Ganzheitliche
Corporate Identity
Profilierung von Identität und Image
2. Auflage
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1. Auflage 2003
2. Auflage 2009
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© Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
Lektorat: Stefanie A. Winter
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von jedermann benutzt werden dürften.
Umschlaggestaltung: Nina Faber de.sign, Wiesbaden
Druck und buchbinderische Verarbeitung: Krips b.v., Meppel
Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier.
Printed in the Netherlands
ISBN 978-3-8349-0611-3
Vorwort zur 2. Auflage 5
„Das Große ist nicht, dies oder das zu sein, sondern man selbst zu sein.“
[Sören Kierkegaard]
Die Schnelllebigkeit, Komplexität und die wachsenden Anforderungen des privaten und
beruflichen Lebens führen zu Unsicherheiten und starken Belastungen: „Wie soll ich das
alles nur schaffen?“ Immer mehr Bürokratismus einerseits und Luxus und pure Imagebil-
dung anderseits verstärken das egoistische, wettbewerbsmäßige Streben und Denken. Die
starke Fremdbestimmung nimmt zu und auch die monetären Bedingtheiten verschärfen sich –
es geht um das Überleben und nicht mehr um Werte. Warum das alles? Wer sind wir eigent-
lich? Wohin wollen wir? Haben wir nach Kant Mut, uns unseres Verstandes zu bedienen und
unseren Weg zur Identität zu finden. Gerade in diesen schwierigen Zeiten der permanenten
Veränderungen ist eine Renaissance der Corporate Identity entstanden, die diese Fragen nach
der Identität aufnimmt und mit ganzheitlichen CI-Methoden bearbeitet. CI ist für Personen,
Organisationen und Unternehmen nicht mehr Luxus, sondern dringende Notwendigkeit, um
im Wettbewerb durch Markenbildung mit nachhaltig erfolgreichen Strategien und Konzepten
ihre besondere Identität zu finden und sich zu profilieren.
CI ist zu einem ganzheitlichen Prozess der Identitätsfindung geworden, der zur starken Posi-
tionierung und zu einem unverwechselbaren Profil verhilft. Wichtig dabei ist die Vereinfa-
chung, die Reduktion auf das Wesentliche – verbunden mit klaren Strukturen, effizienten
Strategien und effektiven Methoden zur Umsetzung, so dass nachhaltige Erfolge entstehen
können. CI schafft somit für alle Bereiche eine besondere Klarheit und Sicherheit, die die
Beteiligten überzeugt und begeistert. Die stärkste Kraft ist die Identität: zu wissen, was einem
wichtig ist. Die Suche nach Erfolgsstrategien hat nur zu mehr Verunsicherung geführt. Es
bleibt die Erkenntnis, dass das klare Beantworten der Leitfragen der einzige richtige Weg ist.
Offene, nicht geklärte Fragen sind die größten Hemmnisse. Frustrationen, Unsicherheiten,
Probleme und Konflikte stören die Zusammenarbeit und schaffen zusätzliche Belastungen.
Die Diskussion und Festlegung des Leitbilds mit Grundsätzen, Werten und Richtlinien dienen
einer besseren Orientierung, klaren Bewusstmachung und Motivation und schaffen damit
einen ruhenden Pol und eine gemeinsame Basis. Der identitätsstiftende Prozess ist dabei
wichtiger als das eigentliche Ergebnis. Das Leitbild ist Basis für alle Entscheidungen und hat
Wirkungen nach innen und außen. Die Implementierung des Leitbilds ist im Prozess mit
6 Vorwort zur 2. Auflage
enthalten, ohne Implementierung ist das Leitbild wirkungslos. Das Leitbild ist die Vision des
Unternehmens, das Selbstverständnis und die Verfassung – es wird zu einer Marke. Es erhöht
die Identifikation der Mitarbeiter, schärft das Profil im Wettbewerb und schafft einen verbind-
lichen Handlungsrahmen zur besseren Vernetzung und Koordination aller Maßnahmen – was
letztlich zur Qualitäts- und Leistungsverbesserung führt. Ein gutes Leitbild ist Orientierungs-
hilfe für das tägliche Handeln und wird selbstverantwortlich am Arbeitsplatz im Alltag gelebt.
Die neue Auflage lässt die Grundlagen dieses Buches unverändert und bestätigt somit die
erfolgreichen Umsetzungsmethoden. Neu kommen drei Kapitel hinzu, die in konkreten CI-
Prozessen entwickelt wurden und zur sinnvollen Konkretion dienen:
1. Gesundheit braucht Nähe – Leitbildentwicklungsprozess im Klinikum Solingen zur regi-
onalen Markenbildung (www.klinikumsolingen.de).
2. Mit Sicherheit – mehr Freude am Bauen – ein Beispiel für eine klare CI-Struktur des
Bauunternehmens Krieger + Schramm (www.krieger-schramm.de)
3. Corporate Identity für Personen: CI-Selbstmanagementkonzept zur Orientierung, Stär-
kung und als Coaching
Bei allen drei Beispielen geht es letztlich um das klare Bewusstsein und die Zufriedenheit der
Beteiligten. Die identitätsstiftenden Prozesse mit ihren unterschiedlichen Strategien und
Strukturen geben den Lesern Orientierung und Anhaltspunkte für erfolgreiches Handeln. Sie
zeigen aktuelle Möglichkeiten auf, wie man CI entdecken, entwickeln und erleben kann.
Vielleicht sind es Anregungen, die Mut machen, sich selbst auf die Suche zu machen – denn
erst dann werden Sie CI wirklich erfahren.
„Eigentlich lernen wir nur von Büchern, die wir nicht beurteilen können.“
[Johann Wolfgang von Goethe]
Ein gutes Image und eine starke Identität – das sind wesentliche Voraussetzungen für den
Unternehmenserfolg. Wie gelingt es Unternehmen, beides zu schaffen? Durch einen ganzheit-
lichen CI-Prozess, der alle Einzelmaßnahmen integrativ umfasst. Dabei sind Engagement und
Motivation aller Beteiligten gefragt. Ein einheitliches Erscheinungsbild allein – Corporate
Design – genügt nicht. Auch Corporate Behavior und Corporate Communication – also die
Verhaltensweisen aller Beteiligten sowie die gesamte externe und interne Kommunikation –
müssen im Einklang stehen, damit ein profiliertes Image entsteht. CI ist nicht mehr nur das
einheitliche Design, sondern die Entwicklung Ihrer ganz spezifischen Identität, die, richtig
implementiert, am Arbeitsplatz im Alltag sichtbar wird. CI ist nicht nur Luxus oder Kosme-
tik, sondern zwingend notwendig, um konsequente Kundenorientierung, hohe Produktqualität
und eine erfolgreiche Profilierung des Unternehmens nachhaltig zu erreichen. Integrative
Corporate Identity gibt direkte Praxishilfen für Management, Marketing und Design – von
der Mitarbeiterführung und Teamentwicklung, über das Marketing und die Öffentlichkeitsar-
beit bis hin zum Corporate Design.
Corporate-Identity-Beratungen müssen drei Ansätze ganzheitlich miteinander verbinden,
damit die Unternehmen den unterschiedlichen Anforderungen gerecht werden können. Die
Erwartungen und Ansprüche werden dabei noch erhöht, weil die Geschäftsleitungen und
Mitarbeiter unter zusätzlichem Handlungsdruck stehen. Alle wollen Veränderungen – alle
bringen ihre Erwartungen ein und wollen im CI-Prozess ihre Interessen vertreten sehen – alle
wollen eine Veränderung als Verbesserung für sich selbst.
Corporate-Identity-Berater müssen daraus
1. einen gemeinsamen Veränderungsprozess machen, durch CI-Strategien und Selbstgestal-
tungsmethoden eine große Akzeptanz und Motivation schaffen, eine Aufbruchstimmung,
die trotz aller schlechten Bedingungen alle Beteiligten zusammenbringt in einen gemein-
samen Entwicklungsprozess.
2. gemeinsam Konzepte und Strategien entwickeln, also für gute Ergebnisse sorgen, die von
der Mehrheit getragen und gelebt werden und die die Profilierung nach innen und außen
verbessern. Hier sind auch konkrete Verbesserungen für alle Beteiligten und den Alltag
gefragt, damit die Motivation nicht nachlässt und das Unternehmen den neuen Anforde-
rungen entsprechen kann.
3. die spezifische Identität des Unternehmens gemeinsam herausarbeiten, die die Verände-
rungsprozesse und die Ergebnisse miteinander verbindet, den Prozess in Gang hält und
damit den eigentlichen Erfolg prägt. Nur eine Organisation mit einer gemeinsam entwi-
ckelten spezifischen Identität ist ein gutes Unternehmen, damit alle Einzelmaßnahmen
ganzheitlich miteinander verbunden sind und von den Beteiligten auch konsequent und
glaubwürdig ernst genommen werden. Ohne die Identifikation des Einzelnen sind CI-
Programme nur aufgesetzt, Worthülsen und Zwangsmaßnahmen und schaffen keine un-
ternehmerisch sinnvollen Erfolgsaspekte. Isolierte Einzelmaßnahmen ohne Identität sind
blinder Aktionismus, der alle Beteiligten nur frustriert und mit viel Aufwand wenig er-
reicht. Ziel ist also die Entwicklung der unternehmerischen Identität.
Vorwort zur 1. Auflage 9
Bei diesem Entwicklungsprozess geht es nicht darum, alles völlig neu zu machen. Erprobte
Denk- und Arbeitsweisen, vorhandene Projekte und die bisherige Unternehmenskultur, die
zwar nicht allen direkt bewusst war, aber doch eine gewisse Basis für die Identität darstellt,
alle Stärken gilt es bewusst und damit gestaltbar zu machen. Diese gemeinsame Bewusstma-
chung schafft Transparenz und Klarheit, Selbstbewusstsein und Sicherheit, schafft ein profi-
liertes Selbstverständnis und ein gutes Image. Stärken stärken und Schwächen abbauen! Es
ist also notwendig, Defizite und Schwächen aufzuzeigen und sie abzubauen, Innovationen
und neue Anforderungen aufzunehmen und aufbauend auf die bisherige Kultur weiter zu
entwickeln. Dadurch können die Professionalisierung, die Qualität und die Leistungsfähig-
keit, die Zusammenarbeit und die Identität gestärkt und die Außenwirkung, das Image ver-
bessert werden: Profilierung des Unternehmens nach innen und außen!
Eine integrative Corporate Identity kann diese unterschiedlichen Ansätze ganzheitlich mitein-
ander verbinden und mit CI-Methoden diesen Entwicklungs- und Profilierungsprozess strate-
gisch und effizient anleiten, begleiten und steuern. Die CI-Management-methoden sind ganz
einfache und erprobte Denkweisen, die in den Unternehmen z. T. ansatzweise schon vorhan-
den sind, die aber als schlüssiges Gesamtkonzept die Veränderung der Organisationen eher
ermöglicht und das sehr ergebnis- und doch auch prozessorientiert, zwar konsensorientiert
und identitätsstiftend, doch auch die Freiheit des Einzelnen achtend. So kann eine glaubwür-
dige Selbstgestaltung für alle Beteiligten ganz konkrete und gute Ergebnisse und Erfolge
schaffen. Und gerade diese Erfolge sind notwendige Bestätigungen und Anerkennungen für
die Beteiligten: Schaffen Sie eine integrative Identität!
Dieses Buch kann nichts verändern. Es kann nur helfen, es selbst zu tun: In Ihnen die Motiva-
tion freisetzen, sich auf den Weg zu machen und Ihnen dabei die entsprechenden Grundlagen,
Strategien und Methoden anbieten und Sie dabei unterstützen und fördern. Verändern können
nur Sie selbst etwas. Es beginnt mit Ihrer Einstellung und Denkweise und mit einem ersten
Schritt, um selbst zu handeln und eigene Erfahrungen zu bekommen.
Für die Schnell-Leser können die Abbildungen und Praxistipps einen ersten Überblick geben.
Sie sind für die praktische Umsetzung, zur Anleitung für Strategien, Methoden und Maßnah-
men und auch als Foliensätze für Referenten und Multiplikatoren mit entsprechenden Nut-
zungsrechten vom Autor zu erhalten.
Corporate-Behavior-Konzeption ..............................................................................................99
Gemeinsame Veränderungen..................................................................................................138
Wie baut man die Kommunikation und das Marketing auf? ..........................................143
Corporate-Communication-Konzeption.................................................................................143
Corporate-Design-Konzeption............................................................................................... 172
Veränderungsmanagement:
Von der Unmöglichkeit einer glaubhaften Veränderung, ohne sich selbst zu verändern. ..... 214
Corporate-Identity-Ansätze
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 1: 10 Schritte zur integrativen Corporate Identity
erste eigene Erfahrungen durch das Ausprobieren bekommen. Es hilft also nicht, durch Reden
weiterzukommen. Durch das Probehandeln bekommen Sie eigene Erfahrungen! Sie können
Ihren Kurs ja jederzeit selbst neu bestimmen und neu entscheiden – aber machen Sie sich auf
den Weg – gehen Sie los in eine Richtung, die Sie selbst bestimmen: Ihre Vision!
Eine integrative Corporate Identity ist entscheidend anders.
Was unterscheidet diesen ganzheitlichen Ansatz von anderen und macht ihn zu etwas Beson-
derem, und warum brauchen gerade wir jetzt für uns diese CI-Strategie? Eine integrative
Corporate Identity ist entscheidend anders und nachhaltig erfolgreich durch
1. die Methoden, die Ihnen Handwerkszeug und Orientierung sind und Ihnen helfen, selbst
mit zu arbeiten und die Schritte selbst zu bestimmen. Sie dienen dazu, effektiv und effi-
zient voran zu kommen und gleichzeitig auch dazu, Ihnen die Ergebnisse und Erfolge
bewusst zu machen. Durch die CI-Methoden erhalten Sie einen großen Handlungsspiel-
raum, den Sie für Ihre eigene Identität kreativ nutzen und ausfüllen können. „Man kann
einen Menschen nichts lehren, sondern ihm nur helfen, es in sich selbst zu entdecken.“
hat Galileo Galilei schon festgestellt. Man kann Ihre Identität nicht gestalten, Sie können
sie nur selbst in sich entdecken, entfalten und dann erleben – die Methoden sind Ihr
Handwerkszeug dazu.
2. die verstärkenden Multiplikatoren im CI-Team und den CI-Berater. Sie sorgen für den
motivierenden Anschub, die Strategie, die Methoden, die Begleitung und Unterstützung
während des Entwicklungsprozesses und auch für das Controlling. Gerade bei schwieri-
gen Entwicklungs- und Veränderungsprozessen ist man als Beteiligter zu sehr behaftet,
als dass man das allein machen könnte. Eine professionelle Beratung und Begleitung
sorgt für eine notwenige Stringenz. „Einen kritischen Freund an der Seite, kommt man
immer schneller vom Fleck,“ hat J. Wolfgang von Goethe schon erkannt. Bei einem CI-
Prozess, in dem möglichst viele beteiligt werden und viele Probleme und Widerstände an
die Oberfläche kommen, braucht man einen besonders starken Freund und Motor.
3. den gemeinsamen Prozess der Erarbeitung, Entwicklung, Implementierung und Konsoli-
dierung. Eine gute Corporate Identity braucht einen glaubwürdigen Prozess – der braucht
ein starkes CI-Team – und die brauchen effektive Strategien und effiziente Methoden.
Durch einen CI-Prozess werden Ihre spezifische Identität, Zusammenarbeit, Qualität der
Arbeitsleistung, Motivation und auch Ihr Profil und Ihr Image besser. Der Prozess sorgt
für die Vernetzung (corporate) aller Ebenen, Abteilungen, Prozesse und Ansätze. Eine in-
tegrierende Strategie verbindet die unterschiedlichste Theorien und bisherigen Elemente
miteinander und schafft so die synergetische Gesamtwirkung für den Erfolg. Der Prozess
und die entwickelte Identität sorgen dann auch gemeinsam für die Nachhaltigkeit, dass
die erarbeiteten Grundlagen und Richtlinien auch wirklich gelebt werden und am Leben
bleiben. Erst diese Implementierung durch identitätsstiftende CI-Prozesse schafft es, dass
CI-Grundsätze am Arbeitsplatz im Alltag freiwillig umgesetzt werden und dadurch wirk-
lich Profile und Marken aufgebaut werden und letztlich dadurch nachhaltige Erfolge erar-
beitet werden können. „Gute Arbeit kann man nur dann leisten, wenn man sich total mit
seiner Idee und deren Umsetzung identifiziert“ hat Robert Bosch schon erkannt.
16 Wie macht man Corporate Identity?
Als nächster wichtiger Schritt kommt dann die Bildung eines CI-Teams. Es ist der Motor für
einen guten CI-Prozess und sollte entsprechende Aufgaben, Ziele, Kompetenzen und Arbeits-
regeln haben. Die AMC-Strategie ist der Fahrplan für das CI-Team, das die einzelnen Schritte
mit CI-Methoden angehen kann. Am Anfang steht eine Ist-Soll-Analyse, dann folgt das He-
rangehen an erste Ziele, Probleme und Veränderungen. Das gemeinsame, effektive und auf-
einander abgestimmte Vorgehen schafft erste klare Identitätselemente und konkrete Erfolge.
Als Basis und Verfassung für die Ausrichtung aller Maßnahmen nach innen und außen wird
gemeinsam ein Leitbild diskutiert, formuliert und implementiert. Bei der Ist-Analyse und
dem Leitbild wird die bis dahin unsichtbare, aber vorhandene Identitätskultur sichtbar und
gestaltbar gemacht und durch die Visionen, strategischen Ziele und Markenprofilierungen
ergänzt. Die Corporate Identity wird jetzt bewusst, vernetzt und integriert und somit zur
synergetischen Wirkung gebracht. Jetzt ist die Identität nicht mehr zufällig da und vielleicht
auch gut, sondern sie ist als integrative Identität jetzt eine strategische Unternehmensstrategie
zur Ausrichtung und Orientierung aller Maßnahmen, um eine nachhaltige und erfolgreiche
Profilbildung als entscheidenden Wettbewerbsvorteil zu garantieren. Wenn Sie es verstehen,
diesen CI-Prozess in Gang zu halten und in alle Teilbereiche herunterzubrechen (Corporate
Behavior, Corporate Communication, Corporate Design) und bis in die Arbeitsplatzsituation
im Alltag glaubhaft zu leben, haben Sie für die anderen zusätzlichen Prozesse und Innovatio-
nen eine gute Grundlage, auf die Sie aufbauen können und so insgesamt für die Zukunft eine
präventive und solide Unternehmensstrategie. Das bringt Ruhe, Sicherheit, Motivation, Stär-
ke, Einsparungen, Stärkenpotentiale, Markenbildung, Image und einen entscheidenden Vor-
sprung und Vorteil im Vergleich zu anderen. Ihre Identität bringt Ihnen Erfolg!
Der wirkliche Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg lässt sich häufig darauf zurück-
führen, wie gut das Unternehmen es versteht, die Energie- und Talentreserven seiner Mitar-
beiter zu nutzen. Thomas Watson
Ein gutes Image und eine starke Identität – das sind wesentliche Voraussetzungen für den
Unternehmenserfolg. Wie gelingt es Unternehmen, beides zu schaffen? Durch einen ganzheit-
lichen CI-Prozess, der alle Einzelmaßnahmen umfasst. Dabei sind Engagement und Motiva-
tion aller Beteiligten gefragt. Ein einheitliches Erscheinungsbild allein – Corporate Design –
genügt nicht. Auch Corporate Behavior und Corporate Communication – also die Verhal-
tensweisen aller Beteiligten sowie die gesamte externe und interne Kommunikation – müssen
im Einklang stehen, damit ein profiliertes Image entsteht. CI ist mehr als nur das einheitliche
Design, es ist die Entwicklung Ihrer ganz spezifischen Identität, die, richtig implementiert,
am Arbeitsplatz im Alltag sichtbar wird. CI ist nicht Luxus oder Kosmetik, sondern zwingend
notwendig, um konsequente Kundenorientierung, hohe Produktqualität und eine erfolgreiche
Profilierung des Unternehmens im Wettbewerb nachhaltig zu erreichen.
18 Wie macht man Corporate Identity?
Akzeptanzbildung
„In allen Dingen hängt der Erfolg von der Vorbereitung ab.“
[Konfuzius]
„Wie überzeugt man Mitarbeiter von CI? Wie geht man mit seinen Widerständen und
Bedenken um? Was setzt schließlich einen CI-Prozess in Gang?“
„CI kostet viel Zeit, Geld, Mut und Aufwand. Lohnt sich das überhaupt? Wie lange dauert
so ein Prozess?“
„Warum müssen wir eigentlich einen ganzheitlichen Identitäts-Prozess durchziehen, und
was bringt uns CI schließlich?“
„Eigentlich brauchen wir CI doch nicht, da wir gut sind – und machen wir das nicht schon
lange?”
„Kann man CI auf unsere spezielle Situation in unserem Unternehmen überhaupt übertra-
gen? Was in anderen Branchen läuft, ist doch nicht übertragbar!”
„Welchen Nutzen haben wir von CI, und was bringt mir das?”
„Warum gerade CI – was ist das Besondere von CI im Vergleich zu anderen Strategien und
Theorien?”
20 Wie macht man Corporate Identity?
Gerade am Anfang des CI-Prozesses ist die Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen sehr
wichtig und entscheidend für den Erfolg. Wie stark fühlen Sie sich in der Lage, mit den un-
terschiedlichen Erwartungen aller Beteiligten umzugehen? Nur ein gut verlaufender Prozess
kann gute Ergebnisse schaffen, die dann von der Mehrheit getragen und gelebt werden. Die
Prozessqualität entscheidet über die Ergebnisqualität! Versuchen Sie also nicht, zu schnell
ergebnisorientiert vorzugehen und die aufkommenden Erwartungshaltungen und Fragen
beiseite zu schieben. Fehlende Antworten im Anfangsstadium eines CI-Prozesses werden zu
Problemen führen. Hüten Sie sich davor, glatt klingende Worthülsen auszuteilen, anstatt eine
ehrliche Auseinandersetzung zu suchen (bei der auch Fragen offen bleiben können)!
Bei der Akzeptanzbildung werden unterschiedliche Positionen deutlich:
1. Pauschale Ablehnung, um möglichst nichts zu verändern (persönliche Diskussion)
Wir sind gut, wir haben das nicht nötig!
Killerphrasen, um sich nicht auseinandersetzen zu müssen;
Frustrationen durch hohe Belastungen und bisher falsch gelaufene Prozesse.
2. Unsicherheiten, die durch Argumente zu klären sind
(Sachdiskussionen, Einwandbehandlungen)
Warum müssen wir das machen?
Welchen Nutzen bringt uns das?
Kritische Einwände gegen Methoden, Vorgehensweisen und Maßnahmen;
3. Veränderungsbereitschaft, um die Unternehmenssituation aktiv zu gestalten
(gemeinsam Handeln)
Handlungsorientierter Ansatz: handelnd lernen, gemeinsam Erfahrungen sammeln;
Permanente Veränderungsprozesse als Motor;
Krisen und Innovationen als Ansätze zur Weiterentwicklung.
Alle suchen nach einem sicheren Konzept zur Unternehmensentwicklung. Die Notwendigkeit
und der Druck zur Veränderung scheinen für alle Beteiligten innerhalb und außerhalb des
Unternehmens deutlich genug zu sein, um möglichst schnelle und erfolgreiche Patentrezepte
zu suchen und zu fordern. Allzu leicht und schnell geht man planerisch in eine Sackgasse,
wenn man allein den ersten Schritt zu schnell oder auch gar nicht macht. Häufig werden
Fluchtpunkte des Denkens sichtbar, Visionen und Träume, die nicht realisierbar sind. Ande-
rerseits steht dem Zuviel an Planung ein Zuviel von Aktionen gegenüber. Planungsweltmeis-
ter und auch Aktivisten verändern beide letztlich nichts, wenn der erste Schritt in diesen
Veränderungsprozess nicht der richtige ist. In diesem Wissen wird die Angst immer größer,
dass dieser erste Schritt auf dem Weg zur richtigen Unternehmensentwicklung vielleicht doch
der falsche Schritt sein könnte! Hinzu kommen persönliche Ängste und Widerstände: Was
bringt die Veränderung des Unternehmens für mich und für meine Abteilung? Ich bin ohnehin
gestresst und belastet und soll jetzt sogar noch mehr arbeiten und das für eine Idee, die ich
gar nicht verstehe. Muss ich mich selbst verändern? Welche Vorteile und welchen Nutzen
bringt CI überhaupt? Ist diese Managementmethode überhaupt auf uns zu übertragen?
Was ist ein integratives CI-Management? 21
Die Hälfte aller Entscheidungen, die Manager treffen, sind falsch. Eine amerikanische Studie
stellte bei ihren Untersuchungen drei grundlegende Fehler bei Managern fest (Braunschwei-
ger Zeitung vom 17.08.02; www.osu.edu/index.php):
1. Steht eine Entscheidung an, wird häufig die nächstbeste Lösung gewählt, um nicht als
ineffizient zu gelten und die Entscheidung schnell vom Tisch zu haben. Das vervierfacht
das Risiko für einen Misserfolg.
2. Zur Umsetzung und Absicherung falscher Lösungen werden für Gutachten viel Zeit und
Geld ausgegeben – keine selbstverantwortlichen Entscheidungen.
3. Die Wahl der falschen Taktik – Beteiligung von Mitarbeitern ist zu zeit- und kostenauf-
wendig und zu schwierig – führt dazu, dass 50 Prozent aller Entscheidungen auch nach
zwei Jahren noch nicht umgesetzt waren.
Die Managementfehler kosten Unsummen und bringen Misserfolge. Wird eine Entscheidung
von Mitarbeitern getragen, führt sie in 80 Prozent der Fälle zum Erfolg. Ein klarer Beweis für
die Notwendigkeit von integrativen CI-Prozessen!
Oder lässt man lieber alles beim Alten und verändert doch nichts – so schlecht sind wir aber
nicht, dass wir das nötig hätten! Man bewegt und verändert also nichts, die Verkrustungen
werden verstärkt, und damit macht man den größten Fehler! Man tut nichts! Dale Carnegie
fragt in solchen Situationen: Was kann schlimmstenfalls passieren? Schreiben Sie die
„schlimmsten Folgen“ auf und fragen sich dann, ob diese wirklich so entscheidend sind!? Bei
der Raumfahrt war der erste Schritt auf den Mond ein kleiner, aber ein großer für die
Menschheit! Machen Sie den ersten Schritt im Rahmen eines ganzheitlichen Veränderungs-
prozesses, als lernende Organisation. Dann kann der erste Schritt eigentlich nur richtig sein,
egal wie er in welche Richtung gemacht wird. Wenn Sie die Erfahrungen des ersten Schrittes
haben und entsprechend gemeinsam verarbeiten, sind Sie auf dem erfolgreichen Weg, weil
Sie sich auf den Weg gemacht haben. Corporate Identity ist eine Denkweise, gibt Ihnen Me-
thoden und Anleitungen zur Selbstgestaltung, um die einzelnen Schritte strategisch und kon-
zeptionell miteinander zu verbinden und so die Unternehmensentwicklung zu beginnen:
Machen Sie sich auf den Weg! Der Weg ist das Ziel!
Alle unterschiedlichen Positionen zu berücksichtigen und daraus einen gemeinsamen Prozess
zu machen, ist damit die vorrangige Aufgabe. Schaffen Sie die Motivation, zumindest einen
Versuch zu starten, indem Sie gemeinsam ein einfaches Ziel mit kleinen Schritten angehen
(Abb. 2). Erst die daraus gewonnenen Erfahrungen zeigen, ob der Prozess weitergehen soll.
Lernen Sie aus Ihren positiven Ergebnissen, aber auch aus Ihren Fehlern. Vermeiden Sie zu
hohe Erwartungen und gehen Sie Schritt für Schritt voran. Verlieren Sie das angestrebte
globale Ziel, Ihre Vision aber nicht aus den Augen, wenn Sie die einzelnen Phasen auswerten
und daraus Schlussfolgerungen für die nächsten ziehen. Menschen, die nichts verändern
wollen, weil es ihnen an Risikobereitschaft fehlt, äußern entsprechende Killerphrasen. Damit
setzen sie sich aber nicht ernsthaft mit der Sache auseinander (Killerphrasen nicht ernsthaft
aufnehmen!)
Das ist unmöglich! Das geht nie!
22 Wie macht man Corporate Identity?
„Wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen wir hin,
und niemand ginge, um einmal zu schauen, wohin man käme, wenn man ginge.“
[Pestalozzi]
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 2: Akzeptanzbildung
Was ist ein integratives CI-Management? 23
Einwandbehandlung
Einwand – Einspruch? Hinderungsgrund? Vorwand? Eine feste Wand? Wie kann man die
Wand durchbrechen?
1. Akzeptanz schaffen und aktiv zuhören:
Ernst nehmen, Interesse zeigen;
ruhige und geduldige Körpersprache;
ausreden lassen;
herausfiltern der Hauptargumente;
Denkpause suchen, nachfragen.
2. Strategie nach Art des Einwandes entscheiden:
Killerphrase, Ausrede, Vorwand: nicht akzeptieren, herausstellen;
emotionaler Einwand: emotional reagieren, persönliches Verständnis;
rationaler Einwand: sachlich, überzeugend, akzeptieren;
Einwand durch Dritte: direkt nachfragen, stehen lassen;
Geltungseinwand: großzügig, mit Humor.
3. Eingehen auf Einwand und entkräften:
mit Selbstbewusstsein, kämpfen, Recht geben;
Beispiele, Referenzen, neueste Informationen,
Gegenfragen, nachfragen, Ebenen wechseln;
Gegenargumente, Nutzen und Vorteile aufzeigen,
Ja-Aber-Methode, Minimal-Methode, Sandwich-Methode.
4. Weiteres Vorgehen entscheiden:
Positionen klären;
Ziele festlegen;
Konsensfindung;
Alternativen aufzeigen;
Wer macht was wann?
5. Abschluss schaffen:
Ich-Botschaften senden;
Stärke zeigen, Erfolge und Fehler ansprechen;
Entscheidungen erfragen, festhalten;
Perspektiven aufzeigen, weiteres Vorgehen, Abschluss.
Ein nicht entkräfteter Einwand, den Sie stehen lassen können und nicht krampfhaft abwehren
wollen, bringt mehr Wirkung und ist authentischer. Sprechen Sie das ruhig offen an: „Ein
gutes Argument – da kann ich nichts zu sagen!“ Und lächeln Sie dabei!
24 Wie macht man Corporate Identity?
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 3: Gesamtnutzen durch Corporate Identity
Das direkte persönliche Ansprechen bringt eine starke Bewusstmachung und Motivation. CI
schafft eine große Akzeptanz bei den Beteiligten, weil sie an diesem Entwicklungsprozess
beteiligt sind (Prozessorientierung) und konkret mitgestalten können (Selbstge-staltung).
Durch das strategische und konzeptionelle Vorgehen herrscht Transparenz und Orientierungs-
sicherheit (gemeinsame Ziele) und bringt auch erste Veränderungen und vorzeigbare Erfolge
(Ergebnisorientierung). Nutzen und Notwendigkeiten für das Unternehmen und die einzelnen
Mitarbeiter werden deutlich und schließen sich nicht aus, sondern ergänzen sich sogar. Die
Konsequenz, Verbindlichkeit und Glaubwürdigkeit halten den gemeinsamen Veränderungs-
26 Wie macht man Corporate Identity?
prozess auch in schwierigen Zeiten und längerfristig in Gang. CI legt Wert auf die selbstver-
antwortliche Gestaltung durch einfache, effektive und effiziente Methoden. So können die
eigenen Interessen und Vorstellungen aller Beteiligten aufgenommen, kreativ ausgestaltet und
zusammengefasst werden. Methoden sind dann die Motivationsbasis für den Entwicklungs-
prozess: Sie setzen ihn und halten ihn in Gang.
Für jeden einzelnen Beteiligten und nicht nur für die Organisation macht es Sinn und bringt
es Nutzen, wenn der Weg von der Ziellosigkeit, vom Aktionismus und weg von dem Gegen-
einanderarbeiten hin zur Qualitätsverbesserung durch ganzheitliche Identitäts-Prozesse einge-
schlagen wird. Nur wenn beide Seiten Nutzen aus diesem Veränderungsprozess ziehen kön-
nen, werden die Ergebnisse langfristig getragen und gelebt. Die Interdependenzen in den
Wirkungen schaffen Entlastungs- und Synergieeffekte (Abb. 4). Die vorhandenen Ressourcen
werden richtig und sinnvoll eingesetzt und genutzt. Durch solche ganzheitlichen, strategi-
schen Vorgehensweisen führen konkrete Erfolge zu profilierten Wirkungen. Die Organisati-
onsentwicklung ist damit immer auch Personalentwicklung als Bewusstseinsbildung, Kompe-
tenzerweiterung und Identitätsbildung. Verbinden Sie also den Veränderungsdruck, die
glaubwürdige Einwandbehandlung und die starke Perspektivenbildung miteinander, schaffen
Sie eine Akzeptanz und Motivation, den Prozess in Gang zu bringen.
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 4: Die Wirkungen von CI
Was ist ein integratives CI-Management? 27
Überall finden wir Beispiele für die intensive Suche nach der eigenen Identität, der Persön-
lichkeit, nach Stil, Image oder Kultur. Bei einzelnen Menschen (Auszubildende wie auch
Führungskräfte), bei Regionen und Ländern, bei Unternehmen und Organisationen. Wir fin-
den eine ausgeprägte Suche einerseits nach Gemeinsamkeit und Konsens, andererseits nach
Individualität und persönlicher Abgrenzung. Corporate Identity schafft ein ganzheitliches
Rahmenkonzept als bewusste Grundlage für die Gesamtheit, ein Wir-Gefühl, und dadurch
auch eine persönliche Positionsbestimmung und einen Freiraum. Selbständigkeit und Ge-
meinsamkeit sind keine Gegensätzlichkeiten, die sich ausschließen, es sind Pole, die in einer
Wechselbeziehung zueinander stehen.
Das Verhalten der Menschen wird durch ihre Emotionen bestimmt. Die Menschen entschei-
den sich nicht nach dem, wie es ist, sondern nach dem, wie sie meinen, dass es sei. Dieser
entscheidende Satz zeigt die Bedeutung der Idee der Corporate Identity auf: Sie ist die Sicht-
barmachung des Unsichtbaren!
Auf der Suche nach Verbesserung, nach noch mehr Erfolg sind die bisherigen Management-
methoden – als die harten Führungsstrategien – nicht mehr ausreichend. In unserem heutigen
Entwicklungsstadium von Wirtschaft und Gesellschaft sind die weichen Führungsmethoden
viel erfolgreicher. Gesucht wird der einzelne Mitarbeiter als Mensch, der sich hineinversetzt
in seine Arbeitswelt, sich engagiert und selbständig mitdenkt. Das bedeutet: Spitzenleistun-
gen durch Identität und Image!
28 Wie macht man Corporate Identity?
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 5: Unternehmenserfolg
Der Erfolg beim Verkaufen und auch beim Anbieten von Dienstleistungen wird in erster Linie
durch die Persönlichkeit entschieden. Das Profil der Unternehmenspersönlichkeit und auch
das der Mitarbeiterpersönlichkeiten stehen in einer Wechselbeziehung zueinander: Beide
bedingen einander und sollten nicht gegeneinander wirken. In ihrer Gesamtwirkung sind sie
noch besser, wenn sie aufeinander abgestimmt sind.
Wenn sich die Produkte und Sachangebote immer mehr gleichen und der Trend zu einem
immer anspruchsvolleren Niveau geht, sind qualifizierte und motivierte Mitarbeiter gefragt,
denn sie entscheiden über den Erfolg des Unternehmens bzw. der Organisation. Bieten Sie
Ihren Mitarbeitern eine entsprechende Basis für ihre Erwartungen, Bedürfnisse und Werte
und auch eine entsprechende Führung, damit sie sich mit ihrer Organisation identifizieren
können. Die Abstimmung der guten Innen- und Außenwirkung schafft Synergieeffekte. Die
harmonische Abstimmung und Interdependenz von Identität und Image nach innen und außen
Was ist ein integratives CI-Management? 29
erfordert ein ganzheitliches Konzept für alle Einzelmaßnahmen der Organisation in Bezug
auf das gesamte Verhalten, das Design und die Kommunikation (Abb. 6). CI lässt sich defi-
nieren als die möglichst große Übereinstimmung von Selbstbild (Identität), Fremdbild
(Image) und Arbeitsweisen (Arbeit). Das schafft die Vernetzung und einheitliche Ausrichtung
aller Maßnahmen nach innen und außen. Das zeigt auch auf, dass für alle CI-Ansätze die
Identität letztlich die entscheidende Grundlage ist.
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 6: Corporate Identity als Selbstbild, Fremdbild und Arbeitsweisen
30 Wie macht man Corporate Identity?
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 7: Bereiche einer ganzheitlichen Corporate Identity
Das Unternehmensverhalten (Corporate Behavior) wird geprägt durch die Entwicklung der
Organisation und der Unternehmenskultur. Die gelebten Werte und Normen werden bewusst
gemacht und mit den Leitbildern zusammen als Grundlagen für das gesamte Verhalten der
Organisation nach innen und außen formuliert. Regeln und Grundsätze für die Zusammenar-
beit, den Führungsstil und die Arbeitsabläufe sowie das Verhalten nach außen (in Bezug auf
Kooperationspartner und Kunden) sind wie eine Art Verfassung (Codex) für die Organisation
(so wenig Richtlinien wie nötig, soviel Freiräume wie möglich!). Grundlage ist ein strategi-
sches Organisationskonzept: die Unternehmensphilosophie/die Unternehmensgrundsätze/das
Unternehmensleitbild.
32 Wie macht man Corporate Identity?
Unternehmen haben schon immer eine mehr oder weniger intensive Öffentlichkeitsarbeit
betrieben; aber Corporate Identity ist eben mehr als nur Öffentlichkeitsarbeit:
Es geht um die Verbesserung der Innen- und Außenstrukturen sowie um die Verbindung aller
Einzelmaßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit zu einer einheitlichen Identität des Unterneh-
mens, entsprechend der spezifischen Unternehmensgrundsätze. Nur so kann ein gutes Image
(Unternehmensbild) aufgebaut werden, mit dem ein Unternehmen auf den überfüllten Ange-
botsmärkten (Konkurrenz) und bei vergleichbarer technischer Qualität und z. T. ähnlichem
Design noch bestehen kann. Das gute Mercedes-Image ist ein Beispiel dafür und zeigt auch,
dass damit sogar Schwächen und Übergangsschwierigkeiten eines Produkts überbrückt wer-
den können:
Ein Unternehmen verkauft nicht nur ein Produkt, sondern auch seinen Namen und sein
Image, mit dem die Käufer sich identifizieren, herausheben und persönlich auszeichnen kön-
nen! Ein fehlendes oder schlechtes Image oder eine nur kurzfristige Bekanntheit hemmen den
Erfolg eines Unternehmens. Die Corporate-Identity-Konzeption wird damit zur Überlebens-
frage des Unternehmens, zur langfristigen Sicherung des Unternehmens.
Ausgangspunkt zum Aufbau eines stringenten Konzeptes zur Verbesserung der Unterneh-
menskultur von innen und außen ist die Entscheidung für ein CI-Konzept, das von der Lei-
tung des Unternehmens/der Organisation vorbereitet, angeregt und unterstützt wird. Der
grundsätzliche Beschluss sollte von allen beteiligten Abteilungen mitgetragen werden, damit
eine breite Basis für die Durchführung der einzelnen CI-Maßnahmen vorhanden ist (auch, um
alle Beteiligten/Mitarbeiter anzusprechen und zu motivieren). Unterstützung kann sich die
Unternehmensleitung suchen:
durch eine eingehende Beratung. Helfen können dabei externe CI-Berater/Referenten,
Fortbildungsveranstaltungen und entsprechende Veröffentlichungen und Beispiele.
durch einen Beauftragten/Verantwortlichen für Öffentlichkeitsarbeit/Marketing, der in
Absprache mit der Unternehmensleitung die zu fällenden Entscheidungen vorbereitet und
für die weiteren CI-Schritte verantwortlich ist.
Das Ablaufschema zum Aufbau einer CI-Konzeption zeigt die verschiedenen Phasen der
Vorgehensweise:
1. Festlegung der Beteiligten/Personen/Abteilungen und deren Verantwortlichkeit und Inte-
ressen.
2. Entscheidung, ob eine CI-Konzeption umfassend oder nur teilweise durchgeführt werden
soll, und wenn ja, welche CI-Maßnahmen mit welcher Präferenz zu ergreifen sind.
3. Durchführen der CI-Maßnahmen und allmählicher Aufbau eines CI-Konzeptes.
4. Kontrolle der einzelnen CI-Maßnahmen und der CI-Ergebnisse.
34 Wie macht man Corporate Identity?
Für Organisationen, die durch und mit einer ganzheitlichen CI noch besser und erfolgreicher
werden wollen, schlage ich folgende Vorgehensweise vor:
damit den vielfältigen Erwartungen zu entsprechen. CI ist hierbei eine erprobte und erfolgrei-
che Managementmethode, die den Unternehmen hilft, ihre eigene spezifische Entwicklung in
die Hand zu nehmen: Selbstgestaltung der Unternehmen durch eine ganzheitliche Corporate
Identity.
Grundlage für den CI-Prozess ist die AMC-Regel: Ist- und Soll- Analysen, strategisch und
konzeptionell ausgerichtete Maßnahmen, die durch Projekt-Management und Team-
Entwicklung verstärkende Synergie-Effekte schaffen, und ein Selbst-Controlling. Die Verhal-
tensweisen aller Beteiligten (Corporate Behavior), die gesamte Kommunikation (Corporate
Communication) und das Erscheinungsbild der Unternehmen (Corporate Design) müssen
ganzheitlich aufeinander abgestimmt werden, damit sich die Einzelwirkungen nicht behin-
dern und die Schwerpunkte der Unternehmenskultur deutlich gemacht werden. Alle Maß-
nahmen der Unternehmen nach innen und außen werden auf die Unternehmensgrundsätze
ausgerichtet. Dieses Unternehmensprofil als Selbstdarstellung ist wie eine Unternehmensphi-
losophie – eine Art Verfassung als Basis für die Unternehmensentwicklung.
Um ein Unternehmen erfolgreich organisieren, profilieren und präsentieren zu können, sind
eine starke Identität und ein gutes Image notwendig und dazu bedarf es eines Ganzheitlichen
Identitätsprozesses (GIP). Ziele des GIP sind:
eine effektive Zusammenarbeit zwischen Geschäftsleitung, Führungskräften, Abteilungen,
Teams, Mitarbeitern, Kooperationspartnern, Kunden,
eine gute Qualität der Produkte, der Arbeitsleistung, der Projekte, der Unternehmensorga-
nisation, der Unternehmenskooperation, der Kundenkontakte,
eine starke Identität aller Beteiligten: Geschäftsleitung, Führungskräfte, Mitarbeiter, Ko-
operationspartner, Kunden,
ein profiliertes Image der Unternehmen.
Durch eine bewusste und strategische Selbstgestaltung und Selbstdarstellung sowie eine
harmonische und konzeptionelle Verbindung aller Maßnahmen des Verhaltens, der Kommu-
nikation und des Erscheinungsbildes nach innen und außen soll eine möglichst große Über-
einstimmung von Selbstbild, Fremdbild und Arbeitsweisen erreicht werden. Aufgabe des GIP
ist es, diese Einzelidentifikationen im Rahmen eines ganzheitlichen Prozesses gemeinsam mit
allen Beteiligten aufzubauen, zu entwickeln und zu einer einheitlichen Identität zusammenzu-
fassen. Dabei ist der GIP in einer lernenden Organisation nie abgeschlossen, sondern eine
permanente Veränderung, um flexibel veränderte Bedingungen, Innovationen, Verbesserun-
gen und andere Zielsetzungen aufnehmen und ganzheitlich integrieren zu können.
Ein Ganzheitlicher Identitätsprozess (GIP) umfasst folgende Aspekte:
Ganzheitlicher
nach innen und außen; identitäts- und imagebildend,
interdisziplinär und integrativ,
hierarchie- und abteilungsübergreifend,
Wie entwickelt man ein CI-Konzept? 39
Wie kann man eine ganzheitliche Corporate Identity aufbauen und entwickeln? Diese ent-
scheidende Frage kann durch die eingangs erwähnte AMC-Strategie (Abb. 8) (Analy-
sen/Maßnahmen/Controlling) verdeutlicht werden. Es gibt dabei aber keine Patentlösung,
sondern nur viele unterschiedliche Ansätze und Möglichkeiten, die entsprechend der Situati-
on, den Anlässen und spezifischen Unternehmenskultur und der Ziele ausgewählt und selbst
entwickelt werden müssen. Der Identitätsentwicklungs- und Veränderungsprozess braucht
jeweils individuelle und spezifische Vorgehensweisen.
40 Wie macht man Corporate Identity?
Ausgangspunkt zum Aufbau eines stringenten Konzeptes zur Verbesserung der Qualität des
Unternehmens von innen nach außen ist die Entscheidung für ein CI-Konzept, die von der
Unternehmensleitung und einer Vorbereitungsgruppe vorbereitet wird. Der grundsätzliche
Beschluss muss von der Gesamtleitung kommen, damit eine breite Basis für die Durchfüh-
rung der einzelnen CI-Maßnahmen vorhanden ist und auch, um alle Beteiligten anzusprechen
und zu motivieren. Für größere Unternehmen kann sich die Leitung Unterstützung suchen:
durch eine eingehende Beratung als Anregung und Unterstützung. Helfen können externe
Berater und Referenten sowie erste Fortbildungsveranstaltungen,
durch CI-Führungskräfte-Workshops (als „Schnupperkurse“),
durch einen Beauftragten für Öffentlichkeitsarbeit, Marketing oder Personalentwicklung,
der in Absprache mit der Unternehmensleitung die zu fällenden Entscheidungen vorberei-
tet und bei den weiteren CI-Schritten mit dabei ist.
Nach der AMC-Strategie ist das Controlling nicht das Ende, sondern eine Zwischenpositions-
bestimmung. Unwegsamkeiten, Fehler und auch neuere Entwicklungen verhindern, dass das
Ziel direkt zu erreichen ist. Erst der Ist-Soll-Vergleich zeigt, ob wir etwas verändert haben
und am Ziel sind. Meistens müssen wir aber noch nachbessern und ergänzen und uns dann
auch fragen, ob unsere Zielsetzung noch stimmt. Im Rahmen der permanenten Veränderung
werden die anderen oder auch neue Ziele angegangen. Der Prozess geht weiter.
Das CI-Team
Das zu bildende CI-Team bekommt von der Geschäftsleitung (möglichst schriftlich, damit bei
den ersten Schwierigkeiten eine gute Arbeitsgrundlage vorliegt) als Steuerungs- und Koordi-
nationsgruppe die Aufgabe, den CI-Prozess zu managen. Nach einem CI-Führungskräfte-
Workshop und/oder nach ersten Führungskräfteschulungen zur allgemeinen Information über
den CI-Prozess, zur Motivation und ersten gemeinsamen Strategieentwicklung (Vorgehens-
weise und erste Konzeptentwicklungen) kann nicht mit allen Mitarbeitern zusammen weiter-
gearbeitet werden. Eine ausgewählte Arbeitsgruppe – das CI-Team – kann zusammen mit
einem professionellen CI-Berater den CI-Prozess effektiv planen, steuern und gestalten. Die
Zusammensetzung, die Aufgabenstellung und die Arbeitsweise sollten das CI-Team sehr bald
zu einem vorbildlichen Team werden lassen.
Das CI-Team:
1. ist beratendes Organ der Geschäftsführung mit festem Auftrag und Aufgaben.
2. ist verantwortlich für die Entwicklung der CI nach innen und außen – in Zusammenarbeit
mit der Geschäftsführung.
3. ist Ansprechpartner, Koordinator, Motivator und Controlling-Instanz für alle CI-Maß-
nahmen.
Wie entwickelt man ein CI-Konzept? 41
4. muss sich organisieren, koordinieren und eine Teamleitung festlegen. Die Teamgröße
umfasst fünf bis zwölf Teilnehmer.
5. setzt sich aus freiwilligen Mitarbeitern aus den verschiedenen Abteilungen, Gruppen und
Positionen und aus der Geschäftsleitung zusammen.
6. trifft sich regelmäßig, mindestens einmal im Monat, nach Bedarf häufiger.
7. die CI-Teammitglieder haben eine Informationspflicht und Multiplikatorfunktion inner-
halb ihrer Abteilung. Sie verpflichten sich zur zuverlässigen Teilnahme und Mitarbeit und
stellen bei Abwesenheit einen Vertreter (Tandemlösungen).
8. hat folgende Aufgaben: Entwicklung von Unternehmensgrundsätzen, CI-Konzeptionen,
Ableitung von entsprechenden Richtlinien und Zielen für die einzelnen Arbeitsplätze und
sorgt für entsprechende Schulung, Umsetzung und Controlling.
9. wird am Anfang durch eine kontinuierliche und längerfristige CI-Beratung und -Schulung
unterstützt, um Probleme, Widerstände und Konflikte zu lösen, auszutragen und daraus
gemeinsam zu lernen und Erfahrungen festzuhalten (Regeln, Richtlinien).
Der Aufbau eines CI-Teams kann auch in Phasen geschehen, um den CI-Prozess besser vor-
zubereiten und erste Erfahrungen zu sammeln. Dadurch wird die Bewusstseinsbildung aller
Beteiligten verstärkt und eine größere Tragfähigkeit und Basis für den CI-Prozess geschaffen,
was letztlich die Identitätsbildung verbessert.
Die AMC-Strategie
Der CI-Prozess beginnt mit wichtigen Initiativen und Vorbildern aus der Leitungsebene, die
die CI-Idee und den Veränderungswunsch in die Organisation hineinträgt (top-down-process).
CI muss glaubwürdig von den Führungskräften mitgetragen werden, darf aber auch nicht an
Einzelpersonen hängen bleiben. Deshalb ist es in der Vorphase wichtig, eine Vorbereitungs-
gruppe (CI-Team) zu schaffen, die die Multiplikation und den Anschub viel besser beginnen
und erfolgreicher durchführen kann (bottom-up-process).
Der eigentliche Planungsprozess beginnt mit einer Bestandsaufnahme (Ist-Analyse), die die
bisherige Entwicklung der Organisation bewusst macht und nach Stärken und Schwächen
analysiert (ohne Schuldzuweisung). Diese Ist-Analyse umfasst die Bereiche Organisations-
entwicklung, Personal- und Designentwicklung, also das gesamte Verhalten, die Kommunika-
tion und das Erscheinungsbild sowie das eigentliche Produkt. Diese Ist-Situation muss dann
der angestrebten Soll-Situation gegenübergestellt werden.
Die AMC-Strategie ist eine in der Praxis bewährte grundlegende Vorgehens- und Arbeitswei-
se, ein allgemeiner Leitfaden, eine Denkweise, um CI sichtbar, erleb- und umsetzbar zu ma-
chen. Dieses strategische und konzeptionelle Vorgehen ist auch zum Teil aus anderen Berei-
chen bekannt und wird in einzelnen Projekten eingesetzt, kann also an Bekanntem
anknüpfen, um Unbekanntes konkreter gestalten zu können. CI als nicht direkt fassbare Grö-
ße muss ganz praktisch und verständlich werden, damit sie gelebt und gestaltet werden kann.
Diese Vorgehensweise ist für einen CI-Prozess die grundlegende Vorgehens- und Arbeitswei-
se, ein allgemeiner Leitfaden, leicht zu handhaben und vielseitig einsetzbar. Sie ist eine in der
Praxis bewährte Methode für ein effizientes und effektives Selbstmanagement, denn nicht
immer kann ein Berater den zu entwickelnden CI-Prozess langfristig begleiten. Dabei ist das
Ergebnis genauso wichtig wie der Prozess: Ein guter Prozess bringt gute Ergebnisse!
Die AMC-Strategie eignet sich auch zur Persönlichkeitsentwicklung einzelner Personen, für
Projektmanagement und für Veränderungsprozesse in Organisationen und Unternehmen. Sie
hilft, strategisch und konzeptionell voranzugehen, kann an Bekanntem anknüpfen und Unbe-
kanntes konkreter gestalten. Man kann die AMC-Strategie als eine Art groben Fahrplan anse-
hen, der hilft, alle Maßnahmen ganzheitlich und integrativ aufeinander abzustimmen, sodass
die Visionen und Zielsetzungen erfolgreich umgesetzt werden können.
A steht für Analysen, Ist- und Sollanalysen.
M steht für Maßnahmen, Methoden und Maßnahmenkonzepte.
C steht für Controlling, Selbstcontrolling und evtl. Nachbesserungen und Innovationen.
Zunächst wird mit Hilfe einer Ist-Analyse eine Bestandsaufnahme vorgenommen, die ver-
deutlicht, welche Stärken und Schwächen im Augenblick vorliegen, also gewissermaßen eine
Standortbestimmung oder Basisfestlegung. Darauf abgestimmt zeigt eine Soll-Analyse die
gewünschten Leitbilder, die Unternehmensgrundsätze und/oder auch die Visionen auf. Die
sich zwischen Ist- und Soll-Situation ergebende Lücke hat einen starken Aufforderungscha-
rakter und sorgt für einen Motivationsschub aller Beteiligten. Aus den sichtbar gewordenen
Wie entwickelt man ein CI-Konzept? 43
Diskrepanzen zwischen Soll- und Ist-Zustand (Veränderungsmotivation) leiten sich die Maß-
nahmen ab, strategisch beziehen sie sich auf die Soll-Analysen, konzeptionell gehen sie von
den Stärken (Stärken fördern) und Schwächen (Schwächen abbauen) im Rahmen eines Maß-
nahmenkonzepts aus. CI setzt also Schwerpunkte und verstärkt die Wirkungen. Aktionisti-
sche, isolierte und ineffektive Einzel- und Zufallsaktionen werden weitgehend ausgeschlos-
sen. Die Maßnahmen sind aufeinander abgestimmt und bilden Synergieeffekte (vgl. Abb. 8).
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 8: Die AMC-Strategie
Nach Abschluss der Maßnahmen kommt schließlich ein Zeitpunkt, an dem man die Ergebnis-
se einer Bewertung unterziehen oder allgemein ein Fazit ziehen möchte. Eine solche Form
des Controllings (Selbst-Controlling, Evaluation) bei dem dann festgestellt werden kann,
„unser Ziel ist erreicht“ oder „doch so weit wie möglich erreicht“, findet unter den Beteilig-
44 Wie macht man Corporate Identity?
ten des CI-Prozesses im Unternehmen statt und nicht durch eine übergeordnete Instanz oder
Außenkontrolle. Hier wird etwas gemeinsam gut abgeschlossen, denn auch wenn das Ziel nur
teilweise oder mit Schwierigkeiten erreicht werden konnte, so ist doch eine gründliche Nach-
bereitung die beste Vorbereitung für den nächsten Durchgang, bei dem entweder nachgebes-
sert oder eine andere Maßnahme ergriffen wird. Die Arbeit des CI-Teams nach der AMC-
Strategie wird durch konkrete und einfache Selbstgestaltungsmethoden bei jedem einzelnen
Schritt unterstützt. So ist der CI-Fahr-plan sehr effektiv und effizient, transparent und moti-
vierend, strukturiert und Halt gebend. Durch die einzelnen Module und den flexiblen Aufbau
gibt die AMC-Strategie klare Orientierung, Anleitung, Sicherheit und gleichzeitig viele Hand-
lungsfreiräume zur Selbstgestaltung.
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 9: Haben Sie eine gute Corporate Identity?
Wie entwickelt man ein CI-Konzept? 45
Nach der allgemeinen Akzeptanzbildung und dem Aufbau eines CI-Teams ist ausgehend von
der AMC-Strategie die erste entscheidende Maßnahme die Bestandsaufnahme. Spüren Sie
Ihre eigenen Kriterien auf, formulieren Sie gemeinsam Ihre Vorstellungen und Ihr Denken
über Ihre Organisation! Das Strukturmodell zur Spinnenanalyse ist ein hilfreiches Instrument,
mit dem man sich einen guten Überblick über die gegenwärtige Situation, aber auch über die
gewünschten Ziele verschaffen kann (Abb. 9). Durch die Beschränkung auf acht Kriterien
bleibt man auf das Wesentliche konzentriert. Ca. sechs Kriterien sollten nach innen gerichtet
sein und über die Identitätsbildung Auskunft geben, während ca. zwei Kriterien nach außen
gerichtet das Image beschreiben. Faktoren wie die Personal- und Produktsituation, das Image
oder das Betriebsklima sind einige Anhaltspunkte.
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 10: Corporate Identity Check: Gesamt-Ist-Analyse
Für die Formulierung der einzelnen Kriterien ist es sehr wichtig, sie ausdrücklich positiv und
konkret zu formulieren, also z. B. „gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit der Abteilun-
gen“ und nicht „fehlende Kooperationsbereitschaft“ (Abb. 10).
46 Wie macht man Corporate Identity?
Die acht ausgewählten Komponenten und Kriterien werden mit den Noten 1 – 6 bewertet (1 =
trifft voll zu/außen; 6 = trifft nicht zu/innen). Dies erfolgt entweder durch die Einschätzung
der Mitarbeiter oder durch eine direkt angelegte Zielgruppenbefragung (Kunden).
Das Gebilde der Spinnenanalyse zeichnet nun die Ist-Situation der Unternehmung nach, und
je größer das Gebilde ist, desto stärker sind Identität und Image ausgeprägt. Sollte dieser erste
Schritt einer Ist-Bestimmung als zu allgemein empfunden werden, kann man sich mit Unter-
spinnen weiterhelfen. Wenn z. B. bei der Bewertung des Arbeitsklimas keine Übereinstim-
mung gefunden werden kann, sollten wieder acht Kriterien für das Arbeitsklima zusammen-
gestellt werden, um mit Hilfe dieser Unterspinne das Problem genauer zu beleuchten. Nach
diesem Beispiel können je nach Bedarf alle acht Einzelkriterien intensiver analysiert werden.
Das schafft Klarheit für den ersten Schritt zur Veränderung, der dann durch die Kraftfeldana-
lyse begonnen wird (Entwicklung eines Aktionsplans mit konkreten Maßnahmen).
Außerdem bietet sich auch die interessante Möglichkeit, dieselben Kriterien von unterschied-
lichen Gruppen bewerten zu lassen. Es ist sicherlich nützlich oder auch manchmal wichtig zu
erfahren, in wieweit sich die Mitarbeiterspinne von einer Kundenspinne oder auch einer
Spinne von Kooperationspartnern wie z. B. anderen Unternehmen unterscheidet (Selbst- und
Fremdbildvergleiche).
Die Erstanalyse, die zunächst den Ist-Zustand des Unternehmens darstellt, ist also nicht un-
bedingt die letzte und einzige Analyse, sondern sie zeigt auch gleichzeitig auf, an welchen
Punkten noch einmal genauer hingeschaut und nachgefragt werden muss, oder wo noch ein-
mal etwas neu durchdacht werden sollte. Dazu kann u. a. das CI-Team, die Steuerungsgruppe,
Anregungen bieten.
Vorgehensweise bei der Spinnenanalyse:
1. Kriterien finden (8 – max. 10) für die Hauptspinne (Grundsätze/Visionen),
2. Kriterien nach realistischer Vision ausrichten – positive Statements/Thesen / einfache Ich-
und Wir-Aussagen,
3. Kriterien bewusst machen/besprechen / diskutieren (Identitätsstiftung),
4. Ist-Analyse durch Benotung der Kriterien – Ist-Zustand (Kriterien mit Noten 1 -6 bewer-
ten, ev. Durchschnittswert berechnen, ev. Streuung beachten) (Grob-Analyse),
5. Selbsteinschätzung und Fremdeinschätzung vergleichen,
6. Stärken-Schwächen-Profil durch + und – verdeutlichen,
7. Unterspinnen nach Bedarf erstellen (Fein-Analysen),
8. für die Arbeitsschwerpunkte in der Hauptspinne jeweils pro Kriterium entsprechend 8
verfeinerte Unterpunkte finden (8 x 8 = 64 Gesamt-Kriterien für den Entwicklungs- oder
Veränderungsprozess),
9. genauere Ursachen/Fehler/Gründe herausfinden,
10. Soll-Analyse durch Festlegen von Zielsetzungen (Zielfindung),
Wie entwickelt man ein CI-Konzept? 47
Der große Nutzen der Spinnenanalyse liegt darin, dass klare Zielsetzungen für die einzelnen
Kriterien festgelegt werden können, so z. B. „Das Leistungsangebot ist vielseitig“, oder „Wir
haben eine gute Zusammenarbeit“. Erst in Verbindung mit diesen gemeinsam formulierten
Zielen, können auch nachvollziehbare, individuelle Maßnahmenkonzepte mit konkreten
Maßnahmen aufgestellt werden. Durch die ganzheitliche Verbindung von Ist- und Soll-
Analysen und die aufeinander aufbauenden Methoden wird die ganzheitliche Denkweise
deutlich, die einerseits zu guten Prozessen und Ergebnissen und andererseits zu besseren
Kompetenzen bei den Beteiligten führt (Methodenkompetenzen) und letztlich zur Identitäts-
bildung.
An vielen Unternehmen wird das Erstellen von Vergleichsspinnen deutlich machen, dass
Kunden und Mitarbeiter, aber auch einzelne Kollegen sowie Gruppen und auch die Ge-
schäftsleitung das Image und die Erfahrung des Alltagslebens unterschiedlich bewerten.
Selbstbild und Fremdbild sollten aber eine möglichst große Übereinstimmung haben, daher
ergeben sich hier neue, wichtige Ziele mit entsprechenden Maßnahmen. Der nun anlaufende
Prozess einer ganzheitlichen Identitätsbildung, der von allen Beteiligten mitgestaltet und -
getragen wird, führt in seiner Konsequenz zu einer starken Profilierung des Unternehmens.
In der Zusammenfassung hat die Methode zur Ist-Analyse im Rahmen des ganzheitlichen
Ansatzes mehrere Funktionen gleichzeitig:
Bestandsaufnahme/Ist-Analyse der Stärken und Schwächen,
Sichtbarmachung der Unternehmenskultur durch gemeinsame Kriterienfindung,
Verstärkung von Motivation und Aufbruchstimmung durch Beteiligung und Befragung
sowie gemeinsame Weiterarbeit,
Entwicklung des Selbstbildes (Mitarbeiterspinne) und Vergleich mit dem Fremdbild (Kun-
den- und Kooperationsspinne),
gemeinsame Zielfindung durch den Vergleich des Selbst- und Fremdbildes und durch die
Einschätzung der Stärken und Schwächen. Von der Ist- zur Soll-Analyse,
direkte Weiterentwicklung von der Ist- zur Soll- Analyse durch die Verbindung mit der
Kraftfeldanalyse zum Treffen entsprechender Maßnahmen,
Visualisierung und Konkretisierung der ganzheitlich mitverändernden Wirkung durch den
ersten Schritt der Veränderung in der Spinne (Synergieeffekte/Vernetzungen),
effektive und effiziente Methode zur Prozesssteuerung (Bewusstmachung, Arbeitsmetho-
de, Präsentation, Prozess- und Ergebnisorientierung),
Verdeutlichung individueller, unterschiedlicher und konsensbildender Aspekte sowie
Überleitung in eine Konsensbildung und einen Qualitätsprozess durch die gemeinsame
Entwicklung und strukturierte Diskussion über die Spinne,
Wiederaufnahme der Spinne nach ein bis drei Jahren im Ist-Soll-Vergleich als Control-
lingmethode im Sinne eines Selbstcontrollings und Wiedereinsatz zur neuen Zielfindung.
Wie entwickelt man ein CI-Konzept? 49
Die Kraftfeldanalyse
Ist die Planungsphase nach der AMC-Strategie mit Ist- und Soll-Analysen weitgehend abge-
schlossen, tritt der CI-Prozess in eine besonders sensible Phase ein. Der Übergang zur prakti-
schen Umsetzung, das In-Gang-Setzen konkreter Maßnahmen ist für viele sehr schwierig. Im
Zusammenhang mit den ersten Schritten in die Veränderung tauchen plötzlich Ängste und
damit verbundene Widerstände auf, und häufig stellt sich eine große Unsicherheit ein, ob die
ausgewählten und gewünschten Maßnahmen wirklich die angemessenen und richtigen sind.
Es wird auch um den Verlust von Machtbefugnissen gefürchtet oder um den Verzicht auf
liebgewonnene Gewohnheiten. Althergebrachte Privilegien müssen unter Umständen. in
Frage gestellt und überdacht werden. Veränderungen bringen immer Unruhe und Verunsiche-
rung!
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 11: Die Kraftfeldanalyse
50 Wie macht man Corporate Identity?
Um in dieser Phase von den Analysen zu den Maßnahmen sachlich weiter vorangehen zu
können, ist die Kraftfeldanalyse nach dem Prinzip der Polarisierung eine sehr sensible Mög-
lichkeit, beispielsweise im CI-Team, aber auch allein, die Auswirkungen der geplanten Maß-
nahmen besser einzuschätzen. Mit jeweils nur drei Maßnahmen zur Erreichung eines konkre-
ten Ziels und jeweils drei Problemen, Konflikten, Verstärkern und Lösungsansätzen kann
schließlich ein Aktionsplan oder eine Strategie für das weitere Vorgehen erarbeitet werden
(Abb. 11). In dieser Phase (von der Theorie zur Praxis, von A zu M) ist die Kraftfeldanalyse
eine sehr erfolgreiche Möglichkeit, um im CI-Team und/oder mit Projektgruppen konkret
voran zu kommen.
Die Kraftfeldanalyse hat folgenden Nutzen:
angeleiteter Übergang zur praktischen Umsetzung (ganzheitliche Vorgehensweise),
Berücksichtigung der möglichen Widerstände, Konflikte oder Probleme
(Problemorientierung),
Schaffung von Verstärkern und Multiplikatoren (Synergieeffekte),
abgestimmte Vorgehensweise
(effizientes Vorgehen, Output-Orientierung, Projektmanagement),
abgesicherte Aktionen (Erfolgsorientierung).
Das effektive Vorgehen beginnt mit einer konkreten Zielsetzung, möglichst mit Zeit- und
Maßangabe, möglichst in Form eines Minimalzieles, z. B. „Ich treibe jeden Tag mindestens
zehn Minuten Sport“ und nicht „Ich halte mich fit durch Sport“. Das Ziel sollte also nicht zu
theoretisch und nicht zu vage formuliert sein. Leiten Sie es doch von Ihrer Vision ab: Will ich
ein gesunder Mensch werden und bleiben, dann muss ich Sport treiben, gesund essen und
stressfrei arbeiten. Konkretisiert hieße das für eine Maßnahme: Wenn ich Sport treiben will,
dann mache ich das mindestens zehn Minuten jeden Tag. So überfordere ich mich nicht mit
etwas, das ich dann doch nicht tue. Das Ziel kann dann täglich mit einer beliebigen Sportart
erfüllt werden, z. B. zehn Minuten spazieren gehen oder den ganzen Tag Ski laufen. Leiten
Sie das Ziel direkt aus der Ist-Analyse ab und formulieren Sie es und die daraus folgende
Maßnahme konkret. Mit dem Soll-Ist-Vergleich im Selbstcontrolling kann später das Errei-
chen des Ziels überprüft werden (Abb. 12).
Wie entwickelt man ein CI-Konzept? 51
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 12: Ziele gegen Stress
3. Struktur:
verständlich, konkret,
eindeutig,
einfach, reduziert,
transparent,
möglichst schriftlich.
4. Umsetzung:
veränderbar,
flexibel,
terminiert, zeitlich festgelegt,
verantwortlich, verbindlich,
in kleinen Schritten.
5. Controlling:
überprüfbar, messbar (Messgrößen),
vergleichbar, Soll-Ist-Vergleich,
reflektierbar, Erfahrungen sammeln,
motivierend, selbstbewusster machend, stärkend,
neue Ziele entwickelnd, Perspektiven aufzeigend.
„Wenn das Leben keine Vision hat, nach der man strebt, nach der man sich sehnt,
die man verwirklichen möchte, dann gibt es auch kein Motiv sich anzustrengen.“
[Erich Fromm]
aber ...
Wollen Sie also Ihr Ziel wirklich erreichen und dafür Ihr Verhalten konsequent danach aus-
richten – oder ist die Zielerreichung gar nicht Ihre Absicht, sondern der Weg dahin viel wich-
tiger? Ziele setzen unser Verhalten in Gang. Konsequenzen halten unser Verhalten in Gang.
Es geht um die Motivation (lat. movere – bewegen) – um die Zielorientierung, die man wach
halten will. Ohne die Zielgrößen, die wir als Erfolge und bestätigende Ergebnisse brauchen,
Wie entwickelt man ein CI-Konzept? 53
wird die Zielsetzung schwächer. Müssen wir also nicht alle Kräfte auf unser Ziel konzentrieren?
Hinzu kommt, dass wir uns auch authentischer und glaubwürdiger fühlen und anderen gegen-
über präsentieren, wenn wir unsere Ziele auch erreichen – dass, was wir sagen auch machen.
Klare Ziele geben uns Orientierung, Sicherheit und Motivation! Ideen, die zu vage bleiben
und nicht genau als Ziele formuliert und mit einer Strategie versehen werden, bleiben Träu-
me, die nicht realisiert werden!
Für die Findung der Maßnahmen, Widerstände und Verstärker, eignet sich sehr gut die Meta-
plan-Methode bzw. Karten-Abfrage oder auch das Mind-Mapping als eine Art schriftliches
Brainstorming. Dabei sollten die einzelnen Punkte nicht zu sehr ausdiskutiert werden, son-
dern einfach in eine Reihenfolge gebracht werden. Die drei als am wichtigsten erachteten
Maßnahmen werden auf diese Weise festgehalten. Sollte bei der Wertigkeit der Maßnahmen
nicht gleich Einigkeit erzielt werden, kann die Rangfolge durch eine einfache Punktbewer-
tung (jeder Teilnehmer bekommt drei Bewertungspunkte) ermittelt werden. Beschränken Sie
sich im weiteren Vorgehen bei der Kraftfeldanalyse von Schritt 1 bis 4 immer auf die ersten
drei Maßnahmen, damit Sie sich nicht verzetteln (weniger ist oft mehr).
Die nicht gewählten Maßnahmen sollte man nicht weglegen, man kann sich später darauf
beziehen. Aktionen, die in allen vier Schritten immer wieder auftauchen, werden dadurch
bestätigt, andere Aktionen ergänzt oder verändert. Neue Ideen werden erst durch diese Strate-
gieentwicklung gefunden. Zum Abschluss sofort verbindliche Zuständigkeiten, Zeiten sowie
Arbeitsmittel und Methoden dazuordnen und somit direkt in das Projektmanagement und in
das Controlling übergehen.
Widerstände gegen den CI-Prozess werden mit der Kraftfeldanalyse ganzheitlich aufgenom-
men und integriert (wenn es keine Killerphrasen sind), um daraus zu lernen und möglichst
viele an dieser wichtigen Diskussion und am CI-Prozess zu beteiligen.
Widerstände gegen CI
Innerhalb eines CI-Prozesses kommt es häufig zu Widerständen. Diese sollten als verständli-
che Ängste vor den anstehenden Veränderungen, aber auch als Möglichkeit zur intensiven
Reflexion der Maßnahmen gewertet werden. Die manchmal heftigen Widerstände gegen CI
müssen im Einzelnen ernst genommen werden. Mögliche Reaktionen zeigen die folgenden
Beispiele.
Bei persönlichen Ängsten muss deutlich gemacht werden, dass die jeweilige Person Beteilig-
ter ist und bestimmt, mindestens aber mit bestimmt, was geschieht. Besonders groß sind die
Ängste vor Kompetenz- und Machtverlust. CI nimmt aber weder Macht noch Kompetenz,
sondern hilft, Kompetenzen für wirklich Wesentliches einzusetzen und Macht durch verbes-
sertes Ansehen und Glaubwürdigkeit einer Person zu stärken. Beunruhigend wird auch die
Angst vor dem Neuen, vor zusätzlicher Arbeit und Zeitaufwand empfunden. Wer aber auf-
hört, besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein, und die Konzentration auf wesentliche
Arbeitsaufgaben und der Abbau von Doppelarbeit bringen Zeitersparnis als Synergieeffekt.
54 Wie macht man Corporate Identity?
Ablehnende Argumente lauten häufig auch: „Das machen wir sowieso schon.” Hier kann auf
bereits Vorhandenem aufgebaut werden. Oder: „Wir wollen keine Experimente“, „Wir brau-
chen konkrete Erfolge”, „Das bringt doch nichts” und „Das klingt in der Theorie gut, schei-
tert aber in der Praxis”. Veränderungen in komplexen Systemen führen zu Ergebnissen, die
niemals hundertprozentig vorhersagbar sind. Der Wettbewerbsdruck zwingt aber zur Innova-
tion und damit zu Veränderungen. Dazu gehören Mut und Risikobereitschaft. Entsprechende
Schulungen der Führungskräfte und Mitarbeiter und die Arbeit des CI-Teams sichern den
Nutzen und das konkrete Umsetzen der neuen Ideen in die Praxis. Wichtig beim CI-Prozess
ist auch, dass die Lösungen nicht wie häufig befürchtet, die des Beraters sind, sondern von
innen selbst entwickelt wurden und den Berater, der den Prozess initiiert hat, schließlich
überflüssig machen.
Beispiele für den induktiven Aufbau zeigen, wie sensibel man problem- und projektorientiert
anfangen kann, um eine Akzeptanz zu schaffen (Abb. 13). Dadurch, dass man vorhandene
Projekte, Anlässe und Maßnahmen aufnimmt, eine Bewusstseinsbildung fördert und wesent-
liche Ergebnisse und CI-Elemente herausstellt (Wie werden Konflikte gelöst? Was ist uns
dabei wichtig? Nach welchen Regeln wird entschieden?), kann eine Prozessbegleitung die
eigentlichen Visionen, Ziele und Werte verdeutlichen. Ziel dieser induktiven Vorgehensweise
(als Alternative zur deduktiven AMC-Strategie) ist die Hinführung auf die Notwendigkeit und
den direkten Nutzen für einen CI-Prozess. Das dann zu bildende CI-Team kontrolliert, steuert
und verbindet ja später auch die einzelnen Maßnahmen und macht daraus einen Prozess der
lernenden Organisation. Durch die induktive Vorgehensweise bekommt man schon vorher
exemplarische Erfahrungen und weiß, wie CI-Prozesse später ablaufen könnten. Dabei be-
steht die Möglichkeit, vorher schon einzelne Analysemethoden auszuprobieren und einige
Konzeptentwicklungen einzusetzen. Dieser handlungsorientierte Ansatz der CI-Prozessent-
wicklung hilft, die Entscheidung für CI durch eine gemeinsame Erprobung zu erleichtern und
vermindert die Risikofrage, Ängste und die Abwehrhaltungen. Die Widerstände gegen CI und
auch ungeklärte Fragen werden in den CI-Prozess ganzheitlich eingebunden und durch vor-
sichtige Erprobungen überwunden. Viele Unternehmen testen CI durch diese Vorgehenswei-
sen in Form von Projektbegleitung, Schulung und CI-Workshop, bevor sie längerfristige und
grundlegende Entscheidungen für CI fällen. Insofern ist das konkrete selbst Ausprobieren und
eigene Erfahrungen sammeln ein bewährter CI-Einstieg – er schafft die beste Motivation,
nämlich die eigene Identität!
Wie entwickelt man ein CI-Konzept? 55
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 13: CI-Prozess in 10 Schritten
56 Wie macht man Corporate Identity?
Die Raster-Analyse
Alle Verhaltens- und Arbeitsweisen, die Art, wie miteinander umgegangen und kommuniziert
wird, die Arbeitszufriedenheit sowie das Wohlgefühl der dort arbeitenden Menschen sind
Teile der spezifischen Unternehmenskultur. Dazu gehört auch der besondere Führungsstil, der
in diesem Unternehmen „gepflegt“ wird. Die Eigenschaften, Verhaltensweisen und Zustände
beziehen sich auf das individuelle Wertesystem und die Tradition, in der sich das jeweilige
Unternehmen entwickelt und etabliert hat. Diese unausgesprochenen Regeln, Überzeugungen
und Besonderheiten machen den besonderen Charakter, die individuelle Persönlichkeit, das
einzigartige Profil, also die spezifische Identität und das Image des Unternehmens aus. In
einer Unternehmenskultur spiegeln sich alle identitäts- und imagebildenden Maßnahmen und
Elemente eines Unternehmens wider, und sie ist die Basis allen Handelns der damit verbun-
denen Personen und Organisationen. Daher sollte die Unternehmenskultur nicht zufällig oder
unbewusst das Geschehen nach innen und außen steuern, sondern Ausgangspunkt für ein
Gesamtkonzept sein. Im weiteren Vorgehen nach der AMC-Strategie geht es jetzt um die
Umsetzung der Aktionspläne und Projekte, die durch die Kraftfeld-Analyse erarbeitet wur-
den, und dazu bracht es eine einheitliche Grundlage und Ausrichtung, damit nicht isolierte
Einzelaktionen, sondern vernetzte Gesamtkonzepte entstehen.
Diese grundsätzlichen Statements der Unternehmensgrundsätze in Bezug auf:
1. Eigenschaften (Erscheinungsweisen, Einheitlichkeit, Qualitätsorientierung),
2. Motive (Richtung, Sinn, Verantwortung, Ziele),
3. Tätigkeiten (Denken, Gestalten, Kommunizieren, Produzieren) und
4. Zustände (Grenzen, Bewusstsein, Identität, Image, Partner, Symbole).
haben Einfluss auf alles, was in dem Unternehmen als wichtig erachtet wird. Dieses Soll-Bild
gibt allen nicht nur eine klare Orientierung und Vorstellung davon, wohin das Unternehmen
gehen wird und welches Image es nach außen trägt, sondern sie legt auch die Grundzüge fest
für das konkrete Verhalten, für alle Maßnahmen und Projekte und die Kommunikation nach
innen und außen.
Um die eigene Unternehmenskultur bewusst zu gestalten, ist es notwendig, die bisherigen
„Gepflogenheiten“ zu analysieren, um daraus neue Leitideen und Grundsätze abzuleiten.
Häufig erweisen sich die neuen Unternehmensgrundsätze als identisch mit den bisherigen, oft
unausgesprochenen oder ausdrücklich formulierten, oder sie enthalten große Teile der bishe-
rigen Unternehmensphilosophie mit neuen Akzentuierungen. Allein die prägnante Formulie-
rung der Leitideen bringt schon Orientierung, ein gestärktes Selbstverständnis und ein Be-
wusstsein der eigenen Kultur.
Wie entwickelt man ein CI-Konzept? 57
Die durch den Ist-Soll-Vergleich der Spinnenanalyse entstandene Motivation führt dazu, sich
mit den Stärken der Unternehmenskultur zu identifizieren und an den Schwächen verbessernd
zu arbeiten. Schreiben Sie daher zunächst eine Unternehmensverfassung und leiten Sie dann
Ihre Ziele und Maßnahmenkonzeptionen davon ab! Formulieren Sie erst einmal einfache,
klare Thesen, die im weiteren Verlauf des CI-Prozesses dann modifiziert und transformiert
werden können.
Die zehn Leitfragen können Ihnen bei der Formulierung der „Unternehmensverfassung“
helfen:
1. Wer bin ich? Wer sind wir? Wer wollen wir eigentlich sein?
Frage nach dem Selbstverständnis, der Organisationsform, nach Zuordnungen, Aussage im
Überblick – als „Zusammenfassung“.
2. Was machen wir? Was bieten wir an?
Frage nach den Dienstleistungen, Angeboten, Produkten, Leistungsspektrum, Gruppierungen.
3. Für wen arbeiten wir? Wen wollen wir ansprechen?
Frage nach den Zielgruppen, Kunden, Kooperationspartnern, Einzugsgebieten, gesellschaftli-
cher Verantwortung.
4. Warum machen wir das? Welche Ziele haben wir?
Frage nach den Motiven, Zielsetzungen, Verantwortungen und Grundwerten.
5. Wie wollen wir arbeiten?
Frage nach den Arbeitsgrundsätzen, Arbeitsverhalten, Arbeitsmitteln und -methoden, Eigen-
schaften/Kompetenzen und Erscheinungsbild.
6. Welche spezifische Profilierung haben wir?
Frage nach Besonderheiten, Abgrenzungen, Entwicklungen, Positionierungen, Markenbil-
dung.
7. Welche Verbindung zum Namen gibt es?
Frage nach Fach- und Leitbegriffen, Leitsprüche, Personen, speziellen Arbeitsweisen.
8. Welche Visionen haben wir?
Frage nach Wunschbildern, Vorstellungen, Verantwortungen, Aufgaben.
9. Haben wir einen Slogan, einen Leitspruch?
Frage nach Schlagworten, Werbesprüchen, Leitsprüchen, Slogans.
10. Können wir diese Grundsätze praktisch leben?
Frage nach Glaubwürdigkeit, Konsequenzen, Selbstdisziplin, Umsetzungspflicht (keine
Worthülsen).
58 Wie macht man Corporate Identity?
Haben Sie nun die für Ihr Unternehmen wichtigen Grundsätze für das Leitbild zusammenge-
stellt, überprüfen Sie Ihre Aussagen auf folgende Kriterien:
Wahrheit (ernst nehmen, keine Unterschiede zwischen Sagen und Tun),
Vollständigkeit (alle Bereiche ansprechen),
Konsensfähigkeit (ein Kompromiss als Minimalkonsens),
Verständlichkeit (für möglichst alle Zielgruppen),
Erinnerbarkeit (langfristige Lerneffekte),
Umsetzungsfähigkeit (ist dieses auch in die Praxis umzusetzen?).
Sehr wichtig – sowohl bei der anfänglichen, wie auch bei der weiteren Arbeit an der Formu-
lierung der für das Unternehmensleitbild erforderlichen Grundsätze – sind folgende Punkte:
Passen Sie die Unternehmensgrundsätze den inneren und äußeren Veränderungen und
Innovationen im Markt an.
Formulieren Sie aktiv, positiv, einfach und verständlich.
Reduzieren Sie (maximal eine DIN A 4-Seite).
Formulieren Sie möglichst weniger als zehn Sätze zum Selbstverständnis („Wir ...“) mit
Erläuterungen, die durch die Raster-Analyse gefunden werden.
Ordnen Sie Absätze, verdeutlichen Sie Steigerung/Struktur durch Absätze und Aufzählungen.
Fassen Sie zusammen (evtl. Überschriften, Slogans, Leitsprüche, Bereiche).
Denken Sie an die praktischen Umsetzungsmöglichkeiten (Raster-Analyse).
Geben Sie Einleitungen, Vorworte, Erläuterungen, Leitsprüche, Slogans, Bilder, Visionen
als verbindende Klammer, Ergänzung und Abrundung dazu und geben Sie alles letztlich
auch in ein entsprechendes Corporate Design.
Denken Sie ganzheitlich (nach innen und außen).
Unterscheiden Sie die Unternehmensgrundsätze von den Unternehmenszielen, Unterneh-
mensstrategien, Unternehmensprogrammen, Konzepten und den einzelnen Maßnahmen.
Beteiligen Sie die Betroffenen und testen Sie ihre Ergebnisse (das ist schon CI!).
Die Rasteranalyse als wichtiger strategischer Schritt hilft bei der Konkretisierung des unter-
nehmerischen Leitbildes und der Unternehmensgrundsätze und sorgt für einen Übergang von
den theoretischen Überlegungen zur Praxis. Sie verhindert, dass nur mit Worthülsen gearbeitet
wird und schafft gleichzeitig die Erläuterungen zu den einzelnen Thesen/Leitsätzen (Abb. 14).
Wie entwickelt man ein CI-Konzept? 59
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 14: Rasteranalyse
Das Schema der Rasteranalyse besteht aus vier senkrechten Spalten und ca. sechs bis acht
waagerechten Zeilen (Raster). In der linken Spalte werden die durch die Leitfragen formulier-
ten, gewünschten Grundsätze als „Antworten“/kurze Wir-Thesen aufgezählt, die man später
evtl. auch nach Wertigkeit und Reihenfolge ordnen kann. Nun können sie durch Negation
60 Wie macht man Corporate Identity?
„überprüft“ werden: „Was wollen wir nicht (mehr) machen?“ Die Möglichkeit, zunächst in
der 2. Spalte zu notieren, was nicht mehr oder überhaupt nie gemacht werden soll als nicht
gewünschte Verhaltensweisen, ist ein „hilfreicher Trick“, um zu einem positiv formulierten
Grundsatz für Spalte eins, drei und vier zu kommen. Es ist viel leichter zu sagen, was nicht
sein soll, als das was sein soll. So kommen die Beteiligten schneller zum Erarbeiten und
Formulieren. Zwischen dem, was sein soll, und dem, was auf keinen Fall mehr sein soll,
lassen sich in der 3. Spalte die Maßnahmen, Konzepte, Verhaltensweisen und Projekte fest-
halten (Umsetzung im Unternehmen), jeweils auf den einzelnen Grundsatz abgestimmt. Die-
ses Überleiten der theoretischen Aussagen in Maßnahmen, die mit konkreten Elementen
auszufüllen sind, sollte gemeinsam vorgenommen werden, denn sie sind nur dann wirksam
und werden nur dann identifizierend angenommen, wenn sie von allen Betroffenen diskutiert
und mitentwickelt worden sind.
Als sehr wichtig und nützlich erweist sich auch die 4. Spalte „Bemerkungen“, denn hier
können mögliche besondere Methoden, aber auch Hindernisse und Schwierigkeiten genannt
und festgehalten werden. Sie ist sozusagen eine Erinnerungsstütze und Vorbereitung auf
mögliche Probleme. Wirkungsvoller ist die konkrete Umsetzung für den Einzelnen am Ar-
beitsplatz im Alltag hier ganz konkret zu formulieren, damit die Umsetzung gleich mit ange-
dacht und später auch überprüft werden kann. Bei der Verabschiedung des Leitbildes sollten
nicht allein die kurzen Leitsätze, sondern auch die Erläuterungen aus der 3. Spalte und die
Umsetzung aus Spalte 4 mit dazu genommen werden, damit nicht nur unglaubwürdige Wort-
hülsen beschlossen werden. Für die Erarbeitung von Teilkonzepten/Abteilungskonzepten
können durch die weitere Ableitung nach der Raster-Analyse entsprechende und vernetzte
Konzepte und Strategien geschaffen werden.
Damit die Unternehmensgrundsätze im Denken und Handeln überhaupt präsent sein können,
sollten niemals mehr als zehn zusammengestellt werden, möglichst sollten es deutlich weni-
ger sein. Drei oder vier prägnante Leitsätze, vielleicht umspannt von einer Art Slogan, lassen
sich leichter merken und abrufen als detaillierte und ausgefeilte Anspruchserklärungen und
dann auch besser in eine Markenbildung überleiten.
Vergleicht man Leitbilder und Unternehmensgrundsätze verschiedener Organisationen und
Unternehmen, wird deutlich, dass bestimmte Leitideen von allen Unternehmen als wichtig
erachtet werden, so z. B. die Kundenzufriedenheit, ein positives Arbeitsklima, eine effiziente
und effektive Zusammenarbeit und die Top-Qualität der Arbeitsleistung und Produkte. Entwi-
ckeln Sie Ihre eigene Unternehmenskultur – als Impulse und auch zur Verfeinerung und
Überarbeitung können Sie aber auch auf verschiedene Beispiele aus unterschiedlichen Berei-
chen und Branchen zurückgreifen. Vergleichen Sie dazu im Anhang die Unternehmensbei-
spiele. Leitsätze werden häufig als „Wir-Formulierungen“ aufgestellt, was den Wunsch nach
einem Wir-Gefühl zeigt, nach einer starken Identifizierung mit der Gruppe, der Abteilung,
dem Produkt und/oder dem Unternehmen, in dem man arbeitet. Sie verdeutlichen das Selbst-
bild.
Wie entwickelt man ein CI-Konzept? 61
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 15: Visionen verwirklichen
Aus der langfristigen Corporate-Identity-Beratung lässt sich feststellen, dass es sehr schwer
ist, die einzelnen Ebenen der Konkretisierung bei Unternehmenskonzepten zu unterscheiden.
Leitbilder und Unternehmensgrundsätze sind sehr allgemeine Aussagen grundsätzlicher Art –
vergleichbar mit einer Verfassung (Abb. 15). Sie fassen auf einer Metaebene die konkreteren
Aussagen als Unternehmensprogramme, Unternehmenskonzepte oder Unternehmensstrate-
gien und -ziele zusammen. Aus dieser Theorieebene lassen sich dann sehr leicht und schlüs-
sig praxisorientierte Führungsgrundsätze, Verhaltensgrundsätze oder Teamregeln ableiten und
ganz praktische Umsetzungskonzepte entwickeln – bis hin zum Personalbeurteilungs- und
Zielvereinbarungsgespräch und Konfliktmanagement. Die einzelnen Aktionen und Projekte
in dem Unternehmen lassen sich so besser koordinieren und integrieren. Die Wirkungen
62 Wie macht man Corporate Identity?
„Der Verstand vermag nichts anzuschauen und die Sinne nichts zu denken.
Nur daraus, dass sie sich vereinigen, kann Erkenntnis entspringen.“
[Kant, Kritik der reinen Vernunft]
Corporate Identity ist eine ganzheitliche und integrative Denkweise, die alle Einzelmaßnah-
men miteinander konzeptionell vernetzt, strategisch im Rahmen des Ganzen aufeinander
abstimmt und identitätsstiftend, nachhaltig und profilbildend ausrichtet. Durch die Vernet-
zung und die strategische und identitätsbildende Ausrichtung werden Klarheit, Orientierungs-
sicherheit und Verbindlichkeit geschaffen. Die anzustrebenden Werte und Ziele werden so
wirklich glaubwürdig gelebt und Entwicklungsprozesse, Synergieeffekte und Erfolge auch
langfristig geschaffen. Die integrierende Verbindung von Kopf, Herz und Hand (Pestalozzi) –
von abstraktem Denken, bestimmenden Gefühlen und konkreten Handlungen – und die Be-
teiligung der Einzelbereiche und der Betroffenen sorgen für eine umfassende Basis und Mo-
tivation zum Leben der gemeinsamen Werte und Visionen und bringen diese zum Leben und
zur Wirksamkeit.
64 Wie macht man Corporate Identity?
Die Vorstellung von der Ganzheitlichkeit eines Systems meint insbesondere die Verflochten-
heit der einzelnen Teile und Bereiche sowie die darin auftretenden Wechselwirkungen. In der
Struktur eines solchen Ganzen können Maßnahmen in isolierten Bereichen auch gleichzeitig
unbeabsichtigte oder unvorhergesehene Wirkungen in anderen oder auch in allen Bereichen
verursachen. Kausales oder eindimensionales Denken ist für den ganzheitlichen Ansatz nur
unzulänglich, denn die einfache Addition der Einzelbereiche macht nicht die Wirkung des
Ganzen aus. Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Ein Teil des Ganzen verdeutlicht
in sich selbst die Ganzheitlichkeit (Totalität), d. h. dass jedes Element für sich auch die Wir-
kung der Gesamtheit in sich selbst trägt. Diese starke Prozesshaftigkeit in den Abläufen eines
Systems macht auch den Abschied von der Planbarkeit der Zukunft im Sinne von Berechen-
barkeit notwendig. Die Wirklichkeit ist eine fließende, und wir können keine sicheren Aussagen
über die Zukunft machen. Viele Unternehmen und Organisationen haben in ihren Planungs-
abteilungen Hochrechnungen aufgestellt, die verglichen mit den tatsächlichen Ergebnissen
und Erfordernissen schon schnell nichts mehr zu tun hatten. Arbeiten auf der Grundlage eines
ganzheitlichen Ansatzes heißt immer, risikobereit, flexibel und offen zu sein, weil die realen
Abläufe in einem System sowie deren direkte Auswirkungen durchaus eine andere Wendung
einnehmen können. Die Veränderung der Denkweise geht vom mechanistischen zum ganz-
heitlichen Denken: Weg vom Glauben an die Planung – hin zum Leben mit Unsicherheiten
und komplexen Systemen mit wechselseitigen Abhängigkeiten und Vernetzungen. Wider-
sprüche und Konflikte sind Chancen für die gemeinsame Entwicklung. Der Manager ist auch
nicht mehr der Machertyp, sondern mehr ein Entwickler, Moderator und Coach. Es geht um
permanente Veränderung und lebenslanges Lernen – Leben mit seinen Höhen und Tiefen –
Visionen und Wünsche verwirklichen – Neues entdecken und neugierig bleiben ...
„Welches ist die nächste Tür? Öffne sie und schaue was dahinter ist!“
Ganzheitliche Integration:
entsteht durch die Verbindung von natur- und geisteswissenschaftlichen, induktiven und
deduktiven und rationalen und emotionalen Denkansätzen,
basiert nicht auf einem mechanistischen Menschenbild, sondern sieht Menschen/Organisa-
tionen als lebendige Körper,
verbindet innere und äußere Prozesse miteinander – Bewusstseins-, Persönlichkeits- und
Identitätsprozesse mit Ergebniss-, Strategie- und Imageprozessen,
schafft die Aufhebung von unterschiedlichen Polen und Gegensätzen – die Verzahnung
von Theorie und Praxis im Rahmen einer Einheit,
sorgt für die aufeinander abgestimmte Gesamtwirkung der einzelnen Maßnahmen, Projek-
te und Bereiche,
arbeitet mit Wechselwirkungen und Synergieeffekten und nicht aktionistisch – das Ganze
ist mehr als die Summe aller Teile,
weiß um die Unplanbarkeit und Unvorhersagbarkeit von Entwicklungen und Prozessen
und stellt sich auf Risiken, Probleme, Konflikte, Widerstände und Lösungen ein,
Was bedeutet CI als ganzheitliche Denkweise? 65
geht aus von der Selbstverantwortung des Einzelnen und der Mitverantwortung für das
Ganze – fordert eigenverantwortliches Denken und Handeln und ein Miteinander glei-
chermaßen,
legt Wert auf Nachhaltigkeit und längerfristige Erfolge – legt Wert auf das Wie und das
Was – das Bewusstsein ist wichtig und die Ergebnisse,
ist strategisch, zielorientiert und konzeptionell ausgerichtet, flexibel und teilnehmerorien-
tiert, werteorientiert und offen und auch identitätsstiftend und imagebildend.
Die Ganzheitlichkeit ist unabdingbar mit der glaubwürdigen Umsetzung verbunden – Theorie
und Praxis sind eine interdependente Einheit, die man nicht trennen kann. Die zehn Thesen
zur Glaubwürdigkeit von CI können dafür einen Rahmen und eine Orientierung aufzeigen.
Corporate Identity ist nicht glaubwürdig, nachhaltig und erfolgreich, wenn:
nur Design gemacht wird und nicht Kommunikation und Verhalten nach innen und außen
damit verbunden sind,
die Geschäftleitung/Organisationsleitung nicht vorbildlich mitmacht und sich selbst nicht
verändert und verbessert,
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei dem Prozess der Entwicklung der CI nicht betei-
ligt werden können,
CI als Geheimniskrämerei gehandhabt wird, also nicht offen, vertrauensvoll und kritisch
entwickelt wird,
die gemeinsam entwickelten Grundsätze nicht für alle und in allen Bereichen entsprechend
umgesetzt werden,
sie nicht ganzheitlich von innen nach außen entwickelt, aufgebaut und professionell be-
gleitet wird,
sie nicht eintrainiert und implementiert und somit zur allgemeinen Denkweise der Ge-
samtorganisation wird,
sie nur als Auftrag von oben angewiesen und nicht am Arbeitsplatz täglich von allen gelebt
wird,
sie nur als Imagebildung gesehen wird und nicht auch identitätsbildend nach innen,
wir sie als ein Projekt sehen und nicht kontinuierlich und konsequent als Prozess in Gang
halten.
Man kann Strukturen nicht mit jenen Denkmustern ändern, die zu diesen Strukturen geführt
haben. CI beginnt im Kopf. Die Strukturprobleme und Herausforderungen für die Zukunft
erfordern innovative Denkstrategien. Corporate Identity, als eine ganzheitliche Denkweise,
schafft gemeinsame Veränderungsprozesse, nachhaltige Erfolge und ein Umdenken in diese
Richtung. CI ist eine Denkweise, die die bisherigen Einzelansätze in ihren guten Grundlagen
integriert zu einem neuen Denkansatz: Corporate und Identität.
66 Wie macht man Corporate Identity?
Ohne wirkliche Identität ist noch nie etwas Großes geschaffen worden. Gute Strukturen ent-
wickeln und effektive Arbeit leisten kann man nur dann, wenn man sich damit identifiziert.
Nachhaltige Erfolge und ein profiliertes Image sind nur mit einer glaubwürdigen Identität
möglich. Visionen und Wünsche können nur mit einer klaren und begeisternden Identität
realisiert werden. Eine gute Zukunft braucht gute Identitäten.
„Zukunft hat viele Namen: Für die Schwachen ist sie das Unerreichbare,
für die Furchtsamen das Unbekannte, für die Tapferen ist sie die Chance.“
[Victor Hugo]
„Denn die Dinge, die wir erst lernen müssen,bevor wir sie tun, lernen wir beim Tun.“
[Aristoteles]
Unternehmen haben immer eine Kultur, und sollten diese profiliert und bewusst gemeinsam
weiterentwickeln mit einem motivierenden Arbeitsklima, einer spezifischen Wertewelt und
einer effektiven und effizienten Organisationsstruktur. Informelle Gruppen und die Selbstän-
digkeit des Einzelnen müssten entsprechend integriert werden, um daraus einen gemeinsamen
Prozess der bewussten Unternehmensentwicklung zu machen. Dieses Miteinander von unter-
nehmerischen, ökonomischen und humanen Zielvorstellungen und den Erwartungen aller
Beteiligten nach dem Prinzip der Selbstverantwortung zu verbinden, ist Aufgabe der Unter-
nehmenskultur. Eine Kultur ist nur dann stabil, innovationsfähig, profiliert und tragfähig,
wenn sie eine ausgleichende Balance schafft zwischen den unterschiedlichen Anforderungen
von mitarbeiterorientierten- und leitungsorientierten und organisations- und gesellschaftsspe-
zifischen Elementen und sie nicht als Pole versteht, die einander ausschließen, sondern sie
integrieren kann zu einer starken spezifischen Identität. Eine Kultur hat man, man muss sie
aber pflegen, damit sie nicht negative Wirkung zeigt!
Bei der Gestaltung der Unternehmenskultur durch CI werden durch die ganzheitliche Verbin-
dung der unterschiedlichen Einzelelemente die Wirkung und die Zusammenwirkung erhöht:
Gestaltung der Umgangsformen, Führungsstile und Verhaltensweisen als Corporate-
Behavior-Konzeption des Unternehmens,
Gestaltung der internen und externen Kommunikation, der Anlässe und Traditionen als
Corporate-Communication-Konzeption des Unternehmens,
70 Wie macht man Corporate Identity?
Innovation/Kreativität:
Ideen eine Chance geben,
aus vorgegebenen Denkschemata ausbrechen und flexibel sein,
Risikobereitschaft,
Mut zur Veränderung und zum unkonventionellen Denken, Reden und Handeln,
permanentes Infragestellen,
Intuition,
Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem und Bereitschaft, fremde Ideen aufzunehmen
und umzusetzen,
Eigen- und Gruppeninitiative zeigen und fördern,
bereit und fähig sein, im Team zu arbeiten,
Freiräume für Kreativität schaffen,
den Willen zur ständigen Verbesserung haben,
Mut zur Unvollkommenheit, zum Fehler, zur Lücke haben,
neue Ideen zuerst auf Verwirklichungschancen prüfen statt auf Ablehnungsgründe,
problemorientiert nicht bereichsorientiert denken.
Leistungsorientierung:
Bekenntnis zur eigenen und zur Gruppenleistung,
Förderung der Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter,
inneres Engagement des Mitarbeiters,
klare Ausrichtung auf Ziele,
hohe Arbeitsqualität,
Anerkennung der Leistung durch Belohnung und Beförderung.
Mitarbeitererfolg:
Integration des Mitarbeiters und Identifikation mit dem Unternehmen,
offene Informations- und Kommunikationswege,
Förderung und Motivation des Mitarbeiters,
Arbeitsklima auf der Basis von Vertrauen, Partnerschaft und Fairness,
dem Mitarbeiter Möglichkeit zur Selbstverwirklichung geben,
Freiräume schaffen, Verantwortung und Kompetenz delegieren,
Gruppen- und Teamgeist fördern.
Kosten-/Nutzendenken:
wirtschaftlich und unternehmerisch denken und handeln,
Eigeninitiative für die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit entwickeln,
wirkungsvolles Zeit- und Ressourcen-Management,
Fähigkeit, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden,
Verantwortung für verursachte Kosten übernehmen,
bedürfnisgerechte Organisationsformen aufbauen.
Was bedeutet CI als ganzheitliche Denkweise? 73
Bei der bewussten Gestaltung der Unternehmenskultur durch die Formulierung der Unter-
nehmensgrundsätze schaffen Sie ein profiliertes Selbstverständnis. Die Aussagen sind also als
erstes nach innen gerichtet, für die Mitarbeiter, aber natürlich auch nach außen, für die Kun-
den, Kooperationspartner und für die allgemeine Öffentlichkeit. Die sehr unterschiedliche
Präsentation verlangt also auch unterschiedliche Aussagen nach innen und außen. Versuchen
Sie deshalb einfache, klare Thesen zu formulieren, die Sie in der weiteren Entwicklung des
CI-Prozesses dann genauer ableiten und transformieren können. Schreiben Sie erst die Ver-
fassung als allgemeine Grundlage, und entwickeln Sie dann die Ziele und die Konzepte!
„Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun,
sondern auch für das, was wir nicht tun.“
[Jean Baptiste Molière]
74 Wie macht man Corporate Identity?
Nicht mehr nach Ausreden und schlechten Bedingungen suchen, sondern selbst aktiv sein
Leben gestalten und verantworten. Andere sind nicht unsere Bestimmungsgrößen, sondern
eher Vorbilder und Orientierungsgrößen, letztlich sind nur wir selbst verantwortlich. Wenn du
eine hilfreiche Hand suchst, suche sie am Ende deines Armes! Um glaubwürdige Verbesse-
rungen zu erreichen, gelten folgende Grundsätze:
1. Jeder Mensch ist für sein Denken, Empfinden und Handeln bei Entwicklungsprozessen
selbst verantwortlich (Selbstverantwortung).
2. Erfolgreiche Veränderungen erfordern die aktive Beteiligung der Betroffenen
(Selbstgestaltung).
3. Nur durch die Entfaltung der Potenziale und Kompetenzen der einzelnen Beteiligten und
eine starke Identitätsbildung werden glaubwürdige Verbesserungen ermöglicht und kon-
kret gelebt (Selbstbewusstsein).
„Man kann das Pferd zum Wasser führen, aber man kann es nicht zum Trinken zwingen.
Das Trinken ist seine Sache. Aber selbst wenn Ihr Pferd durstig ist, kann es nicht trinken,
solange Sie es nicht zum Wasser führen. Das Hinführen ist Ihre Sache.“
[Gregory Bateson, 1982]
Das Umdenken zielt ab auf den selbständig handelnden und selbstverantwortlichen Mitarbei-
ter, denn nur der kann letztlich für den Erfolg sorgen. Nicht Anweisungen und Kontrolle
bringen Erfolg, sondern der kommt nur von den motivierten und sich identifizierenden Mit-
arbeitern selbst. Die Mitarbeiter müssen ihre eigenen Antworten, Lösungen und Arbeitserfol-
ge suchen und finden. Dazu brauchen sie klare Orientierungs- und Entscheidungsräume mit
gemeinsam vereinbarten Zielen und dann die Freiheit und Selbstverantwortung (Zielverein-
barungsgespräche). Mitarbeiter und Führungskräfte kommen zu einer intensiven Kommuni-
kation und so zu mehr Transparenz, Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit. Die neue Arbeits-
kultur schafft mehr Motivation, Mitdenken, Flexibilität, Risikobereitschaft und mehr
Wohlbefinden für Führungskräfte, Mitarbeiter und Zielgruppen.
Aber wo sind die Menschen dafür? Diese Veränderungen durch die Organisationsentwicklun-
gen funktionieren nur durch gleichzeitige integrative Personalentwicklungen. Es ist ein wech-
selseitiger und gemeinsamer Lernprozess im Rahmen eines ganzheitlichen Identitätsprozes-
ses. Nur durch Ausprobieren, Erfahrungen sammeln, Konfliktmanagement, Schulung und
Coaching können wir diese neue Denkweise schrittweise lernen und leben. Für die Selbstver-
antwortung sind vier Grundelemente notwendige Basis:
1. Handlungsfähigkeit
Für die Selbstverantwortung muss ein ergebnisorientiertes, strategisches und konsequen-
tes Verhalten die Ergebnisse bringen. Der Zustand der Selbstverantwortung bringt nur
dann Erfolg, wenn er sich in der Praxis bewährt und Verbesserungen schafft. Dazu gehö-
ren Selbstdisziplin und Mut zum Machen!
Was bedeutet CI als ganzheitliche Denkweise? 75
2. Konfliktfähigkeit
Die selbstverantwortliche Strategie kann die Ergebnisse nicht genau vorher festlegen. Es
bleibt also immer ein Restrisiko: Ein glaubwürdiger Entwicklungsprozess ist letztlich be-
stimmt durch Fehler, Probleme, Krisen und Unzulänglichkeiten, die vorher nicht konkret
vorher bestimmbar sind. Menschliches Verhalten bleibt nur unzulänglich und muss ler-
nen, mit diesen Unzulänglichkeiten und der Endlichkeit fertig zu werden und daraus Kon-
sequenzen zu ziehen. Nicht keine Probleme zu haben ist das Ziel, sondern mit den Prob-
lemen umzugehen, ist der richtige Weg.
3. Emotionsfähigkeit
Alles Verhalten hat Folgen und Auswirkungen. Diese Auswirkungen auf die Gefühle
wahrzunehmen und damit bewusster umzugehen, ist notwendig für die Selbstverantwor-
tung. Stress und Belastungen sind emotionale Faktoren, die aufgearbeitet werden müssen,
damit sie nicht als Störungen die Erfolge be- und verhindern. Aber auch die positiven
Emotionen wie das Wohlgefühl sind notwendig als Motivatoren und Verstärker.
4. Reflexionsfähigkeit
Eine ganzheitliche Selbstverantwortung umfasst Kopf, Herz und Hand. Herz als die Emo-
tionsfähigkeit, Hand als die Handlungsfähigkeit und Kopf als die Reflexionsfähigkeit.
Um über die anderen notwendigen Elemente nachdenken und sie gestalten zu können, ist
es wichtig, sich über die Wirkungen bewusst zu werden: Die Werte mit dem Wollen und
den Wirkungen zu vergleichen. Die Fähigkeit zur Reflexion schafft die Möglichkeit, sich
auf einer Metaebene alle Elemente und Einflussfaktoren bewusst zu machen. Nur diese
Bewusstmachung schafft bewusste Veränderungen, die nicht nur zufällige Verbesserungen
sind und die dem Imperativ der Selbstverantwortlichkeit entsprechen können.
Alle vier Grundelemente der Selbstverantwortung sind ganzheitlich miteinander verbunden.
Ein Element allein kann keine Selbstverantwortung entwickeln und ermöglichen. Nur die
interdependente Verbindung aller Grundlagen kann ein Umdenken zu mehr Selbstverantwor-
tung bewirken und damit eine Verbesserung der Kultur. Erst die Entwicklung der Unterneh-
menskultur durch die bewusste Gestaltung der Selbstverantwortung kann das Unternehmen
für die Zukunft profilieren. Sonst wird es keine Veränderungen geben, sondern nur die übli-
chen Reformen, die aber nichts verbessern. Unternehmen werden sich nicht verändern, wenn
sich nicht der Einzelne ändert.
Glaubwürdigkeit
Am Ideal gemessen versagt die Wirklichkeit. Aber was wäre das für eine traurige Wirklich-
keit, wenn sie aufhören würde, sich nach dem Ideal zu orientieren und nach der Wirklichkeit
zu fragen? Richard v. Weizsäcker
Für Manager und Top-Führungskräfte zählen zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren Entschei-
dungsfreude, Risiko und Konfliktbereitschaft und Durchsetzungsvermögen. Nach diesen
Persönlichkeitsfaktoren werden sie ausgesucht, in Positionen eingesetzt und nach entspre-
76 Wie macht man Corporate Identity?
chender Wirksamkeit dieser Kompetenzen als erfolgreich angesehen. Was immer an konkre-
ten Handlungen hinter diesen Schlagworten stehen mag, wer derartige Kompetenzen vorwei-
sen kann, hat gute Chancen, in eine ausgesuchte Position zu gelangen.
Aber gerade in schwierigen Zeiten und höheren Führungspositionen sind nicht nur sachliche
Handhabungstechniken gefragt, sondern Vorbilder und Menschen, die auch emotionale Stärke
haben: Wie können Sie ein Miteinander aufbauen, denn es sind nur gemeinsame Entwick-
lungsprozesse wirklich längerfristig gut? Wie können Sie Vertrauen aufbauen, damit Verände-
rungen auch wirklich zu Verbesserungen werden? Wie glaubwürdig sind Sie, sodass man
Ihnen trauen kann? Welche Werte und Interessen vertreten Sie, und setzen Sie ihre Werte und
Grundsätze auch wirklich um?
entscheidenden Frage: Wie gehe ich mit Fehlern um, wie vertrete ich Unzulänglichkeiten?
Hier entscheidet nicht nur die sachliche Auseinandersetzung, sondern auch die emotionale
Kompetenz. Die Glaubwürdigkeit fordert uns permanent heraus und wird wohl niemals dem
Ideal entsprechen, aber sie bleibt immer eine Orientierungsgröße für unser Leben. Daran zu
arbeiten und es immer wieder glaubwürdig zu versuchen und nicht nachzulassen, dem Ideal
nahe zu kommen, ist Sinnerfüllung: Der Glaube wird zur Würde!
Unglaubwürdigkeit – Glaubwürdigkeit
Stellen wir der Glaubwürdigkeit einmal die Unglaubwürdigkeit gegenüber: Sie beschreibt die
Beziehungslosigkeit zu Werten, ein Verhalten, das sich Werten gegenüber verschließt oder
Werte nur scheinheilig vortäuscht. Welchen hohen Wert die Glaubwürdigkeit aber einnimmt,
zeigt der Extremfall, wenn – im Namen des Volkes – die Glaubwürdigkeit mit Hilfe eines
Eides erzwungen werden muss. Unglaubwürdigkeit ist also nicht nur moralisch verwerflich,
sondern auch als Grundlage unserer Gesellschaft nicht akzeptierbar. Um so mehr wundert es,
wenn gerade Führungskräfte aus Wirtschaft, Gesellschaft und Politik nicht glaubwürdig sind
und nicht daran gemessen werden!
Warum und wann sind die Menschen unglaubwürdig? Ist das unglaubwürdige Leben leichter,
schöner, besser? Wird Unglaubwürdigkeit durch den harten Wettbewerb, die hohen Anforde-
rungen und die schwierigen oder unlösbaren Probleme notwendig? Dass sich Unglaubwür-
digkeit entwickeln kann, liegt doch nur an jedem Einzelnen. Gestatten wir uns öfter große
oder kleine Unglaubwürdigkeiten? Gestehen wir sie auch anderen zu, oder fordern wir
Glaubwürdigkeit ein? Wenn Sie sich für Ihren Glauben und Ihre Werte einsetzen, werden Sie
glaubwürdiger. Wenn Sie die Glaubwürdigkeit bei anderen direkt ansprechen und danach
entscheiden, wird sie mehr und wichtiger werden. Glaubwürdigkeit verlangt Glaubwürdig-
keit! Glaubwürdigkeit bringt Glauben und Würde, Stärke, Hoffnung und gibt dem Leben
Sinn! Glaubwürdigkeit schafft Identität – eine ganzheitliche Identität für das Selbstverständ-
nis (nach innen) und das Fremdbild (nach außen) – Corporate Identity im besten Sinne!
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 16: Corporate Identity
80 Wie macht man Corporate Identity?
Identität? Identität!
Was macht das Einmalige und Unverwechselbare einer Person aus? Wir erleben unsere Iden-
tität als etwas ganz Besonderes, als Einheit des Selbst, als ein Kern in sich, auf das alle Erfah-
rungen und Aktionen ausgerichtet sind. Durch diese Orientierung auf mein inneres Zentrum
entsteht der Eindruck von Sinnhaftigkeit des eigenen Daseins, das mir hilft, Erlebnisse zu
verarbeiten und mein Verhalten und mein Denken auszurichten. Das schafft Klarheit, Sicher-
heit, Stärke und Selbstbewusstsein und auch Begeisterung. Identität ist ein hypothetisches
Konstrukt. Die ganz spezifische und besondere Selbstkonzeption ist aber nie endgültig fass-
bar, sondern immer nur eine Arbeitshypothese, die täglich und immer wieder reflexiv bestä-
tigt werden muss. Dabei ist der Vergleich von Selbst- und Fremdbild von verstärkender Be-
deutung. Das ist der Grundgedanke der Corporate Identity: Identität schafft Image. Alle
Aktionen sollten auf die bewusst entwickelte Identität ausgerichtet sein, damit sie sich in
ihren Wirkungen nicht behindern, sondern gegenseitig ergänzen – das schafft ein profiliertes
Image, Stärke und Sicherheit. Große Unterschiede oder auch Identitäts-Diffusionen führen zu
Ängsten, Unsicherheiten, Aggressionen und auch zum Moratorium – zu Identitätsstörungen,
die auch psychische Folgen bedingen können. Wer nicht weiß, wer er ist, hat auch keine
Zielsetzung und kann sich leicht verlaufen. Da eine gesicherte und unveränderliche Identität
zu haben nur Wunschdenken ist, bleibt also nur die permanente Suche nach der eigenen Iden-
tität. Vielleicht eine Sisyphos-Arbeit, die wir immer wieder angehen müssen. Sichtbare Er-
gebnisse sind auf diesem Identitätsweg nur Hüllen.
Identitätsprozesse sind wichtig – wir müssen das eigene Ich selbst entdecken, entwickeln und
erleben! Abgewandelt nach Descartes bleibt die Erkenntnis: Ich suche, also bin ich! Der
Prozess ist entscheidend – der Weg ist das Ziel.
Eine Wahrheit mit eigenen Augen entdeckt, sei sie auch unvollkommen, ist zehn Wahrheiten
wert, die du von anderen erfährst – denn diese hat nicht nur dein Wissen erweitert, sie hat
auch deine Fähigkeit zu sehen geschärft – das hat der Polarforscher Fridtjof Nansen erkannt.
Die Welt ändert sich nur, wenn sich die Menschen ändern
Alle Menschen suchen nach ihrer Identität. Als ein wichtiges Lebensprinzip fragen sie nach
Herkunft, Zugehörigkeit und Position in der Gesellschaft. Dabei geht es nicht nur um das
Erkennen der Einzigartigkeit, sondern auch um Übereinstimmung mit den Erwartungen ande-
rer. Die Identifikation oder eine starke Identität schaffen Sicherheit und Wohlgefühl. Ein
starkes Ich- oder auch Wir-Gefühl sorgt für eine klare Orientierung und Positionierung in der
Gesellschaft, für Unverwechselbarkeit und ein leichtes und schnelles Wiedererkennen für
Außenstehende. Dabei bleibt die Identität nicht endgültig fassbar, sondern sie muss sich
ständig in wechselnden Zusammenhängen selbst bestätigen und erneuern. Individualität und
Abgrenzung zu anderen fordern eine permanente Auseinandersetzung und machen die Identi-
tätsbildung zu einem lebenslangen Prozess.
Diese Grundzüge des Identitätsfindungsprozesses lassen sich gut auf Organisationen übertra-
gen, da sie von Menschen mit eben diesen Bedürfnissen gestaltet und genutzt werden. Aller-
dings müssen nun die unterschiedlichen Identitäten der einzelnen Mitarbeiter mit der spezifi-
schen Eigenart des jeweiligen Unternehmens, also mit dessen Identität verbunden werden.
Wer sich mit dem Produkt und der Arbeitsweise seiner Organisation nicht identifizieren kann,
wird weder ein Wohlgefühl noch ein Wir-Gefühl entwickeln können und ein Arbeitnehmer,
der in seiner Individualität angegriffen oder nicht ernst genommen wird, kann sich nicht
sicher und dazugehörig fühlen. Gemeinsames Arbeiten wird konfliktbeladen und zieht Ener-
gie von den eigentlichen Aufgaben ab. Die Wirkungen heben sich gegenseitig auf – gegen-
einander – nebeneinander oder miteinander? Durch ein Neben- oder gar Gegeneinander der
Einzelwirkungen kann die volle mögliche Arbeitsleistung nicht mehr erbracht werden – es
herrscht Chaos!
Wir alle suchen unsere Identität. Identität als eine Übereinstimmung – idem (lat.) identisch,
etwas als dasselbe ansehen, wiedererkennen oder feststellen, scheint ein wichtiges Lebens-
prinzip zu sein, um das lange gerungen und sogar gekämpft wird: Als einzelne Menschen
suchen wir unsere persönliche Identität (Übereinstimmung mit sich selbst, seinem Denken
und Handeln, von Emotionalem und Rationalem) und auch unsere Position in der Gesell-
schaft als soziale Identität (Übereinstimmung mit den Erwartungen anderer). Auch die ethi-
sche, religiöse und regionale Identität ist uns wichtig. Sind wir Braunschweiger, Niedersachse,
Deutscher, Europäer oder finden wir eher eine Übereinstimmung mit der Weltenbürgerauffas-
sung? Die Identifikation mit Gruppen, Vereinen oder Verbänden und deren Symbolen oder
Sinnsprüchen zeigt ebenfalls die große Bedeutung der Frage nach der Identität und deren
Beantwortung. Eine große Übereinstimmung, eine starke Identität schafft Ruhe, Sicherheit
und Wohlgefühl. Wir sind nicht mehr verunsichert und nicht mehr allein. Das starke Ich- und
Wir-Gefühl schafft auch eine klare Orientierung und Positionierung.
Die Gefahr besteht in der Aufgabe der eigenen Individualität und in der Abgrenzung zu ande-
ren. Wenn der Einzelne keine persönliche Stärke hat oder diese aufgibt, wird die Identität
leicht übergestülpt und damit zur leeren Worthülse. Echte Identität braucht also eine starke
Individualität, setzt somit eine starke Persönlichkeit voraus, damit überhaupt eine Überein-
stimmung vorliegen kann und Identität nicht als Ersatz dient. Identität darf auch nicht nur zur
82 Wie macht man Corporate Identity?
Abgrenzung dienen. Nur schwache Identitäten haben das Schlechtmachen anderer Identitäten
nötig, um sich selbst überhaupt finden und aufbauen zu können. Die dritte Gefahr liegt in der
zu starken Identität: Die vorherrschende Übereinstimmung mit wesentlichen Elementen führt
leicht dazu, dass Restgruppen und Minderheiten nicht mehr toleriert werden. Der Anspruch
einer totalen Identität ist also ebenfalls nicht das Ziel.
Identität bleibt somit die permanente Auseinandersetzung mit der Frage „Wer bin ich eigent-
lich?“ Da alles veränderlich ist, bleibt diese Frage auch immer nur zum Teil beantwortet.
Identität wird also zur permanenten Auseinandersetzung, zur Bewusstseinsbildung, zur Moti-
vation, zum Identitätsprozess. Wenn man damit aufhört, verliert man seine Identität oder man
wird zu starr und ideologisch und macht damit den Einzelnen als Basis für die Übereinstim-
mung kaputt. Eine Identifizierung ist dann nicht mehr möglich. Was bleibt, ist die Suche nach
der Übereinstimmung von einzelnen Polaritäten und Gegensätzlichkeiten, die integrativ ver-
bunden sind und sich nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen: Übereinstim-
mung von Denken, Empfinden und Handeln – mit Kopf, Herz und Hand (Pestalozzi).
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 17: Identitätsmanagement
Eine CI-Konzeption bezieht sich daher nicht nur auf eine Selbstdarstellung nach außen im
Sinne von Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit, sondern sie ist gekennzeichnet durch die
Koordination und Integration aller für das Unternehmen wichtigen kommunikativen und
handlungsaktiven Maßnahmen. Ziel ist die Profilierung des Unternehmens durch Verbesse-
rung und Stärkung ihrer Identität und ihres Images. Nur so wird keine aufgesetzte Werbung
gemacht, sondern das Angebot des Unternehmens täglich authentisch und damit erfolgreich
gelebt.
Ein Unternehmen ohne eine gute Selbstgestaltung durch eine sorgfältige Identitätsbildung hat
nicht nur kein Profil, sondern ist auch nicht in der Lage, wichtige Qualifikationen und Erwar-
tungen für seine Kunden zu erfüllen. Auch die veränderten Erwartungen und Ansprüche der
84 Wie macht man Corporate Identity?
Mitarbeiter an die Organisation und Arbeitsweise des Unternehmens können nur professionell
erfüllt werden, wenn das Unternehmen einen guten Identitätsfindungsprozess als Basis hat.
Für diese Selbstgestaltung braucht das Unternehmen die Bereitschaft und Offenheit der Mit-
arbeiter, eine Geschäftsleitung, die mutig und vertrauensvoll ihre Managementaufgaben
anpackt und sich an eine marketingorientierte Öffentlichkeitsarbeit wagt.
Die ganzheitliche Organisationskonzeption beruht im Wesentlichen auf drei Säulen, die auf
der Unternehmenskultur und den Unternehmensgrundsätzen aufbauen:
1. Das Corporate Behavior, das konkrete Verhalten aller Beteiligten innerhalb der Organisa-
tion. Es ist geprägt durch die Entwicklung sowie Organisation des Unternehmens, und be-
inhaltet die Werte und Regeln für die Zusammenarbeit, den Führungsstil und die Arbeits-
abläufe.
2. Die Corporate Communication, die strategisch orientierte Kommunikation nach innen
wie auch nach außen. Ziel ist die Information der Öffentlichkeit und der Mitarbeiter über
Intentionen und Situationen unternehmerischer Aktivitäten. Als Mittel dienen dazu Public
Relations (PR), Marketing, Öffentlichkeitsarbeit.
3. Das Corporate Design, der einheitliche Gebrauch des Erscheinungsbildes des Unterneh-
mens. Ein grundlegendes Designkonzept auf der Grundlage der Leitlinien erstreckt sich
von der Gestaltung der architektonischen Gegebenheiten über den Gebrauch eines Wort-
Bild-Zeichens für Publikationen und Schriftverkehr (Basiselemente) bis zu den Präsenta-
tionselementen wie Ausstellungen und Veranstaltungen. Dadurch entsteht der Eindruck
eines spezifischen, einmaligen Stils und Profils. Erst in der ganzheitlichen Verbindung
dieser drei Säulen Corporate Behavior, Corporate Communication und Corporate Design
und der strategischen und konzeptionellen Ausrichtung aller damit verbundenen Einzel-
maßnahmen entsteht der sichtbare Erfolg.
Die Unternehmensgrundsätze bzw. das Leitbild stellen eine Art gemeinsam entwickelte Ver-
fassung dar, die allen drei Säulen eine gemeinsame, unverwechselbare und gut aufzufassende
Prägung gibt. Die spezifischen Aussagen der Unternehmensverfassung werden im Verlauf des
CI-Prozesses bei der Entwicklung von Selbstbild, Fremdbild und Arbeitsweisen erarbeitet.
Die Fragen, „Wer sind wir?“, „Wer möchten wir sein?“, „Wie werden wir gesehen?“, „Wie
möchten wir gesehen werden?“, „Wie gehen wir miteinander um?“, „Wie möchten wir mit-
einander umgehen?“, führen an sich zu einer Beschreibung der unbewussten Unternehmens-
kultur. Eine große Übereinstimmung von Selbstbild, Fremdbild und Arbeitsweisen macht
eine besonders zugespitzte Formulierung möglich. Wenn nicht nur die Unternehmensleitung,
sondern auch jeder Mitarbeiter auf die Frage „Wer sind wir eigentlich?“ kurz und prägnant im
gleichen Sinn antworten kann, ist die sinnbestimmende Diskussion in Zusammenhang mit
dem CI-Prozess besonders erfolgreich verlaufen. Im Idealfall reden auch Außenstehende so
über das Unternehmen, wie Sie, die Mitarbeiter und Beteiligten dieses Unternehmens, es sich
selbst wünschen und formuliert haben. CI wird damit zu einer möglichst großen Überein-
stimmung von Selbstbild, Fremdbild und Arbeitsweisen. Der Profilierungsprozess beginnt –
auch wenn er durch äußere Ansprüche in Gang gesetzt wurde – im Innern des Unternehmens
und wird durch eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit ergänzt und verstärkt.
Was bedeutet CI als ganzheitliche Denkweise? 85
Ein unverzichtbares Element und treibender Motor eines CI-Prozesses ist dabei das CI-Team
oder auch Steuerungsteam. Es setzt sich aus freiwilligen Mitarbeitern aus unterschiedlichen
Bereichen, Abteilungen, Fachbereichen und der Unternehmensleitung zusammen. Hat ein
solches CI-Team erst einmal seine Arbeit aufgenommen, machen sich auch erste Veränderun-
gen bemerkbar. Über die Kommunikation und Auseinandersetzung mit ihnen können immer
mehr betroffene Mitarbeiter direkt angesprochen und in den Prozess mit einbezogen werden.
In Zeiten der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen müssen sich alle Betei-
ligten verändern: Nicht mehr nur „neu denken“, sondern durch gemeinsame Entwicklungs-
prozesse umstrukturieren und das bewusste Umdenken aller Beteiligten implementieren.
Dabei ist eine ganzheitliche Verbindung von Strukturen, Arbeitsweisen, Denk- und Verhal-
tensweisen notwendig, um diesen Veränderungsprozess nachhaltig erfolgreich zu machen.
Aufgabe ist es, alle Maßnahmen strategisch und konzeptionell auszurichten und miteinander
zu vernetzen, professionell umzusetzen und dabei profilbildend und identitätsstiftend lang-
fristig im Rahmen eines gemeinsamen Prozesses zu managen. Dazu brauchen Sie eine gute
Entwicklungsstrategie – Corporate Identity – und eine entsprechende Beratung und Unter-
stützung – eine Corporate-Identity-Beratung. Alle Menschen suchen nach ihrer Identität. Als
ein wichtiges Lebensprinzip fragen sie nach Herkunft, Zugehörigkeit und Position in der
Gesellschaft. Dabei geht es nicht nur um das Erkennen der Einzigartigkeit, sondern auch um
Übereinstimmung mit den Erwartungen anderer. Die Identifikation oder eine starke Identität
schaffen Sicherheit und Wohlgefühl. Dabei bleibt die Identität nicht endgültig fassbar, son-
dern sie muss sich ständig in wechselnden Zusammenhängen selbst bestätigen und erneuern.
Individualität und Abgrenzung zu anderen fordern eine permanente Auseinandersetzung und
machen die Identitätsbildung zu einem lebenslangen Prozess.
Robert Bosch hat die Rolle des einzelnen Mitarbeiters sowie seiner Identifikation mit dem
Unternehmen einmal in folgendem Satz zusammengefasst: Gute Arbeit kann man nur dann
leisten, wenn man sich total mit seiner Idee und deren Umsetzung identifiziert. Der sich
identifizierende Mitarbeiter ist ein wichtigstes CI-Element! Wie kann sich ein Unternehmen
besser profilieren und darstellen als über die Qualität und Kompetenz seiner Mitarbeiter. Wir
leben in einer Zeit der schnellen, tiefgreifenden und permanenten Veränderung in allen Berei-
chen. Wir müssen lernen umzudenken und in dieser Veränderung unsere Chance zu ergreifen:
Wie kann ich die Veränderung bewusst und erfolgreich gestalten? Wie kann ich die Verände-
rung für mich und meine Identitätsentwicklung und zur Verwirklichung meiner Visionen
nutzen?
den wir konfrontiert mit alltäglichen Ungereimtheiten und Schwierigkeiten, stellen in Frage
und erkennen das Zusammenwirken von Sichtbarem, unter anderem Design, und Hintergrün-
digem, zum Beispiel Haltungen und Visionen. Dieses Erkennen selbst kann uns niemand
abnehmen, die Konsequenzen daraus noch viel weniger. Und damit sind wir an jenem Punkt
angekommen, auf den sich die weiteren Überlegungen konzentrieren werden, den sie zu-
nächst einkreisen und schließlich fassbar machen wollen, indem das Zusammenwirken von
Interessen und Kommunikation, Ästhetik, Stil und Design skizziert wird: Wie werden wir
„attraktiv“, und wie schaffen wir Sympathie für unser Unternehmen, seine Produkte und
Dienstleistungen?
Wir tun etwas, weil wir uns etwas davon versprechen. Also: Was springt für mich oder mein
Unternehmen dabei heraus, wenn ich …? Oder: Was muss ich tun, um dieses oder jenes zu
erreichen? Seit grauer Vorzeit findet Warentausch statt, mit oder ohne Geld.
„Die daran Beteiligten stehen zwar von der Interessenlage in einem widerspruchsvollen Ver-
hältnis, und dennoch hat jeder eine Ware, die er nicht braucht, und eine Ware, die er eintau-
schen möchte. Tauschwert- und Gebrauchswertinteressen an der eigenen beziehungsweise an
der jeweils anderen Ware stehen sich gegenüber. Dass der Käufer im Vorfeld des Kaufs den
erstrebten Gebrauchswert sich verspricht, führt schließlich den Akt des Kaufens herbei. Dies
auslösend zu unterstützen, bleibt dem Verkäufer die Möglichkeit, dieses Gebrauchswertver-
sprechen mit sinnlichen Mitteln zu erzeugen …“ (Berger, W.: zur „Design Auswahl ’94“,
Design Center Stuttgart 1994). Grundsätzlich können wir davon ausgehen, dass sich jede
Aktivität auf ein Bedürfnis zurückführen lässt. Aus einem Bedürfnis entsteht subjektiv emp-
fundene Spannung, die so lange anhält, bis das Bedürfnis befriedigt ist. Leistung befriedigt
Bedürfnisse und baut Spannungen ab – am besten nach dem ökonomischen Prinzip, ein vor-
gegebenes Ziel mit geringstem Aufwand zu erreichen. Individuell oder kollektiv bestimmte
Ansprüche sind dabei gleichermaßen zu berücksichtigen. Vereinfacht gesagt geht es darum,
Bedürfnisse und Leistungen, Ansprüche und Angebote in Deckung zu bringen und bereits
eingeleitete Entwicklungen kontinuierlich fortzuführen, um Irritationen zu vermeiden.
Bis hierher erscheint das allerdings noch reichlich abstrakt. Wir sollten zunächst versuchen,
die Bedürfnisse zu erfassen, bevor wir näher auf die damit verbundenen Leistungen eingehen.
Von welchen Bedürfnissen sprechen wir eigentlich? Nun lässt sich gleich ein ganzer Katalog
anführen, wenn es darum geht, die Beweggründe menschlichen Handelns zu skizzieren:
Essen und Trinken, Lebensraum, Gesundheit und Fürsorge, Sicherheit und Geborgenheit,
soziale Anerkennung, Selbstachtung und Selbstbehauptung, Selbständigkeit und Unabhän-
gigkeit, Besitzen wollen und Tatendrang, Überlegenheit und Selbstbestätigung, Neugier,
Offenheit und Flexibilität, Klarheit und Verständlichkeit, Ästhetik und Atmosphäre, Ehrlich-
keit, Glaubwürdigkeit und Vertrauen, Empathie und Sympathie, Wert und Besonderheit,
Seriosität und Substanz, …
Und welche Faktoren sind das, die unsere (individuell empfundenen) Bedürfnisse bestimmen
und unseren Bedarf an Dienstleistungen und Produkten entstehen lassen? Auch hier eine
Reihe von Aspekten, unsortiert und ohne Anspruch auf Vollständigkeit: der individuelle Ver-
sorgungsgrad mit der angebotenen Leistung, Alter, Geschlecht, Kulturkreis, Nationalität,
Familienstand, ökonomische Bedingungen wie Erwerbstätigkeit (-losigkeit), Einkommen und
88 Wie macht man Corporate Identity?
Erkennen und selektieren, verstehen und bewerten, akzeptieren – oder ablehnen: All unser
unternehmerisches Streben zielt darauf, für unser Unternehmen positive Entscheidungen und
Handlungen zu bewirken. Bedingung jeder Art von Unternehmens- oder Produktkommunika-
tion ist, erkannt zu werden, da nur Erkennbares auch merkbar ist. Abhängig vom Umfeld gilt
es, potentielle „Information zum Auffallen“ zu nutzen. Zielgruppen- und zeitgerecht, nicht
aber um jeden Preis: Denn wer ins Banale abgleitet statt Originalität mit inhaltlicher Substanz
zu verbinden, wird eher Schaden anrichten. Ein wie auch immer geartetes Gestaltungsergeb-
nis – Unternehmen, Erzeugnis oder Dienstleistung – können wir begreifen als unverwechsel-
bares „Produkt“, als ein Superzeichen (Max Bense), das selbst eine Botschaft transportiert.
Das „Produkt“ ist Träger einer Information. Ihm kommt die Doppelrolle zu, sowohl seine
Sachleistung zu erbringen als auch im Kommunikationsprozess als Signal wirken zu müssen.
Ein Gestalter im weitesten Sinne – nicht nur der Designer – ist somit erst dann wirklich er-
folgreich, wenn es ihm gelingt, Anmutungsappelle in reale Erzeugnisse, Dienstleistungen und
Unternehmens-Erscheinungsbilder zu enkodieren, die vom Nutzer später optimal dekodiert
und im besten Fall positiv bewertet werden können. Ziel des kommunizierenden Unterneh-
mens ist, Unternehmens-Ausdrücke möglichst ohne Informationsverluste in Kunden-
Eindrücke zu verwandeln, was mit Hilfe von festgelegten Themen und ästhetischen Stilen
versucht wird. Verschiedenartige einzelne Identitätselemente, die vom Unternehmen proji-
ziert werden, lassen sich zu seinem Gesicht in der Öffentlichkeit zusammenfügen, obwohl es
nie in seiner Gesamtheit gesehen wird. Viele Teile, ein Ganzes: Können die Teile im Einzel-
nen – Produkte, Aussagen, visuelle Elemente, etc. – auch tatsächlich unabhängig voneinander
dem Ganzen schnell und unmissverständlich zugeordnet werden? Neben unterschiedlicher
Gestaltungsqualität müssen wir davon ausgehen, dass Wahrnehmung unter anderem typenab-
hängig ist: Synthetisch wahrnehmende Menschen erkennen tendenziell eher ganzheitliche
Gestaltungskonzepte, analytische Typen neigen relativ stark dazu, das jeweils Wahrgenom-
mene in seine Bestandteile zu zerlegen und sich so komplexe Zusammenhänge stufenweise
zu erschließen. Der dritte Typus, der Gestalterlebende und Gestaltschaffende (Sander, F.,
Volkelt, H.: Ganzheitspsychologie, München, 1962), ist in der Lage, sowohl das Ganze als
auch seine Bestandteile zu erkennen und in sinnvolle Zusammenhänge zu bringen.
Soll unser Signal, wie auch immer es beschaffen sein mag, nicht gleich ausgegrenzt sondern
vom Empfänger weiter „bearbeitet“ werden, muss es zunächst seinen Wert beweisen. Doch
wann empfinden wir etwas als wertvoll oder wertlos, als hochwertig oder etwas anderem
gleichwertig, als Bereicherung? Wertschätzungswirkungen aktivieren den Erfolg, indem sie
den zu erwartenden Nutzen höher einschätzen lassen: Atmosphärisches, positive Wertassozia-
tionen, Prestigegewinn, erhöhte Akzeptanz des Nutzers selbst. Wir setzen das Wahrgenom-
mene in Relation zu bereits Bekanntem, vergleichen oft blitzschnell innerhalb unseres indivi-
duellen Bewertungsrasters, dessen Struktur und Dimension uns selbst häufig nicht bewusst
ist. Hier stoßen wir wieder auf das Spannungsfeld zwischen Gelerntem und Empfundenem,
Erfahrung und Emotion. Weil diese Mischung so individuell verschieden ist, wie wir Men-
schen es nun einmal auch sind, muss ich an dieser Stelle erstens auf die eingangs skizzierten
Faktoren hinweisen, die unsere subjektiv empfundenen Bedürfnisse bestimmen und zweitens
90 Wie macht man Corporate Identity?
die Leistungen erwähnen, über die individuelle Bedürfnisse befriedigt werden. Beide stellen
Maßstäbe in unserem eigenen, einzigartigen Bewertungsschema dar. Je nach Bewertungser-
gebnis stufen wir Unternehmen und ihre Leistungen ein, und wir handeln entsprechend.
Ein besonders delikater Begriff ist die „Schönheit“, denn den zweifellos subjektiven Schön-
heitsbedürfnissen von Zielgruppen gilt es zu entsprechen, individuell oder kollektiv als schön
Empfundenes zu definieren beziehungsweise zu schaffen. Der Schönheitsbegriff ist zielgrup-
pen- und zeitabhängig. Unter anderem beruht er auf Kultureinflüssen, Stil- und Modewir-
kung, Anspruchsniveaus und der Kenntnis von Harmoniegesetzmäßigkeiten. Äußerst schwer
fassbar sind unser ungerichtetes ästhetisches Empfinden und subjektive Geschmacksfaktoren,
was sicher niemand überrascht. Griechisch aisthetikos: wahrnehmbar, vor allem sinnlich.
Erfahrungsgemäß variiert die Bedeutung der ästhetischen Qualität abhängig von Branchen,
Produktkategorien, Zielgruppen und Märkten. Dennoch mag es hilfreich sein zu wissen, dass
„… für die gesamte Kategorie der Wertleistungen der optische Sinnesbereich die höchste
Signifikanz zu haben scheint“ (Friedrich-Liebenberg, A.: Anmutungsleistungen von Produk-
ten, Köln 1976). Mit Hegels Wissenschaft vom Schönen ist das so eine Sache: Absolut be-
trachtet ist sie nur ansatzweise fassbar, und verstanden als „Lehre vom kritischen Beurteilen
des Schönen“ führt sie wohl zwangsläufig zu subjektiven Werturteilen über anmutungshafte
(Produkt-) Leistungen. Geleitet vom persönlichen Geschmack, sind keine allgemein gültigen
Aussagen mehr möglich. „… Damit aber wird der Begriff der Anmutungsleistung dynami-
siert, er verliert seinen allzeitlichen, allgemein gültigen Status. Aus der Anmutungsleistung
entsteht ein dynamisch veränderbares Wertesystem, das, je nach Anwendung ideologischer,
historischer, individualistischer oder kollektivistischer Gewichtungen, zeit- und zielgruppen-
gerechte (absatzpolitische) Handlungsweisen aufzeigt …“ (Dörner, V.: Die Produktform als
Mittel der Anmutungsgestaltung, Köln 1976). Leistung befriedigt Bedürfnisse. Der einzigar-
tige Nutzenvorschlag im Sinne von „Sie haben ein Problem – wir haben die (einzige) Lö-
sung“, funktioniert nicht mehr so einfach. „Der allgemeine Trend geht dahin, sich nicht mehr
auf einzelne (Produkt-)Eigenschaften zu konzentrieren, sondern Lifestyles und Wertesysteme
ins Visier zu nehmen“ (Keeley, L.: Design Management Journal, 1992). Obgleich dies ein
Grundprinzip von Markenentwicklung und Markenführung ist, haben inzwischen neue Tech-
nologien dazu geführt, dass vielschichtigere Kommunikationsflüsse mit dem simplen Ver-
ständnis von Branding nicht mehr zu steuern sind. Unternehmen, die Kunden dauerhaft an
sich binden wollen, bieten ihnen heute denkwürdige sensorische Erlebnisse, die mit der (ge-
wünschten) Positionierung der Firma, des Produkts oder des Kundendienstes in Einklang
stehen. So verliert das Konzept des Branding an Vitalität und wird vom Marketing sensori-
scher Erfahrungen abgelöst, das heißt vom Marketing von Ästhetik (Schmitt, B. und Simon-
son, A.: Marketing-Ästhetik, München/Düsseldorf, 1998).
Woraus entsteht ästhetische Befriedigung, und was verstehen wir unter ästhetischem Nutzen?
Hier streiten sich die Experten. Das beginnt mit der Überlegung, dass ein grundsätzliches
Interesse an ästhetischer Qualität beim potenziellen Käufer vorhanden sein muss, wenn ein
Attraktivität: der Schlüssel zum Erfolg? 91
sprechen wir von Struktur und Symbolik und meinen damit die praktische Interaktion mit der
räumlichen Umgebung beziehungsweise die erlebnisorientierten Eigenschaften des Raums.
Die Kommunikationswissenschaft unterscheidet zwei Qualitäten von Botschaften: die zentra-
le Botschaft mit den wichtigsten sachlichen Argumenten und die periphere Botschaft, die für
die attraktiven Rahmenbedingungen zum optimalen Transfer der zentralen Botschaft sorgt
und damit auch gestalterischen Ansprüchen gerecht werden muss. Welche Merkmale im
Einzelfall stärker bewertet werden, hängt von subjektiven Prägungen und Einstellungen ab.
Über die Akzeptanz von Unternehmen und deren Leistungen entscheiden unter anderem
individuelle Wahrnehmung und Wissensstand, Vorstellungen und (vorgefasste) Meinungen,
Einstellungen und Absichten, Wünsche und Bestrebungen. Einen starken Sympathie geben-
den Einfluss üben auch Werteindrücke aus, die übertragen werden, zum Beispiel von der
Produktausstattung (Verpackung, Bedienungsanleitung) auf das Produkt selbst oder von
Erfahrungen mit dem Erzeugnis beziehungsweise mit Händlern oder Servicepartnern auf das
Unternehmen.
Die Adressaten der Kommunikation empfangen nicht passiv alle unsere „ästhetischen Bot-
schaften“: Die in den Identitätselementen transportierten Informationen werden gesammelt
und aktiv verarbeitet. Die wichtigsten Elemente werden interpretiert, Stile und Themen glei-
chermaßen, und so entsteht der Gesamteindruck unserer Organisation. Wenngleich dieser
Gesamteindruck auch sehr mit der individuellen Wahrnehmung zusammenhängt, lässt sich
dennoch skizzieren, über welche Schritte unser Gegenüber ihn gewinnt: Bestimmte Identi-
tätselemente werden wahrgenommen, integriert, Schlussfolgerungen werden gezogen, und
Einstellungen zu unserem Unternehmen oder seinen Leistungen bilden und verfestigen sich.
Dabei bestimmen einzelne, besonders starke Elemente den Gesamteindruck überproportional,
genauso wie jene Informationen, die wir zuerst aufnehmen. Der Gesamteindruck ist mehrdi-
mensional: Zeitlich und räumlich lässt er sich einordnen – von traditionell bis avantgardis-
tisch und von ländlich bis urban, europäisch bis asiatisch. Daneben sind Ursprünglichkeit und
Originalität ebenso prägend wie das wahrgenommene Maß an Kultiviertheit. Zusammenfas-
send kann gesagt werden, dass Gesamteindrücke aus der Summe von Ausdrücken entstehen,
die eine Organisation, eine Marke oder ein Produkt sendet. Nur dann sind diese Gesamtein-
drücke auch schlüssig und für das Unternehmen förderlich, wenn die gesendeten Informatio-
nen gezielt auf-einander abgestimmt sind und somit eine klare Interpretation zulassen. Selbst
wenn individuelle Interpretationen voneinander abweichen, lassen sich diese dennoch grund-
sätzlich den genannten Kategorien zuordnen. An diesem Punkt müssen wir folglich ansetzen,
um neue Eindrücke gezielt zu steuern.
Woran mag es liegen, dass bewusst mit Blick auf ihre Anmutung gestaltete Produkte und
Unternehmens-Erscheinungsbilder in ihrer Bedeutung so oft unterschätzt werden – von Kon-
sumenten und Unternehmern gleichermaßen? Rückwirkend betrachtet führte zunächst man-
gelnder Lebensstandard dazu, Bedürfnisse ausschließlich über die reine Sachleistung von
Produkten zu befriedigen, denn um zusätzlich Anmutungsleistung zu erzeugen, hätten Mittel
Attraktivität: der Schlüssel zum Erfolg? 93
eingesetzt werden müssen, die fehlten (Dörner, V.: Die Produktform als Mittel der Anmu-
tungsgestaltung, Köln 1976). Besonders bei langlebigen Gütern erschien es dringlicher, sach-
lich-funktionale Probleme zu lösen und auf technische Perfektionierung zu setzen, anstatt
ästhetischen Ansprüchen gerecht werden zu wollen. Soziale Gegebenheiten, fehlende Infor-
mation und Erziehung auf dem Gebiet der Ästhetik verhinderten das Wachsen ästhetischen
Bewusstseins, was sich bis heute auswirkt, sowohl auf die Art der Nachfrage als auch auf den
systematischen Einsatz von anmutungshaften Gestaltungsmitteln im geschäftlichen Alltag.
Die absatzwirtschaftlichen Chancen von Ästhetik und nachvollziehbarer Anmutungspolitik
werden von vielen Unternehmen verkannt.
Über mangelnden Lebensstandard brauchen wir Industrienationen heute nicht mehr ernsthaft
zu klagen. Was also ist nötig, damit sich professionelle Gestaltung in der Wirtschaft stärker
durchsetzt? Das Dilemma liegt meines Erachtens darin, dass viele Design-Auftraggeber we-
der eine Design-Aufgabe eindeutig formulieren, noch die Leistungen qualifiziert beurteilen
können, die sie einkaufen. Dadurch sind Missverständnisse zwischen dem Auftraggeber und
seinem Design-Berater oft vorprogrammiert. Um es noch klarer zu sagen: Wann und wo
lernen wir während einer „normalen“ Ausbildung in Deutschland, unsere gestaltete Lebens-
umgebung – ich sage bewusst nicht „Design“ – einzuschätzen, zu bewerten oder sie sogar
selbst verantwortungsvoll zu gestalten? Hier liegt das wahre Defizit. Manager ignorieren oder
umgehen ästhetische Aspekte nur zu gern, um sich den ihnen vertrauteren Feldern zuwenden
zu können und keine Unsicherheiten eingestehen zu müssen. Nach meiner Einschätzung
besteht der größte Handlungsbedarf darin, künftige Entscheider in der Wirtschaft als poten-
zielle Auftraggeber fit zu machen. Die Integration von Designthemen in betriebswirtschaftli-
che, ingenieurwissenschaftliche oder sogar juristische Studiengänge wäre ein entscheidender
Schritt dahin, eine Investition in die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland.
Zurück zum Design selbst. Wenn wir über Design im Unternehmen sprechen, muss zunächst
der Designbegriff geklärt werden: Design – ein großes Missverständnis oder ein Innovati-
onsmotor, ein Erfolgsfaktor für Ihr Unternehmen? Wer etwas sagt, will gehört werden. Des-
halb ist es wichtig, dass seine Botschaft eindeutig und unverwechselbar ist und vom Empfän-
ger schnell identifiziert werden kann. Seit jeder Mann, jede Frau Zugang zu Tausenden von
Schriften und so genannten „Cliparts“ hat, wird gestaltet, „Design“ gemacht, was das Zeug
hält, der Rechner hergibt und die Nerven der Mitmenschen aushalten … Nur gut, dass wir
trotzdem erkennen, wer gelernt hat, Informationen sauber zu strukturieren und mit Schrift
und grafischen Elementen so umzugehen, dass diese ihre Kommunikationsaufgabe erfüllen.
Für den kommunizierenden Anbieter bedeutet das: Selbst wenn sich jede Mitarbeiterin und
jeder Mitarbeiter bemüht, das Logo – Wort- oder Bildmarke gleichermaßen – überall einzu-
setzen, unterscheiden sich die gestalteten Medien oft grundlegend durch unterschiedliche
Designauffassungen der Anwender in den einzelnen Bereichen. Differenzen gibt es zum
Beispiel bei Farbigkeit, Formaten, Materialien und in der Typografie, dem Umgang mit
Schriften. Das Ergebnis: Jeder spricht seinen eigenen Dialekt der „Unternehmens-
Zeichensprache“ und weicht auf seine ganz eigene Art von der beabsichtigten Design- und
Kommunikationslinie ab. Nun heißt es vor allem, durch Integration der unterschiedlichen
Kommunikationsquellen im Unternehmen, durch inhaltliche und formale Abstimmung indi-
94 Wie macht man Corporate Identity?
nicht unbedingt mit Design in Verbindung gebracht hätte. Ein Stichwort ist die Optimierung
von Veränderungsprozessen. Voraussetzung dafür ist allerdings große Offenheit bei den Auf-
traggebern.
Unternehmen müssen den größeren Zusammenhang ihrer Gestaltungsaktivitäten erkennen,
um sinnvoll investieren zu können. Irgendwie gestaltete Dinge werden im geschäftlichen
Alltag tagtäglich beschafft: Geschäftspapiere, Büromöbel, Fahrzeuge, Werbematerial, Reno-
vierungsarbeiten, etc. – warum also diese Leistungen nicht gleich in ihrer Gestaltung aufein-
ander abstimmen und auf diese Weise Identität fördernd einsetzen? Eingekauft wird ohnehin,
warum also nicht die visuellen Kräfte bündeln? Corporate Design Management setzt hier an.
Kostenargumente zählen nicht mehr, denn Design ist kein Kostenfaktor, sondern eine Investi-
tion. Bedauerlich nur, dass dies bis heute von den deutschen Finanzbehörden weder verstan-
den noch berücksichtigt wird.
Die gesendeten Informationen müssen gezielt aufeinander abgestimmt sein, um eine klare,
positive Interpretation zu bewirken – auch, um keine Widersprüche aufzubauen.
Der ästhetische Stil einer Organisation setzt sich zusammen aus der Vielzahl vermittelter
sensorischer Erfahrungen. Unter allen Faktoren, die ästhetische Qualität bestimmen, hat
der visuelle Bereich die höchste Bedeutung.
Der Gesamteindruck, das Image, entsteht aus der Summe von Ausdrücken: Die Identitäts-
elemente werden wahrgenommen, integriert, Schlussfolgerungen werden gezogen, und
Eindrücke zu Unternehmen und Leistungen bilden und festigen sich. Werteindrücke, die
von anderen Bereichen (Handel, Produktausstattung, etc.), übertragen werden, können
stark Sympathie gebend wirken.
Visuelle Erscheinungsformen (Formen und Farben, Materialien, Typografie, etc.) müssen
eine Sprache sprechen, zeitgemäß und leicht verständlich.
Corporate Identity bildet die Basis, um sowohl Veränderungsprozesse zu optimieren als
auch Kommunikation und Anbieter-Nachfrager-Verhältnisse zu gestalten.
Corporate Design Management: Kostenargumente zählen nicht. Design ist eine Investiti-
on, kein Kostenfaktor.
Identität beginnt mit Fragen. Das sind Fragen, die sich das Management selbst stellen sollte,
und Fragen, die externe Partner wie Auftraggeber, Zulieferer oder Berater an das Unterneh-
men richten. Fragen nach Herkunft, Persönlichkeit, Stil, Anspruch, Zielen, Visionen, nach
Verhältnissen der Mitarbeiter zu Führungskräften, des Arbeitgebers zum Arbeitnehmer, des
Unternehmens zu Kunden und Lieferanten, zu Medien und zur Umwelt, etc. – Fragen, die wir
uns gefallen lassen müssen.
Fragen, die das Unternehmen und seine Struktur betreffen:
Gibt es gemeinsame Werthaltungen, Grundsätze und Leitlinien?
Hat unsere Organisation eine klare und verständliche Personal- und Führungsstruktur?
Sind Verantwortung und Zuständigkeiten unmissverständlich geregelt?
Kennen unsere Mitarbeiter das gesamte Leistungsspektrum des Unternehmens?
Wie erfahren Mitarbeiter von Veränderungen im Unternehmen?
Wie ist das Betriebsklima? Reden wir miteinander?
Sind Kritik und Verbesserungsvorschläge gewünscht?
Sind Mitarbeiter und Führungskräfte motiviert und in ihren Aufgabenfeldern zufrieden?
Gibt es Anreize für die Mitarbeiter, die an die Zufriedenheit unserer Kunden gekoppelt
sind?
Fragen zur Kommunikation:
Welche Eindrücke wollen wir erzeugen?
Was müssen wir ausdrücken, um dies zu erreichen, und mit welchen Mitteln?
Welche Informationen müssen wir verknüpfen, um einen schlüssigen Gesamteindruck
zu schaffen?
Ist unsere Korrespondenz verständlich?
Attraktivität: der Schlüssel zum Erfolg? 97
Setzen wir Public Relations professionell ein? Mit einem angemessenen Jahres-
Budget?
Wie gehen wir mit Pannen um, die die Öffentlichkeit betreffen? Beispiel Brent Spar,
Beispiel A-Klasse, Beispiel Lebensmittelskandale – Krisen-PR als Stichwort.
Welche Rolle spielt Werbung in unserer Unternehmenskommunikation? Gibt es dafür
ein festes Budget?
Fragen zum Verhalten:
Sind wir erreichbar? Haben wir attraktive Öffnungszeiten?
Lächeln wir am Telefon? Lassen wir Anrufer in nervigen Warteschleifen hängen?
Wie schnell bearbeiten wir die Post? Und E-mails?
Müssen unsere Kunden und Geschäftspartner erst unverständliche Formalitäten erledi-
gen, um eine Leistung zu bekommen?
Wie betreuen wir unsere Auftraggeber, und wie halten wir den Kontakt zu ihnen nach
Abschluss eines Auftrags?
Halten wir, was wir versprechen? Wie gehen wir mit Reklamationen um, wie mit Zu-
satzinformationen, die der Kunde wünscht?
Welche Entscheidungsspielräume haben Mitarbeiter gegenüber Kunden?
Ist unsere Leistung schon beim ersten Kundenkontakt vorbildlich?
Integrieren wir unsere Auftraggeber und Kunden in die Weiterentwicklung unserer Or-
ganisation?
Passen wir unser Angebot permanent den Kundenwünschen an?
Was tun wir Führungskräfte, um die Identifikation jedes Einzelnen mit dem Unterneh-
men zu festigen?
Was tragen wir dazu bei, dass sich Mitarbeiter und Führungskräfte permanent weiter-
bilden und ständig mit Fachthemen auseinandersetzen? Ist das tatsächlich fester Be-
standteil unserer Unternehmenskultur?
Fragen zur Gestaltung:
Welches Umfeld schaffen wir, damit sich der Auftraggeber wohlfühlt und uns vertraut?
Wie sind unsere Geschäftsräume gestaltet? Bieten wir Gesprächspartnern Getränke an?
Welche Bedeutung hat professionelle Gestaltung in unserer Unternehmenskultur?
Kennt das Topmanagement unsere Designer?
Auf welcher Hierarchieebene wird über Gestaltungsfragen entschieden? Sind die Ent-
scheider tatsächlich dazu qualifiziert?
Ist unser visuelles Erscheinungsbild professionell und zeitgemäß, markt- und medien-
gerecht?
Visualisiert es die wesentlichen Aussagen unseres Unternehmens angemessen?
Ist das Corporate Design unserer Organisation so aufgebaut, dass es jeder nachvollzie-
hen kann?
Wo sind die Elemente und Anwendungsregeln dokumentiert? Sind sie für alle Mitarbei-
ter zugänglich? Und für externe Partner, die Gestaltungsleistungen in unserem Auftrag
erbringen müssen?
98 Wie macht man Corporate Identity?
Corporate-Behavior-Konzeption
Aufbauend auf die Unternehmenskultur und den daraus entwickelten und formulierten Un-
ternehmensgrundsätzen vermitteln die drei unterschiedliche CI-Bereiche eine ganzheitliche
Corporate Identity nach innen und außen. Neben dem einheitlichen Erscheinungsbild (Corpo-
rate Design) und der abgestimmten Kommunikation (Corporate Communication) ist das
einheitliche Verhalten (Corporate Behavior) der entscheidende Erfolgsfaktor zum Aufbau
einer Corporate Identity.
Was gehört zu einem Verhaltenskonzept? Mögliche Bestandteile des Corporate-Behavior-
Konzeptes sind:
1. Allgemeine Vorstellungen:
Ziele (Bezug zu Organisationsgrundsätzen), Grundlagen, Strategie ...
2. Grundsätze des Verhaltens:
Führungsgrundsätze,
Verhaltensgrundsätze ...
3. Führungskonzept/Mitarbeiterführung:
Management, Mitarbeitermotivation,
Führungsstil, Arbeitsverhalten,
Arbeitsweisen (Teamarbeit, Teamentwicklung, Projektmanagement ...),
Arbeitsabläufe (Arbeitsplatzgestaltung),
Organisationsstruktur ...
100 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?
4. Personalentwicklung:
Auswahl, Einstellung, Ausbildung,
Weiterbildung, Schulung,
Sozialbereich, Sport- und Freizeitaktivitäten,
Betreuung,
Beförderung,
Beurteilung,
Entlassung ...
5. Mitarbeiterinformation/-kommunikation:
Informationen,
Veröffentlichungen,
Anlässe, Traditionen ...
6. Auftreten nach außen:
Marketing, Vertrieb, Verkauf, Kundendienst, Kundenorientierung,
Präsentationen, Promotion, PR, Projekte, Veranstaltungen, Medien,
Telefonverhalten,
Kooperationspartner,
Region, Standort …
Schaffung, Stärkung und Entwicklung von Verhaltenskompetenzen durch ein ganzheitliches
Corporate-Behavior-Konzept:
Grundlagen-Kompetenz,
Fach-Kompetenz,
Sozial-Kompetenz,
Methoden-Kompetenz,
Handlungs-Kompetenz,
Team-Kompetenz,
Projekt-Kompetenz,
Führungs-Kompetenz.
Corporate Behavior umfasst das Verhalten des Unternehmens nach innen und außen, allge-
mein das Auftreten und das Verhalten gegenüber den Mitarbeitern und untereinander sowie
gegenüber den Kunden, den Führungskräften, den Kooperationspartnern und der Öffentlich-
keit. Das Verhalten der Mitarbeiter wird nicht dem Zufall überlassen, son-dern ist von den
Unternehmensgrundsätzen und den entsprechenden Zielen abgeleitet. Durch dieses abge-
stimmte, widerspruchsfreie Verhalten werden die Einzelwirkungen nicht gegenseitig aufge-
hoben und die Zielgruppen auch nicht durch unterschiedliches Verhalten verunsichert. Ziel-
setzungen dabei sind:
Corporate-Behavior-Konzeption 101
CI-orientierte Mitarbeiterführung
„Um ein guter Manager zu werden, muss man erst einmal lernen,
sich wie ein guter Manager zu verhalten.“
[Jay Hall]
nicht mehr aus, um eine Positionierung im Markt und damit den Unternehmenserfolg zu
erreichen. Eine erfolgreiche Profilierung im Wettbewerb ist nur mit einer längerfristigen und
ganzheitlichen Strategie zu entwickeln, die die Organisations-, Design- und Personalentwick-
lungen verbindet, sodass diese Konzepte, Projekte und Richtlinien auch wirklich von den
Mitarbeitern gelebt werden. Ohne diese Vernetzung und ohne besondere Werte, die zusätzlich
hinzukommen (added value, Begeisterung, Identität) und das Leistungsangebot ebenso durch
weiche Erfolgsfaktoren noch abrunden, bleiben die technokratischen Verbesserungsansprüche
wie Total-Quality-Management, Reengeneering und Lean Management ohne entscheidende
Wirkung und führen nur zu Anfangserfolgen. Gefragt ist also die Identifikation der mitden-
kenden Mitarbeiter als Grundlage für einen erfolgreichen Veränderungsprozess: Vom Produkt
zum Prozess, vom Profil zum Profit!
Gerade in Krisen und Veränderungsprozessen sind die Führungskräfte besonders gefordert.
Sie müssen diese Prozesse begleiten, steuern und vorbildlich vorangehen. Für diese Füh-
rungsaufgabe werden sie bezahlt – sie tragen die Führungsverantwortung. Aber die Manager
haben Angstgefühle: Enttäuscht (33 Prozent), ängstlich und verunsichert (30 Prozent) reagie-
ren die Manager auf die Veränderungen der 90er Jahre des 21. Jahrhunderts. Optimismus und
Kampfgeist, die nötig wären, um die Krise zu meistern, zeigen nur 26 Prozent (Capital 3/94).
Es fehlen die Aufbruchstimmung bei den Managern, die vorbildliche Übernahme der Verant-
wortung und die Kompetenz für die Gestaltungsprozesse. Sind unsere Manager schlecht?
Menschlich und beruflich sind sie in die Diskussion geraten. „Nieten in Nadelsteifen“, „Im
Beruf top – zuhause flop“, sind typische Schlagzeilen. Unsere Manager gelten als unglaub-
würdig, überfordert und scheinen nicht die geforderte Kompetenz und Verantwortung zu
haben. Sie fordern von anderen, was sie selbst nicht vorleben. Mitarbeiter sollen mehr Leis-
tung erbringen und sich in ihrem Denken und Verhalten verändern, damit die Krise überwun-
den wird. Aber was machen die Führungskräfte? Manager von heute müssen Moderatoren für
Veränderungsprozesse sein. Sie müssen Veränderungen nicht nur technisch und organisato-
risch anstoßen, sondern vor allem auch Motoren für die umfassenden Neuerungsprozesse sein
und dafür auch Kompetenzen, Strategien und Instrumente besitzen. Um agieren und nicht nur
reagieren zu können, um Krisen bewältigen und die Zukunft bewusst gestalten zu können,
sind Prozess-, Team- und Konfliktmanagement wichtiger denn je. Ganzheitliche Unterneh-
mensstrategien, die darauf ausgerichtet sind, dass sich die Mitarbeiter mit dem Unternehmen
identifizieren können, sind gerade in schwierigen Zeiten und im harten Wettbewerb die ent-
scheidenden Wettbewerbsfaktoren. Je härter der Wettbewerb, je komplexer die Aufgaben,
desto wichtiger die glaubwürdigen Visionen und vertrauenswürdigen Führungskonzepte. Eine
gute Unternehmenskultur und Corporate Identity zahlt sich vor allem in der Krise aus. Bei-
spiele aus Deutschland und Amerika zeigen immer mehr: Unternehmen mit mitarbeiterorien-
tierten Führungsstrategien sind wirtschaftlich weitaus erfolgreicher als hierarchisch organi-
sierte Betriebe mit einsamen Entscheidern an der Spitze. Doch nur wenige Manager haben
sich schon wirklich verändert und handeln nicht mehr als Patriarch, sondern sehen die Zu-
kunft in einem Miteinander. Die Praxis der Unternehmensberatung und Umfragen zeigen,
dass in rund 80 Prozent der Fälle die Mitarbeiter zu wenig in Veränderungsprojekte mit ein-
bezogen werden, dass die Erfolge unzureichend sind und die Strategien damit scheitern.
Ressourcen werden verschwendet, Ziele nicht erreicht, Demotivation und Frustration behin-
Corporate-Behavior-Konzeption 103
dern neue Projekte, und dabei geht es um den wirtschaftlichen Erfolg und um Arbeitsplätze.
Die eigentlichen Ursachen solcher Fehlentwicklungen liegen in den Führungskräften selbst.
Auf der Suche nach effektivem und effizientem Arbeiten sind Manager in der Sackgasse. Sie
versuchen noch wie früher, die alten technokratischen Managementtechniken weiter zu stei-
gern, z. T. in neuen Erscheinungsformen, und sie haben aber immer noch nicht gelernt umzu-
denken.
Nur mit neuen ganzheitlichen Strategien können Herausforderungen und Veränderungen
erfolgreich bewältigt werden. Führungskräfte haben die Verantwortung für Veränderungs-
und Gestaltungsprozesse und dürfen nicht die größten Verhinderer sein, sondern die entspre-
chenden Begleiter, Moderatoren und Vorbilder.
Sind Manager von ihrem Verständnis her bereit für einen gemeinsamen Veränderungsprozess,
für ein Miteinander, für eine lernende Organisation? Oder suchen sie lieber technokratische
und scheinbar risikolose Entscheidung, und merken nicht, dass das der größte Fehler ist?
Wirtschaftlicher Erfolg wird immer mehr von den Mitarbeitern abhängen, die mit ihrem
kreativen Potential und Know-how zum Wettbewerbsvorteil beitragen. Humanressourcen
erfordern aber Kooperation, Kommunikation und Information und setzen Ehrlichkeit voraus.
Nach einer Untersuchung der Fachhochschule Köln 1996 fühlten sich in deutschen Uner-
nehmen über 60 bis 70 Prozent der Mitarbeiter überfordert (Folge der Konzentration auf harte
Faktoren), und über 80 Prozent hätten gerne einen ehrlicheren Chef. Auch in neueren Unter-
suchungen 1999 über das Scheitern von Strategien sind die häufigsten Bremsen mangelnde
Information und Motivation der Mitarbeiter. Mangelnde Klarheit und Beteiligung der Mitar-
beiter führen auch international zu Widerständen und Problemen, die die Veränderungspro-
zesse scheitern lassen. Warum stellen sich Manager nicht darauf ein, warum handeln sie nicht
entsprechend? Ängste, Unsicherheiten und Unehrlichkeiten von Managern dürfen nicht den
gesamten Unternehmenserfolg bestimmen! Veränderungen beginnen also nicht im Kopf,
sondern im Bauch!
Da gibt es aber auch noch die andere Position einiger Führungskräfte, die meinen, enorme –
zumindest monetäre – Erfolge aufzeigen zu können und die überhaupt nichts von einer mitar-
beiterorientierten Strategie für unternehmerische Entscheidungsprozesse halten. In ihren
Augen führt nur eine starke und autoritäre Persönlichkeit an der obersten Spitze zu Erfolgen,
eine Führungspersönlichkeit, die alle Konflikte fest im Griff hat. Unsere Wirtschaft braucht
ihrer Meinung nach die dominanten Top-Manager, die freie Hand bei der Machtausübung
erhalten. Solche Ordnungs- und Führungsprinzipien sind angeblich von der Natur im Men-
schen genetisch programmiert, weil sie ihnen zugleich Sicherheit, Schutz und Berechenbar-
keit bieten. „Intelligenz und fachliche Qualifikationen sind wichtig, reichen aber nur für die
erste Führungsetage. Wer in die Spitzenpositionen von Unternehmen will, der darf da schon
Defizite haben, muss aber sonst ein ausgesprochener Egomane sein und Eigenschaften besit-
zen, die mit dem humanistischen Menschenbild wenig gemein haben: Ehrgeiz, Machtstreben,
Entscheidungsfreude, Konfliktfähigkeit, taktisches Geschick, Geltungsbedürfnis, Eitelkeit
und Egoismus.“ So beschreibt Erwin Conradi, Chef des Metro-Konzerns sich und seine Kol-
legen Top-Manager (Braunschweiger Zeitung vom 25.01.99). Er hat keine Hemmungen bei
solchen Aussagen, erhält die Ehrendoktorwürde der Technischen Universität Braunschweig
104 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?
dafür und genießt für seine Aussagen und Taten hohes Ansehen. Ähnlich erschreckend wirkt
auch die honorige Anerkennung durch Abfindungszahlungen in Millionenhöhe bei Entlas-
sungen bzw. beim Zurücktreten von Top-Managern aus dem Vertrag, weil sie nachweisliche
Fehler bei der Unternehmensführung zu verantworten haben und damit nicht mehr tragbar
sind.
Wenn wir solche Meinungen und Handlungen ernst nehmen und zulassen, werden wir „re-
giert durch die Dummen“, die obendrein noch einfordern, dass „man dann großzügig über all
die Rituale, Statussymbole und Marotten solcher Top-Leute hinwegsehen (sollte), obwohl die
oft seltsam exzessiv und sehr gekränkt reagieren, wenn sie nicht beachtet werden.“ Wer lässt
es zu, dass solche Typen Macht und Verantwortung tragen – ist das der Preis für den Erfolg?
Wenn solche Top-Manager unehrlich und egoistisch mit Menschen umgehen, sich so pfauen-
haft darstellen und unglaubwürdig und verantwortungslos handeln, sollten wir auf diese
Erfolge verzichten. Genetische Programmierung von Hierarchien und Darwinismus heißt
„Zurück zur Natur!“ Gerade diese Top-Manager verlangen von anderen Veränderungen, die
die Erfolge bringen sollen.
„Wenn wir an einem Kind etwas ändern wollen, sollten wir zuerst prüfen,
ob es sich nicht um etwas handelt, das wir selbst ändern müssen.“
[C. G. Jung]
Eine Leitung ist dann gut, wenn die Menschen kaum merken, dass sie existiert.
Sie ist weniger gut, wenn die Menschen ihr gehorchen und Beifall zollen.
Sie ist schlecht, wenn sie verachtet wird.
Versagt eine Leitung den Menschen die Achtung, dann wird auch sie verachtet; bei einer
guten Leitung aber, die wenig Aufhebens macht, wenn die Arbeit getan, die Ziele erreicht
sind, werden sie sagen, „wir haben es selbst gemacht.“ nach Laotse
Die wichtigsten Quellen für die Kompetenz und Innovation einer Organisation sind die Mit-
arbeiter. Zwischenmenschliche Beziehungen, Wohlbefinden und Identifikation be-stimmen
den Erfolg. Führen heißt nicht demotivieren, sondern motivieren und Gespräche führen.
Erfolgreiche Führungskräfte weisen gemeinsame Eigenschaften auf, die ursächlich sind für
ihre gute Führungsleistung. Diese allgemeinen Kompetenzen sind erlernbar und gerade in
Zukunft besonders gefragt, um den starken Veränderungen in Gesellschaft und Wirtschaft
entsprechen zu können. Dabei sind die ersten fünf Persönlichkeitsfaktoren eher traditionell
und die anderen eher eine Herausforderung durch die technologischen, ökologischen, interna-
tionalen Veränderungen und den Wertewandel.
Eine Anleitung zur Entwicklung selbständiger und mitdenkender Mitarbeiter durch ein CI-
Management (Abb. 18) geht aus von der Akzeptanz und Motivation und schafft eine entspre-
chende Führungskultur für selbstverantwortliches Handeln. Dazu gehören Vorbild, gemein-
same Zielvereinbarungen und Controlling und gegenseitiges Vertrauen.
Leitung heißt Führung, Steuerung, Organisation, Entscheidung, Delegation. Leitung ist nicht
Verwaltung und Aufsicht. Als Führungskraft erwartet man vom Leiter einer Organisation
mehr als nur das Erfüllen einer Verwaltungs-, Ordnungs-, Delegier- und/oder Aufsichtsfunk-
tion. Der Leiter ist hier besonders in seiner sozialen Kompetenz in der Leitungsfunktion
gefragt. Durch seine Person, sein Verhalten, sein Vorbild, seine Wirkungen bis hin zur Ge-
sprächsführung gibt er der Organisation auch ein spezifisches Profil.
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 18: Der selbstständige und mitdenkende Mitarbeiter
Corporate-Behavior-Konzeption 107
4. ... sich der einzelne Mitarbeiter engagiert, persönlich angesprochen und wohl fühlt (Zu-
friedenheit der Mitarbeiter).
5. ... die Mitarbeiter die eingeführte Corporate-Identity-Konzeption der Organisation mit
tragen und vertreten (Corporate Identity leben und Identifikation).
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 19: Personalführung
Die Mitarbeiter erwarten vom Leiter, dass er die Aktivitäten und Prozesse so koordiniert, dass
das übergeordnete Ziel des Unternehmens (Unternehmenserfolg) sachlich und menschlich
erreicht werden kann. Die individuellen Führungsstile des Leiters können jeweils mehr die
Corporate-Behavior-Konzeption 109
Sachprobleme oder die menschlichen Aspekte betonen. Der ideale Führungsstil versucht eine
harmonische Integration der Faktoren Mensch und Unternehmen – obwohl es diesen Chef in
der reinen Form gar nicht geben kann. Aber gerade hier eine gute Balance zu finden, ist die
Aufgabe einer Führungskraft (Abb. 19). Die Personalführung der Leiter ist zielorientiert,
mitarbeiterbezogen und situationsbestimmt, wobei deren Mitarbeiter und die sachbezogenen
Aufgaben gleichermaßen wichtig sind und sich unmittelbar auf das jeweilige Arbeitsklima
auswirken – positiv oder negativ: Mitarbeiterführung zwischen Effizienz und Menschlich-
keit! Die Leitung hat heute mehr denn je über die Fähigkeiten zu verfügen, mit ihren Mitar-
beitern vernünftig und sachorientiert umzugehen, sie zu Leistungen zu motivieren, sie also
„führen“ zu können. Im Hinblick darauf lassen sich aus dem allgemeinen Aufgaben- und
Anforderungskatalog einige Leitsätze zur Leitung formulieren, die Sie entsprechend spezi-
fisch ergänzen sollten:
Der Leiter sollte seine Mitarbeiter möglichst umfassend informieren und sie möglichst
weitgehend bei der Erarbeitung von Konzeptionen und Zielsetzungen beteiligen,
die Leiterin delegiert Aufgaben und Befugnisse an ihre Mitarbeiterinnen,
der Leiter sorgt für eine rechtzeitige und vollständige Information und entsprechende
Grundlagen,
der Leiterin obliegt die Aufsicht und die Kontrolle der Arbeitsergebnisse,
der Leiter hat seine Mitarbeiter zu fordern und zu fördern,
die Leiterin sorgt für ihre Vertretung,
der Leiter hat sich um eine gute Kommunikation zu bemühen,
die Leiterin hat die Organisations-, Personal- und Designentwicklung als ganzheitlichen
Identitäts-Prozess zu gestalten.
Die Führungsaufgaben des Leiters mit sozialen Aspekten werden zukünftig immer mehr an
Bedeutung gewinnen. Der Leiter muss dabei nicht nur eine ausgeprägte Kommunikationsfä-
higkeit haben, sondern er hat dabei auch die Motivation der Mitarbeiter zu beachten (Motiva-
tionsfähigkeit), sowie die Identifikation mit dem Unternehmen (Identifikationsfähigkeit); und
er hat letztlich immer wieder mit neuen Ideen und Vorschlägen anzuregen zu einer gemein-
samen Aufgabe: Verbesserung der Organisation (Innovationsfähigkeit). Die Führungskraft
muss bei sich beginnen und ihr Ich neu denken (Abb. 20). Das alleinige Durchsetzen und
Entscheiden wie in den 60er Jahren reicht nicht mehr aus. Das sich völlige Zurücknehmen
wie in den 70er und 80er Jahren und alles nur in gemeinsamen Prozessen zu entscheiden, ist
heute auch nicht mehr möglich. Die unterschiedlichen Führungsstile müssen integriert wer-
den. Das Ich neu denken heißt, aus beiden Positionen die richtigen Ansätzen heraus nehmen
und zu einem ganzheitlichen Ansatz integrieren. Dieser neue Ansatz kann den komplexen und
innovativen Ansprüchen und Anforderungen eher gerecht werden und helfen, damit erfolg-
reich zu leiten.
110 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?
Die Notwendigkeit, den herkömmlichen autoritären Führungsstil zu ersetzen, geht auf drei
Gründe zurück:
Allgemeine Grundlage ist der Wertewandel in unserer Gesellschaft, der sich auf alle Be-
reiche übertragen hat.
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 20: Das Ich neu denken
Maßgeblich ist auch die zunehmende Flut von Informationsmaterial und neuen Anforde-
rungen, Erwartungen und Veränderungen. Eine effiziente Führung muss sich zwangsläufig
aus der Fülle von Einzelinformationen und Entscheidungen des Alltags lösen, um mehr
Zeit für eigentliche Managementaufgaben des Planens, Steuerns und auch Kontrollierens
zu haben – aber auch Zeit für den überaus wichtigen Bereich Personalführung.
Corporate-Behavior-Konzeption 111
Die bloße „Befehlsausführung“ schafft bei den Mitarbeitern nur Unwillen und Frustration
und gewährleistet nicht das selbstverantwortliche Mitdenken, die erforderliche Motivation,
Eigeninitiative und Identifikation mit dem Unternehmen.
Diese „neuen“ Aufgaben des Leiters, die zum Teil auf ältere Erkenntnisse zurückgehen, er-
halten heute eine besondere Bedeutung: Die Frage nach der Motivation von Mitarbeitern ist
zum entscheidenden Problem geworden – und zwar in allen Bereichen, in denen mit Men-
schen umgegangen wird.
In den Unternehmen hat sich gezeigt, dass diese fundamentalen und einschneidenden Ände-
rungen der Denkweisen, der Strukturen und Abläufe nicht durch Anordnungen von heute auf
morgen durchgesetzt werden können. Die Umstellungen bedürfen vielmehr der sorgfältigen
Vorbereitung, Schulung und Begleitung. Es sind entsprechende Lernprozesse bei den Leitern,
aber auch bei den Mitarbeitern in Gang zu setzen. All das braucht seine Zeit. Der Kern der
neuen ganzheitlichen Führungssysteme liegt in zwei Ansätzen:
Die Leitung hat bewusst darauf zu verzichten, über alle Details informiert zu sein und
darüber zu entscheiden. Das heißt, sie hat Kompetenzen zu delegieren und muss „zulas-
sen“ lernen.
Die Mitarbeiterinnen erhalten in erforderlichem Umfang Verantwortungsbereiche und
entsprechende selbstverantwortliche Entscheidungskompetenzen übertragen und entspre-
chende Ziele (Führen durch Zielvereinbarung).
Ohne diese Umstellungen „ersticken“ die Leiter in Arbeit und kommen nicht mehr zu dem,
was eigentlich von ihnen erwartet wird – nämlich zu ihren Führungs- und Leitungsaufgaben.
Gute Führung war früher eine Frage der Persönlichkeit und wurde auf die Eigenschaften des
Vorgesetzten zurückgeführt. Je mehr man als Vorgesetzter von diesen Eigenschaften besaß,
desto mehr war man als Leiter geeignet. Diese Führungseigenschaften standen aber in keinem
direktem Zusammenhang mit dem Erfolg. Forschungsuntersuchungen haben gezeigt, dass der
Erfolg wesentlich vom Verhalten des Vorgesetzten ausgeht, das in spezifischen Situationen
zum Ausdruck kommt. Das Führungsverhalten wiederum ist abhängig von der Situation.
Untersuchungen von spezifischen Situationen konnten zwei Einflussfaktoren für das effektive
Arbeiten in der Gruppe unterscheiden:
die Aufgabenorientierung (Inhaltsaspekt) und
die Personenorientierung (Beziehungsaspekt).
Die Aufgabenorientierung ist verantwortlich für die sachlichen Bedingungen einer Arbeit, die
Personenorientierung schafft die sozialen Voraussetzungen. Gutes Führen heißt also nicht
mehr „gute Führungseigenschaften haben“, sondern „gutes Führungsverhalten“, und das ist
durch Schulungen und Übungen erlernbar. Wichtig dabei ist, eine gute Reflexionsmöglichkeit
112 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?
für das Lernen und Umdenken zu haben. Durch die KLM-Methode (Abb. 21) können sich
Führungskräfte von ihren Mitarbeitern über die direkten Rückmeldungen in Gesprächen und
Konferenzen hinaus zusätzliche und ergänzende Rückmeldungen kontinuierlich einholen.
Dadurch wird nicht nur der tägliche Umgang aufgearbeitet, sondern werden auch Verbesse-
rungsmöglichkeiten konkret angegangen. Nutzen Sie diese Lernmöglichkeit für sich und Ihre
Mitarbeiter (gehen Sie vorbildlich damit voran) und schaffen Sie dadurch eine offene und
konstruktive Arbeitsatmosphäre. Die KLM-Liste kann auch sehr flexibel und individuell
eingesetzt werden, sodass sie dem Bedarf schnell angepasst werden kann.
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 21: KLM-Liste als Rückmeldung / Controlling
Corporate-Behavior-Konzeption 113
Innovatives Leitungsmanagement
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 22: Personalentwicklung in 10 Schritten
Maßnahmen und Methoden können Sie in einfachen kleinen Schritten vorangehen und sich
die nächsten Schritte im Rahmen dieses Konzeptes besser überlegen und planen. Diese Me-
thode der Konzeptentwicklung kann natürlich auch in anderen Bereichen bestens eingesetzt
werden (z. B. Öffentlichkeitsarbeit, die Vertrauen aufbauen soll). Sie verbindet alle Methoden
und Aktionen und bringt sie in die richtige Reihenfolge, sodass die Wirkungen aufeinander
aufbauen.
Motivationsmanagement
lungen mit ihren Mitarbeitern, können zu den einzelnen Bereichen alle Elemente, die demo-
tivieren, aufgelistet werden. Wenn Sie sich konsequent an die gemeinsame Abarbeitung
machen, werden Sie schnell eine Steigerung der Motivation feststellen. Genauer auf einzelne
Gruppen und Personen bezieht sich die Wertungsmatrix zur Motivation (Abb. 23). Nehmen
Sie diese Matrix als Vorlage, um spezifische Aspekte zur Auswahl zu haben, und gehen Sie
dann systematisch in die Beantwortung:
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 23: Wertungsmatrix zur Motivation
Fragen Sie im Mitarbeitergespräch Ihren Mitarbeiter, der antworten sollte – ohne Erklärun-
gen. Wenn Sie das ausgefüllt haben, dann können Sie gemeinsam die Reihenfolge der Moti-
vationselemente festhalten und die Umsetzung besprechen.
Identitätsfaktor hält die Motivation in Gang, schafft gute und erfolgreiche Prozesse und eine
besondere Profilierung und sorgt letztlich für eine innovative und selbstverantwortliche
Weiterentwicklung. Höchste Qualität entwickelt sich nur in einem identitätsstiftenden Klima.
Identitätsbildende Arbeitsgestaltung.
Eine identitätsbildende Arbeitsgestaltung – von 1. (Basis) bis zur 5. (Spitze) – spricht alle
Mitarbeiterbedürfnisse ganzheitlich an (auf der Grundlage der Pyramide der Grundbedürf-
nisse nach Maslow):
5. Wunsch nach Selbstverwirklichung durch Corporate Identity:
Schaffung einer Corporate Culture, mit gemeinsamen CI-Richtlinien und individuellen
Freiräumen und mit entsprechenden Sinninhalten zur Identifikation.
4. Achtungsbedürfnisse durch CI-orientierte Mitarbeiterführung:
Beteiligung, Motivation und Anerkennung der Mitarbeiter, Achtung der Person, Leis-
tungssteigerungen, Fort- und Weiterbildung, Personalentwicklung, Lernmöglichkeiten.
3. Zugehörigkeitsbedürfnisse durch gutes Arbeitsklima:
Teamentwicklung, Projekt- und Gruppenarbeit, Entwicklung eines Wir-Gefühls, gute Zusam-
menarbeit und Kommunikation, Synergieeffekte, gutes Betriebsklima, faires Verhalten.
2. Sicherheitsbedürfnisse durch gute Arbeitsbedingungen:
Gute Arbeitsumgebung und Arbeitsmittel, sichere Arbeitsplätze, Unfallsicherheit, ergo-
nomische Ausrichtung, Kostenreduzierung, Langfristigkeit, Klarheit, Nachhaltigkeit, Ori-
entierungsrichtlinien.
1. Körperliche Bedürfnisse durch Gesundheit der Mitarbeiter:
Gesunde Ernährung, körperliche Fitness, Stressmanagement, keine physischen und psy-
chischen Überforderungen und Arbeitsgefahren.
Je größer der Veränderungsdruck wird, je schwieriger die zu lösenden Konflikte, Probleme
und Umsetzungen werden und je anspruchsvoller die Qualitätserwartungen und die Profilie-
rungschancen werden, desto mehr wird die Identität nachgefragt. Und da sich Identität nicht
erzwingen oder gestalten, sondern nur entdecken, wecken und entwickeln lässt, geht es
darum, wie man identitätsstiftende Prozesse schaffen kann. Nur ganzheitliche Denkansätze
ermöglichen die Verbindung der unterschiedlichen Anforderungen und Erwartungen. Corpo-
rate Identity als ganzheitliche Denkweise, Konzeption und Strategie hat sich in der Bera-
tungspraxis und bei Entwicklungs- und Veränderungsprozessen bestens bewährt, erfolgrei-
che Prozesse initiiert und in Gang gehalten, sowie nachhaltig Denk- und Verhaltensweisen
implementiert. Das Besondere von CI ist ihre ganzheitliche Verbindung unterschiedlicher
Ausrichtungen:
motivierend + identitätsbildend,
systematisch + einzelfallorientiert,
strategisch + situationsorientiert,
118 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?
methodisch + flexibel,
prozessorientiert + Ich-orientiert,
gestaltend + problemorientiert,
konzeptionell + vernetzend,
einfach + profilierend,
ergebnisorientiert + bewusstseinsbildend,,
kurzfristig + nachhaltig.
Corporate Identity umfasst dabei ganzheitlich alle Bereiche der Identitätsbildung – vom Cor-
porate Design (Erscheinungsbild), über die Corporate Communication (Kommunikation) bis
hin zum Corporate Behavior (Verhalten). CI ist also Gestaltungskonzept und Imagebildung,
Qualitätsentwicklung und Marketing und auch Bewusstseinsbildung und Verhaltensverände-
rung. Erst durch diese Verbindung und Vernetzung der einzelnen Be-reiche, die meistens
noch isoliert nebeneinander oder sogar gegeneinander arbeiten, wer-den Synergieeffekte und
wirkliche Verbesserungen geschaffen und wird auch eine Identitätsbildung ermöglicht. Mit
Imagebildung allein oder Qualitätsmanagement werden keine identitätsstiftenden Elemente
aufgebaut. Identität kann man eben nur entdecken, wecken und entwickeln durch entspre-
chende ganzheitliche Identitätsprozesse.
Verhaltensgrundsätze
Damit das Umgehen miteinander nicht dem Zufall überlassen wird, sondern als ein unter-
nehmerisches und kulturelles Instrument die Werte und Grundsätze verdeutlicht, sollten auch
Verhaltensgrundsätze und Teamregeln gemeinsam entwickelt werden. Formulieren Sie wie
für die Leitbildsätze kurze Wir-Thesen, die mit den durch die Raster-Analyse erarbeiteten
Erläuterungen ergänzt werden sollten. Auch hier sind die Negativabgrenzung und die prakti-
sche Umsetzung im Alltag am Arbeitsplatz entscheidend, ob die Verhaltensweisen dann auch
wirklich gelebt werden und auch Erfolg haben. Durch Anlässe, Konflikte, Moderation und
Beratung werden ja die Verhaltensorientierungen deutlich, die dann gemeinsam formuliert
eine Basis darstellen, damit sie nicht immer wieder neu entdeckt werden müssen. Diese so
erarbeiteten Entlastungen sind für alle Beteiligten nützlich und sinnvoll – besonders in Pha-
sen hoher täglicher Anspannung und Anforderung. Da alle bei der Diskussion beteiligt sind
und auch nur der „kleinste gemeinsame Nenner” gefunden wird, bleiben individuelle Ausges-
taltungsmöglichkeiten erlaubt, verhindern aber auch „Negativverhalten” und „individuelle
Willkür“. Dabei werden unterschiedliche Auffassungen, Probleme und Konflikte offen und
konstruktiv ausgetragen. Die gemeinsamen Erfahrungen und Lösungsansätze beim Konflikt-
management können dann als allgemeine Regeln und Richtlinien festgehalten werden (ler-
nende Organisation). Dabei ist es nicht das Ziel, keine Probleme mehr zu haben, sondern
besser mit den Problemen und Konflikten umzugehen. Das stärkt nicht nur die Zusammenar-
beit, sondern gleichermaßen alle Beteiligten. Das Umgehen mit Konflikten schafft Entlastun-
Corporate-Behavior-Konzeption 119
chen zusammen, um sie nach ihren Zielen und Einschätzungen zu fragen und um dann ge-
meinsam individuelle Ziele für das nächste Jahr zu formulieren. Die Unternehmensleitung
unterstützt und begleitet die Zielsetzungen und nimmt diese am Ende des Jahres auch als
Basis für ein gemeinsames Controlling und zur neuen Zielformulierung.
Diese Orientierungssicherheit verhindert nutzlose oder gegenläufige Arbeiten, Doppel- oder
Leerarbeit und Aktionismus, schafft Koordinierungen und Entlastungseffekte. Führungskräfte
und Mitarbeiter ziehen an einem Strang in eine Richtung, und durch ein gemeinsames Control-
ling können Stärken besser ausgebaut und Schwächen besser erkannt und abgebaut werden.
Teamentwicklung
Die Führungs- und Organisations-Struktur (FOS) hat sich vom management by delegation
(Führen durch Delegationsanweisung) weiterentwickelt zum management by objectives
(Führen durch Zielvereinbarung). Grundlage dafür sind kompetente, selbständige und mit-
denkende Mitarbeiter, welche die gemeinsam entwickelten Ziele innerhalb ihres Entschei-
dungsspielraumes stringent angehen und entsprechend arbeiten.
Wichtig dabei ist, dass der einzelne Mitarbeiter nicht gegen seine Kollegen arbeitet, sondern
sich als Teil des Ganzen versteht: Erfolg kann es nur geben, wenn alle miteinander mit voller
Kraft in die gleiche Richtung ziehen. Der Erfolg des Einzelnen ist nur möglich, wenn alle
Abteilungen aufeinander abgestimmt arbeiten und in den einzelnen Gruppen keine Energie
dafür verschwendet wird, sich gegenseitig auszustechen. Jeder in seiner Position muss seine
Wirkungen im Rahmen dieser Zielgrößen ausrichten und so arbeiten – der persönliche Erfolg
ist nur im Rahmen des ganzen Unternehmenserfolges möglich.
Dieses Teamdenken ist nicht einfach vorhanden, sondern muss dem Einzelnen Nutzen brin-
gen, entsprechend eintrainiert und praktisch umgesetzt werden – das ist die Aufgabe der
Teamentwicklung in den Unternehmen. Teamarbeit bedeutet dabei selbständige Erledigung
eines zeitlich begrenzten und in sich geschlossenen Arbeitsauftrages durch ein Team unter der
Leitung eines Projekt- oder Teamleiters. Jedes Teammitglied trägt entsprechend seiner beson-
deren Kenntnisse und Fertigkeiten zum gemeinsamen Erfolg bei. Voraussetzung für Teamar-
beit ist der Leistungswillen und das harmonische Zusammenwirken aller Teammitglieder.
Teamarbeit führt in allen Bereichen zu mehr Wohlbefinden, Wir-Gefühl und zu einer deutli-
chen Leistungssteigerung. Die Leistung und ihre Sichtbarwerdung, die Befriedigung und das
Selbstwertgefühl des einzelnen Mitarbeiters steigen und sind damit Grundlage für einen
gemeinsamen Teamerfolg. Die konkreten Zielsetzungen der Teamentwicklung sind zwei
ganzheitlich vernetzte.
Erhöhung der Arbeitszufriedenheit:
Verbesserung der Information, Kommunikation und Kooperation,
Verständnisschaffung um die Bedeutung der persönlichen Arbeit,
mehr Mitsprache, Mitgestaltung und Mitverantwortung,
Wohlbefinden, Motivation und Identifikation,
Corporate-Behavior-Konzeption 121
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 24: Die Teamentwicklungsuhr
Corporate-Behavior-Konzeption 123
5. Mitarbeiterinformation/-kommunikation:
Informationen,
Veröffentlichungen,
Anlässe, Traditionen ...
6. Auftreten nach außen:
Marketing, Vertrieb, Verkauf, Kundendienst, Kundenorientierung
Präsentationen, Promotion, PR, Projekte, Veranstaltungen, Medien,
Telefonverhalten,
Kooperationspartner,
Region, Standort …
Schaffung, Stärkung und Entwicklung von Verhaltenskompetenzen durch ein ganzheitliches
Corporate-Behavior-Konzept:
Grundlagen-Kompetenz,
Fach-Kompetenz,
Sozial-Kompetenz,
Methoden-Kompetenz,
Handlungs-Kompetenz,
Team-Kompetenz,
Projekt-Kompetenz,
Führungs-Kompetenz.
angeschlossen. Was 1846 als Stiftung von zwölf sozial denkenden und handelnden Bürgern
Hannovers begann, ist heute ein diakonisches Zentrum. Das Leistungsspektrum umfasst mit
sechs Bereichen Jugendhilfe, Behindertenhilfe, Fachschule für Sozial- und Heilpädagogik,
Schule für Erziehungshilfe, Kindergarten und Verwaltung.
Ziel der Gründer war es, armen und verlassenen Kindern zu helfen und sie nach den Zielen
Johann Heinrich Pestalozzis zu fördern und zu erziehen. Am Anfang stand die leidenschaftli-
che Auseinandersetzung darüber, welcher Geist die Stiftung beleben sollte. Demokratisches
Vorgehen hatte zum Ergebnis, das mit einer Stimme Mehrheit der Pastor Petri zu weiteren
Beratungen hinzugezogen wurde. Hatte vor 153 Jahren diese eine Stimme richtungsweisen-
den Charakter, erleben wir heute die christliche Prägung unserer Stiftung als Selbstverständ-
lichkeit. Das Prinzip, durch leidenschaftliche Diskussion zu einer Weiterentwicklung zu
kommen, ist heute innerhalb unseres CI-Prozesses vielleicht lebendiger denn je. Auf dem
Weg der Stiftung durch 153 Jahre Bestehensgeschichte veränderte sich vieles. Geblieben sind
der Name, die christliche Prägung und das Ziel, gute Ideen in die Tat umzusetzen.
Bereits 1992 gab es erste Gespräche über Themen wie Unternehmenskultur, Leitbild und
Einrichtungsphilosophie. Zu dieser Zeit fand dieser Meinungsaustausch allerdings erst einmal
nur auf Leitungsebene unter Beteiligung der Mitarbeitervertretung statt. Ergebnis dieser Diskus-
sionen waren erste kleine Einzelschritte auf dem Wege zum ganzheitlichen Identitätsprozess.
Im Jahre 1996 feierte die Pestalozzi-Stiftung ihr 150-jähriges Bestehen. Dieser Termin legte
nahe, einmal innezuhalten und darüber nachzudenken, was uns ausmacht. Welche Inhalte
dieser langen Tradition sind heute wichtig und von Bedeutung? Wie wird die Zukunft ausse-
hen? In Zeiten von Haushaltsproblemen der Kommunen und der Forderung nach differenzier-
ten Leistungsbeschreibungen kommen neue Anforderungen auf Unternehmen zu. Es stellen
sich Fragen wie: „Ist die Sicherung der Zukunftsfähigkeit nur Leitungsaufgabe?“ „Werden
Ziele nur von leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern formuliert?“ Diese Fragen brauch-
ten Antworten. Zudem hatten viele Einzelschritte schon für partielle Veränderungen gesorgt.
Die Idee eines gemeinsamen Leitkonzeptes kristallisierte sich heraus.
Ein einfacher und schneller Weg, zu einer Zielbestimmung zu kommen, ist es sicherlich, den
Leiter oder in unserem Fall den Vorsteher zu bitten, kurz und prägnant zu beschreiben, was
für alle Mitarbeiter der Stiftung gelten soll. Schnell wäre ein Text verfasst und auf schönem
Papier vervielfältigt. Aber würde eine solche Zielbestimmung, ein solches Leitbild auch mit
Leben erfüllt sein? Wären die Ideen aller Mitarbeiter und der Geist der Stiftung spürbar?
Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter unserer Einrichtung hatte sicherlich ein eigenes
persönliches Bild seiner Arbeitsstelle und der Ziele, aber wie beschreibt sich das verbindende
Element? In Gesprächen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurde deutlich: Es gibt ge-
meinsame Ideen, die bis zum damaligen Zeitpunkt jedoch nirgendwo gesammelt waren, um
als Kapital oder Verabredung der Einrichtung zur Verfügung zu stehen. Diese Diskussion
machte aber auch deutlich, dass es nicht nur die Aufgabe der Stiftungsleitung sein kann, ein
solches Leitbild zu entwerfen. Vielmehr ist ein Prozess vonnöten, der ermöglicht, die vielen
Einzelmaßnahmen zu bündeln und die verschiedenen Interessen der Bereiche auf eine ge-
meinsame Basis zu stellen.
128 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?
Wir entschieden uns für die Beratung durch einen CI-Unternehmensberater, der zum einen
über Know-how im Bereich der Non-Profit-Unternehmen verfügte, zum anderen jedoch auch
gewinnorientierte Unternehmen beraten hatte.
Bevor eine definitive Entscheidung fiel, kam es zu einer Informationsveranstaltung. Hier ging
es um erste Zielbeschreibungen und Inhaltsklärungen. Welche Chancen, aber auch welche
Gefahren drohen innerhalb eines solchen Prozesses? Warum zu diesem Zeitpunkt? Am Ende
stand die Entscheidung, getroffen vom Vorsteher, den Bereichsleitern, der Mitarbeitervertre-
tung und dem Verwaltungsrat unserer Einrichtung, trotz Unwägbarkeiten diesen Schritt zu
gehen. Definitiv war, dass wir über die Grundvoraussetzung für einen solchen Prozess ver-
fügten – über Visionen.
An dieser Stelle standen wir das erste Mal vor einer der entscheidendsten Fragen innerhalb
dieses Prozesses. Nämlich der, ob es wirklich um die ernste Auseinandersetzung mit unserer
Unternehmenskultur ginge, oder vielmehr um die Umgestaltung unserer Fassade, sprich der
Außenwirkung (Imagebildung anstatt Identitätsprozess). Ist es überhaupt denkbar, eine Insti-
tution mit 150-jähriger Geschichte und Tradition glaubwürdig zu verändern? Ist ein solches
Vorhaben sinnvoll?
Kritik und Befürchtungen einiger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besagten: „Es geht doch
nur um eine Hochglanzbroschüre.“ oder: „Die Leitung möchte sich ein Denkmal setzen, aber
was hat das mit uns zu tun?“. An dieser Stelle galt es zu informieren, Akzeptanz und Vertrau-
en zu schaffen. Denn eines war von Beginn an klar: Ohne Beteiligung und Rückhalt in der
Mitarbeiterschaft kann ein solches Projekt nicht gelingen! Hierbei geht es nicht um aus-
schließliche Zustimmung, sondern um einen konstruktiven Diskussionsprozess und kritische
Auseinandersetzung mit unserer Stiftung, ihren Inhalten, Zielen und dem Arbeitsalltag. Es
wurde deutlich, dass dieser Prozess Nutzen bringen kann für diejenigen, die sich beteiligen,
denn Mitgestaltung heißt Mitbestimmung. Dennoch – ohne Vertrauen geht es nicht.
Der erste Arbeitsschritt war die Bildung eines Steuerungsteams, welches den Prozess initiie-
ren und in dessen Verlauf koordinieren sollte. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus allen
Bereichen und allen Hierarchieebenen sollten in diesem CI-Team vertreten sein. Interessierte
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konnten sich melden, wurden von den Bereichen beauftragt
und als Delegierte entsandt. Diesem Aufbau des Teams lagen mehrere Überlegungen zu
Grunde. Die Bereiche verfügen über abgegrenzte Arbeitsfelder und eigene Strukturen. Dies
sollte auch so bleiben. CI heißt nicht Uniformität und Gleichschritt. Unser Ziel war, ein ge-
meinsames Dach für verschiedene Bereiche unserer Stiftung zu schaffen, das uns eine ge-
meinsame Struktur für unsere Weiterentwicklung gibt.
Des Weiteren war es notwendig, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus allen Hierarchieebenen
im CI-Team zu haben. Wir stellten damit sicher, alle Aspekte der Mitarbeiterschaft zu berück-
sichtigen und eine umfassende Diskussion führen zu können. Durch diese Besetzung erreich-
ten wir darüber hinaus ein hohes Maß an persönlicher Identifikation für die anderen Mitarbei-
terinnen und Mitarbeiter. Unser Team setzt sich zurzeit aus 13 Personen zusammen. Die
sorgfältigen Überlegungen zur Zusammensetzung des Teams haben sich als elementar wich-
tig erwiesen.
Neues Denken in neuen Strukturen 129
Nach erfolgreicher Besetzung des CI-Teams galt es, einen Status quo zur Arbeitsrealität in
unserer Einrichtung zu erheben und eine differenzierte Analyse zum Thema „Arbeitskontext“
zu erstellen.
Methodischer Hintergrund war hier ein Vorgehen nach der AMC-Strategie. AMC steht für
den Dreisprung Analyse – Maßnahme – Controlling. Mit Hilfe von Raster- und Spinnenana-
lyse ging es um die Erfassung von Mitarbeiteraussagen zur Arbeitsrealität in den verschiede-
nen Bereichen der Stiftung. Unter dem Titel „Wir legen Wert auf verantwortliche Selbstän-
digkeit“ baten wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um eine Bewertung folgender
Aussagen im Hinblick auf ihren spezifischen Arbeitskontext:
Hier kann ich motiviert arbeiten,
Kritik ist erwünscht,
gegenseitiger Informationsaustausch,
hier sind Aufgaben und Zuständigkeiten klar,
wir vereinbaren Ziele,
ich kann meine Fähigkeiten einbringen,
ich habe bei meiner Arbeit Entscheidungskompetenzen,
Absprachen werden eingehalten,
hier kann ich eigenverantwortlich arbeiten.
Die Rückmeldungen ergaben unter dem Titel „verantwortliches und selbständiges Arbeiten“
ein differenziertes Bild der Arbeitsrealitäten in den einzelnen Bereichen. Besonders erfreulich
war die Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der zahlenmäßige Rücklauf war
mit 70 Prozent so groß, dass wir von repräsentativen Aussagen ausgehen konnten.
Eine weitere Erkenntnis war: Es gibt in der Mitarbeiterschaft ein großes Interesse, sich auf
diesen Veränderungsprozess einzulassen. Gleichzeitig wurde deutlich, dass es eine Vielzahl
verschiedener Themen gab. Diese Themen wurden im Laufe der Befragung diskutiert und
werden es noch. Die Ergebnisse der Analyse gaben uns Aufschluss über die verschiedenen
Themenfelder. Gleichzeitig zeigten die dazu angefertigten Spinnenanalysen ein deutliches
Bild der Situation in den verschiedenen Bereichen. Anhand dieser Analyse erschien der
nächste Arbeitsschritt im Prozess eindeutig. Die Schaffung einer gemeinsamen Grundlage
unserer Arbeit. Ein gemeinsam entwickeltes Leitbild, das unser weiteres Handeln inhaltlich
verbindlich prägen soll, und gleichzeitig die Basis für den weiteren Prozess bildet.
Zum Thema inhaltlicher Prägung von Institutionen traf Prof. Hubert Oppl folgende Aussage:
„Würde man heute die Türschilder an den Einrichtungen abmontieren, gäbe es kein Anzei-
chen dafür, welchem Träger das Haus zugehört.“ (Prof. Hubert Oppl, in: Aufsatz von Peter
Selensky, Erev Schriftenreihe Heft 1/98, S. 13 ) Ein zu erarbeitendes Leitbild soll diesem
Trend entgegenwirken. Die Aufgabe des CI-Teams bestand demnach darin, zunächst den
inhaltlichen Rahmen des Leitbildes festzulegen.
130 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?
Das Leitbild
Die Fragen „Wer sind wir, was machen wir, was ist unsere Basis, wie arbeiten wir und was ist
unser Ziel?“ standen nach längerer Diskussion als Essenz im Raum. Sie waren die Eckpfeiler
der Leitbildentwicklung. Innerhalb des CI-Teams wurden Statements aus der Mitarbeiterbe-
fragung im Hinblick auf ein zukünftiges Leitbild aufbereitet und zu vorläufigen Leitsätzen
weiterentwickelt. Diese wurden wieder in den Diskussionsprozess in den einzelnen Bereichen
eingespeist. Die hierauf eingehenden Rückmeldungen gingen wieder in die Diskussion des
CI-Teams und so weiter. Dieser zeitweise langwierige Prozess war notwendig.
Zum einen galt es, einen stetigen Diskussionsprozess zu erhalten, zum anderen zeigte sich
durch diese Vorgehensweise für jede einzelne Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter, inwieweit
seine Anregungen in das zu erarbeitende Leitbild einflossen. Im Verlauf dieses Arbeitsschrit-
tes war es des Öfteren notwendig, über das Gesamtkonzept CI in der Stiftung zu informieren.
Im Laufe der Zeit stellte es sich zudem heraus, dass von den Delegierten der Bereiche im CI-
Team der Diskussionsprozess nicht optimal betreut werden konnte. Es zeigte sich, dass in den
großen Bereichen Jugendhilfe und Behindertenhilfe weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
als Multiplikatoren gewonnen werden mussten. So bildeten sich hier bereichsbezogene CI-
Teams, die den Prozess vor Ort im Bereich steuern und betreuen konnten. Durch die Schaf-
fung dieser Gremien stellten wir den Prozess auf eine breitere Basis. Ein weiterer Vorteil
dieser Teams besteht in der Möglichkeit, bereichsbezogene Themen innerhalb des jeweiligen
Bereiches zu diskutieren und gegebenenfalls schon aufbereitet in das CI-Team der Pestalozzi-
Stiftung zu geben.
Am Ende des Jahres 1996, nach einem Jahr Arbeit und intensiver Diskussion in allen Berei-
chen der Stiftung, war das Leitbild fertig. Es war das Ergebnis eines Prozesses innerhalb der
gesamten Einrichtung. Trotzdem stellten wir dieses Ergebnis noch einmal in den Rahmen
einer Abstimmung. Unter dem Motto „Wollen Sie dieses Leitbild mittragen?“ erreichten wir
in der Abstimmung eine große Zustimmung. Insgesamt 72 Prozent der Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter beantworteten diese Frage mit „Ja“.
Erst nach diesem Votum stellten wir das Leitbild in der Mitarbeitervertretung, der Bereichs-
leiterkonferenz und im Verwaltungsrat vor. Auch hier wurde darüber abgestimmt. Auch hier
wurde es angenommen.
Leitbild
Wir sind ein diakonisches Unternehmen. Tradition und Fortschritt zeichnen unsere Stiftung
aus.
Unsere Stiftung wurde vor über 150 Jahren von engagierten Hannoveranern gegründet. Was
als Bürgerinitiative begann, ist heute ein soziales Dienstleistungsunternehmen. Als kirchliche
Stiftung sind wir Mitglied im Diakonischen Werk der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers und
deren Zielen verpflichtet. Von Anfang an haben unsere Gründer Ökonomie und Pädagogik
zusammengesehen. Auch heute stellen wir uns der Herausforderung, unsere sozialen Aufga-
ben zugleich gut und wirtschaftlich zu erfüllen.
Neues Denken in neuen Strukturen 131
Wir helfen, unterstützen und begleiten Menschen in den Bereichen Kinder- und Jugendhil-
fe, Behindertenhilfe und schulische Ausbildung.
Wir sind ein anerkannter freier Träger der Wohlfahrtspflege und übernehmen soziale Aufga-
ben in und um Hannover.
Wir erziehen und fördern junge Menschen in Heim- und Tagesgruppen und bieten Hilfen in
familiären Notlagen; außerdem führen wir eine Kindertagesstätte.
Für Menschen mit Behinderungen bieten wir Arbeitsplätze in unserer anerkannten Werkstatt
und differenzierte Wohnangebote.
Wir unterrichten Kinder und Jugendliche in unserer Schule für Erziehungshilfe und Sonder-
schule für Geistigbehinderte.
Wir bilden Sozialassistenten, Erzieher und Heilpädagogen aus.
Wir beteiligen uns an sozialen Initiativen und Unternehmungen in der Region.
Wir sind dem christlichen Bild vom Menschen und von der Welt verpflichtet.
Wir sehen im Menschen das Ebenbild Gottes. Darin sind Lebensrecht und Würde unverlier-
bar begründet. Wir nehmen uns ein Beispiel an der von Jesus gelebten Nächstenliebe. Sie ist
großzügig, geduldig und dem Einzelnen zugewandt.
Wir sehen die Welt als Gottes Schöpfung, die wir bebauen und bewahren sollen. Das ver-
pflichtet uns zur Ehrfurcht vor allem Leben, zur verantwortlichen Mitgestaltung der Lebens-
verhältnisse und zu einem sorgsamen Umgang mit den begrenzten Gütern.
Weil die Menschenfreundlichkeit Gottes allen gilt, sind wir offen auch für die, die nicht an
ihn glauben.
Wir arbeiten wie Pestalozzi mit Kopf, Herz und Hand.
Der 100. Geburtstag Johann Heinrich Pestalozzis war Anlass zur Gründung unserer Stiftung.
Das finden wir an unserem Namensgeber bis heute vorbildlich: Er hat an die Bildungsfähig-
keit jedes Menschen geglaubt und dabei zuerst auf Liebe und Zuwendung gesetzt. Er hat im
christlichen Glauben das Fundament allen erzieherischen Handelns gesehen. Er hat auf die
Verschiedenheit der ihm anvertrauten Kinder geachtet und deren Persönlichkeit respektiert.
Er hat seine Theorien durch die Praxis verändert und aus Fehlern gelernt. Das sind Maßstäbe,
an denen wir uns orientieren und messen lassen.
Wir haben ein gemeinsames Ziel: Chancen geben – Leben lernen.
Wir sehen unsere Aufgabe darin, kleine und große Menschen selbständiger und selbstbewuss-
ter zu machen. Unsere Angebote gelten auch schwachen und schwierigen Menschen. Wir
wollen dem Einzelnen helfen, seinen Platz im Leben zu entdecken, der Geborgenheit und
Halt verspricht. Wir wollen Lebensmut stärken, Hoffnung wecken und Eigenverantwortung
fördern. Dafür bieten wir eine Weggemeinschaft auf Zeit.
132 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?
Nach diesem guten Ergebnis wurde anlässlich eines kleinen Festes an jede Mitarbeiterin und
jeden Mitarbeiter ein Leitbild in der Größe einer Scheckkarte verteilt. Hinzu kam ein Lepo-
rello, der sowohl die Leitsätze wie auch die Erläuterungstexte zu den Sätzen enthält.
Die Verhaltensgrundsätze
Mit dem Leitbild ist für jeden, sowohl Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie Kunden oder
interessierte Außenstehende ersichtlich, mit wem er es zu tun hat. Diese Aussagen verpflich-
ten uns allerdings auch dazu, uns an dem Inhalt messen zu lassen. Damit das möglich wird,
müssen Aussagen und alltägliches Handeln übereinstimmen. So galt es im nächsten Arbeits-
schritt, die Inhalte des Leitbildes in den Arbeitsalltag der Pestalozzi-Stiftung zu übertragen.
Arbeitsgrundlage war die Erarbeitung von Verhaltensgrundsätzen. Sowohl für die einzelnen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie auch für Kunden und Partner in unserer Arbeit soll
sichtbar und spürbar sein: Unser Leitbild wird von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
getragen und findet sich in der täglichen Arbeit wieder.
Der hier angesprochene Bereich des Corporate Behavior ist eine problematische Phase des
CI-Prozesses. An dieser Stelle zeigt es sich, ob es im bisherigen Verlauf gelungen ist, die
Veränderungen in der Belegschaft zu verankern. Allgemein gültigen Aussagen, wie etwa im
Leitbild, mag der einzelne Mitarbeiter schnell zustimmen, fordert dies doch von ihm zunächst
keine persönliche Veränderung. Dass es mit der Einführung von Verhaltensgrundsätzen aber
auch ein, in Bezug auf betriebliche Kommunikation, wirkungsvolles Controlling-Instrument
gibt, sorgt für Ängste und Widerstände. Auch in unserem Prozess wurden wir mit diesen
Befürchtungen konfrontiert. Von Aussagen wie „Das machen wir doch schon lange so!“ bis
zu „ Das CI-Team macht doch sowieso, was der Vorsteher will!“, konnten wir vielerlei
Kommentare aufnehmen. Kern dieser Aussagen ist jedoch meines Erachtens die Einsicht,
dass die Veränderungen innerhalb des CI-Prozesses zu diesem Zeitpunkt jede Mitarbeiterin
und jeden Mitarbeiter erreichten.
Hier wird deutlich, dass es von großer Bedeutung ist, kontinuierlich durch breit angelegte und
doch individuelle Information der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Akzeptanz zu sorgen.
Erst wenn dem Einzelnen der persönliche Nutzen von klar definierten Verhaltensregeln deut-
lich ist, kann man von Corporate Behavior sprechen. Alle Versuche, per Dekret oder Dienst-
anweisung diesem Ziel näher zu kommen, müssen scheitern. Somit ist diese Phase des Pro-
zesses sehr sensibel. Falsch verstanden kann Corporate Behavior zum Stolperstein des
gesamten Prozesses werden.
Mit Hilfe der zu Beginn des Prozesses durchgeführten Mitarbeiterbefragung erarbeitete das
CI-Team eine Vorlage bestehend aus sechs Grundsätzen, die Verbindlichkeit herstellen sollen.
In diese Vorlage waren Stichworte aus der Rasteranalyse eingearbeitet. Schwerpunkt der
Diskussion war die Notwendigkeit, die Grundsätze so zu formulieren, dass sie für jede Mitar-
beiterin und jeden Mitarbeiter unabhängig von seiner Funktion oder Aufgabe gelten mussten.
Neues Denken in neuen Strukturen 133
Verhaltensgrundsätze
Die vollkommene Methode fehlt uns allen. Aber wir müssen alle Kräfte daran setzen, uns
ihr zu nähern. J.H. Pestalozzi
Wir richten uns nach dem Bedarf jedes Einzelnen und nach den Wünschen unserer Kun-
den.
Diese Grundsätze wurden im ersten Halbjahr 1997 vom CI-Team angeregt, in allen Bereichen
diskutiert, anschließend überarbeitet und in der hier vorgelegten Form von der Stiftungslei-
tung mit Zustimmung der Mitarbeitervertretung im Juni 1997 in Kraft gesetzt. Damit sind
diese Grundsätze verbindlich.
Verhaltensgrundsätze sollen Verhaltenssicherheit geben und verbindliche Absprachen zwi-
schen allen sein, ohne als zu enges Korsett die Persönlichkeit jedes Einzelnen zu ersticken.
Aus diesem Grund gewann auch die Diskussion innerhalb der Mitarbeiterschaft über den
persönlichen Nutzen wieder an Kraft, war doch an dieser Stelle jeder Mitarbeiter direkt ange-
sprochen. Besonders in Konfliktsituationen steht diese Frage wieder im Vordergrund. Dies
hat den Vorteil, dass gerade in Konfliktsituationen der Nutzen von Verhaltensgrundsätzen für
jeden Einzelnen deutlich wird.
Auf dem Wege von Verabredungen dieser Art entstehen Kommunikationsstrukturen, die
Verbindlichkeit und Verlässlichkeit herstellen. Gelingt es, dies im Alltag mit Leben zu füllen,
erhöhen sich sowohl die Qualität der geleisteten Arbeit, die Motivation der Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter wie auch die Identität des Unternehmens. An dieser Stelle soll nicht ver-
schwiegen werden, dass das Erreichen dieses Zieles davon abhängig ist, wie glaubwürdig
durch den Prozess initiierte Diskussionen und Veränderungen umgesetzt wurden. Mitarbeiter
werden nur dann ihre Haltung verändern, wenn ein deutlicher eigener Nutzen daran gekop-
pelt ist.
Wertschätzung und Mitarbeiterpflege sind hier Begriffe, die von Mitarbeiterinnen und Mitar-
beitern in die Waagschale geworfen werden. Wenn es gelingt, Veränderungen unter Berück-
sichtigung dieser Werte zu schaffen, werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diesen Prozess
begrüßen und weiterentwickeln.
134 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?
Die Führungsleitlinien
Führungsleitlinien
Wir sind Vorbild für die Verwirklichung unseres Leitbildes.
Mitarbeiter orientieren sich an den Grundsätzen eines Unternehmens wie am Beispiel ihrer
Vorgesetzten. Darum beziehen wir Position, treffen Entscheidungen und sorgen für deren
Umsetzung.
Wir bringen unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Vertrauen entgegen und unterstüt-
zen sie bei der Erledigung ihrer Aufgaben.
Gute Zusammenarbeit wächst durch gegenseitige Achtung und Verlässlichkeit. Darum sorgen
wir für regelmäßige Gespräche mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und setzen uns
für ein positives Betriebsklima ein.
Wir vereinbaren Aufgaben und Ziele und kontrollieren die Ergebnisse.
Die Mitarbeiterförderung ist eine zentrale Führungsaufgabe, die der persönlichen Weiterent-
wicklung ebenso dient wie der Qualität der Arbeit. Darum sorgen wir für eine systematische
Fortbildungsplanung und für differenzierte Angebote.
Wir gehen Konflikte aktiv an und führen Lösungen herbei.
Konflikte sind Störungen, aber auch Chancen und können das Ziel in Frage stellen. Da-rum
bestehen wir auf Lösungen und sind für sie verantwortlich.
Neues Denken in neuen Strukturen 135
Führung heißt, Wege auf ein gemeinsames Ziel hin zu suchen und zu gehen. Darum schaffen
wir Raum für neue Ideen, fordern auf, Gewohntes in Frage zu stellen und laden zu Verbesse-
rungsvorschlägen ein.
Wir stellen uns der Kritik unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Zwei wesentliche Merkmale der Arbeit sollten in diesem System zum Tragen kommen. Zum
einen die Beurteilung des Mitarbeiters durch den Vorgesetzten. Zum anderen sollte ein Kon-
zept erarbeitet werden, das erlaubte, Zielabsprachen zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter
zu treffen.
Da wir auf kein vorhandenes Konzept zurückgreifen konnten, musste auch dieses innerhalb
der Pestalozzi-Stiftung eigenständig erarbeitet werden. Unsere Erfahrungen aus dem bisheri-
gen Prozess waren an dieser Stelle von großer Bedeutung. Unter anderem sollten folgende
Aspekte in dem Beurteilungskonzept enthalten sein:
Besondere Spezifika der verschiedenen Arbeitsplätze sollten erfassbar sein.
Beurteilung und Zielvereinbarung sollten durch Dialog erzielt werden.
Das System sollte als Qualitätssicherungsinstrument nutzbar sein.
Auch bisher wurden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von ihren Vorgesetzten beurteilt, aller-
dings eher zufällig und unverbindlich. Zum einen wurde diese Einschätzung nicht regelmäßig
besprochen und dokumentiert, zum anderen besteht bei diesem Konzept die große Gefahr der
„Einbahnstraßenbeurteilung“. Da der Mitarbeiter nicht weiß, wann und was beurteilt wird,
kann er sich nicht dazu äußern. Dadurch konnte es bei einem Wechsel des Vorgesetzten zu
Problemen kommen: „Der kann meine Leistungen der vergangenen Jahre gar nicht richtig
beurteilen“. Mit dem neuen System ist einerseits sichergestellt, dass alle Aspekte berücksich-
tigt und Entwicklungen und Leistungen dokumentiert werden. Darüber hinaus können Vorge-
setzter und Mitarbeiter im Dialog Ziele formulieren. Dieser gemeinsame Prozess führt zu
höherer Motivation und Zufriedenheit, da in die Zielfindung auch die Ideen und Vorstellun-
gen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einfließen. Auch Probleme und Konflikte können in
diesem Gespräch zu einer Lösung geführt werden.
Im Dialog zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem wird der Ist-Stand besprochen, die anzu-
strebenden Ziele herausgefiltert. Es wird festgelegt, welche Mittel eingesetzt und welche
Maßnahmen ergriffen werden müssen, um diese Ziele zu erreichen. Auch wird ein Zeitpunkt
vereinbart, wann man sich zur gemeinsamen Kontrolle des Erreichten wieder zusammensetz-
ten wird.
Das entwickelte System wurde in mehreren Probeläufen getestet. Die Rückmeldung aus den
in allen Bereichen gelaufenen Probegesprächen war durchweg positiv. Durch Führungskräfte-
schulungen wurde sichergestellt, dass alle Vorgesetzten über das notwendige Know-how
verfügen, um diese Gespräche durchführen zu können. Die festgestellten Mängel wurden
überarbeitet, und so konnten wir im März 1998 durch Vereinbarung zwischen Mitarbeiterver-
tretung und Stiftungsleitung das System verbindlich einführen.
Die Gespräche finden seitdem zwischen Mitarbeiter und direktem Vorgesetzten einmal jähr-
lich anhand eines in der Pestalozzi-Stiftung entwickelten Zielvereinbarungsbogens statt, der
gleichzeitig Gesprächsprotokoll ist.
Neues Denken in neuen Strukturen 137
Gemeinsame Veränderungen
Claus Duncker / Jürgen Hertlein
die Weiterentwicklung,
die Identifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Einrichtung.
Dabei wurden vor allem die Zusammenarbeit, die Unternehmensleitung und die Wirtschaft-
lichkeit schlecht bewertet. Die Ergebnisse wurden über die CI-Team-Mitarbeiter in die Berei-
che weitergegeben. Am 2. November fand ein Mitarbeitertag statt, an dem über 350 Mitarbei-
terinnen und Mitarbeiter teilnahmen. In Gruppen wurden abteilungsübergreifende Problem-
stellungen mit der Methode der Kraftfeldanalyse bearbeitet. Die Ergebnisse wurden im
Plenum präsentiert und Lösungsvorschläge unterbreitet. Konkrete Maßnahmen wurden vor-
geschlagen. Unterteams sollten sich mit einzelnen Fragestellungen und deren Lösung be-
schäftigen. So entstand auch das Unterteam „Führungskräfte“, das in der Folge mehrmals
unter der Moderation von Herrn Regenthal tagte und sich gezielt mit Fragestellungen der
Führungsebene auseinander setzte. So arbeiteten in der Folge das CI-Team, die Unterteams
und das Unterteam „Führungskräfte“ parallel.
Gemeinsame Ergebnisse
Bewertung
Der CI-Prozess hat Schwächen der Einrichtung aufgezeigt und hat uns so zur Reflexion unse-
res eigenen Handelns gezwungen. Er hat jedoch auch gezeigt, dass engagierte Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeiter die Stärken einer Institution sind. Wir haben im Prozess mit allen nicht
nur die große Linie gemeinsamen Handelns gefunden, sondern haben auch Ansätze zu Lö-
sungen von Einzelaufgaben aufgezeigt (z. B. Regelung des Vorschlagswesens, Energiespar-
vorschläge, Vorschläge zu gemeinsamen Veranstaltungen, Überarbeitung des Schulpro-
gramms der Carl-Strehl-Schule, usw.).
Es gilt nun, den Prozess am Laufen zu halten, stets der Situation anzupassen, um so die Mit-
arbeiterinnen und Mitarbeiter über alle Fragen und Probleme der Einrichtung zu informieren
und, wo immer möglich, in den Entscheidungsprozess einzubinden. Ich denke, der Einsatz
hat sich für alle gelohnt. Wir sollten uns neue Ziele setzen, unsere Qualität, die wir zweifellos
besitzen, stabilisieren und ausbauen, die Qualifikationen unserer Mitarbeiterinnen und Mitar-
beiter nutzen und gegebenenfalls eine Zertifizierung anstreben.
blista Leitbild
Präambel
Unser Leitbild dient als Selbstverständnis und Orientierung. Es wird von allen Mitarbeite-
rinnen und Mitarbeitern unserer Einrichtung getragen. Es ist das Fundament unseres ver-
bindlichen Handelns.
Wenn Sie:
Für ein selbstverständliches Miteinander in einer visuell geprägten Gesellschaft bauen wir
Barrieren ab.
Wir sind ein international anerkanntes Zentrum zur Förderung und Bildung blinder und
sehbehinderter Menschen. Mit unserem Engagement erreichen Sie Ihre Ziele.
Wir tragen mit unserer Arbeit zur gesellschaftlichen und beruflichen Eingliederung Blinder
und Sehbehinderter bei. Wir sind ein anerkannter freier Träger im „Paritä-tischen“ (Wohl-
fahrtsverband) und arbeiten eng mit Selbsthilfeorganisationen zusammen.
Wir begleiten blinde und sehbehinderte Menschen auf ihrem Weg, eigene Fähigkeiten zu
entdecken, Persönlichkeit zu entfalten und Verantwortung zu übernehmen.
Bei uns finden Sie ein umfassendes Angebot für jedes Lebensalter.
Mit unseren Angeboten ermutigen wir Sie, neue Wege zu gehen. Wir stehen Ihnen bera-
tend zur Seite.
Wir unterstützen unsere Schüler, Rehabilitanden und Kunden, in Beruf und Gesellschaft
ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
Durch unsere vernetzten blista-Angebote vermitteln wir Wissen und Orientierung. Wir stär-
ken Selbstbewusstsein und Sicherheit.
Die Begeisterung für unsere Arbeit erfüllt unsere zukunftsweisenden Konzepte mit Leben.
Die blista ist eine offene und lebendige Bildungs- und Begegnungsstätte.
Führungsgrundsätze
Präambel
Führungsgrundsätze sind Richtlinien für das persönliche Verhalten der Leitungspersonen
in ihrer besonderen Verantwortung über die Verhaltensgrundsätze hinaus.
Corporate-Communication-Konzeption
Der Aufbau einer CI entsprechend der spezifischen Unternehmensphilosophie ist für jedes
Unternehmen heute unabdingbar, wenn es auf den überfüllten Angebotsmärkten und bei
vergleichbarer technischer Qualität und zum Teil ähnlichem Design bestehen will. Das gute
Mercedes-Image ist ein Beispiel dafür und zeigt, dass damit sogar eventuelle Schwächen und
Übergangsschwierigkeiten eines Produktes überbrückt werden könnten, falls das einmal
notwendig würde. Ein Unternehmen verkauft also nicht nur ein Produkt, sondern auch seinen
Namen und sein Image, mit dem sich die Käufer identifizieren, herausheben und persönlich
auszeichnen können. Ein fehlendes oder schlechtes Image oder eine nur kurzfristige Be-
kanntheit hemmen den Erfolg eines Unternehmens. Die CI-Konzeption kann damit zur Über-
lebensfrage werden, zur langfristigen Sicherung des Unternehmens. Das Entscheidende für
die besondere Profilierung ist nicht mehr allein die Qualität der Fachlichkeit oder die hohe
Wirtschaftlichkeit, sondern ein „zusätzlicher Wert”, der besondere Wert und der Sinn, mit
dem ich mich persönlich identifizieren kann: Identität (Abb. 25).
Corporate Communication ist die strategisch orientierte Kommunikation nach innen und
außen mit dem Ziel, die Einstellungen der Öffentlichkeit, der Kunden und der Mitarbeiter/
Mitarbeiterinnen gegenüber dieser Organisation/diesem Unternehmen entsprechend der spe-
zifischen Identität zu beeinflussen oder zu verändern. Mittel dazu sind Public Relations (PR),
Werbung, Marketing, Vertrieb, Mitarbeiterschulungen und -informationen sowie Öffentlich-
keitsarbeit.
144 Wie baut man die Kommunikation und das Marketing auf?
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 25: Profilierung durch Corporate Identity
Werbung wird dabei verstanden als eine Kommunikation, die auf die Organisation bezogen
ist, nicht als reine Produktwerbung, sondern als Imagewerbung. Die Unternehmenskommu-
nikation soll dafür sorgen, dass das Bild vom Unternehmen, wie es in den Vorstellungen der
Menschen existiert, auch tatsächlich nach den Wünschen des Unternehmens ausfällt (Fremd-
bild und Selbstbild sollen möglichst übereinstimmen). Das Image wird also nicht dem Zufall
überlassen, sondern bewusst strategisch ausgerichtet.
Corporate Communication hat das Ziel, durch eine strategische Kommunikation diese Ein-
und Vorstellungen in Bezug auf die Organisation zu bestärken und/oder zu verändern. Ziel ist
es, möglichst viele Synergiefelder zu schaffen. Corporate Communication koordiniert und
integriert alle wichtigen kommunikativen Maßnahmen, ist also nicht nur einfache isolierte
Werbung und Reklame.
Corporate-Communication-Konzeption 145
Die Corporate Communication geht von den Grundlagen der Unternehmenskultur, den CI-
Richtlinien, aus. Durch diese Maßnahmen werden die Grundregeln erst gelebt und ihre Wir-
kungen ausgelöst. Corporate Communication nimmt auch direkt Bezug auf das Corporate
Design und das Corporate Behavior. Alle drei Säulen einer ganzheitlichen CI müssen mitein-
ander vernetzt sein, um die Wirkungen auch wirklich freisetzen zu können. Aufbauend auf
die Interaktionen der Unternehmenskultur (Auftreten, Führungsstil) und das spezifische visu-
elle Erscheinungsbild (Corporate Design) kommen durch die Corporate Communication noch
Kommunikationen (durch Maßnahmen, Projekte und Wirkungen nach innen und außen)
hinzu und verbinden alle Einzelmaßnahmen und Facetten von Corporate Identity zu einem
einheitlichen und gemeinsamen Eindruck von einer Organisation. Was gehört alles zu einem
Corporate-Communication-Konzept?
Die Vielzahl und Unterschiedlichkeit der einzelnen Elemente einer Corporate Identity zeigen
die große Spannbreite der Kommunikationsmaßnahmen und Aspekte, die aber erst in ihrer
Gesamtheit die Gesamtentwicklung des Unternehmens bewirken.
Für die Unternehmen sollten bei diesen Überlegungen folgende Aspekte nicht vergessen
werden:
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 26: Kommunikative Elemente einer Corporate Identity
1. Wichtigste Grundlagen sind für alle positiven Einschätzungen eine fachlich gute Arbeit
und ein Top-Qualitäts-Produkt. Abstriche und Mängel dürfen hier nicht auftreten. Aller-
dings können diese allein kein positives Image aufbauen, denn die Unterschiede in den
Angeboten werden immer geringer, und jedes Unternehmen ist mehr als nur seine Produkte!
148 Wie baut man die Kommunikation und das Marketing auf?
2. Nicht alle Maßnahmen müssen unbedingt dem Image dienen. Falls möglich, sollten sie
ihm aber zuarbeiten und die Imagebildung verstärken. Eine oberflächliche „Imagemache“
als Öffentlichkeitsarbeit ohne solide Grundlage und Binnenwirkung sollte dabei vermie-
den werden. Sie schadet dem Unternehmen mehr, als sie nützt.
3. Ein CI-Konzept allein ist für das Unternehmen noch keine Garantie für ein positives
Image. Das CI-Konzept kann jedoch die unternehmerischen Maßnahmen und Leistungen
in ihrer Einzelwirkung und als Gesamtheit deutlich machen und verstärken. Und es kann
auch mögliche Defizite und Probleme aufzeigen und lösen helfen.
4. CI-Grundlagen und CI-Richtlinien sind eine feste Basis – die Kommunikation muss ent-
sprechend der Marktsituation und der Kundenerwartungen sehr schnell und flexibel sein.
Gerade in der Markenbildung geht es um Kontinuität, aber das heißt nicht, dass wir keine
innovativen und aktuellen Anpassungen haben. Eine Kernaussage und die Wiedererken-
nung müssen dabei immer gewährleistet sein.
Die Zielsetzung der Öffentlichkeitsarbeit ist in erster Linie eine Akzeptanzschaffung und
Akzeptanzerhöhung – eine Vertrauensbildung – eine Identitätsstiftung. Durch entsprechende
zielgruppenspezifische Maßnahmen werden die unterschiedlichen und differenzierten Aus-
richtungen deutlich.
Ausgehend von:
Angeboten (Produkten, Leistungen),
Aktionen (Pressearbeit, Projekte),
Terminen (Anlässe, Daten, Feiertage),
Kontakten (Personen, Organisationen, formell und informell)
müssen alle Adressaten direkt und indirekt immer wieder informiert, angesprochen, beteiligt
und integriert werden. Nur das schafft eine Identifikation, die in der Wirtschaft auch als Kun-
denbindung, Kundenzufriedenheit und Kundenbegeisterung eine ganz entscheidende Ziel-
größe für alle Maßnahmen des Unternehmens ist. In jedem Unternehmen ist das der eigentli-
che unternehmerische Auftrag – eine Marken-Identität zu entwickeln, damit dadurch der
Profit längerfristig gesichert werde kann.
Die Aktionen und Projekte der Öffentlichkeitsarbeit sollten dabei nur Anlass sein, um über
die Identität und das Image des Unternehmens nachzudenken; sie sollten nicht allein die
Zielsetzung mit sich bringen, kurzfristig zu werben, um schnell Kunden zu bekommen und
sich damit aus einer Krise zu befreien – das kann auf Dauer nicht die Zielsetzung sein.
In größeren Unternehmen kann sich die Leitung Unterstützung suchen:
durch beratende Fachleute, die Anregungen und Ideen (zeitlich und fachlich) bieten.
durch einen Beauftragten für Öffentlichkeitsarbeit, der in Absprache mit dem Leiter die zu
fällenden Entscheidungen vorbereitet und für die weiteren CI-Schritte verantwortlich ist.
durch ein CI-Team, das die einzelnen Schritte in Richtung CI vorbereitet, die CI-
Maßnahmen mit steuert und unterstützt und letztlich den CI-Prozess gemeinsam entwi-
ckeln kann. Freiwillige aus allen Bereichen, Abteilungen und Ebenen können als hetero-
gene Gruppe der Leitung zuarbeiten, entsprechende Projekte moderieren und die Ideen in
die einzelnen Bereiche des Unternehmens hineintragen (Multiplikatoren) und aus dem CI-
Prozess heraus auch eine gute Imagebildung betreiben.
Diese CI-Beratung soll besonders die Planung, Initiativen, Strukturen und Vorgehensweisen
aufnehmen und koordinieren – eine Arbeit, die bisher meistens von der Leitung gemacht
wurde. Ziel dabei ist, die Leitung zu entlasten, zu unterstützen und auch die bisherige Öffent-
lichkeitsarbeit zu verbessern.
Das folgende Ablaufschema zum Aufbau einer CI-Öffentlichkeitsarbeit zeigt die verschiede-
nen Phasen der Vorgehensweise (Abb. 27). Legen Sie Wert auf eine strategische und länger-
fristig angelegte Öffentlichkeitsarbeit, die auch nach innen die Mitarbeiter anspricht und
beteiligt.
Corporate-Communication-Konzeption 151
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 27: Zehn Schritte zur Öffentlichkeitsarbeit
CI als Imageträger eines Unternehmens umfasst alle Ebenen und Formen der Kommunikati-
on: die visuelle, soziale (interpersonale) und die auditive Kommunikation. Bei der Konkreti-
sierung einer CI-Konzeption stehen dann die relevanten Kommunikationsschwerpunkte im
Mittelpunkt (vgl. auch Abb. 26).
152 Wie baut man die Kommunikation und das Marketing auf?
Dabei sind CI-Elemente aus dem Bereich der visuellen Kommunikation (intern und extern)
auch als viel bedeutender anzusehen als die CI-Elemente aus dem Bereich der auditiven
Kommunikation. Das Image eines Unternehmens wird also weitgehend durch eine visuelle
Kommunikation geprägt, wobei auch nur einzelne Aufgabenbereiche wichtig sind (Minimal-
konzeption). Entscheidend für das Image ist aber letztlich der Bereich der interpersonalen
Kommunikation, der für die langfristige Absicherung von großer Bedeutung ist. Die Verbes-
serung der Sozialstruktur des Unternehmens bzw. des Arbeitsklimas ist die Basis für die CI-
Entwicklung. Gerade aber diese Imagebildung, die sich ja im emotionalen Verhalten der
Menschen manifestiert, ist im Rahmen eines CI-Konzeptes nur schwer zu beeinflussen und
wird deswegen von vielen Großunternehmen eher vernachlässigt oder terminlich weiter nach
hinten verschoben .
Die Bedeutung des sozialen Bereiches für die Imagebildung zeigt sich besonders durch zwei
Aspekte:
1. Emotionale Denk- und Verhaltensstrukturen und eine entsprechende positive Bewertung in
Bezug auf das Image eines Unternehmens können nur sehr langsam und nur durch eine
konsequente Öffentlichkeitsarbeit aufgebaut werden – sie können aber auch sehr leicht
wieder zerstört werden.
2. Wenn aber insgesamt eine gute „soziale Kennung des Unternehmens“ erarbeitet wurde,
können damit die weniger wichtigen Bereiche der visuellen und akustischen Kommunika-
tion (zumindest zeitweise) „überbrückt“ oder entsprechende Lücken und Probleme kom-
pensiert werden.
Durch die unterschiedliche Einschätzung der vielfältigen Interessengruppen, die hier ange-
sprochen werden, und auch durch eine neue indirekte und wenig zu steuernde Imagebildung
wird gerade die soziale Kennung der Unternehmen zukünftig Unterschiede zwischen einzel-
nen Mitbewerbern verdeutlichen; sie wird umso mehr eine wichtige Komponente im Rahmen
einer CI-orientierten Öffentlichkeitsarbeit werden, die im Rahmen der Markenbildung deut-
lich diesen Bereich ansprechen und aufnehmen muss.
Die Minimalkonzeption aus der CI-Grundkonzeption umfasst Kommunikationsmittel, auf die
kein Unternehmen verzichten kann. Im Bereich der internen und externen visuellen Kommu-
nikation sind das folgende CI-Faktoren:
Gestaltung von Produkt- und Arbeitsmaterialien, Einsatz von Medien,
Layout von Aushängen, Ankündigungen, Mitteilungen, Plakate,
Layout von Drucksachen (Geschäftsbriefen, Formularen, Imagebroschüren),
Darstellung des Unternehmens in der Öffentlichkeit, in der Presse und im Kontakt zu
anderen Ansprechpartnern.
Diese Faktoren sind als visuelle Kennung Grundvoraussetzung für die Ausbildung eines
Images. Sie können noch ergänzt werden durch unterschiedliche branchenspezifische Ele-
mente, die das Bild des Unternehmens abrunden (vgl. dazu auch die Corporate-Design-
Konzeption).
Corporate-Communication-Konzeption 153
Wichtig ist eine einheitliche Darstellung des Unternehmens im Rahmen eines CI-Konzeptes,
um damit die Imagewirkung zu verstärken. Im Bereich der interpersonalen Kommunikation
sind folgende CI-Faktoren von Bedeutung:
die Unternehmenskultur und das Arbeitsklima, die sich aus der Zusammenarbeit aller
Beteiligten ergeben,
Personalentwicklung und Mitarbeiterführung,
Verhalten gegenüber Kunden und in der Öffentlichkeit,
die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern.
Die Personalentwicklung nach einem CI-Konzept erscheint dabei für viele wesentlich
schwieriger. Umso wichtiger ist dann eine sensible Mitarbeiterführung und das Ziel, ein gutes
Betriebsklima und eine gute Unternehmenskultur aufzubauen.
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 28: Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit
154 Wie baut man die Kommunikation und das Marketing auf?
Alle Maßnahmen zur Imagepflege sind nicht an kurzfristigen Erfolgen ausgerichtet. Es geht
hierbei um die mittelfristige und langfristige Manifestation eines positiven Images bei allen
Beteiligten und Zielgruppen: Nicht nur Kunden und Kooperationspartnern, sondern auch und
gerade Behörden, Verbänden, Parteien und Presse werden hier angesprochen (besonders als
Entscheidungsträger und Meinungsmultiplikatoren). Die zentrale klassische Aufgabe der
Öffentlichkeitsarbeit bleibt die Pressearbeit (Abb. 28).
Zentraler Aspekt der eigentlichen Öffentlichkeitsarbeit ist die gute Beziehung zur Presse. Sie
bewirkt, dass über bestimmte Unternehmen häufig und gut berichtet wird, während Berichte
und Einladungen anderer Unternehmen nicht berücksichtigt werden. Zum Aufbau guter Be-
ziehungen zur Presse können folgende Überlegungen hilfreich sein:
Suchen Sie sich einen festen Ansprechpartner, den Sie bei den jeweiligen Zeitungen als
Ihren persönlichen Ansprechpartner betrachten. Informieren Sie diese Person jeweils so-
fort und unmittelbar. Das allgemeine Ansprechen einer Redaktion ist im Allgemeinen
nämlich nicht sonderlich hilfreich.
Entwickeln Sie eine gute Zusammenarbeit durch Vorschläge für Berichterstattungen
(Ideen, Einladungen, Informationsmaterial und evtl. Presseerklärungen/vorbereitete Be-
richte), aber auch durch Einladung zu Festen, Veranstaltungen, Exkursionen, Betriebser-
kundungen und Projekten. Gehen Sie auf die Wünsche der Presse ein (z. B. Fototermine
usw.), oder laden Sie doch einmal Ihren Pressevertreter in den Arbeitsalltag ein!
Berücksichtigen Sie die Konkurrenz der Presse untereinander („Wenn diese Zeitung vor-
her darüber berichtet, berichten wir nicht mehr!“). Machen Sie getrennte Termine für die
einzelnen Pressevertreter.
„Bleiben Sie am Ball“ und fragen Sie ab und zu bei der Presse nach, wenn Berichte über-
fällig sind und geben Sie Rückmeldungen über Berichte weiter (oder auch nur ein „Dan-
keschön, bis zum nächsten Mal!“ Auch hierbei ist wieder – wie immer – die einheitliche
Darstellung des Unternehmens im Rahmen eines CI-Konzeptes wichtig, um damit die
Imagewirkung zu verstärken.
Wegen der langfristigen Imagebildung müssen die visuellen, sozialen und auditiven Kennun-
gen des Unternehmens übereinstimmen und sich in ihren Wirkungen nicht behindern, son-
dern unterstützen – ansonsten wird die Anstrengung, durch ein durchgehendes CI-Konzept
ein nachhaltig positives Image aufzubauen, auf Dauer umsonst sein.
Imageuntersuchungen bei großen Industrieunternehmen haben Ergebnisse gezeigt, die sich
auf alle Organisationen übertragen lassen:
Ein Image ist ein Gesamtbild, das sich die Öffentlichkeit von der Organisation macht.
Die Gesamteinstellung wirkt ganzheitlich, setzt sich aber auch aus Teilbereichen zusam-
men, die ein rein subjektives Gesamturteil objektivieren. Image (Fremdbild) ist somit eine
Gesamteinschätzung der Identität (als Selbstbild) des Unternehmens, die wiederum aus
einzelnen Faktoren zusammengefügt ist:
Corporate-Communication-Konzeption 155
Um die Glaubwürdigkeit eines Unternehmens ist es schlecht bestellt, wenn sich die in den
Unternehmensgrundsätzen herausgestellten Attribute – zum Beispiel flexibel, fortschrittlich
und kundenorientiert – nicht auch im Verhalten der Mitarbeiter widerspiegeln. Das Unter-
nehmen im Inneren ist mit seinen Strukturen und Mitarbeitern die Grundlage für eine gute
Außenwirkung, die durch eine CI-abgestimmte Öffentlichkeitsarbeit noch verstärkt wird.
Die Personalpolitik hat somit viele Zielsetzungen, die ihre Notwendigkeit bzw. Bedeutung
besonders betonen und ist damit die Verbindung von Erscheinungsbild, Kommunikation und
Verhalten. Erst eine gute Corporate-Communication-Konzeption schafft den Prozess der
Profilierung: Nicht das gute Produktangebot allein ist erfolgreich, sondern erst das Bewusst-
sein und die Kommunikation darüber setzt diese Wirkungen frei.
Alle Unternehmen möchten „draußen“ einen guten Ruf haben. Daran liegt selbstverständlich
dem Leiter, vor allem aber auch allen Mitarbeitern, die als Vertreter dieses Unternehmens
bestrebt sind, optimale Arbeit zu leisten und die ihr Engagement „gewürdigt“ sehen wollen.
Jedes Unternehmen hat eine Menge erfreulicher Arbeitsergebnisse und Erfolge vorzuweisen;
und es verfügt über viele geeignete Mittel und Anlässe, sich in der Öffentlichkeit im positiven
Sinne bemerkbar und bekannt zu machen.
156 Wie baut man die Kommunikation und das Marketing auf?
Damit ich mich selbst erkennen kann, schaue ich in den Spiegel. Aber auch durch den Ver-
gleich zu anderen Organisationen wird mir klar, wer ich bin und wer ich sein möchte.
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 29: Benchmarking
158 Wie baut man die Kommunikation und das Marketing auf?
Benchmarking stammt aus der Geländevermessung (Abb. 29). Das Anpeilen von mindestens
zwei unterschiedlichen Standpunkten ergibt eine Schnittstelle, die mir zeigt, wo ich stehe.
Der direkte Vergleich hilft mir bei meiner Standortbestimmung. Über diese Bewusstseinsbil-
dung hinaus kann ich direkt lernen, wo andere etwas besser machen und das bei mir verän-
dern, wenn es mir bei meiner Profilierung hilft (lernende Organisation). Dadurch kann ich
systematisch ein ganzes Konzept entwickeln, das mir über das reine Selbstbild hinaus als
Fremdbild dem Wettbewerb bestens standhalten kann, da es ja immer mit den „Mitanbietern”
einen Qualitätsvergleich gibt.
Listen Sie als erste Maßnahme Vergleichskriterien für Ihr Unternehmen und/oder einzelne
Produkte auf. Dieses sind Indikatoren der Qualität nach innen und außen. Versuchen Sie dann
als zweiten Schritt entsprechende Informationen von Vergleichsunternehmen und/oder ande-
ren ähnlichen Anbietern zu besorgen. Wer ist führend bei dem Vergleich der speziellen Ein-
zelkriterien? Von wem können wir so lernen, dass wir unsere eigenen Vorstellungen prägnan-
ter und profilierter herausarbeiten können? Welche konkreten Veränderungen sind möglich,
damit das Gesamtbild verbessert wird? Dadurch wird auch Ihre spezifische Profilierung deut-
lich, es entwickelt sich ein eigenes Marketingkonzept, das die Qualität nach innen und außen
besser verdeutlicht und damit verstärken kann. Die Informationen über die Vergleichsorgani-
sationen sollten Sie sich möglichst rechtzeitig vorher besorgen und/oder auch direkte „Paten”
als zuständige „Informationsbeschaffer” auswählen, damit immer mehr Feinheiten entdeckt
und entwickelt werden können.
Der Vergleich der Produkte durch Benchmarking hilft, die spezifische Abgrenzung zu Mitan-
bietern zu finden. Die Marktanalysen zeigen, dass das Anforderungsprofil an den Fachhandel,
Vertrieb oder Verkauf immer stärker vom Faktor Persönlichkeit der Mitarbeiter geprägt wird.
Das bedeutet, dass die Faktoren um das Produkt herum (Software) gerade in Zukunft die
letztendliche Bedeutung haben werden. Dazu gehören die Darstellung der Produkte, die Ver-
bindung von Produktgruppen und der Service (Produkt, Auftreten und Präsentation des Un-
ternehmens und das Auftreten im Markt (Promotion), das Auftreten und Verhalten der Mana-
ger und Mitarbeiter, die Persönlichkeit des Einzelnen und die Unternehmenskultur (Profil),
um dadurch mehr und langfristigen Erfolg zu haben (Profit). Aus der Kommunikationstheorie
wissen wir, dass der Beziehungsaspekt den Inhaltsaspekt bestimmt, dass Wirkungsfaktoren
bestimmend sind, dass das Verhalten der Mitarbeiter den Gesamterfolg bestimmt. Vom Pro-
dukt zur Promotion, vom Profil zum Profit – alle Einzelwirkungen eines Unternehmens zu-
sammen ergeben die Gesamtwirkung nach außen (Corporate Image), welche durch eine Cor-
porate-Identity-Konzeption aufgebaut und entwickelt werden kann.
Dieses Corporate Image ist letztlich entscheidend für den Erfolg des Unternehmens, wenn es
von der Mitarbeiterschaft getragen und gelebt wird: Profit durch Profil. Profilierung durch
Corporate Identity!
Corporate Identity, als die Identität und das Image des Unternehmens, ist heute Grundlage für
den Erfolg – besonders im internationalen Markt und in schwierigen Märkten. Gefordert ist
die Gesamtwirkung des Unternehmens als Corporate Image, und das erfordert eine ganzheit-
liche Corporate Identity. Das Verhalten der Mitarbeiter untereinander und während ihrer
CI-Marketing für ein erfolgreiches Verkaufen 159
Arbeit darf nicht im Gegensatz zum Verhalten und Auftreten nach außen stehen. Der Einzelne
ist Botschafter des Unternehmens. Das Verkaufen im Rahmen dieses ganzheitlichen Denkens
des Marketings ist also keine isolierte Tätigkeit, sondern es ist eingebunden in die Wirkung
des Unternehmens. Diese einheitliche Unternehmensidentität nach innen und außen verbessert:
die Identifikation des Verkäufers mit seinem Unternehmen und seiner Aufgabe und damit
sein Verkaufsverhalten,
die Wahrnehmung des Unternehmens und seiner Produkte und damit die Kooperation mit
den Kunden,
die Wettbewerbsdifferenzierung auf dem Markt und damit den Absatz der Produkte durch
Vernetzung und Kooperation einzelner Ansätze, Projekte und Synergieeffekte,
das allgemeine Erscheinungsbild des Unternehmens und das Image in der Öffentlichkeit,
was die anderen Wirkungen noch verstärkt,
durch diese ganzheitliche Unternehmensführung und Präsentation den Erfolg des Unter-
nehmens: Profit durch Profil!
Jedes Unternehmen sollte sein eigenes spezifisches Profil als Gesamtwirkung des Unterneh-
mens entwickeln und deutlich und einheitlich zeigen. Durch eine ganzheitliche CI werden
damit neue Profil-Felder besetzt. Verkaufs- und Vertriebsabteilungen, die im Rahmen einer
CI-Konzeption arbeiten, sind somit nachweislich erfolgreicher als andere. Der Erfolg beim
Verkaufen und auch beim Anbieten von Dienstleistungen wird dabei in erster Linie durch die
Persönlichkeit gesteuert. Das Profil der Unternehmenspersönlichkeit und das der Mitarbeiter-
persönlichkeit stehen in Wechselbeziehungen zueinander. Beide bedingen einander und soll-
ten nicht gegeneinander arbeiten. In der Gesamtwirkung sind sie noch besser, wenn sie auf-
einander abgestimmt sind. Es ist also wichtig, dass der einzelne Mitarbeiter nicht mehr nur
isolierte Produkte anbietet, sondern Produktgruppen, Sortimente, Service und das ganze
Unternehmen präsentiert, die vorhandenen Kontakte nutzt und Informationen über das ganze
Unternehmen verbreitet, um eine positive Einstellung gegenüber dem Unternehmen zu errei-
chen und auch auf andere Verkaufsansätze, Dienstleistungen und Möglichkeiten hinzuweisen.
Besondere Aspekte der Unternehmenskultur sollten dabei zur besseren Profilierung hervor-
gehoben werden. Das ganze Unternehmen muss den Kunden einheitlich mit einer Stimme
ansprechen. Im Augenblick des Kundenkontakts sind Sie die Visitenkarte, der Botschafter des
Unternehmens und präsentieren das gesamte Unternehmen. In Ihrer persönlichen Präsentati-
on dem Kunden gegenüber sind Sie entscheidend für den Eindruck vom Unternehmen und
die Kundenzufriedenheit und damit entscheidend für den Erfolg Ihres Unternehmens.
„Kunde droht mit Auftrag!“ hieß es früher in der DDR, aber was ist eigentlich ein Kunde?
Ein Kunde ist nicht eine Unterbrechung unserer Arbeit, sondern ihr Sinn und Zweck, ist die
wichtigste Person in unserem Unternehmen, ist nicht jemand, mit dem man ein Streitgespräch
160 Wie baut man die Kommunikation und das Marketing auf?
führt oder seinen Intellekt misst, sondern es ist ein Mensch, der uns seine Wünsche bringt.
Unsere Aufgabe ist es, diese Wünsche gewinnbringend für ihn und uns zu erfüllen. Wir müs-
sen also weg von der traditionellen Vorstellung eines Käufers, mit dem wir nur sach- und
technikorientiert umgehen: nicht einfach produzieren und dem Kunden das Beste anbieten,
sondern das produzieren, was der Kunde braucht. Behandeln Sie den Kunden auch als Men-
schen und beziehen Sie ihn aktiv in das Unternehmen und die Produktentwicklung mit ein.
Alle Maßnahmen des Unternehmens sollten direkt auf den Kunden und seinen direkten Nut-
zen ausgerichtet werden. Das Ziel dieser Kundenorientierung ist die Kundenzufriedenheit,
und die ist direkt planbar, messbar und kontrollierbar. Dieses Verhalten der Erfolg bringenden
Kundenorientierung sollte nicht nur extern, sondern im Rahmen des ganzheitlichen Denkens
auch intern zwischen Kollegen, Teams und Abteilungen praktiziert werden.
Das Verhalten der Menschen wird durch ihre Emotionen bestimmt. Die Menschen entschei-
den sich nicht nach dem, wie es ist, sondern nach dem, wie sie meinen, dass es sei. Kunden
entscheiden sich nicht nur nach Sach- oder Inhaltsaspekten (Funktionen, Technik, Preis),
sondern nach ihren Eindrücken, Erlebnissen und Emotionen. Dieser Beziehungsaspekt ist
entscheidend und setzt sich zusammen aus Abbildungen und Vorstellungen vom Produkt und
der Beziehung zu diesem. Der Verkäufer muss also nicht allein die technischen Aspekte ver-
deutlichen, sondern vielmehr versuchen, eine Beziehung des Kunden zum Produkt aufzubau-
en, und das geschieht am besten durch sein Verhalten, das dabei vermitteln kann. Sein Verhal-
ten dem Kunden gegenüber schafft dem Kunden die Möglichkeit, sich ein positives Bild vom
Produkt zu machen und eine positive Beziehung dazu aufzubauen. Gerade wenn sich die
Produkte gleichen oder die Kunden sich nicht entscheiden können, ist das Verkäuferverhalten
entscheidend. Auch die Langfristigkeit des Kundenkontaktes geht auf das Verhalten zurück.
Die Bedeutung des Verkäuferverhaltens wird häufig unterschätzt: Im Durchschnitt sind mehr
als 60 Prozent der Kaufentscheidungen auf das Verhalten der Verkäufer zurückzuführen!
Dabei ist zu beachten, dass das Einzelverhalten nur ein Teil des gesamten Auftretens und der
Präsentation des Unternehmens ist und somit der Durchschnittswert eigentlich viel höher
angesetzt werden müsste. In der Tendenz verkaufen die Unternehmen keine Produkte, son-
dern vielmehr ihr Verhalten: das Verhalten untereinander, den Mitarbeitern, den Kooperati-
onspartnern und den Kunden gegenüber. So wie Sie sich verhalten, so verkaufen Sie auch.
Ausgangsbasis ist also das Verhalten: vom Erscheinungsbild über die Kontaktaufnahme bis
hin zum Auftritt. Das Vorgehen beim Kundenkontakt kann durch die AIDA-Formel konkreti-
siert werden: A wie Aufmerksamkeit wecken, Anlässe aufnehmen, Akzeptanz schaffen; I wie
Interesse wecken; D wie direkte Bedürfnisse und direkten Nutzen verdeutlichen; A wie Akti-
onen, Handlungen, Anfangen mit konkreten Entscheidungen und Maßnahmen. Das nächste
Ziel ist Verstehen, und das heißt kundenorientierte Gesprächsführung, aktives Zuhören, per-
sönlicher Kontaktaufbau, sensible Fragetechnik und Einwandbehandlung. Welche Wünsche
hat der Kunde, und durch welchen direkten Nutzen können sie erfüllt werden? Bevor es zum
eigentlichen Verkaufen kommt, muss erst das Vertrauen aufgebaut werden. Das ist die Grund-
lage für alle guten Entscheidungen, die auch längerfristig Bestand und Erfolg haben sollen.
Sind Sie also offen, menschlich und persönlich, bringen Sie sich selbst mit Ihrer Persönlich-
keit und Kompetenz ein. Wenn Sie nicht begeistert sind von Ihrem Produkt oder Ihrer Dienst-
CI-Marketing für ein erfolgreiches Verkaufen 161
leistung und Sie nicht selbst Freude an diesem Kundenkontakt haben, wird auch der Kunde
nicht begeistert sein. Egal was Du tust, mache es mit Begeisterung – dann wird der Begeiste-
rungsfunke auch auf den Kunden überspringen können. Vertrauen schaffen heißt auch, eigene
Fehler offen eingestehen, dem Kunden Irrtümer, Vorurteile und Fehler zugestehen, seine
Ängste und Widerstände ernst nehmen. Vertrauen schaffen bedeutet vielleicht auch, einmal
nicht zum Verkauf zu kommen.
Über das Verhalten, Verstehen und Vertrauen zum Verkaufen, das ist die richtige Verkaufser-
folgsleiter! Das ausschließliche Verkaufen kann schnell zum Verlieren werden. Das vertrau-
ensvolle Verkaufen ist für beide Seiten von Nutzen: Es hilft nicht nur dem Kunden zu besse-
ren Entscheidungen, sondern bringt auch dem Verkäufer mehr Wohlbefinden und Identität mit
seiner Arbeit und dadurch mehr Leistungsfähigkeit und Qualität, was natürlich auch dem
Unternehmen dient. Das Unternehmen kann diese Synergieeffekte durch Verkaufs- und Ver-
triebsschulungen entwickeln, durch entsprechende Konzeptionen (Corporate-Communication-
Konzepte, PR-/Werbekonzepte, Vertriebs- und Marketingkonzepte,) unterstützen und aufbau-
en, um eine kundenorientierte Unternehmenskultur als Grundlage zu bieten. Bestimmend ist
aber die Führungskultur des Unternehmens, da sie das Verhalten top-down beispielhaft und
vorbildlich vorlebt. Das Lernen durch Vorbilder ist immer noch sehr wichtig: Das Führungs-
kräfteverhalten ist immer Maßstab für das Klima der Kundenbeziehung. Nur ein durchgängi-
ges und ganzheitliches Verhaltenskonzept kann also eine hohe Kundenzufriedenheit schaffen!
Leitspruch für alle Beteiligten: Begeisterung für die Sache und die Person.
Verstehen und Vertrauen sind Grundlagen für ein erfolgreiches Verkaufen! Die Person des
Verkäufers ist der wichtigste Faktor, der über Erfolg und Misserfolg entscheidet. Die persön-
liche Kompetenz der Verkäufer kann durch ein Verkaufstraining entwickelt und aufgebaut
werden. Je mehr sich die Produkte gleichen in Bezug auf Design, Funktion und Preis, desto
entscheidender ist das Verkaufsgespräch. Im Kern reduziert sich ein erfolgreiches Verkaufen
auf das kompetente Führen von Gesprächen. Das Produkt allein mit seinem konkreten Nutzen
für den Kunden ist nicht allein entscheidend für den Verkaufserfolg, es muss viel mehr dem
Kunden direkt angeboten, präsentiert und entsprechend zielgruppenspezifisch verkauft wer-
den. Dabei trägt das ganze Unternehmen zum Verkaufserfolg bei: die Produktion, die Verwal-
tung, das Marketing und der Vertrieb.
Ein erfolgreicher Verkäufer wird durch folgende Eigenschaften und Kompetenzen zu einem
persönlichen Profi:
Gepflegtes Gesamtbild: Anpassung der Außendienstmitarbeiter an den Kunden bzw. an die
Situation. Angenehmes, aber nicht übertriebenes Erscheinungsbild. Pünktlichkeit, Zuverläs-
sigkeit.
Fundierte Fachkenntnisse: Sachkompetenz (Produkt), Fachkompetenz (Markt, Branche,
Objekte), Strategien, Projekt-Management, Methoden.
Ansteckende Ausstrahlung: positive Grundeinstellung, zu Kunden persönlichen Kontakt
schaffen, Motivation, Anlässe aufnehmen, Freundlichkeit.
Konkrete Kundenorientierung: Erwartungsprofil entwickeln, dem Kunden nicht das Produkt
verkaufen, sondern den direkten Nutzen, die Problemlösung, Vorteile, Zufriedenheit, Erfolg.
CI-Marketing für ein erfolgreiches Verkaufen 163
Zusatznutzen, den ich vom Mitbewerber nicht bekomme. Um die Produkte und den ästheti-
schen und gebrauchsorientierten Nutzen herum müssen wir dem Kunden etwas als zusätzli-
chen Nutzen (Added Value) zur besonderen Profilierung anbieten, mit dem er sich identifi-
zieren kann. So werden mit jedem Produkt und jedem Angebot auch Assoziationen und
Werte nachgefragt und auch verkauft. Die zusätzlichen Werte bestimmen und gestalten das
Image über die reine Kosten-Nutzen-Relation hinaus. So verkauft Coca Cola nicht nur ein
Getränk, sondern jugendliche Lebensfreude, BMW „Freude am Fahren“, Mercedes „Anse-
hen, Image und Sicherheit“, die Corporate Identity Akademie „Identität entwickeln – Image
gestalten“ und die Deutsche Bank zum Beispiel „Leistung – Vertrauen – Erfolg“. Durch
diese Art „Software“ um die Produkte und Angebote als „Hardware“ herum, werden diese
„wertvoller“ gemacht, weil die Kunden diese neuen Nutzen zu ihrer eigenen Identitätsbil-
dung gebrauchen. Es geht also letztlich und entscheidend um identitätsbildende Faktoren,
die, obwohl nicht sichtbar und handfest, verkaufsentscheidend und damit wichtig zur nach-
haltigen Profilierung sind: alles eine Frage der Identität! Also brauchen Markenpositionie-
rungen eine spezifische Identität für sich und ihre Zielgruppen. Beim Corporate Branding
muss eine Identität entdeckt, entwickelt und eingesetzt werden, die vom Kunden wahrge-
nommen und übernommen wird und mit der er sich identifizieren kann. Ob sich Unterneh-
men oder Produkte so gestalten, ist austauschbar, geht aber in die gleiche Richtung und mit
derselben Methode. Überfüllte Märkte mit ähnlichen Angeboten erfordern klare und präg-
nante Heraushebungen, sodass, wie bei Tempo, Uhu oder Maggi, man den Bedarf erkennt,
aber sofort und möglichst ausschließlich an diese Marke denkt. Die „lila Schokolade“ zum
Beispiel unterscheidet sich von der „quadratisch, praktisch, gut“. Wenn das nicht nur aufge-
setzte, kurzfristige Marketingeffekte sind, sondern glaubwürdige und nachhaltige Positionie-
rungen, denen man Vertrauen entgegenbringen kann, dann ist das Corporate Branding und
damit ein erfolgreiches Auftreten.
Die Zielgruppen wollen Leistungen zu günstigen Preisen, mit Top-Qualität und der Mög-
lichkeit der Identitätsbildung. Sie wollen Markenprodukte, mit denen sie sich identifizieren.
Hier Leitfragen zur Entwicklung und Positionierung einer Marke:
1. Wer bin ich?
Realistische Visionen, Grundwerte, Ideen, Zielsetzungen,
Selbstverständnis, Selbstbild, Identität, Bewusstseinsbildung,
prägnante Beschreibung, Aussage im Überblick, Markenbenennung.
2. Was biete ich?
Angebote, Produkte, Dienstleistungen,
Leistungsspektrum, Programme, Zielgruppenorientierung,
Besonderheit, Abgrenzung, Alleinstellung, Marken-Profil, Added Value.
3. Wie bin ich?
Emotionale Beschreibung der Marken-Ausstrahlung in Schlagworten,
Umschreibung der Marke, Leitspruch, Symbol, Slogan,
Erläuterung der Marken-Identität: Verhalten, Wirkung, Kommunikation.
Positionierung im Markt: Corporate Branding 167
Erfolgreiche Visionen brauchen klare Konzepte: zur Unterscheidung der begrifflichen Vielfalt
in der CI-Strategie.
Die Erklärungsbedürftigkeit der Corporate Identity, die ganzheitliche Komplexität der unter-
schiedlichen Bereiche der CI sowie die nicht enden wollenden Positionsversuche durch eige-
ne unzulängliche Definitionsversuche führen zu einer großen Unsicherheit in Bezug auf die
Definitionen einzelner Begriffe in der CI und deren genaue Abgrenzung und Operationalisie-
rung. CI ist nur dann erfolgreich, wenn klare Konzepte und Strategien erarbeitet werden und
durch effektive und effiziente Methoden umgesetzt und gelebt werden. Unterscheiden Sie bei
Ihrem CI-Prozess also deutlich, auf welcher Arbeitsebene Sie sich gerade befinden:
Metaebene (über der Theorie, allgemeine, grundsätzliche, werteorientierte und visionäre
Ausrichtung mit verfassungsgebender Basisfunktion),
Theorieebene (strategische und konzeptionelle Ausrichtung mit der Aufgabe, aus dem
Leitbild/der Verfassung/der Vision konkretere Anleitungen, Ziele, Richtlinien, Gesamt-
und Teilkonzepte abzuleiten, damit die Umsetzung in der Praxis ermöglicht und gewähr-
leistet wird),
Praxisebene (konkrete Umsetzung der Grundlagen aus der Metaebene und den Richtlinien
aus der Theorieebene im Alltag am Arbeitsplatz – hier wird CI gelebt und schafft den ei-
gentlichen Erfolg durch Verbesserungs-, Identitäts- und Imageprozesse).
168 Wie baut man die Kommunikation und das Marketing auf?
Alle Begriffe in der CI-Theorie müssen ganzheitlich und corporate aufeinander abgestimmt
sein – also deutliche Zuordnungen und Vernetzungen haben:
Metaebene
Ausgangspunkt ist eine Vision (Wunschvorstellung, Idee), die zeigt, wo es längerfristig
(für ca. 5 bis 15 Jahre) hingehen soll. Sie ist eine zukunftorientierte allgemeine Orien-
tierungsgröße – eine zusammenfassende Zielsetzung.
Dazu muss ein entsprechendes Leitbild als Selbstverständnis formuliert werden, in dem
allgemeine Grundlagen, Werte und Aussagen zu grundsätzlichen Fragen festgehalten
werden, damit die Vision konkreter und so besser umgesetzt wird:
Wer bin ich? Wer sind wir (eigentlich)? Was machen wir/bieten wir (eigentlich) an?
Warum machen wir das? Welche Grundwerte und Ziele haben wir? Wen wollen wir an-
sprechen? Wie wollen wir eigentlich arbeiten? Welche spezifische Profilierung haben
wir? Welche Vision haben wir? Haben wir einen Slogan/Leitspruch?
Wie eine Art Verfassung ist das Leitbild langfristig (für ca. 5 bis 10 Jahre, Ergänzungen
und Überarbeitungen sind im Laufe der Zeit grundsätzlich möglich) und hauptsächlich
für die eigene Orientierung gedacht, muss aber auch von außen in den Grundzügen ver-
standen werden. Auf diese Basis sollten alle Maßnahmen nach innen und außen ausge-
richtet sein. Nur so schafft man die Vernetzung und Abstimmung zu den einzelnen Be-
reichen und die profilierte Positionierung. Das Leitbild ist also als Selbstverständnis die
verpflichtende Basis und Grundlage für alle weiteren Schritte und das ganze Denken
und Handeln.
Theorieebene
Abgeleitet von dem Leitbild sollten im nächsten Schritt jetzt genauere strategische Zie-
le formuliert werden. Unternehmensziele so genau wie möglich durch konkrete Indika-
toren definieren (z. B. Profil-Turn 2003: 250 Millionen Euro Umsatz mit 600 Mitarbei-
tern). Die Ziele sind kurzfristiger (ca. 1 bis 5 Jahre) und die Strategien und Konzepte
schon viel genauer in ihren Aussagen und Festlegungen und dabei auch immer ziel-
gruppenspezifischer in der Verständlichkeit und Ausrichtung. Im Rahmen der Unter-
nehmensstrategie können die genaueren operationalen Ziele für die einzelnen Abteilun-
gen und Bereiche entsprechend zugeordnet werden. So entwickelt sich aufbauend auf
das Leitbild ein CI – Gesamtkonzept mit Zielen, Strategien und Bereichskonzepten in
der Form einer Pyramide:
Corporate–Behavior-Konzept für das Verhalten nach innen und außen mit Personalent-
wicklung, Mitarbeiterführung, Verhaltensgrundsätzen ...
Corporate–Communication–Konzept für die Kommunikation nach innen und außen mit
Corporate Branding, Marketing, PR ...
Corporate–Design–Konzept für das gesamte Erscheinungsbild mit Logo, Wort-Bild-
Zeichen, Manual, Auftreten in den verschieden Medien ...
Positionierung im Markt: Corporate Branding 169
Praxisebene
Das CI-Team als Steuerungs- und Koordinationsgruppe für den CI-Prozess und die
Entwicklung des CI-Konzeptes verbindet die CI-Einzelelemente in Absprache mit der
Geschäftsleitung, mit Unterstützung des CI-Beraters und zusammen mit unterschiedli-
chen CI-Projektgruppen (zu Einzelbereichen, besonderen Aufgaben, Projekten) und
sorgt für die Implementierung, konsequente Umsetzung und das Controlling. Die Ge-
fahr der Unglaubwürdigkeit, der leeren Wort-hülsen und Schlagworte besteht besonders
an der Schwelle des Übergangs zwischen Theorie und Praxis und kann die ganze Cor-
porate Identity ins Wanken bringen. Eine professionelle CI-Beratung und das CI-Team
sorgen für eine erfolgreiche und nachhaltige Profilierung. Zur weiteren Unterstützung
der konsequenten Umsetzung der Corporate Identity im Alltag am Arbeitsplatz helfen
auch:
CI-Richtlinien (Verhaltensgrundsätze, Kundenrichtlinien, CD-Manual),
CI-Schulungen (CI-Seminare für Führungskräfte und Mitarbeiter),
CI-Kommunikation (Hauszeitungen, Treffs, Besprechungen, Flyer, Feste),
CI-Management (Leitungskonzept, Management by objectives),
CI-Controlling (Soll-Ist-Vergleiche, Überprüfung des CI-Konzepts).
Nur durch ein ganzheitliches CI-Gesamtkonzept kann die Corporate Identity glaubwürdig
gelebt werden – eine starke Identität und profiliertes Image aufgebaut werden.
Corporate Design ist das durch organisationsspezifische Leitlinien geformte visuelle Er-
scheinungsbild der Architektur, der gesamten Kommunikation und aller Präsentationswiesen
der Organisation/des Unternehmens. Ausgangspunkt dieser Leitlinien sind die Unterneh-
mensgrundsätze.
Die einzelnen Elemente und Einzelmaßnahmen sind Ausdruck der spezifischen Corpo-rate
Identity und vermitteln insgesamt den ganz persönlichen, spezifischen Stil des Unterneh-
mens. Sie reichen vom Produkt-Design (Industrial Design), dem Verpackungs-Design, den
Drucksachen, den Ausstellungs- und PR-Maßnahmen (Anzeigen, Werbung, Broschüren) über
die Einrichtungen und Dienstleistungen des Unternehmens bis hin zur Gestaltung des Fuhr-
parks und der Firmenkleidung (Grafik-Design).
Entgegen älteren Auffassungen von Corporate Identity in den 70er Jahren ist ein isoliertes
Corporate Design nicht in der Lage, eine umfassende Corporate Identity zu schaffen. Mit
einem Logo und etwas mehr Farbe allein kann das Unternehmen keine Mitarbeiter motivie-
ren oder Kunden ansprechen, besonders, wenn die Wirkungen anderer Maßnahmen (z. B.
schlechtes Betriebsklima, schlechter Kundenservice) die guten Design-Wirkungen aufheben.
Gestaltungsmerkmale, Zeichen und Symbolsysteme sind wichtige CI-Mittel zur Identitätsbil-
dung und auch häufig die ersten Schritte in Richtung CI. Die Design-Werte dürfen aber nicht
losgelöst von den Unternehmensgrundsätzen sein und auch nicht die alleinigen CI-
Maßnahmen bleiben. Der ganzheitliche CI-Ansatz geht über die visuelle Gestaltung von CI
weit hinaus.
Der Aufbau eines visuellen Erscheinungsbildes und die Wiedererkennung durch ein aufein-
ander abgestimmtes Designkonzept schafft ein spezifisches Image.
172 Wie gestaltet man das Erscheinungsbild?
Corporate-Design-Konzeption
Corporate Design!
Ein Corporate Design hat nur dann eine gute Wirkung, wenn es wirklich corporate – also
vernetzt und identitätsstiftend ist. Die alleinige Wiedererkennung und der durchgängige
Gebrauch der Designelemente schaffen nicht ein gutes Profil und ein gutes Image. Wider-
sprüchlichkeiten zu anderen CI-Bereichen mit ihren Wirkungen können ein gutes Design in
seinen Wirkungen völlig zerstören: Ein entsprechendes Verhalten und eine entsprechende
Qualität der Leistungen gehören zum Gesamteindruck untrennbar dazu.
174 Wie gestaltet man das Erscheinungsbild?
Ausgangspunkt für die spezifischen Designzielsetzungen sind die Analysen (Ist- und Sollzu-
stand), die grundsätzlich abklären, welche Bedeutung der offizielle Name, die Marke oder der
besondere Schwerpunkt für die Selbstdarstellung im Markt erhält. Wichtig dabei sind grafi-
sche und psychologische Gesichtspunkte:
Wahrung der Kontinuität,
prägnante und einprägsame Formulierungen,
gute Darstellbarkeit,
Vermeidung negativer Assoziationen,
Berücksichtigung der Abgrenzung zu den anderen Anbietern.
Eine Gruppe aus Ihrem Unternehmen möchte eine Imageanalyse (z. B. die Führungskräfte
einer Abteilung mit ihren Mitarbeitern) durchführen. An dem folgenden Beispiel kann die
Vorgehensweise erläutert und konkret erklärt werden, damit Sie diese direkt auf ihre Situation
beziehen können.
1. Vorbereitung
Ausgangspunkt sind die Erklärungen und Beschreibungen von Wirkungen, CI-Konzep-ten
und CI-Maßnahmen sowie die Darstellung möglicher Imagekomponenten. Die Spinnen-
Analyse (Abb. 12) zeigt einzelne Imagekomponenten nach innen und außen auf, die positiv
und knapp formuliert beurteilt werden können. Die Fläche der Spinne stellt das Image dar. Je
größer die Fläche, desto besser ist das Image. Die Elemente, die positiv erscheinen, müssen
also durch CI-Maßnahmen weiter in ihrer positiven Wirkung bestärkt werden. Die weniger
ausgeprägten Imagefaktoren müssen durch Maßnahmen ver-größert werden. Die Pfeile zei-
gen, wie die Gummibänder nach außen gezogen werden müssen. So kann die Imagearbeit
dargestellt und verständlich erklärt werden.
2. Imageuntersuchung
Wählen Sie acht mögliche Imagekomponenten selbst aus, die speziell für Ihr Unternehmen
untersucht werden sollen, und formulieren Sie eigene Fragen (evtl. Auswahl durch die Kar-
tenabfragmethode). Bei der Formulierung der Fragen nicht positive und negative Fragen
mischen, sondern nur positive Statements abfragen. Keine abstrakten, sondern möglichst
verständliche und eindeutige Formulierungen benutzen (wenn die Fragen negativ bewertet
werden, können in der nächsten Untersuchung dann noch genauere Fragen als Unterpunkte
evtl. die Ursachen aufzeigen). Bei der Benutzung von gleichen Fragen in Bezug auf unter-
schiedliche Zielgruppen können die Auswertungsfolien dann übereinander gelegt werden, um
die Vergleichbarkeit und entsprechende Imagemaßnahmen zu diskutieren.
Corporate-Design-Konzeption 175
Wenn die Imagekomponenten vorher erarbeitet und dann vorgegeben werden, können die
vorbereitenden Arbeitsschritte übergangen werden.
Bei der eigentlichen Untersuchung muss jeder die Fragen offen beantworten. Das kann durch
verbale Abstimmung pauschal erfolgen, bis für alle acht Komponenten Kreuze auf die Folie
gesetzt werden können. Nehmen Sie die entsprechende Hausfarbe des Unternehmens, um das
Image in der konstruierten Spinne einzuzeichnen.
Für eine geheime Imagebewertung können die erarbeiteten oder vorbereiteten Fragen in einen
Fragebogen eingetragen (als Fragebogen zur Imageanalyse) und für alle in der Kaffeepause
kopiert werden. Die Auswertung der durchschnittlichen Antworten (Durchschnittswert be-
rechnen) können vorbereitete Helfer auch in der Pause durchführen, sodass das Ergebnis
recht schnell gezeigt werden kann.
3. Imageauswertung
Das Ergebnis muss nach Stärken und Schwächen, durch Vergleiche und Ergänzungen von
anderen Analysen diskutiert werden. Maßnahmen für die Stärkung und Auswei-
tung/Entwicklung einzelner Imagekomponenten müssen im Rahmen eines CI-Konzeptes
aufeinander abgestimmt und nach Prioritäten geordnet werden. Ist- und Soll-Analysen (Visi-
onen) können verglichen werden, damit die Zielrichtung für die Mitarbeiter deutlich wird.
Auch schlechte Ergebnisse sollten offen besprochen werden, damit die gemeinsame Aufgabe
angegangen werden kann. Diese Imageanalyse als Methode ist sehr wirkungsvoll und effi-
zient. Sie kann flexibel der spezifischen Situation angepasst und für spätere Untersuchungen
verändert werden. Der Zeit-Kosten-Nutzen gibt eine Bestärkung für diese Vorgehensweise,
die immer weiter vertieft und ergänzt werden kann. Selbst bei der Auswertung von Seminaren
kann sie analog eingesetzt werden und zeigt richtige Bilder.
Das Wort-Bild-Zeichen
Entscheidend sind schließlich die grafische Darstellung des Namenszuges und die Gestaltung
des Wort-Bild-Zeichens, das Signet. Es sollte für alle Präsentationselemente und Selbstdar-
stellungsmaßnahmen wie z. B. Drucksachen und Werbeträger realisierbar sein. Bedenken Sie
dabei nicht nur die Möglichkeit zu drucken, sondern auch zu stanzen, lochen, prägen u. ä.
und die Umsetzung im Internet. Nehmen Sie keine radikalen Änderungen zur bisherigen
178 Wie gestaltet man das Erscheinungsbild?
graphischen Darstellung vor, sondern wahren Sie Kontinuität und betreiben Sie Veränderun-
gen schrittweise (wenn nicht ein Neuauftritt notwendig und sinnvoll ist). Dies ist kein Wider-
spruch, auch wenn Sie eine Neugestaltung wünschen. Verbindungen zum bisherigen Bild
lassen sich immer herstellen oder finden. Versuchen Sie so weit wie möglich Assoziationen
aus der bisherigen Unternehmenskultur (fortschrittlich, kundenorientiert, raumbezogen, qua-
lifiziert ...) mit einzubeziehen. Dies kann geschehen durch die Wahl des Schrifttyps, der Far-
ben oder auch durch die Gestaltungsweise oder durch alle Faktoren zusammen. Deutliche,
symbolhafte und reduzierte Signets zeichnen sich durch Einprägsamkeit und Prägnanz aus.
Auch die Schriftart sollte den Grundsätzen und Leitsätzen angepasst sein und Identität aus-
drücken. Sie muss zum gängigen Repertoire einer Druckerei und natürlich Ihrer Computers
gehören (oder immer direkt mit verbunden und implementiert werden) und schließlich gut
lesbar sein. Häufig benutzte Schriftarten wie z. B. Helvetica, die nicht gerade individuell
sind, aber weiterhin verwendet werden sollen, können durch spezifische Symbole oder grafi-
sche Elemente ergänzt und interessanter gestaltet werden. Wegen negativer Assoziationen
und rechtlicher Probleme sind Plagiate grundsätzlich zu vermeiden. Schriftarten können auch
individuell zugeordnet werden – kaufen Sie Ihre eigene Schriftart, die Sie dann durchgängig
nach innen und außen verwenden können.
Als Entwicklungs- und Gütekriterien für ein Wort-Bild-Zeichen dienen die Leitbilder und
Grundsätze, d. h. dass das Erscheinungsbild des Unternehmens auf diese Grundlage hin abge-
stimmt sein muss. Spezifische Designrichtlinien können die Qualität der Gesamterscheinung
noch ergänzen und verbessern. Aus den möglichen Gestaltungskriterien sollten Sie eigene
Schwerpunkte entsprechend auswählen und zusammenstellen.
ästhetische Qualität,
Gefühle,
Wahrnehmungsorientierung.
4. Eigene Profilbildung:
Akzente, Anreize,
Unverwechselbarkeit,
Prägnanz,
Deutlichkeit,
Erkennbarkeit,
Eigenständigkeit.
5. Vielseitiger Gebrauchswert:
Einsatzspektrum,
Reproduzierbarkeit,
Kontinuität,
Verbindungen bei variabler Darstellung,
Gesamterscheinungsbild,
Konzeptionsorientierung.
Viele Signets beziehen sich auf bauliche Elemente oder zeigen eine besondere Gestaltung der
Anfangsbuchstaben des Namens. Manchen Unternehmen gelingt auch die Darstellung ihrer
Produkte, Denkweisen und Werte in Form eines abstrakten Symbols, das mit der Einbezie-
hung von Unternehmensfarben lebendiger und aussagekräftiger wird. Die Wahl einer Haus-
farbe kann sich mit architektonisch vorgegebenen Elementen wie farbigen Fensterrahmen,
Türgriffen oder Schildern verbinden lassen. In der Regel sollte man sich aus Prägnanz- und
Kostengründen auf eine bis maximal zwei Hausfarben in Kombination mit den „Unfarben“
Schwarz und Weiß beschränken. Wegen der Großflächenwirkung und der Reproduzierbarkeit
ist die Auswahl der Farben aus dem RAL-Katalog anzuraten. Beachten Sie dabei, ob die
gewählten Farben das Wesen Ihrer Kultur zur Geltung bringen. Die Assoziationen der einzel-
nen Farben und ob sie mit Ihrer Unternehmensphilosophie zusammenpassen, sollten Sie
überprüfen. Die emotionalen Wirkungen der Farben haben eine große Bedeutung: Orange
(aufregend, anreizend, fröhlich, froh), Gelb (aufregend, anreizend, anregend, fröhlich, heiter,
angenehm, schön), Grün (besänftigend, beruhigend, vermittelnd, ausgleichend, friedlich,
behaglich) und Blau (beruhigend, entspannend, gelassen, angenehm, schön, sicher, behag-
lich). Für einzelne Bereiche und Räume, nach Arbeitsweisen und Zielgruppen sollte hier
differenziert werden. Gerade in sehr großen Unternehmen dienen die Farben zur Orientie-
rung, Sicherheit und zum Wohlfühlen – und Farben sind ja auch Grundlage zur Identitätsbil-
dung („Die lila Pause“).
180 Wie gestaltet man das Erscheinungsbild?
Ist es schließlich gelungen, ein überzeugendes Signet zu entwickeln, muss es auch konse-
quent auf alle Anwendungsmöglichkeiten übertragen und eingehalten werden. Auch die Be-
zeichnung, die im Signet enthalten ist, muss nun schriftlich wie mündlich (ev. Kurzform
festlegen) benutzt werden. Erst die wiederholende und einheitliche Nutzung schafft Klarheit
und Vereinfachung in der alltäglichen Anwendung (auch finanziell) und erzeugt die Wieder-
erkennung und eine große Profilwirkung. Neben der Anwendung auf allen Drucksachen wie
Geschäftsbriefen und Formularen findet das Signet auch Anwendung auf Tür- und Eingangs-
schildern, auf Plakaten für Feste und ähnliche Veranstaltungen, auf Luftballons, T-Shirts,
Kulis, Aufklebern, Buttons ... Die folgende Aufstellung gibt Anregungen, wo und wie Sie Ihr
Wort-Bild-Zeichen verwenden können.
1. Drucksachen:
Briefbogen und Zweitblatt, Faxbogen, Visitenkarten, Formulare und Vordrucke, Kurzmit-
teilung, Postkarte, Glückwunschkarte, Einladungen, Beilagekarte, Aufkleber, Umschlag,
Stempel, Rundschreiben, Urkunden, Broschüren, Jubiläumsschrift ...
2. Werbung und Öffentlichkeitsarbeit:
Plakate, Presseberichte, Kundenzeitung, Anstecknadeln, Produktinformationen ...
3. Außenwerbung:
Außenschilder, Transparente, Fahnen, Schaukästen, Architektur, Innenraumgestaltung,
Farbcodierung, Orientierungssystem, Sportkleidung, Banden-/Verkehrsmittelwerbung ...
4. Besondere Maßnahmen:
Feste, Ausstellungen, Basare, Werbegeschenke, Auftritte von Sportgruppen ...
Leider ist es noch häufig so, dass im Alltag unterschiedliche Gestaltungsformen verwendet
werden, so im Briefkopf andere als auf den Stempeln, bei Plakaten andere als auf Urkunden.
Ein typisches Erscheinungsbild mit Wiedererkennungseffekt gibt es in vielen Unternehmen
nur sehr selten. Unter dieser Uneinheitlichkeit leiden die Wirkungen nach außen, sie sind
widersprüchlich und oft auch verwirrend. Legen Sie Wert auf eine umfassende Implementie-
rung, damit sich der ganze Aufwand auch lohnt und die angestrebten Ziele wirklich erreicht
werden. Bei der Durchführung des Gestaltungsprozesses ist ein entsprechender Ablauf not-
wendig:
Problem-/Ist-Analyse,
Soll-Analyse/Zielsetzung/Unternehmensgrundsätze, Unternehmensleitbild,
Briefing als grundsätzliche Aufgabenstellung,
Entwurf und Planung der einzelnen Maßnahmen,
Präsentation und Feinabstimmung der Ergebnisse,
Genehmigung der Corporate-Design-Maßnahmen,
Corporate-Design-Konzeption 181
Was ist Corporate Design? Was ist das Besondere am „Corporate“? CD bedeutet:
Lösungsorientierung für den Ist-Zustand der Organisation,
das Gesamterscheinungsbild: Organisation, Marke, Medien,
ein einheitliches Erscheinungsbild zur Wiedererkennung,
Durchgängigkeit im Gebrauch/Einsatz,
die Abstimmung des CD auf die Grundsätze/Leitbilder,
Vernetzung zu den Bereichen Kommunikation/Verhalten,
182 Wie gestaltet man das Erscheinungsbild?
Designagenturen, Designbüros, einzelne Designer beschäftigen sich mit dem Thema Corpo-
rate Design für Unternehmen, Institutionen. Die Herangehensweise ist sehr unterschiedlich.
Der Eine hat eine bestimmte Designsprache und kleidet seinen Auftraggeber dementspre-
chend, der Andere hält sich an aktuelle Designtrends und wählt ein Erscheinungsbild, das ihm
einfach gefällt. Von diesen beiden Varianten soll hier nicht die Rede sein. Ich meine hier die
strategische Umsetzung einer Unternehmensidentität in Corporate Design (einheitliches
Erscheinungsbild auf der Basis strategisch festgelegter Anforderungen) und Corporate Com-
munication (Unternehmenskommunikation). Corporate Design (CD) und Corporate Commu-
nication (CC) sind „Dienstleister“ einer strategischen Entwicklung. Beide Bereiche haben die
Aufgabe, ihren Beitrag zur Erreichung bestimmter geplanter Ziele zu leisten. Das können
quantitative, umsatzorientierte aber auch qualitative, z. B. kulturelle Ziele sein. Diese Ziele
sind es, die Gestalter als Grundlage für ihre Designentwicklung benötigen. Der Designer ist
gefordert, sich in einen komplexen Entwicklungsprozess eines Unternehmens zu integrieren.
Von der CI zum Corporate Design 183
Was benötigen Designer, um mit der Ausgestaltung eines Unternehmens beginnen zu kön-
nen? Briefing, Positionierung, Unternehmensleitbild, Unternehmensziele, Vision ...? Ein
unternehmensweit entwickeltes Unternehmensleitbild ist der ideale Ausgangspunkt für die
Gestaltung. Hier werden Aussagen zu Sinn und Zweck eines Unternehmens, einer Institution
gemacht; Alleinstellungsmerkmale sind definiert und Aussagen zur Kultur des Unternehmens
werden dort gemacht. Das Unternehmensleitbild fasst alle Aspekte einer Identität in Kernsät-
ze zusammen. Doch auch diese Zusammenstellung ist noch zu komplex, um Ansatzpunkte
für konkrete Gestaltung zu finden. In der Praxis hat es sich daher bewährt, dass man in einer
Zusammenfassung der am stärksten identitätsgebenden Merkmale einen Leitsatz für das
Unternehmen formuliert. Diese Methode hat sich bewährt, da an diesem Punkt die inhaltliche
Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Kunden sehr intensiv ist. Jede CD Entwicklung wird
mit der Erarbeitung und Formulierung eines Leitsatzes begonnen.
– Technische Kompetenz,
– Sicherheit,
– Regionale Verantwortung.
Für die Gestaltung ergeben sich hier schon umsetzbare Inhalte. Leitsatz und Wertekanon
sind unbedingt mit dem Unternehmen abzustimmen. Keine Gestaltung ohne Kommunikati-
on mit dem Auftraggeber! Da hier die Grundlagen für ein ganz bestimmtes Image geschaf-
fen werden, sollten diese Vorgaben in einem konkreten Rebriefing der Designagentur mit
dem Unternehmen geklärt werden, bzw. in den CI-Steuerkreis zur Abstimmung gegeben
werden. Fehlentwicklungen im Gestaltungsprozess können zu diesem Zeitpunkt am ehes-
ten vermieden werden. Empfehlenswert sind Workshops mit dem Kunden, da ein Aus-
tausch zu Formulierungen verhindert, dass der Auftraggeber Sätze und Wörter anders in-
terpretiert als die Designagentur. Sprechen beide Seiten von den gleichen Inhalten und
einigen sich darauf, so können sich Kunde und Agentur im Weiteren darauf berufen.
184 Wie gestaltet man das Erscheinungsbild?
Corporate-Design-Programm
über das Design herzustellen. In der Zukunft liegt die Hauptaufgabe des Corporate Designs
darin, Vertrauen zu schaffen und die Identifikation nach innen und außen zu stärken. Identität
wird sichtbar und erlebbar gemacht. Natürlich gehören ökonomische Aspekte und vereinheit-
lichte Abläufe weiterhin zum quantitativen Nutzen eines Corporate Designs. Dokumentierte
Designrichtlinien werden einmal unternehmens- bzw. konzernweit entwickelt und anschlie-
ßend als Vorgabe an alle mit dem Corporate Design Beschäftigten verteilt. Entwicklungskos-
ten entstehen nur einmal. Global operierende Unternehmen können das Internet zur Distribu-
tion ihrer Manuals nutzen. Die oben genannten Kriterien zu erfüllen ist eine Bedingung, eine
hohe Eigenständigkeit und Unverwechselbarkeit ist eine weitere Anforderung an ein Corpo-
rate Design. Bei der Flut der uns angebotenen Bilder wird diese Aufgabe immer schwerer.
Dennoch belegen Beispiele wie TUI oder E.ON, dass es möglich ist, unique zu sein. Während
in den 80er und 90er Jahren die Erscheinungsbilder sehr vielschichtig, beeinflusst durch
wahre Bilderfluten der Privatfernsehsender, sehr formenreich waren, ist jetzt als Gegenbewe-
gung eher wieder eine Klarheit und Reduktion im Design zu verspüren. In der heutigen An-
wendung verstehe ich Corporate Design als ganzheitliches Erscheinungsbild eines Unter-
nehmens, einer Institution. Das Erscheinungsbild leitet sich aus den strategischen Zielen
eines Unternehmens ab. Alle Merkmale und Äußerungen eines Corporate Designs sind auf-
einander abgestimmt; nicht einfach einheitlich sondern sich ergänzend.
Nutzen durch Corporate Design:
Eindeutiges Marktprofil,
„One mouth speaking“,
Einsparung (z. B. bei der Neuordnung von Formularsystemen),
Identifikation der Mitarbeiter,
Wirtschaftlicher Nutzen.
Prozesshafte Designentwicklung.
Innerhalb eines Corporate-Design-Programm werden in der Phase eins die einzelnen Basis-
elemente entwickelt:
Unternehmensmarke (Logo, Wort-Bildmarke, Wortmarke),
Identitätselemente, Supplemente,
Hausschriften und Typografie, Formate und Gestaltungsraster,
Hausfarben, Farbkonzept, Bildkonzept.
In Form einer Konzeptpräsentation werden in Phase zwei anschließend wesentliche Teile
(z. B. Geschäftspapier, Visitenkarte, Titelseite und Doppelseite Imagebroschüre, Außenkenn-
zeichnung und Fahrzeug) des Erscheinungsbildes zusammen präsentiert. In dieser Form der
Darstellung kann der Kunde einen Einblick bekommen, welches Klima ein neues Corporate
Design im Zusammenspiel von verschiedenen Medien erhält und nach welchem System die
Basiselemente kombiniert werden können. Entscheidend bei der Entwicklung eines guten
186 Wie gestaltet man das Erscheinungsbild?
Corporate Designs ist nicht die Abarbeitung einer Checkliste sondern das Fingerspitzengefühl
für Variabilität bei gleichzeitiger Fixierung von Konstanten. Ein Erscheinungsbild darf nicht
starr wirken, es muss flexibel sein. Marktveränderungen finden in immer kürzerer Zeit statt.
Diese Dynamik muss übertragbar sein auf das CD von Unternehmen und Institutionen.
Gleichwohl muss der Kern der Identität durchgehend erkennbar sein. Ein Corporate Design
braucht Merkwerte. Im Wortsinn bleibend ist ein CD bemerkenswert, wenn der Betrachter,
auch der unterbewusste, bestimmte Merkwerte aufnimmt und abspeichert. Das Unterneh-
menszeichen ist hier an höchster Stelle zu nennen, ist es doch das reduzierteste Abbild der
Persönlichkeit und des Selbstverständnisses eines Unternehmens. Merkwerte dienen als Iden-
titätselemente in Erscheinungsbildern. Eigenarten, die sonst bei keinem Wettbewerber zu
sehen sind. Das kann eine bestimmte Typografie sein, signifikante Supplemente oder Ähnli-
ches. Die Merkwerte haben die Aufgaben, als Bilder schnell gelernt zu werden und somit
immer kurzfristig abrufbar zu sein.; natürlich nicht als grafischer Selbstzweck sondern auf-
bauend auf einer inhaltlichen Argumentationskette. Überprüfen Sie einmal Ihre Erschei-
nungsbilder anhand ihrer Merkwerte.
Im nächsten Schritt werden die verschiedenen Standards entwickelt für z. B.: Bürokommuni-
kation, Formulare, Interne Kommunikation, Power-Point-Präsentation, Literatur (Jahresbe-
richte, Geschäftsberichte, Broschüren, usw.), Internet/Intranet, Architektur, Leitsysteme/Außen-
kennzeichnung, Werbung, Fahrzeuge.
In diesen Phasen gibt es berechtigterweise vom Kunden Korrekturwünsche. Diese sollte man
als positive und förderliche Kritik auffassen, letztendlich wird der Kunde dieses Corporate
Design auch zukünftig leben und will sich damit identifizieren können. Dennoch sollte man
eine klare konzeptionelle Vorstellung von dem CD haben und diese auch immer wieder ver-
mitteln. Sind diese Eckpfeiler des neuen CDs geklärt, gilt es innerhalb der Corporate Com-
munication die Unternehmenskommunikation zu entwerfen.
Vorteile Corporate-Design-Programm:
Vernetzte Designentwicklung,
gegenseitige Abstimmung der Medien aufeinander,
Programm verfolgt Strategie,
Gestaltung wird nachvollziehbar.
sinnfälligen Namen „Autovision“ bekam (das Wort „automobil“ oder seine Abkürzung
„auto“ steht für „sich selbstbewegend, selbst beweglich“).
Eine Vision wird Unternehmen.
Für die Umsetzung dieses „selbstzündenden“ Entwicklungskonzeptes „Autovision“ grün-
deten die Stadt Wolfsburg und die Volkswagen AG in einer Public-Privat-Partner-ship ein
eigenes Unternehmen: die Wolfsburg AG. „Autovision“, das war und ist das Unterneh-
mensziel der Wolfsburg AG: die Schaffung eines sich selbst verstärkenden Unternehmens-
felds in Wolfsburg und der Region, das durch die Nähe zu Volkswagen, als größten Auto-
mobilhersteller, einen besonders interessanten Nährboden für unternehmerische
Aktivitäten bietet. Ganz konkret hieß das z. B., die über durchschnittlich hohe Arbeitslo-
senquote in Wolfsburg zu halbieren und innerhalb von fünf Jahren 10.000 neue Arbeits-
plätze zu schaffen, Unternehmensansiedlungen und Unternehmensgründungen zu fördern,
das kulturelle Umfeld zu stärken.
Eine Vision wird Marke.
In Workshops, Präsentationen und Diskussionen wurde das Leitbild der Wolfsburg AG
entwickelt, nicht nur als Grundlage für den basierenden visuellen Auftritt, das Corporate
Design, sondern auch als Leitlinie für das gesamte Verhalten, den Arbeitsstil aller Mitar-
beiter, das Corporate Behavior und den Kommunikationsstil, die Corporate Communicati-
ons. Vier Kernwerte – Reduzierung auf das Wesentliche? Aus dem umfangreichen Ge-
samtkontext des Leitbildes und der Beschreibung der Wolfsburg AG kristallisierten wir
vier Begriffe als wesentliche Merkmale für die neue Marke: „Regionalität, Visionen, Syn-
ergien und Impulse“ als wesentliche Merkmale für die neue Unternehmensmarke. Diese
Reduktion diente auch als Grundlage für die spätere Entwurfsarbeit zum Corporate De-
sign.
Die verbale und visuelle Definition der Marke.
„Impulse setzen“, das war die Brandmission, die wir mit dem Auftraggeber gemeinsam als
Kernwert und Essenz der Corporate Identity für die Wolfsburg AG erarbeiteten. So entwi-
ckelten wir aus dem Begriff „Impulse setzen“ den Claim „Ideen/Impulse/Initiati-ven“ und
den visuellen Impuls als wesentlichen Bestandteil der Wort-Bildmarke.
Die Corporate Identity bestimmt das Design, das Design bestimmt die Identität.
Corporate Colour und der allgemeine Bildstil der Wolfsburg AG, Farbe und Bilder, sind
mit die wichtigsten und prägnantesten Eckpunkte in einem definierten Corporate-De-sign-
System. Wenn wir von „Impulse setzen“ sprechen, visualisiert auch das Rotorange als
Hausfarbe diesen Kernwert. Rotorange hat nicht nur einen hohen Aufmerksamkeitswert,
sondern steht auch für „Achtung, hier passiert etwas!“ und signalisiert Veränderung (vgl.
Abbildungen).
188 Wie gestaltet man das Erscheinungsbild?
Der Erfolg eines neuen Corporate Designs kann davon abhängen, wie es eingeführt wird. Wir
unterscheiden bei der Implementierung außen und innen. Für die Einführung nach innen gilt,
je stärker die Akzeptanzbildung durchgeführt wird, desto besser gelingt die gesamte Umset-
zung. Mitarbeiter, die Argumente und Erklärungen bekommen, akzeptieren viel eher die
damit verbundenen Schwierigkeiten. In Workshops sollten möglichst viele Mitarbeiter in das
neue Corporate Design eingeführt werden.
Von der CI zum Corporate Design 189
Ein kleiner Impuls – eine große Wirkung: der grafische Entwicklungsprozess der Wortbild-
marke Wolfsburg AG.
Für die Einführung nach außen sollte ein Konzept erarbeitet werden. Die Maßnahmen reichen
von einem einfachen Mailing als Information bis hin zu speziellen Anzeigen oder Großflä-
chenkampagnen. Auch hier sind die Argumente und Gründe ausschlaggebend für den Erfolg.
Die nachhaltigste Wirkung erhält man auch hier, wenn die Gestaltung anhand von zu Grunde
gelegten Leitbildern, Leitsätzen kommuniziert wird.
Identitätsstiftende CD-Workshops
Es hat sich bewährt, dass Mitarbeiter, die permanent mit dem Erscheinungsbild zu tun haben,
kontinuierlich betreut werden. In CD-Workshops vermitteln wir die Grundlagen des Corpora-
te Designs. Außerdem können wir in diesem Rahmen am besten auf Fragen, Vorbehalte oder
auch Ängste eingehen. Ziel ist es, ein Klima der Identifikation mit diesem Prozess und seinen
Zielen bei den Mitarbeitern zu schaffen: Dieses Corporate Design will ich persönlich unter-
stützen, weil ich verstehe, dass dies der richtige Weg ist.
190 Wie gestaltet man das Erscheinungsbild?
Events
Die Dynamik mit der ein neues Erscheinungsbild eingeführt, spielt eine große Rolle. Gerade
in den Zeiten der großen Fusionen spielt die direkte Kommunikation von Mensch zu Mensch
eine große Rolle. In den Energie-, Finanz- und Telekommunikationsmärkten wird es auch
zukünftig noch zu vielen Fusionen kommen. Bringen Sie die Mitarbeiter „face to face“ zu-
sammen und machen Sie in Auftaktveranstaltungen Corporate Design zu einem kommunika-
tiven Höhepunkt.
Ein „Muss“ bei der Implementierung:
Information nach innen und außen.
CD-Steuerkreis im Unternehmen.
Workshops zur Einführung und Identitätsstiftung.
Permanentes Controlling über Workshops.
Neues CD Bestandteil der Corporate Communication.
Agenturauswahl
Erfahrung in CI-CD-Prozessen:
Corporate-Design-Programme werden in Prozessen entwickelt. Es ist deshalb ratsam, eine
Agentur mit Erfahrung und Fachkenntnis für diese spezielle Disziplin auszuwählen. Eine
Designagentur sollte fachlich hervorragende, realisierte Beispiele vorweisen können, sowohl
in der Kreativität als auch in der Durchführung. Ein weiteres Kriterium kann eine bestimmte
Branchenkenntnis sein. Da die Zusammenhänge in vielen Branchen immer komplexer wer-
den, kann die Zusammenarbeit durch vorhandenes Fachwissen effizienter sein. Die auszu-
wählende Agentur sollte ein klares Selbstverständnis haben und dazu auch stehen. Nicht zu
unterschätzen ist die „persönliche Chemie“ in der täglichen Zusammenarbeit über einen
langen Zeitraum. Auch hier sollte man gegenseitig überprüfen, ob die Teams zusammenpassen.
Und was kommt morgen? Dafür gilt mein Lieblingswahlspruch:
“When everyone on the ice is trying to get where the puck is,
I try to get where the puck is going to be.”
[Wayne Gretsky]
Was kann man von anderen lernen?
Unsicherheiten, Probleme und Konflikte stören die Zusammenarbeit und schaffen zusätzliche
Belastungen. Die Diskussion und Festlegung des Leitbilds mit Grundsätzen, Werten und
Richtlinien dienen einer besseren Orientierung, der klaren Bewusstmachung und Motivation
und schaffen damit einen ruhenden Pol und Sicherheit. Die Positionierung des Klinikums im
Wettbewerb kann nur gelingen, wenn die hohen Qualitätsanforderungen und die Patientenzu-
friedenheit gemeinsam angegangen und auch von Einzelnen engagiert gelebt werden. Es
bestehen Wechselbeziehungen zwischen innen und außen, d. h. zwischen interner Zusam-
menarbeit, Patientenzufriedenheit und Wettbewerb, Image, Marketing.
Das Leitbild ist damit Basis für alle Entscheidungen und hat Wirkungen nach innen und
außen. Die Implementierung des Leitbilds ist im Prozess mit enthalten, ohne Implementie-
rung ist das Leitbild wirkungslos. Zur Implementierung werden das CI-Team und auch die
Unterstützung der Betriebsleitung gebraucht. Die Ist-Analyse und CI-Wochen führen zu einer
Beteiligung der Mitarbeiter und sind Grundlage des Leitbilds. Die Umsetzung im Alltag muss
von Anfang gleichzeitig mit entwickelt und bearbeitet werden. Eigentliches Ziel ist das Profil
des Klinikums: nach innen (Verbesserung der Zusammenarbeit) und außen (Positionierung
im Wettbewerb) aufbauend auf dem Leitbild und seiner Implementierung.
Zielsetzungen dieses Prozesses im Klinikum von 2002 bis 2005 waren:
Identitätsbildung zur Sicherung des Unternehmenserfolges,
Profilierung im Wettbewerb, Markenbildung,
Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit,
Zukunftsgestaltung des Klinikums,
Sicherung des Marktstandortes.
192 Was kann man von anderen lernen?
Grundlage für alle Maßnahmen nach innen und außen ist das gemeinsame entwickelte Leit-
bild einer Organisation (Leitbildentwicklungsprozess). Das Leitbild ist die Vision des Unter-
nehmens, das Selbstverständnis, die Basis für alle Entscheidungen und die Verfassung – es
wird zu einer Marke. Es erhöht die Identifikation der Mitarbeiter, schärft das Profil im Wett-
bewerb und schafft einen verbindlichen Handlungsrahmen zu besseren Vernetzung und Ko-
ordination aller Maßnahmen – was letztlich zur Qualitäts- und Leistungsverbesserung führt.
Das Leitbild verdeutlicht die gemeinsamen Ziele und Werte. Ein gutes Leitbild ist Orientie-
rungshilfe für das tägliche Handeln und wird selbstverantwortlich am Arbeitsplatz im Alltag
gelebt. Das Leitbild bedeutet für das Klinikum eine Vision für die Zukunft und erfordert ein
Umdenken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Ziel der Mitarbeiterbefragung war, die Mitarbeiter wachzurütteln (auch negativ) und auf uns
aufmerksam zu machen. Dieses Ziel wurde trotz der tatsächlichen Beteiligung von nur 17
Prozent erreicht (dies ist kein unüblicher Wert). Die Befragung sollte zu der geplanten Leit-
bildbefragung überleiten und einen Diskussionsprozess in Gang setzen, hierfür war eine
höhere Beteiligung (über 20 Prozent) geplant.
Bei der Mitarbeiterbefragung wurden folgende Aspekte abgefragt, um daraus den Hand-
lungsbedarf zu ermitteln und daran zu arbeiten – erste Veränderungen und Erfolge zu schaf-
fen:
Nicht was wir erleben, sondern was wir empfinden ist unser Leben. Sokrates
Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wir möchten Sie bitten, die nachfolgenden
Behauptungen mit (Schul-)Noten von 1 bis 6 nach Ihrer ganz persönlichen Einschätzung zu
bewerten. (1 = trifft vollkommen zu; 6 = trifft überhaupt nicht zu)
1. Wir leisten gute Arbeit:
Qualität der medizinisch-pflegerischen Leistungen, Qualität der Arbeit des Wirtschafts-
und Verwaltungsdienstes
2. Wir sind motiviert:
Einsatzbereitschaft, gute Arbeitsbedingungen, berufliche Förderung
3. Wir haben zufriedene Patienten
4. Wir arbeiten gut zusammen:
gegenseitige Unterstützung, Wertschätzung und Verständnis, gemeinsame Ziele
5. Wir kommunizieren auf allen Ebenen gut:
in der eigenen Abteilung, zwischen den Abteilungen, berufsgruppenübergreifend
6. Wir haben klare Entscheidungsstrukturen:
sinnvolle Einbeziehung der Beteiligten, Transparenz schaffend, Informationsweitergabe
Gesundheit braucht Nähe … 193
„Wenn der Mensch sich etwas vornimmt, so ist ihm mehr möglich, als man glaubt.“
[Pestalozzi]
Als nächster Meilenstein wurden zur Erläuterung und Festigung des Leitbildes Verhaltens-
grundsätze formuliert – in gleicher Vorgehensweise und Struktur. Durch die effiziente Vorge-
hensweise und die Konkretion auch durch die Führungsgrundsätze konnte der Prozess ver-
stärkt und die Identifikation ausgebaut werden.
Unternehmensgrundsätze Was darf nicht passieren, damit Was bedeutet das für mein
das erreicht werden kann? Verhalten als Führungsver-
Welche Fehler dürfen nicht antwortliche/r?
gemacht werden?
Unternehmensgrundsätze Was darf nicht passieren, damit Was bedeutet das für mein
das erreicht werden kann? Verhalten als Führungsver-
Welche Fehler dürfen nicht antwortliche/r?
gemacht werden?
Missachtung der Erwartungen
und Bedürfnisse
Mitarbeiter nicht über notwendige
Veränderungen informieren
Offenheit, Ehrlichkeit, Fairness
und angemessenes Agieren
werden negiert
Falsche Erwartungen
Materielles Denken
3. Der Zufriedenheit der Uneinheitliche Aussagen Höflichkeit
Patienten wird eine hohe Nichtbeachten von klinikinternen Verhaltensregeln
Bedeutung zugemessen, ihre Leitlinien
Bedürfnisse und Erwartun- Zuständigkeiten klären
gen sind wichtig „schlechtes Zeitmanagement“ Informationen des Patienten
unzureichende Erklärungen
Ansprechpartner fehlen
Fehlende Höflichkeit
4. Die Bedürfnisse der Mitar-
beiter, Patienten und Kun-
den werden mit den uns zur
Verfügung stehenden finan-
ziellen Mitteln nach Mög-
lichkeit erfüllt
Wie arbeiten wir:
Engagierte, konstruktive
und vertrauensvolle Zu-
sammenarbeit zum Wohle
unserer Patienten
1. Wir arbeiten motiviert und Unabgestimmter Wechsel von Definition und Weitergabe von
konsequent auf die verein- Zielvereinbarungen Zielen (rechtzeitig und zeitnah
barten Ziele hin Motivationsverlust begründet)
Kontrollverlust Begleitung und Hinführung
zum vereinbarten Ziel
Unzureichende Zielidentifikation
Überzeugungskraft und Au-
Kontrollverlust thentizität
„Meilensteine“ (Etappenziele)
festsetzen
198 Was kann man von anderen lernen?
Unternehmensgrundsätze Was darf nicht passieren, damit Was bedeutet das für mein
das erreicht werden kann? Verhalten als Führungsver-
Welche Fehler dürfen nicht antwortliche/r?
gemacht werden?
2. Wir überprüfen das Erreich- Das Erreichte/Ziele interessiert Wir überprüfen die Erreichung
te kontinuierlich nicht mehr unserer gesamten Ziele und
Das Prüfungsergebnis nicht informieren und diskutieren die
vorstellen und diskutieren Konsequenzen mit unseren
Mitarbeitern
Keine Teamarbeit
Kleinliche Analysen mit Diffa-
mierung von Mitarbeitern
Die Qualitätssicherung nimmt so
überhand, dass sie zur Demotiva-
tion und Leistungsrückgang führt
Fehler/Unvollkommenheit ohne
Rückmeldung
Verweigerungshaltung
Das Gefühl ständiger Kontrolle
vermitteln
Mitarbeiter nicht über Ereignisse
zu informieren
3. Wir sind aufgeschlossen Ausschluss von Kritik Interne und interdisziplinäre
gegenüber zukunftsweisen- Planloses Vorgehen Abstimmung
den Entwicklungen Strategie und nachfolgende
Fehlende Integration der MA
Umsetzung
Festhalten an sog. Altbewährtem
Mitarbeiterinformation
MA – Integration
Überzeugung weiterer Ent-
scheidungsträger
4. Die Aus-, Fort- und Weiter- Niedriges Fortbildungsbudget Freiräume für Fortbildung
bildung wird aktiv gefördert Auf das finanzielle reduzierte schaffen
Denkweise Schaffung eines positiven
Diskrepanz zw. Anspruch und Klimas für Fortbildung
Wirklichkeit Effektivitätskontrolle
Fehlende zeitliche Ressourcen Fortbildungsbedarf erkennen
Fehlende Transparenz und initiieren
Abbau von Ausbildungsplätzen Know-how-Pool
Keine Nutzung von Synergien
Fehlende interdisziplinäre Ab-
stimmung
Unterstützung der Wissenschaft-
lichkeit
Unzureichende Nachwuchsförde-
rung
Fehlende individuelle Leistungs-
förderung
Gesundheit braucht Nähe … 199
Unternehmensgrundsätze Was darf nicht passieren, damit Was bedeutet das für mein
das erreicht werden kann? Verhalten als Führungsver-
Welche Fehler dürfen nicht antwortliche/r?
gemacht werden?
5. Ein umfassendes Qualitäts- Darf kein Selbstzweck werden Konzentration auf Essentials
management wird gefördert Zuviel Bürokratie Einheitliche Dokumentation
Verzicht auf externen Sachvers- Publizieren
tand
Fehlende Transparenz
6. Eine reibungslose Zusam- Die Konsequenzen des Handelns Wir unterstützen die respekt-
menarbeit aller Fachdiszip- in anderen Abteilungen nicht volle Zusammenarbeit aller
linen wird angestrebt kennen Bereiche
Nur eigene Interessen berücksich- Wir berücksichtigen in unserem
tigen Handeln die Erfordernisse und
Kein Verständnis untereinander Erwartungen anderer Bereiche
Nur fachbezogenes Denken und
Handeln: „Wir sind die Größten“
Säulendenken
Abgrenzungen der Kliniken
Diffamierung anderer Abteilun-
gen
Durch aus Wirtschaftlichkeit
geforderte Personalreduktion
treten Aggressionen, Gewohnheit
und der Zusammenarbeit durch
Überlastung auf
7. Es wird ein positives Ar- Team als Selbstzweck (Mobbing, Objektive Beurteilung der
beitsumfeld mit teamorien- Cliquenbildung) Teammitglieder – klare Zustän-
tierten Strukturen geschaf- Verstecken im Team - digkeiten
fen, in dem gegenseitige Unverbindlichkeit Teamgedanke in allen Berei-
Unterstützung und das chen und in allen Ebenen
Einbringen von individuel- Fehlende Definitionen der Zu-
len Fähigkeiten möglich ist ständigkeiten Kommunikation s.o.
Säulen und Bereiche als Team- Vorbild (in eigener Klinik und
grenze im Klinikum)
Hierarchie als Teamgrenze
8. Wir arbeiten effizient, Umstrukturierende Aufgabenver- Überwindung von Säulenden-
vertrauensvoll und lösungs- teilung ken – Abteilungsgrenzen
orientiert zusammen Keine gemeinsame Planung Förderung der Kooperation
Nicht ausreichender Informati- zwischen Berufsgruppen
onsfluss Konstruktiver Umgang mit
Schwächen
Informationsfluss bei gleichzei-
tiger Informationsdisziplin
Stärkung der Selbstverantwort-
lichkeit
200 Was kann man von anderen lernen?
Unternehmensgrundsätze Was darf nicht passieren, damit Was bedeutet das für mein
das erreicht werden kann? Verhalten als Führungsver-
Welche Fehler dürfen nicht antwortliche/r?
gemacht werden?
Gesundheit braucht Nähe – aber auch wir selbst brauchen Nähe, unsere Arbeit, unsere Mitar-
beiter, die Patienten und gerade auch ein großes Klinikum. Distanz ist überall ein Erfolgsfak-
tor für Misserfolg. Alle wichtigen Funktionen und Aufgaben eines Leitbildes sind in diesem
Klinikum neugierig und motiviert angegangen worden, wurden glaubwürdig und nachhaltig
umgesetzt. Es wurde dafür Sorge getragen, dass identitätsstiftende und profilbildende Wir-
kungen und Erfolge geschaffen wurden. Nicht immer sind Leitbilder gut – sie werden als
Luxus verstanden – als überflüssig – als leere Worthülsen. Sie sind aber Notwendigkeit und
Chance, sich gemeinsam strategisch zu entwickeln und für die Zukunft zu stärken. Alle haben
eigentlich ein Leitbild – nur nicht bewusst, gemeinsam entwickelt und damit nicht direkt
Klare CI-Strukturen beim Bauen … 201
erfolgreich wirksam – mehr ein Leitbild der schlechten Unternehmenskultur. Das Markenzei-
chen „Gesundheit braucht Nähe“ ist eigentlich nicht neu. Das war schon immer das Leitbild
dieses Klinikums – mehr unbewusst und nicht gemeinsam formuliert. Nähe ist wichtig für die
Arbeit und im Umgang miteinander. Nähe als persönliche Zuwendung für die Patienten über
die medizinische und pflegerische Qualität hinaus zeichnet das Klinikum aus. Nähe als
menschlicher Umgang miteinander ist dafür die Basis. Ohne diesen Wert kann ein Klinikum
keine gute Arbeit leisten, sich nicht am Markt bewähren und für die Zukunft kein prägnantes
Profil bekommen. Nähe schafft gesunde Strukturen, Prozesse und Menschen. Nähe heißt
Verständnis, Verbindlichkeit und Vertrauen. Ein weicher Wert – aber der wichtigste Erfolgs-
faktor überhaupt, der das Klinikum Solingen einzigartig macht – in einer Zeit der völligen
Umstrukturierung wichtig und besonders für die Zukunftssicherung.
Der Name Krieger + Schramm ist Symbol für Kompetenz, Sicherheit und Begeisterung. Das
renommierte Bauunternehmen hat seinen Sitz in Dingelstädt im Eichsfeld, in Lohfelden bei
Kassel sowie in Frankfurt am Main. Der Leistungskatalog umfasst die vier großen Bereiche
Büro- und Gewerbebauten, Ein- und Mehrfamilienhäuser, Modernisierung und Sanierung
sowie Projektentwicklung. Als Marktführer in der Region stehen sie als moderner Bau-
dienstleister für Qualität, Innovation und Leistungsfähigkeit. Mit Freude und Begeisterung
setzen sie die Ziele und Wünsche ihrer Kunden rund um das Bauen mit einer individuellen
Betreuung und einem Komplettservice fach- und termingerecht um. Dabei steht der Bauherr
im Mittelpunkt der Tätigkeit. Die Grundlage für eine erfolgreiche Realisierung der Bauvor-
haben ist die hohe Motivation, der hohe Ausbildungsstand, die zielstrebige, strukturierte
Arbeit, die Leistungsbereitschaft und das erfolgsorientierte Handeln des Teams. Die Zusam-
menarbeit mit führenden Forschungseinrichtungen, der Besuch von Fachmessen und regel-
mäßige externe und interne Schulungen der Mitarbeiter sind die Garantie dafür, stets auf dem
neuesten Ausbildungsstand zu sein. Honoriert wurde die Arbeit des Unternehmens mit dem
Staatspreis für Qualität 2000, dem Großen Preis des Mittelstandes 2004 (Oskar für hervorra-
gende Leistungen in einem deutschen mittelständischen Unternehmen) und dem Internetpreis
des Deutschen Handwerks 2004. Die Firma Krieger + Schramm zählt aktuell zu den „TOP-
JOB 100“, d. h. zu den bundesweit 100 besten, innovativen Arbeitgebern des Mittelstandes.
Seine Erfahrungen als ehemaliger Leistungssportler bringt Matthias Krieger in sein Unter-
nehmen ein, führt es erfolgsorientiert und mit Teamgeist. Matthias Kriegers Lebensmaxime:
„Offen sein für Neues, alle Mitarbeiter für ihre Arbeit begeistern, seinen Kunden nur das
202 Was kann man von anderen lernen?
Allerbeste bieten, mit Ausdauer gemeinsam ein angesteuertes Ziel verfolgen“. Mehr über
Ziele und Visionen können Sie auch unter www.krieger-schramm.de erfahren. Hier die ge-
meinsam mit dem Team entwickelten und gelebten CI-Strukturen der Baufirma in einer kla-
ren und vorbildlichen Form. Der Leitspruch des Unternehmens lautet: Mit Sicherheit – mehr
Freude am Bauen.
Die Leitziele des Unternehmens erläutern die konkrete Umsetzung:
Wir bauen für Sie mit Begeisterung.
Wir garantieren Ihnen langfristig Sicherheit und Qualität.
Daher arbeitet das Unternehmen nach folgenden Leitsätzen (Leitbild des Unternehmens
Krieger + Schramm):
1. Kunden: Wir begeistern unsere Kunden mit der perfekten Leistung.
Wir geben alles für unsere Kunden.
2. Team: Wir sind ein engagiertes und gut ausgebildetes Team.
Wir handeln mit klaren Zielen.
3. Qualität: Wir arbeiten kontinuierlich innovativ und vorausschauend.
Wir garantieren Qualität.
4. Sicherheit: Wir garantieren langfristige Sicherheit.
Wir sind Marktführer in der Region.
1. Kunden
Wir begeistern unsere Kunden mit der perfekten Leistung. Daher arbeiten wir nach folgenden
Qualitätsstandards.
1. Wir sind entsprechend eines internen Einsatzplanes 24 Stunden an sieben Tagen in der
Woche für unsere Kunden erreichbar. (ständige Erreichbarkeit)
2. Wir bestätigen Kundenanfragen per Rückmeldung innerhalb von 24 Stunden.
(Bearbeitungsstatus)
3. Wir senden jedem Kunden 48 Stunden nach Eingang der Schlusszahlung einen Kundenzu-
friedenheitsbogen zu. (externe Bewertung)
4. Wir übergeben bei Bauanlauf eine individuelle Kundeninformationsmappe.
(Kundeninformation)
5. Wir bearbeiten Kundensonderwünsche. (Service)
6. Wir bearbeiten Reklamationen sehr kurzfristig. (Reklamationsmanagement)
204 Was kann man von anderen lernen?
7. Wir betreuen unsere Kunden auch nach Fertigstellung durch unser jährlich gestaffeltes
Servicepaket. (Kundenbindung)
8. Wir pflegen unsere vorhandenen Beziehungen, um Aufträge nicht allein über den Preis zu
akquirieren, und erweitern unser Beziehungsnetzwerk um mindestens fünf persönliche
Kontakte im Jahr. (Netzwerk)
2. Team
Wir sind ein engagiertes und gut ausgebildetes Team. Daher handeln wir nach folgenden
Qualitätsstandards:
1. Wir arbeiten nach gemeinsam entwickelten Teamregeln und reflektieren diese jährlich.
(Verbesserung der Zusammenarbeit)
2. Wir arbeiten mit modernsten Arbeitsmitteln entsprechend eines Investitionsplans, welchen
wir jährlich fortschreiben. (gute Arbeitsausstattung)
3. Wir sind ein gut eingespieltes Team aufgrund geringer Fluktuation und niedrigem Kran-
kenstand. (Effektivität, Kontinuität)
4. Wir bilden jährlich mindestens zwei Lehrlinge aus und stellen neue Mitarbeiter entspre-
chend ihrer Qualifikation und eines speziellen Einarbeitungsplanes ein. (Qualifikation)
5. Wir garantieren jedem Mitarbeiter mindestens eine Schulung pro Jahr und bei den Füh-
rungskräften zwei Schulungen pro Jahr. (Optimierung der Fachkompetenz)
6. Wir haben ein Prämiensystem, welches wir jährlich reflektieren. (Motivation)
7. Wir pflegen das „WIR-GEFÜHL“ im Team durch mindestens zwei Teamfeste pro Jahr
und ein gemeinsames Gesundheitskonzept. (Stärkung des Teamgeistes)
8. Wir schulen und bewerten unsere Nachunternehmer einmal jährlich.
(Verbesserung der Qualität)
3. Qualität
Durch zuverlässige Qualität bauen wir bei unseren Kunden langfristiges Vertrauen auf. Daher
arbeiten wir nach folgenden Qualitätsstandards:
1. Wir arbeiten nach einem Qualitätssystem, welches einmal jährlich extern geprüft wird.
(Qualitätssicherung nach DIN EN ISO 9001:2000)
2. Wir pflegen einen regelmäßigen Informationsaustausch, z. B. durch wöchentliche Baulei-
tersitzungen, Teambesprechungen, Gewerkebe-sprechungen. (Zielkontrolle)
3. Wir garantieren Planungs- und Ausführungsqualität durch den ausschließlichen Einsatz
von entsprechenden Fachingenieuren. (Fachkompetenz)
4. Wir erstellen für jedes Bauvorhaben einen Arbeitsablaufplan und führen, nach wöchentlichen
Qualitätskontrollen auf der Baustelle, Teilabnahmen durch. (Termin- und Qualitätssicherung)
Klare CI-Strukturen beim Bauen … 205
5. Wir bauen ausschließlich mit bauaufsichtlich zugelassenen Baustoffen und führen bei
jeder Materiallieferung eine Prüfung auf Qualität und Quantität durch. (Materialkontrolle)
6. Wir bauen nur mit ausgewählten, verlässlichen Nachunternehmen.
(Qualität der Kooperationspartner)
7. Wir setzen mindestens zehn Verbesserungsvorschläge im Jahr um. (Weiterentwicklung)
8. Wir setzen mindestens alle zwei Jahre neue Technologien, z. B. in Zusammenarbeit mit
Forschungseinrichtungen und durch Fachmessen, ein. (Innovationsfindung und Umsetzung)
4. Sicherheit
Wir garantieren langfristige Sicherheit. Daher arbeiten wir nach folgenden Qualitätsstan-
dards:
1. Wir arbeiten nach einem Risikomanagementsystem und reflektieren dieses jährlich.
(Gefahrenminimierung)
2. Wir gewähren fünf Jahre Garantie und sichern diese durch unsere starke Bonität, welche
jährlich extern überprüft wird. (Ausfallsicherheit)
3. Wir sichern die Zukunft unseres Unternehmens durch eine hohe Eigenkapitalquote von
30 %. (langfristige Sicherheit)
4. Wir sichern die ausreichende Verfügbarkeit von Finanzmitteln durch einen Liquiditätsplan,
welcher monatlich aktualisiert wird. (Liquiditätssicherung)
5. Wir kompensieren Ausfälle auf der Führungsebene durch einen Stellvertreterplan.
(Personalsicherheit)
6. Wir erreichen die Marktführerschaft durch mindestens fünf Prozent Neukundengewinnung
jährlich. (Vergrößerung Kundenstamm)
7. Wir lassen unsere Stellung am Markt durch unsere Kunden und Partner bewerten und
reflektieren diese. (Imagebewertung)
8. Wir beteiligen uns an mindestens einem Wettbewerb pro Jahr und wollen alle fünf Jahre
einen Preis erringen. (Außenwirkung/Imagebildung)
Die einfache und klare Struktur schafft Transparenz und sichert die konsequente Umsetzung
im Alltag. Zu komplexe und sich verzettelnde Strukturen zeigen, dass das Unternehmen sich
selbst nicht klar ist über ihre wichtigen Ziele und Aufgaben und vermitteln damit keine Stär-
ke. So ist dieses Selbstverständnis Grundlage für das Handeln nach innen und gleichzeitig
Profilierung des Unternehmens nach außen. Sie lassen sich an diesen Eckwerten messen und
zeigen damit glaubwürdig, dass ihnen diese wichtig sind und nicht nur leere Floskeln.
Wie kann man den Identitätsprozess
in Gang halten?
Die Aufgaben werden immer schwieriger, umfassender, vernetzter – die Komplexität wird
größer!
Die Ansprüche werden immer qualifizierter, spezieller, zeitlich enger – die Flexibilität wird
notwendiger!
Die Anforderungen werden immer persönlicher, spezieller, Engagement einfordernder – die
Identität wird entscheidender!
Für die Zukunft brauchen wir entsprechend dieser neuen Anforderungen für die Arbeit nicht
nur neue Konzepte und den „neuen Menschen“, sondern einen gemeinsamen und glaubwür-
digen Veränderungsprozess.
Zukunftsgestaltung
Die Zukunft wird aus Ideen gemacht und aus Kompetenzen, sie zu erreichen.
In der Zeit der Jahrtausendwende und der bewussten Zukunftsgestaltung fordern viele neue
Konzepte und den „neuen Mitarbeiter“, der mit den zukünftigen Arbeitsbedingungen und
Arbeitsstrategien gut zurechtkommt: selbständig, selbstverantwortlich, mitdenkend, flexibel,
hochmotiviert, kompetent und mit starker Persönlichkeit. Möglichst mit großen Erfahrungen
aus unterschiedlichen Bereichen, sprachlich, wissenschaftlich, technisch und praktisch – aber
noch jung an Jahren und mit niedrigen Gehaltsvorstellungen. Diese Omnipotenz ist ein
Fluchtpunkt des Denkens und lenkt auch ab von den realen und täglichen Entscheidungen
und Problemen vor Ort. Jetzt müssen wir daran arbeiten, die Zukunft zu gestalten und mit
dem konsequenten Veränderungsprozess beginnen. Nicht mehr über zukünftige Bedingungen
und mögliche Schwierigkeiten diskutieren, sondern jetzt handeln und in kleinen Schritten
diese Vision zumindest versuchen.
208 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?
Machen wir aus lernbereiten Mitarbeitern und lernenden Organisationen eine lernende Ge-
sellschaft! Alle Zukunftsvisionen lassen sich in Frage stellen und/oder reduzieren auf eine
Grundanforderung: Semper mutor – sich ständig verändern. Neugierig sein, Neues entdecken,
Neues erfahren – lernen.
Hintergrund dieser umfassenden Veränderungsprozesse ist der Übergang von der Industriege-
sellschaft zur Wissensgesellschaft und dem damit verbundenen Wandel der Arbeitsformen.
Industrielle Massenproduktion war auf technisch-rationale Produktivität ausgerichtet, die die
Subjektivität der Arbeitenden nicht nur missachtete, sondern sogar als Störgröße für produk-
tive Potenz durch rigide Kontrolle betrieblicher Prozesse und Managementkonzepte versuch-
te auszuschalten. Selbstverwirklichung und selbstverantwortliche Handlungs- und Entschei-
dungsräume, in denen die Mitarbeiter auch mitdenken, waren im tayloristischen
Arbeitssystem nicht vorgesehen. Sture Anweisungen und Ausführungen können in Anbetracht
der veränderten Ansprüche, Erwartungen und Arbeitsbedingungen nicht mehr greifen und
zum Erfolg führen. Heute sind nicht mehr Massenprodukte, sondern Produkte und Leistungen
mit einem spezifischen besonderen Profil im engen Wettbewerb erfolgreich. Gefragt sind
neue ganzheitliche Arbeitsformen und Managementkonzepte, die die menschliche Seite der
Mitarbeiter nicht unberücksichtigt lassen, sondern gezielt ansprechen und aktivieren, um
neue Qualitäten, Leistungen und Erfolge freizusetzen, die die Unternehmen brauchen und die
auch zum Wohle der Mitarbeiter sind. Der Mensch ist keine Störgröße, sondern entscheiden-
der Träger des gemeinsamen Erfolgs. Das 3. Jahrtausend wird also „gezwungenermaßen“
menschlicher werden, weil sich die post-tayloristischen Arbeitsformen geändert haben. Neue
Konzepte allein helfen bei diesem Übergang zum neuen Denken aber wenig, wenn sie nicht
auch konsequent im Alltag gelebt werden. Führungskräfte und Mitarbeiter gleichermaßen
brauchen dazu die entsprechende Einstellung, das Bewusstsein und die Verhaltensweisen.
Sind wir fit für das 3. Jahrtausend? Gigantische CI-Prozesse kommen auf uns zu!
Überall hört und liest man von Veränderungen in Wirtschaft, Gesellschaft und in der Politik.
Wir müssen lernen umzudenken und uns den notwendigen Innovationen zu stellen: in der
Produktion, im Management und auch bei dem einzelnen Mitarbeiter. Diese Veränderungs-
prozesse bleiben isoliert und haben nicht den langfristigen Erfolg, wenn sie nicht auch Verän-
derungen der Unternehmenskulturen und der entsprechenden Verhaltensweisen glaubwürdig
und konsequent nach sich ziehen. Fusionierte Unternehmenskulturen müssen aufeinander
abgestimmt und neue Kulturen entwickelt werden. Veränderungen ohne bewusst gestaltete
Zukunftsgestaltung 209
Corporate Identity bleiben sonst kurzfristig, aktionistisch und inhaltsleere Worthülsen. Die
verbleibenden Unternehmen müssen ihr Profil noch mehr stärken und herausarbeiten, um
bestehen zu können. Es werden also in Zukunft gigantische CI-Prozesse auf uns zukommen!
In allen Branchen und Bereichen sind in letzter Zeit vermehrt Fusionen und Übernahmen von
Global Players zu beobachten: Automobilhersteller, Versicherungen, Banken, Kommunikati-
onsanbieter, Büromöbelhersteller, Energieversorger usw. Auch durch den Generationenwech-
sel in der Mitarbeiterschaft, im Management und bei den Inhabern von Betrieben (Nachfolge-
regelungen) gibt es starke Veränderungen in den Arbeitsstrukturen und Denkweisen. Neue,
veränderte Führungsstile, Werte und Zielvorstellungen können nur dann zum Tragen kom-
men, wenn sie im Rahmen eines bewussten Neugestaltungsprozesses miteinander vernetzt
und neu implementiert werden. Gefragt sind ganzheitliche Konzeptentwicklungen und Schu-
lungen, um diese Neuerungen auch wirksam werden zu lassen: Corporate-Identity-Prozesse
im besten Sinne!
Der Veränderungsdruck kommt auch durch die verstärkte internationale Ausrichtung, europä-
isch und weltweit. Der harte internationale Wettbewerb zwingt zu einer neuen Positionierung
im Markt (alte und neue Märkte) und zu einer spezifischen und ausgeprägten Profilierung.
Imageverbesserungen, stärkere Kundenorientierung, Optimierung der Arbeitsweisen und
Qualitätsverbesserungen erfordern nach innen kontinuierliche Verbesserungsprozesse, Quali-
tätsmanagement und eine unterstützende Personalentwicklung (Mitarbeiterführung, Team-
entwicklung, Verhalten gegenüber Kunden). Ohne den motivierten, mitdenkenden und selbst-
verantwortlichen Mitarbeiter können diese Anforderungen nicht erfüllt werden. Ohne die
Identifikation der einzelnen Mitarbeiter kann in der heutigen Situation die Qualität des Leis-
tungsspektrums nicht erfolgreich gehalten werden. Dafür müssen die unterschiedlichen Iden-
titäten der einzelnen Mitarbeiter mit der spezifischen Eigenart des jeweiligen Unternehmens,
also mit dessen Identität, verbunden werden. Wer sich mit dem Produkt und der Arbeitsweise
seiner Organisation nicht identifizieren kann, wird weder ein Wohlgefühl noch ein Wir-
Gefühl entwickeln können, und ein Arbeitnehmer, der in seiner Individualität angegriffen
oder nicht ernst genommen wird, kann sich nicht sicher und dazugehörig fühlen. Gemeinsa-
mes Arbeiten wird konfliktbeladen und zieht Energie von den eigentlichen Aufgaben ab.
Durch ein Neben- oder gar Gegeneinander der Einzelwirkungen kann die volle mögliche
Arbeitsleistung nicht mehr erbracht werden. So hat erfolgreiche Arbeit immer einen sozialen
Charakter!
Die Identitätsfindung und -bestimmung hat für den Einzelnen einen hohen Stellenwert und
beinhaltet die Fragen nach Herkunft, Zugehörigkeit und Position in der Gesellschaft. Dabei
geht es nicht nur um das Erkennen der Einzigartigkeit, sondern auch um Übereinstimmung
mit den Erwartungen anderer. Die Identifikation oder eine starke Identität schaffen Sicherheit
und Wohlgefühl. Ein starkes Ich- oder auch Wir-Gefühl sorgt für eine klare Orientierung und
Positionierung in der Gesellschaft, für Unverwechselbarkeit und ein leichtes und schnelles
Wiedererkennen für Außenstehende. Dabei bleibt die Identität nicht endgültig fassbar, son-
dern sie muss sich ständig in wechselnden Zusammenhängen selbst bestätigen und erneuern.
Individualität und Abgrenzung zu anderen fordern eine permanente Auseinandersetzung und
210 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?
machen die Identitätsbildung zu einem lebenslangen Prozess. Diese Grundzüge des Identi-
tätsfindungsprozesses lassen sich gut auf Organisationen übertragen, da sie von Menschen
mit eben diesen Bedürfnissen gestaltet und genutzt werden.
Für die gelungene und langfristig erfolgreiche Positionierung eines sich neu orientierenden
Unternehmens am Markt sind die ganzheitlichen CI-Prozesse also entscheidend, da sie die
unterschiedlichen Ansätze und Maßnahmen strategisch und konzeptionell miteinander ver-
binden müssen. Sinnvoll und notwendig sind ganzheitliche Vernetzungen von Hard- und
Software, von professionellen Arbeitsstrukturen, Qualitätsleistungen, profiliertem Marktauf-
tritt, einheitlichem Erscheinungsbild und der identitätsbildenden Arbeits- und Denkweisen
aller Beteiligten: Corporate-Identity-Prozesse!
Die Ursachen für die grundlegenden Strukturveränderungen in unserer Wirtschaft und Gesell-
schaft liegen seit den 90er Jahren in anhaltenden Krisen. Die Zeit des Überflusses und
Wohlstandes ist vorbei, wir müssen effizienter arbeiten und sparen lernen. Der direkte Kos-
tendruck ist verbunden mit gesteigerten Ansprüchen in Bezug auf Qualität, Arbeitsweisen
und Service: mehr Leistung für weniger Geld in kürzerer Zeit aber mit höchstem Engagement
und persönlicher Ansprache! Diese Schere zwischen Angebot und Nachfrage geht immer
weiter auseinander, je mehr sich die Angebote gleichen, je weniger Geld zur Verfügung steht
und je mehr Ansprüche an Werte und Luxus unsere Erwartungen steigen lassen. Verbunden
mit dem steigenden Wettbewerbsdruck und der starken Globalisierung führt diese Schere zur
konsequenten Auslese: Sie zwingt zur Umstellung und Veränderung oder zur Aufgabe. Fusio-
nen sind vielfach Aufgabe, aber auch Chancen. Fusionen sind ebenso immer ein Anfang und
nicht das Ende, und damit also Prozesse.
Neben monetären Notwendigkeiten und Qualitätsansprüchen sind auch technische und pro-
duktionsbedingte Ursachen für solche Entwicklungen ausschlaggebend. Interessant ist, wel-
che ersten Schritte in diesen Veränderungsprozessen eingeleitet werden.
Als erstes werden die finanziellen und rechtlichen Rahmenbedingungen geklärt, dann das
Erscheinungsbild, das Corporate Design, und erst anschließend werden Strategien konzipiert.
Über die reale Umsetzung, über das Leben und konkrete Arbeiten machen sich nur Wenige
Gedanken. Aber jeder Plan muss umgesetzt werden und wird erst dadurch Erfolge erzielen
können. Bleiben die ganzen Fusionen nicht zu oberflächlich, zu inhaltsleer, zu technokratisch
und monetär, und vergessen sie nicht die notwendigen Implementierungen der Ziele in der
Unternehmenskultur? Erste Studien belegten, dass mehr als die Hälfte aller Fusionen schei-
tern (Wirtschaftswoche 23/99): „Die Manager berücksichtigen zuwenig den Faktor Mensch.
Es wird zuwenig kommuniziert und zuwenig auf die kulturellen Unterschiede eingegangen.
Nur bei vier von zehn Fusionen wird bereits in den ersten 100 Tagen das Führungsgremium
benannt. Kritisiert wird auch, dass das legitime Ziel, Kosten zu senken, sich bei 60 Prozent
der fusionierten Firmen auf Personalabbau beschränkt.“
Es werden also zu selten ganzheitliche Identitätsprozesse durchgezogen, es werden vielmehr
Leistungen eingefordert, die aber weder realisiert werden, noch vorgelebt werden können. Es
fehlt die bewusste Gestaltung und anschließende Umsetzung der Unternehmenskultur, die als
Ergänzung zu den harten Organisationselementen den längerfristigen Erfolg bedingt.
Zukunftsgestaltung 211
Befragungen zeigen, dass viele Unternehmen gar keine Strategien haben (ca. 60 Prozent
verzichten auf eine Marketingstrategie oder ein Wettbewerbskonzept, vgl. Wirtschaftswoche
15/95) oder bei mehr als zwei Drittel mangelhaft oder gar nicht umgesetzt werden (vgl. Wirt-
schaftswoche 22/99). Das Ergebnis der Unternehmen könnte um 50 Prozent über dem tat-
sächlich erreichten liegen, wenn der Informationsaustausch in Bezug auf die Mitarbeiter nicht
so unzureichend wäre. Ziele setzen unser Verhalten in Gang, Konsequenzen halten unser
Verhalten in Gang. Inkonsequenz und Unglaubwürdigkeit verbunden mit Jammern sind also
die eigentlichen Misserfolgsfaktoren. Strategien ohne die Einbindung und Beteiligung der
Mitarbeiter im Rahmen eines Prozesses und ohne eine entsprechend gute CI bleiben erfolglos
und gehen letztlich zurück auf die fehlende Sozialkompetenz der Manager.
Nach der Strategieentwicklung und Marketingpositionierung (Corporate Communication)
fehlt als allerletzter Schritt immer noch das Verhalten der einzelnen Beteiligten (Corporate
Behavior). Es ist typisch, dass dieser schwierige Prozess der Verhaltensänderung immer
wieder ausgeklammert und bestenfalls zum Schluss angedacht wird. Aber ohne diese Form
der glaubwürdigen Identität kann es keinen sicheren Erfolg geben. Es genügt nicht, mit Fusi-
onen oder Unternehmensveränderungen nur möglichst schnell fassbare, sprich monetäre
Erfolge zu machen, sondern es geht um längerfristige Erfolge im Sinne einer dauerhaften
Behauptung am Markt. So bleibt als entscheidende Frage die Frage nach der glaubwürdigen
Identität.
Die Identitätsfindung ist also wesentlicher Bestandteil eines ganzheitlichen Führungskonzep-
tes, und nur über sie entwickelt sich die Außenwirkung, das Image. Alle Menschen suchen
nach ihrer Identität. Als ein wichtiges Lebensprinzip fragen sie nach Herkunft, Zugehörigkeit
und Position in der Gesellschaft. Dabei geht es nicht nur um das Erkennen der Einzigartig-
keit, sondern auch um Übereinstimmung mit den Erwartungen anderer. Die Identifikation
oder eine starke Identität schaffen Sicherheit und Wohlgefühl.
Ein sinnvoller ganzheitlicher Identitätsprozess nimmt durch die starke Einbeziehung aller
Beteiligten die unterschiedlichen Denk- und Handlungsweisen auf und fördert die Auseinan-
dersetzung mit ihnen. Die Ergebnisse gemeinsamer Planung und gemeinsamer Vorgehens-
weisen sowie typischer Ansprüche des Unternehmens bilden eine einzigartige Identität, die
nach außen einen starken Wiedererkennungs- und Verstärkungseffekt hat.
Eine CI-Konzeption bezieht sich daher nicht nur auf eine Selbstdarstellung nach außen im
Sinne von Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit, sondern sie ist gekennzeichnet durch die
Koordination und Integration aller für die Unternehmung wichtigen kommunikativen und
handlungsaktiven Maßnahmen. Ziel ist die Profilierung des Unternehmens durch Verbesse-
rung und Stärkung seiner Identität und seines Images. Nur so wird keine aufgesetzte Werbung
für das Unternehmen gemacht, sondern das Qualitätsprogramm täglich umgesetzt und gelebt.
Ein Unternehmen ohne eine gute Selbstgestaltung durch eine sorgfältige Identitätsbildung hat
nicht nur kein Profil, sondern ist auch nicht in der Lage, wichtige Qualifikationen für seine
Kunden zu erbringen. Auch die veränderten Erwartungen und Ansprüche der Kunden können
nur professionell erfüllt werden, wenn das Unternehmen einen guten Identitätsfindungspro-
zess als Basis hat. Für diese Identitätsgestaltung braucht das Unternehmen die Bereitschaft
212 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?
und Offenheit der Mitarbeiter und ein Management, das mutig und vertrauensvoll seine Ma-
nagementaufgaben insgesamt anpackt und nicht nur eindimensionale und aktionistische Pro-
jektentscheidungen trifft für ausschließlich monetäre Erfolge.
Veränderungsmanagement soll helfen, diesen Übergang vom alten zum neuen Denken zu
ermöglichen, gerade, wenn bei der Umsetzung noch Unsicherheiten, Ängste, Widerstände
und Probleme auftauchen. Konflikte in dieser Form zu lösen und dabei das neue Denken
bewusst einzuüben, das ist unsere gemeinsame Aufgabe für die Zukunft, die jetzt und heute
beginnt. Das neue Denken kann nicht vorher fiktiv auf Seminaren erprobt werden, sondern
muss sich im alltäglichen Leben beweisen, um die alten verkrusteten Strukturen aufzubre-
chen. Erprobte und erfolgreiche Strategien und Methoden helfen, den schwierigen und kom-
plexen Veränderungsprozess transparenter und damit bewusster gestaltbar zu machen. Verän-
derungen sind nicht wie der Gordische Knoten unlösbare Probleme, sondern strategische und
konzeptionelle Denk- und Verhaltensweisen, die erlernbar sind. Veränderungen sind Lernpro-
zesse, die selbst gemanagt werden können. Ziel dabei ist nicht „wir können alles verändern“,
sondern „wir können viel selbst verändern“. Veränderungsmanagement hilft, diese Stärke als
Chance in sich selbst zu entdecken und bietet dazu die entsprechenden Vorgehensweisen und
Instrumente an. Veränderungen in konsequenten kleinen Schritten schaffen dabei Synergieef-
fekte für große Sprünge. Veränderungsmanagement umfasst folgenden Nutzen:
Herausführung und Anleitung,
Denkstrukturen und Orientierungsrahmen,
Bewusstseinsbildung und Sicherheit,
Strategien und Vorgehensweisen,
Methoden und Instrumente,
Erfolgreiche Erfahrungen.
Veränderungsmanagement hilft, dass Organisationen und Unternehmen ihre notwendigen
Veränderungen bewusst und professionell gestalten. Die Qualität der Veränderungen ist nicht
allein eine Frage der Um- oder Neugestaltung oder der Konzeptentwicklung, sondern letzt-
lich eine Frage, wie daraus ein Veränderungsprozess wird: Nur gute Prozesse schaffen gute
Ergebnisse. Inwieweit werden die Beteiligten in diesen Prozess mit einbezogen, um eine
Akzeptanz, Motivation und ein entsprechendes Bewusstsein zu schaffen, die notwendig sind,
um die Ergebnisse zu einer bewussten Veränderung zu machen und in ihrer Wirksamkeit zu
erhöhen? Entscheidend ist dabei die Frage, wie in diesem gemeinsamen Gestaltungsprozess
mit Verkrustungen und Verhinderern, mit Problemen und Konflikten umgegangen wird. Hier
beweist sich die eigentliche Verhaltensveränderung, die ein anderes Bewusstsein schafft und
sich damit zu einem selbstverantwortlichen Lernprozess entwickelt: Semper mutor – sich
ständig verändern und weiterentwickeln.
Zukunftsgestaltung 213
Alle reden von Veränderungen, aber wie setzt man sie durch? Schon vor rund dreißig Jahren
schrieb der Verhaltenspsychologe Werner Correll, dass „Lernen, Weiterbildung, Schulung des
Verhaltens ... heute zu einer wichtigen Existenzbedingung für den Einzelnen und für die
Gemeinschaft und damit auch zu einem Politikum ersten Ranges geworden sind. ... Indessen
geht es nicht allein um eine Vermehrung und ständige Ergänzung des Wissens, sondern viel-
mehr um die Schulung der Fähigkeit, erworbenes Wissen in neuen Situationen, auf die man
sich noch gar nicht vorbereiten und einstellen kann, sinnvoll und schöpferisch anzuwenden.“
Sollte der „erwachsene berufstätige Mensch“ dazu nicht in der Lage sein, wird er als „obsolet
und damit fast unbrauchbar erscheinen.“
Heute sprechen wir schon von „lernender Organisation“, ja von „atmendem Unternehmen“
(VW), deren Mitarbeiter die Systeme flexibel agieren und reagieren lassen, um den Anforde-
rungen des Marktes gewachsen zu sein.
Letztendlich ist jedoch immer der Mensch, der einzelne Mitarbeiter gefordert, dem ständigen
Veränderungsprozess zu entsprechen, d. h. er muss fortdauernd lern- und veränderungsbereit
sein, denn Lernen ist nichts anderes als eine „Änderung des Verhaltens“.
Veränderungen erfahren wir im Arbeitsleben, wenn wir unsere Arbeitsleistungen erhöhen, die
Arbeitsstrukturen und die Arbeitsweisen anpassen müssen, um im harten Wettbewerb mithal-
ten zu können.
Veränderungen werden in unserer Gesellschaft gefordert, wenn der Einzelne wieder mehr
Selbstverantwortung übernehmen soll, ebenso national wie international, wenn wir den
Standort Deutschland halten und uns dem internationalen Wettbewerb stellen wollen. Verän-
derungen greifen in unseren persönlichen Bereich, sodass wir umdenken müssen in Bezug
auf Lebens- und Berufsplanung.
Aber wie gehen die Menschen damit um? Wie stellen sie sich auf die Lösung dieser vielfälti-
gen und anspruchsvollen Probleme ein. Lernen – und damit die Veränderung – hat nicht nur
eine intellektuelle, sondern auch eine affektive Seite. Wie kann das „Lernen lernen“ bewältigt
werden?
„Es muss sich dringend etwas ändern, bitte helfen Sie uns!“ – Dieser Satz, der noch etwas
unkonkret Missstimmung und Verunsicherung beschreibt, ist oft der Ausgangspunkt für eine
Beratung. Der gewünschte Berater bekommt nun den Auftrag, Analysen durchzuführen, neue
Konzepte zu präsentieren und Strategien für deren Umsetzung zu erarbeiten.
Veränderungsmanagement … 215
Soweit erscheint dieser Schritt alltäglich, sinnvoll, zeitgemäß. In der Erarbeitungs- und Prä-
sentationsphase sind alle Beteiligten hoffnungsvoll, optimistisch bis euphorisch. Oft scheint
es jedoch so, als sollte allein das Tätigwerden des Beraters die Veränderung bringen. Doch er
kann nur Veränderungen in Gang setzen, begründen, begleiten, und im Sinne Montessoris
allen Beteiligten helfen, es selbst zu tun. Schnell wird deutlich, dass es nicht genügt, sich für
ein neues Konzept zu entscheiden. Die Umsetzung der neuen Ansprüche und Erkenntnisse
erfordert ein entsprechendes Verhalten der beteiligten Personen, was letztlich nichts anderes
bedeutet, als eine Anpassung, Veränderung des bisherigen Verhaltens.
Etwas ändern, anders an die täglichen Herausforderungen und Arbeiten herangehen, kann so
schwer nicht sein? Kennen Sie auch Menschen, die mit guten Vorsätzen ins neue Jahr gehen,
die endlich mit einer vernünftigen Diät abnehmen wollen, die das Rauchen aufgeben wollen,
die endlich damit anfangen wollen, regelmäßig Sport zu treiben? Ein gutes Fitness-Studio ist
schnell gefunden, aber dann lässt der Terminkalender angeblich keine Zeit übrig, der innere
Schweinehund besitzt auch mehr Macht als erwartet ...
Neue Aufgaben und veränderte Anforderungen im Betrieb lassen sich auch nicht leichter
umsetzen als die relativ kleinen Vorsätze im privaten Bereich, im Gegenteil, die sozialen
Verflechtungen der Mitarbeiter und die Abhängigkeit der verschiedenen Abteilungen er-
schweren deren Umsetzung.
Diesem sehr sensiblen Punkt im Verlauf eines Veränderungsprozesses muss besondere Auf-
merksamkeit und viel Zeit gewidmet werden, denn die Menschen, die daran beteiligt sind,
haben ihr ganz spezielles Verhaltensrepertoire, das nicht einfach umprogrammiert werden
kann. Hier findet Lernen, also Verhaltensänderung statt (Abb. 30). Ein Lernprozess verläuft
nicht gleichförmig und gleichmäßig, sondern höchst individuell, und hängt von den Erfah-
rungen und Möglichkeiten des Einzelnen ab. Viele Menschen können nicht ohne Schwierig-
keiten an eine Veränderung herangehen, sondern sie entwickeln an diesem Punkt des Verän-
derungsprozesses Abwehrmechanismen: Killerphrasen anstelle von Argumenten, Ausreden
statt Stellungnahmen, Lamentieren statt Analysieren. War zunächst durch Druck und äußere
Notwendigkeit ein Veränderungsbewusstsein vorhanden, gerät die Veränderungsbereitschaft
zu einem Problem. Im Einzelfall wird eine Verbesserung durch strukturelle und grundsätzli-
che Veränderungen in Frage gestellt („Was bringt uns das?“ oder „Wer garantiert denn den
Erfolg?“). Jetzt treten die „Verhinderer“ in Aktion: Emotionen, Einstellungen, Strategien, die
die neue Herausforderung und Chancen abblocken und Mühe und Verunsicherung ersparen
sollen. Doch eine wirkliche Veränderung zwingt zum Loslassen alter Gewohnheiten, zum
Abbauen von Hürden und schließlich zur Akzeptanz des Neuen, sodass inhaltlich an den
Zielen gearbeitet werden kann. Jetzt erst können konkrete Maßnahmen zu ersten Versuchen
und Verbesserungen führen. „Verhinderer“ überwinden – Veränderungen beginnen!
Veränderungsmanagement … 217
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 30: Verhaltensveränderungskurve
Idealtypische Verhinderer
Zehn idealtypische Verhinderer, die einer erfolgreichen Veränderung entgegen stehen. Sie
liegen meistens als vernetzter Komplex vor und sind so nur schwer direkt aufzulösen, aufzu-
heben oder zu beseitigen.
218 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?
Beharrungsvermögen
Vielen Menschen fällt es schwer, Veränderungen hinzunehmen, weil sie zu sehr am Vertrau-
ten hängen, nicht offen und flexibel genug sind und nicht in Bewegung kommen. Manchmal
ist es ein krampfhaftes Festhalten an veralteten Strukturen.
Ruhebedürfnis
Manche Menschen wollen keine Unruhe oder Aufregung. Ihr oberstes Ziel heißt: Ich will
meine Ruhe und bloß keinen Stress haben! Veränderungen stören meine Ruhe.
Sicherheitsbedürfnis
Keine Experimente, keine Verunsicherungen! Diese Menschen suchen Sicherheit durch Ver-
trautes und Bekanntes – Veränderungen stören und verunsichern. Das Sicherheitsbedürfnis ist
als Grundbedürfnis stark ausgeprägt und sehr grundlegend.
Machtpositionen
Einmal erreichte Machtpositionen werden verteidigt, wenn sie durch Veränderungen ange-
griffen scheinen. Alle versuchen – offen oder verdeckt – persönliche Vorteile zu bekommen,
zu halten und nicht wieder abzugeben. Meist werden Konflikte als Sachauseinandersetzungen
geführt – dahinter stehen sehr oft Machtkämpfe.
Ängste
Fast alle Menschen haben für sich Defizite, die mehr oder weniger ausgeprägt und bewusst
sind. Aber jeder kennt seine Mängel und hat entsprechende Ängste. Auch diese Ängste vor
dem Eingestehen fachlicher und persönlicher Mängel verhindern Veränderungen. Es entste-
hen Ängste, ob man die Veränderung tragen und aushalten kann.
Unglaubwürdigkeit
Aus Angst, Unsicherheit und mangelndem Verantwortungsbewusstsein wird oft versucht,
Fehler zu vertuschen oder zu verstecken. Lieber nichts offen zeigen, es könnte verkehrt sein!
Dies bedeutet, nicht zu seinen Taten zu stehen, Reden und Tun nicht glaubwürdig miteinan-
der zu verbinden. Lieber keine Veränderungen, sie könnten die Fehler aufdecken, sodass man
sich glaubwürdig darstellen muss.
Kritikunfähigkeit
Viele Menschen können nur schwer Konflikte und Kritik aushalten, sie können damit nicht
umgehen. Sie sind für sie belastend, störend und manchmal nicht lösbar. Veränderungen
bringen Konflikte und häufig auch Kritik mit sich. In der Folge müssen negative Gefühle
ausgehalten und verarbeitet werden. Dadurch werden Veränderungen von vielen Menschen
auch als sehr belastend und bedrohend angesehen.
Distanzverhalten
Die Arbeit in einem Betrieb zwingt dazu, sich täglich über mehrere Stunden mit Menschen zu
arrangieren, mit denen man sich mehr oder weniger gut versteht. Jeder hat hier seine eigene
Strategie, sich eine private oder persönliche Sphäre, seine Nische oder eine Art Rückzugs-
möglichkeit zu schaffen, um damit fertig zu werden. Nähe kann von vielen Menschen nur
sehr schlecht ertragen werden, daher entwickeln sie ein mehr oder weniger ausgeprägtes
Distanzverhalten. Durch Veränderungen müssen die Distanzen neu bestimmt werden, bzw.
Veränderungsmanagement … 219
die Veränderungen verschieben die geschaffenen Distanzen und gefährden auch private Ni-
schen – also lieber keine Veränderung, die mich bedrängt und einbezieht und mich aus mei-
ner privaten Höhle herausholt!
Verantwortungslosigkeit
Lieber nicht persönlich Stellung beziehen, sich eher neutral bis gleichgültig verhalten und
sich schon gar nicht selbstverantwortlich zeigen! Wer weiß, welche Folgen das für mich hat.
Lieber anderen die Schuld und damit auch die Verantwortung zuschieben. Das ist doch nicht
meine Sache! So können Veränderungen nicht erreicht werden. Das Abschieben auf andere
Beteiligte ist zwar einfach, schafft aber keine erfolgreichen Verbesserungen und ist verant-
wortungslos.
Vertrauenslosigkeit
Entscheidet sich jemand für einen Arbeitsplatz, geht er eine Bindung ein. Diese gibt ihm
Orientierung und Sicherheit und setzt gleichzeitig Vertrauen und Konsensfähigkeit vo-raus.
Die Identifikation mit dem Betrieb, in dem man arbeitet, stellt eine Bindung dar, die durch
Vertrauen und Zutrauen gehalten wird. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass ein Mitarbeiter
eine positive Einstellung entwickelt und sich entsprechend leistungsstark einsetzt. Ist diese
Vertrauensbasis gestört, liegt fehlendes Vertrauen evtl. schon in der Persönlichkeit des Ein-
zelnen begründet, werden Veränderungen nur schwer akzeptiert.
Konfliktmanagement:
Auseinandersetzung mit Konflikten und Krisen als Chance.
Immer wieder kommt es vor, dass Probleme bestehen bleiben, obwohl wir uns um Lösungen
bemühen. Ein Konflikt (Komplex) ist im Gegensatz zum Problem (fachlich/sachlich) immer
mit Emotionen beladen. Dies verursacht Unwohlseinsgefühle wie Unsicherheit, Angst oder
Wut gegenüber anderen Personen bis hin zu leichteren Beschwerden ( ... wenn ich daran
denke, wird mir schlecht ...) oder auch stärkeren körperlichen Beschwerden und sogar psy-
chosomatischen Erkrankungen ( ...diese Person macht mich ganz krank!).
Zu einem Konflikt gehören meistens zwei Positionen. Es können die in uns widerstreitenden
Interessen oder auch Wertvorstellungen sein, das ist dann ein Konflikt, den wir mit uns selbst
haben (Intra-Rollenkonflikt):
Ich muss eine bestimmte Aufgabe erledigen und habe jetzt die Zeit dazu – ich bin aber total
abgespannt und würde mir lieber eine Ruhepause gönnen.
220 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?
Oder wir haben es mit einem Konflikt mit einer anderen Person oder Rollen zu tun, also
wenn unterschiedliche Interessen aufeinanderprallen (Inter-Rollenkonflikt).
Konflikte belasten das Zusammenleben und können auf Dauer nicht – ohne weiteren Schaden
zu verursachen – unter den Teppich gekehrt werden. Es gibt nur eine Möglichkeit und dies ist
zugleich die Beste: Sie müssen ran und den Konflikt lösen! Nicht gelöste Konflikte belasten
– gelöste Konflikte stärken und sind eine Chance zur Verbesserung.
Die folgenden Schritte sollen Ihnen dabei helfen. Vieles lässt sich übertragen auf Konfliktge-
spräche. Vielleicht versuchen Sie zunächst einmal, Ihre Fähigkeiten selbst einzuschätzen
(Abb. 31 und 32):
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 31: Konfliktmühle – Analysemodell zur Bewusstmachung
Veränderungsmanagement … 221
1. Schritt: Konfliktwahrnehmung
Worum handelt es sich? Erlebe ich die belastenden Emotionen, oder ist es nur ein Problem,
das sich ganz sachlich lösen lässt?
Beispiel 1: Wir waren für Freitag verabredet. Sie können nun doch nicht? Welchen Termin
schlagen Sie stattdessen vor?
Beispiel 2: Wir waren für Freitag verabredet. Sie können nun doch nicht? Wissen Sie nicht,
wie wichtig mir dieser Termin war? Sie können doch nicht einfach Termine doppelt belegen!
Sie meinen wohl, ich hätte nichts anderes zu tun? Schade, dass Sie mich wie Luft behandeln!
Es geht bei diesen einfachen Beispielen um dieselbe Sache: Eine Terminkollision, die immer
wieder einmal vorkommt, aber wir sehen, wie unterschiedlich das Gespräch verlaufen kann
und in welchem Fall eine schnelle, unbeschwerte Lösung möglich ist. Im anderen Fall wird
aus dem Sachproblem der Terminkollision ein Konflikt durch ein paar Sätze, die „sitzen“. Es
schwingt eben viel mehr mit in diesen Sätzen, als die reine Sachinformation. Vorwürfe, Un-
terstellungen, Sie kennen so etwas. Gut ist es zu unterscheiden, worum es bei einem Konflikt
geht.
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 32: Konfliktmanagement
Veränderungsprozesse
Am Anfang sind die Situationen und das Verhalten in Ordnung, man fühlt sich wohl und
sicher und denkt auch nicht an Veränderungen. Das Gesamtsystem ist in der Balance und es
gibt keine Anlässe dafür, es zu verlassen. Sobald aber solche Anlässe, Auslöser und Ursachen
für Veränderungen vorhanden sind, entsteht der Veränderungsdruck und auch der Wille zur
Veränderung: Ich muss, ich will, ich kann! Automatisch, gleichzeitig und unabdingbar be-
kommen wir dann aber auch die Angst: Verunsicherung, Unsicherheit, Angstgefühle, Defizite
und Schwächen in Bezug auf die Veränderungsmöglichkeiten, Fragen über Folgen, Konse-
quenzen und Auswirkungen usw. Gerade in dieser Zeit des Umdenkens und Neuanfangs sind
Veränderungskonzepte, Veränderungsstrategien, Veränderungsmethoden und Richtlinien als
„Krücken oder Gehhilfen“ notwendig, um die ersten neuen Schritte besser machen zu kön-
nen. Es sind notwendige Orientierungshilfen und Anleitungen, um ein neues Verhalten pro-
bieren und lernen zu können und dabei nicht zu große Fehler zu machen und zu große Ängste
haben zu müssen. „Angstwegnehmer“, Orientierungshilfen, Motivatoren und Lernanleitun-
gen, um sich aus dem alten Denken lösen und neue Wege, Wege der Veränderung, gehen zu
können. Für diese wichtige und schwierige Entscheidungssituation sind solche Instrumente
gut – später aber wieder überflüssig. Durch das Probieren neuer Wege mit „Gehhilfen“ be-
kommen wir erste eigene Erfahrungen in Bezug auf konkrete Verhaltensveränderungen und
Bewusstseinsveränderung. Diese Erfahrungen bauen die Ängste und Unsicherheiten ab und
schaffen wieder erste Sicherheiten, sodass jetzt die Methoden und Richtlinien weniger nötig
sind. Ein starres Festhalten an diesen Regeln würde der Weiterentwicklung entgegenstehen.
Die eigentliche Qualitätsentwicklung und das flexible Reagieren auf unterschiedliche neue
Situationen brauchen eigene Einschätzungen und Entscheidungen, die auf eigene Erfahrun-
gen zurückgehen. In dieser Phase der Veränderung geht es um Festigung der neu erlernten
Verhaltensweisen, Einstellungen und neuen Erfahrungen und Kompetenzen, die dann auch
wachgehalten werden müssen durch Schulungen und „Training on the Job“ und aktuell ab-
rufbar sein müssen. Bei diesem „Einschleifen und Festigen“ kommt die neue Kompetenz zum
Tragen und schafft wieder wie früher Sicherheit und Wohlgefühl und damit auch gute Ergeb-
nisse. Durch Innovationen kann diese Situation ausgebaut und ergänzt werden – bis dann die
Veränderung wieder neu beginnt: Da capo – von vorn. Wir brauchen die Loslösung aus star-
ren Regeln und brauchen auch unbedingt eigene Erfahrungen, um die Qualität weiterzuent-
wickeln („ohne Krücken besser laufen zu können“) und um besser auf neue Situationen rea-
gieren zu können. Meister ihrer Branche brauchen keine Regeln mehr – sie handeln auf
Grund ihrer Erfahrungen und entwickeln selbst neue Regeln. Vertrauen Sie jetzt lieber Ihrem
Gefühl und Ihren empathischen und emotionalen Entscheidungen und nicht den alten Lernre-
geln. Innovationen und Weiterentwicklungen wären sonst ja auch nicht möglich. Abweichend
von den Regeln müssen Sie reagieren, bei Ungewöhnlichkeiten, Auffälligkeiten und Störun-
gen, die aufzeigen, dass nicht die gewohnte Situation vorliegt. Hier ist schnelles Umdenken
und ein „neues Regelwerk“ gefordert: Regeln für gewöhnliche Situationen helfen jetzt nicht
mehr – eigene und neue Regeln sind nötig – neue Veränderungen!
226 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?
Stressmanagement:
Stress ist selbstgemacht! Stressmanagement beginnt bei mir
Die Menschen sind nicht gestresst durch die Wirklichkeit, sondern nur durch ihre Vorstellung,
wie sie glauben, dass es sei.
„Keine Zeit!”, „Das schaffen wir nicht mehr!”, „Ich weiß gar nicht, was ich sonst noch alles
machen soll!”, „Hier tanzt der Papst im Kettenhemd!”, „Bei uns brennt die Luft!” Überall
landauf – landein – „Land unter!” Überall die gleichen Klagen: Wie soll es weitergehen und
wie lange noch? Blinder Aktionismus ohne Perspektiven, Ziele und Konzepte – Sisyphos pur!
Jeden Tag den Stein neu unter Mühen nach oben rollen, in der Gewissheit, dass er, wenn er
oben ist, sofort wieder herunterrollt. Wer bin ich, wo bin ich, was bin ich? Stress ist der un-
vermeidliche Preis für umfassende Veränderungen und Lebens- und Denkweisen mit hohen
Erwartungen. Er macht krank und zerstört unsere Lebensgrundlagen: Bluthochdruck, Magen-
beschwerden, Depression und Erschöpfung ... Aber wir sind dem Stress nicht hilflos ausgelie-
fert. Wir müssen lernen, den Stress als Chance für eine notwendige Veränderung zu sehen
und durch entsprechende Strategien damit umzugehen. Die Realität ist nicht Stress; Stress ist
nur in unserer Vorstellung, in unserer Schwierigkeit, sich den Bedingungen anzupassen:
Stress ist selbstgemacht ...
Lernen Sie das „Um-Denken” in kleinen Schritten. Versuchen Sie, bevor ein Stressauslöser
die Stressbelastungen hervorruft, bei sich selbst einen „Antistressschalter” umzulegen, um
damit aus Ihren alten Stressstrukturen herauszukommen. Versuchen Sie mit Hilfe von einfa-
chen Regeln, mit dem neuen Denken anzufangen, um damit den Stress zu stoppen. Lernen
Sie das „Um-Denken”! Diese Regeln können vielleicht helfen, den Stress zu verringern oder
228 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?
gar nicht aufkommen zu lassen. Stress ist Anzeiger für eine notwendige Verhaltensänderung –
die Regeln sind dafür eine Hilfestellung. Sie können sich auf eine Regel eine Woche lang
konzentrieren und dann eine zweite dazu nehmen usw. Finden Sie aus diesem Angebot die für
Sie zutreffenden und wichtigen Punkte heraus und stellen Sie sich so ein persönliches Anti-
Stresskonzept zusammen mit ca. fünf bis sieben Regeln, die Sie Woche für Woche ergänzt
und weiterentwickelt haben. Durch dieses Entwicklungstraining lernen Sie das „Um-
Denken”. Das Selbsttraining kann durch gemeinsame Beratungen und Besprechungen noch
verstärkt werden: Reden Sie mit anderen Personen über Ihre Regeln, den Gebrauch und Ihre
Erfahrungen. Diese Bewusstmachung erhöht die Erfolgschancen.
Für die Verhaltensveränderung hier noch ein paar Strategietipps, die aufbauend und unterstüt-
zend den Trainingserfolg verstärken:
1. Planen Sie schriftlich
Wenn Sie kein klares Ziel vor Augen haben, verlaufen und verzetteln Sie sich. Schreiben Sie
Ihr Ziel und Ihre Richtlinie, die Sie sich vornehmen wollen, an einem sichtbaren Ort auf
(Karte auf dem Schreibtisch, in den Planer usw.). Das wird erinnern, auffordern, konzentrie-
ren und kontrollieren.
2. Entwickeln Sie Gewohnheiten
Wenn Sie Gewohnheiten entwickeln wollen, geht das am ehesten durch Regelmäßigkeiten.
Versuchen Sie Ihr neues Verhalten möglichst zu festen und gleichen Zeiten, das „läuft auto-
matisch” ab und hilft eher, die Widerstände zu überbrücken. Machen Sie aus den festen Zei-
ten ein festes Ritual, eine Tradition! Wenn Verhaltensverbesserungen nicht nur zufällig und
einmalig, sondern nachhaltig und erfolgreich sein sollen, machen Sie aus den neuen Aktio-
nen, Maßnahmen und Handlungen eine Ordnung oder ein Konzept, damit daraus eine Ge-
wohnheit wird. Erst wenn Sie, wie beim Autofahren, lernen, das neue Verhaltensprogramm
über ca. 30 Tage konsequent einzuüben, „sitzt” das neu erlernte Verhalten, sodass es dann
„automatisch” passiert. Lernen Sie das „Schalten” wie in der Fahrschule. Schalten Sie über
einen Monat Ihren Stress bewusst ab, damit es dann automatisch läuft und zur Gewohnheit
wird. Neues erlernt man durch konsequentes Üben!
3. Gehen Sie in kleinen Schritten
Wenn Sie etwas Neues probieren, machen Sie es sehr vorsichtig und in kleinen Lernschritten,
die Sie dann je nach Lernerfolg langsam steigern können. Übernehmen Sie sich nicht, wenn
Sie schwierige Elemente, die Sie vielleicht sogar überfordern, gleich an den Anfang stellen.
Gönnen Sie sich auch die ersten Lernerfolge (an kleinen Beispielen, die Sie an den Anfang
stellen), um auf diese Motivation aufbauen zu können. Neues erlernt man durch kleine Schritte!
4. Suchen Sie Alternativen
Wenn ein Versuch zu scheitern droht oder sowieso nicht möglich ist, können Sie mit einer
echten Alternative sofort „ausweichen” und trotzdem Ihr Ziel erreichen. Außerdem werden
Sie dadurch flexibler und auch sicherer und entspannter, wenn Sie sich nicht nur „durchquä-
len” müssen oder erfolglos in Ihrem Versuch sind. Planen Sie Alternativwege, um Ihr Ziel zu
erreichen!
Veränderungsmanagement … 229
Stress-Abbau
Stress ist nicht normiert definierbar. Die gleichen Bedingungen für unterschiedliche Men-
schen erzeugen in manchen Fällen überhaupt keinen Stress, und für andere wiederum bedeu-
tet das Stress in Höchstform. Stress lässt sich nicht objektiv messen oder vergleichen, sondern
bleibt ein sehr persönliches Phänomen. Es ist eigentlich ein interdependentes Beziehungs-
problem als ein gravierendes Missverhältnis zwischen Person und Umwelt. Negative Auswir-
kungen hat der Stress nur dann, wenn man mit diesem Missverhältnis nicht umgehen kann.
Formen dieses Missverhältnisses treten in zwei Bereichen auf: im Leistungsbereich (Anfor-
derungen der Umwelt stimmen mit den Fähigkeiten der Person nicht überein) und im An-
spruchsbereich (Ansprüche und Wünsche der Person stimmen nicht mit den Befriedigungs-
möglichkeiten überein). Die unterschiedlichen Erscheinungsformen von Stress kommen von
der subjektiven und objektiven Wahrnehmung und der Einschätzung der Betroffenen. Der
gleiche Auslöser kann ganz unterschiedlich eingeschätzt und bewertet werden: Ein zusätzli-
ches Arbeitsprojekt kann zum Beispiel für den einen Mitarbeiter eine positive Abwechslung
und Herausforderung sein (Eustress – ein positiver Stress) und für den anderen Mitarbeiter
eine Belastung (Dysstress – ein negativer Stress), obwohl beide bezüglich dieser neuen Leis-
tungsanforderung nicht die richtige Kompetenz haben.
Zum Stress-Abbau ist es also wichtig, genau herauszufinden, wo Sie Ihre Stress-Schwächen
haben – wo Sie ein Missverhältnis zwischen Person und Umwelt als persönliche Belastung
empfinden. Je genauer Sie für sich Ihre Stress-Auslöser analysieren und formulieren können,
desto besser können Sie natürlich diesen Stress abbauen. Schreiben Sie für sich eine Liste
von Stress-Auslösern zusammen, die Sie in einem Monat gesammelt haben und versuchen
Sie daraus eine Prioritätenliste zu machen (die Top-Ten meiner Stress-Auslöser). Die Über-
sicht mit den Strategien des Stress-Managements können Sie dabei als Grundlage und Anre-
gung nehmen, um damit systematisch die einzelnen Möglichkeiten zu berücksichtigen. Letzt-
lich gibt es vier Bereiche, die beim Stress-Abbau angegangen werden könnten:
durch das Verbessern meiner Fähigkeiten (Kompetenz verbessern, Verhalten verändern
durch Schulungen, Training und Verhaltensveränderung),
durch das Verändern meiner Ansprüche und Wünsche (realistische Visionen, Ziele und
auch realistische Ansprüche an sich selbst und andere),
Veränderungsmanagement … 231
durch das Verändern der objektiven Anforderungen (keine Überforderungen, sondern klare
Zielabsprachen, Prioritäten finden und Zeitmanagement beachten),
durch das Verändern der objektiven Bedingungen (Veränderung der Bedingungen, beson-
ders dann, wenn die anderen Maßnahmen nicht zur Erleichterung oder Verbesserung ge-
holfen haben – sie sind meist grundlegende Entscheidungen).
Formulieren Sie Ihre Vision und leiten Sie dann entsprechende Grundsätze davon ab. Das ist
die Basis, von der aus Sie dann strategische und operationalisierte Ziele entwickeln können.
Klare Ziele mit konkreten Anzeigern und Zeiten ermöglichen die bessere Umsetzung mit den
einzelnen Maßnahmen und sind auch Grundlage für ein Controlling. Erst die genaue Zielfin-
dung schafft die erfolgreiche Veränderung! Zu allgemeine Ziele („Das muss besser werden!“)
helfen nicht weiter. Bauen Sie sich ein genaues Zielsystem auf, das hilft zuerst Ihrer Klarheit
und Ihrem Bewusstsein und letztlich natürlich auch der besseren Umsetzung und dem Cont-
rolling als Soll-Ist-Vergleich (erste Erfolge, die durch das Controlling bewusst werden, ver-
stärken den neuen Lernprozess dabei).
Auf der Suche nach der richtigen praktischen Umsetzung und den entsprechenden Maßnah-
men kann die Kraftfeld-Analyse helfen. Dabei werden mögliche Probleme und günstige
Verstärker mit eingebaut zu einem richtigen Aktionsplan. Dieser Aktionsplan ist nicht nur gut
für die Vorbereitung, sondern auch zur Begleitung der Umsetzung in die Praxis.
Je systematischer Sie vorgehen, desto weniger Fehler werden Sie machen. Aber es werden
noch genug Probleme und Verhinderer auftauchen, die Ihnen bei einem effektiven Stress-
Abbau noch entgegenstehen. Sie sind selbst für Ihren Stress verantwortlich – Sie können
Ihren Stress auch nur selbst so managen, dass er Sie nicht mehr erdrückt!
„Der Langsamste, der sein Ziel nicht aus den Augen verliert,
geht immer noch geschwinder, als der, der ohne Ziel umherirrt.“
[Gotthold Ephraim Lessing]
operationale Controlling muss Maßnahmen und Methoden beinhalten und messbare sowie
konkrete Indikatoren, die zeigen, wo und wie wir bei der Zielerreichung besser vorgehen
können.
Die Effektivität ist ergebnis- und outputorientiert, die Effizienz ist prozessorientiert, d. h.
inputorientiert. Häufig werden diese beiden Begriffe verwechselt und auch nur als Einzelori-
entierung gesehen. Gefragt sind dann nur oberflächliche Effekte, die Ergebnisse. Aber mit
welchem Aufwand wurden diese Erfolge erreicht? Wäre es vielleicht nicht viel besser gewe-
sen, vom Anspruch nur 80 Prozent der Ergebnisse erreichen zu wollen, aber mit wenigen
effizienten Maßnahmen? Das wäre ökonomischer, strategischer und hätte eher synergetische
Wirkungen. Mit 20 Prozent der wichtigsten Maßnahmen 80 Prozent des Erfolges zu erzielen,
ist effektiv und effizient. Der Arbeitswissenschaftler Pareto aus Italien hat die 20-80-Regel
erkannt und für das Zeitmanagement aufgestellt. Sie trifft aber auf alle Bereiche des Lebens
und Arbeitens zu und verdeutlicht damit auch die Schwierigkeit, die letzten 20 Prozent zum
100-prozentigen Erfolg noch zu bekommen. Dazu sind 80 Prozent der Maßnahmen notwen-
dig: Stress, Hektik, volle Energie, keine Entlastung, 100-prozentige Anspannung und An-
strengung und ein Null-Fehler-Pro-gramm. Können wir glaubwürdig und auf Dauer diesem
hundertprozentigen Anspruch gerecht werden? Die Leistungsansprüche sollen und können
nicht gesenkt werden, sie müssen aber praktisch umsetzbar sein. Ein Selbstcontrolling hilft
dabei, indem Probleme und Fehler aufgedeckt und die Lösungen als echte Chancen der Leis-
tungssteigerung integriert werden. Nicht eine problemfreie Arbeit, sondern nur das erfolgrei-
che Umgehen mit Problemen kann das Ziel einer glaubwürdigen Projektentwicklung sein.
Zusammen mit Innovationen und der Motivation der Beteiligten wird daraus eine lernende
Organisation, die daraus einen permanenten Verbesserungsprozess macht.
Um Verbesserungen zu erreichen, müssen wir etwas verändern. Aber wenn wir es verändern,
wird nicht alles verbessert. Es bleibt ein offener Prozess, ein Risiko. nach Lichtenberg
Ein Selbstcontrolling im Rahmen einer lernenden Organisation bezieht sich auf folgende
Problembereiche, die die Basis für eine notwendige Verbesserung sind.
Verkrustete Strukturen:
Organisationsstrukturen,
Hierarchien und Machtstrukturen,
informelle Strukturen.
Schlechte Arbeitsweisen:
Arbeitsbedingungen/-ausstattungen,
Arbeitsstrukturen/-abläufe/-weisen,
Qualität der Arbeitsergebnisse.
Schlechte Erfahrungen:
Unsicherheit, schlechte Vorbilder, Erfolglosigkeit,
Umgang mit Prozessen, Fehlern und Kritik,
Nutzen und Notwendigkeit klarmachen.
Veränderungsmanagement … 235
Lernende Organisation heißt also vorrangig zu lernen, und das geht meistens am besten über
erste Erfolgserlebnisse und nicht über die größten Hürden und Schwierigkeiten: Lernen heißt
Be-Stärken, sich auf dem Weg sicherer machen, um die Ziele besser zu erreichen (Soll-
Analyse).
Qualitätsverbesserungen:
Organisationsgrundsätze,
Organisationskonzepte und -strukturen,
Qualität der Arbeitsweisen, Angebote und Produkte.
Weiterentwicklung der Arbeitsweisen:
Effiziente Arbeitsweisen,
Selbstverantwortung,
Verhaltensrichtlinien.
Effektive und effiziente Prozesssteuerung:
Akzeptanzschaffung,
Steuerungsteam,
Prozessentwicklung für eine lernende Organisation.
Stärkung der Identität:
Identifizierung mit Arbeit und Organisation,
Aufbruchsstimmung und Motivation,
Wir-Gefühl, Betriebsklima.
236 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?
4. Wie kann ich/können wir den Prozess in Gang halten? Prozesssteuerung und Weiterent-
wicklung als permanenter Veränderungsprozess:
Vorbilder, Multiplikatoren, Führungskräfte zur Verstärkung,
CI-Team, Steuerungs-/Prozessgruppe, zur Motivation, Steuerung, Kontrolle,
Anlässe, Projekte zur konsequenten Umsetzung und Festigung, Ruhephase,
Beispiele, Vergleiche, Probleme, Konkurrenzen zur Veränderung, neue Ziele,
Anreize, Wettbewerbe, Nutzen, Anerkennung, Innovationen zur Motivation.
5. Welche Methoden können uns/mir dabei helfen? Selbstcontrolling als Basis für selbstver-
antwortliches Handeln:
Evaluationsmethoden, Befragungen, Soll-Ist-Vergleiche, Selbst-/Fremdbild,
Zielvereinbarungs- und Personalbeurteilungsgespräche,
Informations-, Berichts- und Kontrollsysteme, Aufwandsdokumentationen,
Bench-Marking, GIP-Uhr, Identitäts-Uhr,
Qualitätsindikatoren, Kennziffern.
Projekt-Controlling
Als Indikatoren für einen Selbstcontrollingprozess müssen selbst spezifische Indikatoren
ausgewählt und festgelegt werden, die die Qualität des Projektes verdeutlichen und messen
können. Dabei sind verschiedene Ebenen des Controllings zu unterscheiden:
Normatives Controlling (Unternehmensgrundsätze, Werte, Leitbild),
Strategisches Controlling (Organisationsstrategien und Übersichten, Bereichs-und Abtei-
lungs-Konzepte, Unternehmensziele),
Operatives Controlling (alle Planungs-, Kontroll- und Informationsprozesse),
Strukturindikatoren zur Qualität (Organisationsstrukturen, Ausstattung, Ressourcen),
Prozessindikatoren zur Qualität (Unternehmens-/Qualitätsprozesse),
Ergebnisindikatoren zur Qualität (Bilanzen, Standards, Erfolge, Verbesserungen),
Muss-Kriterien (verpflichtende Indikatoren zum Vergleich, Branchenranking),
Soll-Kriterien (differenzierte Indikatoren zum spezifischen Ranking),
Kann-Kriterien (selbst gewählte Kriterien zur Selbst-Evaluation).
Diese Auflistung kann nur Anregung sein, um selbst wichtige Kennzahlen festzulegen.
1. Strukturindikatoren zur Qualität
Ressourcenqualität:
Optimierung des geringsten Aufwandes,
Bilanzen, Statistiken, Kapazitäten, Strukturen,
238 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?
Kostenstrukturen, Wirtschaftlichkeit,
Nachfragesituation.
Organisations- und Ausstattungsqualität:
Ablauforganisation,
Informations- und Entscheidungswege,
Betriebsklima,
Ausstattungsniveau,
Lage und Infrastruktur.
Mitarbeiterqualität:
Personalentwicklung, Kompetenzen,
Fluktuation, Krankenstand,
Fortbildungsbereitschaft, Beratungsakzeptanz,
Arbeitsplatzzufriedenheit, Identifikation, Teilnahme,
Einsatz und Engagement.
2. Prozessindikatoren zur Qualität
Projektgrundsätze, Leitbilder,
Projektkonzepte,
Teil-Konzepte, Verhaltensweisen,
Zusätzliche Angebote, Förderkonzepte,
Einbeziehung und Beteiligung der Teilnehmer,
Konfliktmanagement-Strategien,
Prozessgruppen, Steuerungsteams,
Verbesserungsvorschläge.
3. Ergebnisindikatoren zur Qualität
Abschlüsse,
Zielerreichung,
Zufriedenheit aller Beteiligten,
Akzeptanz, persönlicher Nutzeffekt,
Controllinganzeiger aus Projekten,
Verhaltensweisen,
Konflikt- und Problembewältigung,
Konsensbildung.
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 33: Nachhaltige Erfolge
4.6 Umsetzungskonzepte,
4.7 Führungsrichtlinien mit Reflexionsmöglichkeiten,
4.8 Verhaltensgrundsätze für alle Mitarbeiter.
Als der Maler Georg Baselitz begann, die Figuren in seinen Bildern auf den Kopf zu stellen,
konnten auch Kunstliebhaber, die nicht unbedingt Experten waren, einen Baselitz sofort als
solchen erkennen. Die Form der Coca-Cola-Flasche hat sich im Bewusstsein vieler Menschen
in aller Welt stärker eingeprägt als der Inhalt der Flasche. Der Name Nivea, einst kaum mehr
als eine gute Hautpflegecreme in einer schlichten blauen Dose, steht heute für eine internati-
onal renommierte Körperpflegeserie, die zu einer sehr starken Marke wurde. Und Madonna,
244 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?
dieses zahnlückige Chamäleon der Popindustrie, stilisierte sich zur Ikone, indem sie in be-
stimmten Abständen in immer neue Rollen schlüpfte. Diese wenigen Beispiele haben eines
gemeinsam: Sie unterscheiden sich durch bestimmte Wesens- oder Formmerkmale von ihren
Konkurrenten. Sie sind nicht naturgegeben, sie sind konstruiert.
Wir lieben und genießen unser Leben, weil wir die Vielfalt, Buntheit und Gegensätzlichkeit
der Welt wahrnehmen können. Mit Hilfe des Lichts sehen wir die Dinge unserer Umwelt, die
Modulation in hell und dunkel, in unterschiedliche Farbspektren und Strukturen erzeugt
Unterschiede. So können wir die Gegenstände voneinander unterscheiden, weil die Differen-
zen Objekte voneinander abgrenzen. In einem Schnee- oder Sandsturm ohne genügend Licht
verlieren wir die Orientierung. Die Welt wird weiß, grau oder braun, die Konturen verwi-
schen, wir verlieren jeden Halt.
Identität kommt von lateinischen „idem“ und heißt soviel wie dasselbe, derselbe. Wenn je-
mand „er selbst“ oder „sie selbst“ ist, kann er oder sie nicht gleichzeitig ein anderer sein.
Identität ist also die klare und unumkehrbare Abgrenzung vom Subjekt zum Objekt.
In der Unternehmensidentität, also der Corporate Identity, haben Firmen, Konzerne und Orga-
nisationen in den vergangenen zwanzig Jahren in zunehmendem Maße die Chance gewittert,
in zeitweise schwierigen Märkten über die Verbesserung ihres Images, also des Bildes, das
sie nach außen abgeben, Profil zu gewinnen. Auch wenn Wally Olins, einer der Pioniere der
CI-Branche, schon vor zwölf Jahren davon sprach, dass Corporate Identity im Prinzip ein
Managementinstrument wie jedes andere sei, bleibt bis heute der Umgang mit ihr für die
Mehrheit der Unternehmer und Manager ein eher vages, unklares und unscharfes Strategie-
feld.
Die Gründe hierfür liegen im Identitätsproblem selbst, seiner Entwicklung, dem Verständnis
für dieses Thema und nicht zuletzt darin begründet, dass CI ein Soft-Faktor ist, der sich nicht
in Zahlen pressen lässt. Außerdem gehört CI zu den Themen, die von Veränderung leben und
bekanntermaßen nicht sonderlich beliebt sind.
Jeder Mensch verändert sich ununterbrochen, physisch wie psychisch und bleibt doch immer
derselbe. Seine Identität allerdings muss jeder Mensch von Geburt an unbewusst und bewusst
aus unterschiedlichen Teilidentitäten generieren. Dasselbe gilt für Unternehmen und Organi-
sationen, denn diese entwickeln sich nicht aus sich selbst heraus, sondern werden geformt
und geleitet von Menschen, die wiederum eine eigene Identität besitzen. Werden Führungs-
kräfte ausgetauscht, verändert sich in einem gewissen Rahmen auch die Identität des Unter-
nehmens. Schon hier wird die personelle Abhängigkeit deutlich.
Ein Individuum kann seine Identität nur im Rahmen seiner vorhandenen Teilidentitäten ver-
ändern und daraus sein Erscheinungsbild entsprechend definieren. Aus dem Bewusstsein
seiner Eigenarten, Fähigkeiten und Charaktereigenschaften kann es einzelne Züge hervorhe-
ben und damit der Außenwelt ein veränderbares Bild vermitteln. Grundsätzlich kann es aber
nie ein anderes werden.
Identitäten von Unternehmen dagegen müssen grundsätzlich entwickelt werden und können
nur in beschränktem Rahmen auf unveränderbare Gegebenheiten zurückgreifen. Unternehmen
und Organisationen müssen sich ihre Identität schaffen, sie müssen sie regelrecht entwerfen
Identität ist keine Uniform 245
und konstruieren. So sind sie letztlich ein Konstrukt aus dem hochkomplexen Zusammenwir-
ken aller Unternehmensteile, die in einem Prozess permanenter Rückkoppelungsbeziehungen
die entstandene Identität verändern und wachsen lassen.
Dr. Jürgen Häusler, CI-Spezialist und Geschäftsführer der Interbrand Zintzmeyer & Lux
Gruppe, meint dazu: „Wir haben sehr lange daran geglaubt, man müsse nur das ans Tageslicht
bringen, was in Unternehmen schlummere. Das ist zwar nicht ganz falsch, aber auch nicht
ganz richtig. Identität ist das, was wir einer Organisation geben; denn Identität wird kreiert, ja
sogar konstruiert!“
Über Veränderung wurde in der jüngeren Vergangenheit viel geredet und publiziert. Manche
generierten gar ein so genanntes Veränderungsmanagement, was letztlich nichts anderes
bedeutet als die Institutionalisierung prozessualer Selbstverständlichkeiten, die von vielen
allerdings noch nicht als solche angesehen werden.
Im Grunde geht es dabei aber um zwei wesentliche Aspekte: Einerseits muss die Organisation
eine Sensorik entwickeln, die mit einem permanenten Steuern und Gegensteuern das Unter-
nehmen im Markt navigiert. Andererseits müssen Regelmechanismen vorhanden sein, die
Veränderungsprozesse um ihrer selbst willen verhindern helfen. Das spielt vor allem in Zeiten
zunehmender Vernetzung eine Rolle. Der amerikanische Soziologe Richard Sennett kritisiert
denn auch den uneingeschränkten und blinden Glauben an Veränderung: „Die Diskontinuität
eines Netzwerks führt im Bewusstsein des Einzelnen zu Unsicherheit. Im flexiblen Kapita-
lismus erfahren Menschen, die sich verändern, drei Arten von Unsicherheit, nämlich durch
‚mehrdeutige Seitwärtsbewegungen‘, ‚retrospektive Verluste‘ und unvorhersehbare Einkom-
mensentwicklung“. Sennett lässt keinen Zweifel daran, dass die Menschen den ununterbro-
chenen Wechsel ihrer Lebensumstände auf Dauer nicht verkraften können. Das gilt genauso
für Unternehmen.
Also keine Veränderungen? Aber selbstverständlich, doch müssen diese anders ablaufen, als
vielfach angenommen. Grundsätzlich geht es darum, durch Veränderung die eigene Identität
zu bewahren. Was auf den ersten Blick wie ein Paradoxon klingt, stellt sich als absolut not-
wendig heraus. Auf der Zeitachse von Lebenszyklen gibt es für Individuen, aber auch für
Unternehmen, keinen Stillstand. Am erfolgreichsten überleben dabei diejenigen, die über das
beste Kooperationsmodell verfügen. Kooperieren können aber nur diejenigen, die in fortge-
setzter Kommunikation oder im Austausch mit ihrer Umwelt existieren. Aus diesen Bezie-
hungen resultieren dann die Veränderungen, die oftmals gar nicht bewusst wahrgenommen
werden, die aber sehr wohl bewusst gesteuert werden. Anders ausgedrückt: In der steten
Beziehung zu den Kooperationspartnern bilden sich immer neue Identitäten, die als Ausdruck
veränderter Bedingungen gelten können und die eigene Position sichern helfen.
„Wir irren voran“, so lautet das Motto des Unternehmers Stephan Koziol. Ohne das Prinzip
von Versuch und Irrtum wäre der Erfolg seines Unternehmens nicht denkbar. Wenn sich ein
Weg als Irrweg herausstellt, wenn ein Produkt zum Flop wird, so muss das verkraftbar sein.
Wer zwanghaft versucht, ein Unternehmen mehrfach redundant ohne Verluste in die Zukunft
zu planen, wird mit seinem leblosen Konstrukt dauerhaft kaum erfolgreich sein. Deshalb geht
es um Identitäten, die sich in einem fortlaufenden Prozess der inneren und äußeren Erneue-
rung befinden.
Folgen wir dem Soziologen G. Schulze, haben wir die Entwicklung von einer Überlebensge-
sellschaft zu einer Erlebnisgesellschaft hinter uns. Da, wo der Imperativ „Erlebe dein Leben“
zentrale Bedeutung gewinnt, ist a priori nicht mehr das Leben, sondern sein Sinn bedroht. Wo
alles verfügbar ist, wächst der Bedarf an Sinn. Was früher einmal mit Seelenheil und anderen
Identität ist keine Uniform 247
Wir beschlossen, die Leiter der Unternehmensbereiche Marketing, Produktion, Vertrieb und
Finanzen, Geschäftsführer und den leitenden Designer zu einem ganztägigen Meeting zu-
sammen zu trommeln. Das Ziel war einfach: Wir wollten erfahren, wie diese Führungskräfte
das Unternehmen sahen und was sie glaubten, wie andere es sehen würden.
Nach zähen Anfängen, vorsichtigen bis furchtsamen Formulierungen und verbreiteter Skepsis
begann es dann zu sprudeln. Am Ende des Tages war jedem im Raum klar, welche Identität
die Firma hatte, wie sie zu formulieren sei und dass man jetzt auch mit der visuellen Aufar-
beitung und Darstellung sofort beginnen müsse. Zwei Monate später – die Ergebnisse waren
zwischenzeitlich ausformuliert und Kontakte mit Kreativen aufgenommen – wurde der Ge-
schäftsführer ausgewechselt. Der Prozess war zu Ende, kaum dass er begonnen hatte. Das
eher nachdenkliche, reflexive Vorgehen, das wir eingeleitet hatten, war beim Gruppenvor-
stand nicht gerne gesehen.
herrschte die Seniorchefin über eine Batterie eichenholzgerahmter Zinnbilder. Der Aus-
bruchsversuch der Männer in eine neue Ideenwelt musste sofort gestoppt werden, weil die
regionale Folklore damit nicht mehr in Einklang zu bringen war. Mangelndes kulturelles
Verständnis erzeugte Ängste vor Neuem und blockierte so die Entwicklung des Unterneh-
mens.
Ohne eine entsprechende Vorgehensweise wäre das wohl nicht zu realisieren gewesen. Des-
halb kam es von Anfang an auf den Dialog zwischen allen Beteiligten an. Um das Corporate
Design, den Orientierung schaffenden Part, kümmerten sich Baumann und Baumann, Büro
für Gestaltung aus Schwäbisch Gmünd. Als grundlegendes Ordnungsprinzip für ihre Arbeit
griffen sie auf Altbekanntes, aber niemals Veraltetes zurück. Alle Elemente des Layouts ba-
sieren auf der dynamischen Summenzahlenreihe von Fibonacci (1, 1, 2, 3, 5, 8, 13 ...), mit
denen die Verhältnisse des Goldenen Schnittes definiert werden können. Ob Schriftgrößen,
Zeilenabstände oder Farbtöne, alles ist nach entsprechenden Fibonacci-Zahlen abgestuft;
denn die meisten von uns als schön empfundenen Verhältnisse in der Natur lassen sich auf
eben diese Regeln des Goldenen Schnittes zurück führen.
Die Ergebnisse, die heute nach nahezu dreijähriger Arbeit vorliegen, zeigen beispielhaft, was
möglich ist, wenn ein Unternehmen Identität und Gestaltung ernst nimmt und vor allem eine
prozesshafte Entwicklung mitzugehen bereit ist.
Schaden an wie der Patriarch alten Schlages. Es kommt vor allem auf die emotionale Intelli-
genz des Führenden an; denn nur damit lassen sich die unbedingt notwendigen Zwischentöne
und die Ganzheitlichkeit der Wirkungsweise erkennen.
Nun lässt sich über all das wunderbar diskutieren, wenn aber die wichtigsten Voraussetzun-
gen fehlen, wird dieser Zustand erst gar nicht erreicht. Und diese Grundlagen wiederum sind
von simpler, fast klassischer Natur und heißen Bildung und Kultur. Führungskräfte ohne eine
entsprechende Allgemeinbildung verdienen diese Bezeichnung nicht. Nur wer in der Lage ist,
differenziert kulturelle Zusammenhänge zu erkennen und entsprechend zu verarbeiten, kann
sich wirkungsvoll mit Corporate Identity auseinandersetzen. Die alten Tellerwäscherkarrieren
gibt es heute kaum noch. Der gelernte Schlosser Jürgen Schrempp hätte im derzeitigen Wirt-
schaftsleben kaum noch die Zeit, all die unterschiedlichen Stufen bis zum Vorstandsvorsit-
zenden von DaimlerChrysler zu überwinden. Denn im heutigen Aufstiegskampf ist kulturel-
les Verständnis zur Voraussetzung geworden; früher genügte das Wachsen der Persönlichkeit
an den Aufgaben. Heute wird vieles vorausgesetzt, was leider immer häufiger dazu führt,
dass auf Grund mangelhafter Ausbildungsmöglichkeiten die Bildungsinhalte an der Oberflä-
che bleiben. Der Schein von Bildung wirkt wie die Billigkopie eines Anzuges. Wer genauer
hinschaut, erkennt frustriert den Bluff. Und nichts ist für CI abträglicher als mangelnde
Glaubwürdigkeit.
CI ist Verantwortung
Enron, WorldCom, Xerox und kein Ende, wohl aber ein Ende der Glaubwürdigkeit. Die Wirt-
schaftskrise im Jahr 2002 geht nicht zuletzt darauf zurück, dass Manager vor allem in den
USA in der Gier nach persönlicher Bereicherung all das vergaßen, was einen guten Unter-
nehmer ausmacht. Gemeint sind an dieser Stelle vor allem Verantwortung und Glaubwürdig-
keit, also zwei Wertbegriffe, die für jede Identität Voraussetzung ihrer Dauerhaftigkeit sind.
Eine wieder-erkennbare, klare Identität kann nur unter der Voraussetzung von Glaubwürdig-
keit bestehen bleiben; denn wenn ein Unternehmen sich nicht des Glaubens an seine Ziele
und Inhalte als würdig erweist, wird niemand ihm dauerhaft Vertrauen schenken. Und hierin
liegt die so wichtige Verantwortung der Manager begründet: alles Handeln nach ethischen
Maßstäben auszurichten und damit auch alle Konsequenzen ihres Tuns zu tragen. Wie vieles
andere fallen auch ethische Maßstäbe nicht vom Himmel, schon gar nicht realisieren sie sich
von selbst. Und so gilt auch hier, dass mit großer Leidenschaft und strenger Konsequenz an
der Konstruktion dieser Identitätsmerkmale gearbeitet werden muss. Wem als Manager eine
dicke Brieftasche wichtiger ist als seine Reputation, sollte sich mit solchen Herausforderun-
gen nicht beschäftigen. Eine Corporate Identity ohne innere Haltung und Überzeugung auf-
bauen zu wollen, wird allenfalls kurzfristig einen Scheinerfolg generieren. Und Haltung
heißt, sich durch nichts auf dieser Welt verbiegen zu lassen, ohne in blinde Sturheit zu verfal-
len.
252 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?
Die Worthülsenproduzierer
Wir haben einige wichtige Aspekte über den Umgang mit dem Thema Corporate Identity
kennen gelernt. Die Bekanntheit des Begriffs in der Wirtschaft hat in den letzten Jahren au-
ßerordentlich zugenommen. Dass es sich dabei, wie Wally Olins sagte, um ein Management-
instrument wie jedes andere handelt, scheint vor allem im Mittelstand noch lange nicht
selbstverständlich, das Ziel ist noch nicht erreicht. Einen wesentlichen Anteil daran haben all
jene Berater, die ihre Kunden wechselnd mit den Moden mit immer neuen, gut klingenden,
aber meist nichts sagenden Fachtermini überhäufen. Wer fortgesetzt mit Begriffen wie „inte-
gralem Prozessmanagement“, „Identity Evaluation“ oder „holistischen Strukturalisierungs-
prozessen“ um sich wirft, braucht nicht über die Fluchttendenzen seiner potenziellen Kunden
überrascht zu sein. Gerade im direkten Umgang mit Unternehmern und Managern ist eine
klare, offene und leicht verständliche Sprache unverzichtbar. Das Zuhören als wesentlichem
Aspekt der Kommunikation erscheint manchem Berater eher als Schwäche denn als Vorteil;
denn leider gelten die schnell und laut auftretenden Vertreter ihres Fachs immer noch als
dynamischer als die nachdenklichen, zurückhaltenden. Und weil das Aufbauen einer CI ein
kreativer Vorgang ist, der komplexes Wahrnehmungsvermögen voraussetzt, sind gerade hier
Überflieger die großen Schadensquellen der Branche.
der Verantwortung für das eigene Tun. Firmen hören das nicht gerne, und darin liegt das
Grundproblem aller Corporate-Identity-Bestrebungen: CI wird gerne als eine zu gestaltende
Oberfläche gesehen, die man nach Bedarf verändern kann, während das Bewusstsein um das
eigene Sein gerne verdrängt wird. Damit rückt CI in die Nähe der Schönheitschirurgie, die
aus der hässlichen Firma Müller die attraktive Marke Claudia Schiffer basteln soll. Gerade so
funktioniert das nicht, aber Wunsch und Vorstellung haben das Bild vom Umgang mit der
Corporate Identity negativ geprägt.
Deshalb braucht heute nichts so nötig ein neues Image wie die Corporate Identity selbst. Die
Erfahrung aus den vergangenen zwei Jahrzehnten zeigt, dass das inhaltliche Verständnis für
das Wesen der CI erheblich geringer ausfällt als der Bekanntheitsgrad des Begriffs. CI wird
immer für den Teil des Ganzen gehalten, dem sich der Beobachter am nächsten fühlt. Doch
CI-Entwicklung ist aktive, prozessuale Veränderung bei konstanter Außenwahrnehmung, also
der Versuch, sich von der Natur vorgegebenen Vorgängen zu bedienen. Und Corporate Identi-
ty ist das durchgängige, permanent im Revisionsprozess stehende Design von Organisatio-
nen, die damit ihre Eigenständigkeit im Haifischbecken eines mörderischen Marktes bewah-
ren. Im CI drückt sich wie nirgends sonst der Überlebenswille eines Unternehmens aus.
Praxistipps
Konstruktion: CI ist in Organisationen nicht a priori vorhanden, sie muss kreiert werden.
Seien Sie mutig!
Prozess ohne Ende: CI ist kein Ziel, das einmal erreicht wird, sondern bleibt ein immerwäh-
render Regenerierungsprozess.
Seien Sie geduldig!
Sinn: CI manifestiert die Suche einer Organisation nach Sinn. Dieser Sinn muss klar formu-
liert werden („Unternehmensphilosphie“).
Seien Sie ehrlich!
Persönlichkeit: CI ohne Persönlichkeiten, die sie konsequent und voller Leidenschaft aufbau-
en, gibt es nicht.
Zeigen Sie Haltung!
Gestaltung: CI braucht Design. Die nobelste und schwierigste Aufgabe für einen Designer
liegt in der holistischen Gestaltung einer Organisation.
Seien Sie kreativ!
Wie kann man CI für Personen
einsetzen?
Ein ganzheitliches CI-Konzept kann man am besten verstehen und aufbauen, wenn man
persönlich engagiert an einem einfachen Beispiel die Strukturen, Methoden und Wirkungen
selbst erlebt.
Wer bin ich? Wer will ich sein? Was ist das Besondere an mir? Wo will ich hin? Die Antwor-
ten sind meine Identität – das bin ich.
CI-Selbstmanagementkonzept
Ich will es festhalten ... Ich will meine Wünsche und Ziele verwirklichen; ich will meine
bisherigen Ergebnisse und Erfolge nicht verlieren; ich will meine Überlegungen und Planun-
gen auch konsequent umsetzen – ich will das alles festhalten. Dies sind für mein Leben wich-
tige Meilensteine, die ich wirklich sichern möchte – wie kann ich das schaffen? Wie kann ich
vorgehen und daran erfolgreich arbeiten? In der Berufswelt wie im privaten Leben wird viel
Wert auf die Entwicklung der Persönlichkeit gelegt, um die unterschiedlichen Anforderungen
besser angehen zu können. Wie können Sie komplexe Verantwortlichkeiten professionell
managen? Können Sie allein damit fertig werden oder brauchen Sie für diesen Veränderungs-
prozess ein begleitendes, einfaches und erfolgreiches Konzept als ein Selbstmanagement, das
Ihnen Orientierung und Sicherheit gibt – Ihnen persönlich hilft und sie coacht?
Wer kennt das nicht: Man nimmt sich etwas vor und macht es dann doch nicht. Ausreden,
Inkonsequenz, Bequemlichkeit und auch der „innere Schweinhund“, den man nicht überwin-
den kann, verhindern das Umsetzen und man macht z. B. keinen Sport – obwohl es einem gut
tun würde und man jetzt zusätzlich noch ein schlechtes Gewissen hat, das belastet. Warum
scheitern so viele Versuche? Warum bleiben sie nur Wünsche? Woher können Sie den Antrieb
nehmen, um diese Hürde zu schaffen – vom Müssen zum Wollen, zum Machen zu kommen?
Sie wollen Ihre Wünsche und Ziele verwirklichen; Sie wollen Ihre bisherigen Ergebnisse und
Erfolge nicht verlieren. Für diese Veränderungsansätze werden erprobte Methoden gebraucht,
die helfen, sich wirklich auf den Weg zu machen und mit den Problemen und Widerständen
fertig zu werden, um die Ziele und damit echte Verbesserungen zu erreichen. Selbstmanage-
ment braucht also klare Ziele, effektive Strategien und effiziente Methoden, damit es auch
erfolgreich ist – daraus wird eine bewusste Strategie für Ihre persönliche Weiterentwicklung.
256 Wie kann man CI für Personen einsetzen?
Das Selbstmanagement
muss einfach sein, damit es funktioniert – nicht kompliziert;
muss alles miteinander vernetzen, damit sich die Maßnahmen und Projekte nicht gegensei-
tig in ihren Wirkungen behindern – Sie sich nicht verzetteln;
muss persönlich sein, damit Sie sich Ihre ganz spezifische Identität bewusst machen und
profilieren, damit Sie sich selbst erkennen und identifizieren können – darf also nicht
fremdbestimmt sein.
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 34: Das Spiegelkonzept
Identitätsprozesse sind wichtig – wir müssen das eigene Ich selbst entdecken, entwickeln und
erleben! Abgewandelt nach Descartes bleibt die Erkenntnis: Ich suche, also bin ich! Der
Prozess ist entscheidend – der Weg ist das Ziel. Der Weg zu Ihrem neuen Ich mit Ihren neuen
Aufgaben ist ein bewusst zu gestaltender persönlicher Identitätsprozess.
Eine Wahrheit mit eigenen Augen entdeckt, sei sie auch unvollkommen, ist zehn Wahrheiten
wert, die du von anderen erfährst – denn diese hat nicht nur dein Wissen erweitert, sie hat
auch deine Fähigkeit zu sehen geschärft – das hat der Polarforscher Fridtjof Nansen erkannt.
Identität ist keine Uniform 257
Der erste Schritt muss nicht auf Dauer richtig gewesen sein – einen falschen Schritt kann man
zurücknehmen oder verbessern und das schafft eigene Erfahrungen. Ohne erste Schritte wer-
den Sie aber nie weiter kommen. Am einfachsten ist vielleicht die Spiegelkonzept-Methode,
weil sie negativ arbeitet und das entlastet, Sie müssen nicht gleich perfekt das Richtige für
sich herausfinden. So können Sie bei anderen suchen, was Sie gut und schlecht finden und
das anschließend auf sich selbst übertragen und zusammentragen. Wenn Sie das direkt für
sich machen würden, wären Sie mehr in alten Denkstrukturen verhaftet und nicht frei für
Neues – Sie würden mehr Schwierigkeiten haben und nicht vorankommen.
Es gibt eine Vielzahl von Ansätzen, um sein Ich und damit sein Glück und sein Lebensziel zu
finden. Gerade in unsicheren Zeiten und bei Veränderungen der Lebens- und Arbeitsphasen
bekommt diese Suche wieder eine besondere – eine zentrale Bedeutung.
Entwickeln heißt, dass ich mich mit einem klaren Konzept, einer konsequenten Strategie
und mit kleinen Schritten, unterstützenden Methoden und Regeln zur Überwindung von
Schwierigkeiten auf den Weg mache. (Ich gehe los, um mein Ich zu erleben.)
Zehn Identitäts-Entwicklungselemente
Zur Entwicklung einer starken Identität braucht man (vgl. auch das Kapitel Identität? Identität!):
1. Visionen und Wünsche, Träume und Ideen, Neugier und Begeisterung, Vertrauen und
Kraft, Motivation und Ausdauer, Mut und Leidenschaft,
2. Grundsätze und Leitbilder als Ausgangsbasis und Grundlage für alle Maßnahmen,
Schritte und Denk- und Verhaltensweisen,
3. Besonderheiten und ein Profil, die prägnant und reduziert die Identität verdeutlichen
und zusammenfassen,
4. Ziele und Meilensteine zur Orientierung, Ausrichtung und Entscheidung, als Zwi-
schenergebnisse und Controlling,
5. Strategien und Vorgehensweisen, als Fahrplan für Visionen, um den Prozess in Gang zu
halten und flexibel zu reagieren,
6. Strukturen und Bereiche, um Teilkonzepte zu entwickeln und die einzelnen Elemente zu
implementieren und zu vernetzen, um Klarheit und Transparenz zu haben,
7. Methoden und Instrumente, um die Ideen und Konzepte umzusetzen und zu verwirkli-
chen, um die Probleme anzugehen,
Identität ist keine Uniform 259
8. Bewusstsein und Selbstwertgefühl, denn Emotionen schaffen die Kraft, das Selbstver-
trauen und die Freude und bringen die kognitiven Strategien zum Erleben,
9. Reflexion und Controlling, um die Ergebnisse und das Gelernte bewusst zu machen und
neue Ziele zu finden,
10. Image und ein einheitliches Erscheinungsbild, um ein starkes Fremdbild als Bestär-
kung und Feedback zu haben und das alles glaubwürdig und ganzheitlich umsetzen, leben
und empfinden.
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 35: Die Spinnenanalyse für mein Leben – Mein Leben gut leben
260 Wie kann man CI für Personen einsetzen?
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 36: Ganzheitliche Lebensbalance
Spüren Sie Ihre eigenen Kriterien auf, formulieren Sie Ihre Vorstellungen und Ihr Denken
über Ihr Leben und Arbeiten. Das Strukturmodell der Spinnenanalyse ist ein hilfreiches In-
strument, mit dem man sich einen guten Überblick über die gegenwärtige Situation, aber
auch über die gewünschten Ziele verschaffen kann. Durch die Beschränkung auf acht Krite-
rien bleibt man auf das Wesentliche konzentriert. Sieben Kriterien sollten nach innen gerich-
tet sein und über die Identitätsbildung Auskunft geben, während ein Kriterium nach außen
gerichtet das Image beschreibt. (Betrachten Sie Abb. 35 und 36 und formulieren Sie für sich
und Ihre Vision von einem guten Leben eigene Ich-Sätze – als eigene Identität – die Formu-
lierungen in den Abbildungen sind konkrete Beispiele, müssen aber natürlich an Ihre persön-
lichen Erfahrungen und Vorstellungen angepasst werden – nicht zuletzt an die spezifischen
Situationen und neuen Aufgabenstellungen.
Identität ist keine Uniform 261
Für die Formulierung der einzelnen Kriterien ist es sehr wichtig, sie ausdrücklich einfach,
positiv und konkret zu formulieren, also z. B. „Ich habe ein prägnantes Profil“ und nicht „Ich
habe ein schlechtes Erscheinungsbild, ein diffuses Auftreten und ein schlechtes Image“. For-
mulieren Sie einfache Sätze als Ich-Thesen, bezogen auf Ihre Wünsche, was Sie sich persön-
lich vorstellen, was Sie in Zukunft vorhaben. Beachten Sie dabei die Balance und die sehr
vielfältigen neuen Anforderungen. Dabei können Ihnen das Spiegelkonzept oder auch Bei-
spiele, Vorgaben und Anleitungen helfen. Die Kriterien sind also wichtige Grundsätze Ihres
bisherigen Arbeitens und für die neue Ausrichtung entsprechend der formulierten Vision. Am
besten, Sie machen sich selbst eine eigene Spinne. Es sind Sollwerte, an denen Sie arbeiten
müssen, um Ihre Lebensvision zu erreichen. Durch die Formulierung dieser Eckwerte be-
kommen Sie Klarheit, Orientierung und Hilfen, um Ihren Weg zu finden und loszugehen. Sie
sind Meilensteine für Ihren Weg. Durch diese Arbeit der Formulierung und der Bewertung
wird Ihr Bewusstsein und Ihr Selbstwertgefühl gestärkt – Sie werden sich motivierter auf den
Weg machen, weil Sie eine klare Richtung haben und Ihren Erfolg messen können. Vom Herz
zum Kopf und zurück – Sie werden diese Wechselbeziehungen selbst erkennen und spüren.
Ihr Leben und Arbeiten wird konkret, sichtbar und fassbar – Sie können es selbst gestalten!
Nach der Zielfindungspyramide (Abb. 37 und 38) beginnt der Weg zu einem umfassenden
Selbstmanagement auf der Meta-Ebene mit einer realistischen Vision und einem Leitbild. Er
geht dann von Ebene zu Ebene weiter von der Theorie zur Praxis bis hin zur konkreten Um-
setzung und zum Überprüfen. Diese fünf Ebenen sind direkt miteinander verbunden und
ergeben so ein professionelles Konzept; alle seine Ideen, Ziele, Konzepte, Projekte und Maß-
nahmen müssen wie bei einem großen Puzzle aufeinander abgestimmt werden, sodass sich
nichts gegenseitig behindert und Sie sich mit den vielen Aspekten nicht verzetteln, sondern
zum erfolgreichen Leben und Arbeiten kommen. Gehen Sie diesen Weg nach den genauen
Anleitungen und konzentrieren Sie sich auf die einzelnen Stationen – das gibt Orientierung
und Sicherheit. Inhaltlich können Sie alles selbst bestimmen, Sie haben völlige Gestaltungs-
freiheit. Die Beispiele sind nur Anhaltspunkte und Hilfe – Sie müssen selbst eigene Formulie-
rungen finden, erst dann wird es auch Ihr Konzept, das Sie auch wirklich umsetzen. Die
Zielfindungspyramide ist ein Fahrplan, damit Sie immer genau wissen, wo Sie sind und was
als nächstes zu machen ist. Die einzelnen Stationen werden mit effektiven Methoden unter-
stützt und helfen Ihnen, direkt mit ihrem Konzept zu beginnen.
Praxistipps
Als Überblick und konkrete Orientierung zur Vorgehensweise von den Leitfragen, über die
ersten Teilziele bis hin zur praktischen Umsetzung mit einem begleitenden Controlling die-
nen die Abb. 40 bis 42. Diese Zusammenfassung zeigt in komprimierter Form den CI-Prozess
auf und hilft Ihnen, die einzelnen Ebenen der Zielfindungspyramide klarer zu unterscheiden:
Auf welcher Ebene bin ich gerade und was muss ich als nächstes tun? In fünf Schritten be-
kommen Sie hier einen einfachen und erfolgreichen Fahrplan zur Entwicklung Ihrer Identität.
Das Vorgehen ist im Prinzip für Personen und Organisationen gleich – es muss natürlich an
die spezifische Kultur und Besonderheit angepasst werden.
262 Wie kann man CI für Personen einsetzen?
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 37: Die CI-Pyramide: Meine Identität entdecken – entwickeln – erleben
Wollen Sie also Ihr Ziel wirklich erreichen und dafür Ihr Verhalten konsequent danach aus-
richten – oder ist die Zielerreichung gar nicht Ihre Absicht, sondern der Weg dahin viel wich-
tiger? Ziele setzen unser Verhalten in Gang, Konsequenzen halten unser Verhalten in Gang.
Es geht um die Motivation (lat. movere – bewegen) – um die Zielorientierung, die man wach
halten will. Ohne die Zielgrößen, die wir als Erfolge und bestätigende Ergebnisse brauchen,
wird die Zielsetzung schwächer. Daher müssen wir alle Kräfte auf unser Ziel konzentrieren!
Hinzu kommt noch, dass wir uns auch authentischer und glaubwürdiger fühlen und anderen
gegenüber präsentieren, wenn wir unsere Ziele auch erreichen – dass, was wir sagen auch
machen.
Klare Ziele geben uns Orientierung, Sicherheit und Motivation. Ideen, die zu vage bleiben
und nicht genau als Ziele formuliert und mit einer Strategie versehen werden, bleiben Träu-
me, die nicht realisiert werden. Damit diese vage Idee aber kein Traum bleibt, sondern auch
wirklich erfolgreich umgesetzt und gelebt werden kann, muss ich entsprechende Grundsätze,
konkrete Teilziele und Maßnahmen ableiten und formulieren können. Nur wer sein Ziel
kennt, findet den Weg, hat Laotse gesagt. Wie kann man seinen Weg finden? Es beginnt mit
dem Herzen, es zeigt mir meine Gefühle. Nach Antoine de Saint-Exupéry kann man mit dem
Herzen am Besten sehen. Planen sollte man mit dem Kopf, umsetzen mit der Hand und die
Wirkungen wieder mit dem Herzen erkennen. Ein ganzheitlicher Prozess – ein Weg “from the
heart to the head and retour”. Wenn man eins wird mit seinem Weg, findet man seine Mitte –
seine Identität, sein Ich. Um diesen Weg auch bewusst, sichtbar und erfolgreich zu machen,
brauchen wir Methoden, die uns auf diesem Weg des Herzens helfen – wie z. B. die Spinnen-
analyse. Die selbstgewählten Sollwerte für mein Leben sind Meilensteine auf meinem Weg,
an denen ich messen kann, wie weit ich gekommen bin. Sie verdeutlichen mir meine Identität
und helfen mir auf meinem Weg zum Ich. Viele Führungskräfte aus unterschiedlichen Bran-
chen haben schon mit dieser Methode gearbeitet. Das einfache und effektive Umgehen mit
dieser Selbstmanagement-Methode schafft selbstverantwortliche Lernkulturen und stärkt die
Persönlichkeitsentwicklung.
Spinnen-Analyse
Acht ausgewählte Grundsätze und Kriterien werden mit den Noten 1 bis 6 bewertet (1 = trifft
voll zu/außen; 6 = trifft nicht zu/innen). Dies erfolgt entweder durch die eigene Einschätzung
(Selbsteinschätzung/Selbstbild) oder durch eine direkt angelegte Zielgruppenbefragung bei
Partnern, Freunden und Mitarbeitern (Fremdeinschätzung/Fremdbild). So bietet sich die
interessante Möglichkeit, dieselben Kriterien von unterschiedlichen Gruppen bewerten zu
lassen. Es ist sicherlich nützlich oder auch manchmal wichtig zu erfahren, in wieweit sich die
eigene Spinne von einer Fremdspinne unterscheidet (Selbst- und Fremdbildvergleich). Gera-
de bei der Selbsteinschätzung kann man sich leicht über- oder unterschätzen und dann ist der
Vergleich eine sichere Methode, um genauere Werte zu erhalten – das sollten Sie immer,
vielleicht auch nur mit wenigen Personen machen.
264 Wie kann man CI für Personen einsetzen?
Das Gebilde der Spinnenanalyse zeichnet die Ist-Situation auf für Ihre jetzige Situation: Wo
stehen Sie jetzt (Ausgangslage) bezüglich Ihrer Vision? Je größer das Gebilde ist, desto stär-
ker sind Ihre Identität und Ihr Image ausgeprägt. So können Sie sich selbst darstellen – Ihre
Identität sichtbar machen. Sollte dieser erste Schritt einer Ist-Bestimmung als zu allgemein
empfunden werden, kann man direkt mit Unterspinnen weiter machen. Wenn Sie bei der
Bewertung unsicher sind (große Unterschiede/Streuungen in der Benotung), sollten wieder
acht Kriterien für die Zusammenarbeit zusammengestellt werden, um mit Hilfe dieser Unter-
spinne das Problem genauer zu beleuchten (Fein-Analyse). Nach diesem Beispiel können je
nach Bedarf alle acht Einzelkriterien intensiver analysiert werden. Das schafft Klarheit für
den ersten Schritt zur Veränderung, der dann nach der Zielfindung durch die Entwicklung
eines Aktionsplans mit konkreten Maßnahmen weiter fortgesetzt wird.
Die Erstanalyse, die zunächst den Ist-Zustand als Ausgangspunkt darstellt, ist also nicht un-
bedingt die letzte und einzige Analyse, sondern sie zeigt auch gleichzeitig auf, an welchen
Punkten noch einmal genauer hingeschaut und nachgefragt werden muss, oder worüber noch
einmal neu durchdacht werden sollte. Die einzelnen Spinnen begleiten Sie kurz- und länger-
fristig und helfen Ihnen, sich auf Ihrem Weg zu orientieren und sich nicht zu verlaufen. Sie
können Orientierung, Kraft, Mut und auch Handlungshinweise geben und Ihre Lebensgestal-
tung ganzheitlich unterstützen.
Vorgehensweise zur Spinnenanalyse: (vgl. Abb.35)
1. Kriterien bewusst machen/besprechen/diskutieren (Identitätsstiftung),
2. Kriterien finden und formulieren (acht– bis max. zehn) für die Hauptspinne (Grundsätze
für die Vision); Kriterien nach realistischer Vision ausrichten – positive Statements/Thesen/
einfache Ich-Aussagen,
3. Ist-Analyse durch Benotung der Kriterien – Ist-Zustand (Kriterien mit Noten 1 – 6 bewer-
ten, evtl. Durchschnittswert von Selbst- und Fremdeinschätzung berechnen, evtl. Streu-
ung beachten) (Grob-Analyse); Selbsteinschätzung und Fremdeinschätzung vergleichen –
Abweichungen/Bestärkung,
4. Stärken-Schwächen-Profil durch + und – verdeutlichen,
5. Unterspinnen nach Bedarf erstellen (Fein-Analysen); genauere Ursachen/Fehler/Gründe
herausfinden,
6. für die Arbeitsschwerpunkte in der Hauptspinne jeweils pro Kriterium entsprechend acht
verfeinerte Unterpunkte für die Unterspinnen finden (8 x 8 = 64 Gesamt-Kriterien für den
weiteren Entwicklungs- oder Veränderungsprozess),
7. Soll-Analyse durch Festlegen von Zielsetzungen (Konzentration, Zielfindung),
8. Ziel mit konkreten Anzeigern/Messgrößen und Terminen als erstes Ziel (ein Spinnenarm)
festlegen (Prioritäten/Reihenfolge als Vorgehensweise/Strategie planen),
9. Klarheit und Motivation als Unterstützung zur Zielerreichung,
Identität ist keine Uniform 265
10. Controlling/Reflexion durchführen (nach der in den Zielen festgelegten Zeit) (Control-
ling); Soll-Ist-Vergleich als Selbst-Controlling/Reflexion, um Ergebnisse/Erfolge bewusst
zu machen und weiterentwickeln zu können; Nachbesserung/Innovationen und neue Ziel-
setzungen/Lernerfahrungen als Fortschritt und zur Motivation festhalten/Prozess in Gang
halten.
Untrennbar von der Ist-Analyse ist die Soll-Analyse. Die Kriterien der Ist-Spinne sind ja die
Denkweisen und Vorstellungen in Bezug auf die Vision und Ihre eigene Identität, die Sie
noch als wichtige Meilensteine angehen müssen. Die Bewertung der Kriterien zeigt, wo Sie
Stärken und Schwächen haben und so wird automatisch der Handlungsbedarf deutlich: Was
muss ich tun, um meine Vision zu verwirklichen? Die Bewusstmachung der Ausgangspunkte,
des jetzigen Ist-Zustandes gibt Ihnen die Antwort auf die Frage: Wo bist du? Somit ist die Ist-
Analyse auch gleichzeitig eine Soll-Analyse: Wo willst du hin? Sie können einen von den
acht Spinnenarmen auswählen, an dem Sie verstärkt weiter arbeiten wollen. Leiten Sie Ihr
Vorgehen aus der Zielfindungspyramide ab. Bitte nicht verzetteln und sofort an allen Spin-
nenarmen eine Verbesserung erreichen wollen (Verzettelungsgefahr, Überforderung – evtl.
mit einem Berater als Unterstützung leichter). Reduzieren Sie den Arbeitsschwerpunkt und
konzentrieren Sie sich und alle Ressourcen auf ein Teilziel. Durch eine einfache Punktbewer-
tung – Sie selbst und vielleicht auch andere aus Ihrem Kreis von Freunden, Partnern, Bera-
tern setzen max. jeweils drei Punkte an die Spinnenarme – können Sie dann evtl. leichter den
ersten Schritt, das erste Ziel festlegen und sich so schneller entscheiden. Bei der Auswahl der
Zielsetzung sollten besonders zwei Leitfragen vorher deutlich gemacht werden, um möglichst
große Synergieeffekte zu haben und auch, um einzelne Elemente besser miteinander vernet-
zen zu können:
Welche Zielsetzung schafft gute und schnelle Lernerfolge, um am Anfang einen großen
Motivationsschub zu bekommen?
Welche Zielsetzung hat einen großen Synergieeffekt für alle anderen Bereiche, kann ande-
re mögliche Ziele mit aufnehmen und verbinden?
Damit sollen nicht die größten Schwierigkeiten gleich am Anfang angegangen werden – die
Gefahr des Scheitern und der Frustration wäre zu groß. Als ersten Ansatz also einen leichten
Start wählen, damit der erste Erfolg motiviert, weiter zu machen. Entscheidend dabei kann
auch die Auswahl für einen Schwachpunkt oder für eine Stärke sein. Es muss die erste Ziel-
setzung nicht die Behebung einer Schwäche sein, schon gar nicht die größte Schwäche ange-
gangen werden (schwierige, verkrustete Strukturen) – es kann auch mit dem Ausbau einer
Stärke begonnen werden. Eine Zielsetzung, die eine große Auswirkung auf andere Bereiche
hat, sollte bei der Auswahl und der Prioritätenliste besonders berücksichtigt werden, um
damit einen großen Schritt voran zu kommen. Legen Sie eine so gewichtete Reihenfolge fest,
dann haben Sie eine klare Strategie und können mit der Umsetzung beginnen.
266 Wie kann man CI für Personen einsetzen?
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 38: Die Unterspinnenanalyse für meinen Grundsatz – Gesundes Leben
Nachdem Sie in der Hauptspinne den Arbeitsschwerpunkt bei einem Spinnenarm festgelegt
haben – z. B. Ich will an diesem Grundsatz bis Ende 2009 um mindestens einen Wert besser
geworden sein! – wird durch den Soll-Ist-Vergleich nicht nur der Handlungsbedarf deutlich,
sondern auch die Richtung für Ihren Weg und das schafft ein starkes Selbstbewusstsein und
eine neue Motivation. Um dies noch zu verstärken, können Sie die möglichen Auswirkun-
gen/Synergieeffekte für die anderen Spinnenarme einzeichnen: Markieren Sie, was Sie auch
logischerweise bei den anderen Spinnenarmen erreichen, wenn Sie in einem Kriterium besser
Identität ist keine Uniform 267
geworden sind. Natürlich werden sich nicht alle Kriterien automatisch verbessern, wenn Sie
effektiv an einem arbeiten, aber einige werden sich dadurch verändern und das sollten Sie für
sich als Perspektive deutlich machen: Ganzheitliche Erfolge werden sichtbar und geben Kraft
und Mut für den eigenen Weg.
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 39: Corporate Identity in fünf Schritten (1)
Der nächste Schritt sollte die genauere Erarbeitung und Bewusstmachung des Arbeitsschwer-
punktes sein. Durch eine erste Unterspinne zu diesem Grundsatz werden die nächsten Schritte
für diese Richtung deutlich und zeigen uns den Weg genauer auf. Die Formulierungen der
Kriterien sind im Vergleich zur Hauptspinne viel präziser und geben uns Orientierung für die
Umsetzungen.
268 Wie kann man CI für Personen einsetzen?
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 40: Corporate Identity in fünf Schritten (2)
Nicht überall wo „Ziele“ drauf steht, sind „Ziele“ drin. Viele Ziele werden zu allgemein und
zu vage formuliert – sie sind damit keine klare Orientierung, sind nicht messbar und zeigen
darum nicht, ob Sie Ihre Ziele wirklich erreicht haben. „Ich will mein Leben verbessern!“ ist
kein Ziel, sondern ein Wunsch, eine Vision. Dafür müssen Sie dann entsprechende Grundsät-
ze finden und aus der Ist- und Soll-Analyse entsprechende strategische Ziele ableiten, die
dann weiter klein gearbeitet werden müssen zu operationalisierten Zielen. Erst durch eine
genaue schriftliche Zielformulierung werden die erwarteten Wirkungen freigesetzt und der
Erfolg sichtbar gemacht. Unterscheiden Sie genau, auf welcher Ebene in der Zielfindungspy-
ramide Sie sich befinden: Ist das eine Vision, ein Grundsatz, ein strategisches oder ein opera-
tionalisiertes Ziel oder schon eine Maßnahme? (Vgl. Sie auch den Praxistipp: Abb. 40 – 42.)
Wichtig ist auch, dass Sie alle Ziele aufeinander abstimmen und miteinander vernetzen, damit
sie alle in eine Richtung zielen und sich nicht gegenseitig behindern oder in den Wirkungen
Identität ist keine Uniform 269
sogar entgegen stehen. Mit der Anleitung „Ziele smart formulieren“ (Abb.43) können Sie
realistische, erreichbare und messbare Ziele finden. Das schafft nicht nur Motivation, sich auf
den Weg zu machen, sondern auch die Möglichkeit, sich seiner Erfolge bewusst zu werden.
Das ist Identitätsfindung.
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 41: Corporate Identity in 5 Schritten (3)
Wenn Sie gestartet sind und eine erste Unterspinne für Ihre erste Zielsetzung formulieren,
gibt es mit der Rasteranalyse eine konkrete Methode zur weiteren Unterstützung, um in klei-
nen Schritten vorangehen zu können. Diese sehr einfache zusätzliche Methode unterstützt,
begleitet und coacht Sie. Nehmen Sie die Anleitungen in den Abb. 44/45 und übertragen Sie
sie auf Ihre Entwicklung. Formulieren Sie entsprechend Ihrer Vision und Ihres ausgewählten
Leitsatzes konkrete Leitziele für die Unterspinne, die Sie dann mit smart-formulierten Quali-
tätsstandards hinterlegen, damit der Übergang zur praktischen Umsetzung und die Überprü-
fung/Evaluation leichter und überhaupt erst ermöglicht wird. Die einzelnen Maßnahmen und
270 Wie kann man CI für Personen einsetzen?
Schritte zur Umsetzung können Sie dann mit der Kraftfeldanalyse (Abb. 11) und als Arbeits-
programm mit einem professionellen Projektmanagement planen (Abb. 46), umsetzen und
kontrollieren. Durch die ganz klare Struktur und konsequente Vorgehensweise wird es weni-
ger Probleme bei der Umsetzung geben, Sie sind motivierter dabei und letztlich damit auch
erfolgreicher.
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 42: Ziele smart formulieren
Identität ist keine Uniform 271
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 43: Rasteranalyse zur Umsetzung
272 Wie kann man CI für Personen einsetzen?
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 44: Projektmanagement
Probleme bei der Umsetzung des Selbstmanagements 273
Als Führungskraft haben Sie sehr vielfältige und anspruchsvolle Erwartungen zu erfüllen und
stehen permanent unter Stress. Eine Fülle von Anforderungen von außerhalb und am Arbeits-
platz selbst stürmt täglich auf Sie ein und Sie müssen flexibel und effektiv darauf reagieren.
Leiten heißt aber nicht nur reagieren, sondern aktiv und profiliert gestalten – das kommt noch
dazu. Eigene Erfahrungen und durch Weiterbildung geschultes Denken und Handeln als
Leiter, konnte Ihnen bislang helfen, Prioritäten zu setzen und entsprechende Grundlagen und
Prozesse zu entwickeln, um damit gut umgehen zu können. Die Steigerung kommt jetzt aktu-
ell mit der veränderten Qualifizierung dazu, bei der Sie als Leiter ganz neue Aufgaben und
Verantwortlichkeiten noch zusätzlich übertragen bekommen – auf die Sie in keiner Weise
vorbereitet sind. Sie müssen diese Innovationen für sich handelnd entdecken – mit Risikobe-
reitschaft, Stärke und Fehlern. Der Gefahr der Überforderung und Verzettelung kann man nur
durch ein gutes Selbstmanagement entgegnen. Nur durch ein klares und ganzheitlich vernetz-
tes Gesamtkonzept für die Privatperson und die Position als Führungskraft bekommen Sie
Orientierungshilfe, strategische Begleitung und begleitende Reflexion, damit Sie weniger
Fehler machen und in Ihrer Person gestärkt werden. Stress ist selbstgemacht! Stressmanage-
ment beginnt bei Ihnen selbst.
Praxistipp
Beginnen Sie in einer stillen Stunde mit Ihrer Lebensbalance (Abb. 36) und überlegen und
formulieren Sie für Ihr privates Leben eine ausgeglichene Hauptspinne mit acht Leitsätzen,
um für sich eine klare Basis zu haben (vgl. Abb. 35). Setzen Sie sich ein Lebensziel für ein
Jahr und machen Sie dafür eine Unterspinne (vgl. Abb. 39 mit konkreten und überprüfbaren
Kriterien – smart). So entwickeln Sie für sich ein Selbstmanagement für Ihre Person – Ihren
Lebensplan, damit Ihre privaten Belange nicht zu kurz kommen. Für Ihre neue Zielsetzung
können Sie jetzt eine entsprechende Unterspinne erarbeiten (vgl. Abb. 39) und damit ein
Selbstmanagement erstellen. Alles ist aufeinander abgestimmt, übersichtlich und einfach
strukturiert. Der Fülle der täglichen Aufgaben können Sie damit gestärkt entgegentreten und
den Überblick behalten. Eine Benotung in den Spinnen schafft eine begleitende Reflexion
und hilft neue Ziele zu setzen. Wenn Probleme und Konflikte, Störungen und Stresselemente
auftreten, können Sie gezielter mit Stress- oder Konfliktmanagement dagegen angehen und
Lösungen finden (vgl. dazu auch Kap. Veränderungsmanagement).
274 Wie kann man CI für Personen einsetzen?
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 45: Dem Stress keine Chance – 10 Regeln zum Stressabbau (Teil I)
Probleme bei der Umsetzung des Selbstmanagements 275
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 46: Dem Stress keine Chance – 10 Regeln zum Stressabbau (Teil II)
276 Wie kann man CI für Personen einsetzen?
Sie können sich eine Woche lang auf eine Regel konzentrieren und dann eine zweite dazu
nehmen usw. Finden Sie aus obigem Angebot, die für Sie zutreffenden und wichtigen Punkte
heraus und stellen Sie sich so ein persönliches Anti-Stresskonzept mit ca. 5-7 Regeln zusam-
men, die Sie Woche für Woche ergänzt und weiterentwickelt haben. Durch dieses Entwick-
lungstraining lernen Sie das „Um-Denken”. Das Selbsttraining kann durch gemeinsame Bera-
tungen und Besprechungen noch verstärkt werden: Reden Sie mit anderen Personen über Ihre
Regeln, den Gebrauch und Ihre Erfahrungen. Diese Bewusstmachung erhöht die Erfolgs-
chancen (vgl. auch Abb. 47/48).
Führungskräfte brauchen für sich und alle Beteiligten ein ganz klares Zeitmanagement, um
den vielfältigen Aufgaben und Anforderungen gerecht werden zu können. Legen Sie verbind-
liche Zeiten, Sprechzeiten und Zeiträume fest, um andererseits Freiräume zu haben für Ges-
taltungsaufgaben und zur persönlichen Entspannung. Erst dadurch schaffen Sie sich Mög-
lichkeiten, um flexibel auf nicht geplante Ereignisse reagieren zu können. Planen Sie
möglichst immer mit einer Zielsetzung, mit Alternativen und Prioritäten – dann können Sie
schneller entscheiden, was wichtiger ist und was zeitlich verlegt werden kann.
Planen nach dem Eisenhower-Prinzip: Alle Entscheidungen und Anlässe sofort nach
Wichtigkeit und Dringlichkeit in einem Koordinaten-System ordnen. Ganz wichtig und
dringlich – sofort selbst erledigen, ganz unwichtig und nicht dringlich – sofort in den Pa-
pierkorb, ganz wichtig aber nicht dringlich – mit festem Termin planen und ganz dringlich
und nicht so wichtig – delegieren und zur Bearbeitung weitergeben an Mitarbeiter.
Planen nach dem Pareto-Prinzip: Alle Projekte, Arbeiten und Anlässe nach drei Katego-
rien ordnen: A-Kategorie ganz wichtig, B-Kategorie weniger wichtig und C-Kategorie
ganz unwichtig für die Ziele und den Erfolg. Die Zuordnungen sollten Sie aus zwei Erfah-
rungs-Wochen ableiten, in denen Sie alle Maßnahmen schriftlich aufgelistet und im Nach-
hinein zugeordnet haben. Wenn Sie jetzt planen, sollten Sie das Pareto-Prinzip beachten,
dass nur 20-Prozent der Maßnahmen 80-Prozent des Erfolges bringen – und das sind ge-
nau die A-Maßnahmen, auf die müssen Sie sich konzentrieren und die unwichtigen C-
Maßnahmen weglassen. Konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche – das schafft Entlas-
tung, Stärke, Qualität und einen guten Erfolg. Verplanen Sie nur ca. ein Drittel Ihrer Zeit
mit den A-Maßnahmen und lassen Sie die „Restzeit“ für die anderen Kategorien und un-
geplanten Ereignisse. Damit Sie sich nicht verzetteln, überfordern und verplanen sollten
Sie gerade in Stresszeiten die wichtigen Maßnahmen gut machen und die anderen lieber
delegieren und/oder ganz weglassen, so dass Sie auch noch Zeit für sich haben. Bei den A-
Maßnahmen letztlich private und berufliche nicht trennen, sondern beide Bereiche als
gleichermaßen wichtig ansehen und gleich behandeln. Zeitmanagement heißt Prioritäten
setzen.
Bei der Umsetzung gibt es meistens Widerstände, die das weitere Vorgehen behindern. Die
genaue Unterscheidung zwischen Problem und Konflikt kann dabei schon helfen, besser
voran zu kommen. Widerstände: Problem oder Konflikt? Krisen und Konflikte sind Gefah-
ren, aber auch Chancen. Widerstände werden nicht differenziert: Ist es ein Problem oder ist es
ein Konflikt? Viele sehen überall nur Konflikte. Die bringen Stress, belasten uns, erschlagen
Probleme bei der Umsetzung des Selbstmanagements 277
uns und sind zu komplex, um damit erfolgreich umzugehen. Die konfliktartigen Widerstände
bringen negative Emotionen – sie ärgern uns und rauben uns unsere Energie, so dass wir
nicht mehr handlungsfähig sind – sie erschlagen uns förmlich:
Emotionale Belastung,
Kognitive Sperre,
Handlungsunfähigkeit.
Der erste Ansatz zur Lösung liegt in der klaren Unterscheidung; erst dann weiß ich genau, ob
ich problem- oder konfliktorientiert vorgehen muss. Was ist aber der eigentliche Unterschied
(Abb. 49/50/51)? Ein Problem ist rein sachlich, bezieht sich auf Inhalte, Sachzusammenhän-
ge und auf Dinglichkeiten (Inhaltsaspekt). Ein Konflikt wird es erst daraus, wenn belastende
Emotionen, Gefühle, Ärger und Vorstellungen/Meinungen dazu kommen (Beziehungsaspekt)
und uns derart behindern, dass wir nicht mehr zum Handeln kommen. Der belastende Bezie-
hungsaspekt überlagert den Inhaltsaspekt und verhindert damit sachlich gute Lösungen. Wir
müssen also zuerst die negativen Emotionen so weit abklären, dass wir dann sachlich weiter
kommen können. Gute Lösungen brauchen positive Emotionen. Unterscheiden Sie deutlich
Probleme und Konflikte. Nicht jedes Problem ist gleich ein Konflikt – aber jeder Konflikt ist
ein Problem.
Sobald Sie bei sich und/oder bei Anderen negative Emotionen erkennen können, ist es ein
Konflikt und muss als solcher behandelt werden. Der erste Schritt: Mit Ich-Botschaften direkt
für sich und Andere die negativen Emotionen ansprechen und dadurch bewusst machen. Nach
dieser Formulierung und Bewusstmachung können Sie eher auf das sachliche Problem losge-
hen und es lösen. Machen Sie sich also deutlich: Das ärgert mich – also ist das ein Konflikt.
Wie kann man ganz strukturiert und strategisch die emotionale Lösung des Konfliktes ange-
hen? Erscheint der Konflikt zu groß und unlösbar – dann aus der Situation heraus gehen und
gleich Hilfe von außen holen (Moderator, Freunde, Vorgesetzte, Berater, Coach, Supervisor).
Die Verdrängung der negativen Gefühle bringt nur mehr Stress und keine echte Lösung –
eher die Eskalation. Der Weg zur Konfliktlösung:
1. mit negativen Emotionen bewusst umgehen lernen – sie zulassen, annehmen,
2. Alternativen, Ziele, Vorgehensweisen überlegen – erste kleine Schritte,
3. Entscheidungen treffen und handeln – lieber „Probehandeln“ als nichts tun ...
Konflikte sind nur dann störend, wenn wir nichts mehr denken und tun können – versuchen
Sie möglichst klare Ziele mit ersten kleinen Meilensteinen zu formulieren, dann schaffen Sie
für sich eine Art Selbstmotivation, diese direkt anzugehen und machen sich auf den Weg zur
Lösung. Konflikte werden so zu Herausforderungen und bleiben nicht die unüberwindbaren
Berge – Krisen kann man verändern und die Gefahr zur Chance werden lassen – nur durch
eine veränderte Denkweise. Und dann haben Sie wieder die volle positive Kraft, um sich auf
die Problemlösung zu konzentrieren. Lernen Sie Konflikte „umzudenken“.
278 Wie kann man CI für Personen einsetzen?
Die Identität ist die stärkste Kraft der menschlichen Handlung. Die Identitätsfindung aber hat
viel mit Widerständen zu tun, mit Fehlern und Misserfolgen, Enttäuschungen und Ängsten –
es ist ein alltäglicher Kampf. Identitätsfindung ist ein permanenter Prozess, der aber auch viel
mit Wünschen und Träumen zu tun hat – es geht um Visionen und ganz persönliche Zielset-
zungen. Und diese Motivationen brauchen wir alle, um unseren Identitäts-Prozess bewusst,
aktiv und erfolgreich steuern zu können:
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 47: Problem oder Konflikt?
280 Wie kann man CI für Personen einsetzen?
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 48: Widerstände auflösen
Probleme bei der Umsetzung des Selbstmanagements 281
Quelle: ©Regenthal
Abbildung 49: Grundsätze für Konfliktgespräche (Unterspinne)
Literaturverzeichnis
Gerhard Regenthal,
Jahrgang 1947, studierte Sozialwissenschaften (Psychologie,
Pädagogik, Philosophie, Soziologie) und Wirtschaftswissen-
schaften. Als langjähriger Lehrbeauftragter an der Braun-
schweiger Hochschule für Bildende Künste im Fachbereich
Design setzte er sich verstärkt ein für die Berücksichtigung
der Menschen im Design, in der Technik und im Marketing.
Er etablierte durch Forschung und Lehre, Veröffentlichungen
und Vorträge, aber auch bei der praktischen Produktentwick-
lung den Begriff „sozialorientiertes Design” als Leitidee,
woraus der innovative Ansatz einer sozialwissenschaftlich orientierten Corporate-Identity-
Konzeption entstand.
Seit 1981 ist er Leiter und Inhaber der Sozialwissenschaftlichen Unternehmensberatung und
seit 1991 auch Leiter und Inhaber der Corporate Identity Akademie.
Als CI-Berater, CI-Berater-Ausbilder und Autor zahlreicher Veröffentlichungen und CI-Lehr-
bücher hat er in Europa das Konzept Corporate Identity mit praxisorientierten Anleitungen
für einen ganzheitlichen CI-Prozess zur erfolgreichen Profilierung von Organisationen nach
innen und außen weiterentwickelt.
Seine Arbeitsschwerpunkte als gefragter Management-Trainer und Unternehmensberater
umfassen ein breites Leistungsspektrum, das alle Maßnahmen und Aktivitäten einer Organi-
sation im Rahmen der ganzheitlichen Corporate Identity sinnvoll aufeinander abstimmt.
Corporate Identity Akademie Gerhard Regenthal, Hackelkamp 9, D-38110 Braunschweig,
Telefon: 05307 – 911 90 63, Fax: 05307 – 911 90 64,
E-Mail: regenthal@ci-akademie.de, Internet: www.ci-akademie.de