schaut, das neu erwachsene Korn als ein Gleichnis des

5 H. Chadwick, Origen J Celsus and the Rerurrection 0/ the BodYJ HTR


14 (1948) 83-102.
108 M. MEES

auferstandenen Lebens, lenkt Origenes seinen Blick auf den Prozess


des Wachstums 6. Der Schöpfer habe in das gesäte und verwesen-
de l(orn einen « logos sperlllatikos » gelegt, der es ermöglicht, dass
ein neuer Halm mit einer neuen Ähre hervorspriesst. So ähnlich ent-
hält auch der in die Erde gesenkte Leib einen « Logos spermatikos »,
der auf ein «eidos» hindrängt, auf die Fähigkeit, dass sich die an
sich körperlose Seele bei der Auferstehung aus ihm einen neuen,
ihrem verklärten Zustand entsprechenden schafft. D'enn niemand
wird wohl behaupten wollen, dass das gesäte und verwesende Korn
und das auf dem Halme stehende das gleiche sei. So findet sich im
Auferstehungsleib wohl die Identität der Person aber nicht gleiches
Aussehen wie am irdischen Körper.
Diese «eidos »-Spekulation, eine Fortentwicklung aus Platon
und Aristoteles, aber eigentlich eine Neuschöpfung des Origenes 7,
kommt m.odernen1 Denken weit entgegen. Dennoch lässt sie sich
eigentlich nur auf der Grundlage christlichen Glaubens vollziehen
und bleibt dem ungläubigen Denker fremd. Der schwache Punkt
dieses Systems scheint daher auch die Christologie zu sein. Bei
Paulus findet sich eine viel engere Parallele zwischen der Aufer-
stehung Jesu und der unsrigen. Origenes lässt Christus tnit seinem
ird!?chen Leib auferstehen, aber im «Leibe seiner Niedrigkeit»
seinen Jüngern erscheinen. Ansonsten hätten sie ihn nicht erkannt
und nicht ertragen können. Origenes glaubt also an die leibliche
Auferstehung Jesu, weicht aber meist auf andere Punkte der Bedeut-
samkeit dieses Ereignisses aus 8. Aber der eigentliche Vergleichspunkt
zu unserer Auferstehung ist die Verklärung auf Tabor und hier hat
schon Methodius auf die Schwachstellen des Vergle1chs mit den1
vorösterlichen Ereignis hingewiesen.
Jeclenfalls wird begreiflich, wie der Vergleich der irdischen
und himrrllischen Körper bei Paulus hier bei Origenes nur auf die
Verschiedenheit von irdischem und Auferstehungsleib hinweist in
Aussehen und Beschaffenheit, sodass es sich eigentlich um einen
neuen verschiedenen Leib handelt. Auch die Hoffnung auf direkte
Verwandlung bei der Parusie aus 1 Cor 15, 51 ff bezeichnet für
Origenes die Neuheit und damit die Verschiedenheit des Aufer-
stehungsleibes .

6 ()rigenes, C. Cels. V, 19 {SCh 147, 58-62,51).


7 1-1. Crouzel, Les critiques adressees par Methode et ses contempo-
raines Cl la doctrine origenienne du corps ressuscite, Gregor. 53 (1972)
679-710.
8 B. Studer, La resurrection de ]esus d'apres le «Perl Archon» d'Ori-
gene, Aug 18 (1978) 279-309.
DIE AUFERSTEHUNG DER TOTEN 109

Perz Archon II} lO} 3-6


Auch in seinem systematischen Werk entwickelt Origenes die
gleichen Gedanken. Nur wendet er sich an dieser Stelle an seine
Gegner innerhalb der Gemeinde. Ihnen wirft er vor, sie hätten die
Worte der Schrift nicht verstanden, die bei Paulus (I Cor 15,38-51)
klar unterscheide zwischen dem irdischen Leib und dem der Aufer-
stehung. «Denn Fleisch und Blut können das Reich Gottes nicht
erben ». Wiederum liest er seine philosophischen Spekulationen vom
«logos spernlatikos» und vom «eidos» in den Text hinein und
kommt so zu scheinbar sicheren Ergebnissen über Identität der
Person im jetzt und einst und der Verschiedenheit des Leibes nach
Aussehen und Beschaffenheit 9.

Origenes} C. ,CELS VII} 32


Hier polernisiert Origenes wiederum gegen Celsus in der
eingangs angegebenen Weise. Nur stammt das Hauptargument
diesmal aus 2 Cor 5} 1-10. Der bedeutende Exeget aus Alexandrien
kennt den gesamten Passus auswendig und hat ihn für seine
Darlegungen bereit. Dabei stellt er zusammen, was ihm besonders
förderlich zu sein scheint und übergeht anderes, was seiner Diskus-
sion nicht dient, eben nach guter antiker Art. So spricht er etwa
vom «Zelt der Seele», diesem irdischen Leib, was sich so bei
Paulus nicht findet, aber gut platonisch klingt. Dies um so mehr,
wenn wir weiter lesen, dass die an sich körperlose Seele dieses
Zeltes nur hier auf dieser Erde bedarf, dann aber nicht nlehr. Sie
bekon1n1t von Gott, nachdem dieses Zelt ün Tode zerstört wird,
ein festgefügtes nicht von Menschenhänden erbautes Haus, ein
neues ihrem verklärtem Zustand entsprechendes Gewand.
Origenes interpretiert also auch diese Paulusworte aus 2 Cor
5, 1-10 auf das Los des irdischen Leibes und der Verschiedenheit
zum Auferstehungsleib, wie in den im Voraus angegebenen Abschnit-
ten. Die Spekulationen über den «logos spermatikos» und das
« eidos» sind dabei vorausgesetzt und schwingen mit 10

Peri Archon} 111 6} 4


Die gleiche Problematik findet sich hier an dieser Stelle inl
systematischen Werk des Meisters aus Alexandrien und vornehmlich
auf 2 Cor 5, 1-10 gestützt, das allerdings als Hilfszitat für 1 Cor

9 Peri Archon 11, 10,3-6 (SCh 252, 380, 88-382, 120; 252, 221-223; H.
GÖrgemanns.,H. Karpp, Origenes) Vier Bücher von Jen Prinzipien) Darmstadt
1976, S. 424-426).
10 Orig., C. Cels. VII, 32 (SCh 150, 84-88, 49).
110 M. MEES

15, 44 dient. Der Abschnitt fehlt b·ei Rufin, findet sich aber bei
Hieronymus, ep. 124, 10. Wiederum handelt es sich um den « Geist-
leib », den der verklärten Seele entsprechenden neuen Leib, der hier
mit den Paulusworten als das festgefügte nicht von Menschen-
händen erbaute Haus bezeichnet wird, dem der irdische Leib als
das zerbrechliche Zelt gegenüber gestellt wird. Der Geistleib wird
so beschaffen sein, dass ihn vollkolnmene, heilige und freie Seelen
bewohnen werden. Dies zeige an, wie fromm und gottesfürchtig
wir hier und jetzt leben müssen, um einst dieser Herrlichkeit teil-
haftig zu 'werden 11.
Diese Hinweise deuten an, wie die Exegese des Origenes auf
biblischen Termini und Vorstellungen fusst. Nur werden dieselben
aus dem :Zusamlnenhang herausgenommen und eigenen Spekulatio-
nen dienstbar gemacht, die aber Nahrung für das geistige Leben der
Seele sein wollen. Dabei fHessen auch pastorale Probleme mit ein,
die für den Leser von grossem Interesse waren und es auch heu-
te noch sind. Die jeweiligen biblischen Hinweise wollen auch zur
Klärung und Erhellung solcher Fragen beitragen.

lVIethodius
Obwohl Gegner des Origenes hat er uns die bedeutendsten
Fragmente aus dessen verlorengegangenen Dialof!.en über die
Aufc'rstehung überliefert. Zwar sind es nur solche Teile, die er genau
analysiert und bekämpft. Aber auch so zeigt er, wie diese Dialoge
noch 50 Jahre nach dem Tode des Origenes lebendig geblieben
\varen.
Dabei ist Methodius eine interessante, faszinierende Persön-
lichkeit, die Praktiken und Anschauungen asiatischer frühchristlicher
Frömmigkeit mit Weltoffenheit für pastorale Probleme seiner Zeit
verbindet. Wohl kaum je Bischof gewesen, eher christlicher Lehrer
\vie vor ihm Justin oder Klemens oder schon die Apologeten, hält
er doch alU Millenarismus seiner asiatischen Heimat fest. Aber
gerade dieser Millenarismus, der wohl die Hauptursache seiner
Ablehnung des Orlgenes bez\v. seiner Auferstehunslehre ist, zeigt
die Eigenart des Methodius in der Verbindung von Altem und
Neuem.
Der Millenarismus des Methodius lässt den grob-sinnlichen,
an der Paradiesessymbolik geschulten des Papias weit hinter sicb
zurück, ist auch sch\ver mit dem bei Irenäus und Hippolyt zu ver-

11 Orig., Perz Archon 111, 6,4 (SCh 258,242-244, 133; Görgemanns,


a.a.O., S. 452-456).
DIE AUFERSTEHUNG DER TOTEN 111

gleichen. Er verbindet antike Anschauungen mit den nach Syrien


\veisenden Sabbatspekulationen über die Weltzeitalter der Rabbinen
und einer Allegorie über den Vesöhnungstag nach Num 24. Er
trägt diesen Millenarismus in einer derart sublimen und vergeistig-
ten Form vor, dass man den Eindruck gewinnt, er wolle antike
religiöse Anschauungen seiner Heimat dem modernen Geist seiner
Zeit nahe brigen 12. Dennoch bleibt er ein wesentlicher Punkt seiner
Weltanschauung und Religion, der die leibliche Auferstehung der
Toten fordert. Mag er daher in vielem offen sein für die Ideen
des Origenes 13, in der Auferstehungslehr-e kann er ihm nicht folgen.
Er bekämpft ihn.
Dies zeigt sich besonders bei der «eidos »-Spekulation des
Origenes. Methodius übersetzt recht wörtlich mit «Ansehen,
Erscheinungsbild », ohne auf den Zusammenhang zu achten, der
dem \'7ort den von Origenes gewollten Sinn für « Fähigkeit» gibt.
Die Darlegungen des Methodius an diesen Stellen sind daher echte
Fehlinterpretationen. Hat ein Mann mit der Bildung des Methodius
dies nicht erkannt? Vielmehr scheint, dass die aus Glaubensüber-
zeugung und eigener Spekulation gebildete W,eltanschauung eine
unüberwindbare Barriere aufbaute, die jeden Zugang verschloss.

R{;lsur. 3, 10.1-5

Methodius beruft sich wie Origenes auf das Gleichnis vom


Samenkorn aus 1 Cor 15,38 ff. Auch er achtet auf den Wachstums-
und Reifungsprozess und auf das Ergebnis desselben. Denn das
gesäte Korn « gelangt in die alte Gestalt ». Dies ist ihlTI ein Gleich-
nis, gegen Origenes, dass der in die Erde gesenkte Leib verklärt
zur Herrlichkeit auferstehen wird. Von hier aus betrachtet, kann
Methodius den Vergleich der irdischen und der Hünmelskörper bei
Paulus (15, 40) nur von der Verklärung dieses irdischen auferweck-
ten Leibes verstehen. Erst recht wird die eschatologische Hoffnung
Pauli in 1 Cor 15, 51ff als klarer Hinweis des Gotteswortes auf
die Verklärung dieses notwendig zu meiner Existenz gehörigen
Leibes und nicht eines anderen neuen gewertet. Die gleichen bibli-
schen Bilder und Termini wie bei Origenes dienen hier zur entgegen-
gesetzten Beweisführung, durch die oben angegebenen Voraus-
setzungen bedingt 41 .

12 Method., Sympos. 9,1; Resur. 2,24; J. Farges, Les idees morales et


religieuses de Methode d'Olympe, Paris 1928; J. Danielou, La teologia deI
Giudeo..Cristianesimo, Bologna 1974, S. 448-449.453.
13 A. Vitores, Identitad entre el cuerpo muerto y resucitado en Origen'es
segun el «De resurrectione» de Metodio de Olimpo, Jerusalem 1981; E.
Prinzivalli, L'esegesi biblica di Metodio di Olimpo, Roma 1985.
112 M. MEES

Resur. 2) 15) 3-5


I-lier verweist Methodius ausdrücklich auf 2 Cor 5, 1-10. Me-
thodius :fordert, dass man den ganzen Passus aufn1erksam durchlese.
Dann v/erde man erkennen, dass der Apostel nicht von einem
anderen Auferstehungsleib rede als von dem, den wir jetzt tragen,
aber im verklärten Zustand. Es ist der gleiche, der in die Erde
gesenkt wird und ähnlich dem des auferstandenen Herrn von Gott
aufer\Jveckt und zur 1000 jährigen Friedensherrschaft auf dieser
Erde gerufen wird, um dann endgültig in Gottes Herrlichkeit ein-
zugehen 15.
Methodius liest also in die paulinischen Bildworte vom fest-
gefügten Haus, vom abbrechbaren Zelt, vom Ge\vand, das über-
gezogen wird, die gängige Kirchenlehre seiner Gemeinde über die
Auferstehung der Toten heinein und gegen Origenes.

Resur.. 2) 16) 1-12


l'~icht minder interessant ist der folgende Abschnitt, bei dem
wiederulll 2 C01" 5, 1-10 mit dem gleichen Ziel des Beweises der
Identität: des Erdenleibes mit dem verklärten ins Auge gefasst
wird, verbunden mit dem Vorausgehenden, ab 4, 10. Paulus spricht
davon, \vie sich das Todesleiden Jesu immer mehr sich an ihm
offenbare in seinen Mühen und Beschwerden apostolischer Arbeit,
damit auch das Leben Jesu sich an ihm und durch ihn offenbare.
11ethodius spricht mit diesen Paulusworten allerdings nicht
von der apostolischen Arbeit, sondern vom täglichen Christenleben
mit seinen Mühen und Sorgen. Wenn daher auch unser äusserer
Mensch aufgerieben wird, unser innerer Mensch erneuert sich
täglich in 'Christus. Aber der Leib, in demChristlJs wohnt, darf nicht
zugrunde gehen.
Dazu dienen ihm die Verse 5, 1-10, die in ihren Bildworten für
Methodius einleuchtend sind. Wiederum zeigen ihm das festgefügte
Haus im Gegensatz zum abbrechbaren Zelt, das Gewand, ,das über-
gezogen wird, an, dass es sich um die Identität von irdischem sterb-
lichem Leib und dem in der Glorie verklärten handelt 16.
Blättert man die Geschichte der Exegese dieser Verse kurz
durch, so scheint der Sieg des Methodius in der Auslegung von 1
Cor 15, 38-51 und 2 Cor 5, 1-10 vollkommen zu sein, ·erst recht
nach det Verurteilung des Origenes durch das 2. 'Constantinopoli-

14 jVfethod., Resur. 3, 10, 1-5 (GCS 27, 404, 5-405, 20).


15 ,N[ethod., Resur. 2, 15, 3-5 (G,CS 27, 362, 1-10).
16 Method., Resur. 2, 16, 1-12 (GCS 27, 363, 18-365, 29).
DIE AUFERSTEHUNG DER TOTEN 113

tanum 553. Schaut man moderne Abhandlungen über diesen Gegen..


stand durch 17, so findet man vieles, was den Gedanken des Origenes
nahe kommt. Nur mit dem Unterschied, was der grosse Denker aus
Alexandrien sich für das Ende der Zeiten vorstellte, wird hier auf
den Augenblick des Todes reduziert.
Dabei ist die Bilderwelt des Methodius von höchstem Interesse,
aber dem modernen Menschen fremd geworden. Origenes, der ge..
niale Denker aus Alexandrien, hat einige Fingerzeige gegeben,
ohne fertige Lösungen anzubieten. Mehrere Punkte müssten neu
durchdacht werden. Aber letzten Endes blei dies ein «mysterium
stricte dictum », das nur der Glaubende demütig annimmt.

MICHAEL MEES

Via deI Serafico,


0132 Rama

17 IG. Greshake, Naherwartung, Auferstehung, Unsterblichkeit, Frei-


burg 4 1982.

Das könnte Ihnen auch gefallen