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Gerhard Regenthal

Ganzheitliche Corporate Identity


Gerhard Regenthal

Ganzheitliche
Corporate Identity
Profilierung von Identität und Image

2. Auflage
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
<http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

1. Auflage 2003
2. Auflage 2009
Alle Rechte vorbehalten
© Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
Lektorat: Stefanie A. Winter
Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media.
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von jedermann benutzt werden dürften.
Umschlaggestaltung: Nina Faber de.sign, Wiesbaden
Druck und buchbinderische Verarbeitung: Krips b.v., Meppel
Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier.
Printed in the Netherlands
ISBN 978-3-8349-0611-3
Vorwort zur 2. Auflage 5

Vorwort zur 2. Auflage

„Habe Mut, deine Identität zu leben.“

„Das Große ist nicht, dies oder das zu sein, sondern man selbst zu sein.“
[Sören Kierkegaard]

Die Schnelllebigkeit, Komplexität und die wachsenden Anforderungen des privaten und
beruflichen Lebens führen zu Unsicherheiten und starken Belastungen: „Wie soll ich das
alles nur schaffen?“ Immer mehr Bürokratismus einerseits und Luxus und pure Imagebil-
dung anderseits verstärken das egoistische, wettbewerbsmäßige Streben und Denken. Die
starke Fremdbestimmung nimmt zu und auch die monetären Bedingtheiten verschärfen sich –
es geht um das Überleben und nicht mehr um Werte. Warum das alles? Wer sind wir eigent-
lich? Wohin wollen wir? Haben wir nach Kant Mut, uns unseres Verstandes zu bedienen und
unseren Weg zur Identität zu finden. Gerade in diesen schwierigen Zeiten der permanenten
Veränderungen ist eine Renaissance der Corporate Identity entstanden, die diese Fragen nach
der Identität aufnimmt und mit ganzheitlichen CI-Methoden bearbeitet. CI ist für Personen,
Organisationen und Unternehmen nicht mehr Luxus, sondern dringende Notwendigkeit, um
im Wettbewerb durch Markenbildung mit nachhaltig erfolgreichen Strategien und Konzepten
ihre besondere Identität zu finden und sich zu profilieren.
CI ist zu einem ganzheitlichen Prozess der Identitätsfindung geworden, der zur starken Posi-
tionierung und zu einem unverwechselbaren Profil verhilft. Wichtig dabei ist die Vereinfa-
chung, die Reduktion auf das Wesentliche – verbunden mit klaren Strukturen, effizienten
Strategien und effektiven Methoden zur Umsetzung, so dass nachhaltige Erfolge entstehen
können. CI schafft somit für alle Bereiche eine besondere Klarheit und Sicherheit, die die
Beteiligten überzeugt und begeistert. Die stärkste Kraft ist die Identität: zu wissen, was einem
wichtig ist. Die Suche nach Erfolgsstrategien hat nur zu mehr Verunsicherung geführt. Es
bleibt die Erkenntnis, dass das klare Beantworten der Leitfragen der einzige richtige Weg ist.
Offene, nicht geklärte Fragen sind die größten Hemmnisse. Frustrationen, Unsicherheiten,
Probleme und Konflikte stören die Zusammenarbeit und schaffen zusätzliche Belastungen.
Die Diskussion und Festlegung des Leitbilds mit Grundsätzen, Werten und Richtlinien dienen
einer besseren Orientierung, klaren Bewusstmachung und Motivation und schaffen damit
einen ruhenden Pol und eine gemeinsame Basis. Der identitätsstiftende Prozess ist dabei
wichtiger als das eigentliche Ergebnis. Das Leitbild ist Basis für alle Entscheidungen und hat
Wirkungen nach innen und außen. Die Implementierung des Leitbilds ist im Prozess mit
6 Vorwort zur 2. Auflage

enthalten, ohne Implementierung ist das Leitbild wirkungslos. Das Leitbild ist die Vision des
Unternehmens, das Selbstverständnis und die Verfassung – es wird zu einer Marke. Es erhöht
die Identifikation der Mitarbeiter, schärft das Profil im Wettbewerb und schafft einen verbind-
lichen Handlungsrahmen zur besseren Vernetzung und Koordination aller Maßnahmen – was
letztlich zur Qualitäts- und Leistungsverbesserung führt. Ein gutes Leitbild ist Orientierungs-
hilfe für das tägliche Handeln und wird selbstverantwortlich am Arbeitsplatz im Alltag gelebt.
Die neue Auflage lässt die Grundlagen dieses Buches unverändert und bestätigt somit die
erfolgreichen Umsetzungsmethoden. Neu kommen drei Kapitel hinzu, die in konkreten CI-
Prozessen entwickelt wurden und zur sinnvollen Konkretion dienen:
1. Gesundheit braucht Nähe – Leitbildentwicklungsprozess im Klinikum Solingen zur regi-
onalen Markenbildung (www.klinikumsolingen.de).
2. Mit Sicherheit – mehr Freude am Bauen – ein Beispiel für eine klare CI-Struktur des
Bauunternehmens Krieger + Schramm (www.krieger-schramm.de)
3. Corporate Identity für Personen: CI-Selbstmanagementkonzept zur Orientierung, Stär-
kung und als Coaching
Bei allen drei Beispielen geht es letztlich um das klare Bewusstsein und die Zufriedenheit der
Beteiligten. Die identitätsstiftenden Prozesse mit ihren unterschiedlichen Strategien und
Strukturen geben den Lesern Orientierung und Anhaltspunkte für erfolgreiches Handeln. Sie
zeigen aktuelle Möglichkeiten auf, wie man CI entdecken, entwickeln und erleben kann.
Vielleicht sind es Anregungen, die Mut machen, sich selbst auf die Suche zu machen – denn
erst dann werden Sie CI wirklich erfahren.

Braunschweig, im Dezember 2008 Gerhard Regenthal


Corporate Identity-Akademie Braunschweig
Vorwort zur 1. Auflage

Ein neues Corporate-Identity-Buch?!

„Eigentlich lernen wir nur von Büchern, die wir nicht beurteilen können.“
[Johann Wolfgang von Goethe]

Meine langjährige Arbeit als CI-Unternehmensberater und Weiterentwickler der ganzheitli-


chen CI-Theorie habe ich in mein neues Buch einfließen lassen, um dieses aktuelle und zent-
rale Thema der Identitätsfindung in einer Zeit der permanenten Veränderung in allen Berei-
chen praxisorientiert darzustellen. Als Weiterentwicklung meiner anderen Bücher und
Veröffentlichungen ist dieses Buch für Unternehmen, Organisationen und auch für Personen
– also für eine breite Zielgruppe gedacht. Über die Einzeldarstellungen einzelner CI-Ansätze
hinaus braucht der Markt eine umfassende ganzheitliche Präsentation der Theorie und Praxis
der CI. Praktische Beispiele und konkrete Anleitungen sollen in diesem Buch CI effektiv
erfahrbar machen und für einen nachhaltigen Erfolg sorgen. CI in dieser neuen Dimension ist
nicht mehr nur Design und Imagebildung, sondern verbindet alle Einzelmaßnahmen im Rah-
men eines CI-Gesamtkonzepts: CI sorgt für die Implementierung der geplanten Ausrichtung,
verstärkt die Identitätsbildung, macht die Unternehmenskultur bewusst und erlebbar und
sichert die Profilierung im Wettbewerb.
Das CI-Praxis-Buch umfasst alle drei CI-Säulen – Behavior, Communication und Design.
Erfahrene CI-Praktiker unterstützen in Fallbeispielen, Erfahrungsberichten und Praxistipps
meine grundlegenden Aussagen und helfen so, ein breites und professionelles Leistungs-
spektrum anzubieten:
Claus Duncker und Jürgen Hertlein, Deutsche Blindenstudienanstalt e. V.,
Am Schlag 8, 35001 Marburg, www.blista.de
W. Otto Geberzahn, Mörikestraße 16, 73525 Schwäbisch Gmünd,
geberzahn@t-online.de, www.wog-consulting.de.
Henning Horn PR, Solitudestraße 49/3, 71638 Ludwigsburg,
hh@henninghorn.info, www.henninghorn.de.
Sven Hübner, Holsteiner Weide 2, 30938 Burgwedel, www.pestalozzi-stiftung.de.
Kay-Uwe Rohn, Im Fischerkamp 42, 38118 Braunschweig, identitaetunddesign@web.de.
8 Vorwort zur 1. Auflage

Ein gutes Image und eine starke Identität – das sind wesentliche Voraussetzungen für den
Unternehmenserfolg. Wie gelingt es Unternehmen, beides zu schaffen? Durch einen ganzheit-
lichen CI-Prozess, der alle Einzelmaßnahmen integrativ umfasst. Dabei sind Engagement und
Motivation aller Beteiligten gefragt. Ein einheitliches Erscheinungsbild allein – Corporate
Design – genügt nicht. Auch Corporate Behavior und Corporate Communication – also die
Verhaltensweisen aller Beteiligten sowie die gesamte externe und interne Kommunikation –
müssen im Einklang stehen, damit ein profiliertes Image entsteht. CI ist nicht mehr nur das
einheitliche Design, sondern die Entwicklung Ihrer ganz spezifischen Identität, die, richtig
implementiert, am Arbeitsplatz im Alltag sichtbar wird. CI ist nicht nur Luxus oder Kosme-
tik, sondern zwingend notwendig, um konsequente Kundenorientierung, hohe Produktqualität
und eine erfolgreiche Profilierung des Unternehmens nachhaltig zu erreichen. Integrative
Corporate Identity gibt direkte Praxishilfen für Management, Marketing und Design – von
der Mitarbeiterführung und Teamentwicklung, über das Marketing und die Öffentlichkeitsar-
beit bis hin zum Corporate Design.
Corporate-Identity-Beratungen müssen drei Ansätze ganzheitlich miteinander verbinden,
damit die Unternehmen den unterschiedlichen Anforderungen gerecht werden können. Die
Erwartungen und Ansprüche werden dabei noch erhöht, weil die Geschäftsleitungen und
Mitarbeiter unter zusätzlichem Handlungsdruck stehen. Alle wollen Veränderungen – alle
bringen ihre Erwartungen ein und wollen im CI-Prozess ihre Interessen vertreten sehen – alle
wollen eine Veränderung als Verbesserung für sich selbst.
Corporate-Identity-Berater müssen daraus
1. einen gemeinsamen Veränderungsprozess machen, durch CI-Strategien und Selbstgestal-
tungsmethoden eine große Akzeptanz und Motivation schaffen, eine Aufbruchstimmung,
die trotz aller schlechten Bedingungen alle Beteiligten zusammenbringt in einen gemein-
samen Entwicklungsprozess.
2. gemeinsam Konzepte und Strategien entwickeln, also für gute Ergebnisse sorgen, die von
der Mehrheit getragen und gelebt werden und die die Profilierung nach innen und außen
verbessern. Hier sind auch konkrete Verbesserungen für alle Beteiligten und den Alltag
gefragt, damit die Motivation nicht nachlässt und das Unternehmen den neuen Anforde-
rungen entsprechen kann.
3. die spezifische Identität des Unternehmens gemeinsam herausarbeiten, die die Verände-
rungsprozesse und die Ergebnisse miteinander verbindet, den Prozess in Gang hält und
damit den eigentlichen Erfolg prägt. Nur eine Organisation mit einer gemeinsam entwi-
ckelten spezifischen Identität ist ein gutes Unternehmen, damit alle Einzelmaßnahmen
ganzheitlich miteinander verbunden sind und von den Beteiligten auch konsequent und
glaubwürdig ernst genommen werden. Ohne die Identifikation des Einzelnen sind CI-
Programme nur aufgesetzt, Worthülsen und Zwangsmaßnahmen und schaffen keine un-
ternehmerisch sinnvollen Erfolgsaspekte. Isolierte Einzelmaßnahmen ohne Identität sind
blinder Aktionismus, der alle Beteiligten nur frustriert und mit viel Aufwand wenig er-
reicht. Ziel ist also die Entwicklung der unternehmerischen Identität.
Vorwort zur 1. Auflage 9

Bei diesem Entwicklungsprozess geht es nicht darum, alles völlig neu zu machen. Erprobte
Denk- und Arbeitsweisen, vorhandene Projekte und die bisherige Unternehmenskultur, die
zwar nicht allen direkt bewusst war, aber doch eine gewisse Basis für die Identität darstellt,
alle Stärken gilt es bewusst und damit gestaltbar zu machen. Diese gemeinsame Bewusstma-
chung schafft Transparenz und Klarheit, Selbstbewusstsein und Sicherheit, schafft ein profi-
liertes Selbstverständnis und ein gutes Image. Stärken stärken und Schwächen abbauen! Es
ist also notwendig, Defizite und Schwächen aufzuzeigen und sie abzubauen, Innovationen
und neue Anforderungen aufzunehmen und aufbauend auf die bisherige Kultur weiter zu
entwickeln. Dadurch können die Professionalisierung, die Qualität und die Leistungsfähig-
keit, die Zusammenarbeit und die Identität gestärkt und die Außenwirkung, das Image ver-
bessert werden: Profilierung des Unternehmens nach innen und außen!
Eine integrative Corporate Identity kann diese unterschiedlichen Ansätze ganzheitlich mitein-
ander verbinden und mit CI-Methoden diesen Entwicklungs- und Profilierungsprozess strate-
gisch und effizient anleiten, begleiten und steuern. Die CI-Management-methoden sind ganz
einfache und erprobte Denkweisen, die in den Unternehmen z. T. ansatzweise schon vorhan-
den sind, die aber als schlüssiges Gesamtkonzept die Veränderung der Organisationen eher
ermöglicht und das sehr ergebnis- und doch auch prozessorientiert, zwar konsensorientiert
und identitätsstiftend, doch auch die Freiheit des Einzelnen achtend. So kann eine glaubwür-
dige Selbstgestaltung für alle Beteiligten ganz konkrete und gute Ergebnisse und Erfolge
schaffen. Und gerade diese Erfolge sind notwendige Bestätigungen und Anerkennungen für
die Beteiligten: Schaffen Sie eine integrative Identität!
Dieses Buch kann nichts verändern. Es kann nur helfen, es selbst zu tun: In Ihnen die Motiva-
tion freisetzen, sich auf den Weg zu machen und Ihnen dabei die entsprechenden Grundlagen,
Strategien und Methoden anbieten und Sie dabei unterstützen und fördern. Verändern können
nur Sie selbst etwas. Es beginnt mit Ihrer Einstellung und Denkweise und mit einem ersten
Schritt, um selbst zu handeln und eigene Erfahrungen zu bekommen.
Für die Schnell-Leser können die Abbildungen und Praxistipps einen ersten Überblick geben.
Sie sind für die praktische Umsetzung, zur Anleitung für Strategien, Methoden und Maßnah-
men und auch als Foliensätze für Referenten und Multiplikatoren mit entsprechenden Nut-
zungsrechten vom Autor zu erhalten.

Braunschweig, im Dezember 2002 Gerhard Regenthal


Corporate Identity-Akademie Braunschweig
Inhaltsverzeichnis

Vorwort zur 2. Auflage ...............................................................................................................5

Vorwort zur 1. Auflage ...............................................................................................................7

Wie macht man Corporate Identity? ...................................................................................13

Was ist ein integratives CI-Management?................................................................................13

Wie entwickelt man ein CI-Konzept? ......................................................................................39

Was bedeutet CI als ganzheitliche Denkweise? .......................................................................63

Attraktivität: der Schlüssel zum Erfolg? ..................................................................................86

Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?................................................99

Corporate-Behavior-Konzeption ..............................................................................................99

Neues Denken in neuen Strukturen ........................................................................................126

Gemeinsame Veränderungen..................................................................................................138

Wie baut man die Kommunikation und das Marketing auf? ..........................................143

Corporate-Communication-Konzeption.................................................................................143

CI-Marketing für ein erfolgreiches Verkaufen .......................................................................156

Positionierung im Markt: Corporate Branding.......................................................................164


12 Inhaltsverzeichnis

Wie gestaltet man das Erscheinungsbild? ......................................................................... 171

Corporate-Design-Konzeption............................................................................................... 172

Von der CI zum Corporate Design......................................................................................... 182

Was kann man von anderen lernen?.................................................................................. 191

Gesundheit braucht Nähe:


Leitbildentwicklungsprozess im Klinikum Solingen zur regionalen Markenbildung........... 191

Klare CI-Strukturen beim Bauen:


Mit Sicherheit – mehr Freude am Bauen. Ein Beispiel für eine klare CI-Struktur................ 201

Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?..................................................... 207

Zukunftsgestaltung ................................................................................................................ 207

Veränderungsmanagement:
Von der Unmöglichkeit einer glaubhaften Veränderung, ohne sich selbst zu verändern. ..... 214

Identität ist keine Uniform..................................................................................................... 243

Wie kann man CI für Personen einsetzen? ....................................................................... 255

Probleme bei der Umsetzung des Selbstmanagements.......................................................... 273

Literaturverzeichnis ............................................................................................................... 283

Der Autor ............................................................................................................................... 286


Wie macht man Corporate Identity?

„1000 Meilen beginnen mit dem ersten Schritt!“


[Koreanisches Sprichwort]

Was ist ein integratives CI-Management?

Corporate-Identity-Ansätze

Corporate Identity beginnt mit Fragen


In dem Moment, wo Sie sich bewusst werden, dass Sie Anlässe, Probleme oder Defizite
haben, dass Sie besser oder anders werden wollen, dass Sie sich verändern wollen und müs-
sen, dass Sie dazu einen wirklich nachhaltigen Prozess brauchen und nicht wieder nur eindi-
mensionale oberflächliche Ansätze und Versuche zur Kompensation, die nicht gelebt werden
und keine Wirkung haben – dann, wenn Sie zu diesen Fragen entsprechende Antworten su-
chen, machen Sie schon CI. Eine CI hat jeder und immer – ob er will oder nicht! So wie Sie
sich täglich organisieren, verhalten, leben und arbeiten – Sie haben dadurch eine spezifische
Kultur entwickelt. In dem Moment, wo Sie bewusst an die Fragen und die Antworten heran-
gehen, entwickeln Sie eine integrative Corporate Identity, die die einzelnen Elemente und
Prozesse ganzheitlich miteinander vernetzt und verbindet und so bewusst die Verbesserung
der Kultur entwickelt (Abb. 1).

Wie man CI macht, ist CI


Ob Sie nun gemeinsam einen glaubwürdigen CI-Prozess in Ihrer Organisation haben, oder ob
Sie nur eine Agentur beauftragen, mal schnell einen schicken Image-Flyer mit grundlegenden
Aussagen von Ihrem Unternehmen zu machen – es ist Ihre CI! Ob Sie als Führungskraft
authentisch und vorbildlich eine CI mit leben, oder ob Sie Ihre Mitarbeiter CI allein machen
lassen oder letztlich doch lieber alles selbst bestimmen und festlegen – alles ist CI! Selbst
wenn Sie sagen, „Wir brauchen keine CI!“ zeigt das Ihre CI deutlich auf.
14 Wie macht man Corporate Identity?

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 1: 10 Schritte zur integrativen Corporate Identity

CI kann man nur handelnd und persönlich erleben


Was bringt uns CI? Brauchen wir CI wirklich? Wie geht das eigentlich? Passt das überhaupt
zu unserer speziellen Situation? Eine Identität kann nicht vorbereitet werden, sie muss prakti-
ziert und erlebt werden, damit sich ihre Wirkungen entfalten können. Corporate Identity
funktioniert nicht theoretisch, sondern in kleinen, konkreten und konsequenten Schritten.
Gehen Sie los und finden Sie Ihre Identität, erleben und erfahren Sie den Nutzen und die
Wirkungen. Ihre Bedenken, Fragen und Unsicherheiten klären sich automatisch, wenn Sie
Was ist ein integratives CI-Management? 15

erste eigene Erfahrungen durch das Ausprobieren bekommen. Es hilft also nicht, durch Reden
weiterzukommen. Durch das Probehandeln bekommen Sie eigene Erfahrungen! Sie können
Ihren Kurs ja jederzeit selbst neu bestimmen und neu entscheiden – aber machen Sie sich auf
den Weg – gehen Sie los in eine Richtung, die Sie selbst bestimmen: Ihre Vision!
Eine integrative Corporate Identity ist entscheidend anders.
Was unterscheidet diesen ganzheitlichen Ansatz von anderen und macht ihn zu etwas Beson-
derem, und warum brauchen gerade wir jetzt für uns diese CI-Strategie? Eine integrative
Corporate Identity ist entscheidend anders und nachhaltig erfolgreich durch
1. die Methoden, die Ihnen Handwerkszeug und Orientierung sind und Ihnen helfen, selbst
mit zu arbeiten und die Schritte selbst zu bestimmen. Sie dienen dazu, effektiv und effi-
zient voran zu kommen und gleichzeitig auch dazu, Ihnen die Ergebnisse und Erfolge
bewusst zu machen. Durch die CI-Methoden erhalten Sie einen großen Handlungsspiel-
raum, den Sie für Ihre eigene Identität kreativ nutzen und ausfüllen können. „Man kann
einen Menschen nichts lehren, sondern ihm nur helfen, es in sich selbst zu entdecken.“
hat Galileo Galilei schon festgestellt. Man kann Ihre Identität nicht gestalten, Sie können
sie nur selbst in sich entdecken, entfalten und dann erleben – die Methoden sind Ihr
Handwerkszeug dazu.
2. die verstärkenden Multiplikatoren im CI-Team und den CI-Berater. Sie sorgen für den
motivierenden Anschub, die Strategie, die Methoden, die Begleitung und Unterstützung
während des Entwicklungsprozesses und auch für das Controlling. Gerade bei schwieri-
gen Entwicklungs- und Veränderungsprozessen ist man als Beteiligter zu sehr behaftet,
als dass man das allein machen könnte. Eine professionelle Beratung und Begleitung
sorgt für eine notwenige Stringenz. „Einen kritischen Freund an der Seite, kommt man
immer schneller vom Fleck,“ hat J. Wolfgang von Goethe schon erkannt. Bei einem CI-
Prozess, in dem möglichst viele beteiligt werden und viele Probleme und Widerstände an
die Oberfläche kommen, braucht man einen besonders starken Freund und Motor.
3. den gemeinsamen Prozess der Erarbeitung, Entwicklung, Implementierung und Konsoli-
dierung. Eine gute Corporate Identity braucht einen glaubwürdigen Prozess – der braucht
ein starkes CI-Team – und die brauchen effektive Strategien und effiziente Methoden.
Durch einen CI-Prozess werden Ihre spezifische Identität, Zusammenarbeit, Qualität der
Arbeitsleistung, Motivation und auch Ihr Profil und Ihr Image besser. Der Prozess sorgt
für die Vernetzung (corporate) aller Ebenen, Abteilungen, Prozesse und Ansätze. Eine in-
tegrierende Strategie verbindet die unterschiedlichste Theorien und bisherigen Elemente
miteinander und schafft so die synergetische Gesamtwirkung für den Erfolg. Der Prozess
und die entwickelte Identität sorgen dann auch gemeinsam für die Nachhaltigkeit, dass
die erarbeiteten Grundlagen und Richtlinien auch wirklich gelebt werden und am Leben
bleiben. Erst diese Implementierung durch identitätsstiftende CI-Prozesse schafft es, dass
CI-Grundsätze am Arbeitsplatz im Alltag freiwillig umgesetzt werden und dadurch wirk-
lich Profile und Marken aufgebaut werden und letztlich dadurch nachhaltige Erfolge erar-
beitet werden können. „Gute Arbeit kann man nur dann leisten, wenn man sich total mit
seiner Idee und deren Umsetzung identifiziert“ hat Robert Bosch schon erkannt.
16 Wie macht man Corporate Identity?

CI schafft eine integrative Identität


Das „weiche“, emotionale Vorgehen sorgt für entscheidende, konkrete und „knallharte“ Er-
folge mit Nachhaltigkeit und Profilbildung. Das unterscheidet eine integrative CI von ande-
ren Ansätzen! Dabei ist die Identität der zentrale Kristallisationspunkt, der dieses Mehr an
Leistung und Wirkung freisetzt. Die Identität ist das eigentliche „Zauberwort“, das auch in
der Zukunft einen immer größeren Wert spielen wird. Eine integrative Identität schafft
1. ein klares Bewusstsein – durch reflektierende Fragen und Antworten
2. einen starken Willen – durch effektive Methoden und klare Entscheidungen
3. notwendigen Mut – durch strategische Orientierung und konsequentes Handeln in kleinen
Schritten
4. ein gutes Wohlgefühl – durch Selbstverantwortung und eigene Emotionen
5. ein motivierendes Bewusstsein – durch erste Erfolge und eine echte Identität.
Dabei ist diese Identität nicht die Identität, die man vielleicht umgangssprachlich erwartet.
Diese integrative Identität beinhaltet nicht nur eine motivierende und emotionale Ausrich-
tung, sondern sie ist eine vernunftgeleitete Leitgröße zur Verbesserung realer Arbeitssituatio-
nen, zur klaren Erfolgsstrategie, zur Nutzenmaximierung und zur Profilierung. Identität ist
eine notwendige Größe, um das eigentliche „Kapital“ – die Ressourcen in den Menschen
selbst frei setzen zu können. Das erfordert nicht nur eine „neue“ Strategie, sondern eine ver-
netzende und eine wirklich glaubwürdige. Wenn Sie sich darauf einlassen, offen, vertrauens-
voll und gemeinsam diesen CI-Prozess zu starten, werden Sie diese Wirkungen selbst kennen
lernen. Die starke Identität soll nicht per Zufall bei einzelnen Mitarbeitern Wirkung zeigen,
sondern soll bewusst als Zielgröße bei allen und für die ganze Organisation angegangen
werden. Wichtig ist, dass deutlich wird, dass eine „Nicht-Identität“ oder eine gegensätzliche
oder nicht abgestimmte Identität entscheidende negative Wirkungen hat, die man sich nicht
mehr erlauben kann.

CI geht in zehn Schritten


Identität muss dabei vorgelebt werden – sie kann nicht einfach von oben her und sogar von
schlechten Vorbildern eingefordert werden. CI beginnt also in der oberen Leitungsetage. Das
Management muss sich über Notwendigkeiten, Nutzen und Chancen einig werden und bereit
sein, den CI-Prozess zu beginnen. Für diese Entscheidung sind nicht Gutachten und endlose
Vorgespräche sinnvoll, sondern ein CI-Führungskräfte-Workshop, in dem die Entscheider
sich selbst ein Bild von CI und der CI-Strategie und den CI-Methoden machen können und
dann viel besser und sicherer entscheiden können. Die eigene Identitätsentwicklung kann
man nicht vermittelt bekommen, sondern nur selbst erleben. Beginnen sollte der Weg zu einer
integrativen Corporate Identity mit der Akzeptanzschaffung – erst für den Vorstand und die
Geschäftsleitung – dann für die möglichen Beteiligten, um aus diesem Kreis der Mitarbeiter
dann auch „Mitstreiter“ zu bekommen (Abb. 1). Eine Akzeptanzschaffung entwickelt sich
hauptsächlich über Methoden und die damit verbundenen eigenen Erfahrungen. Machen Sie
sich die Notwendigkeiten, den Nutzen, die Chancen deutlich und nehmen Sie die Ernst ge-
meinten Einwände auf – viele werden sich im Prozess selbst viel schneller selbst klären.
Was ist ein integratives CI-Management? 17

Als nächster wichtiger Schritt kommt dann die Bildung eines CI-Teams. Es ist der Motor für
einen guten CI-Prozess und sollte entsprechende Aufgaben, Ziele, Kompetenzen und Arbeits-
regeln haben. Die AMC-Strategie ist der Fahrplan für das CI-Team, das die einzelnen Schritte
mit CI-Methoden angehen kann. Am Anfang steht eine Ist-Soll-Analyse, dann folgt das He-
rangehen an erste Ziele, Probleme und Veränderungen. Das gemeinsame, effektive und auf-
einander abgestimmte Vorgehen schafft erste klare Identitätselemente und konkrete Erfolge.
Als Basis und Verfassung für die Ausrichtung aller Maßnahmen nach innen und außen wird
gemeinsam ein Leitbild diskutiert, formuliert und implementiert. Bei der Ist-Analyse und
dem Leitbild wird die bis dahin unsichtbare, aber vorhandene Identitätskultur sichtbar und
gestaltbar gemacht und durch die Visionen, strategischen Ziele und Markenprofilierungen
ergänzt. Die Corporate Identity wird jetzt bewusst, vernetzt und integriert und somit zur
synergetischen Wirkung gebracht. Jetzt ist die Identität nicht mehr zufällig da und vielleicht
auch gut, sondern sie ist als integrative Identität jetzt eine strategische Unternehmensstrategie
zur Ausrichtung und Orientierung aller Maßnahmen, um eine nachhaltige und erfolgreiche
Profilbildung als entscheidenden Wettbewerbsvorteil zu garantieren. Wenn Sie es verstehen,
diesen CI-Prozess in Gang zu halten und in alle Teilbereiche herunterzubrechen (Corporate
Behavior, Corporate Communication, Corporate Design) und bis in die Arbeitsplatzsituation
im Alltag glaubhaft zu leben, haben Sie für die anderen zusätzlichen Prozesse und Innovatio-
nen eine gute Grundlage, auf die Sie aufbauen können und so insgesamt für die Zukunft eine
präventive und solide Unternehmensstrategie. Das bringt Ruhe, Sicherheit, Motivation, Stär-
ke, Einsparungen, Stärkenpotentiale, Markenbildung, Image und einen entscheidenden Vor-
sprung und Vorteil im Vergleich zu anderen. Ihre Identität bringt Ihnen Erfolg!

Nutzen und Notwendigkeit von CI

Der wirkliche Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg lässt sich häufig darauf zurück-
führen, wie gut das Unternehmen es versteht, die Energie- und Talentreserven seiner Mitar-
beiter zu nutzen. Thomas Watson
Ein gutes Image und eine starke Identität – das sind wesentliche Voraussetzungen für den
Unternehmenserfolg. Wie gelingt es Unternehmen, beides zu schaffen? Durch einen ganzheit-
lichen CI-Prozess, der alle Einzelmaßnahmen umfasst. Dabei sind Engagement und Motiva-
tion aller Beteiligten gefragt. Ein einheitliches Erscheinungsbild allein – Corporate Design –
genügt nicht. Auch Corporate Behavior und Corporate Communication – also die Verhal-
tensweisen aller Beteiligten sowie die gesamte externe und interne Kommunikation – müssen
im Einklang stehen, damit ein profiliertes Image entsteht. CI ist mehr als nur das einheitliche
Design, es ist die Entwicklung Ihrer ganz spezifischen Identität, die, richtig implementiert,
am Arbeitsplatz im Alltag sichtbar wird. CI ist nicht Luxus oder Kosmetik, sondern zwingend
notwendig, um konsequente Kundenorientierung, hohe Produktqualität und eine erfolgreiche
Profilierung des Unternehmens im Wettbewerb nachhaltig zu erreichen.
18 Wie macht man Corporate Identity?

Machen Sie aus Ihren Mitarbeitern Botschafter Ihres Unternehmens


Haben Sie eine gute Corporate Identity? Wie können Sie Ihre Identität und Ihr Image sichtbar
und damit gestaltbar machen? Wie können Sie Ihre Profilierung im Wettbewerb als Marken-
positionierung (Corporate Branding) und Ihre Entwicklungs- und Veränderungsprozesse
erfolgreich steuern? Wissen Sie, wo Ihre Stärken und Schwächen liegen? Sind die Mitbewer-
ber besser? Erst im bewussten Vergleich zeigt sich, wo der eigentliche Handlungsbedarf liegt
und Ihre Besonderheit und Alleinstellung! Können Ihre Mitarbeiter Antworten auf diese
unterschiedlichen Fragen geben?
„ Wer sind wir eigentlich? Welches Selbstverständnis haben wir?
„ Wo stehen wir? Welche Stärken und Schwächen haben wir? Was müssen wir tun?
„ Was ist das Besondere, was uns profiliert und was man nur bei uns findet und nicht von
einem anderen bekommen kann?
„ Welche Vision und welche Ziele haben wir, und wie können wir diese effizient erreichen?
„ Können wir unsere spezifische Identität in zwei Sätzen reduziert zusammenfassen?
„ Welches Image wollen wir haben, und wie wollen wir es prägnant gestalten?
Alle Menschen, Organisationen und Unternehmen gestalten sich jeden Tag durch das, was sie
tun oder nicht tun – bewusst oder unbewusst. Corporate Identity hilft, seine Identität und sein
Image bewusst zu entwickeln und profiliert zu gestalten. Die Verhaltensweisen aller Beteilig-
ten „Corporate Behavior“, die gesamte Kommunikation „Corporate Communication“ und das
Erscheinungsbild eines Unternehmens „Corporate Design“ müssen dabei ganzheitlich aufein-
ander abgestimmt werden, damit sich die Einzelwirkungen aller Maßnahmen nach innen und
außen nicht behindern oder gar auslöschen und die Schwerpunkte der Unternehmenskultur
zur Profilierung deutlich gemacht werden.
„ Allgemeiner Nutzen eines CI – Prozesses:
 eine effektive Zusammenarbeit zwischen Geschäftsleitung, Führungskräften, Abteilun-
gen, Teams, Mitarbeitern, Kooperationspartnern und Kunden;
 eine gute Qualität der Dienstleistung, der Unternehmensorganisation, der Unterneh-
menskooperation, der Kundenkontakte;
 eine starke Identität aller Beteiligten: Geschäftsleitung, Führungskräfte, Mitarbeiter,
Kooperationspartner und Kunden;
 den Nutzen für das Unternehmen auch zum Nutzen für die Mitarbeiter zu machen;
 Entwicklung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses – lernende Organisation.
„ Spezifischer Nutzen eines CI – Prozesses:
 eine unerlässliche Ergänzung zum QM – Prozess durch die Entwicklung von Leitbil-
dern und Verhaltensgrundsätzen als Unternehmensbasis;
 Entwicklung von Konzepten, Strategien und Richtlinien zur effektiven Umsetzung;
 eine sinnvolle Verknüpfung aller laufenden Prozesse – Synergieeffekte;
Was ist ein integratives CI-Management? 19

 Abstimmung aller Einzelwirkungen auf die profilbildende Gesamtwirkung;


 verbesserte Kommunikationsstrukturen – weniger Konflikte und Störungen;
 mehr Motivation durch eine größere Identifikation mit dem Unternehmen;
 mehr Transparenz bezüglich der Unternehmensziele und der Abläufe in den verschie-
denen Abteilungen;
 ein profiliertes Image des Unternehmens und damit Wettbewerbsvorteile am enger
werdenden Markt, Positionierung im Markt, mehr Umsatz – mehr Erfolg.
„ Leistungen durch CI:
 Analyse der Stärken und Schwächen, Aufbruchstimmung, Motivation;
 Einsetzung und Beratung eines CI –Teams, Kompetenzentwicklung;
 gemeinsame Zieldefinition und Aufbau eines CI-Prozesses;
 Unterstützung bei der Planung und Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen;
 Entwicklung von Leitbildern, Verhaltensgrundsätzen und Teamregeln;
 Controlling und Nachbesserung, Prozess in Gang halten;
 spezifische Identität entwickeln, festigen und nachhaltig implementieren;
 profiliertes Image aufbauen und erfolgreich präsentieren.
Diese Aufzählung kann und soll nur ein Anhalt sein und muss spezifisch ergänzt werden.

Akzeptanzbildung

„In allen Dingen hängt der Erfolg von der Vorbereitung ab.“
[Konfuzius]

„ „Wie überzeugt man Mitarbeiter von CI? Wie geht man mit seinen Widerständen und
Bedenken um? Was setzt schließlich einen CI-Prozess in Gang?“
„ „CI kostet viel Zeit, Geld, Mut und Aufwand. Lohnt sich das überhaupt? Wie lange dauert
so ein Prozess?“
„ „Warum müssen wir eigentlich einen ganzheitlichen Identitäts-Prozess durchziehen, und
was bringt uns CI schließlich?“
„ „Eigentlich brauchen wir CI doch nicht, da wir gut sind – und machen wir das nicht schon
lange?”
„ „Kann man CI auf unsere spezielle Situation in unserem Unternehmen überhaupt übertra-
gen? Was in anderen Branchen läuft, ist doch nicht übertragbar!”
„ „Welchen Nutzen haben wir von CI, und was bringt mir das?”
„ „Warum gerade CI – was ist das Besondere von CI im Vergleich zu anderen Strategien und
Theorien?”
20 Wie macht man Corporate Identity?

Gerade am Anfang des CI-Prozesses ist die Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen sehr
wichtig und entscheidend für den Erfolg. Wie stark fühlen Sie sich in der Lage, mit den un-
terschiedlichen Erwartungen aller Beteiligten umzugehen? Nur ein gut verlaufender Prozess
kann gute Ergebnisse schaffen, die dann von der Mehrheit getragen und gelebt werden. Die
Prozessqualität entscheidet über die Ergebnisqualität! Versuchen Sie also nicht, zu schnell
ergebnisorientiert vorzugehen und die aufkommenden Erwartungshaltungen und Fragen
beiseite zu schieben. Fehlende Antworten im Anfangsstadium eines CI-Prozesses werden zu
Problemen führen. Hüten Sie sich davor, glatt klingende Worthülsen auszuteilen, anstatt eine
ehrliche Auseinandersetzung zu suchen (bei der auch Fragen offen bleiben können)!
Bei der Akzeptanzbildung werden unterschiedliche Positionen deutlich:
1. Pauschale Ablehnung, um möglichst nichts zu verändern (persönliche Diskussion)
 Wir sind gut, wir haben das nicht nötig!
 Killerphrasen, um sich nicht auseinandersetzen zu müssen;
 Frustrationen durch hohe Belastungen und bisher falsch gelaufene Prozesse.
2. Unsicherheiten, die durch Argumente zu klären sind
(Sachdiskussionen, Einwandbehandlungen)
 Warum müssen wir das machen?
 Welchen Nutzen bringt uns das?
 Kritische Einwände gegen Methoden, Vorgehensweisen und Maßnahmen;
3. Veränderungsbereitschaft, um die Unternehmenssituation aktiv zu gestalten
(gemeinsam Handeln)
 Handlungsorientierter Ansatz: handelnd lernen, gemeinsam Erfahrungen sammeln;
 Permanente Veränderungsprozesse als Motor;
 Krisen und Innovationen als Ansätze zur Weiterentwicklung.
Alle suchen nach einem sicheren Konzept zur Unternehmensentwicklung. Die Notwendigkeit
und der Druck zur Veränderung scheinen für alle Beteiligten innerhalb und außerhalb des
Unternehmens deutlich genug zu sein, um möglichst schnelle und erfolgreiche Patentrezepte
zu suchen und zu fordern. Allzu leicht und schnell geht man planerisch in eine Sackgasse,
wenn man allein den ersten Schritt zu schnell oder auch gar nicht macht. Häufig werden
Fluchtpunkte des Denkens sichtbar, Visionen und Träume, die nicht realisierbar sind. Ande-
rerseits steht dem Zuviel an Planung ein Zuviel von Aktionen gegenüber. Planungsweltmeis-
ter und auch Aktivisten verändern beide letztlich nichts, wenn der erste Schritt in diesen
Veränderungsprozess nicht der richtige ist. In diesem Wissen wird die Angst immer größer,
dass dieser erste Schritt auf dem Weg zur richtigen Unternehmensentwicklung vielleicht doch
der falsche Schritt sein könnte! Hinzu kommen persönliche Ängste und Widerstände: Was
bringt die Veränderung des Unternehmens für mich und für meine Abteilung? Ich bin ohnehin
gestresst und belastet und soll jetzt sogar noch mehr arbeiten und das für eine Idee, die ich
gar nicht verstehe. Muss ich mich selbst verändern? Welche Vorteile und welchen Nutzen
bringt CI überhaupt? Ist diese Managementmethode überhaupt auf uns zu übertragen?
Was ist ein integratives CI-Management? 21

Die Hälfte aller Entscheidungen, die Manager treffen, sind falsch. Eine amerikanische Studie
stellte bei ihren Untersuchungen drei grundlegende Fehler bei Managern fest (Braunschwei-
ger Zeitung vom 17.08.02; www.osu.edu/index.php):
1. Steht eine Entscheidung an, wird häufig die nächstbeste Lösung gewählt, um nicht als
ineffizient zu gelten und die Entscheidung schnell vom Tisch zu haben. Das vervierfacht
das Risiko für einen Misserfolg.
2. Zur Umsetzung und Absicherung falscher Lösungen werden für Gutachten viel Zeit und
Geld ausgegeben – keine selbstverantwortlichen Entscheidungen.
3. Die Wahl der falschen Taktik – Beteiligung von Mitarbeitern ist zu zeit- und kostenauf-
wendig und zu schwierig – führt dazu, dass 50 Prozent aller Entscheidungen auch nach
zwei Jahren noch nicht umgesetzt waren.
Die Managementfehler kosten Unsummen und bringen Misserfolge. Wird eine Entscheidung
von Mitarbeitern getragen, führt sie in 80 Prozent der Fälle zum Erfolg. Ein klarer Beweis für
die Notwendigkeit von integrativen CI-Prozessen!
Oder lässt man lieber alles beim Alten und verändert doch nichts – so schlecht sind wir aber
nicht, dass wir das nötig hätten! Man bewegt und verändert also nichts, die Verkrustungen
werden verstärkt, und damit macht man den größten Fehler! Man tut nichts! Dale Carnegie
fragt in solchen Situationen: Was kann schlimmstenfalls passieren? Schreiben Sie die
„schlimmsten Folgen“ auf und fragen sich dann, ob diese wirklich so entscheidend sind!? Bei
der Raumfahrt war der erste Schritt auf den Mond ein kleiner, aber ein großer für die
Menschheit! Machen Sie den ersten Schritt im Rahmen eines ganzheitlichen Veränderungs-
prozesses, als lernende Organisation. Dann kann der erste Schritt eigentlich nur richtig sein,
egal wie er in welche Richtung gemacht wird. Wenn Sie die Erfahrungen des ersten Schrittes
haben und entsprechend gemeinsam verarbeiten, sind Sie auf dem erfolgreichen Weg, weil
Sie sich auf den Weg gemacht haben. Corporate Identity ist eine Denkweise, gibt Ihnen Me-
thoden und Anleitungen zur Selbstgestaltung, um die einzelnen Schritte strategisch und kon-
zeptionell miteinander zu verbinden und so die Unternehmensentwicklung zu beginnen:
Machen Sie sich auf den Weg! Der Weg ist das Ziel!
Alle unterschiedlichen Positionen zu berücksichtigen und daraus einen gemeinsamen Prozess
zu machen, ist damit die vorrangige Aufgabe. Schaffen Sie die Motivation, zumindest einen
Versuch zu starten, indem Sie gemeinsam ein einfaches Ziel mit kleinen Schritten angehen
(Abb. 2). Erst die daraus gewonnenen Erfahrungen zeigen, ob der Prozess weitergehen soll.
Lernen Sie aus Ihren positiven Ergebnissen, aber auch aus Ihren Fehlern. Vermeiden Sie zu
hohe Erwartungen und gehen Sie Schritt für Schritt voran. Verlieren Sie das angestrebte
globale Ziel, Ihre Vision aber nicht aus den Augen, wenn Sie die einzelnen Phasen auswerten
und daraus Schlussfolgerungen für die nächsten ziehen. Menschen, die nichts verändern
wollen, weil es ihnen an Risikobereitschaft fehlt, äußern entsprechende Killerphrasen. Damit
setzen sie sich aber nicht ernsthaft mit der Sache auseinander (Killerphrasen nicht ernsthaft
aufnehmen!)
„ Das ist unmöglich! Das geht nie!
22 Wie macht man Corporate Identity?

„ Müssen wir das machen? Wer sagt das? Wo steht das?


„ Dafür haben wir keine Zeit! Das kostet Geld, das wir nicht haben!
„ Das sollten erst einmal die anderen machen!
„ In der Theorie klingt das gut, scheitert aber in der Praxis.
„ Bei uns ist das anders und viel schwieriger.
„ Das haben wir schon probiert – ohne Erfolg.
„ Das bedeutet doch nur zusätzliche Arbeit, die nichts bringt.
Aber:

„Wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen wir hin,
und niemand ginge, um einmal zu schauen, wohin man käme, wenn man ginge.“
[Pestalozzi]

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 2: Akzeptanzbildung
Was ist ein integratives CI-Management? 23

Einwandbehandlung
Einwand – Einspruch? Hinderungsgrund? Vorwand? Eine feste Wand? Wie kann man die
Wand durchbrechen?
1. Akzeptanz schaffen und aktiv zuhören:
 Ernst nehmen, Interesse zeigen;
 ruhige und geduldige Körpersprache;
 ausreden lassen;
 herausfiltern der Hauptargumente;
 Denkpause suchen, nachfragen.
2. Strategie nach Art des Einwandes entscheiden:
 Killerphrase, Ausrede, Vorwand: nicht akzeptieren, herausstellen;
 emotionaler Einwand: emotional reagieren, persönliches Verständnis;
 rationaler Einwand: sachlich, überzeugend, akzeptieren;
 Einwand durch Dritte: direkt nachfragen, stehen lassen;
 Geltungseinwand: großzügig, mit Humor.
3. Eingehen auf Einwand und entkräften:
 mit Selbstbewusstsein, kämpfen, Recht geben;
 Beispiele, Referenzen, neueste Informationen,
 Gegenfragen, nachfragen, Ebenen wechseln;
 Gegenargumente, Nutzen und Vorteile aufzeigen,
 Ja-Aber-Methode, Minimal-Methode, Sandwich-Methode.
4. Weiteres Vorgehen entscheiden:
 Positionen klären;
 Ziele festlegen;
 Konsensfindung;
 Alternativen aufzeigen;
 Wer macht was wann?
5. Abschluss schaffen:
 Ich-Botschaften senden;
 Stärke zeigen, Erfolge und Fehler ansprechen;
 Entscheidungen erfragen, festhalten;
 Perspektiven aufzeigen, weiteres Vorgehen, Abschluss.
Ein nicht entkräfteter Einwand, den Sie stehen lassen können und nicht krampfhaft abwehren
wollen, bringt mehr Wirkung und ist authentischer. Sprechen Sie das ruhig offen an: „Ein
gutes Argument – da kann ich nichts zu sagen!“ Und lächeln Sie dabei!
24 Wie macht man Corporate Identity?

Notwendigkeiten und Nutzen als Veränderungsmotivation.


Verkrustete Unternehmensstrukturen, Anforderungen von außen und die Unzufriedenheit von
innen sind eine sich ergänzende Konstellation, die die Notwendigkeit zur Veränderung brin-
gen. Überfällige Reformen und Innovationen haben durch den Sparzwang eine Verstärkung
erfahren. Durch die wirtschaftliche Krise angestoßen können endlich verkrustete Strukturen
aufgebrochen und neue Anforderungen gestellt werden. Gleichzeitig eröffnet sich ein Weg,
die innere Unzufriedenheit anzugehen. Zeigen Sie ganz deutlich die Notwendigkeiten zu
einem Veränderungsprozess mit klarer Zielsetzung auf – Sie werden ca. ein Drittel der Betei-
ligten überzeugen – das zweite Drittel eher durch Aufzeigen der Nutzen – und den Rest durch
Handeln in kleinen Schritten!
Die Krise als notwendige Chance zur Erneuerung und Veränderung!?
Der Nutzen der Corporate-Identity-Strategie ist, dass die Veränderungen gemeinsam bewusst
gestaltet werden. Veränderungen laufen permanent und sind unvermeidbar – aber sie sind
nicht bewusst gestaltet und bringen Unruhe und Ängste mit sich. Unsicherheiten (Ich weiß
nicht, was auf mich zukommt!) und das Risiko von Verlusten (von Gewohntem, Macht, Posi-
tionen, Erfahrungen, Sicherheiten ...) schaffen in Zeiten gesättigter Konsumption natürlich
eher Gegner als Befürworter. Was die Menschen davon abhält, sich auf einen bewussten
Veränderungsprozess einzulassen, wird als Zeteophobia bezeichnet: Es ist die Angst davor
auszuwählen; Angst davor, dass die Entscheidung einfach zu groß und weitreichend ist. Man-
che sehen sich als Opfer von Veränderungen und andere arbeiten in ihren Trampelpfaden
noch härter, um möglichst nichts verändern zu müssen. Auch die, die am Anfang die Verände-
rung noch begrüßten und dann abspringen, wenn ernsthafte Veränderungen Fuß fassen und
sie persönlich angehen – sie alle reden mehr über die Veränderungen und die möglichen
Ablehnungen und Gefahren, als dass sie die Veränderungen als Anlass nehmen zu lernen und
als Chance zur Verbesserung sehen. Zumindest könnte man es ja mal ausprobieren und dann
über diese eigenen Erfahrungen viel besser eine begründete Einschätzung abgeben. Aus Un-
tersuchungen wissen wir, dass viele Mitarbeiter und Führungskräfte ihre Kräfte in dem Enga-
gement um die Rechtfertigung, nichts zu tun, und die Ablehnung von Maßnahmen vergeuden
und nicht zum Arbeiten kommen (dabei ihre Kompetenzen nicht ausschöpfen und ihre eigent-
lichen Aufgaben nicht angehen). Hier existiert noch viel Raum für Veränderungen und Ent-
wicklungsmöglichkeiten!
Da Veränderungsprozesse in Unternehmen nur erfolgreich sind, wenn sie akzeptiert und
glaubwürdig und konsequent umgesetzt werden, müssen sie so gemeinsam (Abb. 3) ent-
wickelt werden, dass sie eine Identifikation des Einzelnen ermöglichen. Somit ist die Identi-
tätsbildung die entscheidende Erfolgsbasis. Der besondere Vorteil und Nutzen von CI in
Veränderungsprozessen ist die Schaffung einer Identitätsbasis für alle Maßnahmen nach
innen und außen, sodass diese Aktionen und Verhaltensweisen der Beteiligten nicht aufge-
setzt, sondern ein Teil von ihnen selbst sind und damit eine persönliche Bindung und eine
besondere profilierende Wirkung haben.
Was ist ein integratives CI-Management? 25

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 3: Gesamtnutzen durch Corporate Identity

Das direkte persönliche Ansprechen bringt eine starke Bewusstmachung und Motivation. CI
schafft eine große Akzeptanz bei den Beteiligten, weil sie an diesem Entwicklungsprozess
beteiligt sind (Prozessorientierung) und konkret mitgestalten können (Selbstge-staltung).
Durch das strategische und konzeptionelle Vorgehen herrscht Transparenz und Orientierungs-
sicherheit (gemeinsame Ziele) und bringt auch erste Veränderungen und vorzeigbare Erfolge
(Ergebnisorientierung). Nutzen und Notwendigkeiten für das Unternehmen und die einzelnen
Mitarbeiter werden deutlich und schließen sich nicht aus, sondern ergänzen sich sogar. Die
Konsequenz, Verbindlichkeit und Glaubwürdigkeit halten den gemeinsamen Veränderungs-
26 Wie macht man Corporate Identity?

prozess auch in schwierigen Zeiten und längerfristig in Gang. CI legt Wert auf die selbstver-
antwortliche Gestaltung durch einfache, effektive und effiziente Methoden. So können die
eigenen Interessen und Vorstellungen aller Beteiligten aufgenommen, kreativ ausgestaltet und
zusammengefasst werden. Methoden sind dann die Motivationsbasis für den Entwicklungs-
prozess: Sie setzen ihn und halten ihn in Gang.
Für jeden einzelnen Beteiligten und nicht nur für die Organisation macht es Sinn und bringt
es Nutzen, wenn der Weg von der Ziellosigkeit, vom Aktionismus und weg von dem Gegen-
einanderarbeiten hin zur Qualitätsverbesserung durch ganzheitliche Identitäts-Prozesse einge-
schlagen wird. Nur wenn beide Seiten Nutzen aus diesem Veränderungsprozess ziehen kön-
nen, werden die Ergebnisse langfristig getragen und gelebt. Die Interdependenzen in den
Wirkungen schaffen Entlastungs- und Synergieeffekte (Abb. 4). Die vorhandenen Ressourcen
werden richtig und sinnvoll eingesetzt und genutzt. Durch solche ganzheitlichen, strategi-
schen Vorgehensweisen führen konkrete Erfolge zu profilierten Wirkungen. Die Organisati-
onsentwicklung ist damit immer auch Personalentwicklung als Bewusstseinsbildung, Kompe-
tenzerweiterung und Identitätsbildung. Verbinden Sie also den Veränderungsdruck, die
glaubwürdige Einwandbehandlung und die starke Perspektivenbildung miteinander, schaffen
Sie eine Akzeptanz und Motivation, den Prozess in Gang zu bringen.

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 4: Die Wirkungen von CI
Was ist ein integratives CI-Management? 27

Zur Ausgangslage für CI-Entwicklungen

Überall finden wir Beispiele für die intensive Suche nach der eigenen Identität, der Persön-
lichkeit, nach Stil, Image oder Kultur. Bei einzelnen Menschen (Auszubildende wie auch
Führungskräfte), bei Regionen und Ländern, bei Unternehmen und Organisationen. Wir fin-
den eine ausgeprägte Suche einerseits nach Gemeinsamkeit und Konsens, andererseits nach
Individualität und persönlicher Abgrenzung. Corporate Identity schafft ein ganzheitliches
Rahmenkonzept als bewusste Grundlage für die Gesamtheit, ein Wir-Gefühl, und dadurch
auch eine persönliche Positionsbestimmung und einen Freiraum. Selbständigkeit und Ge-
meinsamkeit sind keine Gegensätzlichkeiten, die sich ausschließen, es sind Pole, die in einer
Wechselbeziehung zueinander stehen.

„Unsere Bestimmung ist, die Gegensätze richtig zu erkennen,


erstens nämlich als Gegensätze, dann aber als Pole einer Einheit.“
[Hermann Hesse]

Besonders Unternehmen und Organisationen suchen eine Führungs- und Organisationsstruk-


tur, die diese Einzelzielsetzungen und Einzelmaßnahmen miteinander verbindet, sodass sie
nicht gegeneinander, sondern miteinander in die gleiche Richtung wirken (Abb. 5).
Produktion, Handel und Verkehr und Dienstleistungen mit ihren Produkten und Arbeitswei-
sen sind real vorhanden. Die Identitäten und Images als die Bilder und Eindrücke, die mit
diesen Organisationen verbunden sind, sind unsichtbar, aber bei der Bewertung viel entschei-
dender als die fassbaren Größen.

„Das Wesentliche ist für das Auge unsichtbar.“


[Antoine de Saint-Exupéry]

Das Verhalten der Menschen wird durch ihre Emotionen bestimmt. Die Menschen entschei-
den sich nicht nach dem, wie es ist, sondern nach dem, wie sie meinen, dass es sei. Dieser
entscheidende Satz zeigt die Bedeutung der Idee der Corporate Identity auf: Sie ist die Sicht-
barmachung des Unsichtbaren!
Auf der Suche nach Verbesserung, nach noch mehr Erfolg sind die bisherigen Management-
methoden – als die harten Führungsstrategien – nicht mehr ausreichend. In unserem heutigen
Entwicklungsstadium von Wirtschaft und Gesellschaft sind die weichen Führungsmethoden
viel erfolgreicher. Gesucht wird der einzelne Mitarbeiter als Mensch, der sich hineinversetzt
in seine Arbeitswelt, sich engagiert und selbständig mitdenkt. Das bedeutet: Spitzenleistun-
gen durch Identität und Image!
28 Wie macht man Corporate Identity?

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 5: Unternehmenserfolg

Der Erfolg beim Verkaufen und auch beim Anbieten von Dienstleistungen wird in erster Linie
durch die Persönlichkeit entschieden. Das Profil der Unternehmenspersönlichkeit und auch
das der Mitarbeiterpersönlichkeiten stehen in einer Wechselbeziehung zueinander: Beide
bedingen einander und sollten nicht gegeneinander wirken. In ihrer Gesamtwirkung sind sie
noch besser, wenn sie aufeinander abgestimmt sind.
Wenn sich die Produkte und Sachangebote immer mehr gleichen und der Trend zu einem
immer anspruchsvolleren Niveau geht, sind qualifizierte und motivierte Mitarbeiter gefragt,
denn sie entscheiden über den Erfolg des Unternehmens bzw. der Organisation. Bieten Sie
Ihren Mitarbeitern eine entsprechende Basis für ihre Erwartungen, Bedürfnisse und Werte
und auch eine entsprechende Führung, damit sie sich mit ihrer Organisation identifizieren
können. Die Abstimmung der guten Innen- und Außenwirkung schafft Synergieeffekte. Die
harmonische Abstimmung und Interdependenz von Identität und Image nach innen und außen
Was ist ein integratives CI-Management? 29

erfordert ein ganzheitliches Konzept für alle Einzelmaßnahmen der Organisation in Bezug
auf das gesamte Verhalten, das Design und die Kommunikation (Abb. 6). CI lässt sich defi-
nieren als die möglichst große Übereinstimmung von Selbstbild (Identität), Fremdbild
(Image) und Arbeitsweisen (Arbeit). Das schafft die Vernetzung und einheitliche Ausrichtung
aller Maßnahmen nach innen und außen. Das zeigt auch auf, dass für alle CI-Ansätze die
Identität letztlich die entscheidende Grundlage ist.

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 6: Corporate Identity als Selbstbild, Fremdbild und Arbeitsweisen
30 Wie macht man Corporate Identity?

Eine ganzheitliche Corporate-Identity-Konzeption für Unternehmen und Organisationen


umfasst:
1. die Gesamtheit und Abstimmung aller Denk-, Verhaltens-, Arbeits- und Kommunikations-
weisen,
2. ein homogenes Erscheinungsbild nach innen und außen,
3. strategische Führungssysteme, Grundsätze und Leitlinien,
4. eine Stärkung der Mitarbeiter-Identifikation und -Motivation,
5. eine aktive Gestaltung der Organisationskultur und des Betriebsklimas,
6. eine Verbesserung der Arbeits- und Produktqualität,
7. eine Verbesserung der Kundenzufriedenheit, der Bekanntheit, der Profilierung und des
Images.
Ausgangspunkt vieler Überlegungen ist die Frage, ob CI auch in Krisenzeiten helfen kann. In
Krisenzeiten geht es um die Nutzung aller Ressourcen. Neue Konzepte sind dabei häufig
Fluchtpunkte des Denkens, auch Angst ist ein schlechter Berater. Nicht das Verunsichern und
Demotivieren bringt uns aus der Krise heraus, sondern das strategische und konzeptionelle
Zusammenfassen bewährter und neuer Maßnahmen. Zukunft braucht Herkunft! Kann Corpo-
rate Identity in der Krise helfen? CI befindet sich selbst in einer Krise, da dieser Begriff zu
designlastig und überstrapaziert ist. Der alte CI-Begriff ist out, helfen kann nur eine ganzheit-
liche Corporate Identity nach innen und außen, die erst den entscheidenden und langfristigen
Unternehmenserfolg bringt. Entlassungen, Einsparungen, Qualitätsverbesserungen, Optimie-
rung der Arbeitsabläufe, Kundenzufriedenheit, Fehlerabstellung und Mehrarbeit, all das sind
die aktuellen Heilmittel, um aus der Wirtschaftskrise herauszukommen.
Der Corporate-Identity-Gedanke bleibt auf der Strecke, dafür haben die Unternehmen jetzt
kein Geld mehr. Alles, was weder direkt notwendig ist noch Geld bringt, wird radikal gestri-
chen. Weiterbildung, Personalentwicklung, Ausbildung und auch Elemente des Gesamter-
scheinungsbildes (Architektur, Ausstattung, Corporate Design) und der Corporate Communi-
cation (für Mitarbeiter, Kunden und Kooperationspartner) werden in der Krise als überflüssig
angesehen und damit abgesetzt.
Dieses radikale Umschwenken auf „Kochrezepte“ zeigt, dass CI als eine Alibifunktion und
patriarchischer Gönnerfaktor verstanden wurde – ohne Ernsthaftigkeit und ganzheitliches
Verständnis über den eigentlichen Nutzen von echter Corporate Identity.
Für die Unternehmen gilt es, in den nächsten Jahren eine Bekanntheit, einen guten Ruf und
eine führende Position im Markt, im Umfeld und in der Gesellschaft aufzubauen und abzusi-
chern. Dazu sind der Aufbau eines einheitlichen Erscheinungsbildes und eine kontinuierliche
Fortentwicklung notwendig. Das Gesamterscheinungsbild und das einzelner Teile sollen nach
innen und außen eindeutig, klar und unverwechselbar sein. Wesentliche Voraussetzung für
das Gelingen dieser Aufgaben ist als Grundlage die gezielte, professionelle Selbstdarstellung.
Diese umfasst die drei Bereiche der CI Corporate Behavior, Corporate Communication und
Corporate Design (Abb. 7):
Was ist ein integratives CI-Management? 31

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 7: Bereiche einer ganzheitlichen Corporate Identity

Das Unternehmensverhalten (Corporate Behavior) wird geprägt durch die Entwicklung der
Organisation und der Unternehmenskultur. Die gelebten Werte und Normen werden bewusst
gemacht und mit den Leitbildern zusammen als Grundlagen für das gesamte Verhalten der
Organisation nach innen und außen formuliert. Regeln und Grundsätze für die Zusammenar-
beit, den Führungsstil und die Arbeitsabläufe sowie das Verhalten nach außen (in Bezug auf
Kooperationspartner und Kunden) sind wie eine Art Verfassung (Codex) für die Organisation
(so wenig Richtlinien wie nötig, soviel Freiräume wie möglich!). Grundlage ist ein strategi-
sches Organisationskonzept: die Unternehmensphilosophie/die Unternehmensgrundsätze/das
Unternehmensleitbild.
32 Wie macht man Corporate Identity?

Die Unternehmenskommunikation (Corporate Communication) ist die strategisch orientierte


Kommunikation nach innen und außen mit dem Ziel, die Einstellungen der Öffentlichkeit und
der Mitarbeiter gegenüber der Organisation/dem Unternehmens zu beeinflussen und zu ver-
ändern. Mittel dazu sind Public Relations (PR), Marketing, Werbung, Mitarbeiterinformation
und Öffentlichkeitsarbeit (Werbung als Kommunikation auf die Organisation bezogen – ist
keine Produkt-, sondern Imagewerbung!). Die Markenbildung steht dabei zentral im Mittel-
punkt.
Die Unternehmensgestalt (Corporate Design) ist das durch organisationsspezifische Leitlinien
und Richtlinien (Manual) geformte visuelle Erscheinungsbild nach innen und außen – von
der Architektur und allen Präsentationsweisen (Drucksachen, Ausstellungen, Messen, Pro-
duktfamilien usw.). Das Corporate-Design-Management hat als Ausgang ein Wort-Bild-
Zeichen und legt dann Richtlinien für alle Publikationen und Erscheinungsweisen fest.
Grundlage ist ein Design-Konzept. Die Corporate-Design-Elemente und Maßnahmen insge-
samt vermitteln den Eindruck eines spezifischen Stils und eines einheitlichen Erscheinungs-
bildes.
Das Corporate Image als ganzheitliches Unternehmensbild ist das Ergebnis der CI-Wirkungen
auf die Mitarbeiter, die Zielgruppen und die Öffentlichkeit. Durch die Identität ist eine Vor-
stellung/ein Bild von der Organisation entstanden. Dieses Image umfasst vier Aspekte:
1. Prestige der Organisation,
2. Vergleichbarkeit mit Konkurrenten,
3. Vorstellbarkeit,
4. Bekanntheit.
Die einzelnen Corporate-Identity-Elemente tragen die Identitätsbildung nach innen, verbin-
den die einzelnen Unternehmensbereiche und alle Maßnahmen miteinander und sind die
Kommunikation nach außen. Sie fördern und unterstützen alle Einzelbereiche in ihren Wir-
kungen und verstärken die Gesamtwirkung. Im Rahmen eines ganzheitlichen Identitätspro-
zesses müssen die drei Bereiche der CI so aufeinander abgestimmt sein, dass sie sich in ihren
Wirkungen nicht gegenseitig behindern. Die drei Bereiche der CI stützen als Säulen das Dach
der Corporate Identity.
Bei dem Aufbau einer Corporate Identity sind alle Unternehmensbereiche beteiligt und wer-
den durch einen Corporate-Identity-Team oder -Berater zentral koordiniert. Der Auf-bau
einer Projektgruppe oder besser eines CI-Teams entwickelt den CI-Prozess, moderiert, steuert
und kontrolliert ihn. Corporate Identity gemeinsam entwickeln ist ja Corporate Identity!
Wenn die Profilierung von allen Beteiligten getragen werden soll, muss damit begonnen
werden, dass das Produkt des Unternehmens genau operationalisiert wird, damit es sich von
anderen unterscheidet und die Qualität permanent verbessert werden kann (Markenbildung).
Das daraus zu entwickelnde Programm erfordert die ganzheitliche Unterstützung aller Berei-
che und aller Mitarbeiter und wird so zu einem gemeinsamen Prozess. Wenn dieser wichtige
Zwischenschritt fehlt, ist die Promotion nach außen nur kurzfristig gut und wirkt leicht auf-
gesetzt.
Was ist ein integratives CI-Management? 33

Unternehmen haben schon immer eine mehr oder weniger intensive Öffentlichkeitsarbeit
betrieben; aber Corporate Identity ist eben mehr als nur Öffentlichkeitsarbeit:
Es geht um die Verbesserung der Innen- und Außenstrukturen sowie um die Verbindung aller
Einzelmaßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit zu einer einheitlichen Identität des Unterneh-
mens, entsprechend der spezifischen Unternehmensgrundsätze. Nur so kann ein gutes Image
(Unternehmensbild) aufgebaut werden, mit dem ein Unternehmen auf den überfüllten Ange-
botsmärkten (Konkurrenz) und bei vergleichbarer technischer Qualität und z. T. ähnlichem
Design noch bestehen kann. Das gute Mercedes-Image ist ein Beispiel dafür und zeigt auch,
dass damit sogar Schwächen und Übergangsschwierigkeiten eines Produkts überbrückt wer-
den können:
Ein Unternehmen verkauft nicht nur ein Produkt, sondern auch seinen Namen und sein
Image, mit dem die Käufer sich identifizieren, herausheben und persönlich auszeichnen kön-
nen! Ein fehlendes oder schlechtes Image oder eine nur kurzfristige Bekanntheit hemmen den
Erfolg eines Unternehmens. Die Corporate-Identity-Konzeption wird damit zur Überlebens-
frage des Unternehmens, zur langfristigen Sicherung des Unternehmens.

Aufbau einer CI-Konzeption

Ausgangspunkt zum Aufbau eines stringenten Konzeptes zur Verbesserung der Unterneh-
menskultur von innen und außen ist die Entscheidung für ein CI-Konzept, das von der Lei-
tung des Unternehmens/der Organisation vorbereitet, angeregt und unterstützt wird. Der
grundsätzliche Beschluss sollte von allen beteiligten Abteilungen mitgetragen werden, damit
eine breite Basis für die Durchführung der einzelnen CI-Maßnahmen vorhanden ist (auch, um
alle Beteiligten/Mitarbeiter anzusprechen und zu motivieren). Unterstützung kann sich die
Unternehmensleitung suchen:
„ durch eine eingehende Beratung. Helfen können dabei externe CI-Berater/Referenten,
Fortbildungsveranstaltungen und entsprechende Veröffentlichungen und Beispiele.
„ durch einen Beauftragten/Verantwortlichen für Öffentlichkeitsarbeit/Marketing, der in
Absprache mit der Unternehmensleitung die zu fällenden Entscheidungen vorbereitet und
für die weiteren CI-Schritte verantwortlich ist.
Das Ablaufschema zum Aufbau einer CI-Konzeption zeigt die verschiedenen Phasen der
Vorgehensweise:
1. Festlegung der Beteiligten/Personen/Abteilungen und deren Verantwortlichkeit und Inte-
ressen.
2. Entscheidung, ob eine CI-Konzeption umfassend oder nur teilweise durchgeführt werden
soll, und wenn ja, welche CI-Maßnahmen mit welcher Präferenz zu ergreifen sind.
3. Durchführen der CI-Maßnahmen und allmählicher Aufbau eines CI-Konzeptes.
4. Kontrolle der einzelnen CI-Maßnahmen und der CI-Ergebnisse.
34 Wie macht man Corporate Identity?

5. Ausbau und Ergänzung der CI-Konzeption.


6. Konsequente Anwendung und Überprüfung des CI-Konzeptes nach innen und außen bei
allen möglichen Gelegenheiten.
Ein vollständiges CI-Konzept lässt sich anschaulich mit einem Bauwerk vergleichen, das
abschnittweise erstellt wird. Zuerst müssen die Grundlagen erarbeitet werden, die grundsätz-
lichen Fragen zu den einzelnen Planungsbereichen. Diese einzelnen Problemanalysen führen
zu Grundregeln und grundsätzlichen Aspekten, die für das Unternehmen wichtig sind und in
den Richtlinien der CI-Konzeption zusammengefasst werden als eine Art Fundamentplatte
für das CI-Bauwerk. Alle Maßnahmen in dem Unternehmen müssen diese Richtlinien der CI-
Konzeption berücksichtigen und anwenden, um die Wirkungen aller Maßnahmen im Unter-
nehmen zu einer einheitlichen und effektiven Imagebildung zusammenzufassen zu können.
Die Konkretisierung des Konzeptes entspricht dem darauf errichteten Rohbau (CI-
Grundkonzeption). Die Ausbaustufen der CI-Konzeption sind in dieser Analogie der Ausbau
und die Einrichtung eines Wohngebäudes, während die Ergänzungen des CI-Konzeptes mög-
liche An- und Umbauten darstellen. Das Bild eines Hauses als Vorschlag für eine Architektur
eines vollständigen CI-Konzeptes verdeutlicht dieses strukturelle Vorgehen, ohne dass die
einzelnen Maßnahmen eines Unternehmens weniger erfolgreich und zum Teil sogar wider-
sprüchlich sein könnten.
Bevor die einzelnen Ansätze für die Grundlagen der CI-Konzeption erarbeitet werden, sollen
Grundregeln angesprochen werden, die bei der Durchführung nützlich sind:
„ Regel 1:
Die Unternehmensleitung muss deutlich machen, dass sie ganz hinter den CI-Maßnahmen
steht.
„ Regel 2:
An den Ausformulierungen der CI-Richtlinien müssen alle Bereiche des Unternehmens
beteiligt sein.
„ Regel 3:
Über den Fortschritt der CI-Maßnahmen muss kontinuierlich berichtet werden, denn Cor-
porate Identity darf nicht zur Geheimniskrämerei werden.
„ Regel 4:
Alle Beteiligten/Mitarbeiter müssen sensibilisiert werden für die CI-Maßnahmen, weil ein
so geschaffenes Problembewusstsein die Innenstruktur des Unternehmens verbessert und
die Realisierung der CI-Maßnahmen beschleunigt.
„ Regel 5:
Eine CI-Konzeption muss bei allen Aktionen des Unternehmens Anwendung finden, um
so die Wirkung zu verstärken.
Was ist ein integratives CI-Management? 35

Im Rahmen der CI-Vorgehensweise werden zur Durchführung von CI-Maßnahmen einzelne


Schritte notwendig:
1. Problemanalyse: Erfassung der Ist-Situation des Unternehmens,
2. Briefing: grundsätzliche Aufgabenstellung hinsichtlich der Zielsetzungen, Soll-Situation,
3. Entwurf: Erarbeitung der CI-Maßnahmen bzw. deren Zusammenstellung und Reihenfolge,
4. Präsentation: Vorlage und Bekanntmachung der entwickelten Vorschläge,
5. Genehmigung: Verabschiedung der Vorschläge,
6. Realisation: Anwendung, Durchführung, Ergänzung, Kontrolle.
Die Ist-Analyse, die die Bereiche Unternehmensgeschichte, Unternehmensgrundsätze, Unter-
nehmenskultur, Produkte, Arbeitsweisen, Kommunikation, Unternehmensverhalten, Corpora-
te Design und Unternehmenskommunikation umfasst, muss dann der angestrebten Soll-
Situation, dem erwünschten Unternehmensimage in allen seinen Teilaspekten, gegenüberge-
stellt werden. Die sich ergebende Lücke wird definiert und durch planmäßige Aktivitäten der
Unternehmen oder Organisationen in definierten Zeiträumen geschlossen.
Der Projektablauf wird durch die folgenden Schritte gekennzeichnet:
„ Akzeptanzschaffung, Problemdefinition und Ausgangslage,
„ Situationsbestimmung und Ist-Analyse gemäß CI-Strategie,
„ Aufzeigen der Stärken, Schwächen, Defizite und Formulierung der Aufgabenstellungen,
„ Zielsetzungen für CI-Prozess und Soll-Analyse,
„ Festlegung von Corporate-Identity-Verantwortlichen und Bestimmung eines CI-Teams mit
Arbeitsaufgaben,
„ Einbindung des CI-Teams in die Unternehmensorganisation entsprechend dem der Corpo-
rate Identity eingeräumten Stellenwert,
„ Entwicklung eines Projektplanes für Gesamtmaßnahmen und Detailmaßnahmen mit Zeit
und Kostenplanung, Aufstellung der Ressourcen,
„ Verabschiedung des Projektplanes und detaillierte Aufgabenstellung durch die Unterneh-
mensleitung,
„ Festlegung von Kontrollpunkten/Zwischencontrolling,
„ Erarbeitung, Verabschiedung und Durchführung von Projektlösungen mit Ergebniskontrollen,
„ regelmäßige zusammenfassende Informationen des CI-Teams über Projektergebnisse und
weitere Projekte,
„ Kontrolle der Veränderung der Unternehmensidentität und des Unternehmensimages auf
Grund durchgeführter CI-Maßnahmen.
36 Wie macht man Corporate Identity?

Für Organisationen, die durch und mit einer ganzheitlichen CI noch besser und erfolgreicher
werden wollen, schlage ich folgende Vorgehensweise vor:

Die 6 Erfolgs-Phasen des GIP


Grundbausteine und Phasen der Vorgehensweisen zum Aufbau eines ganzheitlichen Identi-
täts-Prozesses in Unternehmen und Organisationen (die 6 Erfolgs- Es):
1. Erwartungen: Vorgespräche, Workshops, gemeinsame Vorgehensweise entwickeln.
2. Einführungen: Führungskräfte-Schulungen zur Information über den CI-Ansatz, Motiva-
tions-Basis, gemeinsame Entwicklung, Erarbeitung und Eintrainieren von Zielen und
Richtlinien.
3. Entwicklung: Bildung eines Corporate-Identity-Teams zur Beteiligung der Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeiter (alle Organisationsebenen und Abteilungen sowie auch Bereiche der
Öffentlichkeitsarbeit), zur integrativen Erarbeitung von Organisationskonzeptionen, Pro-
jektgruppen, Projektmanagement-Konzepten und zur CI-Moderation. Ist-Analyse zum
Herausfinden der Stärken und Schwächen der Organisation, ihrer Arbeitsweisen und Wir-
kungen. Soll-Analyse als gemeinsame Zielfindung (Visionen, Leitbilder, Zielsetzungen,
Organisationsgrundsätze). Entwicklung eines Corporate-Identity-Konzeptes zur Abstim-
mung aller Einzelmaßnahmen: gemeinsame Entwicklung der Organisationsziele, Füh-
rungsgrundsätze und Organisationsrichtlinien, Ergebnisse werden zu Erfolgen: von der
Entwicklung zum Erleben – vom Inhaltsaspekt zum Beziehungsaspekt.
4. Erfolge: Gemeinsame Entwicklung einer Führungs- und Organisationsstruktur (Organi-
sationsstrukturen, Richtlinien, Entscheidungsräume schaffen): Organisationsgrundsätze, -
ziele, -strukturen, CI-, Design- und Communication-Richtlinien, Führungsgrundsätze,
Projektgruppen, Team- und Personalentwicklung, Maßnahmen und Projekte zur Verbesse-
rung der Identität, des Wir-Gefühls, der Mitarbeitermotivation, des Images, des Designs,
der PR, der Öffentlichkeitsarbeit und des Marketings, Bewusstmachung, Sensibilisierung
und Training der neuen Führungs- und Organisationsstrukturen für Führungskräfte und
Mitarbeiter.
5. Erfahrungen: Controlling. Controlling der Maßnahmen und Konzepte, Nachbesserungs-
Möglichkeiten, Analysen und neue Zielsetzungen und Perspektiven durch das Corporate-
Identity-Team.
6. Erleben: Entwickelte CI-Ergebnisse müssen entsprechend den Richtlinien und Freiräu-
men umgesetzt und in der Arbeit gelebt werden, damit die Wirkungen sichtbar werden.
Alle Maßnahmen nach innen und außen werden CI-orientiert aufeinander abgestimmt.
Erwartungen Entwickeln und Erleben!
Was ist ein integratives CI-Management? 37

Schaffen Sie Vertrauen nach innen und außen


Wenn CI wirklich glaubwürdig und ernsthaft entwickelt werden soll, dann sind Offenheit und
Klarheit gute Voraussetzungen für den gemeinsamen CI-Prozess. Die einzelnen Bausteine
und Stationen des Aufbaus einer ganzheitlichen CI müssen auf diese Vertrauensbasis ausge-
richtet sein. Die Führungskräfte können ihre Mitarbeiter nicht zu besserer Qualität, Leis-
tungssteigerung, Identifikation und Motivation zwingen, sie können nur helfen, unterstützen
und vormachen, sodass sie es selbst erkennen, wollen und engagiert machen. Alle aufge-
zwungenen Top-down-Anordnungen, die nicht akzeptiert werden, werden auch nicht ernst-
haft in die Praxis umgesetzt. Führungskräfte haben deswegen als zentrale Aufgabe die Schaf-
fung von Akzeptanz und Vertrauen: Durch Formen, Führen und Wirken wird eine Identität
geschaffen, die als Unternehmensidentität auch wichtige imagebildende Wirkungen hat.
Vorrangig für die Identitätsbildung ist also das Miteinanderumgehen (Corporate Behavior und
Corporate Culture), und das macht ein Unternehmen erfolgreich. Verschiedene Untersuchun-
gen in den USA und in Europa haben schon 1986 gezeigt, was Thomas Watson, Gründer von
IBM, so ausgedrückt hat: „Der wirkliche Unterschied zwischen Erfolg und Nichterfolg eines
Unternehmens lässt sich häufig darauf zurückführen, wie gut das Unternehmen es versteht,
die Energie- und Talentreserven seiner Mitarbeiter zu nutzen. Was tut das Unternehmen,
damit diese Menschen zu einer gemeinsamen Sache finden? Ich bin überzeugt, dass jedes
Unternehmen, um zu überleben und erfolgreich zu sein, einen soliden Bestand an Grundüber-
zeugungen braucht, von denen es sich bei allen Entscheidungen und Maßnahmen leiten
lässt.” (zit. nach Waterman, R. H.: Auf der Suche nach Spitzenleistungen. Landsberg am Lech
1986, S. 322)

CI als ganzheitlicher Identitätsprozess

Aufbruchstimmung: Jetzt gemeinsam Unternehmen neu denken und gestalten!


Unternehmen sind auf der Suche nach ihrer spezifischen Identität. Gefragt sind professionelle
Wege, um einerseits die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung zu stärken und ande-
rerseits das einzelne Unternehmen in seiner Unternehmenskultur, seiner Profilbildung nach
innen und außen und damit in seinem Erfolg zu unterstützen.
Dieser ganzheitliche Identitäts-Prozess (GIP) kann nur erfolgreich sein, wenn die Mitarbeiter
selbst mit erprobten und interdisziplinären Vorgehensweisen daran mitarbeiten – motiviert,
konsequent und ihren eigenen Nutzen sehend. Die ganzheitliche Corporate Identity stellt die
Grundlagen und Methoden für den GIP der Unternehmen und entwickelt mit allen Beteiligten
ihre spezifische Identität und verbessert damit gleichzeitig das Image und die Arbeitsweise
des Unternehmens.
Unternehmensentwicklung umfasst somit nicht nur eine Organisationsentwicklung zur Ver-
besserung der Unternehmensstruktur oder eine Designentwicklung für das Erscheinungsbild
des Unternehmens nach außen, sondern ist insbesondere eine Personalentwicklung. Nur eine
ganzheitliche Verbindung der unterschiedlichen Maßnahmen schafft Synergieeffekte, um
38 Wie macht man Corporate Identity?

damit den vielfältigen Erwartungen zu entsprechen. CI ist hierbei eine erprobte und erfolgrei-
che Managementmethode, die den Unternehmen hilft, ihre eigene spezifische Entwicklung in
die Hand zu nehmen: Selbstgestaltung der Unternehmen durch eine ganzheitliche Corporate
Identity.
Grundlage für den CI-Prozess ist die AMC-Regel: Ist- und Soll- Analysen, strategisch und
konzeptionell ausgerichtete Maßnahmen, die durch Projekt-Management und Team-
Entwicklung verstärkende Synergie-Effekte schaffen, und ein Selbst-Controlling. Die Verhal-
tensweisen aller Beteiligten (Corporate Behavior), die gesamte Kommunikation (Corporate
Communication) und das Erscheinungsbild der Unternehmen (Corporate Design) müssen
ganzheitlich aufeinander abgestimmt werden, damit sich die Einzelwirkungen nicht behin-
dern und die Schwerpunkte der Unternehmenskultur deutlich gemacht werden. Alle Maß-
nahmen der Unternehmen nach innen und außen werden auf die Unternehmensgrundsätze
ausgerichtet. Dieses Unternehmensprofil als Selbstdarstellung ist wie eine Unternehmensphi-
losophie – eine Art Verfassung als Basis für die Unternehmensentwicklung.
Um ein Unternehmen erfolgreich organisieren, profilieren und präsentieren zu können, sind
eine starke Identität und ein gutes Image notwendig und dazu bedarf es eines Ganzheitlichen
Identitätsprozesses (GIP). Ziele des GIP sind:
„ eine effektive Zusammenarbeit zwischen Geschäftsleitung, Führungskräften, Abteilungen,
Teams, Mitarbeitern, Kooperationspartnern, Kunden,
„ eine gute Qualität der Produkte, der Arbeitsleistung, der Projekte, der Unternehmensorga-
nisation, der Unternehmenskooperation, der Kundenkontakte,
„ eine starke Identität aller Beteiligten: Geschäftsleitung, Führungskräfte, Mitarbeiter, Ko-
operationspartner, Kunden,
„ ein profiliertes Image der Unternehmen.
Durch eine bewusste und strategische Selbstgestaltung und Selbstdarstellung sowie eine
harmonische und konzeptionelle Verbindung aller Maßnahmen des Verhaltens, der Kommu-
nikation und des Erscheinungsbildes nach innen und außen soll eine möglichst große Über-
einstimmung von Selbstbild, Fremdbild und Arbeitsweisen erreicht werden. Aufgabe des GIP
ist es, diese Einzelidentifikationen im Rahmen eines ganzheitlichen Prozesses gemeinsam mit
allen Beteiligten aufzubauen, zu entwickeln und zu einer einheitlichen Identität zusammenzu-
fassen. Dabei ist der GIP in einer lernenden Organisation nie abgeschlossen, sondern eine
permanente Veränderung, um flexibel veränderte Bedingungen, Innovationen, Verbesserun-
gen und andere Zielsetzungen aufnehmen und ganzheitlich integrieren zu können.
Ein Ganzheitlicher Identitätsprozess (GIP) umfasst folgende Aspekte:
„ Ganzheitlicher
 nach innen und außen; identitäts- und imagebildend,
 interdisziplinär und integrativ,
 hierarchie- und abteilungsübergreifend,
Wie entwickelt man ein CI-Konzept? 39

 konsens- und problemorientiert,


 polarisiert und einheitlich,
 mit Kopf, Herz und Hand; denkend, emotional und handelnd.
„ Identitäts-
 Visionen, Leitbilder, Unternehmensgrundsätze,
 Vorgehensweisen, Methoden, Konzepte, Selbstgestaltung,
 Beteiligung, Kooperation, Miteinander,
 Motivation und Vertrauen,
 Selbstbewusstsein und Wir-Gefühl,
 Identität nach innen und außen leben.
„ Prozess
 Bereitschaft zur Veränderung und Beratung,
 induktiv und deduktiv,
 Betroffene beteiligen; ich und im Team,
 Phasen, Entwicklungen, permanente Veränderungen,
 Stärken, Fehler, Verbesserungen und Innovationen integrieren,
 Selbst-Controlling und lernende Organisation.
Bestimmen Sie selbst Ihre Identität und gestalten Sie Ihr Image bewusst. Überlassen Sie es
nicht dem Zufall!

Wie entwickelt man ein CI-Konzept?

„Visionen brauchen Fahrpläne.“


[Ernst Bloch]

Vorgehensweise zum Aufbau eines integrativen CI-Konzeptes

Wie kann man eine ganzheitliche Corporate Identity aufbauen und entwickeln? Diese ent-
scheidende Frage kann durch die eingangs erwähnte AMC-Strategie (Abb. 8) (Analy-
sen/Maßnahmen/Controlling) verdeutlicht werden. Es gibt dabei aber keine Patentlösung,
sondern nur viele unterschiedliche Ansätze und Möglichkeiten, die entsprechend der Situati-
on, den Anlässen und spezifischen Unternehmenskultur und der Ziele ausgewählt und selbst
entwickelt werden müssen. Der Identitätsentwicklungs- und Veränderungsprozess braucht
jeweils individuelle und spezifische Vorgehensweisen.
40 Wie macht man Corporate Identity?

Ausgangspunkt zum Aufbau eines stringenten Konzeptes zur Verbesserung der Qualität des
Unternehmens von innen nach außen ist die Entscheidung für ein CI-Konzept, die von der
Unternehmensleitung und einer Vorbereitungsgruppe vorbereitet wird. Der grundsätzliche
Beschluss muss von der Gesamtleitung kommen, damit eine breite Basis für die Durchfüh-
rung der einzelnen CI-Maßnahmen vorhanden ist und auch, um alle Beteiligten anzusprechen
und zu motivieren. Für größere Unternehmen kann sich die Leitung Unterstützung suchen:
„ durch eine eingehende Beratung als Anregung und Unterstützung. Helfen können externe
Berater und Referenten sowie erste Fortbildungsveranstaltungen,
„ durch CI-Führungskräfte-Workshops (als „Schnupperkurse“),
„ durch einen Beauftragten für Öffentlichkeitsarbeit, Marketing oder Personalentwicklung,
der in Absprache mit der Unternehmensleitung die zu fällenden Entscheidungen vorberei-
tet und bei den weiteren CI-Schritten mit dabei ist.
Nach der AMC-Strategie ist das Controlling nicht das Ende, sondern eine Zwischenpositions-
bestimmung. Unwegsamkeiten, Fehler und auch neuere Entwicklungen verhindern, dass das
Ziel direkt zu erreichen ist. Erst der Ist-Soll-Vergleich zeigt, ob wir etwas verändert haben
und am Ziel sind. Meistens müssen wir aber noch nachbessern und ergänzen und uns dann
auch fragen, ob unsere Zielsetzung noch stimmt. Im Rahmen der permanenten Veränderung
werden die anderen oder auch neue Ziele angegangen. Der Prozess geht weiter.

Das CI-Team

Das zu bildende CI-Team bekommt von der Geschäftsleitung (möglichst schriftlich, damit bei
den ersten Schwierigkeiten eine gute Arbeitsgrundlage vorliegt) als Steuerungs- und Koordi-
nationsgruppe die Aufgabe, den CI-Prozess zu managen. Nach einem CI-Führungskräfte-
Workshop und/oder nach ersten Führungskräfteschulungen zur allgemeinen Information über
den CI-Prozess, zur Motivation und ersten gemeinsamen Strategieentwicklung (Vorgehens-
weise und erste Konzeptentwicklungen) kann nicht mit allen Mitarbeitern zusammen weiter-
gearbeitet werden. Eine ausgewählte Arbeitsgruppe – das CI-Team – kann zusammen mit
einem professionellen CI-Berater den CI-Prozess effektiv planen, steuern und gestalten. Die
Zusammensetzung, die Aufgabenstellung und die Arbeitsweise sollten das CI-Team sehr bald
zu einem vorbildlichen Team werden lassen.
Das CI-Team:
1. ist beratendes Organ der Geschäftsführung mit festem Auftrag und Aufgaben.
2. ist verantwortlich für die Entwicklung der CI nach innen und außen – in Zusammenarbeit
mit der Geschäftsführung.
3. ist Ansprechpartner, Koordinator, Motivator und Controlling-Instanz für alle CI-Maß-
nahmen.
Wie entwickelt man ein CI-Konzept? 41

4. muss sich organisieren, koordinieren und eine Teamleitung festlegen. Die Teamgröße
umfasst fünf bis zwölf Teilnehmer.
5. setzt sich aus freiwilligen Mitarbeitern aus den verschiedenen Abteilungen, Gruppen und
Positionen und aus der Geschäftsleitung zusammen.
6. trifft sich regelmäßig, mindestens einmal im Monat, nach Bedarf häufiger.
7. die CI-Teammitglieder haben eine Informationspflicht und Multiplikatorfunktion inner-
halb ihrer Abteilung. Sie verpflichten sich zur zuverlässigen Teilnahme und Mitarbeit und
stellen bei Abwesenheit einen Vertreter (Tandemlösungen).
8. hat folgende Aufgaben: Entwicklung von Unternehmensgrundsätzen, CI-Konzeptionen,
Ableitung von entsprechenden Richtlinien und Zielen für die einzelnen Arbeitsplätze und
sorgt für entsprechende Schulung, Umsetzung und Controlling.
9. wird am Anfang durch eine kontinuierliche und längerfristige CI-Beratung und -Schulung
unterstützt, um Probleme, Widerstände und Konflikte zu lösen, auszutragen und daraus
gemeinsam zu lernen und Erfahrungen festzuhalten (Regeln, Richtlinien).
Der Aufbau eines CI-Teams kann auch in Phasen geschehen, um den CI-Prozess besser vor-
zubereiten und erste Erfahrungen zu sammeln. Dadurch wird die Bewusstseinsbildung aller
Beteiligten verstärkt und eine größere Tragfähigkeit und Basis für den CI-Prozess geschaffen,
was letztlich die Identitätsbildung verbessert.

Aufbau eines CI-Teams in Phasen:


1. Vorphase: Anlässe aufnehmen, persönliche Vorbereitungen treffen, Vorgespräche führen,
Partner suchen, Vertrauen schaffen, sich identifizieren, mögliche Widerstände/Probleme
besprechen, CI-Beratung/Workshop durchführen, Vorbereitungsgruppe bilden.
2. Phase: Analysen (Ist/Sollanalysen) durchführen, Unternehmensgrundsätze finden, Ziele/
Visionen beschreiben, mögliche Maßnahmen/Projekte planen, Maßnahmenkonzepte ent-
wickeln, CI-Teamzusammensetzung vorbereiten, durch Controlling erste Ergebnisse
schaffen.
3. Phase: Gesamtorganisation ansprechen und informieren, Entscheidungen über CI-Pro-
zesse und -Elemente herbeiführen.
4. Phase: CI-Team etablieren, Unternehmensgrundsätze und -leitbilder erarbeiten, Ziele,
Regeln und Grundsätze ableiten, Strategien und Konzepte entwickeln, Projektmanage-
ment umsetzen, Führungskräfteschulungen durchführen, Bereichs-Teams entwickeln, CI-
Maßnahmen realisieren, Personalentwicklung fördern, CI nach innen und außen tragen,
CI-Konzepte kontrollieren und fortentwickeln.
5. Phase: Konsolidieren und implementieren der erarbeiteten CI-Grundlagen und CI-
Richtlinien an den Arbeitsplätzen im Alltag. Corporate Identity vorleben, zum Leben
bringen, am Leben erhalten und weiterleben. Die Unternehmenskultur pflegen und als
wichtigen Prozess in Gang halten ...
42 Wie macht man Corporate Identity?

Die AMC-Strategie

Der CI-Prozess beginnt mit wichtigen Initiativen und Vorbildern aus der Leitungsebene, die
die CI-Idee und den Veränderungswunsch in die Organisation hineinträgt (top-down-process).
CI muss glaubwürdig von den Führungskräften mitgetragen werden, darf aber auch nicht an
Einzelpersonen hängen bleiben. Deshalb ist es in der Vorphase wichtig, eine Vorbereitungs-
gruppe (CI-Team) zu schaffen, die die Multiplikation und den Anschub viel besser beginnen
und erfolgreicher durchführen kann (bottom-up-process).
Der eigentliche Planungsprozess beginnt mit einer Bestandsaufnahme (Ist-Analyse), die die
bisherige Entwicklung der Organisation bewusst macht und nach Stärken und Schwächen
analysiert (ohne Schuldzuweisung). Diese Ist-Analyse umfasst die Bereiche Organisations-
entwicklung, Personal- und Designentwicklung, also das gesamte Verhalten, die Kommunika-
tion und das Erscheinungsbild sowie das eigentliche Produkt. Diese Ist-Situation muss dann
der angestrebten Soll-Situation gegenübergestellt werden.
Die AMC-Strategie ist eine in der Praxis bewährte grundlegende Vorgehens- und Arbeitswei-
se, ein allgemeiner Leitfaden, eine Denkweise, um CI sichtbar, erleb- und umsetzbar zu ma-
chen. Dieses strategische und konzeptionelle Vorgehen ist auch zum Teil aus anderen Berei-
chen bekannt und wird in einzelnen Projekten eingesetzt, kann also an Bekanntem
anknüpfen, um Unbekanntes konkreter gestalten zu können. CI als nicht direkt fassbare Grö-
ße muss ganz praktisch und verständlich werden, damit sie gelebt und gestaltet werden kann.
Diese Vorgehensweise ist für einen CI-Prozess die grundlegende Vorgehens- und Arbeitswei-
se, ein allgemeiner Leitfaden, leicht zu handhaben und vielseitig einsetzbar. Sie ist eine in der
Praxis bewährte Methode für ein effizientes und effektives Selbstmanagement, denn nicht
immer kann ein Berater den zu entwickelnden CI-Prozess langfristig begleiten. Dabei ist das
Ergebnis genauso wichtig wie der Prozess: Ein guter Prozess bringt gute Ergebnisse!
Die AMC-Strategie eignet sich auch zur Persönlichkeitsentwicklung einzelner Personen, für
Projektmanagement und für Veränderungsprozesse in Organisationen und Unternehmen. Sie
hilft, strategisch und konzeptionell voranzugehen, kann an Bekanntem anknüpfen und Unbe-
kanntes konkreter gestalten. Man kann die AMC-Strategie als eine Art groben Fahrplan anse-
hen, der hilft, alle Maßnahmen ganzheitlich und integrativ aufeinander abzustimmen, sodass
die Visionen und Zielsetzungen erfolgreich umgesetzt werden können.
„ A steht für Analysen, Ist- und Sollanalysen.
„ M steht für Maßnahmen, Methoden und Maßnahmenkonzepte.
„ C steht für Controlling, Selbstcontrolling und evtl. Nachbesserungen und Innovationen.
Zunächst wird mit Hilfe einer Ist-Analyse eine Bestandsaufnahme vorgenommen, die ver-
deutlicht, welche Stärken und Schwächen im Augenblick vorliegen, also gewissermaßen eine
Standortbestimmung oder Basisfestlegung. Darauf abgestimmt zeigt eine Soll-Analyse die
gewünschten Leitbilder, die Unternehmensgrundsätze und/oder auch die Visionen auf. Die
sich zwischen Ist- und Soll-Situation ergebende Lücke hat einen starken Aufforderungscha-
rakter und sorgt für einen Motivationsschub aller Beteiligten. Aus den sichtbar gewordenen
Wie entwickelt man ein CI-Konzept? 43

Diskrepanzen zwischen Soll- und Ist-Zustand (Veränderungsmotivation) leiten sich die Maß-
nahmen ab, strategisch beziehen sie sich auf die Soll-Analysen, konzeptionell gehen sie von
den Stärken (Stärken fördern) und Schwächen (Schwächen abbauen) im Rahmen eines Maß-
nahmenkonzepts aus. CI setzt also Schwerpunkte und verstärkt die Wirkungen. Aktionisti-
sche, isolierte und ineffektive Einzel- und Zufallsaktionen werden weitgehend ausgeschlos-
sen. Die Maßnahmen sind aufeinander abgestimmt und bilden Synergieeffekte (vgl. Abb. 8).

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 8: Die AMC-Strategie

Nach Abschluss der Maßnahmen kommt schließlich ein Zeitpunkt, an dem man die Ergebnis-
se einer Bewertung unterziehen oder allgemein ein Fazit ziehen möchte. Eine solche Form
des Controllings (Selbst-Controlling, Evaluation) bei dem dann festgestellt werden kann,
„unser Ziel ist erreicht“ oder „doch so weit wie möglich erreicht“, findet unter den Beteilig-
44 Wie macht man Corporate Identity?

ten des CI-Prozesses im Unternehmen statt und nicht durch eine übergeordnete Instanz oder
Außenkontrolle. Hier wird etwas gemeinsam gut abgeschlossen, denn auch wenn das Ziel nur
teilweise oder mit Schwierigkeiten erreicht werden konnte, so ist doch eine gründliche Nach-
bereitung die beste Vorbereitung für den nächsten Durchgang, bei dem entweder nachgebes-
sert oder eine andere Maßnahme ergriffen wird. Die Arbeit des CI-Teams nach der AMC-
Strategie wird durch konkrete und einfache Selbstgestaltungsmethoden bei jedem einzelnen
Schritt unterstützt. So ist der CI-Fahr-plan sehr effektiv und effizient, transparent und moti-
vierend, strukturiert und Halt gebend. Durch die einzelnen Module und den flexiblen Aufbau
gibt die AMC-Strategie klare Orientierung, Anleitung, Sicherheit und gleichzeitig viele Hand-
lungsfreiräume zur Selbstgestaltung.

Die Spinnenanalyse (Ist- und Soll-Analysen)

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 9: Haben Sie eine gute Corporate Identity?
Wie entwickelt man ein CI-Konzept? 45

Nach der allgemeinen Akzeptanzbildung und dem Aufbau eines CI-Teams ist ausgehend von
der AMC-Strategie die erste entscheidende Maßnahme die Bestandsaufnahme. Spüren Sie
Ihre eigenen Kriterien auf, formulieren Sie gemeinsam Ihre Vorstellungen und Ihr Denken
über Ihre Organisation! Das Strukturmodell zur Spinnenanalyse ist ein hilfreiches Instrument,
mit dem man sich einen guten Überblick über die gegenwärtige Situation, aber auch über die
gewünschten Ziele verschaffen kann (Abb. 9). Durch die Beschränkung auf acht Kriterien
bleibt man auf das Wesentliche konzentriert. Ca. sechs Kriterien sollten nach innen gerichtet
sein und über die Identitätsbildung Auskunft geben, während ca. zwei Kriterien nach außen
gerichtet das Image beschreiben. Faktoren wie die Personal- und Produktsituation, das Image
oder das Betriebsklima sind einige Anhaltspunkte.

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 10: Corporate Identity Check: Gesamt-Ist-Analyse

Für die Formulierung der einzelnen Kriterien ist es sehr wichtig, sie ausdrücklich positiv und
konkret zu formulieren, also z. B. „gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit der Abteilun-
gen“ und nicht „fehlende Kooperationsbereitschaft“ (Abb. 10).
46 Wie macht man Corporate Identity?

Die acht ausgewählten Komponenten und Kriterien werden mit den Noten 1 – 6 bewertet (1 =
trifft voll zu/außen; 6 = trifft nicht zu/innen). Dies erfolgt entweder durch die Einschätzung
der Mitarbeiter oder durch eine direkt angelegte Zielgruppenbefragung (Kunden).
Das Gebilde der Spinnenanalyse zeichnet nun die Ist-Situation der Unternehmung nach, und
je größer das Gebilde ist, desto stärker sind Identität und Image ausgeprägt. Sollte dieser erste
Schritt einer Ist-Bestimmung als zu allgemein empfunden werden, kann man sich mit Unter-
spinnen weiterhelfen. Wenn z. B. bei der Bewertung des Arbeitsklimas keine Übereinstim-
mung gefunden werden kann, sollten wieder acht Kriterien für das Arbeitsklima zusammen-
gestellt werden, um mit Hilfe dieser Unterspinne das Problem genauer zu beleuchten. Nach
diesem Beispiel können je nach Bedarf alle acht Einzelkriterien intensiver analysiert werden.
Das schafft Klarheit für den ersten Schritt zur Veränderung, der dann durch die Kraftfeldana-
lyse begonnen wird (Entwicklung eines Aktionsplans mit konkreten Maßnahmen).
Außerdem bietet sich auch die interessante Möglichkeit, dieselben Kriterien von unterschied-
lichen Gruppen bewerten zu lassen. Es ist sicherlich nützlich oder auch manchmal wichtig zu
erfahren, in wieweit sich die Mitarbeiterspinne von einer Kundenspinne oder auch einer
Spinne von Kooperationspartnern wie z. B. anderen Unternehmen unterscheidet (Selbst- und
Fremdbildvergleiche).
Die Erstanalyse, die zunächst den Ist-Zustand des Unternehmens darstellt, ist also nicht un-
bedingt die letzte und einzige Analyse, sondern sie zeigt auch gleichzeitig auf, an welchen
Punkten noch einmal genauer hingeschaut und nachgefragt werden muss, oder wo noch ein-
mal etwas neu durchdacht werden sollte. Dazu kann u. a. das CI-Team, die Steuerungsgruppe,
Anregungen bieten.
Vorgehensweise bei der Spinnenanalyse:
1. Kriterien finden (8 – max. 10) für die Hauptspinne (Grundsätze/Visionen),
2. Kriterien nach realistischer Vision ausrichten – positive Statements/Thesen / einfache Ich-
und Wir-Aussagen,
3. Kriterien bewusst machen/besprechen / diskutieren (Identitätsstiftung),
4. Ist-Analyse durch Benotung der Kriterien – Ist-Zustand (Kriterien mit Noten 1 -6 bewer-
ten, ev. Durchschnittswert berechnen, ev. Streuung beachten) (Grob-Analyse),
5. Selbsteinschätzung und Fremdeinschätzung vergleichen,
6. Stärken-Schwächen-Profil durch + und – verdeutlichen,
7. Unterspinnen nach Bedarf erstellen (Fein-Analysen),
8. für die Arbeitsschwerpunkte in der Hauptspinne jeweils pro Kriterium entsprechend 8
verfeinerte Unterpunkte finden (8 x 8 = 64 Gesamt-Kriterien für den Entwicklungs- oder
Veränderungsprozess),
9. genauere Ursachen/Fehler/Gründe herausfinden,
10. Soll-Analyse durch Festlegen von Zielsetzungen (Zielfindung),
Wie entwickelt man ein CI-Konzept? 47

11. Ziele mit konkreten Anzeigern/Messgrößen und Terminen festlegen (Prioritäten/Reihen-


folge als Vorgehensweise/Strategie planen),
12. Klarheit und Motivation als Unterstützung zur Zielerreichung,
13. Controlling durchführen (nach der in den Zielen festgelegten Zeit) (Controlling),
14. Soll-Ist-Vergleich als Selbst-Controlling/Reflexion, um Ergebnisse/Erfolge bewusst zu
machen und weiter entwickeln zu können,
15. Nachbesserung/Innovationen und neue Zielsetzungen/Lernerfahrungen als Fortschritt und
zur Motivation festhalten/Prozess in Gang halten.
Untrennbar von der Ist-Analyse baut sich die Soll-Analyse auf, denn die Kriterien der Ist-
Spinne stellen ja die Denkweisen und Vorstellungen des jeweiligen Unternehmens dar und
zeichnen das nach, was in Bezug auf das spezifische Image und die eigene Identität als wich-
tig erachtet wird. Somit ist die Ist-Analyse auch gleichzeitig eine Soll-Analyse. Durch eine
einfache Punktbewertung (jeder Teilnehmer setzt einen Punkt) kann die Mehrheit der Mitar-
beiterschaft gemeinsam den ersten Schritt als erstes Ziel festlegen. Bei der Auswahl der Ziel-
setzung sollten besonders zwei Leitfragen vorher deutlich gemacht werden, um möglichst
große Synergieeffekte zu haben und auch, um einzelne Elemente besser miteinander vernet-
zen zu können:
„ Welche Zielsetzung schafft gute und schnelle Lernerfolge, um am Anfang einen großen
Motivationsschub zu bekommen?
„ Welche Zielsetzung hat einen großen Synergieeffekt für alle anderen Bereiche – kann
andere mögliche Ziele mit aufnehmen und verbinden?
Damit sollen nicht die größten Schwierigkeiten gleich am Anfang angegangen werden – die
Gefahr des Scheitern und der Frustration wäre zu groß. Als ersten Ansatz also einen leichten
Start wählen, damit der erste Erfolg motiviert, weiter zu machen. Entscheidend dabei kann
auch die Auswahl für einen Schwachpunkt oder für eine Stärke sein. Es muss als erste Ziel-
setzung nicht die Behebung einer Schwäche sein – es kann auch mit der Ausbau einer Stärke
begonnen werden. Eine Zielsetzung, die eine große Auswirkung auf andere Bereiche hat,
sollte bei der Auswahl und der Prioritätenliste besonders berücksichtigt werden, um damit
einen großen Schritt voran zu kommen. Legen Sie eine so gewichtete Reihenfolge fest, dann
haben Sie eine klare Strategie und können mit der Umsetzung beginnen.
Die Spinne der Ist-Analyse als Bestandsaufnahme zeigt deutlich die Stärken und Schwächen
des Unternehmens auf, die Soll-Spinne setzt die angestrebte Situation dagegen, und aus den
Unterschieden können Ziele abgeleitet werden, klare Zielvorstellungen, deren Erreichen nach
einem bestimmten Zeitraum durch eine entsprechende erneute Spinnenanalyse abgefragt
werden kann. Diese Zielbestimmung kann aber auch zahlenmäßig festgelegt werden, z. B.
eine Verbesserung innerhalb eines Kriteriums um mindestens 1,5 im Laufe eines Jahres.
Damit bietet die Spinnenanalyse gleichzeitig ein Mittel zum Selbstcontrolling. Legt man am
Ende des festgelegten Zeitraums die neu erstellte Spinne über die der Ausgangssituation, wird
deutlich sichtbar, ob die ergriffenen Maßnahmen zu einer erfahrbaren und erlebbaren Ände-
rung geführt haben.
48 Wie macht man Corporate Identity?

Der große Nutzen der Spinnenanalyse liegt darin, dass klare Zielsetzungen für die einzelnen
Kriterien festgelegt werden können, so z. B. „Das Leistungsangebot ist vielseitig“, oder „Wir
haben eine gute Zusammenarbeit“. Erst in Verbindung mit diesen gemeinsam formulierten
Zielen, können auch nachvollziehbare, individuelle Maßnahmenkonzepte mit konkreten
Maßnahmen aufgestellt werden. Durch die ganzheitliche Verbindung von Ist- und Soll-
Analysen und die aufeinander aufbauenden Methoden wird die ganzheitliche Denkweise
deutlich, die einerseits zu guten Prozessen und Ergebnissen und andererseits zu besseren
Kompetenzen bei den Beteiligten führt (Methodenkompetenzen) und letztlich zur Identitäts-
bildung.
An vielen Unternehmen wird das Erstellen von Vergleichsspinnen deutlich machen, dass
Kunden und Mitarbeiter, aber auch einzelne Kollegen sowie Gruppen und auch die Ge-
schäftsleitung das Image und die Erfahrung des Alltagslebens unterschiedlich bewerten.
Selbstbild und Fremdbild sollten aber eine möglichst große Übereinstimmung haben, daher
ergeben sich hier neue, wichtige Ziele mit entsprechenden Maßnahmen. Der nun anlaufende
Prozess einer ganzheitlichen Identitätsbildung, der von allen Beteiligten mitgestaltet und -
getragen wird, führt in seiner Konsequenz zu einer starken Profilierung des Unternehmens.
In der Zusammenfassung hat die Methode zur Ist-Analyse im Rahmen des ganzheitlichen
Ansatzes mehrere Funktionen gleichzeitig:
„ Bestandsaufnahme/Ist-Analyse der Stärken und Schwächen,
„ Sichtbarmachung der Unternehmenskultur durch gemeinsame Kriterienfindung,
„ Verstärkung von Motivation und Aufbruchstimmung durch Beteiligung und Befragung
sowie gemeinsame Weiterarbeit,
„ Entwicklung des Selbstbildes (Mitarbeiterspinne) und Vergleich mit dem Fremdbild (Kun-
den- und Kooperationsspinne),
„ gemeinsame Zielfindung durch den Vergleich des Selbst- und Fremdbildes und durch die
Einschätzung der Stärken und Schwächen. Von der Ist- zur Soll-Analyse,
„ direkte Weiterentwicklung von der Ist- zur Soll- Analyse durch die Verbindung mit der
Kraftfeldanalyse zum Treffen entsprechender Maßnahmen,
„ Visualisierung und Konkretisierung der ganzheitlich mitverändernden Wirkung durch den
ersten Schritt der Veränderung in der Spinne (Synergieeffekte/Vernetzungen),
„ effektive und effiziente Methode zur Prozesssteuerung (Bewusstmachung, Arbeitsmetho-
de, Präsentation, Prozess- und Ergebnisorientierung),
„ Verdeutlichung individueller, unterschiedlicher und konsensbildender Aspekte sowie
Überleitung in eine Konsensbildung und einen Qualitätsprozess durch die gemeinsame
Entwicklung und strukturierte Diskussion über die Spinne,
„ Wiederaufnahme der Spinne nach ein bis drei Jahren im Ist-Soll-Vergleich als Control-
lingmethode im Sinne eines Selbstcontrollings und Wiedereinsatz zur neuen Zielfindung.
Wie entwickelt man ein CI-Konzept? 49

Die Kraftfeldanalyse

Ist die Planungsphase nach der AMC-Strategie mit Ist- und Soll-Analysen weitgehend abge-
schlossen, tritt der CI-Prozess in eine besonders sensible Phase ein. Der Übergang zur prakti-
schen Umsetzung, das In-Gang-Setzen konkreter Maßnahmen ist für viele sehr schwierig. Im
Zusammenhang mit den ersten Schritten in die Veränderung tauchen plötzlich Ängste und
damit verbundene Widerstände auf, und häufig stellt sich eine große Unsicherheit ein, ob die
ausgewählten und gewünschten Maßnahmen wirklich die angemessenen und richtigen sind.
Es wird auch um den Verlust von Machtbefugnissen gefürchtet oder um den Verzicht auf
liebgewonnene Gewohnheiten. Althergebrachte Privilegien müssen unter Umständen. in
Frage gestellt und überdacht werden. Veränderungen bringen immer Unruhe und Verunsiche-
rung!

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 11: Die Kraftfeldanalyse
50 Wie macht man Corporate Identity?

Um in dieser Phase von den Analysen zu den Maßnahmen sachlich weiter vorangehen zu
können, ist die Kraftfeldanalyse nach dem Prinzip der Polarisierung eine sehr sensible Mög-
lichkeit, beispielsweise im CI-Team, aber auch allein, die Auswirkungen der geplanten Maß-
nahmen besser einzuschätzen. Mit jeweils nur drei Maßnahmen zur Erreichung eines konkre-
ten Ziels und jeweils drei Problemen, Konflikten, Verstärkern und Lösungsansätzen kann
schließlich ein Aktionsplan oder eine Strategie für das weitere Vorgehen erarbeitet werden
(Abb. 11). In dieser Phase (von der Theorie zur Praxis, von A zu M) ist die Kraftfeldanalyse
eine sehr erfolgreiche Möglichkeit, um im CI-Team und/oder mit Projektgruppen konkret
voran zu kommen.
Die Kraftfeldanalyse hat folgenden Nutzen:
„ angeleiteter Übergang zur praktischen Umsetzung (ganzheitliche Vorgehensweise),
„ Berücksichtigung der möglichen Widerstände, Konflikte oder Probleme
(Problemorientierung),
„ Schaffung von Verstärkern und Multiplikatoren (Synergieeffekte),
„ abgestimmte Vorgehensweise
(effizientes Vorgehen, Output-Orientierung, Projektmanagement),
„ abgesicherte Aktionen (Erfolgsorientierung).
Das effektive Vorgehen beginnt mit einer konkreten Zielsetzung, möglichst mit Zeit- und
Maßangabe, möglichst in Form eines Minimalzieles, z. B. „Ich treibe jeden Tag mindestens
zehn Minuten Sport“ und nicht „Ich halte mich fit durch Sport“. Das Ziel sollte also nicht zu
theoretisch und nicht zu vage formuliert sein. Leiten Sie es doch von Ihrer Vision ab: Will ich
ein gesunder Mensch werden und bleiben, dann muss ich Sport treiben, gesund essen und
stressfrei arbeiten. Konkretisiert hieße das für eine Maßnahme: Wenn ich Sport treiben will,
dann mache ich das mindestens zehn Minuten jeden Tag. So überfordere ich mich nicht mit
etwas, das ich dann doch nicht tue. Das Ziel kann dann täglich mit einer beliebigen Sportart
erfüllt werden, z. B. zehn Minuten spazieren gehen oder den ganzen Tag Ski laufen. Leiten
Sie das Ziel direkt aus der Ist-Analyse ab und formulieren Sie es und die daraus folgende
Maßnahme konkret. Mit dem Soll-Ist-Vergleich im Selbstcontrolling kann später das Errei-
chen des Ziels überprüft werden (Abb. 12).
Wie entwickelt man ein CI-Konzept? 51

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 12: Ziele gegen Stress

Wie müssen Ziele formuliert werden? Wie müssen Ziele sein?


1. Anforderungen:
 positiv formuliert,
 erreichbar, realistisch, umsetzbar,
 glaubwürdig,
 identitätsstiftend.
2. Ausrichtungen:
 auf Visionen ausgerichtet,
 werteorientiert, auf Grundsätze ausgerichtet,
 Stärken/Schwächen – orientiert,
 nach Prioritäten geordnet,
 aufeinander abgestimmt.
52 Wie macht man Corporate Identity?

3. Struktur:
 verständlich, konkret,
 eindeutig,
 einfach, reduziert,
 transparent,
 möglichst schriftlich.
4. Umsetzung:
 veränderbar,
 flexibel,
 terminiert, zeitlich festgelegt,
 verantwortlich, verbindlich,
 in kleinen Schritten.
5. Controlling:
 überprüfbar, messbar (Messgrößen),
 vergleichbar, Soll-Ist-Vergleich,
 reflektierbar, Erfahrungen sammeln,
 motivierend, selbstbewusster machend, stärkend,
 neue Ziele entwickelnd, Perspektiven aufzeigend.

Ziele und Konsequenzen


„Nimm dir eine Minute Zeit: Schau dir deine Ziele an. Sieh zu, ob dein Verhalten deinen
Zielen entspricht.“

„Wenn das Leben keine Vision hat, nach der man strebt, nach der man sich sehnt,
die man verwirklichen möchte, dann gibt es auch kein Motiv sich anzustrengen.“
[Erich Fromm]

aber ...

„Vom Ziel haben viele Menschen einen Begriff,


nur möchten sie es gerne schlendernd auf irrgänglichen Promenaden erreichen.“
[Johann Wolfgang von Goethe]

Wollen Sie also Ihr Ziel wirklich erreichen und dafür Ihr Verhalten konsequent danach aus-
richten – oder ist die Zielerreichung gar nicht Ihre Absicht, sondern der Weg dahin viel wich-
tiger? Ziele setzen unser Verhalten in Gang. Konsequenzen halten unser Verhalten in Gang.
Es geht um die Motivation (lat. movere – bewegen) – um die Zielorientierung, die man wach
halten will. Ohne die Zielgrößen, die wir als Erfolge und bestätigende Ergebnisse brauchen,
Wie entwickelt man ein CI-Konzept? 53

wird die Zielsetzung schwächer. Müssen wir also nicht alle Kräfte auf unser Ziel konzentrieren?
Hinzu kommt, dass wir uns auch authentischer und glaubwürdiger fühlen und anderen gegen-
über präsentieren, wenn wir unsere Ziele auch erreichen – dass, was wir sagen auch machen.
Klare Ziele geben uns Orientierung, Sicherheit und Motivation! Ideen, die zu vage bleiben
und nicht genau als Ziele formuliert und mit einer Strategie versehen werden, bleiben Träu-
me, die nicht realisiert werden!
Für die Findung der Maßnahmen, Widerstände und Verstärker, eignet sich sehr gut die Meta-
plan-Methode bzw. Karten-Abfrage oder auch das Mind-Mapping als eine Art schriftliches
Brainstorming. Dabei sollten die einzelnen Punkte nicht zu sehr ausdiskutiert werden, son-
dern einfach in eine Reihenfolge gebracht werden. Die drei als am wichtigsten erachteten
Maßnahmen werden auf diese Weise festgehalten. Sollte bei der Wertigkeit der Maßnahmen
nicht gleich Einigkeit erzielt werden, kann die Rangfolge durch eine einfache Punktbewer-
tung (jeder Teilnehmer bekommt drei Bewertungspunkte) ermittelt werden. Beschränken Sie
sich im weiteren Vorgehen bei der Kraftfeldanalyse von Schritt 1 bis 4 immer auf die ersten
drei Maßnahmen, damit Sie sich nicht verzetteln (weniger ist oft mehr).
Die nicht gewählten Maßnahmen sollte man nicht weglegen, man kann sich später darauf
beziehen. Aktionen, die in allen vier Schritten immer wieder auftauchen, werden dadurch
bestätigt, andere Aktionen ergänzt oder verändert. Neue Ideen werden erst durch diese Strate-
gieentwicklung gefunden. Zum Abschluss sofort verbindliche Zuständigkeiten, Zeiten sowie
Arbeitsmittel und Methoden dazuordnen und somit direkt in das Projektmanagement und in
das Controlling übergehen.
Widerstände gegen den CI-Prozess werden mit der Kraftfeldanalyse ganzheitlich aufgenom-
men und integriert (wenn es keine Killerphrasen sind), um daraus zu lernen und möglichst
viele an dieser wichtigen Diskussion und am CI-Prozess zu beteiligen.

Widerstände gegen CI
Innerhalb eines CI-Prozesses kommt es häufig zu Widerständen. Diese sollten als verständli-
che Ängste vor den anstehenden Veränderungen, aber auch als Möglichkeit zur intensiven
Reflexion der Maßnahmen gewertet werden. Die manchmal heftigen Widerstände gegen CI
müssen im Einzelnen ernst genommen werden. Mögliche Reaktionen zeigen die folgenden
Beispiele.
Bei persönlichen Ängsten muss deutlich gemacht werden, dass die jeweilige Person Beteilig-
ter ist und bestimmt, mindestens aber mit bestimmt, was geschieht. Besonders groß sind die
Ängste vor Kompetenz- und Machtverlust. CI nimmt aber weder Macht noch Kompetenz,
sondern hilft, Kompetenzen für wirklich Wesentliches einzusetzen und Macht durch verbes-
sertes Ansehen und Glaubwürdigkeit einer Person zu stärken. Beunruhigend wird auch die
Angst vor dem Neuen, vor zusätzlicher Arbeit und Zeitaufwand empfunden. Wer aber auf-
hört, besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein, und die Konzentration auf wesentliche
Arbeitsaufgaben und der Abbau von Doppelarbeit bringen Zeitersparnis als Synergieeffekt.
54 Wie macht man Corporate Identity?

Ablehnende Argumente lauten häufig auch: „Das machen wir sowieso schon.” Hier kann auf
bereits Vorhandenem aufgebaut werden. Oder: „Wir wollen keine Experimente“, „Wir brau-
chen konkrete Erfolge”, „Das bringt doch nichts” und „Das klingt in der Theorie gut, schei-
tert aber in der Praxis”. Veränderungen in komplexen Systemen führen zu Ergebnissen, die
niemals hundertprozentig vorhersagbar sind. Der Wettbewerbsdruck zwingt aber zur Innova-
tion und damit zu Veränderungen. Dazu gehören Mut und Risikobereitschaft. Entsprechende
Schulungen der Führungskräfte und Mitarbeiter und die Arbeit des CI-Teams sichern den
Nutzen und das konkrete Umsetzen der neuen Ideen in die Praxis. Wichtig beim CI-Prozess
ist auch, dass die Lösungen nicht wie häufig befürchtet, die des Beraters sind, sondern von
innen selbst entwickelt wurden und den Berater, der den Prozess initiiert hat, schließlich
überflüssig machen.
Beispiele für den induktiven Aufbau zeigen, wie sensibel man problem- und projektorientiert
anfangen kann, um eine Akzeptanz zu schaffen (Abb. 13). Dadurch, dass man vorhandene
Projekte, Anlässe und Maßnahmen aufnimmt, eine Bewusstseinsbildung fördert und wesent-
liche Ergebnisse und CI-Elemente herausstellt (Wie werden Konflikte gelöst? Was ist uns
dabei wichtig? Nach welchen Regeln wird entschieden?), kann eine Prozessbegleitung die
eigentlichen Visionen, Ziele und Werte verdeutlichen. Ziel dieser induktiven Vorgehensweise
(als Alternative zur deduktiven AMC-Strategie) ist die Hinführung auf die Notwendigkeit und
den direkten Nutzen für einen CI-Prozess. Das dann zu bildende CI-Team kontrolliert, steuert
und verbindet ja später auch die einzelnen Maßnahmen und macht daraus einen Prozess der
lernenden Organisation. Durch die induktive Vorgehensweise bekommt man schon vorher
exemplarische Erfahrungen und weiß, wie CI-Prozesse später ablaufen könnten. Dabei be-
steht die Möglichkeit, vorher schon einzelne Analysemethoden auszuprobieren und einige
Konzeptentwicklungen einzusetzen. Dieser handlungsorientierte Ansatz der CI-Prozessent-
wicklung hilft, die Entscheidung für CI durch eine gemeinsame Erprobung zu erleichtern und
vermindert die Risikofrage, Ängste und die Abwehrhaltungen. Die Widerstände gegen CI und
auch ungeklärte Fragen werden in den CI-Prozess ganzheitlich eingebunden und durch vor-
sichtige Erprobungen überwunden. Viele Unternehmen testen CI durch diese Vorgehenswei-
sen in Form von Projektbegleitung, Schulung und CI-Workshop, bevor sie längerfristige und
grundlegende Entscheidungen für CI fällen. Insofern ist das konkrete selbst Ausprobieren und
eigene Erfahrungen sammeln ein bewährter CI-Einstieg – er schafft die beste Motivation,
nämlich die eigene Identität!
Wie entwickelt man ein CI-Konzept? 55

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 13: CI-Prozess in 10 Schritten
56 Wie macht man Corporate Identity?

Die Raster-Analyse

„Wer im Leben kein Ziel hat, der verläuft sich.“


[Abraham Lincoln]

Alle Verhaltens- und Arbeitsweisen, die Art, wie miteinander umgegangen und kommuniziert
wird, die Arbeitszufriedenheit sowie das Wohlgefühl der dort arbeitenden Menschen sind
Teile der spezifischen Unternehmenskultur. Dazu gehört auch der besondere Führungsstil, der
in diesem Unternehmen „gepflegt“ wird. Die Eigenschaften, Verhaltensweisen und Zustände
beziehen sich auf das individuelle Wertesystem und die Tradition, in der sich das jeweilige
Unternehmen entwickelt und etabliert hat. Diese unausgesprochenen Regeln, Überzeugungen
und Besonderheiten machen den besonderen Charakter, die individuelle Persönlichkeit, das
einzigartige Profil, also die spezifische Identität und das Image des Unternehmens aus. In
einer Unternehmenskultur spiegeln sich alle identitäts- und imagebildenden Maßnahmen und
Elemente eines Unternehmens wider, und sie ist die Basis allen Handelns der damit verbun-
denen Personen und Organisationen. Daher sollte die Unternehmenskultur nicht zufällig oder
unbewusst das Geschehen nach innen und außen steuern, sondern Ausgangspunkt für ein
Gesamtkonzept sein. Im weiteren Vorgehen nach der AMC-Strategie geht es jetzt um die
Umsetzung der Aktionspläne und Projekte, die durch die Kraftfeld-Analyse erarbeitet wur-
den, und dazu bracht es eine einheitliche Grundlage und Ausrichtung, damit nicht isolierte
Einzelaktionen, sondern vernetzte Gesamtkonzepte entstehen.
Diese grundsätzlichen Statements der Unternehmensgrundsätze in Bezug auf:
1. Eigenschaften (Erscheinungsweisen, Einheitlichkeit, Qualitätsorientierung),
2. Motive (Richtung, Sinn, Verantwortung, Ziele),
3. Tätigkeiten (Denken, Gestalten, Kommunizieren, Produzieren) und
4. Zustände (Grenzen, Bewusstsein, Identität, Image, Partner, Symbole).
haben Einfluss auf alles, was in dem Unternehmen als wichtig erachtet wird. Dieses Soll-Bild
gibt allen nicht nur eine klare Orientierung und Vorstellung davon, wohin das Unternehmen
gehen wird und welches Image es nach außen trägt, sondern sie legt auch die Grundzüge fest
für das konkrete Verhalten, für alle Maßnahmen und Projekte und die Kommunikation nach
innen und außen.
Um die eigene Unternehmenskultur bewusst zu gestalten, ist es notwendig, die bisherigen
„Gepflogenheiten“ zu analysieren, um daraus neue Leitideen und Grundsätze abzuleiten.
Häufig erweisen sich die neuen Unternehmensgrundsätze als identisch mit den bisherigen, oft
unausgesprochenen oder ausdrücklich formulierten, oder sie enthalten große Teile der bishe-
rigen Unternehmensphilosophie mit neuen Akzentuierungen. Allein die prägnante Formulie-
rung der Leitideen bringt schon Orientierung, ein gestärktes Selbstverständnis und ein Be-
wusstsein der eigenen Kultur.
Wie entwickelt man ein CI-Konzept? 57

Die durch den Ist-Soll-Vergleich der Spinnenanalyse entstandene Motivation führt dazu, sich
mit den Stärken der Unternehmenskultur zu identifizieren und an den Schwächen verbessernd
zu arbeiten. Schreiben Sie daher zunächst eine Unternehmensverfassung und leiten Sie dann
Ihre Ziele und Maßnahmenkonzeptionen davon ab! Formulieren Sie erst einmal einfache,
klare Thesen, die im weiteren Verlauf des CI-Prozesses dann modifiziert und transformiert
werden können.
Die zehn Leitfragen können Ihnen bei der Formulierung der „Unternehmensverfassung“
helfen:
1. Wer bin ich? Wer sind wir? Wer wollen wir eigentlich sein?
Frage nach dem Selbstverständnis, der Organisationsform, nach Zuordnungen, Aussage im
Überblick – als „Zusammenfassung“.
2. Was machen wir? Was bieten wir an?
Frage nach den Dienstleistungen, Angeboten, Produkten, Leistungsspektrum, Gruppierungen.
3. Für wen arbeiten wir? Wen wollen wir ansprechen?
Frage nach den Zielgruppen, Kunden, Kooperationspartnern, Einzugsgebieten, gesellschaftli-
cher Verantwortung.
4. Warum machen wir das? Welche Ziele haben wir?
Frage nach den Motiven, Zielsetzungen, Verantwortungen und Grundwerten.
5. Wie wollen wir arbeiten?
Frage nach den Arbeitsgrundsätzen, Arbeitsverhalten, Arbeitsmitteln und -methoden, Eigen-
schaften/Kompetenzen und Erscheinungsbild.
6. Welche spezifische Profilierung haben wir?
Frage nach Besonderheiten, Abgrenzungen, Entwicklungen, Positionierungen, Markenbil-
dung.
7. Welche Verbindung zum Namen gibt es?
Frage nach Fach- und Leitbegriffen, Leitsprüche, Personen, speziellen Arbeitsweisen.
8. Welche Visionen haben wir?
Frage nach Wunschbildern, Vorstellungen, Verantwortungen, Aufgaben.
9. Haben wir einen Slogan, einen Leitspruch?
Frage nach Schlagworten, Werbesprüchen, Leitsprüchen, Slogans.
10. Können wir diese Grundsätze praktisch leben?
Frage nach Glaubwürdigkeit, Konsequenzen, Selbstdisziplin, Umsetzungspflicht (keine
Worthülsen).
58 Wie macht man Corporate Identity?

Haben Sie nun die für Ihr Unternehmen wichtigen Grundsätze für das Leitbild zusammenge-
stellt, überprüfen Sie Ihre Aussagen auf folgende Kriterien:
„ Wahrheit (ernst nehmen, keine Unterschiede zwischen Sagen und Tun),
„ Vollständigkeit (alle Bereiche ansprechen),
„ Konsensfähigkeit (ein Kompromiss als Minimalkonsens),
„ Verständlichkeit (für möglichst alle Zielgruppen),
„ Erinnerbarkeit (langfristige Lerneffekte),
„ Umsetzungsfähigkeit (ist dieses auch in die Praxis umzusetzen?).
Sehr wichtig – sowohl bei der anfänglichen, wie auch bei der weiteren Arbeit an der Formu-
lierung der für das Unternehmensleitbild erforderlichen Grundsätze – sind folgende Punkte:
„ Passen Sie die Unternehmensgrundsätze den inneren und äußeren Veränderungen und
Innovationen im Markt an.
„ Formulieren Sie aktiv, positiv, einfach und verständlich.
„ Reduzieren Sie (maximal eine DIN A 4-Seite).
„ Formulieren Sie möglichst weniger als zehn Sätze zum Selbstverständnis („Wir ...“) mit
Erläuterungen, die durch die Raster-Analyse gefunden werden.
„ Ordnen Sie Absätze, verdeutlichen Sie Steigerung/Struktur durch Absätze und Aufzählungen.
„ Fassen Sie zusammen (evtl. Überschriften, Slogans, Leitsprüche, Bereiche).
„ Denken Sie an die praktischen Umsetzungsmöglichkeiten (Raster-Analyse).
„ Geben Sie Einleitungen, Vorworte, Erläuterungen, Leitsprüche, Slogans, Bilder, Visionen
als verbindende Klammer, Ergänzung und Abrundung dazu und geben Sie alles letztlich
auch in ein entsprechendes Corporate Design.
„ Denken Sie ganzheitlich (nach innen und außen).
„ Unterscheiden Sie die Unternehmensgrundsätze von den Unternehmenszielen, Unterneh-
mensstrategien, Unternehmensprogrammen, Konzepten und den einzelnen Maßnahmen.
„ Beteiligen Sie die Betroffenen und testen Sie ihre Ergebnisse (das ist schon CI!).
Die Rasteranalyse als wichtiger strategischer Schritt hilft bei der Konkretisierung des unter-
nehmerischen Leitbildes und der Unternehmensgrundsätze und sorgt für einen Übergang von
den theoretischen Überlegungen zur Praxis. Sie verhindert, dass nur mit Worthülsen gearbeitet
wird und schafft gleichzeitig die Erläuterungen zu den einzelnen Thesen/Leitsätzen (Abb. 14).
Wie entwickelt man ein CI-Konzept? 59

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 14: Rasteranalyse

Das Schema der Rasteranalyse besteht aus vier senkrechten Spalten und ca. sechs bis acht
waagerechten Zeilen (Raster). In der linken Spalte werden die durch die Leitfragen formulier-
ten, gewünschten Grundsätze als „Antworten“/kurze Wir-Thesen aufgezählt, die man später
evtl. auch nach Wertigkeit und Reihenfolge ordnen kann. Nun können sie durch Negation
60 Wie macht man Corporate Identity?

„überprüft“ werden: „Was wollen wir nicht (mehr) machen?“ Die Möglichkeit, zunächst in
der 2. Spalte zu notieren, was nicht mehr oder überhaupt nie gemacht werden soll als nicht
gewünschte Verhaltensweisen, ist ein „hilfreicher Trick“, um zu einem positiv formulierten
Grundsatz für Spalte eins, drei und vier zu kommen. Es ist viel leichter zu sagen, was nicht
sein soll, als das was sein soll. So kommen die Beteiligten schneller zum Erarbeiten und
Formulieren. Zwischen dem, was sein soll, und dem, was auf keinen Fall mehr sein soll,
lassen sich in der 3. Spalte die Maßnahmen, Konzepte, Verhaltensweisen und Projekte fest-
halten (Umsetzung im Unternehmen), jeweils auf den einzelnen Grundsatz abgestimmt. Die-
ses Überleiten der theoretischen Aussagen in Maßnahmen, die mit konkreten Elementen
auszufüllen sind, sollte gemeinsam vorgenommen werden, denn sie sind nur dann wirksam
und werden nur dann identifizierend angenommen, wenn sie von allen Betroffenen diskutiert
und mitentwickelt worden sind.
Als sehr wichtig und nützlich erweist sich auch die 4. Spalte „Bemerkungen“, denn hier
können mögliche besondere Methoden, aber auch Hindernisse und Schwierigkeiten genannt
und festgehalten werden. Sie ist sozusagen eine Erinnerungsstütze und Vorbereitung auf
mögliche Probleme. Wirkungsvoller ist die konkrete Umsetzung für den Einzelnen am Ar-
beitsplatz im Alltag hier ganz konkret zu formulieren, damit die Umsetzung gleich mit ange-
dacht und später auch überprüft werden kann. Bei der Verabschiedung des Leitbildes sollten
nicht allein die kurzen Leitsätze, sondern auch die Erläuterungen aus der 3. Spalte und die
Umsetzung aus Spalte 4 mit dazu genommen werden, damit nicht nur unglaubwürdige Wort-
hülsen beschlossen werden. Für die Erarbeitung von Teilkonzepten/Abteilungskonzepten
können durch die weitere Ableitung nach der Raster-Analyse entsprechende und vernetzte
Konzepte und Strategien geschaffen werden.
Damit die Unternehmensgrundsätze im Denken und Handeln überhaupt präsent sein können,
sollten niemals mehr als zehn zusammengestellt werden, möglichst sollten es deutlich weni-
ger sein. Drei oder vier prägnante Leitsätze, vielleicht umspannt von einer Art Slogan, lassen
sich leichter merken und abrufen als detaillierte und ausgefeilte Anspruchserklärungen und
dann auch besser in eine Markenbildung überleiten.
Vergleicht man Leitbilder und Unternehmensgrundsätze verschiedener Organisationen und
Unternehmen, wird deutlich, dass bestimmte Leitideen von allen Unternehmen als wichtig
erachtet werden, so z. B. die Kundenzufriedenheit, ein positives Arbeitsklima, eine effiziente
und effektive Zusammenarbeit und die Top-Qualität der Arbeitsleistung und Produkte. Entwi-
ckeln Sie Ihre eigene Unternehmenskultur – als Impulse und auch zur Verfeinerung und
Überarbeitung können Sie aber auch auf verschiedene Beispiele aus unterschiedlichen Berei-
chen und Branchen zurückgreifen. Vergleichen Sie dazu im Anhang die Unternehmensbei-
spiele. Leitsätze werden häufig als „Wir-Formulierungen“ aufgestellt, was den Wunsch nach
einem Wir-Gefühl zeigt, nach einer starken Identifizierung mit der Gruppe, der Abteilung,
dem Produkt und/oder dem Unternehmen, in dem man arbeitet. Sie verdeutlichen das Selbst-
bild.
Wie entwickelt man ein CI-Konzept? 61

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 15: Visionen verwirklichen

Aus der langfristigen Corporate-Identity-Beratung lässt sich feststellen, dass es sehr schwer
ist, die einzelnen Ebenen der Konkretisierung bei Unternehmenskonzepten zu unterscheiden.
Leitbilder und Unternehmensgrundsätze sind sehr allgemeine Aussagen grundsätzlicher Art –
vergleichbar mit einer Verfassung (Abb. 15). Sie fassen auf einer Metaebene die konkreteren
Aussagen als Unternehmensprogramme, Unternehmenskonzepte oder Unternehmensstrate-
gien und -ziele zusammen. Aus dieser Theorieebene lassen sich dann sehr leicht und schlüs-
sig praxisorientierte Führungsgrundsätze, Verhaltensgrundsätze oder Teamregeln ableiten und
ganz praktische Umsetzungskonzepte entwickeln – bis hin zum Personalbeurteilungs- und
Zielvereinbarungsgespräch und Konfliktmanagement. Die einzelnen Aktionen und Projekte
in dem Unternehmen lassen sich so besser koordinieren und integrieren. Die Wirkungen
62 Wie macht man Corporate Identity?

dieser strategisch und konzeptionell entwickelten, geplanten und vorhandenen Maßnahmen


sind durch Synergieeffekte besser nach innen zur besseren Motivation und nach außen zur
besseren Öffentlichkeitsarbeit. Also werden damit die Leistungsfähigkeit der Zusammenar-
beit, die Qualität der Maßnahmen und die Nachhaltigkeit erhöht und die Identität und das
Image verbessert.
Diese deduktive Vorgehensweise des Transformierens, des „Runterbrechens” oder „Kleinar-
beitens” schafft einen guten Übergang von der Theorie zur Praxis und umgekehrt. Das Ent-
wickeln von Leitbildern und Grundsätzen ist erst der Beginn. Was zur konsequenten Glaub-
würdigkeit dazugehört, ist ein Selbstcontrolling. Das CI-Team muss daraus einen kontinu-
ierlichen Veränderungs- und Überprüfungsprozess machen mit einem strategischen und
operativen Controlling. Letztlich sollten ja alle Maßnahmen nach innen und außen auf diese
Grundlagen hin ausgerichtet sein. Ohne diesen Anspruch wären es doch nur leere Worthül-
sen! Bei der Entwicklung der Unternehmensgrundsätze sind die wesentlichen Orientierungen
der individuellen Unternehmenskultur sichtbar, die gewünschten Soll-Werte des Unterneh-
mens formulierbar geworden. Durch die bewusste Beteiligung der betroffenen Mitarbeiter ist
nicht nur Transparenz erreicht worden, sondern das gemeinsame Festlegen der Leitideen
führt auch zu einer Stärkung der Motivation und des Wir-Gefühls und sorgt somit dafür, dass
diese Grundlagen und Konzepte auch wirklich gelebt werden. Eine anschließende Schulung
und ein aufwendiges Event können also entfallen. Dies ist direkt gelebte Unternehmenskultur
und gleichzeitig die Grundlage für die Kommunikation und die Selbstdarstellung nach außen.
Erst ein guter ganzheitlicher Identitäts-Prozess schafft auch gute Ergebnisse! Die Leitbild-
entwicklung durch Corporate Identity kann in strategischen Phasen verlaufen, die ganzheit-
lich miteinander verbunden sind. Dieser Prozess entwickelt sich mit allen gemeinsam und
schafft somit nicht nur gute Ergebnisse und Formulierungen, sondern gleichzeitig auch die
gute Umsetzung und Identifikation. Es geht also nicht nur um gute Formulierungen, sondern
mehr um entsprechende Entwicklungsprozesse. Für die konkrete Planung können Sie in Abb.
1 direkt dazuschreiben, wer für die einzelnen Schritte zuständig und verantwortlich ist – z. B.
CI-Team oder Geschäftsleitung – und bis wann diese Schritte fertig sein sollten, damit sich
ein konsequentes Vorgehen als Projektmanagement entwickelt, das kontrolliert werden kann!

Praxistipp für einen integrativen CI-Prozess

Ein integrativer CI-Prozess braucht:


1. einen konkreten Anlass, um die Notwendigkeit und den Nutzen klar zu machen oder den
CI-Prozess in bereits bestehende Prozess zu integrieren,
2. eine professionelle CI-Beratung, Begleitung und Betreuung, um den CI-Prozess so zu
entwickeln, dass er gut läuft und nachhaltig in Gang bleibt,
3. eine Akzeptanzbildung und Motivationsschaffung als Prozessanschub,
4. ein heterogen besetztes CI-Team aus allen Bereichen/Hierarchien zur Steuerung des Pro-
zesses und Koordination aller Maßnahmen und Arbeitsgruppen,
Was bedeutet CI als ganzheitliche Denkweise? 63

5. eine möglichst große Beteiligung aller Bereiche und Hierarchien,


6. eine ganzheitliche Strategie als Fahrplan mit entsprechenden CI-Methoden, um eine Visi-
on gemeinsam anzugehen – mit Ist- und Soll-Analysen, Leitbildentwicklung und gemein-
samen Veränderungen,
7. ein handelndes Vorgehen in kleinen Schritten – risikobereit und Erfahrungen sammelnd
und ein glaubwürdiges Angehen der Probleme, Widerstände und Konflikte, um diese
Hürden für den Prozess zu beseitigen/um daraus zu lernen,
8. eine mit dem Leitbild vernetzte und strategische Konzeptentwicklung für alle Bereiche
mit entsprechenden Grundsätzen und Richtlinien,
9. gemeinsame Veränderungen, Verbesserungen und Erfolge, die bewusst gemacht und
kommuniziert werden müssen,
10. ein kontinuierliches Controlling als Soll-Ist-Vergleich und zur Verstärkung und Innovati-
on des CI-Prozesses.

Was bedeutet CI als ganzheitliche Denkweise?

CI als ganzheitliche Denkweise für die Zukunft

„Der Verstand vermag nichts anzuschauen und die Sinne nichts zu denken.
Nur daraus, dass sie sich vereinigen, kann Erkenntnis entspringen.“
[Kant, Kritik der reinen Vernunft]

Corporate Identity ist eine ganzheitliche und integrative Denkweise, die alle Einzelmaßnah-
men miteinander konzeptionell vernetzt, strategisch im Rahmen des Ganzen aufeinander
abstimmt und identitätsstiftend, nachhaltig und profilbildend ausrichtet. Durch die Vernet-
zung und die strategische und identitätsbildende Ausrichtung werden Klarheit, Orientierungs-
sicherheit und Verbindlichkeit geschaffen. Die anzustrebenden Werte und Ziele werden so
wirklich glaubwürdig gelebt und Entwicklungsprozesse, Synergieeffekte und Erfolge auch
langfristig geschaffen. Die integrierende Verbindung von Kopf, Herz und Hand (Pestalozzi) –
von abstraktem Denken, bestimmenden Gefühlen und konkreten Handlungen – und die Be-
teiligung der Einzelbereiche und der Betroffenen sorgen für eine umfassende Basis und Mo-
tivation zum Leben der gemeinsamen Werte und Visionen und bringen diese zum Leben und
zur Wirksamkeit.
64 Wie macht man Corporate Identity?

Die Vorstellung von der Ganzheitlichkeit eines Systems meint insbesondere die Verflochten-
heit der einzelnen Teile und Bereiche sowie die darin auftretenden Wechselwirkungen. In der
Struktur eines solchen Ganzen können Maßnahmen in isolierten Bereichen auch gleichzeitig
unbeabsichtigte oder unvorhergesehene Wirkungen in anderen oder auch in allen Bereichen
verursachen. Kausales oder eindimensionales Denken ist für den ganzheitlichen Ansatz nur
unzulänglich, denn die einfache Addition der Einzelbereiche macht nicht die Wirkung des
Ganzen aus. Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Ein Teil des Ganzen verdeutlicht
in sich selbst die Ganzheitlichkeit (Totalität), d. h. dass jedes Element für sich auch die Wir-
kung der Gesamtheit in sich selbst trägt. Diese starke Prozesshaftigkeit in den Abläufen eines
Systems macht auch den Abschied von der Planbarkeit der Zukunft im Sinne von Berechen-
barkeit notwendig. Die Wirklichkeit ist eine fließende, und wir können keine sicheren Aussagen
über die Zukunft machen. Viele Unternehmen und Organisationen haben in ihren Planungs-
abteilungen Hochrechnungen aufgestellt, die verglichen mit den tatsächlichen Ergebnissen
und Erfordernissen schon schnell nichts mehr zu tun hatten. Arbeiten auf der Grundlage eines
ganzheitlichen Ansatzes heißt immer, risikobereit, flexibel und offen zu sein, weil die realen
Abläufe in einem System sowie deren direkte Auswirkungen durchaus eine andere Wendung
einnehmen können. Die Veränderung der Denkweise geht vom mechanistischen zum ganz-
heitlichen Denken: Weg vom Glauben an die Planung – hin zum Leben mit Unsicherheiten
und komplexen Systemen mit wechselseitigen Abhängigkeiten und Vernetzungen. Wider-
sprüche und Konflikte sind Chancen für die gemeinsame Entwicklung. Der Manager ist auch
nicht mehr der Machertyp, sondern mehr ein Entwickler, Moderator und Coach. Es geht um
permanente Veränderung und lebenslanges Lernen – Leben mit seinen Höhen und Tiefen –
Visionen und Wünsche verwirklichen – Neues entdecken und neugierig bleiben ...
„Welches ist die nächste Tür? Öffne sie und schaue was dahinter ist!“
Ganzheitliche Integration:
„ entsteht durch die Verbindung von natur- und geisteswissenschaftlichen, induktiven und
deduktiven und rationalen und emotionalen Denkansätzen,
„ basiert nicht auf einem mechanistischen Menschenbild, sondern sieht Menschen/Organisa-
tionen als lebendige Körper,
„ verbindet innere und äußere Prozesse miteinander – Bewusstseins-, Persönlichkeits- und
Identitätsprozesse mit Ergebniss-, Strategie- und Imageprozessen,
„ schafft die Aufhebung von unterschiedlichen Polen und Gegensätzen – die Verzahnung
von Theorie und Praxis im Rahmen einer Einheit,
„ sorgt für die aufeinander abgestimmte Gesamtwirkung der einzelnen Maßnahmen, Projek-
te und Bereiche,
„ arbeitet mit Wechselwirkungen und Synergieeffekten und nicht aktionistisch – das Ganze
ist mehr als die Summe aller Teile,
„ weiß um die Unplanbarkeit und Unvorhersagbarkeit von Entwicklungen und Prozessen
und stellt sich auf Risiken, Probleme, Konflikte, Widerstände und Lösungen ein,
Was bedeutet CI als ganzheitliche Denkweise? 65

„ geht aus von der Selbstverantwortung des Einzelnen und der Mitverantwortung für das
Ganze – fordert eigenverantwortliches Denken und Handeln und ein Miteinander glei-
chermaßen,
„ legt Wert auf Nachhaltigkeit und längerfristige Erfolge – legt Wert auf das Wie und das
Was – das Bewusstsein ist wichtig und die Ergebnisse,
„ ist strategisch, zielorientiert und konzeptionell ausgerichtet, flexibel und teilnehmerorien-
tiert, werteorientiert und offen und auch identitätsstiftend und imagebildend.
Die Ganzheitlichkeit ist unabdingbar mit der glaubwürdigen Umsetzung verbunden – Theorie
und Praxis sind eine interdependente Einheit, die man nicht trennen kann. Die zehn Thesen
zur Glaubwürdigkeit von CI können dafür einen Rahmen und eine Orientierung aufzeigen.
Corporate Identity ist nicht glaubwürdig, nachhaltig und erfolgreich, wenn:
„ nur Design gemacht wird und nicht Kommunikation und Verhalten nach innen und außen
damit verbunden sind,
„ die Geschäftleitung/Organisationsleitung nicht vorbildlich mitmacht und sich selbst nicht
verändert und verbessert,
„ die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei dem Prozess der Entwicklung der CI nicht betei-
ligt werden können,
„ CI als Geheimniskrämerei gehandhabt wird, also nicht offen, vertrauensvoll und kritisch
entwickelt wird,
„ die gemeinsam entwickelten Grundsätze nicht für alle und in allen Bereichen entsprechend
umgesetzt werden,
„ sie nicht ganzheitlich von innen nach außen entwickelt, aufgebaut und professionell be-
gleitet wird,
„ sie nicht eintrainiert und implementiert und somit zur allgemeinen Denkweise der Ge-
samtorganisation wird,
„ sie nur als Auftrag von oben angewiesen und nicht am Arbeitsplatz täglich von allen gelebt
wird,
„ sie nur als Imagebildung gesehen wird und nicht auch identitätsbildend nach innen,
„ wir sie als ein Projekt sehen und nicht kontinuierlich und konsequent als Prozess in Gang
halten.
Man kann Strukturen nicht mit jenen Denkmustern ändern, die zu diesen Strukturen geführt
haben. CI beginnt im Kopf. Die Strukturprobleme und Herausforderungen für die Zukunft
erfordern innovative Denkstrategien. Corporate Identity, als eine ganzheitliche Denkweise,
schafft gemeinsame Veränderungsprozesse, nachhaltige Erfolge und ein Umdenken in diese
Richtung. CI ist eine Denkweise, die die bisherigen Einzelansätze in ihren guten Grundlagen
integriert zu einem neuen Denkansatz: Corporate und Identität.
66 Wie macht man Corporate Identity?

„Den Zustand der Erfolglosigkeit überwindet man nicht dadurch,


dass man das Erfolglose intensiviert.“
[Watzlawick]

Ohne wirkliche Identität ist noch nie etwas Großes geschaffen worden. Gute Strukturen ent-
wickeln und effektive Arbeit leisten kann man nur dann, wenn man sich damit identifiziert.
Nachhaltige Erfolge und ein profiliertes Image sind nur mit einer glaubwürdigen Identität
möglich. Visionen und Wünsche können nur mit einer klaren und begeisternden Identität
realisiert werden. Eine gute Zukunft braucht gute Identitäten.

„Zukunft hat viele Namen: Für die Schwachen ist sie das Unerreichbare,
für die Furchtsamen das Unbekannte, für die Tapferen ist sie die Chance.“
[Victor Hugo]

Zwei Grundlagen sind zur bewussten Gestaltung der Zukunft notwendig:


1. klare Visionen (als motivierende Zielgrößen),
2. persönliche Kompetenzen (zur Erreichung der Visionen).
Lernschritte in die Zukunft – Zukunftsgestaltung durch Lernkompetenzen:
„ Selbstverantwortung: Selbstdisziplin, Selbstgestaltung, Selbstbewusstsein,
„ Offenheit: Neugierde, Entdeckungsgeist, offen für Alternativen, Bereitschaft für Neuerun-
gen,
„ Risikobereitschaft: Umgang mit Unsicherheiten, Umgang mit Risiken, Mut, Umgang mit
Ängsten,
„ Flexibilität: bereichsübergreifendes Denken, zeitliches Umstellen, Umdenken,
„ Konfliktfähigkeit: Umgang mit Widerständen, Problemlösungsstrategien und Streitkultur,
„ Handlungsfähigkeit: Entscheidungsfähigkeit, ausprobieren, Stressbewältigung,
„ Konzentrationsfähigkeit: Wesentliches, Prioritätensetzung, Bündelungen, Vernetzungen,
Stringenz, Konsequenz,
„ Reflexionsfähigkeit: Selbstcontrolling, Umgang mit Fehlern, Kritikfähigkeit, Abstand, in
Frage stellen,
„ Lernfähigkeit: Veränderungsbereitschaft, Lernmethoden, Lerndisziplin,
„ Identitätsfähigkeit: Begeisterung, Motivation, Identifizierung mit der Aufgabe, Glaubwür-
digkeit, Authentizität.
Was bedeutet CI als ganzheitliche Denkweise? 67

„Denn die Dinge, die wir erst lernen müssen,bevor wir sie tun, lernen wir beim Tun.“
[Aristoteles]

Eindimensionale Führungs- und Gestaltungsstrategien bringen in komplexen Systemen nicht


die gewünschten Erfolge. Einzelmaßnahmen verlaufen oft im Sande oder behindern sich
gegenseitig in ihren Wirkungen. In Systemen mit komplexen Vernetzungen wie z. B. in gro-
ßen Wirtschaftsbetrieben, Verwaltungen aber auch im Non-Profit-Bereich sind ganzheitliche
Arbeitsweisen notwendig. Es geht also nicht um Personalentwicklung (PE). Organisations-
entwicklung (OE), Designentwicklung oder andere Managementmethoden allein, die isoliert
angewandt werden, sondern um die Verbindung dieser einzelnen Ansätze zu einer ganzheitli-
chen Denk- und Arbeitsweise. Durch die Vernetzung aller Einzelentwicklungen sollen Syner-
gieeffekte entstehen, die eine starke Identität und damit ein entsprechend glaubwürdiges
Image formen. CI wird zu einem ganzheitlichen Identitäts-Prozess. Corporate Identity, als
eine im interdisziplinären Raum entstandene Managementmethode, hat sich als modernes
Marketing, als effektive Management-Strategie schon jahrelang bewährt. Ein klares Unter-
nehmensprofil auf der Basis eines CI-Konzeptes wird heute nicht nur von großen Unterneh-
men als Erfolgsfaktor anerkannt und angestrebt, sondern auch und gerade in mittelständi-
schen Unternehmen, im Dienstleistungsbereich sowie in Non-Profit-Organisationen hat es als
ganzheitliches Führungskonzept an Bedeutung gewonnen. Es sich bereits umfassend bewährt
und wird als ein geeignetes und professionelles Instrument zur Entwicklung von Marken und
zur bewussten Profilbildung eingesetzt.

Unternehmenskultur oder Unkultur?


Alle Unternehmen haben eine Kultur – ob sie wollen oder nicht! Die meisten haben sich ihre
Kultur nicht bewusst gemacht, geschweige denn bewusst gestaltet und somit als einen Er-
folgsfaktor eingesetzt.
Nach der Gründung eines Unternehmens entwickelt sich automatisch eine Kultur des „Mit-
einander-Umgehens“ heraus: „Wir machen das jetzt so! Das ist uns wichtig!“ Alle Maßnah-
men dieser Organisation, also das Verhalten, die Kommunikation und das Erscheinungsbild
bestimmen letztlich die sich entwickelnde Kultur, die damit auch die Basis für das gesamte
Geschehen ist. Damit sich diese Organisationsstrukturen nicht negativ verfestigen („verkrus-
tete Strukturen“) und zu einer Unkultur entwickeln, müssen diese Kulturelemente in zeitli-
chen Abständen überprüft werden – in Form einer Zwischenbilanz, Spiegelung, Revision,
eines Controlling und/oder eines Ist-Soll-Vergleichs nach der AMC-Strategie. Wenn diese
Unkultur sich selbst überlassen und nicht gestaltet wird, verhindert sie Innovationen, Verän-
derungen, Prozesse, Qualitätsverbesserungen und schafft nur Gruppenbildungen, nutzlose
und sinnlose Diskussionen, Frustrationen, Jobdenken, Demotivation und ... Damit können
auch weder gute Unternehmenskonzepte und -entwicklungsprozesse gemacht werden, noch
gute Arbeit und Arbeitsqualität, die bei den hohen Kundenerwartungen und im harten Ver-
drängungswettbewerb bestehen können. Ein gutes Unternehmen braucht also eine gut entwi-
ckelte Unternehmenskultur!
68 Wie macht man Corporate Identity?

Die Bewusstmachung der Unternehmenskultur


Der Weg zur Entwicklung einer Unternehmenskultur beginnt:
1. mit der Bewusstmachung, geht
2. über die bewusste Gestaltung bis
3. hin zum Selbstcontrolling.
Damit unterliegt die Unternehmenskultur einer permanenten Veränderung (lernende Organi-
sation), wird immer wieder überprüft und weiterentwickelt, werden alte Elemente und neue
Elemente und Anforderungen gemeinsam reflektiert und festgehalten. Der häufigste Einwand
heißt: „Wir haben eine Unternehmenskultur, die wir alle kennen, und die muss nicht schrift-
lich formuliert werden.“ „Wozu brauchen wir das überhaupt?“ Viele haben auch Ängste vor
festen Richtlinien und Grundlagen, die sie in ihrer Freiheit einengen und ihre Arbeitsqualität
deutlich aufzeigen. Wie leicht schleichen sich hier Unkulturen und Subkulturen ein, die die
Gesamtentwicklung stören!
Durch die Spinnen-Analyse (als eine Ist-Analyse zur Stärken-/Schwächenanalyse) und das
gemeinsame Finden der acht Kriterien und der jeweiligen Indikatoren der einzelnen Unter-
spinnen (8 x 8 = 64 Kriterien) machen die Mitarbeiter ihre Kultur sichtbar und gestaltbar.
Auch schon in kleinen Organisationen ist dieser Bewusstseinsprozess notwendig und sinn-
voll, weil endlich alle die gleichen Informationen haben, auf die sie sich berufen können, und
damit ein Veränderungsprozess beginnt. Mit dem Prinzip der Schriftlichkeit kommt auch die
Konsequenz und Glaubwürdigkeit dazu. Durch die Bewertung der einzelnen Indikatoren
(Selbst- und Fremdeinschätzung) werden Stärken und Schwächen der Kultur sichtbar und als
Zielsetzungen aktiv umsetzbar. Eine intensive und konsequente Diskussion mit allen Beteilig-
ten verbessert die Unternehmenskultur, die Prozessgestaltung und damit auch die Ergebnisse
in Form von Konzepten, Handlungen und Wirkungen. Durch das konsequente Vorgehen nach
der AMC-Strategie sind dann auch die nächsten Schritte vorprogrammiert, sodass eine klare
Orientierung und effektive Umsetzung direkt folgt.
Die Kultur enthält Normen, Verhaltensregeln, Symbole und Rituale, die den einzelnen Mit-
gliedern Orientierung, Sicherheit und Gemeinschaftsgefühl geben. Kulturen sind einerseits
Ergebnisse von Handlungen aller Beteiligten, andererseits gleichzeitig auch Bedingungsele-
mente für künftige Handlungen und Verhaltensmuster. Ausgangspunkt sind explizite und
implizite Ideen, Interessen und Werte, die sich durch das Geschehen herauskristallisiert ha-
ben. Welche unternehmerischen und fachlichen Vorstellungen haben sich durchgesetzt und
sind damit bestimmend geworden? Welche „erkenntnisleitenden Interessen“ (Habermas)
haben die Mitglieder in der Kultur? Welche Subkulturen sind tragend für die Gesamtkultur
und welche kontraproduktiv? Wie muss eine Unternehmenskultur entwickelt sein, damit sie
für die Qualität des Unternehmens und zum Wohle der Beteiligten ist?
Was bedeutet CI als ganzheitliche Denkweise? 69

Die Gestaltung der Unternehmenskultur


Keine Kultur, so bezeugt die Kultursoziologie, konnte je alle Individualität durch eine Stan-
dardisierung erdrücken. Sonst hätte es keine Innovationen und Weiterentwicklungen geben
können, um auf veränderte Erwartungen und Bedingungen zu reagieren. Insofern werden
entwickelte Unternehmenskulturen auch nicht die Freiheit des Einzelnen behindern, sondern
eher fördern und unterstützen. Entscheidend für den Erfolg eines Unternehmens ist aber die
bewusste Ausrichtung der Kultur: Kulturen können hemmend oder fördernd sein. Kulturen,
die versuchen, möglichst wenige Veränderungen zuzulassen, sind eher traditionell und wollen
die alten Werte und Strukturen bewahren. Damit aber diese Normen und Verhaltensmuster
aktuell und bewusst sind und auch täglich umgesetzt werden, müssen sie angewandt und
damit in ihrem Gebrauch hinterfragt werden. Diese Reflexion gehört zu einer guten Kultur
dazu. Zur Ruhe gehört auch Unruhe! Kulturen sind dann erfolgreich, wenn sie eine kreative
Unruhe haben, mit größerer Selbstverantwortlichkeit und ihrem Glauben an die freien Kräfte
des Geistes, der Mitarbeiter und des Marktes. Dazu gehören auch das Ausprobieren, die eige-
nen Erfahrungen und das Risiko. Das positive Umgehen mit Fehlern und Misserfolgen als
lernende Organisation ist typisch für eine starke und profilierte Kultur. Verhaltensorientierun-
gen also nicht anweisen, sondern gemeinsam entwickeln!

„Ideale sind wie Sterne: Man kann sie nicht erreichen,


man kann sich aber nach ihnen orientieren.“
[Carl Schurz]

Unternehmen haben immer eine Kultur, und sollten diese profiliert und bewusst gemeinsam
weiterentwickeln mit einem motivierenden Arbeitsklima, einer spezifischen Wertewelt und
einer effektiven und effizienten Organisationsstruktur. Informelle Gruppen und die Selbstän-
digkeit des Einzelnen müssten entsprechend integriert werden, um daraus einen gemeinsamen
Prozess der bewussten Unternehmensentwicklung zu machen. Dieses Miteinander von unter-
nehmerischen, ökonomischen und humanen Zielvorstellungen und den Erwartungen aller
Beteiligten nach dem Prinzip der Selbstverantwortung zu verbinden, ist Aufgabe der Unter-
nehmenskultur. Eine Kultur ist nur dann stabil, innovationsfähig, profiliert und tragfähig,
wenn sie eine ausgleichende Balance schafft zwischen den unterschiedlichen Anforderungen
von mitarbeiterorientierten- und leitungsorientierten und organisations- und gesellschaftsspe-
zifischen Elementen und sie nicht als Pole versteht, die einander ausschließen, sondern sie
integrieren kann zu einer starken spezifischen Identität. Eine Kultur hat man, man muss sie
aber pflegen, damit sie nicht negative Wirkung zeigt!
Bei der Gestaltung der Unternehmenskultur durch CI werden durch die ganzheitliche Verbin-
dung der unterschiedlichen Einzelelemente die Wirkung und die Zusammenwirkung erhöht:
„ Gestaltung der Umgangsformen, Führungsstile und Verhaltensweisen als Corporate-
Behavior-Konzeption des Unternehmens,
„ Gestaltung der internen und externen Kommunikation, der Anlässe und Traditionen als
Corporate-Communication-Konzeption des Unternehmens,
70 Wie macht man Corporate Identity?

„ Gestaltung der Zeichen, Symbole und des Erscheinungsbildes als Corporate-Design-


Konzeption des Unternehmens,
„ Gestaltung der Werte und Normen, Denkweisen und Leitbilder als Unternehmensgrund-
sätze oder Unternehmensleitbilder.
Ein Teil des Ganzen verdeutlicht in sich selbst die Ganzheitlichkeit (Totalität), d. h., dass
jedes Element für sich auch die Wirkungen der Gesamtheit in sich selbst trägt. So können
auch einzelne Maßnahmen und Projekte eines Unternehmens die Unternehmenskultur sicht-
bar und erlebbar machen. Jede nicht so gestaltete Aktion würde die Kultur nicht aufbauen und
unterstützen, sondern eher zerstören und die Beteiligten verunsichern: Unkultur! Die notwen-
dige Abstimmung aller Einzelmaßnahmen schafft damit aber eine Profilierung mit weniger
Aufwand, synergetische Wechselbeziehungen und eine starke Identität mit dem Unterneh-
men. Alle darauf aufbauenden Maßnahmen haben damit eine größere Wirkung.

Thesen zur Unternehmenskultur


In einer Untersuchung von 288 Unternehmen analysierte das Institut der deutschen Wirtschaft
(IW) 1990 Funktion und Wirkung von Unternehmenskultur nach innen und außen. Sie mach-
te deutlich, dass die Zielsetzung der Unternehmenskultur der motivierte und leistungsbewuss-
te Mitarbeiter und eine Profilierung des Unternehmens als Wettbewerbsvorteil war. Die fol-
genden sieben Thesen (aus: Hüchtermann, Leuske: Wettbewerbsfaktor Unternehmenskultur,
Köln 1991, S.45 f.) fassen die Ergebnisse auch heute noch aktuell zusammen:
1. Unternehmenskultur ist das Zusammenspiel von Normen, Werten, Arbeits- und Hand-
lungsleitlinien, aus dem wichtige Impulse für die Entwicklung innerbetrieblicher Organi-
sationsstrukturen erwachsen. Sie trägt dazu bei, Konsens zu schaffen zwischen den Not-
wendigkeiten wirtschaftlichen Handelns und den Bedürfnissen, Interessen und
Erwartungen von Mitarbeitern.
2. Eine der wichtigsten Funktionen von Unternehmenskultur besteht in der Entwicklung und
Ausgestaltung von effektiven Kommunikationsstrukturen, Personalentwicklungs- und
Motivationskonzepten, um das Engagement, die Selbständigkeit und Selbstverantwort-
lichkeit etc. (so genannte Schlüsselqualifikationen) von Mitarbeitern zu fördern. Hierin
und in der stärkeren Berücksichtigung von neuen Führungskonzepten, die demokratisch-
kooperative Stile betonen, werden die zukünftigen Entwicklungslinien von Kulturkonzep-
ten liegen.
3. Die aktive Auseinandersetzung mit Unternehmenskultur wird vornehmlich von dem Mo-
tiv getragen, Mitarbeitern Identifikationsmöglichkeiten mit dem Betrieb zu bieten und
nachvollziehbare Handlungsleitsätze vorzugeben. Ebenso ist Unternehmenskultur ein
Kommunikationsinstrument zur Identitätsbildung in der Öffentlichkeit und zur Reflexion
der gesellschaftspolitischen Verantwortung des Unternehmens.
4. Unternehmenskultur ist instrumentell. Sie trägt dazu bei, auf technologische Entwicklun-
gen, Änderungen am Markt und Veränderungen gesellschaftlicher Werte schneller reagie-
ren und die Unternehmensstrategie darauf einstellen zu können. Dieses Innovationspoten-
tial von Unternehmenskultur wird auf lange Sicht ein wichtiger Wettbewerbsfaktor sein.
Was bedeutet CI als ganzheitliche Denkweise? 71

5. Die sich in vielen Bereichen auf Grund technologischer Entwicklungen abzeichnenden


Veränderungen in der Arbeitsorganisation führen zu neuen Anforderungen an Mitarbeiter.
Neue Qualifikationsprofile verlangen ein entsprechendes Umfeld, in dem sie gedeihen
können. Unternehmenskultur reguliert diesen notwendigen Abstimmungsprozess.
6. Der Mitarbeiter der Zukunft wird nicht mehr allein mit materiellen Gratifikationen zu-
frieden zu stellen sein. Vielmehr werden von den zukünftigen Nachwuchskräften immate-
rielle Aspekte wie Führungsstile, Kommunikations- und Entscheidungsstrukturen, Kom-
petenzverteilungen, Hierarchien etc. zunehmend als Auswahlkriterien bei der
Arbeitsplatzwahl zu Grunde gelegt. Ein konsequent strukturiertes Kulturkonzept wird
sich bei der Rekrutierung von qualifiziertem Nachwuchs als Wettbewerbsvorteil erwei-
sen.
7. Unternehmenskultur muss, wenn sie effektiv sein soll, mehr als ein auf Papier gebrachtes
Konzept sein. Die Inhalte von Unternehmenskultur müssen auf allen Hierarchieebenen
akzeptiert und besonders von Führungskräften vorgelebt werden. Das Kulturkonzept ist
dynamisch zu gestalten, indem seine Inhalte jederzeit überprüft und modifiziert werden
können. Kontinuität und Wandel müssen auch hier in einem ausgewogenen Verhältnis
stehen.

Einflussfaktoren und mögliche Schwerpunkte


zur Gestaltung der Unternehmenskultur
Wir sind kundenorientiert, messen der Innovation und Kreativität einen hohen Stellenwert bei
und erbringen unsere Leistung so, wie wir sie auch von unserem Partner erwarten. Wir sind
uns bewusst, dass der Erfolg des Unternehmens vom Erfolg der Mitarbeiter abhängt und
bemühen uns in unserer Arbeit um ein optimales Verhältnis von Kosten und Nutzen. Die
Erfüllung dieser fünf Leitgedanken ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Die nachfol-
gende Liste zeigt Impulse zur Gestaltung der Unternehmenskultur auf:
„ Kundenorientierung:
 Verständnis für die Bedürfnisse des internen oder externen Kunden,
 Verständnis für das Geschehen, die Zusammenhänge und die Mechanismen des Marktes,
 Verständnis für das Geschehen, die Zusammenhänge und die Mechanismen im eigenen
Unternehmen,
 Verantwortungsgefühl,
 Fähigkeit, seine Leistung verkaufen zu können,
 richtiges Abwägen von Aktion und Reaktion,
 hohe Qualität des Angebotes in Hardware, Software, Service und der Fähigkeit unserer
Mitarbeiter,
 Bereitschaft, kundengerechte Leistungen und Lösungen zu erbringen,
 Fairness und Ehrlichkeit als Voraussetzung zur Partnerschaft,
 Kontinuität der Beziehungen,
 Bereitschaft, auf Anliegen der Partner einzugehen.
72 Wie macht man Corporate Identity?

„ Innovation/Kreativität:
 Ideen eine Chance geben,
 aus vorgegebenen Denkschemata ausbrechen und flexibel sein,
 Risikobereitschaft,
 Mut zur Veränderung und zum unkonventionellen Denken, Reden und Handeln,
 permanentes Infragestellen,
 Intuition,
 Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem und Bereitschaft, fremde Ideen aufzunehmen
und umzusetzen,
 Eigen- und Gruppeninitiative zeigen und fördern,
 bereit und fähig sein, im Team zu arbeiten,
 Freiräume für Kreativität schaffen,
 den Willen zur ständigen Verbesserung haben,
 Mut zur Unvollkommenheit, zum Fehler, zur Lücke haben,
 neue Ideen zuerst auf Verwirklichungschancen prüfen statt auf Ablehnungsgründe,
 problemorientiert nicht bereichsorientiert denken.
„ Leistungsorientierung:
 Bekenntnis zur eigenen und zur Gruppenleistung,
 Förderung der Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter,
 inneres Engagement des Mitarbeiters,
 klare Ausrichtung auf Ziele,
 hohe Arbeitsqualität,
 Anerkennung der Leistung durch Belohnung und Beförderung.
„ Mitarbeitererfolg:
 Integration des Mitarbeiters und Identifikation mit dem Unternehmen,
 offene Informations- und Kommunikationswege,
 Förderung und Motivation des Mitarbeiters,
 Arbeitsklima auf der Basis von Vertrauen, Partnerschaft und Fairness,
 dem Mitarbeiter Möglichkeit zur Selbstverwirklichung geben,
 Freiräume schaffen, Verantwortung und Kompetenz delegieren,
 Gruppen- und Teamgeist fördern.
„ Kosten-/Nutzendenken:
 wirtschaftlich und unternehmerisch denken und handeln,
 Eigeninitiative für die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit entwickeln,
 wirkungsvolles Zeit- und Ressourcen-Management,
 Fähigkeit, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden,
 Verantwortung für verursachte Kosten übernehmen,
 bedürfnisgerechte Organisationsformen aufbauen.
Was bedeutet CI als ganzheitliche Denkweise? 73

Bei der bewussten Gestaltung der Unternehmenskultur durch die Formulierung der Unter-
nehmensgrundsätze schaffen Sie ein profiliertes Selbstverständnis. Die Aussagen sind also als
erstes nach innen gerichtet, für die Mitarbeiter, aber natürlich auch nach außen, für die Kun-
den, Kooperationspartner und für die allgemeine Öffentlichkeit. Die sehr unterschiedliche
Präsentation verlangt also auch unterschiedliche Aussagen nach innen und außen. Versuchen
Sie deshalb einfache, klare Thesen zu formulieren, die Sie in der weiteren Entwicklung des
CI-Prozesses dann genauer ableiten und transformieren können. Schreiben Sie erst die Ver-
fassung als allgemeine Grundlage, und entwickeln Sie dann die Ziele und die Konzepte!

Das Selbst-Controlling der Unternehmenskultur


Als lernende Organisation braucht das Unternehmen eine permanente Veränderung. Grundla-
ge eines solchen Controlling-Prozesses ist ein Menschenbild vom kritischen, rational han-
delnden Menschen mit Selbstverantwortung. Als Methode zum Controlling bietet sich die
schon bekannte Spinnenanalyse an, die direkt auf den Soll-Ist-Vergleich eingeht und die
Diskrepanz oder die Übereinstimmung aufzeigen kann. Entscheidend ist aber, wie die Men-
schen selbst damit umgehen.
Kants kategorischer Imperativ „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich
als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne“, zeigt die allgemeine sittliche
Verantwortung, aber auch die persönliche Einbindung. Jeder Mensch muss sich also der
Auswirkungen und Folgen seines Verhaltens bewusst werden und dabei sein Ziel der freien
Selbstbestimmung auch immer als Freiheit des Anderen verstehen (Rosa Luxemburg). In
seinem Buch „Das Prinzip Verantwortung“ hat Hans Jonas 1985 den „verantwortungsethi-
schen Imperativ“ formuliert: „Handle so, dass die Folgen deines Tuns mit einem künftigen
menschenwürdigen Dasein vereinbar sind, d. h. mit dem Anspruch der Menschheit auf unbe-
schränkte Zeit zu überleben.“ „Das Prinzip Selbstverantwortung“ hat 1995 Reinhard Spren-
ger in die Diskussion eingebracht. Für eine Veränderung unserer Denkweisen müssen hieraus
konkrete Orientierungsgrößen abgeleitet werden können. Entsprechend dem ganzheitlichen
Denkansatz der Corporate Identity können hier praktische Umsetzungsaspekte vorgestellt
werden. Ein Imperativ für Selbstverantwortung im Rahmen eines ganzheitlichen Denkens
könnte ausformuliert heißen: Handle so, dass du für dein Handeln selbst verantwortlich bist
und dich damit identifizieren kannst, dabei die Selbstbestimmung der Anderen respektierst,
sodass die Maxime deines Verhaltens allgemeine gesellschaftliche Grundlage sein könnte und
die Folgen mit einem künftigen menschenwürdigen Dasein vereinbar sind. Handle so für dich
selbst, dass auch andere sich selbst entwickeln können und so ein echtes Miteinander möglich
ist. Dazu gehört nicht nur das Tun, sondern auch das, was man nicht tut.

„Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun,
sondern auch für das, was wir nicht tun.“
[Jean Baptiste Molière]
74 Wie macht man Corporate Identity?

Nicht mehr nach Ausreden und schlechten Bedingungen suchen, sondern selbst aktiv sein
Leben gestalten und verantworten. Andere sind nicht unsere Bestimmungsgrößen, sondern
eher Vorbilder und Orientierungsgrößen, letztlich sind nur wir selbst verantwortlich. Wenn du
eine hilfreiche Hand suchst, suche sie am Ende deines Armes! Um glaubwürdige Verbesse-
rungen zu erreichen, gelten folgende Grundsätze:
1. Jeder Mensch ist für sein Denken, Empfinden und Handeln bei Entwicklungsprozessen
selbst verantwortlich (Selbstverantwortung).
2. Erfolgreiche Veränderungen erfordern die aktive Beteiligung der Betroffenen
(Selbstgestaltung).
3. Nur durch die Entfaltung der Potenziale und Kompetenzen der einzelnen Beteiligten und
eine starke Identitätsbildung werden glaubwürdige Verbesserungen ermöglicht und kon-
kret gelebt (Selbstbewusstsein).

„Man kann das Pferd zum Wasser führen, aber man kann es nicht zum Trinken zwingen.
Das Trinken ist seine Sache. Aber selbst wenn Ihr Pferd durstig ist, kann es nicht trinken,
solange Sie es nicht zum Wasser führen. Das Hinführen ist Ihre Sache.“
[Gregory Bateson, 1982]

Das Umdenken zielt ab auf den selbständig handelnden und selbstverantwortlichen Mitarbei-
ter, denn nur der kann letztlich für den Erfolg sorgen. Nicht Anweisungen und Kontrolle
bringen Erfolg, sondern der kommt nur von den motivierten und sich identifizierenden Mit-
arbeitern selbst. Die Mitarbeiter müssen ihre eigenen Antworten, Lösungen und Arbeitserfol-
ge suchen und finden. Dazu brauchen sie klare Orientierungs- und Entscheidungsräume mit
gemeinsam vereinbarten Zielen und dann die Freiheit und Selbstverantwortung (Zielverein-
barungsgespräche). Mitarbeiter und Führungskräfte kommen zu einer intensiven Kommuni-
kation und so zu mehr Transparenz, Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit. Die neue Arbeits-
kultur schafft mehr Motivation, Mitdenken, Flexibilität, Risikobereitschaft und mehr
Wohlbefinden für Führungskräfte, Mitarbeiter und Zielgruppen.
Aber wo sind die Menschen dafür? Diese Veränderungen durch die Organisationsentwicklun-
gen funktionieren nur durch gleichzeitige integrative Personalentwicklungen. Es ist ein wech-
selseitiger und gemeinsamer Lernprozess im Rahmen eines ganzheitlichen Identitätsprozes-
ses. Nur durch Ausprobieren, Erfahrungen sammeln, Konfliktmanagement, Schulung und
Coaching können wir diese neue Denkweise schrittweise lernen und leben. Für die Selbstver-
antwortung sind vier Grundelemente notwendige Basis:
1. Handlungsfähigkeit
Für die Selbstverantwortung muss ein ergebnisorientiertes, strategisches und konsequen-
tes Verhalten die Ergebnisse bringen. Der Zustand der Selbstverantwortung bringt nur
dann Erfolg, wenn er sich in der Praxis bewährt und Verbesserungen schafft. Dazu gehö-
ren Selbstdisziplin und Mut zum Machen!
Was bedeutet CI als ganzheitliche Denkweise? 75

2. Konfliktfähigkeit
Die selbstverantwortliche Strategie kann die Ergebnisse nicht genau vorher festlegen. Es
bleibt also immer ein Restrisiko: Ein glaubwürdiger Entwicklungsprozess ist letztlich be-
stimmt durch Fehler, Probleme, Krisen und Unzulänglichkeiten, die vorher nicht konkret
vorher bestimmbar sind. Menschliches Verhalten bleibt nur unzulänglich und muss ler-
nen, mit diesen Unzulänglichkeiten und der Endlichkeit fertig zu werden und daraus Kon-
sequenzen zu ziehen. Nicht keine Probleme zu haben ist das Ziel, sondern mit den Prob-
lemen umzugehen, ist der richtige Weg.
3. Emotionsfähigkeit
Alles Verhalten hat Folgen und Auswirkungen. Diese Auswirkungen auf die Gefühle
wahrzunehmen und damit bewusster umzugehen, ist notwendig für die Selbstverantwor-
tung. Stress und Belastungen sind emotionale Faktoren, die aufgearbeitet werden müssen,
damit sie nicht als Störungen die Erfolge be- und verhindern. Aber auch die positiven
Emotionen wie das Wohlgefühl sind notwendig als Motivatoren und Verstärker.
4. Reflexionsfähigkeit
Eine ganzheitliche Selbstverantwortung umfasst Kopf, Herz und Hand. Herz als die Emo-
tionsfähigkeit, Hand als die Handlungsfähigkeit und Kopf als die Reflexionsfähigkeit.
Um über die anderen notwendigen Elemente nachdenken und sie gestalten zu können, ist
es wichtig, sich über die Wirkungen bewusst zu werden: Die Werte mit dem Wollen und
den Wirkungen zu vergleichen. Die Fähigkeit zur Reflexion schafft die Möglichkeit, sich
auf einer Metaebene alle Elemente und Einflussfaktoren bewusst zu machen. Nur diese
Bewusstmachung schafft bewusste Veränderungen, die nicht nur zufällige Verbesserungen
sind und die dem Imperativ der Selbstverantwortlichkeit entsprechen können.
Alle vier Grundelemente der Selbstverantwortung sind ganzheitlich miteinander verbunden.
Ein Element allein kann keine Selbstverantwortung entwickeln und ermöglichen. Nur die
interdependente Verbindung aller Grundlagen kann ein Umdenken zu mehr Selbstverantwor-
tung bewirken und damit eine Verbesserung der Kultur. Erst die Entwicklung der Unterneh-
menskultur durch die bewusste Gestaltung der Selbstverantwortung kann das Unternehmen
für die Zukunft profilieren. Sonst wird es keine Veränderungen geben, sondern nur die übli-
chen Reformen, die aber nichts verbessern. Unternehmen werden sich nicht verändern, wenn
sich nicht der Einzelne ändert.

Glaubwürdigkeit

Am Ideal gemessen versagt die Wirklichkeit. Aber was wäre das für eine traurige Wirklich-
keit, wenn sie aufhören würde, sich nach dem Ideal zu orientieren und nach der Wirklichkeit
zu fragen? Richard v. Weizsäcker
Für Manager und Top-Führungskräfte zählen zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren Entschei-
dungsfreude, Risiko und Konfliktbereitschaft und Durchsetzungsvermögen. Nach diesen
Persönlichkeitsfaktoren werden sie ausgesucht, in Positionen eingesetzt und nach entspre-
76 Wie macht man Corporate Identity?

chender Wirksamkeit dieser Kompetenzen als erfolgreich angesehen. Was immer an konkre-
ten Handlungen hinter diesen Schlagworten stehen mag, wer derartige Kompetenzen vorwei-
sen kann, hat gute Chancen, in eine ausgesuchte Position zu gelangen.
Aber gerade in schwierigen Zeiten und höheren Führungspositionen sind nicht nur sachliche
Handhabungstechniken gefragt, sondern Vorbilder und Menschen, die auch emotionale Stärke
haben: Wie können Sie ein Miteinander aufbauen, denn es sind nur gemeinsame Entwick-
lungsprozesse wirklich längerfristig gut? Wie können Sie Vertrauen aufbauen, damit Verände-
rungen auch wirklich zu Verbesserungen werden? Wie glaubwürdig sind Sie, sodass man
Ihnen trauen kann? Welche Werte und Interessen vertreten Sie, und setzen Sie ihre Werte und
Grundsätze auch wirklich um?

Sich seines Glaubens würdig verhalten


Nur wenige Menschen sind ihres Glaubens würdig. Viele Manager entscheiden und handeln,
haben aber keine Grundbasis, auf die sie sich beziehen: Welche Werte, Grundsätze und Leit-
bilder haben sie, welcher Glaube ist ihnen wichtig? Meistens sind es eher egoistische unre-
flektierte „Besserwissereien“ oder auch nur Machtpositionen, die durchgesetzt werden müs-
sen – entschieden und ausgerichtet nach persönlichen Vorteilen und Sachthemen. Aber was ist
das für eine Welt, was für eine Kultur, die nur nach Macht entscheidet und keine höherwerti-
gen Leitbilder hat? Entscheiden um der Entscheidung willen? Selbst Kindern wird deutlich,
dass sie nicht alles machen können, sondern sich ausrichten müssen nach Zielen und Werten
und ihr Handeln entsprechend reflektieren. Eine Wertleere führt zur Unsicherheit und Orien-
tierungslosigkeit, zum Aktionismus und mechanistischem Denken, zur Unglaubwürdigkeit
und Erfolglosigkeit. Für den Erfolg brauchen sie Glaubwürdigkeit und Werte.
Führungskräfte werden dafür bezahlt, Werte zu schaffen, die nachhaltig in der Arbeit umge-
setzt werden und dann den Erfolg bringen (Wertschöpfung). Damit ist die Glaubwürdigkeit
kein persönlicher Luxus oder keine individuelle Note, sondern ist notwendige Grundlage für
unser Zusammenleben und unser Zusammenarbeiten.

Glaubwürdigkeit als Übereinstimmung von Werten,


Wirkungen und Verhaltensweisen
Glaubwürdigkeit beginnt mit der Bewusstmachung der Werte! Was ist Ihnen wichtig, woran
glauben Sie wirklich? Diese Auseinandersetzung bringt Klarheit, Sicherheit, Motivation und
ein starkes Selbstverständnis. Wird eine solche Form der Identität nicht nur in der Arbeit,
sondern auch im täglichen Leben konsequent in entsprechenden Verhaltensweisen gelebt,
entsteht ein Erscheinungsbild, ein Image, das in seinen Wirkungen mit Glaubwürdigkeit
überzeugt. Sich nur Werte zu geben, die nicht gleichzeitig Grundlage allen Handelns werden,
nützt nichts. Erst eine Wertekultur, die täglich mit Konsequenz und Selbstdisziplin erlebbar
und sichtbar gemacht wird, lässt Glaubwürdigkeit entstehen. Den Glauben an seine Werte
würdig bewusst zu gestalten und zu leben – für sich und für andere – das ist Glaubwürdigkeit.
Allerdings liegt es in der Natur des Menschen, Fehler zu machen, falsche Entscheidungen zu
treffen, sich zu irren. Kein Mensch wird es schaffen, sich immer hundertprozentig seiner
Werte entsprechend zu verhalten. Daher wird der Umgang mit den Unzulänglichkeiten zur
Was bedeutet CI als ganzheitliche Denkweise? 77

entscheidenden Frage: Wie gehe ich mit Fehlern um, wie vertrete ich Unzulänglichkeiten?
Hier entscheidet nicht nur die sachliche Auseinandersetzung, sondern auch die emotionale
Kompetenz. Die Glaubwürdigkeit fordert uns permanent heraus und wird wohl niemals dem
Ideal entsprechen, aber sie bleibt immer eine Orientierungsgröße für unser Leben. Daran zu
arbeiten und es immer wieder glaubwürdig zu versuchen und nicht nachzulassen, dem Ideal
nahe zu kommen, ist Sinnerfüllung: Der Glaube wird zur Würde!

Unglaubwürdigkeit – Glaubwürdigkeit
Stellen wir der Glaubwürdigkeit einmal die Unglaubwürdigkeit gegenüber: Sie beschreibt die
Beziehungslosigkeit zu Werten, ein Verhalten, das sich Werten gegenüber verschließt oder
Werte nur scheinheilig vortäuscht. Welchen hohen Wert die Glaubwürdigkeit aber einnimmt,
zeigt der Extremfall, wenn – im Namen des Volkes – die Glaubwürdigkeit mit Hilfe eines
Eides erzwungen werden muss. Unglaubwürdigkeit ist also nicht nur moralisch verwerflich,
sondern auch als Grundlage unserer Gesellschaft nicht akzeptierbar. Um so mehr wundert es,
wenn gerade Führungskräfte aus Wirtschaft, Gesellschaft und Politik nicht glaubwürdig sind
und nicht daran gemessen werden!
Warum und wann sind die Menschen unglaubwürdig? Ist das unglaubwürdige Leben leichter,
schöner, besser? Wird Unglaubwürdigkeit durch den harten Wettbewerb, die hohen Anforde-
rungen und die schwierigen oder unlösbaren Probleme notwendig? Dass sich Unglaubwür-
digkeit entwickeln kann, liegt doch nur an jedem Einzelnen. Gestatten wir uns öfter große
oder kleine Unglaubwürdigkeiten? Gestehen wir sie auch anderen zu, oder fordern wir
Glaubwürdigkeit ein? Wenn Sie sich für Ihren Glauben und Ihre Werte einsetzen, werden Sie
glaubwürdiger. Wenn Sie die Glaubwürdigkeit bei anderen direkt ansprechen und danach
entscheiden, wird sie mehr und wichtiger werden. Glaubwürdigkeit verlangt Glaubwürdig-
keit! Glaubwürdigkeit bringt Glauben und Würde, Stärke, Hoffnung und gibt dem Leben
Sinn! Glaubwürdigkeit schafft Identität – eine ganzheitliche Identität für das Selbstverständ-
nis (nach innen) und das Fremdbild (nach außen) – Corporate Identity im besten Sinne!

Was ist Corporate Identity?


Corporate Identity beinhaltet heute mehr als nur die Selbstdarstellung durch ein einheitliches
Erscheinungsbild einer Organisation, sondern sie ist die Summe aller Aktivitäten, mit denen
sich das Unternehmen/die Organisation vor Mitarbeitern, den Zielgruppen und der Öffent-
lichkeit präsentiert.
CI ist die strategische und konzeptionelle Verbindung aller Aktivitäten nach innen und außen.
Alle Maßnahmen sind zielgerichtet und aufeinander abgestimmt in Bezug auf die Unternehmens-
grundsätze. CI umfasst also eine bewusste Gestaltung des Unternehmens. Die CI-Strategie
erfordert eine Abstimmung der einzelnen Organisationsbereiche der CI, nämlich der Darstel-
lungsweisen von Design, Verhalten und Kommunikation. Die harmonische Verbindung dieser
drei Unterbereiche soll Gegensätzlichkeiten ausschließen und Einzelwirkungen verstärken.
Ziel ist die Stärkung der Identität und des Images des Unternehmens durch:
78 Wie macht man Corporate Identity?

1. das Wahrnehmen, Erkennen und Wiedererkennen des Unternehmens anhand weniger


typischer Merkmale,
2. die Innen- und Außenwirkung (Identität und Image) als Meinung von dem Unternehmen,
3. die Identifizierung der Mitarbeiter und der Zielgruppen mit dem Unternehmen.
Grundlagen sind eine umfassende Analyse (Identitäts- und Imageanalyse) und die Formulie-
rung von Unternehmensgrundsätzen mit den spezifischen Motiven, Eigenschaften und Me-
thoden, Tätigkeiten und Zuständen.
Corporate Identity ist ein Begriff, der nur schwer ins Deutsche übertragen werden kann. Er
beinhaltet sowohl das Selbst- als auch das Fremdbild einer Organisation und umfasst eine
Vielzahl von Einzelmaßnahmen: CI als möglichst große Übereinstimmung von Selbstbild,
Fremdbild und Arbeitsweisen. Die Formulierung als ein ganzheitlicher Identitäts-Prozess
könnte eine deutsche Entsprechung sein. Es geht also letztlich immer um Ihre Identität. Cor-
porate ist der vernetzte und ganzheitliche Ansatz (Abb.16) für rationale und effektive Strate-
gien und Konzepte – Identity umfasst den persönlichen und visionären Ansatz mit emotiona-
len Werten. Erst beides zusammen kann die notwendigen Ressourcen und Potentiale
freisetzen, die CI erfolgreich machen. Durch diesen Quantensprung unterscheidet sich CI
auch von anderen Ansätzen und ist selbst für die Zukunft weiter ausbaubar – es kann durch
den integrativen Ansatz auch innovative Elemente mit aufnehmen.

Identitätsfindung für Personen und Organisationen


Wer bin ich? Diese Frage begleitet uns unser ganzes Leben lang, und wir suchen unablässig
nach befriedigenden Antworten. Philosophen, Sozialwissenschaftler und Künstler unterstüt-
zen und begleiten uns bei der Antwortsuche – aber trotzdem gibt es nur wenige Menschen,
die glücklich und zufrieden ihre Antwort gefunden haben. Ganze Gruppen und sogar Völker
suchen ihre Identität, streiten und kämpfen darum: Wer sind wir? Religionen haben auch
keine endgültigen Antworten für alle. Die Unternehmen suchen ihre spezifische Identität und
brauchen sie zur Profilierung im Wettbewerb – zur Markenbildung. Überall Fragen nach der
Identität – Fragen ohne Antworten? Umso dringlicher und reizvoller die Suche wird, desto
mehr wird deutlich, dass der Weg der Suche das Entscheidende ist: Ich suche, also bin ich!
Erkenne dich als unfertig, nicht endgültig, als nicht findbar. Sobald erste Erkenntnisse als
mögliches Antwort-Puzzle vorliegen, müssen wir erfahren, dass sie nicht sicher oder gut sind.
Was bedeutet CI als ganzheitliche Denkweise? 79

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 16: Corporate Identity
80 Wie macht man Corporate Identity?

Identität? Identität!

„Kräfte lassen sich nicht mitteilen, sondern nur wecken.“


[Georg Büchner]

Was macht das Einmalige und Unverwechselbare einer Person aus? Wir erleben unsere Iden-
tität als etwas ganz Besonderes, als Einheit des Selbst, als ein Kern in sich, auf das alle Erfah-
rungen und Aktionen ausgerichtet sind. Durch diese Orientierung auf mein inneres Zentrum
entsteht der Eindruck von Sinnhaftigkeit des eigenen Daseins, das mir hilft, Erlebnisse zu
verarbeiten und mein Verhalten und mein Denken auszurichten. Das schafft Klarheit, Sicher-
heit, Stärke und Selbstbewusstsein und auch Begeisterung. Identität ist ein hypothetisches
Konstrukt. Die ganz spezifische und besondere Selbstkonzeption ist aber nie endgültig fass-
bar, sondern immer nur eine Arbeitshypothese, die täglich und immer wieder reflexiv bestä-
tigt werden muss. Dabei ist der Vergleich von Selbst- und Fremdbild von verstärkender Be-
deutung. Das ist der Grundgedanke der Corporate Identity: Identität schafft Image. Alle
Aktionen sollten auf die bewusst entwickelte Identität ausgerichtet sein, damit sie sich in
ihren Wirkungen nicht behindern, sondern gegenseitig ergänzen – das schafft ein profiliertes
Image, Stärke und Sicherheit. Große Unterschiede oder auch Identitäts-Diffusionen führen zu
Ängsten, Unsicherheiten, Aggressionen und auch zum Moratorium – zu Identitätsstörungen,
die auch psychische Folgen bedingen können. Wer nicht weiß, wer er ist, hat auch keine
Zielsetzung und kann sich leicht verlaufen. Da eine gesicherte und unveränderliche Identität
zu haben nur Wunschdenken ist, bleibt also nur die permanente Suche nach der eigenen Iden-
tität. Vielleicht eine Sisyphos-Arbeit, die wir immer wieder angehen müssen. Sichtbare Er-
gebnisse sind auf diesem Identitätsweg nur Hüllen.
Identitätsprozesse sind wichtig – wir müssen das eigene Ich selbst entdecken, entwickeln und
erleben! Abgewandelt nach Descartes bleibt die Erkenntnis: Ich suche, also bin ich! Der
Prozess ist entscheidend – der Weg ist das Ziel.
Eine Wahrheit mit eigenen Augen entdeckt, sei sie auch unvollkommen, ist zehn Wahrheiten
wert, die du von anderen erfährst – denn diese hat nicht nur dein Wissen erweitert, sie hat
auch deine Fähigkeit zu sehen geschärft – das hat der Polarforscher Fridtjof Nansen erkannt.

Die Frage nach der Identität


Jeder Mensch, jede Organisation und jedes Unternehmen gestaltet sich jeden Tag durch das,
was sie tun oder nicht tun – bewusst oder unbewusst. Menschen prägen mit ihrem Denken
und Handeln, ihren Ideen und ihrer Person das Unternehmensprofil oder die Gesellschaft,
und sie werden durch diese auch wieder selbst geprägt. Durch diese Wechselbeziehung wird
die Unmöglichkeit klar, Systeme und Organisationen verändern zu wollen, ohne sich selbst
auch verändern zu müssen. Nachhaltige Veränderungen sind nur möglich, wenn wir lernen,
das Ich neu zu denken.
Was bedeutet CI als ganzheitliche Denkweise? 81

Die Welt ändert sich nur, wenn sich die Menschen ändern
Alle Menschen suchen nach ihrer Identität. Als ein wichtiges Lebensprinzip fragen sie nach
Herkunft, Zugehörigkeit und Position in der Gesellschaft. Dabei geht es nicht nur um das
Erkennen der Einzigartigkeit, sondern auch um Übereinstimmung mit den Erwartungen ande-
rer. Die Identifikation oder eine starke Identität schaffen Sicherheit und Wohlgefühl. Ein
starkes Ich- oder auch Wir-Gefühl sorgt für eine klare Orientierung und Positionierung in der
Gesellschaft, für Unverwechselbarkeit und ein leichtes und schnelles Wiedererkennen für
Außenstehende. Dabei bleibt die Identität nicht endgültig fassbar, sondern sie muss sich
ständig in wechselnden Zusammenhängen selbst bestätigen und erneuern. Individualität und
Abgrenzung zu anderen fordern eine permanente Auseinandersetzung und machen die Identi-
tätsbildung zu einem lebenslangen Prozess.
Diese Grundzüge des Identitätsfindungsprozesses lassen sich gut auf Organisationen übertra-
gen, da sie von Menschen mit eben diesen Bedürfnissen gestaltet und genutzt werden. Aller-
dings müssen nun die unterschiedlichen Identitäten der einzelnen Mitarbeiter mit der spezifi-
schen Eigenart des jeweiligen Unternehmens, also mit dessen Identität verbunden werden.
Wer sich mit dem Produkt und der Arbeitsweise seiner Organisation nicht identifizieren kann,
wird weder ein Wohlgefühl noch ein Wir-Gefühl entwickeln können und ein Arbeitnehmer,
der in seiner Individualität angegriffen oder nicht ernst genommen wird, kann sich nicht
sicher und dazugehörig fühlen. Gemeinsames Arbeiten wird konfliktbeladen und zieht Ener-
gie von den eigentlichen Aufgaben ab. Die Wirkungen heben sich gegenseitig auf – gegen-
einander – nebeneinander oder miteinander? Durch ein Neben- oder gar Gegeneinander der
Einzelwirkungen kann die volle mögliche Arbeitsleistung nicht mehr erbracht werden – es
herrscht Chaos!
Wir alle suchen unsere Identität. Identität als eine Übereinstimmung – idem (lat.) identisch,
etwas als dasselbe ansehen, wiedererkennen oder feststellen, scheint ein wichtiges Lebens-
prinzip zu sein, um das lange gerungen und sogar gekämpft wird: Als einzelne Menschen
suchen wir unsere persönliche Identität (Übereinstimmung mit sich selbst, seinem Denken
und Handeln, von Emotionalem und Rationalem) und auch unsere Position in der Gesell-
schaft als soziale Identität (Übereinstimmung mit den Erwartungen anderer). Auch die ethi-
sche, religiöse und regionale Identität ist uns wichtig. Sind wir Braunschweiger, Niedersachse,
Deutscher, Europäer oder finden wir eher eine Übereinstimmung mit der Weltenbürgerauffas-
sung? Die Identifikation mit Gruppen, Vereinen oder Verbänden und deren Symbolen oder
Sinnsprüchen zeigt ebenfalls die große Bedeutung der Frage nach der Identität und deren
Beantwortung. Eine große Übereinstimmung, eine starke Identität schafft Ruhe, Sicherheit
und Wohlgefühl. Wir sind nicht mehr verunsichert und nicht mehr allein. Das starke Ich- und
Wir-Gefühl schafft auch eine klare Orientierung und Positionierung.
Die Gefahr besteht in der Aufgabe der eigenen Individualität und in der Abgrenzung zu ande-
ren. Wenn der Einzelne keine persönliche Stärke hat oder diese aufgibt, wird die Identität
leicht übergestülpt und damit zur leeren Worthülse. Echte Identität braucht also eine starke
Individualität, setzt somit eine starke Persönlichkeit voraus, damit überhaupt eine Überein-
stimmung vorliegen kann und Identität nicht als Ersatz dient. Identität darf auch nicht nur zur
82 Wie macht man Corporate Identity?

Abgrenzung dienen. Nur schwache Identitäten haben das Schlechtmachen anderer Identitäten
nötig, um sich selbst überhaupt finden und aufbauen zu können. Die dritte Gefahr liegt in der
zu starken Identität: Die vorherrschende Übereinstimmung mit wesentlichen Elementen führt
leicht dazu, dass Restgruppen und Minderheiten nicht mehr toleriert werden. Der Anspruch
einer totalen Identität ist also ebenfalls nicht das Ziel.
Identität bleibt somit die permanente Auseinandersetzung mit der Frage „Wer bin ich eigent-
lich?“ Da alles veränderlich ist, bleibt diese Frage auch immer nur zum Teil beantwortet.
Identität wird also zur permanenten Auseinandersetzung, zur Bewusstseinsbildung, zur Moti-
vation, zum Identitätsprozess. Wenn man damit aufhört, verliert man seine Identität oder man
wird zu starr und ideologisch und macht damit den Einzelnen als Basis für die Übereinstim-
mung kaputt. Eine Identifizierung ist dann nicht mehr möglich. Was bleibt, ist die Suche nach
der Übereinstimmung von einzelnen Polaritäten und Gegensätzlichkeiten, die integrativ ver-
bunden sind und sich nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen: Übereinstim-
mung von Denken, Empfinden und Handeln – mit Kopf, Herz und Hand (Pestalozzi).

Graubners Frage: Wo ist der „rote Faden“, der alles zusammenhält?


Antwort: Der rote Faden ist man selbst. Es ist der Organismus als Ganzes, der die Organe
zusammenhält. Solange ich den „roten Faden“ statt in mir selbst woanders suche, lebe ich nur
bruchstückhaft mit mir selbst ...
Die Identitätsfindung ist also wesentlicher Bestandteil eines ganzheitlichen Unternehmens-
konzeptes und nur über sie entwickelt sich die gute Außenwirkung, das Image. Die Identifi-
kation oder eine starke Identität schaffen Sicherheit und Wohlgefühl. Ein starkes Ich- oder
auch Wir-Gefühl sorgt für eine klare Orientierung und Positionierung in der Wirtschaft und
Gesellschaft, für Unverwechselbarkeit und ein leichtes und schnelles Wiedererkennen für
Außenstehende. Dabei bleibt die Identität nicht endgültig fassbar, sondern sie muss sich
ständig in wechselnden Zusammenhängen selbst bestätigen, muss gepflegt werden und weiter
entwickelt werden. Identität, Wettbewerb und Abgrenzung zu anderen fordern eine perma-
nente Auseinandersetzung und machen die Identitätsbildung zu einem lebenslangen Prozess –
auch für Unternehmen.
Ein sinnvoller ganzheitlicher Identitäts-Prozess nimmt durch die starke Einbeziehung aller
Beteiligten die unterschiedlichen Denk- und Handlungsweisen auf und fördert die Auseinan-
dersetzung mit ihnen. Die Ergebnisse gemeinsamer Planung und gemeinsamer Vorgehens-
weisen sowie typischer Ansprüche des Unternehmens bilden eine einzigartige Identität, die
nach außen einen starken Wiedererkennungs- und Verstärkungseffekt hat. Der Prozess der
Identitätsfindung (Abb. 17) in Organisationen verläuft im Allgemeinen in 4 Phasen:
1. Kontaktphase: Hier finden sich Einzelkämpfertum, isolierte Arbeitsweisen und Eigennüt-
zigkeit.
2. Konfrontationsphase: Nun herrschen Konflikte und Verunsicherungen vor sowie Ableh-
nung und kritische Distanz.
3. Kommunikationsphase: Jetzt setzen Prozesse ein, u. a. die Identitätssuche mit Möglich-
keiten eines Miteinanders, aber auch der Abgrenzung.
Was bedeutet CI als ganzheitliche Denkweise? 83

4. Konsensphase: Schließlich sind Übereinstimmungen gefunden und Absprachen getroffen


worden. Neben dem Selbsterleben im Ganzen stehen Wir-Gefühl und Mitverantwortung.
Erst jetzt ist die Identität ein echter Erfolgsfaktor.

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 17: Identitätsmanagement

Eine CI-Konzeption bezieht sich daher nicht nur auf eine Selbstdarstellung nach außen im
Sinne von Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit, sondern sie ist gekennzeichnet durch die
Koordination und Integration aller für das Unternehmen wichtigen kommunikativen und
handlungsaktiven Maßnahmen. Ziel ist die Profilierung des Unternehmens durch Verbesse-
rung und Stärkung ihrer Identität und ihres Images. Nur so wird keine aufgesetzte Werbung
gemacht, sondern das Angebot des Unternehmens täglich authentisch und damit erfolgreich
gelebt.
Ein Unternehmen ohne eine gute Selbstgestaltung durch eine sorgfältige Identitätsbildung hat
nicht nur kein Profil, sondern ist auch nicht in der Lage, wichtige Qualifikationen und Erwar-
tungen für seine Kunden zu erfüllen. Auch die veränderten Erwartungen und Ansprüche der
84 Wie macht man Corporate Identity?

Mitarbeiter an die Organisation und Arbeitsweise des Unternehmens können nur professionell
erfüllt werden, wenn das Unternehmen einen guten Identitätsfindungsprozess als Basis hat.
Für diese Selbstgestaltung braucht das Unternehmen die Bereitschaft und Offenheit der Mit-
arbeiter, eine Geschäftsleitung, die mutig und vertrauensvoll ihre Managementaufgaben
anpackt und sich an eine marketingorientierte Öffentlichkeitsarbeit wagt.
Die ganzheitliche Organisationskonzeption beruht im Wesentlichen auf drei Säulen, die auf
der Unternehmenskultur und den Unternehmensgrundsätzen aufbauen:
1. Das Corporate Behavior, das konkrete Verhalten aller Beteiligten innerhalb der Organisa-
tion. Es ist geprägt durch die Entwicklung sowie Organisation des Unternehmens, und be-
inhaltet die Werte und Regeln für die Zusammenarbeit, den Führungsstil und die Arbeits-
abläufe.
2. Die Corporate Communication, die strategisch orientierte Kommunikation nach innen
wie auch nach außen. Ziel ist die Information der Öffentlichkeit und der Mitarbeiter über
Intentionen und Situationen unternehmerischer Aktivitäten. Als Mittel dienen dazu Public
Relations (PR), Marketing, Öffentlichkeitsarbeit.
3. Das Corporate Design, der einheitliche Gebrauch des Erscheinungsbildes des Unterneh-
mens. Ein grundlegendes Designkonzept auf der Grundlage der Leitlinien erstreckt sich
von der Gestaltung der architektonischen Gegebenheiten über den Gebrauch eines Wort-
Bild-Zeichens für Publikationen und Schriftverkehr (Basiselemente) bis zu den Präsenta-
tionselementen wie Ausstellungen und Veranstaltungen. Dadurch entsteht der Eindruck
eines spezifischen, einmaligen Stils und Profils. Erst in der ganzheitlichen Verbindung
dieser drei Säulen Corporate Behavior, Corporate Communication und Corporate Design
und der strategischen und konzeptionellen Ausrichtung aller damit verbundenen Einzel-
maßnahmen entsteht der sichtbare Erfolg.
Die Unternehmensgrundsätze bzw. das Leitbild stellen eine Art gemeinsam entwickelte Ver-
fassung dar, die allen drei Säulen eine gemeinsame, unverwechselbare und gut aufzufassende
Prägung gibt. Die spezifischen Aussagen der Unternehmensverfassung werden im Verlauf des
CI-Prozesses bei der Entwicklung von Selbstbild, Fremdbild und Arbeitsweisen erarbeitet.
Die Fragen, „Wer sind wir?“, „Wer möchten wir sein?“, „Wie werden wir gesehen?“, „Wie
möchten wir gesehen werden?“, „Wie gehen wir miteinander um?“, „Wie möchten wir mit-
einander umgehen?“, führen an sich zu einer Beschreibung der unbewussten Unternehmens-
kultur. Eine große Übereinstimmung von Selbstbild, Fremdbild und Arbeitsweisen macht
eine besonders zugespitzte Formulierung möglich. Wenn nicht nur die Unternehmensleitung,
sondern auch jeder Mitarbeiter auf die Frage „Wer sind wir eigentlich?“ kurz und prägnant im
gleichen Sinn antworten kann, ist die sinnbestimmende Diskussion in Zusammenhang mit
dem CI-Prozess besonders erfolgreich verlaufen. Im Idealfall reden auch Außenstehende so
über das Unternehmen, wie Sie, die Mitarbeiter und Beteiligten dieses Unternehmens, es sich
selbst wünschen und formuliert haben. CI wird damit zu einer möglichst großen Überein-
stimmung von Selbstbild, Fremdbild und Arbeitsweisen. Der Profilierungsprozess beginnt –
auch wenn er durch äußere Ansprüche in Gang gesetzt wurde – im Innern des Unternehmens
und wird durch eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit ergänzt und verstärkt.
Was bedeutet CI als ganzheitliche Denkweise? 85

Ein unverzichtbares Element und treibender Motor eines CI-Prozesses ist dabei das CI-Team
oder auch Steuerungsteam. Es setzt sich aus freiwilligen Mitarbeitern aus unterschiedlichen
Bereichen, Abteilungen, Fachbereichen und der Unternehmensleitung zusammen. Hat ein
solches CI-Team erst einmal seine Arbeit aufgenommen, machen sich auch erste Veränderun-
gen bemerkbar. Über die Kommunikation und Auseinandersetzung mit ihnen können immer
mehr betroffene Mitarbeiter direkt angesprochen und in den Prozess mit einbezogen werden.
In Zeiten der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen müssen sich alle Betei-
ligten verändern: Nicht mehr nur „neu denken“, sondern durch gemeinsame Entwicklungs-
prozesse umstrukturieren und das bewusste Umdenken aller Beteiligten implementieren.
Dabei ist eine ganzheitliche Verbindung von Strukturen, Arbeitsweisen, Denk- und Verhal-
tensweisen notwendig, um diesen Veränderungsprozess nachhaltig erfolgreich zu machen.
Aufgabe ist es, alle Maßnahmen strategisch und konzeptionell auszurichten und miteinander
zu vernetzen, professionell umzusetzen und dabei profilbildend und identitätsstiftend lang-
fristig im Rahmen eines gemeinsamen Prozesses zu managen. Dazu brauchen Sie eine gute
Entwicklungsstrategie – Corporate Identity – und eine entsprechende Beratung und Unter-
stützung – eine Corporate-Identity-Beratung. Alle Menschen suchen nach ihrer Identität. Als
ein wichtiges Lebensprinzip fragen sie nach Herkunft, Zugehörigkeit und Position in der
Gesellschaft. Dabei geht es nicht nur um das Erkennen der Einzigartigkeit, sondern auch um
Übereinstimmung mit den Erwartungen anderer. Die Identifikation oder eine starke Identität
schaffen Sicherheit und Wohlgefühl. Dabei bleibt die Identität nicht endgültig fassbar, son-

dern sie muss sich ständig in wechselnden Zusammenhängen selbst bestätigen und erneuern.
Individualität und Abgrenzung zu anderen fordern eine permanente Auseinandersetzung und
machen die Identitätsbildung zu einem lebenslangen Prozess.
Robert Bosch hat die Rolle des einzelnen Mitarbeiters sowie seiner Identifikation mit dem
Unternehmen einmal in folgendem Satz zusammengefasst: Gute Arbeit kann man nur dann
leisten, wenn man sich total mit seiner Idee und deren Umsetzung identifiziert. Der sich
identifizierende Mitarbeiter ist ein wichtigstes CI-Element! Wie kann sich ein Unternehmen
besser profilieren und darstellen als über die Qualität und Kompetenz seiner Mitarbeiter. Wir
leben in einer Zeit der schnellen, tiefgreifenden und permanenten Veränderung in allen Berei-
chen. Wir müssen lernen umzudenken und in dieser Veränderung unsere Chance zu ergreifen:
Wie kann ich die Veränderung bewusst und erfolgreich gestalten? Wie kann ich die Verände-
rung für mich und meine Identitätsentwicklung und zur Verwirklichung meiner Visionen
nutzen?

Praxistipp für eine integrative CI-Denkweise

Corporate Identity ist integrativ und erfolgreich, wenn:


„ mit Visionen, Werten und Wünschen + mit festen, gemeinsamen Zielen,
„ mit traditionellen Elementen + mit zukunftsorientierten Elementen,
86 Wie macht man Corporate Identity?

„ nach innen + nach außen,


„ prozessorientiert + ergebnisorientiert,
„ selbstverantwortlich + gemeinsam,
„ einfach und reduziert + komplex vernetzt,
„ mit klaren Richtlinien + mit viel Freiheitsspielraum,
„ mit effizienten Methoden + mit effektiven Konzepten,
„ mit Risiko + mit soliden Grundlagen und
„ identitätsstiftend + imagebildend
gedacht, gefühlt und gehandelt wird.
Die auf den ersten Blick gegensätzlichen Pole und unterschiedlichen Elemente, die sich in
ihren Wirkungen ansonsten gegenseitig behindern oder sogar aufheben, werden durch eine
integrative Corporate Identity ganzheitlich miteinander vernetzt. Durch das CI-Konzept kann
jeder entsprechend seiner Erfahrungen und Erwartungen eine Orientierungsstruktur bekom-
men, in der sich jeder wieder finden kann und die er für sich ganz persönlich in seiner Situa-
tion benutzen kann. Durch diese integrative Identitätsstiftung und die Vernetzung aller Berei-
che entstehen die Synergieeffekte und die Leistungs- und Motivationspotentiale, die CI
erfolgreich machen und von anderen Management- und Marketing-Strategien oder Denkwei-
sen unterscheiden: Erfolg durch Integration + Identität.

Attraktivität: der Schlüssel zum Erfolg?


Henning Horn

Zwischen Inszenierung und Wirklichkeit

Identität zwischen Inszenierung und Wirklichkeit.


Der Wunsch nach Anerkennung bestimmt unser Tun und Handeln wie kein anderer: Kompe-
tenz zeigen, Sympathie ausstrahlen, schön sein – und Erfolg haben, privaten und geschäftli-
chen. Doch was macht Attraktivität aus? Wie nehmen wir uns selbst wahr, und wie sieht uns
unser Gegenüber? Warum genießt unser Wettbewerber mehr Anerkennung als wir, warum
„sieht er besser aus“ oder „steht er besser da“, vielleicht auch wirtschaftlich? Identität beginnt
mit Fragen. Dauerhafter Erfolg sicher auch. Wir müssen uns Fragen stellen und uns fragen
lassen. Und wir – das sind Führungskräfte und Mitarbeiter in Unternehmen und Organisatio-
nen gleichermaßen – müssen uns kritisch mit den Antworten auseinandersetzen. Dabei wer-
Attraktivität: der Schlüssel zum Erfolg? 87

den wir konfrontiert mit alltäglichen Ungereimtheiten und Schwierigkeiten, stellen in Frage
und erkennen das Zusammenwirken von Sichtbarem, unter anderem Design, und Hintergrün-
digem, zum Beispiel Haltungen und Visionen. Dieses Erkennen selbst kann uns niemand
abnehmen, die Konsequenzen daraus noch viel weniger. Und damit sind wir an jenem Punkt
angekommen, auf den sich die weiteren Überlegungen konzentrieren werden, den sie zu-
nächst einkreisen und schließlich fassbar machen wollen, indem das Zusammenwirken von
Interessen und Kommunikation, Ästhetik, Stil und Design skizziert wird: Wie werden wir
„attraktiv“, und wie schaffen wir Sympathie für unser Unternehmen, seine Produkte und
Dienstleistungen?
Wir tun etwas, weil wir uns etwas davon versprechen. Also: Was springt für mich oder mein
Unternehmen dabei heraus, wenn ich …? Oder: Was muss ich tun, um dieses oder jenes zu
erreichen? Seit grauer Vorzeit findet Warentausch statt, mit oder ohne Geld.
„Die daran Beteiligten stehen zwar von der Interessenlage in einem widerspruchsvollen Ver-
hältnis, und dennoch hat jeder eine Ware, die er nicht braucht, und eine Ware, die er eintau-
schen möchte. Tauschwert- und Gebrauchswertinteressen an der eigenen beziehungsweise an
der jeweils anderen Ware stehen sich gegenüber. Dass der Käufer im Vorfeld des Kaufs den
erstrebten Gebrauchswert sich verspricht, führt schließlich den Akt des Kaufens herbei. Dies
auslösend zu unterstützen, bleibt dem Verkäufer die Möglichkeit, dieses Gebrauchswertver-
sprechen mit sinnlichen Mitteln zu erzeugen …“ (Berger, W.: zur „Design Auswahl ’94“,
Design Center Stuttgart 1994). Grundsätzlich können wir davon ausgehen, dass sich jede
Aktivität auf ein Bedürfnis zurückführen lässt. Aus einem Bedürfnis entsteht subjektiv emp-
fundene Spannung, die so lange anhält, bis das Bedürfnis befriedigt ist. Leistung befriedigt
Bedürfnisse und baut Spannungen ab – am besten nach dem ökonomischen Prinzip, ein vor-
gegebenes Ziel mit geringstem Aufwand zu erreichen. Individuell oder kollektiv bestimmte
Ansprüche sind dabei gleichermaßen zu berücksichtigen. Vereinfacht gesagt geht es darum,
Bedürfnisse und Leistungen, Ansprüche und Angebote in Deckung zu bringen und bereits
eingeleitete Entwicklungen kontinuierlich fortzuführen, um Irritationen zu vermeiden.
Bis hierher erscheint das allerdings noch reichlich abstrakt. Wir sollten zunächst versuchen,
die Bedürfnisse zu erfassen, bevor wir näher auf die damit verbundenen Leistungen eingehen.
Von welchen Bedürfnissen sprechen wir eigentlich? Nun lässt sich gleich ein ganzer Katalog
anführen, wenn es darum geht, die Beweggründe menschlichen Handelns zu skizzieren:
Essen und Trinken, Lebensraum, Gesundheit und Fürsorge, Sicherheit und Geborgenheit,
soziale Anerkennung, Selbstachtung und Selbstbehauptung, Selbständigkeit und Unabhän-
gigkeit, Besitzen wollen und Tatendrang, Überlegenheit und Selbstbestätigung, Neugier,
Offenheit und Flexibilität, Klarheit und Verständlichkeit, Ästhetik und Atmosphäre, Ehrlich-
keit, Glaubwürdigkeit und Vertrauen, Empathie und Sympathie, Wert und Besonderheit,
Seriosität und Substanz, …
Und welche Faktoren sind das, die unsere (individuell empfundenen) Bedürfnisse bestimmen
und unseren Bedarf an Dienstleistungen und Produkten entstehen lassen? Auch hier eine
Reihe von Aspekten, unsortiert und ohne Anspruch auf Vollständigkeit: der individuelle Ver-
sorgungsgrad mit der angebotenen Leistung, Alter, Geschlecht, Kulturkreis, Nationalität,
Familienstand, ökonomische Bedingungen wie Erwerbstätigkeit (-losigkeit), Einkommen und
88 Wie macht man Corporate Identity?

Zahlungsverpflichtungen, Beruf und soziale Stellung, Gruppenzugehörigkeiten (Familie,


Freunde, Nachbarn, Kollegen, Vereine), Intelligenz und Bildungsniveau, Gesundheitszustand,
geschmackliches Empfinden, äußere Lebensweise, Interessen, Geltungstrieb … etc.

Leistung macht attraktiv


Marktsituation und Käuferverhalten haben sich mit zunehmendem Sättigungsgrad grundle-
gend verändert: Aus dem Anbietermarkt ist ein Käufermarkt geworden. Wer nachfragt, be-
stimmt den Kurs. Kundenorientierung bedeutet Existenzsicherung. Mehr Wettbewerb ver-
langt nach Profilierung: Unternehmen und ihre Leistungen müssen wichtig und interessant
sein, sie müssen wahrgenommen werden und möglichen Interessenten mehr zusagen als
andere Angebote. Außerdem müssen die Leistungen dem Unternehmen eindeutig zugeordnet
und identifiziert werden können. Erfolgreich ist, wem es gelingt, eine positive Grundstim-
mung beziehungsweise Einstellung seiner Auftraggeber und Kunden zu erzeugen.
Udo Koppelmann bezeichnet als Leistung das Vermögen, Ansprüchen zu entsprechen oder die
Potenzialität, Wünsche zu befriedigen. Er unterscheidet zwischen Sachleistungen und Anmu-
tungsleistungen. Sachleistungen, die „sachlich messbaren“, die „vernünftigen“, richten sich
an den bewusst denkenden und „mit Verstand entscheidenden“ Menschen. Anmutungsleis-
tungen bedienen eher die Gefühle. Sie vermitteln Eindrücke und Erlebniswerte. Über emotio-
nale Appelle an das Unbewusste im Menschen lösen sie Stimmungen, Triebe und Strebungen,
Affekte und Gemütsbewegungen aus, die in diesem Moment für den Verstand des Betroffe-
nen weder überschaubar noch kontrollierbar verlaufen. Tendenziell, darüber sind sich die
Experten seit langem einig, dominieren im Business-to-Business-Geschäft Sachleistungen die
Entscheidungsfindung, beim Endverbraucher eher Anmutungsqualitäten: „… der Konsument,
der es sich zur Richtschnur gemacht hat, nach streng praktischen Gesichtspunkten … einzu-
kaufen, wird nicht umhin kommen, in seinen Vorstellungen von dem, was denn nun eigent-
lich praktisch ist, seine ganze Persönlichkeit zu reflektieren, mit all ihren gefühlsmäßigen
Vorlieben, Neigungen und Wünschen.“ (Berth, R.: Marktforschung zwischen Zahl und Psy-
che, Stuttgart 1959). Dennoch: Auch der professionellste Einkäufer ist nicht resistent gegen-
über Anmutungsqualitäten, schließlich ist er „auch nur ein Mensch“. Die bereits erwähnten
Anmutungsansprüche, vermutlich hauptverantwortlich für das, was wir als Attraktivität be-
zeichnen, lassen sich grundsätzlich in zwei Bereiche gliedern: Empfindungsansprüche und
Antriebsansprüche (Koppelmann, U.: Produktmarketing, Köln 1997). Antriebsleistungen
dienen in erster Linie der Daseinssicherung, bezogen auf die „eigene Welt“ beziehungsweise
die Umwelt, und außerdem der Daseinssteigerung, wozu unter anderem die Bedürfnisse von
Selbstdarstellung und „Sich-an-Dingen-erfreuen-wollen“ gehören. Empfindungsleistungen
sprechen die menschlichen Sinne an, sie bedienen sich also optischer und akustischer, hapti-
scher, olfaktorischer und gustatorischer Reize. Das gefühlsmäßige Erleben kann bestimmt
sein durch „das Besondere“ – in positiver wie negativer Bedeutung. Je mehr Sinne in Kombi-
nation angesprochen werden, umso eindeutiger ist die Leistung einzuordnen. Dennoch bedarf
es der gezielten Steuerung, um Irritationen zu vermeiden. Jedes Signal muss irgendwann
gelernt werden. Je einfacher es aufgebaut ist, umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass die
Botschaft vom Empfänger richtig dekodiert wird.
Attraktivität: der Schlüssel zum Erfolg? 89

Erkennen, verstehen und handeln

Erkennen und selektieren, verstehen und bewerten, akzeptieren – oder ablehnen: All unser
unternehmerisches Streben zielt darauf, für unser Unternehmen positive Entscheidungen und
Handlungen zu bewirken. Bedingung jeder Art von Unternehmens- oder Produktkommunika-
tion ist, erkannt zu werden, da nur Erkennbares auch merkbar ist. Abhängig vom Umfeld gilt
es, potentielle „Information zum Auffallen“ zu nutzen. Zielgruppen- und zeitgerecht, nicht
aber um jeden Preis: Denn wer ins Banale abgleitet statt Originalität mit inhaltlicher Substanz
zu verbinden, wird eher Schaden anrichten. Ein wie auch immer geartetes Gestaltungsergeb-
nis – Unternehmen, Erzeugnis oder Dienstleistung – können wir begreifen als unverwechsel-
bares „Produkt“, als ein Superzeichen (Max Bense), das selbst eine Botschaft transportiert.
Das „Produkt“ ist Träger einer Information. Ihm kommt die Doppelrolle zu, sowohl seine
Sachleistung zu erbringen als auch im Kommunikationsprozess als Signal wirken zu müssen.
Ein Gestalter im weitesten Sinne – nicht nur der Designer – ist somit erst dann wirklich er-
folgreich, wenn es ihm gelingt, Anmutungsappelle in reale Erzeugnisse, Dienstleistungen und
Unternehmens-Erscheinungsbilder zu enkodieren, die vom Nutzer später optimal dekodiert
und im besten Fall positiv bewertet werden können. Ziel des kommunizierenden Unterneh-
mens ist, Unternehmens-Ausdrücke möglichst ohne Informationsverluste in Kunden-
Eindrücke zu verwandeln, was mit Hilfe von festgelegten Themen und ästhetischen Stilen
versucht wird. Verschiedenartige einzelne Identitätselemente, die vom Unternehmen proji-
ziert werden, lassen sich zu seinem Gesicht in der Öffentlichkeit zusammenfügen, obwohl es
nie in seiner Gesamtheit gesehen wird. Viele Teile, ein Ganzes: Können die Teile im Einzel-
nen – Produkte, Aussagen, visuelle Elemente, etc. – auch tatsächlich unabhängig voneinander
dem Ganzen schnell und unmissverständlich zugeordnet werden? Neben unterschiedlicher
Gestaltungsqualität müssen wir davon ausgehen, dass Wahrnehmung unter anderem typenab-
hängig ist: Synthetisch wahrnehmende Menschen erkennen tendenziell eher ganzheitliche
Gestaltungskonzepte, analytische Typen neigen relativ stark dazu, das jeweils Wahrgenom-
mene in seine Bestandteile zu zerlegen und sich so komplexe Zusammenhänge stufenweise
zu erschließen. Der dritte Typus, der Gestalterlebende und Gestaltschaffende (Sander, F.,
Volkelt, H.: Ganzheitspsychologie, München, 1962), ist in der Lage, sowohl das Ganze als
auch seine Bestandteile zu erkennen und in sinnvolle Zusammenhänge zu bringen.
Soll unser Signal, wie auch immer es beschaffen sein mag, nicht gleich ausgegrenzt sondern
vom Empfänger weiter „bearbeitet“ werden, muss es zunächst seinen Wert beweisen. Doch
wann empfinden wir etwas als wertvoll oder wertlos, als hochwertig oder etwas anderem
gleichwertig, als Bereicherung? Wertschätzungswirkungen aktivieren den Erfolg, indem sie
den zu erwartenden Nutzen höher einschätzen lassen: Atmosphärisches, positive Wertassozia-
tionen, Prestigegewinn, erhöhte Akzeptanz des Nutzers selbst. Wir setzen das Wahrgenom-
mene in Relation zu bereits Bekanntem, vergleichen oft blitzschnell innerhalb unseres indivi-
duellen Bewertungsrasters, dessen Struktur und Dimension uns selbst häufig nicht bewusst
ist. Hier stoßen wir wieder auf das Spannungsfeld zwischen Gelerntem und Empfundenem,
Erfahrung und Emotion. Weil diese Mischung so individuell verschieden ist, wie wir Men-
schen es nun einmal auch sind, muss ich an dieser Stelle erstens auf die eingangs skizzierten
Faktoren hinweisen, die unsere subjektiv empfundenen Bedürfnisse bestimmen und zweitens
90 Wie macht man Corporate Identity?

die Leistungen erwähnen, über die individuelle Bedürfnisse befriedigt werden. Beide stellen
Maßstäbe in unserem eigenen, einzigartigen Bewertungsschema dar. Je nach Bewertungser-
gebnis stufen wir Unternehmen und ihre Leistungen ein, und wir handeln entsprechend.

Die Boten der Identität: Ästhetik und Stil

Ein besonders delikater Begriff ist die „Schönheit“, denn den zweifellos subjektiven Schön-
heitsbedürfnissen von Zielgruppen gilt es zu entsprechen, individuell oder kollektiv als schön
Empfundenes zu definieren beziehungsweise zu schaffen. Der Schönheitsbegriff ist zielgrup-
pen- und zeitabhängig. Unter anderem beruht er auf Kultureinflüssen, Stil- und Modewir-
kung, Anspruchsniveaus und der Kenntnis von Harmoniegesetzmäßigkeiten. Äußerst schwer
fassbar sind unser ungerichtetes ästhetisches Empfinden und subjektive Geschmacksfaktoren,
was sicher niemand überrascht. Griechisch aisthetikos: wahrnehmbar, vor allem sinnlich.
Erfahrungsgemäß variiert die Bedeutung der ästhetischen Qualität abhängig von Branchen,
Produktkategorien, Zielgruppen und Märkten. Dennoch mag es hilfreich sein zu wissen, dass
„… für die gesamte Kategorie der Wertleistungen der optische Sinnesbereich die höchste
Signifikanz zu haben scheint“ (Friedrich-Liebenberg, A.: Anmutungsleistungen von Produk-
ten, Köln 1976). Mit Hegels Wissenschaft vom Schönen ist das so eine Sache: Absolut be-
trachtet ist sie nur ansatzweise fassbar, und verstanden als „Lehre vom kritischen Beurteilen
des Schönen“ führt sie wohl zwangsläufig zu subjektiven Werturteilen über anmutungshafte
(Produkt-) Leistungen. Geleitet vom persönlichen Geschmack, sind keine allgemein gültigen
Aussagen mehr möglich. „… Damit aber wird der Begriff der Anmutungsleistung dynami-
siert, er verliert seinen allzeitlichen, allgemein gültigen Status. Aus der Anmutungsleistung
entsteht ein dynamisch veränderbares Wertesystem, das, je nach Anwendung ideologischer,
historischer, individualistischer oder kollektivistischer Gewichtungen, zeit- und zielgruppen-
gerechte (absatzpolitische) Handlungsweisen aufzeigt …“ (Dörner, V.: Die Produktform als
Mittel der Anmutungsgestaltung, Köln 1976). Leistung befriedigt Bedürfnisse. Der einzigar-
tige Nutzenvorschlag im Sinne von „Sie haben ein Problem – wir haben die (einzige) Lö-
sung“, funktioniert nicht mehr so einfach. „Der allgemeine Trend geht dahin, sich nicht mehr
auf einzelne (Produkt-)Eigenschaften zu konzentrieren, sondern Lifestyles und Wertesysteme
ins Visier zu nehmen“ (Keeley, L.: Design Management Journal, 1992). Obgleich dies ein
Grundprinzip von Markenentwicklung und Markenführung ist, haben inzwischen neue Tech-
nologien dazu geführt, dass vielschichtigere Kommunikationsflüsse mit dem simplen Ver-
ständnis von Branding nicht mehr zu steuern sind. Unternehmen, die Kunden dauerhaft an
sich binden wollen, bieten ihnen heute denkwürdige sensorische Erlebnisse, die mit der (ge-
wünschten) Positionierung der Firma, des Produkts oder des Kundendienstes in Einklang
stehen. So verliert das Konzept des Branding an Vitalität und wird vom Marketing sensori-
scher Erfahrungen abgelöst, das heißt vom Marketing von Ästhetik (Schmitt, B. und Simon-
son, A.: Marketing-Ästhetik, München/Düsseldorf, 1998).
Woraus entsteht ästhetische Befriedigung, und was verstehen wir unter ästhetischem Nutzen?
Hier streiten sich die Experten. Das beginnt mit der Überlegung, dass ein grundsätzliches
Interesse an ästhetischer Qualität beim potenziellen Käufer vorhanden sein muss, wenn ein
Attraktivität: der Schlüssel zum Erfolg? 91

Unternehmen diesen Aspekt in Corporate Design und Produktgestaltung berücksichtigen soll.


Besteht der ästhetische Nutzen in strukturellen Eigenschaften, formalen Qualitäten, anspre-
chender Gestalt, oder entsteht die ästhetische Befriedigung über die symbolhafte Wirkung,
über angenehme Dinge, die dem Konsumenten ins Gedächtnis gerufen werden? Die psycho-
logische Kernfrage ist hier, ob Eigenschaften direkt wahrgenommen oder sie erst kognitiv
verarbeitet werden müssen. Es gibt Erkenntnisse, dass Formen und Farben direkt auf uns
wirken, während andere Reize erst abgeglichen werden. So umfasst der von Bernd Schmitt
und Alex Simonson geprägte Begriff der Marketing-Ästhetik die strukturellen Merkmale der
Ästhetik eines Unternehmens oder einer Marke ebenso wie die Bedeutungen, die über die
genannte Ästhetik kommuniziert werden.
Wir reagieren auf Formen, wir reagieren auf Farben. Eckig oder rund, geradlinig oder ge-
schwungen – männlich dynamisch oder weiblich, weich und harmonisch. Symmetrie – Zei-
chen für Ausgeglichenheit, absolute Harmonie, Perfektion oder pure Monotonie? Leichte
Asymmetrie kann spannend, sogar aufregend, individuell und attraktiv sein. Orange-, Rot-,
und Gelb-Töne werden eher als energiereich wahrgenommen, während Grün-, Blau- und
Violett-Töne ruhiger erscheinen. Ein helles, strahlendes Weiß gilt als fröhlich, sonnig, aktiv,
aber auch als rein und unschuldig. Geheimnisvoll, dunkel, manchmal auch unrein und böse
wirkt Schwarz. Metallische Farben schaffen Assoziationen von Glanz und Ruhm, Luxus,
Helligkeit und Eleganz, vorausgesetzt sie erscheinen nicht als billige Imitationen. Farbkom-
binationen wiederum sind noch stärkere Identitätsboten: Unzählige individuelle Kombinationen
sind möglich, auch solche, die konventionelle Assoziationen für eigene Zwecke nutzbar machen,
wie zum Beispiel Blau, Weiß, Rot für einen Händler französischer Weine – Gerüche, Klänge
und Tastbares möchte ich an dieser Stelle unberücksichtigt lassen, wenngleich sie auch we-
sentlich zur Identitätsprojektion und Attraktivität beitragen. Ein Sinn wird stimuliert durch
einen anderen (Synästhesie). Auf Stil bildende ästhetische Qualitäten bezogen heißt das, der
ästhetische Stil eines Unternehmens setzt sich zusammen aus den einzelnen Grundelementen,
die bereits kurz erwähnt wurden: zum Beispiel Farben, Formen, Gerüche und Materialien.
Neben Stilen werden auch Themen genutzt, um Unternehmens-Ausdrücke in Kunden-
Eindrücke zu verwandeln. Doch was verstehen wir hier unter „Themen“? Ob Firmenhistorie
oder Kernkompetenzen, Strategien, Visionen oder charakteristische Werte: Mit Blick auf
gesellschaftliche Zusammenhänge und Stimmungen, Kunden, Kultur und Wettbewerb wer-
den sie in „Geschichten“ eingebaut, verbal und visuell, die wertvolle Eigenschaften unseres
Unternehmens porträtieren. „Vorsprung durch Technik“ oder „Freude am Fahren“ – in Na-
men, Symbolen, Slogans oder Kampagnen untermauern sie das öffentliche Image unserer
Organisation.

Der „gute Eindruck“


Das Spannungsfeld zwischen gelerntem Wissen und gefühlsmäßiger Haltung, zwischen Sach-
und Anmutungsqualitäten, bestimmt unsere individuellen Entscheidungen. Diese Zweiteilung
stellen wir in verschiedenen Gestaltungsfeldern übereinstimmend fest: In Produktgestaltung
und Corporate Design unterscheiden wir zwischen Funktion und Form. In der Architektur
92 Wie macht man Corporate Identity?

sprechen wir von Struktur und Symbolik und meinen damit die praktische Interaktion mit der
räumlichen Umgebung beziehungsweise die erlebnisorientierten Eigenschaften des Raums.
Die Kommunikationswissenschaft unterscheidet zwei Qualitäten von Botschaften: die zentra-
le Botschaft mit den wichtigsten sachlichen Argumenten und die periphere Botschaft, die für
die attraktiven Rahmenbedingungen zum optimalen Transfer der zentralen Botschaft sorgt
und damit auch gestalterischen Ansprüchen gerecht werden muss. Welche Merkmale im
Einzelfall stärker bewertet werden, hängt von subjektiven Prägungen und Einstellungen ab.
Über die Akzeptanz von Unternehmen und deren Leistungen entscheiden unter anderem
individuelle Wahrnehmung und Wissensstand, Vorstellungen und (vorgefasste) Meinungen,
Einstellungen und Absichten, Wünsche und Bestrebungen. Einen starken Sympathie geben-
den Einfluss üben auch Werteindrücke aus, die übertragen werden, zum Beispiel von der
Produktausstattung (Verpackung, Bedienungsanleitung) auf das Produkt selbst oder von
Erfahrungen mit dem Erzeugnis beziehungsweise mit Händlern oder Servicepartnern auf das
Unternehmen.
Die Adressaten der Kommunikation empfangen nicht passiv alle unsere „ästhetischen Bot-
schaften“: Die in den Identitätselementen transportierten Informationen werden gesammelt
und aktiv verarbeitet. Die wichtigsten Elemente werden interpretiert, Stile und Themen glei-
chermaßen, und so entsteht der Gesamteindruck unserer Organisation. Wenngleich dieser
Gesamteindruck auch sehr mit der individuellen Wahrnehmung zusammenhängt, lässt sich
dennoch skizzieren, über welche Schritte unser Gegenüber ihn gewinnt: Bestimmte Identi-
tätselemente werden wahrgenommen, integriert, Schlussfolgerungen werden gezogen, und
Einstellungen zu unserem Unternehmen oder seinen Leistungen bilden und verfestigen sich.
Dabei bestimmen einzelne, besonders starke Elemente den Gesamteindruck überproportional,
genauso wie jene Informationen, die wir zuerst aufnehmen. Der Gesamteindruck ist mehrdi-
mensional: Zeitlich und räumlich lässt er sich einordnen – von traditionell bis avantgardis-
tisch und von ländlich bis urban, europäisch bis asiatisch. Daneben sind Ursprünglichkeit und
Originalität ebenso prägend wie das wahrgenommene Maß an Kultiviertheit. Zusammenfas-
send kann gesagt werden, dass Gesamteindrücke aus der Summe von Ausdrücken entstehen,
die eine Organisation, eine Marke oder ein Produkt sendet. Nur dann sind diese Gesamtein-
drücke auch schlüssig und für das Unternehmen förderlich, wenn die gesendeten Informatio-
nen gezielt auf-einander abgestimmt sind und somit eine klare Interpretation zulassen. Selbst
wenn individuelle Interpretationen voneinander abweichen, lassen sich diese dennoch grund-
sätzlich den genannten Kategorien zuordnen. An diesem Punkt müssen wir folglich ansetzen,
um neue Eindrücke gezielt zu steuern.

Design: Missverständnis oder Erfolgsfaktor?

Woran mag es liegen, dass bewusst mit Blick auf ihre Anmutung gestaltete Produkte und
Unternehmens-Erscheinungsbilder in ihrer Bedeutung so oft unterschätzt werden – von Kon-
sumenten und Unternehmern gleichermaßen? Rückwirkend betrachtet führte zunächst man-
gelnder Lebensstandard dazu, Bedürfnisse ausschließlich über die reine Sachleistung von
Produkten zu befriedigen, denn um zusätzlich Anmutungsleistung zu erzeugen, hätten Mittel
Attraktivität: der Schlüssel zum Erfolg? 93

eingesetzt werden müssen, die fehlten (Dörner, V.: Die Produktform als Mittel der Anmu-
tungsgestaltung, Köln 1976). Besonders bei langlebigen Gütern erschien es dringlicher, sach-
lich-funktionale Probleme zu lösen und auf technische Perfektionierung zu setzen, anstatt
ästhetischen Ansprüchen gerecht werden zu wollen. Soziale Gegebenheiten, fehlende Infor-
mation und Erziehung auf dem Gebiet der Ästhetik verhinderten das Wachsen ästhetischen
Bewusstseins, was sich bis heute auswirkt, sowohl auf die Art der Nachfrage als auch auf den
systematischen Einsatz von anmutungshaften Gestaltungsmitteln im geschäftlichen Alltag.
Die absatzwirtschaftlichen Chancen von Ästhetik und nachvollziehbarer Anmutungspolitik
werden von vielen Unternehmen verkannt.
Über mangelnden Lebensstandard brauchen wir Industrienationen heute nicht mehr ernsthaft
zu klagen. Was also ist nötig, damit sich professionelle Gestaltung in der Wirtschaft stärker
durchsetzt? Das Dilemma liegt meines Erachtens darin, dass viele Design-Auftraggeber we-
der eine Design-Aufgabe eindeutig formulieren, noch die Leistungen qualifiziert beurteilen
können, die sie einkaufen. Dadurch sind Missverständnisse zwischen dem Auftraggeber und
seinem Design-Berater oft vorprogrammiert. Um es noch klarer zu sagen: Wann und wo
lernen wir während einer „normalen“ Ausbildung in Deutschland, unsere gestaltete Lebens-
umgebung – ich sage bewusst nicht „Design“ – einzuschätzen, zu bewerten oder sie sogar
selbst verantwortungsvoll zu gestalten? Hier liegt das wahre Defizit. Manager ignorieren oder
umgehen ästhetische Aspekte nur zu gern, um sich den ihnen vertrauteren Feldern zuwenden
zu können und keine Unsicherheiten eingestehen zu müssen. Nach meiner Einschätzung
besteht der größte Handlungsbedarf darin, künftige Entscheider in der Wirtschaft als poten-
zielle Auftraggeber fit zu machen. Die Integration von Designthemen in betriebswirtschaftli-
che, ingenieurwissenschaftliche oder sogar juristische Studiengänge wäre ein entscheidender
Schritt dahin, eine Investition in die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland.
Zurück zum Design selbst. Wenn wir über Design im Unternehmen sprechen, muss zunächst
der Designbegriff geklärt werden: Design – ein großes Missverständnis oder ein Innovati-
onsmotor, ein Erfolgsfaktor für Ihr Unternehmen? Wer etwas sagt, will gehört werden. Des-
halb ist es wichtig, dass seine Botschaft eindeutig und unverwechselbar ist und vom Empfän-
ger schnell identifiziert werden kann. Seit jeder Mann, jede Frau Zugang zu Tausenden von
Schriften und so genannten „Cliparts“ hat, wird gestaltet, „Design“ gemacht, was das Zeug
hält, der Rechner hergibt und die Nerven der Mitmenschen aushalten … Nur gut, dass wir
trotzdem erkennen, wer gelernt hat, Informationen sauber zu strukturieren und mit Schrift
und grafischen Elementen so umzugehen, dass diese ihre Kommunikationsaufgabe erfüllen.
Für den kommunizierenden Anbieter bedeutet das: Selbst wenn sich jede Mitarbeiterin und
jeder Mitarbeiter bemüht, das Logo – Wort- oder Bildmarke gleichermaßen – überall einzu-
setzen, unterscheiden sich die gestalteten Medien oft grundlegend durch unterschiedliche
Designauffassungen der Anwender in den einzelnen Bereichen. Differenzen gibt es zum
Beispiel bei Farbigkeit, Formaten, Materialien und in der Typografie, dem Umgang mit
Schriften. Das Ergebnis: Jeder spricht seinen eigenen Dialekt der „Unternehmens-
Zeichensprache“ und weicht auf seine ganz eigene Art von der beabsichtigten Design- und
Kommunikationslinie ab. Nun heißt es vor allem, durch Integration der unterschiedlichen
Kommunikationsquellen im Unternehmen, durch inhaltliche und formale Abstimmung indi-
94 Wie macht man Corporate Identity?

vidueller Aussagen und der dafür eingesetzten Kommunikationsinstrumente, ein wider-


spruchsfreies und dadurch glaubwürdiges Bild zu vermitteln. Ein Bild, das sich einprägt und
das die angestrebte Akzeptanz des Unternehmens bei seinen Auftraggebern und in der Gesell-
schaft unterstützt, indem es Unternehmens-Ausdrücke in die gewünschten Kunden-Eindrücke
verwandelt.
Design ist professionelle Gestaltung in dem Bewusstsein, nicht nur oberflächliche Verände-
rung herbeiführen zu wollen. Gute Designer denken in Zusammenhängen – und es gelingt
ihnen, diese für jeden verständlich zu visualisieren. Manche Gestalter scheitern allerdings an
den Tücken von Funktionalität und Verständlichkeit, einem Anspruch, dem sich jedes Pro-
dukt, jede Dienstleistung und jedes Unternehmen stellen muss, das sich auf dem Markt be-
haupten will. Innovation ist dabei häufig unscheinbar, sie steckt in den kleinen Dingen, den
Details. Je simpler, umso größer sind oft die Marktchancen. Design gibt uns die Chance, zu
einfachen und innovativen Lösungen zu kommen, die ganz nebenbei den Alltag bereichern,
nicht nur durch ihre schlichte und ansprechende Formensprache. Bei der Konferenz „Miss-
verständnis Design“ (Stuttgart, Oktober 2000) habe ich einige Gedanken der Redner aus
Wirtschaft, Forschung und Verbänden notiert: „Design muss man spüren und erleben.“ „Im
Design steckt die Chance, durch Ideen und echte Innovationen nicht nur neue Produkte, son-
dern ganz neue Industrien zu schaffen.“ „Design stiftet Sinn und Identität – für Produkte,
Dienstleistungen, Unternehmen und Menschen.“ „… und es macht als Helfer der Marke
Produkte und Zusammenhänge verständlich.“
Design und Identität sind also auch Grundprinzipien der Produktentwicklung. Vor dem Hin-
tergrund Identität gebender Faktoren sehe ich unter anderem den Trend zu mehr Emotionali-
tät in der Gestaltung von Industrieprodukten. Wer ein greifbares Produkt herstellt, hat es mit
der Visualisierung seiner Ansprüche und Werthaltungen relativ einfach, verglichen mit dem
Dienstleister. Das Design kann eine starke Botschaft vermitteln: schnelllebiges Spaßobjekt
oder solides Produkt mit hohem Gebrauchsnutzen, vielleicht auch noch ökologisch weniger
bedenklich als andere, weil offensichtlich durchdacht, besser verarbeitet, haltbarer, ressour-
cenbewusst, etc. Wenn ich vom Produkt spreche, meine ich seinen Gesamtauftritt, sein Aus-
sehen, die Haptik, Funktion und Gebrauchsqualität, seinen Namen, die Verpackung, Monta-
ge- und Bedienungsanleitung, Benutzerführung im Gebrauch, seine Angebotsform und den
Ort, an dem wir es kaufen können. Das Verständnis von Design befindet sich im ständigen
Wandel. Die Erfahrung zeigt, dass Design Produkte einfach besser machen kann: Die Aspekte
reichen hier von Funktionalität und Nutzerfreundlichkeit über Ergonomie, Kostensenkung in
der Produktion durch geringere Materialvielfalt und Minimierung von Bauteilen bis zu öko-
logischen Verbesserungen. Diese Auffassung ist nach wie vor aktuell und richtig. Daneben
steht der Marketingfaktor. Besonders wichtig ist die Integration verschiedener Design-
Disziplinen, die untrennbar miteinander verbunden sind, wenn es gilt, ein Produkt oder ein
Unternehmen fit für den Markt zu machen. Konkret: Beim Marktauftritt geht es nicht mehr
„nur“ um die reine Produktqualität, sondern zum Beispiel auch um die Gestaltung von Kom-
munikation und Anbieter-Nachfrager-Verhältnissen, also Grafik- und Service-Design. Hinzu
kommt die Beobachtung, dass Designer als Partner und Impulsgeber von Unternehmen ver-
stärkt Innovationsmotoren darstellen, deren Arbeit weit in Bereiche abstrahlt, die man bislang
Attraktivität: der Schlüssel zum Erfolg? 95

nicht unbedingt mit Design in Verbindung gebracht hätte. Ein Stichwort ist die Optimierung
von Veränderungsprozessen. Voraussetzung dafür ist allerdings große Offenheit bei den Auf-
traggebern.
Unternehmen müssen den größeren Zusammenhang ihrer Gestaltungsaktivitäten erkennen,
um sinnvoll investieren zu können. Irgendwie gestaltete Dinge werden im geschäftlichen
Alltag tagtäglich beschafft: Geschäftspapiere, Büromöbel, Fahrzeuge, Werbematerial, Reno-
vierungsarbeiten, etc. – warum also diese Leistungen nicht gleich in ihrer Gestaltung aufein-
ander abstimmen und auf diese Weise Identität fördernd einsetzen? Eingekauft wird ohnehin,
warum also nicht die visuellen Kräfte bündeln? Corporate Design Management setzt hier an.
Kostenargumente zählen nicht mehr, denn Design ist kein Kostenfaktor, sondern eine Investi-
tion. Bedauerlich nur, dass dies bis heute von den deutschen Finanzbehörden weder verstan-
den noch berücksichtigt wird.

Fragen zum praktischen Vorgehen

Zwischen Inszenierung und Wirklichkeit: die Praxis


Im täglichen Leben müssen wir von einer permanenten Gratwanderung zwischen Anspruch
und Wirklichkeit ausgehen. Diese beiden lassen sich nie vollkommen in Deckung bringen, so
lange Unternehmen von Menschen betrieben werden. Es ist zweifellos möglich, sich auf allen
Ebenen einer Organisation beziehungsweise der Unternehmenskommunikation hundertpro-
zentig dafür einzusetzen, diese gewünschte Übereinstimmung zu erreichen. Identität entwi-
ckeln heißt hier, das Spannungsfeld zwischen strategisch motivierter Inszenierung und der
Wirklichkeit lebendig zu halten und dabei den ständigen Dialog gleichermaßen zu fordern
und zu fördern. Um dies ein wenig zu erleichtern, fasse ich die bereits genannten Aspekte zu
einem knappen Überblick zusammen:
„ Attraktiv ist, wer die Leistungen seines Unternehmens mit den Bedürfnissen seiner Kun-
den und Auftraggeber in Deckung bringt.
„ Leistungen und Unternehmen müssen wichtig und interessant sein, wahrgenommen und
identifiziert werden können.
„ Leistungen und Unternehmen haben Sach- und Anmutungsqualitäten. Sie vermitteln Ein-
drücke und Erlebniswerte. Je mehr Sinne angesprochen werden, umso eindeutiger die Zu-
ordnung, je einfacher der Aufbau, umso leichter erkennbar und merkbar.
„ Identität und Attraktivität stehen in ständigem Wechselspiel, sie bestimmen einander.
Beide werden geprägt durch die Anmutungsleistung, die die als selbstverständlich voraus-
gesetzte Sachleistung eines Produkts oder Unternehmens ideal bis zur Unverwechselbar-
keit ergänzt.
„ Ein Produkt kann zunächst auch ohne ausgeprägte Identität attraktiv sein. Langfristiger
Erfolg setzt allerdings Identität voraus.
„ Unternehmens-Ausdrücke sollen ohne Verluste in Kunden-Eindrücke verwandelt werden.
96 Wie macht man Corporate Identity?

„ Die gesendeten Informationen müssen gezielt aufeinander abgestimmt sein, um eine klare,
positive Interpretation zu bewirken – auch, um keine Widersprüche aufzubauen.
„ Der ästhetische Stil einer Organisation setzt sich zusammen aus der Vielzahl vermittelter
sensorischer Erfahrungen. Unter allen Faktoren, die ästhetische Qualität bestimmen, hat
der visuelle Bereich die höchste Bedeutung.
„ Der Gesamteindruck, das Image, entsteht aus der Summe von Ausdrücken: Die Identitäts-
elemente werden wahrgenommen, integriert, Schlussfolgerungen werden gezogen, und
Eindrücke zu Unternehmen und Leistungen bilden und festigen sich. Werteindrücke, die
von anderen Bereichen (Handel, Produktausstattung, etc.), übertragen werden, können
stark Sympathie gebend wirken.
„ Visuelle Erscheinungsformen (Formen und Farben, Materialien, Typografie, etc.) müssen
eine Sprache sprechen, zeitgemäß und leicht verständlich.
„ Corporate Identity bildet die Basis, um sowohl Veränderungsprozesse zu optimieren als
auch Kommunikation und Anbieter-Nachfrager-Verhältnisse zu gestalten.
„ Corporate Design Management: Kostenargumente zählen nicht. Design ist eine Investiti-
on, kein Kostenfaktor.
Identität beginnt mit Fragen. Das sind Fragen, die sich das Management selbst stellen sollte,
und Fragen, die externe Partner wie Auftraggeber, Zulieferer oder Berater an das Unterneh-
men richten. Fragen nach Herkunft, Persönlichkeit, Stil, Anspruch, Zielen, Visionen, nach
Verhältnissen der Mitarbeiter zu Führungskräften, des Arbeitgebers zum Arbeitnehmer, des
Unternehmens zu Kunden und Lieferanten, zu Medien und zur Umwelt, etc. – Fragen, die wir
uns gefallen lassen müssen.
„ Fragen, die das Unternehmen und seine Struktur betreffen:
 Gibt es gemeinsame Werthaltungen, Grundsätze und Leitlinien?
 Hat unsere Organisation eine klare und verständliche Personal- und Führungsstruktur?
 Sind Verantwortung und Zuständigkeiten unmissverständlich geregelt?
 Kennen unsere Mitarbeiter das gesamte Leistungsspektrum des Unternehmens?
 Wie erfahren Mitarbeiter von Veränderungen im Unternehmen?
 Wie ist das Betriebsklima? Reden wir miteinander?
 Sind Kritik und Verbesserungsvorschläge gewünscht?
 Sind Mitarbeiter und Führungskräfte motiviert und in ihren Aufgabenfeldern zufrieden?
 Gibt es Anreize für die Mitarbeiter, die an die Zufriedenheit unserer Kunden gekoppelt
sind?
„ Fragen zur Kommunikation:
 Welche Eindrücke wollen wir erzeugen?
 Was müssen wir ausdrücken, um dies zu erreichen, und mit welchen Mitteln?
 Welche Informationen müssen wir verknüpfen, um einen schlüssigen Gesamteindruck
zu schaffen?
 Ist unsere Korrespondenz verständlich?
Attraktivität: der Schlüssel zum Erfolg? 97

 Setzen wir Public Relations professionell ein? Mit einem angemessenen Jahres-
Budget?
 Wie gehen wir mit Pannen um, die die Öffentlichkeit betreffen? Beispiel Brent Spar,
Beispiel A-Klasse, Beispiel Lebensmittelskandale – Krisen-PR als Stichwort.
 Welche Rolle spielt Werbung in unserer Unternehmenskommunikation? Gibt es dafür
ein festes Budget?
„ Fragen zum Verhalten:
 Sind wir erreichbar? Haben wir attraktive Öffnungszeiten?
 Lächeln wir am Telefon? Lassen wir Anrufer in nervigen Warteschleifen hängen?
 Wie schnell bearbeiten wir die Post? Und E-mails?
 Müssen unsere Kunden und Geschäftspartner erst unverständliche Formalitäten erledi-
gen, um eine Leistung zu bekommen?
 Wie betreuen wir unsere Auftraggeber, und wie halten wir den Kontakt zu ihnen nach
Abschluss eines Auftrags?
 Halten wir, was wir versprechen? Wie gehen wir mit Reklamationen um, wie mit Zu-
satzinformationen, die der Kunde wünscht?
 Welche Entscheidungsspielräume haben Mitarbeiter gegenüber Kunden?
 Ist unsere Leistung schon beim ersten Kundenkontakt vorbildlich?
 Integrieren wir unsere Auftraggeber und Kunden in die Weiterentwicklung unserer Or-
ganisation?
 Passen wir unser Angebot permanent den Kundenwünschen an?
 Was tun wir Führungskräfte, um die Identifikation jedes Einzelnen mit dem Unterneh-
men zu festigen?
 Was tragen wir dazu bei, dass sich Mitarbeiter und Führungskräfte permanent weiter-
bilden und ständig mit Fachthemen auseinandersetzen? Ist das tatsächlich fester Be-
standteil unserer Unternehmenskultur?
„ Fragen zur Gestaltung:
 Welches Umfeld schaffen wir, damit sich der Auftraggeber wohlfühlt und uns vertraut?
 Wie sind unsere Geschäftsräume gestaltet? Bieten wir Gesprächspartnern Getränke an?
 Welche Bedeutung hat professionelle Gestaltung in unserer Unternehmenskultur?
 Kennt das Topmanagement unsere Designer?
 Auf welcher Hierarchieebene wird über Gestaltungsfragen entschieden? Sind die Ent-
scheider tatsächlich dazu qualifiziert?
 Ist unser visuelles Erscheinungsbild professionell und zeitgemäß, markt- und medien-
gerecht?
 Visualisiert es die wesentlichen Aussagen unseres Unternehmens angemessen?
 Ist das Corporate Design unserer Organisation so aufgebaut, dass es jeder nachvollzie-
hen kann?
 Wo sind die Elemente und Anwendungsregeln dokumentiert? Sind sie für alle Mitarbei-
ter zugänglich? Und für externe Partner, die Gestaltungsleistungen in unserem Auftrag
erbringen müssen?
98 Wie macht man Corporate Identity?

 Werden die Corporate Design-Leitlinien konsequent umgesetzt? Wer ist im Unterneh-


men dafür verantwortlich?
 Wie wirken Design und Service zusammen?
Die Liste ist damit längst nicht zu Ende. Es sind keine neuen Fragen, doch sie alle stehen im
direkten Zusammenhang mit Identität und Attraktivität. Hier gibt es erhebliche Gestaltungs-
möglichkeiten, die dazu führen können, dass sich Menschen intensiver mit unserem Unter-
nehmen, seinen Produkten und Dienstleistungen identifizieren, innen wie außen. Und das hat
mit Sicherheit auch Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit. Ein Schlüssel zum Erfolg ist
die Empathie, die Fähigkeit, sich in das Denken, das Fühlen und in die Einstellungen anderer
Menschen hinein zu versetzen. Wer ernsthaft versucht, seinen Kommunikationspartner ken-
nen zu lernen, ist einen entscheidenden Schritt voran gekommen, für sein Gegenüber auch ein
attraktiver Partner zu sein. Wir müssen uns nur auf den Weg machen. Das ist vergleichbar
mit dem Stein, der ins Wasser geworfen wird und dessen Kreise sich nicht mehr einfangen
lassen. Alles in allem resultiert daraus schließlich der gewünschte Imagegewinn für das Un-
ternehmen und seine Leistung.
Wie sorgt man für das richtige
und motivierte Verhalten?

Corporate-Behavior-Konzeption

„Was einen guten Manager ausmacht, ist die Fähigkeit,


andere zu ungewöhnlichen Leistungen zu veranlassen.“
[Parkinson]

Aufbauend auf die Unternehmenskultur und den daraus entwickelten und formulierten Un-
ternehmensgrundsätzen vermitteln die drei unterschiedliche CI-Bereiche eine ganzheitliche
Corporate Identity nach innen und außen. Neben dem einheitlichen Erscheinungsbild (Corpo-
rate Design) und der abgestimmten Kommunikation (Corporate Communication) ist das
einheitliche Verhalten (Corporate Behavior) der entscheidende Erfolgsfaktor zum Aufbau
einer Corporate Identity.
Was gehört zu einem Verhaltenskonzept? Mögliche Bestandteile des Corporate-Behavior-
Konzeptes sind:
1. Allgemeine Vorstellungen:
 Ziele (Bezug zu Organisationsgrundsätzen), Grundlagen, Strategie ...
2. Grundsätze des Verhaltens:
 Führungsgrundsätze,
 Verhaltensgrundsätze ...
3. Führungskonzept/Mitarbeiterführung:
 Management, Mitarbeitermotivation,
 Führungsstil, Arbeitsverhalten,
 Arbeitsweisen (Teamarbeit, Teamentwicklung, Projektmanagement ...),
 Arbeitsabläufe (Arbeitsplatzgestaltung),
 Organisationsstruktur ...
100 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?

4. Personalentwicklung:
 Auswahl, Einstellung, Ausbildung,
 Weiterbildung, Schulung,
 Sozialbereich, Sport- und Freizeitaktivitäten,
 Betreuung,
 Beförderung,
 Beurteilung,
 Entlassung ...
5. Mitarbeiterinformation/-kommunikation:
 Informationen,
 Veröffentlichungen,
 Anlässe, Traditionen ...
6. Auftreten nach außen:
 Marketing, Vertrieb, Verkauf, Kundendienst, Kundenorientierung,
 Präsentationen, Promotion, PR, Projekte, Veranstaltungen, Medien,
 Telefonverhalten,
 Kooperationspartner,
 Region, Standort …
Schaffung, Stärkung und Entwicklung von Verhaltenskompetenzen durch ein ganzheitliches
Corporate-Behavior-Konzept:
„ Grundlagen-Kompetenz,
„ Fach-Kompetenz,
„ Sozial-Kompetenz,
„ Methoden-Kompetenz,
„ Handlungs-Kompetenz,
„ Team-Kompetenz,
„ Projekt-Kompetenz,
„ Führungs-Kompetenz.
Corporate Behavior umfasst das Verhalten des Unternehmens nach innen und außen, allge-
mein das Auftreten und das Verhalten gegenüber den Mitarbeitern und untereinander sowie
gegenüber den Kunden, den Führungskräften, den Kooperationspartnern und der Öffentlich-
keit. Das Verhalten der Mitarbeiter wird nicht dem Zufall überlassen, son-dern ist von den
Unternehmensgrundsätzen und den entsprechenden Zielen abgeleitet. Durch dieses abge-
stimmte, widerspruchsfreie Verhalten werden die Einzelwirkungen nicht gegenseitig aufge-
hoben und die Zielgruppen auch nicht durch unterschiedliches Verhalten verunsichert. Ziel-
setzungen dabei sind:
Corporate-Behavior-Konzeption 101

1. durch eine einheitliche Orientierung die Einzelwirkungen zu verstärken


(Synergieeffekte zu schaffen),
2. dadurch auch ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu entwickeln (Wir-Gefühl), das
3. ein Wohlbefinden der Mitarbeiter mit sich bringt und
4. eine Steigerung der Mitarbeitermotivation und der Leistung bedeutet und was
5. zusammen eine hohe Identifikation der Mitarbeiter aufbaut
(Identität mit dem Unternehmen).
Corporate Behavior umfasst drei unterschiedliche Verhaltensbereiche:
1. das einheitliche (z. B. typische, freundliche und persönliche) Verhalten, insbesondere im
instrumentalen Bereich als Basis.
2. das alltägliche Verhalten der Mitarbeiter untereinander
(z. B. informelles Verhalten, Führungsverhalten usw.) und
3. das Verhalten gegenüber der Öffentlichkeit und den Medien (z. B. das Auftreten, die
Zusammenarbeit mit anderen Organisationen und Verbänden usw.).
Durch das abgestimmte Zusammenspiel der einzelnen Verhaltensweisen werden ein einheitli-
ches Erscheinungsbild und Synergieeffekte aufgebaut, sodass sich Einzelwirkungen nicht
behindern und gegenseitig aufheben. Da das nur über eine gute Identifikation der Mitarbeiter
mit ihrem Unternehmen geht, wird die Beteiligung im Rahmen eines Prozesses notwendige
Voraussetzung. Zur Erarbeitung und auch zur Reflexion über die Mitarbeiterzufriedenheit
dienen die 10 Grundsätze zur Mitarbeiterzufriedenheit. wobei dabei die oberste Zielsetzung
die Weiterentwicklung der Mitarbeiter ist.
Corporate Identity ist nur dann erfolgreich, wenn sie von den Mitgliedern gelebt wird – inso-
fern ist der Corporate-Behavior-Bereich auch der entscheidende für das Unternehmen. Das
Management muss also eine Personalentwicklung aufbauen und im Rahmen des CI-Gesamt-
konzeptes umsetzen.

CI-orientierte Mitarbeiterführung

„Um ein guter Manager zu werden, muss man erst einmal lernen,
sich wie ein guter Manager zu verhalten.“
[Jay Hall]

Mitarbeiterführung zwischen Effizienz und Menschlichkeit


Egomane oder Coach ? Top-Manager oder Top-Mensch ? Führungsverantwortung von Managern.
In Zeiten von wirtschaftlichen Krisen und gesellschaftlichen Veränderungen verschärfen sich
die Wettbewerbsbedingungen, und Umdenk- und Entwicklungsprozesse werden immer wich-
tiger. Allein ein gutes Image, ein gutes Design, Topqualität und Wirtschaftlichkeit reichen
102 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?

nicht mehr aus, um eine Positionierung im Markt und damit den Unternehmenserfolg zu
erreichen. Eine erfolgreiche Profilierung im Wettbewerb ist nur mit einer längerfristigen und
ganzheitlichen Strategie zu entwickeln, die die Organisations-, Design- und Personalentwick-
lungen verbindet, sodass diese Konzepte, Projekte und Richtlinien auch wirklich von den
Mitarbeitern gelebt werden. Ohne diese Vernetzung und ohne besondere Werte, die zusätzlich
hinzukommen (added value, Begeisterung, Identität) und das Leistungsangebot ebenso durch
weiche Erfolgsfaktoren noch abrunden, bleiben die technokratischen Verbesserungsansprüche
wie Total-Quality-Management, Reengeneering und Lean Management ohne entscheidende
Wirkung und führen nur zu Anfangserfolgen. Gefragt ist also die Identifikation der mitden-
kenden Mitarbeiter als Grundlage für einen erfolgreichen Veränderungsprozess: Vom Produkt
zum Prozess, vom Profil zum Profit!
Gerade in Krisen und Veränderungsprozessen sind die Führungskräfte besonders gefordert.
Sie müssen diese Prozesse begleiten, steuern und vorbildlich vorangehen. Für diese Füh-
rungsaufgabe werden sie bezahlt – sie tragen die Führungsverantwortung. Aber die Manager
haben Angstgefühle: Enttäuscht (33 Prozent), ängstlich und verunsichert (30 Prozent) reagie-
ren die Manager auf die Veränderungen der 90er Jahre des 21. Jahrhunderts. Optimismus und
Kampfgeist, die nötig wären, um die Krise zu meistern, zeigen nur 26 Prozent (Capital 3/94).
Es fehlen die Aufbruchstimmung bei den Managern, die vorbildliche Übernahme der Verant-
wortung und die Kompetenz für die Gestaltungsprozesse. Sind unsere Manager schlecht?
Menschlich und beruflich sind sie in die Diskussion geraten. „Nieten in Nadelsteifen“, „Im
Beruf top – zuhause flop“, sind typische Schlagzeilen. Unsere Manager gelten als unglaub-
würdig, überfordert und scheinen nicht die geforderte Kompetenz und Verantwortung zu
haben. Sie fordern von anderen, was sie selbst nicht vorleben. Mitarbeiter sollen mehr Leis-
tung erbringen und sich in ihrem Denken und Verhalten verändern, damit die Krise überwun-
den wird. Aber was machen die Führungskräfte? Manager von heute müssen Moderatoren für
Veränderungsprozesse sein. Sie müssen Veränderungen nicht nur technisch und organisato-
risch anstoßen, sondern vor allem auch Motoren für die umfassenden Neuerungsprozesse sein
und dafür auch Kompetenzen, Strategien und Instrumente besitzen. Um agieren und nicht nur
reagieren zu können, um Krisen bewältigen und die Zukunft bewusst gestalten zu können,
sind Prozess-, Team- und Konfliktmanagement wichtiger denn je. Ganzheitliche Unterneh-
mensstrategien, die darauf ausgerichtet sind, dass sich die Mitarbeiter mit dem Unternehmen
identifizieren können, sind gerade in schwierigen Zeiten und im harten Wettbewerb die ent-
scheidenden Wettbewerbsfaktoren. Je härter der Wettbewerb, je komplexer die Aufgaben,
desto wichtiger die glaubwürdigen Visionen und vertrauenswürdigen Führungskonzepte. Eine
gute Unternehmenskultur und Corporate Identity zahlt sich vor allem in der Krise aus. Bei-
spiele aus Deutschland und Amerika zeigen immer mehr: Unternehmen mit mitarbeiterorien-
tierten Führungsstrategien sind wirtschaftlich weitaus erfolgreicher als hierarchisch organi-
sierte Betriebe mit einsamen Entscheidern an der Spitze. Doch nur wenige Manager haben
sich schon wirklich verändert und handeln nicht mehr als Patriarch, sondern sehen die Zu-
kunft in einem Miteinander. Die Praxis der Unternehmensberatung und Umfragen zeigen,
dass in rund 80 Prozent der Fälle die Mitarbeiter zu wenig in Veränderungsprojekte mit ein-
bezogen werden, dass die Erfolge unzureichend sind und die Strategien damit scheitern.
Ressourcen werden verschwendet, Ziele nicht erreicht, Demotivation und Frustration behin-
Corporate-Behavior-Konzeption 103

dern neue Projekte, und dabei geht es um den wirtschaftlichen Erfolg und um Arbeitsplätze.
Die eigentlichen Ursachen solcher Fehlentwicklungen liegen in den Führungskräften selbst.
Auf der Suche nach effektivem und effizientem Arbeiten sind Manager in der Sackgasse. Sie
versuchen noch wie früher, die alten technokratischen Managementtechniken weiter zu stei-
gern, z. T. in neuen Erscheinungsformen, und sie haben aber immer noch nicht gelernt umzu-
denken.
Nur mit neuen ganzheitlichen Strategien können Herausforderungen und Veränderungen
erfolgreich bewältigt werden. Führungskräfte haben die Verantwortung für Veränderungs-
und Gestaltungsprozesse und dürfen nicht die größten Verhinderer sein, sondern die entspre-
chenden Begleiter, Moderatoren und Vorbilder.
Sind Manager von ihrem Verständnis her bereit für einen gemeinsamen Veränderungsprozess,
für ein Miteinander, für eine lernende Organisation? Oder suchen sie lieber technokratische
und scheinbar risikolose Entscheidung, und merken nicht, dass das der größte Fehler ist?
Wirtschaftlicher Erfolg wird immer mehr von den Mitarbeitern abhängen, die mit ihrem
kreativen Potential und Know-how zum Wettbewerbsvorteil beitragen. Humanressourcen
erfordern aber Kooperation, Kommunikation und Information und setzen Ehrlichkeit voraus.
Nach einer Untersuchung der Fachhochschule Köln 1996 fühlten sich in deutschen Uner-
nehmen über 60 bis 70 Prozent der Mitarbeiter überfordert (Folge der Konzentration auf harte
Faktoren), und über 80 Prozent hätten gerne einen ehrlicheren Chef. Auch in neueren Unter-
suchungen 1999 über das Scheitern von Strategien sind die häufigsten Bremsen mangelnde
Information und Motivation der Mitarbeiter. Mangelnde Klarheit und Beteiligung der Mitar-
beiter führen auch international zu Widerständen und Problemen, die die Veränderungspro-
zesse scheitern lassen. Warum stellen sich Manager nicht darauf ein, warum handeln sie nicht
entsprechend? Ängste, Unsicherheiten und Unehrlichkeiten von Managern dürfen nicht den
gesamten Unternehmenserfolg bestimmen! Veränderungen beginnen also nicht im Kopf,
sondern im Bauch!
Da gibt es aber auch noch die andere Position einiger Führungskräfte, die meinen, enorme –
zumindest monetäre – Erfolge aufzeigen zu können und die überhaupt nichts von einer mitar-
beiterorientierten Strategie für unternehmerische Entscheidungsprozesse halten. In ihren
Augen führt nur eine starke und autoritäre Persönlichkeit an der obersten Spitze zu Erfolgen,
eine Führungspersönlichkeit, die alle Konflikte fest im Griff hat. Unsere Wirtschaft braucht
ihrer Meinung nach die dominanten Top-Manager, die freie Hand bei der Machtausübung
erhalten. Solche Ordnungs- und Führungsprinzipien sind angeblich von der Natur im Men-
schen genetisch programmiert, weil sie ihnen zugleich Sicherheit, Schutz und Berechenbar-
keit bieten. „Intelligenz und fachliche Qualifikationen sind wichtig, reichen aber nur für die
erste Führungsetage. Wer in die Spitzenpositionen von Unternehmen will, der darf da schon
Defizite haben, muss aber sonst ein ausgesprochener Egomane sein und Eigenschaften besit-
zen, die mit dem humanistischen Menschenbild wenig gemein haben: Ehrgeiz, Machtstreben,
Entscheidungsfreude, Konfliktfähigkeit, taktisches Geschick, Geltungsbedürfnis, Eitelkeit
und Egoismus.“ So beschreibt Erwin Conradi, Chef des Metro-Konzerns sich und seine Kol-
legen Top-Manager (Braunschweiger Zeitung vom 25.01.99). Er hat keine Hemmungen bei
solchen Aussagen, erhält die Ehrendoktorwürde der Technischen Universität Braunschweig
104 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?

dafür und genießt für seine Aussagen und Taten hohes Ansehen. Ähnlich erschreckend wirkt
auch die honorige Anerkennung durch Abfindungszahlungen in Millionenhöhe bei Entlas-
sungen bzw. beim Zurücktreten von Top-Managern aus dem Vertrag, weil sie nachweisliche
Fehler bei der Unternehmensführung zu verantworten haben und damit nicht mehr tragbar
sind.
Wenn wir solche Meinungen und Handlungen ernst nehmen und zulassen, werden wir „re-
giert durch die Dummen“, die obendrein noch einfordern, dass „man dann großzügig über all
die Rituale, Statussymbole und Marotten solcher Top-Leute hinwegsehen (sollte), obwohl die
oft seltsam exzessiv und sehr gekränkt reagieren, wenn sie nicht beachtet werden.“ Wer lässt
es zu, dass solche Typen Macht und Verantwortung tragen – ist das der Preis für den Erfolg?
Wenn solche Top-Manager unehrlich und egoistisch mit Menschen umgehen, sich so pfauen-
haft darstellen und unglaubwürdig und verantwortungslos handeln, sollten wir auf diese
Erfolge verzichten. Genetische Programmierung von Hierarchien und Darwinismus heißt
„Zurück zur Natur!“ Gerade diese Top-Manager verlangen von anderen Veränderungen, die
die Erfolge bringen sollen.

„Wenn wir an einem Kind etwas ändern wollen, sollten wir zuerst prüfen,
ob es sich nicht um etwas handelt, das wir selbst ändern müssen.“
[C. G. Jung]

Es gibt wohl unterschiedliche Auffassungen von Management und unterschiedliche Werthal-


tungen. Ich gehe auf Distanz zu solch fragwürdigen „Erfolgen" durch derartige „Top-
Manager“. Manager und Führungskräfte, die es in einem Prozess gemeinsam mit den Mitar-
beitern schaffen, glaubwürdige Erfolge aufzubauen und sich als Vorbilder und ehrliche und
offene Menschen zeigen können, sind für mich Top-Manager, weil sie Top-Menschen sind,
die Macht nicht zu fragwürdigen Manipulationen missbrauchen. Managen heißt nicht, alles
ist erlaubt, wenn es Erfolg verspricht, der Zweck heiligt immer noch nicht automatisch die
Mittel! Erfolge dürfen nicht auf Kosten menschlichen Anstands und Anspruchs errungen
werden! Vielleicht können Top-Manager doch lernen?
Das Schiff, die See und der Wind: Natur, die den Menschen formt. Traditionelle Seemann-
schaften lernen, Teil eines Teams zu sein, unter fordernden Verhältnissen auf andere Rück-
sicht zu nehmen, Verantwortung für sich selbst, für andere und das Schiff zu übernehmen!
Das sind die Ziele des internationalen „Sail Training“.
Effizientes Führen heißt, die Mitarbeiter erfolgreich zu machen.
Und dies funktioniert nur durch das Verändern ihrer Verhaltensweisen durch Personalent-
wicklung. Das Hauptziel der Führung ist Erfolg, der durch die Mitarbeiter erarbeitet wird.
Führung als einfache Delegation, Koordination und Begleitung zu verstehen, wäre zu wenig.
Es geht also darum, die Mitarbeiter zu verändern. Dazu braucht der Vorgesetzte ein Verständ-
nis von Verhalten, Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Verhaltenskorrektur. Nicht jeder ist dabei
ein geborener Meister – aber man kann sehr viel dazulernen und verbessern.
Corporate-Behavior-Konzeption 105

„ Eine Leitung ist dann gut, wenn die Menschen kaum merken, dass sie existiert.
„ Sie ist weniger gut, wenn die Menschen ihr gehorchen und Beifall zollen.
„ Sie ist schlecht, wenn sie verachtet wird.
Versagt eine Leitung den Menschen die Achtung, dann wird auch sie verachtet; bei einer
guten Leitung aber, die wenig Aufhebens macht, wenn die Arbeit getan, die Ziele erreicht
sind, werden sie sagen, „wir haben es selbst gemacht.“ nach Laotse
Die wichtigsten Quellen für die Kompetenz und Innovation einer Organisation sind die Mit-
arbeiter. Zwischenmenschliche Beziehungen, Wohlbefinden und Identifikation be-stimmen
den Erfolg. Führen heißt nicht demotivieren, sondern motivieren und Gespräche führen.
Erfolgreiche Führungskräfte weisen gemeinsame Eigenschaften auf, die ursächlich sind für
ihre gute Führungsleistung. Diese allgemeinen Kompetenzen sind erlernbar und gerade in
Zukunft besonders gefragt, um den starken Veränderungen in Gesellschaft und Wirtschaft
entsprechen zu können. Dabei sind die ersten fünf Persönlichkeitsfaktoren eher traditionell
und die anderen eher eine Herausforderung durch die technologischen, ökologischen, interna-
tionalen Veränderungen und den Wertewandel.

Kompetenzkatalog für Führungskräfte

Folgende Kompetenzen für Führungskräfte sind notwendig:


1. Führungswille, Leistungsorientierung, mehr tun, um aufzusteigen, Initiative ergreifen,
2. Belastbarkeit, Robustheit, persönliche Belange kontrollieren, Umgang mit der eigenen
Person,
3. Selbsteinschätzung der Stärken und Schwächen, Selbstvertrauen,
4. überzeugendes Auftreten, Kontaktfähigkeit, Führungspersönlichkeit,
5. intellektuelle Kompetenzen, logisches Denken, Konzeptentwicklungen, internationales
Denken,
6. Flexibilität, um auf veränderte Bedingungen reagieren zu können,
7. Innovationsfähigkeit, offen und kreativ sein, Bereiche vernetzen,
8. Einfühlungsvermögen, um Wirkungen zu erfassen, sich in andere hineinzuversetzen und
motivieren zu können,
9. Förderung der Mitarbeiter, Teamarbeit, motivierende Menschenführung,
10. interpersonale Kompetenzen, Sprechkompetenz, Gesprächsführung, Gruppenverhalten
managen, Einfluss ausüben, Sensibilität für Situationen und Menschen und seine eigene
Person.
106 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?

Eine Anleitung zur Entwicklung selbständiger und mitdenkender Mitarbeiter durch ein CI-
Management (Abb. 18) geht aus von der Akzeptanz und Motivation und schafft eine entspre-
chende Führungskultur für selbstverantwortliches Handeln. Dazu gehören Vorbild, gemein-
same Zielvereinbarungen und Controlling und gegenseitiges Vertrauen.
Leitung heißt Führung, Steuerung, Organisation, Entscheidung, Delegation. Leitung ist nicht
Verwaltung und Aufsicht. Als Führungskraft erwartet man vom Leiter einer Organisation
mehr als nur das Erfüllen einer Verwaltungs-, Ordnungs-, Delegier- und/oder Aufsichtsfunk-
tion. Der Leiter ist hier besonders in seiner sozialen Kompetenz in der Leitungsfunktion
gefragt. Durch seine Person, sein Verhalten, sein Vorbild, seine Wirkungen bis hin zur Ge-
sprächsführung gibt er der Organisation auch ein spezifisches Profil.

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 18: Der selbstständige und mitdenkende Mitarbeiter
Corporate-Behavior-Konzeption 107

Hier sind folgende Komponenten von Bedeutung:


„ Selbstverantwortung,
„ Gesamtverantwortung,
„ Entscheidungsverantwortung.
In der Erkenntnis, dass die Mitarbeiter das wertvollste Element des Unternehmens sind, sollte
eine aufgeschlossene, weitsichtige Personalführung mit fortschrittlichen Arbeitsbedingungen
die Voraussetzung zur Bildung einer echten Arbeitsgemeinschaft schaffen, in der sich die
Mitarbeiter wohl fühlen und die sich durch Fähigkeit, Einsatz und gute Zusammenarbeit
auszeichnet. Die Personalpolitik hat somit viele Zielsetzungen, die ihre Notwendigkeit bzw.
Bedeutung besonders betonen. Um ein gutes Arbeitsklima aufbauen und halten zu können,
darf kein Aspekt vernachlässigt werden. Eine hohe Motivation der Mitarbeiter kann zum
Beispiel schlechte Arbeitsbedingungen kurzfristig überbrücken – aber nicht auf Dauer erset-
zen. Es kommt also darauf an, die Personalführung mit ihren vielfältigen Ansätzen ganzheit-
lich anzugehen.
Folgende grundsätzlichen Aufgaben des Leiters können zusammengefasst werden:
„ Der Leiter hat seine Mitarbeiter zu führen. Diese Führungsaufgabe hat er so zu bewälti-
gen, dass das Engagement, die Leistung und die Zufriedenheit der Mitarbeiter gefördert
werden. Darin erweist sich die Führungsleistung eines Vorgesetzten.
„ Der Leiter hat den Arbeitsablauf in seinem Zuständigkeitsbereich ziel- und sachgerecht zu
leiten. Das bezieht sich auf die Arbeitsbedingungen, die Arbeitsabläufe/Arbeitsstrukturen,
die Zusammenarbeit, die Arbeitsleistung/Qualität. Der Leiter hat alle Sachaufgaben zu er-
ledigen, die sich nicht für eine Delegation an seine Mitarbeiter eignen. Diese Aufgaben
sind möglichst zu begrenzen.
Um die Glaubwürdigkeit eines Unternehmens ist es schlecht bestellt, wenn sich die in der
Öffentlichkeit herausgestellten Attribute – zum Beispiel kundenfreundlich, flexibel, fort-
schrittlich und verantwortungsbewusst – nicht auch im Verhalten der Mitarbeiter widerspie-
geln. Grundlage für eine gute Außenwirkung ist immer die durch eine CI abgestimmte Ver-
haltensweise, die für das Unternehmen spezifisch ist.
Ziele der Mitarbeiterführung:
Ich möchte in meiner Funktion erreichen, dass ...(Grob-Orientierungen in Klammern):
1. ... in dieser Organisation ein Klima entwickelt wird, das eine sachliche Arbeit von hoher
Qualität ermöglicht (Effizienz und hohe Qualität).
2. ... die an dieser Organisation Beteiligten eine konstruktive Zusammenarbeit entwickeln
(gute Zusammenarbeit).
3. ... gemeinsam Zielsetzungen, Innovationen und Aktionen mit einer positiven Ausstrah-
lung nach innen und außen erarbeitet werden (gutes Betriebsklima und positives Image).
108 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?

4. ... sich der einzelne Mitarbeiter engagiert, persönlich angesprochen und wohl fühlt (Zu-
friedenheit der Mitarbeiter).
5. ... die Mitarbeiter die eingeführte Corporate-Identity-Konzeption der Organisation mit
tragen und vertreten (Corporate Identity leben und Identifikation).

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 19: Personalführung

Die Mitarbeiter erwarten vom Leiter, dass er die Aktivitäten und Prozesse so koordiniert, dass
das übergeordnete Ziel des Unternehmens (Unternehmenserfolg) sachlich und menschlich
erreicht werden kann. Die individuellen Führungsstile des Leiters können jeweils mehr die
Corporate-Behavior-Konzeption 109

Sachprobleme oder die menschlichen Aspekte betonen. Der ideale Führungsstil versucht eine
harmonische Integration der Faktoren Mensch und Unternehmen – obwohl es diesen Chef in
der reinen Form gar nicht geben kann. Aber gerade hier eine gute Balance zu finden, ist die
Aufgabe einer Führungskraft (Abb. 19). Die Personalführung der Leiter ist zielorientiert,
mitarbeiterbezogen und situationsbestimmt, wobei deren Mitarbeiter und die sachbezogenen
Aufgaben gleichermaßen wichtig sind und sich unmittelbar auf das jeweilige Arbeitsklima
auswirken – positiv oder negativ: Mitarbeiterführung zwischen Effizienz und Menschlich-
keit! Die Leitung hat heute mehr denn je über die Fähigkeiten zu verfügen, mit ihren Mitar-
beitern vernünftig und sachorientiert umzugehen, sie zu Leistungen zu motivieren, sie also
„führen“ zu können. Im Hinblick darauf lassen sich aus dem allgemeinen Aufgaben- und
Anforderungskatalog einige Leitsätze zur Leitung formulieren, die Sie entsprechend spezi-
fisch ergänzen sollten:
„ Der Leiter sollte seine Mitarbeiter möglichst umfassend informieren und sie möglichst
weitgehend bei der Erarbeitung von Konzeptionen und Zielsetzungen beteiligen,
„ die Leiterin delegiert Aufgaben und Befugnisse an ihre Mitarbeiterinnen,
„ der Leiter sorgt für eine rechtzeitige und vollständige Information und entsprechende
Grundlagen,
„ der Leiterin obliegt die Aufsicht und die Kontrolle der Arbeitsergebnisse,
„ der Leiter hat seine Mitarbeiter zu fordern und zu fördern,
„ die Leiterin sorgt für ihre Vertretung,
„ der Leiter hat sich um eine gute Kommunikation zu bemühen,
„ die Leiterin hat die Organisations-, Personal- und Designentwicklung als ganzheitlichen
Identitäts-Prozess zu gestalten.
Die Führungsaufgaben des Leiters mit sozialen Aspekten werden zukünftig immer mehr an
Bedeutung gewinnen. Der Leiter muss dabei nicht nur eine ausgeprägte Kommunikationsfä-
higkeit haben, sondern er hat dabei auch die Motivation der Mitarbeiter zu beachten (Motiva-
tionsfähigkeit), sowie die Identifikation mit dem Unternehmen (Identifikationsfähigkeit); und
er hat letztlich immer wieder mit neuen Ideen und Vorschlägen anzuregen zu einer gemein-
samen Aufgabe: Verbesserung der Organisation (Innovationsfähigkeit). Die Führungskraft
muss bei sich beginnen und ihr Ich neu denken (Abb. 20). Das alleinige Durchsetzen und
Entscheiden wie in den 60er Jahren reicht nicht mehr aus. Das sich völlige Zurücknehmen
wie in den 70er und 80er Jahren und alles nur in gemeinsamen Prozessen zu entscheiden, ist
heute auch nicht mehr möglich. Die unterschiedlichen Führungsstile müssen integriert wer-
den. Das Ich neu denken heißt, aus beiden Positionen die richtigen Ansätzen heraus nehmen
und zu einem ganzheitlichen Ansatz integrieren. Dieser neue Ansatz kann den komplexen und
innovativen Ansprüchen und Anforderungen eher gerecht werden und helfen, damit erfolg-
reich zu leiten.
110 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?

Die Notwendigkeit, den herkömmlichen autoritären Führungsstil zu ersetzen, geht auf drei
Gründe zurück:
„ Allgemeine Grundlage ist der Wertewandel in unserer Gesellschaft, der sich auf alle Be-
reiche übertragen hat.

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 20: Das Ich neu denken

„ Maßgeblich ist auch die zunehmende Flut von Informationsmaterial und neuen Anforde-
rungen, Erwartungen und Veränderungen. Eine effiziente Führung muss sich zwangsläufig
aus der Fülle von Einzelinformationen und Entscheidungen des Alltags lösen, um mehr
Zeit für eigentliche Managementaufgaben des Planens, Steuerns und auch Kontrollierens
zu haben – aber auch Zeit für den überaus wichtigen Bereich Personalführung.
Corporate-Behavior-Konzeption 111

„ Die bloße „Befehlsausführung“ schafft bei den Mitarbeitern nur Unwillen und Frustration
und gewährleistet nicht das selbstverantwortliche Mitdenken, die erforderliche Motivation,
Eigeninitiative und Identifikation mit dem Unternehmen.
Diese „neuen“ Aufgaben des Leiters, die zum Teil auf ältere Erkenntnisse zurückgehen, er-
halten heute eine besondere Bedeutung: Die Frage nach der Motivation von Mitarbeitern ist
zum entscheidenden Problem geworden – und zwar in allen Bereichen, in denen mit Men-
schen umgegangen wird.
In den Unternehmen hat sich gezeigt, dass diese fundamentalen und einschneidenden Ände-
rungen der Denkweisen, der Strukturen und Abläufe nicht durch Anordnungen von heute auf
morgen durchgesetzt werden können. Die Umstellungen bedürfen vielmehr der sorgfältigen
Vorbereitung, Schulung und Begleitung. Es sind entsprechende Lernprozesse bei den Leitern,
aber auch bei den Mitarbeitern in Gang zu setzen. All das braucht seine Zeit. Der Kern der
neuen ganzheitlichen Führungssysteme liegt in zwei Ansätzen:
„ Die Leitung hat bewusst darauf zu verzichten, über alle Details informiert zu sein und
darüber zu entscheiden. Das heißt, sie hat Kompetenzen zu delegieren und muss „zulas-
sen“ lernen.
„ Die Mitarbeiterinnen erhalten in erforderlichem Umfang Verantwortungsbereiche und
entsprechende selbstverantwortliche Entscheidungskompetenzen übertragen und entspre-
chende Ziele (Führen durch Zielvereinbarung).
Ohne diese Umstellungen „ersticken“ die Leiter in Arbeit und kommen nicht mehr zu dem,
was eigentlich von ihnen erwartet wird – nämlich zu ihren Führungs- und Leitungsaufgaben.

Personalführung als komplexer Prozess

Gute Führung war früher eine Frage der Persönlichkeit und wurde auf die Eigenschaften des
Vorgesetzten zurückgeführt. Je mehr man als Vorgesetzter von diesen Eigenschaften besaß,
desto mehr war man als Leiter geeignet. Diese Führungseigenschaften standen aber in keinem
direktem Zusammenhang mit dem Erfolg. Forschungsuntersuchungen haben gezeigt, dass der
Erfolg wesentlich vom Verhalten des Vorgesetzten ausgeht, das in spezifischen Situationen
zum Ausdruck kommt. Das Führungsverhalten wiederum ist abhängig von der Situation.
Untersuchungen von spezifischen Situationen konnten zwei Einflussfaktoren für das effektive
Arbeiten in der Gruppe unterscheiden:
„ die Aufgabenorientierung (Inhaltsaspekt) und
„ die Personenorientierung (Beziehungsaspekt).
Die Aufgabenorientierung ist verantwortlich für die sachlichen Bedingungen einer Arbeit, die
Personenorientierung schafft die sozialen Voraussetzungen. Gutes Führen heißt also nicht
mehr „gute Führungseigenschaften haben“, sondern „gutes Führungsverhalten“, und das ist
durch Schulungen und Übungen erlernbar. Wichtig dabei ist, eine gute Reflexionsmöglichkeit
112 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?

für das Lernen und Umdenken zu haben. Durch die KLM-Methode (Abb. 21) können sich
Führungskräfte von ihren Mitarbeitern über die direkten Rückmeldungen in Gesprächen und
Konferenzen hinaus zusätzliche und ergänzende Rückmeldungen kontinuierlich einholen.
Dadurch wird nicht nur der tägliche Umgang aufgearbeitet, sondern werden auch Verbesse-
rungsmöglichkeiten konkret angegangen. Nutzen Sie diese Lernmöglichkeit für sich und Ihre
Mitarbeiter (gehen Sie vorbildlich damit voran) und schaffen Sie dadurch eine offene und
konstruktive Arbeitsatmosphäre. Die KLM-Liste kann auch sehr flexibel und individuell
eingesetzt werden, sodass sie dem Bedarf schnell angepasst werden kann.

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 21: KLM-Liste als Rückmeldung / Controlling
Corporate-Behavior-Konzeption 113

Innovatives Leitungsmanagement

Innovatives Leitungsmanagement heißt: Formen – Führen – Wirken.


Leitungsmanagement ist eine soziale Bewusstseins- und Beeinflussungsstrategie in folgenden
Bereichen unter Beteiligung und Einbeziehung der Betroffenen:
„ Gestaltung von Visionen, Leitbildern, Grundsätzen, Ideen, Werten und Normen,
„ Entwicklung von Zielen, Strategien und Aufgaben,
„ Gestaltung von Organisations-Entwicklungsprozessen (OE),
„ Gestaltung von Personal-Entwicklungsprozessen (PE) und der Mitarbeiterführung bzw.
Mitarbeitermotivation,
„ Entwicklung und Gestaltung von Identitätsprozessen (Wir-Gefühl, Betriebsklima),
„ Gestaltung der Imagebildung (Öffentlichkeitsarbeit, Kooperationen usw.),
„ Gestaltung sozialer Interaktionen und von Gruppenprozessen,
„ Gestaltung von Informations- und Kommunikationsprozessen, Controllingprozessen,
„ Gestaltung der Ablauforganisation, Arbeitsweisen,
„ Gestaltung von Entscheidungsprozessen,
„ Gestaltung von Macht und Umgang mit Machtpositionen,
„ Differenzierung von Rollen,
„ Konfliktmanagement, Krisenmanagement, Stressmanagement,
„ Veränderungsmanagement und Innovationsmanagement,
„ Gestaltung einer vorbildlichen Führungskultur als lernende Organisation.

Aufbau einer Mitarbeiterführungskonzeption


In dieser Vorgehensweise könnte ein Konzept zur Mitarbeiterführung entwickelt werden:
1. Eigene Person als Führungskraft analysieren (Stärken, Schwächen, Ziele ...),
2. Aufnehmen der Unternehmensgrundsätze, Leitbilder und Unternehmenskultur,
3. Entwickeln von Führungsgrundsätzen und Verhaltensgrundsätzen,
4. gemeinsame Konzeptentwicklung (mit Betroffenen, Personalvertretung ...),
5. Arbeitsumfeld, Arbeitsbedingungen, Arbeitsmittel, Ausstattungen, Ressourcen berück-
sichtigen,
6. Analyse der Mitarbeiterschaft (Ist- und Soll-Analyse),
114 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?

7. Zielfestlegungen mit konkreten Messgrößen und Zeiten,


8. Maßnahmen, Aktionen, Projekte und Motivationselemente zum Aktionsprogramm entwi-
ckeln,
9. realistische Umsetzung mit Problemlösungen integrieren,
10. ganzheitliches Konzept mit Selbst-Controlling entwickeln, einführen und einsetzen.

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 22: Personalentwicklung in 10 Schritten

Das Ziel eines erfolgreichen Personalentwicklungskonzeptes kann nur eine gemeinsame


Verbesserung sein, und das geht nur über Vertrauensbildung. Vertrauen kann man systema-
tisch in zehn Schritten aufbauen und entwickeln (Abb. 22). Mit der Zuordnung der einzelnen
Corporate-Behavior-Konzeption 115

Maßnahmen und Methoden können Sie in einfachen kleinen Schritten vorangehen und sich
die nächsten Schritte im Rahmen dieses Konzeptes besser überlegen und planen. Diese Me-
thode der Konzeptentwicklung kann natürlich auch in anderen Bereichen bestens eingesetzt
werden (z. B. Öffentlichkeitsarbeit, die Vertrauen aufbauen soll). Sie verbindet alle Methoden
und Aktionen und bringt sie in die richtige Reihenfolge, sodass die Wirkungen aufeinander
aufbauen.

Motivationsmanagement

Erfolgreiches Arbeiten, erlebbare Konzepte und nachhaltige Veränderungen durch glaub-


würdige Identität.
Durch permanente und immer schnelllebigere Veränderungen entsteht bei vielen betroffenen
Menschen eine tiefgreifende Verunsicherung, Frustration und Demotivation bis hin zum
Rückzug in die Privatheit, zur inneren Kündigung und Aggressionen sich und anderen ge-
genüber. Fehlende Anleitung und Begleitung, Strategien und Strukturen für Veränderungen,
sorgen für Ängste und Desorientierung. Probleme, Widerstände und Konflikte stehen der
notwendigen Veränderung gegenüber und verhindern den Umdenkprozess. Wie kann man in
den Organisationen ein unterstützendes Motivationsmanagement aufbauen, um die gemein-
samen Entwicklungs- und Veränderungsprozesse zu begleiten und zu fördern? Ohne eine
effektive Motivation bleiben die erarbeiteten Richtlinien und Konzepte nur Papier und wer-
den die einzelnen Maßnahmen und Aktionen nicht erfolgreich umgesetzt. Wie kann man
geplante Strategien und Konzepte zum Leben erwecken und nachhaltig umsetzen? Motivati-
on durch Identität heißt die Zauberformel:
„ Motivation ist im Einzelnen ein Prozess in verschiedenen Phasen,
„ Visionen und Ideen als Magnet/Ausgang/Ausrichtung für alle Maßnahmen,
„ Selbstmotivation als vorbildliche und begeisternde Person zum Anschub,
„ Akzeptanzschaffung als Öffnung/Vorbereitung/Bereitschaft für Innovationen,
„ Orientierungshilfen als Strategien und Strukturen, um die Ziele zu erreichen,
„ Beteiligung als Chance der Interessen-/Nutzendarstellung/Identitätsstiftung,
„ Vorbilder und Leitbilder zur Unterstützung und Orientierung,
„ Anerkennung als Forderung und Förderung von außen (extrinsische Motivation),
„ Handlungserfolge als eigene Verstärkung und Unterstützung (intrinsische Motivation),
„ Reflexion als Bewusstmachung/Controlling der Erfolge und des Erlernten.
Die einfachste Motivation ist, die Demotivations-Elemente heraus finden und dann abzustel-
len. Entweder durch die KLM-Liste oder durch direktes und systematisches Erarbeiten und
Reflektieren mit entsprechenden Moderationsmethoden in der Besprechung oder in Schu-
116 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?

lungen mit ihren Mitarbeitern, können zu den einzelnen Bereichen alle Elemente, die demo-
tivieren, aufgelistet werden. Wenn Sie sich konsequent an die gemeinsame Abarbeitung
machen, werden Sie schnell eine Steigerung der Motivation feststellen. Genauer auf einzelne
Gruppen und Personen bezieht sich die Wertungsmatrix zur Motivation (Abb. 23). Nehmen
Sie diese Matrix als Vorlage, um spezifische Aspekte zur Auswahl zu haben, und gehen Sie
dann systematisch in die Beantwortung:

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 23: Wertungsmatrix zur Motivation

Fragen Sie im Mitarbeitergespräch Ihren Mitarbeiter, der antworten sollte – ohne Erklärun-
gen. Wenn Sie das ausgefüllt haben, dann können Sie gemeinsam die Reihenfolge der Moti-
vationselemente festhalten und die Umsetzung besprechen.

Identitätsbildung als höchste Stufe zur nachhaltigen Sicherung der Motivation


Wenn vage Visionen und Wünsche in die Akzeptanzbildungsphase und dann in die Motivati-
onsphase gehen, geht es darum, dass durch praktische Umsetzungsprozesse und entspre-
chende Erfolge die Motivation eine andere Qualität bekommt. Aber erst durch ein gemein-
sames Controlling und eine Bewusstmachung wird aus der Motivation eine Identität.
Identität ist Einstellung, Empfindung und Erfolg eines Menschen und zeigt sich in der
Denkweise, im Verhalten und in der glaubwürdigen und konsequenten Umsetzung. Dieser
Corporate-Behavior-Konzeption 117

Identitätsfaktor hält die Motivation in Gang, schafft gute und erfolgreiche Prozesse und eine
besondere Profilierung und sorgt letztlich für eine innovative und selbstverantwortliche
Weiterentwicklung. Höchste Qualität entwickelt sich nur in einem identitätsstiftenden Klima.

Identitätsbildende Arbeitsgestaltung.
Eine identitätsbildende Arbeitsgestaltung – von 1. (Basis) bis zur 5. (Spitze) – spricht alle
Mitarbeiterbedürfnisse ganzheitlich an (auf der Grundlage der Pyramide der Grundbedürf-
nisse nach Maslow):
5. Wunsch nach Selbstverwirklichung durch Corporate Identity:
Schaffung einer Corporate Culture, mit gemeinsamen CI-Richtlinien und individuellen
Freiräumen und mit entsprechenden Sinninhalten zur Identifikation.
4. Achtungsbedürfnisse durch CI-orientierte Mitarbeiterführung:
Beteiligung, Motivation und Anerkennung der Mitarbeiter, Achtung der Person, Leis-
tungssteigerungen, Fort- und Weiterbildung, Personalentwicklung, Lernmöglichkeiten.
3. Zugehörigkeitsbedürfnisse durch gutes Arbeitsklima:
Teamentwicklung, Projekt- und Gruppenarbeit, Entwicklung eines Wir-Gefühls, gute Zusam-
menarbeit und Kommunikation, Synergieeffekte, gutes Betriebsklima, faires Verhalten.
2. Sicherheitsbedürfnisse durch gute Arbeitsbedingungen:
Gute Arbeitsumgebung und Arbeitsmittel, sichere Arbeitsplätze, Unfallsicherheit, ergo-
nomische Ausrichtung, Kostenreduzierung, Langfristigkeit, Klarheit, Nachhaltigkeit, Ori-
entierungsrichtlinien.
1. Körperliche Bedürfnisse durch Gesundheit der Mitarbeiter:
Gesunde Ernährung, körperliche Fitness, Stressmanagement, keine physischen und psy-
chischen Überforderungen und Arbeitsgefahren.
Je größer der Veränderungsdruck wird, je schwieriger die zu lösenden Konflikte, Probleme
und Umsetzungen werden und je anspruchsvoller die Qualitätserwartungen und die Profilie-
rungschancen werden, desto mehr wird die Identität nachgefragt. Und da sich Identität nicht
erzwingen oder gestalten, sondern nur entdecken, wecken und entwickeln lässt, geht es
darum, wie man identitätsstiftende Prozesse schaffen kann. Nur ganzheitliche Denkansätze
ermöglichen die Verbindung der unterschiedlichen Anforderungen und Erwartungen. Corpo-
rate Identity als ganzheitliche Denkweise, Konzeption und Strategie hat sich in der Bera-
tungspraxis und bei Entwicklungs- und Veränderungsprozessen bestens bewährt, erfolgrei-
che Prozesse initiiert und in Gang gehalten, sowie nachhaltig Denk- und Verhaltensweisen
implementiert. Das Besondere von CI ist ihre ganzheitliche Verbindung unterschiedlicher
Ausrichtungen:
„ motivierend + identitätsbildend,
„ systematisch + einzelfallorientiert,
„ strategisch + situationsorientiert,
118 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?

„ methodisch + flexibel,
„ prozessorientiert + Ich-orientiert,
„ gestaltend + problemorientiert,
„ konzeptionell + vernetzend,
„ einfach + profilierend,
„ ergebnisorientiert + bewusstseinsbildend,,
„ kurzfristig + nachhaltig.
Corporate Identity umfasst dabei ganzheitlich alle Bereiche der Identitätsbildung – vom Cor-
porate Design (Erscheinungsbild), über die Corporate Communication (Kommunikation) bis
hin zum Corporate Behavior (Verhalten). CI ist also Gestaltungskonzept und Imagebildung,
Qualitätsentwicklung und Marketing und auch Bewusstseinsbildung und Verhaltensverände-
rung. Erst durch diese Verbindung und Vernetzung der einzelnen Be-reiche, die meistens
noch isoliert nebeneinander oder sogar gegeneinander arbeiten, wer-den Synergieeffekte und
wirkliche Verbesserungen geschaffen und wird auch eine Identitätsbildung ermöglicht. Mit
Imagebildung allein oder Qualitätsmanagement werden keine identitätsstiftenden Elemente
aufgebaut. Identität kann man eben nur entdecken, wecken und entwickeln durch entspre-
chende ganzheitliche Identitätsprozesse.

Verhaltensgrundsätze

Damit das Umgehen miteinander nicht dem Zufall überlassen wird, sondern als ein unter-
nehmerisches und kulturelles Instrument die Werte und Grundsätze verdeutlicht, sollten auch
Verhaltensgrundsätze und Teamregeln gemeinsam entwickelt werden. Formulieren Sie wie
für die Leitbildsätze kurze Wir-Thesen, die mit den durch die Raster-Analyse erarbeiteten
Erläuterungen ergänzt werden sollten. Auch hier sind die Negativabgrenzung und die prakti-
sche Umsetzung im Alltag am Arbeitsplatz entscheidend, ob die Verhaltensweisen dann auch
wirklich gelebt werden und auch Erfolg haben. Durch Anlässe, Konflikte, Moderation und
Beratung werden ja die Verhaltensorientierungen deutlich, die dann gemeinsam formuliert
eine Basis darstellen, damit sie nicht immer wieder neu entdeckt werden müssen. Diese so
erarbeiteten Entlastungen sind für alle Beteiligten nützlich und sinnvoll – besonders in Pha-
sen hoher täglicher Anspannung und Anforderung. Da alle bei der Diskussion beteiligt sind
und auch nur der „kleinste gemeinsame Nenner” gefunden wird, bleiben individuelle Ausges-
taltungsmöglichkeiten erlaubt, verhindern aber auch „Negativverhalten” und „individuelle
Willkür“. Dabei werden unterschiedliche Auffassungen, Probleme und Konflikte offen und
konstruktiv ausgetragen. Die gemeinsamen Erfahrungen und Lösungsansätze beim Konflikt-
management können dann als allgemeine Regeln und Richtlinien festgehalten werden (ler-
nende Organisation). Dabei ist es nicht das Ziel, keine Probleme mehr zu haben, sondern
besser mit den Problemen und Konflikten umzugehen. Das stärkt nicht nur die Zusammenar-
beit, sondern gleichermaßen alle Beteiligten. Das Umgehen mit Konflikten schafft Entlastun-
Corporate-Behavior-Konzeption 119

gen und Lernchancen, bietet konstruktive gemeinsame Gestaltungs- und Veränderungsmög-


lichkeiten und eine Stärkung des Selbstbewusstseins und ist letztlich entscheidend für die
Arbeits- und Produktqualität.
Das Mitarbeiterführungskonzept sollte alle Maßnahmen zur Personalentwicklung miteinander
verbinden, um die Identität und damit auch das Unternehmensprofil zu verbessern. Diese
Verbindung von Management, Organisation und Marketing durch einen ganzheitlichen CI-
Prozess erleichtert die Mitarbeiterführung und Leitung des Unternehmens. Erst diese Verbin-
dung verschafft der Leitung Entlastungs- und Verstärkungseffekte, ermöglicht es, die vielfäl-
tigen Erwartungen und Anforderungen miteinander zu koordinieren und damit das Unter-
nehmen zu profilieren.
Um den CI-Prozess nach innen in Gang zu halten, werden kontinuierliche Führungskräfte-
schulungen, Fortbildungen und regelmäßige Schulungen/Beratungen durchgeführt. Zur Ent-
wicklung von Verhaltensgrundsätzen können dabei fünf Phasen die Vorgehensweise aufzeigen:
1. Entwurf durch das CI-Team.
 vom Leitbild und den Unternehmensgrundsätzen ableiten (Rasteranalyse),
 aus den Erfahrungen/Konflikten ableiten,
 Anleitung durch Berater und Beispiele.
2. Diskussion mit den Betroffenen (Führungskräfte und Mitarbeiter).
 in den einzelnen Bereichen/Abteilungen/Unterteams,
 Abstimmung mit der Unternehmensleitung,
 Abstimmung/Befragung/Ergänzungen.
3. Präsentation der Verhaltensgrundsätze.
 Veröffentlichung und Umgehensweise,
 Beispiele zur Orientierung geben,
 Veranstaltungen.
4. Schulung der Verhaltensgrundsätze.
 Führungskräfteschulungen,
 Mitarbeiterschulungen,
 Beispiele/Umsetzung in Projekten und Konflikten.
5. Umsetzung im alltäglichen Arbeitsleben.
 vorbildlich und persönlich,
 konsequent und immer,
 überprüfen und verändern.
Die jährlich stattfindenden Zielvereinbarungsgespräche schaffen Transparenz, Motivation
und strategische Arbeitsweisen. Sie verstärken die Verhaltensweisen und ermöglichen eine
Weiterentwicklung. Die Führungskräfte setzen sich mit allen Mitarbeitern zu Einzelgesprä-
120 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?

chen zusammen, um sie nach ihren Zielen und Einschätzungen zu fragen und um dann ge-
meinsam individuelle Ziele für das nächste Jahr zu formulieren. Die Unternehmensleitung
unterstützt und begleitet die Zielsetzungen und nimmt diese am Ende des Jahres auch als
Basis für ein gemeinsames Controlling und zur neuen Zielformulierung.
Diese Orientierungssicherheit verhindert nutzlose oder gegenläufige Arbeiten, Doppel- oder
Leerarbeit und Aktionismus, schafft Koordinierungen und Entlastungseffekte. Führungskräfte
und Mitarbeiter ziehen an einem Strang in eine Richtung, und durch ein gemeinsames Control-
ling können Stärken besser ausgebaut und Schwächen besser erkannt und abgebaut werden.

Teamentwicklung

Die Führungs- und Organisations-Struktur (FOS) hat sich vom management by delegation
(Führen durch Delegationsanweisung) weiterentwickelt zum management by objectives
(Führen durch Zielvereinbarung). Grundlage dafür sind kompetente, selbständige und mit-
denkende Mitarbeiter, welche die gemeinsam entwickelten Ziele innerhalb ihres Entschei-
dungsspielraumes stringent angehen und entsprechend arbeiten.
Wichtig dabei ist, dass der einzelne Mitarbeiter nicht gegen seine Kollegen arbeitet, sondern
sich als Teil des Ganzen versteht: Erfolg kann es nur geben, wenn alle miteinander mit voller
Kraft in die gleiche Richtung ziehen. Der Erfolg des Einzelnen ist nur möglich, wenn alle
Abteilungen aufeinander abgestimmt arbeiten und in den einzelnen Gruppen keine Energie
dafür verschwendet wird, sich gegenseitig auszustechen. Jeder in seiner Position muss seine
Wirkungen im Rahmen dieser Zielgrößen ausrichten und so arbeiten – der persönliche Erfolg
ist nur im Rahmen des ganzen Unternehmenserfolges möglich.
Dieses Teamdenken ist nicht einfach vorhanden, sondern muss dem Einzelnen Nutzen brin-
gen, entsprechend eintrainiert und praktisch umgesetzt werden – das ist die Aufgabe der
Teamentwicklung in den Unternehmen. Teamarbeit bedeutet dabei selbständige Erledigung
eines zeitlich begrenzten und in sich geschlossenen Arbeitsauftrages durch ein Team unter der
Leitung eines Projekt- oder Teamleiters. Jedes Teammitglied trägt entsprechend seiner beson-
deren Kenntnisse und Fertigkeiten zum gemeinsamen Erfolg bei. Voraussetzung für Teamar-
beit ist der Leistungswillen und das harmonische Zusammenwirken aller Teammitglieder.
Teamarbeit führt in allen Bereichen zu mehr Wohlbefinden, Wir-Gefühl und zu einer deutli-
chen Leistungssteigerung. Die Leistung und ihre Sichtbarwerdung, die Befriedigung und das
Selbstwertgefühl des einzelnen Mitarbeiters steigen und sind damit Grundlage für einen
gemeinsamen Teamerfolg. Die konkreten Zielsetzungen der Teamentwicklung sind zwei
ganzheitlich vernetzte.
„ Erhöhung der Arbeitszufriedenheit:
 Verbesserung der Information, Kommunikation und Kooperation,
 Verständnisschaffung um die Bedeutung der persönlichen Arbeit,
 mehr Mitsprache, Mitgestaltung und Mitverantwortung,
 Wohlbefinden, Motivation und Identifikation,
Corporate-Behavior-Konzeption 121

 Festigung, Weiterentwicklung der Qualifikation und Kompetenz der Mitglieder,


 Erweiterung, Ergänzung der Arbeitsinhalte und Handlungsspielräume,
 Verbesserung des Wir-Gefühls und der Identität,
 Leistungsorientierung auf der Basis gegenseitigen Vertrauens.
„ Verbesserung der Effizienz:
 Förderung des Kosten-, Qualitäts- und Leistungsbewusstseins,
 mehr Eigeninitiative, Selbst- und Mitverantwortlichkeit und Flexibilität,
 Möglichkeit des Selbst-Controlling,
 schnellere Informationsabläufe und Arbeitszeiten,
 qualifiziertere Arbeitsleistungen,
 Optimierungsprozesse,
 Austausch und Zusammenarbeit der einzelnen Teams,
 Synergieeffekte durch Arbeitsteilung, Integration unterschiedlicher Aufgaben.
Ein CI-Hochleistungsteam kann nach folgender Teamentwicklungsstrategie aufgebaut und
entwickelt werden:
1. Visionen/Ziele/Aufgaben:
 klare identitätsstiftende Orientierungen,
 gemeinsame Ausrichtung, Einbindung und Vernetzung.
2. Akzeptanz:
 Notwendigkeit und Nutzen aufzeigen,
 Einwände klären und behandeln,
 Anreize und Vorbild geben.
3. Handeln:
 gemeinsame Strategie/Vorgehensweise festlegen,
 erste kleine Lernschritte gehen/Begleitung/Beratung,
 Probehandeln und Reflexion.
4. Strukturen:
 Arbeitstrukturen/Ausstattung/Abläufe/Arbeitsrichtlinien,
 Verhaltensgrundsätze/Teamregeln,
 Verantwortungsbereiche/Aufgaben/Rollen klären,
 Finanzen/Budgets festlegen.
5. Controlling/Selbstevaluation:
 Informations- und Messsystem/Qualitätsstandards,
 Bewusstmachung der Wege und Ergebnisse/Anerkennung.
 Controllingfragen zur Reflexion:
 Haben wir unsere Ziele erreicht? (Effektivität)
122 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?

 Wie haben wir unsere Ziele erreicht (Effizienz)


 Was haben wir gelernt? (Einstellung /Verhalten)
 Wie können wir den Prozess in Gang halten? (Steuerung).
Team heißt nicht: Toll, Ein Anderer Macht’s! Teamarbeit ist kein Abschieben von Arbeit und
Verantwortung. Teamentwicklung heißt auch nicht, dass der Einzelne seine Verantwortung
und Individualität zurückstellen soll, sondern, dass er sie bewusst mit in das Team einbringt.
Teamarbeit ist ein Miteinander ohne Gegeneinander. Ein Teamerfolg kann also nur erreicht
werden, wenn sich jeder Einzelne voll in das Team einbringt. Um festzustellen, wie sich das
Team entwickeln kann oder wo sich die Teamentwicklung gerade befindet und welcher
nächste Schritt notwendig wäre, kann die Teamentwicklungsuhr die einzelnen Phasen gut
aufzeigen. „Wie spät ist es bei Ihnen?” – so kann man das Team direkt fragen. Die Selbstein-
schätzung hilft der Bewusstseinsbildung und der Weiterentwicklung (Abb. 24).

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 24: Die Teamentwicklungsuhr
Corporate-Behavior-Konzeption 123

Fallen für die Teamarbeit


Welche typischen Fallen gibt es, wobei die Arbeit in Teams oft eher schadet als nützt?
Teamarbeit wird häufig als Zauberformel benutzt, um in der Wirtschaft, aber auch in Wissen-
schaft, Politik und Non-Profit-Organisationen bessere Leistungsfähigkeit einzufordern. Auf
der Suche nach neuen Methoden, um mit den Schwierigkeiten des Alltags fertig zu werden,
wird die Arbeit in Gruppen als Gegensatz zum Einzelkämpfertum wieder entdeckt. Nicht der
Einzelne allein kann mit den Anforderungen fertig werden, also sucht man eher die Gruppe,
in der man Sicherheit und Bestätigung zu finden glaubt. Damit wird das Team zur zentralen
Arbeits- und Steuereinheit. Viele Teamstrukturen sind dabei aber eher kontraproduktiv, da die
einzelnen Mitglieder nicht teamfähig sind, nicht geschult wurden oder entsprechende Erfah-
rung haben. Man kann Teamarbeit nicht „einfordern“ und schon gar nicht nur positive Team-
erfolge. Teams können nur gemeinsam entwickelt werden, durch positive Erfahrungen und
auch durch Fehler.
Typische Fehler können uns auf wichtige Teamregeln hinweisen:
„ Achten Sie darauf, dass Querdenker und Andersdenker nicht in den Sog der Mehrheit
geraten. Die Konsensbildung darf nicht allen „übergestülpt werden“. Ein gutes Team be-
steht aus starken Einzelpersönlichkeiten, die ihre Erfahrungen, Kompetenzen und Vor-
schläge einbringen und damit das Team bereichern. Ein Wir-Gefühl darf die Einzelinitiati-
ve und Einzelverantwortung nicht ersticken!
„ Teamentscheidungen sind nicht statisch, sondern müssen permanent verändert, d. h. über-
prüft werden: Sind sie noch gültig, werden sie bestätigt, sind sie nicht mehr gültig, müssen
sie verbessert werden. Gemeinsam getroffene Entscheidungen der Gruppen sind mühsam
und werden deswegen gern als feste Regeln angesehen. Neue Aspekte werden dann vor-
schnell verworfen, sie könnten ja die Teamentwicklung zerstören. Aber: Nur gute Teams
können es sich erlauben, ihre Entscheidungen und Regeln flexibel zu verändern, schlechte
Teams haben Entscheidungen für immer.
„ Achten Sie darauf, dass sich der Einzelne nicht hinter dem und im Team verstecken kann.
Teamverantwortung und Einzelverantwortung schließen sich nicht aus. Fordern Sie die
persönliche Verantwortung und Konsequenz ein, machen Sie die Vorbildfunktion der ein-
zelnen Teammitglieder deutlich. Je größer die Gruppen sind, desto leichter kann sich der
Einzelne zurückziehen: also kleinere Gruppen bilden und auch lieber flexible Untergrup-
pen.
„ Entwickeln Sie gemeinsam Teamregeln und Arbeitsstrukturen, die sie permanent anwen-
den oder verändern. Einzelne Projekte und Entscheidungen gegensätzlich und sachlich
kompetent diskutieren und dann entscheiden, sodass es das Team insgesamt und jeder Ein-
zelne tragen kann. Schaffen Sie dabei notwendige Freiräume für Andersdenkende.
„ Konsensbildung (Wir-Gefühl und Harmoniestreben) und Konfliktkultur (Probleme, Kon-
flikte, gegensätzliche Entscheidungen) ganzheitlich gemeinsam entwickeln, um das Team
und den Einzelnen zu stärken, das bringt langfristig gute Teamerfolge.
124 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?

Durch das abgestimmte Zusammenspiel der einzelnen Wechselwirkungen innerhalb des


Corporate Behavior, dem Verhalten der Kommunikation und dem Erscheinungsbild werden
die Ressourcen der Mitarbeiter freigesetzt und die Kunden gezielt angesprochen. Das macht
den eigentlichen Erfolg einer Corporate Identity aus.
Erst das einheitliche Verhalten im Unternehmen schafft Synergieeffekte, und das geht nur
über die gute Identifikation der Mitarbeiter mit ihrer Organisation. Diese Identität ist abhän-
gig von der Beteiligung der Mitarbeiter, die damit zur entscheidenden CI-Maß-nahme wird.
Ein ganzheitliches Unternehmensverhalten kann man nur mit Hilfe und mit der Beteiligung
der Mitarbeiter entwickeln.
Vorgehensweise:
1. Entwickeln Sie ein Konzept für ein ganzheitliches Unternehmensverhalten,
2. aufbauend auf die Unternehmensgrundsätze,
3. mit Beteiligung Ihrer Mitarbeiter und Führungskräfte,
4. für alle Organisationsbereiche,
5. schaffen Sie ein Controlling-Team und
6. schulen und trainieren Sie Ihre Mitarbeiter entsprechend der aufgestellten Zielsetzungen.
7. finden Sie gemeinsam entwickelte Arbeitstrukturen, Arbeitsgrundsätze und Verhaltens-
grundsätze.
Die Vorgehensweise zur erfolgreichen Teamentwicklung:
1. Klare Zuständigkeiten schaffen:
 Von den Organisationszielen gemeinsam Unterziele ableiten und Entscheidungsfreiräume
schaffen (Vorschläge und Anlässe aufnehmen),
 Entsprechende Bedingungen und Ausstattungen abklären
(Zeiten, Geräte, Räume, Budget ...),
 Delegation der Aufgaben, Unterstützung und Controlling,
 Ziele gemeinsam entwickeln (management by objectives – mbo),
 Mitarbeiterführungsgespräche führen zur Information, Motivation und zum Controlling
(Anzeiger und Zeiten festlegen),
 Vorgehensweise und Arbeitsweise absprechen und festlegen.
2. Team entwickeln:
 Teamfähigkeiten schulen und entwickeln (Sozial-, Methodenkompetenzen),
 Arbeitsweisen und Arbeitsmethoden schulen und entwickeln,
 Verhaltensweisen verdeutlichen, Reflexion und Bewusstmachung,
 Konfliktmanagement (Techniken und Lösungen),
 Teamregeln gemeinsam entwickeln,
 Teamstrukturen bewusst machen und gemeinsam entwickeln,
 Controllingsysteme aufbauen und entwickeln,
Corporate-Behavior-Konzeption 125

3. Teamergebnisse gemeinsam besprechen,


 Controllinggespräche, Zielvereinbarungs- und Beurteilungsgespräche,
 Fehleranalysen, Ursachen, Nachbesserungen,
 Stärken herausstellen, loben, anerkennen, feiern, bestärken, honorieren,
 Verbesserungen suchen, Veränderungen schaffen,
 Indikatoren für Qualität suchen, Qualitätsmanagement,
 Teamcontrollingsysteme einführen, anwenden und überprüfen,
 Koordinierung im Gesamtzusammenhang, Vernetzungen, Wechselbeziehungen, Ganz-
heitlichkeiten,
 Erfolgspräsentation in und außerhalb der Organisation.

Praxistipp für die Verhaltensentwicklung

Was gehört zu einem Verhaltens-Konzept? Mögliche Bestandteile des Corporate-Behavior-


Konzeptes:
1. Allgemeine Vorstellungen:
 Ziele (Bezug zu Organisationsgrundsätzen), Grundlagen, Strategie ...
2. Grundsätze des Verhaltens:
 Führungsgrundsätze,
 Verhaltensgrundsätze ...
3. Führungskonzept/Mitarbeiterführung:
 Management, Mitarbeitermotivation,
 Führungsstil, Arbeitsverhalten,
 Arbeitsweisen (Teamarbeit, Teamentwicklung, Projektmanagement ...),
 Arbeitsabläufe (Arbeitsplatzgestaltung),
 Organisationsstruktur ...
4. Personalentwicklung:
 Auswahl, Einstellung, Ausbildung,,
 Weiterbildung, Schulung,
 Sozialbereich, Sport- und Freizeitaktivitäten,
 Betreuung,
 Beförderung,
 Beurteilung,
 Entlassung ...
126 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?

5. Mitarbeiterinformation/-kommunikation:
 Informationen,
 Veröffentlichungen,
 Anlässe, Traditionen ...
6. Auftreten nach außen:
 Marketing, Vertrieb, Verkauf, Kundendienst, Kundenorientierung
 Präsentationen, Promotion, PR, Projekte, Veranstaltungen, Medien,
 Telefonverhalten,
 Kooperationspartner,
 Region, Standort …
Schaffung, Stärkung und Entwicklung von Verhaltenskompetenzen durch ein ganzheitliches
Corporate-Behavior-Konzept:
„ Grundlagen-Kompetenz,
„ Fach-Kompetenz,
„ Sozial-Kompetenz,
„ Methoden-Kompetenz,
„ Handlungs-Kompetenz,
„ Team-Kompetenz,
„ Projekt-Kompetenz,
„ Führungs-Kompetenz.

Neues Denken in neuen Strukturen


Sven Hübner

Der CI-Prozess in der Pestalozzi-Stiftung


Ein Erfahrungsbericht von Sven Hübner.

Neues Denken in neuen Strukturen – Verhalten verändern.


Die Pestalozzi-Stiftung als Diakonie-Zentrum mit ca. 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
befindet sich in Großburgwedel, einem kleinen Ort im Landkreis Hannover. Sie ist als kon-
fessionell gebundener freier Träger dem Diakonischen Werk der ev. Landeskirche Hannover
Neues Denken in neuen Strukturen 127

angeschlossen. Was 1846 als Stiftung von zwölf sozial denkenden und handelnden Bürgern
Hannovers begann, ist heute ein diakonisches Zentrum. Das Leistungsspektrum umfasst mit
sechs Bereichen Jugendhilfe, Behindertenhilfe, Fachschule für Sozial- und Heilpädagogik,
Schule für Erziehungshilfe, Kindergarten und Verwaltung.
Ziel der Gründer war es, armen und verlassenen Kindern zu helfen und sie nach den Zielen
Johann Heinrich Pestalozzis zu fördern und zu erziehen. Am Anfang stand die leidenschaftli-
che Auseinandersetzung darüber, welcher Geist die Stiftung beleben sollte. Demokratisches
Vorgehen hatte zum Ergebnis, das mit einer Stimme Mehrheit der Pastor Petri zu weiteren
Beratungen hinzugezogen wurde. Hatte vor 153 Jahren diese eine Stimme richtungsweisen-
den Charakter, erleben wir heute die christliche Prägung unserer Stiftung als Selbstverständ-
lichkeit. Das Prinzip, durch leidenschaftliche Diskussion zu einer Weiterentwicklung zu
kommen, ist heute innerhalb unseres CI-Prozesses vielleicht lebendiger denn je. Auf dem
Weg der Stiftung durch 153 Jahre Bestehensgeschichte veränderte sich vieles. Geblieben sind
der Name, die christliche Prägung und das Ziel, gute Ideen in die Tat umzusetzen.
Bereits 1992 gab es erste Gespräche über Themen wie Unternehmenskultur, Leitbild und
Einrichtungsphilosophie. Zu dieser Zeit fand dieser Meinungsaustausch allerdings erst einmal
nur auf Leitungsebene unter Beteiligung der Mitarbeitervertretung statt. Ergebnis dieser Diskus-
sionen waren erste kleine Einzelschritte auf dem Wege zum ganzheitlichen Identitätsprozess.
Im Jahre 1996 feierte die Pestalozzi-Stiftung ihr 150-jähriges Bestehen. Dieser Termin legte
nahe, einmal innezuhalten und darüber nachzudenken, was uns ausmacht. Welche Inhalte
dieser langen Tradition sind heute wichtig und von Bedeutung? Wie wird die Zukunft ausse-
hen? In Zeiten von Haushaltsproblemen der Kommunen und der Forderung nach differenzier-
ten Leistungsbeschreibungen kommen neue Anforderungen auf Unternehmen zu. Es stellen
sich Fragen wie: „Ist die Sicherung der Zukunftsfähigkeit nur Leitungsaufgabe?“ „Werden
Ziele nur von leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern formuliert?“ Diese Fragen brauch-
ten Antworten. Zudem hatten viele Einzelschritte schon für partielle Veränderungen gesorgt.
Die Idee eines gemeinsamen Leitkonzeptes kristallisierte sich heraus.
Ein einfacher und schneller Weg, zu einer Zielbestimmung zu kommen, ist es sicherlich, den
Leiter oder in unserem Fall den Vorsteher zu bitten, kurz und prägnant zu beschreiben, was
für alle Mitarbeiter der Stiftung gelten soll. Schnell wäre ein Text verfasst und auf schönem
Papier vervielfältigt. Aber würde eine solche Zielbestimmung, ein solches Leitbild auch mit
Leben erfüllt sein? Wären die Ideen aller Mitarbeiter und der Geist der Stiftung spürbar?
Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter unserer Einrichtung hatte sicherlich ein eigenes
persönliches Bild seiner Arbeitsstelle und der Ziele, aber wie beschreibt sich das verbindende
Element? In Gesprächen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurde deutlich: Es gibt ge-
meinsame Ideen, die bis zum damaligen Zeitpunkt jedoch nirgendwo gesammelt waren, um
als Kapital oder Verabredung der Einrichtung zur Verfügung zu stehen. Diese Diskussion
machte aber auch deutlich, dass es nicht nur die Aufgabe der Stiftungsleitung sein kann, ein
solches Leitbild zu entwerfen. Vielmehr ist ein Prozess vonnöten, der ermöglicht, die vielen
Einzelmaßnahmen zu bündeln und die verschiedenen Interessen der Bereiche auf eine ge-
meinsame Basis zu stellen.
128 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?

Wir entschieden uns für die Beratung durch einen CI-Unternehmensberater, der zum einen
über Know-how im Bereich der Non-Profit-Unternehmen verfügte, zum anderen jedoch auch
gewinnorientierte Unternehmen beraten hatte.
Bevor eine definitive Entscheidung fiel, kam es zu einer Informationsveranstaltung. Hier ging
es um erste Zielbeschreibungen und Inhaltsklärungen. Welche Chancen, aber auch welche
Gefahren drohen innerhalb eines solchen Prozesses? Warum zu diesem Zeitpunkt? Am Ende
stand die Entscheidung, getroffen vom Vorsteher, den Bereichsleitern, der Mitarbeitervertre-
tung und dem Verwaltungsrat unserer Einrichtung, trotz Unwägbarkeiten diesen Schritt zu
gehen. Definitiv war, dass wir über die Grundvoraussetzung für einen solchen Prozess ver-
fügten – über Visionen.
An dieser Stelle standen wir das erste Mal vor einer der entscheidendsten Fragen innerhalb
dieses Prozesses. Nämlich der, ob es wirklich um die ernste Auseinandersetzung mit unserer
Unternehmenskultur ginge, oder vielmehr um die Umgestaltung unserer Fassade, sprich der
Außenwirkung (Imagebildung anstatt Identitätsprozess). Ist es überhaupt denkbar, eine Insti-
tution mit 150-jähriger Geschichte und Tradition glaubwürdig zu verändern? Ist ein solches
Vorhaben sinnvoll?
Kritik und Befürchtungen einiger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besagten: „Es geht doch
nur um eine Hochglanzbroschüre.“ oder: „Die Leitung möchte sich ein Denkmal setzen, aber
was hat das mit uns zu tun?“. An dieser Stelle galt es zu informieren, Akzeptanz und Vertrau-
en zu schaffen. Denn eines war von Beginn an klar: Ohne Beteiligung und Rückhalt in der
Mitarbeiterschaft kann ein solches Projekt nicht gelingen! Hierbei geht es nicht um aus-
schließliche Zustimmung, sondern um einen konstruktiven Diskussionsprozess und kritische
Auseinandersetzung mit unserer Stiftung, ihren Inhalten, Zielen und dem Arbeitsalltag. Es
wurde deutlich, dass dieser Prozess Nutzen bringen kann für diejenigen, die sich beteiligen,
denn Mitgestaltung heißt Mitbestimmung. Dennoch – ohne Vertrauen geht es nicht.
Der erste Arbeitsschritt war die Bildung eines Steuerungsteams, welches den Prozess initiie-
ren und in dessen Verlauf koordinieren sollte. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus allen
Bereichen und allen Hierarchieebenen sollten in diesem CI-Team vertreten sein. Interessierte
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konnten sich melden, wurden von den Bereichen beauftragt
und als Delegierte entsandt. Diesem Aufbau des Teams lagen mehrere Überlegungen zu
Grunde. Die Bereiche verfügen über abgegrenzte Arbeitsfelder und eigene Strukturen. Dies
sollte auch so bleiben. CI heißt nicht Uniformität und Gleichschritt. Unser Ziel war, ein ge-
meinsames Dach für verschiedene Bereiche unserer Stiftung zu schaffen, das uns eine ge-
meinsame Struktur für unsere Weiterentwicklung gibt.
Des Weiteren war es notwendig, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus allen Hierarchieebenen
im CI-Team zu haben. Wir stellten damit sicher, alle Aspekte der Mitarbeiterschaft zu berück-
sichtigen und eine umfassende Diskussion führen zu können. Durch diese Besetzung erreich-
ten wir darüber hinaus ein hohes Maß an persönlicher Identifikation für die anderen Mitarbei-
terinnen und Mitarbeiter. Unser Team setzt sich zurzeit aus 13 Personen zusammen. Die
sorgfältigen Überlegungen zur Zusammensetzung des Teams haben sich als elementar wich-
tig erwiesen.
Neues Denken in neuen Strukturen 129

Nach erfolgreicher Besetzung des CI-Teams galt es, einen Status quo zur Arbeitsrealität in
unserer Einrichtung zu erheben und eine differenzierte Analyse zum Thema „Arbeitskontext“
zu erstellen.
Methodischer Hintergrund war hier ein Vorgehen nach der AMC-Strategie. AMC steht für
den Dreisprung Analyse – Maßnahme – Controlling. Mit Hilfe von Raster- und Spinnenana-
lyse ging es um die Erfassung von Mitarbeiteraussagen zur Arbeitsrealität in den verschiede-
nen Bereichen der Stiftung. Unter dem Titel „Wir legen Wert auf verantwortliche Selbstän-
digkeit“ baten wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um eine Bewertung folgender
Aussagen im Hinblick auf ihren spezifischen Arbeitskontext:
„ Hier kann ich motiviert arbeiten,
„ Kritik ist erwünscht,
„ gegenseitiger Informationsaustausch,
„ hier sind Aufgaben und Zuständigkeiten klar,
„ wir vereinbaren Ziele,
„ ich kann meine Fähigkeiten einbringen,
„ ich habe bei meiner Arbeit Entscheidungskompetenzen,
„ Absprachen werden eingehalten,
„ hier kann ich eigenverantwortlich arbeiten.
Die Rückmeldungen ergaben unter dem Titel „verantwortliches und selbständiges Arbeiten“
ein differenziertes Bild der Arbeitsrealitäten in den einzelnen Bereichen. Besonders erfreulich
war die Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der zahlenmäßige Rücklauf war
mit 70 Prozent so groß, dass wir von repräsentativen Aussagen ausgehen konnten.
Eine weitere Erkenntnis war: Es gibt in der Mitarbeiterschaft ein großes Interesse, sich auf
diesen Veränderungsprozess einzulassen. Gleichzeitig wurde deutlich, dass es eine Vielzahl
verschiedener Themen gab. Diese Themen wurden im Laufe der Befragung diskutiert und
werden es noch. Die Ergebnisse der Analyse gaben uns Aufschluss über die verschiedenen
Themenfelder. Gleichzeitig zeigten die dazu angefertigten Spinnenanalysen ein deutliches
Bild der Situation in den verschiedenen Bereichen. Anhand dieser Analyse erschien der
nächste Arbeitsschritt im Prozess eindeutig. Die Schaffung einer gemeinsamen Grundlage
unserer Arbeit. Ein gemeinsam entwickeltes Leitbild, das unser weiteres Handeln inhaltlich
verbindlich prägen soll, und gleichzeitig die Basis für den weiteren Prozess bildet.
Zum Thema inhaltlicher Prägung von Institutionen traf Prof. Hubert Oppl folgende Aussage:
„Würde man heute die Türschilder an den Einrichtungen abmontieren, gäbe es kein Anzei-
chen dafür, welchem Träger das Haus zugehört.“ (Prof. Hubert Oppl, in: Aufsatz von Peter
Selensky, Erev Schriftenreihe Heft 1/98, S. 13 ) Ein zu erarbeitendes Leitbild soll diesem
Trend entgegenwirken. Die Aufgabe des CI-Teams bestand demnach darin, zunächst den
inhaltlichen Rahmen des Leitbildes festzulegen.
130 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?

Das Leitbild

Die Fragen „Wer sind wir, was machen wir, was ist unsere Basis, wie arbeiten wir und was ist
unser Ziel?“ standen nach längerer Diskussion als Essenz im Raum. Sie waren die Eckpfeiler
der Leitbildentwicklung. Innerhalb des CI-Teams wurden Statements aus der Mitarbeiterbe-
fragung im Hinblick auf ein zukünftiges Leitbild aufbereitet und zu vorläufigen Leitsätzen
weiterentwickelt. Diese wurden wieder in den Diskussionsprozess in den einzelnen Bereichen
eingespeist. Die hierauf eingehenden Rückmeldungen gingen wieder in die Diskussion des
CI-Teams und so weiter. Dieser zeitweise langwierige Prozess war notwendig.
Zum einen galt es, einen stetigen Diskussionsprozess zu erhalten, zum anderen zeigte sich
durch diese Vorgehensweise für jede einzelne Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter, inwieweit
seine Anregungen in das zu erarbeitende Leitbild einflossen. Im Verlauf dieses Arbeitsschrit-
tes war es des Öfteren notwendig, über das Gesamtkonzept CI in der Stiftung zu informieren.
Im Laufe der Zeit stellte es sich zudem heraus, dass von den Delegierten der Bereiche im CI-
Team der Diskussionsprozess nicht optimal betreut werden konnte. Es zeigte sich, dass in den
großen Bereichen Jugendhilfe und Behindertenhilfe weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
als Multiplikatoren gewonnen werden mussten. So bildeten sich hier bereichsbezogene CI-
Teams, die den Prozess vor Ort im Bereich steuern und betreuen konnten. Durch die Schaf-
fung dieser Gremien stellten wir den Prozess auf eine breitere Basis. Ein weiterer Vorteil
dieser Teams besteht in der Möglichkeit, bereichsbezogene Themen innerhalb des jeweiligen
Bereiches zu diskutieren und gegebenenfalls schon aufbereitet in das CI-Team der Pestalozzi-
Stiftung zu geben.
Am Ende des Jahres 1996, nach einem Jahr Arbeit und intensiver Diskussion in allen Berei-
chen der Stiftung, war das Leitbild fertig. Es war das Ergebnis eines Prozesses innerhalb der
gesamten Einrichtung. Trotzdem stellten wir dieses Ergebnis noch einmal in den Rahmen
einer Abstimmung. Unter dem Motto „Wollen Sie dieses Leitbild mittragen?“ erreichten wir
in der Abstimmung eine große Zustimmung. Insgesamt 72 Prozent der Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter beantworteten diese Frage mit „Ja“.
Erst nach diesem Votum stellten wir das Leitbild in der Mitarbeitervertretung, der Bereichs-
leiterkonferenz und im Verwaltungsrat vor. Auch hier wurde darüber abgestimmt. Auch hier
wurde es angenommen.

Leitbild
Wir sind ein diakonisches Unternehmen. Tradition und Fortschritt zeichnen unsere Stiftung
aus.

Unsere Stiftung wurde vor über 150 Jahren von engagierten Hannoveranern gegründet. Was
als Bürgerinitiative begann, ist heute ein soziales Dienstleistungsunternehmen. Als kirchliche
Stiftung sind wir Mitglied im Diakonischen Werk der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers und
deren Zielen verpflichtet. Von Anfang an haben unsere Gründer Ökonomie und Pädagogik
zusammengesehen. Auch heute stellen wir uns der Herausforderung, unsere sozialen Aufga-
ben zugleich gut und wirtschaftlich zu erfüllen.
Neues Denken in neuen Strukturen 131

Wir helfen, unterstützen und begleiten Menschen in den Bereichen Kinder- und Jugendhil-
fe, Behindertenhilfe und schulische Ausbildung.

Wir sind ein anerkannter freier Träger der Wohlfahrtspflege und übernehmen soziale Aufga-
ben in und um Hannover.
Wir erziehen und fördern junge Menschen in Heim- und Tagesgruppen und bieten Hilfen in
familiären Notlagen; außerdem führen wir eine Kindertagesstätte.
Für Menschen mit Behinderungen bieten wir Arbeitsplätze in unserer anerkannten Werkstatt
und differenzierte Wohnangebote.
Wir unterrichten Kinder und Jugendliche in unserer Schule für Erziehungshilfe und Sonder-
schule für Geistigbehinderte.
Wir bilden Sozialassistenten, Erzieher und Heilpädagogen aus.
Wir beteiligen uns an sozialen Initiativen und Unternehmungen in der Region.
Wir sind dem christlichen Bild vom Menschen und von der Welt verpflichtet.

Wir sehen im Menschen das Ebenbild Gottes. Darin sind Lebensrecht und Würde unverlier-
bar begründet. Wir nehmen uns ein Beispiel an der von Jesus gelebten Nächstenliebe. Sie ist
großzügig, geduldig und dem Einzelnen zugewandt.
Wir sehen die Welt als Gottes Schöpfung, die wir bebauen und bewahren sollen. Das ver-
pflichtet uns zur Ehrfurcht vor allem Leben, zur verantwortlichen Mitgestaltung der Lebens-
verhältnisse und zu einem sorgsamen Umgang mit den begrenzten Gütern.
Weil die Menschenfreundlichkeit Gottes allen gilt, sind wir offen auch für die, die nicht an
ihn glauben.
Wir arbeiten wie Pestalozzi mit Kopf, Herz und Hand.

Der 100. Geburtstag Johann Heinrich Pestalozzis war Anlass zur Gründung unserer Stiftung.
Das finden wir an unserem Namensgeber bis heute vorbildlich: Er hat an die Bildungsfähig-
keit jedes Menschen geglaubt und dabei zuerst auf Liebe und Zuwendung gesetzt. Er hat im
christlichen Glauben das Fundament allen erzieherischen Handelns gesehen. Er hat auf die
Verschiedenheit der ihm anvertrauten Kinder geachtet und deren Persönlichkeit respektiert.
Er hat seine Theorien durch die Praxis verändert und aus Fehlern gelernt. Das sind Maßstäbe,
an denen wir uns orientieren und messen lassen.
Wir haben ein gemeinsames Ziel: Chancen geben – Leben lernen.

Wir sehen unsere Aufgabe darin, kleine und große Menschen selbständiger und selbstbewuss-
ter zu machen. Unsere Angebote gelten auch schwachen und schwierigen Menschen. Wir
wollen dem Einzelnen helfen, seinen Platz im Leben zu entdecken, der Geborgenheit und
Halt verspricht. Wir wollen Lebensmut stärken, Hoffnung wecken und Eigenverantwortung
fördern. Dafür bieten wir eine Weggemeinschaft auf Zeit.
132 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?

Nach diesem guten Ergebnis wurde anlässlich eines kleinen Festes an jede Mitarbeiterin und
jeden Mitarbeiter ein Leitbild in der Größe einer Scheckkarte verteilt. Hinzu kam ein Lepo-
rello, der sowohl die Leitsätze wie auch die Erläuterungstexte zu den Sätzen enthält.

Die Verhaltensgrundsätze

Mit dem Leitbild ist für jeden, sowohl Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie Kunden oder
interessierte Außenstehende ersichtlich, mit wem er es zu tun hat. Diese Aussagen verpflich-
ten uns allerdings auch dazu, uns an dem Inhalt messen zu lassen. Damit das möglich wird,
müssen Aussagen und alltägliches Handeln übereinstimmen. So galt es im nächsten Arbeits-
schritt, die Inhalte des Leitbildes in den Arbeitsalltag der Pestalozzi-Stiftung zu übertragen.
Arbeitsgrundlage war die Erarbeitung von Verhaltensgrundsätzen. Sowohl für die einzelnen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie auch für Kunden und Partner in unserer Arbeit soll
sichtbar und spürbar sein: Unser Leitbild wird von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
getragen und findet sich in der täglichen Arbeit wieder.
Der hier angesprochene Bereich des Corporate Behavior ist eine problematische Phase des
CI-Prozesses. An dieser Stelle zeigt es sich, ob es im bisherigen Verlauf gelungen ist, die
Veränderungen in der Belegschaft zu verankern. Allgemein gültigen Aussagen, wie etwa im
Leitbild, mag der einzelne Mitarbeiter schnell zustimmen, fordert dies doch von ihm zunächst
keine persönliche Veränderung. Dass es mit der Einführung von Verhaltensgrundsätzen aber
auch ein, in Bezug auf betriebliche Kommunikation, wirkungsvolles Controlling-Instrument
gibt, sorgt für Ängste und Widerstände. Auch in unserem Prozess wurden wir mit diesen
Befürchtungen konfrontiert. Von Aussagen wie „Das machen wir doch schon lange so!“ bis
zu „ Das CI-Team macht doch sowieso, was der Vorsteher will!“, konnten wir vielerlei
Kommentare aufnehmen. Kern dieser Aussagen ist jedoch meines Erachtens die Einsicht,
dass die Veränderungen innerhalb des CI-Prozesses zu diesem Zeitpunkt jede Mitarbeiterin
und jeden Mitarbeiter erreichten.
Hier wird deutlich, dass es von großer Bedeutung ist, kontinuierlich durch breit angelegte und
doch individuelle Information der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Akzeptanz zu sorgen.
Erst wenn dem Einzelnen der persönliche Nutzen von klar definierten Verhaltensregeln deut-
lich ist, kann man von Corporate Behavior sprechen. Alle Versuche, per Dekret oder Dienst-
anweisung diesem Ziel näher zu kommen, müssen scheitern. Somit ist diese Phase des Pro-
zesses sehr sensibel. Falsch verstanden kann Corporate Behavior zum Stolperstein des
gesamten Prozesses werden.
Mit Hilfe der zu Beginn des Prozesses durchgeführten Mitarbeiterbefragung erarbeitete das
CI-Team eine Vorlage bestehend aus sechs Grundsätzen, die Verbindlichkeit herstellen sollen.
In diese Vorlage waren Stichworte aus der Rasteranalyse eingearbeitet. Schwerpunkt der
Diskussion war die Notwendigkeit, die Grundsätze so zu formulieren, dass sie für jede Mitar-
beiterin und jeden Mitarbeiter unabhängig von seiner Funktion oder Aufgabe gelten mussten.
Neues Denken in neuen Strukturen 133

Verhaltensgrundsätze
Die vollkommene Methode fehlt uns allen. Aber wir müssen alle Kräfte daran setzen, uns
ihr zu nähern. J.H. Pestalozzi

Wir alle sind Vorbild – in jedem Fall.

Wir richten uns nach dem Bedarf jedes Einzelnen und nach den Wünschen unserer Kun-
den.

Wir arbeiten verlässlich zusammen und gehen fair miteinander um.

Wir handeln transparent, zielgerichtet und nachvollziehbar.

Wir sind kritikfähig und arbeiten lösungsorientiert.

Wir übernehmen Verantwortung und handeln selbständig.

Diese Grundsätze wurden im ersten Halbjahr 1997 vom CI-Team angeregt, in allen Bereichen
diskutiert, anschließend überarbeitet und in der hier vorgelegten Form von der Stiftungslei-
tung mit Zustimmung der Mitarbeitervertretung im Juni 1997 in Kraft gesetzt. Damit sind
diese Grundsätze verbindlich.
Verhaltensgrundsätze sollen Verhaltenssicherheit geben und verbindliche Absprachen zwi-
schen allen sein, ohne als zu enges Korsett die Persönlichkeit jedes Einzelnen zu ersticken.
Aus diesem Grund gewann auch die Diskussion innerhalb der Mitarbeiterschaft über den
persönlichen Nutzen wieder an Kraft, war doch an dieser Stelle jeder Mitarbeiter direkt ange-
sprochen. Besonders in Konfliktsituationen steht diese Frage wieder im Vordergrund. Dies
hat den Vorteil, dass gerade in Konfliktsituationen der Nutzen von Verhaltensgrundsätzen für
jeden Einzelnen deutlich wird.
Auf dem Wege von Verabredungen dieser Art entstehen Kommunikationsstrukturen, die
Verbindlichkeit und Verlässlichkeit herstellen. Gelingt es, dies im Alltag mit Leben zu füllen,
erhöhen sich sowohl die Qualität der geleisteten Arbeit, die Motivation der Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter wie auch die Identität des Unternehmens. An dieser Stelle soll nicht ver-
schwiegen werden, dass das Erreichen dieses Zieles davon abhängig ist, wie glaubwürdig
durch den Prozess initiierte Diskussionen und Veränderungen umgesetzt wurden. Mitarbeiter
werden nur dann ihre Haltung verändern, wenn ein deutlicher eigener Nutzen daran gekop-
pelt ist.
Wertschätzung und Mitarbeiterpflege sind hier Begriffe, die von Mitarbeiterinnen und Mitar-
beitern in die Waagschale geworfen werden. Wenn es gelingt, Veränderungen unter Berück-
sichtigung dieser Werte zu schaffen, werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diesen Prozess
begrüßen und weiterentwickeln.
134 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?

Die Führungsleitlinien

Besondere Bedeutung kommt in einem hierarchisch organisierten Unternehmen wie der


Pestalozzi-Stiftung dem Verhalten von Führungskräften zu. An ihnen messen Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeiter unter anderem, wie ernsthaft so ein interner Prozess mit allen seinen
Auswirkungen betrieben wird. Führungsverhalten muss eingebunden sein in ein Führungs-
konzept. Mehrere Komponenten sind hier zu berücksichtigen.
Zunächst eine allgemeine Definition von Führung:
„Führung ist notwendige Voraussetzung, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Organi-
sation zur Zielerreichung anhand eines bestimmten Aufgabenkataloges im Rahmen einer
vereinbarten Führungskonzeption zu bringen.“ (aus: Albrecht Müller-Schöll / Manfred Prieb-
ke Sozialmanagement, 3. Aufl. Berlin 1991, S.131)

Führungsleitlinien
Wir sind Vorbild für die Verwirklichung unseres Leitbildes.

Mitarbeiter orientieren sich an den Grundsätzen eines Unternehmens wie am Beispiel ihrer
Vorgesetzten. Darum beziehen wir Position, treffen Entscheidungen und sorgen für deren
Umsetzung.
Wir bringen unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Vertrauen entgegen und unterstüt-
zen sie bei der Erledigung ihrer Aufgaben.

Gute Zusammenarbeit wächst durch gegenseitige Achtung und Verlässlichkeit. Darum sorgen
wir für regelmäßige Gespräche mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und setzen uns
für ein positives Betriebsklima ein.
Wir vereinbaren Aufgaben und Ziele und kontrollieren die Ergebnisse.

Aufgabenklarheit und Zielorientierung unterstützen Motivation und Leistung. Darum sorgen


wir für Stellenbeschreibungen, Zielvereinbarungen und Personalgespräche.
Wir fördern die Qualifikation unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Die Mitarbeiterförderung ist eine zentrale Führungsaufgabe, die der persönlichen Weiterent-
wicklung ebenso dient wie der Qualität der Arbeit. Darum sorgen wir für eine systematische
Fortbildungsplanung und für differenzierte Angebote.
Wir gehen Konflikte aktiv an und führen Lösungen herbei.

Konflikte sind Störungen, aber auch Chancen und können das Ziel in Frage stellen. Da-rum
bestehen wir auf Lösungen und sind für sie verantwortlich.
Neues Denken in neuen Strukturen 135

Wir tragen Verantwortung für die Zukunftsfähigkeit unseres Unternehmens.

Führung heißt, Wege auf ein gemeinsames Ziel hin zu suchen und zu gehen. Darum schaffen
wir Raum für neue Ideen, fordern auf, Gewohntes in Frage zu stellen und laden zu Verbesse-
rungsvorschlägen ein.
Wir stellen uns der Kritik unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Persönliche Glaubwürdigkeit ist das wichtigste Führungsinstrument. Darum brauchen wir


einen offenen Dialog für den gemeinsamen Erfolg.
Diese Leitlinien wurden vom CI-Team angeregt, in allen Bereichen diskutiert, anschließend
überarbeitet und in der hier vorgelegten Form von der Stiftungsleitung mit Zustimmung der
Mitarbeitervertretung am 23. September 1997 in Kraft gesetzt. Damit sind diese Grundsätze
verbindlich.
Die zentralen Aufgaben der Führungskräfte finden sich in unseren Führungsleitlinien wieder.
Hier wird kein Führungsstil beschrieben, sondern wichtige Aspekte der Führungsverantwor-
tung. Ziel ist es, wesentliche Aspekte der Kommunikation zwischen Führungskraft und Mit-
arbeiterinnen und Mitarbeiter zu erfassen und durch Festschreibung als Kommunikationsideal
zu definieren. Hierarchische Organisationen sind oft verhaftet in mechanischen Denkstruktu-
ren. Führungskräfte richten in solchen Konstruktionen den Fokus auf Kausalketten. Die reine
Suche nach Ursache- und Wirkungsmodellen lässt sich in ganzheitlichen Organisationsfor-
men jedoch nicht mehr umsetzen. Dementsprechend finden sich in den Führungsleitlinien der
Pestalozzi–Stiftung eher partnerschaftlich orientierte Aussagen.
Diese Aspekte wurden in der Pestalozzi-Stiftung nicht ausschließlich von den Führungskräf-
ten erarbeitet, sondern sind ebenso Ergebnis einer breiten Diskussion in der Gesamtbeleg-
schaft wie Leitbild und Verhaltensgrundsätze.
Sicherlich ist es in Bezug auf die Führungsleitlinien ähnlich wie bei den Verhaltensgrundsät-
zen. Zunächst ist ein Ziel formuliert. Die Umsetzung zu 100 Prozent bedarf der Übung. Den-
noch ist die Vereinbarung eines solchen Zieles der erste Schritt, um dieses Ziel auch wirklich
zu erreichen.

Das Zielvereinbarungs- und Personalbeurteilungssystem

Wie aus dem Vorangegangenen ersichtlich, geht es in der Pestalozzi-Stiftung um Führung


durch Dialog. Nicht Befehl und Gehorsam, sondern verbindliche und eindeutige gemeinsame
Zielfindung sollen die Arbeit steuern.
Schon vor geraumer Zeit wurden aus der Mitarbeiterschaft Stimmen laut, die ein standardi-
siertes Beurteilungssystem wünschten. Zudem kam der Wunsch nach einer kontinuierlichen
Beurteilung im Gegensatz zu qualifizierten Arbeitszeugnissen bei Arbeitsplatzwechseln oder
Zwischenbeurteilungen bei Vorgesetztenwechsel auf.
136 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?

Zwei wesentliche Merkmale der Arbeit sollten in diesem System zum Tragen kommen. Zum
einen die Beurteilung des Mitarbeiters durch den Vorgesetzten. Zum anderen sollte ein Kon-
zept erarbeitet werden, das erlaubte, Zielabsprachen zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter
zu treffen.
Da wir auf kein vorhandenes Konzept zurückgreifen konnten, musste auch dieses innerhalb
der Pestalozzi-Stiftung eigenständig erarbeitet werden. Unsere Erfahrungen aus dem bisheri-
gen Prozess waren an dieser Stelle von großer Bedeutung. Unter anderem sollten folgende
Aspekte in dem Beurteilungskonzept enthalten sein:
„ Besondere Spezifika der verschiedenen Arbeitsplätze sollten erfassbar sein.
„ Beurteilung und Zielvereinbarung sollten durch Dialog erzielt werden.
„ Das System sollte als Qualitätssicherungsinstrument nutzbar sein.
Auch bisher wurden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von ihren Vorgesetzten beurteilt, aller-
dings eher zufällig und unverbindlich. Zum einen wurde diese Einschätzung nicht regelmäßig
besprochen und dokumentiert, zum anderen besteht bei diesem Konzept die große Gefahr der
„Einbahnstraßenbeurteilung“. Da der Mitarbeiter nicht weiß, wann und was beurteilt wird,
kann er sich nicht dazu äußern. Dadurch konnte es bei einem Wechsel des Vorgesetzten zu
Problemen kommen: „Der kann meine Leistungen der vergangenen Jahre gar nicht richtig
beurteilen“. Mit dem neuen System ist einerseits sichergestellt, dass alle Aspekte berücksich-
tigt und Entwicklungen und Leistungen dokumentiert werden. Darüber hinaus können Vorge-
setzter und Mitarbeiter im Dialog Ziele formulieren. Dieser gemeinsame Prozess führt zu
höherer Motivation und Zufriedenheit, da in die Zielfindung auch die Ideen und Vorstellun-
gen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einfließen. Auch Probleme und Konflikte können in
diesem Gespräch zu einer Lösung geführt werden.
Im Dialog zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem wird der Ist-Stand besprochen, die anzu-
strebenden Ziele herausgefiltert. Es wird festgelegt, welche Mittel eingesetzt und welche
Maßnahmen ergriffen werden müssen, um diese Ziele zu erreichen. Auch wird ein Zeitpunkt
vereinbart, wann man sich zur gemeinsamen Kontrolle des Erreichten wieder zusammensetz-
ten wird.
Das entwickelte System wurde in mehreren Probeläufen getestet. Die Rückmeldung aus den
in allen Bereichen gelaufenen Probegesprächen war durchweg positiv. Durch Führungskräfte-
schulungen wurde sichergestellt, dass alle Vorgesetzten über das notwendige Know-how
verfügen, um diese Gespräche durchführen zu können. Die festgestellten Mängel wurden
überarbeitet, und so konnten wir im März 1998 durch Vereinbarung zwischen Mitarbeiterver-
tretung und Stiftungsleitung das System verbindlich einführen.
Die Gespräche finden seitdem zwischen Mitarbeiter und direktem Vorgesetzten einmal jähr-
lich anhand eines in der Pestalozzi-Stiftung entwickelten Zielvereinbarungsbogens statt, der
gleichzeitig Gesprächsprotokoll ist.
Neues Denken in neuen Strukturen 137

Alles erledigt – was nun?


Die Erarbeitung und die Einführung des Leitbildes, der Verhaltens- und Führungsleitlinien
sowie das Zielvereinbarungs- und Beurteilungskonzept waren konkrete Aufgaben. Mit dem
Ende von deren Entwicklung stellte sich die Frage nach den Aufgaben der Zukunft. Zugleich
mussten wir Ermüdungserscheinungen feststellen. In der Mitarbeiterschaft zeigt sich zur Zeit
eine scheinbare CI-Verdrossenheit. Scheinbar deshalb, weil gleichzeitig innerhalb der Teams
rege gearbeitet wird. Teams überprüfen ihre Kommunikationsstrukturen und arbeiten zum
Thema Zusammenarbeit. Mitarbeiter entwerfen Konzepte zur Zukunftssicherung und befas-
sen sich mit der strategischen Planung in ihren Bereichen.
Das eingeführte Zielvereinbarungs- und Beurteilungssystem führt dazu, dass plötzlich Ver-
krustungen aufgebrochen werden können. Die Neuorganisation von Teilbereichen ist die
Folge. Innerhalb des CI-Teams koordinieren wir diese Veränderungen unter der Fragestellung
nach den bereichsspezifischen Schwächen im Hinblick auf das Leitbild. Unseres Erachtens
sichert nur ein beständiger Abgleich zwischen Leitbild und Realität den Fortbestand des
guten CI-Prozesses in der Pestalozzi-Stiftung.
CI hat unserer Einrichtung neue Impulse gegeben und uns den Zugang zu Ressourcen eröff-
net, die in der Beteiligung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestehen. Der Nutzen für
jeden Mitarbeiter liegt auf der Hand. Das gemeinsam erarbeitete Leitbild gibt Orientierung
und erlaubt jedem Mitarbeiter, sich daran auszurichten. Wir haben es gemeinsam erarbeitet –
es ist unsere Verfassung. Nicht von jemandem übergestülpt, sondern aus unserem Arbeitsall-
tag heraus entwickelt. Ebenso verhält es sich mit Verhaltensgrundsätzen und Führungsleitli-
nien. Aufgabenklarheit und strukturelle Verbindlichkeit geben Sicherheit am Arbeitsplatz. Als
wesentliches Element unserer Zusammenarbeit haben wir uns für den Dialog entschieden.
Damit haben wir festgeschrieben, dass jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter Einfluss
nehmen und die Arbeitssituation mitgestalten und weiterentwickeln können. Kein Mitarbeiter
wird gezwungen, sich an diesem Prozess zu beteiligen, aber alle Mitarbeiterinnen und Mitar-
beiter haben die Chance, die Zukunft der Pestalozzi-Stiftung mitzugestalten. Klar ist jedoch,
dass getroffene Verabredungen für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gelten.
Dies ist keine abschließende Berichterstattung. Mit dem Beschluss von Leitbild, Verhaltens-
grundsätzen und den Führungsleitlinien haben wir einen wichtigen Schritt im CI-Prozess
vollzogen. Der Prozess endet an dieser Stelle nicht. Wir haben Grundlagen geschaffen, auf
die wir aufbauen können und die unsere weitere Arbeit strukturieren. Diese Arbeit war zeit-
weise schwierig, und auch heute gilt, was am Anfang des Prozesses von großer Bedeutung
war: Wichtigster Baustein eines solchen Vorhabens ist die Akzeptanz der Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter.
138 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?

Gemeinsame Veränderungen
Claus Duncker / Jürgen Hertlein

Der CI-Prozess in der blista


Ein Erfahrungsbericht aus der Deutschen Blindenstudienanstalt
von Claus Duncker und Jürgen Hertlein.

Veränderungen gemeinsam mit den Mitarbeitern.


Im August 2000 befasste sich eine Kommission der Deutschen Blindenstudienanstalt erstmals
mit dem Thema Qualitätssicherung/Leitbild. Anlass der Diskussion war die Forderung der
Kostenträger nach Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement sowie einem Leitbild im
Rahmen der Regelungen des § 93 BSHG. Man beschloss im Vorstand, einen externen Berater
hinzuzuziehen. Der Vorstand beauftragte die Geschäftsführung, das Vorhaben auszuschrei-
ben. Eine Kommission, bestehend aus Mitarbeitern der verschiedenen Ressorts der Deut-
schen Blindenstudienanstalt, entschied sich für Herrn Gerhard Regenthal, Leiter der CI-
Akademie, und schlug diesen dem Vorstand vor. Der Vorstand beschloss in seiner Sitzung
vom 19. Dezember 2000, „ein Basisseminar zur Qualitäts-/Organisationsberatung (CI-
Prozess)“ mit dem CI-Berater Regenthal durchzuführen. An diesem Basisseminar, das am
1./2. März 2001 stattfand, beteiligten sich Mitglieder des Vorstands, der Geschäftsführung
sowie ca. 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus allen Ressorts der Einrichtung. Ziel des
gesamten Prozesses sollten die Überprüfung der Organisation, der Aufbau eines Qualitätsma-
nagements und die Erstellung eines Leitbildes sein.
Der CI-Prozess wurde durch die Bestellung eines CI-Teams eingeleitet, in dem alle Ressorts
aber auch alle hierarchischen Ebenen der Einrichtung (Vorstand, Geschäftsführung, Ressort-
leiter, Mitarbeiter) vertreten waren. Das Team wählte eine zweiköpfige Teamleitung. Durch
die Mitglieder des Teams sollten die Themen in alle Ressorts und Abteilungen der Einrich-
tung transportiert, dort diskutiert und die erzielten Ergebnisse an das CI-Team zurückgemel-
det werden. Zur Analyse der Problemlage der Einrichtung bediente sich das CI-Team der
Methode der Spinnenanalyse.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Schülerinnen und Schüler sowie die Kunden der
Braille-Druckerei und der Bibliothek bewerteten:
„ die Unternehmensleitung,
„ die Zusammenarbeit in der Einrichtung,
„ das Image der Deutschen Blindenstudienanstalt,
„ das Betriebsklima,
„ das Angebot der Deutschen Blindenstudienanstalt,
„ die Wirtschaftlichkeit,
Gemeinsame Veränderungen 139

„ die Weiterentwicklung,
„ die Identifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Einrichtung.
Dabei wurden vor allem die Zusammenarbeit, die Unternehmensleitung und die Wirtschaft-
lichkeit schlecht bewertet. Die Ergebnisse wurden über die CI-Team-Mitarbeiter in die Berei-
che weitergegeben. Am 2. November fand ein Mitarbeitertag statt, an dem über 350 Mitarbei-
terinnen und Mitarbeiter teilnahmen. In Gruppen wurden abteilungsübergreifende Problem-
stellungen mit der Methode der Kraftfeldanalyse bearbeitet. Die Ergebnisse wurden im
Plenum präsentiert und Lösungsvorschläge unterbreitet. Konkrete Maßnahmen wurden vor-
geschlagen. Unterteams sollten sich mit einzelnen Fragestellungen und deren Lösung be-
schäftigen. So entstand auch das Unterteam „Führungskräfte“, das in der Folge mehrmals
unter der Moderation von Herrn Regenthal tagte und sich gezielt mit Fragestellungen der
Führungsebene auseinander setzte. So arbeiteten in der Folge das CI-Team, die Unterteams
und das Unterteam „Führungskräfte“ parallel.

Gemeinsame Ergebnisse

Ergebnisse des CI-Teams:


„ In einem Prozess ständiger Rückkopplung wurde ein Leitbild der Deutschen Blindenstu-
dienanstalt entwickelt und von den Gremien der Einrichtung (Vorstand und Mitgliederver-
sammlung) abgesegnet.
„ Verhaltensgrundsätze wurden für alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erarbeitet.
„ Neue Möglichkeiten besserer Zusammenarbeit wurden realisiert (Sommerfest, Mitarbei-
terbrief der Geschäftsführung).
„ Die Einführung von Mitarbeitergesprächen wurde beschlossen (ab Januar 2003).
„ Zur besseren Information der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird seit Jahresbeginn
vierteljährig ein Geschäftsführer-INFO herausgegeben.
Ergebnisse des CI Teams „Führungskräfte“:
„ Die Führungsebene wird ab 2004 neu strukturiert. Ein Satzungsentwurf wurde von einer
von der Mitgliederversammlung eingesetzten Kommission erstellt und inzwischen von der
Mitgliederversammlung der Deutschen Blindenstudienanstalt beschlossen, der vorsieht,
dass künftig die Geschäftsführung Vorstand nach § 26 BGB sein wird, der derzeitige Vor-
stand als Verwaltungsrat (Aufsichtsorgan) fungieren wird. Die Mitgliederversammlung
bleibt das oberste Organ der Einrichtung. Das CI-Team „Führungskräfte“ hat diese Struk-
turveränderung begleitet und befördert.
„ Führungsgrundsätze wurden erarbeitet und den Führungskräften ausgehändigt.
„ KLM-Bogen wurden den Mitarbeitern angeboten, um Kritik üben, Lob aussprechen und
notwendige Maßnahme vorschlagen zu können.
140 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?

„ Zielvereinbarungsgespräche werden künftig mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern


geführt, um die Einrichtung inhaltlich und organisatorisch voranzubringen.
Die Begleitung durch den CI-Berater Regenthal endete inzwischen. Der CI-Prozess wird
jedoch weiterlaufen. Vier Mitarbeiter wurden in einem einwöchigen Seminar ausgebildet und
sind in der Lage, den Prozess zu lenken. Regelmäßige Arbeitstreffen des CI-Teams werden
alle Themen, die die Organisation, das Miteinander, die Wirtschaftlichkeit und die Weiter-
entwicklung der Deutschen Blindenstudienanstalt betreffen, behandeln. Die Geschäftsfüh-
rung wird so in ihrer Arbeit beraten und unterstützt. Getragen werden alle Maßnahmen durch
die gesamte Mitarbeiterschaft.

Bewertung
Der CI-Prozess hat Schwächen der Einrichtung aufgezeigt und hat uns so zur Reflexion unse-
res eigenen Handelns gezwungen. Er hat jedoch auch gezeigt, dass engagierte Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeiter die Stärken einer Institution sind. Wir haben im Prozess mit allen nicht
nur die große Linie gemeinsamen Handelns gefunden, sondern haben auch Ansätze zu Lö-
sungen von Einzelaufgaben aufgezeigt (z. B. Regelung des Vorschlagswesens, Energiespar-
vorschläge, Vorschläge zu gemeinsamen Veranstaltungen, Überarbeitung des Schulpro-
gramms der Carl-Strehl-Schule, usw.).
Es gilt nun, den Prozess am Laufen zu halten, stets der Situation anzupassen, um so die Mit-
arbeiterinnen und Mitarbeiter über alle Fragen und Probleme der Einrichtung zu informieren
und, wo immer möglich, in den Entscheidungsprozess einzubinden. Ich denke, der Einsatz
hat sich für alle gelohnt. Wir sollten uns neue Ziele setzen, unsere Qualität, die wir zweifellos
besitzen, stabilisieren und ausbauen, die Qualifikationen unserer Mitarbeiterinnen und Mitar-
beiter nutzen und gegebenenfalls eine Zertifizierung anstreben.

blista Leitbild

Präambel
Unser Leitbild dient als Selbstverständnis und Orientierung. Es wird von allen Mitarbeite-
rinnen und Mitarbeitern unserer Einrichtung getragen. Es ist das Fundament unseres ver-
bindlichen Handelns.

Bildung erleben – Persönlichkeit entwickeln – Gesellschaft mit gestalten.

Wenn Sie:

– ein blindes oder sehbehindertes Kind haben,


– selbst blind oder sehbehindert sind,
– sich für Themen des Blinden- und Sehbehindertenwesens interessieren,

dann sind Sie bei uns richtig.


Gemeinsame Veränderungen 141

Für ein selbstverständliches Miteinander in einer visuell geprägten Gesellschaft bauen wir
Barrieren ab.

Wir sind ein international anerkanntes Zentrum zur Förderung und Bildung blinder und
sehbehinderter Menschen. Mit unserem Engagement erreichen Sie Ihre Ziele.

Die Deutsche Blindenstudienanstalt – blista – wurde 1916 gegründet.

Wir tragen mit unserer Arbeit zur gesellschaftlichen und beruflichen Eingliederung Blinder
und Sehbehinderter bei. Wir sind ein anerkannter freier Träger im „Paritä-tischen“ (Wohl-
fahrtsverband) und arbeiten eng mit Selbsthilfeorganisationen zusammen.

Als modernes Dienstleistungsunternehmen verbinden wir wirtschaftliches Handeln mit so-


zialer Verantwortung.

Wir begleiten blinde und sehbehinderte Menschen auf ihrem Weg, eigene Fähigkeiten zu
entdecken, Persönlichkeit zu entfalten und Verantwortung zu übernehmen.

Bei uns finden Sie ein umfassendes Angebot für jedes Lebensalter.

„ In der Carl-Strehl-Schule bieten wir gymnasiale und weiterführende berufliche Schul-


formen.

„ Im Internat fördern wir persönliche Entwicklung und soziales Lernen in Wohngruppen,


die im Stadtgebiet Marburgs verteilt sind.

„ Im Reha-Bereich vermitteln wir – von der Frühförderung über Orientierung/Mobilität


bis zur Sehrestberatung – Fähigkeiten zur Bewältigung des Alltags.

„ Im Medienbereich produzieren, verkaufen und verleihen wir Literatur in Punktschrift,


Großdruck und als Hörbuch.

„ In Verwaltung, Technik und Hauswirtschaft arbeiten Fachleute unterstützend mit allen


Bereichen zusammen.

Mit unseren Angeboten ermutigen wir Sie, neue Wege zu gehen. Wir stehen Ihnen bera-
tend zur Seite.

Wir unterstützen unsere Schüler, Rehabilitanden und Kunden, in Beruf und Gesellschaft
ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

Durch unsere vernetzten blista-Angebote vermitteln wir Wissen und Orientierung. Wir stär-
ken Selbstbewusstsein und Sicherheit.

Die Begeisterung für unsere Arbeit erfüllt unsere zukunftsweisenden Konzepte mit Leben.
Die blista ist eine offene und lebendige Bildungs- und Begegnungsstätte.

Das Leitbild wurde gemeinsam entwickelt und mehrheitlich verabschiedet.


142 Wie sorgt man für das richtige und motivierte Verhalten?

Führungsgrundsätze

Präambel
Führungsgrundsätze sind Richtlinien für das persönliche Verhalten der Leitungspersonen
in ihrer besonderen Verantwortung über die Verhaltensgrundsätze hinaus.

1. Führen heißt: Vorbild sein.


Führungskräfte sind sich ihrer Vorbildfunktion bewusst. Sie begegnen ihren Mitarbei-
terinnen und Mitarbeitern mit Achtung und unterstützen sie in der Ausübung ihrer Tä-
tigkeiten.

2. Führen heißt: Verantwortung übernehmen und Mitverantwortung wollen.


Führungskräfte sind verantwortlich für die Erarbeitung von Lösungsstrategien. Sie
entwickeln diese gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie übertra-
gen Aufgaben, Kompetenz und Verantwortung an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Führungskräfte fördern eigenverantwortliches und selbständiges Handeln der Mitar-
beiterinnen und Mitarbeiter im Rahmen vereinbarter Ziele.

3. Führen heißt: informieren und kommunizieren.


Führungskräfte sind verantwortlich für Kommunikationsstrukturen. Sie geben Informa-
tionen weiter und holen sich Informationen zur Strukturierung von Entscheidungspro-
zessen. Sie sorgen für die Nachvollziehbarkeit ihrer Entscheidungen.

4. Führen heißt: Ziele vereinbaren und überprüfen.


Führungskräfte besprechen in regelmäßigen Abständen gemeinsam mit den Mitarbei-
terinnen und Mitarbeitern Ziele und legen diese fest. Sie sorgen für die Umsetzung
und überprüfen das Ergebnis.

5. Führen heißt: fordern und fördern.


Führungskräfte fordern von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gute Leistungen
und optimalen Einsatz. Sie erkennen erbrachte Leistungen an und fördern die fachli-
che Weiterentwicklung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Wie baut man die Kommunikation
und das Marketing auf?

„Man muss das sein, was man scheinen will.“


[Beethoven]

Corporate-Communication-Konzeption

Der Aufbau einer CI entsprechend der spezifischen Unternehmensphilosophie ist für jedes
Unternehmen heute unabdingbar, wenn es auf den überfüllten Angebotsmärkten und bei
vergleichbarer technischer Qualität und zum Teil ähnlichem Design bestehen will. Das gute
Mercedes-Image ist ein Beispiel dafür und zeigt, dass damit sogar eventuelle Schwächen und
Übergangsschwierigkeiten eines Produktes überbrückt werden könnten, falls das einmal
notwendig würde. Ein Unternehmen verkauft also nicht nur ein Produkt, sondern auch seinen
Namen und sein Image, mit dem sich die Käufer identifizieren, herausheben und persönlich
auszeichnen können. Ein fehlendes oder schlechtes Image oder eine nur kurzfristige Be-
kanntheit hemmen den Erfolg eines Unternehmens. Die CI-Konzeption kann damit zur Über-
lebensfrage werden, zur langfristigen Sicherung des Unternehmens. Das Entscheidende für
die besondere Profilierung ist nicht mehr allein die Qualität der Fachlichkeit oder die hohe
Wirtschaftlichkeit, sondern ein „zusätzlicher Wert”, der besondere Wert und der Sinn, mit
dem ich mich persönlich identifizieren kann: Identität (Abb. 25).
Corporate Communication ist die strategisch orientierte Kommunikation nach innen und
außen mit dem Ziel, die Einstellungen der Öffentlichkeit, der Kunden und der Mitarbeiter/
Mitarbeiterinnen gegenüber dieser Organisation/diesem Unternehmen entsprechend der spe-
zifischen Identität zu beeinflussen oder zu verändern. Mittel dazu sind Public Relations (PR),
Werbung, Marketing, Vertrieb, Mitarbeiterschulungen und -informationen sowie Öffentlich-
keitsarbeit.
144 Wie baut man die Kommunikation und das Marketing auf?

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 25: Profilierung durch Corporate Identity

Werbung wird dabei verstanden als eine Kommunikation, die auf die Organisation bezogen
ist, nicht als reine Produktwerbung, sondern als Imagewerbung. Die Unternehmenskommu-
nikation soll dafür sorgen, dass das Bild vom Unternehmen, wie es in den Vorstellungen der
Menschen existiert, auch tatsächlich nach den Wünschen des Unternehmens ausfällt (Fremd-
bild und Selbstbild sollen möglichst übereinstimmen). Das Image wird also nicht dem Zufall
überlassen, sondern bewusst strategisch ausgerichtet.
Corporate Communication hat das Ziel, durch eine strategische Kommunikation diese Ein-
und Vorstellungen in Bezug auf die Organisation zu bestärken und/oder zu verändern. Ziel ist
es, möglichst viele Synergiefelder zu schaffen. Corporate Communication koordiniert und
integriert alle wichtigen kommunikativen Maßnahmen, ist also nicht nur einfache isolierte
Werbung und Reklame.
Corporate-Communication-Konzeption 145

Die Corporate Communication geht von den Grundlagen der Unternehmenskultur, den CI-
Richtlinien, aus. Durch diese Maßnahmen werden die Grundregeln erst gelebt und ihre Wir-
kungen ausgelöst. Corporate Communication nimmt auch direkt Bezug auf das Corporate
Design und das Corporate Behavior. Alle drei Säulen einer ganzheitlichen CI müssen mitein-
ander vernetzt sein, um die Wirkungen auch wirklich freisetzen zu können. Aufbauend auf
die Interaktionen der Unternehmenskultur (Auftreten, Führungsstil) und das spezifische visu-
elle Erscheinungsbild (Corporate Design) kommen durch die Corporate Communication noch
Kommunikationen (durch Maßnahmen, Projekte und Wirkungen nach innen und außen)
hinzu und verbinden alle Einzelmaßnahmen und Facetten von Corporate Identity zu einem
einheitlichen und gemeinsamen Eindruck von einer Organisation. Was gehört alles zu einem
Corporate-Communication-Konzept?
Die Vielzahl und Unterschiedlichkeit der einzelnen Elemente einer Corporate Identity zeigen
die große Spannbreite der Kommunikationsmaßnahmen und Aspekte, die aber erst in ihrer
Gesamtheit die Gesamtentwicklung des Unternehmens bewirken.

Bestandteile des Corporate-Communication-Konzeptes.


1. Marketing-Kommunikation:
 allgemeine Regeln und Grundsätze (Bezug zu Unternehmensleitbild, zu den Organisa-
tionsgrundsätzen),
 Zielsetzung (auch in den einzelnen Bereichen) und Zielgruppen,
 allgemeine Strategie und Art des Auftritts, des Erscheinungsbildes, Slogan, zentrale
Aussage, Gestaltungsrichtlinien vom Corporate Design, Verhaltensgrundsätze,
 Corporate Branding: das Besondere als Marke herausstellen und pflegen,
 besondere Aussagen, Wirkungen, Maßnahmen, Medien, Regionen ...
2. Unternehmens-Kommunikation:
 Informationsschriften und Infoblätter/Ablagen für Mitarbeiter/Mitarbeite-rinnen,
 Betriebsausflüge, Betriebsversammlungen, Feste, Jubiläen, Sportfeste,
 Ehrungen und Geburtstage für Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen,
 Betriebsklima, Sozialräume, Sozialleistungen, Freizeiträume,
 Zusammenarbeit der Abteilungen, Meeting, Quality-Circle, Team, Management, Jobro-
tation,
 Arbeitsplatzbeschreibung,
 Mitarbeiterführung, Personalentwicklung, Aus- und Weiterbildung, Verkaufsschulung,
Telefonschulung ...
3. Öffentlichkeits-Kommunikation:
 Unternehmensinformationen (Pressebericht, Anzeigen, Geschäftsberichte, Jubiläen,
Chronik, Imagebroschüren, Videofilme, Computeranimationen, Multivisionsshow,
Homepage, Website, Aufkleber, T-Shirts ...
 Geschäftsdrucksachen insgesamt,
 Architektur innen und außen,
146 Wie baut man die Kommunikation und das Marketing auf?

 Fahrzeugpark mit Beschriftung,


 Produktinformation/-werbung,
 Personalwerbung,
 Werbekonzeption (Zielgruppe, zentrale Aussage, Art des Auftritts, Gestaltungsrichtli-
nien, Medien, Intensität nach Größe und Häufigkeit, Budget),
 Telefondienst,
 Vertriebs- und Kundendienstauftreten,
 Ausstellungen/Messen,
 Sponsoren,
 Partner für die Zusammenarbeit …

Kommunikation nach innen und außen

Maßnahmen zur Kommunikation nach innen und außen.


Alle inneren und äußeren Maßnahmen und Aktionen des Unternehmens müssen einer ge-
meinsamen und einheitlichen Richtlinie untergeordnet werden (Corporate-Communi-cation-
Konzeption) (Abb. 26):
„ um die Außenwirkung des Unternehmens effektiver und widerspruchsfrei zu gestalten,
„ um für alle Beteiligten eine bessere Orientierung zu schaffen,
„ um Kontinuität, Bekanntheit und ein positives Image bei den Zielgruppen zu erreichen,
„ um die Identitätsfindung und das Bewusstsein (Beziehung, Motivation) bei den Kunden
und auch bei den Mitarbeitern zu unterstützen,
„ um Synergieeffekte zu schaffen, die Zusammenarbeit aller Beteiligten zu ver-bessern und
schließlich,
„ um kostengünstiger und rationeller arbeiten zu können.
Erst durch eine konsequente Ausrichtung und Koordinierung aller unternehmerischen Maß-
nahmen können die Wirkung der Öffentlichkeitsarbeit verstärkt und die Zusammenarbeit mit
anderen Organisationen und Medien und damit die Qualität des Unternehmens verbessert
werden. Von der Architektur, über die unterschiedlichsten Kommunikationsarten bis hin zu
den Drucksachen reichen die Elemente des Gestaltungssystems im Rahmen einer CI-
Konzeption. In der Fülle der möglichen Maßnahmen steckt auch die Gefahr der Verzettelung
und macht eine abgestimmte Ausrichtung dringend notwendig. Die strikte Einhaltung der
einmal aufgestellten Richtlinien hat sich im modernen Marketing als CI schon längere Zeit
bewährt. Ein klares Unternehmensprofil als Erfolgsfaktor durch ein CI-Konzept ist heute
nicht nur von großen Unternehmen (Coca Cola, Mc Donalds) weithin anerkannt und ange-
strebt. Gerade im Dienstleistungsbereich mit seinen vielen Mitarbeitern ist ein einheitliches
Führungs-, Organisations- und Erscheinungskonzept von besonderer Bedeutung, um eine
einheitliche Wirkung nach innen (Identität) und außen (Image) zu schaffen.
Corporate-Communication-Konzeption 147

Für die Unternehmen sollten bei diesen Überlegungen folgende Aspekte nicht vergessen
werden:

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 26: Kommunikative Elemente einer Corporate Identity

1. Wichtigste Grundlagen sind für alle positiven Einschätzungen eine fachlich gute Arbeit
und ein Top-Qualitäts-Produkt. Abstriche und Mängel dürfen hier nicht auftreten. Aller-
dings können diese allein kein positives Image aufbauen, denn die Unterschiede in den
Angeboten werden immer geringer, und jedes Unternehmen ist mehr als nur seine Produkte!
148 Wie baut man die Kommunikation und das Marketing auf?

2. Nicht alle Maßnahmen müssen unbedingt dem Image dienen. Falls möglich, sollten sie
ihm aber zuarbeiten und die Imagebildung verstärken. Eine oberflächliche „Imagemache“
als Öffentlichkeitsarbeit ohne solide Grundlage und Binnenwirkung sollte dabei vermie-
den werden. Sie schadet dem Unternehmen mehr, als sie nützt.
3. Ein CI-Konzept allein ist für das Unternehmen noch keine Garantie für ein positives
Image. Das CI-Konzept kann jedoch die unternehmerischen Maßnahmen und Leistungen
in ihrer Einzelwirkung und als Gesamtheit deutlich machen und verstärken. Und es kann
auch mögliche Defizite und Probleme aufzeigen und lösen helfen.
4. CI-Grundlagen und CI-Richtlinien sind eine feste Basis – die Kommunikation muss ent-
sprechend der Marktsituation und der Kundenerwartungen sehr schnell und flexibel sein.
Gerade in der Markenbildung geht es um Kontinuität, aber das heißt nicht, dass wir keine
innovativen und aktuellen Anpassungen haben. Eine Kernaussage und die Wiedererken-
nung müssen dabei immer gewährleistet sein.

Aufbau einer CC-Konzeption

Aufbau einer Corporate-Communication-Konzeption für Unternehmen.


Marketing soll als Maxime, als Denk- und Operationsstil und systematische Entscheidungs-
findung betrachtet werden. Marketing, das ist eine marktorientierte Managementsichtweise
mit entsprechenden Führungsprinzipien und Instrumenten (to market = auf den Markt gehen).
Ziel ist es, Leistungen anzubieten und nicht nur einfach zu produzieren und zu machen, was
vielleicht gut ankommen könnte. Das Hauptproblem dabei ist, das Angebot des Unterneh-
mens zu verbessern und auch gut darzustellen. Tue Gutes und rede darüber – biete es an!
Diese marktorientierte Ausrichtung ist eigentlich nicht neu, da die Unternehmen sich schon
immer nach den Anforderungen der Wirtschaft, Gesellschaft und der Kunden ausgerichtet
haben. Der neue Aspekt im CI-Marketing ist das marktorientierte Denken und Handeln nach
innen und außen. Es soll einerseits zur Identitätsbindung nach innen und andererseits zur
Imagebildung nach außen dienen. Beide Pole bedingen einander (Interdependenzen und
Feed-back) und verstärken somit den Erfolg eines Unternehmens. Nur eine starke Identität
kann ein gutes Image schaffen. Ein CI-Marketing legt Wert auf:
1. Verbesserung des Produkt- und Leistungsangebotes (Orientierung an den Wünschen und
Erwartungen der Kunden, des Marktes und der Gesellschaft),
2. Verbesserung der Identitätsbildung (Strukturen, Abläufe und Motivationselemente, um für
den einzelnen Mitarbeiter am Arbeitsplatz und im Alltag eine Identitätsbildung zu ermög-
lichen. Nur sein entsprechendes Verhalten und Mitdenken kann ein gutes Marketing er-
möglichen.),
3. Verbesserung der Vertriebs und des Verkaufs (gute Vertriebsstrukturen und gut geschulte
Verkäufer können den Kunden direkt und erfolgreich ansprechen.),
Corporate-Communication-Konzeption 149

4. Verbesserung der Darstellung der Leistungen (das zielgerichtete, marktorientierte Handeln


erfolgt planmäßig und systematisch – d. h., alle Einzelmaßnahmen müssen im Rahmen der
Gesamtdarstellung der Öffentlichkeitsarbeit gesehen werden. Die Abstimmung und Aus-
richtung bringt das Corporate-Identity-Konzept.),
5. Verbesserung der Kommunikation mit der regionalen und gesellschaftlichen Umwelt
(Beziehung des Unternehmens als Ganzes zur Gemeinde, den Parteien, Vereinen und Inte-
ressenverbänden, der Öffentlichkeit, der Presse usw. Dazu gehören auch die Marktbeo-
bachtung, der Mitbewerbervergleich, die Markenbildung und die langfristige Imagebil-
dung.).

Ziele der Öffentlichkeitsarbeit

Warum muss man eigentlich Öffentlichkeitsarbeit machen? Öffentlichkeitsarbeit hat unter-


schiedliche Zielgruppen und vielfältige Zielsetzungen:
„ Erhöhung des Bekanntheitsgrades/Gestaltung und Profilierung des Images,
„ Kommunikation mit unterschiedlichen Zielgruppen,
„ Positionierung im Markt und in der Öffentlichkeit,
„ Aufbau von Vertrauen und Glaubwürdigkeit,
„ Schaffung eines positiven Klimas (Puffer),
„ Verbesserung des Betriebsklimas und der Motivation,
„ Schaffung von Verbündeten und Sympathieträgern,
„ Verbesserung der Berichterstattung in den Medien,
„ Unterstützung von Anliegen und Projekten gegenüber Behörden und Organisationen,
„ Verbesserung der Voraussetzungen zur Personalauswahl,
„ besseres Verständnis der Öffentlichkeit in Krisensituationen,
„ Minimierung der Gefahr, durch Gerüchte/Verleumdungen Schaden zu nehmen (Prävention),
„ Verbesserung der Kundenansprache/Kundenbindung,
„ Neu-Kunden-Ansprache,
„ Verbesserung des Angebotes/Absatzes,
„ Transparenz der Organisationsziele und Erfolge,
„ Stärkung der Identität nach innen und außen,
„ Kommunikation der Corporate Identity.
150 Wie baut man die Kommunikation und das Marketing auf?

Die Zielsetzung der Öffentlichkeitsarbeit ist in erster Linie eine Akzeptanzschaffung und
Akzeptanzerhöhung – eine Vertrauensbildung – eine Identitätsstiftung. Durch entsprechende
zielgruppenspezifische Maßnahmen werden die unterschiedlichen und differenzierten Aus-
richtungen deutlich.
Ausgehend von:
„ Angeboten (Produkten, Leistungen),
„ Aktionen (Pressearbeit, Projekte),
„ Terminen (Anlässe, Daten, Feiertage),
„ Kontakten (Personen, Organisationen, formell und informell)
müssen alle Adressaten direkt und indirekt immer wieder informiert, angesprochen, beteiligt
und integriert werden. Nur das schafft eine Identifikation, die in der Wirtschaft auch als Kun-
denbindung, Kundenzufriedenheit und Kundenbegeisterung eine ganz entscheidende Ziel-
größe für alle Maßnahmen des Unternehmens ist. In jedem Unternehmen ist das der eigentli-
che unternehmerische Auftrag – eine Marken-Identität zu entwickeln, damit dadurch der
Profit längerfristig gesichert werde kann.
Die Aktionen und Projekte der Öffentlichkeitsarbeit sollten dabei nur Anlass sein, um über
die Identität und das Image des Unternehmens nachzudenken; sie sollten nicht allein die
Zielsetzung mit sich bringen, kurzfristig zu werben, um schnell Kunden zu bekommen und
sich damit aus einer Krise zu befreien – das kann auf Dauer nicht die Zielsetzung sein.
In größeren Unternehmen kann sich die Leitung Unterstützung suchen:
„ durch beratende Fachleute, die Anregungen und Ideen (zeitlich und fachlich) bieten.
„ durch einen Beauftragten für Öffentlichkeitsarbeit, der in Absprache mit dem Leiter die zu
fällenden Entscheidungen vorbereitet und für die weiteren CI-Schritte verantwortlich ist.
„ durch ein CI-Team, das die einzelnen Schritte in Richtung CI vorbereitet, die CI-
Maßnahmen mit steuert und unterstützt und letztlich den CI-Prozess gemeinsam entwi-
ckeln kann. Freiwillige aus allen Bereichen, Abteilungen und Ebenen können als hetero-
gene Gruppe der Leitung zuarbeiten, entsprechende Projekte moderieren und die Ideen in
die einzelnen Bereiche des Unternehmens hineintragen (Multiplikatoren) und aus dem CI-
Prozess heraus auch eine gute Imagebildung betreiben.
Diese CI-Beratung soll besonders die Planung, Initiativen, Strukturen und Vorgehensweisen
aufnehmen und koordinieren – eine Arbeit, die bisher meistens von der Leitung gemacht
wurde. Ziel dabei ist, die Leitung zu entlasten, zu unterstützen und auch die bisherige Öffent-
lichkeitsarbeit zu verbessern.
Das folgende Ablaufschema zum Aufbau einer CI-Öffentlichkeitsarbeit zeigt die verschiede-
nen Phasen der Vorgehensweise (Abb. 27). Legen Sie Wert auf eine strategische und länger-
fristig angelegte Öffentlichkeitsarbeit, die auch nach innen die Mitarbeiter anspricht und
beteiligt.
Corporate-Communication-Konzeption 151

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 27: Zehn Schritte zur Öffentlichkeitsarbeit

CI als Imageträger eines Unternehmens umfasst alle Ebenen und Formen der Kommunikati-
on: die visuelle, soziale (interpersonale) und die auditive Kommunikation. Bei der Konkreti-
sierung einer CI-Konzeption stehen dann die relevanten Kommunikationsschwerpunkte im
Mittelpunkt (vgl. auch Abb. 26).
152 Wie baut man die Kommunikation und das Marketing auf?

Dabei sind CI-Elemente aus dem Bereich der visuellen Kommunikation (intern und extern)
auch als viel bedeutender anzusehen als die CI-Elemente aus dem Bereich der auditiven
Kommunikation. Das Image eines Unternehmens wird also weitgehend durch eine visuelle
Kommunikation geprägt, wobei auch nur einzelne Aufgabenbereiche wichtig sind (Minimal-
konzeption). Entscheidend für das Image ist aber letztlich der Bereich der interpersonalen
Kommunikation, der für die langfristige Absicherung von großer Bedeutung ist. Die Verbes-
serung der Sozialstruktur des Unternehmens bzw. des Arbeitsklimas ist die Basis für die CI-
Entwicklung. Gerade aber diese Imagebildung, die sich ja im emotionalen Verhalten der
Menschen manifestiert, ist im Rahmen eines CI-Konzeptes nur schwer zu beeinflussen und
wird deswegen von vielen Großunternehmen eher vernachlässigt oder terminlich weiter nach
hinten verschoben .
Die Bedeutung des sozialen Bereiches für die Imagebildung zeigt sich besonders durch zwei
Aspekte:
1. Emotionale Denk- und Verhaltensstrukturen und eine entsprechende positive Bewertung in
Bezug auf das Image eines Unternehmens können nur sehr langsam und nur durch eine
konsequente Öffentlichkeitsarbeit aufgebaut werden – sie können aber auch sehr leicht
wieder zerstört werden.
2. Wenn aber insgesamt eine gute „soziale Kennung des Unternehmens“ erarbeitet wurde,
können damit die weniger wichtigen Bereiche der visuellen und akustischen Kommunika-
tion (zumindest zeitweise) „überbrückt“ oder entsprechende Lücken und Probleme kom-
pensiert werden.
Durch die unterschiedliche Einschätzung der vielfältigen Interessengruppen, die hier ange-
sprochen werden, und auch durch eine neue indirekte und wenig zu steuernde Imagebildung
wird gerade die soziale Kennung der Unternehmen zukünftig Unterschiede zwischen einzel-
nen Mitbewerbern verdeutlichen; sie wird umso mehr eine wichtige Komponente im Rahmen
einer CI-orientierten Öffentlichkeitsarbeit werden, die im Rahmen der Markenbildung deut-
lich diesen Bereich ansprechen und aufnehmen muss.
Die Minimalkonzeption aus der CI-Grundkonzeption umfasst Kommunikationsmittel, auf die
kein Unternehmen verzichten kann. Im Bereich der internen und externen visuellen Kommu-
nikation sind das folgende CI-Faktoren:
„ Gestaltung von Produkt- und Arbeitsmaterialien, Einsatz von Medien,
„ Layout von Aushängen, Ankündigungen, Mitteilungen, Plakate,
„ Layout von Drucksachen (Geschäftsbriefen, Formularen, Imagebroschüren),
„ Darstellung des Unternehmens in der Öffentlichkeit, in der Presse und im Kontakt zu
anderen Ansprechpartnern.
Diese Faktoren sind als visuelle Kennung Grundvoraussetzung für die Ausbildung eines
Images. Sie können noch ergänzt werden durch unterschiedliche branchenspezifische Ele-
mente, die das Bild des Unternehmens abrunden (vgl. dazu auch die Corporate-Design-
Konzeption).
Corporate-Communication-Konzeption 153

Wichtig ist eine einheitliche Darstellung des Unternehmens im Rahmen eines CI-Konzeptes,
um damit die Imagewirkung zu verstärken. Im Bereich der interpersonalen Kommunikation
sind folgende CI-Faktoren von Bedeutung:
„ die Unternehmenskultur und das Arbeitsklima, die sich aus der Zusammenarbeit aller
Beteiligten ergeben,
„ Personalentwicklung und Mitarbeiterführung,
„ Verhalten gegenüber Kunden und in der Öffentlichkeit,
„ die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern.
Die Personalentwicklung nach einem CI-Konzept erscheint dabei für viele wesentlich
schwieriger. Umso wichtiger ist dann eine sensible Mitarbeiterführung und das Ziel, ein gutes
Betriebsklima und eine gute Unternehmenskultur aufzubauen.

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 28: Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit
154 Wie baut man die Kommunikation und das Marketing auf?

Alle Maßnahmen zur Imagepflege sind nicht an kurzfristigen Erfolgen ausgerichtet. Es geht
hierbei um die mittelfristige und langfristige Manifestation eines positiven Images bei allen
Beteiligten und Zielgruppen: Nicht nur Kunden und Kooperationspartnern, sondern auch und
gerade Behörden, Verbänden, Parteien und Presse werden hier angesprochen (besonders als
Entscheidungsträger und Meinungsmultiplikatoren). Die zentrale klassische Aufgabe der
Öffentlichkeitsarbeit bleibt die Pressearbeit (Abb. 28).
Zentraler Aspekt der eigentlichen Öffentlichkeitsarbeit ist die gute Beziehung zur Presse. Sie
bewirkt, dass über bestimmte Unternehmen häufig und gut berichtet wird, während Berichte
und Einladungen anderer Unternehmen nicht berücksichtigt werden. Zum Aufbau guter Be-
ziehungen zur Presse können folgende Überlegungen hilfreich sein:
„ Suchen Sie sich einen festen Ansprechpartner, den Sie bei den jeweiligen Zeitungen als
Ihren persönlichen Ansprechpartner betrachten. Informieren Sie diese Person jeweils so-
fort und unmittelbar. Das allgemeine Ansprechen einer Redaktion ist im Allgemeinen
nämlich nicht sonderlich hilfreich.
„ Entwickeln Sie eine gute Zusammenarbeit durch Vorschläge für Berichterstattungen
(Ideen, Einladungen, Informationsmaterial und evtl. Presseerklärungen/vorbereitete Be-
richte), aber auch durch Einladung zu Festen, Veranstaltungen, Exkursionen, Betriebser-
kundungen und Projekten. Gehen Sie auf die Wünsche der Presse ein (z. B. Fototermine
usw.), oder laden Sie doch einmal Ihren Pressevertreter in den Arbeitsalltag ein!
„ Berücksichtigen Sie die Konkurrenz der Presse untereinander („Wenn diese Zeitung vor-
her darüber berichtet, berichten wir nicht mehr!“). Machen Sie getrennte Termine für die
einzelnen Pressevertreter.
„ „Bleiben Sie am Ball“ und fragen Sie ab und zu bei der Presse nach, wenn Berichte über-
fällig sind und geben Sie Rückmeldungen über Berichte weiter (oder auch nur ein „Dan-
keschön, bis zum nächsten Mal!“ Auch hierbei ist wieder – wie immer – die einheitliche
Darstellung des Unternehmens im Rahmen eines CI-Konzeptes wichtig, um damit die
Imagewirkung zu verstärken.
Wegen der langfristigen Imagebildung müssen die visuellen, sozialen und auditiven Kennun-
gen des Unternehmens übereinstimmen und sich in ihren Wirkungen nicht behindern, son-
dern unterstützen – ansonsten wird die Anstrengung, durch ein durchgehendes CI-Konzept
ein nachhaltig positives Image aufzubauen, auf Dauer umsonst sein.
Imageuntersuchungen bei großen Industrieunternehmen haben Ergebnisse gezeigt, die sich
auf alle Organisationen übertragen lassen:
„ Ein Image ist ein Gesamtbild, das sich die Öffentlichkeit von der Organisation macht.
„ Die Gesamteinstellung wirkt ganzheitlich, setzt sich aber auch aus Teilbereichen zusam-
men, die ein rein subjektives Gesamturteil objektivieren. Image (Fremdbild) ist somit eine
Gesamteinschätzung der Identität (als Selbstbild) des Unternehmens, die wiederum aus
einzelnen Faktoren zusammengefügt ist:
Corporate-Communication-Konzeption 155

1. Qualität der Leitung,


2. Größe der Organisation, gute Lage und Ausstattung,
3. Qualität der Produkte und Leistungen, Innovationskraft,
4. Kundenzufriedenheit,
5. Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit, Berichterstattung,
6. Bekanntheit der Organisation,
7. gute Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern,
8. gute Unternehmenskultur, Attraktivität des Arbeitsklimas, Traditionen.
Diese acht Image-Faktoren haben sich als geeignete Gliederungskriterien für die Identität und
das Image erwiesen und stellen somit auch gleichzeitig Zielwerte dar. Image als Eindruck,
der sich als feste Vorstellung mit dem Unternehmen verbindet, ist nicht real. Somit kann ein
objektiv gutes Produkt allein nicht unbedingt ein gutes Image erzeugen, und auch isolierte
Kommunikationseffekte schaffen es nicht. Erst die Gemeinsamkeit aller Image-Faktoren
ergibt ein positives Unternehmensimage (durch eine Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen einer
CI-Konzeption). Die Kehrseite verdeutlicht diese Aussage: Ein Unternehmen mit Negativ-
Image wird zum „Selbstläufer“. Einfacher gesagt: Man glaubt dem Unternehmen gar nichts
mehr, auch dann nicht, wenn die Aussagen objektiv richtig sind.

Mitarbeiterführung als Basis der Kommunikation

Um die Glaubwürdigkeit eines Unternehmens ist es schlecht bestellt, wenn sich die in den
Unternehmensgrundsätzen herausgestellten Attribute – zum Beispiel flexibel, fortschrittlich
und kundenorientiert – nicht auch im Verhalten der Mitarbeiter widerspiegeln. Das Unter-
nehmen im Inneren ist mit seinen Strukturen und Mitarbeitern die Grundlage für eine gute
Außenwirkung, die durch eine CI-abgestimmte Öffentlichkeitsarbeit noch verstärkt wird.
Die Personalpolitik hat somit viele Zielsetzungen, die ihre Notwendigkeit bzw. Bedeutung
besonders betonen und ist damit die Verbindung von Erscheinungsbild, Kommunikation und
Verhalten. Erst eine gute Corporate-Communication-Konzeption schafft den Prozess der
Profilierung: Nicht das gute Produktangebot allein ist erfolgreich, sondern erst das Bewusst-
sein und die Kommunikation darüber setzt diese Wirkungen frei.
Alle Unternehmen möchten „draußen“ einen guten Ruf haben. Daran liegt selbstverständlich
dem Leiter, vor allem aber auch allen Mitarbeitern, die als Vertreter dieses Unternehmens
bestrebt sind, optimale Arbeit zu leisten und die ihr Engagement „gewürdigt“ sehen wollen.
Jedes Unternehmen hat eine Menge erfreulicher Arbeitsergebnisse und Erfolge vorzuweisen;
und es verfügt über viele geeignete Mittel und Anlässe, sich in der Öffentlichkeit im positiven
Sinne bemerkbar und bekannt zu machen.
156 Wie baut man die Kommunikation und das Marketing auf?

Identität heißt in diesem Zusammenhang auch Mitwirkungsmöglichkeiten aller Beteiligten:


Ein Jubiläum, das „gemacht werden muss“, bringt häufiger weniger Erfolg und Freude als
eines, das auf den – von allen getragenen – Unternehmensgrundsätzen basiert, das von allen
geplant und durchgeführt wird und das dadurch Perspektiven und Motivation für zukünftige
Aktionen aufweist – also in ein Gesamtkonzept „eingebaut“ ist.
Hier also ist besonders der Leiter gefordert, der nicht nur „die Arbeit verteilen“, sondern
diese Aufgaben gemeinsam mit den Mitarbeitern angehen sollte; und er hat darauf zu achten,
dass diese (und andere) Aktionen nicht isoliert, sondern stets im Rahmen des abgesprochenen
Konzeptes durchgeführt werden und er selbst vorbildlich mitmacht.
Seine wichtigste Aufgabe in diesem Zusammenhang bleibt aber, Anlässe und Ansatzpunkte
zu erkennen, notfalls auch zu schaffen, um die Leistungen des Unternehmens allgemein
bekannt zu machen. In der PR-Branche gibt es eine Formel, die diese Vorgehensweise ver-
deutlicht – die AIDA-Formel:
A für Attention: Aufmerksamkeit wecken, auf das Unternehmen hinweisen, Anlässe auf-
nehmen, Anfänge suchen ...
I für Interest: Interesse auf das Unternehmen lenken, informieren über das Unternehmen,
Ich-Botschaften senden (persönlich einbringen), Interesse schaffen ...
D für Desire of Possession: direkten Besitzwunsch anregen, also den Wunsch wecken,
„dabei zu sein“, auf die innere Bereitschaft vorbereiten, den direkten Nutzen – direkte
Notwendigkeiten und Bedürfnisse aufzeigen ...
A für Action: Aktionen für die Zielgruppen, Aktionen zur Teilhabe – zur positiven Ent-
scheidung bringen, Akzeptanz schaffen, anfangen ...

CI-Marketing für ein erfolgreiches Verkaufen

Verstehen – vertrauen – verkaufen


Verkaufen ist keine isolierte Tätigkeit, sondern eingebunden in die Firmenkultur und unter-
nehmerische Gesamtwirkung (Corporate Identity). Die Verkaufsabteilung ist nicht das ganze
Unternehmen, aber das ganze Unternehmen sollte eine Verkaufsabteilung sein, da es beim
Verkauf mitwirkt!
„Wie kann unser Unternehmen noch erfolgreicher werden?“ ist die entscheidende Frage auch
für den Verkauf und den Vertrieb. Die Nachfrage des Marktes ist abgeflaut und der Wettbe-
werb noch härter geworden: Es wird immer wichtiger, sich von seinen Mitbewerbern zu
unterscheiden und sein spezifisches Profil zu entwickeln, das nach innen und außen darge-
stellt werden und wirken soll. Die Produkte als Ausgangsbasis für alle Unternehmen ähneln
CI-Marketing für ein erfolgreiches Verkaufen 157

sich in ihren Funktionen, im Ergonomie- und Qualitätsvergleich, im Design und auch im


Preis immer mehr – auch die Marketing- und PR-Elemente gleichen sich manchmal schon.
Wie können wir dann unsere besondere Kompetenz herausstellen und dadurch langfristig
unseren Erfolg stabilisieren und ausbauen? Gefragt ist ein Marketing-Konzept, das mit pro-
fessionellen und profilierten Personen alle Maßnahmen des Unternehmens zusammenfasst, in
ihren Wirkungen verstärkt und somit dem Unternehmen ein spezifisches und persönliches
Profil gibt. Entscheidende Grundlagen sind gute Produkte oder Dienstleistungen von hoher
Qualität, die aber heute allein überhaupt nicht ausreichen.

Benchmarking: durch Vergleich zum Profi

Damit ich mich selbst erkennen kann, schaue ich in den Spiegel. Aber auch durch den Ver-
gleich zu anderen Organisationen wird mir klar, wer ich bin und wer ich sein möchte.

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 29: Benchmarking
158 Wie baut man die Kommunikation und das Marketing auf?

Benchmarking stammt aus der Geländevermessung (Abb. 29). Das Anpeilen von mindestens
zwei unterschiedlichen Standpunkten ergibt eine Schnittstelle, die mir zeigt, wo ich stehe.
Der direkte Vergleich hilft mir bei meiner Standortbestimmung. Über diese Bewusstseinsbil-
dung hinaus kann ich direkt lernen, wo andere etwas besser machen und das bei mir verän-
dern, wenn es mir bei meiner Profilierung hilft (lernende Organisation). Dadurch kann ich
systematisch ein ganzes Konzept entwickeln, das mir über das reine Selbstbild hinaus als
Fremdbild dem Wettbewerb bestens standhalten kann, da es ja immer mit den „Mitanbietern”
einen Qualitätsvergleich gibt.
Listen Sie als erste Maßnahme Vergleichskriterien für Ihr Unternehmen und/oder einzelne
Produkte auf. Dieses sind Indikatoren der Qualität nach innen und außen. Versuchen Sie dann
als zweiten Schritt entsprechende Informationen von Vergleichsunternehmen und/oder ande-
ren ähnlichen Anbietern zu besorgen. Wer ist führend bei dem Vergleich der speziellen Ein-
zelkriterien? Von wem können wir so lernen, dass wir unsere eigenen Vorstellungen prägnan-
ter und profilierter herausarbeiten können? Welche konkreten Veränderungen sind möglich,
damit das Gesamtbild verbessert wird? Dadurch wird auch Ihre spezifische Profilierung deut-
lich, es entwickelt sich ein eigenes Marketingkonzept, das die Qualität nach innen und außen
besser verdeutlicht und damit verstärken kann. Die Informationen über die Vergleichsorgani-
sationen sollten Sie sich möglichst rechtzeitig vorher besorgen und/oder auch direkte „Paten”
als zuständige „Informationsbeschaffer” auswählen, damit immer mehr Feinheiten entdeckt
und entwickelt werden können.
Der Vergleich der Produkte durch Benchmarking hilft, die spezifische Abgrenzung zu Mitan-
bietern zu finden. Die Marktanalysen zeigen, dass das Anforderungsprofil an den Fachhandel,
Vertrieb oder Verkauf immer stärker vom Faktor Persönlichkeit der Mitarbeiter geprägt wird.
Das bedeutet, dass die Faktoren um das Produkt herum (Software) gerade in Zukunft die
letztendliche Bedeutung haben werden. Dazu gehören die Darstellung der Produkte, die Ver-
bindung von Produktgruppen und der Service (Produkt, Auftreten und Präsentation des Un-
ternehmens und das Auftreten im Markt (Promotion), das Auftreten und Verhalten der Mana-
ger und Mitarbeiter, die Persönlichkeit des Einzelnen und die Unternehmenskultur (Profil),
um dadurch mehr und langfristigen Erfolg zu haben (Profit). Aus der Kommunikationstheorie
wissen wir, dass der Beziehungsaspekt den Inhaltsaspekt bestimmt, dass Wirkungsfaktoren
bestimmend sind, dass das Verhalten der Mitarbeiter den Gesamterfolg bestimmt. Vom Pro-
dukt zur Promotion, vom Profil zum Profit – alle Einzelwirkungen eines Unternehmens zu-
sammen ergeben die Gesamtwirkung nach außen (Corporate Image), welche durch eine Cor-
porate-Identity-Konzeption aufgebaut und entwickelt werden kann.
Dieses Corporate Image ist letztlich entscheidend für den Erfolg des Unternehmens, wenn es
von der Mitarbeiterschaft getragen und gelebt wird: Profit durch Profil. Profilierung durch
Corporate Identity!
Corporate Identity, als die Identität und das Image des Unternehmens, ist heute Grundlage für
den Erfolg – besonders im internationalen Markt und in schwierigen Märkten. Gefordert ist
die Gesamtwirkung des Unternehmens als Corporate Image, und das erfordert eine ganzheit-
liche Corporate Identity. Das Verhalten der Mitarbeiter untereinander und während ihrer
CI-Marketing für ein erfolgreiches Verkaufen 159

Arbeit darf nicht im Gegensatz zum Verhalten und Auftreten nach außen stehen. Der Einzelne
ist Botschafter des Unternehmens. Das Verkaufen im Rahmen dieses ganzheitlichen Denkens
des Marketings ist also keine isolierte Tätigkeit, sondern es ist eingebunden in die Wirkung
des Unternehmens. Diese einheitliche Unternehmensidentität nach innen und außen verbessert:
„ die Identifikation des Verkäufers mit seinem Unternehmen und seiner Aufgabe und damit
sein Verkaufsverhalten,
„ die Wahrnehmung des Unternehmens und seiner Produkte und damit die Kooperation mit
den Kunden,
„ die Wettbewerbsdifferenzierung auf dem Markt und damit den Absatz der Produkte durch
Vernetzung und Kooperation einzelner Ansätze, Projekte und Synergieeffekte,
„ das allgemeine Erscheinungsbild des Unternehmens und das Image in der Öffentlichkeit,
was die anderen Wirkungen noch verstärkt,
„ durch diese ganzheitliche Unternehmensführung und Präsentation den Erfolg des Unter-
nehmens: Profit durch Profil!
Jedes Unternehmen sollte sein eigenes spezifisches Profil als Gesamtwirkung des Unterneh-
mens entwickeln und deutlich und einheitlich zeigen. Durch eine ganzheitliche CI werden
damit neue Profil-Felder besetzt. Verkaufs- und Vertriebsabteilungen, die im Rahmen einer
CI-Konzeption arbeiten, sind somit nachweislich erfolgreicher als andere. Der Erfolg beim
Verkaufen und auch beim Anbieten von Dienstleistungen wird dabei in erster Linie durch die
Persönlichkeit gesteuert. Das Profil der Unternehmenspersönlichkeit und das der Mitarbeiter-
persönlichkeit stehen in Wechselbeziehungen zueinander. Beide bedingen einander und soll-
ten nicht gegeneinander arbeiten. In der Gesamtwirkung sind sie noch besser, wenn sie auf-
einander abgestimmt sind. Es ist also wichtig, dass der einzelne Mitarbeiter nicht mehr nur
isolierte Produkte anbietet, sondern Produktgruppen, Sortimente, Service und das ganze
Unternehmen präsentiert, die vorhandenen Kontakte nutzt und Informationen über das ganze
Unternehmen verbreitet, um eine positive Einstellung gegenüber dem Unternehmen zu errei-
chen und auch auf andere Verkaufsansätze, Dienstleistungen und Möglichkeiten hinzuweisen.
Besondere Aspekte der Unternehmenskultur sollten dabei zur besseren Profilierung hervor-
gehoben werden. Das ganze Unternehmen muss den Kunden einheitlich mit einer Stimme
ansprechen. Im Augenblick des Kundenkontakts sind Sie die Visitenkarte, der Botschafter des
Unternehmens und präsentieren das gesamte Unternehmen. In Ihrer persönlichen Präsentati-
on dem Kunden gegenüber sind Sie entscheidend für den Eindruck vom Unternehmen und
die Kundenzufriedenheit und damit entscheidend für den Erfolg Ihres Unternehmens.

Verhalten zum Kunden

„Kunde droht mit Auftrag!“ hieß es früher in der DDR, aber was ist eigentlich ein Kunde?
Ein Kunde ist nicht eine Unterbrechung unserer Arbeit, sondern ihr Sinn und Zweck, ist die
wichtigste Person in unserem Unternehmen, ist nicht jemand, mit dem man ein Streitgespräch
160 Wie baut man die Kommunikation und das Marketing auf?

führt oder seinen Intellekt misst, sondern es ist ein Mensch, der uns seine Wünsche bringt.
Unsere Aufgabe ist es, diese Wünsche gewinnbringend für ihn und uns zu erfüllen. Wir müs-
sen also weg von der traditionellen Vorstellung eines Käufers, mit dem wir nur sach- und
technikorientiert umgehen: nicht einfach produzieren und dem Kunden das Beste anbieten,
sondern das produzieren, was der Kunde braucht. Behandeln Sie den Kunden auch als Men-
schen und beziehen Sie ihn aktiv in das Unternehmen und die Produktentwicklung mit ein.
Alle Maßnahmen des Unternehmens sollten direkt auf den Kunden und seinen direkten Nut-
zen ausgerichtet werden. Das Ziel dieser Kundenorientierung ist die Kundenzufriedenheit,
und die ist direkt planbar, messbar und kontrollierbar. Dieses Verhalten der Erfolg bringenden
Kundenorientierung sollte nicht nur extern, sondern im Rahmen des ganzheitlichen Denkens
auch intern zwischen Kollegen, Teams und Abteilungen praktiziert werden.
Das Verhalten der Menschen wird durch ihre Emotionen bestimmt. Die Menschen entschei-
den sich nicht nach dem, wie es ist, sondern nach dem, wie sie meinen, dass es sei. Kunden
entscheiden sich nicht nur nach Sach- oder Inhaltsaspekten (Funktionen, Technik, Preis),
sondern nach ihren Eindrücken, Erlebnissen und Emotionen. Dieser Beziehungsaspekt ist
entscheidend und setzt sich zusammen aus Abbildungen und Vorstellungen vom Produkt und
der Beziehung zu diesem. Der Verkäufer muss also nicht allein die technischen Aspekte ver-
deutlichen, sondern vielmehr versuchen, eine Beziehung des Kunden zum Produkt aufzubau-
en, und das geschieht am besten durch sein Verhalten, das dabei vermitteln kann. Sein Verhal-
ten dem Kunden gegenüber schafft dem Kunden die Möglichkeit, sich ein positives Bild vom
Produkt zu machen und eine positive Beziehung dazu aufzubauen. Gerade wenn sich die
Produkte gleichen oder die Kunden sich nicht entscheiden können, ist das Verkäuferverhalten
entscheidend. Auch die Langfristigkeit des Kundenkontaktes geht auf das Verhalten zurück.
Die Bedeutung des Verkäuferverhaltens wird häufig unterschätzt: Im Durchschnitt sind mehr
als 60 Prozent der Kaufentscheidungen auf das Verhalten der Verkäufer zurückzuführen!
Dabei ist zu beachten, dass das Einzelverhalten nur ein Teil des gesamten Auftretens und der
Präsentation des Unternehmens ist und somit der Durchschnittswert eigentlich viel höher
angesetzt werden müsste. In der Tendenz verkaufen die Unternehmen keine Produkte, son-
dern vielmehr ihr Verhalten: das Verhalten untereinander, den Mitarbeitern, den Kooperati-
onspartnern und den Kunden gegenüber. So wie Sie sich verhalten, so verkaufen Sie auch.
Ausgangsbasis ist also das Verhalten: vom Erscheinungsbild über die Kontaktaufnahme bis
hin zum Auftritt. Das Vorgehen beim Kundenkontakt kann durch die AIDA-Formel konkreti-
siert werden: A wie Aufmerksamkeit wecken, Anlässe aufnehmen, Akzeptanz schaffen; I wie
Interesse wecken; D wie direkte Bedürfnisse und direkten Nutzen verdeutlichen; A wie Akti-
onen, Handlungen, Anfangen mit konkreten Entscheidungen und Maßnahmen. Das nächste
Ziel ist Verstehen, und das heißt kundenorientierte Gesprächsführung, aktives Zuhören, per-
sönlicher Kontaktaufbau, sensible Fragetechnik und Einwandbehandlung. Welche Wünsche
hat der Kunde, und durch welchen direkten Nutzen können sie erfüllt werden? Bevor es zum
eigentlichen Verkaufen kommt, muss erst das Vertrauen aufgebaut werden. Das ist die Grund-
lage für alle guten Entscheidungen, die auch längerfristig Bestand und Erfolg haben sollen.
Sind Sie also offen, menschlich und persönlich, bringen Sie sich selbst mit Ihrer Persönlich-
keit und Kompetenz ein. Wenn Sie nicht begeistert sind von Ihrem Produkt oder Ihrer Dienst-
CI-Marketing für ein erfolgreiches Verkaufen 161

leistung und Sie nicht selbst Freude an diesem Kundenkontakt haben, wird auch der Kunde
nicht begeistert sein. Egal was Du tust, mache es mit Begeisterung – dann wird der Begeiste-
rungsfunke auch auf den Kunden überspringen können. Vertrauen schaffen heißt auch, eigene
Fehler offen eingestehen, dem Kunden Irrtümer, Vorurteile und Fehler zugestehen, seine
Ängste und Widerstände ernst nehmen. Vertrauen schaffen bedeutet vielleicht auch, einmal
nicht zum Verkauf zu kommen.

Verkaufsgespräche vor- und nachbereiten.


„ Vereinbarungen:
 Auswahl der Kunden-Zielgruppen,
 direkten Nutzen bewusst machen,
 Prioritäten setzten: A, B, C – Kunden/alt/neu,
 Einladungen/Anschreiben/Telefonate,
 Befragung der Kunden/Auswertungen,
 Ziele setzten/Ressourcen überprüfen,
 Vorbereiten/Informationsmaterial,
 AIDA-Regel/Spannung erzeugen/Interesse schaffen,
 Vereinbarung von Terminen: Muss-Soll-Kann-Termine/Terminverbindlichkeit,
 Vorgespräche/selbst und durch andere.
„ Verkaufsgespräche:
 warming-up/Einleitung/Einführung,
 Überleitung/Thema-Konzentration,
 Fragetechnik/Einbeziehung/Stellungnahmen,
 Produkt-Präsentation/Erklärungen,
 Gesprächspartner aussprechen lassen, direkten Nutzen anbieten/herausarbeiten, Moti-
vation,
 Verstehen/aktives Zuhören/Feed-back/Einwände behandeln Zwischenergebnisse fest-
halten,
 Argumente/Informationen/Unterlagen,
 Vertrauen aufbauen/Entscheidungen herbeiführen, Zusammenfassen, Perspektiven auf-
zeigen.
„ Verbindlichkeiten:
 Wie viele Gespräche pro Tag? (Messe min. 15 Kontakte),
 Nachbereitung/Aufarbeitung/Kundenwünsche,
 Fragen klären/Veranlassen,
 Angebote machen/Nacharbeiten (2 Wochen),
 Verbindlichkeiten festlegen/Bindung,
 Vertrauen aufbauen/Verkaufen/Beziehung,
 Image-Bildung/Corporate Identity leben.
162 Wie baut man die Kommunikation und das Marketing auf?

Über das Verhalten, Verstehen und Vertrauen zum Verkaufen, das ist die richtige Verkaufser-
folgsleiter! Das ausschließliche Verkaufen kann schnell zum Verlieren werden. Das vertrau-
ensvolle Verkaufen ist für beide Seiten von Nutzen: Es hilft nicht nur dem Kunden zu besse-
ren Entscheidungen, sondern bringt auch dem Verkäufer mehr Wohlbefinden und Identität mit
seiner Arbeit und dadurch mehr Leistungsfähigkeit und Qualität, was natürlich auch dem
Unternehmen dient. Das Unternehmen kann diese Synergieeffekte durch Verkaufs- und Ver-
triebsschulungen entwickeln, durch entsprechende Konzeptionen (Corporate-Communication-
Konzepte, PR-/Werbekonzepte, Vertriebs- und Marketingkonzepte,) unterstützen und aufbau-
en, um eine kundenorientierte Unternehmenskultur als Grundlage zu bieten. Bestimmend ist
aber die Führungskultur des Unternehmens, da sie das Verhalten top-down beispielhaft und
vorbildlich vorlebt. Das Lernen durch Vorbilder ist immer noch sehr wichtig: Das Führungs-
kräfteverhalten ist immer Maßstab für das Klima der Kundenbeziehung. Nur ein durchgängi-
ges und ganzheitliches Verhaltenskonzept kann also eine hohe Kundenzufriedenheit schaffen!
Leitspruch für alle Beteiligten: Begeisterung für die Sache und die Person.

„Nur wer selbst brennt, kann andere entzünden.“


[Augustinus]

Verstehen und Vertrauen sind Grundlagen für ein erfolgreiches Verkaufen! Die Person des
Verkäufers ist der wichtigste Faktor, der über Erfolg und Misserfolg entscheidet. Die persön-
liche Kompetenz der Verkäufer kann durch ein Verkaufstraining entwickelt und aufgebaut
werden. Je mehr sich die Produkte gleichen in Bezug auf Design, Funktion und Preis, desto
entscheidender ist das Verkaufsgespräch. Im Kern reduziert sich ein erfolgreiches Verkaufen
auf das kompetente Führen von Gesprächen. Das Produkt allein mit seinem konkreten Nutzen
für den Kunden ist nicht allein entscheidend für den Verkaufserfolg, es muss viel mehr dem
Kunden direkt angeboten, präsentiert und entsprechend zielgruppenspezifisch verkauft wer-
den. Dabei trägt das ganze Unternehmen zum Verkaufserfolg bei: die Produktion, die Verwal-
tung, das Marketing und der Vertrieb.
Ein erfolgreicher Verkäufer wird durch folgende Eigenschaften und Kompetenzen zu einem
persönlichen Profi:
Gepflegtes Gesamtbild: Anpassung der Außendienstmitarbeiter an den Kunden bzw. an die
Situation. Angenehmes, aber nicht übertriebenes Erscheinungsbild. Pünktlichkeit, Zuverläs-
sigkeit.
Fundierte Fachkenntnisse: Sachkompetenz (Produkt), Fachkompetenz (Markt, Branche,
Objekte), Strategien, Projekt-Management, Methoden.
Ansteckende Ausstrahlung: positive Grundeinstellung, zu Kunden persönlichen Kontakt
schaffen, Motivation, Anlässe aufnehmen, Freundlichkeit.
Konkrete Kundenorientierung: Erwartungsprofil entwickeln, dem Kunden nicht das Produkt
verkaufen, sondern den direkten Nutzen, die Problemlösung, Vorteile, Zufriedenheit, Erfolg.
CI-Marketing für ein erfolgreiches Verkaufen 163

Produktiver Problemlöser: Erwartungen aufnehmen, Probleme und Interessen gemeinsam


lösen (Strategie, Alternativen, Vorgehen, Unterstützung).
Betreuender Berater: kurz- und längerfristig Kontakt aufnehmen und halten, ausbauen,
betreuen, beraten, vermitteln: mehr als verkaufen.
Zielorientierter Zuhörer: aktives Zuhören, Blickkontakt, Pausen, Kaufimpulse, Feedback
geben, Ziele angehen und durchsetzen, Fragetechnik, Einwände.
Sicherer Selbstmanager: Sozialkompetenz (sich in andere hineinversetzen), Kontakte herstel-
len, sich selbst gut managen (Zeit, Ordnung, Fähigkeiten).
Profilierter PR-Mann: akzentuiert Informationen und Imagemaßnahmen als Unterstützer
einbauen, das ganze Unternehmen vertreten, CI leben.
Verständnisvolles Vertrauen: Verstehen, Verständnis, Verbindlichkeit, Vorbild, verwalten,
vernetzen, verkaufen und Verbindung halten bzw. ausbauen.
Im Produktmarketing wird ein einheitlicher Marktauftritt erreicht durch:
„ Zielfindung (gemeinsame Grundlage durch CI),
„ gemeinsame Entwicklung der Marketing-Konzeption (Marketing-Konzept, Team-
Entwicklung, Positionierung am Markt, Produkteinführung ...),
„ ganzheitliche Vorgehensweise/Strategie (Kraftfeld-Analyse),
„ intensive Kundenansprache und Betreuung (Fachhändler, Endkunden, Kundenunterlagen,
Schulungen, Events, direkter Kundennutzen ...),
„ synergetische Imagebildung (VIP-Events, regionale Events, Medien-Multipli-katoren,
Top-Kunden, Öffentlichkeitsarbeit, PR ...),
für das Produkt argumentiert durch:
„ Produktkenntnisse (einheitliche Unterlagen),
„ Herausstellen der Vorteile, Neuerungen und des besonderen Nutzens,
„ Vergleiche zu Mitbewerbern (Besonderheiten, Innovationen und Benchmarking),
„ spezifisches Produktprofil erarbeiten (ETHOS),
„ Zielgruppendefinition und Ansprache,
und für das Produkt im Verkaufstraining herausgestellt:
„ Verkaufstraining für Kundengespräche,
„ Kundenorientierung und Kundenzufriedenheit,
„ Aufnehmen der Widerstände und Probleme (Rasteranalyse),
„ Übungen und Präsentationen,
„ Personal-Coaching (individuelle Verkäuferbetreuung).
164 Wie baut man die Kommunikation und das Marketing auf?

Positionierung im Markt: Corporate Branding

Nachhaltige Positionierung im Markt: Corporate Branding.


Alle reden von Markenbildung – aber wie geht das eigentlich? Markenbildung beginnt mit
Fragen:
Haben Sie eine profilierte Corporate Identity? Wie können Sie Ihre Identität und Ihr Image
sichtbar und damit gestaltbar machen? Wie können Sie Ihre Profilierung im Wettbewerb als
Markenpositionierung (Corporate Branding) und Ihre Entwicklungs- und Strategieprozesse
erfolgreich steuern? Wissen Sie, wo Ihre Stärken und Schwächen sind? Welche Kernkompe-
tenzen haben Sie, und wie konzentrieren Sie alle Maßnahmen und Ressourcen auf Ihre wich-
tigen Bereiche? Sind die Mitbewerber besser?
Erst im bewussten Vergleich zeigt sich, wo der eigentliche Handlungsbedarf liegt und Ihre
Besonderheit und Alleinstellung! Können Ihre Mitarbeiter Antworten auf diese unterschied-
lichen Fragen geben? Corporate Branding beginnt mit Fragen, um eine bewusste Gestaltung
zu ermöglichen. Sie haben immer ein „Markenzeichen“ – ob Sie es wollen oder nicht.
Bestimmen Sie Ihr „Markenzeichen“ selbst bewusst, bevor andere es Ihnen zuschreiben. Mit
einer starken Marke können Sie sicherer in die Zukunft schauen und alle Ihre Aktionen und
Maßnahmen entsprechend strategischer und vernetzter danach ausrichten.
„ Wer sind wir eigentlich? Welches Selbstverständnis haben wir?
„ Wo stehen wir? Welche Stärken und Schwächen haben wir? Was müssen wir tun?
„ Was ist das Besondere, was uns profiliert und was man nur bei uns findet und nicht von
einem anderen bekommen kann?
„ Welche Vision und welche Ziele haben wir, und wie können wir diese effizient erreichen?
„ Können wir diese spezifische Identität in zwei Sätzen reduziert zusammenfassen?
„ Welches Image wollen wir haben, und wie wollen wir es prägnant gestalten?
Alle Menschen, Organisationen und Unternehmen gestalten sich jeden Tag durch das, was
sie tun oder nicht tun – bewusst oder unbewusst. Corporate Identity hilft, seine Identität und
sein Image bewusst zu entwickeln und profiliert zu gestalten. Von der Kundenorientierung,
der Kundennähe über die Kundenzufriedenheit hin zur Kundenbegeisterung, denn nur be-
geisterte Kunden geben ihre positiven Erfahrungen an andere weiter und das braucht man,
um im enger werdenden Markt längerfristig bestehen zu können. Auf der Suche nach der
Positionierung im Wettbewerb und nach besserer Profilierung sind professionelle Marketing-
strategien gefragt:
„ Kräftekonzentration und nicht das Bauchladenprinzip (alles anbieten) schafft es, eine
starke Marktnische zu finden mit hoher Durchschlagskraft,
Positionierung im Markt: Corporate Branding 165

„ Zielgruppenkonzentration und nicht eine Verzettelung ermöglicht die Kommunikation und


den Kontakt mit den Kunden im übervollen Markt,
„ Experte und erster werden in seiner Kategorie und nicht als Mitanbieter agieren bringt den
Wettbewerbsvorteil, weil die Kunden den Besten und Bekanntesten haben wollen (bei
gleicher Leistung zählt der Imagefaktor zur Profilierung),
„ Spezialist für Bedürfnisse und Wünsche und nicht für ein Produkt oder ein Verfahren zu
sein macht den nachhaltigen Vorteil aus (Erco verkauft nicht Lampen, sondern Licht.).
Besonderer Auftritt, Alleinstellung, Claim, Added Value oder auch Branding. Unternehmen
und Produkte so zu platzieren, dass es „wie ein Brandzeichen eingebrannt“ und somit zum
unveränderlichen Erkennungsmerkmal wird. Das dient im Rahmen der Imagebildung dem
klaren Auftritt, der Wiedererkennung und der Unterscheidbarkeit. Es dient aber nicht der
Begeisterung der Kunden, wenn ein entsprechendes Verhalten und Denken, spezifische Werte
und Qualitäten und glaubwürdige und nachhaltige Wirkungen fehlen. Isolierte Marketing-
elemente bringen nur aufgesetzte Wirkungen und kurzfristige Erfolge – letztlich geht es um
die ganzheitliche Verbindung aller Maßnahmen und Wirkungen: Gefordert wird ein Corpora-
te Branding, das in die Corporate Identity des Unternehmens eingebettet und vernetzt ist und
so wirklich gelebt werden kann.

Identität = Branding = Profilierung

Qualität + Wirtschaftlichkeit + Identität = Branding = Profilierung.


Die grundlegenden Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft schaffen im Rahmen der
Globalisierung neue Anforderungen, die über die Positionierung durch Qualität und Preis
weit hinausgehen. Fast die Hälfte aller Unternehmen befinden sich laut Umfrage in der Zeit-
schrift „Absatzwirtschaft“ (3/2002) in einem intensiven Verdrängungswettbewerb mit harten
Preiskämpfen, bei dem unprofilierte mittelständische Unternehmen gegenüber Multikonzer-
nen auf Dauer keine Chance haben. In dieser Situation ist dann die Frage, warum der
Verbraucher ein bestimmtes Produkt kauft, von existentieller Bedeutung. Für seine Entschei-
dung sind maßgeblich: 1. Qualität und Leistung, 2. Image und Selbstdarstellung und 3. Be-
kanntheitsgrad. Wenn Sie nach der Bedeutung fragen, werden 10 Prozent der Leistung, 30
Prozent der Selbstdarstellung und 60 Prozent dem Bekanntheitsgrad zugeordnet. 90 Prozent
also Corporate Communication zur Profilierung. Wir entscheiden eben häufig „aus dem
Bauch heraus“! Für die Zukunft reichen zur Unterscheidbarkeit die Qualität oder das Design
allein nicht mehr aus. Viele Produkte ähneln sich in ihrem Aussehen, in der Qualität und in
ihrem Preis immer mehr (vgl. Abb. 30). Die einzelnen Märkte und die Dichte der Angebote
werden dadurch enger und die Kundenanforderungen werden auch noch größer: Wir alle
wollen für uns eine Top-Qualität zu einem möglichst niedrigen Preis. Diese Schere zwischen
Qualität und Wirtschaftlichkeit zwingt zu neuem Denken und besonderen Angeboten darüber
hinaus. Was bekomme ich mehr und Besonderes, was ich nur von Ihnen bekomme? Die Top-
Qualität und den niedrigen Preis setze ich dabei voraus und frage nach dem persönlichen
166 Wie baut man die Kommunikation und das Marketing auf?

Zusatznutzen, den ich vom Mitbewerber nicht bekomme. Um die Produkte und den ästheti-
schen und gebrauchsorientierten Nutzen herum müssen wir dem Kunden etwas als zusätzli-
chen Nutzen (Added Value) zur besonderen Profilierung anbieten, mit dem er sich identifi-
zieren kann. So werden mit jedem Produkt und jedem Angebot auch Assoziationen und
Werte nachgefragt und auch verkauft. Die zusätzlichen Werte bestimmen und gestalten das
Image über die reine Kosten-Nutzen-Relation hinaus. So verkauft Coca Cola nicht nur ein
Getränk, sondern jugendliche Lebensfreude, BMW „Freude am Fahren“, Mercedes „Anse-
hen, Image und Sicherheit“, die Corporate Identity Akademie „Identität entwickeln – Image
gestalten“ und die Deutsche Bank zum Beispiel „Leistung – Vertrauen – Erfolg“. Durch
diese Art „Software“ um die Produkte und Angebote als „Hardware“ herum, werden diese
„wertvoller“ gemacht, weil die Kunden diese neuen Nutzen zu ihrer eigenen Identitätsbil-
dung gebrauchen. Es geht also letztlich und entscheidend um identitätsbildende Faktoren,
die, obwohl nicht sichtbar und handfest, verkaufsentscheidend und damit wichtig zur nach-
haltigen Profilierung sind: alles eine Frage der Identität! Also brauchen Markenpositionie-
rungen eine spezifische Identität für sich und ihre Zielgruppen. Beim Corporate Branding
muss eine Identität entdeckt, entwickelt und eingesetzt werden, die vom Kunden wahrge-
nommen und übernommen wird und mit der er sich identifizieren kann. Ob sich Unterneh-
men oder Produkte so gestalten, ist austauschbar, geht aber in die gleiche Richtung und mit
derselben Methode. Überfüllte Märkte mit ähnlichen Angeboten erfordern klare und präg-
nante Heraushebungen, sodass, wie bei Tempo, Uhu oder Maggi, man den Bedarf erkennt,
aber sofort und möglichst ausschließlich an diese Marke denkt. Die „lila Schokolade“ zum
Beispiel unterscheidet sich von der „quadratisch, praktisch, gut“. Wenn das nicht nur aufge-
setzte, kurzfristige Marketingeffekte sind, sondern glaubwürdige und nachhaltige Positionie-
rungen, denen man Vertrauen entgegenbringen kann, dann ist das Corporate Branding und
damit ein erfolgreiches Auftreten.
Die Zielgruppen wollen Leistungen zu günstigen Preisen, mit Top-Qualität und der Mög-
lichkeit der Identitätsbildung. Sie wollen Markenprodukte, mit denen sie sich identifizieren.
Hier Leitfragen zur Entwicklung und Positionierung einer Marke:
1. Wer bin ich?
 Realistische Visionen, Grundwerte, Ideen, Zielsetzungen,
 Selbstverständnis, Selbstbild, Identität, Bewusstseinsbildung,
 prägnante Beschreibung, Aussage im Überblick, Markenbenennung.
2. Was biete ich?
 Angebote, Produkte, Dienstleistungen,
 Leistungsspektrum, Programme, Zielgruppenorientierung,
 Besonderheit, Abgrenzung, Alleinstellung, Marken-Profil, Added Value.
3. Wie bin ich?
 Emotionale Beschreibung der Marken-Ausstrahlung in Schlagworten,
 Umschreibung der Marke, Leitspruch, Symbol, Slogan,
 Erläuterung der Marken-Identität: Verhalten, Wirkung, Kommunikation.
Positionierung im Markt: Corporate Branding 167

4. Womit trete ich auf?


 Wort-Bild-Zeichen, Logo, Erscheinungsbild,
 Kommunikationsaussage, Sinninhalte, zu erzielende Wirkungen,
 Kommunikationsstrategie, Kommunikationsmittel, Imagebildung.
5. Glaubwürdiges Auftreten?
 Konsequente Umsetzung im Alltag nach innen und außen,
 glaubwürdiges Leben der CI-Richtlinien,
 langfristige Bindung, nachhaltige Erfolge, Sicherheit, Vertrauen.
Die Markenpositionierung mit CI als Corporate Branding, mit dem Ziel einer erfolgreichen
und langfristigen Profilierung, wird erreicht durch:
1. Einfachheit und Reduktion,
2. Alleinstellung und Besonderheit,
3. Emotionalität und Identität,
4. Kommunikation und Image.

Unterscheidung der begrifflichen Vielfalt

Erfolgreiche Visionen brauchen klare Konzepte: zur Unterscheidung der begrifflichen Vielfalt
in der CI-Strategie.
Die Erklärungsbedürftigkeit der Corporate Identity, die ganzheitliche Komplexität der unter-
schiedlichen Bereiche der CI sowie die nicht enden wollenden Positionsversuche durch eige-
ne unzulängliche Definitionsversuche führen zu einer großen Unsicherheit in Bezug auf die
Definitionen einzelner Begriffe in der CI und deren genaue Abgrenzung und Operationalisie-
rung. CI ist nur dann erfolgreich, wenn klare Konzepte und Strategien erarbeitet werden und
durch effektive und effiziente Methoden umgesetzt und gelebt werden. Unterscheiden Sie bei
Ihrem CI-Prozess also deutlich, auf welcher Arbeitsebene Sie sich gerade befinden:
„ Metaebene (über der Theorie, allgemeine, grundsätzliche, werteorientierte und visionäre
Ausrichtung mit verfassungsgebender Basisfunktion),
„ Theorieebene (strategische und konzeptionelle Ausrichtung mit der Aufgabe, aus dem
Leitbild/der Verfassung/der Vision konkretere Anleitungen, Ziele, Richtlinien, Gesamt-
und Teilkonzepte abzuleiten, damit die Umsetzung in der Praxis ermöglicht und gewähr-
leistet wird),
„ Praxisebene (konkrete Umsetzung der Grundlagen aus der Metaebene und den Richtlinien
aus der Theorieebene im Alltag am Arbeitsplatz – hier wird CI gelebt und schafft den ei-
gentlichen Erfolg durch Verbesserungs-, Identitäts- und Imageprozesse).
168 Wie baut man die Kommunikation und das Marketing auf?

Alle Begriffe in der CI-Theorie müssen ganzheitlich und corporate aufeinander abgestimmt
sein – also deutliche Zuordnungen und Vernetzungen haben:
„ Metaebene
 Ausgangspunkt ist eine Vision (Wunschvorstellung, Idee), die zeigt, wo es längerfristig
(für ca. 5 bis 15 Jahre) hingehen soll. Sie ist eine zukunftorientierte allgemeine Orien-
tierungsgröße – eine zusammenfassende Zielsetzung.
 Dazu muss ein entsprechendes Leitbild als Selbstverständnis formuliert werden, in dem
allgemeine Grundlagen, Werte und Aussagen zu grundsätzlichen Fragen festgehalten
werden, damit die Vision konkreter und so besser umgesetzt wird:
 Wer bin ich? Wer sind wir (eigentlich)? Was machen wir/bieten wir (eigentlich) an?
Warum machen wir das? Welche Grundwerte und Ziele haben wir? Wen wollen wir an-
sprechen? Wie wollen wir eigentlich arbeiten? Welche spezifische Profilierung haben
wir? Welche Vision haben wir? Haben wir einen Slogan/Leitspruch?
 Wie eine Art Verfassung ist das Leitbild langfristig (für ca. 5 bis 10 Jahre, Ergänzungen
und Überarbeitungen sind im Laufe der Zeit grundsätzlich möglich) und hauptsächlich
für die eigene Orientierung gedacht, muss aber auch von außen in den Grundzügen ver-
standen werden. Auf diese Basis sollten alle Maßnahmen nach innen und außen ausge-
richtet sein. Nur so schafft man die Vernetzung und Abstimmung zu den einzelnen Be-
reichen und die profilierte Positionierung. Das Leitbild ist also als Selbstverständnis die
verpflichtende Basis und Grundlage für alle weiteren Schritte und das ganze Denken
und Handeln.
„ Theorieebene
 Abgeleitet von dem Leitbild sollten im nächsten Schritt jetzt genauere strategische Zie-
le formuliert werden. Unternehmensziele so genau wie möglich durch konkrete Indika-
toren definieren (z. B. Profil-Turn 2003: 250 Millionen Euro Umsatz mit 600 Mitarbei-
tern). Die Ziele sind kurzfristiger (ca. 1 bis 5 Jahre) und die Strategien und Konzepte
schon viel genauer in ihren Aussagen und Festlegungen und dabei auch immer ziel-
gruppenspezifischer in der Verständlichkeit und Ausrichtung. Im Rahmen der Unter-
nehmensstrategie können die genaueren operationalen Ziele für die einzelnen Abteilun-
gen und Bereiche entsprechend zugeordnet werden. So entwickelt sich aufbauend auf
das Leitbild ein CI – Gesamtkonzept mit Zielen, Strategien und Bereichskonzepten in
der Form einer Pyramide:
 Corporate–Behavior-Konzept für das Verhalten nach innen und außen mit Personalent-
wicklung, Mitarbeiterführung, Verhaltensgrundsätzen ...
 Corporate–Communication–Konzept für die Kommunikation nach innen und außen mit
Corporate Branding, Marketing, PR ...
 Corporate–Design–Konzept für das gesamte Erscheinungsbild mit Logo, Wort-Bild-
Zeichen, Manual, Auftreten in den verschieden Medien ...
Positionierung im Markt: Corporate Branding 169

„ Praxisebene
 Das CI-Team als Steuerungs- und Koordinationsgruppe für den CI-Prozess und die
Entwicklung des CI-Konzeptes verbindet die CI-Einzelelemente in Absprache mit der
Geschäftsleitung, mit Unterstützung des CI-Beraters und zusammen mit unterschiedli-
chen CI-Projektgruppen (zu Einzelbereichen, besonderen Aufgaben, Projekten) und
sorgt für die Implementierung, konsequente Umsetzung und das Controlling. Die Ge-
fahr der Unglaubwürdigkeit, der leeren Wort-hülsen und Schlagworte besteht besonders
an der Schwelle des Übergangs zwischen Theorie und Praxis und kann die ganze Cor-
porate Identity ins Wanken bringen. Eine professionelle CI-Beratung und das CI-Team
sorgen für eine erfolgreiche und nachhaltige Profilierung. Zur weiteren Unterstützung
der konsequenten Umsetzung der Corporate Identity im Alltag am Arbeitsplatz helfen
auch:
 CI-Richtlinien (Verhaltensgrundsätze, Kundenrichtlinien, CD-Manual),
 CI-Schulungen (CI-Seminare für Führungskräfte und Mitarbeiter),
 CI-Kommunikation (Hauszeitungen, Treffs, Besprechungen, Flyer, Feste),
 CI-Management (Leitungskonzept, Management by objectives),
 CI-Controlling (Soll-Ist-Vergleiche, Überprüfung des CI-Konzepts).
Nur durch ein ganzheitliches CI-Gesamtkonzept kann die Corporate Identity glaubwürdig
gelebt werden – eine starke Identität und profiliertes Image aufgebaut werden.

Praxistipp für Corporate Communication

Bestandteile des Corporate-Communication-Konzeptes:


1. Marketing-Kommunikation:
 allgemeine Regeln und Grundsätze (Bezug zu Unternehmensleitbild, zu den Organisa-
tionsgrundsätzen),
 Zielsetzung (auch in den einzelnen Bereichen) und Zielgruppen,
 allgemeine Strategie und Art des Auftritts, des Erscheinungsbildes, Slogan, zentrale
Aussage, Gestaltungsrichtlinien vom Corporate Design, Verhaltensgrundsätze,
 Corporate Branding: das Besondere als Marke herausstellen und pflegen,
 besondere Aussagen, Wirkungen, Maßnahmen, Medien, Regionen ...
2. Unternehmens-Kommunikation:
 Informationsschriften und Infoblätter/Ablagen für Mitarbeiter/Mitarbeite-rinnen,
 Betriebsausflüge, Betriebsversammlungen, Feste, Jubiläen, Sportfeste,
 Ehrungen und Geburtstage für Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen,
 Betriebsklima, Sozialräume, Sozialleistungen, Freizeiträume,
 Zusammenarbeit der Abteilungen, Meeting, Quality-Circle, Team, Management, Jobro-
tation,
 Arbeitsplatzbeschreibung,
170 Wie baut man die Kommunikation und das Marketing auf?

 Mitarbeiterführung, Personalentwicklung, Aus- und Weiterbildung, Verkaufsschulung,


Telefonschulung ...
3. Öffentlichkeits-Kommunikation:
 Unternehmensinformationen (Pressebericht, Anzeigen, Geschäftsberichte, Jubiläen,
Chronik, Imagebroschüren, Videofilme, Computeranimationen, Multivisionsshow,
Homepage, Website, Aufkleber, T-Shirts ...
 Geschäftsdrucksachen insgesamt,
 Architektur innen und außen,
 Fahrzeugpark mit Beschriftung,
 Produktinformation/-werbung,
 Personalwerbung,
 Werbekonzeption (Zielgruppe, zentrale Aussage, Art des Auftritts, Gestaltungsrichtli-
nien, Medien, Intensität nach Größe und Häufigkeit, Budget),
 Telefondienst,
 Vertriebs- und Kundendienstauftreten,
 Ausstellungen/Messen,
 Sponsoren,
 Partner für die Zusammenarbeit ...
Wie gestaltet man das
Erscheinungsbild?

„Alles soll so einfach wie möglich gemacht werden,


aber nicht einfacher.“
[Albert Einstein]

Corporate Design ist das durch organisationsspezifische Leitlinien geformte visuelle Er-
scheinungsbild der Architektur, der gesamten Kommunikation und aller Präsentationswiesen
der Organisation/des Unternehmens. Ausgangspunkt dieser Leitlinien sind die Unterneh-
mensgrundsätze.
Die einzelnen Elemente und Einzelmaßnahmen sind Ausdruck der spezifischen Corpo-rate
Identity und vermitteln insgesamt den ganz persönlichen, spezifischen Stil des Unterneh-
mens. Sie reichen vom Produkt-Design (Industrial Design), dem Verpackungs-Design, den
Drucksachen, den Ausstellungs- und PR-Maßnahmen (Anzeigen, Werbung, Broschüren) über
die Einrichtungen und Dienstleistungen des Unternehmens bis hin zur Gestaltung des Fuhr-
parks und der Firmenkleidung (Grafik-Design).
Entgegen älteren Auffassungen von Corporate Identity in den 70er Jahren ist ein isoliertes
Corporate Design nicht in der Lage, eine umfassende Corporate Identity zu schaffen. Mit
einem Logo und etwas mehr Farbe allein kann das Unternehmen keine Mitarbeiter motivie-
ren oder Kunden ansprechen, besonders, wenn die Wirkungen anderer Maßnahmen (z. B.
schlechtes Betriebsklima, schlechter Kundenservice) die guten Design-Wirkungen aufheben.
Gestaltungsmerkmale, Zeichen und Symbolsysteme sind wichtige CI-Mittel zur Identitätsbil-
dung und auch häufig die ersten Schritte in Richtung CI. Die Design-Werte dürfen aber nicht
losgelöst von den Unternehmensgrundsätzen sein und auch nicht die alleinigen CI-
Maßnahmen bleiben. Der ganzheitliche CI-Ansatz geht über die visuelle Gestaltung von CI
weit hinaus.
Der Aufbau eines visuellen Erscheinungsbildes und die Wiedererkennung durch ein aufein-
ander abgestimmtes Designkonzept schafft ein spezifisches Image.
172 Wie gestaltet man das Erscheinungsbild?

Corporate-Design-Konzeption

Bestandteile des Corporate-Design-Konzeptes:


1. Grundlagen des visuellen Erscheinungsbildes:
 Wort-Bild-Zeichen, Logo, Signet,
 Grundsätze und Richtlinien (Bezug zu Organisationsgrundsätzen),
 Corporate-Design-Manual (Layout, Farben, Schriftart …
2. Drucksachen:
 Briefbögen und Zweitblätter, Faxbogen, Visitenkarten,
 Formulare und Vordrucke, Kurzmitteilungen,
 Aufkleber, Umschlag, Stempel, Freistempler,
 Rundschreiben,
 Preislisten,
 Neujahrskarten, Glückwunschkarten, Postkarten, Beilagenkarten,
 Einladungen, Urkunden,
 Prospekte, Kataloge, Broschüren,
 Geschäftsberichte, Jubiläumsschriften,
 Packungen, Verpackungen, Tragetaschen ...
3. Werbung und Öffentlichkeitsarbeit:
 Angebotsmappen,
 Plakate, Zeitungsbeilagen,
 Flyer, Hauszeitschriften,
 Anstecknadeln,
 TV-Werbung, Rundfunkwerbung,
 Schulungs- und Kundenfolien ...
4. Außenwerbung:
 Orientierungssystem, Farbcodierung,
 Innenraumgestaltung,
 Kleidung,
 Bandenwerbung, Verkehrsmittelwerbung ...
5. Besondere Maßnahmen:
 Messekonzepte, Ausstellungssysteme,
 Werbegeschenke, Wettbewerbe,
 Transparente, Außenschilder, Fahnen,
 Schaukästen, Ausstellungen,
 Architektur, Architekturkonzepte, Gebäudezeichnungen/-beschriftungen …
Corporate-Design-Konzeption 173

Gestaltungsmerkmale, Zeichen und Symbolsysteme sind wichtige Mittel zur Identitätsbil-


dung und häufig die ersten Schritte in Richtung CI oder auch ständige Begleiter des CI-
Prozesses. Die Designwerte dürfen nicht losgelöst von den Unternehmensgrundsätzen sein
und auch nicht die alleinigen Maßnahmen bleiben. Ein ganzheitlicher CI-Prozess geht immer
weit über die visuelle Gestaltung hinaus.
Die folgende Konzeption ist ein Vorschlag für die Abfolge von Designmaßnahmen:
1. Ist- und Sollanalysen,
2. Unternehmensgrundsätze, Leitbild, Unternehmensziele, Vernetzung,
3. Briefing als grundsätzliche Aufgabenstellung/Markenbildung integrieren,
4. Formulierung und/oder Abkürzung der offiziellen Bezeichnung,
5. Gestaltung des Namenszuges und des Wort-Bild-Zeichens (Logo, Signet),
6. Auswahl der Unternehmensfarben, der Designgrundsätze,
7. Präsentation und Feinabstimmung der Ergebnisse, Entscheidung,
8. Entwicklung von Gestaltungsgrundsätzen, Designbasiselementen, Manual,
9. Layout der Geschäftsbriefe, Kommunikationselemente, Visitenkarten,
10. Image-Flyer, Broschüren, Plakate, Ausstellungssysteme, Vertriebselemente,
11. Produkt-Design, Verpackungs-Design,
12. Gestaltung der Architektur innen und außen, ergänzende Gestaltungselemente,
13. Implementierung nach innen und außen,
14. Angebot an Stickern, Kulis, Aufklebern, T-Shirts, Caps u. ä.,
15. Controlling (Kontrolle – Steuerung – Innovation).
Ein Corporate-Design-Konzept muss auf die Unternehmensgrundsätze und deren Leitideen
Bezug nehmen. Sie müssen insgesamt oder teilweise umgesetzt werden, um das Design nicht
zu einer Äußerlichkeit oder gar einem Selbstzweck werden zu lassen. Es muss konkret eine
Verbesserung für die Mitarbeiter und die Kunden bedeuten. Für das Corporate Design werden
die Gestaltungsmerkmale im Rahmen eines umfassenden Gestaltungskonzeptes aufeinander
abgestimmt. Das verstärkt die Einzelwirkungen und schafft Synergieeffekte. Machen Sie den
vielfältigen Nutzen für die einzelnen Benutzer und die Zielgruppen bewusst.

Corporate Design!
Ein Corporate Design hat nur dann eine gute Wirkung, wenn es wirklich corporate – also
vernetzt und identitätsstiftend ist. Die alleinige Wiedererkennung und der durchgängige
Gebrauch der Designelemente schaffen nicht ein gutes Profil und ein gutes Image. Wider-
sprüchlichkeiten zu anderen CI-Bereichen mit ihren Wirkungen können ein gutes Design in
seinen Wirkungen völlig zerstören: Ein entsprechendes Verhalten und eine entsprechende
Qualität der Leistungen gehören zum Gesamteindruck untrennbar dazu.
174 Wie gestaltet man das Erscheinungsbild?

Ausgangspunkt für die spezifischen Designzielsetzungen sind die Analysen (Ist- und Sollzu-
stand), die grundsätzlich abklären, welche Bedeutung der offizielle Name, die Marke oder der
besondere Schwerpunkt für die Selbstdarstellung im Markt erhält. Wichtig dabei sind grafi-
sche und psychologische Gesichtspunkte:
„ Wahrung der Kontinuität,
„ prägnante und einprägsame Formulierungen,
„ gute Darstellbarkeit,
„ Vermeidung negativer Assoziationen,
„ Berücksichtigung der Abgrenzung zu den anderen Anbietern.

Aufbau einer Imageanalyse

Eine Gruppe aus Ihrem Unternehmen möchte eine Imageanalyse (z. B. die Führungskräfte
einer Abteilung mit ihren Mitarbeitern) durchführen. An dem folgenden Beispiel kann die
Vorgehensweise erläutert und konkret erklärt werden, damit Sie diese direkt auf ihre Situation
beziehen können.

1. Vorbereitung
Ausgangspunkt sind die Erklärungen und Beschreibungen von Wirkungen, CI-Konzep-ten
und CI-Maßnahmen sowie die Darstellung möglicher Imagekomponenten. Die Spinnen-
Analyse (Abb. 12) zeigt einzelne Imagekomponenten nach innen und außen auf, die positiv
und knapp formuliert beurteilt werden können. Die Fläche der Spinne stellt das Image dar. Je
größer die Fläche, desto besser ist das Image. Die Elemente, die positiv erscheinen, müssen
also durch CI-Maßnahmen weiter in ihrer positiven Wirkung bestärkt werden. Die weniger
ausgeprägten Imagefaktoren müssen durch Maßnahmen ver-größert werden. Die Pfeile zei-
gen, wie die Gummibänder nach außen gezogen werden müssen. So kann die Imagearbeit
dargestellt und verständlich erklärt werden.

2. Imageuntersuchung
Wählen Sie acht mögliche Imagekomponenten selbst aus, die speziell für Ihr Unternehmen
untersucht werden sollen, und formulieren Sie eigene Fragen (evtl. Auswahl durch die Kar-
tenabfragmethode). Bei der Formulierung der Fragen nicht positive und negative Fragen
mischen, sondern nur positive Statements abfragen. Keine abstrakten, sondern möglichst
verständliche und eindeutige Formulierungen benutzen (wenn die Fragen negativ bewertet
werden, können in der nächsten Untersuchung dann noch genauere Fragen als Unterpunkte
evtl. die Ursachen aufzeigen). Bei der Benutzung von gleichen Fragen in Bezug auf unter-
schiedliche Zielgruppen können die Auswertungsfolien dann übereinander gelegt werden, um
die Vergleichbarkeit und entsprechende Imagemaßnahmen zu diskutieren.
Corporate-Design-Konzeption 175

Wenn die Imagekomponenten vorher erarbeitet und dann vorgegeben werden, können die
vorbereitenden Arbeitsschritte übergangen werden.
Bei der eigentlichen Untersuchung muss jeder die Fragen offen beantworten. Das kann durch
verbale Abstimmung pauschal erfolgen, bis für alle acht Komponenten Kreuze auf die Folie
gesetzt werden können. Nehmen Sie die entsprechende Hausfarbe des Unternehmens, um das
Image in der konstruierten Spinne einzuzeichnen.
Für eine geheime Imagebewertung können die erarbeiteten oder vorbereiteten Fragen in einen
Fragebogen eingetragen (als Fragebogen zur Imageanalyse) und für alle in der Kaffeepause
kopiert werden. Die Auswertung der durchschnittlichen Antworten (Durchschnittswert be-
rechnen) können vorbereitete Helfer auch in der Pause durchführen, sodass das Ergebnis
recht schnell gezeigt werden kann.

3. Imageauswertung
Das Ergebnis muss nach Stärken und Schwächen, durch Vergleiche und Ergänzungen von
anderen Analysen diskutiert werden. Maßnahmen für die Stärkung und Auswei-
tung/Entwicklung einzelner Imagekomponenten müssen im Rahmen eines CI-Konzeptes
aufeinander abgestimmt und nach Prioritäten geordnet werden. Ist- und Soll-Analysen (Visi-
onen) können verglichen werden, damit die Zielrichtung für die Mitarbeiter deutlich wird.
Auch schlechte Ergebnisse sollten offen besprochen werden, damit die gemeinsame Aufgabe
angegangen werden kann. Diese Imageanalyse als Methode ist sehr wirkungsvoll und effi-
zient. Sie kann flexibel der spezifischen Situation angepasst und für spätere Untersuchungen
verändert werden. Der Zeit-Kosten-Nutzen gibt eine Bestärkung für diese Vorgehensweise,
die immer weiter vertieft und ergänzt werden kann. Selbst bei der Auswertung von Seminaren
kann sie analog eingesetzt werden und zeigt richtige Bilder.

Entwicklung von Gestaltungsgrundsätzen

Im Anschluss an die Analyse der bestehenden Unternehmenskultur (Ist-Zustand) und die


festgelegten Unternehmensziele (Soll-Zustand) können zusammen mit einem CI-Berater CI-
Richtlinien sowie eine CI-Konzeption für das Design entwickelt werden. Diese stellen, ähn-
lich einer Verfassung, Leitlinien für das Erscheinungsbild des Unternehmens nach innen und
außen, d. h. gegenüber den Mitarbeitern und den Kunden (der Öffentlichkeit), dar.
Für die Entwicklung der Gestaltungsgrundsätze des visuellen Erscheinungsbildes
„ sind die CI-Konzeption/die CI-Richtlinien die Basis,
„ sind die Mitarbeiter und die Kunden (die Öffentlichkeit) die Zielgruppe,
„ ist die erste Maßnahme die Erarbeitung einer Corporate-Design-Konzeption mit entspre-
chenden Richtlinien und Gestaltungsgrundsätzen für das Unternehmen,
„ sind Wort-Bild-Zeichen, Drucksachen, Werbung und Öffentlichkeitsarbeit die Träger.
176 Wie gestaltet man das Erscheinungsbild?

Aus den formulierten Unternehmensgrundsätzen können durch die Rasteranalyse allgemeine


Corporate-Design-Richtlinien für das Unternehmen entwickelt werden. Durch die reduzierte
Beschreibung des Gesamterscheinungsbildes und die negative Abgrenzung, wie man nicht
erscheinen will, können durch diese Analyse konkrete Zielsetzungen des visuellen Erschei-
nungsbildes formuliert werden. Diese sind auf alle Träger der visuellen Kommunikation
einheitlich zu übertragen (vgl. Abb. 14). Hier noch eine Zusammenfassung als Orientierungs-
hilfe für einen guten Gestaltungsprozess Ihres visuellen Erscheinungsbildes. Sie können sie
als Arbeitsgrundlage für die interne Gestaltung benutzen, aber auch als Gesprächsgrundlage
für Ihre Vorstellungen, wenn Sie die Gestaltung an einen externen Grafiker vergeben möch-
ten. Alle Designelemente sind nach diesen Gestaltungsgrundsätzen, die Sie noch spezifizieren
müssen (drei bis fünf auswählen), auszurichten – als Richtlinien für das Erscheinungsbild
(Design Manual):
1. Einfach ist verständlich und wirkungsvoll. Zum Beispiel ist Redundanz umso wichtiger,
je unspezifischer die Zielgruppe ist.
2. Weniger wirkt mehr. Mut zum freien Raum zeigt Stärke. Zu viele Informationen verwir-
ren und können nicht wahrgenommen werden.
3. Farbig wirkt besser, denn die Aufmerksamkeit und emotionale Ansprache ist größer.
Farbe als Assoziation zur Architektur oder als Symbol für Ihr Angebot verstärkt die Ori-
entierung und Beziehung.
4. Platziert ist direkt im Blickpunkt und hebt sich vom Umfeld deutlicher ab. Zum Beispiel
ist die Gestaltfestigkeit aber wichtiger als die Platzierung.
5. Direkt spricht man die Zielgruppen erfolgreicher an. Das heißt ohne Umwege und un-
wichtige Ergänzungen.
6. Ansprechend bringt Aufmerksamkeit und emotionale Akzeptanz bei den Zielgruppen.
Zum Beispiel Anreize, Spannungen, Dynamik, Identifikation, positive Vorstellungen, Ver-
trauen, Sicherheit ...
7. Konzentriert hebt die wesentlichen Aussagen heraus, die dadurch eine größere Wirkung
bekommen. Zum Beispiel Verdichtung, Vereinfachung, Beschränkung, Prägnanz, Gliede-
rung, Auswahl, Gestaltfestigkeit, Gewichtung ...
8. Kongruent vermehrt den Wahrnehmungswert. Text, Bild, Schrift und Farbe passen zuein-
ander und erzeugen einen Synergieeffekt.
9. Innovativ schafft „Aha-Erlebnisse“, neue Bezüge und damit größere Wirkungen. Innova-
tionen und Kreativität dürfen aber nicht überfordern oder langweilen; Auffallen durch
„Anders-Sein“, Aufbau eines eigenen Profils.
10. Kontinuierlich signalisiert Bekanntheit, Vertrauen und Identität. Zeigt Stärke durch Kon-
zepte. Eine Gesamtkonzeption erzeugt größere Wirkung und mehr Erfolg.
Corporate-Design-Konzeption 177

Um die Unternehmensgrundsätze in die Praxis umsetzen zu können, müssen die Gestal-


tungsmerkmale für das Corporate Design im Rahmen eines umfassenden Gestaltungskon-
zepts aufeinander abgestimmt sein. Für die Designer, Designteams oder Designagenturen
geben die Analysen und die Unternehmensgrundsätze als Ausgangspunkt die Gestaltungs-
faktoren vor. Hier verlagert sich der Schwerpunkt der CI-Beratung auf die Designberatung,
um die entwickelten CI-Grundlagen in das CI-orientierte Erscheinungsbild umzusetzen.
Dieser Aufgabenkatalog oder „Steckbrief“ für den Designer, das Briefing, geht allen Design-
maßnahmen voran und umfasst alle bei der Gestaltung zu berücksichtigenden Faktoren.
1. Zielgruppe(n) (ZG):
 Welche Wert- und Normvorstellung hat die ZG?
 Welche Ansprüche und Interessen hat die ZG?
 Welche Bedürfnisse hat die ZG?
 Wie erlebt (als Wahrnehmung, Denken und Empfinden) und verhält sich die ZG?
2. Angebots-Anforderungen (AA):
 Welche Funktionen hat das Angebot?
 Wie wird das Angebot aufgebaut?
 Aus und mit welchen Elementen wird das Angebot hergestellt?
 Wo wird das Angebot eingesetzt?
 Wie wird das Angebot gehandhabt?
3. Wirtschaftliche Anforderungen (WA):
 Welchen Etatrahmen gibt es?
 Wo kann gespart, wo mehr Geld ausgegeben werden?
 Welche Folgekosten gibt es?
4. Gestaltungs-Anforderungen (GA):
 Welche Materialien, Strukturen, Formen, Farben sollen oder können eingesetzt werden?
 Welche Wirkungen sollen wann bei wem erzielt werden?
 Welche Wirkungen sollen hervorgehoben bzw. verstärkt werden?
 Welche Einzel-/Gesamtwirkungen/Gestaltungskonzepte sollen miteinander verbunden
werden?
 Welches Gesamterscheinungsbild (Image) soll entwickelt, erreicht oder angestrebt werden?

Das Wort-Bild-Zeichen

Entscheidend sind schließlich die grafische Darstellung des Namenszuges und die Gestaltung
des Wort-Bild-Zeichens, das Signet. Es sollte für alle Präsentationselemente und Selbstdar-
stellungsmaßnahmen wie z. B. Drucksachen und Werbeträger realisierbar sein. Bedenken Sie
dabei nicht nur die Möglichkeit zu drucken, sondern auch zu stanzen, lochen, prägen u. ä.
und die Umsetzung im Internet. Nehmen Sie keine radikalen Änderungen zur bisherigen
178 Wie gestaltet man das Erscheinungsbild?

graphischen Darstellung vor, sondern wahren Sie Kontinuität und betreiben Sie Veränderun-
gen schrittweise (wenn nicht ein Neuauftritt notwendig und sinnvoll ist). Dies ist kein Wider-
spruch, auch wenn Sie eine Neugestaltung wünschen. Verbindungen zum bisherigen Bild
lassen sich immer herstellen oder finden. Versuchen Sie so weit wie möglich Assoziationen
aus der bisherigen Unternehmenskultur (fortschrittlich, kundenorientiert, raumbezogen, qua-
lifiziert ...) mit einzubeziehen. Dies kann geschehen durch die Wahl des Schrifttyps, der Far-
ben oder auch durch die Gestaltungsweise oder durch alle Faktoren zusammen. Deutliche,
symbolhafte und reduzierte Signets zeichnen sich durch Einprägsamkeit und Prägnanz aus.
Auch die Schriftart sollte den Grundsätzen und Leitsätzen angepasst sein und Identität aus-
drücken. Sie muss zum gängigen Repertoire einer Druckerei und natürlich Ihrer Computers
gehören (oder immer direkt mit verbunden und implementiert werden) und schließlich gut
lesbar sein. Häufig benutzte Schriftarten wie z. B. Helvetica, die nicht gerade individuell
sind, aber weiterhin verwendet werden sollen, können durch spezifische Symbole oder grafi-
sche Elemente ergänzt und interessanter gestaltet werden. Wegen negativer Assoziationen
und rechtlicher Probleme sind Plagiate grundsätzlich zu vermeiden. Schriftarten können auch
individuell zugeordnet werden – kaufen Sie Ihre eigene Schriftart, die Sie dann durchgängig
nach innen und außen verwenden können.
Als Entwicklungs- und Gütekriterien für ein Wort-Bild-Zeichen dienen die Leitbilder und
Grundsätze, d. h. dass das Erscheinungsbild des Unternehmens auf diese Grundlage hin abge-
stimmt sein muss. Spezifische Designrichtlinien können die Qualität der Gesamterscheinung
noch ergänzen und verbessern. Aus den möglichen Gestaltungskriterien sollten Sie eigene
Schwerpunkte entsprechend auswählen und zusammenstellen.

Gestaltungskriterien für ein Wort-Bild-Zeichen


1. Hoher Aufmerksamkeitswert:
 Anreiz,
 Blickfang,
 Signalwert,
 Abheben vom Umfeld,
 Besonderheit.
2. Deutlicher Informationsgehalt:
 Sachbezug,
 Transparenz,
 Symbolfunktion,
 Assoziationen,
 Dynamik,
 Aussagequalität.
3. Berücksichtigung affektiver Qualitäten:
 Auffälligkeiten,
 Motive, Interessen und Bedürfnisse,
Corporate-Design-Konzeption 179

 ästhetische Qualität,
 Gefühle,
 Wahrnehmungsorientierung.
4. Eigene Profilbildung:
 Akzente, Anreize,
 Unverwechselbarkeit,
 Prägnanz,
 Deutlichkeit,
 Erkennbarkeit,
 Eigenständigkeit.
5. Vielseitiger Gebrauchswert:
 Einsatzspektrum,
 Reproduzierbarkeit,
 Kontinuität,
 Verbindungen bei variabler Darstellung,
 Gesamterscheinungsbild,
 Konzeptionsorientierung.
Viele Signets beziehen sich auf bauliche Elemente oder zeigen eine besondere Gestaltung der
Anfangsbuchstaben des Namens. Manchen Unternehmen gelingt auch die Darstellung ihrer
Produkte, Denkweisen und Werte in Form eines abstrakten Symbols, das mit der Einbezie-
hung von Unternehmensfarben lebendiger und aussagekräftiger wird. Die Wahl einer Haus-
farbe kann sich mit architektonisch vorgegebenen Elementen wie farbigen Fensterrahmen,
Türgriffen oder Schildern verbinden lassen. In der Regel sollte man sich aus Prägnanz- und
Kostengründen auf eine bis maximal zwei Hausfarben in Kombination mit den „Unfarben“
Schwarz und Weiß beschränken. Wegen der Großflächenwirkung und der Reproduzierbarkeit
ist die Auswahl der Farben aus dem RAL-Katalog anzuraten. Beachten Sie dabei, ob die
gewählten Farben das Wesen Ihrer Kultur zur Geltung bringen. Die Assoziationen der einzel-
nen Farben und ob sie mit Ihrer Unternehmensphilosophie zusammenpassen, sollten Sie
überprüfen. Die emotionalen Wirkungen der Farben haben eine große Bedeutung: Orange
(aufregend, anreizend, fröhlich, froh), Gelb (aufregend, anreizend, anregend, fröhlich, heiter,
angenehm, schön), Grün (besänftigend, beruhigend, vermittelnd, ausgleichend, friedlich,
behaglich) und Blau (beruhigend, entspannend, gelassen, angenehm, schön, sicher, behag-
lich). Für einzelne Bereiche und Räume, nach Arbeitsweisen und Zielgruppen sollte hier
differenziert werden. Gerade in sehr großen Unternehmen dienen die Farben zur Orientie-
rung, Sicherheit und zum Wohlfühlen – und Farben sind ja auch Grundlage zur Identitätsbil-
dung („Die lila Pause“).
180 Wie gestaltet man das Erscheinungsbild?

Anwendung des CD-Konzeptes

Ist es schließlich gelungen, ein überzeugendes Signet zu entwickeln, muss es auch konse-
quent auf alle Anwendungsmöglichkeiten übertragen und eingehalten werden. Auch die Be-
zeichnung, die im Signet enthalten ist, muss nun schriftlich wie mündlich (ev. Kurzform
festlegen) benutzt werden. Erst die wiederholende und einheitliche Nutzung schafft Klarheit
und Vereinfachung in der alltäglichen Anwendung (auch finanziell) und erzeugt die Wieder-
erkennung und eine große Profilwirkung. Neben der Anwendung auf allen Drucksachen wie
Geschäftsbriefen und Formularen findet das Signet auch Anwendung auf Tür- und Eingangs-
schildern, auf Plakaten für Feste und ähnliche Veranstaltungen, auf Luftballons, T-Shirts,
Kulis, Aufklebern, Buttons ... Die folgende Aufstellung gibt Anregungen, wo und wie Sie Ihr
Wort-Bild-Zeichen verwenden können.
1. Drucksachen:
Briefbogen und Zweitblatt, Faxbogen, Visitenkarten, Formulare und Vordrucke, Kurzmit-
teilung, Postkarte, Glückwunschkarte, Einladungen, Beilagekarte, Aufkleber, Umschlag,
Stempel, Rundschreiben, Urkunden, Broschüren, Jubiläumsschrift ...
2. Werbung und Öffentlichkeitsarbeit:
Plakate, Presseberichte, Kundenzeitung, Anstecknadeln, Produktinformationen ...
3. Außenwerbung:
Außenschilder, Transparente, Fahnen, Schaukästen, Architektur, Innenraumgestaltung,
Farbcodierung, Orientierungssystem, Sportkleidung, Banden-/Verkehrsmittelwerbung ...
4. Besondere Maßnahmen:
Feste, Ausstellungen, Basare, Werbegeschenke, Auftritte von Sportgruppen ...
Leider ist es noch häufig so, dass im Alltag unterschiedliche Gestaltungsformen verwendet
werden, so im Briefkopf andere als auf den Stempeln, bei Plakaten andere als auf Urkunden.
Ein typisches Erscheinungsbild mit Wiedererkennungseffekt gibt es in vielen Unternehmen
nur sehr selten. Unter dieser Uneinheitlichkeit leiden die Wirkungen nach außen, sie sind
widersprüchlich und oft auch verwirrend. Legen Sie Wert auf eine umfassende Implementie-
rung, damit sich der ganze Aufwand auch lohnt und die angestrebten Ziele wirklich erreicht
werden. Bei der Durchführung des Gestaltungsprozesses ist ein entsprechender Ablauf not-
wendig:
„ Problem-/Ist-Analyse,
„ Soll-Analyse/Zielsetzung/Unternehmensgrundsätze, Unternehmensleitbild,
„ Briefing als grundsätzliche Aufgabenstellung,
„ Entwurf und Planung der einzelnen Maßnahmen,
„ Präsentation und Feinabstimmung der Ergebnisse,
„ Genehmigung der Corporate-Design-Maßnahmen,
Corporate-Design-Konzeption 181

„ Realisation der Corporate-Design-Maßnahmen,


„ Controlling (Kontrolle + Steuerung + Innovation).
Erst damit werden die guten Einzelwirkungen noch besser abgestimmt und verstärkt.
Folgende Aspekte bilden die Basis für ein Corporate-Design-Konzept:
„ Firmenzeichen (Wort-Bild-Zeichen, Signet, Logo),
„ Schriftzug (mit variablen Größen),
„ Hausfarben (mit Einsatzbeispielen),
„ Typographien, Schriftentypen, Textgestaltung,
„ Gestaltungsraster, Layoutrahmen,
„ Grafikraster, Internetraster,
„ Foto- und Illustrationsraster,
„ Video (Richtlinien, Beispiele),
„ Slogan(s), (Einsatz, Beispiele).
Die Gestaltungsrichtlinien müssen genau definiert werden und für diese Organisation spezi-
fisch sein, damit sie sich zu anderen Organisationen abgrenzt. Dieses unverwechselbare Er-
scheinungsbild wird einheitlich angewendet, muss andererseits aber auch für unterschiedliche
Einsatzbereiche flexibel und variationsfähig sein. Damit alle Mitarbeiter es auch wirklich
einsetzen, muss es sehr genau, transparent und einfach handhabbar konzipiert sein. Das visu-
elle Erscheinungsbild einer Organisation/eines Unternehmens und alle kommunikativen
Elemente und Maßnahmen sind somit harmonisch in ihren Wirkungen aufeinander abge-
stimmt. Sie ergänzen sich und schaffen dadurch in ihrer Ganzheitlichkeit Synergieeffekte.
Grundlage dafür ist ein CD-Konzept, das auf das CI-Konzept und die Unternehmensphiloso-
phie/die Unternehmensgrundsätze abgestimmt ist.

Praxistipps für das Corporate Design

Was ist Corporate Design? Was ist das Besondere am „Corporate“? CD bedeutet:
„ Lösungsorientierung für den Ist-Zustand der Organisation,
„ das Gesamterscheinungsbild: Organisation, Marke, Medien,
„ ein einheitliches Erscheinungsbild zur Wiedererkennung,
„ Durchgängigkeit im Gebrauch/Einsatz,
„ die Abstimmung des CD auf die Grundsätze/Leitbilder,
„ Vernetzung zu den Bereichen Kommunikation/Verhalten,
182 Wie gestaltet man das Erscheinungsbild?

„ ganzheitlicher Ansatz nach innen und außen,


„ strategisches und konzeptionelles Vorgehen,
„ gemeinsam und bewusst entwickelte Unternehmenskultur,
„ Akzeptanzbildung/Bewusstmachung/Implementierung,
„ Einsatz von Methoden und Instrumenten,
„ klares Manual mit Richtlinien und Grenzen,
„ Einsatz bei allen Gestaltungselementen,
„ Umsetzung in allen Bereichen/Anwendungsgebieten,
„ konsequente Anwendung im Arbeitsalltag,
„ identitätsstiftend und imagebildend.

Ein Gebrauchsgegenstand muss seinen Zweck optimal erfüllen,


das heißt, er muss seinen praktischen Funktionen gerecht werden,
eine lange Lebensdauer haben und einfach und schön sein.
[Walter Gropius]

Von der CI zum Corporate Design


Kay-Uwe Rohn

Designagenturen, Designbüros, einzelne Designer beschäftigen sich mit dem Thema Corpo-
rate Design für Unternehmen, Institutionen. Die Herangehensweise ist sehr unterschiedlich.
Der Eine hat eine bestimmte Designsprache und kleidet seinen Auftraggeber dementspre-
chend, der Andere hält sich an aktuelle Designtrends und wählt ein Erscheinungsbild, das ihm
einfach gefällt. Von diesen beiden Varianten soll hier nicht die Rede sein. Ich meine hier die
strategische Umsetzung einer Unternehmensidentität in Corporate Design (einheitliches
Erscheinungsbild auf der Basis strategisch festgelegter Anforderungen) und Corporate Com-
munication (Unternehmenskommunikation). Corporate Design (CD) und Corporate Commu-
nication (CC) sind „Dienstleister“ einer strategischen Entwicklung. Beide Bereiche haben die
Aufgabe, ihren Beitrag zur Erreichung bestimmter geplanter Ziele zu leisten. Das können
quantitative, umsatzorientierte aber auch qualitative, z. B. kulturelle Ziele sein. Diese Ziele
sind es, die Gestalter als Grundlage für ihre Designentwicklung benötigen. Der Designer ist
gefordert, sich in einen komplexen Entwicklungsprozess eines Unternehmens zu integrieren.
Von der CI zum Corporate Design 183

Inhalte werden zu Bildern

Was benötigen Designer, um mit der Ausgestaltung eines Unternehmens beginnen zu kön-
nen? Briefing, Positionierung, Unternehmensleitbild, Unternehmensziele, Vision ...? Ein
unternehmensweit entwickeltes Unternehmensleitbild ist der ideale Ausgangspunkt für die
Gestaltung. Hier werden Aussagen zu Sinn und Zweck eines Unternehmens, einer Institution
gemacht; Alleinstellungsmerkmale sind definiert und Aussagen zur Kultur des Unternehmens
werden dort gemacht. Das Unternehmensleitbild fasst alle Aspekte einer Identität in Kernsät-
ze zusammen. Doch auch diese Zusammenstellung ist noch zu komplex, um Ansatzpunkte
für konkrete Gestaltung zu finden. In der Praxis hat es sich daher bewährt, dass man in einer
Zusammenfassung der am stärksten identitätsgebenden Merkmale einen Leitsatz für das
Unternehmen formuliert. Diese Methode hat sich bewährt, da an diesem Punkt die inhaltliche
Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Kunden sehr intensiv ist. Jede CD Entwicklung wird
mit der Erarbeitung und Formulierung eines Leitsatzes begonnen.

Beispiel: Leitsatz für einen Energiedienstleister


Die xy-Energie AG ist die Antriebskraft der Region. Unser Dienstleistungsangebot schafft
Mehrwerte für Menschen, Unternehmen und Kommunen. Diese zentrale Rolle ist uns Ver-
pflichtung und Zukunftsauftrag zugleich. Als Unternehmen sind wir verlässlich, voraus-
schauend, offen und menschlich. Um weitere Kriterien für die Gestaltung zu erhalten, soll-
ten Sie mit Ihrer Agentur aus dem Leitsatz die Werte des Unternehmens in einem
Wertekanon definieren.

Beispiel Wertekanon Energiedienstleister:


– Größe,

– Technische Kompetenz,

– Sicherheit,

– Energie (im weiteren Sinne),

– Regionale Verantwortung.

Für die Gestaltung ergeben sich hier schon umsetzbare Inhalte. Leitsatz und Wertekanon
sind unbedingt mit dem Unternehmen abzustimmen. Keine Gestaltung ohne Kommunikati-
on mit dem Auftraggeber! Da hier die Grundlagen für ein ganz bestimmtes Image geschaf-
fen werden, sollten diese Vorgaben in einem konkreten Rebriefing der Designagentur mit
dem Unternehmen geklärt werden, bzw. in den CI-Steuerkreis zur Abstimmung gegeben
werden. Fehlentwicklungen im Gestaltungsprozess können zu diesem Zeitpunkt am ehes-
ten vermieden werden. Empfehlenswert sind Workshops mit dem Kunden, da ein Aus-
tausch zu Formulierungen verhindert, dass der Auftraggeber Sätze und Wörter anders in-
terpretiert als die Designagentur. Sprechen beide Seiten von den gleichen Inhalten und
einigen sich darauf, so können sich Kunde und Agentur im Weiteren darauf berufen.
184 Wie gestaltet man das Erscheinungsbild?

Schnittstelle Corporate Identity – Corporate Design/Corporate Communication.


Prof. Olaf Leu hat kürzlich in einem Vortrag in Braunschweig sinngemäß gesagt: „Designer,
Hände weg von CI-Entwicklung – das müssen die Unternehmen schon selber machen". Rich-
tig, aber es besteht die Möglichkeit, diesen Prozess einer Identitätsentwicklung zu moderieren
und so die Schnittstelle zu einem wichtigen Instrument einer CI, dem Corporate Design,
kleiner bzw. unmerklich zu machen. Ich habe erkannt, dass es im Sinne der Kunden ist, wenn
wir uns frühzeitig in Prozesse integrieren, die vor der Designentwicklung stattfinden. Durch
die Teilnahme an Prozessen in Unternehmen entfallen zeitraubende Abstimmungstermine,
Briefings werden gemeinsam erarbeitet, die Orientierung an Vision und Leitbild ist viel stär-
ker. Eine Gefahr besteht allerdings darin, dass der Kunde ein Unternehmensleitbild als
Dienstleistung bestellt und so versucht, den notwendigen Prozess zur Entwicklung eines
Leitbildes zu umgehen. Dieser Weg ist trügerisch; ein Außenstehender oder ein außenstehen-
des Büro kann dies natürlich nicht leisten. Hier gilt es klar abzugrenzen, dass man in der
Moderation derartige Prozesse sinnvoll unterstützen, aber nicht selbst ein Leitbild auf der
Basis von Unternehmensbroschüren entwerfen kann. An diesem Punkt ist der Hinweis an den
Kunden auf einen ganzheitlich geführten Identitätsprozess notwendig. Wir haben in vielfälti-
ger Art und Weise Erfahrung im Zusammenspiel von CI und CD/CC. So haben wir die Instal-
lation eines ganzheitlichen Identitätsprozess für einen Informationstechnologiehersteller aus
Norddeutschland übernommen. Innerhalb eines Jahres haben wir die Integration von Tochter-
unternehmen mit der Zentrale zu einem einheitlich ausgerichteten Unternehmen in Gang
gebracht. Aspekte wie interne Kommunikation, Corporate Design und Corporate Communi-
cation wurden im Bereich der Umsetzungsmaßnahmen von uns erarbeitet, für alle weiteren
zu entwickelnden Maßnahmen wie z. B. Personalentwicklung haben wir externe Fachkräfte
vorgeschlagen bzw. gemeinsam mit dem Unternehmen herausgefunden. Es gibt aber auch
den Fall, dass wir im Rahmen einer bereits bestehenden Identitätsentwicklung Teilaspekte
bearbeiten. Für eine Management-Akademie haben wir in Workshops mit Methoden der
Identitätsentwicklung die Ziele und Vision der Institution erarbeitet und so die Grundlage für
unser Briefing gemeinsam mit dem Kunden gelegt.
Gründe für Beratung vor dem Design:
„ Keine Reibungsverluste an der Schnittstelle CI und CD.
„ Designagentur nimmt am Prozess teil.
„ Ein Briefing entsteht automatisch.
„ Die Agentur versteht das Unternehmen.

Corporate-Design-Programm

Corporate Design ist mehr als nur ein Marketinginstrument.


In den 90er Jahren entwickelte sich Corporate Design verstärkt als Marketinginstrument.
Durch Angleichung der Produkte wurde es immer notwendiger, Alleinstellungsmerkmale
Von der CI zum Corporate Design 185

über das Design herzustellen. In der Zukunft liegt die Hauptaufgabe des Corporate Designs
darin, Vertrauen zu schaffen und die Identifikation nach innen und außen zu stärken. Identität
wird sichtbar und erlebbar gemacht. Natürlich gehören ökonomische Aspekte und vereinheit-
lichte Abläufe weiterhin zum quantitativen Nutzen eines Corporate Designs. Dokumentierte
Designrichtlinien werden einmal unternehmens- bzw. konzernweit entwickelt und anschlie-
ßend als Vorgabe an alle mit dem Corporate Design Beschäftigten verteilt. Entwicklungskos-
ten entstehen nur einmal. Global operierende Unternehmen können das Internet zur Distribu-
tion ihrer Manuals nutzen. Die oben genannten Kriterien zu erfüllen ist eine Bedingung, eine
hohe Eigenständigkeit und Unverwechselbarkeit ist eine weitere Anforderung an ein Corpo-
rate Design. Bei der Flut der uns angebotenen Bilder wird diese Aufgabe immer schwerer.
Dennoch belegen Beispiele wie TUI oder E.ON, dass es möglich ist, unique zu sein. Während
in den 80er und 90er Jahren die Erscheinungsbilder sehr vielschichtig, beeinflusst durch
wahre Bilderfluten der Privatfernsehsender, sehr formenreich waren, ist jetzt als Gegenbewe-
gung eher wieder eine Klarheit und Reduktion im Design zu verspüren. In der heutigen An-
wendung verstehe ich Corporate Design als ganzheitliches Erscheinungsbild eines Unter-
nehmens, einer Institution. Das Erscheinungsbild leitet sich aus den strategischen Zielen
eines Unternehmens ab. Alle Merkmale und Äußerungen eines Corporate Designs sind auf-
einander abgestimmt; nicht einfach einheitlich sondern sich ergänzend.
Nutzen durch Corporate Design:
„ Eindeutiges Marktprofil,
„ „One mouth speaking“,
„ Einsparung (z. B. bei der Neuordnung von Formularsystemen),
„ Identifikation der Mitarbeiter,
„ Wirtschaftlicher Nutzen.
Prozesshafte Designentwicklung.
Innerhalb eines Corporate-Design-Programm werden in der Phase eins die einzelnen Basis-
elemente entwickelt:
„ Unternehmensmarke (Logo, Wort-Bildmarke, Wortmarke),
„ Identitätselemente, Supplemente,
„ Hausschriften und Typografie, Formate und Gestaltungsraster,
„ Hausfarben, Farbkonzept, Bildkonzept.
In Form einer Konzeptpräsentation werden in Phase zwei anschließend wesentliche Teile
(z. B. Geschäftspapier, Visitenkarte, Titelseite und Doppelseite Imagebroschüre, Außenkenn-
zeichnung und Fahrzeug) des Erscheinungsbildes zusammen präsentiert. In dieser Form der
Darstellung kann der Kunde einen Einblick bekommen, welches Klima ein neues Corporate
Design im Zusammenspiel von verschiedenen Medien erhält und nach welchem System die
Basiselemente kombiniert werden können. Entscheidend bei der Entwicklung eines guten
186 Wie gestaltet man das Erscheinungsbild?

Corporate Designs ist nicht die Abarbeitung einer Checkliste sondern das Fingerspitzengefühl
für Variabilität bei gleichzeitiger Fixierung von Konstanten. Ein Erscheinungsbild darf nicht
starr wirken, es muss flexibel sein. Marktveränderungen finden in immer kürzerer Zeit statt.
Diese Dynamik muss übertragbar sein auf das CD von Unternehmen und Institutionen.
Gleichwohl muss der Kern der Identität durchgehend erkennbar sein. Ein Corporate Design
braucht Merkwerte. Im Wortsinn bleibend ist ein CD bemerkenswert, wenn der Betrachter,
auch der unterbewusste, bestimmte Merkwerte aufnimmt und abspeichert. Das Unterneh-
menszeichen ist hier an höchster Stelle zu nennen, ist es doch das reduzierteste Abbild der
Persönlichkeit und des Selbstverständnisses eines Unternehmens. Merkwerte dienen als Iden-
titätselemente in Erscheinungsbildern. Eigenarten, die sonst bei keinem Wettbewerber zu
sehen sind. Das kann eine bestimmte Typografie sein, signifikante Supplemente oder Ähnli-
ches. Die Merkwerte haben die Aufgaben, als Bilder schnell gelernt zu werden und somit
immer kurzfristig abrufbar zu sein.; natürlich nicht als grafischer Selbstzweck sondern auf-
bauend auf einer inhaltlichen Argumentationskette. Überprüfen Sie einmal Ihre Erschei-
nungsbilder anhand ihrer Merkwerte.
Im nächsten Schritt werden die verschiedenen Standards entwickelt für z. B.: Bürokommuni-
kation, Formulare, Interne Kommunikation, Power-Point-Präsentation, Literatur (Jahresbe-
richte, Geschäftsberichte, Broschüren, usw.), Internet/Intranet, Architektur, Leitsysteme/Außen-
kennzeichnung, Werbung, Fahrzeuge.
In diesen Phasen gibt es berechtigterweise vom Kunden Korrekturwünsche. Diese sollte man
als positive und förderliche Kritik auffassen, letztendlich wird der Kunde dieses Corporate
Design auch zukünftig leben und will sich damit identifizieren können. Dennoch sollte man
eine klare konzeptionelle Vorstellung von dem CD haben und diese auch immer wieder ver-
mitteln. Sind diese Eckpfeiler des neuen CDs geklärt, gilt es innerhalb der Corporate Com-
munication die Unternehmenskommunikation zu entwerfen.
Vorteile Corporate-Design-Programm:
„ Vernetzte Designentwicklung,
„ gegenseitige Abstimmung der Medien aufeinander,
„ Programm verfolgt Strategie,
„ Gestaltung wird nachvollziehbar.

Entwurf einer Unternehmensmarke

„ Die Keimzelle eines Corporate Designs ist das Unternehmenszeichen.


Am Beispiel der Wolfsburg AG skizziere ich den Weg, der von der Leitbildentwicklung
bis zur Unternehmensmarke zurückgelegt wird. Um das strukturelle Wachstum der Region
weiter zu dynamisieren, entwarf 1998 ein Projektteam mit Vertretern der Stadt Wolfsburg,
der Volkswagen AG und des Betriebsrates ein umfassendes Entwicklungskonzept, das den
Von der CI zum Corporate Design 187

sinnfälligen Namen „Autovision“ bekam (das Wort „automobil“ oder seine Abkürzung
„auto“ steht für „sich selbstbewegend, selbst beweglich“).
„ Eine Vision wird Unternehmen.
Für die Umsetzung dieses „selbstzündenden“ Entwicklungskonzeptes „Autovision“ grün-
deten die Stadt Wolfsburg und die Volkswagen AG in einer Public-Privat-Partner-ship ein
eigenes Unternehmen: die Wolfsburg AG. „Autovision“, das war und ist das Unterneh-
mensziel der Wolfsburg AG: die Schaffung eines sich selbst verstärkenden Unternehmens-
felds in Wolfsburg und der Region, das durch die Nähe zu Volkswagen, als größten Auto-
mobilhersteller, einen besonders interessanten Nährboden für unternehmerische
Aktivitäten bietet. Ganz konkret hieß das z. B., die über durchschnittlich hohe Arbeitslo-
senquote in Wolfsburg zu halbieren und innerhalb von fünf Jahren 10.000 neue Arbeits-
plätze zu schaffen, Unternehmensansiedlungen und Unternehmensgründungen zu fördern,
das kulturelle Umfeld zu stärken.
„ Eine Vision wird Marke.
In Workshops, Präsentationen und Diskussionen wurde das Leitbild der Wolfsburg AG
entwickelt, nicht nur als Grundlage für den basierenden visuellen Auftritt, das Corporate
Design, sondern auch als Leitlinie für das gesamte Verhalten, den Arbeitsstil aller Mitar-
beiter, das Corporate Behavior und den Kommunikationsstil, die Corporate Communicati-
ons. Vier Kernwerte – Reduzierung auf das Wesentliche? Aus dem umfangreichen Ge-
samtkontext des Leitbildes und der Beschreibung der Wolfsburg AG kristallisierten wir
vier Begriffe als wesentliche Merkmale für die neue Marke: „Regionalität, Visionen, Syn-
ergien und Impulse“ als wesentliche Merkmale für die neue Unternehmensmarke. Diese
Reduktion diente auch als Grundlage für die spätere Entwurfsarbeit zum Corporate De-
sign.
„ Die verbale und visuelle Definition der Marke.
„Impulse setzen“, das war die Brandmission, die wir mit dem Auftraggeber gemeinsam als
Kernwert und Essenz der Corporate Identity für die Wolfsburg AG erarbeiteten. So entwi-
ckelten wir aus dem Begriff „Impulse setzen“ den Claim „Ideen/Impulse/Initiati-ven“ und
den visuellen Impuls als wesentlichen Bestandteil der Wort-Bildmarke.
„ Die Corporate Identity bestimmt das Design, das Design bestimmt die Identität.
Corporate Colour und der allgemeine Bildstil der Wolfsburg AG, Farbe und Bilder, sind
mit die wichtigsten und prägnantesten Eckpunkte in einem definierten Corporate-De-sign-
System. Wenn wir von „Impulse setzen“ sprechen, visualisiert auch das Rotorange als
Hausfarbe diesen Kernwert. Rotorange hat nicht nur einen hohen Aufmerksamkeitswert,
sondern steht auch für „Achtung, hier passiert etwas!“ und signalisiert Veränderung (vgl.
Abbildungen).
188 Wie gestaltet man das Erscheinungsbild?

„ Added value – oder die Sichtbarmachung des Unsichtbaren.


Die Wolfsburg AG ist ein Dienstleister, dessen Produkt „regionale Entwicklungshilfe“ nur
indirekt sichtbar ist. Umso wichtiger ist es, der Unternehmensmarke und den gesamten
Unternehmen ein unverwechselbares prägnantes Gesicht zu geben, das positiv nach innen
wie nach außen strahlt. Denn Marken geben Orientierung, „sind die Leuchttürme im Meer
der Möglichkeiten“, wie es Stefano Marzano einmal so treffend formulierte. Die Marke
und das Corporate Design visualisieren konsequent die Corporate Identity der Wolfsburg
AG, wie es das Leitbild des Unternehmens mit folgenden Attributen formuliert: dyna-
misch, wirtschaftlich und sozial; glaubwürdig, nachvollziehbar und unverwechselbar. Die
gelebte und visualisierte Corporate Identity ist der „Added value“, der mit seinen spezifi-
schen, positiven Werten der Wolfsburg AG einen kleinen aber nicht unentscheidenden
Wettbewerbsvorteil nach außen, im Markt, verschafft und gleichzeitig einen Motivations-
schub nach innen bei den Mitarbeitern erzeugt.
„ Identität wird Image.
Eine ganzheitliche Unternehmenskommunikation hat die Aufgabe, die Einstellungen und
das Verhalten von Mitarbeitern, Kunden und Öffentlichkeit in einer strategisch gewünsch-
ten Richtung zu beeinflussen. Dies geschieht mit allen Kommunikationsmedien eines Un-
ternehmens. Entscheidend ist auch hier wieder der geschlossene gesamtheitliche Auftritt.
Das betrifft inhaltliche Aussagen wie gestalterische Qualität.
„ Intern und extern.
Interne Kommunikation hat immer noch einen geringeren Stellenwert als die externe. Pub-
likationen und Maßnahmen für die Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmen sind
selbstverständlich, da der Kunde ja informiert werden muss. Kommunikation nach innen
wird häufig als Luxus empfunden. Gerade die interne Kommunikation ist aber in Richtung
Mitarbeiter sehr wesentlich und in höchstem Maße identitätsstiftend. Also eine Investition,
die für motivierte Mitarbeiter sorgt.

Implementierung von Corporate Design –


Corporate Design kommunizieren

Der Erfolg eines neuen Corporate Designs kann davon abhängen, wie es eingeführt wird. Wir
unterscheiden bei der Implementierung außen und innen. Für die Einführung nach innen gilt,
je stärker die Akzeptanzbildung durchgeführt wird, desto besser gelingt die gesamte Umset-
zung. Mitarbeiter, die Argumente und Erklärungen bekommen, akzeptieren viel eher die
damit verbundenen Schwierigkeiten. In Workshops sollten möglichst viele Mitarbeiter in das
neue Corporate Design eingeführt werden.
Von der CI zum Corporate Design 189

Ein kleiner Impuls – eine große Wirkung: der grafische Entwicklungsprozess der Wortbild-
marke Wolfsburg AG.
Für die Einführung nach außen sollte ein Konzept erarbeitet werden. Die Maßnahmen reichen
von einem einfachen Mailing als Information bis hin zu speziellen Anzeigen oder Großflä-
chenkampagnen. Auch hier sind die Argumente und Gründe ausschlaggebend für den Erfolg.
Die nachhaltigste Wirkung erhält man auch hier, wenn die Gestaltung anhand von zu Grunde
gelegten Leitbildern, Leitsätzen kommuniziert wird.

Identitätsstiftende CD-Workshops
Es hat sich bewährt, dass Mitarbeiter, die permanent mit dem Erscheinungsbild zu tun haben,
kontinuierlich betreut werden. In CD-Workshops vermitteln wir die Grundlagen des Corpora-
te Designs. Außerdem können wir in diesem Rahmen am besten auf Fragen, Vorbehalte oder
auch Ängste eingehen. Ziel ist es, ein Klima der Identifikation mit diesem Prozess und seinen
Zielen bei den Mitarbeitern zu schaffen: Dieses Corporate Design will ich persönlich unter-
stützen, weil ich verstehe, dass dies der richtige Weg ist.
190 Wie gestaltet man das Erscheinungsbild?

Events
Die Dynamik mit der ein neues Erscheinungsbild eingeführt, spielt eine große Rolle. Gerade
in den Zeiten der großen Fusionen spielt die direkte Kommunikation von Mensch zu Mensch
eine große Rolle. In den Energie-, Finanz- und Telekommunikationsmärkten wird es auch
zukünftig noch zu vielen Fusionen kommen. Bringen Sie die Mitarbeiter „face to face“ zu-
sammen und machen Sie in Auftaktveranstaltungen Corporate Design zu einem kommunika-
tiven Höhepunkt.
Ein „Muss“ bei der Implementierung:
„ Information nach innen und außen.
„ CD-Steuerkreis im Unternehmen.
„ Workshops zur Einführung und Identitätsstiftung.
„ Permanentes Controlling über Workshops.
„ Neues CD Bestandteil der Corporate Communication.

Manuals dokumentieren einen Prozess


Der Trend geht zu flexiblen CD-Manuals. Ordnersysteme, die permanent gepflegt und erwei-
tert werden, digitale Zusammenstellungen auf CD-ROM oder abrufbar im Internet als PDF.
Wir haben für einen Kunden eine spezielle CD-Tool-Box für das Internet konzipiert. Über
dieses passwortgeschützte Medium können alle Beteiligten permanent aktuell über den neu-
esten Stand des Corporate Designs verfügen. Aktualisierungen sind schnell zu realisieren und
sofort bei den Nutzern zur Verfügung.

Agenturauswahl
Erfahrung in CI-CD-Prozessen:
Corporate-Design-Programme werden in Prozessen entwickelt. Es ist deshalb ratsam, eine
Agentur mit Erfahrung und Fachkenntnis für diese spezielle Disziplin auszuwählen. Eine
Designagentur sollte fachlich hervorragende, realisierte Beispiele vorweisen können, sowohl
in der Kreativität als auch in der Durchführung. Ein weiteres Kriterium kann eine bestimmte
Branchenkenntnis sein. Da die Zusammenhänge in vielen Branchen immer komplexer wer-
den, kann die Zusammenarbeit durch vorhandenes Fachwissen effizienter sein. Die auszu-
wählende Agentur sollte ein klares Selbstverständnis haben und dazu auch stehen. Nicht zu
unterschätzen ist die „persönliche Chemie“ in der täglichen Zusammenarbeit über einen
langen Zeitraum. Auch hier sollte man gegenseitig überprüfen, ob die Teams zusammenpassen.
Und was kommt morgen? Dafür gilt mein Lieblingswahlspruch:

“When everyone on the ice is trying to get where the puck is,
I try to get where the puck is going to be.”
[Wayne Gretsky]
Was kann man von anderen lernen?

Gesundheit braucht Nähe: Leitbildentwicklungsprozess


im Klinikum Solingen zur regionalen Markenbildung

„Es muss innen glänzen, damit es außen funkelt.“


[Antwort einer Schülerin auf die Frage nach CI]

Unsicherheiten, Probleme und Konflikte stören die Zusammenarbeit und schaffen zusätzliche
Belastungen. Die Diskussion und Festlegung des Leitbilds mit Grundsätzen, Werten und
Richtlinien dienen einer besseren Orientierung, der klaren Bewusstmachung und Motivation
und schaffen damit einen ruhenden Pol und Sicherheit. Die Positionierung des Klinikums im
Wettbewerb kann nur gelingen, wenn die hohen Qualitätsanforderungen und die Patientenzu-
friedenheit gemeinsam angegangen und auch von Einzelnen engagiert gelebt werden. Es
bestehen Wechselbeziehungen zwischen innen und außen, d. h. zwischen interner Zusam-
menarbeit, Patientenzufriedenheit und Wettbewerb, Image, Marketing.
Das Leitbild ist damit Basis für alle Entscheidungen und hat Wirkungen nach innen und
außen. Die Implementierung des Leitbilds ist im Prozess mit enthalten, ohne Implementie-
rung ist das Leitbild wirkungslos. Zur Implementierung werden das CI-Team und auch die
Unterstützung der Betriebsleitung gebraucht. Die Ist-Analyse und CI-Wochen führen zu einer
Beteiligung der Mitarbeiter und sind Grundlage des Leitbilds. Die Umsetzung im Alltag muss
von Anfang gleichzeitig mit entwickelt und bearbeitet werden. Eigentliches Ziel ist das Profil
des Klinikums: nach innen (Verbesserung der Zusammenarbeit) und außen (Positionierung
im Wettbewerb) aufbauend auf dem Leitbild und seiner Implementierung.
Zielsetzungen dieses Prozesses im Klinikum von 2002 bis 2005 waren:
„ Identitätsbildung zur Sicherung des Unternehmenserfolges,
„ Profilierung im Wettbewerb, Markenbildung,
„ Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit,
„ Zukunftsgestaltung des Klinikums,
„ Sicherung des Marktstandortes.
192 Was kann man von anderen lernen?

Grundlage für alle Maßnahmen nach innen und außen ist das gemeinsame entwickelte Leit-
bild einer Organisation (Leitbildentwicklungsprozess). Das Leitbild ist die Vision des Unter-
nehmens, das Selbstverständnis, die Basis für alle Entscheidungen und die Verfassung – es
wird zu einer Marke. Es erhöht die Identifikation der Mitarbeiter, schärft das Profil im Wett-
bewerb und schafft einen verbindlichen Handlungsrahmen zu besseren Vernetzung und Ko-
ordination aller Maßnahmen – was letztlich zur Qualitäts- und Leistungsverbesserung führt.
Das Leitbild verdeutlicht die gemeinsamen Ziele und Werte. Ein gutes Leitbild ist Orientie-
rungshilfe für das tägliche Handeln und wird selbstverantwortlich am Arbeitsplatz im Alltag
gelebt. Das Leitbild bedeutet für das Klinikum eine Vision für die Zukunft und erfordert ein
Umdenken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Der Prozess ist wichtiger als das Ergebnis

Ziel der Mitarbeiterbefragung war, die Mitarbeiter wachzurütteln (auch negativ) und auf uns
aufmerksam zu machen. Dieses Ziel wurde trotz der tatsächlichen Beteiligung von nur 17
Prozent erreicht (dies ist kein unüblicher Wert). Die Befragung sollte zu der geplanten Leit-
bildbefragung überleiten und einen Diskussionsprozess in Gang setzen, hierfür war eine
höhere Beteiligung (über 20 Prozent) geplant.
Bei der Mitarbeiterbefragung wurden folgende Aspekte abgefragt, um daraus den Hand-
lungsbedarf zu ermitteln und daran zu arbeiten – erste Veränderungen und Erfolge zu schaf-
fen:
Nicht was wir erleben, sondern was wir empfinden ist unser Leben. Sokrates
Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wir möchten Sie bitten, die nachfolgenden
Behauptungen mit (Schul-)Noten von 1 bis 6 nach Ihrer ganz persönlichen Einschätzung zu
bewerten. (1 = trifft vollkommen zu; 6 = trifft überhaupt nicht zu)
1. Wir leisten gute Arbeit:
Qualität der medizinisch-pflegerischen Leistungen, Qualität der Arbeit des Wirtschafts-
und Verwaltungsdienstes
2. Wir sind motiviert:
Einsatzbereitschaft, gute Arbeitsbedingungen, berufliche Förderung
3. Wir haben zufriedene Patienten
4. Wir arbeiten gut zusammen:
gegenseitige Unterstützung, Wertschätzung und Verständnis, gemeinsame Ziele
5. Wir kommunizieren auf allen Ebenen gut:
in der eigenen Abteilung, zwischen den Abteilungen, berufsgruppenübergreifend
6. Wir haben klare Entscheidungsstrukturen:
sinnvolle Einbeziehung der Beteiligten, Transparenz schaffend, Informationsweitergabe
Gesundheit braucht Nähe … 193

7. Wir arbeiten wirtschaftlich:


bewusster Umgang mit Arbeitszeit und Arbeitsmitteln, umweltbewusstes handeln, selbst-
verantwortliches Mitdenken
8. Wir sind bekannt und gut angesehen:
gutes Image, zukunftsweisende Ausstattung
9. Wir haben eine gute Stellung im Wettbewerb:
marktorientierte Strategien, besonderes Profil, Vergleich mit den Besten.
Besonders interne Eckwerte wurden Arbeitsschwerpunkte und somit gute Grundlagen für ein
Leitbild, das auch wirklich gelebt und umgesetzt wird. Das Leitbild wurde dann als langfris-
tige gemeinsame Zielgröße mit den Mitarbeitern diskutiert und von der Steuergruppe (CI-
Team) zu einem Vorschlag zusammengefasst und formuliert.

Das Leitbild des Städtischen Klinikums Solingen – Gesundheit braucht Nähe

„Wenn über das Grundsätzliche keine Einigung besteht,


ist es sinnlos, untereinander Pläne zu schmieden.“
[Konfuzius]

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller Berufsgruppen am Städtischen Klinikum Solingen


haben in einer sehr engagierten und offenen Diskussion dieses für alle verbindliche Leitbild
erarbeitet.
Die Betriebsleitung fördert und begleitet seine Umsetzung. Das Leitbild verdeutlicht die
Motive und Grundlagen unseres Handelns und beschreibt unsere Zielsetzung. Es dient damit
als Orientierung für die Zusammenarbeit miteinander und zeigt auf, was unsere Patienten,
ihre Angehörigen und die Öffentlichkeit von uns erwarten können.
Wir sind uns bewusst, dass die im Leitbild formulierten Ziele nicht leicht zu erreichen sind.
Ihre Umsetzung ist ein Entwicklungsprozess, der nur gelingt, wenn jeder Einzelne bereit ist,
sich mit dem Leitbild zu identifizieren und es an seinem Arbeitsplatz zu verwirklichen.

Wer sind wir?


Städtisches Klinikum Solingen – das Gesundheitszentrum im Bergischen Land
Wir sind ein überregional anerkanntes städtisches Klinikum der Maximalversorgung und
akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Köln mit 14 Fachabteilungen sowie Instituten
und interdisziplinären Zentren.
Wir sind ein patientenorientiertes Kompetenzzentrum und größter Ausbildungsbetrieb der
Stadt Solingen.
Das Klinikum liegt zentral, ruhig und ist gut zu erreichen.
194 Was kann man von anderen lernen?

Was leisten wir?


Medizinische Behandlung und pflegerische Versorgung auf sehr hohem Niveau
unter Berücksichtigung wissenschaftlich anerkannter Leitlinien und Standards
Wir verfügen über neueste apparative Ausstattungen für hochspezialisierte Diagnostik und
Therapie. Die regelmäßige Qualifizierung der Mitarbeiter ist für uns von besonderer Bedeu-
tung. Die Behandlung von Krankheiten und die Förderung der Gesundheit bilden für uns eine
Einheit.
Wir beteiligen uns an Projekten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Europäi-
schen Union (EU).
Der Schutz der Umwelt bedeutet uns viel, wir fördern ihn durch Maßnahmen unseres Um-
weltmanagements.
Als Gesundheitszentrum beraten und informieren wir die Bürger unserer Stadt über Gesund-
heit und Krankheit in Zusammenarbeit mit externen Partnern.

Was ist uns wichtig?


Qualität und Menschlichkeit für zufriedene Patienten und Mitarbeiter
Unser Ziel ist es, unser hohes Niveau der medizinischen und pflegerischen Versorgung wei-
terhin sicher zu stellen und unser Angebot zu erweitern.
Um diese Ziele zu erreichen, müssen wir wirtschaftlich erfolgreich sein.
Die Zufriedenheit unserer Patienten und Mitarbeiter liegt uns sehr am Herzen, ihre Bedürf-
nisse, Erwartungen und Wünsche sind uns wichtig.

Wie arbeiten wir?


Engagierte, konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit
zum Wohle unserer Patienten
Im Wissen um unsere gemeinsame Verantwortung arbeiten wir motiviert und konsequent auf
die vereinbarten Ziele hin. Wir überprüfen das Erreichte kontinuierlich und sind aufgeschlos-
sen gegenüber zukunftsweisenden Entwicklungen. Dazu gehören die aktive Förderung der
Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie ein umfassendes Qualitätsmanagement. Wir streben eine
reibungslose Zusammenarbeit aller Fachdisziplinen und Berufsgruppen an.
Wir schaffen ein positives Arbeitsumfeld mit teamorientierten Strukturen, in welchem wir uns
gegenseitig unterstützen und unsere individuellen Fähigkeiten einbringen. Wir arbeiten effi-
zient, vertrauensvoll und lösungsorientiert zusammen und legen Wert auf einen konstruktiven
Austausch von Informationen.
Es liegt uns am Herzen, das körperliche und seelische Wohlbefinden unserer Patienten in
einer guten Atmosphäre zu fördern. Unsere Patienten und deren Angehörige werden umfas-
send und verständlich beraten.
Gesundheit braucht Nähe … 195

„Wenn der Mensch sich etwas vornimmt, so ist ihm mehr möglich, als man glaubt.“
[Pestalozzi]

Als nächster Meilenstein wurden zur Erläuterung und Festigung des Leitbildes Verhaltens-
grundsätze formuliert – in gleicher Vorgehensweise und Struktur. Durch die effiziente Vorge-
hensweise und die Konkretion auch durch die Führungsgrundsätze konnte der Prozess ver-
stärkt und die Identifikation ausgebaut werden.

Verhaltensgrundsätze für alle Mitarbeiter (mit Erläuterungen)


Wir alle beeinflussen durch unser persönliches Verhalten die Atmosphäre und den Erfolg
unseres Klinikums.
Wir haben daher Verhaltensregeln festgelegt, die sich aus dem Leitbild ergeben.
Wir wollen mit diesen Verhaltensgrundsätzen erreichen, dass Mitarbeiter einen partnerschaft-
lichen Umgang und eine engagierte, konstruktive Zusammenarbeit erwarten können, sich
selbst aber auch ihrer Verantwortung bewusst werden.
Damit können verhaltensbedingte Ärgernisse, die sich im hektischen Arbeitsalltag störend,
hinderlich und demotivierend auswirken, weitgehend vermieden werden.
Wir appellieren an jeden Einzelnen, sich nach diesen Grundsätzen zu verhalten.
1. Ich bin höflich, respektvoll und hilfsbereit
 Ich bewahre auch unter Belastung einen wertschätzenden Umgangston gegenüber Mit-
arbeitern, Patienten und Besuchern.
 Ich grüße im Haus und stelle mich vor, wenn ich nicht bekannt bin.
 Ich gehe auf hilfesuchende Patienten und Besucher zu.
2. Ich bin engagiert und übernehme Verantwortung
 Ich arbeite selbständig und eigenverantwortlich.
 Ich aktualisiere mein Fachwissen und setze mich mit neuen Ideen und Konzepten aus-
einander.
3. Ich arbeite konstruktiv an gemeinsamen Aufgaben
 Ich plane und erledige die Aufgaben gemeinsam mit meinen Kollegen.
 Ich unterstütze meine Kollegen bei ihrer Arbeit.
 Ich erkenne die Fähigkeiten der Anderen an und respektiere ihre Grenzen.
 Ich nutze konstruktive Kritik als Chance zur Verbesserung.
4. Ich informiere mich und andere
 Ich informiere mich aktiv und systematisch.
 Ich gebe dieses Wissen sachlich, objektiv, verständlich und zeitnah weiter.
196 Was kann man von anderen lernen?

5. Ich arbeite wirtschaftlich und umweltbewusst


 Ich achte bei meiner Arbeit auf ein angemessenes Verhältnis zwischen Aufwand und
Nutzen.
 Ich berücksichtige bei meiner Tätigkeit die Auswirkungen auf unsere Umwelt.
6. Ich repräsentiere unser Klinikum
 Ich trage mit meinem Verhalten und meinen Äußerungen zum guten Ruf unseres Klini-
kums bei.

Entwicklung von Führungsgrundsätzen (für alle Führungsverantwortlichen –


Beispiele – erarbeitet auf dem Führungskräfteworkshop mit der Rasteranalyse)

Unternehmensgrundsätze Was darf nicht passieren, damit Was bedeutet das für mein
das erreicht werden kann? Verhalten als Führungsver-
Welche Fehler dürfen nicht antwortliche/r?
gemacht werden?

Was ist uns wichtig:

Qualität und Menschlich-


keit für zufriedene Patien-
ten und Mitarbeiter

1. Die medizinische und Unkenntnisse der wirtschaftlichen Ich bin Vorbild


pflegerische Versorgung Verhältnisse Transparenz und Kommunika-
wird auf hohem Niveau Mangelnde Qualifikation der tion wirtschaftlicher Eckdaten
unter Beachtung der Wirt- Mitarbeiter/innen
schaftlichkeit sichergestellt Darauf hinwirken, dass sich die
Fehlende Weiterbildung Mitarbeiter fortbilden wollen
Nicht Weitergabe von Informati- und können
onen Erarbeitung von Anforderungs-
Unverbindlichkeit von Standards profilen und Einforderung der
Leistung
Investitionsstau
Schriftliche, unmissverständli-
che Festlegung von möglichst
konsensorientierten Standards
Transparente Kommunikation
von Investitionsentscheidungen
2. Der Zufriedenheit der Die Bedürfnisse und Erwartungen Wir respektieren die Bedürfnis-
Mitarbeiter wird eine hohe der Mitarbeiter bleiben der Füh- se und Erwartungen der Mitar-
Bedeutung zugemessen, ihre rungskraft unbekannt beiter
Bedürfnisse und Erwartun- Kein ausreichendes Einkommen Wir ermitteln die Bedürfnisse
gen sind wichtig unserer Mitarbeiter regelmäßig
Selbstzufrieden zurücklehnen
Keine Identität
Kein Respekt
Verantwortlichkeit entziehen
Gesundheit braucht Nähe … 197

Unternehmensgrundsätze Was darf nicht passieren, damit Was bedeutet das für mein
das erreicht werden kann? Verhalten als Führungsver-
Welche Fehler dürfen nicht antwortliche/r?
gemacht werden?
Missachtung der Erwartungen
und Bedürfnisse
Mitarbeiter nicht über notwendige
Veränderungen informieren
Offenheit, Ehrlichkeit, Fairness
und angemessenes Agieren
werden negiert
Falsche Erwartungen
Materielles Denken
3. Der Zufriedenheit der Uneinheitliche Aussagen Höflichkeit
Patienten wird eine hohe Nichtbeachten von klinikinternen Verhaltensregeln
Bedeutung zugemessen, ihre Leitlinien
Bedürfnisse und Erwartun- Zuständigkeiten klären
gen sind wichtig „schlechtes Zeitmanagement“ Informationen des Patienten
unzureichende Erklärungen
Ansprechpartner fehlen
Fehlende Höflichkeit
4. Die Bedürfnisse der Mitar-
beiter, Patienten und Kun-
den werden mit den uns zur
Verfügung stehenden finan-
ziellen Mitteln nach Mög-
lichkeit erfüllt
Wie arbeiten wir:

Engagierte, konstruktive
und vertrauensvolle Zu-
sammenarbeit zum Wohle
unserer Patienten

1. Wir arbeiten motiviert und Unabgestimmter Wechsel von Definition und Weitergabe von
konsequent auf die verein- Zielvereinbarungen Zielen (rechtzeitig und zeitnah
barten Ziele hin Motivationsverlust begründet)
Kontrollverlust Begleitung und Hinführung
zum vereinbarten Ziel
Unzureichende Zielidentifikation
Überzeugungskraft und Au-
Kontrollverlust thentizität
„Meilensteine“ (Etappenziele)
festsetzen
198 Was kann man von anderen lernen?

Unternehmensgrundsätze Was darf nicht passieren, damit Was bedeutet das für mein
das erreicht werden kann? Verhalten als Führungsver-
Welche Fehler dürfen nicht antwortliche/r?
gemacht werden?

2. Wir überprüfen das Erreich- Das Erreichte/Ziele interessiert Wir überprüfen die Erreichung
te kontinuierlich nicht mehr unserer gesamten Ziele und
Das Prüfungsergebnis nicht informieren und diskutieren die
vorstellen und diskutieren Konsequenzen mit unseren
Mitarbeitern
Keine Teamarbeit
Kleinliche Analysen mit Diffa-
mierung von Mitarbeitern
Die Qualitätssicherung nimmt so
überhand, dass sie zur Demotiva-
tion und Leistungsrückgang führt
Fehler/Unvollkommenheit ohne
Rückmeldung
Verweigerungshaltung
Das Gefühl ständiger Kontrolle
vermitteln
Mitarbeiter nicht über Ereignisse
zu informieren
3. Wir sind aufgeschlossen Ausschluss von Kritik Interne und interdisziplinäre
gegenüber zukunftsweisen- Planloses Vorgehen Abstimmung
den Entwicklungen Strategie und nachfolgende
Fehlende Integration der MA
Umsetzung
Festhalten an sog. Altbewährtem
Mitarbeiterinformation
MA – Integration
Überzeugung weiterer Ent-
scheidungsträger
4. Die Aus-, Fort- und Weiter- Niedriges Fortbildungsbudget Freiräume für Fortbildung
bildung wird aktiv gefördert Auf das finanzielle reduzierte schaffen
Denkweise Schaffung eines positiven
Diskrepanz zw. Anspruch und Klimas für Fortbildung
Wirklichkeit Effektivitätskontrolle
Fehlende zeitliche Ressourcen Fortbildungsbedarf erkennen
Fehlende Transparenz und initiieren
Abbau von Ausbildungsplätzen Know-how-Pool
Keine Nutzung von Synergien
Fehlende interdisziplinäre Ab-
stimmung
Unterstützung der Wissenschaft-
lichkeit
Unzureichende Nachwuchsförde-
rung
Fehlende individuelle Leistungs-
förderung
Gesundheit braucht Nähe … 199

Unternehmensgrundsätze Was darf nicht passieren, damit Was bedeutet das für mein
das erreicht werden kann? Verhalten als Führungsver-
Welche Fehler dürfen nicht antwortliche/r?
gemacht werden?

5. Ein umfassendes Qualitäts- Darf kein Selbstzweck werden Konzentration auf Essentials
management wird gefördert Zuviel Bürokratie Einheitliche Dokumentation
Verzicht auf externen Sachvers- Publizieren
tand
Fehlende Transparenz
6. Eine reibungslose Zusam- Die Konsequenzen des Handelns Wir unterstützen die respekt-
menarbeit aller Fachdiszip- in anderen Abteilungen nicht volle Zusammenarbeit aller
linen wird angestrebt kennen Bereiche
Nur eigene Interessen berücksich- Wir berücksichtigen in unserem
tigen Handeln die Erfordernisse und
Kein Verständnis untereinander Erwartungen anderer Bereiche
Nur fachbezogenes Denken und
Handeln: „Wir sind die Größten“
Säulendenken
Abgrenzungen der Kliniken
Diffamierung anderer Abteilun-
gen
Durch aus Wirtschaftlichkeit
geforderte Personalreduktion
treten Aggressionen, Gewohnheit
und der Zusammenarbeit durch
Überlastung auf
7. Es wird ein positives Ar- Team als Selbstzweck (Mobbing, Objektive Beurteilung der
beitsumfeld mit teamorien- Cliquenbildung) Teammitglieder – klare Zustän-
tierten Strukturen geschaf- Verstecken im Team - digkeiten
fen, in dem gegenseitige Unverbindlichkeit Teamgedanke in allen Berei-
Unterstützung und das chen und in allen Ebenen
Einbringen von individuel- Fehlende Definitionen der Zu-
len Fähigkeiten möglich ist ständigkeiten Kommunikation s.o.
Säulen und Bereiche als Team- Vorbild (in eigener Klinik und
grenze im Klinikum)
Hierarchie als Teamgrenze
8. Wir arbeiten effizient, Umstrukturierende Aufgabenver- Überwindung von Säulenden-
vertrauensvoll und lösungs- teilung ken – Abteilungsgrenzen
orientiert zusammen Keine gemeinsame Planung Förderung der Kooperation
Nicht ausreichender Informati- zwischen Berufsgruppen
onsfluss Konstruktiver Umgang mit
Schwächen
Informationsfluss bei gleichzei-
tiger Informationsdisziplin
Stärkung der Selbstverantwort-
lichkeit
200 Was kann man von anderen lernen?

Unternehmensgrundsätze Was darf nicht passieren, damit Was bedeutet das für mein
das erreicht werden kann? Verhalten als Führungsver-
Welche Fehler dürfen nicht antwortliche/r?
gemacht werden?

9. Wir legen Wert auf einen


konstruktiven Austausch
von Informationen
10. Dem körperlichen und Der Patient wird auf seine Krank- Wir respektieren die Bedürfnis-
seelischen Wohlbefinden heit reduziert se und Erwartungen unserer
des Patienten kommt eine Tunnelblick Patienten
wichtige Bedeutung zu Lob und Anteilnahme
Mehrfaches Verschieben von
Untersuchungen
Sich nicht um Umfeld der Patien-
ten interessieren
Überforderung
Unnötigen Stress verursachen
Ignorieren von Patientenbedürf-
nissen
Aus Wirtschaftlichkeitsgründen
kann auf Wohlbefinden keine
Rücksicht genommen werden
Mangelnder Respekt
11. Angehörige und Patienten Fehlender Ansprechpartner Akzeptanz, dass Patient und
werden umfassend und Unklarheit wann, wem und wie Angehörige sich in Ausnahme-
verständlich beraten Beratung gegeben wird situation befinden
Unpassende Situation/Ort Ehrlichkeit und Offenheit
Orientierende Regeln
12. Jede/r Mitarbeiter/in ist sich Vorurteile Teamstrukturen unterstützen
der gemeinsamen Verant- Innere Emigration Verantwortung übertragen
wortung für das Unterneh-
men bewusst Wertschätzung
Gemeinsame Verantwortung für
das Unternehmen stärken und
schärfen auf allen Ebenen
Förderung der Loyalität

Gesundheit braucht Nähe – aber auch wir selbst brauchen Nähe, unsere Arbeit, unsere Mitar-
beiter, die Patienten und gerade auch ein großes Klinikum. Distanz ist überall ein Erfolgsfak-
tor für Misserfolg. Alle wichtigen Funktionen und Aufgaben eines Leitbildes sind in diesem
Klinikum neugierig und motiviert angegangen worden, wurden glaubwürdig und nachhaltig
umgesetzt. Es wurde dafür Sorge getragen, dass identitätsstiftende und profilbildende Wir-
kungen und Erfolge geschaffen wurden. Nicht immer sind Leitbilder gut – sie werden als
Luxus verstanden – als überflüssig – als leere Worthülsen. Sie sind aber Notwendigkeit und
Chance, sich gemeinsam strategisch zu entwickeln und für die Zukunft zu stärken. Alle haben
eigentlich ein Leitbild – nur nicht bewusst, gemeinsam entwickelt und damit nicht direkt
Klare CI-Strukturen beim Bauen … 201

erfolgreich wirksam – mehr ein Leitbild der schlechten Unternehmenskultur. Das Markenzei-
chen „Gesundheit braucht Nähe“ ist eigentlich nicht neu. Das war schon immer das Leitbild
dieses Klinikums – mehr unbewusst und nicht gemeinsam formuliert. Nähe ist wichtig für die
Arbeit und im Umgang miteinander. Nähe als persönliche Zuwendung für die Patienten über
die medizinische und pflegerische Qualität hinaus zeichnet das Klinikum aus. Nähe als
menschlicher Umgang miteinander ist dafür die Basis. Ohne diesen Wert kann ein Klinikum
keine gute Arbeit leisten, sich nicht am Markt bewähren und für die Zukunft kein prägnantes
Profil bekommen. Nähe schafft gesunde Strukturen, Prozesse und Menschen. Nähe heißt
Verständnis, Verbindlichkeit und Vertrauen. Ein weicher Wert – aber der wichtigste Erfolgs-
faktor überhaupt, der das Klinikum Solingen einzigartig macht – in einer Zeit der völligen
Umstrukturierung wichtig und besonders für die Zukunftssicherung.

Klare CI-Strukturen beim Bauen:


Mit Sicherheit – mehr Freude am Bauen.
Ein Beispiel für eine klare CI-Struktur

Der Name Krieger + Schramm ist Symbol für Kompetenz, Sicherheit und Begeisterung. Das
renommierte Bauunternehmen hat seinen Sitz in Dingelstädt im Eichsfeld, in Lohfelden bei
Kassel sowie in Frankfurt am Main. Der Leistungskatalog umfasst die vier großen Bereiche
Büro- und Gewerbebauten, Ein- und Mehrfamilienhäuser, Modernisierung und Sanierung
sowie Projektentwicklung. Als Marktführer in der Region stehen sie als moderner Bau-
dienstleister für Qualität, Innovation und Leistungsfähigkeit. Mit Freude und Begeisterung
setzen sie die Ziele und Wünsche ihrer Kunden rund um das Bauen mit einer individuellen
Betreuung und einem Komplettservice fach- und termingerecht um. Dabei steht der Bauherr
im Mittelpunkt der Tätigkeit. Die Grundlage für eine erfolgreiche Realisierung der Bauvor-
haben ist die hohe Motivation, der hohe Ausbildungsstand, die zielstrebige, strukturierte
Arbeit, die Leistungsbereitschaft und das erfolgsorientierte Handeln des Teams. Die Zusam-
menarbeit mit führenden Forschungseinrichtungen, der Besuch von Fachmessen und regel-
mäßige externe und interne Schulungen der Mitarbeiter sind die Garantie dafür, stets auf dem
neuesten Ausbildungsstand zu sein. Honoriert wurde die Arbeit des Unternehmens mit dem
Staatspreis für Qualität 2000, dem Großen Preis des Mittelstandes 2004 (Oskar für hervorra-
gende Leistungen in einem deutschen mittelständischen Unternehmen) und dem Internetpreis
des Deutschen Handwerks 2004. Die Firma Krieger + Schramm zählt aktuell zu den „TOP-
JOB 100“, d. h. zu den bundesweit 100 besten, innovativen Arbeitgebern des Mittelstandes.
Seine Erfahrungen als ehemaliger Leistungssportler bringt Matthias Krieger in sein Unter-
nehmen ein, führt es erfolgsorientiert und mit Teamgeist. Matthias Kriegers Lebensmaxime:
„Offen sein für Neues, alle Mitarbeiter für ihre Arbeit begeistern, seinen Kunden nur das
202 Was kann man von anderen lernen?

Allerbeste bieten, mit Ausdauer gemeinsam ein angesteuertes Ziel verfolgen“. Mehr über
Ziele und Visionen können Sie auch unter www.krieger-schramm.de erfahren. Hier die ge-
meinsam mit dem Team entwickelten und gelebten CI-Strukturen der Baufirma in einer kla-
ren und vorbildlichen Form. Der Leitspruch des Unternehmens lautet: Mit Sicherheit – mehr
Freude am Bauen.
Die Leitziele des Unternehmens erläutern die konkrete Umsetzung:
„ Wir bauen für Sie mit Begeisterung.
„ Wir garantieren Ihnen langfristig Sicherheit und Qualität.
Daher arbeitet das Unternehmen nach folgenden Leitsätzen (Leitbild des Unternehmens
Krieger + Schramm):
1. Kunden: Wir begeistern unsere Kunden mit der perfekten Leistung.
Wir geben alles für unsere Kunden.
2. Team: Wir sind ein engagiertes und gut ausgebildetes Team.
Wir handeln mit klaren Zielen.
3. Qualität: Wir arbeiten kontinuierlich innovativ und vorausschauend.
Wir garantieren Qualität.
4. Sicherheit: Wir garantieren langfristige Sicherheit.
Wir sind Marktführer in der Region.

Mit Sicherheit – mehr Freude am Bauen


Wir arbeiten kompetent – sicher – begeisternd, und vermitteln diese Eigenschaften auch nach
außen.
Klare CI-Strukturen beim Bauen … 203

Teamregeln bei Krieger + Schramm

1. Wir sind Vorbild durch:


 Ehrlichkeit
 Hilfsbereitschaft
 Pünktlichkeit
 Höflichkeit
2. Wir sind fair durch:
 Verlässlichkeit
 Aufrichtigkeit
 Offenheit
 Kameradschaftlichkeit
3. Wir sind verantwortlich durch:
 Kritikfähigkeit
 Entscheidungsfähigkeit
 Sorgfältigkeit
 Pflichtbewusstsein
4. Wir sind kundenorientiert durch:
 Begeisterung
 Respekt
 Sicherheit
 Freude

1. Kunden
Wir begeistern unsere Kunden mit der perfekten Leistung. Daher arbeiten wir nach folgenden
Qualitätsstandards.
1. Wir sind entsprechend eines internen Einsatzplanes 24 Stunden an sieben Tagen in der
Woche für unsere Kunden erreichbar. (ständige Erreichbarkeit)
2. Wir bestätigen Kundenanfragen per Rückmeldung innerhalb von 24 Stunden.
(Bearbeitungsstatus)
3. Wir senden jedem Kunden 48 Stunden nach Eingang der Schlusszahlung einen Kundenzu-
friedenheitsbogen zu. (externe Bewertung)
4. Wir übergeben bei Bauanlauf eine individuelle Kundeninformationsmappe.
(Kundeninformation)
5. Wir bearbeiten Kundensonderwünsche. (Service)
6. Wir bearbeiten Reklamationen sehr kurzfristig. (Reklamationsmanagement)
204 Was kann man von anderen lernen?

7. Wir betreuen unsere Kunden auch nach Fertigstellung durch unser jährlich gestaffeltes
Servicepaket. (Kundenbindung)
8. Wir pflegen unsere vorhandenen Beziehungen, um Aufträge nicht allein über den Preis zu
akquirieren, und erweitern unser Beziehungsnetzwerk um mindestens fünf persönliche
Kontakte im Jahr. (Netzwerk)

2. Team
Wir sind ein engagiertes und gut ausgebildetes Team. Daher handeln wir nach folgenden
Qualitätsstandards:
1. Wir arbeiten nach gemeinsam entwickelten Teamregeln und reflektieren diese jährlich.
(Verbesserung der Zusammenarbeit)
2. Wir arbeiten mit modernsten Arbeitsmitteln entsprechend eines Investitionsplans, welchen
wir jährlich fortschreiben. (gute Arbeitsausstattung)
3. Wir sind ein gut eingespieltes Team aufgrund geringer Fluktuation und niedrigem Kran-
kenstand. (Effektivität, Kontinuität)
4. Wir bilden jährlich mindestens zwei Lehrlinge aus und stellen neue Mitarbeiter entspre-
chend ihrer Qualifikation und eines speziellen Einarbeitungsplanes ein. (Qualifikation)
5. Wir garantieren jedem Mitarbeiter mindestens eine Schulung pro Jahr und bei den Füh-
rungskräften zwei Schulungen pro Jahr. (Optimierung der Fachkompetenz)
6. Wir haben ein Prämiensystem, welches wir jährlich reflektieren. (Motivation)
7. Wir pflegen das „WIR-GEFÜHL“ im Team durch mindestens zwei Teamfeste pro Jahr
und ein gemeinsames Gesundheitskonzept. (Stärkung des Teamgeistes)
8. Wir schulen und bewerten unsere Nachunternehmer einmal jährlich.
(Verbesserung der Qualität)

3. Qualität
Durch zuverlässige Qualität bauen wir bei unseren Kunden langfristiges Vertrauen auf. Daher
arbeiten wir nach folgenden Qualitätsstandards:
1. Wir arbeiten nach einem Qualitätssystem, welches einmal jährlich extern geprüft wird.
(Qualitätssicherung nach DIN EN ISO 9001:2000)
2. Wir pflegen einen regelmäßigen Informationsaustausch, z. B. durch wöchentliche Baulei-
tersitzungen, Teambesprechungen, Gewerkebe-sprechungen. (Zielkontrolle)
3. Wir garantieren Planungs- und Ausführungsqualität durch den ausschließlichen Einsatz
von entsprechenden Fachingenieuren. (Fachkompetenz)
4. Wir erstellen für jedes Bauvorhaben einen Arbeitsablaufplan und führen, nach wöchentlichen
Qualitätskontrollen auf der Baustelle, Teilabnahmen durch. (Termin- und Qualitätssicherung)
Klare CI-Strukturen beim Bauen … 205

5. Wir bauen ausschließlich mit bauaufsichtlich zugelassenen Baustoffen und führen bei
jeder Materiallieferung eine Prüfung auf Qualität und Quantität durch. (Materialkontrolle)
6. Wir bauen nur mit ausgewählten, verlässlichen Nachunternehmen.
(Qualität der Kooperationspartner)
7. Wir setzen mindestens zehn Verbesserungsvorschläge im Jahr um. (Weiterentwicklung)
8. Wir setzen mindestens alle zwei Jahre neue Technologien, z. B. in Zusammenarbeit mit
Forschungseinrichtungen und durch Fachmessen, ein. (Innovationsfindung und Umsetzung)

4. Sicherheit
Wir garantieren langfristige Sicherheit. Daher arbeiten wir nach folgenden Qualitätsstan-
dards:
1. Wir arbeiten nach einem Risikomanagementsystem und reflektieren dieses jährlich.
(Gefahrenminimierung)
2. Wir gewähren fünf Jahre Garantie und sichern diese durch unsere starke Bonität, welche
jährlich extern überprüft wird. (Ausfallsicherheit)
3. Wir sichern die Zukunft unseres Unternehmens durch eine hohe Eigenkapitalquote von
30 %. (langfristige Sicherheit)
4. Wir sichern die ausreichende Verfügbarkeit von Finanzmitteln durch einen Liquiditätsplan,
welcher monatlich aktualisiert wird. (Liquiditätssicherung)
5. Wir kompensieren Ausfälle auf der Führungsebene durch einen Stellvertreterplan.
(Personalsicherheit)
6. Wir erreichen die Marktführerschaft durch mindestens fünf Prozent Neukundengewinnung
jährlich. (Vergrößerung Kundenstamm)
7. Wir lassen unsere Stellung am Markt durch unsere Kunden und Partner bewerten und
reflektieren diese. (Imagebewertung)
8. Wir beteiligen uns an mindestens einem Wettbewerb pro Jahr und wollen alle fünf Jahre
einen Preis erringen. (Außenwirkung/Imagebildung)
Die einfache und klare Struktur schafft Transparenz und sichert die konsequente Umsetzung
im Alltag. Zu komplexe und sich verzettelnde Strukturen zeigen, dass das Unternehmen sich
selbst nicht klar ist über ihre wichtigen Ziele und Aufgaben und vermitteln damit keine Stär-
ke. So ist dieses Selbstverständnis Grundlage für das Handeln nach innen und gleichzeitig
Profilierung des Unternehmens nach außen. Sie lassen sich an diesen Eckwerten messen und
zeigen damit glaubwürdig, dass ihnen diese wichtig sind und nicht nur leere Floskeln.
Wie kann man den Identitätsprozess
in Gang halten?

Die Aufgaben werden immer schwieriger, umfassender, vernetzter – die Komplexität wird
größer!
Die Ansprüche werden immer qualifizierter, spezieller, zeitlich enger – die Flexibilität wird
notwendiger!
Die Anforderungen werden immer persönlicher, spezieller, Engagement einfordernder – die
Identität wird entscheidender!
Für die Zukunft brauchen wir entsprechend dieser neuen Anforderungen für die Arbeit nicht
nur neue Konzepte und den „neuen Menschen“, sondern einen gemeinsamen und glaubwür-
digen Veränderungsprozess.

Zukunftsgestaltung

Die Zukunft wird aus Ideen gemacht und aus Kompetenzen, sie zu erreichen.
In der Zeit der Jahrtausendwende und der bewussten Zukunftsgestaltung fordern viele neue
Konzepte und den „neuen Mitarbeiter“, der mit den zukünftigen Arbeitsbedingungen und
Arbeitsstrategien gut zurechtkommt: selbständig, selbstverantwortlich, mitdenkend, flexibel,
hochmotiviert, kompetent und mit starker Persönlichkeit. Möglichst mit großen Erfahrungen
aus unterschiedlichen Bereichen, sprachlich, wissenschaftlich, technisch und praktisch – aber
noch jung an Jahren und mit niedrigen Gehaltsvorstellungen. Diese Omnipotenz ist ein
Fluchtpunkt des Denkens und lenkt auch ab von den realen und täglichen Entscheidungen
und Problemen vor Ort. Jetzt müssen wir daran arbeiten, die Zukunft zu gestalten und mit
dem konsequenten Veränderungsprozess beginnen. Nicht mehr über zukünftige Bedingungen
und mögliche Schwierigkeiten diskutieren, sondern jetzt handeln und in kleinen Schritten
diese Vision zumindest versuchen.
208 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?

„Die Zukunft ist die Ausrede derer,


die in der Gegenwart nichts tun wollen.“
[Harold Pinter]

Machen wir aus lernbereiten Mitarbeitern und lernenden Organisationen eine lernende Ge-
sellschaft! Alle Zukunftsvisionen lassen sich in Frage stellen und/oder reduzieren auf eine
Grundanforderung: Semper mutor – sich ständig verändern. Neugierig sein, Neues entdecken,
Neues erfahren – lernen.
Hintergrund dieser umfassenden Veränderungsprozesse ist der Übergang von der Industriege-
sellschaft zur Wissensgesellschaft und dem damit verbundenen Wandel der Arbeitsformen.
Industrielle Massenproduktion war auf technisch-rationale Produktivität ausgerichtet, die die
Subjektivität der Arbeitenden nicht nur missachtete, sondern sogar als Störgröße für produk-
tive Potenz durch rigide Kontrolle betrieblicher Prozesse und Managementkonzepte versuch-
te auszuschalten. Selbstverwirklichung und selbstverantwortliche Handlungs- und Entschei-
dungsräume, in denen die Mitarbeiter auch mitdenken, waren im tayloristischen
Arbeitssystem nicht vorgesehen. Sture Anweisungen und Ausführungen können in Anbetracht
der veränderten Ansprüche, Erwartungen und Arbeitsbedingungen nicht mehr greifen und
zum Erfolg führen. Heute sind nicht mehr Massenprodukte, sondern Produkte und Leistungen
mit einem spezifischen besonderen Profil im engen Wettbewerb erfolgreich. Gefragt sind
neue ganzheitliche Arbeitsformen und Managementkonzepte, die die menschliche Seite der
Mitarbeiter nicht unberücksichtigt lassen, sondern gezielt ansprechen und aktivieren, um
neue Qualitäten, Leistungen und Erfolge freizusetzen, die die Unternehmen brauchen und die
auch zum Wohle der Mitarbeiter sind. Der Mensch ist keine Störgröße, sondern entscheiden-
der Träger des gemeinsamen Erfolgs. Das 3. Jahrtausend wird also „gezwungenermaßen“
menschlicher werden, weil sich die post-tayloristischen Arbeitsformen geändert haben. Neue
Konzepte allein helfen bei diesem Übergang zum neuen Denken aber wenig, wenn sie nicht
auch konsequent im Alltag gelebt werden. Führungskräfte und Mitarbeiter gleichermaßen
brauchen dazu die entsprechende Einstellung, das Bewusstsein und die Verhaltensweisen.
Sind wir fit für das 3. Jahrtausend? Gigantische CI-Prozesse kommen auf uns zu!

Veränderungsmanagement durch eine ganzheitliche Corporate


Identity! Erfolgreiches Arbeiten durch glaubwürdige Identität!

Überall hört und liest man von Veränderungen in Wirtschaft, Gesellschaft und in der Politik.
Wir müssen lernen umzudenken und uns den notwendigen Innovationen zu stellen: in der
Produktion, im Management und auch bei dem einzelnen Mitarbeiter. Diese Veränderungs-
prozesse bleiben isoliert und haben nicht den langfristigen Erfolg, wenn sie nicht auch Verän-
derungen der Unternehmenskulturen und der entsprechenden Verhaltensweisen glaubwürdig
und konsequent nach sich ziehen. Fusionierte Unternehmenskulturen müssen aufeinander
abgestimmt und neue Kulturen entwickelt werden. Veränderungen ohne bewusst gestaltete
Zukunftsgestaltung 209

Corporate Identity bleiben sonst kurzfristig, aktionistisch und inhaltsleere Worthülsen. Die
verbleibenden Unternehmen müssen ihr Profil noch mehr stärken und herausarbeiten, um
bestehen zu können. Es werden also in Zukunft gigantische CI-Prozesse auf uns zukommen!
In allen Branchen und Bereichen sind in letzter Zeit vermehrt Fusionen und Übernahmen von
Global Players zu beobachten: Automobilhersteller, Versicherungen, Banken, Kommunikati-
onsanbieter, Büromöbelhersteller, Energieversorger usw. Auch durch den Generationenwech-
sel in der Mitarbeiterschaft, im Management und bei den Inhabern von Betrieben (Nachfolge-
regelungen) gibt es starke Veränderungen in den Arbeitsstrukturen und Denkweisen. Neue,
veränderte Führungsstile, Werte und Zielvorstellungen können nur dann zum Tragen kom-
men, wenn sie im Rahmen eines bewussten Neugestaltungsprozesses miteinander vernetzt
und neu implementiert werden. Gefragt sind ganzheitliche Konzeptentwicklungen und Schu-
lungen, um diese Neuerungen auch wirksam werden zu lassen: Corporate-Identity-Prozesse
im besten Sinne!
Der Veränderungsdruck kommt auch durch die verstärkte internationale Ausrichtung, europä-
isch und weltweit. Der harte internationale Wettbewerb zwingt zu einer neuen Positionierung
im Markt (alte und neue Märkte) und zu einer spezifischen und ausgeprägten Profilierung.
Imageverbesserungen, stärkere Kundenorientierung, Optimierung der Arbeitsweisen und
Qualitätsverbesserungen erfordern nach innen kontinuierliche Verbesserungsprozesse, Quali-
tätsmanagement und eine unterstützende Personalentwicklung (Mitarbeiterführung, Team-
entwicklung, Verhalten gegenüber Kunden). Ohne den motivierten, mitdenkenden und selbst-
verantwortlichen Mitarbeiter können diese Anforderungen nicht erfüllt werden. Ohne die
Identifikation der einzelnen Mitarbeiter kann in der heutigen Situation die Qualität des Leis-
tungsspektrums nicht erfolgreich gehalten werden. Dafür müssen die unterschiedlichen Iden-
titäten der einzelnen Mitarbeiter mit der spezifischen Eigenart des jeweiligen Unternehmens,
also mit dessen Identität, verbunden werden. Wer sich mit dem Produkt und der Arbeitsweise
seiner Organisation nicht identifizieren kann, wird weder ein Wohlgefühl noch ein Wir-
Gefühl entwickeln können, und ein Arbeitnehmer, der in seiner Individualität angegriffen
oder nicht ernst genommen wird, kann sich nicht sicher und dazugehörig fühlen. Gemeinsa-
mes Arbeiten wird konfliktbeladen und zieht Energie von den eigentlichen Aufgaben ab.
Durch ein Neben- oder gar Gegeneinander der Einzelwirkungen kann die volle mögliche
Arbeitsleistung nicht mehr erbracht werden. So hat erfolgreiche Arbeit immer einen sozialen
Charakter!
Die Identitätsfindung und -bestimmung hat für den Einzelnen einen hohen Stellenwert und
beinhaltet die Fragen nach Herkunft, Zugehörigkeit und Position in der Gesellschaft. Dabei
geht es nicht nur um das Erkennen der Einzigartigkeit, sondern auch um Übereinstimmung
mit den Erwartungen anderer. Die Identifikation oder eine starke Identität schaffen Sicherheit
und Wohlgefühl. Ein starkes Ich- oder auch Wir-Gefühl sorgt für eine klare Orientierung und
Positionierung in der Gesellschaft, für Unverwechselbarkeit und ein leichtes und schnelles
Wiedererkennen für Außenstehende. Dabei bleibt die Identität nicht endgültig fassbar, son-
dern sie muss sich ständig in wechselnden Zusammenhängen selbst bestätigen und erneuern.
Individualität und Abgrenzung zu anderen fordern eine permanente Auseinandersetzung und
210 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?

machen die Identitätsbildung zu einem lebenslangen Prozess. Diese Grundzüge des Identi-
tätsfindungsprozesses lassen sich gut auf Organisationen übertragen, da sie von Menschen
mit eben diesen Bedürfnissen gestaltet und genutzt werden.
Für die gelungene und langfristig erfolgreiche Positionierung eines sich neu orientierenden
Unternehmens am Markt sind die ganzheitlichen CI-Prozesse also entscheidend, da sie die
unterschiedlichen Ansätze und Maßnahmen strategisch und konzeptionell miteinander ver-
binden müssen. Sinnvoll und notwendig sind ganzheitliche Vernetzungen von Hard- und
Software, von professionellen Arbeitsstrukturen, Qualitätsleistungen, profiliertem Marktauf-
tritt, einheitlichem Erscheinungsbild und der identitätsbildenden Arbeits- und Denkweisen
aller Beteiligten: Corporate-Identity-Prozesse!
Die Ursachen für die grundlegenden Strukturveränderungen in unserer Wirtschaft und Gesell-
schaft liegen seit den 90er Jahren in anhaltenden Krisen. Die Zeit des Überflusses und
Wohlstandes ist vorbei, wir müssen effizienter arbeiten und sparen lernen. Der direkte Kos-
tendruck ist verbunden mit gesteigerten Ansprüchen in Bezug auf Qualität, Arbeitsweisen
und Service: mehr Leistung für weniger Geld in kürzerer Zeit aber mit höchstem Engagement
und persönlicher Ansprache! Diese Schere zwischen Angebot und Nachfrage geht immer
weiter auseinander, je mehr sich die Angebote gleichen, je weniger Geld zur Verfügung steht
und je mehr Ansprüche an Werte und Luxus unsere Erwartungen steigen lassen. Verbunden
mit dem steigenden Wettbewerbsdruck und der starken Globalisierung führt diese Schere zur
konsequenten Auslese: Sie zwingt zur Umstellung und Veränderung oder zur Aufgabe. Fusio-
nen sind vielfach Aufgabe, aber auch Chancen. Fusionen sind ebenso immer ein Anfang und
nicht das Ende, und damit also Prozesse.
Neben monetären Notwendigkeiten und Qualitätsansprüchen sind auch technische und pro-
duktionsbedingte Ursachen für solche Entwicklungen ausschlaggebend. Interessant ist, wel-
che ersten Schritte in diesen Veränderungsprozessen eingeleitet werden.
Als erstes werden die finanziellen und rechtlichen Rahmenbedingungen geklärt, dann das
Erscheinungsbild, das Corporate Design, und erst anschließend werden Strategien konzipiert.
Über die reale Umsetzung, über das Leben und konkrete Arbeiten machen sich nur Wenige
Gedanken. Aber jeder Plan muss umgesetzt werden und wird erst dadurch Erfolge erzielen
können. Bleiben die ganzen Fusionen nicht zu oberflächlich, zu inhaltsleer, zu technokratisch
und monetär, und vergessen sie nicht die notwendigen Implementierungen der Ziele in der
Unternehmenskultur? Erste Studien belegten, dass mehr als die Hälfte aller Fusionen schei-
tern (Wirtschaftswoche 23/99): „Die Manager berücksichtigen zuwenig den Faktor Mensch.
Es wird zuwenig kommuniziert und zuwenig auf die kulturellen Unterschiede eingegangen.
Nur bei vier von zehn Fusionen wird bereits in den ersten 100 Tagen das Führungsgremium
benannt. Kritisiert wird auch, dass das legitime Ziel, Kosten zu senken, sich bei 60 Prozent
der fusionierten Firmen auf Personalabbau beschränkt.“
Es werden also zu selten ganzheitliche Identitätsprozesse durchgezogen, es werden vielmehr
Leistungen eingefordert, die aber weder realisiert werden, noch vorgelebt werden können. Es
fehlt die bewusste Gestaltung und anschließende Umsetzung der Unternehmenskultur, die als
Ergänzung zu den harten Organisationselementen den längerfristigen Erfolg bedingt.
Zukunftsgestaltung 211

Befragungen zeigen, dass viele Unternehmen gar keine Strategien haben (ca. 60 Prozent
verzichten auf eine Marketingstrategie oder ein Wettbewerbskonzept, vgl. Wirtschaftswoche
15/95) oder bei mehr als zwei Drittel mangelhaft oder gar nicht umgesetzt werden (vgl. Wirt-
schaftswoche 22/99). Das Ergebnis der Unternehmen könnte um 50 Prozent über dem tat-
sächlich erreichten liegen, wenn der Informationsaustausch in Bezug auf die Mitarbeiter nicht
so unzureichend wäre. Ziele setzen unser Verhalten in Gang, Konsequenzen halten unser
Verhalten in Gang. Inkonsequenz und Unglaubwürdigkeit verbunden mit Jammern sind also
die eigentlichen Misserfolgsfaktoren. Strategien ohne die Einbindung und Beteiligung der
Mitarbeiter im Rahmen eines Prozesses und ohne eine entsprechend gute CI bleiben erfolglos
und gehen letztlich zurück auf die fehlende Sozialkompetenz der Manager.
Nach der Strategieentwicklung und Marketingpositionierung (Corporate Communication)
fehlt als allerletzter Schritt immer noch das Verhalten der einzelnen Beteiligten (Corporate
Behavior). Es ist typisch, dass dieser schwierige Prozess der Verhaltensänderung immer
wieder ausgeklammert und bestenfalls zum Schluss angedacht wird. Aber ohne diese Form
der glaubwürdigen Identität kann es keinen sicheren Erfolg geben. Es genügt nicht, mit Fusi-
onen oder Unternehmensveränderungen nur möglichst schnell fassbare, sprich monetäre
Erfolge zu machen, sondern es geht um längerfristige Erfolge im Sinne einer dauerhaften
Behauptung am Markt. So bleibt als entscheidende Frage die Frage nach der glaubwürdigen
Identität.
Die Identitätsfindung ist also wesentlicher Bestandteil eines ganzheitlichen Führungskonzep-
tes, und nur über sie entwickelt sich die Außenwirkung, das Image. Alle Menschen suchen
nach ihrer Identität. Als ein wichtiges Lebensprinzip fragen sie nach Herkunft, Zugehörigkeit
und Position in der Gesellschaft. Dabei geht es nicht nur um das Erkennen der Einzigartig-
keit, sondern auch um Übereinstimmung mit den Erwartungen anderer. Die Identifikation
oder eine starke Identität schaffen Sicherheit und Wohlgefühl.
Ein sinnvoller ganzheitlicher Identitätsprozess nimmt durch die starke Einbeziehung aller
Beteiligten die unterschiedlichen Denk- und Handlungsweisen auf und fördert die Auseinan-
dersetzung mit ihnen. Die Ergebnisse gemeinsamer Planung und gemeinsamer Vorgehens-
weisen sowie typischer Ansprüche des Unternehmens bilden eine einzigartige Identität, die
nach außen einen starken Wiedererkennungs- und Verstärkungseffekt hat.
Eine CI-Konzeption bezieht sich daher nicht nur auf eine Selbstdarstellung nach außen im
Sinne von Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit, sondern sie ist gekennzeichnet durch die
Koordination und Integration aller für die Unternehmung wichtigen kommunikativen und
handlungsaktiven Maßnahmen. Ziel ist die Profilierung des Unternehmens durch Verbesse-
rung und Stärkung seiner Identität und seines Images. Nur so wird keine aufgesetzte Werbung
für das Unternehmen gemacht, sondern das Qualitätsprogramm täglich umgesetzt und gelebt.
Ein Unternehmen ohne eine gute Selbstgestaltung durch eine sorgfältige Identitätsbildung hat
nicht nur kein Profil, sondern ist auch nicht in der Lage, wichtige Qualifikationen für seine
Kunden zu erbringen. Auch die veränderten Erwartungen und Ansprüche der Kunden können
nur professionell erfüllt werden, wenn das Unternehmen einen guten Identitätsfindungspro-
zess als Basis hat. Für diese Identitätsgestaltung braucht das Unternehmen die Bereitschaft
212 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?

und Offenheit der Mitarbeiter und ein Management, das mutig und vertrauensvoll seine Ma-
nagementaufgaben insgesamt anpackt und nicht nur eindimensionale und aktionistische Pro-
jektentscheidungen trifft für ausschließlich monetäre Erfolge.
Veränderungsmanagement soll helfen, diesen Übergang vom alten zum neuen Denken zu
ermöglichen, gerade, wenn bei der Umsetzung noch Unsicherheiten, Ängste, Widerstände
und Probleme auftauchen. Konflikte in dieser Form zu lösen und dabei das neue Denken
bewusst einzuüben, das ist unsere gemeinsame Aufgabe für die Zukunft, die jetzt und heute
beginnt. Das neue Denken kann nicht vorher fiktiv auf Seminaren erprobt werden, sondern
muss sich im alltäglichen Leben beweisen, um die alten verkrusteten Strukturen aufzubre-
chen. Erprobte und erfolgreiche Strategien und Methoden helfen, den schwierigen und kom-
plexen Veränderungsprozess transparenter und damit bewusster gestaltbar zu machen. Verän-
derungen sind nicht wie der Gordische Knoten unlösbare Probleme, sondern strategische und
konzeptionelle Denk- und Verhaltensweisen, die erlernbar sind. Veränderungen sind Lernpro-
zesse, die selbst gemanagt werden können. Ziel dabei ist nicht „wir können alles verändern“,
sondern „wir können viel selbst verändern“. Veränderungsmanagement hilft, diese Stärke als
Chance in sich selbst zu entdecken und bietet dazu die entsprechenden Vorgehensweisen und
Instrumente an. Veränderungen in konsequenten kleinen Schritten schaffen dabei Synergieef-
fekte für große Sprünge. Veränderungsmanagement umfasst folgenden Nutzen:
„ Herausführung und Anleitung,
„ Denkstrukturen und Orientierungsrahmen,
„ Bewusstseinsbildung und Sicherheit,
„ Strategien und Vorgehensweisen,
„ Methoden und Instrumente,
„ Erfolgreiche Erfahrungen.
Veränderungsmanagement hilft, dass Organisationen und Unternehmen ihre notwendigen
Veränderungen bewusst und professionell gestalten. Die Qualität der Veränderungen ist nicht
allein eine Frage der Um- oder Neugestaltung oder der Konzeptentwicklung, sondern letzt-
lich eine Frage, wie daraus ein Veränderungsprozess wird: Nur gute Prozesse schaffen gute
Ergebnisse. Inwieweit werden die Beteiligten in diesen Prozess mit einbezogen, um eine
Akzeptanz, Motivation und ein entsprechendes Bewusstsein zu schaffen, die notwendig sind,
um die Ergebnisse zu einer bewussten Veränderung zu machen und in ihrer Wirksamkeit zu
erhöhen? Entscheidend ist dabei die Frage, wie in diesem gemeinsamen Gestaltungsprozess
mit Verkrustungen und Verhinderern, mit Problemen und Konflikten umgegangen wird. Hier
beweist sich die eigentliche Verhaltensveränderung, die ein anderes Bewusstsein schafft und
sich damit zu einem selbstverantwortlichen Lernprozess entwickelt: Semper mutor – sich
ständig verändern und weiterentwickeln.
Zukunftsgestaltung 213

Veränderungsmanagement ist also nicht nur Gegenwartsgestaltung, sondern auch immer


gleichzeitig Zukunftsgestaltung: Zukunft nicht einfach auf sich zukommen lassen oder aktio-
nistisch und hektisch gestalten. Nur präventives und bewusstes Handeln schafft die Möglich-
keit, die Innovationen, Notwendigkeiten und Probleme zu bewältigen und gute Qualität zu
schaffen. Damit wir Zukunft bewusst gestalten können, brauchen wir als Grundlagen:
„ die Einstellung, dass wir uns in unserem Leben ständig weiterentwickeln und verändern –
es also keinen Stillstand gibt. Zukunft beginnt heute – wer Zukunft auf morgen verschiebt,
wird sie nie erreichen!
„ klare Visionen, Wünsche, Hoffnungen und Neugierde und Entdeckungs- und Wissens-
drang als motivierende Zielgrößen, die wir konkret angehen wollen.
„ die persönliche Kompetenz, Methoden, Strategien und Anleitungen, um diese Zielgrößen
erreichen zu können und sie konkret werden zu lassen.

Was heißt eigentlich „verändern”?


Etwas Neues entdecken oder etwas anders machen ist allein noch keine Veränderung: Ent-
scheidend ist das Bewusstsein bei der Veränderung. Wenn ich zu einer Veränderung gezwun-
gen werde, kämpfe ich dagegen an und werde bei der nächsten Gelegenheit wieder in die
alten Verhaltensweisen zurückfallen. Veränderung heißt auch nicht, dass immer mehr und
immer besser gearbeitet werden muss. Es gibt eben Grenzen der Verbesserung, und ein „Null-
Fehler-Programm” bleibt eine Fiktion. Die ständige Anspannung, Belastung und der dabei
auftretende Stress wären ja auch nicht von den Mitarbeitern auf Dauer auszuhalten und wür-
den eventuell sogar zum Kollaps führen können. Die Grenzen der Steigerung sind offensicht-
lich schon beim Turmbau zu Babel erkannt worden, obwohl viele Architekten und Manager
noch heute um jeden Meter kämpfen. Ist das Bewusstsein vergleichbar mit dem der Kinder
am Strand: Meine Burg ist größer als deine?
Wenn per Zufall andere Ergebnisse herauskommen, ist das keine Veränderung. Verändern
heißt doch den Willen zu haben, etwas zu verändern: „Ich mache das jetzt anders!” Das be-
wusste Angehen von alten Strukturen, Denk- und Verhaltensweisen gehört zum Verändern
immanent dazu und zeigt den eigentlichen Kern der Veränderung auf: Wie kann ich den Weg
der Veränderung gehen, um zu anderen Zielen zu kommen? Wie kann ich mit den dabei auf-
tretenden Problemen, Konflikten und Widerständen fertig werden, und welche Methoden und
Instrumente helfen mir dabei? Wir müssen lernen, mit diesen neuen Situationen fertig zu
werden, um die neuen Ziele zu erreichen. Veränderungsmanagement begleitet diesen Weg
und soll auch gerade in den schwierigen Phasen helfen, den Weg bis zum Ziel konsequent
weiterzugehen. Phasen der Konsolidierung und Ruhe helfen dabei aber genauso wie Motiva-
tions- und Frustrationsphasen: Sie kennen die Erkenntnis- und Veränderungsschübe nach dem
Urlaub! Veränderungsmanagement heißt Lernen lernen, um bewusst etwas zu verändern oder
neue Ziele zu erreichen – das ist ein ständiger zukunftsorientierter Lernprozess ...
214 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?

Veränderungsmanagement: Von der Unmöglichkeit einer


glaubhaften Veränderung, ohne sich selbst zu verändern

Verändern – aber wie?

Alle reden von Veränderungen, aber wie setzt man sie durch? Schon vor rund dreißig Jahren
schrieb der Verhaltenspsychologe Werner Correll, dass „Lernen, Weiterbildung, Schulung des
Verhaltens ... heute zu einer wichtigen Existenzbedingung für den Einzelnen und für die
Gemeinschaft und damit auch zu einem Politikum ersten Ranges geworden sind. ... Indessen
geht es nicht allein um eine Vermehrung und ständige Ergänzung des Wissens, sondern viel-
mehr um die Schulung der Fähigkeit, erworbenes Wissen in neuen Situationen, auf die man
sich noch gar nicht vorbereiten und einstellen kann, sinnvoll und schöpferisch anzuwenden.“
Sollte der „erwachsene berufstätige Mensch“ dazu nicht in der Lage sein, wird er als „obsolet
und damit fast unbrauchbar erscheinen.“
Heute sprechen wir schon von „lernender Organisation“, ja von „atmendem Unternehmen“
(VW), deren Mitarbeiter die Systeme flexibel agieren und reagieren lassen, um den Anforde-
rungen des Marktes gewachsen zu sein.
Letztendlich ist jedoch immer der Mensch, der einzelne Mitarbeiter gefordert, dem ständigen
Veränderungsprozess zu entsprechen, d. h. er muss fortdauernd lern- und veränderungsbereit
sein, denn Lernen ist nichts anderes als eine „Änderung des Verhaltens“.
Veränderungen erfahren wir im Arbeitsleben, wenn wir unsere Arbeitsleistungen erhöhen, die
Arbeitsstrukturen und die Arbeitsweisen anpassen müssen, um im harten Wettbewerb mithal-
ten zu können.
Veränderungen werden in unserer Gesellschaft gefordert, wenn der Einzelne wieder mehr
Selbstverantwortung übernehmen soll, ebenso national wie international, wenn wir den
Standort Deutschland halten und uns dem internationalen Wettbewerb stellen wollen. Verän-
derungen greifen in unseren persönlichen Bereich, sodass wir umdenken müssen in Bezug
auf Lebens- und Berufsplanung.
Aber wie gehen die Menschen damit um? Wie stellen sie sich auf die Lösung dieser vielfälti-
gen und anspruchsvollen Probleme ein. Lernen – und damit die Veränderung – hat nicht nur
eine intellektuelle, sondern auch eine affektive Seite. Wie kann das „Lernen lernen“ bewältigt
werden?
„Es muss sich dringend etwas ändern, bitte helfen Sie uns!“ – Dieser Satz, der noch etwas
unkonkret Missstimmung und Verunsicherung beschreibt, ist oft der Ausgangspunkt für eine
Beratung. Der gewünschte Berater bekommt nun den Auftrag, Analysen durchzuführen, neue
Konzepte zu präsentieren und Strategien für deren Umsetzung zu erarbeiten.
Veränderungsmanagement … 215

Soweit erscheint dieser Schritt alltäglich, sinnvoll, zeitgemäß. In der Erarbeitungs- und Prä-
sentationsphase sind alle Beteiligten hoffnungsvoll, optimistisch bis euphorisch. Oft scheint
es jedoch so, als sollte allein das Tätigwerden des Beraters die Veränderung bringen. Doch er
kann nur Veränderungen in Gang setzen, begründen, begleiten, und im Sinne Montessoris
allen Beteiligten helfen, es selbst zu tun. Schnell wird deutlich, dass es nicht genügt, sich für
ein neues Konzept zu entscheiden. Die Umsetzung der neuen Ansprüche und Erkenntnisse
erfordert ein entsprechendes Verhalten der beteiligten Personen, was letztlich nichts anderes
bedeutet, als eine Anpassung, Veränderung des bisherigen Verhaltens.

Grundelemente der Veränderung

Zehn Grundelemente der erfolgreichen Veränderung:


Was ist notwendig, damit ich gut entwickeln, lernen und verändern kann hin zum neuen Den-
ken? Welche Elemente dienen als Grundlagen, um erfolgreich zu verändern? Von diesen
Grundlagen sollten möglichst viele bei einer Veränderung vorliegen.
Einfachheit
Kurz, klar, verständlich, transparent, kleine Schritte, einfache Methoden.
Motivation
Akzeptanz, Stimulation, Anregungen, bedürfnisorientiert, Visionen, Formen.
Struktur
Gliederung, Ordnung, Übersichtlichkeit, Hervorhebungen, Konzept, Strategie.
Prägnanz
Wesentliches, Prioritäten, Ziele, Bereiche, Profilierungen, Besonderheiten.
Offenheit
Ausprobieren, kritik- und konfliktfähig, kein Null-Fehler-Programm, kooperativ.
Effizienz
Ergebnis- und handlungsorientiert, wirksam, Erfolge, Synergieeffekte, störungsfrei.
Identifikation
Beziehung, Nähe, persönliche Bindung, Selbstverantwortung, Engagement, Glaubwürdigkeit.
Reflexion
Controlling, Erfahrungen, Fehler, Bewusstmachung, Empfindungen.
Vernetzungen
Übertragen, Transfer, Bereiche gliedern und verbinden, ganzheitlich, integrativ.
Wiederholungen
Festigung, Mehrfachnutzung, Konsolidierung, Sicherheit.
216 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?

Etwas ändern, anders an die täglichen Herausforderungen und Arbeiten herangehen, kann so
schwer nicht sein? Kennen Sie auch Menschen, die mit guten Vorsätzen ins neue Jahr gehen,
die endlich mit einer vernünftigen Diät abnehmen wollen, die das Rauchen aufgeben wollen,
die endlich damit anfangen wollen, regelmäßig Sport zu treiben? Ein gutes Fitness-Studio ist
schnell gefunden, aber dann lässt der Terminkalender angeblich keine Zeit übrig, der innere
Schweinehund besitzt auch mehr Macht als erwartet ...
Neue Aufgaben und veränderte Anforderungen im Betrieb lassen sich auch nicht leichter
umsetzen als die relativ kleinen Vorsätze im privaten Bereich, im Gegenteil, die sozialen
Verflechtungen der Mitarbeiter und die Abhängigkeit der verschiedenen Abteilungen er-
schweren deren Umsetzung.
Diesem sehr sensiblen Punkt im Verlauf eines Veränderungsprozesses muss besondere Auf-
merksamkeit und viel Zeit gewidmet werden, denn die Menschen, die daran beteiligt sind,
haben ihr ganz spezielles Verhaltensrepertoire, das nicht einfach umprogrammiert werden
kann. Hier findet Lernen, also Verhaltensänderung statt (Abb. 30). Ein Lernprozess verläuft
nicht gleichförmig und gleichmäßig, sondern höchst individuell, und hängt von den Erfah-
rungen und Möglichkeiten des Einzelnen ab. Viele Menschen können nicht ohne Schwierig-
keiten an eine Veränderung herangehen, sondern sie entwickeln an diesem Punkt des Verän-
derungsprozesses Abwehrmechanismen: Killerphrasen anstelle von Argumenten, Ausreden
statt Stellungnahmen, Lamentieren statt Analysieren. War zunächst durch Druck und äußere
Notwendigkeit ein Veränderungsbewusstsein vorhanden, gerät die Veränderungsbereitschaft
zu einem Problem. Im Einzelfall wird eine Verbesserung durch strukturelle und grundsätzli-
che Veränderungen in Frage gestellt („Was bringt uns das?“ oder „Wer garantiert denn den
Erfolg?“). Jetzt treten die „Verhinderer“ in Aktion: Emotionen, Einstellungen, Strategien, die
die neue Herausforderung und Chancen abblocken und Mühe und Verunsicherung ersparen
sollen. Doch eine wirkliche Veränderung zwingt zum Loslassen alter Gewohnheiten, zum
Abbauen von Hürden und schließlich zur Akzeptanz des Neuen, sodass inhaltlich an den
Zielen gearbeitet werden kann. Jetzt erst können konkrete Maßnahmen zu ersten Versuchen
und Verbesserungen führen. „Verhinderer“ überwinden – Veränderungen beginnen!
Veränderungsmanagement … 217

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 30: Verhaltensveränderungskurve

Idealtypische Verhinderer

Zehn idealtypische Verhinderer, die einer erfolgreichen Veränderung entgegen stehen. Sie
liegen meistens als vernetzter Komplex vor und sind so nur schwer direkt aufzulösen, aufzu-
heben oder zu beseitigen.
218 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?

Beharrungsvermögen
Vielen Menschen fällt es schwer, Veränderungen hinzunehmen, weil sie zu sehr am Vertrau-
ten hängen, nicht offen und flexibel genug sind und nicht in Bewegung kommen. Manchmal
ist es ein krampfhaftes Festhalten an veralteten Strukturen.
Ruhebedürfnis
Manche Menschen wollen keine Unruhe oder Aufregung. Ihr oberstes Ziel heißt: Ich will
meine Ruhe und bloß keinen Stress haben! Veränderungen stören meine Ruhe.
Sicherheitsbedürfnis
Keine Experimente, keine Verunsicherungen! Diese Menschen suchen Sicherheit durch Ver-
trautes und Bekanntes – Veränderungen stören und verunsichern. Das Sicherheitsbedürfnis ist
als Grundbedürfnis stark ausgeprägt und sehr grundlegend.
Machtpositionen
Einmal erreichte Machtpositionen werden verteidigt, wenn sie durch Veränderungen ange-
griffen scheinen. Alle versuchen – offen oder verdeckt – persönliche Vorteile zu bekommen,
zu halten und nicht wieder abzugeben. Meist werden Konflikte als Sachauseinandersetzungen
geführt – dahinter stehen sehr oft Machtkämpfe.
Ängste
Fast alle Menschen haben für sich Defizite, die mehr oder weniger ausgeprägt und bewusst
sind. Aber jeder kennt seine Mängel und hat entsprechende Ängste. Auch diese Ängste vor
dem Eingestehen fachlicher und persönlicher Mängel verhindern Veränderungen. Es entste-
hen Ängste, ob man die Veränderung tragen und aushalten kann.
Unglaubwürdigkeit
Aus Angst, Unsicherheit und mangelndem Verantwortungsbewusstsein wird oft versucht,
Fehler zu vertuschen oder zu verstecken. Lieber nichts offen zeigen, es könnte verkehrt sein!
Dies bedeutet, nicht zu seinen Taten zu stehen, Reden und Tun nicht glaubwürdig miteinan-
der zu verbinden. Lieber keine Veränderungen, sie könnten die Fehler aufdecken, sodass man
sich glaubwürdig darstellen muss.
Kritikunfähigkeit
Viele Menschen können nur schwer Konflikte und Kritik aushalten, sie können damit nicht
umgehen. Sie sind für sie belastend, störend und manchmal nicht lösbar. Veränderungen
bringen Konflikte und häufig auch Kritik mit sich. In der Folge müssen negative Gefühle
ausgehalten und verarbeitet werden. Dadurch werden Veränderungen von vielen Menschen
auch als sehr belastend und bedrohend angesehen.
Distanzverhalten
Die Arbeit in einem Betrieb zwingt dazu, sich täglich über mehrere Stunden mit Menschen zu
arrangieren, mit denen man sich mehr oder weniger gut versteht. Jeder hat hier seine eigene
Strategie, sich eine private oder persönliche Sphäre, seine Nische oder eine Art Rückzugs-
möglichkeit zu schaffen, um damit fertig zu werden. Nähe kann von vielen Menschen nur
sehr schlecht ertragen werden, daher entwickeln sie ein mehr oder weniger ausgeprägtes
Distanzverhalten. Durch Veränderungen müssen die Distanzen neu bestimmt werden, bzw.
Veränderungsmanagement … 219

die Veränderungen verschieben die geschaffenen Distanzen und gefährden auch private Ni-
schen – also lieber keine Veränderung, die mich bedrängt und einbezieht und mich aus mei-
ner privaten Höhle herausholt!
Verantwortungslosigkeit
Lieber nicht persönlich Stellung beziehen, sich eher neutral bis gleichgültig verhalten und
sich schon gar nicht selbstverantwortlich zeigen! Wer weiß, welche Folgen das für mich hat.
Lieber anderen die Schuld und damit auch die Verantwortung zuschieben. Das ist doch nicht
meine Sache! So können Veränderungen nicht erreicht werden. Das Abschieben auf andere
Beteiligte ist zwar einfach, schafft aber keine erfolgreichen Verbesserungen und ist verant-
wortungslos.
Vertrauenslosigkeit
Entscheidet sich jemand für einen Arbeitsplatz, geht er eine Bindung ein. Diese gibt ihm
Orientierung und Sicherheit und setzt gleichzeitig Vertrauen und Konsensfähigkeit vo-raus.
Die Identifikation mit dem Betrieb, in dem man arbeitet, stellt eine Bindung dar, die durch
Vertrauen und Zutrauen gehalten wird. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass ein Mitarbeiter
eine positive Einstellung entwickelt und sich entsprechend leistungsstark einsetzt. Ist diese
Vertrauensbasis gestört, liegt fehlendes Vertrauen evtl. schon in der Persönlichkeit des Ein-
zelnen begründet, werden Veränderungen nur schwer akzeptiert.

Ein Veränderungsprozess verlangt auch Risikobereitschaft, da das vorher umrissene Ziel im


Ergebnis auch anders ausfallen kann, variiert oder neu bestimmt werden muss. Hier wird
Vertrauen von beiden Seiten zur Grundlage für Veränderungen. Wer sich nicht vertrauen
kann, kann auch kein Vertrauen anderen gegenüber aufbauen ...

Konfliktmanagement:
Auseinandersetzung mit Konflikten und Krisen als Chance.

Immer wieder kommt es vor, dass Probleme bestehen bleiben, obwohl wir uns um Lösungen
bemühen. Ein Konflikt (Komplex) ist im Gegensatz zum Problem (fachlich/sachlich) immer
mit Emotionen beladen. Dies verursacht Unwohlseinsgefühle wie Unsicherheit, Angst oder
Wut gegenüber anderen Personen bis hin zu leichteren Beschwerden ( ... wenn ich daran
denke, wird mir schlecht ...) oder auch stärkeren körperlichen Beschwerden und sogar psy-
chosomatischen Erkrankungen ( ...diese Person macht mich ganz krank!).
Zu einem Konflikt gehören meistens zwei Positionen. Es können die in uns widerstreitenden
Interessen oder auch Wertvorstellungen sein, das ist dann ein Konflikt, den wir mit uns selbst
haben (Intra-Rollenkonflikt):
Ich muss eine bestimmte Aufgabe erledigen und habe jetzt die Zeit dazu – ich bin aber total
abgespannt und würde mir lieber eine Ruhepause gönnen.
220 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?

Oder wir haben es mit einem Konflikt mit einer anderen Person oder Rollen zu tun, also
wenn unterschiedliche Interessen aufeinanderprallen (Inter-Rollenkonflikt).
Konflikte belasten das Zusammenleben und können auf Dauer nicht – ohne weiteren Schaden
zu verursachen – unter den Teppich gekehrt werden. Es gibt nur eine Möglichkeit und dies ist
zugleich die Beste: Sie müssen ran und den Konflikt lösen! Nicht gelöste Konflikte belasten
– gelöste Konflikte stärken und sind eine Chance zur Verbesserung.
Die folgenden Schritte sollen Ihnen dabei helfen. Vieles lässt sich übertragen auf Konfliktge-
spräche. Vielleicht versuchen Sie zunächst einmal, Ihre Fähigkeiten selbst einzuschätzen
(Abb. 31 und 32):

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 31: Konfliktmühle – Analysemodell zur Bewusstmachung
Veränderungsmanagement … 221

1. Schritt: Konfliktwahrnehmung
Worum handelt es sich? Erlebe ich die belastenden Emotionen, oder ist es nur ein Problem,
das sich ganz sachlich lösen lässt?
Beispiel 1: Wir waren für Freitag verabredet. Sie können nun doch nicht? Welchen Termin
schlagen Sie stattdessen vor?
Beispiel 2: Wir waren für Freitag verabredet. Sie können nun doch nicht? Wissen Sie nicht,
wie wichtig mir dieser Termin war? Sie können doch nicht einfach Termine doppelt belegen!
Sie meinen wohl, ich hätte nichts anderes zu tun? Schade, dass Sie mich wie Luft behandeln!
Es geht bei diesen einfachen Beispielen um dieselbe Sache: Eine Terminkollision, die immer
wieder einmal vorkommt, aber wir sehen, wie unterschiedlich das Gespräch verlaufen kann
und in welchem Fall eine schnelle, unbeschwerte Lösung möglich ist. Im anderen Fall wird
aus dem Sachproblem der Terminkollision ein Konflikt durch ein paar Sätze, die „sitzen“. Es
schwingt eben viel mehr mit in diesen Sätzen, als die reine Sachinformation. Vorwürfe, Un-
terstellungen, Sie kennen so etwas. Gut ist es zu unterscheiden, worum es bei einem Konflikt
geht.

2. Schritt: Konfliktarten erkennen


Um einen Konflikt gut bearbeiten zu können, muss ich wissen, um was für einen Konflikt es
sich handelt, worum es eigentlich geht. Was will mein Gegenüber? Was will mir mein Ge-
genüber mit dem Satz: „ Sie meinen wohl, ich hätte nichts anderes zu tun?“ noch alles sagen
außer: „Ich habe sehr viele Termine wahrzunehmen“. Was ist ihm so wichtig, dass er keine
Ruhe gibt?
Dieser „dicke Brocken“ lässt sich nicht ohne weiteres aus dem Weg räumen und muss des-
halb zerkleinert werden. Er muss gewissermaßen durch die Mühle gedreht und in seine Ein-
zelteile zerlegt werden, damit die Einzelaspekte des Konfliktes besser zu Tage treten und
behandelt werden können. Verschiedene Elemente können dabei helfen.
Klassische Konfliktarten sind der:
„ Zielkonflikt – haben wir gleiche oder unterschiedliche Ziele?
„ Strategiekonflikt – gehen wir denselben Weg?
„ Beurteilungskonflikt – sind wir gemeinsam dieser Meinung/schätzen wir das anders ein?
„ Bewertungskonflikt – ist es für Sie so wichtig, wie für mich/haben wir die gleichen Werte
und Vorstellungen?
„ Verteilungskonflikt – ich möchte aber mehr, als Sie mir zugestehen!
„ Zuständigkeitskonflikt – das fällt aber in meinen Kompetenzbereich!
„ Beziehungskonflikt – mögen Sie mich etwa nicht?
222 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?

Es gibt die drei Haupttypen:


„ den Situationskonflikt,
„ den konstruktiven und den
„ destruktiven Konflikt sowie
die Untertypen mit unbewussten, verdeckten, offenen, scheinbaren, bewussten, unterschätz-
ten oder überschätzten Konflikten.
Je nach Konfliktart geht es um etwas Unterschiedliches, und es muss dementsprechend unter-
schiedlich reagiert werden. Wenn wir herausgefunden haben, ob es sich eher um einen Ziel –
oder einen Beurteilungskonflikt handelt, dann können wir auch mit den entsprechenden
Maßnahmen gegensteuern. Gut ist es, sehr genau hinzuhören.
Watzlawick führt aus, dass es in der menschlichen Kommunikation einen Inhalts- und einen
Beziehungsaspekt gibt. In unserem Beispiel ist der Inhaltsaspekt der Termin, den wir gemein-
sam vereinbart haben. Der passt mir aber nicht mehr, weil etwas noch Wichtigeres oder Drin-
genderes an seine Stelle getreten ist (auf der Beziehungsebene wird also die Entscheidung
gefällt).
Rechnen Sie während eines Veränderungsprozesses immer mit diesen „Verhinderern“, stellen
Sie sich darauf ein. Beobachten Sie, welche auch in Ihnen wirksam werden, und wie Ihre
Mitarbeiter reagieren. Begegnen Sie ihnen mit Geduld und Ernsthaftigkeit und überwinden
Sie sie sachlich, ohne Schuldzuweisungen und Abqualifizierung.
Im Folgenden werden zehn Schritte für einen erfolgreichen Veränderungsprozess aufgestellt.
Rechnen Sie in jedem der zehn Schritte mit dem Auftreten der „Verhinderer“, und lassen Sie
zu, dass diese ihren Raum brauchen, um überwunden zu werden. Umso verbindender und
glaubwürdiger werden die Veränderungen ihre Wirkung entfalten. Kürzlich las ich eine An-
merkung über die Freiheit. Dass ihr Wesen darin bestehe, dass ihre Natur nicht gegeben ist,
sondern dass ihre Funktion darin liege, etwas anderes zu werden, als sie in jedem gegebenen
Moment ist. Sie ist die Möglichkeit zur Entwicklung.
In einem Veränderungsprozess liegen große Möglichkeiten und Chancen. Nutzen und geben
auch Sie die Freiheit, die Möglichkeit zur Entwicklung. Lösen Sie sich von der Vorstellung,
Veränderungen seien belastende Pflichtübungen, Notwendigkeiten, um formalen Ansprüchen
gerecht zu werden. Sie bieten Ihnen, Ihrem Team oder Ihrer Belegschaft die Möglichkeit,
individuelle Fähigkeiten und spezifische Vorstellungen einzubringen und zu verarbeiten, um
sich dann in einem überzeugenden Profil darzustellen.
Veränderungsmanagement … 223

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 32: Konfliktmanagement

Veränderungsprozesse

Veränderungsprozesse gelingen in zehn Schritten besser mit:


1. Akzeptanz: Anlässe machen uns auf die Veränderung aufmerksam, schaffen das Verände-
rungsbewusstsein durch die Notwendigkeiten und den möglichen Nutzen. Vom sicheren
Polster zur Veränderung. Krisen sind Veränderungsdruck, aber auch Chancen zur Verbes-
serung!
2. Beteiligung: Mit einem Partner, Coach, in der Gruppe oder im Team erfahren wir Unter-
stützungen durch andere Personen. Wechselbeziehungen und Auseinandersetzungen mit
anderen verdeutlichen den eigenen Standpunkt.
3. Umdenken: Durch das Erkunden des Umfeldes erfahren wir unsere Stärken und Schwä-
chen als Ist-Analyse, können Ursachen und Alternativen erforschen und schaffen ein ent-
sprechendes Bewusstsein, um Fallen und Verhinderer bzw. Blockaden zu erkennen und
auch erste Lösungsansätze. Das „Herumdenken“ ist Vorbereitung zum Umdenken!
224 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?

4. einer Strategie: Veränderungen brauchen einen Fahrplan, eine Vorgehensweise. Eine


möglichst einfache und bewusste Strategie hilft, bei Veränderungsproblemen im Verände-
rungsprozess zu bleiben. Die erfolgreiche AMC-Strategie zeigt die einzelnen Schritte auf:
Soll-Ist-Analysen, Methoden, Maßnahmen, Maßnahmenkonzepte und Controlling.
5. einer Zielsetzung: Ohne Zielsetzung verläuft man sich, und ein Controlling ist nicht mög-
lich. Ziele sollten aber realistisch sein und keine Wunschträume. Nur klare strate-gische
und operationale Ziele helfen bei der Veränderung. Sie bündeln alle Ressourcen auf die-
sen Punkt und ermöglichen so eher die Zielerreichung.
6. Methoden: Sie sind notwendige Instrumente für den Veränderungsprozess. Durch den
Einsatz und das Ausprobieren der Methoden und Regeln schaffen Sie erste Anleitungen
und auch eigene Erfahrungen. Wenn Sie für jeden Schritt eine entsprechende Methode
haben, können Sie sicherer zu echten Veränderungen kommen.
7. Handeln: Suchen Sie im Rahmen Ihrer AMC-Strategie entsprechende Methoden, um sie
in kleinen, aber konsequenten Schritten auszuprobieren und zu handeln. Probieren Sie
auch Alternativen, um alte Strukturen und Erfahrungen loszulassen. Entlasten Sie sich
von Altem und Belastendem, entspannen Sie durch Pausen und Urlaub und klare Tren-
nungen von Altem und Neuem, von Beruf und Privatleben. Erleben ist dann der dritte
Schritt. Er umfasst die neuen Empfindungen und Erfahrungen und diese sollten auch ge-
nossen und damit bewusst gefestigt werden.
8. einer Chaos-Phase: Jede echte Veränderung wird nicht einfach verlaufen, sondern erst
einmal in Chaos und Unsicherheit münden. In der Umsetzung kommen Probleme und
Krisen und wollen den Erfolg einer Veränderung verhindern (Festhalten an alten Struktu-
ren!). Das bewusste Durchleben der Chaosphase ist das Herausfiltern der Veränderungs-
elemente. Hier geht es um konsequentes Handeln, um Selbstdisziplin, um Lernprozesse
und letztlich um die Glaubwürdigkeit der Person, ob sie wirklich die Ziele erreichen will.
9. Controlling: Durch einen Ist-Soll-Vergleich können wir über unsere Erfahrungen reflek-
tieren, aus Fehlern lernen, erste Ergebnisse festhalten, einüben und bestärken, und damit
das Neue bewusst machen. Was haben Sie verändert und damit tatsächlich verbessert?
Was haben Sie dabei über sich und die anderen Beteiligten gelernt? Wie ist es Ihnen dabei
ergangen?
10. einer Verfestigung der neu erreichten Veränderungen: Bauen Sie die neuen Erfahrungen
in Ihre Rahmenstrukturen fest ein (Integration), damit sie nicht verloren gehen, sondern
sich erfolgreich auswirken können. Implementieren Sie das Gelernte in Ihren bisherigen
Strukturen, übernehmen und übertragen Sie die Veränderungen. Machen Sie sich das
Umdenken bewusst! Vielleicht können Ihre Erfahrungen auch verallgemeinert und auf
andere Bereiche übertragen werden – als Richtlinien, als Regeln oder als permanente
Lernprozesse. Wie können Sie daraus kontinuierliche Veränderungsprozesse machen – ei-
ne lernende Organisation entwickeln? Wer aufhört sich zu verändern, hört auf zu leben!
Veränderungsmanagement … 225

Veränderungen sind sehr komplex –


sie brauchen deswegen einfache Strukturen

Am Anfang sind die Situationen und das Verhalten in Ordnung, man fühlt sich wohl und
sicher und denkt auch nicht an Veränderungen. Das Gesamtsystem ist in der Balance und es
gibt keine Anlässe dafür, es zu verlassen. Sobald aber solche Anlässe, Auslöser und Ursachen
für Veränderungen vorhanden sind, entsteht der Veränderungsdruck und auch der Wille zur
Veränderung: Ich muss, ich will, ich kann! Automatisch, gleichzeitig und unabdingbar be-
kommen wir dann aber auch die Angst: Verunsicherung, Unsicherheit, Angstgefühle, Defizite
und Schwächen in Bezug auf die Veränderungsmöglichkeiten, Fragen über Folgen, Konse-
quenzen und Auswirkungen usw. Gerade in dieser Zeit des Umdenkens und Neuanfangs sind
Veränderungskonzepte, Veränderungsstrategien, Veränderungsmethoden und Richtlinien als
„Krücken oder Gehhilfen“ notwendig, um die ersten neuen Schritte besser machen zu kön-
nen. Es sind notwendige Orientierungshilfen und Anleitungen, um ein neues Verhalten pro-
bieren und lernen zu können und dabei nicht zu große Fehler zu machen und zu große Ängste
haben zu müssen. „Angstwegnehmer“, Orientierungshilfen, Motivatoren und Lernanleitun-
gen, um sich aus dem alten Denken lösen und neue Wege, Wege der Veränderung, gehen zu
können. Für diese wichtige und schwierige Entscheidungssituation sind solche Instrumente
gut – später aber wieder überflüssig. Durch das Probieren neuer Wege mit „Gehhilfen“ be-
kommen wir erste eigene Erfahrungen in Bezug auf konkrete Verhaltensveränderungen und
Bewusstseinsveränderung. Diese Erfahrungen bauen die Ängste und Unsicherheiten ab und
schaffen wieder erste Sicherheiten, sodass jetzt die Methoden und Richtlinien weniger nötig
sind. Ein starres Festhalten an diesen Regeln würde der Weiterentwicklung entgegenstehen.
Die eigentliche Qualitätsentwicklung und das flexible Reagieren auf unterschiedliche neue
Situationen brauchen eigene Einschätzungen und Entscheidungen, die auf eigene Erfahrun-
gen zurückgehen. In dieser Phase der Veränderung geht es um Festigung der neu erlernten
Verhaltensweisen, Einstellungen und neuen Erfahrungen und Kompetenzen, die dann auch
wachgehalten werden müssen durch Schulungen und „Training on the Job“ und aktuell ab-
rufbar sein müssen. Bei diesem „Einschleifen und Festigen“ kommt die neue Kompetenz zum
Tragen und schafft wieder wie früher Sicherheit und Wohlgefühl und damit auch gute Ergeb-
nisse. Durch Innovationen kann diese Situation ausgebaut und ergänzt werden – bis dann die
Veränderung wieder neu beginnt: Da capo – von vorn. Wir brauchen die Loslösung aus star-
ren Regeln und brauchen auch unbedingt eigene Erfahrungen, um die Qualität weiterzuent-
wickeln („ohne Krücken besser laufen zu können“) und um besser auf neue Situationen rea-
gieren zu können. Meister ihrer Branche brauchen keine Regeln mehr – sie handeln auf
Grund ihrer Erfahrungen und entwickeln selbst neue Regeln. Vertrauen Sie jetzt lieber Ihrem
Gefühl und Ihren empathischen und emotionalen Entscheidungen und nicht den alten Lernre-
geln. Innovationen und Weiterentwicklungen wären sonst ja auch nicht möglich. Abweichend
von den Regeln müssen Sie reagieren, bei Ungewöhnlichkeiten, Auffälligkeiten und Störun-
gen, die aufzeigen, dass nicht die gewohnte Situation vorliegt. Hier ist schnelles Umdenken
und ein „neues Regelwerk“ gefordert: Regeln für gewöhnliche Situationen helfen jetzt nicht
mehr – eigene und neue Regeln sind nötig – neue Veränderungen!
226 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?

„Wenn der Wind des Wandels weht,


bauen die einen Mauern, die anderen Windmühlen.“
[Chinesisches Sprichwort]

Stressmanagement:
Stress ist selbstgemacht! Stressmanagement beginnt bei mir

Die Menschen sind nicht gestresst durch die Wirklichkeit, sondern nur durch ihre Vorstellung,
wie sie glauben, dass es sei.
„Keine Zeit!”, „Das schaffen wir nicht mehr!”, „Ich weiß gar nicht, was ich sonst noch alles
machen soll!”, „Hier tanzt der Papst im Kettenhemd!”, „Bei uns brennt die Luft!” Überall
landauf – landein – „Land unter!” Überall die gleichen Klagen: Wie soll es weitergehen und
wie lange noch? Blinder Aktionismus ohne Perspektiven, Ziele und Konzepte – Sisyphos pur!
Jeden Tag den Stein neu unter Mühen nach oben rollen, in der Gewissheit, dass er, wenn er
oben ist, sofort wieder herunterrollt. Wer bin ich, wo bin ich, was bin ich? Stress ist der un-
vermeidliche Preis für umfassende Veränderungen und Lebens- und Denkweisen mit hohen
Erwartungen. Er macht krank und zerstört unsere Lebensgrundlagen: Bluthochdruck, Magen-
beschwerden, Depression und Erschöpfung ... Aber wir sind dem Stress nicht hilflos ausgelie-
fert. Wir müssen lernen, den Stress als Chance für eine notwendige Veränderung zu sehen
und durch entsprechende Strategien damit umzugehen. Die Realität ist nicht Stress; Stress ist
nur in unserer Vorstellung, in unserer Schwierigkeit, sich den Bedingungen anzupassen:
Stress ist selbstgemacht ...

Ich brauche Stress


Ich brauche den Stress. Ohne Stress wäre ich weniger wichtig, würde weniger wahrgenom-
men werden und mich selbst darstellen können, könnte mich weniger rausreden, dass ich faul
bin, undiszipliniert Zusagen nicht einhalte und mich verantwortungslos (aus mir unwichtigen
Dingen) heraushalte. Ohne Stress hätte ich richtig Stress. So kann ich jammern, finde wieder-
erkennendes Verständnis und bekomme sogar Unterstützung. Je größer der Stress, desto
wichtiger bin ich.
Ich brauche den Stress. Ohne Stress komme ich nicht richtig zum Arbeiten. Ich muss erst in
der richtigen Arbeitsatmosphäre sein, damit ich gut denken kann – ich brauche den Druck,
sonst werde ich nicht fertig. Ich fühle mich in Stresssituationen richtig wohl – es läuft so
richtig ab! Je größer der Stress, desto besser kann ich arbeiten.
Ich brauche den Stress. Ohne Stress würde ich nicht rechtzeitig gewarnt, dass ich die Anfor-
derungen an mich nicht mehr ertragen kann. Es ist eine Alarmreaktion, die mir hilft, rechtzei-
tig die mich erdrückenden Faktoren zu stoppen. Wenn ich ohne den Stress so weiterleben
würde, würde ich nicht mehr weiterleben können, sondern zerstören. Der Stress stoppt fal-
sche und schlechte Entwicklungen. Je größer der Stress, desto mehr hilft er mir bei notwendi-
gen Veränderungen.
Veränderungsmanagement … 227

Stress ist da – wir müssen lernen, damit umzugehen


Stress ist für einige erdrückend und für andere wichtig. Stress ist ein Modewort, eine Ausrede
und andererseits eine notwendige und gute Situation. Es gibt guten und schlechten Stress. Wir
müssen lernen, mit unserem Stress bewusst umzugehen. Das Ziel ist nicht, keinen Stress zu
haben – das Ziel ist, mit dem Stress aktiv und bewusst umgehen zu können. Stressmanage-
ment muss also sehr individuell sein und auch gerade diesen sehr unterschiedlichen Span-
nungsbogen aufzunehmen. Was einige als Stress empfinden, ist für andere eine gute Situation
– Stress wird sehr unterschiedlich wahrgenommen und kann ganz anders wirken. Entschei-
dend ist nicht die reale Situation, sondern entscheidend ist die persönliche Wahrnehmung,
Einschätzung und der bewusste Umgang damit. Wenn einer an Stress leidet, leidet er nicht an
wirklichen Bedingungen, sondern an den Vorstellungen davon.
In einer Zeit der Beschleunigung, der permanenten Veränderung, der Krisen und der gestie-
genen Ansprüche mit weniger Ressourcen ist Stress die normale Folgewirkung. Wir müssen
uns auf neue Situationen einstellen und selbst umstellen, umdenken und neue Denk- und
Verhaltensstrukturen erlernen. In dieser Zeit der Unsicherheit wünschten wir uns vielleicht
die „alten Zeiten” zurück, aber wir können nur erfolgreich sein, wenn wir lernen, uns auf
diese Bedingungen der Zukunft einzustellen – und dazu gehört auch der erhöhte Stresspegel.
Wir haben nur eine Chance: Wir müssen lernen, mit diesem Stress aktiv gestaltend umzuge-
hen.
Ängste, Unsicherheiten, Unzufriedenheiten und Stresssituationen – bis hin zu ausweglos
erscheinenden Situationen und Konflikten – prägen die allgemeine Stimmung in Wirtschaft
und Gesellschaft. Man fühlt sich überlastet, überfordert und sieht auch keinen Ausweg und
keine Chance zur positiven Veränderung. Wie soll man das nur aushalten? Erste körperliche
Anzeichen oder gar Zusammenbrüche zeigen als Alarmzeichen: Das Ende der Fahnenstange
ist erreicht!
Ist man dieser Belastung und diesem Stress hilflos ausgeliefert? Besonders, wenn man ja
doch weiß, dass die Empfänglichkeit für Stressbelastung bis zu 80 Prozent durch das Erbgut
vorbestimmt ist, ist es schwer zu glauben, dass Forschungsergebnisse und Langzeiterfahrun-
gen aufzeigen, dass man seine Lebensqualität durchaus spürbar verbessern kann: Jeder kann
lernen, seine Wahrnehmungen, Denkweisen, Bewertungen und Verhaltensweisen zu verän-
dern. Wir müssen lernen, die Tatsachen, die wir nicht verändern können, anders wahrzuneh-
men und anders zu bewerten.

Um-Denken: Zehn Regeln zum Stressabbau

Lernen Sie das „Um-Denken” in kleinen Schritten. Versuchen Sie, bevor ein Stressauslöser
die Stressbelastungen hervorruft, bei sich selbst einen „Antistressschalter” umzulegen, um
damit aus Ihren alten Stressstrukturen herauszukommen. Versuchen Sie mit Hilfe von einfa-
chen Regeln, mit dem neuen Denken anzufangen, um damit den Stress zu stoppen. Lernen
Sie das „Um-Denken”! Diese Regeln können vielleicht helfen, den Stress zu verringern oder
228 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?

gar nicht aufkommen zu lassen. Stress ist Anzeiger für eine notwendige Verhaltensänderung –
die Regeln sind dafür eine Hilfestellung. Sie können sich auf eine Regel eine Woche lang
konzentrieren und dann eine zweite dazu nehmen usw. Finden Sie aus diesem Angebot die für
Sie zutreffenden und wichtigen Punkte heraus und stellen Sie sich so ein persönliches Anti-
Stresskonzept zusammen mit ca. fünf bis sieben Regeln, die Sie Woche für Woche ergänzt
und weiterentwickelt haben. Durch dieses Entwicklungstraining lernen Sie das „Um-
Denken”. Das Selbsttraining kann durch gemeinsame Beratungen und Besprechungen noch
verstärkt werden: Reden Sie mit anderen Personen über Ihre Regeln, den Gebrauch und Ihre
Erfahrungen. Diese Bewusstmachung erhöht die Erfolgschancen.
Für die Verhaltensveränderung hier noch ein paar Strategietipps, die aufbauend und unterstüt-
zend den Trainingserfolg verstärken:
1. Planen Sie schriftlich
Wenn Sie kein klares Ziel vor Augen haben, verlaufen und verzetteln Sie sich. Schreiben Sie
Ihr Ziel und Ihre Richtlinie, die Sie sich vornehmen wollen, an einem sichtbaren Ort auf
(Karte auf dem Schreibtisch, in den Planer usw.). Das wird erinnern, auffordern, konzentrie-
ren und kontrollieren.
2. Entwickeln Sie Gewohnheiten
Wenn Sie Gewohnheiten entwickeln wollen, geht das am ehesten durch Regelmäßigkeiten.
Versuchen Sie Ihr neues Verhalten möglichst zu festen und gleichen Zeiten, das „läuft auto-
matisch” ab und hilft eher, die Widerstände zu überbrücken. Machen Sie aus den festen Zei-
ten ein festes Ritual, eine Tradition! Wenn Verhaltensverbesserungen nicht nur zufällig und
einmalig, sondern nachhaltig und erfolgreich sein sollen, machen Sie aus den neuen Aktio-
nen, Maßnahmen und Handlungen eine Ordnung oder ein Konzept, damit daraus eine Ge-
wohnheit wird. Erst wenn Sie, wie beim Autofahren, lernen, das neue Verhaltensprogramm
über ca. 30 Tage konsequent einzuüben, „sitzt” das neu erlernte Verhalten, sodass es dann
„automatisch” passiert. Lernen Sie das „Schalten” wie in der Fahrschule. Schalten Sie über
einen Monat Ihren Stress bewusst ab, damit es dann automatisch läuft und zur Gewohnheit
wird. Neues erlernt man durch konsequentes Üben!
3. Gehen Sie in kleinen Schritten
Wenn Sie etwas Neues probieren, machen Sie es sehr vorsichtig und in kleinen Lernschritten,
die Sie dann je nach Lernerfolg langsam steigern können. Übernehmen Sie sich nicht, wenn
Sie schwierige Elemente, die Sie vielleicht sogar überfordern, gleich an den Anfang stellen.
Gönnen Sie sich auch die ersten Lernerfolge (an kleinen Beispielen, die Sie an den Anfang
stellen), um auf diese Motivation aufbauen zu können. Neues erlernt man durch kleine Schritte!
4. Suchen Sie Alternativen
Wenn ein Versuch zu scheitern droht oder sowieso nicht möglich ist, können Sie mit einer
echten Alternative sofort „ausweichen” und trotzdem Ihr Ziel erreichen. Außerdem werden
Sie dadurch flexibler und auch sicherer und entspannter, wenn Sie sich nicht nur „durchquä-
len” müssen oder erfolglos in Ihrem Versuch sind. Planen Sie Alternativwege, um Ihr Ziel zu
erreichen!
Veränderungsmanagement … 229

5. Handeln Sie konsequent


Wenn Sie warten, bis Sie Lust haben, das Neue auszuprobieren, dann wird das eher selten
passieren. Spielen Sie in der Übungszeit „Roboter” und handeln Sie ganz konsequent, auch
ohne Lust. Ihre Gefühle können Sie nur schwer beeinflussen, doch handeln können Sie immer.
6. Belohnen Sie sich
Wenn Sie sich nicht den Nutzen und Ihre Vorteile klarmachen, wissen Sie nicht, warum Sie
sich so schinden und geben eher auf. Bauen Sie sich ein Push- und Pull-Modell auf. Schrei-
ben Sie auf, warum Sie sich verändern müssen (Notwendigkeiten als Push-Faktoren, die
drücken) und welchen Nutzen und welche Vorteile Sie haben, wenn Sie sich verändern (Nut-
zen als Pull-Faktoren, die ziehen). Diese Auflistung sollten Sie so aufhängen, dass Sie sie
sehen können – das motiviert. Darüber hinaus ist es sinnvoll, sich für einzelne erfolgreich
durchgeführte neue Aktionen und Handlungen zu belohnen. Geben Sie sich etwas, gönnen
Sie sich etwas und genießen Sie, wenn Sie „es geschafft haben” – oder eben nicht, wenn Sie
es nicht gemacht haben!
7. Wählen Sie sich ein Motto
Wenn Sie in schwierigen Zeiten einen Leitspruch haben, der Ihnen über die Hürden hinweg-
helfen kann, sollten Sie einfache „Kalendersprüche” sammeln. Dahinter steckt meistens eine
Lernerfahrung und dahinter ein Problem, das erfolgreich gelöst wurde. Lernen Sie aus diesen
Leitsprüchen, „motivierende Helfer” zu machen, um auch selbst lernen zu können und nicht
nachzulassen.
8. Suchen Sie sich Vorbilder
Wenn Sie lernen wollen, lernen Sie von anderen. Suchen Sie sich Vorbilder, die Sie anspre-
chen und „ausfragen”, wie sie das schaffen. Suchen Sie nach Methoden und Unterstützungen,
um an Ihren Problemen zu arbeiten, indem Sie von anderen und ihren Stärken bezüglich
solcher Problemlösungen lernen. Der Vergleich mit den Besten ist Benchmarking und in der
Wirtschaft sehr erfolgreich: Durch den Vergleich zu anderen lernen, besser zu werden.
9. Erhöhen Sie den Druck
Wenn Sie mit allen positiven Verstärkern nicht vorankommen, denken Sie einmal negativ.
Veränderungen – besonders die verkrusteter Strukturen – brauchen Leidensdruck. Setzen Sie
sich selbst unter Druck. Verabreden Sie sich mit wichtigen Personen, denen Sie Ihre Ziele
ganz konkret vorher mitgeteilt haben (Ich will in dieser Woche zwei Mal min. 30 Minuten
Sport machen!). Vielleicht können Sie sich zusammen verabreden, um es gemeinsam zu
machen? Lassen Sie sich „mitziehen”. Wenn Sie dann nicht zu Ihrer Zielsetzung stehen, wird
es peinlich, und das möchte doch jeder gern vermeiden. Machen Sie es also mit Partnern
gemeinsam und/oder regeln Sie das so, dass Sie beim nächsten Treffen darüber berichten
müssen.
Sie können sich auch konkrete Ziele setzen und nicht nur nach „Belohnungen”, sondern auch
nach „Bestrafungen” suchen. Wenn ich mein Ziel erreicht habe, kaufe ich mir für 100 Euro
eine „Belohnung”, ansonsten spende ich das Geld oder verschenke es!
230 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?

10. Gönnen Sie sich Auszeiten


Wenn Sie in einer schwierigen Zeit eine Veränderung angehen, wird sie nur schwer erfolg-
reich sein. Suchen Sie für den Beginn eine gute Zeit aus, um besser anfangen zu können.
Wenn Sie eine Auszeit brauchen, machen Sie ruhig eine bewusste Pause, um dann das Verän-
derungsprogramm möglichst bald wieder aufzunehmen. Wenn es zu schwer wird, sollten Sie
nicht verzweifeln, sondern daran denken, dass man nach einem Urlaub mit neuer Kraft viel
besser und schneller vorankommt und manchmal sogar die „verlorene Zeit” wieder heraus-
holt. Sie sollten sich nicht überfordern, sondern – entsprechend Ihren Zielen – in kleinen und
realistischen Veränderungsschritten vorangehen. Nur so finden Sie ihren eigenen Weg und
Ihre eigene neue Identität!

Stress-Abbau
Stress ist nicht normiert definierbar. Die gleichen Bedingungen für unterschiedliche Men-
schen erzeugen in manchen Fällen überhaupt keinen Stress, und für andere wiederum bedeu-
tet das Stress in Höchstform. Stress lässt sich nicht objektiv messen oder vergleichen, sondern
bleibt ein sehr persönliches Phänomen. Es ist eigentlich ein interdependentes Beziehungs-
problem als ein gravierendes Missverhältnis zwischen Person und Umwelt. Negative Auswir-
kungen hat der Stress nur dann, wenn man mit diesem Missverhältnis nicht umgehen kann.
Formen dieses Missverhältnisses treten in zwei Bereichen auf: im Leistungsbereich (Anfor-
derungen der Umwelt stimmen mit den Fähigkeiten der Person nicht überein) und im An-
spruchsbereich (Ansprüche und Wünsche der Person stimmen nicht mit den Befriedigungs-
möglichkeiten überein). Die unterschiedlichen Erscheinungsformen von Stress kommen von
der subjektiven und objektiven Wahrnehmung und der Einschätzung der Betroffenen. Der
gleiche Auslöser kann ganz unterschiedlich eingeschätzt und bewertet werden: Ein zusätzli-
ches Arbeitsprojekt kann zum Beispiel für den einen Mitarbeiter eine positive Abwechslung
und Herausforderung sein (Eustress – ein positiver Stress) und für den anderen Mitarbeiter
eine Belastung (Dysstress – ein negativer Stress), obwohl beide bezüglich dieser neuen Leis-
tungsanforderung nicht die richtige Kompetenz haben.
Zum Stress-Abbau ist es also wichtig, genau herauszufinden, wo Sie Ihre Stress-Schwächen
haben – wo Sie ein Missverhältnis zwischen Person und Umwelt als persönliche Belastung
empfinden. Je genauer Sie für sich Ihre Stress-Auslöser analysieren und formulieren können,
desto besser können Sie natürlich diesen Stress abbauen. Schreiben Sie für sich eine Liste
von Stress-Auslösern zusammen, die Sie in einem Monat gesammelt haben und versuchen
Sie daraus eine Prioritätenliste zu machen (die Top-Ten meiner Stress-Auslöser). Die Über-
sicht mit den Strategien des Stress-Managements können Sie dabei als Grundlage und Anre-
gung nehmen, um damit systematisch die einzelnen Möglichkeiten zu berücksichtigen. Letzt-
lich gibt es vier Bereiche, die beim Stress-Abbau angegangen werden könnten:
„ durch das Verbessern meiner Fähigkeiten (Kompetenz verbessern, Verhalten verändern
durch Schulungen, Training und Verhaltensveränderung),
„ durch das Verändern meiner Ansprüche und Wünsche (realistische Visionen, Ziele und
auch realistische Ansprüche an sich selbst und andere),
Veränderungsmanagement … 231

„ durch das Verändern der objektiven Anforderungen (keine Überforderungen, sondern klare
Zielabsprachen, Prioritäten finden und Zeitmanagement beachten),
„ durch das Verändern der objektiven Bedingungen (Veränderung der Bedingungen, beson-
ders dann, wenn die anderen Maßnahmen nicht zur Erleichterung oder Verbesserung ge-
holfen haben – sie sind meist grundlegende Entscheidungen).

Stress-Faktoren aktiv angehen


Nachdem Sie nun Ihre ersten persönlichen Analysen durchgeführt und Schwerpunkte bei
Ihren Stressfaktoren zusammengestellt haben (Prioritätenliste als Ihre Top-Ten), geht es dar-
um, den negativen Stress strategisch und konzeptionell anzugehen. In der Form einer Matrix
können Sie Ihre Stressfaktoren jetzt einsetzen und erste Handlungsschritte und Zielsetzungen
formulieren. Denken Sie dabei auch an mögliche Fallen und Alternativen. Je genauer Sie ein
solches Handlungskonzept für sich erarbeiten können, sogar mit Methoden, Instrumenten und
festen Terminen, desto erfolgreicher können Sie dem Stress begegnen. Gehen Sie systema-
tisch und in kleinen Schritten voran. Stress abbauen ist ein Lernprogramm:
1. Entspannung schaffen
Stress ist Anspannung – finden Sie Entspannung als einen Gegenpol zum Ausgleich! Alles
was der Entspannung dient, sollten Sie sich überlegen und zu Ihrem persönlichen Programm
zusammenstellen: schlafen, gesund essen und trinken, Musik hören, Entspannungstechniken,
Pausen, Sport treiben ...
2. Ursachen angehen
Finden Sie die Hauptverursacher heraus, die für Ihren Stress verantwortlich sind. Die Ar-
beitsvorbereitung und Arbeitsorganisation können sehr entlastend sein und zumeist auch
effektiver und effizienter, wenn sie einmal genau durchgeplant wurden. Hier sind noch viele
Verbesserungsmöglichkeiten und Stressabbaumöglichkeiten versteckt – ein Fundus, den Sie
nutzen sollten. Zeit- und Projektmanagement können dabei helfen, verschiedene Konzepte
sinnvoll miteinander zu verbinden.
3. Stress aktiv gestalten
Entwickeln Sie für sich ein persönliches Anti-Stress-Konzept, um dem Stress nicht einfach
ausgeliefert zu sein. Was können Sie wie und womit tun? Nehmen Sie den Stress nicht als
gegeben, sondern als selbst gestaltbar. Die Anleitungen sind Leitlinien, die Ihnen dabei helfen
könnten. Und wenn wirklich Stress angesagt ist, nehmen Sie das als Chance und Herausfor-
derung an, um vielleicht viel Arbeit loszuwerden oder auch, um viel oder Neues zu schaffen.
Stress hat auch positive Seiten, weil er manchmal hilft, in dieser Hochzeit erfolgreich die
anstehenden Anforderungen und Probleme anzugehen. Hinterher kann die Entspannungszeit
kommen (möglichst vorher fest mit einplanen).
4. Lernen mit Stress umzugehen
Wo brauchen Sie Stress und warum? Lernen Sie Stress als normal anzusehen, wie ein Kind,
das neu in seine Umwelt hineinwächst und lernen will und muss. Viele neue Erkenntnisse
und Erfahrungen würden wir nicht kennen lernen, wenn wir nicht bereit wären, den Stress auf
uns zu nehmen. Lernen Sie Stress auszuhalten, vielleicht sogar Spaß am Stress zu haben und
als zum Leben und Arbeiten notwendig anzusehen.
232 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?

Formulieren Sie Ihre Vision und leiten Sie dann entsprechende Grundsätze davon ab. Das ist
die Basis, von der aus Sie dann strategische und operationalisierte Ziele entwickeln können.
Klare Ziele mit konkreten Anzeigern und Zeiten ermöglichen die bessere Umsetzung mit den
einzelnen Maßnahmen und sind auch Grundlage für ein Controlling. Erst die genaue Zielfin-
dung schafft die erfolgreiche Veränderung! Zu allgemeine Ziele („Das muss besser werden!“)
helfen nicht weiter. Bauen Sie sich ein genaues Zielsystem auf, das hilft zuerst Ihrer Klarheit
und Ihrem Bewusstsein und letztlich natürlich auch der besseren Umsetzung und dem Cont-
rolling als Soll-Ist-Vergleich (erste Erfolge, die durch das Controlling bewusst werden, ver-
stärken den neuen Lernprozess dabei).
Auf der Suche nach der richtigen praktischen Umsetzung und den entsprechenden Maßnah-
men kann die Kraftfeld-Analyse helfen. Dabei werden mögliche Probleme und günstige
Verstärker mit eingebaut zu einem richtigen Aktionsplan. Dieser Aktionsplan ist nicht nur gut
für die Vorbereitung, sondern auch zur Begleitung der Umsetzung in die Praxis.
Je systematischer Sie vorgehen, desto weniger Fehler werden Sie machen. Aber es werden
noch genug Probleme und Verhinderer auftauchen, die Ihnen bei einem effektiven Stress-
Abbau noch entgegenstehen. Sie sind selbst für Ihren Stress verantwortlich – Sie können
Ihren Stress auch nur selbst so managen, dass er Sie nicht mehr erdrückt!

Selbstcontrolling als lernende Organisation

Was ist eigentlich Qualität?


Im Sinne von Konfuzius ist Qualität die subjektive Wahrnehmung dessen, was eigentlich sein
sollte – also die ganzheitliche Verbindung von Qualitätsstandards, subjektiven Einschätzun-
gen von innen und außen und dem Vergleich.
Qualität im konfuzianischen Sinne zu sehen, fällt uns Europäern eher schwer. Qualität muss
für uns messbar und überprüfbar sein. „Made in Germany“ und Qualitätszertifikate nach
DIN-Norm sollen helfen, Qualität zu erzeugen und nach außen zu dokumentieren. Doch wir
wissen alle, dass Qualität nicht nur einfach durch ein Zertifikat oder Qualitätsaudits geschaf-
fen wird, sondern durch die tägliche Umsetzung der entwickelten Qualitätsrichtlinien durch
die Mitarbeiter am Arbeitsplatz. Nur durch das Leben und Verhalten in diesem Sinne, sodass
die Abnehmer – die Kunden – das auch wirklich merken und empfinden, kann wirklich nach-
haltige Qualität gemacht werden. Also gehört die subjektive Wahrnehmung genauso mit zur
Qualität wie die objektiven Qualitätsstandards – sie sind Teile einer ganzheitlichen Qualität.
Wie Hermann Hesse sagt: „Unsere Bestimmung ist, die Gegensätze richtig zu erkennen;
erstens nämlich als Gegensätze, dann aber als Pole einer Einheit.“ Nur durch die Verbindung
dieser beiden Pole durch eine begeisternde Identität kann Qualität erlebbar werden. Nur
durch die Identifikation der Mitarbeiter und der Kunden wird Qualität überhaupt erst sichtbar
und wirksam.
Veränderungsmanagement … 233

Auf dem Wege zu einer lernenden Organisation


In Zeiten verkrusteter Strukturen, Handlungs- und Entscheidungsunfähigkeit, Krisen und
Zusammenbrüchen brauchen wir neue Denkstrukturen, Perspektiven und Möglichkeiten des
Handelns. Notwendig sind nicht „Inkompetenz-Kompensations-Kompetenzen“, sondern
vorbildliche Führungskräfte und Möglichkeiten gemeinsamen Handelns durch Controlling
und lernende Organisationsentwicklungen. Der erste Schritt in Richtung CI ist ganz entschei-
dend – der letzte Schritt schafft die bleibende Wirkung. Im ersten Schritt muss der Prozess-
charakter deutlich aufgenommen werden, um Motivation zu schaffen für die nächsten Schrit-
te und um das Controlling zu integrieren. Controlling beginnt also mit der Ist- und Soll-
Analyse und muss nicht nur die Effizienz und die Effektivität des CI-Prozesses überprüfen
und einen Soll-Ist-Vergleich ermöglichen, sondern auch weiterhin den Prozess in Gang halten
und immer wieder und weiter anschieben, sodass daraus eine lernende Organisation wird. CI-
Prozesse sind nur dann erfolgreich, wenn sie nicht ein statisches Ende haben, sondern perma-
nente Veränderung bedeuten. Das bedeutet auch, den Umgang mit Fehlern und Konflikten im
Rahmen des CI-Prozesses neu zu definieren. Eine lernende Organisation kann letztlich nur
dann funktionieren, wenn die Personen lernbereit die Veränderungen auch für sich selbst
glaubwürdig und vertrauensvoll mittragen und umsetzen. Zur Steuerung des Prozesses durch
einen Wechsel von Theorie und Praxis und durch immer neue Maßnahmen, Innovationen und
Weiterentwicklungen ist eine starke Steuerungsgruppe notwendig. Nur eine motivierte und
kreative Moderations- und Koordinierungsgruppe kann einen kontinuierlichen Veränderungs-
prozess in Gang halten, und nur ein guter Prozess schafft gute Ergebnisse.

„Der Langsamste, der sein Ziel nicht aus den Augen verliert,
geht immer noch geschwinder, als der, der ohne Ziel umherirrt.“
[Gotthold Ephraim Lessing]

Controlling ist Selbstcontrolling und umfasst hauptsächlich zwei Fragen:


1. Habe ich/haben wir meine/unsere Ziele erreicht?
Die Frage nach der Effektivität zielt ab auf die Wirkungen, auf die Messung der Ergebnisse.
Wenn der Soll-Ist-Vergleich zeigt, dass die Ziele noch nicht erreicht sind, kann dann direkt
nachgebessert werden. Dieses strategische Controlling muss Maßnahmen und Methoden
beinhalten und auch Indikatoren, die zeigen, ob wir das Ziel wirklich erreicht haben (Be-
wusstmachung der Ergebnisse und Ziele).
2. Wie habe ich/haben wir die Ziele erreicht?
Habe ich/haben wir auf dem Weg zum Ziel die Ressourcen richtig eingesetzt, waren die Me-
thoden richtig? Wie sorge ich dafür, dass die Ziele erreicht werden?
Die Frage nach der Effizienz zielt ab auf mögliche Einsparungen, Verbesserungen, Erleichte-
rungen und auch auf die konkreten Fehler oder Verhinderer. Gefragt sind auch die Strukturen
und Arbeitsweisen und ob sie bei der Zielerreichung hilfreich oder hinderlich waren. Dieses
234 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?

operationale Controlling muss Maßnahmen und Methoden beinhalten und messbare sowie
konkrete Indikatoren, die zeigen, wo und wie wir bei der Zielerreichung besser vorgehen
können.
Die Effektivität ist ergebnis- und outputorientiert, die Effizienz ist prozessorientiert, d. h.
inputorientiert. Häufig werden diese beiden Begriffe verwechselt und auch nur als Einzelori-
entierung gesehen. Gefragt sind dann nur oberflächliche Effekte, die Ergebnisse. Aber mit
welchem Aufwand wurden diese Erfolge erreicht? Wäre es vielleicht nicht viel besser gewe-
sen, vom Anspruch nur 80 Prozent der Ergebnisse erreichen zu wollen, aber mit wenigen
effizienten Maßnahmen? Das wäre ökonomischer, strategischer und hätte eher synergetische
Wirkungen. Mit 20 Prozent der wichtigsten Maßnahmen 80 Prozent des Erfolges zu erzielen,
ist effektiv und effizient. Der Arbeitswissenschaftler Pareto aus Italien hat die 20-80-Regel
erkannt und für das Zeitmanagement aufgestellt. Sie trifft aber auf alle Bereiche des Lebens
und Arbeitens zu und verdeutlicht damit auch die Schwierigkeit, die letzten 20 Prozent zum
100-prozentigen Erfolg noch zu bekommen. Dazu sind 80 Prozent der Maßnahmen notwen-
dig: Stress, Hektik, volle Energie, keine Entlastung, 100-prozentige Anspannung und An-
strengung und ein Null-Fehler-Pro-gramm. Können wir glaubwürdig und auf Dauer diesem
hundertprozentigen Anspruch gerecht werden? Die Leistungsansprüche sollen und können
nicht gesenkt werden, sie müssen aber praktisch umsetzbar sein. Ein Selbstcontrolling hilft
dabei, indem Probleme und Fehler aufgedeckt und die Lösungen als echte Chancen der Leis-
tungssteigerung integriert werden. Nicht eine problemfreie Arbeit, sondern nur das erfolgrei-
che Umgehen mit Problemen kann das Ziel einer glaubwürdigen Projektentwicklung sein.
Zusammen mit Innovationen und der Motivation der Beteiligten wird daraus eine lernende
Organisation, die daraus einen permanenten Verbesserungsprozess macht.
Um Verbesserungen zu erreichen, müssen wir etwas verändern. Aber wenn wir es verändern,
wird nicht alles verbessert. Es bleibt ein offener Prozess, ein Risiko. nach Lichtenberg
Ein Selbstcontrolling im Rahmen einer lernenden Organisation bezieht sich auf folgende
Problembereiche, die die Basis für eine notwendige Verbesserung sind.
„ Verkrustete Strukturen:
 Organisationsstrukturen,
 Hierarchien und Machtstrukturen,
 informelle Strukturen.
„ Schlechte Arbeitsweisen:
 Arbeitsbedingungen/-ausstattungen,
 Arbeitsstrukturen/-abläufe/-weisen,
 Qualität der Arbeitsergebnisse.
„ Schlechte Erfahrungen:
 Unsicherheit, schlechte Vorbilder, Erfolglosigkeit,
 Umgang mit Prozessen, Fehlern und Kritik,
 Nutzen und Notwendigkeit klarmachen.
Veränderungsmanagement … 235

„ Individualismus und Egoismus:


 Hohe Erwartungen und wenig Kompetenzen,
 Fehlen von Selbständigkeit und Selbstverantwortung,
 Misstrauen und Beklagen.
„ Fehlende Veränderungsbereitschaft:
 Aufwand (Kosten, Zeit, persönlicher Aufwand),
 Ängste und Widerstände, Einwände und Killerphrasen,
 Inkonsequenz und Unglaubwürdigkeit im Denken und Verhalten.
Wenn in Bezug auf diese Untersuchungs- und Qualitätskriterien die Ist-Analyse die Stärken
und Schwächen sichtbar gemacht hat, können direkt Ziele abgeleitet und entwickelt werden,
die Stärken zu bestärken und die Schwächen abzubauen.

„Die eigenen Stärken zu stärken ist besser, als Schwächen zu schwächen.“


[Alexander Großmann]

Lernende Organisation heißt also vorrangig zu lernen, und das geht meistens am besten über
erste Erfolgserlebnisse und nicht über die größten Hürden und Schwierigkeiten: Lernen heißt
Be-Stärken, sich auf dem Weg sicherer machen, um die Ziele besser zu erreichen (Soll-
Analyse).
„ Qualitätsverbesserungen:
 Organisationsgrundsätze,
 Organisationskonzepte und -strukturen,
 Qualität der Arbeitsweisen, Angebote und Produkte.
„ Weiterentwicklung der Arbeitsweisen:
 Effiziente Arbeitsweisen,
 Selbstverantwortung,
 Verhaltensrichtlinien.
„ Effektive und effiziente Prozesssteuerung:
 Akzeptanzschaffung,
 Steuerungsteam,
 Prozessentwicklung für eine lernende Organisation.
„ Stärkung der Identität:
 Identifizierung mit Arbeit und Organisation,
 Aufbruchsstimmung und Motivation,
 Wir-Gefühl, Betriebsklima.
236 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?

„ Profilierung des Images:


 Kooperation mit anderen Organisationen,
 Kundenbindungen,
 Öffentlichkeitsarbeit, Bekanntheit und Ansehen,
 spezifisches und profiliertes Erscheinungsbild.
Nachdem deutlich ist, was in welche Richtung verändert werden muss, wird die Frage nach
dem wie entscheidend für den Erfolg einer lernenden Organisation, um den Visionen, den
Leitideen und Idealen möglichst nahe zu kommen. Als Anleitung für die Umsetzung der
Theorie in die Praxis kann die Raster-Analyse dienen. Die Erfolgsfaktoren müssen gemein-
sam und organisationsspezifisch umgesetzt werden.
Um diese Veränderungen durchzuführen und zu Verbesserungen werden zu lassen, sind Vor-
gehensweisen und Methoden notwendig, die die Weiterentwicklungen im Prozess der lernen-
den Organisation synergetisch fordern und fördern. Der Quantensprung vom Was zum Wie
bringt erst den Erfolg – der Weg ist das Ziel. Die Chinesen sagen dazu: „Zu wissen, wie man
etwas macht, ist nicht schwer. Schwer ist nur, es zu machen.“

Corporate Controlling: Leitfragen zum Selbstcontrolling


AHA-Effekte gibt es nur, wenn wir Analysieren – Handeln – Auswerten!
1. Habe ich meine/haben wir unsere Ziele erreicht? Strategisches Controlling als Frage nach
der Effektivität in Bezug auf:
 Qualitätsverbesserungen,
 Weiterentwicklung der Arbeitsweisen,
 effektive und effiziente Prozesssteuerung,
 Stärkung der Identität,
 Profilierung des Images.
2. Wie habe ich meine/haben wir unsere Ziele erreicht? Operationales Controlling als Frage
nach der Effizienz:
 Kontinuierliche Verbesserungs-Prozesse (KVP), Qualitätsmanagement,
 Soll-Ist-Vergleich nach der AMC-Strategie,
 Projektmanagement, Neue Steuerungs-Modelle (NSM), Budgetierung,
 Konfliktmanagement, Innovationsmanagement,
 Management by Objectives, Personalbeurteilungsgespräche.
3. Was habe ich/haben wir gelernt? Auswertung als Basis für eine lernende Organisation:
 Bewusstmachen der Wirkungen, Stärkung des Selbstbewusstseins,
 Auswertung positiver und negativer Erfahrungen,
 Kompetenzveränderungen,
 Veränderungen der Verhaltensweisen,
 Reflexion der Werte und Grundsätze.
Veränderungsmanagement … 237

4. Wie kann ich/können wir den Prozess in Gang halten? Prozesssteuerung und Weiterent-
wicklung als permanenter Veränderungsprozess:
 Vorbilder, Multiplikatoren, Führungskräfte zur Verstärkung,
 CI-Team, Steuerungs-/Prozessgruppe, zur Motivation, Steuerung, Kontrolle,
 Anlässe, Projekte zur konsequenten Umsetzung und Festigung, Ruhephase,
 Beispiele, Vergleiche, Probleme, Konkurrenzen zur Veränderung, neue Ziele,
 Anreize, Wettbewerbe, Nutzen, Anerkennung, Innovationen zur Motivation.
5. Welche Methoden können uns/mir dabei helfen? Selbstcontrolling als Basis für selbstver-
antwortliches Handeln:
 Evaluationsmethoden, Befragungen, Soll-Ist-Vergleiche, Selbst-/Fremdbild,
 Zielvereinbarungs- und Personalbeurteilungsgespräche,
 Informations-, Berichts- und Kontrollsysteme, Aufwandsdokumentationen,
 Bench-Marking, GIP-Uhr, Identitäts-Uhr,
 Qualitätsindikatoren, Kennziffern.

Projekt-Controlling
Als Indikatoren für einen Selbstcontrollingprozess müssen selbst spezifische Indikatoren
ausgewählt und festgelegt werden, die die Qualität des Projektes verdeutlichen und messen
können. Dabei sind verschiedene Ebenen des Controllings zu unterscheiden:
„ Normatives Controlling (Unternehmensgrundsätze, Werte, Leitbild),
„ Strategisches Controlling (Organisationsstrategien und Übersichten, Bereichs-und Abtei-
lungs-Konzepte, Unternehmensziele),
„ Operatives Controlling (alle Planungs-, Kontroll- und Informationsprozesse),
„ Strukturindikatoren zur Qualität (Organisationsstrukturen, Ausstattung, Ressourcen),
„ Prozessindikatoren zur Qualität (Unternehmens-/Qualitätsprozesse),
„ Ergebnisindikatoren zur Qualität (Bilanzen, Standards, Erfolge, Verbesserungen),
„ Muss-Kriterien (verpflichtende Indikatoren zum Vergleich, Branchenranking),
„ Soll-Kriterien (differenzierte Indikatoren zum spezifischen Ranking),
„ Kann-Kriterien (selbst gewählte Kriterien zur Selbst-Evaluation).
Diese Auflistung kann nur Anregung sein, um selbst wichtige Kennzahlen festzulegen.
1. Strukturindikatoren zur Qualität
„ Ressourcenqualität:
 Optimierung des geringsten Aufwandes,
 Bilanzen, Statistiken, Kapazitäten, Strukturen,
238 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?

 Kostenstrukturen, Wirtschaftlichkeit,
 Nachfragesituation.
„ Organisations- und Ausstattungsqualität:
 Ablauforganisation,
 Informations- und Entscheidungswege,
 Betriebsklima,
 Ausstattungsniveau,
 Lage und Infrastruktur.
„ Mitarbeiterqualität:
 Personalentwicklung, Kompetenzen,
 Fluktuation, Krankenstand,
 Fortbildungsbereitschaft, Beratungsakzeptanz,
 Arbeitsplatzzufriedenheit, Identifikation, Teilnahme,
 Einsatz und Engagement.
2. Prozessindikatoren zur Qualität
 Projektgrundsätze, Leitbilder,
 Projektkonzepte,
 Teil-Konzepte, Verhaltensweisen,
 Zusätzliche Angebote, Förderkonzepte,
 Einbeziehung und Beteiligung der Teilnehmer,
 Konfliktmanagement-Strategien,
 Prozessgruppen, Steuerungsteams,
 Verbesserungsvorschläge.
3. Ergebnisindikatoren zur Qualität
 Abschlüsse,
 Zielerreichung,
 Zufriedenheit aller Beteiligten,
 Akzeptanz, persönlicher Nutzeffekt,
 Controllinganzeiger aus Projekten,
 Verhaltensweisen,
 Konflikt- und Problembewältigung,
 Konsensbildung.

Ergebnisse der Öffentlichkeitsarbeit/Berichterstattung


Qualität kann aber nicht zertifiziert und eingefordert werden, sondern nur durch gegenseitiges
Vertrauen glaubwürdig aufgebaut werden. Zur Entwicklung von qualifizierten Angeboten,
Prozessen und Strukturen ist das Vertrauen unabdingbare Voraussetzung. Stimmige Konzepte
und gutklingende Grundsätze im wirksamen Design ersetzen aber nicht das konkrete Verhal-
ten im Alltag, und nur das bringt diese Rahmenbedingungen zum Leben mit positiver Aus-
Veränderungsmanagement … 239

strahlung. Um Verbesserungen zu erreichen, sind Veränderungen notwendig, und somit auch


Prozesse mit allen Beteiligten und einem gewissen Risiko. Dies führt zur Abkehr von der
struktur- und ergebnisorientierten Qualitätsvorstellung hin zu einer Prozessqualität. Gelingt
es, die Qualität des Prozesses positiv zu beeinflussen, werden auch die Ergebnisse direkt
verbessert. Der Prozess bestimmt die Qualität der Ergebnisse, das Vertrauen die Qualität des
Prozesses. Das Vertrauen bleibt somit die letzte und entscheidende Zielgröße. Immer wieder
Vertrauen wagen!

CI-Check als Praxistipp


Corporate Identity Akademie Gerhard Regenthal Braunschweig © 2008/Rohentwurf
Erst im Vergleich zeigt sich, wo der eigentliche Handlungsbedarf liegt und Ihre Besonderheit
und Alleinstellung! Der Corporate Identity Check, der von der CI-Akademie Gerhard Regen-
thal in über zehn Jahren in der konkreten CI-Beratung entwickelt wurde, gibt Ihnen Klarheit
und Bewusstsein und ist die Basis für die Antworten auf Ihre unterschiedlichen Fragen:
„ Wer sind wir eigentlich?
„ Wo stehen wir?
„ Welche Stärken und Schwächen haben wir?
„ Wie werden wir gesehen?
„ Wo müssen wir was tun?
Dieser Roh-Entwurf dient zur groben Orientierung und als Basis für die persönliche Weiter-
entwicklung feinerer spezifischer Qualitätskriterien im ganzheitlichen Gesamtkonzept für Ihr
Unternehmen. Er hat nicht den Anspruch eines fertigen Systems, da er sehr allgemein für alle
Branchen und Größen einen Anhalt geben soll. Besonders die Doppel-Abfragen sind noch
nicht eindeutig getrennt und genau zugeordnet. Die Struktur hingegen ist ganz entscheidend,
weil jeweils acht Unterkriterien zu einem Oberkriterium zusammengefasst werden und so
eine reduzierte und transparente Qualitätsordnung entsteht, die mit der Spinnen-Analyse
vernetzt, ausgewertet und visuell prägnant dargestellt werden kann. Dieser ganzheitlich ver-
netzte Aufbau schafft Klarheit für alle Beteiligten, ist effektiv und effizient, spezifisch und
nach diversen Controlling-Ebenen entwicklungs- und ausbaufähig und somit keine starre und
einengende und für immer festgelegte Qualitätsgröße. Durch ein Corporate Controlling schaf-
fen Sie ein identitätsstiftendes Bewusstsein, eine lernende Organisation zur gemeinsamen
Veränderung, Gestaltung und nachhaltigen Implementierung (Abb. 33) und In-Gang-Haltung
und damit weitergehende Erfolge.
Bewerten Sie diese Aussagen auf Ihr Unternehmen bezogen. Berücksichtigen Sie bei der
Bewertung die Meinung der Mitarbeiter und Kunden (Sie können die Befragung von Mitar-
beitern und Kunden, da wo es möglich ist, auch getrennt durchführen, um dann das Selbstbild
mit dem Fremdbild genau vergleichen zu können.). Die Note 1 bedeutet „trifft voll zu”/sehr
gut und die Note 6 „trifft nicht zu”/ungenügend. Geben Sie für jeden Unterpunkt jeweils eine
Note von 1 bis 6.
240 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 33: Nachhaltige Erfolge

1. Wir haben gute Unternehmensprozesse


Funktionierendes CI-Team (Konzept-/Steuerungsgruppe) und Kommunikations-, Entwicklungs-
und Controllingprozesse.
1.1 Prozesssteuerungsgruppe(n),
1.2 Kommunikationsprozesse nach innen, Informationsflüsse,
1.3 Personalentwicklungsprozesse,
1.4 Qualitätsentwicklungsprozesse,
1.5 Veränderungsprozesse und Innovationsprozesse,
1.6 Kommunikationsprozesse und Darstellung nach außen, Werbung, PR,
1.7 Vernetzung der unterschiedlichen Prozesse,
1.8 Controllingprozesse.
Veränderungsmanagement … 241

2. Wir haben effektive Strategien


Strategien, Konzepte, Methoden zur Gestaltung und Veränderung unserer Unternehmens-
struktur und Unternehmensstrategie.
2.1 Langfristige betriebswirtschaftliche Strategien,
2.2 Marketingkonzepte und Vertriebsorganisation,
2.3 Profilierungskonzepte zur kontinuierlichen Verbesserung,
2.4 Aufeinander abgestimmte Teilbereichskonzepte und Abteilungskonzepte,
2.5 Unternehmensstrategien und Unternehmensführung,
2.6 Strategien und Methoden zur Außendarstellung,
2.7 Strategien und Methoden zur Verbesserung der Arbeitsorganisation,
2.8 Beraterunterstützung und Beratungskonzepte.

3. Wir haben eine gute Motivation


Engagement und Einsatzbereitschaft aller Mitarbeiter für ihren Arbeitsbereich und gemein-
same Entwicklungsprozesse.
3.1 Beteiligungsmöglichkeiten, Handlungsbereitschaft, gemeinsame Entwicklungen,
3.2 Mitarbeitermotivationen,
3.3 Vorbildliche Führungskräfte,
3.4 Entscheidungsfreiräume für Mitarbeiter,
3.5 Variable Motivationsmittel,
3.6 Risikobereitschaft, Veränderungsbereitschaft, Angstfreiheit,
3.7 Informations- und Kommunikationsstrukturen,
3.8 Konstruktive Zusammenarbeit.

4. Wir haben gemeinsam entwickelte Unternehmensgrundsätze


Durch Prozesse entwickelte Grundsätze, Leitgedanken und Richtlinien als Basis für alle
Maßnahmen nach innen und außen.
4.1 Leitbildprozesse mit Steuerungsgruppe und Controlling,
4.2 Ausrichtung und Vernetzung aller Maßnahmen nach innen und außen,
4.3 Gemeinsame und realistische Visionen,
4.4 Durch Prozesse entwickelte Unternehmensgrundsätze, Leitbilder,
4.5 Transparente Unternehmensziele,
242 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?

4.6 Umsetzungskonzepte,
4.7 Führungsrichtlinien mit Reflexionsmöglichkeiten,
4.8 Verhaltensgrundsätze für alle Mitarbeiter.

5. Wir setzen unsere Grundsätze konsequent um


Glaubwürdige und erfolgreiche Umsetzung der gemeinsamen Grundsätze am einzelnen Ar-
beitsplatz und in allen Bereichen nach innen und außen.
5.1 Arbeitsorganisation und Arbeitsbedingungen,
5.2 Arbeitsstrukturen und Arbeitsweisen,
5.3 Glaubwürdiges Umsetzen und Leben am Arbeitsplatz, Problembewältigung,
5.4 Gemeinsame Zielvereinbarungen, Stellenbeschreibungen,
5.5 Konsequentes Verhalten untereinander, Teamentwicklung,
5.6 Umsetzungen der Grundsätze nach außen,
5.7 Projektmanagement und Zeitmanagement,
5.8 Leistungssteigerung und Ressourceneinsparung.

6. Wir sind eine lernende Organisation


Controlling, Verhaltens- und Bewusstseinsveränderungen und Konflikt- und Qualitätsmana-
gement im Sinne einer lernenden Organisation.
6.1 Lernbereitschaft der Mitarbeiter, gemeinsame Lernprozesse,
6.2 Weiterbildung, Trainings, Schulungen, Kompetenzverbesserungen,
6.3 Offenheit für Neues, Kreativität, Pilotprojekte, Innovationsmanagement,
6.4 Verhaltens- und Bewusstseinsveränderungen aller Mitarbeiter,
6.5 Konfliktmanagement, Stressmanagement, Umgang mit Krisen und Problemen,
6.6 Qualitätsmanagement, Verbesserungsprozesse, Informations- / Datensysteme,
6.7 Reflexionssysteme für alle Beteiligten, Austausch- und Feedbackmöglichkeiten,
6.8 Kontinuierliche Controllingprozesse, Befragungen der Mitarbeiter und Kunden.

7. Wir haben eine gute Innenwirkung


Einstellungen der Mitarbeiter, Betriebsklima, Wir-Gefühl, selbstverantwortliches Handeln als
die Identität in unserem Unternehmen.
7.1 Einstellungen aller Mitarbeiter,
Veränderungsmanagement … 243

7.2 Selbstverantwortliches Denken und Handeln aller Mitarbeiter, Arbeitsverhalten,


7.3 Persönliche Bindung und Identifikation aller Mitarbeiter,
7.4 Führungs- und Leitungsstrukturen,
7.5 Arbeits- und Betriebsklima,
7.6 Ganzheitliche Identitätsprozesse,
7.7 Wir-Gefühl, Zusammengehörigkeitsgefühl,
7.8 Pflege der Unternehmenskultur.

8. Wir haben eine gute Außenwirkung


Auftreten und Ansehen bei Kunden, Kooperationspartnern und in der Öffentlichkeit als
Image des Unternehmens.
8.1 Einheitliches Erscheinungsbild, Corporate-Design-Konzept,
8.2 Abgestimmte, effektive Öffentlichkeitsarbeit, Corporate-Communication-Konzept,
8.3 Emotionale Ansprache und Bindung an Angebote und Unternehmen,
8.4 Hohe Wiedererkennung und Bekanntheit,
8.5 Markenprofil/-positionierung, Wettbewerbspositionierung, Corporate Branding,
8.6 Kundenorientierung/-bindung, Kundenzufriedenheit/-begeisterung,
8.7 Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern, Vertrauen der Kooperationspartner,
8.8 Gutes Ansehen in der Öffentlichkeit.

Identität ist keine Uniform


W. Otto Geberzahn

Identität als Konstruktion

Als der Maler Georg Baselitz begann, die Figuren in seinen Bildern auf den Kopf zu stellen,
konnten auch Kunstliebhaber, die nicht unbedingt Experten waren, einen Baselitz sofort als
solchen erkennen. Die Form der Coca-Cola-Flasche hat sich im Bewusstsein vieler Menschen
in aller Welt stärker eingeprägt als der Inhalt der Flasche. Der Name Nivea, einst kaum mehr
als eine gute Hautpflegecreme in einer schlichten blauen Dose, steht heute für eine internati-
onal renommierte Körperpflegeserie, die zu einer sehr starken Marke wurde. Und Madonna,
244 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?

dieses zahnlückige Chamäleon der Popindustrie, stilisierte sich zur Ikone, indem sie in be-
stimmten Abständen in immer neue Rollen schlüpfte. Diese wenigen Beispiele haben eines
gemeinsam: Sie unterscheiden sich durch bestimmte Wesens- oder Formmerkmale von ihren
Konkurrenten. Sie sind nicht naturgegeben, sie sind konstruiert.
Wir lieben und genießen unser Leben, weil wir die Vielfalt, Buntheit und Gegensätzlichkeit
der Welt wahrnehmen können. Mit Hilfe des Lichts sehen wir die Dinge unserer Umwelt, die
Modulation in hell und dunkel, in unterschiedliche Farbspektren und Strukturen erzeugt
Unterschiede. So können wir die Gegenstände voneinander unterscheiden, weil die Differen-
zen Objekte voneinander abgrenzen. In einem Schnee- oder Sandsturm ohne genügend Licht
verlieren wir die Orientierung. Die Welt wird weiß, grau oder braun, die Konturen verwi-
schen, wir verlieren jeden Halt.
Identität kommt von lateinischen „idem“ und heißt soviel wie dasselbe, derselbe. Wenn je-
mand „er selbst“ oder „sie selbst“ ist, kann er oder sie nicht gleichzeitig ein anderer sein.
Identität ist also die klare und unumkehrbare Abgrenzung vom Subjekt zum Objekt.
In der Unternehmensidentität, also der Corporate Identity, haben Firmen, Konzerne und Orga-
nisationen in den vergangenen zwanzig Jahren in zunehmendem Maße die Chance gewittert,
in zeitweise schwierigen Märkten über die Verbesserung ihres Images, also des Bildes, das
sie nach außen abgeben, Profil zu gewinnen. Auch wenn Wally Olins, einer der Pioniere der
CI-Branche, schon vor zwölf Jahren davon sprach, dass Corporate Identity im Prinzip ein
Managementinstrument wie jedes andere sei, bleibt bis heute der Umgang mit ihr für die
Mehrheit der Unternehmer und Manager ein eher vages, unklares und unscharfes Strategie-
feld.
Die Gründe hierfür liegen im Identitätsproblem selbst, seiner Entwicklung, dem Verständnis
für dieses Thema und nicht zuletzt darin begründet, dass CI ein Soft-Faktor ist, der sich nicht
in Zahlen pressen lässt. Außerdem gehört CI zu den Themen, die von Veränderung leben und
bekanntermaßen nicht sonderlich beliebt sind.
Jeder Mensch verändert sich ununterbrochen, physisch wie psychisch und bleibt doch immer
derselbe. Seine Identität allerdings muss jeder Mensch von Geburt an unbewusst und bewusst
aus unterschiedlichen Teilidentitäten generieren. Dasselbe gilt für Unternehmen und Organi-
sationen, denn diese entwickeln sich nicht aus sich selbst heraus, sondern werden geformt
und geleitet von Menschen, die wiederum eine eigene Identität besitzen. Werden Führungs-
kräfte ausgetauscht, verändert sich in einem gewissen Rahmen auch die Identität des Unter-
nehmens. Schon hier wird die personelle Abhängigkeit deutlich.
Ein Individuum kann seine Identität nur im Rahmen seiner vorhandenen Teilidentitäten ver-
ändern und daraus sein Erscheinungsbild entsprechend definieren. Aus dem Bewusstsein
seiner Eigenarten, Fähigkeiten und Charaktereigenschaften kann es einzelne Züge hervorhe-
ben und damit der Außenwelt ein veränderbares Bild vermitteln. Grundsätzlich kann es aber
nie ein anderes werden.
Identitäten von Unternehmen dagegen müssen grundsätzlich entwickelt werden und können
nur in beschränktem Rahmen auf unveränderbare Gegebenheiten zurückgreifen. Unternehmen
und Organisationen müssen sich ihre Identität schaffen, sie müssen sie regelrecht entwerfen
Identität ist keine Uniform 245

und konstruieren. So sind sie letztlich ein Konstrukt aus dem hochkomplexen Zusammenwir-
ken aller Unternehmensteile, die in einem Prozess permanenter Rückkoppelungsbeziehungen
die entstandene Identität verändern und wachsen lassen.
Dr. Jürgen Häusler, CI-Spezialist und Geschäftsführer der Interbrand Zintzmeyer & Lux
Gruppe, meint dazu: „Wir haben sehr lange daran geglaubt, man müsse nur das ans Tageslicht
bringen, was in Unternehmen schlummere. Das ist zwar nicht ganz falsch, aber auch nicht
ganz richtig. Identität ist das, was wir einer Organisation geben; denn Identität wird kreiert, ja
sogar konstruiert!“

Identität schafft Aufmerksamkeit


„Um der Rolle willen, die die eigene Person im anderen Bewusstsein spielt, inszenieren wir
die hohe Kultur der Attraktivität“, schreibt der Wiener Medientheoretiker Georg Franck. In
einer Gesellschaft des materiellen und informativen Überflusses geht es laut Franck letztlich
um die Ökonomie der Aufmerksamkeit. Wahrgenommen zu werden, aus dem Strom der Mas-
se herauszutreten und bemerkt zu werden, ist zu einer neuen Währung geworden, deren Wert
für Individuen genauso besteht wie für Unternehmen.
Was nicht beachtet wird, wird nicht wahrgenommen, was nicht wahrgenommen wird, exis-
tiert nicht. Auf diese banale Formel könnte man die Theorie der Aufmerksamkeit in der mo-
dernen Medien- und Wirtschaftswelt reduzieren. Doch auch wenn es, wie wir eingangs gese-
hen haben, der Unterscheidungen bedarf, um Identitäten wahrzunehmen, so muss sich die
Beachtung aus einer soliden Grundlage generieren, will sie nicht wie ein Strohfeuer verpuffen.
Deshalb können Identitäten nur dann dauerhaft attraktiv bleiben, wenn sie auf den entspre-
chenden Selbstwerten aufbauen. Die Zusammenführung von diversen Eigenschaften zu ei-
nem neuen Bild ist letztlich ein äußerst kreativer Prozess. Wem es gelingt, aus seinen Teil-
identitäten, aus seinen Fähigkeiten, aus seinen Charaktereigenschaften und aus seinen Zielen
im Betrachter eine neue Identität als Gesamtpersönlichkeit entstehen zu lassen, erregt damit
Aufmerksamkeit. Diese Beachtung lässt sich aber nur dann über längere Zeit aufrecht erhal-
ten, wenn sie kulturell abgesichert ist. Das heißt, die aufmerksamkeitserregenden Faktoren
müssen in sich schlüssig und kontextuell abgesichert sein.

Identität heißt Veränderung


Die Unterschiede sind also da, eine Identität vorhanden, und die Beobachter erfassen diese
Repräsentanz als Image. Ein Unternehmen stellt sich in einem bestimmten Wahrnehmungs-
schema dar. Doch sobald sich diese Bilder im Beobachter festgesetzt haben, sind die Umfeld-
bedingungen schon wieder fortgeschritten und haben ein neues Stadium der Konditionen
erreicht. Eine Firma hat beispielsweise die schnelle Entwicklung vom regionalen Anbieter
zum Global-Player erlebt. Neue Produkte drängen in den Weltmarkt, neue Mitarbeiter in
fernen Ländern arbeiten mit der heimischen Zentrale zusammen, und das Wachstum des
Unternehmens erfordert Strukturen, die dem gerecht werden. Das Unternehmen muss also
seine Identität der neuen Situation anpassen.
246 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?

Über Veränderung wurde in der jüngeren Vergangenheit viel geredet und publiziert. Manche
generierten gar ein so genanntes Veränderungsmanagement, was letztlich nichts anderes
bedeutet als die Institutionalisierung prozessualer Selbstverständlichkeiten, die von vielen
allerdings noch nicht als solche angesehen werden.
Im Grunde geht es dabei aber um zwei wesentliche Aspekte: Einerseits muss die Organisation
eine Sensorik entwickeln, die mit einem permanenten Steuern und Gegensteuern das Unter-
nehmen im Markt navigiert. Andererseits müssen Regelmechanismen vorhanden sein, die
Veränderungsprozesse um ihrer selbst willen verhindern helfen. Das spielt vor allem in Zeiten
zunehmender Vernetzung eine Rolle. Der amerikanische Soziologe Richard Sennett kritisiert
denn auch den uneingeschränkten und blinden Glauben an Veränderung: „Die Diskontinuität
eines Netzwerks führt im Bewusstsein des Einzelnen zu Unsicherheit. Im flexiblen Kapita-
lismus erfahren Menschen, die sich verändern, drei Arten von Unsicherheit, nämlich durch
‚mehrdeutige Seitwärtsbewegungen‘, ‚retrospektive Verluste‘ und unvorhersehbare Einkom-
mensentwicklung“. Sennett lässt keinen Zweifel daran, dass die Menschen den ununterbro-
chenen Wechsel ihrer Lebensumstände auf Dauer nicht verkraften können. Das gilt genauso
für Unternehmen.
Also keine Veränderungen? Aber selbstverständlich, doch müssen diese anders ablaufen, als
vielfach angenommen. Grundsätzlich geht es darum, durch Veränderung die eigene Identität
zu bewahren. Was auf den ersten Blick wie ein Paradoxon klingt, stellt sich als absolut not-
wendig heraus. Auf der Zeitachse von Lebenszyklen gibt es für Individuen, aber auch für
Unternehmen, keinen Stillstand. Am erfolgreichsten überleben dabei diejenigen, die über das
beste Kooperationsmodell verfügen. Kooperieren können aber nur diejenigen, die in fortge-
setzter Kommunikation oder im Austausch mit ihrer Umwelt existieren. Aus diesen Bezie-
hungen resultieren dann die Veränderungen, die oftmals gar nicht bewusst wahrgenommen
werden, die aber sehr wohl bewusst gesteuert werden. Anders ausgedrückt: In der steten
Beziehung zu den Kooperationspartnern bilden sich immer neue Identitäten, die als Ausdruck
veränderter Bedingungen gelten können und die eigene Position sichern helfen.
„Wir irren voran“, so lautet das Motto des Unternehmers Stephan Koziol. Ohne das Prinzip
von Versuch und Irrtum wäre der Erfolg seines Unternehmens nicht denkbar. Wenn sich ein
Weg als Irrweg herausstellt, wenn ein Produkt zum Flop wird, so muss das verkraftbar sein.
Wer zwanghaft versucht, ein Unternehmen mehrfach redundant ohne Verluste in die Zukunft
zu planen, wird mit seinem leblosen Konstrukt dauerhaft kaum erfolgreich sein. Deshalb geht
es um Identitäten, die sich in einem fortlaufenden Prozess der inneren und äußeren Erneue-
rung befinden.

Sinnsuche durch Identität

Folgen wir dem Soziologen G. Schulze, haben wir die Entwicklung von einer Überlebensge-
sellschaft zu einer Erlebnisgesellschaft hinter uns. Da, wo der Imperativ „Erlebe dein Leben“
zentrale Bedeutung gewinnt, ist a priori nicht mehr das Leben, sondern sein Sinn bedroht. Wo
alles verfügbar ist, wächst der Bedarf an Sinn. Was früher einmal mit Seelenheil und anderen
Identität ist keine Uniform 247

metaphysisch-wolkigen Begriffen umschrieben wurde, geht heute meist in der Vordergrün-


digkeit verloren oder wird von Esoterik substituiert. Die Modernisierung unserer Welt hat
viele Bereiche unseres Lebens entzaubert, ihrer semantischen und mystischen Bedeutungen
entkleidet. Deshalb spricht der Medientheoretiker Norbert Bolz in diesem Zusammenhang
von einer Krise der Identität. Wegen ständig wachsender Komplexität können Designer sich
beispielsweise nicht auf unbedingt eindeutige Lösungen berufen. Alles kann immer auch
anders sein, was die Verzweiflung auf der Suche nach Sinn noch vergrößert. Die Kontingenz
ist zu einem wesentlichen Bestandteil unseres Lebens geworden.
Auch Unternehmen suchen nach Sinn. Volkstümlich wird das heute als „Unternehmensphilo-
sophie“ bezeichnet. Vordergründig betrachtet scheint das alles ganz einfach: Das Ziel eines
jeden Unternehmens besteht darin, profitabel zu sein. Doch wenn wir genauer hinschauen,
kann der Profit nur das Ergebnis vorgeschalteter Ziele sein. Ein Unternehmen kann Licht-
kompetenz anbieten, die schnellsten Autos bauen, die emotionalsten Haushaltshelfer liefern,
die vielseitigsten Telefone konstruieren, einen Home-Service für werdende Mütter anbieten
oder digital angepasste Klamotten schneidern. Weitergehende Unterdifferenzierungen sind
notwendig, vertiefen den Sinn und geben der Identität ein noch klareres Profil. Und wer noch
weiter gehen will, kann in großen Marken wie Nike, Coca Cola oder Mercedes Benz die
Ersatzreligionen der Neuzeit erkennen. Sie sind derart aufgeladen, dass sie die Besitzer ihrer
Produkte durch die Ausstrahlung der Marke aufwerten. Der „Sinn“ des Unternehmens wird
damit zu einem Teil des Lebenssinns seines Nutzers. Die Identität der Organisation färbt also
auf die Identität des Individuums ab. Und spätestens an diesem Punkt wird uns klar, welche
Verantwortung der Konstruktion einer Unternehmensidentität zukommt.
Hier erinnern wir uns an den Satz von Wally Olins, der CI als Managementinstrument wie
jedes andere bezeichnete. Schweifen wir deshalb ein wenig in den Alltag ab und sehen nach,
wie mittelständische und Großunternehmen mit CI umgehen.

Nachdenken ist unbequem


Das mittelständische Unternehmen – nennen wir es A – war über 75 Jahre alt und gehörte seit
einigen Jahren zu einer Unternehmensgruppe, die in ihrem Marktsegment eine nicht unbe-
deutende Rolle spielte. Der Gruppenvorstand, ein Finanzspezialist ohne Sozialkompetenz,
aber mit zwanghaften Zügen, hatte vor wenigen Monaten einen neuen Geschäftsführer einge-
setzt. Der sehr engagierte Mitarbeiter war Vertriebsspezialist.
Der Markt, in dem sich das Unternehmen bewegte, war angespannt, die Preiskämpfe hart.
Eine Differenzierung der Produkte – es ging um Objekteinrichtungen – über Design war
möglich, doch heftige Preiskämpfe entschieden zumindest vordergründig die Vergaben.
Das Unternehmen befand sich in einer Umbruchphase, die noch von weiteren Faktoren beein-
flusst war: Produktion und Verwaltung lagen in einer alten, kaum umbaufähigen Anlage, für
einen Neubau fehlte das Kapital. Neue Produkte hatten allerdings seit einigen Jahren Image
und Umsatz des früher hauptsächlich im Behördengeschäft tätigen Unternehmens beflügelt.
Allerdings: Organisation, Struktur und vor allem der Auftritt des Unternehmens im Markt
blieben stark hinter der gegenwärtigen Leistungsfähigkeit im Produktbereich zurück. Dem
Marketingleiter war diese Situation bewusst.
248 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?

Wir beschlossen, die Leiter der Unternehmensbereiche Marketing, Produktion, Vertrieb und
Finanzen, Geschäftsführer und den leitenden Designer zu einem ganztägigen Meeting zu-
sammen zu trommeln. Das Ziel war einfach: Wir wollten erfahren, wie diese Führungskräfte
das Unternehmen sahen und was sie glaubten, wie andere es sehen würden.
Nach zähen Anfängen, vorsichtigen bis furchtsamen Formulierungen und verbreiteter Skepsis
begann es dann zu sprudeln. Am Ende des Tages war jedem im Raum klar, welche Identität
die Firma hatte, wie sie zu formulieren sei und dass man jetzt auch mit der visuellen Aufar-
beitung und Darstellung sofort beginnen müsse. Zwei Monate später – die Ergebnisse waren
zwischenzeitlich ausformuliert und Kontakte mit Kreativen aufgenommen – wurde der Ge-
schäftsführer ausgewechselt. Der Prozess war zu Ende, kaum dass er begonnen hatte. Das
eher nachdenkliche, reflexive Vorgehen, das wir eingeleitet hatten, war beim Gruppenvor-
stand nicht gerne gesehen.

Was richtig ist, sagt die Seniorchefin


Unternehmen B war ein Familienbetrieb mit immerhin 150 Mio. Euro Umsatz. Vater und
Sohn führten das Unternehmen in der zweiten und dritten Generation, die Ehefrauen waren
ohne Titel in der Geschäftsleitung präsent. Man hatte kleine Tochterunternehmen hinzu ge-
kauft, auch um alle Kinder zu versorgen. So war eine kleine Firmengruppe entstanden, die
sich in verwandten Produktsparten ergänzte und so ein vernünftiges Produktportfolio anbie-
ten konnte. Die Gruppe war finanziell gesund, Eigenkapital war ausreichend vorhanden, und
es wurde äußerst sparsam gewirtschaftet.
Auf Grund spezieller Marktentwicklungen wuchsen die Anforderungen an das Design der
Produkte. Also holten sich die Inhaber Designer, die es richten sollten. Insgeheim träumte
man von großen Designernamen, ohne allerdings zu wissen, wie denn mit dem Thema De-
sign überhaupt umzugehen sei. So entstanden Produkte, die zwar keine Leitfunktion im
Markt entwickeln, wohl aber im mittleren Marktsegment einigermaßen mithalten konnten.
Daraus entwickelte sich das Problem, dass hier die Designqualität trotz des mittleren Levels
weit über dem kommunizierten Bild des Unternehmens lag. Die Logos, die Verkaufsunterla-
gen, die Geschäftsräume, die Messestände, alles wirkte billig und provinziell, und es entstand
eine zunehmende Diskrepanz zwischen Produktqualität und Unternehmensauftritt.
Auf einer Messe darauf angesprochen reagierte die Familie positiv: Ja, man müsse etwas tun,
um das Bild des Unternehmens im Markt zu verbessern. Man habe allerdings schon viel
probiert und es sei immer daneben gegangen. Eine Diskussion im Rat der geschäftsführenden
Familienmitglieder über Inhalte und Ziele wurde rundweg abgelehnt. Nach dem Motto, „ma-
chen Sie mal“ erwartete man ein fertiges Konzept. Den Einwand, das könne so nicht funktio-
nieren, ließ man nicht gelten.
Wir probierten es trotzdem und präsentierten einen visuell formulierten prozessualen Einstieg
in eine potenzielle CI-Entwicklung. Ausdrücklich wiesen wir darauf hin, dass es sich hierbei
um einen längeren Entwicklungsprozess handeln werde. Nach anfänglicher positiver Reakti-
on wandte sich die Familie ab. Alles blieb wie es war. Die Gründe erfuhren wir später: Hier
Identität ist keine Uniform 249

herrschte die Seniorchefin über eine Batterie eichenholzgerahmter Zinnbilder. Der Aus-
bruchsversuch der Männer in eine neue Ideenwelt musste sofort gestoppt werden, weil die
regionale Folklore damit nicht mehr in Einklang zu bringen war. Mangelndes kulturelles
Verständnis erzeugte Ängste vor Neuem und blockierte so die Entwicklung des Unterneh-
mens.

Konsequente Arbeit an der Identität


Der Siemens Konzern ist ein Global-Player und mittlerweile 155 Jahre alt. Das Unternehmen
wuchs mit den Erfindungen seines Gründers, der sich den Doppel-T-Anker ausdachte, das
dynamoelektrische Prinzip entdeckte und 1882 mit der Herstellung von Glühlampen begann.
Heute heißt es unter anderem in den Leitsätzen des Unternehmens, das weltweit mehr als
450.000 Menschen beschäftigt: „Wir sind experimentierfreudig und ermutigen fantasievolles
Denken. Mit Kreativität und Risikofreude sorgen wir für ein Umfeld, in dem gute Ideen
schnell umgesetzt werden können. Dabei fördern wir auch die Ideen anderer“.
Das klingt gut, und so mancher Unternehmer würde sich das wohl gerne auf seine Fahnen
schreiben, wäre da nicht das Problem der Umsetzung; denn die ist in großen Konzernen
schwer, weil sie gelähmt sind von ihren Strukturen und in kleinen genauso, weil hier das
Tagesgeschäft jedes andere Versäumnis adelt. Umso bedeutsamer erscheint es, wenn ein
Konzern wie die Siemens AG sich ernsthaft mit der eigenen Identität auseinander setzt und
im Zuge einer neuen zentralen Markenidee die Typografie an den Beginn eines umfassenden
Entwicklungsprozesses stellt.
„Dabei betrachteten wir die Rolle der Typografie aus einer neuen Perspektive. Ihr sollte die
Aufgabe zufallen, über die technischen und medialen Plattformen hinweg zu wirken. Also
eine Schrift für alle Medien: alte, neue und zukünftige!“ erklärt Jürgen Barthel, ausgebildeter
Grafik-Designer und bei der Siemens AG als Direktor verantwortlich für den Bereich Kom-
munikation. In dem Schweizer Hans Jürg Hunziker fand man einen Typografen, der die
schwierige Aufgabe bewältigen konnte.
Bei der Entwicklung war man nicht den heute üblichen, weil leichtesten Weg gegangen.
„Eine einfache Schriftdigitalisierung kam für uns wegen der Zielsetzung, perfekte Schrift-
fonts für alle Medien zu erarbeiten, nicht in Frage. Neben der Qualität in den klassischen
Medien wollten wir vor allem für den Bildschirm perfekt ‚gehintete‘ Schriftfonts haben. Und
natürlich alle technischen Plattformen bedienen“, beschreibt Jürgen Barthel die Vorgehens-
weise.
Parallel zur Schrift wurde an der Entwicklung eines umfassenden Corporate-Design-
Programmes gearbeitet. Dabei war vor allem Beschränkung angesagt. Mit nur sechs so ge-
nannten „Brand-Elements“ sollte die global operierende Marke in aller Vielfalt dargestellt
werden können: Man reduzierte die Arbeitsfelder auf Logo, Claim, Schrift, Farbe, Layout
und Stil. Eine äußerst komplexe Aufgabe also, mit wenigen Elementen das „Global network
of innovation“ – so der Claim – weltweit wiedererkennbar zu kommunizieren und gleichzei-
tig lebendig zu halten.
250 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?

Ohne eine entsprechende Vorgehensweise wäre das wohl nicht zu realisieren gewesen. Des-
halb kam es von Anfang an auf den Dialog zwischen allen Beteiligten an. Um das Corporate
Design, den Orientierung schaffenden Part, kümmerten sich Baumann und Baumann, Büro
für Gestaltung aus Schwäbisch Gmünd. Als grundlegendes Ordnungsprinzip für ihre Arbeit
griffen sie auf Altbekanntes, aber niemals Veraltetes zurück. Alle Elemente des Layouts ba-
sieren auf der dynamischen Summenzahlenreihe von Fibonacci (1, 1, 2, 3, 5, 8, 13 ...), mit
denen die Verhältnisse des Goldenen Schnittes definiert werden können. Ob Schriftgrößen,
Zeilenabstände oder Farbtöne, alles ist nach entsprechenden Fibonacci-Zahlen abgestuft;
denn die meisten von uns als schön empfundenen Verhältnisse in der Natur lassen sich auf
eben diese Regeln des Goldenen Schnittes zurück führen.
Die Ergebnisse, die heute nach nahezu dreijähriger Arbeit vorliegen, zeigen beispielhaft, was
möglich ist, wenn ein Unternehmen Identität und Gestaltung ernst nimmt und vor allem eine
prozesshafte Entwicklung mitzugehen bereit ist.

CI wird über Persönlichkeiten entschieden


Das sind drei Beispiele dafür, wie Unternehmen mit CI umgehen oder dies nicht tun. So
unterschiedlich die Fälle sind, eines wird sofort deutlich: Der Umgang mit dem Thema Cor-
porate Identity hängt vom Bewusstsein der Verantwortlichen ab. Wie wir gesehen haben,
muss Identität geschaffen werden, und dazu sind verantwortliche Persönlichkeiten unabding-
bar. Das grundsätzliche Problem beim Entwickeln von Identitäten besteht nämlich darin, dass
es nicht um Schnellschüsse, Adhoc-Maßnahmen oder Powerplay geht. CI-Entwicklung setzt
enorme Standfestigkeit und Geduld der Manager voraus. Wer mit einem Fünf-Jahres-Vertrag
angetreten ist und den in Ruhe absitzen möchte, sollte nicht mit der Entwicklung einer CI-
Strategie beginnen. Das kann den Betreffenden, wenn er auf den falschen Eigentümer oder
Aufsichtsrat trifft, schon nach zwei Jahren den Job kosten, wenn auch den Umständen ent-
sprechend möglicherweise gut versilbert.
Ebenso kann das Gegenteil der Fall sein. Wenn unser Manager nach fünf Jahren die erste
Stufe einer neuen Identität eines Unternehmens vorzeigen kann, wird man ihm kaum den
Stuhl vor die Tür setzen. So ein Besessener, der sich durch nichts beirren lässt, ist Jürgen
Werner Braun, bis 2001 Geschäftsführer von FSB, einem mittelständischen Klinkenhersteller.
Als er Ende der achtziger Jahre den Grafik-Designer Otl Aicher ins Unternehmen holte, war
auch ihm zunächst selbst nicht klar, worauf er sich eingelassen hatte. Aber die Leidenschaft,
die Passion des Managers, gepaart mit unendlicher Geduld und sagenhaftem Standvermögen
ließen das Unternehmen über die Jahre hin zu etwas Einzigartigem werden.
Neben der Leidenschaft brauchen mit CI erfolgreiche Unternehmer aber genauso Visionen
und Führungsqualitäten. Die Sinnsuche eines Unternehmens oder einer Organisation führt
nur dann weiter, wenn sie durch die Visionen der Führungspersönlichkeit vorangetrieben
wird. Dazu gehören dann Qualitäten, die über das angelernte BWL-Wissen, die „Faktenhube-
rei“ und traditionelle Techniken hinausgehen. Visionär führen heißt keineswegs, ohne Autori-
tät zu führen. Wer sich in schlecht organisiertes Teamwork flüchtet, richtet genauso viel
Identität ist keine Uniform 251

Schaden an wie der Patriarch alten Schlages. Es kommt vor allem auf die emotionale Intelli-
genz des Führenden an; denn nur damit lassen sich die unbedingt notwendigen Zwischentöne
und die Ganzheitlichkeit der Wirkungsweise erkennen.
Nun lässt sich über all das wunderbar diskutieren, wenn aber die wichtigsten Voraussetzun-
gen fehlen, wird dieser Zustand erst gar nicht erreicht. Und diese Grundlagen wiederum sind
von simpler, fast klassischer Natur und heißen Bildung und Kultur. Führungskräfte ohne eine
entsprechende Allgemeinbildung verdienen diese Bezeichnung nicht. Nur wer in der Lage ist,
differenziert kulturelle Zusammenhänge zu erkennen und entsprechend zu verarbeiten, kann
sich wirkungsvoll mit Corporate Identity auseinandersetzen. Die alten Tellerwäscherkarrieren
gibt es heute kaum noch. Der gelernte Schlosser Jürgen Schrempp hätte im derzeitigen Wirt-
schaftsleben kaum noch die Zeit, all die unterschiedlichen Stufen bis zum Vorstandsvorsit-
zenden von DaimlerChrysler zu überwinden. Denn im heutigen Aufstiegskampf ist kulturel-
les Verständnis zur Voraussetzung geworden; früher genügte das Wachsen der Persönlichkeit
an den Aufgaben. Heute wird vieles vorausgesetzt, was leider immer häufiger dazu führt,
dass auf Grund mangelhafter Ausbildungsmöglichkeiten die Bildungsinhalte an der Oberflä-
che bleiben. Der Schein von Bildung wirkt wie die Billigkopie eines Anzuges. Wer genauer
hinschaut, erkennt frustriert den Bluff. Und nichts ist für CI abträglicher als mangelnde
Glaubwürdigkeit.

CI ist Verantwortung

Enron, WorldCom, Xerox und kein Ende, wohl aber ein Ende der Glaubwürdigkeit. Die Wirt-
schaftskrise im Jahr 2002 geht nicht zuletzt darauf zurück, dass Manager vor allem in den
USA in der Gier nach persönlicher Bereicherung all das vergaßen, was einen guten Unter-
nehmer ausmacht. Gemeint sind an dieser Stelle vor allem Verantwortung und Glaubwürdig-
keit, also zwei Wertbegriffe, die für jede Identität Voraussetzung ihrer Dauerhaftigkeit sind.
Eine wieder-erkennbare, klare Identität kann nur unter der Voraussetzung von Glaubwürdig-
keit bestehen bleiben; denn wenn ein Unternehmen sich nicht des Glaubens an seine Ziele
und Inhalte als würdig erweist, wird niemand ihm dauerhaft Vertrauen schenken. Und hierin
liegt die so wichtige Verantwortung der Manager begründet: alles Handeln nach ethischen
Maßstäben auszurichten und damit auch alle Konsequenzen ihres Tuns zu tragen. Wie vieles
andere fallen auch ethische Maßstäbe nicht vom Himmel, schon gar nicht realisieren sie sich
von selbst. Und so gilt auch hier, dass mit großer Leidenschaft und strenger Konsequenz an
der Konstruktion dieser Identitätsmerkmale gearbeitet werden muss. Wem als Manager eine
dicke Brieftasche wichtiger ist als seine Reputation, sollte sich mit solchen Herausforderun-
gen nicht beschäftigen. Eine Corporate Identity ohne innere Haltung und Überzeugung auf-
bauen zu wollen, wird allenfalls kurzfristig einen Scheinerfolg generieren. Und Haltung
heißt, sich durch nichts auf dieser Welt verbiegen zu lassen, ohne in blinde Sturheit zu verfal-
len.
252 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?

Die Zukunft gehört der Gestaltung


Der Philosoph Peter Sloterdijk nannte das Design kürzlich einen der wesentlichsten Aspekte
unserer Zeit und sagte wörtlich: „Das Prinzip des Produktdesigns, das in der modernen All-
tagsästhetik triumphiert, weil es eine Vielzahl von Objekten in der Lebenswelt – heidegge-
risch gesprochen, das gesamte Feld des zuhandenen Zeugs – in eine permanente Kampagne
ästhetischer Revisionen einbezieht bis hin zu dem eigenen Erscheinungsbild, an dem der
zeitgenössische Selbstdesigner sein Urheberrecht geltend macht.“ Das heißt nichts anderes,
als dass Gestaltung unsere Lebenswelt dominiert, sich dabei aber in einem permanenten
Revisionsprozess befindet. Das heißt aber auch, dass es Identität ohne Design nicht gibt,
wenn auch Design ohne CI. Doch soll hier eher von Gestaltung gesprochen werden, weil der
Begriff „Design“ durch seine inflationäre Verwendung in allen Lebensbereichen mittlerweile
oft falsch oder gar negativ besetzt wird. Alles, was von Menschen geschaffen wird, muss
irgendwie gestaltet werden. Wenn das bewusst und unter Berücksichtigung von Regeln und
Gesetzmäßigkeiten, die aus der Natur abgeleitet sind, geschieht, können wir von Design oder
Gestaltung sprechen. Und da unsere Zeit von anschwellender Unübersichtlichkeit geprägt
wird, kommt der Gestaltung wachsende Bedeutung zu. Denn ein wesentlicher Aspekt der
Moderne liegt im Thema Orientierung begründet. Design zeigt Wege, reduziert Komplexität,
bringt uns Technik näher und erleichtert uns so den Umgang mit einer sehr schwierigen Welt.
Identität muss also mit Hilfe von Design geschaffen werden.

Die Worthülsenproduzierer
Wir haben einige wichtige Aspekte über den Umgang mit dem Thema Corporate Identity
kennen gelernt. Die Bekanntheit des Begriffs in der Wirtschaft hat in den letzten Jahren au-
ßerordentlich zugenommen. Dass es sich dabei, wie Wally Olins sagte, um ein Management-
instrument wie jedes andere handelt, scheint vor allem im Mittelstand noch lange nicht
selbstverständlich, das Ziel ist noch nicht erreicht. Einen wesentlichen Anteil daran haben all
jene Berater, die ihre Kunden wechselnd mit den Moden mit immer neuen, gut klingenden,
aber meist nichts sagenden Fachtermini überhäufen. Wer fortgesetzt mit Begriffen wie „inte-
gralem Prozessmanagement“, „Identity Evaluation“ oder „holistischen Strukturalisierungs-
prozessen“ um sich wirft, braucht nicht über die Fluchttendenzen seiner potenziellen Kunden
überrascht zu sein. Gerade im direkten Umgang mit Unternehmern und Managern ist eine
klare, offene und leicht verständliche Sprache unverzichtbar. Das Zuhören als wesentlichem
Aspekt der Kommunikation erscheint manchem Berater eher als Schwäche denn als Vorteil;
denn leider gelten die schnell und laut auftretenden Vertreter ihres Fachs immer noch als
dynamischer als die nachdenklichen, zurückhaltenden. Und weil das Aufbauen einer CI ein
kreativer Vorgang ist, der komplexes Wahrnehmungsvermögen voraussetzt, sind gerade hier
Überflieger die großen Schadensquellen der Branche.

Im Grunde ist alles sehr einfach!


Es geht also um zwei Ebenen: Eine Identität muss geschaffen werden, und sie muss von der
Umwelt wahrgenommen werden. Das alles ist so einfach und so alt wie die Welt und beginnt
mit Evas Apfel. Die Vertreibung aus dem Paradies war nichts anderes als das Bewusstwerden
Identität ist keine Uniform 253

der Verantwortung für das eigene Tun. Firmen hören das nicht gerne, und darin liegt das
Grundproblem aller Corporate-Identity-Bestrebungen: CI wird gerne als eine zu gestaltende
Oberfläche gesehen, die man nach Bedarf verändern kann, während das Bewusstsein um das
eigene Sein gerne verdrängt wird. Damit rückt CI in die Nähe der Schönheitschirurgie, die
aus der hässlichen Firma Müller die attraktive Marke Claudia Schiffer basteln soll. Gerade so
funktioniert das nicht, aber Wunsch und Vorstellung haben das Bild vom Umgang mit der
Corporate Identity negativ geprägt.
Deshalb braucht heute nichts so nötig ein neues Image wie die Corporate Identity selbst. Die
Erfahrung aus den vergangenen zwei Jahrzehnten zeigt, dass das inhaltliche Verständnis für
das Wesen der CI erheblich geringer ausfällt als der Bekanntheitsgrad des Begriffs. CI wird
immer für den Teil des Ganzen gehalten, dem sich der Beobachter am nächsten fühlt. Doch
CI-Entwicklung ist aktive, prozessuale Veränderung bei konstanter Außenwahrnehmung, also
der Versuch, sich von der Natur vorgegebenen Vorgängen zu bedienen. Und Corporate Identi-
ty ist das durchgängige, permanent im Revisionsprozess stehende Design von Organisatio-
nen, die damit ihre Eigenständigkeit im Haifischbecken eines mörderischen Marktes bewah-
ren. Im CI drückt sich wie nirgends sonst der Überlebenswille eines Unternehmens aus.

Praxistipps

Konstruktion: CI ist in Organisationen nicht a priori vorhanden, sie muss kreiert werden.
Seien Sie mutig!

Prozess ohne Ende: CI ist kein Ziel, das einmal erreicht wird, sondern bleibt ein immerwäh-
render Regenerierungsprozess.
Seien Sie geduldig!

Sinn: CI manifestiert die Suche einer Organisation nach Sinn. Dieser Sinn muss klar formu-
liert werden („Unternehmensphilosphie“).
Seien Sie ehrlich!

Persönlichkeit: CI ohne Persönlichkeiten, die sie konsequent und voller Leidenschaft aufbau-
en, gibt es nicht.
Zeigen Sie Haltung!

Verantwortung: CI drückt die Verantwortung eines Unternehmens gegenüber seinen Mitarbei-


tern und der Gesellschaft aus.
Vermeiden Sie Gier!
254 Wie kann man den Identitätsprozess in Gang halten?

Gestaltung: CI braucht Design. Die nobelste und schwierigste Aufgabe für einen Designer
liegt in der holistischen Gestaltung einer Organisation.
Seien Sie kreativ!
Wie kann man CI für Personen
einsetzen?

Ein ganzheitliches CI-Konzept kann man am besten verstehen und aufbauen, wenn man
persönlich engagiert an einem einfachen Beispiel die Strukturen, Methoden und Wirkungen
selbst erlebt.
Wer bin ich? Wer will ich sein? Was ist das Besondere an mir? Wo will ich hin? Die Antwor-
ten sind meine Identität – das bin ich.

CI-Selbstmanagementkonzept

Ich will es festhalten ... Ich will meine Wünsche und Ziele verwirklichen; ich will meine
bisherigen Ergebnisse und Erfolge nicht verlieren; ich will meine Überlegungen und Planun-
gen auch konsequent umsetzen – ich will das alles festhalten. Dies sind für mein Leben wich-
tige Meilensteine, die ich wirklich sichern möchte – wie kann ich das schaffen? Wie kann ich
vorgehen und daran erfolgreich arbeiten? In der Berufswelt wie im privaten Leben wird viel
Wert auf die Entwicklung der Persönlichkeit gelegt, um die unterschiedlichen Anforderungen
besser angehen zu können. Wie können Sie komplexe Verantwortlichkeiten professionell
managen? Können Sie allein damit fertig werden oder brauchen Sie für diesen Veränderungs-
prozess ein begleitendes, einfaches und erfolgreiches Konzept als ein Selbstmanagement, das
Ihnen Orientierung und Sicherheit gibt – Ihnen persönlich hilft und sie coacht?
Wer kennt das nicht: Man nimmt sich etwas vor und macht es dann doch nicht. Ausreden,
Inkonsequenz, Bequemlichkeit und auch der „innere Schweinhund“, den man nicht überwin-
den kann, verhindern das Umsetzen und man macht z. B. keinen Sport – obwohl es einem gut
tun würde und man jetzt zusätzlich noch ein schlechtes Gewissen hat, das belastet. Warum
scheitern so viele Versuche? Warum bleiben sie nur Wünsche? Woher können Sie den Antrieb
nehmen, um diese Hürde zu schaffen – vom Müssen zum Wollen, zum Machen zu kommen?
Sie wollen Ihre Wünsche und Ziele verwirklichen; Sie wollen Ihre bisherigen Ergebnisse und
Erfolge nicht verlieren. Für diese Veränderungsansätze werden erprobte Methoden gebraucht,
die helfen, sich wirklich auf den Weg zu machen und mit den Problemen und Widerständen
fertig zu werden, um die Ziele und damit echte Verbesserungen zu erreichen. Selbstmanage-
ment braucht also klare Ziele, effektive Strategien und effiziente Methoden, damit es auch
erfolgreich ist – daraus wird eine bewusste Strategie für Ihre persönliche Weiterentwicklung.
256 Wie kann man CI für Personen einsetzen?

Das Selbstmanagement
„ muss einfach sein, damit es funktioniert – nicht kompliziert;
„ muss alles miteinander vernetzen, damit sich die Maßnahmen und Projekte nicht gegensei-
tig in ihren Wirkungen behindern – Sie sich nicht verzetteln;
„ muss persönlich sein, damit Sie sich Ihre ganz spezifische Identität bewusst machen und
profilieren, damit Sie sich selbst erkennen und identifizieren können – darf also nicht
fremdbestimmt sein.

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 34: Das Spiegelkonzept

Identitätsprozesse sind wichtig – wir müssen das eigene Ich selbst entdecken, entwickeln und
erleben! Abgewandelt nach Descartes bleibt die Erkenntnis: Ich suche, also bin ich! Der
Prozess ist entscheidend – der Weg ist das Ziel. Der Weg zu Ihrem neuen Ich mit Ihren neuen
Aufgaben ist ein bewusst zu gestaltender persönlicher Identitätsprozess.
Eine Wahrheit mit eigenen Augen entdeckt, sei sie auch unvollkommen, ist zehn Wahrheiten
wert, die du von anderen erfährst – denn diese hat nicht nur dein Wissen erweitert, sie hat
auch deine Fähigkeit zu sehen geschärft – das hat der Polarforscher Fridtjof Nansen erkannt.
Identität ist keine Uniform 257

Der erste Schritt muss nicht auf Dauer richtig gewesen sein – einen falschen Schritt kann man
zurücknehmen oder verbessern und das schafft eigene Erfahrungen. Ohne erste Schritte wer-
den Sie aber nie weiter kommen. Am einfachsten ist vielleicht die Spiegelkonzept-Methode,
weil sie negativ arbeitet und das entlastet, Sie müssen nicht gleich perfekt das Richtige für
sich herausfinden. So können Sie bei anderen suchen, was Sie gut und schlecht finden und
das anschließend auf sich selbst übertragen und zusammentragen. Wenn Sie das direkt für
sich machen würden, wären Sie mehr in alten Denkstrukturen verhaftet und nicht frei für
Neues – Sie würden mehr Schwierigkeiten haben und nicht vorankommen.
Es gibt eine Vielzahl von Ansätzen, um sein Ich und damit sein Glück und sein Lebensziel zu
finden. Gerade in unsicheren Zeiten und bei Veränderungen der Lebens- und Arbeitsphasen
bekommt diese Suche wieder eine besondere – eine zentrale Bedeutung.

Auf der Suche nach dem Ich:


Die eigene Identität entdecken, entwickeln und erleben

Das Ich entdecken


Entdecken heißt, eine Motivation zu schaffen, um sich auf den Weg zu machen, auf eine
Schatzsuche zu gehen – vom Alten durch eine Veränderung, ein Chaos, zum Neuen:
„ Entdecken heißt, dass ich mir meine Wünsche, Visionen und Vorstellungen bewusst ma-
che, sie angehe und will, dass ich mich auf meine Schatzsuche mache – ich bin motiviert,
etwas Neues für mich zu entdecken. Ich bin neugierig, will Neues entdecken und meine
Visionen und Wünsche, meine Sehnsüchte, Emotionen und Träume verwirklichen.
„ Entdecken heißt erkennen, dass ich dafür auf eine Reise gehen und Anstrengungen,
Schwierigkeiten und Risiken auf mich nehmen muss; dass dafür Veränderungen notwen-
dig und wünschenswert sind; ich das aber auch als Chance und Freude für mich sehe. (Ich
muss – ich will – ich kann.)
„ Entdecken heißt, dass ich in einer chaotischen und unklaren Situation oder in einer
schwierigen Zeit eine Basis erkenne, dass ich Fragen aufnehme und beantworte (Wer bin
ich?), mich auf den Weg mache und dabei einen Schatz entdecke: Ich bin.

Das Ich entwickeln


Entwickeln heißt, eine klare Strategie zu haben, damit ich weiß, wie meine Schatzsuche im
Einzelnen konkret abläuft:
„ Entwickeln heißt, dass ich eine Ist-Analyse mache, um meinen jetzigen Standort, meine
Stärken, Schwächen und Orientierungen bewusst zu machen. (Ich kenne die Ausgangsbe-
dingungen.)
„ Entwickeln heißt, dass ich meine Ziele mit konkreten Anzeigern und Zeiten genau formu-
liere und die als Schritte zum Ich konsequent angehe. (Ich habe einen konkreten Weg, den
ich gehe.)
258 Wie kann man CI für Personen einsetzen?

„ Entwickeln heißt, dass ich mich mit einem klaren Konzept, einer konsequenten Strategie
und mit kleinen Schritten, unterstützenden Methoden und Regeln zur Überwindung von
Schwierigkeiten auf den Weg mache. (Ich gehe los, um mein Ich zu erleben.)

Das Ich erleben


Erleben heißt, den Schatz „Ich bin“ zu genießen, zu leben und nicht mehr zu verlieren:
„ Erleben heißt, dass ich nie aufhöre anzufangen und nie anfange aufzuhören ...
„ Erleben heißt, dass ich mit Problemen und Konflikte umgehe ...
„ Erleben heißt, dass ich die richtige Einstellung habe, um mein Ich wirklich gut zu spüren –
allein und zusammen mit anderen ...

„Du sollst dich nicht nach einer vollkommenen Lehre sehnen,


sondern nach Vervollkommnung deiner selbst.“
[Hermann Hesse]

Finden Sie Ihren eigenen Weg.

Zehn Identitäts-Entwicklungselemente

Zur Entwicklung einer starken Identität braucht man (vgl. auch das Kapitel Identität? Identität!):
1. Visionen und Wünsche, Träume und Ideen, Neugier und Begeisterung, Vertrauen und
Kraft, Motivation und Ausdauer, Mut und Leidenschaft,
2. Grundsätze und Leitbilder als Ausgangsbasis und Grundlage für alle Maßnahmen,
Schritte und Denk- und Verhaltensweisen,
3. Besonderheiten und ein Profil, die prägnant und reduziert die Identität verdeutlichen
und zusammenfassen,
4. Ziele und Meilensteine zur Orientierung, Ausrichtung und Entscheidung, als Zwi-
schenergebnisse und Controlling,
5. Strategien und Vorgehensweisen, als Fahrplan für Visionen, um den Prozess in Gang zu
halten und flexibel zu reagieren,
6. Strukturen und Bereiche, um Teilkonzepte zu entwickeln und die einzelnen Elemente zu
implementieren und zu vernetzen, um Klarheit und Transparenz zu haben,
7. Methoden und Instrumente, um die Ideen und Konzepte umzusetzen und zu verwirkli-
chen, um die Probleme anzugehen,
Identität ist keine Uniform 259

8. Bewusstsein und Selbstwertgefühl, denn Emotionen schaffen die Kraft, das Selbstver-
trauen und die Freude und bringen die kognitiven Strategien zum Erleben,
9. Reflexion und Controlling, um die Ergebnisse und das Gelernte bewusst zu machen und
neue Ziele zu finden,
10. Image und ein einheitliches Erscheinungsbild, um ein starkes Fremdbild als Bestär-
kung und Feedback zu haben und das alles glaubwürdig und ganzheitlich umsetzen, leben
und empfinden.

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 35: Die Spinnenanalyse für mein Leben – Mein Leben gut leben
260 Wie kann man CI für Personen einsetzen?

Analysen Selbst- und Fremdeinschätzung

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 36: Ganzheitliche Lebensbalance

Spüren Sie Ihre eigenen Kriterien auf, formulieren Sie Ihre Vorstellungen und Ihr Denken
über Ihr Leben und Arbeiten. Das Strukturmodell der Spinnenanalyse ist ein hilfreiches In-
strument, mit dem man sich einen guten Überblick über die gegenwärtige Situation, aber
auch über die gewünschten Ziele verschaffen kann. Durch die Beschränkung auf acht Krite-
rien bleibt man auf das Wesentliche konzentriert. Sieben Kriterien sollten nach innen gerich-
tet sein und über die Identitätsbildung Auskunft geben, während ein Kriterium nach außen
gerichtet das Image beschreibt. (Betrachten Sie Abb. 35 und 36 und formulieren Sie für sich
und Ihre Vision von einem guten Leben eigene Ich-Sätze – als eigene Identität – die Formu-
lierungen in den Abbildungen sind konkrete Beispiele, müssen aber natürlich an Ihre persön-
lichen Erfahrungen und Vorstellungen angepasst werden – nicht zuletzt an die spezifischen
Situationen und neuen Aufgabenstellungen.
Identität ist keine Uniform 261

Für die Formulierung der einzelnen Kriterien ist es sehr wichtig, sie ausdrücklich einfach,
positiv und konkret zu formulieren, also z. B. „Ich habe ein prägnantes Profil“ und nicht „Ich
habe ein schlechtes Erscheinungsbild, ein diffuses Auftreten und ein schlechtes Image“. For-
mulieren Sie einfache Sätze als Ich-Thesen, bezogen auf Ihre Wünsche, was Sie sich persön-
lich vorstellen, was Sie in Zukunft vorhaben. Beachten Sie dabei die Balance und die sehr
vielfältigen neuen Anforderungen. Dabei können Ihnen das Spiegelkonzept oder auch Bei-
spiele, Vorgaben und Anleitungen helfen. Die Kriterien sind also wichtige Grundsätze Ihres
bisherigen Arbeitens und für die neue Ausrichtung entsprechend der formulierten Vision. Am
besten, Sie machen sich selbst eine eigene Spinne. Es sind Sollwerte, an denen Sie arbeiten
müssen, um Ihre Lebensvision zu erreichen. Durch die Formulierung dieser Eckwerte be-
kommen Sie Klarheit, Orientierung und Hilfen, um Ihren Weg zu finden und loszugehen. Sie
sind Meilensteine für Ihren Weg. Durch diese Arbeit der Formulierung und der Bewertung
wird Ihr Bewusstsein und Ihr Selbstwertgefühl gestärkt – Sie werden sich motivierter auf den
Weg machen, weil Sie eine klare Richtung haben und Ihren Erfolg messen können. Vom Herz
zum Kopf und zurück – Sie werden diese Wechselbeziehungen selbst erkennen und spüren.
Ihr Leben und Arbeiten wird konkret, sichtbar und fassbar – Sie können es selbst gestalten!
Nach der Zielfindungspyramide (Abb. 37 und 38) beginnt der Weg zu einem umfassenden
Selbstmanagement auf der Meta-Ebene mit einer realistischen Vision und einem Leitbild. Er
geht dann von Ebene zu Ebene weiter von der Theorie zur Praxis bis hin zur konkreten Um-
setzung und zum Überprüfen. Diese fünf Ebenen sind direkt miteinander verbunden und
ergeben so ein professionelles Konzept; alle seine Ideen, Ziele, Konzepte, Projekte und Maß-
nahmen müssen wie bei einem großen Puzzle aufeinander abgestimmt werden, sodass sich
nichts gegenseitig behindert und Sie sich mit den vielen Aspekten nicht verzetteln, sondern
zum erfolgreichen Leben und Arbeiten kommen. Gehen Sie diesen Weg nach den genauen
Anleitungen und konzentrieren Sie sich auf die einzelnen Stationen – das gibt Orientierung
und Sicherheit. Inhaltlich können Sie alles selbst bestimmen, Sie haben völlige Gestaltungs-
freiheit. Die Beispiele sind nur Anhaltspunkte und Hilfe – Sie müssen selbst eigene Formulie-
rungen finden, erst dann wird es auch Ihr Konzept, das Sie auch wirklich umsetzen. Die
Zielfindungspyramide ist ein Fahrplan, damit Sie immer genau wissen, wo Sie sind und was
als nächstes zu machen ist. Die einzelnen Stationen werden mit effektiven Methoden unter-
stützt und helfen Ihnen, direkt mit ihrem Konzept zu beginnen.

Praxistipps

Als Überblick und konkrete Orientierung zur Vorgehensweise von den Leitfragen, über die
ersten Teilziele bis hin zur praktischen Umsetzung mit einem begleitenden Controlling die-
nen die Abb. 40 bis 42. Diese Zusammenfassung zeigt in komprimierter Form den CI-Prozess
auf und hilft Ihnen, die einzelnen Ebenen der Zielfindungspyramide klarer zu unterscheiden:
Auf welcher Ebene bin ich gerade und was muss ich als nächstes tun? In fünf Schritten be-
kommen Sie hier einen einfachen und erfolgreichen Fahrplan zur Entwicklung Ihrer Identität.
Das Vorgehen ist im Prinzip für Personen und Organisationen gleich – es muss natürlich an
die spezifische Kultur und Besonderheit angepasst werden.
262 Wie kann man CI für Personen einsetzen?

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 37: Die CI-Pyramide: Meine Identität entdecken – entwickeln – erleben

„Vom Ziel haben viele Menschen einen Begriff,


nur möchten sie es gerne schlendernd auf irrgänglichen Promenaden erreichen.“
[Johann Wolfgang von Goethe]
Identität ist keine Uniform 263

Wollen Sie also Ihr Ziel wirklich erreichen und dafür Ihr Verhalten konsequent danach aus-
richten – oder ist die Zielerreichung gar nicht Ihre Absicht, sondern der Weg dahin viel wich-
tiger? Ziele setzen unser Verhalten in Gang, Konsequenzen halten unser Verhalten in Gang.
Es geht um die Motivation (lat. movere – bewegen) – um die Zielorientierung, die man wach
halten will. Ohne die Zielgrößen, die wir als Erfolge und bestätigende Ergebnisse brauchen,
wird die Zielsetzung schwächer. Daher müssen wir alle Kräfte auf unser Ziel konzentrieren!
Hinzu kommt noch, dass wir uns auch authentischer und glaubwürdiger fühlen und anderen
gegenüber präsentieren, wenn wir unsere Ziele auch erreichen – dass, was wir sagen auch
machen.
Klare Ziele geben uns Orientierung, Sicherheit und Motivation. Ideen, die zu vage bleiben
und nicht genau als Ziele formuliert und mit einer Strategie versehen werden, bleiben Träu-
me, die nicht realisiert werden. Damit diese vage Idee aber kein Traum bleibt, sondern auch
wirklich erfolgreich umgesetzt und gelebt werden kann, muss ich entsprechende Grundsätze,
konkrete Teilziele und Maßnahmen ableiten und formulieren können. Nur wer sein Ziel
kennt, findet den Weg, hat Laotse gesagt. Wie kann man seinen Weg finden? Es beginnt mit
dem Herzen, es zeigt mir meine Gefühle. Nach Antoine de Saint-Exupéry kann man mit dem
Herzen am Besten sehen. Planen sollte man mit dem Kopf, umsetzen mit der Hand und die
Wirkungen wieder mit dem Herzen erkennen. Ein ganzheitlicher Prozess – ein Weg “from the
heart to the head and retour”. Wenn man eins wird mit seinem Weg, findet man seine Mitte –
seine Identität, sein Ich. Um diesen Weg auch bewusst, sichtbar und erfolgreich zu machen,
brauchen wir Methoden, die uns auf diesem Weg des Herzens helfen – wie z. B. die Spinnen-
analyse. Die selbstgewählten Sollwerte für mein Leben sind Meilensteine auf meinem Weg,
an denen ich messen kann, wie weit ich gekommen bin. Sie verdeutlichen mir meine Identität
und helfen mir auf meinem Weg zum Ich. Viele Führungskräfte aus unterschiedlichen Bran-
chen haben schon mit dieser Methode gearbeitet. Das einfache und effektive Umgehen mit
dieser Selbstmanagement-Methode schafft selbstverantwortliche Lernkulturen und stärkt die
Persönlichkeitsentwicklung.

Spinnen-Analyse

Acht ausgewählte Grundsätze und Kriterien werden mit den Noten 1 bis 6 bewertet (1 = trifft
voll zu/außen; 6 = trifft nicht zu/innen). Dies erfolgt entweder durch die eigene Einschätzung
(Selbsteinschätzung/Selbstbild) oder durch eine direkt angelegte Zielgruppenbefragung bei
Partnern, Freunden und Mitarbeitern (Fremdeinschätzung/Fremdbild). So bietet sich die
interessante Möglichkeit, dieselben Kriterien von unterschiedlichen Gruppen bewerten zu
lassen. Es ist sicherlich nützlich oder auch manchmal wichtig zu erfahren, in wieweit sich die
eigene Spinne von einer Fremdspinne unterscheidet (Selbst- und Fremdbildvergleich). Gera-
de bei der Selbsteinschätzung kann man sich leicht über- oder unterschätzen und dann ist der
Vergleich eine sichere Methode, um genauere Werte zu erhalten – das sollten Sie immer,
vielleicht auch nur mit wenigen Personen machen.
264 Wie kann man CI für Personen einsetzen?

Das Gebilde der Spinnenanalyse zeichnet die Ist-Situation auf für Ihre jetzige Situation: Wo
stehen Sie jetzt (Ausgangslage) bezüglich Ihrer Vision? Je größer das Gebilde ist, desto stär-
ker sind Ihre Identität und Ihr Image ausgeprägt. So können Sie sich selbst darstellen – Ihre
Identität sichtbar machen. Sollte dieser erste Schritt einer Ist-Bestimmung als zu allgemein
empfunden werden, kann man direkt mit Unterspinnen weiter machen. Wenn Sie bei der
Bewertung unsicher sind (große Unterschiede/Streuungen in der Benotung), sollten wieder
acht Kriterien für die Zusammenarbeit zusammengestellt werden, um mit Hilfe dieser Unter-
spinne das Problem genauer zu beleuchten (Fein-Analyse). Nach diesem Beispiel können je
nach Bedarf alle acht Einzelkriterien intensiver analysiert werden. Das schafft Klarheit für
den ersten Schritt zur Veränderung, der dann nach der Zielfindung durch die Entwicklung
eines Aktionsplans mit konkreten Maßnahmen weiter fortgesetzt wird.
Die Erstanalyse, die zunächst den Ist-Zustand als Ausgangspunkt darstellt, ist also nicht un-
bedingt die letzte und einzige Analyse, sondern sie zeigt auch gleichzeitig auf, an welchen
Punkten noch einmal genauer hingeschaut und nachgefragt werden muss, oder worüber noch
einmal neu durchdacht werden sollte. Die einzelnen Spinnen begleiten Sie kurz- und länger-
fristig und helfen Ihnen, sich auf Ihrem Weg zu orientieren und sich nicht zu verlaufen. Sie
können Orientierung, Kraft, Mut und auch Handlungshinweise geben und Ihre Lebensgestal-
tung ganzheitlich unterstützen.
Vorgehensweise zur Spinnenanalyse: (vgl. Abb.35)
1. Kriterien bewusst machen/besprechen/diskutieren (Identitätsstiftung),
2. Kriterien finden und formulieren (acht– bis max. zehn) für die Hauptspinne (Grundsätze
für die Vision); Kriterien nach realistischer Vision ausrichten – positive Statements/Thesen/
einfache Ich-Aussagen,
3. Ist-Analyse durch Benotung der Kriterien – Ist-Zustand (Kriterien mit Noten 1 – 6 bewer-
ten, evtl. Durchschnittswert von Selbst- und Fremdeinschätzung berechnen, evtl. Streu-
ung beachten) (Grob-Analyse); Selbsteinschätzung und Fremdeinschätzung vergleichen –
Abweichungen/Bestärkung,
4. Stärken-Schwächen-Profil durch + und – verdeutlichen,
5. Unterspinnen nach Bedarf erstellen (Fein-Analysen); genauere Ursachen/Fehler/Gründe
herausfinden,
6. für die Arbeitsschwerpunkte in der Hauptspinne jeweils pro Kriterium entsprechend acht
verfeinerte Unterpunkte für die Unterspinnen finden (8 x 8 = 64 Gesamt-Kriterien für den
weiteren Entwicklungs- oder Veränderungsprozess),
7. Soll-Analyse durch Festlegen von Zielsetzungen (Konzentration, Zielfindung),
8. Ziel mit konkreten Anzeigern/Messgrößen und Terminen als erstes Ziel (ein Spinnenarm)
festlegen (Prioritäten/Reihenfolge als Vorgehensweise/Strategie planen),
9. Klarheit und Motivation als Unterstützung zur Zielerreichung,
Identität ist keine Uniform 265

10. Controlling/Reflexion durchführen (nach der in den Zielen festgelegten Zeit) (Control-
ling); Soll-Ist-Vergleich als Selbst-Controlling/Reflexion, um Ergebnisse/Erfolge bewusst
zu machen und weiterentwickeln zu können; Nachbesserung/Innovationen und neue Ziel-
setzungen/Lernerfahrungen als Fortschritt und zur Motivation festhalten/Prozess in Gang
halten.
Untrennbar von der Ist-Analyse ist die Soll-Analyse. Die Kriterien der Ist-Spinne sind ja die
Denkweisen und Vorstellungen in Bezug auf die Vision und Ihre eigene Identität, die Sie
noch als wichtige Meilensteine angehen müssen. Die Bewertung der Kriterien zeigt, wo Sie
Stärken und Schwächen haben und so wird automatisch der Handlungsbedarf deutlich: Was
muss ich tun, um meine Vision zu verwirklichen? Die Bewusstmachung der Ausgangspunkte,
des jetzigen Ist-Zustandes gibt Ihnen die Antwort auf die Frage: Wo bist du? Somit ist die Ist-
Analyse auch gleichzeitig eine Soll-Analyse: Wo willst du hin? Sie können einen von den
acht Spinnenarmen auswählen, an dem Sie verstärkt weiter arbeiten wollen. Leiten Sie Ihr
Vorgehen aus der Zielfindungspyramide ab. Bitte nicht verzetteln und sofort an allen Spin-
nenarmen eine Verbesserung erreichen wollen (Verzettelungsgefahr, Überforderung – evtl.
mit einem Berater als Unterstützung leichter). Reduzieren Sie den Arbeitsschwerpunkt und
konzentrieren Sie sich und alle Ressourcen auf ein Teilziel. Durch eine einfache Punktbewer-
tung – Sie selbst und vielleicht auch andere aus Ihrem Kreis von Freunden, Partnern, Bera-
tern setzen max. jeweils drei Punkte an die Spinnenarme – können Sie dann evtl. leichter den
ersten Schritt, das erste Ziel festlegen und sich so schneller entscheiden. Bei der Auswahl der
Zielsetzung sollten besonders zwei Leitfragen vorher deutlich gemacht werden, um möglichst
große Synergieeffekte zu haben und auch, um einzelne Elemente besser miteinander vernet-
zen zu können:
„ Welche Zielsetzung schafft gute und schnelle Lernerfolge, um am Anfang einen großen
Motivationsschub zu bekommen?
„ Welche Zielsetzung hat einen großen Synergieeffekt für alle anderen Bereiche, kann ande-
re mögliche Ziele mit aufnehmen und verbinden?
Damit sollen nicht die größten Schwierigkeiten gleich am Anfang angegangen werden – die
Gefahr des Scheitern und der Frustration wäre zu groß. Als ersten Ansatz also einen leichten
Start wählen, damit der erste Erfolg motiviert, weiter zu machen. Entscheidend dabei kann
auch die Auswahl für einen Schwachpunkt oder für eine Stärke sein. Es muss die erste Ziel-
setzung nicht die Behebung einer Schwäche sein, schon gar nicht die größte Schwäche ange-
gangen werden (schwierige, verkrustete Strukturen) – es kann auch mit dem Ausbau einer
Stärke begonnen werden. Eine Zielsetzung, die eine große Auswirkung auf andere Bereiche
hat, sollte bei der Auswahl und der Prioritätenliste besonders berücksichtigt werden, um
damit einen großen Schritt voran zu kommen. Legen Sie eine so gewichtete Reihenfolge fest,
dann haben Sie eine klare Strategie und können mit der Umsetzung beginnen.
266 Wie kann man CI für Personen einsetzen?

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 38: Die Unterspinnenanalyse für meinen Grundsatz – Gesundes Leben

Nachdem Sie in der Hauptspinne den Arbeitsschwerpunkt bei einem Spinnenarm festgelegt
haben – z. B. Ich will an diesem Grundsatz bis Ende 2009 um mindestens einen Wert besser
geworden sein! – wird durch den Soll-Ist-Vergleich nicht nur der Handlungsbedarf deutlich,
sondern auch die Richtung für Ihren Weg und das schafft ein starkes Selbstbewusstsein und
eine neue Motivation. Um dies noch zu verstärken, können Sie die möglichen Auswirkun-
gen/Synergieeffekte für die anderen Spinnenarme einzeichnen: Markieren Sie, was Sie auch
logischerweise bei den anderen Spinnenarmen erreichen, wenn Sie in einem Kriterium besser
Identität ist keine Uniform 267

geworden sind. Natürlich werden sich nicht alle Kriterien automatisch verbessern, wenn Sie
effektiv an einem arbeiten, aber einige werden sich dadurch verändern und das sollten Sie für
sich als Perspektive deutlich machen: Ganzheitliche Erfolge werden sichtbar und geben Kraft
und Mut für den eigenen Weg.

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 39: Corporate Identity in fünf Schritten (1)

Der nächste Schritt sollte die genauere Erarbeitung und Bewusstmachung des Arbeitsschwer-
punktes sein. Durch eine erste Unterspinne zu diesem Grundsatz werden die nächsten Schritte
für diese Richtung deutlich und zeigen uns den Weg genauer auf. Die Formulierungen der
Kriterien sind im Vergleich zur Hauptspinne viel präziser und geben uns Orientierung für die
Umsetzungen.
268 Wie kann man CI für Personen einsetzen?

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 40: Corporate Identity in fünf Schritten (2)

Nicht überall wo „Ziele“ drauf steht, sind „Ziele“ drin. Viele Ziele werden zu allgemein und
zu vage formuliert – sie sind damit keine klare Orientierung, sind nicht messbar und zeigen
darum nicht, ob Sie Ihre Ziele wirklich erreicht haben. „Ich will mein Leben verbessern!“ ist
kein Ziel, sondern ein Wunsch, eine Vision. Dafür müssen Sie dann entsprechende Grundsät-
ze finden und aus der Ist- und Soll-Analyse entsprechende strategische Ziele ableiten, die
dann weiter klein gearbeitet werden müssen zu operationalisierten Zielen. Erst durch eine
genaue schriftliche Zielformulierung werden die erwarteten Wirkungen freigesetzt und der
Erfolg sichtbar gemacht. Unterscheiden Sie genau, auf welcher Ebene in der Zielfindungspy-
ramide Sie sich befinden: Ist das eine Vision, ein Grundsatz, ein strategisches oder ein opera-
tionalisiertes Ziel oder schon eine Maßnahme? (Vgl. Sie auch den Praxistipp: Abb. 40 – 42.)
Wichtig ist auch, dass Sie alle Ziele aufeinander abstimmen und miteinander vernetzen, damit
sie alle in eine Richtung zielen und sich nicht gegenseitig behindern oder in den Wirkungen
Identität ist keine Uniform 269

sogar entgegen stehen. Mit der Anleitung „Ziele smart formulieren“ (Abb.43) können Sie
realistische, erreichbare und messbare Ziele finden. Das schafft nicht nur Motivation, sich auf
den Weg zu machen, sondern auch die Möglichkeit, sich seiner Erfolge bewusst zu werden.
Das ist Identitätsfindung.

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 41: Corporate Identity in 5 Schritten (3)

Wenn Sie gestartet sind und eine erste Unterspinne für Ihre erste Zielsetzung formulieren,
gibt es mit der Rasteranalyse eine konkrete Methode zur weiteren Unterstützung, um in klei-
nen Schritten vorangehen zu können. Diese sehr einfache zusätzliche Methode unterstützt,
begleitet und coacht Sie. Nehmen Sie die Anleitungen in den Abb. 44/45 und übertragen Sie
sie auf Ihre Entwicklung. Formulieren Sie entsprechend Ihrer Vision und Ihres ausgewählten
Leitsatzes konkrete Leitziele für die Unterspinne, die Sie dann mit smart-formulierten Quali-
tätsstandards hinterlegen, damit der Übergang zur praktischen Umsetzung und die Überprü-
fung/Evaluation leichter und überhaupt erst ermöglicht wird. Die einzelnen Maßnahmen und
270 Wie kann man CI für Personen einsetzen?

Schritte zur Umsetzung können Sie dann mit der Kraftfeldanalyse (Abb. 11) und als Arbeits-
programm mit einem professionellen Projektmanagement planen (Abb. 46), umsetzen und
kontrollieren. Durch die ganz klare Struktur und konsequente Vorgehensweise wird es weni-
ger Probleme bei der Umsetzung geben, Sie sind motivierter dabei und letztlich damit auch
erfolgreicher.

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 42: Ziele smart formulieren
Identität ist keine Uniform 271

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 43: Rasteranalyse zur Umsetzung
272 Wie kann man CI für Personen einsetzen?

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 44: Projektmanagement
Probleme bei der Umsetzung des Selbstmanagements 273

Probleme bei der Umsetzung des Selbstmanagements

Als Führungskraft haben Sie sehr vielfältige und anspruchsvolle Erwartungen zu erfüllen und
stehen permanent unter Stress. Eine Fülle von Anforderungen von außerhalb und am Arbeits-
platz selbst stürmt täglich auf Sie ein und Sie müssen flexibel und effektiv darauf reagieren.
Leiten heißt aber nicht nur reagieren, sondern aktiv und profiliert gestalten – das kommt noch
dazu. Eigene Erfahrungen und durch Weiterbildung geschultes Denken und Handeln als
Leiter, konnte Ihnen bislang helfen, Prioritäten zu setzen und entsprechende Grundlagen und
Prozesse zu entwickeln, um damit gut umgehen zu können. Die Steigerung kommt jetzt aktu-
ell mit der veränderten Qualifizierung dazu, bei der Sie als Leiter ganz neue Aufgaben und
Verantwortlichkeiten noch zusätzlich übertragen bekommen – auf die Sie in keiner Weise
vorbereitet sind. Sie müssen diese Innovationen für sich handelnd entdecken – mit Risikobe-
reitschaft, Stärke und Fehlern. Der Gefahr der Überforderung und Verzettelung kann man nur
durch ein gutes Selbstmanagement entgegnen. Nur durch ein klares und ganzheitlich vernetz-
tes Gesamtkonzept für die Privatperson und die Position als Führungskraft bekommen Sie
Orientierungshilfe, strategische Begleitung und begleitende Reflexion, damit Sie weniger
Fehler machen und in Ihrer Person gestärkt werden. Stress ist selbstgemacht! Stressmanage-
ment beginnt bei Ihnen selbst.

Praxistipp

Beginnen Sie in einer stillen Stunde mit Ihrer Lebensbalance (Abb. 36) und überlegen und
formulieren Sie für Ihr privates Leben eine ausgeglichene Hauptspinne mit acht Leitsätzen,
um für sich eine klare Basis zu haben (vgl. Abb. 35). Setzen Sie sich ein Lebensziel für ein
Jahr und machen Sie dafür eine Unterspinne (vgl. Abb. 39 mit konkreten und überprüfbaren
Kriterien – smart). So entwickeln Sie für sich ein Selbstmanagement für Ihre Person – Ihren
Lebensplan, damit Ihre privaten Belange nicht zu kurz kommen. Für Ihre neue Zielsetzung
können Sie jetzt eine entsprechende Unterspinne erarbeiten (vgl. Abb. 39) und damit ein
Selbstmanagement erstellen. Alles ist aufeinander abgestimmt, übersichtlich und einfach
strukturiert. Der Fülle der täglichen Aufgaben können Sie damit gestärkt entgegentreten und
den Überblick behalten. Eine Benotung in den Spinnen schafft eine begleitende Reflexion
und hilft neue Ziele zu setzen. Wenn Probleme und Konflikte, Störungen und Stresselemente
auftreten, können Sie gezielter mit Stress- oder Konfliktmanagement dagegen angehen und
Lösungen finden (vgl. dazu auch Kap. Veränderungsmanagement).
274 Wie kann man CI für Personen einsetzen?

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 45: Dem Stress keine Chance – 10 Regeln zum Stressabbau (Teil I)
Probleme bei der Umsetzung des Selbstmanagements 275

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 46: Dem Stress keine Chance – 10 Regeln zum Stressabbau (Teil II)
276 Wie kann man CI für Personen einsetzen?

Sie können sich eine Woche lang auf eine Regel konzentrieren und dann eine zweite dazu
nehmen usw. Finden Sie aus obigem Angebot, die für Sie zutreffenden und wichtigen Punkte
heraus und stellen Sie sich so ein persönliches Anti-Stresskonzept mit ca. 5-7 Regeln zusam-
men, die Sie Woche für Woche ergänzt und weiterentwickelt haben. Durch dieses Entwick-
lungstraining lernen Sie das „Um-Denken”. Das Selbsttraining kann durch gemeinsame Bera-
tungen und Besprechungen noch verstärkt werden: Reden Sie mit anderen Personen über Ihre
Regeln, den Gebrauch und Ihre Erfahrungen. Diese Bewusstmachung erhöht die Erfolgs-
chancen (vgl. auch Abb. 47/48).
Führungskräfte brauchen für sich und alle Beteiligten ein ganz klares Zeitmanagement, um
den vielfältigen Aufgaben und Anforderungen gerecht werden zu können. Legen Sie verbind-
liche Zeiten, Sprechzeiten und Zeiträume fest, um andererseits Freiräume zu haben für Ges-
taltungsaufgaben und zur persönlichen Entspannung. Erst dadurch schaffen Sie sich Mög-
lichkeiten, um flexibel auf nicht geplante Ereignisse reagieren zu können. Planen Sie
möglichst immer mit einer Zielsetzung, mit Alternativen und Prioritäten – dann können Sie
schneller entscheiden, was wichtiger ist und was zeitlich verlegt werden kann.
„ Planen nach dem Eisenhower-Prinzip: Alle Entscheidungen und Anlässe sofort nach
Wichtigkeit und Dringlichkeit in einem Koordinaten-System ordnen. Ganz wichtig und
dringlich – sofort selbst erledigen, ganz unwichtig und nicht dringlich – sofort in den Pa-
pierkorb, ganz wichtig aber nicht dringlich – mit festem Termin planen und ganz dringlich
und nicht so wichtig – delegieren und zur Bearbeitung weitergeben an Mitarbeiter.
„ Planen nach dem Pareto-Prinzip: Alle Projekte, Arbeiten und Anlässe nach drei Katego-
rien ordnen: A-Kategorie ganz wichtig, B-Kategorie weniger wichtig und C-Kategorie
ganz unwichtig für die Ziele und den Erfolg. Die Zuordnungen sollten Sie aus zwei Erfah-
rungs-Wochen ableiten, in denen Sie alle Maßnahmen schriftlich aufgelistet und im Nach-
hinein zugeordnet haben. Wenn Sie jetzt planen, sollten Sie das Pareto-Prinzip beachten,
dass nur 20-Prozent der Maßnahmen 80-Prozent des Erfolges bringen – und das sind ge-
nau die A-Maßnahmen, auf die müssen Sie sich konzentrieren und die unwichtigen C-
Maßnahmen weglassen. Konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche – das schafft Entlas-
tung, Stärke, Qualität und einen guten Erfolg. Verplanen Sie nur ca. ein Drittel Ihrer Zeit
mit den A-Maßnahmen und lassen Sie die „Restzeit“ für die anderen Kategorien und un-
geplanten Ereignisse. Damit Sie sich nicht verzetteln, überfordern und verplanen sollten
Sie gerade in Stresszeiten die wichtigen Maßnahmen gut machen und die anderen lieber
delegieren und/oder ganz weglassen, so dass Sie auch noch Zeit für sich haben. Bei den A-
Maßnahmen letztlich private und berufliche nicht trennen, sondern beide Bereiche als
gleichermaßen wichtig ansehen und gleich behandeln. Zeitmanagement heißt Prioritäten
setzen.
Bei der Umsetzung gibt es meistens Widerstände, die das weitere Vorgehen behindern. Die
genaue Unterscheidung zwischen Problem und Konflikt kann dabei schon helfen, besser
voran zu kommen. Widerstände: Problem oder Konflikt? Krisen und Konflikte sind Gefah-
ren, aber auch Chancen. Widerstände werden nicht differenziert: Ist es ein Problem oder ist es
ein Konflikt? Viele sehen überall nur Konflikte. Die bringen Stress, belasten uns, erschlagen
Probleme bei der Umsetzung des Selbstmanagements 277

uns und sind zu komplex, um damit erfolgreich umzugehen. Die konfliktartigen Widerstände
bringen negative Emotionen – sie ärgern uns und rauben uns unsere Energie, so dass wir
nicht mehr handlungsfähig sind – sie erschlagen uns förmlich:
„ Emotionale Belastung,
„ Kognitive Sperre,
„ Handlungsunfähigkeit.
Der erste Ansatz zur Lösung liegt in der klaren Unterscheidung; erst dann weiß ich genau, ob
ich problem- oder konfliktorientiert vorgehen muss. Was ist aber der eigentliche Unterschied
(Abb. 49/50/51)? Ein Problem ist rein sachlich, bezieht sich auf Inhalte, Sachzusammenhän-
ge und auf Dinglichkeiten (Inhaltsaspekt). Ein Konflikt wird es erst daraus, wenn belastende
Emotionen, Gefühle, Ärger und Vorstellungen/Meinungen dazu kommen (Beziehungsaspekt)
und uns derart behindern, dass wir nicht mehr zum Handeln kommen. Der belastende Bezie-
hungsaspekt überlagert den Inhaltsaspekt und verhindert damit sachlich gute Lösungen. Wir
müssen also zuerst die negativen Emotionen so weit abklären, dass wir dann sachlich weiter
kommen können. Gute Lösungen brauchen positive Emotionen. Unterscheiden Sie deutlich
Probleme und Konflikte. Nicht jedes Problem ist gleich ein Konflikt – aber jeder Konflikt ist
ein Problem.
Sobald Sie bei sich und/oder bei Anderen negative Emotionen erkennen können, ist es ein
Konflikt und muss als solcher behandelt werden. Der erste Schritt: Mit Ich-Botschaften direkt
für sich und Andere die negativen Emotionen ansprechen und dadurch bewusst machen. Nach
dieser Formulierung und Bewusstmachung können Sie eher auf das sachliche Problem losge-
hen und es lösen. Machen Sie sich also deutlich: Das ärgert mich – also ist das ein Konflikt.
Wie kann man ganz strukturiert und strategisch die emotionale Lösung des Konfliktes ange-
hen? Erscheint der Konflikt zu groß und unlösbar – dann aus der Situation heraus gehen und
gleich Hilfe von außen holen (Moderator, Freunde, Vorgesetzte, Berater, Coach, Supervisor).
Die Verdrängung der negativen Gefühle bringt nur mehr Stress und keine echte Lösung –
eher die Eskalation. Der Weg zur Konfliktlösung:
1. mit negativen Emotionen bewusst umgehen lernen – sie zulassen, annehmen,
2. Alternativen, Ziele, Vorgehensweisen überlegen – erste kleine Schritte,
3. Entscheidungen treffen und handeln – lieber „Probehandeln“ als nichts tun ...
Konflikte sind nur dann störend, wenn wir nichts mehr denken und tun können – versuchen
Sie möglichst klare Ziele mit ersten kleinen Meilensteinen zu formulieren, dann schaffen Sie
für sich eine Art Selbstmotivation, diese direkt anzugehen und machen sich auf den Weg zur
Lösung. Konflikte werden so zu Herausforderungen und bleiben nicht die unüberwindbaren
Berge – Krisen kann man verändern und die Gefahr zur Chance werden lassen – nur durch
eine veränderte Denkweise. Und dann haben Sie wieder die volle positive Kraft, um sich auf
die Problemlösung zu konzentrieren. Lernen Sie Konflikte „umzudenken“.
278 Wie kann man CI für Personen einsetzen?

Die Identität ist die stärkste Kraft der menschlichen Handlung. Die Identitätsfindung aber hat
viel mit Widerständen zu tun, mit Fehlern und Misserfolgen, Enttäuschungen und Ängsten –
es ist ein alltäglicher Kampf. Identitätsfindung ist ein permanenter Prozess, der aber auch viel
mit Wünschen und Träumen zu tun hat – es geht um Visionen und ganz persönliche Zielset-
zungen. Und diese Motivationen brauchen wir alle, um unseren Identitäts-Prozess bewusst,
aktiv und erfolgreich steuern zu können:

Wer keinen Mut zum Träumen hat,


hat auch keine Kraft zu kämpfen.“
[Sinnspruch über einem Hotelbett]

Somewhere over the rainbow


blue birds fly
the dreams you dream of
dreams really do
come true ...
[Israel Kamakawiwòole]
Probleme bei der Umsetzung des Selbstmanagements 279

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 47: Problem oder Konflikt?
280 Wie kann man CI für Personen einsetzen?

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 48: Widerstände auflösen
Probleme bei der Umsetzung des Selbstmanagements 281

Quelle: ©Regenthal
Abbildung 49: Grundsätze für Konfliktgespräche (Unterspinne)
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Der Autor

Gerhard Regenthal,
Jahrgang 1947, studierte Sozialwissenschaften (Psychologie,
Pädagogik, Philosophie, Soziologie) und Wirtschaftswissen-
schaften. Als langjähriger Lehrbeauftragter an der Braun-
schweiger Hochschule für Bildende Künste im Fachbereich
Design setzte er sich verstärkt ein für die Berücksichtigung
der Menschen im Design, in der Technik und im Marketing.
Er etablierte durch Forschung und Lehre, Veröffentlichungen
und Vorträge, aber auch bei der praktischen Produktentwick-
lung den Begriff „sozialorientiertes Design” als Leitidee,
woraus der innovative Ansatz einer sozialwissenschaftlich orientierten Corporate-Identity-
Konzeption entstand.
Seit 1981 ist er Leiter und Inhaber der Sozialwissenschaftlichen Unternehmensberatung und
seit 1991 auch Leiter und Inhaber der Corporate Identity Akademie.
Als CI-Berater, CI-Berater-Ausbilder und Autor zahlreicher Veröffentlichungen und CI-Lehr-
bücher hat er in Europa das Konzept Corporate Identity mit praxisorientierten Anleitungen
für einen ganzheitlichen CI-Prozess zur erfolgreichen Profilierung von Organisationen nach
innen und außen weiterentwickelt.
Seine Arbeitsschwerpunkte als gefragter Management-Trainer und Unternehmensberater
umfassen ein breites Leistungsspektrum, das alle Maßnahmen und Aktivitäten einer Organi-
sation im Rahmen der ganzheitlichen Corporate Identity sinnvoll aufeinander abstimmt.
Corporate Identity Akademie Gerhard Regenthal, Hackelkamp 9, D-38110 Braunschweig,
Telefon: 05307 – 911 90 63, Fax: 05307 – 911 90 64,
E-Mail: regenthal@ci-akademie.de, Internet: www.ci-akademie.de

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