Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
Tablets in Schule
und Unterricht
Forschungsmethoden
und -perspektiven zum
Einsatz digitaler Medien
Tablets in Schule und Unterricht
Jasmin Bastian · Stefan Aufenanger
(Hrsg.)
Tablets in Schule
und Unterricht
Forschungsmethoden
und -perspektiven zum
Einsatz digitaler Medien
Herausgeber
Jasmin Bastian Stefan Aufenanger
Johannes Gutenberg-Universität Johannes Gutenberg-Universität
Mainz, Deutschland Mainz, Deutschland
Springer VS
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2017
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die
nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung
des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen,
Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem
Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche
Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten
wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa
tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind.
Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder
implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen.
5
6 Inhalt
Ein TApplet für die Mathematik. Zur Bedeutung von Handlungen mit
physischen und virtuellen Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301
Silke Ladel
Experimente mit Smartphone und Tablet-PC: Analyse leistungsbezogener
Antwortsicherheiten im Physikstudium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327
Pascal Klein, Jochen Kuhn und Andreas Müller
Tablets zur Förderung diskursiver Aushandlungsprozesse im
Fremdsprachenunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355
Henriette Dausend
bieten eine höhere Akkuleistung, sodass sie wirklich als mobile Geräte für mobiles
Lernen verstanden werden können. Schon kurz nach der Einführung des iPads
haben einige Schulen damit begonnen, ihre Schülerinnen und Schüler mit diesem
Gerät auszustatten. Andere Geräteklassen, wie etwa das Samsung Galaxy Note,
kamen hinzu und nicht zuletzt ist auch Microsoft mit seinen Surface-Geräten in den
Bildungsmarkt eingestiegen. In den USA muss zudem in den Google Chromebooks
eine große Konkurrenz für das Tablet gesehen werden, da diese inzwischen eine
weitere Verbreitung in amerikanischen Schulen erreicht haben, als etwa die iPads
von Apple.5 Google bietet zusätzlich die kostenlose Anwendung Google Classroom
an, die eine Schülerverwaltung mit vielfältigen Funktionen ermöglicht. Insgesamt
wird deutlich: es gibt eine große Auswahl an Geräten auf dem Markt. Viele Schu-
len sind von den Computerräumen zu Notebooks und nun wiederum zu Tablets
gewechselt oder haben ihren Gerätepark einfach immer erweitert. Neben einer Ge-
räteanschaffung durch die Schule oder den Schulträger muss aber auch der Ansatz
des Bring-your-own-device (BYOD) als wichtiger Trend in der Medienausstattung
von Schulen gesehen werden, der ebenfalls seine Vorteile mit sich bringt (Döbeli
Honegger 2016). Insgesamt bewegt sich etwas in den Schulen, denn es gibt eine
Vielzahl von Möglichkeiten digitale Medien im Unterricht einzusetzen.
Wie sieht nun die konkrete Situation im deutschsprachigen Raum aus? Es ist
sehr schwierig Daten zur Medienintegration allgemein, aber noch schwieriger zum
Einsatz von Tablets in Schulen zu bekommen. Dies hängt in Deutschland mit der
unterschiedlichen Trägerschaft von Schulen zusammen und der nicht vorhande-
nen Dokumentation von Medien im Bildungssystem (Breiter und Welling 2010).
Offizielle Daten sind rar gesät, und wenn Daten veröffentlicht werden, muss man
sich die Quelle genauer anschauen. Industrieunternehmen oder Interessenverbände
gehen nicht immer seriös repräsentativ vor, geben die Stichprobe nicht genau an
oder es bleibt unklar, wer eigentlich befragt wurde. Dies ist für die Überprüfung
der Genauigkeit der Angaben jedoch durchaus sehr bedeutsam. Die Schulleitung
weiß oft nicht genau darüber Bescheid, wie viele mobile Geräte vorhanden sind,
IT-Lehrende kennen teilweise nur die Ausstattung ihrer Räume und der Schulträger
hat häufig ebenfalls keine genaue Übersicht über den Gerätebesitz. Bei den Tablets
muss man sich auf Schätzungen oder auf Verkaufszahlen von Unternehmen ver-
lassen, jedoch sind auch diese Zahlen unsicher oder nicht zuverlässig übertragbar.
Sicher ist jedoch eines: immer mehr Schulen bzw. Lehrpersonen wollen mit Tablets
arbeiten. Erfahrungen dazu liegen inzwischen genügend vor. Die Frage, die in die-
sem Kontext allerdings sehr häufig gestellt wird, ist die, ob sich die Investitionen
überhaupt lohnen.
Kritik an der Einführung von Bildungstechnologien in Schulen wurde schon
sehr früh geübt (Cuban 2001) und auch im Kontext der PISA-Studien immer wieder
vorgebracht (Falck et al. 2015; OECD 2015). Die vorliegenden Erfahrungsberichte
von Lehrkräften, die im Internet sehr zahlreich zur Verfügung stehen, sowie die
vielen wissenschaftlichen Studien zum Tableteinsatz in Schule und Unterricht
(vgl. die Beiträge in diesem Band, insbesondere von Aufenanger) zeigen jedoch
ein differenzierteres Bild. Wenn auch durch Tablets im Unterricht nicht immer
bessere Noten gewonnen werden – was aus unserer Sicht auch nicht das Hauptziel
der Nutzung digitaler Medien sein dürfte –, so zeigt sich doch in vielen Fällen eine
positive Beurteilung und Akzeptanz dieser Geräte durch die Lehrkräfte wie auch
die Schülerinnen und Schüler.
Mit dem Boom der Medienintegration durch Tablets sind wissenschaftliche Be-
gleitstudien notwendig geworden. Diese wurden in den vergangenen Jahren auch
recht häufig in Auftrag gegeben und durchgeführt. In diesem Zusammenhang sind
unter anderem das Paducation-Projekt in Hamburg (Autorengruppe Paducation
2015), das Projekt 1000mal1000: Notebooks im Schulranzen (Schaumburg et al. 2007),
das Tablet-Projekt im Wetterau Kreis (Stolpmann et al. 2015), das Wiesbadener
PadsWiesan-Programm (Aufenanger 2015), das Projekt zum mobilen Lernen mit
Tablet-Computern in Niedersachsen (NLQ 2015) oder auch das große von Samsung
unterstützte Tablet-Projekt in der Schweiz (Prasse et al. 2016) zu nennen. Die Studien
knüpfen an schon vorliegende wissenschaftliche Begleitstudien zum Einsatz von Note-
books seit Ende der 1990er Jahre an, wie etwa die Studie von Heike Schaumburg und
Ludwig Issing (2002) zum Notebook-Einsatz an einem Gymnasium, von Eva Häuptle
und Gabi Reinmann zum Notebook-Einsatz an einer Hauptschule (2006) oder auch
an Studien mit einem Fokus auf der medienbezogenen Schulentwicklung, wie etwa
von Eric Stolpmann und Stefan Welling (2009). Begleitet werden diese wissenschaft-
lichen Begleitstudien durch Übersichtsarbeiten zum Mehrwert digitaler Medien, die
alle paar Jahre erscheinen (Herzig und Grafe 2007; Herzig 2014; Schaumburg 2001).
Auch die beiden Herausgebenden, Stefan Aufenanger und Jasmin Bastian, führen
eine noch laufende wissenschaftliche Begleitstudie an zehn Schulen mit Tabletaus-
stattung in Rheinland-Pfalz im Rahmen des Programms Medienkompetenz macht
Schule des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur durch.
Diese Studie hat unter anderem zu Fragen in Bezug auf Forschungsdesigns und auf
die Innovativität der Ergebnisse geführt. Im Rahmen vieler der oben genannten Be-
gleitstudien gab es zwar bilaterale Kontakte, jedoch keine gemeinsame Begegnung, in
deren Rahmen die Ergebnisse der Studien sowie theoretische wie methodologische
Aspekte diskutiert worden wären. Dies war der Anlass zu einer kleinen Tagung am
Einführung: Tableteinsatz in Schule und Unterricht – wo stehen wir? 5
20. November 2015 in Mainz, in deren Rahmen mit eingeladenen Forscherinnen und
Forschern genau jene Lücke geschlossen werden sollte. Auf dieser Tagung wurde
beschlossen, die Vorträge und Diskussion in einem Band zu veröffentlichen, der
hiermit vorliegt. Zwar ist es nicht möglich, die gesamte Bandbreite an Begleitstudien
um den Tableteinsatz zu erschließen, die Beiträge sollen jedoch einen Einblick in
theoretische und empirische Überlegungen geben und den Stand der Ergebnisse
zur Nutzung von Tablets in Schule und Unterricht widerspiegeln. Der Band gliedert
sich entsprechend in drei Teile, die jeweils unterschiedliche Blickwinkel auf das
Thema bieten: im ersten Teil präsentieren sich Beiträge, die sich mit theoretischen
als auch methodologischen Fragen beschäftigen, der zweite Teil zentriert sich eher
auf Begleitforschungsprojekte und deren Ergebnisse, während der dritte Teil Bei-
träge zum fachdidaktischen Einsatz von Tablets fokussiert und damit eine bisher
in der Diskussion stark vernachlässigte Perspektive aufgreift. Wir bewegen uns in
einer Spannweite von der Grundschule über die weiterführende Schule bis hin zur
universitären Ausbildung angehender Lehrerinnen und Lehrer.
Der theoretisch-methodologische Teil wird eingeleitet durch einen Beitrag von
Stefan Welling, in dem methodisch-methodologische Perspektiven für die For-
schung zum Lernen und Lehren mit Tablets formuliert werden. Welling geht dabei
zum einen davon aus, dass sich die häufig implizierte Verbesserung des Lernens
und Lehrens mit Tablets im Schulunterricht bisher empirisch nicht ausreichend
belegen lässt. Zum anderen weist er darauf hin, dass sich durch die noch neuen
Formen der Aneignung mit digitalen Medien, für die Forschung gegebenenfalls
auch ein Umdenken bezüglich der methodisch-methodologischen Zugänge ergeben
muss. Zur Analyse und zum besseren Verständnis der Veränderungen schlägt er
Nohls Modell verschiedener Transaktionsräume als einen möglichen qualitativen
Ansatz vor. Gleichzeitig weist er auf der Basis von Anschlüssen aus den Bereichen
Digital Methods und E-Research darauf hin, dass dies nur ein Zwischenschritt sein
kann. Vielmehr regt er mit seinem Beitrag den Gedanken an, dass aufgrund der
zunehmenden Mediatisierung und Digitalisierung von Lern- und Lehrprozessen
methodisch-methodologische Neuorientierungen vorzunehmen sind.
Isa Jahnke stellt in ihrem Beitrag eine Methode zur Erforschung des Tabletein-
satzes im Schulunterricht vor: den Ansatz des Designs-in-Practice, als einer Form
des Digitalen Didaktischen Designs für empirische Studien. Ihr Ausgangspunkt ist
die Annahme, dass durch den Einsatz internetfähiger Tablets in Schulen tradierte
Klassenräume mit Onlineräumen verschmelzen und so neue Räume entstehen:
CrossActionSpaces. Unter dieser Prämisse erforscht Jahnke den Unterricht in 64
skandinavischen Schulklassen. Leitend ist dabei die Fragestellung, auf welche Weise
Lehrpersonen iPads in ihren Unterricht integrieren. Forschungsmethodisch wird
auf teilstrukturierte Unterrichtsbeobachtungen (Foto, Audio-, Videomitschnitte)
6 Stefan Aufenanger und Jasmin Bastian
können, wann immer es ihre Lern- und Arbeitsprozesse erfordern. Beide Vor-
aussetzungen können mit dem Konzept des BYOD eingelöst werden. Der Artikel
stellt die Ergebnisse aus einem aktuellen Forschungsprojekt vor und verdeutlicht
die ersten Umsetzungserfahrungen in lokalen Schulnetzwerken, die mit diesem
Ansatz gemacht wurden. In dem Zusammenhang wird außerdem besonders auf
die Bedeutung von schulinternen Lehrerfortbildungen und Medienkonzepten bzw.
schulinternen Medien-Curricula hingewiesen.
Der Beitrag von Doreen Prasse, Nives Egger und Beat Döbeli Honegger thema-
tisiert schließlich das Potenzial mobiler Geräte, die auch für das außerschulische
Lernen zu Hause fungieren zu können. Die Autoren untersuchen, inwiefern die
Verfügbarkeit persönlicher Tablets dazu beiträgt, dass Schülerinnen und Schüler
auch außerhalb der Schule bestimmte Lernanlässe stärker wahrnehmen und
nutzen. In ihrer längsschnittlichen quantitiven Studie an 12 Grundschulen in der
deutschsprachigen Schweiz wurden 2015 N=989 Schülerinnen und Schüler mit und
ohne Tablets zu ihren außerschulischen ICT-Nutzungsaktivitäten, Einstellungen
und Kompetenzen befragt und überprüft, inwiefern die schulische 1:1 Ausstattung
mit persönlichen digitalen Geräten mit einer außerschulisch stärkeren Nutzung
digitaler Lernanlässe einhergeht. Die Ergebnisse zeigen eine höhere Nutzung der
Tabletschülerinnen uns #schülerfür lern-, nicht aber für unterhaltungsbezogene
Zwecke. Der Unterschied besteht auch nach Kontrolle weiterer, für die außerschu-
lische, lernbezogene ICT-Nutzung ebenfalls bedeutsamer Bedingungen, wie der
subjektiven ICT-Kompetenz und Einstellung, dem Engagement der Eltern und der
Bedeutung digitaler Medien im Unterricht.
Der Beitrag von Alexander Tillmann und Claudia Bremer beschäftigt sich eben-
falls mit dem Einsatz von Tablets in Grundschulen. In diesem Rahmen werden die
Umsetzung sowie die Ergebnisse des Projektes Mobiles Lernen in Hessen (MOLE)
vorgestellt. Die wissenschaftliche Begleitforschung evaluiert die Einführung von
Tablets an sechs hessischen Grundschulen. Zentrale Fragestellungen sind in diesem
Zusammenhang, wie und zu welchen Zwecken die mobilen Endgeräte im Unter-
richt eingesetzt werden und welchen Einfluss der Tableteinsatz über einen längeren
Zeitraum auf die Motivation der Schülerinnen und Schüler hat. Die Ergebnisse der
empirischen Studie zeigen, dass Schülerinnen und Schüler hochmotiviert mit den
Tablets arbeiten und vor allem dann die Motivation hoch gehalten werden kann,
wenn die Unterrichtsszenarien projekt- und prozessorientiert gestaltet sind und
selbstgesteuertes Lernen ermöglichen.
Schließlich wird im Beitrag von Mandy Schiefner-Rohs der Blick ausgeweitet auf
die Ausbildung von Lehrpersonen im Vorbereitungsdienst resp. Referendariat. Die
Ausgangsbasis bildet die Feststellung, dass Projekte, die den Einsatz von Tablets in
der Lehrerbildung untersuchen, bisher in der Minderheit sind gegenüber Projekten,
Einführung: Tableteinsatz in Schule und Unterricht – wo stehen wir? 9
die Kinder und Jugendliche in den Blick nehmen. In den vorhandenen Studien
stehen darüber hinaus zumeist Studierende im Allgemeinen und nicht spezifisch
Lehramtsstudierende im Vordergrund. Der Beitrag beleuchtet daher – ausgehend
von einem explorativ angelegten Forschungsprojekt – den Einsatz von Tablets in
der zweiten Phase der Lehrerbildung. Er präsentiert erste Ergebnisse dazu, wie
Referendarinnen und Referendare Tablets zur Organisation ihres Lern- und Ar-
beitsalltags nutzen und welche Handlungspraktiken sich in der Nutzung des Geräts
für den persönlichen Lern- und Arbeitsalltag ausbilden.
Im dritten Teil des Bandes werden schließlich fachdidaktische Aspekte bei
der Arbeit mit Tablets im Unterricht in den Blick genommen. Dies geschieht
exemplarisch aus drei unterschiedlichen Disziplinen heraus: zunächst aus dem
Blickwinkel der Mathematikdidaktik, dann aus der Physik- und schließlich aus
der Fremdsprachendidaktik.
Der Beitrag von Silke Ladel beschäftigt sich mit dem Potenzial des Tablets zur
Unterstützung von Lehr- und Lernprozessen in der Mathematik, insbesondere bei
der Nutzung durch junge Kinder. In diesem Zusammenhang wird die Bedeutung
von Handlungen mit physischen und mit virtuellen Materialien reflektiert. Dies
geschieht auf der Grundlage der Artefact-Centric Activity Theory im Rahmen zweier
Forschungsprojekte: Ein Projekt befasst sich mit dem Aufbau von Zahlkonzepten
und damit, wie die Entwicklung eines kardinalen Zahlkonzepts durch den Einsatz
der Multitouch-Technologie unterstützt werden kann. Das andere Projekt widmet
sich dem verständnisvollen Umgang mit Zahlen und der Verknüpfung der beiden
Prinzipien des Bündelns und des Stellenwerts.
Dem schließt sich ein Beitrag von Pascal Klein, Jochen Kuhn und Andreas Mül-
ler zu Experimenten mit Smartphone und Tablet in der Physik – hier genauer im
Physikstudium – an. Sie gehen davon aus, dass das Smartphone und der Tablet-PC
aufgrund ihrer integrierten Sensoren sehr gut als mobiles Messlabor in der Physik
eingesetzt werden können. Sie schließen an Studien an, die bereits belegen konnten,
dass die Nutzung dieser Medien als physikalisches Experimentiermittel positive
Lerneffekte haben kann. Metakognitive Variablen wurden in dem Zusammen-
hang bisher außer Acht gelassen. Den Autoren zufolge gibt es jedoch gute Gründe
zur Annahme, dass die Nutzung von Smartphone und Tablet zu einer akkuraten
Selbstreflexion des eigenen Verständnisses führen kann. Mit ihrem Beitrag schaffen
sie eine Grundlage zur Untersuchung dieser Annahme, indem sie Lernschwierig-
keiten im Untersuchungsfeld diagnostizieren und geschlossene Aufgabentypen
quantitativ hinsichtlich metakognitiver Diskriminationsstärke charakterisieren.
Eine dritte Perspektive auf fachdidaktische Aspekte eröffnet der Beitrag von
Henriette Dausend zur Förderung diskursiver Aushandlungsprozesse im Fremd-
sprachenunterricht Englisch. Sie beschäftigt sich mit den Auswirkungen des Tab-
10 Stefan Aufenanger und Jasmin Bastian
Vor dem Einstieg in die Inhalte möchten wir noch einen abschließenden Lesehinweis
geben: Bei der Lektüre des Bandes kann es zur Doppelung von Begriffserklärungen,
theoretischen Modellen oder Studienergebnissen kommen. Wir haben uns bewusst
gegen eine Streichung derselben entschieden, um es den Leserinnen und Lesern
zu ermöglichen, jeden Artikel auch für sich allein lesen zu können, ohne gleich-
zeitig eine chronologische Lektüre des gesamten Bandes notwendig zu machen.
Wir hoffen, so sind die Ergebnisse für Vertreter unterschiedlicher Fachrichtungen
und Institutionen, am besten für eine Weiternutzung geeignet – im Sinne eines
Wandels an Schulen.
Literatur
Aufenanger, S. (2013). Internationale Projekte mit Tablets in Schulen. Computer und Un-
terricht (89), 54-55.
Aufenanger, S. (2015). Tablets an Schulen – ein empirischer Einblick aus der Perspektive
von Schülerinnen und Schüler. In K. Friederich, F. Siller, & A. Treber (Hrsg.), Smart
und mobil – Digitale Kommunikation als Herausforderung für Bildung, Pädagogik und
Politik, 63-77. Bielefeld: GMK.
Aufenanger, S., & Schlieszeit, J. (2013). Tablets im Unterricht nutzen. Möglichkeiten und Trends
beim Einsatz von Tablets für das Lehren und Lernen. Computer + Unterricht (89), 6-9.
Autorengruppe Paducation (2014). Paducation. Evaluation eines Modellversuchs mit Tablets
am Hamburger Kurt-Körber Gymnasium. Bremen, Hamburg: Institut für Informations-
management Bremen GmbH, Universität Hamburg.
Breiter, A., & Welling, S. (2010). Integration digitaler Medien in den Schulalltag als Meh-
rebenenproblem. In B. Eickelmann (Hrsg.), Bildung und Schule auf dem Weg in die
Wissensgesellschaft, 13-25. Münster: Waxmann.
Einführung: Tableteinsatz in Schule und Unterricht – wo stehen wir? 11
Cristia, J. P., Ibarrarán, P., Cueto, S., & Severín, E. (2012). Technology and Child Development.
Evidence from the One Laptop per Child Program. IDB Working Paper No. IDB-WP-304.
doi: http://dx.doi.org/10.2139/ssrn.2032444
Cuban, L. (2001). Oversold and Underused: Computers in the Classroom. Cambridge.
de Hond, M., & Rood, T. (2016). Flip the school, forget the classroom. How to enable per-
sonalized learning with the help of information technology. In A. Marcus-Quinn, &
J. P. Hourcade (Hrsg.), Handbook for Digital Learning K-12. New York/Bern: Springer.
Döbeli Honegger, B. (2016). Mehr als 0 und1: Schule in einer digitalisierten Welt. Bern: hep
Verlag.
Falck, O., Mang, C., & Wößmann, L. (2015). Virtually No Effect? Different Uses of Classroom
Computers and their Effect on Student Achievement. München.
Haeuptle, E., & Reinmann, G. (2006). Notebooks in der Hauptschule – eine Einzelfallstudie
zur Wirkung des Notebook-Einsatzes auf Unterricht, Lernen und Schule. Augsburg.
Herzig, B., & Grafe, S. (2007). Digitale Medien in der Schule. Standortbestimmung und Han-
dlungsempfehlungen für die Zukunft. Studie zur Nutzung digitaler Medien in allgemein
bildenden Schulen in Deutschland. Bonn: Dt. Telekom.
Herzig, B. (2014). Wie wirksam sind digitale Medien im Unterricht? Gütersloh.
Ludwig, L. (2013). Schulisches Lehren und Lernen mit Tablets – Standortbestimmung, Be-
dingungsfaktoren, Mehrwert. In L. Ludwig, K. Narr, S. Frank, & D. Staemmler (Hrsg.),
Lernen in der digitalen Gesellschaft – offen, vernetzt, integrativ, 81-88. Berlin: co:llabo-
ratory Internet & Gesellschaft.
NLQ, Medienberatung Niedersachsen (2015). Mobiles Lernen mit Tablet-Computern an
niedersächsischen Schulen. Projektabschlussbericht. Hannover.
OECD (2015). Students, Computers and Learning. Making the Connections. PISA. Paris.
Prasse, D., Egger, N., Imlig-Iten, N., & Cantieni, A. (2016). Lernen und Unterrichten in
Tabletklassen. 1. Zwischenbericht zur wissenschaftlichen Begleitforschung (Impact Mea-
surement) der Smart Classrooms Switzerland. Goldau.
Schaumburg, H. (2001). Neues Lernen mit Laptops? Ein Überblick über Forschungsergebnisse
zur Nutzung mobiler Computer in der Schule. Zeitschrift für Medienpsychologie 13, 11-21.
Schaumburg, H., & Issing, L. J. (2002). Lernen mit Laptops. Ergebnisse eines Modellversuchs
zur Nutzung mobiler Computer in der Schule. Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung.
Schaumburg, H., Prasse, D., Tschakert, K., & Blömeke, S. (2007). Lernen in Notebook-Klassen.
Endbericht zur Evaluation des Projekts „1000mal1000: Notebooks im Schulranzen“. Bonn.
Stolpmann, B. E., Welling, S., & Meyer, M. (2015). Dokumentation des Tablet-Projektes des
Wetteraukreises. Bremen.
Stolpmann, B. E., & Stefan W. (2009). Integration von Tablet PCs im Rahmen des Medienein-
satzes einer gymnasialen Oberstufe. Endbericht. Bremen: Institut für Informationsma-
nagement Bremen GmbH.
Thissen, F. (2015). Mobiles Lernen in der Schule. Apple iBooks. https://itunes.apple.com/
de/book/mobiles-lernen-in-der-schule/id675793862?mt=11. Zugegriffen: 30.03.2016.
Viriyapong, R., & Harfield, A. (2013). Facing the challenges of the One-Tablet-Per-Child
policy inn Thai primary school education. International Journal of Advanced Computer
Science and Applications, 4(9), 176-184.
I
Theoretisch-methodologische Aspekte
der Tabletforschung
Methods matter
Methodisch-methodologische Perspektiven für
die Forschung zum Lernen und Lehren mit Tablets
Stefan Welling
Zusammenfassung
Der Einsatz digitaler Medien in der Schule besitzt hohes Potenzial, die dort situierten
Lern- und Lehrprozesse zu verbessern . Richtig eingesetzt können Schülerinnen und
Schüler mit ihnen z . B . kollaborativer lernen und sich dabei in konstruktivistischer
Manier gemeinsam interagierend Wissen aneignen (Sunnen 2006; Henderson und
Yeow 2012) . Den Heranwachsenden kommt dabei zu Gute, dass mittels digitaler
Medien Lernprozesse adaptiver, heterogener und multimodaler gestaltet werden
können, um den individuellen Bedürfnissen der Lernenden besser gerecht zu wer-
den – ein Aspekt, dessen Bedeutung nicht nur vor dem Hintergrund inklusiven
15
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2017
J. Bastian und S. Aufenanger (Hrsg.), Tablets in Schule und
Unterricht, DOI 10.1007/978-3-658-13809-7_2
16 Stefan Welling
Unterrichts kaum hoch genug bewertet werden kann (Kerres und de Witt 2004;
Boticki et al. 2015; Schluchter 2015). Durch den Einsatz digitaler Medien können
Lernprozesse außerdem nahtlos erfolgen, wenn sie sich über physische und virtu-
elle Räume hinweg erstrecken, neben formellen auch informelle Kontexte sowie
(vorhandene) Kompetenzen und Interessen der Heranwachsenden gezielt für
Lernprozesse nutzbar machen und ihnen so u. a. mehr Authentizität und Bedeut-
samkeit verleihen (Wong 2012; vgl. dazu kritisch Philip und Garcia 2013 und im
Überblick Pegrum 2014).
Obwohl die Potenziale der digitalen Medien zur Verbesserung von Lern- und
Lehrprozessen relativ früh erkannt wurden, verlief und verläuft die Integration der
digitalen Medien in der Schule an vielen Stellen immer noch relativ schleppend. Das
wurde und wird immer wieder auch auf die vorhandene, vermeintlich unzureichende
technische Infrastruktur zurückgeführt. Zu Anfang, in den frühen 1980er Jahren
und in vielen Schulen nach wie vor, fand und findet die Nutzung digitaler Medien
primär in Computerräumen mit Hilfe von Desktop-Computer bzw. PCs statt (Bruce
et al. 1993; Lang und Schulz-Zander 1998). Ab den späten 1990er Jahren gelangten
immer mehr Schulen auch in den Besitz von Laptops, mit deren Hilfe die digitalen
Medien nunmehr u. a. auch den Weg in die Unterrichtsräume finden sollten. Da
sich die pädagogisch-didaktischen Erwartungen an die Nutzung dieser Medien
vielfach jedoch nicht erfüllten – und dabei natürlich auch alle pädagogischen,
kulturellen und organisatorischen Herausforderungen der Medienintegration zum
Tragen kamen (vgl. zu diesen Herausforderungen exemplarisch Breiter et al. 2010)
– wanderten viele Laptops letztlich auch in die Computerräume, sodass der Einsatz
dieser Geräte gegenüber der Arbeit mit dem PC nicht viel veränderte (Weston und
Bain 2010). Um 2010 herum begannen immer mehr Schulen, Netbooks im Unter-
richt einzusetzen, die deutlich kleiner und portabler als Laptops waren. Auch dabei
war die Hoffnung groß, u. a. kollaborativer und kreativer zu lernen und zu lehren
(s. o.) (Pimmer und Gröhbiel 2010; Schrack 2010). Gleichwohl konnten sich auch
diese Geräte im Schulbetrieb nicht etablieren. Bereits Anfang 2000 begannen die
ersten Schulen mit Tablets bzw. Tablet-PCs zu arbeiten (Sheehy et al. 2005). Häufig
noch mit einer fest verbauten Tastatur ausgestattet, verfügten diese auch über ein
interaktives Display mit der Möglichkeit direkter Dateneingabe und Interaktion
mit dem Gerät. Für die weitere Verbreitung dieser Geräte gilt das bereits gesagte
(vgl. außerdem Welling und Stolpmann 2012).
Anfang 2010 wurde von Apple das erste iPad vorgestellt und das Gerät avancierte
rasch zu einem der erfolgreichsten Produkte des Konzerns. Nach Informationen des
Unternehmens wurden zwischen 2010 und 2015 über 308 Millionen iPads weltweit
Methods matter 17
verkauft.1 Wie viele davon ihren Weg in die Schule gefunden haben, ist unbekannt,
die Marktmacht des Unternehmens ist aber, trotz rückläufiger Absatzzahlen, immer
noch so groß, dass der Begriff iPad vielfach synonym für das Lernen und Lehren
mit Tablets steht. Im weiteren Text spreche ich nur von Tablets, unabhängig vom
Fabrikat. Denn der Markt hat sich inzwischen stark diversifiziert und es gibt eine
Vielzahl unterschiedlichster Tablets, sowohl was die Größe als auch die Leistungs-
fähigkeit betrifft. Die schulische Verbreitung von Tablets variiert erheblich. Laut
der ICIL-Studie konnten 2013 z. B. 6,5 Prozent der Schülerinnen und Schüler des
8. Jahrgangs in deutschen Schule solche Geräte nutzen, während es in Australien
63,6 Prozent waren (Bos et al. 2014, S. 162). Vom gelegentlichen Einsatz in einzelnen
Klassen bis zur Ausstattung aller Lernenden mit einem schülereigenen Endgerät
sind verschiedenste Nutzungsmodelle denkbar.
Die hohe Popularität von Tablets hängt auch mit deren Ausstattungsmerkma-
len zusammen: Erstens ist das Gerät durch geringes Gewicht, die relativ kleine
Abmessung und ein sehr effizientes Energiemanagement, das in der Regel ein
mehrstündiges Arbeiten ohne stationäre Stromversorgung ermöglicht, hoch mobil
und flexibel nutzbar. Zweitens wird die einfache Handhabung von Tablets hervor-
gehoben. Gerade die einfache Gestenkommunikation soll insbesondere jüngeren
Benutzerinnen und/oder Benutzern entgegenkommen. Drittens machen Kameras
für Foto- und Videoaufnahmen, Mikrofone sowie Sensoren in Verbindung mit
entsprechenden Applikationen (Apps) das Tablet zu einem Multifunktionsgerät für
unterschiedlichste Lernkontexte. Das funktioniert allerdings nur dann vollständig,
wenn das Tablet mit dem Internet verbunden ist. Momentan ist davon auszugehen,
dass nur wenige Schulen über eine flächendeckende, ausreichend leistungsstarke
WLAN-Verkabelung verfügen, um auch für größere Schülerzahlen entsprechende
Nutzungsszenarien zu ermöglichen. Fehlt eine solche Konnektivität, lässt sich eine
mobile kostenpflichtige Internetanbindung auch per UMTS oder LTE herstellen
(Aufenanger 2015, S. 63ff.).
Die Rezeption der Nutzung von Tablets für schulisch konnotierte Lern- und
Lehrprozesse ist auffällig positiv. Verschiedenste Untersuchungen kommen zu dem
Schluss, dass der unterrichtliche Einsatz von Tablets zu einer deutlichen Verbesse-
rung von Lernprozessen und -ergebnissen beiträgt (vgl. u. a. Magley 2011; Burden
et al. 2012; Bjerede und Bondi 2012; Thissen 2013; Ciampa 2014 sowie Aufenanger
2015). Das gilt vor allem für die oben beschriebenen Vorteile. Die unterrichtliche
Nutzung von Tablets muss sich aber auch daran messen lassen, in wie weit sie
zur Förderung fachlicher Kompetenzen beiträgt. Antworten auf diese Frage sind
Mangelware. Mit Blick auf entsprechende Studien zur generellen Nutzung digita-
2 Mediendifferente Raumzeitordnungen im
praktischen Vollzug
Die folgenden Ausführungen basieren auf der Evaluation des Projektes Paducation,
in dessen Rahmen in der Oberstufe eines Gymnasiums Tablets mit dem Ziel der
Weiterentwicklung von Lern- und Lehrprozessen eingeführt wurden. Zu Beginn des
Projektes im Sommer 2011 wurde allen Schülerinnen und Schülern der 11. Klasse
sowie den Lehrkräften in diesem Jahrgang ein identisches Tablet zur Verfügung
gestellt, das auch außerhalb der Schule und auch für nicht-schulische Zwecke genutzt
werden durfte. Die Evaluation wurde vom Institut für Informationsmanagement
Bremen (ifib) gemeinsam mit der Fakultät für Erziehungswissenschaft an der Uni-
versität Hamburg durchgeführt (Autorengruppe Paducation 2015). Mit Blick auf
den vorangegangenen Abschnitt greife ich hier exemplarisch Veränderungen der
Kommunikation zwischen den Schülerinnen und Schülern auf, anhand derer gut
deutlich wird, wie stark diese auf die Lernprozesse und damit mindestens mittel-
fristig auch auf die Schulkultur und -organisation einwirken und selbige verändern.
Die Verfügbarkeit der Tablets hat zu einer enormen Intensivierung der Kom-
munikation der Jugendlichen untereinander geführt, basierend insbesondere auf
der Nutzung von Messenger-Apps sowie der Kommunikation innerhalb speziell
eingerichteter Gruppen auf Facebook. Dabei scheint es nicht ungewöhnlich zu
sein, dass innerhalb weniger Stunden hunderte neue Nachrichten verfasst werden.
Daraus resultiert die Notwendigkeit, individuell adäquate Strategien für den Um-
gang mit dieser sehr umfangreichen Informationsmenge zu finden, eine Aufgabe,
deren Schwierigkeit nicht zu unterschätzen ist. Die Heranwachsenden nutzen die
angesprochenen Gruppen u. a., um sich innerhalb eines Kurses zu lernrelevan-
ten Fragen auszutauschen, z. B. was für die nächste Klausur zu lernen ist. Dabei
kommt es auch zu einer Ausweitung der Kooperation zwischen den Jugendlichen.
Gleichzeitig offenbart diese Situation das hohe Rationalisierungspotenzial vieler
Medienpraxen. Es scheint nicht mehr notwendig zu sein, sich zum gemeinsamen
Lernen an einem physischen Ort zu treffen, stattdessen findet man sich bedarfsweise
in einem virtuellen Raum ein. Wobei u. a. noch zu klären ist, wie sich solche Formen
der Kooperation auf die verschiedenen Lernprozesse auswirken. Die Ausführungen
einiger Schülerinnen und Schüler deuten z. B. darauf hin, dass die Intensivierung
Methods matter 21
Dieser kleine Ausschnitt aus der Evaluation des Paducation Projektes macht
dreierlei deutlich: Erstens besitzt die breite Einführung von Tablets in der Schule
das Potenzial, den Schulbetrieb massiv zu verändern – mit noch weitgehend
offenen Konsequenzen für die Schule als Organisation. Zweitens deutet sich die
große Relevanz an, die das Tablet als Artefakt für diese Veränderungsprozesse hat.
Damit, sowie vor dem Hintergrund der skizzierten Veränderungen der Lern- bzw.
Lehrprozesse und der Handlungspraxen, auf denen selbige basieren und die auf
das engste mit den dabei eingesetzten Medien verbunden sind, stellt sich drittens
die Frage, wie diese Veränderungen im Rahmen der Forschung zur schulischen
Medienintegration methodisch-methodologisch adäquat adressiert werden können.
Um darauf zu antworten, nehme ich im folgenden Abschnitt die Relevanz der ma-
teriellen Aspekte der Nutzung von Tablets in schulischen Lern- und Lehrkontexten
als einen wichtigen, bisher in der Forschung zur Medienintegration aber nicht
ausreichend gewürdigten Aspekt in den Blick.
3 Ansätze methodisch-methodologischer
(Neu-)Orientierungen
Lern- und Lehrprozesse sind ohne Artefakte bzw. Dinge kaum denkbar: Bücher,
Hefte und Stifte sind das wohl bekannteste Beispiel dafür, ähnliches gilt für Tafeln,
genauso wie für die Gestaltung und Möblierung der Räume, in denen Unterricht
stattfindet. Auf die digitalen Medien bezogen, mag man mit Blick auf die Heran-
wachsenden und insbesondere deren Aneignung von Smartphones geneigt sein,
bereits von einer Verschmelzung von Mensch und Medium zu sprechen. Ähnlich
argumentiert Mark Pegrum, wonach die Aneignung mobiler Endgeräte mit einer
Verleiblichung einhergeht, welche die Sinne und kognitiven Fähigkeiten erweitert,
während man mit der Welt um sich herum interagiert. Noch trüge man diese Geräte
nahe am Körper, zunehmend würden sie aber auch in die Kleidung integriert, um
im nächsten Schritt unter die Haut implantiert zu werden und so in den Körper der
Menschen zu gelangen, sodass diese sich nicht mehr in den Cyberspace begeben
müssen, sondern der Cyberspace in die Menschen gelangt (Pegrum 2014, S. 3).
Medizinische Technologien zeigen bereits in diese Richtung, für Lern- und
Lehrprozesse besitzt das letzte von Pegrum skizzierte Szenario jedoch noch keine
Relevanz, wirft aber eine mitzudenkende Perspektive auf das Zusammenwirken
von Menschen und Technologien im Sinne von Dingen. Auch das Tablet ist ein
Ding bzw. Artefakt, das eine Vielzahl von Fragen bezüglich seiner Aneignung
aufwirft. Begünstigt oder erzwingt die Beschaffenheit des Geräts die Realisierung
Methods matter 23
Im letzten Abschnitt wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Erforschung der
Relevanz der Soziomaterialität der Dinge in den Erziehungswissenschaften bislang
kaum eine Rolle spielt. Eine Ausnahme bilden die Arbeiten von Schäffer zur genera-
tionsspezifischen Einbindung in die Welt medientechnischer Dinge (Schäffer 2003,
2013a) sowie insbesondere die von Nohl vorgelegte Pädagogik der Dinge als Versuch,
„die Dinge für pädagogische Grundprozesse in möglichst systematischer Weise
zu erfassen“ (Nohl 2011, S. 14). Da sich Nohl nur randständig mit der Aneignung
digitaler Medien befasst, findet sich in den Überlegungen von Burkhard Schäffer
eine geeignete Ergänzung. Teile dieser Arbeit haben außerdem auch Eingang in die
Überlegungen von Nohl gefunden und beide haben grundlagentheoretisch starke
Bezüge zur praxeologischen Wissenssoziologie.
oder kann auf einfache Weise ganze Texte rasch umstellen (Schäffer 2013a, S. 63f.).
Regelmäßig scheinen solche Zusammensetzungen so selbstverständlich zu sein, dass
sie als eine Einheit erscheinen. Latour spricht daher von einer Blackbox als viertem
Aspekt der Vermittlung zwischen Mensch und Technik. Während er den Prozess
des Blackboxings am Beispiel eines den Dienst versagenden Overheadprojektors
erläutert, knüpft das Beispiel des Versagens einer Präsentationseinheit während
eines Vortrags besser an das Thema dieses Aufsatzes an (Nohl 2011, S. 37). Die
vermeintliche Einheit zerbricht im Moment des Nichtmehrfunktionierens in eine
Komposition mannigfaltiger Teile, die bei der betroffenen Lehrkraft regelmäßig
in eine hektische Fehlersuche mündet, um den Unterricht fortführen zu können.
Im Gegensatz dazu wird der Einsatz von Tablets regelmäßig mit dem Versprechen
beworben, deutlich weniger fehleranfällig zu sein als bislang genutzte Endgeräte.
Die Evaluation des Paducation Projektes hat jedoch gezeigt, dass auch die Nutzung
von Tablets genug Situationen hervorbringt, in denen die verschiedenen Zusam-
mensetzungen aus ihren Blackboxen herausfallen und ein Weiterarbeiten so im
Sinne des Verfolgens vermeintlich routinisierter Praktiken nicht mehr möglich
ist (Autorengruppe Paducation 2015). Bleibt viertens der Aspekt der Delegation,
mit dem Latour betont, dass Techniken nicht nur Bedeutungen zugeschrieben
bekommen, sondern auch qua ihrer Beschaffenheit Bedeutungen erzeugen. Eine
Schule kann z. B. ein Lern-Management-System (LMS) einsetzen, das durch seine
spezifische Konfiguration bestimmte Praktiken erzwingt. Die Ablage von Haus-
aufgaben ist dann beispielsweise nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt und in
einem bestimmten Dateiformat und Umfang möglich. Die Kontrolle der Aufgabe
im Sinne der rechtzeitigen Abgabe wird durch das LMS automatisiert und muss
nicht mehr von der Lehrkraft durchgeführt werden, sodass die Schülerinnen und
Schüler nur dann im Sinne der systemimmanenten Anforderungen erfolgreich
sein können, wenn sie die gegebenen Vorgaben einhalten.
Trotz der unbestrittenen Nützlichkeit für ein besseres Verständnis des Umgangs
von Menschen mit Dingen, kritisieren Nohl und Schäffer – neben dem Hinweis
auf begriffliche Ambiguitäten und theoretische Schwächen Latours – Annahmen
übereinstimmend hinsichtlich deren Tendenz zur Verengung menschlicher Akteure
auf Trägerinnen und Träger intentionalen Handelns (Nohl 2013, S. 191; Schäffer
2013a, S. 68). Das habitualisierte Handeln, als zentraler Aspekt menschlicher
Handlungspraxis, bleibt dabei unberücksichtigt. Diese Praxis ist, wie in Abschnitt 2
skizziert, über weite Strecken kollektiv und bildet die Basis für die Entstehung so
genannter konjunktiver Erfahrungen, die diejenigen miteinander verbinden, die
in gemeinsame oder strukturidentische Handlungspraxen eingebunden sind (vgl.
dazu auch Abschnitt 3.1.2 sowie ausführlich Bohnsack 1998). Aufgrund seines
im Gegensatz dazu zweckrational bestimmten Handlungsprogramms bleibt bei
26 Stefan Welling
Subjekt und Objekt zugrunde liegt. Im Zuge der trans-action wird vielmehr zu-
nächst lediglich beobachtet, wie menschliche und nicht-menschliche Akteure im
Zuge des Verlaufs der Praktiken erst konstituiert werden (Nohl 2013, S. 193). Das
impliziert, so Nohl weiter, dass Menschen und Dinge innerhalb gemeinsamer,
sich allmählich spezifizierender Praktiken aufeinander abgestimmt werden und
dabei die Orientierungen der Menschen und Eigenschaften der Dinge entstehen
(Nohl 2013, S. 194).
Wenn Heranwachsende mit Medien handeln, wird ihnen schnell unterstellt, dass
diese Handlungspraxen isolierend und vereinzelt sind. Teilweise ist das sicherlich
nicht von der Hand zu weisen, die meiste Zeit aber sind auch diese Handlungspraxen
in den Kontext der Peer-group Gleichaltriger eingebunden, die der zentrale Ort der
Suche der Jugendlichen nach Lebensorientierung und habitueller Übereinstimmung
ist (Welling 2008, S. 19ff.). Dieser umfassende Lebenszusammenhang bezieht sich
u. a. „auf eine gemeinsame Sprache, eine gemeinsame (bzw. strukturidentische)
Sozialisationsgeschichte und auf gemeinsame Sitten und Gebräuche“ (Schäffer
2003, S. 78). Ein bewusstseinsmäßiges gegenseitiges Verstehen ist dabei nicht er-
forderlich, vielmehr handelt es sich um eine „Form des primordialen Verstehens
im Miteinandersein“ (Schäffer 2003, S. 78), die von Karl Mannheim als Kontagion
im Sinne einer gegenseitigen Ansteckung durch andere definiert wird (Schäffer
2003, S. 78). Ihren primären Ausdruck findet die Kontagion im konjunktiven
Erfahrungsraum, in dem auf der Grundlage habituellen Handelns grundlegende
Orientierungen, Haltungen und Dispositionen erworben werden (Welling 2008,
S. 41). Nohl und Schäffer haben Mannheims Begrifflichkeit aufgegriffen und im
Sinne einer Kontagion mit den Dingen weiterentwickelt. Es ist vor allem Schäffer,
der unter Rückgriff auf Martin Heideggers (1992) Kategorie des gestimmten Zeugs
zeigt, wie sich die Nutzerinnen und Nutzer von Technologien in der empirischen
Rekonstruktion als je verschiedenen ‚Kollektiven‘von Hybridakteuren zugehörig
identifizieren lassen, „deren habituelles Handeln mit Technik von den je spezifischen
Kontagionserfahrungen mit dem Quasihabitus der Technik geprägt ist“ (Schäffer
2013a, S. 72, H. i. O.).
Entscheidend für die weitere Argumentation ist an dieser Stelle, dass dort, wo
Menschen und Dinge im Zuge der Kontagion miteinander verwickelt und aufei-
nander gestimmt werden, ein Transaktionsraum entsteht, der beide miteinander
verbindet und von konjunktiver Qualität ist, sodass man von einem konjunktiven
Transaktionsraum sprechen kann, in dem sich Menschen mit Dingen in Praktiken in
ihrer je spezifischen Weise verbinden (Nohl 2011, S. 176; 2013, S. 195). Die Gruppen,
die die Schülerinnen und Schüler im Paducation Projekt auf einer Social Network
Site eingerichtet haben, sind ein gutes Beispiel für einen solchen Transaktionsraum
(vgl. Abschnitt 2). Allmählich stabilisiert werden die in Folge einer ursprünglichen
28 Stefan Welling
Wie in Abschnitt 3 angesprochen, hat Nohl seine Pädagogik der Dinge sowie das
damit verbundene Konzept der verschiedenen Transaktionsräume nicht explizit
anhand bzw. für die Untersuchung der Verwicklung von Menschen mit digitalen
Medien entwickelt. Nohl selber benennt auch methodologische Schwierigkeiten
bei der Erforschung von Hybrid-Akteuren, die er am Beispiel der Aneignung einer
Homepage durch eine Seniorin exemplifiziert. Unter Bezugnahme auf Bohnsack
(2009, S. 29) weist er darauf hin, dass das Handeln im Internet im hohen Maße auf
einer vorreflexiven „Verständigung im Medium“ des Bildes erfolge, welche sich „un-
terhalb der begrifflich-sprachlichen Explizierbarkeit vollzieht“ (Nohl 2011, S. 116).
Eine empirisch-rekonstruktive Annäherung an die nichtsprachliche Performativität
erfolgt insofern dort, „wo neben der Textförmigkeit auch die Bildhaftigkeit, d. h.
30 Stefan Welling
die Ikonizität des Performativen empirisch untersucht wird“ (Nohl und Wulf 2013,
S. 4). Teilnehmende Beobachtungen und insbesondere Videoaufnahmen stellen
demnach eine wichtige Ergänzung von auf Interviews oder Gruppendiskussionen
basierenden Methoden dar.
Daneben hat Abschnitt 2 gezeigt, dass die Verwicklung der Schülerinnen und
Schüler mit dem Tablet weit über die unmittelbare trans-action mit dem Medium
hinausgeht und sich z. B. die Frage nach der soziomateriellen Beschaffenheit der auf
Facebook geschaffenen Gruppen stellt, die nicht ohne weiteres anschlussfähig an
das Transaktionsmodell von Nohl ist. In Abschnitt 3 wurde zudem angedeutet, dass
eine zunehmende Zahl bildungsrelevanter Praktiken in Verbindung mit digitalen
Medien eventuell mit einem Großteil der etablierten Methoden der Sozial- und
Erziehungswissenschaften inklusive der dazugehörigen Methodologien nicht mehr
adäquat erforscht werden kann. Stellt die Diskursanalyse sogenannter Tweets (über
den Dienst Twitter gesendete bzw. weitergeleitete Nachrichten) beispielsweise nur
besondere Herausforderungen an etablierte Methoden der Diskursanalyse oder
geht mit dieser Form der Kommunikation ein grundlegender Wandel sozialer
Diskurse an sich einher, der neue Methoden und Methodologien benötigt, um
diese Veränderungen forschend überhaupt noch adäquat adressieren zu können
(Marres 2012, S. 147)?
Bei den von Noortje Marres ausgewiesenen Implikationen digitaler Technologien
für die Sozialforschung spielen Dienste wie Twitter ebenfalls eine zentrale Rolle.
Denn die, nach Marres, wichtigste Implikation sei die Ausbreitung neuer Objekte,
Genres und Formate wie eben Twitter oder die Online-Foto Community Flickr
für die Abbildung des sozialen Lebens. Die Aneignung solcher Anwendungen
erfolgt vor allem unter Nutzung von Mobiltelefonen, die aus einer soziologischen
Perspektive heraus deswegen besonders interessant seien, da sie die routinemä-
ßige Generierung von Daten über das soziale Leben als Teil des sozialen Lebens
ermöglichen (2. Aspekt). Drittens ließen sich diese beiden Entwicklungslinien
nur dann adäquat verstehen, wenn man auch die Relevanz von Onlinemedien als
Werkzeuge der Datenanalyse berücksichtigt (Marres 2012, S. 142). Im Sinne der
Perspektive der digitalen Methoden geht es dann nicht mehr darum, das Internet
und seine Nutzerinnen und Nutzer zu erforschen, sondern mit dem Internet
Kultur und Gesellschaft zu erforschen (Rogers 2011, S. 77). Damit einher geht
zumindest stellenweise eine radikale Abkehr von zentralen Parametern bisheriger
Forschungspraxis. Richard Rogers bietet im Kontext der Forschung zur Nutzung
von Social Network Sites beispielsweise ein Konzept der Postdemografie an, das
auf traditionelle soziodemografische Kategorien wie Ethnie, Alter, Einkommen
oder Geschlecht verzichtet und sie durch Kategorien wie Geschmack, Interessen,
Vorlieben, Gruppen, angenommene Einladungen oder installierte Apps ersetzt
Methods matter 31
(Rogers 2011, S. 74). Mit Blick auf das in Abschnitt 3.1 vorgestellte Konzept der
verschiedenen Transaktionsräume und der Relevanz von Milieuzuschreibungen
für deren Untersuchung, wird man diesem Vorschlag sicherlich nicht folgen
wollen. Vielversprechender könnte in diesem Zusammenhang sein, z. B. die von
Kate Thompson, Shannon Kennedy-Clark, Nick Kelly und Penny Wheeler (2014)
vorgeschlagene multimodale Analysemethode zur Untersuchung kollaborativer
Lernprozesse von Studierenden hinsichtlich ihrer Eignung zur Untersuchung dieser
Prozesse von Schülerinnen und Schülern unter Einsatz von Tablets zu befragen. Zu
überprüfen wäre auch, in wie weit dieser Ansatz anschlussfähig an die Pädagogik
der Dinge von Nohl ist. Mit Blick auf den zweiten Aspekt ist auch darauf hinzu-
weisen, dass sozio-materielle Aspekte und Relevanzen im Zuge der Diskussion der
so genannten digitalen Methoden bislang kaum eine Rolle zu spielen scheinen.
Als weitere Herausforderung erweist sich, dass momentan viele der verfügbaren
Werkzeuge zur Sammlung und teilweise auch zur Auswertung von Online-Daten
ein integrierter Bestandteil der zu untersuchenden Objekte sind, die von den
Betreibern dieser Angebote bereitgestellt werden. Marres und Carolin Gerlitz
sprechen in diesem Zusammenhang von neu entstehenden Interfacemethoden,
deren Anwendung aber verschiedenste Unabwägbarkeiten birgt, z. B. dass die
Arbeitsweise dieser Werkzeuge nur sehr eingeschränkt durch die Forschenden
kontrolliert werden kann (Marres und Gerlitz 2015, S. 3ff.).
Hinzu kommt als Problem, dass im Rahmen der Onlineforschung regelmäßig die
Anonymität der Beforschten kaum zu wahren ist, geschweige denn die untersuchten
Personen überhaupt davon wissen, dass z. B. von ihnen stammenden Kommunikate
zum Gegenstand von Forschungsvorhaben werden, verbunden mit potenziellen
Risiken für deren Integrität (Dawson 2014). Damit einher gehen vielfach noch nicht
ausreichend beantwortete Frage nach einer veränderten ethischen und sozialen
Verantwortung der Forschenden inklusive entsprechender Handlungserforder-
nisse im Zuge der Durchführung von Forschungsprojekten (Andrews et al. 2015).
Die Ergebnisse aus dem Paducation-Projekt haben auch gezeigt, dass sich ein
großer Teil der Praktiken mit Medien in einem konstanten Status der Emergenz
befindet und Stabilität, wenn überhaupt, nur temporär realisierbar ist und dann
auch nur durch das Setzen mehr oder weniger willkürlicher Grenzen entlang von
zeitlichen und räumlichen Determinanten. Das erfordert von den Forschenden
mehr Aufmerksamkeit und Reflexivität u. a. beim Treffen von Entscheidungen über
Ab- und Begrenzungen im Rahmen von Forschungsprojekten (Cecez-Kecmanovic
et al. 2014, S. 826).
Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass auch die tiefergehenden epistemo-
logischen, sozialen und ethischen Implikationen der Emergenz digitaler Medien
auf pädagogische Wissens- und Forschungspraktiken bislang kaum untersucht
32 Stefan Welling
Literatur
Andrews, T., Dyson, L. E., & Wishart, J. (2015). Advancing ethics frameworks and scena-
rio-based learning to support educational research into mobile learning. International
Journal of Research & Method in Education 38(3), 320-334.
Asbrand, B., Martens, M., & Petersen D. (2013). Die Rolle der Dinge in schulischen Lehr-Lern-
prozessen. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 16(2), 171-188.
Aufenanger, S. (2015). Tablets an Schulen. Ein empirischer Einblick aus der Perspektive von
Schülerinnen und Schülern. In K. Friedrich, F. Siller, & A. Treber (Hrsg.), Smart und
mobil digitale Kommunikation als Herausforderung für Bildung, Pädagogik und Politik
(63-77). München: kopaed.
Autorengruppe Paducation (2015). Paducation. Evaluation eines Modellversuchs mit Tablets
am Hamburger Kurt-Körber Gymnasium. Bremen, Hamburg: Institut für Informations-
management Bremen GmbH, Universität Hamburg.
Methods matter 33
Berger, P. L., & Luckmann, T. (2003/1969). Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit.
Eine Theorie der Wissenssoziologie. Frankfurt a. M.: Fischer.
Bjerede, M., & Bondi, T. (2012). Learning is personal; stories of android tablet use in the 5th
grade. A Learning Untethered project. http://www.learninguntethered.com/wp-content/
uploads/2012/08/Learning-is-Personal.pdf. Zugegriffen: 17.01.2016.
Böhme, J. (2006). Schule am Ende der Buchkultur. Medientheoretische Begründungen schu-
lischer Bildungsarchitekturen. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
Böhme, J. (2015). Schulkulturen im Medienwandel. In J. Böhme, M. Hummrich, & R.-T.
Kramer (Hrsg.), Schulkultur Theoriebildung im Diskurs (401-427). Wiesbaden: Springer VS.
Bohnsack, R. (1998). Milieu als konjunktiver Erfahrungsraum. Eine dynamische Konzeption
von Milieu in empirischer Analyse. In U. Matthiesen (Hrsg.), Die Räume der Milieus.
Neue Tendenzen in der sozial- und raumwissenschaftlichen Milieuforschung, in der Stadt-
und Raumplanung (119-149). Berlin: Edition Sigma.
Bohnsack, R. (2009). Qualitative Bild- und Videointerpretation. Die dokumentarische Me-
thode. Opladen: Barbara Budrich.
Bos, W., Eickelmann, B., Gerick, J., Goldhammer, F., Schaumburg, H., Schwippert, K.,
Senkbeil, M., Schulz-Zander, R., & Wendt, H. (Hrsg.) (2014). ICILS 2013. Computer- und
informationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern in der 8. Jahrgangsstufe
im internationalen Vergleich. Münster, New York: Waxmann.
Boticki, I., Baksa, J., Seow, P., & Looi, C.-K. (2015). Usage of a mobile social learning platform
with virtual badges in a primary school. Computers & Education 86, 120-136. doi: http://
dx.doi.org/10.1016/j.compedu.2015.02.015.
Breiter, A., Aufenanger, S., Averbeck, I., Welling, S, & Wedjelek, M. (2013). Medieninteg-
ration in Grundschulen. Untersuchung zur Förderung von Medienkompetenz und der
unterrichtlichen Mediennutzung in Grundschulen sowie ihrer Rahmenbedingungen in
Nordrhein-Westfalen. Berlin: Vistas.
Breiter, A., & Welling, S. (2010). Integration digitaler Medien in den Schulalltag als Meh-
rebenenproblem. In: B. Eickelmann (Hrsg.), Bildung und Schule auf dem Weg in die
Wissensgesellschaft (13-25). Münster [u. a.]: Waxmann.
Breiter, A., Welling, S., & Stolpmann, B. E. (2010). Medienkompetenz in der Schule. Integra-
tion von Medien in den weiterführenden Schulen in Nordrhein-Westfalen. Berlin: Vistas.
Bruce, B. C., Peyton, J. K., & Batson, T. W. (Hrsg.) (1993). Network-Based Classrooms. Promises
and Realities. Cambridge: University Press.
Brüggemann, M. (2013). Digitale Medien im Schulalltag. Eine qualitativ rekonstruktive Studie
zum Medienhandeln und berufsbezogenen Orientierungen von Lehrkräften. München:
kopaed.
Burden, K., Hopkins, P., Male, T., Martin, S., & Trala, C. (2012). iPad Scotland Evaluation.
Hull: University of Hull.
Cecez-Kecmanovic, D., Galliers, R. D., Henfridsson, O., Newell, S., & Vidgen, R. (2014).
The sociomateriality of information systems: Current status, future directions. MIS
Quarterly 38(3), 809-830.
Ciampa, K. (2014). Learning in a mobile age: an investigation of student motivation. Journal
of Computer Assisted Learning 30(1), 82-96.
D’Andrea, A., Ciolfi, L., & Gray, B. (2011). Methodological Challenges and Innovations in
Mobilities Research 6(2),149-160. doi: 10.1080/17450101.2011.552769.
34 Stefan Welling
Dawson, P. (2014). Our anonymous online research participants are not always anonymous:
Is this a problem? British Journal of Educational Technology 45(3), 428-437. doi: 10.1111/
bjet.12144.
Deutscher Bundestag (2013). Sechster Zwischenbericht der Enquete-Kommission Internet und
digitale Gesellschaft. Bildung und Forschung. Berlin: Deutscher Bundestag.
Dewey, J. (1980). Human nature and conduct. In J. A. Boydston (Hrsg.), John Dewey – The
Middle Works, 1899-1924, Vol. 14: 1922 (1-230). Carbondale: SUP.
Dewey, J., & Bentley, A. F. (1989). Knowing and the known. In J. A. Boydston (Hrsg.), John
Dewey – The Later Works, 1925-1953, Vol. 16: 1949-1952 (1-294). Carbondale: SUP.
Enriquez, Judith (2013). Being (t)here: mobilising ‘mediaspaces’ of learning. Learning, Media
and Technology 38(3), 319-336.
Heidegger, M. (1992). Der Ursprung des Kunstwerks. Frankfurt a. M.: Klostermann.
Henderson, S., & Yeow, J. (2012). iPad in Education: A case study of iPad adoption and use in
a primary school. In R. H. Sprague (Hrsg.), Proceedings of the 2012 45th Hawaii Interna-
tional Conference on System Sciences (78-87). Maui: CPS Conference Publishing Services.
Kerres, M., & de Witt, C. (2004). Pragmatismus als theoretische Grundlage für die Kon-
zeption von eLearning. In H. O. Mayer und D. Treichel (Hrsg.), Handlungsorientiertes
Lernen und eLearning (78-99). München, Wien: R. Oldenbourg Verlag.
Krotz, F. (2006). Konnektivität der Medien: Konzepte, Bedingungen und Konsequenzen.
In A. Hepp, F. Krotz, S. Moores und C. Winter (Hrsg.), Konnektivität, Netzwerk und
Fluss. Konzepte gegenwärtiger Medien-, Kommunikations- und Kulturtheorie (21-41).
Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Krotz, F. (2012). Von der Entdeckung der Zentralperspektive zur Augmented Reality. In A.
Hepp und F. Krotz (Hrsg.), Mediatisierte Welten: Forschungsfelder und Beschreibungs-
ansätze (27-55). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Lang, M., & Schulz-Zander,R. (1998). Informationstechnische Bildung in allgemeinbil-
denden Schulen. Stand und Perspektiven. In H.-G. Rolff, K. P. Bauer, H. Pfeiffer und R.
Schulz-Zander (Hrsg.), Jahrbuch der Schulentwicklung. Band 8 (309-353). Weinheim,
München: Juventa.
Latour, B. (1998). Über technische Vermittlung. Philosophie, Soziologie, Genealogie. In W.
Rammert (Hrsg.), Technik und Sozialtheorie (29-81). Frankfurt a. M.: Campus Verlag.
Latour, B.(2000). Die Hoffnung der Pandora Untersuchungen zur Wirklichkeit der Wissen-
schaft. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Magley, G. (2011). Grade 8 mobile one-to-one with iPads. Millis Public Schools Evaluation
Report. Millis (MA): Millis Public Schools.
Markauskaite, L., & Reimann P. (2014). Editorial: e-Research for education: Applied, meth-
odological and critical perspectives. British Journal of Educational Technology 45(3),
385-391. doi: 10.1111/bjet.12154.
Marotzki, W., & Jörissen, B. (2010). Dimensionen strukturaler Medienbildung. In B. Herzig,
D. M. Meister, H. Moser , & H. Niesyto (Hrsg.), Jahrbuch Medienpädagogik 8: Medien-
kompetenz und Web 2.0 (19-39). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Marres, N. (2012). The redistribution of methods: On intervention in digital social research,
broadly conceived. The Sociological Review 60(1), 139-165.
Marres, N., & Gerlitz, C. (2015). Interface methods. Renegotiating relations between dig-
ital social research, STS and sociology. The Sociological Review. Im Erscheinen. doi:
10.1111/1467-954X.12314.
Methods matter 35
Thompson, K., Kennedy-Clark, S., Wheeler, P., & Kelly, N. (2014). Discovering indicators
of successful collaboration using tense: Automated extraction of patterns in discourse.
British Journal of Educational Technology 45(3), 461-470. doi: 10.1111/bjet.12151.
Welling, S. (2008). Computerpraxis Jugendlicher und medienpädagogisches Handeln. Mün-
chen: kopaed.
Welling, S. (2015). Tablets in der Schule und wie sie die Kommunikation im Rahmen von
Lern- und Lehrprozessen verändern. In T. Knaus, & O. Engel (Hrsg.), fraMediale. Digitale
Medien in Bildungseinrichtungen. Band 4 (127-138). München: kopaed.
Welling, S. (2016). Besser lernen mit Tablets? Ein Blick über den eigenen Tellerrand hinaus
hilft weiter. Medien und Erziehung 60(1),16-21.
Welling, S., Breiter, A., & Schulz, A. H. (2015). Mediatisierte Organisationswelten in Schu-
len: Wie der Medienwandel die Kommunikation in den Schulen verändert. Wiesbaden:
Springer VS.
Welling, S., & Stolpmann, B. E . (2012). Mobile Computing in der Schule – Zentrale Her-
ausforderungen am Beispiel eines Schulversuchs zur Einführung von Tablet-PCs. In
R. Schulz-Zander, B. Eickelmann, H. Moser, H. Niesyto, & P. Grell (Hrsg.), Jahrbuch
Medienpädagogik 9 (197-221). Opladen: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Weston, M. E., & Bain, A. (2010). The End of Techno-Critique: The Naked Truth about 1:1
Laptop Initiatives and Educational Change. The Journal of Technology, Learning, and
Assessment 9(1), 3-25.
Wetterich, F., Burghart, M., & Rave, N. (2014). Medienbildung an deutschen Schulen. Hand-
lungsempfehlungen für die digitale Gesellschaft. Atene KOM GmbH.
Wong, L.-H. (2012). A learner-centric view of mobile seamless learning. British Journal of
Educational Technology 43(1), E19-E23. doi: 10.1111/j.1467-8535.2011.01245.x.
Zhu, C. (2013). The effect of cultural and school factors on the implementation of CSCL. British
Journal of Educational Technology 44(3), 484-501. doi: 10.1111/j.1467-8535.2012.01333.x.
Tablets im Schulunterricht in Skandinavien
Der Ansatz des Digitalen Didaktischen Design
(DDD) für empirische Studien: Designs-in-Practice
Isa Jahnke
Zusammenfassung
1 Einleitung
Die Anzahl mobiler Endgeräte in der Schule hat in den vergangenen Jahren stetig
zugenommen (Bocconi et al . 2013) . Fast jede Schülerin und jeder Schüler besitzt ein
Smartphone und die mobilen Geräte machen auch keinen Halt vor dem Klassenzim-
mer . Dies wirft die Frage auf, wie mit dieser Technologie im Unterricht umgegangen
wird (vgl . zum Mobile Learning, Traxler und Kukulska-Hulme 2016; Ciampa 2014;
Falloon 2015) . In der Vergangenheit waren Informations- und Kommunikations-
technologien (IKT) vom regulären Klassenraum ausgeschlossen . Stattdessen gab es
separate Computerräume . Mit der Entwicklung kleinerer, flexibler Geräte, wie etwa
Tablets, hat sich dies geändert . Es kommt zu einem Wandel, weg von der Trennung
37
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2017
J. Bastian und S. Aufenanger (Hrsg.), Tablets in Schule und
Unterricht, DOI 10.1007/978-3-658-13809-7_3
38 Isa Jahnke
stammen. Die hier beschriebene Studie bezieht sich auf den Einsatz von DDD als
Designs-in-Practice und stellt diesen Forschungsansatz zur Diskussion.
onsräume sind nicht alleine durch soziale Interaktion, sondern vielmehr durch
sich kreuzende Interaktionen, kurz: cross-actions, geprägt. Allerdings bedeutet
das nicht, dass alles miteinander verbunden und offen ist; stattdessen grenzen
sich Kommunikationsräume und CrossActionSpaces auf Grund von sozialen
Verhaltensmustern und sozialen Rollen (Erwartungsmuster) voneinander ab. In
der Praxis einer sozial-konstruierten Realität entstehen diese Grenzen aus der
Entscheidung der Person heraus (die mehr oder weniger an bestimmte soziale
Bedingungen geknüpft ist) und beeinflussen, welche Art von Ort und Raum sie
betritt oder eben nicht. Die Auswahl, welche CrossActionSpaces betreten werden
und welche nicht, hängt von unterschiedlichen Gründen ab, wie etwa Zeit- und
Ressourceneinschränkungen, cognitive load, sozialen Rahmenfaktoren und vielem
mehr. Die damit zusammenhängenden Grenzen werden ausführlicher an anderer
Stelle diskutiert (Jahnke 2016, insbesondere Abschnitt 1 zur detaillierten Definition
sowie Abschnitt 2 und 3 zur Grenzziehung in sozio-technischen Systemen und
durch soziale Rollen).
So wie jede neue Technologie-Anwendung in der Schule erschaffen auch Cross
ActionSpaces neue Rahmenfaktoren für Schulen: a) sie erfordern, dass Lehrerinnen
und Lehrer, anders als bisher, bei der Planung von Unterricht und Lernaktivitäten
komplexere Entscheidungen treffen müssen (Jahnke et al. 2014; Web und Cox 2004)
und b) Lehrkräfte stehen vor neuen Situationen (z. B. CrossActionSpaces), die es
teilweise erforderlich machen, über bestehende und neue Lehr-Lern-Designs zu
reflektieren und ggfs. Veränderungen vorzunehmen. Dies wird umso komplexer, je
mehr sich das neue digitale didaktische Design wegbewegt von den eher traditionellen
inhaltszentrierten Konzepten hin zu lernerzentrierten Ansätzen (nicht ein Büffeln
als Auswendigpauken, sondern dem Gelernten eine Bedeutung und einen Sinn zu-
weisen zu können). Solche lernerzentrierten Ansätze fokussieren Lernaktivitäten,
in denen Schülerinnen und Schüler neues Wissen ko-produzieren und keinesfalls
nur Inhalte aus dem Lehrbuch wiederholen, sondern in denen bedeutungsvolle
Lernsituationen entstehen (vgl. dazu meaningful learning, Howland et al. 2012).
Wenn webbasierte mobile Technologien, wie etwa Tablets, in der Schule An-
wendung finden, dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass Lehrerinnen und
Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler CrossActionSpaces betreten und ebenso
neue CrossActionSpaces entwickeln.
Unter der Annahme und Bedingung, dass sich die heutige Welt nicht in einer
einzigen Cloud befindet, sondern Kommunikation in sehr vielen verschiede-
nen CrossActionSpaces stattfindet und diese sogar selbst erschafft, gehe ich der
Forschungsfrage nach, welche Designs von Unterricht Lehrerinnen und Lehrer
gestalten. Die Forschungsfrage lautet: Welche digitalen didaktischen Designs
Tablets im Schulunterricht in Skandinavien 41
zur Ermöglichung von Lernen (Designs for Learning) werden im Unterricht zur
Anwendung gebracht, um ein bedeutungsvolles, vertieftes Lernen zu verstärken?
Ein solches Verständnis von Didaktik betont nochmals die Relevanz sozialer
Beziehungen. So hat Johannes Wildt immer wieder darauf hingewiesen, dass es
eigentlich nicht Erziehungswissenschaft sondern Beziehungswissenschaft lauten
sollte. Didaktik hat zum Ziel, soziale Beziehungen zu gestalten, die in einer Weise
lernförderlich sind – durch positive Beziehungen oder Irritationen durch die
Lehrkraft. Forschungsvorhaben zu didaktischen Designs können dann den Zweck
verfolgen, die im Schulunterricht angewendeten und durchgeführten Designs zu
analysieren. Sie haben dann aber auch die Verantwortung, die Praxis zu informieren
und Erkenntnisse mitzuteilen, wie Lernen und soziale Beziehungen unter Einbezug
von interaktiven, mobilen, webbasierten Technologien gefördert werden können
(Olofsson und Lindberg 2012).
solche Bedingungen zu schaffen, die Lernen begünstigen. Diese Sicht zeigt, dass
Unterrichtsformen und DDDs ein Lernen einschränken oder ermöglichen können
(Ermöglichungssdidaktik, Arnold 2003). Dieses Verständnis von Unterricht und
Lernen basiert auf einem lernerzentrierten Paradigma, bei dem Schülerinnen und
Schüler neues Wissen ko-konstruieren, in ihren bestehenden Erfahrungskontext
einbauen und verweben, anstatt lediglich das gesprochene Wort von Lehrenden
zu wiederholen, ohne dem Bedeutung zuweisen zu können (Barr und Tagg 1995;
Jonassen et al. 2003).
Wir bezeichnen den DDD-Ansatz als digital, da in der heutigen digitalen und
mediatisierten Welt, Lehr- und Lernprozesse ohne Technologien nicht mehr vor-
stellbar sind. Jedoch können die Qualität und der Integrationsgrad von webbasierten
Technologien stark variieren. Der Begriff digital ist derzeit noch relevant, weil er
das sichtbar macht, was gewöhnlich im Designvorgang außer Acht gelassen wird:
Wenn neue Technologien für Lernprozesse genutzt werden, verändern sich Unter-
richts- und Lernprozesse. Die reine Addition der Technologie beeinflusst bereits
bestehende Kommunikations- und Lernwege. Dies bedeutet aber nicht, dass es nun
ausreicht, einfach Technologie in die Klasse zu stellen oder dort hinein zu werfen.
In einer idealen Schulwelt würde ein digitales didaktisches Design den Entwurf,
die Weiterentwicklung, die Umsetzung und die Aufeinanderabstimmung (align-
ment, Biggs und Tang 2007) der folgenden fünf Elemente im Unterricht beinhalten
(Jahnke et al. 2014):
Lernen kann aus sehr unterschiedlicher Sicht verstanden werden und umfasst
viele verschiedene Dinge. Es ist ein biochemischer Vorgang im Gehirn, eine Ver-
haltensveränderung, eine Informationsverarbeitung, eine Erinnerung, eine soziale
Aushandlung, eine Wissenskonstruktion, ein Conceptual Change und Lernen
kann auch als Community-Lernen, soziales Lernen und Lernen durch Imitation
und Beobachtung verstanden werden. Lernen hat viele unterschiedliche Facetten.
Im Kontext von CrossActionSpaces kann Lernen als Übergang von sozialer
Interaktion zu Crossaction verstanden werden. Lernen in CrossActionSpaces stellt
reflektierende Crossaction dar. In Jahnke (2016) beschreibe ich ausführlich, was
Lernen als reflective crossaction erfordert. Für diesen Beitrag wird Lernen kurzum
als reflektierende Crossaction definiert. Reflexion wird dabei als ein Konzept ver-
standen, bei dem Menschen miteinander interagieren, kommunizieren, sich mit
anderen Ressourcen verknüpfen, Entscheidungen treffen und erläutern können,
warum sie so gehandelt haben, darüber Auskunft geben können, warum dies für
Tablets im Schulunterricht in Skandinavien 45
Um den Ansatz des DDD in der empirischen Praxis zu nutzen, haben wir es in eine
Art Fünf-Schichten-Modell transformiert (Jahnke et al. 2014). Die fünf Elemente
des DDD werden auf einer Skala von 1 bis 5, angelehnt an die Likert-Skala, in fünf
Schichten (Layer) übertragen dargestellt (vgl. Tab. 1). Diese Operationalisierung
ist nicht von Vorhinein da gewesen, vielmehr haben wir diese in iterativen Zyklen
von 2011 bis 2015 peu à peu weiterentwickelt. Dies erfolgte auf Basis von empi-
rischen Daten, die aus Unterrichtsbeobachtungen, Lehrerinterviews und Grup-
peninterviews mit Schülerinnen und Schülern stammen. Dieses hier vorgestellte
Operationalisierungsmodell ist das vorläufig letzte, was eine Weiterentwicklung
jedoch keinesfalls ausschließt. Im Gegenteil: wir laden alle herzlichst ein, zu einer
Weiterentwicklung beizutragen.
Das Fünf-Schichten-Modell ist von 1 bis 5 aufgebaut. Die innere erste Schicht
(Layer 1) symbolisiert ein eher inhaltszentriertes Unterrichtsdesign (wie man aus
dem Kodierungsschema in Tabelle 1 ersehen kann); Layer 1 zeigt lehrerzentrierte
Unterrichtskonzepte, in denen Schülerinnen und Schüler in der Rolle der Konsu-
mierenden sind. Auf der äußeren fünften Schicht (Layer 5) sind Designs vorhanden,
die eher eine lernerzentrierte Unterrichtsgestaltung aufweisen; so zum Beispiel
kreatives Lernen, problemlösendes- und projektorientiertes Lernen, bei dem die
Schülerinnen und Schüler eher die Rolle der Ko-Produzierenden einnehmen.
Es kann angenommen werden, dass eine Vielfalt an DDDs eine gute Balance zur
Förderung von Lernen ausmacht. Was jedoch eine gute Balance ist, zwischen den
Anteilen von reinem Faktenlernen und bedeutungsvollem Lernen in der Schule,
muss noch beforscht werden.
Tabelle 1 zeigt das Kodierungsschema. Es ist die Operationalisierung des DDDs
für empirische Studien (Jahnke et al. 2014). Dieses Hilfsmittel ermöglicht uns einen
Blick in die tatsächliche Umsetzung von Unterricht und Lernen. Anstatt danach
46 Isa Jahnke
zu fragen, was Lehrerinnen und Lehrer planen und vorhaben, schauen wir auf ihre
eigentliche Praxis (Designs-in-Practice). Die Umsetzung kann aus unterschiedlichsten
Gründen von der Planung abweichen – bspw. weil die Technologie Fehler aufweist,
das WLAN/WIFI nicht funktioniert oder weil in durch Gruppendynamik entstan-
denen Situationen gerade andere Unterrichtsmethoden den Vorrang bekommen.
Eigenschaften 1 = Feedback only at the end (summative feedback); character of the feed-
der Lernbeurtei-back is rather summative, not formative
lung, Assess- 2=
ment (ASM)
3= Feedback during the class by coincidence; teacher only gives feedback
when learners ask for support; passive support, technical support
4=
5= Criteria for a learning progress are visible for students from the
beginning of the learning process; Feedback/feed-forward mainly during
learning process, process-based assessment (Bergström 2012) for learner’s
development (in addition to summative assessment); a plan exists for
how the teacher creates pro-assessment (formative evaluation); a range of
forms such as self-assessment; peer-reflective learning, feedback by the
teacher, e. g. students document learning (electronically; a map or text,
and others) and the teacher asks them to go back and reflect
Eigenschaften 1= Teacher is in the traditional role of the expert only; students are only
der sozialen seen as consumers (of solving closed questions and tasks where only one
Beziehungen und correct answer is possible)
Rollen (RO) 2=
3= Teacher is in 1-2 roles but spends majority of time as expert; teacher
does not support student engagement to be active
4=
5= Teacher plays different roles such as expert, process mentor, lear-
ning-companion, coach, consultant; fosters the students to be in different
roles such as consumers, producers, collaborators, critical reflectors, etc.;
teacher engages the students; teacher activates the students to change
their roles; students are in several roles, e. g. teachers for their peers, fin-
ding own learning aims, creating own learning tasks, and more, teacher
supports student reflection of roles and development of new roles
Eigenschaften 1= Low extent, drill and practice; students work primarily alone when
der Tablets using technology, not related to the real world (e. g., technology is substi-
(TAB) tute for pen and paper)
2=
3= Medium extent (e. g., new technology is substitute for existing media;
for example, tablet substitutes a laptop)
4=
5= High extent, multimodal such as writing texts, camera app, digital
paintings, using apps for collaborative creation; students construct, share,
create and publish their knowledge to a real audience; students use online
resources, actively select topics beyond the limitations of even the best
school library, etc.
48 Isa Jahnke
Dieses operationalisierte DDD-Modell kann dann für empirische Studien als Da-
tenerhebungsinstrument und später als Türöffner dienen, um mit Schulen sowie
Lehrerinnen und Lehrern ins Gespräch zu kommen, Unterrichts- und Lernprozesse
zu diskutieren, reflektieren und ggfs. gemeinsam weiterzuentwickeln (je nachdem
welche Ziele die Schule verfolgt).
Von 2011 bis 2015 haben wir in Dänemark, Schweden und Finnland insgesamt 64
Klassen empirisch untersucht. Zusätzlich haben wir in Norwegen und den USA
Erhebungen durchgeführt, jedoch werden die Daten von diesen Ländern nicht in
die hier vorgestellte Auswertung eingebunden.
Alle Schulen und alle 64 Klassen, die in dieser Studie involviert waren, hatten sich
für das iPad oder iPad-Mini entschieden. Wir waren in den Klassen 1 bis 12 (in
Skandinavien endet das Gymnasium mit der 12. Klasse) und konnten fast jedes
Schulfach integrieren: Muttersprachen wie Dänisch, Schwedisch oder Finnisch
(12 Klassen), Mathematik (9 Klassen), Naturwissenschaften (Biologie, Chemie,
Physik) (9 Klassen), Englisch (6 Klassen), Religion/Ethik (5 Klassen), Geographie,
Geschichte, Sozialwissenschaften, Hauswirtschaft (jeweils 3 Klassen) und andere,
wie Kunst, Musik, Sport (jeweils 1 bis 2 Klassen). Die Klassengrößen variierten von
4 bis zu 27 Schülerinnen und Schülern, i. d. R. eine Mischung aus männlichen und
weiblichen Lernenden, außer in einer Klasse, die nur mit Mädchen (27 Mädchen)
und einer anderen Klasse, die nur mit Jungen (4 Jungen) besetzt war.
In der Regel besuchten wir die Schulen zweimal im Jahr. Wir nutzten insbesondere
die Methode der teilnehmenden Beobachtung (mit teilstrukturiertem Beobach-
tungsprotokoll) und Interviewleitfäden. Zudem setzten wir Online-Fragebögen ein
und führten eine Studie mit Schülerinnen und Schülern zum Thema Was ist eine
gute Lernsituation (Norqvist et al. 2014) durch. In jeder Schule machten wir eine
Begehung und hatten Besprechungen mit der Schulleitung und der pädagogischen
Leitung, um die möglichen Besonderheiten der Schulen zu verstehen. Nach Rogers
(2003) wählten wir die Innovativen und Early Adopters aus, also diejenigen, die
das iPad bereits frühzeitig im Unterricht einsetzten.
Tablets im Schulunterricht in Skandinavien 49
4.2 Unterrichtsbeobachtungen
Durch die teilnehmende Beobachtung und mithilfe von Interviews konnten wir für
jede beobachtete Klasse die Daten nach dem DDD-Modell gemäß Tabelle 1 quan-
tifizieren. Nach jeder Klassenbeobachtung wurde für jedes dieser DDD-Elemente
ein Scoring (Wert) ermittelt. Das ist der Wert, der pro DDD-Element für jede be-
obachtete Klasse entstanden ist. Da in der Forschungspraxis bis zu drei Forschende
an der Beobachtung beteiligt waren, ist der ermittelte Wert nicht immer derselbe
gewesen. In den überwiegenden Fällen ergaben sich zwar dieselben Werte, es gab
jedoch auch minimale Abweichungen und in wenigen Ausnahmen sogar größere
Abweichungen. Es wurde dann i. d. R . der Mittelwert berechnet. Tabelle 2 zeigt
einen Ausschnitt der kodierten Daten.
50 Isa Jahnke
Tab. 2 Daten (ermittelte Werte) und errechnete Layer (von 10 der 64 untersuchten
Klassen)
ID Teaching Learning Assessment Social rela- Tablets Layer
aims activities tions, roles
TA/ILO LA ASM RO TAB
16S 1 1.5 2 1 1 1
19D 1 1 1 1 1 1
26D 2 2 3 3 1 2
12F 3 1.7 3 1.7 3 2
1F 2 4 4 4 3 3
20S 3 3.5 3 3 2 3
10D 4 4 4 5 4 4
2S 3.5 4.5 4 4 3 4
14S 5 4.5 5 4 5 5
21D 5 5 5 5 5 5
• Die Klasse wurde dem 5. Layer zugeordnet, wenn ein Minimum von vier der
fünf DDD Elemente (TA, LA, ASM, RO, TAB) einen Wert von 5 hatte (4,5 wurde
zu 5 aufgerundet).
• Eine Klasse wurde dem 4. Layer zugewiesen, wenn ein Minimum von vier der
fünf DDD-Elemente (TA, LA, ASM, RO, TAB) eine 4 (3,5 aufgerundet wurde)
aufwies. Wenn jedoch vier Elemente einen Wert von 5 oder höher aufwiesen,
dann wurde die Definition von Layer 5 angewendet.
• Der 3. Layer wurde zugeordnet, wenn ein Minimum von vier DDD-Elemen-
ten (TA, LA, ASM, RO, TAB) einen Wert von 3 oder höher erhielt (2,5 wurde
Tablets im Schulunterricht in Skandinavien 51
aufgerundet) . Wenn es jedoch vier Elemente mit einem Wert von 4 oder höher
gab, dann wurde die Definition des 4 . Layer angewendet .
• Der 2 . Layer wurde zugewiesen, wenn ein Minimum von vier DDD-Elementen
(TA, LA, ASM, RO, TAB) einen Wert von 2 oder höher erhielt (1,7 wurde auf-
gerundet zu 2,0) . Wenn es vier Elemente mit einem Wert von 3 oder höher gab,
dann wurde die Definition des 3 . Layer genutzt .
• Der . 1 . Layer wurde zugewiesen, wenn ein Minimum von vier DDD-Elemen-
ten (TA, LA, ASM, RO, TAB) einen Wert von 1 oder höher erhielt (1,5 wurde
aufgerundet) . Wenn es jedoch vier Elemente mit einem Wert von 2 oder höher
aufwies, dann wurde die Definition eines anderen Layer angewendet .
Tabelle 2 zeigt die Daten mit dem Kodierungsschema: Die rechte Spalte zeigt den
zugeordneten Layer .
Im nächsten Schritt haben wir dann die fünf Layer in einem Fünfeck-Modell
(Pentagon) grafisch visualisiert (vgl . Abb . 1) . Auf Basis der Daten, die nach Ta-
belle 1 ermittelt wurden, konnten wir pro Klasse ein DDD-Fünfeck entwickeln,
welches das DDD in einer Form symbolisiert, das auf einer Fünf-Punkte-Skala
und fünf Schichten (Layer) basiert: Die innere Schicht veranschaulicht Layer 1, die
zweite Schicht Layer 2, die dritte Layer 3, die vierte Layer 4 und die äußere fünfte
Schicht stellt Layer 5 dar . Wie in Tabelle 1 verdeutlicht, symbolisiert Layer 1 eher
inhaltszentrierte Unterrichtsdesigns und Layer 5 eher lernerorientierte Designs .
Abbildung 1 zeigt vier Beispiele .
Abb. 1
Vier Klassen (von
insgesamt 64 IDs) –
visualisierte DDD-
Formen in iPad-Klassen
52 Isa Jahnke
Abb. 1 (Fortsetzung)
Vier Klassen (von
insgesamt 64 IDs) –
visualisierte DDD-
Formen in iPad-Klassen
Tablets im Schulunterricht in Skandinavien 53
5.2 Erkenntnisse
Die Ergebnisse der fünf Layer werden in drei Clustern organisiert. Jedes Cluster
enthält verschiedene DDD-Layer:
• 6 Klassen in Layer 1
• 14 Klassen in 2 Layer
• 21 Klassen in Layer 3
• 16 Klassen in Layer 4
• 7 Klassen in Layer 5
Diese fünf Layer können in drei Cluster (A, B und C) kategorisiert werden; siehe
Tabelle 3, wobei Cluster B inhaltlich starke Abweichungen aufweist und 8 Klassen
eher zu Cluster C und die anderen 13 Klassen eher zu Cluster A zugeordnet werden
können. Daraus ergibt sich, wie in Tabelle 3 ersichtlich, folgendes Bild:
36 von den 64 untersuchten Klassen zeigen Eigenschaften von eher innovativen De-
signs for meaningful learning und fördern vernetztes Lernen in CrossActionSpaces.
Hingegen können die restlichen 28 Klassen eher als tradierte Designs bezeichnet
werden, die teils sogar Lernkonflikte befördern.
Bei näherer Untersuchung konnte ein übergeordnetes Muster erfasst werden, wel-
ches in allen Clustern erscheint. Es ist das Muster, in dem die Lernaktivitäten (LA)
mit den Tablets (TAB) korrelieren, wir nennen es LA-TAB. Abbildung 2 zeigt zwei
Beispiele. Die folgenden in Tabelle 4 gelisteten Klassen zeigen Muster, bei denen
LA und TAB korrelieren und die anderen Elemente eher vernachlässigt werden.
Das Muster LA-TAB existiert in allen fünf Layern. Insgesamt gibt es 40 solcher
Klassen (von 64 Klassen insgesamt), die dieses Muster aufweisen. Die DDD-De-
signs zeigen eine Verbindung von Lernaktivitäten und Tablet-Integration – jedoch
werden die anderen Elemente des DDDs vernachlässigt. Lernaktivitäten in diesen
Designs zeigen Eigenschaften von meaningful learning, die wie folgt charakterisiert
werden können: Schülerinnen und Schüler sind pro-sumers; Lernaktivitäten sind
in die Welt der Schülerinnen und Schüler eingebunden und umfassen authentische
Problemstellungen. Teils wurde auch echtes Publikum in den Lernprozess invol-
viert, z. B. wurden die Ortsgemeinde oder Menschen, die in der Nähe der Schule
Tablets im Schulunterricht in Skandinavien 55
Abb. 2
Muster LA-TAB,
Beispiele IDs 28D
(Layer 3) und 9F (Layer 2)
Die DDDs zeigen einen ziemlich hohen Grad an multimodalem Einsatz, was die
Verwendung und Kombination von vielen Apps umfasst, wie bspw . das Schreiben
von Texten, Kamera-Apps, digitales Malen/Zeichnen und Apps für die gemeinsame
Erstellung von etwas Multimodalem (z . B . Booktrailer und Mathematik-Substrakti-
56 Isa Jahnke
6 Diskussion
• Mehr als eine richtige Antwort. Lehrerinnen und Lehrer wendeten entweder
solche Designs an, in denen es mehr als eine richtige Antwort gab oder in denen
die Antwort auf das Problem noch gar nicht existierte und die Schülerinnen
und Schüler Antworten entwickelten (Fischer 2013). Ein Lehrer argumentierte:
„I want to set the knowledge free“ (ID 11D).
• Auswahl von Ausdrucksformaten, was gelernt wurde. Die Aufgaben im Unter-
richt wurden so gestellt, dass Schülerinnen und Schüler wählen konnten, wie sie
ihr Lernen für andere sichtbar machen; sie wählten nicht nur Textformate aus,
sondern konnten auch digitale Bilder kreieren, digitale Geschichten, Comics,
Tablets im Schulunterricht in Skandinavien 57
Filme und Podcasts entwickeln (beispielsweise Bookcreator (z. B. IDs 03D, 09D,
14), Puppetpals (z. B. ID 02D), Popplet (z. B. IDs 09D, 11D, 24D), Stripdesigner
Comicbook (z. B. IDs 05D, 09D)).
• Learning by Crossaction. Klassen, insbesondere in Layer 5 und 4 (bspw. IDs 18D,
24D), gestalteten Lernen in kollaborativen Lernexpeditionen, teils unter Nut-
zung von CrossActionSpaces. Lernexpeditionen in Cluster A können wie folgt
charakterisiert werden: „designs for reflective crossactions using open-ended,
problem-based learning paths, contribute to goal/objective-oriented learning
(e. g., to master X or to explore and understand the implications of Y) where
online and offline resources and instruments are chosen by the learners“ (Jahnke
und Norberg 2013).
In 28 Klassen (Layer 1, 2 und teilweise 3) wird das Potential der iPads nicht ausge-
schöpft bzw. war es sehr begrenzt oder nicht vorhanden. Die DDDs zeigen tradi-
tionelle Unterrichtsformen, in denen Lehrerinnen und Lehrer in ihren bisherigen
Designs gefangen zu sein scheinen.
In diesem Cluster wurden die Lernmöglichkeiten nicht ausgeschöpft, sondern im
Gegenteil wurde das Lernen eher begrenzt. Dies führte in manchen Fällen zu Kon-
flikten, die wie folgt beschrieben werden können: Wenn Online- und Offline-Räume
miteinander zu CrossActionSpaces verschmelzen, dann haben „Menschen die
ganze Welt vor sich“ (ID 01F) und das traditionelle Verständnis von Unterricht
wird von Schülerinnen und Schülern als obsolet wahrgenommen. Eine Erklärung
dafür ist, dass die Schülerinnen und Schüler sehen, dass sie die Tablets auch für
das Internet verwenden können und das Internet die richtige Antwort in der Regel
kennt. Wenn nun aber das DDD die Schülerinnen und Schüler einschränkt, nach
der richtigen Antwort zu suchen, obwohl das iPad direkt vor ihnen auf dem Tisch
liegt, dann wird ihnen der Unterricht zumindest komisch vorkommen. Lernende
nehmen eine Lücke wahr, zwischen dem, was sie tun könnten (TAB), und dem, was
sie aber nicht tun dürfen (LA und RO). Das Aufeinanderabstimmen (alingment)
zwischen TAB, LA und RO hakt. Dies kann zu einer geringeren Aufmerksamkeit
und Anschlussfähigkeit von Schülerinnen und Schülern zum Unterricht führen,
was sich wiederum negativ auf das Lernen auswirken kann.
Unsere Daten zeigen, dass webbasierte Geräte eine Änderung des Lernens
(bspw. Lernwege und Darstellung der learning outcomes) mit sich bringen. Wenn
Klassen internetfähige Technologien (TAB) nutzen wollen, dann erfordert dies
58 Isa Jahnke
eine Änderung im DDD: die Lernaktivitäten (LA) brauchen einen Wandel hin zu
offenen Aufgaben, die wiederum eine Änderung der Lehrer- und Schülerrollen
(RO) zu Mentorinnen bzw. Mentoren und Produzentinnen bzw. Produzenten mit
sich bringen muss, um meaningful learning zu verstärken.
Man kann es auch so formulieren: DDDs in Cluster C haben ein Lernen designt,
bei dem es nur eine richtige Antwort auf die Frage des Lehrers bzw. der Lehrerin oder
des Schulbuchs gibt. Dies wird jedoch mit der Nutzung von webbasierten Tablets
zur Farce, da die eine richtige Antwort mit dem iPad vor den Lernenden auf dem
Tisch liegt. Wenn Tablets in Klassen zur Anwendung kommen, ist die Umwand-
lung von traditionellem Unterricht mit der einen richtigen Lösung hinfällig und ein
Umdenken wird erforderlich, wenn das Lernen gefördert werden soll (z. B. kann
es mehr als eine richtige Antwort geben und die Lernenden müssen Argumente
finden, warum diese Lösung richtig ist und keine andere).
Interessant und überraschend ist die Tatsache, dass es ein DDD-Muster gibt, wel-
ches in allen Clustern auftaucht: LA korreliert mit TAB (und umgekehrt). DDDs
in diesem Muster legen ihren Schwerpunkt auf vertiefte Lernaktivitäten und Ta-
blet-Integration. 40 von insgesamt 64 Klassen zeigen ein solches Muster, während
33 von ihnen gemeinsam haben, dass sie die anderen Elemente wie Lehr-Lernziele,
Rollen und Assessment vernachlässigen. Diese Klassen können wir mit den Worten
auf dem Weg beschreiben. Die iPads lösten ein Umdenken aus, jedoch verharrten
die Lehrkräfte in alten Designs und konnten aus verschiedenen Gründen ihre
Hürden nicht überwinden. Es gibt zwar inkrementelle aber keine revolutionären
Veränderungen. Diese Gruppe benötigt bspw. Austauschmöglichkeiten mit peers
(Kolleginnen und Kollegen), Zeit zum Ausprobieren und andere Hilfestellungen.
Das Ziel unserer Studie war es, digitale didaktische Designs-in-Practice in Schu-
len als CrossActionSpaces zu untersuchen, insbesondere das Zusammenspiel der
DDD-Elemente sowie Ähnlichkeiten und Unterschiede zu explorieren und die
Vielfalt von DDD-Formen und deren Eigenschaften zu veranschaulichen. Unsere
Studie zeigt emergente DDDs. Unter den neuen Bedingungen von CrossActionSpaces
untersuchten wir Unterrichts- und Lernformen und es wird deutlich, dass iPads zu
Tablets im Schulunterricht in Skandinavien 59
solchen neuen Lernräumen beitragen. Einige DDDs zeigen die Umwandlung von
traditionellem Unterricht in kreative Lernexpeditionen. Die wichtigsten Ergebnisse
aus unserer iPad-Untersuchung in skandinavischen Schulen sind:
Literatur
Jonassen, D., Howland J., Moore, J., & Marra, R. (2003). Learning to solve problems with tech-
nology: A constructivist perspective (2nd ed.). Upper Saddle River, NJ: Merrill Prentice Hall.
Kaganer, E., Giordano, G. A., Brion, S., & Tortoriello, M. (2013). Communications of the
ACM, Vol. 56, No. 11, 68-75. DOI10.1145/2500494
Klafki, W. (1963). Studien zur Bildungstheorie und Didaktik. (Studies of education theory
and didactics). Weinheim: Beltz.
Laurillard, D. (2008). Technology enhanced learning as a tool for pedagogical innovation.
In Journal of Philosophy of Education, 42 (3-4), 521-533.
Luhmann, N. (1984). Soziale Systeme, Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Lund, A., & Hauge, T. E. (2011). Designs for teaching and learning in technology-rich learning
environments. Nordic journal of digital literacy (4), 258-272.
Marton, F., & Säljo, R. (1976). On qualitative differences in learning: I – Outcome and process.
In British Journal of Educational Psychology 46, 4-11.
Mor, Y., & Winters, N. (2011). Design approaches in technology-enhanced learning. Inter-
active Learning Environments 15(1), 6175.
Norqvist, L., Jahnke, I., & Olsson, A. (2014). The Learners’ Expressed Values of Learning
in a Media Tablet Learning Culture. In C. Rensing et al. (Hrsg.): Open Learning and
Teaching in Educational Communities. The 9th EC-TEL 2014, European Conference on
Technology-Enhanced Learning. LNCS Vol. 8719, Graz/Austria, Sept. 2014. Springer.
Olofsson, A. D., & Lindberg, O. J. (2012). Informed Design of Educational Technologies in
Higher Education: Enhanced Learning and Teaching, Hershey: IGI Global.
Preece, J., Abras, Ch., & Maloney-Krichmar, D. (2004). Designing and evaluating online
communities: Research speaks to emerging practice. In International Journal of Web
based Communities 1, 2-18.
Rogers, E. (2003). Diffusion of Innovations. New York: The Free Press.
Traxler, J., & Kukulska-Hulme, A. (Hrsg.) (2016). Mobile Learning –the Next Generation.
New York: Routledge.
Vygotsky, L. S. (1978). Mind in Society: The Development of Higher Psychological Processes.
Cambridge, Massachusetts: Harvard University Press.
Webb, M., & Cox, M. (2004). A Review of Pedagogy Related to Information and Communi-
cations Technology. In Technology, Pedagogy and Education, 13,(3), 235-286.
Wildt, J. (2007). On the Way from Teaching to Learning by Competences as Learning
Outcomes. In Pausits, A., & Pellert, A. (Hrsg.), Higher Education Management and
Development in Central, Southern and Eastern Europe (S. 115-123). Münster: Waxmann.
Projektbeispiele für Design-Based Research
im naturwissenschaftlichen Unterricht
Weiterentwicklung des Reichshofer
Experimentierdesigns mit Tablets in Schulen
Florian Genz und André Bresges
Zusammenfassung
1 Einleitung
Wir argumentieren, dass das Paradigma des Design-Based Research1 ein geeigne-
ter Rahmen ist, um die angesprochenen Methoden, Theorien und Modelle in der
gebotenen Angemessenheit zu entwickeln und zur Unterrichtsverbesserung zu
nutzen . Design umfasst dabei ein mediengestütztes Angebot für Lehrkräfte und
Schulen, das im Unterricht eingesetzt und dort auch erprobt wird .
2 Theoretisches Fundament
Die Einführung digitaler Medien in den Unterricht führt nicht nach jedem Maß-
stab zu einer Verbesserung des Unterrichtes, wie wir mit unserem ersten Beispiel
– dem Reichshof-Experiment – demonstrieren möchten. Sie sorgt jedoch für
Veränderungen des Unterrichtes. Angemessene empirische Methoden sollen es
erstens ermöglichen, diese Veränderungen zu beschreiben; angemessene Theorien
von Unterricht sollen es zweitens ermöglichen, diese Veränderungen zu verstehen
und damit Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zu formulieren. Angemessene
Methoden der Unterrichtsentwicklung sollen es drittens ermöglichen, Modelle
und Prognosen für den Unterricht zu entwickeln, um damit zu einer echten Ver-
besserung des Unterrichtes beizutragen.
Design beschreibt hier eine Symbiose aus Unterrichtsdesign und Versuchsdesign.
Das Unterrichtsdesign umfasst ein theoretisch fundiertes Unterrichtskonzept mit
allen notwendigen Medien, Aufgaben, Begleitmaterialien und Kontextinformati-
onen. Das Versuchsdesign besteht aus Messvorschrift, Assessment-Fragen sowie
Beobachtungsmethodik und ermöglicht es im Sinne der oben genannten Kriterien,
Veränderungen zu beobachten, Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zu verstehen
sowie das Unterrichtsdesign systematisch zu verbessern.
Grundlage jedes Designs ist mindestens eine Theorie von Unterricht. Diese
Theorie ist Ausgangspunkt für die Entwicklung des Unterrichtsdesigns. Sie er-
möglicht es Zielsetzungen für den Einsatz zu definieren, Kriterien für die Unter-
richtsbeobachtung zu benennen und Kriterien für den erfolgreichen Einsatz im
Unterricht zu definieren. Damit liefert die Theorie auch Fragestellungen für das
Versuchsdesign. Sie liefert ferner eine Struktur für die Einordnung der Befunde
und Ausgangspunkte für die weiteren Schritte der Forschung.
Nehmen wir als Ausgangspunkt das Modell des Lehr-Lern-Prozesses von Josef
Leisen (vgl. Abb. 1). Das Lehr-Lern-Modell ist ein konstruktivistisches Modell von
Unterricht. Es stellt die Lernprozesse der Unterrichtsgruppe in den Mittelpunkt.
Die Lernprozesse der Schüler*innen werden durch eine Lernumgebung modifiziert,
unterstützt, strukturiert oder behindert. Die Lehrenden beeinflussen in konstruk-
tivistischen Modellen nicht direkt den Lernprozess, sondern sind Teil der Lernum-
gebung der Schüler*innen. Damit stehen verschiedene Steuerungsmöglichkeiten
zur Verfügung, mit denen Lehrer*innen planend und steuernd die Lernumgebung
beeinflussen können. Im Modell von Leisen sind diese unterteilt in Möglichkeiten
der materialen Steuerung und der personalen Steuerung.
Abb. 1 Modell des Lehr-Lern-Prozesses nach Josef Leisen (Leisen 2011, http://www.
lehr-lern-modell.de/)
Projektbeispiele für Design-Based Research 67
Die Möglichkeiten der materialen Steuerung der Lernumgebung beziehen sich vor
allem auf die Gestaltung und Bereitstellung von Materialien. Diese Zusammenstel-
lung geschieht in der Regel bereits bei der Vorbereitung des Unterrichtes. Jedoch
gibt es auch Steuerungsmöglichkeiten in situ, wenn ergänzende Materialien und
Hilfestellungen situationsgerecht von Lehrenden bereitgestellt werden.
In vielen modernen Unterrichtstheorien kommt den Aufgaben eine wich-
tige Rolle bei der Aktivierung der Schüler*innen und der Strukturierung des
Lehr-Lern-Prozesses zu, zum Beispiel in der Modified Anchored Instruction (MAI)
von Jochen Kuhn (2010). Lernaufgaben werden im Modell von Leisen den mate-
rialen Steuerungsmöglichkeiten des Unterrichtes zugerechnet. In der Theorie der
Anchored Instruction (AI) sollen den Schüler*innen reichhaltige Wissenskontexte
angeboten werden, aus denen sie relevantes Wissen selbst extrahieren und damit
authentische Aufgaben lösen.
Auf der stärker situativen Seite steht die personale Steuerung der Lehr-Lern-Si-
tuation durch die Unterrichtenden. Sie geht von der Annahme aus, dass die Person
des Lehrenden im Unterricht unersetzlich bleibt: Die personale Steuerung dient
zur Moderation des Lehr-Lern-Prozesses und für individuelle Rückmeldungen an
die Lernenden, mithin also zur Diagnose und zur individuellen Förderung. Alle
Steuerungsmöglichkeiten sind miteinander vernetzt. So kann die Rückmeldung an
Lernende beispielsweise dazu führen, dass der Prozess anders moderiert wird und
andere Materialien zur Verfügung gestellt werden müssen. Man kann auch von
einer Aufteilung in strategische bzw. planerische Elemente von Unterricht sprechen
(materiale Steuerung) und ihnen die eher taktischen Elemente wie Moderation und
persönliche Ansprache gegenüberstellen (personale Steuerung).
Das Lehr-Lern-Modell von Josef Leisen stellt keine Lerntheorie an sich dar, bietet
aber einen strukturierenden Rahmen, in dem sich Theorien und ihre Konsequen-
zen verorten lassen. Es ist in der Ausbildung von Referendar*innen erprobt und
dient dort auch als Planungsinstrument sowie Reflexionswerkzeug. Moderne
digitale Lernmedien – und hier insbesondere Tablets – bieten die Möglichkeit,
solche und vergleichbare konstruktivistischen Modelle von Unterricht in einem
digitalen Medium abzubilden, d. h. die Strukturierung, Steuerung, Kontextuali-
sierung und mediale Ausstattung eines Unterrichtsganges bis zur Präsentation
des Lernergebnisses durch die Schüler*innen vollständig mithilfe der Tablets zu
vollziehen. Dies war mit anderen digitalen Werkzeugen bislang nicht möglich:
68 Florian Genz und André Bresges
Smartboards werden von der Lehrkraft gesteuert und eingesetzt; sie werden in
der Regel nicht von den Schüler*innen zur Konstruktion des Lernproduktes ge-
nutzt. Poolrechner sind in den Einzelarbeitsphasen der Schüler*innen nützlich.
Bei einer Präsentation, bei Gruppenarbeit oder beim Experimentieren sind sie
eher hinderlich. Lediglich mit Laptop-Klassen ließe sich in Grenzen eine ähnlich
vollständige Abbildung erreichen.
Der Vorteil der vollständigen Abbildung eines Unterrichtsmodells in einem
Design liegt in der Reproduzierbarkeit. Das Design kann in einer anderen Schule
mit einer anderen Lerngruppe und von anderen Lehrkräften einfach wiederholt
werden. Reproduzierbarkeit ist ein Gütekriterium für wissenschaftliches Arbeiten.
Aber auch für die Ausbildung von Lehrer*innen ist es günstig, wenn man ihnen
Unterrichtskonzepte anbieten kann, die bei einer Erprobung unter ähnlichen
Rahmenbedingungen zu ähnlichen Ergebnissen führen.
Wir sprechen im Folgenden bei einem Unterrichtskonzept von einem Design,
wenn es folgende Eigenschaften erfüllt (vgl. auch Abb. 3):
Das Versuchsdesign soll den Verlauf der Unterrichtsintervention und die Interak-
tionen der Betroffenen dokumentieren sowie Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge
aufklären. Vielfach ist neben qualitativen Erhebungsmethoden und einer Studie
des Motivationsverlaufes auch eine quantitative Erhebung des Lernzuwachses ge-
wünscht. Auch diese Erhebung kann mithilfe von Tablets geschehen. Wir nutzen
hierzu elektronische Multiple-Choice-Tests, die durch ein online-Tool (ILIAS.de)
zur Verfügung gestellt werden und eine anonymisierte Auswertung ermöglichen
(Hoffmann und Bresges 2009).
Da das Design eine geschlossene Einheit darstellt und sich reproduzierbar in
verschiedenen Unterrichtssituationen einsetzen lassen soll, ist es einer Evaluation
in besonderem Maß zugänglich. Die Reproduzierbarkeit ermöglicht insbesondere
iterative Verbesserungen des Designs, also einen Kreislauf von Design, Durch-
Projektbeispiele für Design-Based Research 69
Abb. 2 Modell eines vollständigen Design-Zyklus (verändert nach Bresges 2002,
Seite 45)
Wie bereits dargestellt, ist eine in der Theorie gegründete Zielsetzung der Ausgangs-
punkt jeder gesteuerten Entwicklung . Bei weiteren Durchläufen des Design-Zyklus
werden zunehmend mehr empirische Erkenntnisse aus vorhergehenden Durchläufen
einbezogen . Hier erweist sich auch die Reproduzierbarkeit der im Design-Based
Research gewonnenen Erkenntnisse . In der Planungsphase können umfassende
Erfahrungen aus der Praxis einbezogen werden, die in die Gestaltung des Designs
münden und somit der Evaluation zugänglich sind . In die konkrete Planung der
Bildungsintervention werden in dieser Phase häufig Lehramtsstudierende ein-
bezogen . Lehramtsstudierende in Nordrhein-Westfalen sollen im Rahmen ihres
70 Florian Genz und André Bresges
Praxissemesters Innovationen aus der Hochschule in die Schule tragen und erpro-
ben, sodass sie frühzeitig im Studium mit fachdidaktischen Forschungsmethoden
vertraut gemacht werden.
Häufig müssen in einem Entwicklungsprozess Design-Entscheidungen getroffen
werden: Wird ein bestimmtes Experiment in den Mittelpunkt gestellt? Sollen die
Aufgaben von der Lehrkraft vorgegeben werden oder sollen die Schüler*innen
die Aufgaben aus dem Kontext entnehmen und selbst ausformulieren? Auch der
Unterrichtsalltag ist voll von solchen Entscheidungen, die von Lehrkräften vielfach
intuitiv getroffen werden. Bei der Entwicklung eines Designs sollen diese Entschei-
dungen nachvollziehbar dokumentiert und mit Bezügen zur Theorie verbunden
werden (Anderson und Shattuck 2012). Damit stehen sie für die gemeinsame Re-
flektion am Ende des Designprozesses zur Verfügung und können nachfolgenden
Arbeitsgruppen bei der Weiterentwicklung wertvolle Einsichten liefern.
Die Erhebungsphase ist bewusst getrennt in Kontrolle und Auswertung. Im Rah-
men der Kontrolle sollen die Evaluierenden bestimmen, ob alle für die Auswertung
notwendigen Informationen erfasst wurden. Häufig ergeben sich bei einer ersten
Kontrolle der Ergebnisse weitere Fragestellungen, für die zeitnah weitere Informa-
tionen, zum Beispiel durch Interviews, erhoben werden müssen. Die Auswertung
bezieht alle verfügbaren Informationen ein, soll den Prozess, die getroffenen
Entscheidungen und den erzielten Output zueinander in Beziehung setzen und
Anstöße für die Weiterentwicklung des Designs sowie für die Weiterentwicklung
der Theorien von Unterricht liefern.
Design-Based Research soll untersuchen, wie sich klar definierte Designs in
echten Unterrichtssituationen bewähren. Gegenstand des Forschungsinteresses
bei der Durchführung und der begleitenden Evaluation sind die Reaktionen aller
Prozessbeteiligten – Lernende, Lehrende, Schulleitung sowie Eltern, Betreuende und
Forschende. Der Kontext Schule wird nicht eliminiert, sondern erforscht und soll
die Erkenntnisse für die eigene Weiterentwicklung nutzen können. Design-Based
Research ist nicht nur ein Paradigma für die Forschung – es ist auch ein Paradigma
für die universitäre Lehrerkräfteausbildung. Im Mittelpunkt des Design-Based
Research steht ausdrücklich nicht die Lehrpersönlichkeit der Studierenden. Mit
einer klaren Struktur durch das Design fällt es gerade jungen Lehramtsstudierenden
leichter eine objektive Sicht auf Unterrichtsgeschehen und ihre Selbstwirksamkeit
zu gewinnen. Denn in der Kritik steht nicht die eigene Person, sondern ein Ar-
beitsprodukt, das in der Regel in Gruppenarbeit erstellt wurde und zu dem auch
erfahrene Personen mit beigetragen haben. Das gibt den Betroffenen eine Sicherheit,
die für einen offenen Lernprozess und eine objektive Diskussion der Vorzüge und
Nachteile eines Designs förderlich ist.
Projektbeispiele für Design-Based Research 71
Abb. 3 stellt die grundsätzliche Struktur eines Designs zur Umsetzung auf Tablets
dar. Beim Vergleich mit dem Lehr-Lern-Prozessmodell wird deutlich, dass insbe-
sondere die materiale Steuerung des Unterrichtes vollständig mithilfe des Tablets
abgebildet werden kann.
Abb. 3
Struktur eines Unterrichts-
designs zur Realisierung
auf Tablet-Computern
Nachdem wir in den Abschnitten 2, 2 .1 und 2 .2 skizziert haben was wir unter DBR
und seiner Implementation verstehen, möchten wir nun skizzieren, warum es zu
dem Paradigmenwechsel kam und wieso wir ihn begrüßen: In der Bildungsfor-
schung gibt es unzählige Interventionsstudien, die neben einer guten Messvalidität
auch noch sehr objektiv und reliabel konstruiert wurden . Dadurch sind sie aber
so künstlich, dass sie für die Praxis nahezu irrelevant werden . Schon 1977 resü-
mieren Cronbach und Snow, dass Versuche monokausale und generalisierbare
Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge in der Bildungsforschung herauszuarbeiten,
unpräzise bis irreführend sein müssen (Cronbach und Snow 1977) . Validität wird
oft auf Messvalidität reduziert (Hoadley 2004)! Unter Validität verstehen wir nach
Hoadley jedoch mehr:
In der Summe ergibt sich damit die Konstrukt-Validität (Messen wir das, was wir
denken zu messen?).
Interventions-Validität ist in der Bildungsforschung mit standardisierten ex-
perimentbasierten Designs nie perfekt zu erreichen, da sich Vorwissen und Er-
wartungen der Teilnehmenden (Proband*innen, Forschende und Lehrende) nicht
standardisieren lassen. Beispiel: Studien zum Nutzen von neuen Technologien
profitieren oft von dem großen Aufforderungscharakter der Informationsmedien
(z. B. Tablets) sowie davon, dass Lernende ohne Nutzererfahrungen an die Techno-
logie herantreten. Sobald sich die Technologie jedoch durchsetzt, ändert sich der
Kontext für die Nutzung. Lernende nutzen Tablets auch in anderen Kontexten und
treten mit teilweise sehr gefestigten impliziten Theorien an das Medium heran. Eine
Bildungsintervention muss sich jedoch den ständig ändernden Voraussetzungen
anpassen können, um relevant zu bleiben. Standardisierte Experiment-Designs
sind dafür nicht nur zu starr, sondern können sogar zu falschen Schlüssen führen,
da sie die geänderten Voraussetzungen ignorieren (Hoadley 2004, S. 204). Seit der
Jahrtausendwende setzte sich deswegen zunehmend Design-Based Research in der
Bildungsforschung durch. Die wesentlichsten Vorteile aber auch Herausforderungen
sind in Tab. 1 zusammengefasst.
Mit diesem theoretischen Fundament wollen wir nun auf die praktischen Umset-
zungen von zwei neueren, aufeinander folgenden DBR-Zyklen eingehen.
Projektbeispiele für Design-Based Research 75
3 Teile dieses Abschnittes erschienen teilweise in Bresges et al. (2014), Bresges (2013)
sowie Firmenich (2013). Sie werden jedoch wegen neueren Forschungserkenntnissen
neu arrangiert, bewertet und zusammengefasst, um in einen größeren Zusammenhang
eingebettet werden zu können.
76 Florian Genz und André Bresges
3.3 Durchführung
Die erste Interventionsphase fand im Oktober und November 2012 in den Fach-
räumen der Gesamtschule Reichshof statt. Die Durchführung erfolgte mit zwei
Erweiterungskursen der Jahrgangsstufe 9 mit je 28 Schüler*innen. Die Fachlehrer
hatten organisatorische Funktionen aber keine inhaltlichen Aufgaben. Die For-
schenden und Studierenden waren zur Beobachtung und zur Durchführung aller
Kompetenztests anwesend, um vergleichbare Testbedingungen sicherzustellen und
Abweichungen ggf. zu dokumentieren. Der zeitliche Verlauf ist in Abb. 5 skizziert.
Projektbeispiele für Design-Based Research 77
Abb. 5
2x2-faktorielles Studien-
design: In einer zweiten
Versuchsphase wechseln
Kontrollgruppe und Ver-
suchsgruppe ihre Rollen.
3.4 Ergebnisse
Zunächst fällt auf, dass die Mittelwerte von Post-Test zu Follow-up-Test kaum
variieren. Dies stützt die Vermutung, dass der Kompetenztest wirklich nur Effekte
der Intervention misst (vgl. Abb. 6).
78 Florian Genz und André Bresges
30
Die Versuchsgruppe (VG) zeigte im Pre1-Test deutlich bessere Ergebnisse als die
Kontrollgruppe (KG). Der Zugewinn der VG war erwartungsgemäß kleiner. Die
mittleren Ergebnisse der VG liegen in Interventionsphase 1 aber stets über den
Ergebnissen der KG. Beide Gruppen erzielen signifikante Zugewinne von Pre1- zu
Post1-Test. Der durchschnittliche Testscore verbessert sich von Pre2 zu Post2 um
3,3 Punkte auf MW=15,8 Punkte. Dass das Ergebnis in Phase 2 zufällig zustande
kommt, ist mit p = 0,043 statistisch unwahrscheinlich, wie bereits der robuste Me-
dian-Test ergibt. Die Nullhypothese, dass die ausgewählten Freihandexperimente
im Stationsbetrieb in der zweiten Interventionsphase keinen Kompetenzzuwachs
mit sich bringen, kann demnach abgelehnt werden.
Dabei scheint es auf den ersten Blick keine große Rolle zu spielen, ob die aus-
gesuchten Freihandexperimente mit einem Tablet dokumentiert werden oder mit
Papier und Bleistift. In beiden Interventionsphasen gab es keine signifikant unter-
schiedlichen Kompetenzzuwächse in Relation zwischen VG und KG. Die Spannweite
der Ergebnisse ist jedoch in beiden VGs nach den Experimentierstunden mit den
Tablets deutlich geringer geworden. In beiden KGs nahm die Spannweite hinge-
gen zu. Dies ist konsistent mit Aussagen aus den Interviews mit den Lehrenden:
„Speziell in dieser Klasse … [sic] merk ich schon, dass vor allem schwächere und
Projektbeispiele für Design-Based Research 79
3.5 Schlussfolgerungen
4.1 Design-Veränderungen
4 Die folgende Studie wurde ausführlich beschrieben von Jourdan (2014) und zielgrup-
penspezifisch für Lehrende zusammengefasst in Jourdan (2015).
Projektbeispiele für Design-Based Research 81
reine Mädchenklasse mit 24 Schülerinnen. Da die Schule seit 2012 mit iPads im
One2One-Konzept (ein persönliches iPad pro Person) arbeitet, lag die Vermutung
nahe, dass hier alle Beteiligten mit Tablets hinreichend vertraut sind, sodass keine
unterschiedlichen technischen Vorkenntnisse die Leistungstests verzerren. Auf
ein 2x2-Design musste aus Ressourcengründen verzichtet werden, dafür konnten
Kontrollgruppe und Versuchsgruppe randomisiert zugeteilt werden. Eine entschei-
dende Änderung zum Reichshofer Experimentierdesign lag darin, diesmal auch
die Interaktivitäts-Features von iBooks (Selbsttests, interaktive Bilder, Geogeb-
ra5-Plugins, Videos) auszureizen und nicht nur passive Arbeitsblätter zu simulieren.
Eine weitere Konsequenz aus der Reichshofer Evaluation war, dass das virtuelle
Stationenlernen sich um nur ein Lernprodukt mit dafür hohem Identifikationswert
dreht (hier: eigene Lochkamera mit selbstgemachten Bildern).
4.2 Durchführung
Organisatorische
Informationen
Pre-‐Test 1.
UE
20
.5
.
3.
UE
Kapitel
2:
Mathematische
Grundlagen
Jourdan 2014)
.5
.
5 GeoGebra.org. Für die Implementation in iBooks siehe Bookry.com. Vgl. auch Kllogjeri
und Kllogjeri (2013).
82 Florian Genz und André Bresges
4.3 Ergebnisse
Versuchs- Kontroll-
gruppe gruppe
18
16
14
Testscore (0-18 Punkte)
12
Abb. 8
10
Boxplot-Whisker-
Diagramme der Kom- 8
Punktzahl an; 0
Kreuze = Mittelwert Pre-Test Post-Test Pre-Test Post-Test
Der Lernzuwachs zum Post-Test war bei beiden Gruppen selbst im robustesten aller
nonparametrischen Tests – dem Median-Test – sehr signifikant (VG: p ≤ 0,0036,
KG: p ≤ 0,0031) und mit einem average normalized gain6 von g=66,4 % (VG) bzw.
g=39,9 % (KG) in beiden Gruppen sehr ausgeprägt. Der Lernzuwachs war in der
VG jedoch noch ausgeprägter! Der Median-Test mit gepaarten Punktdifferenzen
zeigte mit p ≤ 0,0244, dass der wesentlich größere Leistungszuwachs bei der VG
statistisch sehr unwahrscheinlich ist.
Die Notizen aus den teilnehmenden Beobachtungen decken sich in wesentli-
chen Punkten mit der Zielsetzung und mit den Aussagen der Schülerinnen aus
den Video-Interviews, besonders in Bezug auf das intrinsisch motivierte und
selbständige Arbeiten: „Man hat nicht so viel mit dem Lehrer zu tun, weil das, was
normalerweise der Lehrer erklärt, hat man nun auf dem iPad. Dann ist es für mich
eher so ein Ansprechpartner, der auch mehr helfen kann.“ (Jourdan 2014, S. 39)
Das Projekt konnte die Schülerinnen für die Arbeit mit dem iPad, aber auch für die
Themen und Inhalte des iBooks intrinsisch motivieren (Jourdan 2014, S. 46): „Mir
bleibt nur zu sagen, dass ich sowas sehr gerne öfters in Physik machen würde. Dass
wir selber Sachen bauen, dass wir sehen, dass Physik nicht nur trockene Formeln
sind, sondern, dass man es auch sofort anwenden kann. Aber ich weiß ja, dass der
Lehrplan das nicht zulässt“ (Jourdan 2014, S. 40).
4.4 Diskussion
Aufgrund der geringen Stichprobe steht der Beweis auf Replizierbarkeit und Über-
tragbarkeit des Lehr-Lern-Konzeptes auf andere Schulen, Klassen und Kontexte
noch aus. Die Unabhängigkeit der Stichproben könnte verletzt worden sein, wenn
die Zulosung in die KG die Schülerinnen nachhaltig demotivierte. Dies werten wir
6 Auch Hake-G genannt. Berechnet aus dem Durchschnitt aller Gs und nicht aus dem
normalized gain der gemittelten, prozentualen Testscores (vgl. Bao 2006)
84 Florian Genz und André Bresges
aufgrund der Aussagen aus den dokumentierten Beobachtungen als eher kleinen
Einflussfaktor: So berichtet Jourdan (2014, S. 34) nach anfänglicher Enttäuschung
der Schülerinnen über eine Zulosung in die KG: „Später schien auch die Gruppe
mit den Arbeitsblättern [Anm.: KG] sehr motiviert und mit Spaß bei der Sache zu
sein.“ Die extrem großen Hake-G-Werte erzeugen jedoch große Hoffnungen, dass
die signifikanten Lernzuwächse auch unter härter kontrollierten Bedingungen
Bestand haben.
Einzelne fachspezifische Fragen in den Interviews erwiesen sich im Nachhinein
als unbeantwortbar. Eine Vorpilotierung mit Laien anstatt Studierenden sollte
deswegen demnächst in das Design implementiert werden. Des Weiteren vermuten
wir, dass das kompakte Arbeiten an einem fächerverbindenden Lernprodukt mit
hohem Identifikationswert (eigene Lochkamera und Portraitfotos) maßgeblich zum
Lernzuwachs beitrug: „Um mehr als ein bis maximal drei Fotos zu entwickeln, blieb
ein Teil der Klasse nach Schulschluss freiwillig länger“ (Jourdan 2014, S. 34). Dass
die normierte Streuung im Leistungstest – selbst in einer so leistungshomogenen
Stichprobe – abnahm, in der KG aber zunahm, ist konsistent zu den Ergebnissen
des Reichshof-Experimentes und absolut bemerkenswert. Dies könnte an einer
besseren Kommunikationskultur durch und mit dem Tablet liegen und sollte in
Folgestudien genauer untersucht werden.
5 Ausblick
Die neuen ZuS-Competence Labs7 (Language Lab, Media Lab, Science Lab und
Social Lab) könnten mit ihren Videografie-Möglichkeiten eine Plattform bieten, wo
insbesondere die Kommunikationskultur praxisnah untersucht werden kann. Das
Ziel sollte dabei sein, umsetzbare Mikro-Theorien für (werdende) Lehrer*innen zu
extrahieren und die erfolgreichsten Unterrichtsreihen weiter zu optimieren. Insbe-
sondere die Replikation des zweiten DBR-Zyklus-Designs und Unterrichtskonzeptes
ist sehr vielversprechend und sollte zeitnah und unabhängig wiederholt werden mit
Literatur
Anderson, T., & Shattuck, J. (2012). Design-Based Research: A Decade of Progress in Education
Research? Educational Researcher 41(1), 16-25. http://doi.org/10.3102/0013189X11428813
Bao, L. (2006). Theoretical comparisons of average normalized gain calculations. American
Journal of Physics 74(10), 917. http://doi.org/10.1119/1.2213632
Bresges, A. (2002). Objektorientierte Modellbildung in der naturwissenschaftlichen und
technischen Bildung. Gerhard-Mercator-Universität, Duisburg. http://duepublico.
uni-duisburg-essen.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-5424/Bresges.pdf. Zugegrif-
fen: 06.03.2016.
Bresges, A., Beckmannn, R., Schmoock, J., Quast, A., Schunke-Galley, J., Weber, J., Firmenich,
D., & Kreiten, M. (2013). Das „Reichshofer Experimentierdesign“ zur Entwicklung und
Überprüfung des Einsatzes von iPad oder anderen Tablet-PC im Physikunterricht. PhyDid
B-Didaktik der Physik-Beiträge zur DPG-Frühjahrstagung. http://phydid.physik.fu-berlin.
de/index.php/phydid-b/article/view/467. Zugegriffen: 06.03.2016.
Bresges, A., Beckmannn, R., Schmoock, J., Quast, A., Schunke-Galley, J., Weber, J. und
Firmenich, D. (2014). Tablets beim physikalischen Experimentieren – zur Unterstützung
des Kompetenzausbaus. Praxis der Naturwissenschaften – Physik in der Schule, 50 (2001).
Bresges, A., Heine, S., Wollny, C., & Franke, L. (2015). iPads an Kölner Schulen. http://kups.
ub.uni-koeln.de/6113/. Zugegriffen: 06.03.2016.
Cronbach, L. J., & Snow, R. E. (1977). Aptitudes and instructional methods: a handbook for
research on interactions. New York: Irvington Publishers : distributed by Halsted Press.
Firmenich, D. (2013). Einfluss des iPad als Lernwerkzeug beim Lernen an Stationen im Physi-
kunterricht der Jahrgangsstufe 9. Universität zu Köln, Institut für Physik und ihre Didaktik.
Fischer, R. (1923). The Arrangement of Field Experiments. Journal of the Ministry of Agri-
culture of Great Britain 33, 503-513.
Hake, R. (2002). Lessons from the Physics Education Reform Effort. Conservation Ecology
5 (2), 28.
Hoadley, C. M. (2004). Methodological alignment in design-based research. Educational
psychologist 39 (4), 203-212.
Hoffmann, S., & Bresges, A. (2009). Reform der Lehrerausbildung in der Physik für Grund-
Haupt- und Realschullehrer durch das integrierte Lern-, Informations- und Arbeits-
kooperationssystem ILIAS an der Universität zu Köln. In: N. Apostolopoulos (Hrsg.),
E-Learning 2009: Lernen im digitalen Zeitalter. Münster: Waxmann.
Johnson, L., & Adams, S. (2011). Challenge Based Learning: The Report from the Implemen-
tation Project. ERIC. http://eric.ed.gov/?id=ED532404. Zugegriffen: 06.03.2016.
Jourdan, F. (2014). Entwicklung, Einsatz und Evaluation eines fächerverbindenden Unter-
richtsprojektes zum Thema „Wie entsteht ein Bild?“ Universität zu Köln, Institut für
Physik und ihre Didaktik.
86 Florian Genz und André Bresges
Abstract
1 Introduction
There is a public debate about the usage of tablets in education and the changes
this causes for schools, teachers, and learners . This debate seems to ignore the fact
that educational innovation is the focus and not the implementation of tablets . A
number of new educational technologies that include features, such as adaptive
educational materials, learning analytics, and gamification, have the potential to
profoundly improve education and learning (Siemens 2014) . Indeed, these tech-
nologies are often implemented on tablets, but there is a need to investigate how
tablets with these technologies are used within schools (Falloon 2013) . Choices
87
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2017
J. Bastian und S. Aufenanger (Hrsg.), Tablets in Schule und
Unterricht, DOI 10.1007/978-3-658-13809-7_5
88 Inge Molenaar and Annemarie van Schaik
The two educational technologies examined in this study are Schoolbag and PulseOn.
Both technologies make educational materials available for students on the tablet.
There is a clear difference between the two technologies in the extent to which they
differ from traditional educational materials. Schoolbag provides text and work-
books on the tablet, which correspond to the current paper text and workbooks. In
addition, there are links to extra information, audio, video, and some options for
social interaction. Through so-called “notes” students exchange information and
comments with each other in the textbooks. As the learning material largely retains
its current form, the changes for the teacher and the students are relatively small
when schools implement this educational technology. The educational materials
are still the same for all students. The classic textbook provides instructions and
the workbook makes exercises available for practice. In essence, the teacher can
teach in exactly the same way as he/she did before the introduction of the tablets.
Investigate the Usage of Educational Technologies on Tablets in Schools 89
to adapt his/her teaching to the development of the student or the class. In this
situation, the tablet empowered with educational technology can be regarded as
an instrument for the teacher. The distributed cognition theory (Hutchins 1995)
offers a framework to understand the use of new instruments to support complex
cognitive tasks such as organizing learning environments and teaching.
The distributed cognition theory states that instruments can support professionals
when they fit in well with the daily routines of the professional (Hutchins and
Klausen 1996; Hollan et al. 2000). Extensive research in different fields shows that
the connection between the instrument and the daily routines of professionals is
of great importance for the successful application of new instruments (Norman
1990). For example, new instruments in an airplane must seamlessly connect to the
daily routines of the pilot and his crew in order to avoid accidents. In the school
context, this means that educational technologies must connect into the teachers’
daily routines. Teachers can not only use educational materials on the tablet within
their current teaching practices, but also apply data generated by the technologies
to enhance their teaching, see Figure 1.
Fig. 1
Educational technology
as an instrument for the
teacher
Educational technologies, gather, report, and analyze students’ data (Geller and
Drachsler 2012). The current generation of educational technologies varies greatly
in the way they use students’ data and make it available for the teachers. Theoreti-
Investigate the Usage of Educational Technologies on Tablets in Schools 91
and role of these activities in class. Nevertheless, this model does not provide a
picture of the level of control of various actors (teachers, students, and technology)
on the way the learning environment is organized. Therefore, we introduce the
actor-control model.
Fig. 2
Class-rotation model:
lesson time spent on
different activities
trol over which elements and it can be used to determine how different educational
technologies influence the control of the various actors on the organization of the
learning environment. Nevertheless, the degree of control gives no insight as to how
the teacher makes decisions about the organization of the learning environment.
Therefore, we introduce the pedagogical decision-making model.
Teachers constantly make pedagogical decisions about how they adjust the orga-
nization of the learning environment and their teaching to the development of
students (Roelofs and Sanders 2007). These pedagogical decisions are based on the
teachers’ pedagogical knowledge (Roelofs and Sanders 2007). The following steps
are important in making pedagogical decisions: (1) data collection of students’
knowledge and skill(s), (2) diagnosing students, (3) outlining possible pedagogical
decisions, (4) selecting the best pedagogical decisions, (5) adjusting the learning
environment, and finally (6) evaluating the pedagogical decisions, see Figure 3.
Teachers largely differ in the extent to which they engage in the different steps of
the decision making process. When teachers determine their pedagogical decisions
in advance we speak of proactive pedagogical decisions (Tomlinson et al. 2003).
However, research indicates that teachers often show reactive response, in which
they react to pedagogical situations as they occur in the classroom (Onstenk 2005;
Roelofs and Sanders 2007). This indicates that the pedagogical decision-making
process can have different priorities for teachers depending on the way teachers
make these decisions. The pedagogical decision-making steps can also be supported
or taken by the educational technology. Educational technologies gather, report,
and analyze students’ data and use these in the application of embedded and ex-
tracted analytics described above (Geller and Drachsler 2012). Through applying
extracted analytics, data can be visualized in so-called dashboards. Teachers can
use the dashboards as an additional support in making pedagogical decisions. For
example, the technology can provide an overview of students’ progress when doing
exercises. Teachers can use this information to determine if a student needs extra
instruction, feedback, or practice. Applying embedded analytics, the technology
can select new exercises for students based on the analyses of the data. When
the teacher has no influence on the way the educational technology executes the
embedded analytics functions, the teacher loses part of his/her control over the
organization of the learning environment. The current generation of educational
technologies varies greatly in the way they make data available for the teachers and
how they apply extracted and embedded analytics.
94 Inge Molenaar and Annemarie van Schaik
Fig. 3
The pedagogical decision
making model
2 This study
The aim of this study is to investigate how teachers use two different educational
technologies (Schoolbag and PulseOn) to organize the learning environment and
to teach their classes. The two educational technologies differ in how they make
educational materials available. This comparison leads from an image of a substi-
tutive use of tablets, where the text- and workbooks are replaced by the tablet, to a
transformative use, where the tablet is the medium to support personalized lear-
ning. It is important to understand the impact of educational technologies on the
organization of the learning environment and the way teachers shape this change.
Approaching educational technologies on tablets as an instrument for teachers, the
three models are introduced to investigate how different educational technologies (i.e.
Schoolbag and PulseOn) influence the organization of the learning environment and
the role of the teachers. The study describes how educational technology influences
the interaction between teachers, students, and educational technologies. The way
schools organize the new learning environment can provide important insights for
other schools. The study maps how educational technologies, i.e., Schoolbag and
PulseOn, are used in different classes by different teachers. Six secondary schools
participated with seven classes in this research during a period of eight weeks. The
participating classes used Schoolbag (three classes) and PulseOn (four classes).
Seven teachers participated in the study, five grade two English teachers, one first
grade English teacher and one second grade teacher for Dutch language.
96 Inge Molenaar and Annemarie van Schaik
2.1 Procedure
The study period of eight weeks is shown schematically in Figure 4 . There were
three observations in each classroom . After the first observation an interview was
conducted with the teacher and after the third observation another short interview
was conducted . Throughout the study period teachers completed a logbook after
each lesson .
8
weeks
of
research
Logbook teachers
Two educational technologies, Schoolbag and PulseOn were used in the classes .
The curriculum in Schoolbag and PulseOn is derived from the text- and workbook
from New Interface (publisher Thieme Meulenhof) . The textbook contains texts,
explanations and glossaries . The workbook contains assignments following the
processing divided by the textbook in three categories: ordinary exercises, the
catch-up exercises and get-ahead exercises . The catch-up exercises repeat previously
treated learning goals whereas get-ahead exercises are deepening the learning goals .
2.3 Schoolbag
Schoolbag is an app in which text- and workbooks are displayed digitally . The
students have an account and a personal environment in which they can select
books . The display of the text- and workbook is similar to the paper version . The
text- and workbook are enriched with listening exercises and links to videos and
additional articles, see Figure 5 . In the workbook, the students fi ll in the answers
digitally, see Figure 6 . In addition, there is the option of notes in which the students
can add notes in the text . These notes are short text messages, which they can us
Investigate the Usage of Educational Technologies on Tablets in Schools 97
to point out important or difficult parts in the book . Teachers have an account and
a personal environment in which they can select books . The teacher has a number
of additional features . In a word-web he/she can let students generate words about
a topic . These words are then shown in a word-web on the smartboard . Furthermo-
re, the teacher can consult the students’ workbooks and these may be selected for
display on the smartboard . However, Schoolbag does not use any learning analytics
techniques nor does it automatically correct exercises or give feedback to students .
2.4 PulseOn
The teacher has a personal account with extracted learning analytics such as a
personal dashboard with the following additional features: correction work (not
automated exercises), progress, and trend . Under correction work the teacher has an
overview of the students’ homework . The teacher can see the percentage of correctly
answered exercises and can also inspect the assignments . Finally, assignments that
are made incorrectly can be returned to the student . Under Progress the teacher
can see which exercises have been completed by the students, see Figure 6 . The left
circle indicates the percentage of correctly completed exercises in relation to the
average of correct answers below . The right circle shows the time a student spent
on the exercises in relation to the average time the rest of the class needed . A gra-
phical representation shows the progress of the students, see Figure 7 . Each circle
represents a pupil . The horizontal axis displays each student’s progress while the
vertical axis indicates the level of each student . The middle line represents a 50%
level . The size of the circle shows the amount of time spent by each student on the
exercises . The teacher can select a particular student to get additional insights on
his/her progress .
100 Inge Molenaar and Annemarie van Schaik
2.5 Instruments
1. The class-rotation model: provides insight into the interaction between teacher,
student, and educational technology by indicating the lesson time spent on the
teacher-led activities, individual activities, collaborative activities, and the use
of the tablet in these activities.
2. The actor-control model indicates the control over the organization of the lear-
ning environment by different actors: the teacher, the learner, the educational
materials, or the educational technology education.
3. The pedagogical decision-making model indicates the degree to which the
teacher can articulate, explain, and justify his actions and how the education
technology is used to support the various decision-making steps.
Observations
Observations in the classes were done on the basis of a standardized observation
instrument. The aim of the observation was to obtain a picture of how teachers use
the educational technology in the classroom. In addition, a chronological overview
of a lesson was written down by the observer in which the actions of the teacher and
the students were described. The use of educational technology was documented in
this overview in relation to the actions of teachers and students. In addition, the time
spent on various types of methods, grouping, and processing tasks was registered.
The logbook
The purpose of the logbook was to collect the information from the teacher’s per-
spective. The teachers were asked to fill in the log at the end of the lesson.
The interview
The aim of the interview was to understand the teachers reasoning on his/her use
of educational technology. The primary focus was the organization of the learning
environment using educational technology on the tablet. The first interview took on
average 45 minutes and consisted of four parts. Questions in part one dealt with the
background variables of the teacher, such as their education and their experience
and involvement in the selection of the educational technology. Part two discussed
Investigate the Usage of Educational Technologies on Tablets in Schools 101
the design of the learning environment, the use of educational technology, and
the role of teacher and students. The control of the teacher, student, methodology
and technology education over the different elements in the learning environment
was central, e.g. What role do you have as a teacher? Part three questioned the
pedagogical actions of the teacher. This indicated the extent to which the teacher
could articulate, explain, and justify pedagogical decisions. In addition, we asked
how educational technology supported pedagogical decisions. Example questions
are: How do you assess students’ knowledge and understanding when taking an
educational decision? Does Schoolbag / PulseOn support your students’ knowledge
and understanding? Finally in part four, teachers were asked to fill in a matrix and
explain their choices. The second interview was informal and was used to fill or to
expand the collected data.
On the basis of the information collected with the various instruments the three
models were coded per teacher. For the class-rotation model the average time spent
on the different learning activities was taken from the observations and the logbook.
It was determined to the extent which a teacher articulated, explained, and justified
the steps for making pedagogical decisions. It was coded as:
Investigate the Usage of Educational Technologies on Tablets in Schools 103
Since there are embedded analytics available in Schoolbag and PulseOn, we only
assessed the degree of extracted analytics. The extracted analytics are directly
linked to the steps of the pedagogical decision-making process. Each step specifies
whether the educational technology helps the teacher with additional information
to perform this step better. Table 2 shows which information is available to teachers
in educational technology and how the teacher can use this information.
Tab. 2 Support of the technology for each step in the pedagogical decision-making
process
Steps Schoolbag PulseOn Role docent
(1) Data collection of Workbooks of students Students’ progress is Understanding the data
students’ know can be consulted made insightful in and visualizations
ledge and skills different dashboards
(2) Diagnosing No support Students’ progress can Understanding and
students be compared to the evaluating the data and
standard and to other visualizations
students’ progress
(3) Outlining possible No support No support
pedagogical
decisions
(4) Selecting the No support No support
’best’ pedagogical
decisions
(5) Adjusting the Different exercises Different exercises Selecting the most
learning for weak, average and for weak, average and appropriate exercises
environment strong students strong students
(6) Evaluating the No support Students’ progress can Evaluating the effective-
pedagogical be compared to the ness of actions taken
decisions standard and to other
students’ progress
Finally, we indicated to what extent different steps were taken by the teacher in
the pedagogical decision-making process and whether the teacher acted mainly
reactive or proactive. It was also determined to what extent the teacher uses the
information in the educational technology in taking various steps.
104 Inge Molenaar and Annemarie van Schaik
We indicated the control over the organization of different elements of the learning
environment per actor, see Table 3. The column material indicates that materials
were mainly guiding the organization of that specific element in the learning en-
vironment, for example the teacher has all students do all exercises. The column
Teacher indicates that the teacher determined how the element is organized, for
example, the teacher determined which exercises students do. The column Student
indicates that the student had control over the organization of this element of the
learning environment, for example the student selected which exercises to do. The
coding was derived from the interviews and the observations. Since in this study
the educational technology did not make any decisions the column Educational
technology is gray.
Pace
Instructional materials
Grouping
Exercises
3 Results
Mr. Prince had eight years of experience as a Dutch teacher at the time of observa-
tion. Mr. Prince made a career switch later in life and followed a college education
to teach in secondary schools. In this study, a class of 25 pupils at secondary school
was observed. Mr. Prince has been working with Schoolbag for one year. He was
involved in the choice of the technology, was a member of the steering committee
Investigate the Usage of Educational Technologies on Tablets in Schools 105
and one of the teachers who taught the pilot class. Schoolbag is used as a replacement
for the text- and workbook in this school.
Pace
Instructional materials
Grouping
Exercises
Actor-control model
The educational materials were the guide for Mr. Prince for determining the curri-
culum and the learning objectives for each lesson (see Table 4). Mr. Prince said: “I
set the learning objectives automatically. I do not think about it extensively. I look
at a paragraph and then I think about what we need to learn, and how we will do
it.” Mr. Prince looked critically at the teaching materials and the exercises. If these
were not sufficient to reach the learning objectives, he replaced the instruction for
the exercises with more appropriate ones. “Yes, I study the approach in the text-
book and when I find it can be done more effectively I select another instruction
text. For example, if the objective is to understand when to use capital letters and
punctuation marks, then I ask students in pairs to write down what they remember.
This is not in the textbook, but then I skip the instruction in the book.” Mr. Prince
determined the pace, but the students did have a say, “They complain sometimes,
they say there is a lot of homework. I usually check it and if it is true I change it.”
Mr. Prince believed it is important that students learn from each other. Students
mainly collaborated in pairs.
and if you release too much then it flies out of our reach . So you need to adjust the
work so that there’s the right level of challenge .” Mr . Prince gathers information
about students’ knowledge and understanding through test results . On the basis of
this information he decides if additional explanation is required . “If it turns out a
student is not doing well on the test, then I will have to give additional instruction or
additional exercises .” His diagnoses of the students are based solely on test results .
He does not adjust the educational material itself, but he does provide additional
instruction when necessary . “[ . . .] All students just need to take the same test in
the end .” He said that Schoolbag does not support him in making pedagogical
decisions, see Figure 9 .
Data
collec)on
of
students
knowledge
and
skills
Outlining
adjus)ng
the
possible
learning
pedagogical
environment
decisions
Selec)ng
the
best
pedagogical
decisions
Mr. Prince indicated that Schoolbag has changed the way he teaches. He said:
Yes, but not only in a positive way. It has not changed much but it did cost
a lot of energy. You have to switch from a book to a digital learning tool, the
educational technology, but actually it is not as interactive as we had hoped
for. I find it difficult to make something more of it than I do with a book. So
it’s not just that Schoolbag helps me to make it better.
in small groups (25%). For example, the students saw the English youth news or
made a film about a subject that was discussed in the textbook. Speaking was often
central to these activities
Actor-control model
Mrs. Visser controlled the organization of the learning environment, but also used
the educational materials for guidance quite often and occasionally allowed students
to take decisions, see Table 5. The curriculum was mainly taken from the educational
materials. The learning objectives for each lesson were also determined based on
the educational materials, but Mrs. Visser increased the learning objectives slightly:
“For example students do not need to know how to write an essay yet, but I think
it’s important for them to practice.” The pace was the same for all students. Students
were able to select the learning objectives themselves, which gave them control
over their own learning. In this way the students worked more independently and
with more self-regulation. Mrs. Visser tried to made students aware of the choices
they made and helped them to select exercises that supported the development of
their skills and knowledge. Homework was automatically corrected when students
handed in assignments. This meant there was more time in class to perform other
learning activities. Mrs. Fisher gave an example: “There was a chapter on food and
I found an article about foreign cuisine. I also often watch Newsround (English
youth news). With PulseOn I can vary the exercises for different student; so they
practice the words, phrases, and grammar as needed.” Students frequently worked
in groups and could usually decide with whom they work although the teacher
sometimes placed students with various levels in one group.
Pace
Instructional materials
Grouping
Exercises
110 Inge Molenaar and Annemarie van Schaik
Data
collec)on
of
students
knowledge
and
skills
Outlining
adjus)ng
the
possible
learning
pedagogical
environment
decisions
Selec)ng
the
best
pedagogical
decisions
4 Discussion
The aim of this study was to investigate how the choice of educational technology
on tablets affects the organization of the learning environment and the way teachers
teach . Our methodology views educational technologies as instruments to support
teachers in their daily routines . The educational technologies in this study partly
replace the traditional text- and workbook and PulseOn additionally provides
dashboards (extracted learning analytics) . This study showed how teachers adjusted
their teaching by using these technologies in three models: the class-rotation model,
the actor-control model, and the pedagogical decision-making model .
112 Inge Molenaar and Annemarie van Schaik
and the interviews indicated that the information on the dashboard facilitated
teachers’ proactive pedagogical decision making.
In conclusion, we showed that the use of different educational technologies have
impacts on the way teachers organize the learning environment and how they teach.
Schoolbag was mostly used as a replacement for paper text- and workbooks, but
we also saw teachers use this technology to organize their learning environment
differently. PulseOn supported teachers in personalizing their education. Extracted
learning analytics being displayed on dashboards and visualizing students’ progress
allowed teachers to change the way they organize the learning environment. An
important shift was the transfer of control from the teacher to the student. This
study shows that teachers, who had been supported by technology that includes
extracted learning analytics, became increasingly aware of their teaching actions.
The technology did supported teachers in implementing educational innovations.
Different hybrid models were constructed by teachers to make a transition from the
previous daily teaching practices to their new practices. For example, Mrs. Visser
allowed students to increasing self-regulate their learning by selecting objectives
themselves. These hybrid models are can be very meaningful for other teachers to
inspire their educational reforms.
This study indicated that extracted analytics helped teachers in dealing with
differences among students and supported the development of proactive differen-
tiated pedagogical decision-making. Detailed progress information on individual
students in the classroom helped teachers to enrich their knowledge base. With
this knowledge, teachers acted more consciously. The extracted analytics were
currently in place in PulseOn, but there was a desire to develop embedded analytics
in the system for instance algorithms that assign educational material tailored to
students’ needs. The question is how this development would assist teachers in
further developing their proactive teaching. In addition to efficiency advantages of
embedded analytics (the teacher would be offloaded as the technology would take
over part of the organization of the learning environment), there are also possible
disadvantages to embedded analytics. Embedded analytics make, based on the
collected data, the “right” decision for a student. This implies that such a decision
is adequate and correct. Yet research is needed to ensure that these decisions can
indeed be made by technology. It is conceivable that it would be beneficial to have
teachers supervising these decisions. Moreover, a great deal of control over the
organization of the learning environment is transferred from the teacher to the
114 Inge Molenaar and Annemarie van Schaik
This study raises future research questions with respect to the three models used
in the analysis. Firstly, there is a need for more understanding of how tablets with
educational technology are used during lessons. This study shows a shift in usage of
lesson time as a result of the usage of different educational technologies. This raises
the question of how lesson time can best be spent and how characteristics of educa-
tional technologies might affect the use of lesson time. Secondly, it appears from this
study that PulseOn technology supports student-centered learning environments
which give students a greater say in the design of learning environments. This calls
for further research into the relationship between actor control of the learning en-
vironment and the use of educational technology. Thirdly, it appears that extracted
learning analytics can support teachers in their pedagogical decision-making and
teaching. There is a need for further insights as to how extracted learning analytics
can be used to support teachers. An important question is how visualizations and
recommendation services can support teachers in making pedagogical decisions.
In addition, this study showed that some teachers benefited from the visualizations
offered and other teachers did not. This prompts the question: Which knowledge
and skills do teachers need to effectively use the extracted analytics to support
their teaching behavior? Furthermore, there is a need for insights into the use of
embedded learning analytics and their implications for the organization of the
learning environment. In particular, the trade-off of control between the educa-
tional technology and the teacher is an important issue. Decisions taken by the
educational technology limit the control of the teachers. This may have important
implications for the teaching and teachers’ professionalism. This raises questions
about the extent to which embedded learning analytics are desirable and what the
consequences for the organization of the learning environment are. Finally, this
research focuses mainly on the use of the technology by the teachers and the way
in which it influenced the organization of the learning environment. Of course,
an important question is what impact these innovations have on the students and
their learning gains. Nevertheless, we want to emphasis that the question of whether
educational technologies are effective for learning is hard to answer within the
school context. Moreover, when there is insufficient insight into the far-reaching
changes the implementation of new educational technologies on the tablet have
Investigate the Usage of Educational Technologies on Tablets in Schools 115
on the organization of the learning environment, research insights into how the
technology influences learning can hardly be interpreted. The mechanisms that
cause educational improvements are needed to understand the value of educational
technologies in schools. Furthermore, a study that ignores the way in which the
tablet and educational technology are used will be of little value for the educational
practice. Most schools are currently focusing on the question of how tablets can be
used to innovate education. Therefore, we hope that more researchers will follow
the proposed methodology and develop extended insights as to how educational
technologies with different features effect the organization of the learning environ-
ment and teachers’ daily practices.
Acknowledgments
We thank the participating schools, directors, teachers, and students for taking
part in this study. We also thank the employees of ThiemeMeulenhoff and PulseOn
for their support and Kennisnet for their financial support. All data used in this
report are anonymous.
References
Azevedo, R., Harley, J., Trevors, G., Duffy, M., Feyzi-Behnagh, R., Bouchet, F., & Landis, R.
(2013). Using trace data to examine the complex roles of cognitive, metacognitive, and
emotional self-regulatory processes during learning with multi-agent systems. In Interna-
tional handbook of metacognition and learning technologies, 427-449. New York: Springer.
Bailey, J., Schneider, C., & Vander Ark, T. (2013): Navigating the Digital Shift. Implementation
Strategies for Blended and Online Learning. Digital Learning Now.
de Bruin, A. B., van Gog, T., van Loon, M. H., & van Merriënboer, J. J. (2013). Activation of
inaccurate prior knowledge affects primary-school students’ metacognitive judgments
and calibration. Learning and Instruction, 24, 15-25.
Dede, C. (2008). Theoretical perspectives influencing the use of information technology in
teaching and learning. In J. Voogt, G. Knezek (Hrsg.) International Handbook of Infor-
mation Technology in Primary and Secondary Education, pp. 43–62. Springer.
Falloon, G. (2013). Young students using iPads: App design and content influences on their
learning pathways. Computers & Education 68, 505-521.
Fullan, M. 2009. Michael Fullan Response to MS 3 Questions About Personalized learning.
116 Inge Molenaar and Annemarie van Schaik
Gašević, D., Dawson, S., & Siemens, G. (2015). Let’s not forget: Learning analytics are about
learning. TechTrends 59(1), 64-71.
Geller, W., & Drachsler, H. (2012). Translating Learning into Numbers: A Generic Framework
for Learning Analytics. Educational Technology & Society,15(3), 42-57.
Harris, C. J., & Marx, R. W. (2011). Designing Learning Environments. In T. L. Good (Hrsg.).
21st Century Education. A Reference Handbook, 225- 234.
Hollan, J., Hutchins, E., & Kirsh, D. (2000). Distributed cognition: toward a new foundation
for human-computer interaction research. ACM Transactions on Computer-Human
Interaction (TOCHI) 7(2), 174-196.
Hutchins, E. (1995). Cognition in the Wild. MIT press.
Hutchins, E., & Klausen, T. (1996). Distributed cognition in an airline cockpit. Cognition
and communication at work, 15-34.
Land, S., Hannafin, J., & Oliver, K. (2012). Student centered learning environments: Foun-
dations, assumptions and design. In D. Jonassen & S. Land. Theoretical foundations of
learning environments. (pp. 3-21). New York: Routledge.
Kennisnet (2014). Trendrapport 2014-2015. www.kennisnet.nl/trendrapport.
Norman, D. (1990). Dictatuur van het design. Ontwerpen van gebruiksvoorwerpen gezien
vanuit de cognitieve psychologie. Utrecht: Bruna.
Onstenk, J. (2005). Geïntegreerd pedagogisch leren handelen, een uitdaging voor opleiding
en professionalisering van leraren. Retrieved: www.inholland.nl/NR/rdonlyres/E7F3811A-
E29A-4330-BE77-81DE1DD6B8AC/0/RedeJeroenOnstenk.pdf
Tomlinson, C. A., Brighton, C., Hertberg, H., Callahan, C. M., Moon, T. R., Brimijoin, K.,
Conover, L.A., & Reynolds, T. (2003). Differentiating instruction in response to student
readiness, interest, and learning profile in academically diverse classrooms: A review of
literature. Journal for the Education of the Gifted 27(2/3), 119-145.
Roelofs, E., & Sanders, P. (2007). Towards a framework for assessing teacher competence.
European Journal for Vocational Training 40(1), 123-139.
Siemens, G. (2014). The journal of learning analytics: Supporting and promoting learning
analytics research. Journal of Learning Analytics 1(1), 3-5.
Tomlinson, C. A. (2001). How To Differentiate Instruction in Mixed-Ability Classroom.
Columbus, OH: Pearson.
Waslander, S. (2007). Leren over innoveren. Overzichtsstudie van wetenschappelijk onderzoek
naar duurzaam vernieuwen in het voortgezet onderwijs.
Westra, W. (2004) On strategies of Educational Innovation: Between Substitution and
Transformation. Higher Education 47(4), 501-517.
Wise, A. F., Zhao, Y. & Hausknecht, S. N. (2014). Learning analytics for online discussions:
Embedded and extracted approaches. Journal of Learning Analytics, 1(2), 48–71.
II
Schulische Aspekte
der Tabletforschung
Zum Stand der Forschung zum
Tableteinsatz in Schule und Unterricht
aus nationaler und internationaler Sicht
Stefan Aufenanger
Zusammenfassung
In den sechs Jahren seit Erscheinen des iPads von Apple haben sich viele Schu-
len weltweit mit Tablets ausgestattet und gestalten damit Unterricht . Die dazu
erfolgten wissenschaft lichen Begleitstudien national und international zeigen
fast durchweg positive Ergebnisse auf, die u . a . auf gesteigerte Motivation und
Aufmerksamkeit, auf verändernden Unterricht sowie auf selbstständigeres
Lernen der Schülerinnen und Schüler hinweisen . Methodisch orientieren sich
die meisten Studien an Befragungen, nur wenige an Unterrichtsbeobachten .
Insgesamt kann von einem Erfolg der Tablets in Schule und Unterricht gespro-
chen werden, der sich zwar nicht immer in besseren Leistungen, aber häufig in
einer veränderten Lernkultur ausdrückt .
1 Einleitung
Die Diskussion um den Einsatz digitaler Medien in Schule und Unterricht wird in
der Öffentlichkeit ziemlich kontrovers geführt . Dies liegt zum einem daran, dass in
den Medien meist eine negative Berichterstattung stattfindet, zum anderen aber auch
an den populärwissenschaft lichen Veröffentlichungen, die stark verallgemeinernd
ausgewählte Forschungsergebnisse referieren . Es ist also notwendig, sich die vorlie-
genden Forschungsergebnisse genauer anzusehen . Ziel des Beitrags ist es deshalb,
einen Forschungsüberblick über Studien zum Tableteinsatz in Schulen zu geben
und die vorliegenden Ergebnisse bezüglich ihrer Verallgemeinerung zu bewerten .
Dadurch sollen Initiativen in der pädagogischen Praxis mit Argumenten gegen
kritische und skeptische Stimmen bestärkt werden . Zuvor muss jedoch deutlich
119
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2017
J. Bastian und S. Aufenanger (Hrsg.), Tablets in Schule und
Unterricht, DOI 10.1007/978-3-658-13809-7_6
120 Stefan Aufenanger
gemacht werden, dass zum einem noch keine längerfristigen Studien vorhanden
sind, da das Tablet erst seit 2010 durch die Einführung des iPads von Apple auch
in den Bildungsbereich größere Verbreitung gefunden hat, zum anderen die im
Folgenden referierten Studien sich überwiegend auf das iPad beziehen. Letzteres
hängt vor allem damit zusammen, dass dieses Gerät in Bildungsinstitutionen am
weitesten verbreitet ist. So liegen Schätzungen für 2013 vor, die weltweit von einem
Marktanteil von iPads von 75 Prozent in einigen Ländern wie etwa Kanada sogar
von 90 Prozent ausgehen (Khaddage 2013). Auch wenn es schwierig sein dürfte,
genaue Daten dazu zu erhalten, darf man 2015 von einer Dominanz der iPads bei
der Tabletausstattung von Schulen ausgehen.1 Nur wenige Studien, wie etwa die
von Prasse et al. (2016), konzentrieren sich auf Geräte anderer Firmen, wie etwa von
Samsung. Zunehmend dürften aber auch die Tablets von Microsoft im Bildungsbe-
reich an Bedeutung gewinnen und damit zukünftig in Studien eine stärkere Rolle
spielen. Außerdem verstärken sich Programme mit einem Bring-Your-Own-Device-
Ansatz (BYOD) in einigen Ländern, wobei es auch Projekte zu BYO-iPad gibt, wie
das Beispiel einer australischen Schule (St. Clare of Assis Primary School) zeigt. In
diesem Sinne sind die hier vorgestellten Forschungsergebnisse in ersten Linie auf
die Benutzung von iPads bezogen, können aber meines Erachtens problemlos auf
alle Tablets anderer Gerätehersteller bezogen werden, da die Differenzen zwischen
den Geräten und ihren Einsatzmöglichkeiten nur minimal sind, auch wenn die zur
Verfügung stehenden Anwendungen der großen Firmen sich doch unterscheiden.
Schon relativ früh nachdem das iPad auf den Markt kam, wurden erste Hoffnungen
ausgesprochen, dass dieses Gerät für den pädagogischen Bereich eine Bereicherung
darstellen kann (Bergmann 2011; McKnight und Fitton 2010; Melhuish 2010; Mur-
ray und Olcese 2011). Von Anfang an wurden im Internet Berichte von Schulen
publiziert, die ihre Erfahrungen mit den neuen Geräten wiedergaben. Dies sind
jedoch überwiegend Erfahrungsberichte, die sehr eindrücklich zeigen, wie Tablets
den Unterricht und das Lernen verändern.2
Die folgende Darstellung der wichtigsten Ergebnisse von Forschungs- und Be-
gleitforschungsprojekten zum Tableteinsatz in Schule und Unterricht wird sich in
einem ersten Schritt auf Begleitstudien in Deutschland beziehen, um danach einige
von Tablets im Bereich der inklusiven Bildung sehr umfangreich (Coulon 2015;
Ingle 2014; Quick 2014) und es liegen darüber hinaus inzwischen umfangreiche
Studien vor, die sich mit dem Nutzen von Tablets in der Lehrerbildung befassen
(Burden et al. 2016; Maher 2013; Mourlam und Montgomery 2015; Pilgrim et al.
2014; Spaulding 2014; Wilson et al. 2013; Zhang 2015).
Aus methodologischer Sicht gibt es leider relativ wenige Auseinandersetzungen
mit der Frage, wie die Medienintegration und -nutzung von Tablets sowie deren
Effekte gemessen werden sollten (vgl. dazu auch den Beitrag von Isa Jahnke in
diesem Band). Neben einer allgemeinen Kritik (Livingstone 2012; Maddux und
Johnson 2012) werden auch Fragen der Validität der benutzten Instrumente dis-
kutiert (Vannatta und Banister 2009).
2 Deutschsprachige Tablet-Projekte
In Deutschland wurden relativ früh nach dem Erscheinen der ersten iPads Er-
fahrungen mit Tablets im Unterricht gesammelt. Jedoch waren die meisten dieser
Projekte entweder zeitlich befristet oder wurden nur in kleinen Ausstattungsinitia-
tiven verwirklicht. Insgesamt gesehen können verschiedene Formen der Initiativen
unterschieden werden. Zum einem haben sich Schulen selbstständig auf den Weg
gemacht, mit dem Einsatz von Tablets Erfahrungen zu sammeln. Der Anstoß
dazu ging meist von einzelnen Lehrkräften aus, die schon privat mit Tablets gute
Erfahrungen gemacht hatten und diese Geräte nun auch im Unterricht verwenden
wollten. Aber auch Initiativen von einzelnen Schulträgern, der Schulleitung oder
der Elternschaft haben zu ersten Tabletklassen geführt. Zum anderen haben sich
auf der bildungspolitischen Ebene Ministerien die Ausstattung von Schulen bzw.
Schulklassen mit Tablets zu eigen gemacht. Fast in jedem Bundesland finden wir
inzwischen solche Initiativen, die Anfang 2016 unterschiedlich weit gediehen sind.
Der folgende Überblick über einige wissenschaftliche Begleitforschungen zu diesen
Projekten soll nur einen ersten Einblick in den Stand der Erkenntnisse geben, da
eine vollständige Übersicht wegen mangelnder Außendarstellung der Projekte
nicht möglich ist und die Projekte zum Teil noch laufen. Insgesamt gesehen kann
jedoch die Ausstattung von deutschen Schulen mit Tablets als ein aktueller Trend
gekennzeichnet werden, da die Vorteile von Tablets gegenüber etwa Computerräu-
men oder Notebooks gesehen werden (Aufenanger und Schlieszeit 2013).
Eine der ersten Schulen, die Tablets nach dem 1:1-Modell eingesetzt hat, war das
Kurt-Köber-Gymnasium in Hamburg. Eine Forschungsgruppe aus der Medienpäd-
agogik der Universität Hamburg sowie dem Institut für Informationsmanagement
Zum Stand der Forschung zum Tableteinsatz in Schule und Unterricht 123
in Bremen hat zu diesem Projekt eine Evaluation durchgeführt und dazu einen
ausführlichen Bericht vorgelegt (Autorengruppe Paducation 2014).3 Über zwei Jahre
wurden an der Schule in der Oberstufe iPads eingesetzt. Die Forschergruppe führte
bei den Schülerinnen und Schülern anfangs und zum Ende eine standardisierte
Onlinebefragung durch, sowie Gruppeninterviews und Einzelinterviews nach dem
ersten Jahrgang. Weiterhin wurden von den Lehrkräften Daten in Gruppeninter-
views sowie im Rahmen von Unterrichtsbeobachtungen erhoben.
Sehr differenziert wurde die unterrichtliche Nutzung der Tablets abgefragt.
Danach nutzten die Schülerinnen und Schüler das iPad vor allem zum Schreiben,
d. h. für Mitschriften im Unterricht sowie für Notizen, zum Recherchieren, zur
Textverarbeitung sowie zur Präsentation ihrer Arbeitsergebnisse. Die Lehrpersonen
setzten das iPad überwiegend für digitale Arbeitsblätter, Videos, Tonaufnahmen,
Bilder und Animation und für Präsentationen ein. Zwei Drittel der Schülerinnen und
Schüler meinten, dass sich durch das iPad die Gruppenarbeit mit den Mitschülern
verbessert hätte. Als ein Problem wird, wie in vielen anderen Tabletstudien auch,
die Ablenkung durch das Gerät bzw. Apps gesehen. Jedoch hat sich im Laufe der
Projektzeit aus der Perspektive der Schülerinnen und Schüler das Ausmaß verringert.
Während zu Beginn des Projekts viele der Befragten in den Gruppendiskussionen
das Thema Ablenkung und die dadurch entstehenden Folgen für den Unterricht
ansprachen, stimmten in der Abschlussbefragung nur noch 26 % zu, dass sie sich
durch das iPad „häufig ablenken [ließen] und dann dem Unterricht nicht folgen“
könnten (Autorengruppe Paducation 2014, 74).
Als wichtigste Ergebnisse halten die Autoren fest, dass sich in den drei Projekt-
jahren der Unterricht in der Oberstufe „erheblich verändert“ hat bzw. eine „Verän-
derung der Lernprozesse“ erfolgte (Autorengruppe Paducation 2014, 110). Darüber
hinaus hat sich die Nutzung der Medien im Zeitraum der Erhebung erhöht, zugleich
wird aber auch festgestellt, dass neue Medienpraxen, also vor allem die Nutzung
der Potenziale der Tablets gegenüber anderen Medien, kaum erkennbar waren.
Insgesamt gesehen wurden die Tablets im Unterricht von den Lehrkräften sehr
unterschiedlich genutzt. Dies schreiben die Autoren zum einen dem Engagement
der einzelnen Lehrkräfte zu, zum anderen aber auch der nicht ganz ausreichenden
Fortbildung derselben, um einen pädagogisch gelungenen Unterricht mit Tablets
zu gestalten. Da die Evaluation des Projekts vor allem auch der Frage nach der
Integration von Tablets in der Schule unter dem Aspekt von Schulentwicklung
nachging, konnten entsprechende Probleme sehr gut aufgezeigt werden. So zeigte
sich, dass eine Vorbereitung der Lehrkräfte auf das Projekt besser in der Schule als
außerhalb – etwa in Fortbildungsstätten – stattfinden sollte. Auch eine stärkere
Einbeziehung der Schülerinnen und Schüler und eine damit verbundene Reflexion
über den Tabletgebrauch im Unterricht wurde als sinnvoll angesehen. Abschließend
treffen die Autoren jedoch ein positives Gesamturteil, nämlich „dass 1:1-Projekte
mit mobilen Endgeräten ein guter Anstoß sein können, um zur Entstehung einer
Lehr- und Lernkultur beizutragen, in der die Heranwachsenden angemessen auf
das Leben in einer zunehmend von digitalen Medien geprägten Gesellschaft vor-
bereitet werden“ (Autorengruppe Paducation 2014, 116).
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Studie zum Tablet-Einsatz in einer Be-
rufsschule im Schuljahr 2011/12 (Ludwig und Mayrberger 2012). Die Autorinnen
hatten zwar nur drei Monate lang die Tabletnutzung in zwei Schulklassen verfolgen
können, dafür aber methodisch ein vielfältiges Forschungsdesign entwickelt. So
führten die Schülerinnen und Schüler ein Tagebuch darüber, was sie alles mit den
Tablet täglich machten. Weiterhin wurden Screenshots von den Apps gemacht, die
die Schülerinnen und Schüler geladen hatten. Daneben wurden Onlinebefragungen
der Schülerinnen und Schüler, Gruppendiskussionen sowie Interviews mit den
Lehrpersonen durchgeführt. Als Ergebnis halten die beiden Autorinnen fest, dass
je nach didaktischem Konzept das Tablet unterschiedliche Rollen im Unterricht
einnehmen kann. Vor allem das 1:1-Modell hat sich als angemessen erwiesen, auch
wenn in der Schule insgesamt bedauert wurde, dass nur zwei Klassen ausgestat-
tet werden konnten. Die neuen Geräte führten auch zu erhöhter Ablenkung im
Unterricht, so dass dieses Problem pädagogisch gelöst werden müsste. Zugleich
haben aber die Tablets im Unterricht zu didaktischen Variationen geführt, die bei
einem längerfristigen Einsatz zu einer veränderten Unterrichtskultur im Sinne
eines Blended-Learning-Ansatzes führen könnten.
In einem Projekt im Auftrag des Schulamts in Wiesbaden sollten vier Schulen in der
Nutzung von Tablets miteinander verglichen werden (Aufenanger 2015). Die Schulen
waren mit verschiedenen Geräten ausgestattet: zwei mit iPads, eine mit Samsung
Galaxy Note 10.1 und eine mit einem Windows 8-System. Von der Medienintegration
her wurde von einigen Schulen ein Ausleihmodell, von den anderen ein 1:1-Modell
praktiziert. Vom Forschungsdesign her wurde vielfältig vorgegangen, um zentrale
Fragen nach dem Mehrwert der Tablets für das Lehren und Lernen im Unterricht
sowie den technischen bzw. infrastrukturellen Aspekten zu beantworten. Eine Be-
fragung von Schülerinnen und Schülern wurde mittels eines Online-Fragebogens
vorgenommen, der durch Gruppendiskussionen mit ausgewählten Schülerinnen
und Schülern ergänzt wurde. Zusätzlich wurden die Schülerinnen und Schüler
gebeten, über zehn Tage hinweg ein Online-Tagebuch zur Nutzung ihres Tablets
auszufüllen. Die an dem Projekt beteiligten Lehrkräfte bekamen ebenfalls einen
Onlinefragebogen und auch bei ihnen wurden zusätzliche Daten erhoben, jedoch
mittels Einzelinterviews. Mit Hilfe von Unterrichtsprotokollen in Form einer teil-
Zum Stand der Forschung zum Tableteinsatz in Schule und Unterricht 125
einer ersten Runde mit Tablets ausgestattet wurden und wissenschaftlich begleitet
werden. Einen Zwischenbericht zu diesem Projekt liefert Jasmin Bastian in diesem
Band. Eher an dem Aspekt von Schulentwicklung orientiert ist der Bericht über
ein Tablet-Projekt im Wetteraukreis in Hessen, über das Stolpmann et al. (2015)
berichten. Hier werden jedoch keine Ergebnisse präsentiert, sondern der Imple-
mentationsprozess wird ausführlich beschrieben.
Diese kurze Übersicht über nationale Tabletprojekte in Deutschland hat gezeigt,
dass digitale Medien in Schule und Unterricht überwiegend erfolgreich eingesetzt
werden. Die Tablets motivieren Schülerinnen und Schüler, machen Unterricht
für diese abwechslungsreicher und führen dazu, dass die Lehrkräfte ihn stärker
schülerzentriert gestalten. Es gibt aber auch Probleme, die vor allem im Bereich der
Technik als auch der pädagogischen Vorbereitung für den Tableteinsatz zu sehen
sind. Im Folgenden soll der Blick auf internationale Erfahrungen und Forschungs-
ergebnisse mit Tablets gerichtet werden.
3 Übersichtsartikel
1. Increases motivation; …
2. Facilitates access to, management of, and sharing of information; …
3. Fosters student learning and performance; …
4. Allows a wider range of teaching strategies; …
5. Fosters individualized learning; …
6. Improves the reading experience; …
7. Encourages communication and collaboration among students and between
teachers and students; …
Diese Ergebnisse beziehen sich meist auf das erste oder die ersten beiden Jahre
der Tablet-Nutzung und stellen damit schon erste positive Ergebnisse dar. Es
handelt sich methodisch gesehen jedoch meist um Befragungen von Schülerinnen
und Schülern sowie Lehrpersonen und kaum um Unterrichtsbeobachtungen. In
diesem Sinne müssen diese ersten Ergebnisse noch mit Vorsicht bewertet werden,
da mit Neuigkeitseffekten zu rechnen ist. Trotzdem wird deutlich, dass durch die
pädagogische Nutzung von Tablets im Unterricht – ähnlich wie bei den deutschen
Studien – die Schülerinnen und Schüler motivierter im Unterricht dabei sind, ihre
Lernprozesse individualisierter steuern, umfassende Medienkompetenz erwerben
und ihren schulischen Alltag einfacher organisieren können.
Clark und Luckin (2013) kommen zu einem ähnlichen Ergebnis. Sie fassen ihre
Analysen der bis 2013 erschienen Studien zur Tabletnutzung in der Schule, die sich
überwiegend auf die Erfahrungen in Großbritannien sowie auf iPads beziehen,
wie folgt zusammen: „The research on iPad use and adoption overwhelmingly
reports that tablet devices have a positive impact on students’ engagement with
learning“ (Clark und Luckin 2013, 4). Zugleich weisen sie aber auch darauf hin,
dass die Technologie allein noch keine pädagogischen Effekte hervorrufen kann,
sondern es sei immer die Frage zu stellen: „how can iPads be used to support col-
laborative learning, or exploratory learning?“ (Clark und Luckin 2013, 4), anstatt
zu fragen, wie iPads das Lernen verbessern. Dieser Übersichtsartikel geht der Frage
nach dem Mehrwert von Tablets – insbesondere iPads – aus der Perspektive der
unterschiedlichen Akteure nach, nämlich der Lehrkräfte, der Schülerinnen und
Schüler sowie auch der Eltern. Aus der Perspektive der Lehrkräfte fassen Clark
und Luckin (2013) zusammen, dass iPads zu einer höheren Mobilität beim Lernen
führen, mehr Kommunikation ermöglichen, einfach zu administrieren sind und
zu einem Nachdenken über die eigene professionelle Lehrerrolle führen. Die Lehr-
kräfte würden – so ein Hinweis auf die Studie von Burden et al. (2012) – stärker
untereinander wie auch mit den Schülerinnen und Schülern kommunizieren und
auch die Kommunikation der Schülerinnen und Schüler untereinander würde
128 Stefan Aufenanger
verstärkt. Bei Eltern wurde in den bis dato vorliegenden Studien überwiegend ein
positives Echo auf den iPad-Einsatz im Unterricht ihrer Kinder gefunden. Danach
berichten Eltern, dass ihre Kinder engagierter beim Lernen sind, mehr Zeit mit den
Hausaufgaben verbringen und die iPads mehr Gelegenheiten bieten, das Lernen
interessant und relevant zu gestalten. Zugleich werden aber von Elternseite auch
Bedenken geäußert: So werden die zum Teil hohen Kosten bemängelt als auch
befürchtet, dass die Geräte kaputtgehen oder nicht länger als drei Jahre halten
könnten. Auch werden Fragen nach der Ablenkung im Unterricht sowie von er-
höhten Zeiten der Mediennutzung ihrer Kinder gestellt. Zuletzt wird in den Blick
genommen, wie die Schülerinnen und Schüler selbst von den iPads profitieren. Die
Autoren beschreiben eine Steigerung der Motivation, des Enthusiasmus, des Inte-
resses, der Beteiligung, der Selbstständigkeit und Selbstregulation, der Kreativität
und verbesserten Produktivität (Clark und Luckin 2013, 23). Zugleich wird aber
auch darauf hingewiesen, dass nicht alle Schülerinnen und Schüler den Umgang
mit den Geräten einfach handhaben können und dass vor allem das Schreiben auf
Tablets ohne angeschlossene Tastatur oftmals Schwierigkeiten bereitet. Insgesamt
gesehen zeigen jedoch schon diese frühen Studien überwiegend positive Effekte
durch die Integration von Tablets in Schule und Unterricht.
Eine weitere Übersichtsstudie von Haßler, Major und Hennessy (Haßler et al. 2016)
hat 33 relevante Studien zum Lernerfolg mit Tablets in der Primar- und Sekundarstufe
begutachtet, von denen 23 den von den Autoren gesetzten methodischen Ansprüchen
genügen. Die Analyse dieser Studien zeigt, dass 16 von ihnen positive Lernerfolge
mit Tablets berichten, 2 dagegen negative Effekte nachweisen und 5 keine Effekte
aufzeigen können. Die Autoren schränken ihre Ergebnisse jedoch in dem Sinne
ein, dass die vorliegenden Studien sehr fragmentiert sind und eine evidenzbasierte
Verallgemeinerung aktuell noch nicht möglich ist, da die Antwort auf Frage, unter
welchen Umständen Tablets das Lernen verbessern könnten, noch sehr unklar sei. Sie
fordern daher Studien, die verstärkt systematisch und vertieft methodisch vorgehen.
Diese Forderung greifen auch Clarke und Svanaes (2014) auf, die einen sehr
ausführlichen Überblick über aktuelle Studien wie auch über die verschiedenen zu
erforschenden Perspektiven geben. Unter methodischen Gesichtspunkten kritisieren
sie den Forschungsstand als zu wenig ausgereift:
This review has argued that there is still a need for more research on Tablet use in
education that is based on larger sample sizes and, preferably, research on whole-
school adoption, which to date is rare. There is also a need for more longitudinal
research monitoring the development of educational Tablet use over time. In terms
of methodology, a greater variety is needed in order to approach the question of what
impact Tablets can have on teaching and learning from alternative angles. (Clarke
und Svanaes 2014, 13)
Zum Stand der Forschung zum Tableteinsatz in Schule und Unterricht 129
Wegen der Vielzahl von Studien und Erfahrungsberichte zu Tablets in Schule und
Unterricht sollen hier nur einige ausgewählte Studien sowie auch Erfahrungsbe-
richte vorgestellt werden. Erstere sind zum Teil auch fachdidaktisch orientiert,
letztere geben einen guten Einblick, wie vor allem in den ersten Jahren mit Tablets
130 Stefan Aufenanger
in Schulen gearbeitet wurde und welche Erfahrungen dabei gemacht wurden. Sie
genügen aber häufig nicht den Ansprüchen wissenschaftlicher Begleitforschung.
Einen ersten größeren Bericht legten Burden et al. (2012) schon zwei Jahren nach
Erscheinen des iPads vor. Im Rahmen des Scotland Curriculum for Excellence wurden
iPads in Schulen erprobt. Die wissenschaftliche Begleitforschung orientierte sich
an der Forschungsfrage: „How does the use of tablet devices (e. g. the iPad) impact
on teaching and learning?“ (Burden et al. 2012, 16). In einem Mehrebenendesign
wurden in sechs ausgewählten Schulen schriftlich Eltern sowie Schülerinnen und
Schüler befragt und mit den Projektlehrenden, dem Schulmanagement sowie
den Verantwortlichen in den lokalen Administrationen mündliche Einzel- und
Gruppeninterviews sowie Unterrichtsbeobachtungen durchgeführt. Die sehr
umfangreichen Ergebnisse zeigen auf, dass die Einführung der iPads u. a. zur Leis-
tungsförderung in den Kernelementen des Curriculums geführt haben, dass aus
der Sicht der Lehrkräfte durch den direkten Zugang zum Internet der Unterricht
dynamischer und flexibler wurde und bei manchen Lehrkräften zu einer veränder-
ten Lernkultur geführt hat. Der Bericht betont besonders, dass jene Schülerinnen
und Schüler, die eine 1:1-Ausstattung hatten, besonders von den Geräten profitiert
haben. Der eigene Besitz führte zu mehr interdisziplinären Aktivitäten. Weiterhin
hat sich die Lehrrolle durch diese Medienintegration verändert und zwar in der
Hinsicht, dass häufiger mit den Schülerinnen und Schülern zusammengearbeitet
wurde, Schülerinnen und Schüler stärker kreativ und miteinander gearbeitet haben
und eine bessere und schnellere Rückmeldung zu Hausaufgaben gegeben werden
konnte. Auch die befragten Eltern bestätigten die positiven Wirkungen der iPads
auf die Motivation ihrer Kinder.
Zugleich machte der Bericht aber auch auf Herausforderungen durch eine
solche Implementation von digitalen Medien in Schule aufmerksam. So wurde
herausgestellt, dass die Unterstützung durch politische und administrative Gremien
sehr wichtig ist und den Schulen genügend Zeit zur Umsetzung des Einsatzes von
Tablets gegeben werden muss. Auch Fragen der Sicherheit und des Umgangs mit
personenbezogenen Daten sowie Cloudlösungen wurden damals schon angespro-
chen. Nicht zuletzt spielen dem Bericht zufolge für den Erfolg von Tabletprojekten
die Robustheit einer medialen Infrastruktur sowie die professionelle Entwicklung
der Lehrkräfte eine zentrale Rolle. Insgesamt zeigt der Bericht aber ein positives
Bild des Einsatzes von Tablets in Schule und Unterricht auf.
Auch das Trinity College in Melbourne/Australien hat bereits seit dem Auf-
kommen der Tablets die Geräte erprobt und im Unterricht eingesetzt. Oberstu-
fenschülerinnen und -schüler sowie Lehrkräfte wurden bereits kurz nach dem
Markteintritt der iPads mit den Geräten ausgestattet und zugleich wurde eine
Begleitforschung initiiert (Jennings et al. 2011). Das Besondere an diesem Projekt
Zum Stand der Forschung zum Tableteinsatz in Schule und Unterricht 131
ist, dass neben dem Einsatz von iPads die Lehrkräfte selbst mit iBook Author und
iTunes U Unterrichtsmaterialen für Biologie, Chemie, Literatur und ‚English for
Academic Purposes‘ (EAP) entwickeln. In iTunes U wurden dann die erstellen Bü-
cher und multimedialen Materialien gebündelt den anderen Nutzern zur Verfügung
gestellt. Die iPads wurden vor allem wegen ihrer Flexibilität und Wertschöpfung,
den Kosten im Vergleich zu Computerräumen und deren Administration, dem
Gewicht und der Größe sowie ihrer Batterielaufzeit gewählt. Außerdem sind sie
relativ wartungsarm, und die Touchscreen-Technologie spricht alle Lernstile an,
einschließlich visuelle, auditive und kinästhetische. Der Projektbericht macht
deutlich, dass iPads effektiv, langlebig und zuverlässig sind. Auch lassen sich die
gewünschten Bildungsziele schneller und mit mehr Spaß erreichen lassen. Die iPads
wurden nicht als Ersatz der anderen Computer oder Notebooks gesehen, die sich
schon im Einsatz befanden, sondern als eine Erweiterung, die neue Möglichkeiten
des pädagogischen Arbeitens in Schule und Unterricht schafft. Ein Schüler drückt
in einem Interview seine Erfahrungen am Trinity College-Programm wie folgt aus:
„I feel very lucky to have such a rare chance studying in a brand new way with the
iPad and I’m moved by this surprising piece of new high-tech. If it is possible I really
want to keep it with me and I would like to recommend to my mum cause iPad
is also very helpful in our daily life. Finally, I’m looking forward that this project
will be well developed in the future“ (Jennings et al. 2011, 4). In einer schriftlichen
Befragung wurden insgesamt 106 Lehrkräfte wie auch Schülerinnen und Schüler
befragt5. Darüber hinaus wurden Interviews mit ausgewählten Personen aus den
beiden Gruppen geführt. Neben der positiven Bewertung der iPads bezüglich
ihrer technischen Qualität wurde von den Befragten der pädagogische Mehrwert
betont. Dies betrifft vor allem die Unterstützung von aktiven Lerntechniken, die
Individualisierung der Lerninhalte für Schülerinnen und Schüler, der schnelle
Zugang zu Informationen sowie das kollaborative Arbeiten. Das College hat nach
diesen Ergebnissen das Projekt weitergeführt und im Unterricht wird auch Jahre
danach immer noch mit iPads gearbeitet.6
Ebenfalls eine größere Studie zur iPad-Nutzung in Schulen in der kanadischen
Region Quebec wurde von Karsenti und seiner Arbeitsgruppe (Karsenti 2015, 2016;
Karsenti und Fievez 2013) durchgeführt. Über mehrere Jahre hinweg wurden in
drei Phasen 9.855 Schülerinnen und Schüler sowie 657 Lehrpersonen interviewt,
44 Gruppeninterviews mit Schülerinnen und Schülern und 16 mit Lehrpersonen
5 Eine Differenzierung bezüglich der Stichprobe zwischen diesen beiden Gruppen ist im
Bericht nicht zu finden.
6 Vgl. dazu die Webseite des Trinity Colleges http://www.trinity.unimelb.edu.au/about/
flagship-programs/ipads-in-the-classroom.html (Zugegriffen am 31.3.2016)
132 Stefan Aufenanger
Overall, it appears from the data collected that technologies and devices by them-
selves do not motivate students to learn or improve their performance. What counts
is how they are used, by both teachers and students. In other words, the iPad has a
great education potential or a role to play in education only insofar as it can make a
meaningful contribution to the school’s educational mission. (Karsenti 2015, 2410)
Ebenfalls in Kanada wurden in der Region Alberta schon 2010 iPads in Schulen
erprobt. Ein Bericht über die gemachten Erfahrungen wurde auf einer Versammlung
von 147 Schulvertreten dieser Schulen im Oktober 2011 vorgelegt (Alberta 2012).
Danach zeigte der Einsatz der Tablets ein gesteigertes Engagement der Schülerinnen
und Schüler, bot ihnen verschiedene Lernwege und erweiterte Überprüfungsmög-
lichkeiten. Zugleich wurde jedoch auch auf Schwierigkeiten aufmerksam gemacht,
die der Einsatz des neuen Geräts mit sich gebracht hat, etwa die Administration
der Apps oder die Frage, wie mit Datensicherheit und personenbezogenen Daten
umgegangen werden sollte. Nicht zuletzt beklagten sich auch einige Lehrkräfte,
dass sie viel Zeit mit allgemeinen technischen Administrationsaufgaben verbracht
hatten. Abschließend hält der Bericht fest: „iPads offer unique learning benefits
to students and teachers and are also contributing to a larger technology trend of
personalization“ (Alberta 2012, 21).
Neben den hier referierten Studien und Berichte sind weitere erschienen, die
alle zu einer überwiegend positiven Bewertung des Einsatzes von Tablets im
Unterricht kommen. Dazu gehören u. a. Making Learning Mobile 1.0 der Fairfax
County Public Schools (Project Tomorrow 2013), ein iPad-Projekt in Stockholm,
in dem 2012 in 13 Schulen 2285 iPads eingeführt wurden (Stockholms Stad 2013)
oder das FATIH Project for Education in Turkey, welches die Implementation von
Tablets an türkischen Schulen untersucht (Isci 2015).
Zum Stand der Forschung zum Tableteinsatz in Schule und Unterricht 133
Viele dieser Studien zur Nutzung von Tablets in Schule und Unterricht sind eher
auf Erwartungen, Akzeptanz, Zufriedenheit oder Nutzungsmuster ausgerichtet.
Dagegen wäre es gerade in der Auseinandersetzung mit Skeptikern und Kritikern
von digitalen Medien in Lehr- und Lernprozessen interessant zu wissen, welche
Effekte in Bezug vor allem auf Schulleistungen diese Geräte bringen. Dazu liegen
sehr umfangreiche Studien vor, die hier nicht alle referiert werden sollen, da sie
zum Teil sehr fachspezifisch sind. Dies betrifft etwa den Einsatz von Tablets im
Mathematikunterricht (Ginsburg 2014; Gitsaki und Robby 2016; Isabwe 2012;
Moyer-Packenham et al. 2015; O’Malley et al. 2013; Ozdemir 2013; Schuetz 2016),
im Physikunterricht (Y.-J. Lee 2015; Nicholson-Dykstra et al. 2013; Wilson et al.
2013) oder auch im Sprach- bzw. Literaturunterricht (Chen 2013; Gabarre et al. 2014;
Hubbard 2013; Huber 2012; Itayem 2014; Lys 2013; Tervo 2014). Sie alle kommen
zu positiven Ergebnissen bezüglich der Nutzung von Tablets durch Schülerinnen
und Schüler, nur wenige weisen auf Probleme hin, die aber meist die mediale
Infrastruktur oder der unzureichenden Vorbereitung der Lehrkräfte betreffen.
5 Fazit
Literatur
Aiyegbayo, O. (2015). How and why academics do and do not use iPads for academic tea-
ching? British Journal of Educational Technology, 46(6), 1324-1332. doi:10.1111/bjet.12202
Alberta. (2012). iPads: What are we learning? Summary Report of Provincial Data Gathering
Day – October 3, 2011. Alberta Education. School Technology Sector./Edmonton. http://
education.alberta.ca/admin/technology/research.aspx.
Aufenanger, S. (2013). Digitale Medien im Leben von Kindern zwischen null und fünf Jahren.
Medien + Erziehung. Zeitschrift für Medienpädagogik, 57(2), 8-14.
Aufenanger, S. (2014). Digitale Medien im Leben von Kindern und Herausforderungen für
Erziehung und Bildung. Frühe Kindheit. Die ersten sechs Jahre, 17(6), 8-18.
Aufenanger, S. (2015). Tablets an Schulen – ein empirischer Einblick aus der Perspektive
von Schülerinnen und Schüler. In K. Friederich, F. Siller, & A. Treber (Eds.), smart und
mobil – Digitale Kommunikation als Herausforderung für Bildung, Pädagogik und Politik
(S. 63-77). Bielefeld: GMK.
Aufenanger, S., & Schlieszeit, J. (2013). Tablets im Unterricht nutzen. Möglichkeiten und
Trends beim Einsatz von Tablets für das Lehren und Lernen. Computer + Unterricht 89, 6-9.
Autorengruppe Paducation. (2014). Paducation. Evaluation eines Modellversuchs mit Tablets
am Hamburger Kurt-Körber-Gymnasium. Bremen/Hamburg: ifib/Universität Hamburg.
http://www.ifib.de/publikationsdateien/paducation_bericht.pdf
Bergmann, M. (2011). Die digitale ‚Schiefertafel“ – Wie das iPad den Unterricht verändern
kann. L. A. Multimedial (1), 23-25.
Bøe, T., Gulbrandsen, B., & Sørebø, Ø. (2015). How to stimulate the continued use of ICT
in higher education: Integrating Information Systems Continuance Theory and agency
Zum Stand der Forschung zum Tableteinsatz in Schule und Unterricht 135
Hubbard, M. (2013). Displacement of language acquisition in children during the critical pe-
riod by digital media use. (Master of Arts in Teaching) Roanoke, VA: Hollins University.
Huber, S. (2012). iPads in the classroom – A Development of a Taxonomy for the Use of Tablets
in Schools. (Diploma) Graz: Graz University of Technology.
Ingle, J. C. (2014). IPad Integration and the Truly Inclusive Classroom. Paper presented at the
Proceedings of Society for Information Technology & Teacher Education International
Conference 2014
Isabwe, G. M. N. (2012). Investigating the usability of iPad mobile tablet in formative as-
sessment of a mathematics course. Paper presented at the International Conference on
Information Society, New York.
Isci, T. G. D., & Selcuk Besir. (2015). The Use of Tablets Distributed within the Scope of
FATIH Project for Education in Turkey (Is FATIH Project a Fiasco or a Technological
Revolution?). Universal Journal of Educational Research, 3(7), 442-450.
Itayem, G. (2014). Using the iPad in Language Learning: Perceptions of College Students.
(Master of Arts) Toronto: University of Toronto.
Jennings, G., Anderson, T., Dorset, M., & Mitchell, J. (2011). Report on the Step Forward
iPad Pilot Project. Melbourne: Trinity College The University of Melbourne. http://
www.trinity.unimelb.edu.au/Media/docs/iPadPilotReport2011-1b1e1a52-79af-4c76-b5
b6-e45f92f2c9e9-0.pdf
Karsenti, T. (2015). Uses, Benefits, and Challenges of 1-1 iPad Classes: a Survey of 9855 Ca-
nadian Students. Paper presented at the Society for Information Technology & Teacher
Education International Conference 2015, Las Vegas, NV, United States. http://www.
editlib.org/p/150610
Karsenti, T. (2016). Le tableau blanc interactif (TBI): usages, avantages et dé fis. Montreal:
CRIFPE. http://karsenti.ca/TBI_Rapport_Karsenti_2016.pdf
Karsenti, T., & Fievez, A. (2013). The iPad in education: uses, benefits, and challenges – A
survey of 6,057 students and 302 teachers in Quebec, Canada. Quebec, Canada: Library
and Archives.
Khaddage, F. (2013). The iPad global embrace! Are we branding mobile learning? Paper pre-
sented at the Society for Information Technology & Teacher Education International
Conference 2013.
Khaddage, F., & Zeidan, F. (2014). iPad in Higher Education. ‘Ready or not? a College Case
Study in the Middle East’. http://www.editlib.org/p/40029.
Khoo, E., Merry, R., & Nguyen, N. H. (2015). iPads and opportunities for teaching and lear-
ning for young children (iPads n kids). Hamilton, New Zealand: Wilf Malcolm Institute
of Educational Research.
Lee, L. (2015). Digital Media and Young Children‘s Learning: A Case Study of Using iPads
in American Preschools. International Journal of Information and Educational Techno-
logy, 5(12), 947-950.
Lee, Y.-J. (2015). Developing iPad-based Physics Simulations that Can Help People Learn
Newtonian Physics Concepts. Journal of Computers in Mathematics and Science Tea-
ching, 34(3), 299-325.
Livingstone, S. (2012). Critical reflections on the benefits of ICT in education. Oxford Review
of Education, 38(1), 9-24. doi:10.1080./03054985.2011.577938
Ludgate, S. (2015). Pre-School Children’s Experiences with Touchscreen Technologies: Early
Findings from Survey Results. http://tactyc.org.uk/wp-content/uploads/2015/10/Shan-
non-Ludgate_Touchscreen-Technologies_Pre-School.pdf
Zum Stand der Forschung zum Tableteinsatz in Schule und Unterricht 137
Ludwig, L., & Mayrberger, K. (2012). Next Generation Learning? Learning with Tablets as an
example for the implementation of digital media in schools. Paper presented at the EdMe-
dia: World Conference on Educational Media and Technology 2012, Denver, Colorado,
USA. https://www.learntechlib.org/p/41052
Lys, F. (2013). The Development of Advanced Learner Oral Proficiency using iPads. Language
Learning & Technology, 17(3), 94-116.
Maddux, C. D., & Johnson, D. L . (2012). External validity and research in information
technology in education. Computers in the Schools, 29(3), 249-252. doi:10.1080./07380
569.2012.703605
Maher, D. (2013). Pre-service Primary Teachers’ Use of iPads to Support Teaching: Im-
plications for Teacher Education. Educational Research for Social Change, 2(1), 48-63.
Manches, A., & Plowman, L. (2015). Computing education in children’s early years: A call
for debate. British Journal of Educational Technology, 1-11. doi:10.1111/bjet.12355
McKnight, L., & Fitton, D. (2010). Touch-screen technology for children: giving the right
instructions and getting the right responses. Paper presented at the 9th International
Conference on Interaction Design and Children.
Melhuish, K. F., G. (2010). Looking to the furture: M-learning with the iPad. Computers in
New Zealand Schools: Learning, Teaching, Technology, 22(3).
Mourlam, D. J., & Montgomery, S. E. (2015). iPads and Teacher Education: Exploring a 1:1
Initiative in a Professional Development School Partnership. Journal of Digital Learning
in Teacher Education, 31(3), 107-116. doi:10.1080/21532974.2015.1021981
Moyer-Packenham, P. S., Shumway, J. F., Bullock, E., Tucker, S. I., Anderson-Pence, K. L .,
Westenskow, A., […], & Jordan, K. (2015). Young Children’s Learning Performance and
Efficiency when Using Virtual Manipulative Mathematics iPad Apps. Journal of Com-
puters in Mathematics and Science Teaching, 34(1), 41-69.
Murray, O. T., & Olcese, N. R. (2011). Teaching and learning with iPads, ready or not? TechT-
rends, 55(6), 42-48. doi:10.1007/s11528-011-0540-6
Neumann, M. M. (2015). Young children and screen time: Creating a mindful approach to
digital technology. Australian educational computing, 30(2), 1-15.
Nguyen, L., Barton, S. M., & Nguyen, L. T. (2014). iPads in higher education. Hype and hope.
British Journal of Educational Technology, 1-14. doi:10.1111/bjet.12137
Nicholson-Dykstra, S., Van Dusen, B., & Otero, V. (2013). Teaching to Learn: iPads as
Tools for Transforming Physics Student Roles. Paper presented at the Proc. 2013 Physics
Education Research Conference.
O’Malley, P., Jenkins, S., Wesley, B., Donehower, C., Rabuck, D., & Lewis, M. (2013). Effective-
ness of using iPads to build Math fluency. Paper presented at the Council for Exceptional
Children Annual Meeting, San Antonio, Texas.
Ozdemir, M. (2013). The Use of iPads in High School Math Classes. (Masters Degree in
Education ). William Paterson University.
Pilgrim, J., Vasinda, S., Leavell, J. A., & Hollier, D. R . (2014). Case studies of one-to-one
iPad initiatives in teacher preparation programs. The Journal of the Texas Association
of Teacher Educators, 4, 19-41.
Prasse, D., Egger, N., Imlingg-Iten, N., & Cantieni, A. (2016). Lernen und Unterrichten in
Tabletklassen. 1. Zwischenbericht zur wissenschaftlichen Begleitforschung (Impact Measu-
rement) der Smart Classrooms Switzerland. Goldau: Pädagogische Hochschule Schwyz.
https://www.phsz.ch/fileadmin/autoren/fe_dateien/2016-prasse-egger-lernen-und-un-
terrichten-in-tabletklassen-zwischenbericht1.pdf
138 Stefan Aufenanger
Project Tomorrow (2013). Making Learning Mobile 1.0: Leveraging Mobile Devices to Transform
Teaching and Learning in 8th Grade Classes at Stone Middle School. Results of the Project
Evaluation Study. http://www.kajeet.com/4u/education/MLM-form.html
Psiropoulos, D., Barr, S., Eriksson, C., Fletcher, S., Hargis, J., & Cavanaugh, C. (2014). Pro-
fessional development for iPad integration in general education: Staying ahead of the
curve. Education and Information Technologies, 1-20. doi:10.1007/s10639-014-9316-x
Quick, N. (2014). Using iPads to improve academic gains for students with disabilities. http://
scholarworks.rit.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=1005&context=eatc
Radesky, J. S., Schumacher, J., & Zuckerman, B. (2015). Mobile and Interactive Media Use
by Young Children: The Good, the Bad, and the Unknown. Pediatrics, 135(1), 1-3.
doi:10.1542/peds.2014-2251
Ray, K. (2015). Integrating iPads in the Kindergarten Classroom. How does technology engage
students in learning? Lincoln, Nebraska: University. http://digitalcommons.unl.edu/cgi/
viewcontent.cgi?article=1036&context=cehsgpirw
Rea, J. (2014). Tablet Technology Learning Outcomes in Elementary Education. Southern
Hooksett, USA: New Hampshire University.
Roberts, N., & Rees, M. (2014). Student use of mobile devices in university lectures. Australian
Journal of Educational Technology, 30(4), 415-426.
Schuetz, R. L. (2016). Is Technology the Answer? Investigating Students’ Achievement and En-
gagement in Mathematics. (Doctor of Education) Eugene, Oregon: University of Oregon.
Souleles, N., & Pillar, C. (2014). First International Conference on the use of iPads in Higher
Education 2014. Paphos, Cyprus.
Spaulding, M. (2014). In-service Teachers’ Perceptions Toward iPad Integration.
St. Clare of Assis Primary School (o. J.): BYO iPad Programm Parent Information. sca.act.
edu.au/srcfiles/Parent-BYOi-information.pdf
Stockholms Stad. (2013). Utvärdering av Ipad-satsning i Stockholms stad. Stockholm: Utbil-
diningsförvaltningen. http://www.janhylen.se/wp-content/uploads/2013/08/Ipad-sats-
ning_final.pdf
Stolpmann, B. E., Welling, S., & Meyer, M. (2015). Dokumentation des Tablet-Projektes des
Wetteraukreises. Bremen: ifib consult GmbH. http://www.ifib.de/publikationsdatei-
en/20160311_dokumentation_tabletprojekt_wetteraukreis_final.pdf
Swertz, C. (2015). Der mediale Habitus in der frühen Kindheit. MedienPädagogik(22), 1-28.
Tervo, A. (2014). The role ICT in Primary Education: Pupils’ views about iPad-oriented
oral communication tasks in English lessons (5th grade). (Master) Finland: University
of Jyväskylä.
Thissen, F. (2015). Mobiles Lernen in der Schule. Apple iBooks (Hrsg.), (S. 275).
Vannatta, R., & Banister, S. (2009). Validating a Measure of Teacher Technology Integrati-
on. Paper presented at the Society for Information Technology & Teacher Education
International Conference 2009, Charleston, SC, USA. http://www.editlib.org/p/30757
Wilson, R., Goodman, J., Bradbury, L., & Gross, L. (2013). Exploring the use of iPads to
Investigate forces and motion in an elementary science methods course. Contemporary
Issues in Technology and Teacher Education, 13(2), 1-18.
Zhang, G. (2015). Tablets in pre-service teacher education: a literature review. Paper presented
at the SITE 2015, Las Vegas, NV.
Tablets zur Neubestimmung des Lernens?
Befragung und Unterrichtsbeobachtung zur
Bestimmung der Integration von Tablets in den
Unterricht
Jasmin Bastian
Zusammenfassung
Der Beitrag bietet unterschiedliche Perspektiven auf die Integration von Tablets
an weiterführenden Schulen . Den Ausgangspunkt stellt die Frage dar, ob sich
im Zusammenhang mit der Tabletnutzung auch von einer Neubestimmung des
Lernens sprechen lässt . Der Begriff geht auf die höchste Stufe des SAMR-Mo-
dells (Puentedura 2006) zurück, auf der die Medienintegration gänzlich neue
Lernaufgaben ermöglicht . Bastian geht der Frage nach, indem sie ausgewählte
Daten aus ihrer Begleitforschung an neun Schulen zeigt: Zum einen verdeutlichen
Befragungsdaten subjektive Perspektiven der beteiligten Akteure . Zum anderen
werden Wandlungsprozesse auf Basis konkreter Unterrichtsbeobachtungen
evaluiert . Die Daten zeigen, dass der Einsatz von Tablets häufig noch nicht auf
der Stufe der Neubestimmung angekommen ist .
1 Einleitung
Immer mehr deutsche Schulen und Schulträger statten einzelne Klassen oder Klas-
senstufen mit Tablets aus . Aus pädagogischer Sicht ergibt sich daraus der Anspruch,
einen Blick auf Veränderungen in der Wissensvermittlung mit dem Tablet zu werfen .
Die bisherigen Ergebnisse von nationalen und internationalen Untersuchungen, die
sich mit dem schulischen Einsatz von Tablets oder mobilen Geräten im Allgemei-
nen beschäft igen, sind dabei auffallend positiv (vgl . Aufenanger in diesem Band):
Einzelne Studien beschreiben eine Veränderung bzw . Verbesserung von Lehr- und
Lernprozessen (Bjerede und Bondi 2012; Ciampa 2014; Clark und Luckin 2013; Haßler
et al . 2016; Henderson und Yeow 2012; Magley 2011) . Diese Veränderung bezieht
139
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2017
J. Bastian und S. Aufenanger (Hrsg.), Tablets in Schule und
Unterricht, DOI 10.1007/978-3-658-13809-7_7
140 Jasmin Bastian
sich nicht allein auf die technischen Einsatzmöglichkeiten der Geräte. Vielmehr
geht mit dem Einsatz häufig ein stärker eigenverantwortliches, selbstgesteuertes
und differenziertes Lernen, eine Verstärkung der Schüleraktivierung (Burden et al.
2012; Heinrich 2012; Welling und Stolpmann 2012) sowie eine verstärkte Kollabo-
ration der Lernenden untereinander einher (Henderson und Yeow 2012; Higgins et
al. 2012). Darüber hinaus kann die Ausstattung mit einem persönlichen mobilen
Gerät ein nahtloses Lernen (seamless learning; Wong und Looi 2011) ermöglichen,
indem die innerschulischen durch außerschulische, informelle Lernprozesse mit
dem Gerät ergänzt bzw. noch intensiviert werden (vgl. Prasse, Egger und Honegger
in diesem Band; auch Burden et al. 2012; Welling et al. 2014). Bereits vorhandene
Kompetenzen und Vorerfahrungen durch private Nutzungsroutinen können das
Lernen mit dem Tablet für Schülerinnen und Schüler im schulischen wie außer-
schulischen Kontext außerdem authentischer und bedeutungsvoller machen (Wong
2012). Studien wie etwa PISA 2012 oder ICILS 2013 verweisen ferner darauf, dass
die außerschulische Nutzung von digitalen Medien den Erwerb unterschiedlicher
Kompetenzen – wie Informations- und Bedienkompetenzen – stärker fördern
kann als eine rein schulische Nutzung (Eickelmann et al. 2015; Fraillon et al. 2014).
Wenn es um die – didaktisch plan- und sinnvolle – Integration von Tablets in
den Unterricht sowie um die Umsetzung innovativer Unterrichtskonzepte geht,
spielt neben den Möglichkeiten des Geräts insbesondere die Lehrperson eine
zentrale Rolle (Montrieux et al. 2014). Ihre Einstellungen, Beliefs, Orientierungen
oder auch ihr Habitus sind von zentraler Bedeutung bei der Frage, ob oder wie
digitale Medien im Unterricht eingesetzt werden (Bastian und Aufenanger 2015;
Brüggemann 2013; Chen et al. 2009, Kommer 2010, Vanderlinde und van Braak
2011). Bereits durch den Geräteeinsatz können aber Reflexionsprozesse ausgelöst
werden, die zu einer Beschäftigung mit der eigenen professionellen Rolle und auf
dieser Basis zu einer Veränderung der eigenen Lehrpraxis führen (Burden et al.
2012; Clark und Luckin 2013). Auch kann die konkrete Integration mobiler Tech-
nologien Lehrende dazu ermutigen, alternative Aktivitäten zu erkunden, die durch
traditionelle Medien bisher nicht möglich waren (Burden et al. 2012). Außerdem
sollte bei der Untersuchung des Einsatzes von Tablets in der Schule immer auch
der bevorzugte Unterrichtsstil einer Lehrperson berücksichtigt werden. Becker
und Ravitz (1999) haben schon vor fast zwei Jahrzehnten bei der Untersuchung der
Nutzung von Computer und Internet im Unterricht festgestellt, dass der Einsatz
entweder durch ein traditionelles oder konstruktivistisch orientiertes Unterrichtsbild
der Lehrperson geprägt ist. Dieses Bild beeinflusst sowohl den Medieneinsatz als
auch die Didaktik. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen Montrieux et al. (2014)
bei einer Untersuchung des Handelns von Lehrpersonen im Unterricht mit Tablets
im Speziellen: Sie finden Lehrende, die einen eher konservativen Unterricht abhalten
Tablets zur Neubestimmung des Lernens? 141
und ihr Unterrichtshandeln auch beim Einsatz von Tablets nicht verändern oder
den Geräten anpassen (instrumental teachers) und Lehrende, die ihren Unterricht
und ihre Rolle mit der Einführung des Tablets verändern (innovative teachers). Dies
führt zu dem Vorschlag, innovative Lehrende stärker zu unterstützen, um einen
Wandel von Unterricht(skultur) zu fördern.
Wird das Unterrichtshandeln von Lehrenden untersucht, ist aber auch zu
berücksichtigen, dass der gelingende Einsatz neuer Technologien im Unterricht
hohe Anforderungen an diese stellt. Studien machen deutlich, dass sich zahlreiche
Lehrpersonen noch unerfahren in der Nutzung von Lerntechnologien fühlen und
einen verstärkten Bedarf an zusätzlichem Feedback und Unterstützung haben (West
2012). Oakley et al. (2012) zeigen auf, dass nicht nur Unsicherheiten in Bezug auf die
Techniknutzung vorliegen, sondern auch in Bezug auf die (medien)pädagogische
und (medien-)didaktische Umsetzung. Es ergeben sich klare Anforderungen an eine
entsprechende Lehrerausbildung und -weiterbildung (Heinrich 2012; Henderson
und Yeow 2012) oder – statt eines umfangreichen formalen Trainings – die Unter-
stützung eines eigenen informellen und experimentellen Lernens der Lehrpersonen
(Burden et al. 2012). Diese Bedarfe werden auch durch Aussagen von Schülerinnen
und Schülern bestätigt, die Lehrenden die Empfehlung geben, ihre didaktischen
Fähigkeiten zu schulen (Montrieux et al. 2014).
Eine Metastudie von Haßler et al. (2016) nimmt darüber hinaus die hohen
pädagogischen Zielsetzungen und innovativ klingenden Unterrichtskonzepte, die
sich häufig in Projektbeschreibungen oder Medienkonzepten von Schulen finden
lassen, zum Anlass, sich mit der praktischen Umsetzung dieser zu beschäftigen.
Dazu werten sie Forschungsergebnisse zur tatsächlichen Nutzung von Tablets
aus, mit einem konkreten Fokus auf die damit einhergehenden Lernerfolge. Hier
können Haßler et al. mehrheitlich die zuvor bereits aufgeführten positiven Effekte
nachweisen, kommen allerdings zu einem weiteren zentralen Ergebnis: Die der-
zeitige Forschungslage ist noch zu bruchstückhaft, um detaillierte Schlüsse ziehen
zu können, wie oder weshalb Tablets das Lernen unterstützen. Die Ergebnisse
ihrer Metastudie lassen deutlich werden, dass zukünftig nicht mehr nur explo-
rativ vorgegangen, sondern vielmehr systematisch in die Tiefe gegangen und auf
vorhandene Ergebnisse aufgebaut werden sollte. Anstatt der wiederholten Abfrage
einfacher Effekte sollte sich die Forschung detaillierter und differenzierter mit der
Veränderung von Lehr- und Lernprozessen mit dem Tablet auseinandersetzen.
Wird, wie im vorliegenden Beitrag, die Integration von Tablets in den Unter-
richt untersucht, muss außerdem über methodologische Herangehensweisen und
Forschungsdesigns reflektiert werden. Bisher geschieht die Evaluation des Einsatzes
der Geräte häufig in Form von mündlichen oder schriftlichen Befragungen der in-
volvierten Personen. In diesem Fall spiegeln die Ergebnisse vielfach die subjektiven
142 Jasmin Bastian
Die Art der Integration von digitalen Medien1 in den Schulunterricht lässt sich
niedrigschwellig auf der Basis des SAMR-Modells (Puentedura 2006) bestimmen.
Das Modell umfasst dabei vier Stufen: Substitution, Augmentation, Modification,
Redefinition, welche mit Ersetzung, Erweiterung, Modifikation und Neubestimmung
ins Deutsche übersetzt werden können. Es orientiert sich an einer Revision der
Bloom’schen Taxonomien von Lernzielen im kognitiven Bereich (Anderson et al.
2001) und deren leiterförmigem Aufbau von einer niedrigen Stufe hin zu einer
1 Das Modell wurde nicht – wie in diesem Zusammenhang genutzt – speziell für die
Bestimmung der Integration von Tablets entwickelt, sondern für digitale Medien im
Allgemeinen.
Tablets zur Neubestimmung des Lernens? 143
hohen Stufe . Die niedrigste Stufe, auf der das Gerät eingesetzt werden kann, ist die
der Ersetzung, während es sich bei der höchsten Stufe um die der Neubestimmung
handelt . Die beiden unteren Ebenen der SAMR-Modells (Ersetzung, Erweiterung)
lassen sich mit den drei unteren Ebenen des Bloom’schen Modells (Erinnern, Ver-
stehen, Anwenden2) verbinden, während die beiden oberen Transformationsebenen
des SAMR-Modells (Modifi kation, Neubestimmung) mit den oberen Ebenen des
Bloom’schen Modells assoziiert werden (Analysieren, Bewerten, Erzeugen) . Der
Aufbau beider Modelle ist hierarchisch und führt, wie in Abbildung 1 ersichtlich,
von einfachen hin zu komplexen, anspruchsvollen Funktionen . Dabei ist eine
Verbindung der beiden Modelle nicht zwingend erforderlich, der Medieneinsatz
auf einer bestimmten Stufe des SAMR-Modells kann jedoch dazu genutzt werden,
entsprechende kognitive Lernziele des Bloom’schen Modells zu erreichen (vgl . dazu
Puentedura 2014) . Während die Modelle sich auf vielfältige Weise kombinieren
lassen, soll an dieser Stelle das vereinfachte SAMR-Modell genügen, um den Grad
der Integration des Tablets im Unterricht zu bestimmen . Es handelt sich dabei zwar
Abb. 1 Adaption des SAMR Modells nach Puentedura (2006) für den Einsatz von
Tablets im Unterricht
3 Dies wurde mehrfach kritisiert, beispielsweise in Form eines offenen Briefs durch
den schwedischen Medienpädagogen Jonas Linderoth: http://spelvetenskap.blogspot.
de/2013/10/open-letter-to-dr-ruben-puentedura.html. Zugegriffen: 15.03.2016.
Tablets zur Neubestimmung des Lernens? 145
Die Datenbasis für den vorliegenden Beitrag bilden Befragungen und Unterrichts-
beobachtungen, die an neun rheinland-pfälzischen weiterführenden Schulen
durchgeführt wurden. Sie sind Bestandteil einer durch das rheinland-pfälzische
Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur in Auftrag ge-
gebenen Begleitforschung4 zum Landesprogramm Medienkompetenz macht Schule,
in dessen Rahmen Schulen mit Klassensätzen an Tablets ausgestattet wurden. Es
handelt sich bei diesen Schulen um drei Realschulen (plus)5, zwei Integrierte Gesamt-
4 Die Durchführung findet gemeinsam mit Stefan Aufenanger statt (s. Hinweis in der
Einführung zu diesem Band).
5 Es handelt sich bei diesem Schultyp um eine bundeslandspezifische Form einer Fusion
zwischen Realschule und Hauptschule. Seit Beginn des Schuljahres 2009/2010 wurden
alle Haupt- und Realschulen, Regionalen Schulen und dualen Oberschulen im Land
zusammengeführt.
146 Jasmin Bastian
mit nach Hause nehmen, um diese auch dort weiter zu nutzen. Die Erfahrungen,
die im Weiteren beschrieben werden, sind daher vorrangig auf den Einsatz im
Klassenzimmer bezogen.
Die Stichprobe der schriftlichen Befragung umfasst N=606 Schülerinnen und Schüler
der fünften bis zehnten Klassen aus neun rheinland-pfälzischen Schulen. 45 Prozent
der Befragten sind weiblich und 55 Prozent männlich. Zum Befragungszeitpunkt
gehen 24 Prozent in eine 5./6. Klasse, 38 Prozent in eine 7./8. Klasse und 38 Pro-
zent in eine 9./10. Klasse. Von den N=71 in das Projekt eingebundenen, befragten
Lehrpersonen sind 71 Prozent weiblich und 29 Prozent männlich. Ein Blick auf
die Erfahrung der Lehrenden zeigt, dass diese überwiegend als berufserfahren
einzustufen sind: 48 Prozent der Befragten üben bereits über 10 Jahre ihren Beruf
aus, 27 Prozent zwischen 5 und 10 Jahre und nur 25 Prozent weniger als 5 Jahre.
Forschungsmethodisch wurden zum einen mündliche und schriftliche Befra-
gungen, zum anderen Unterrichtsbeobachtungen in Form von Videobeobachtungen
ausgewählt. Befragt wurden am Projekt teilnehmende Lehrpersonen, Schülerinnen
und Schüler sowie die Schulleitung. Die Visionen der Schulleitung sollen in diesem
Beitrag jedoch außen vor bleiben. Um zu evaluieren, welche Erwartungen, Bedürf-
nisse und Voraussetzungen Lehrpersonen und Schülerschaft an den Einsatz von
Tablets im Unterricht stellen, wurden auch Personen auf den Ebenen der Lehrer- wie
der Schülerschaft einbezogen, die bisher nicht mit Tablets gearbeitet haben. Ihre
Teilnahme ist aus dem Grunde von Vorteil, dass anhand ihrer Antworten sehr gut
die Erwartungen an einen Unterricht mit Tablets deutlich gemacht werden können.
Die schriftliche Befragung der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrpersonen
findet mittels Online-Fragebogen statt.7 Dieser umfasst variabel sowohl Fragen-
komplexe für tableterprobte wie auch für bisher unerfahrene Personen und besteht
aus einer Mischung aus vorgegebenen und offenen Antwortmöglichkeiten. Neben
einer Bewertung der unterrichtlichen Nutzung der Tablets wird insbesondere der
Fokus auf die subjektiven Perspektiven und Einstellungen der Projektbeteiligten
gegenüber dem Tablet als Lernmedium gelegt. Sie lassen jedoch keine Aussage über
die Integration der Geräte in den Unterricht zu.
7 Darüber hinaus findet eine mündliche Befragung in Form von Interviews mit Lehr-
personen und Schulleitung sowie in Form von Gruppendiskussionen mit Schülerinnen
und Schülern statt, welche in diesem Beitrag nicht abgebildet werden.
148 Jasmin Bastian
4 Ergebnisse
Betrachtet man im Kontrast dazu die Erwartungen an die Effekte des Tableteinsatzes
im Unterricht durch eine Vergleichsgruppe, die bisher nicht mit den Geräten gear-
beitet hat, zeigt sich ein ähnliches Bild (Abbildung 3) . Allein eine um das Doppelte
höhere Erwartung an den Einsatz des Gerätes zum selbstständigen Arbeiten wird in
der Vergleichsgruppe deutlich . Wie in Abbildung 2 ersichtlich, wird jedoch nur von
neun Prozent der Schülerinnen und Schüler, die bereits mit den Tablets gearbeitet
haben, ein solcher Effekt wahrgenommen . Es stellt sich daher die Frage, ob die
entsprechenden Potenziale des Tablets im Unterricht nicht berücksichtigt werden .
Darüber hinaus ist ungeklärt, ob die Schülerinnen und Schüler, die das Tablet
bisher nicht im Unterricht genutzt haben, dahingehende private Vorerfahrungen
150 Jasmin Bastian
haben und mit dem Gerät zu Hause einen selbstbestimmten Umgang pflegen . Dies
könnte zu einer entsprechenden Erwartungshaltung an die Nutzung in der Schule
führen, welche hier möglicherweise (noch) nicht erfüllt wird .
Darüber hinaus wurden die Schülerinnen und Schüler, die schon mit den Tablets
arbeiten, gebeten, im Rahmen einer Freitextantwort selbst die größten Vorteile des
Lernens mit dem Tablet im Unterricht zu benennen . Aus den Antworten lassen
sich vier übergeordnete Kategorien bilden .
Die beiden erstgenannten Kategorien beschreiben eher Vorteile für das individuelle
Lernen, die beiden unteren Kategorien eher eine Vereinfachung des Schulalltags
und damit einhergehender Prozesse, wobei der Übergang zu Vorteilen für das
individuelle Lernen hier fließend ist .
Tablets zur Neubestimmung des Lernens? 151
Besonders häufig geben die Schülerinnen und Schüler an, durch den Abwechs-
lungsreichtum, der mit den unterschiedlichen Anwendungsmöglichkeiten des
Tablets einhergeht, eine höhere Motivation für Themen des Unterrichts wie auch
für das Lernen im Allgemeinen zu erlangen („Ich bin motivierter, weil man damit
mehr unterschiedliche Sachen machen kann als vorher, das macht es leichter auf-
zupassen und mitzumachen“). Die Abwechslung ergibt sich nach Schülerangaben
beispielsweise dadurch, dass Apps niedrigschwellig eine Vielzahl von Aktivitäten
unterstützen, beispielsweise durch die Film- oder Fotofunktion. Diese Angaben
stimmen auch mit den zuvor beschriebenen wahrgenommenen Effekten überein.
Darüber hinaus benennen die Befragten auch eine erhöhte eigene Flexibilität
beim Wissenserwerb als einen Vorteil des Tableteinsatzes. Dieser stellt sich für sie
zum Beispiel durch den Zugang zum Internet und damit einhergehend durch die
Vereinfachung von Arbeitsabläufen dar: etwa eine schnellere Rechercheoption oder
die Möglichkeit, Informationen schnell zu dokumentieren und ebenso schnell auch
wieder aus den eigenen Unterlagen löschen zu können („Schnellere Recherche“,
„Kann Infos suchen, abspeichern und schnell wieder löschen“). Dies begünstigt
einigen Befragten zufolge auch ein selbständigeres Lernen, das auch durch das Vor-
handensein hilfreicher Apps unterstützt wird („Viele Apps, die mir helfen können,
nicht nur Lehrer“, „Kann damit viel besser selbständig lernen“). Dieser beschrie-
bene Vorteil steht im Kontrast zu der eher geringen Anzahl an Schülerinnen und
Schülern (9 Prozent, vgl. Abbildung 2), die angeben, im Unterricht mit dem Tablet
selbständiger arbeiten zu können. Es bleibt zu klären, ob dies dadurch bedingt ist,
dass sich bei vielen Befragten durch den Tableteinsatz nichts geändert hat, da die
Lernenden bereits vorher eine entsprechende Lernkultur gepflegt haben, oder ob
hier ein reines (wenn auch in der Schule noch nicht selbst erfahrenes) Potenzial
der Tabletnutzung beschrieben wird. Dies ist denkbar, da die erstere Angabe sich
konkret auf das unterrichtliche Arbeiten bezogen hat, im Rahmen der Freitext-
antwort jedoch allgemeiner auf das eigene Lernen referiert wird – möglicherweise
unabhängig vom Unterricht. Hier sind vertiefende Daten zu erheben.
Darüber hinaus wird von den Schülerinnen und Schülern sehr häufig eine
Erleichterung des (Mit-)Schreibens benannt. Das betrifft zum einen das Schreiben
mit der Tastatur („schneller“), zum anderen die Verfügbarkeit einer automatischen
Rechtschreibhilfe oder -korrektur („Mache nicht mehr so viele Fehler, weil sie ge-
zeigt werden“). Mehrfach geben Schülerinnen und Schüler außerdem an, dass im
Unterricht mit Tablets generell seltener geschrieben werde. Grund dafür könnten
etwa die Nutzung von Lernprogrammen oder Anwendungen sein, welche keine
Notizen zulassen, oder auch die Nutzung anderer Möglichkeiten der Dokumen-
tation, etwa die Audio- oder Videoaufnahme.
152 Jasmin Bastian
Schließlich beschreiben die Schülerinnen und Schüler auch häufig eine erhöhte
Mobilität in unterschiedlichen Bereichen: Zum einen sind Arbeitsmaterialien in Form
von Dateien stets auf dem Tablet verfügbar („immer alles dabei und kann überall
arbeiten“). Auch durch die Nutzung von Tabletfunktionen, etwa dem integrierten
Taschenrechner oder der Schreibfunktion in Anwendungen zur Textverarbeitung,
lassen sich benötigte Unterrichtsmaterialien reduzieren. Dadurch verringert sich das
Gewicht zu tragender Schulmaterialien deutlich, was von den Befragten ebenfalls
als eine Erleichterung des Schulalltags beschrieben wird („Keine Bücher, Tasche
leichter“, „Weniger Zeug in die Schule schleppen“).
Insgesamt zeigen die ausgewählten Daten eines deutlich: Neben einer allgemei-
nen positiven Wahrnehmung machen die Schülerinnen und Schüler vor allem die
Erfahrung, dass das Tablet sich zur Steigerung der eignen Motivation eignet und
einen abwechslungsreicheren Unterricht fördert. Es bleibt abzuwarten, ob es sich
dabei um Anfangseffekte handelt. Ungeklärt ist, ob die Potenziale des Tablets für
ein selbständige(re)s Lernen und Arbeiten auch in der praktischen Umsetzung
genutzt werden. Dazu sollen die weiteren Daten zu Rate gezogen werden.
für die Vorbereitung nur mehrere Stunden benötigt zu haben. Eine umfangreichere
Vorbereitung von immerhin mehreren Tagen benennt eine deutlich geringere Zahl
der Befragten (29 Prozent), ganz abgesehen von mehreren Wochen (11 Prozent).
Mehrere Monate hat sich keine der befragten Lehrpersonen Zeit genommen.
Darüber hinaus ist bei einer Betrachtung des Tableteinsatzes im Unterricht
auch von Interesse, welche Erfahrungen die Lehrpersonen bisher mit didaktischen
und mediendidaktischen Konzepten im Allgemeinen gemacht haben. Dieser
Aspekt ist deshalb von Bedeutung, da er den pädagogisch sinnvollen Einsatz von
Tablets im Unterricht unterstützen kann, wenn die Befragten eine entsprechende
Vorbildung erlangt haben. Auf die Frage, welche Erfahrungen die Lehrenden mit
mediendidaktischen bzw. medienpädagogischen Konzepten beim Einsatz digitaler
Medien im Unterricht haben, wird deutlich, dass in diesem Zusammenhang ein
gewisses Defizit zu bestehen scheint: Über die Hälfte der befragten Lehrpersonen
(57 Prozent) verwendet Medien im Unterricht, ohne sich dabei an spezifischen
mediendidaktischen oder medienpädagogischen Konzepten zu orientieren und gibt
an, auch keine entsprechenden Konzepte zu kennen. Die Kenntnis von Konzepten
führt hingegen nicht automatisch zu einer Berücksichtigung selbiger: 32 Prozent
der Lehrenden geben an, zwar Konzepte zu kennen, diese aber dennoch selten zu
berücksichtigen. Nur 11 Prozent kennen unterschiedliche Konzepte und wenden
sie auch an.
Die technische sowie auch die (medien)didaktische und -pädagogische Vorbe-
reitung der Lehrpersonen sind von Interesse, wenn der unterrichtliche Einsatz der
Geräte bewertet werden soll. Im Sinne eines medienpädagogisch und -didaktisch
fundierten Unterrichts, könnte ein zeitlicher Aufwand von nur wenigen Stunden
qualitative Einschränkungen bedingen. Auch könnte ein geringer Vorbereitungs-
aufwand dazu führen, dass Lehrenden innovative Unterrichtskonzepte unbekannt
sind. Hier zeigt sich, dass ein Mittelweg zwischen medienpädagogischen Notwen-
digkeiten und berufsalltäglichen Machbarkeiten erst noch gefunden werden muss.
Auf die Frage, wofür Lehrende die Tablets im Unterricht überwiegend einsetzten,
wird deutlich, dass diese eher ‚klassisch‘ genutzt werden (Abbildung 5): an erster
Stelle steht das Informieren und Recherchieren durch die Schülerinnen und Schüler,
gefolgt von einer Arbeit mit konkreten Apps. Im Rahmen eines Freitextfeldes gaben
die befragten Lehrerinnen und Lehrer darüber hinaus an, dass sie vorwiegend Apps
nutzen, die eine Beschäftigung mit Lernspielen, die Produktion medialer Inhalte
(Bilder, Videos) oder die Erstellung von Präsentationen ermöglichen. Wenig bis
nahezu gar nicht genutzt werden jedoch digitale Materialien, Kommunikationspo-
tenziale digitaler Medien sowie Dokumentationsmöglichkeiten, etwa im Sinne einer
Anfertigung von Unterrichtsnotizen.
154 Jasmin Bastian
Darüber hinaus wurde auch eine Vergleichsgruppe, die noch keine Erfahrungen
mit Tablets in ihrem Unterricht gesammelt hatte, nach ihrer gewünschten Nutzung
von Tablets befragt . Die Antworten verdeutlichen, dass die Tabletunerfahrenen in
vielen Bereichen ähnliche Vorannahmen und Erwartungen an einen Einsatz von
Tablets in der Schule haben . Sie bevorzugen ebenfalls die Nutzung der Geräte zum
Informieren und Recherchieren sowie zur Arbeit mit pädagogischen Apps, allerdings
haben sie eine deutlich höhere Erwartung an die Nutzung digitaler Materialien
(Abbildung 5) . Die Nutzung zur Kommunikation sowie zur Anfertigung von Notizen
erscheint auch den Tabeletunerfahrenen nicht vorrangig erstrebenswert .
Lehrende setzen Tablets auf unterschiedliche Weise in ihrem Unterricht ein, wobei
der jeweilige Einsatz auch Folgen für das Lernen hat . Aus diesem Grunde wurden
die Lehrenden auch nach Veränderungen im Unterricht seit dem Einsatz der Tablets
befragt . Die Antworten lassen deutlich werden, dass die Befragten vor allem eine
gesteigerte Motivation ihrer Schülerinnen und Schüler im Tabletunterricht wahr-
nehmen, sowie auch eine aktivere Mitarbeit (Abbildung 6) . Dies stimmt auch mit
der Wahrnehmung der Schülerinnen und Schüler überein, die den Tabletunterricht
als motivierender und abwechslungsreicher beschrieben hatten (vgl . Abbildung 2) .
Eine Überforderung der Schülerinnen und Schüler konnte hingegen kaum beob-
achtet werden . Von einem Teil der Lehrpersonen wird jedoch berichtet, dass die
Schülerinnen und Schüler durch die Nutzung der Tablets abgelenkt worden seien .
Ob es sich hier um einen Anfangseffekt aufgrund des Neuheitswertes des Gerätes
handelt, bleibt abzuklären . Auch sei der Unterricht schülerzentrierter geworden . Etwa
jede siebte Lehrperson gibt an, dass sich gar keine Veränderungen ergeben hätten .
Darüber hinaus nimmt die Begleitforschung genauer in den Blick, welche Wirkung
mobilen Medien im Unterricht unterstellt wird . Dazu werden unter anderem die
Annahmen von Lehrpersonen zur potenziellen Eignung von Tablets in Hinblick
auf unterschiedliche Items abgefragt (Abbildung 7) . Es wird deutlich, dass Tablets
vor allem ein Potenzial für die Steigerung der Motivation der Schülerinnen und
Schüler unterstellt wird (98 Prozent beschreiben eine gute/sehr gute Eignung) .
Ebenfalls sehr häufig wird ein Potenzial für die Vorbereitung auf den Beruf bzw.
Arbeitsmarkt unterstellt (92 Prozent beschreiben eine gute/sehr gute Eignung) . Auch
156 Jasmin Bastian
wird das Gerät vor allem als geeignet zur Einzelarbeit wahrgenommen (96 Prozent
beschreiben eine gute/sehr gute Eignung), während Potenziale zum kollaborativen
Arbeiten weniger gesehen werden (66 Prozent gute/sehr gute Eignung; 34 Prozent
schlechte/sehr schlechte Eignung) wie auch die Kommunikationsmöglichkeiten
der Schülerinnen und Schüler untereinander (54 Prozent gute/sehr gute Eignung;
46 Prozent schlechte/sehr schlechte Eignung) . Eine geringere Rolle spielt auch eine
Unterstützungsfunktion beim Einprägen von Lernstoff (58 Prozent gute/sehr gute
Eignung; 42 schlechte/sehr schlechte Eignung) .
• Motivation
• Förderung des eigenständigen Lernens
• Schnelle Möglichkeit etwas darzustellen
• Schneller Zugriff auf Inhalte
• Förderung von Medienkompetenz
• Möglichkeit des kreativen Arbeitens
Tablets zur Neubestimmung des Lernens? 157
Die ersten vier Kategorien wurden besonders häufig benannt. Den größten Vorteil
sehen die Lehrpersonen im Motivationspotential von Tablets. Sie geben an, dass
die Arbeit mit den Geräten eine große Anzahl von Schülerinnen und Schülern zu
einer stärkeren Mitarbeit motiviere („SuS werden motiviert, auch weil Geräte viel
Neues mit sich bringen“). Des Weiteren beschreiben die Lehrpersonen häufig einen
Vorteil im Potenzial des Mediums, ein eigenständigeres Lernen ihrer Schülerinnen
und Schüler zu fördern („Schüler können so viel selbständiger arbeiten und eigene
Lernziele verfolgen“). Zum dritten heben die Befragten die Qualität des Tablets hervor,
den Schülerinnen und Schülern eine schnelle Möglichkeit zu bieten, Arbeitsergebnisse
oder Lerninhalte darzustellen. Hierin ist nicht nur die Präsentation von Daten mit
Präsentationsprogrammen eingeschlossen. Bezüglich der Darstellungsmöglichkei-
ten wird von den Lehrpersonen besonders häufig auch die Möglichkeit des Geräts
benannt, auf einfache Weise Inhalte grafisch darzustellen – sei es im Mathemati-
kunterricht in Form einer Visualisierung von Graphen oder aber im Sportunterricht
die Nutzung des Gerätes zur Dokumentation eines Bewegungsablaufs per Video
(„Im Sportunterricht können Ergebnisse u. a. per Videoaufzeichnung gesichert
werden, z. B. Hochsprung“). Zum vierten geben die Befragten an, dass das Gerät
den Schülerinnen und Schülern einen schnellen Zugang zu Inhalten bieten könne.
Sei es der direkte Zugriff auf bereits zuvor erarbeitete oder von der Lehrperson zur
Verfügung gestellte Materialien oder eine Recherche via Zugriff auf Inhalte von
Offline- oder Onlinequellen („Schüler können so immer schnell an ihre Arbeitser-
gebnisse kommen (auch ältere)“, „schneller Zugriff auf Informationen“, „ich kann
so mit einem Klick Arbeitsmaterialien an alle verteilen“).
Darüber hinaus werden einzelne weitere Vorteile des Tableteinsatzes im Un-
terricht benannt, jedoch mit einer deutlich geringeren Häufigkeit, als die zuvor
genannten. Es handelt sich dabei vor allem um das Potenzial der Förderung von
Medienkompetenz auf Seiten der Schülerinnen und Schüler durch die Nutzung
der Endgeräte sowie um die Möglichkeit des kreativen Arbeitens mit dem Gerät,
indem es beispielsweise zum Produzieren von Filmen, Tonaufnahmen oder zum
Fotografieren genutzt wird. Das Letztgenannte wird nur noch mit einer geringen
Häufigkeit benannt. Es ist jedoch denkbar, dass das Aufzeigen solcher Potenziale
im Rahmen von Schulungen zu einem verstärkten Einsatz im Unterricht führen
und auch eine positive Wirkung auf das selbständige Lernen sowie die Motivation
der Schülerinnen und Schüler haben könnte – welche von den Lehrkräften zuvor
ja besonders betont worden waren.
Im nächsten Schritt wurden die Lehrkräfte gebeten, im Rahmen einer Frei-
textantwort zu benennen, welches für sie die größten Nachteile bei der Arbeit mit
Tablets im Unterricht seien. Aus den Antworten lassen sich die folgenden sechs
übergeordneten Kategorien bilden:
158 Jasmin Bastian
• Technische Probleme
• Ablenkung durch Tools/Spiele/Internetzugang
• Hoher Zeitaufwand bei Einarbeitung
• Zu wenig geeignete Apps
• Weniger motorisches oder Rechtschreibtraining
• Zu wenig Kontrollmöglichkeiten
Die ersten drei Punkte werden mit besonderer Häufigkeit benannt. Allem voran
beschreiben die Lehrpersonen technische Probleme als den größten Nachteil, der
sich beim Einsatz der Geräte ergibt. Diese Probleme lassen sich nochmals unter-
teilen: Zum einen in Schwierigkeiten bei der Handhabung der Geräte, welche auf
eine fehlende Vertrautheit der Lehrpersonen mit dem Tablet oder einer Anwendung
zurückgeführt werden können („Komme teilweise nicht mit Programmen klar, wenn
vorher noch nie genutzt“), zum anderen in Probleme bezüglich der technischen
Wartung oder der Netzinfrastruktur der Schule („Bandbreite zu gering“, „Oft kein
Netz, viel[es] funktioniert dann nicht“). Weiter benennen die Befragten sehr häufig
eine Ablenkung der Schülerinnen und Schüler vom Unterricht als einen Nachteil
des Tableteinsatzes. Sie geben etwa an, dass sich die Lernenden durch Tools, Spiele
oder auch die Möglichkeit des Internetzugangs und entsprechendes Surfen im Netz
ablenken ließen („Schüler schreiben sich Nachrichten statt aufzupassen“). Dabei
kann es sich um Anfangseffekte beim Einsatz des Gerätes handeln, die nach einer
gewissen Zeit des regelmäßigen Einsatzes wieder abklingen. Zum dritten benennen
die Lehrenden den hohen zeitlichen Vorbereitungsaufwand als einen bedeutsamen
Negativaspekt. Die Vorbereitung liegt beispielsweise in der Notwendigkeit der Ei-
narbeitung in die Handhabung des Geräts sowie in der Notwendigkeit des Testens
neuer Anwendungen („zu aufwändig, nicht genug Zeit zum Einarbeiten“; „Tages-
geschäft lässt mir keine Zeit passende Apps zu suchen“). Hier könnten Schulungen
den Lehrpersonen eine Stütze bieten oder auch ein ausreichend großer Vorlauf,
der den Lehrenden die Möglichkeit gibt, die Geräte erst einmal kennen zu lernen.
Die folgenden drei Kategorien werden etwas seltener angesprochen als die vo-
rangegangenen: Das ist zum ersten das Fehlen geeigneter Apps: Einige Lehrkräfte
geben an, dass bestimmte Programme ihre Ansprüche nicht erfüllen („Zum Teil
ist es schwierig, ein geeignetes Programm zu erhalten für das, was man gerne
hätte. Z. B. ist GeoGebra auf den Tablets nicht so gut geeignet“), oder ihnen eine
Kenntnis passender Anwendungen fehlt („Keine passenden Apps, finde zumindest
keine“). Zum zweiten beklagen einige Befragte die Verringerung des Motorischen,
etwa in Form des Schreibens mit einem Stift auf Papier („Die Schüler schreiben/
zeichnen unter Umständen weniger mit der Hand. So kommt es zu mangelnder
motorischer Übung und unter Umständen zu mangelnder Schreibkompetenz“).
Tablets zur Neubestimmung des Lernens? 159
über die subjektiven Perspektiven der Beteiligten auf den Tableteinsatz hinaus.
Da es an dieser Stelle weniger um die spezifische Tabletnutzung in den einzelnen
Unterrichtssequenzen, als vielmehr um eine Zuordnung des Geräteeinsatzes zu
den Stufen des SAMR-Modells (Puentedura 2006) geht, werden die Ergebnisse der
Sequenzanalyse hier nicht am Einzelfall dargestellt. Stattdessen erfolgt eine kurze
Darstellung der Zuordnung. Dazu wird zunächst eine allgemeine Beschreibung des
Unterrichtsgeschehens vorgenommen, an die sich eine Beschreibung der ausgewähl-
ten Sequenzen und deren begründete Zuordnung zum SAMR-Modell anschließt.
Abschließend werden die Ergebnisse in einen übergreifenden Vergleich gebracht.
hier als Erweiterung im Sinne des SAMR-Modells bestimmt. Die Projektion bietet
der Gruppe eine Möglichkeit zur Präsentation und Besprechung ihrer Ergebnisse.
Schülerinnen und Schüler schauen sich das Video auf ihrem Tablet an und füllen
parallel dazu auf einem ausgeteilten Arbeitsblatt einen Lückentext aus. Am Ende
der Stunde werden die Ergebnisse verglichen.
Zur Analyse wurden zwei Sequenzen ausgewählt: In der ersten Sequenz nutzen
die Schülerinnen und Schüler am Tablet die App Conjugaison selbständig zum
Üben des Passé Composé. Die Lehrerin gibt auf Anfrage Hilfestellung, doch auch
die App bietet ein direktes, individuelles Feedback. Sie ermöglicht es den Schüle-
rinnen und Schülern darüber hinaus selbstständig den Schwierigkeitsgrad und die
Zeitvorgaben für die Aufgaben zu bestimmen, wovon diese Gebrauch machen. In
der Analyse wird diese Nutzung als eine Erweiterung bewertet, da die App nicht
nur ein Einfüllen ermöglicht, wie dies auf einem Arbeitsblatt der Fall wäre. Die
Rückmeldung stellt die funktionale Verbesserung dar, die die App über das Geübte
gibt, sowie die individuellen Anpassungen, die sie ermöglicht.
Die zweite Sequenz zeigt die Schülerinnen und Schüler beim selbstständigen
Anschauen des Videos auf dem Tablet mit Kopfhörern. Parallel dazu füllen sie
den fehlenden Wortschatz in einen Lückentext ein, der ihnen als Arbeitsblatt in
Papierform vorliegt. Diese Nutzung wird in der Sequenzanalyse ebenfalls als eine
Erweiterung bestimmt. Die funktionale Verbesserung besteht in diesem Fall in der
Möglichkeit zur individuellen Rezeption sowie in der Bestimmung der eigenen
Lerngeschwindigkeit, die ein individuelles Ansehen auf dem Tablet gegenüber dem
gemeinsamen Ansehen eines Videos bietet.
Bildmaterial für ihr Video zu bekommen, greifen sie auf Inhalte des Schulbuchs
zurück. Sie fotografieren die für ihr Thema wichtigen Seiten ab und schneiden die
Bilder dann passend zu, um sie in ihr Video einzufügen. Dies wird in der Analyse
als eine einfache Form der Erweiterung bewertet, da im Vergleich zum Kopieren
gedruckter Materialien das Tablet durch eine Bearbeitungsfunktion die Möglich-
keiten digital erweitert. Funktional wird der Prozess dadurch verbessert, dass in
kurzer Zeit unkompliziert digitales Material erstellt werden kann.
Die zweite Sequenz umfasst die Aufgabenstellung selbst sowie die Ergebnisse
der Arbeit, die am Ende sichtbar werden. Ein Schüler präsentiert sein vorläufiges
Video, indem Bilder und Erklärtext vorkommen und auch eine in der App integrierte
Zeiger-Funktion zum Lenken der Aufmerksamkeit verwendet wird. In der Analyse
wird die Erstellung eigener Erklärvideos durch die Schülerinnen und Schüler als
eine Modifikation bewertet. Die übliche Form des Erklärens, etwa an der Tafel,
wird durch die Einbindung audiovisueller Formen modifiziert. Sie ermöglicht
neue Aufgaben, in deren Rahmen sich Schülerinnen und Schüler selbständig mit
Fachinhalten auseinandersetzen, aber auch mit deren Vermittlung, ihrer Präsen-
tation und der Ansprache verschiedener Sinneskanäle.
lässt er die Klasse abstimmen, projiziert die Ergebnisse jedoch nicht von seinem
Tablet aus, sondern stellt sie mündlich vor. In der Analyse wird diese Nutzung als
eine Modifikation bewertet. Zwar wird eine normale Abstimmung durch Hand-
zeichen oder Stimmzettel lediglich durch ein digitales Medium ersetzt, jedoch
wird eine neue Interaktionsebene zwischen dem Lehrer und den Schülerinnen
und Schülern eingeführt, die eine normale Abfrage modifiziert. Das Tool ermög-
licht eine niedrigschwellige, schnelle Durchführung und auch den spontanen und
mehrfachen Einsatz. Eine noch höhere Ebene könnte durch das Live-Erleben der
Umfrage erreicht werden, indem gezeigt wird, wie sich durch einzelne Stimmen
die Ergebnisse ändern und ggf. auch verfälscht werden können.
Die dritte Sequenz zeigt, wie die Schülerinnen und Schüler im Rahmen der
Partnerarbeit die App S-Note verwenden, um Ergebnisse zu verschriftlichen. Dies
wird in der Analyse als eine einfache Ersetzung bewertet, da es zu keiner funktio-
nalen Verbesserung im Gegensatz zum Schulheft kommt.
Schülerinnen und Schüler ist es, ein Arbeitsblatt zu bearbeiten und Teile desselben
graphisch mit Hilfe der App GeoGebra umzusetzen. Am Ende der Arbeitsphase
werden die Ergebnisse von einzelnen Schülerinnen und Schülern in GeoGebra
präsentiert, indem sie vom eigenen Platz aus ihre Lösungen via Apple TV und
Beamer projizieren und erläutern. Abschließend wird im Plenum eine generelle
Regelableitung versucht.
Zur Analyse wurden zwei Sequenzen ausgewählt. In der ersten Sequenz gibt
in der Arbeitsphase ein Schüler in GeoGebra eine Funktion ein. Diese wird im
Anschluss in Form eines Graphen visualisiert. Dazu verschiebt der Schüler in der
App einen Regler für den Wert x, woraufhin sich der Graph entsprechend verändert.
Auf dieser Basis wird in der Videoanalyse der Tableteinsatz bzw. die Appnutzung
als eine Neubestimmung bewertet, da die Visualisierung von interaktiven Modi-
fikationen des Graphen erst durch digitale Medien möglich wurde. Traditionell
konnte dies nur statisch erfolgen.
In der zweiten Sequenz moderiert die Lehrerin die gemeinsame Ableitung einer
Regel an der Tafel. Als die Klasse an einer Stelle nicht weiter kommt, bittet die
Lehrerin eine Schülerin, ihren Graphen nochmals per Apple TV und Beamer zu
projizieren. Diese Projektion nutzt sie zur weiteren Besprechung. Im Rahmen der
Videoanalyse wird die Nutzung des Tablets in diesem Fall als eine Modifikation
der üblichen Präsentationsfunktion an einer traditionellen Tafel interpretiert, da
sie es ermöglicht, Schülerergebnisse schnell für alle ohne erneutes Anschreiben
zugänglich zu machen, ohne an der Tafel rekonstruieren zu müssen. Es wird
deutlich: In dieser Unterrichtsstunde werden mehrere pädagogisch-didaktische
Potenziale des Tablets ausgeschöpft.
Neubestimmung;
2
Sequenzen;
10%
Ersetzung;
6
Sequenzen;
32%
Modifikation;
5
Sequenzen;
26%
Erweiterung;
6
Sequenzen;
32%
Abb. 8 Verteilung der SAMR-Typen in Szenen der Unterrichtsbeobachtungen
Anhand der Ergebnisse lässt sich noch kein Grund für den seltenen Einsatz des
Tablets auf der Stufe der Neubestimmung finden . Denkbar ist beispielsweise, dass
die geringe investierte Vorbereitungszeit der Lehrkräfte dazu führt, dass sie die
Potenziale des Geräts nicht kennen . Eine Auseinandersetzung mit den Potenzialen
des Tableteinsatzes könnte jedoch gerade dazu führen, dass im Unterricht mit den
Geräten nicht einfach Gewohntes repliziert, sondern vielmehr Neues erprobt wird .
In der weiteren Begleitforschung soll daher das (medien)pädagogische und (medien)
didaktische Wissen der Lehrpersonen und die Bedeutung der Vorbereitung auf den
Tabletunterricht noch stärker in den Blick genommen werden .
Diese ersten Daten aus der wissenschaft lichen Begleitforschung zeigen, dass die in
das Projekt einbezogenen Lehrerinnen und Lehrer zwar Tablets in ihren Unterricht
integrieren, an einigen Stellen jedoch noch ein Bedarf an (medien)pädagogischer
Unterstützung besteht . Die Befragung der Lehrenden hat gezeigt, dass der un-
terrichtliche Einsatz von Tablets noch in einem zu geringen Maße pädagogisch
vorbereitet wird und medienpädagogische oder fachdidaktische Konzepte zum
Einsatz der mobilen Geräte im Unterricht fehlen . Bereits in der Einleitung wurde
auf die Bedeutung einer entsprechenden Lehreraus- und -fortbildung hingewiesen
(Heinrich 2012; Henderson und Yeow 2012) bzw . auf die Chancen, die mit der
Ermöglichung eines informellen und experimentellen Lernens mit dem Tablet
einhergehen (Burden et al . 2012) . Sie könnten dazu beitragen, dass Lehrperso-
nen innovative Konzepte zum Tableteinsatz kennen lernen . Ob die mehrheitlich
Tablets zur Neubestimmung des Lernens? 169
geringe Vorbereitung auf den Unterricht mit Tablets und die fehlende Kenntnis
didaktischer Modelle, die im Rahmen der vorliegenden Begleitforschung deutlich
geworden sind, jedoch damit zusammenhängen, dass Potenziale, die das Tablet
mitbringt, nicht genutzt werden, ist ungeklärt. Im Rahmen der Begleitforschung
hat sich allerdings gezeigt, dass Kollaborations- und Kommunikationspotenziale,
digitale Dokumentationsmöglichkeiten (z. B. Unterrichtsnotizen, Video- und
Tonaufnahmen) oder digitale Materialien noch selten genutzt oder als geeignet
angesehen werden. Ebenfalls ungeklärt ist, ob eine geringe Vorbereitung auch zu
einem Aufbau oder der Aufrechterhaltung von Ängsten bzw. Bedenken beiträgt –
hier etwa vor zu geringen Kontrollmöglichkeiten oder der Verschlechterung der
Rechtschreibung/des Motorischen durch die Tabletnutzung, wie in Abschnitt 4.2
sichtbar wird. Solche Bedenken ließen sich gegebenenfalls durch ein Kennenlernen
digitaler Medien oder entsprechender Fördermöglichkeiten verringern.
Die Akzeptanz des Tableteinsatzes ist bei den Schülerinnen und Schülern wie
auch bei den Lehrenden deutlich positiv geprägt. Dennoch verdeutlicht die Analyse
der Unterrichtsbeobachtungen noch einen eher traditionellen Einsatz des Gerätes,
der stärker auf den unteren Stufen des SAMR-Modells stattfindet (Puentedura
2006). Die Umsetzung innovativer Unterrichtskonzepte, insbesondere im Sinne
einer Neubestimmung des Lernens, ist an den Schulen noch nicht angekommen
und es zeigt sich, dass die Potenziale des Gerätes noch nicht vollständig ausge-
schöpft werden. Grund dafür könnte eine zu geringe Vorbereitung der Akteure
auf den Implementierungsprozess sein. Montrieux et al. (2014) betonen, dass die
Implementierung von Tablets an Schulen eine sorgfältige und langfristige Pla-
nung benötigt, die berücksichtigt, welche Aufgaben vor, während und nach der
Implementierung anstehen. Neben technischen Vorkehrungen, die zu treffen sind,
müssen insbesondere die Akteure vorbereitet und anschließend in ihrer Arbeit
unterstützt und motiviert werden. Schulen, die einen Tableteinsatz planen, sollten
dies berücksichtigen und dem Projekt einen ausreichend großen Vorlauf geben sowie
planen, wie die beteiligten Akteure sowohl technisch als auch medienpädagogisch
und mediendidaktisch vorbereitet werden können.
Auch die Weiterbildung der Lehrkräfte bzw. projektbegleitende Reflexion ist
nicht zu vernachlässigen. Im Zusammenhang mit möglichen Veränderungen des
Lehrens und Lernens mit dem Tablet, kann das SAMR-Modell im Prozess der
Einführung von Tablets Lehrpersonen eine Hilfestellung für die Reflexion bieten,
wie das Tablet in den eigenen Unterricht integriert und auf verschiedenen Stufen
eingesetzt werden könnte. Kritisch anzumerken ist dabei, dass das Modell keines-
wegs ein entsprechendes Vorgehen impliziert, sondern vielmehr an vielen Stellen
vage bleibt. Dennoch eignet es sich insbesondere für die gemeinsame Reflexion des
Tableteinsatzes mit mehreren Lehrpersonen, da es nicht einengt, sondern Raum
170 Jasmin Bastian
8 In der Einleitung wurde bereits deutlich, dass der Erwerb von Fachinhalten im Gegen-
satz zum Erwerb überfachlicher Kompetenzen von der Forschung noch selten in den
Blick genommen wird. Welling (2015) merkt in diesem Zusammenhang zurecht an,
dass Studien, die den Erwerb von Fachinhalten untersuchen, zudem mit Vorsicht zu
betrachten sind, da ihre Methodik nicht selten Mängel aufweist, wenn beispielsweise
ausschließlich Selbstauskünfte eingeholt oder nur geringe Fallzahlen berücksichtigt
werden.
Tablets zur Neubestimmung des Lernens? 171
Literatur
Anderson, L. W., Krathwohl, D. R., Airasian, P. W., Cruikshank, K. A., Mayer, R. E., Pintrich,
P. R., Raths, J., & Wittrock, M. C. (Hrsg.) (2001). A Taxonomy For Learning, Teaching, and
Assessing: A Revision of Bloom’s Educational Objectives. Boston, MA: Allyn and Bacon.
Aufenanger, S., & Lenssen, M. (Eds.) (1986): Handlung und Sinnstruktur. München.
Bastian, J., & Aufenanger, S. (2015): Medienbezogene Vorstellungen von (angehenden) Lehrper-
sonen. In M. Schiefner-Rohs, M., C. Gómez Tutor, & C. Menzer (Hrsg.), Lehrer.Bildung.
Medien. Herausforderungen für die Entwicklung und Gestaltung von Schule. Schneider
Verlag Hohengehren.
Becker, H. J., & Ravitz, J. (1999). The influence of computer and internet use on teachers’
pedagogical practices and perceptions. Journal of Research on Computing in Education
31, 356-384.
Bjerede, M., & Bondi, T. (2012). Learning is personal; stories of android tablet use in the 5th
grade. A Learning Untethered project. http://www.learninguntethered.com/wp-content/
uploads/2012/08/Learning-is-Personal.pdf. Zugegriffen: 15.03.2016.
Brüggemann, M. (2013). Digitale Medien im Schulalltag. Eine qualitativ rekonstruktive Studie
zum Medienhandeln und berufsbezogenen Orientierungen von Lehrkräften. München:
kopaed.
Burden, K., Hopkins, P., Male, T., Martin, S., & Trala, C. (2012). iPad Scotland Evaluation.
Hull: University of Hull.
Chen, F. H., Looi, C. K., & Chen, W. (2009). Integrating technology in the classroom: a visual
conceptualization of teachers’ knowledge, goals and beliefs. Journal of Computer Assisted
Learning 25(5), 470-488.
Ciampa, K. (2014). Learning in a mobile age: an investigation of student motivation. Journal
of Computer Assisted Learning 30(1), 82-96.
172 Jasmin Bastian
Clark, W., & Luckin, R. (2013). What the research says. iPads in the classroom. London:
University of London.
Dinkelaker, J., & Herrle, M. (2009). Erziehungswissenschaftliche Videographie: Eine Einfüh-
rung. Wiesbaden: VS.
Eickelmann, B., Bos, W., & Vennemann, M. (2015). Total digital? – Wie Jugendliche Kompe-
tenzen im Umgang mit neuen Technologien erwerben. Dokumentation der Analysen des
Vertiefungsmoduls zu ICILS 2013. Münster: Waxmann.
Fraillon, J., Ainley, J., Schulz, W., Friedman, T., & Gebhardt, E. (2014). Preparing for life in a
digital age. The IEA International Computer and Information Literacy Study International
Report. Cham: Springer.
Fullan, M. (2001). Whole school reform: Problems and promises. Chicago, IL: Chicago
Community Trust.
Haßler, B., Major, L., & Hennessy, S. (2016). Tablet use in schools: a critical review of the
evidence for learning outcomes. Journal of Computer Assisted Learning 32(2), 139-156.
Heinrich, P. (2012). The iPad as a tool for education: A study of the introduction of iPads.
Kent, UK: Naace.
Henderson, S., & Yeow, J. (2012). iPad in Education: A case study of iPad adoption and use
in a primary school. In R. H. Sprague (Hrsg.), Proceedings of the 2012 45th Hawaii In-
ternational Conference on System Sciences (S. 78-87). Maui: CPS Conference Publishing
Services. doi:10.1109/HICSS.2012.390
Higgins, S., Mercier, E., Burd, L., & Joyce-Gibbons, A. (2012). Multi-touch tables and collab-
orative learning. British Journal of Educational Technology 43(6), 1041–1054.
Kommer, S. (2010). Kompetenter Medienumgang? Eine qualitative Untersuchung zum medi-
alen Habitus und zur Medienkompetenz von SchülerInnen und Lehramtsstudierenden.
Opladen: Budrich.
Magley, G. (2011). Grade 8 mobile one-to-one with iPads. Millis Public Schools Evaluation
Report. Millis (MA): Millis Public Schools.
Montrieux, H., Vanderlinde, A., Courtois, B., Schellens, T., & de Marez, L. (2014). A Quali-
tative Study about the Implementation of Tablet Computers in Secondary Education: The
Teachers’ Role in this Process. Procedia – Social and Behavioral Sciences 112, 481-488.
doi:10.1016/j.sbspro.2014.01.1192
Nohl, A.-M. (2013). Sozialisation in konjunktiven, organisierten und institutionalisierten
Transaktionsräumen: Zum Aufwachsen mit materiellen Artefakten. Zeitschrift für
Erziehungswissenschaft 16(2), 189-202.
Nohl, A.-M., & Wulf, C. (2013). Die Materialität pädagogischer Prozesse zwischen Mensch und
Ding. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 16(2), 1-13. doi: 10.1007/s11618-013-0406-0.
Oakley, G., Pegrum, M., Faulkner, R., & Striepe, M. (2012). Exploring the pedagogical
applications of mobile technologies for teaching literacy. Crawley, WA: Graduate School
of Education, The University of Western Australia Osborne Park, Western Australia
Association of Independent Schools of Western Australia, Inc.
Puentedura, R. R. (2014). SAMR and Bloom’s Taxonomy: Assembling the Puzzle. https://www.
graphite.org/blog/samr-and-blooms-taxonomy-assembling-the-puzzle. Blogeintrag.
Zugegriffen: 10.01.2016.
Puentedura, R. R. (2006): Transformation, Technology, and Education. http://hippasus.com/
resources/tte/. Zugegriffen: 10.01.2016.
Reichertz, J., & Englert, C. (2010). Einführung in die qualitative Videoanalyse: Eine herme-
neutisch-wissenssoziologische Fallanalyse. Wiesbaden: VS.
Tablets zur Neubestimmung des Lernens? 173
Vanderlinde, R., & van Braak, J. (2011). A New ICT Curriculum for Primary Education
in Flanders: Defining and Predicting Teachers’ Perceptions of Innovation Attributes.
Journal of Educational Technology & Society 14(2), 124-135.
Welling, S., Averbeck, I., Stolpmann, B. E., & Karbautzki, L. (2014). Paducation. Evaluation
eines Modellversuchs mit Tablets am Hamburger Kurt-Körber-Gymnasium. www.ifib.de/
publikationsdateien/ paducation_bericht.pdf.
Welling, S., & Stolpmann, B. C . (2012). Mobile Computing in der Schule – Zentrale Her-
ausforderungen am Beispiel eines Schulversuchs zur Einführung von Tablet-PCs. In
R. Schulz-Zander, B. Eickelmann, H. Moser, H. Niesyto,& P. Grell (Hrsg.), Jahrbuch
Medienpädagogik 9 (S.197-221). Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften.
West, D. M. (2012). Digital Schools: How Technology Can Transform Education. Washington
D. C.: Brookings Institution Press.
Wong, L.-H. (2012). A learner-centric view of mobile seamless learning. British Journal of
Educational Technology 43(1), E19-E23.
Wong, L.-H., & Looi C. K. (2011). What seams do we remove in mobile assisted seamless
learning? A critical review of the literature. Computers and Education 57(4), 2364-2381.
Bildungstechnologische Innovation,
mediendidaktische Integration und/oder
neue persönliche Lernumgebung?
Tablets und BYOD in der Schule
Rudolf Kammerl
Bildungstechnologische Innovation, mediendidaktische Integration…
Zusammenfassung
Auf der Basis ausgewählter Daten aus zwei Begleitstudien (Paducation und Start
in die nächste Generation) wird gezielt Hinweisen auf Widerstände und Gründe
gegen ein Lernen mit Tablets nachgegangen . Während aus bildungstechnologi-
scher Perspektive bei solchen Integrationsprozessen vorrangig Bereitstellung,
Einführung und Nutzung der Tablets und ihrer Apps im Vordergrund stehen,
stellen die persönlichen Tablets für die Lernenden neue Optionen expansiven
und defensiven Lernens dar . Verlagerungen von Verantwortungszuschreibun-
gen und -übernahmen sind in diesem Spannungsfeld beobachtbar und bieten
Ansatzpunkte zu differenzierenden Analysen .
1 Einleitung
In der bildungspolitischen Diskussion mehren sich die Stimmen, das Digitale Lernen
an Schulen auszubauen . Dabei wird als ein zentraler Hemmschuh die mangelnde
Ausstattung der Schulen mit Schülergeräten benannt . Tatsächlich hatten Schulen
in Deutschland im internationalen Vergleich nach Zahlen der OECD eine etwa
durchschnittliche Ausstattung . 2012 stand an deutschen Schulen ein Computer
für jeweils vier 15-jährige Schülerinnen und Schüler zur Verfügung . Die Quote
pro Computer lag mit 4,2 zu 1 knapp über dem OECD-Durchschnitt und erreich-
te Rang 28 im Vergleich von 34 OECD-Ländern (OECD 2015) . Nach den etwas
aktuelleren Daten der ICILS 2013 besuchten Achtklässlerinnen und Achtklässler
in Deutschland Schulen, in denen das Schüler-Computer-Verhältnis (für die
gesamte Schülerschaft) bei 11,5 zu 1 liegt, also im Bereich des Mittelwerts der an
175
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2017
J. Bastian und S. Aufenanger (Hrsg.), Tablets in Schule und
Unterricht, DOI 10.1007/978-3-658-13809-7_8
176 Rudolf Kammerl
ICILS 2013 teilnehmenden Staaten der EU (11,6:1) (vgl. Eickelmann et al. 2014)1.
Moniert wurde von den Autorinnen und Autoren die mangelnde Modernität der
Geräte. Die Ausstattung mit mobilen Rechnern und interaktiven Whiteboards sei
schlechter als im internationalen Vergleich. Welche Quote im Zahlenverhältnis
von Schülerinnen bzw. Schülern und Rechnern ideal ist, und ob diese Kennzahl
überhaupt geeignet ist, eine besonders günstige Qualität der Rahmenbedingungen
für schulisches Lernen zu beschreiben, wird kontrovers diskutiert. Nichtsdesto-
trotz gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Modellen und Projekten, mit denen das
1:1-Computing implementiert wurde. In den Schulen wurden Rahmenbedingungen
geschaffen, durch die jeder Schülerin und jedem Schüler ein Gerät zur Verfügung
gestellt wurde. Dabei kommen verschiedene Konzepte zum Tragen: Von Poollö-
sungen über persönliche Geräte, die an der Schule verbleiben oder auch mit nach
Hause genommen werden können, bis hin zur Einbindung privater Geräte in die
schulische Infrastruktur (Bring Your Own Device – BYOD).
Zwar gibt es eine Reihe von pädagogischen und didaktischen Gründen, die
für 1:1-Lösungen angeführt werden können, in den Abwägungen über das Für
und Wider spielen aber immer auch andere Gesichtspunkte eine Rolle. Anhand
der Frage der IT-Ausstattung lässt sich zeigen, dass es schon seit längerem von
„politischer und ökonomischer Seite […] starke Bemühungen [gab; rk], die Anzahl
an Computern und den Internetzugang in Schulen zu verbessern“ (Meister 2013,
S. 48). Während sich die Enquete-Kommission des Dt. Bundestages Internet und
Digitale Gesellschaft beispielsweise für die Ausstattung aller Schülerinnen und
Schüler mit persönlichen Endgeräten aussprach2, findet sich diese Forderung in
dem Medienpädagogischen Manifest der Initiative Keine Bildung ohne Medien!
nicht3. In den bundespolitischen Initiativen Strategie ‚Digitales Lernen‘ und Pakt
für Digitale Bildung wurde dem BYOD-Ansatz in den Forderungspapieren ein
prominenter Platz eingeräumt. Die KMK-Präsidentin wiederum ließ sich Anfang
2016 bei Amtsantritt mit einem Statement zitieren, in dem sie sich nicht für BYOD
1 Je nachdem ob die Zahl der Rechner, die in einer Schule zur Verfügung stehen, auf die
Anzahl aller Schülerinnen und Schüler der Schule rechnerisch aufgeteilt wird oder nur
auf die Achtklässlerinnen und Achtklässler ergeben sich unterschiedliche Quoten.
2 „Der Lösungsvorschlag der Enquete-Kommission ist ein ganz zentraler Punkt: Es sollen
nicht mehr die Schulen, sondern die Schülerinnen und Schüler ausgestattet werden. Jede
Schülerin und jeder Schüler soll einen eigenen Laptop oder einen eigenen Tablet-PC
bekommen preisgünstig produziert in großen Losen und unterstützt durch staatliche
Mittel.“ (Enquete-Kommission 2011, S. 2)
3 Auch in älteren Initiativen wie Schule ans Netz lässt sich zeigen, dass die Einbindung
nicht primär medienpädagogisch begründet war.
Bildungstechnologische Innovation, mediendidaktische Integration… 177
mit beliebigen privaten Endgeräten, sondern für die verstärkte schulische Nutzung
privater Smartphones von Schülerinnen und Schülern aussprach4.
Die Diskussion um die Integration digitaler Medien als Mittel und Gegenstand
formaler Bildung an Schulen ist auch dadurch geprägt, dass unterschiedliche
Geräteklassen und letztlich auch unterschiedliche Hersteller präferiert werden. In
diesem Kontext ist das Tablet nur eine der möglichen Alternativen. Berücksichtigt
man die Perspektiven der Schülerinnen und Schüler, so gilt auch hier, dass sich
die Verwendung eines Tablets innerhalb der ihnen zur Verfügung stehenden Me-
dienausstattung zunehmend als eine Möglichkeit von mehreren darstellt, wenn
es darum geht, das Internet zu nutzen und/oder digital zu arbeiten und zu lernen.
Insbesondere Jugendlichen stehen privat zunehmend mehrere persönliche Endgeräte
zur Verfügung. Neben dem Smartphone, das heute quasi zur Grundausstattung
zählt und immer dabei ist, haben sie in der Regel zu Hause Zugriff auf weitere Ge-
räte, wie z. B. das Notebook, den PC oder eben ein Tablet. Die private Ausstattung
mit digitalen Medien und deren Nutzung hat sich in den letzten Jahren deutlich
gewandelt. Während noch bei der Durchführung der ersten 1:1-Projekte Jugendli-
chen erstmals ein persönliches mobiles Endgerät zur Verfügung gestellt wurde, mit
dem sie das Internet nutzen konnten5, gibt es heute eine ganz andere Ausgangslage:
Die Schülerinnen und Schüler verfügen schon über Geräte und Internetnutzung
und haben schon individuelle Nutzungsroutinen und -präferenzen ausgebildet.
Vor diesem Hintergrund ist nicht auszuschließen, dass sich Akzeptanz und
Nutzen von 1:1-Computing-Projekten wandeln. Wird von den Befürwortern
einer 1:1-Ausstattung in der Schule unterstellt, dass die Einführung von Tablets
und anderen persönlichen Endgeräten zu digitalem und besserem Lernen führt,
muss ausgehend von empirischen Befunden zum Tabletgebrauch aus einschlägi-
gen Schulprojekten darauf hingewiesen werden, dass in Schulen, in denen dieser
4 „Neue KMK-Chefin will digitale Bildung voranbringen – mit den Smartphones der
Schüler“. Interview. Online unter: http://www.news4teachers.de/2016/01/neue-kmk-
chefin-will-digitale-bildung-voranbringen-mit-den-smartphones-der-schueler/ (Zu-
gegriffen: 29.02.2016)
5 Die Hinführung war in vielen Initiativen auch eine der Zielsetzungen.
178 Rudolf Kammerl
ermöglicht wurde, vorhandene Tablets weder für das Lehrerhandeln, noch für das
Lernen notwendigerweise die erwartete zentrale Rolle erhielten6. Vielmehr lassen
sich in den Projektberichten und Befunden der wissenschaftlichen Begleitung auch
Phänomene finden, die sich aus der Zielperspektive der Projekte zur Integration
mobiler Endgeräte als gewisse Widerständigkeit, Zähigkeit und/oder Abwandlung
der ursprünglichen Zielsetzungen des Projektes darstellen. Dies ließe sich auf unter-
schiedlichen Ebenen des Bildungssystems ausführen, über die Schuladministration
und Schulleitung bis hin zu den Lehrkräften, den Schülerinnen und Schülern und
deren Eltern. Dabei ist es – im Sinne subjektorientierter Forschung – naheliegend,
jenseits der Zielperspektiven der Projekte auch die Gründe und Logiken derjenigen
stärker zu beleuchten, die sich dagegen entscheiden, dem Tablet die im Projekt ange-
dachte Rolle einzuräumen. Mit diesem Artikel soll ein Beitrag dazu geleistet werden,
entsprechende Entscheidungen und Perspektiven von Schülerinnen und Schülern
darzustellen, mögliche Erklärungen zu diskutieren und theoretisch einzuordnen.
Methodisch soll auf Daten aus zwei Projekten zurückgegriffen werden, welche
die Stärkung des Lernens mit digitalen Medien an Schulen als Zielsetzung hatten
und die es dabei den Schülerinnen und Schülern ermöglichten, persönliche mobile
Endgeräte im Unterricht zum Lernen und Arbeiten zu nutzen. Zum einen handelt
es sich um das Projekt Start in die nächste Generation, in dem Schülerinnen und
Schüler im Rahmen eines Bring-Your-Own-Device-Ansatzes ihre privaten mobi-
len Endgeräte in die Schule mitnehmen sollten7. Zum anderen handelt es sich um
das Projekt Paducation, in dessen Rahmen eine gymnasiale Oberstufe mit iPads
ausgestattet wurde, die den Schülerinnen und Schülern auch außerhalb der Schule
als persönliches Gerät zur Verfügung standen. Beide Projekte fanden in Hamburg
statt und bei beiden Projekten wirkte der Autor im Auftrag der Schulbehörde an
der Evaluation mit. Im Sinne einer sekundäranalytischen Betrachtung sollen im
folgenden Teilergebnisse aus den Studien ausgewählt werden, die für die aufgeworfene
Zielsetzung bedeutsam erscheinen. Dabei werden auch bislang unveröffentlichte
Befunde präsentiert.
Das Pilotprojekt Start in die nächste Generation wurde zu Beginn des Schuljahres
2014/15 an sechs Hamburger Schulen gestartet. Mit dem Projekt soll der BYOD-An-
satz auf seine Tauglichkeit in der Praxis und eine mögliche Überführung in den
Regelbetrieb geprüft werden. Das zentrale Ziel des Projekts ist es, auf Basis einer
flächendeckenden WLAN-Infrastruktur, einer Lernplattform (itsLearning), ver-
schiedener integrierter Software- und Webangebote (Bettermarks, Sofatutor, Scoyo,
verschiedenen digitalen Schulbüchern, FWU-Mediathek u. a.) sowie der mobilen
Endgeräte der Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte „die Chancen der digitalen
Medien durch entsprechende Unterrichtskonzepte für eine Optimierung des Lernens
zu nutzen und so den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler zu verbessern“ (BSB
o. J.). Es geht aber auch um die Verstärkung des Medieneinsatzes, die Annäherung
an die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler sowie die erweiterte Förderung
von Medienkompetenz (BSB 2015). Die sechs Hamburger Schulen entwickeln und
erproben dabei unterschiedliche Umsetzungskonzepte. Bis Januar 2015 beteiligten
sich 34 Klassen und rund 750 Schülerinnen und Schüler an dem Projekt Start in die
nächste Generation. Im November 2015 waren es bereits mehr als 60 Klassen und
Kurse. Damit stellt das Projekt, das von Senatskanzlei und Schulbehörde initiiert
wurde, das größte derzeit in Deutschland stattfindende BYOD-Projekt dar. Die
Auswahl der Schulen – drei Stadtteilschulen (Ilse-Löwenstein-Schule/Uhlenhorst,
Stadtteilschule Oldenfelde und Schule Maretstraße/Harburg) und drei Gymnasien
(Gymnasium Ohmoor/Niendorf, Gymnasium Altona und Gymnasium Osterbek/
Farmsen-Berne) – erfolgte durch eine Ausschreibung der Hamburger Schulbehörde.
Voraussetzung für die Teilnahme daran war neben einem Konzept der Schule auch
das Votum der Schulkonferenz, die aus Lehrkräften, Eltern sowie Schülerinnen
und Schülern besteht (HmbSG § 52-56).
Bei der Evaluation zu dem Projekt Start in die nächste Generation handelt es
sich um eine formative Evaluation, die vom Arbeitsbereich Medienpädagogik an
der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg durchgeführt
wird. Ziel ist es, den Projektprozess zu begleiten und mit den erhobenen Daten zu
verschiedenen Zeitpunkten den Akteuren eine Rückmeldung über die Projekt-
entwicklung zu geben. Die Studie ist mit einem doppelten Fokus angelegt: Zum
einen soll erhoben werden, wie sich Motivation, Schulleistungen und Medienkom-
petenz der Schüler und Schülerinnen durch die Teilnahme am BYOD-Unterricht
entwickeln. Der zweite Fokus liegt auf der Veränderung des Unterrichts durch
das BYOD-Konzept aus der Sicht der Lehrkräfte sowie deren Einschätzung zur
Realisierung der Projektziele.
180 Rudolf Kammerl
Schülerinnen und Schülern aus, die ihr Tablet im Alltag am häufigsten nutzen.
In dieser kleinen Gruppe (8,8 Prozent der Befragten) hatten dies zwei Drittel vor.
Ein ähnliches Phänomen zeigt sich auch, wenn alle Schülerinnen und Schüler
mit Tablets ausgestattet werden. Am Beispiel des Projekts Paducation lässt sich
beobachten, dass die persönlichen iPads der Schülerinnen und Schüler zwar in
vielen Fällen, aber keineswegs immer in der Schule und zu Hause für das Lernen
eine zentrale Rolle bekamen. Über die Befunde der publizierten Projektevaluation
(Welling et al. 2014) hinaus kann hierzu mittlerweile – rund 2 Jahre nach dem
Abschluss der wissenschaftlichen Evaluation der ersten Projektphase – auf weitere
Schülerinterviews zurückgegriffen werden, die im Rahmen einer Masterarbeit
durchgeführt wurden (Thomsen 2015).
Im Schuljahr 2011/12 startete mit Unterstützung der Behörde für Schule und
Berufsbildung am Kurt-Körber-Gymnasium das Projekt Paducation – Lernen mit
mobilen Endgeräten innerhalb schulischer Lernkontexte. Dabei wurden alle Schüle-
rinnen und Schüler der Oberstufe mit einem persönlichen Gerät ausgestattet, das
ihnen über die gesamte Projektlaufzeit zur Verfügung stand und auch zu Hause
genutzt werden konnte (1:1-Computing). Als Gerät kam das iPad 2 zum Einsatz. Die
Tablets waren zu Beginn des Projektes eine relativ neue und somit im Schulumfeld
noch relativ unerprobte Geräteklasse. Während die ersten beteiligten Jahrgänge noch
einheitlich ein Apple-Produkt nutzten, wurden in den Folgejahrgängen auch andere
Tablets zugelassen, die von den Familien selbst finanziert wurden (ca. ein Drittel).
Die erste Projektphase (2011-2013) wurde vom Institut für Informationsmanage-
ment Bremen (ifib) und der Universität Hamburg wissenschaftlich begleitet. Der
Leitgedanke der Evaluation lag darin zu untersuchen, welche Herausforderungen
sich für die Schulentwicklung im Bereich der Einführung digitaler Medien in den
schulischen Alltag ergeben. Neben technischen, organisatorischen und struktu-
rellen Aspekten standen insbesondere Herausforderungen für die Schülerinnen
und Schüler sowie für die Lehrkräfte im Vordergrund. Aus den Untersuchungs-
ergebnissen sind Handlungsempfehlungen entwickelt worden, die zum einen
die Weiterführung des Projektes in den folgenden Jahrgängen unterstützen und
zum anderen zur Weiterentwicklung der pädagogisch-schulischen IT-Strategie der
Schulbehörde dienen sollten.
Für die Evaluation kam ein Mixed Methods-Design zum Einsatz. Es wurde je
eine Initial- und eine Abschlussbefragung der Schülerinnen und Schüler in beiden
Bildungstechnologische Innovation, mediendidaktische Integration… 183
Af: bei uns gibt’s eigentlich so mehrere (.) Formen von Schülern (.) also (.)
die einen, die sieht man echt nur mit dem iPad, die schreiben damit, die
recherchieren damit, andere wiederum benutzen es halt gar nicht wie
Beatrice und es gibt halt auch noch so (1) Mittel (.) also so ´n Mittelding
zwischen den beiden Sachen, die benutzen’s halt nur wenn’s wirklich
sein muss (3:6).
L2: […] dass dann auch, äh, von einer Schülerin die Forderung kam mit
ja, dann müssen Sie uns das iPad halt mal häufiger verbieten (.) wo
ich auch gedacht hab, aha (2) okay, gut (.) also dass diese Forderung
auch irgendwie dann da ist nach ´ner Begrenzung irgendwie dieses (.)
Gebrauchs (Welling et al. 2014, S. 79).
alle von ihnen. Dies zeigt sich gerade auch im weiteren Verlauf. Zwei Jahre nach
Abschluss der wissenschaftlichen Begleitung des Paducation-Projektes wurden im
Rahmen einer Masterarbeit wiederum halbstrukturierte Leitfadeninterviews mit
Schülerinnen und Schülern der Oberstufe zur Tabletnutzung geführt (Thomsen 2015).
Dafür nutzte Thomsen eine adaptierte Version des auch für die Projektevaluation
eingesetzten Interviewleitfadens. Die Auswertung ergab ein eher durchwachsenes
Bild und verdeutlichte, dass in der Einschätzung der Befragten vor allem die Fre-
quenz der iPad-Nutzung im Laufe des Projekts zurückgegangen ist. Hierfür wurde
insbesondere die geringe und aus Schülersicht nicht immer überzeugende Einbin-
dung durch die Lehrkräfte als Grund angeführt. Von Seiten der Schülerinnen und
Schüler wurde zwar nicht die Sinnhaftigkeit einer Tabletnutzung an Schulen an
sich in Frage gestellt, aber vor dem Hintergrund der konkreten mediendidaktischen
Einbindung des Geräts und der daraus resultierenden Anforderungen wurde der
Nutzwert des Tablets im Unterricht deutlich relativiert: „jetzt könnte ich es sogar
zu Hause lassen, weil ich es kaum benutzen würde“ (Schüler C); „ich sehe das Tablet
auch nicht mehr als hilfreiches Mittel, was ich im Unterricht benutze“ (Schüler
B). Zwar stand bei den kritischen Schüleräußerungen die schulische Nutzung im
Mittelpunkt, es finden sich aber auch Beispiele, in denen offenbar das Tablet auch
für die private Nutzung der Schülerinnen und Schüler an Bedeutung verloren hat.
So berichtet zum Beispiel ein Schüler zur Tablet-Nutzung, er habe insgesamt „mit
der Zeit gemerkt, dass […] [er auch zu Hause] das Tablet kaum mehr benutze“
(Schüler A).
Zwar können diese Einzelinterviews keine verallgemeinernden Aussagen zulas-
sen, doch es zeigt sich, dass es Schülerinnen und Schüler gibt, für die die Nutzung
eines Tablets keine hilfreiche Option für das Lernen und Arbeiten an der Schule
darstellt, selbst dann nicht, wenn sich die Schule für ein 1:1-Computing mit Tablet
entschieden hat. Darüber hinaus gibt es offenbar durchaus Fälle, in denen ein Tablet
für Schülerinnen und Schüler auch außerhalb von schulischen Zwecken keinen
Mehrwert hat – nicht einmal, wenn es ihnen privat zur Verfügung steht.
Unabhängig davon, dass – etwa im Sinne der Mehrebenen-Perspektive auf die In-
tegration digitaler Medien (Breiter et al. 2010) – eine Vielzahl von Faktoren auf der
Seite der schulischen Lernumgebung ausschlaggebend für das digitale Lernen mit
Tablet sind, wird mit dem berichteten Phänomen auch deutlich, dass die Perspektiven
186 Rudolf Kammerl
In diesen beiden Projektkontexten ist es naheliegend, das Lernen mit Tablets als
spezifische Handlungsoption in formalen und informellen Kontexten theoretisch
zu modellieren. Aus der Perspektive der Lernenden ist die Vorgabe, mit einem
spezifischen Gerät zu arbeiten, in der Regel eine Einschränkung ihrer Entschei-
dungsmöglichkeiten. Wird dieser Weg einseitig eingefordert, ist mit Widerständen
und/oder defensivem Lernen zu rechnen. Es kommt darauf an, deutlich zu machen,
dass mit der jeweiligen Umsetzung des digitalen Lernangebots individuell eine
Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten eröffnet werden kann. Dies dürfte umso
schwieriger werden, je stärker schon individuelle Nutzungsroutinen mit dem privat
zur Verfügung stehenden Medienrepertoire entwickelt wurden. Es zeigt sich, dass
die Idee, mit der Einführung homogener persönlicher Endgeräte (wie z. B. dem
iPad für alle Schülerinnen und Schüler) als Lern- und Arbeitsmittel Lerninseln
(Kerres 2006) abzuschaffen und die Nutzung des Personal Learning Environment
(Attwell 2007) an Schulen zu etablieren, zunehmend in Frage gestellt werden kann.
Im Rahmen des Mediatisierungsprozesses ist mit einer weiter anwachsenden Aus-
stattungsvielfalt zu rechnen. Statt der Vorgabe bestimmter Produkte wie dem iPad
scheint es naheliegender, im Rahmen eines eingeschränkten BYOD-Ansatzes nur
bestimmte Anforderungsmerkmale vorzugeben, etwa die Bildschirmgröße oder
Eingabemöglichkeiten. Auch wenn sich durch die Zulassung vielfältiger Schüler-
geräte die Komplexität bei deren Einbindung und Nutzung erhöht, scheint dies ein
vielversprechender Weg zu sein.
Weiter wurde deutlich, dass die im Umgang mit digitalen Medien zunehmend
erfahrenen Schülerinnen und Schüler auch zunehmend höhere Erwartungen an die
professionelle Ausgestaltung des digitalen Lernens in formalen Bildungskontexten
haben. Dabei sind sie von ihren informellen Lernerfahrungen geprägt. Dies bedeutet
hohe Anforderungen an die mediendidaktische Professionalität des Lehrerhandelns
und unterstreicht die Notwendigkeit, dies stärker in der Lehrerbildung zu verankern.
188 Rudolf Kammerl
Literatur
Aufenanger, S. (2015). Tablets an Schulen. Ein empirischer Einblick aus der Perspektive
von Schülerinnen und Schülern. In K. Friedrich, F. Siller, Friederike, A. Treber (Hrsg.),
smart und mobil. Digitale Kommunikation als Herausforderung für Bildung, Pädagogik
und Politik (S. 62-77). München: kopaed.
Attwell, G. (2007). The Personal Learning Environments – the future of eLearning? eLearning
Papers, 2 (1). http://www.informelles-lernen.de/fileadmin/dateien/Informelles_Lernen/
Buecher_Dokumente/Attwell_2007-ple.pdf. Zugegriffen: 08.01.2016.
Breiter, A., & Welling, S. (2010). Integration digitaler Medien in den Schulalltag als Meh-
rebenenproblem. In: B. Eickelmann (Hrsg.), Bildung und Schule auf dem Weg in die
Wissensgesellschaft (S. 13-25). Münster: Waxmann.
BSB, Behörde für Schule und Berufsbildung (o. J.). Start in die nächste Generation. http://
www.hamburg.de/start-in-die-naechste-generation/. Zugegriffen: 08.01.2016.
BSB, Behörde für Schule und Berufsbildung (2015). Laptop-WLAN-Pilotprojekt an sechs
Schulen mit über 750 Schülern gestartet. Pressemitteilung vom 28. Januar 2015. http://
www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/4442750/2015-01-28-laptop-wlan-pilotprojekt/.
Zugegriffen: 08.01.2016.
Eickelmann, B., Schaumburg, H., Drossel, K., & Lorenz, R. (2014). Schulische Nutzung
von neuen Technologien in Deutschland im internationalen Vergleich. In: W. Bos, B.
Eickelmann, J. Gerick, F. Goldhammer, H. Schaumburg, K. Schwippert, M. Senkbeil, R.
Schulz-Zander, & H. Wendt (Hrsg.), ICILS 2013. Computer- und informationsbezogene
Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern in der 8. Jahrgangsstufe im internationalen
Vergleich (S. 197-203). Münster/New York: Waxmann.
Enquete-Kommission „Internet und Digitale Gesellschaft“ (2011). Zweiter Zwischenbericht:
Medienkompetenz. Drucksache 17/7286. http://www.bibliotheksverband.de/fileadmin/
user_upload/DBV/themen/2011_Zweiter_Zwischenbericht.pdf. Zugegriffen: 08.01.2016.
Forneck, H. J. (2004). Randgänge des Lernens – Eine Lerntheorie jenseits des Subjekts?
In: P. Faulstich, & J. Ludwig (Hrsg.), Expansives Lernen (S. 246-255). Baltmannsweiler:
Schneider Verlag Hohengehren.
Grotlüschen, A. (2003). Widerständiges Lernen im Web – virtuell selbstbestimmt? Eine
qualitative Studie über E-Learning in der beruflichen Erwachsenenbildung. Münster
u. a.: Waxmann.
Holzkamp, K. (1993). Lernen. Subjektwissenschaftliche Grundlegung. Frankfurt a. M., New
York: Campus-Verlag.
Kerres, M. (2006). Potenziale von Web 2.0 nutzen. In: A. Hohenstein, & K. Wilbers (Hrsg.),
Handbuch E-Learning. München: DWD – vorläufige Fassung, 5. August 2006. http://
www.biwiwiki.org/lib/exe/fetch.php/web2:web20_e-learning.pdf. Zugegriffen: 08.01.2016.
Meister, D. M. (2013). Vermittlung von Medienkompetenz in der Praxis für Kinder und
Jugendliche. In: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.),
Medienkompetenzförderung für Kinder und Jugendliche. Eine Bestandsaufnahme (S. 65-70).
Berlin: BMFSFJ. http://www.medienkompetenzbericht.de/pdf/Medienkompetenzfoer-
derung_fuer_Kinder_und_Jugendliche.pdf. Zugegriffen: 08.01.2016.
MPFS, Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (2015). JIM-Studie 2015: Jugend,
Information, (Multi-) Media. Basisuntersuchung zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger
Bildungstechnologische Innovation, mediendidaktische Integration… 189
Zusammenfassung
1 Einleitung
Um den Einsatz digitaler Medien an deutschen Schulen ist es nicht gut bestellt . Die
ICILS-Studie (Bos et al . 2014) bescheinigt Schülerinnen und Schülern an Schulen in
Deutschland nur ein mittelmäßiges Niveau bei computer- und informationsbezo-
genen Kompetenzen . Nähere Analysen zeigen – wie so oft im deutschen Bildungs-
system – eine breite Streuung der Kompetenzen und einen engen Zusammenhang
zwischen dem Elternhaus der Lernenden und dem erreichten Kompetenzniveau .
Ebenso zeigt die ICILS-Studie, dass in kaum einem anderen Land Computer seltener
im Unterricht verwendet werden als in Deutschland . Das Projekt School IT Rhein
Waal (Schiefner-Rohs et al . 2013) hatte es sich daher zum Ziel gesetzt, Schulen auf
dem Wege der Medienintegration zu unterstützen . Ein wesentliches Ziel war es
dabei, digitale Medien am Ort des Lernens im Klassenzimmer verfügbar zu machen .
191
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2017
J. Bastian und S. Aufenanger (Hrsg.), Tablets in Schule und
Unterricht, DOI 10.1007/978-3-658-13809-7_9
192 Richard Heinen
dabei als Hürden wahrgenommen, so dass die Zusammenarbeit über den begrenzten
Projektzeitraum hinaus nicht fortgeführt wurde.
Ausgehend von dieser Erfahrung wurden in Deutschland daher in mehreren
Kommunen lokale Netzwerke als Transferprojekte initiiert. Dabei kooperieren
der Schulträger und die Schulen bei der gemeinsamen Schul- und Personalent-
wicklung. Die Transferprojekte bewegen sich damit an der Schnittstelle zwischen
innerer und äußerer Schulentwicklung (Van Ackeren und Klemm 2011). Die lokale
Zusammenarbeit geht einerseits davon aus, dass Motor der Schulentwicklung
immer die Einzelschule sein muss (Rolff 1991), in der Konzepte und Ideen auf die
eigene Schulkultur angepasst und rekontextualisiert werden (Holtappels 2013),
andererseits aber die Zusammenarbeit in lokalen oder regionalen Netzwerken diese
schulinternen Entwicklungsprozesse unterstützt (Berkemeyer 2010).
Der folgende Beitrag beschreibt zunächst die Konstellation der genannten
kommunalen Projekte. Die Zusammensetzung der Schulen und die Maßnahmen,
die in den Projekten durchgeführt wurden, werden dargestellt. Heinen und Kerres
(2015) haben ein Modell skizziert, das geeignet erscheint, die medienbezogene
Schulentwicklung in unterschiedlichen Handlungsfeldern und Entwicklungsstufen
abzubilden. Im Kontext der kommunalen Projekte wurde dieses Modell angepasst
und wird daher hier kurz skizziert. Eine erste Online-Befragung dient dazu, die
Ausgangssituation der Schulen zu skizzieren. Erste ausgewählte Ergebnisse werden
am Ende des Artikels vorgestellt und diskutiert.
2 Transferprojekte BYOD
Bestandteil der Projektarbeit im Projekt School IT Rhein Waal war es, die Ergebnisse
der Projektschulen an andere Schulen im Gebiet der Euregio Rhein-Waal zu vermit-
teln. Hierzu wurden im Herbst 2014 in Papendahl (NL) und Duisburg Fachtagungen
durchgeführt. In Deutschland nahmen an der Fachtagung ca. 200 Personen teil, die
u. a. Schulen aus über 20 Kommunen im Gebiet der Euregio vertraten. Im Anschluss
an die Fachtagung wurden im Projektkontext mit einzelnen Kommunen und/oder
Schulen weitere Informationsveranstaltungen durchgeführt. Hieraus entstanden
im Herbst/Winter 2014/15 zunächst vier Transferprojekte mit fünf beteiligten
194 Richard Heinen
Kommunen2 und 27 Schulen. Diese Projekte werden durch die jeweils beteiligten
Kommunen direkt finanziert. In den Projekten sind sowohl kleine, ländliche Kom-
munen, Kommunen mittlerer Größe und eine Großstadt vertreten. In den kleineren
Kommunen nehmen alle weiterführenden Schulen am Projekt teil, lediglich eine
Schule in einer Kommune hat sich gegen das Projekt ausgesprochen. In der Groß-
stadt mit ca. 90 weiterführenden Schulen nimmt zunächst eine Auswahl von fünf
Schulen am Projekt teil. Die Teilnahme am Projekt wurde hier den ca. 20 Schulen
angeboten, die 2015 turnusmäßig durch den Schulträger neu mit IT ausgestattet
werden sollten. Aus dieser Gruppe äußerten nach einer Informationsveranstaltung
fünf Schulen Interesse an einer projektartigen Zusammenarbeit. Eine Kommune
äußerte den Wunsch, auch Grundschulen in die Projektarbeit einzubeziehen. Tabelle
1 zeigt die Zusammensetzung der Projekte nach Schulformen.
2. Die Absicht, die Abstimmung zwischen Schulen und Schulträgern in der Aus-
stattung der Schule mit IT besser zu koordinieren und Ausstattungsszenarien
zu realisieren, die den Einsatz digitaler Medien besser unterstützen als dies in
der Vergangenheit der Fall war. Die Schulträger formulieren zudem das Bedürf-
nis, die Ausstattung der einzelnen Schulen besser aufeinander abzustimmen.
Alle Schulträger betonen dabei, dass die Einführung von BYOD nicht als Sparmo-
dell verstanden wird, sondern planen mit dem Projektbeginn die Ausstattung der
Schulen mit Präsentationsmedien und WLAN voranzutreiben und die schulinternen
Desktop-Geräte zumindest teilweise durch mobile Geräte zu ersetzen. Auch die
Frage breitbandiger Internet-Anschlüsse wird diskutiert.
Im Anschluss an die Auftaktveranstaltungen wurde in allen Schulen begonnen,
auf unterschiedlichen Ebenen Maßnahmen zu ergreifen. Diese lassen sich verall-
gemeinernd bisher in zwei Phasen unterteilen (vgl. Tab. 2).
Die genannten Punkte konnten nicht in allen Schulen und Projekten in gleichem
Umfang umgesetzt werden. Die Schulleitungen und Leitungen der Steuergruppen
sowie die Schulträger nennen dabei hemmende Faktoren, die ebenfalls in der For-
schung benannt werden (vgl. etwa Eickelmann 2010; Hunneshagen 2005; Prasse
2012). Allerdings werden von den Projektbeteiligten zwei Faktoren besonders oft
benannt:
• Leitung/Steuerung
Wie unterstützt die Schulleitung die Medienintegration? Gibt es eine Steuergruppe?
Wie ist diese in der Schule verankert?
• Fortbildung
Wie bilden sich die einzelnen Lehrkräfte fort und wie unterstützen sie sich in-
nerhalb der Schule?
• Kommunikation
Wie werden digitale Medien zur Organisation administrativer Arbeitsabläufe
innerhalb der Schule genutzt?
Die von Heinen und Kerres (2015) vorgestellte Einteilung von Entwicklungstufen
ist von Nolans (1973) Stage Theory abgeleitet, die Kubicek und Breiter (1998) auf
das deutsche Schulwesen übertragen haben. Eine Reihe ähnlicher Stufenmodel-
le können angeführt werden (vgl. Cabrol und Severin 2009; Kikis et al. 2009;
Kirschner et al. 2004). Ihnen allen gemeinsam ist, dass bisher Studien fehlen, die
diese theoretisch hergeleiteten Modelle in der Schulpraxis überprüfen (Cabrol
und Severin 2009). Aus der Zusammenschau der benannten Modelle lassen sich
folgende Integrationstufen ableiten:
• Erprobung
Einzelne Lehrkräfte sammeln erste Erfahrungen mit einer Innovation und über-
prüfen sie auf die Vorteile für das schulische Lernen.
• Einführung
Die Innovation wird für ausgewählte Lerngruppen systematisch eingeführt. Dabei
sind überwiegend freiwillige Lehrkräfte beteiligt. Die Einführung wird aber von
der Schulleitung und den Schulgremien mitgetragen.
• Steuerung
Die Innovation wird systematisch in die Breite getragen und erfasst schließlich
alle Lehrkräfte bzw. Lerngruppen. Erfahrungen aus den beiden vorherigen Stufen
werden festgeschrieben.
• Integration
Die Innovation hat alle Bereich der Schule erfasst. Sie wird einer Revision unter-
zogen. Ggf. beginnen neue Innovationszyklen.
und welche Faktoren dies gehemmt oder gefördert haben. Die stufenweise Abfolge
einer Integration wird dabei nicht erfasst.
Zudem stellt das hier zugrunde gelegte Modell ein bis heute immer wieder
angeführtes Primat der pädagogischen Konzeption vor der technischen Ausstat-
tung (Bos und Lorenz 2015) in Frage. Auf den Entwicklungsstufen Erprobung
und Einführung liegen für die Innovation nicht zwangsläufig abgeschlossene
Konzepte vor, dennoch ist eine ausreichende Ausstattung erforderlich. Erst auf der
Stufe der Steuerung werden – dann erprobte – Konzepte festgeschrieben. Für den
Monitoringprozess wird nicht das Handeln der einzelnen Lehrkraft betrachtet.
Vielmehr ist der Beobachtungsgegenstand die Schule als Ganzes. In den einzelnen
Entwicklungsstufen ist also zu fragen, ob eine Mehrheit der Kollegiumsmitglieder
eine beschriebene Handlungspraxis für sich adaptiert hat.
Wie die einzelnen Entwicklungsstufen in den Handlungsfeldern beschrieben
werden können, ist in Tabelle 3 – verkürzt – dargestellt.
Vor den Sommerferien 2015 wurde eine erste Online-Befragung der Gesamtkollegien
der weiterführenden Schulen durchgeführt. Von den 17 Schulen beteiligten sich
zunächst 14 Schulen an der Befragung. Drei Schulen entschieden sich aufgrund
zu hoher Arbeitsbelastung gegen eine Teilnahme. Der Fragebogen wurde den ein-
zelnen Lehrkräften über einen personalisierten Link zur Verfügung gestellt. Eine
schulbezogene Auswertung erfolgte dann, wenn sich an einer Schule mindestens
50 Prozent der Lehrkräfte an der Befragung beteiligt hatten. In 10 Schulen wurde
eine Rücklaufquote von mehr als 50 Prozent erreicht, so dass diese Daten in die
nun folgende Darstellung selektiver Ergebnisse einfließen können.
Insgesamt konnten bei der folgenden Auswertung Stimmen von 346 Lehrkräften
berücksichtigt werden, von denen 205 weiblich und 141 männlich waren. Die Größe
der befragten Kollegien reichte von 29 bis 120 Lehrkräften. Insgesamt teilen sich
in den befragten Schulen 10,7 Lernende einen schulischen PC (Relation Schüler/
in:PC). Dies entspricht zwar in etwa dem Wert, der 2013 in der ICILS-Studie ermit-
telt wurde, jedoch zeigt Tabelle 4, dass die Ausstattungssituation an den Schulen
höchst unterschiedlich ist, ohne dass dabei bereits darauf eingegangen wird, welche
konkreten Ausstattungsszenarien genutzt werden.
BYOD in der Stadt 201
3 Die Buchstaben bezeichnen das kommunale Projekt, die Schulen in den Projekten sind
zur Anonymisierung nummeriert.
202 Richard Heinen
Abb. 1 Nutzung der IT-Ausstattung: Täglich oder mehrmals pro Woche . Angaben in
Prozent (n=346)
Auff ällig ist hier, dass bei einer besonders guten schulischen Ausstattung private
Geräte nur in sehr geringem Maße genutzt werden . Schule DU4 setzt als einzige
Schule in ausgewählten Klassen private Notebooks in einer 1:1-Ausstattung ein . Hier
konzentriert sich die Mediennutzung offensichtlich stark auf diese ausgewählten
Klassen, die vorhandenen PC-Räume werden sehr selten genutzt . Obwohl zum
Zeitpunkt der Befragung die Nutzung privater Mobilgeräte erst seit wenigen Mo-
naten in der Erprobung ist, finden sich mehrere Schulen, in denen ca . ein Fünftel
der Lehrkräfte von dieser Möglichkeit regelmäßig gebraucht macht . Im weiteren
Projektverlauf gilt es zu beobachten, ob dieser Anteil weiter steigt und ob damit
eine geringere Nutzung der PC-Räume einhergeht .
Lediglich in der Hälfte der befragten Schulen ist einer Mehrheit der Lehrkräfte ein
Medienkonzept bekannt . Trotz der politisch gewollten Arbeit mit Medienkonzep-
ten und der wissenschaft lich betonten Bedeutung des Primats der pädagogischen
Konzeption scheint die Bedeutung von Medienkonzepten (Endberg und Lorenz
2015) jedoch recht gering zu sein . Vorhandene Medienkonzepte sind nicht bekannt
und können damit auch für die unterrichtliche Praxis keine Wirkung entfalten .
An den Schulen, in denen der Mehrheit ein Medienkonzept bekannt ist, gibt es
zudem immer auch einen Anteil an Lehrkräften, die in Fächern unterrichten, die ein
eigenes Mediencurriculum erarbeitet haben . Es gilt in Zukunft zu beobachten, ob
die intensivere Unterrichtsentwicklung mit digitalen Medien auch die Erarbeitung
und Bekanntheit von Medienkonzepten unterstützt .
3.2.3 Fortbildungsverhalten
Die ICILS-Studie bescheinigt deutschen Lehrkräften, dass sie besonders selten
an medienbezogenen Fortbildungen teilnehmen . Hier werden die Ergebnisse auf
die Fragen präsentiert (vgl . Abb . 3), ob die Lehrkräfte selbstständig entscheiden,
ob und an welchen medienbezogenen Fortbildungen sie teilnehmen und ob eine
gegenseitige kollegiale Beratung und ein Austausch zu Medienthemen stattfinden .
204 Richard Heinen
Die hier vorgestellten Ergebnisse bestätigen zunächst die Einordnung der Schul-
leitungen und Steuergruppen, dass die Schulen insgesamt bei der Integration
digitaler Medien in den schulischen Alltag nur wenig fortgeschritten sind . In der
Zusammenschau fallen vier Schulen ins Auge: Schule DU4 verfügt als einzige
Schule vor Beginn des Projektes über Erfahrungen mit 1:1-Ausstattungen in Form
von Notebook-Klassen . Hier ist das Medienkonzept 95,1 Prozent der Lehrkräfte
bekannt und nahezu 30 Prozent der Lehrkräfte beraten sich gegenseitig und tau-
schen sich aus . Die Schule kann im Feld der hier betrachteten Schulen vermutlich
als fortgeschritten bezeichnet werden . Zu Fragen wäre allerdings, ob die Arbeit mit
BYOD in der Stadt 205
4 Ausblick
Die hier dargestellten selektiven Daten aus der ersten Online-Befragung der Pro-
jektschulen in den vier kommunalen Netzwerkprojekten stellen zunächst nur eine
Ist-Analyse der Schulen dar, die aber bereits erste Hinweise für die Prioritätensetzung
in der Entwicklungsarbeit der einzelnen Schulen liefert. In weiteren Arbeitsschritten
gilt es nun, die einzelnen Schulen differenziert nach Handlungsfeldern in die Ent-
wicklungsstufen des vorgestellten Rasters einzuordnen. Durch eine Wiederholung
der Befragung in regelmäßigen Abständen von mindestens einem Jahr können
dann Entwicklungsschritte der einzelnen Schulen sichtbar gemacht werden und
die Bedeutung der einzelnen Handlungsfelder gewichtet werden.
Literatur
Bebell, D., & Kay, R. (2010). One to One Computing: A Summary of the Quantitative Results
from the Berkshire Wireless Learning Initiative. The Journal of Technology, Learning
and Assessment., 9(2), S. 1-60.
Berkemeyer, N. (2010). Die Steuerung des Schulsystems. Theoretische und praktische Explo-
rationen (1st ed., Vol. 10). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Bos, W., Eickelmann, B., Gerick, J., Goldhammer, F., Schaumburg, H., Schwippert, K.,
Senkbeil, M., Schulz-Zander, R., & Wendt, H. (2014). ICILS 2013. Computer- und infor-
mationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern in der 8. Jahrgangsstufe
im internationalen Vergleich. Münster: Waxmann.
Bos, W., Lorenz, A. (2015). Schule digital – der Länderindikator 2015. Überblick und zent-
rale Ergebnisse. In W. Bos., R. Lorenz, M. Endberg, H. Schaumburg, R. Schulz-Zander,
& M. Senkbeil (Hrsg.), Schule digital – der Länderindikator 2015 – Vertiefende Analyse
zur schulischen Nutzung digitaler Medien im Bundesländervergleich (S. 9-19). Münster:
Waxmann Verlag.
Braun-Thürmann, H. (2005). Innovation. Bielefeld: Transcript.
Breiter, A., Stolpmann, B. E., & Zeising, A. (2015). Szenarien lernförderlicher IT-Infrastruk-
turen in Schulen – Betriebskonzepte, Ressourcenbedarf und Handlungsempfehlungen.
In Berstelsmann Stiftung (Hrsg.), Individuell fördern mit digitalen Medien – Chancen,
Risiken, Erfolgsfaktoren (S. 164-221). Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung.
Burden, K., Hopkins, P., Male, T., Martin, S., & Trala, C. (2012). iPad Scotland Evaluation.
Hull: University of Hull. http://www.tablet-academy.com/uploads/news/Scotland-iP-
ad-Evaluation.pdf. Zugegriffen: 10.02.2016.
Burow, O.-A. (1999). Der Arbeitsplatz als Kreatives Feld-eine neue Perspektive zukunftsfähiger
Schulentwicklung. Neue Praxis Der Schulleitung, 46 (Ergänzungslieferung, G 1.5), 1-12.
Cabrol, M., & Severin, E. (2009). ICT to improve quality in education – A conceptual
framework and indicators in the use of information communication technology for
BYOD in der Stadt 207
education (ICT4E). In F. Scheuermann, & F. Pedró (Hrsg.), Assessing the effects of ICT
in education. Indicators, Criteria and Benchmarks for International Comparisons (S. 83-
106). Luxembourg: European Union.
Dalin, P., Rolff, H.-G., & Buchen, H. (1996). Institutioneller Schulentwicklungs-Prozess: ein
Handbuch. Soest: Landesinstitut für Schule u. Weiterbildung.
Dedering, K. (2012). Steuerung und Schulentwicklung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozial-
wissenschaften.
Eickelmann, B. (2010). Digitale Medien in Schule und Unterricht erfolgreich implementieren:
Eine empirische Analyse aus Sicht der Schulentwicklungsforschung. Münster: Waxmann.
Endberg, M., & Lorenz, A. (2015). Länderportraits – Medieninitiativen in Thüringen und
Nordrhein-Westfalen sowie Darstellung schulischer Good-Practice-Beispiele. In W.
Bos, R. Lorenz, M. Endberg, H. Schaumburg, R. Schulz-Zander, & M. Senkbeil (Hrsg.),
Schule digital – der Länderindikator 2015 – Vertiefende Analyse zur schulischen Nutzung
digitaler Medien im Bundesländervergleich (S. 189-236). Münster: Waxmann Verlag.
Feierabend, S., & Klingler, W. (2014). JIM 2014: Jugend, Information, (Multi-)Media. Basis-
studie Zum Medienumgang. http://www.mpfs.de/fileadmin/JIM-pdf14/JIM-Studie_2014.
pdf. Zugegriffen: 10.02.2016.
Geis, M.-E. (2013). Das „Kooperationsverbot“ des Art. 91b GG oder: Die bildungspolitische
Büchse der Pandora. ZG: Zeitschrift Für Gesetzgebung, 28(4), S: 305-317.
Goldenbaum, A. (2012). Innovationen und ihre Implementation in Schulen. In A. Gol-
denbaum, Innovationsmanagement in Schulen (S. 69-130). Wiesbaden: VS Verlag für
Sozialwissenschaften.
Goldenbaum, A. (2013). Implementation von Schulinnovationen. In M. Rürup & I. Bormann
(Hrsg.), Innovationen im Bildungswesen (S. 149-172). Wiesbaden: Springer Fachmedien
Wiesbaden.
Heinen, R., Kerres, M., & Schiefner-Rohs, M. (2013). Bring your own device: Private, mobile
Endgeräte und offene Lerninfrastrukturen an Schulen. In D. Karpa, B. Eickelmann, &
S. Graf (Hrsg.), Digitale Medien und Schule. Zur Rolle digitaler Medien in Schulpädagogik
und Lehrerbildung. Schriftenreihe „Theorie und Praxis der Schulpädagogik “ (Vol. 19,
S. 129 145). Immenhausen: Prolog.
Heinen, R., & Kerres, M. (2015). Individuelle Förderung mit digitalen Medien. Handlungs-
felder für die systematische, lernförderliche Integration digitaler Medien in Schule und
Untericht. In Berstelsmann Stiftung (Hrsg.), Individuell fördern mit digitalen Medien
– Chancen, Risiken, Erfolgsfaktoren (S. 96-161). Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung.
Holtappels, H. G. (2013). Innovation in Schulen – Theorieansätze und Forschungsbefunde zur
Schulentwicklung. In M. Rürup, & I. Bormann (Hrsg.), Innovationen im Bildungswesen
(S. 45-69). Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden.
Hunneshagen, H. (2005). Innovationen in Schulen: Identifizierung implementationsfördernder
und-hemmender Bedingungen des Einsatzes neuer Medien. Münster: Waxmann Verlag.
Kerres, M., & de Witt, C. (2011). Zur (Neu-) Positionierung der Mediendidaktik: Hand-
lungs- und Gestaltungsorientierung in der Medienpädagogik. In H. Moser, P. Grell, &
H. Niesyto (Hrsg.), Medienbildung und Medienkompetenz. Beiträge zu Schlüsselbegriffen
der Medienpädagogik (S. 239-249). München: KoPaed.
Kikis, K., Scheuermann, F., & Villalba, E. (2009). A framework for understanding and
evaluating the impact of information and communication technologies in education.
In F. Scheuermann, & F. Pedró (Hrsg.), Assessing the effects of ICT in education. Indi-
208 Richard Heinen
Zusammenfassung
1 Einleitung
Die Nutzung mobiler Technologien in schulischen Kontexten hat in den letzten Jahren
weiter an Popularität gewonnen . Das betrifft in jüngster Zeit insbesondere auch den
Einsatz im Grundschulbereich und hier zunehmend in Form von Eins-zu-eins-Aus-
stattungen mit Tablets, die zumindest im deutschsprachigen Raum meist durch
einzelne Schulen initiiert werden . Neu an den aktuelleren Initiativen ist weniger das
neuartige digitale Gerät (Tablet), sondern die 1:1 Ausstattung der Schülerinnen und
Schülern und in vielen Fällen der persönliche Besitz der Geräte . Mit dieser personal
ownership durch die Schülerinnen und Schüler werden, wie auch schon in früheren
Notebookprojekten, besondere Chancen für eine qualitativ andersartige Integration
209
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2017
J. Bastian und S. Aufenanger (Hrsg.), Tablets in Schule und
Unterricht, DOI 10.1007/978-3-658-13809-7_10
210 Doreen Prasse, Nives Egger und Beat Döbeli Honegger
digitaler Medien in das schulische Lernen und Arbeiten verbunden (Burden et al.
2012). Digitale Medien sind nunmehr nicht nur spezielle Werkzeuge für spezifisch
definierte Aufgaben (z. B. im Computerraum). Mobile persönliche Geräte werden
zu kontinuierlich neu zu definierenden, ständig verfügbaren Arbeitsmitteln, die
darüber hinaus reale und virtuelle Lern- und Experimentierräume in und außer-
halb der Schule eröffnen können (Aufenanger und Ludwig 2014; Döbeli Honegger
2016), in denen sich die Schülerinnen und Schüler orientieren und organisieren
müssen, in denen sie kommunizieren, und in denen sie lernen.
Verschiedene Studien haben bereits untersucht, ob die oftmals hohen pädago-
gischen Zielsetzungen, die mit dem Einsatz mobiler Geräte verbunden werden, in
der Praxis auch tatsächlich eingelöst werden konnten. Insbesondere die Ergebnisse
von Notebook- sowie auch Tabletstudien (vgl. Haßler et al. 2016) geben Hinweise
darauf, dass es zumindest im Kontext von Modellprojekten zu einigen positiven
Effekten kommen kann, wie beispielweise einem vielfältigeren Einsatz digitaler
Medien inner- und außerhalb des Unterrichts, einem stärker eigenverantwortlichen,
schüler- und projektorientiertem Lernen der Schülerinnen und Schüler, einer stärke-
ren Kooperation zwischen den Lernenden sowie einer Verbesserung überfachlicher
Kompetenzen und hier vor allem der Computer- und Informationskompetenzen
von Schülerinnen und Schülern (z. B. Schaumburg et al. 2007; Vuorikari et al. 2011).
Trotzdem stehen solchen positiven Meldungen, die teilweise auch ambivalenten
Ergebnisse verschiedener Initiativen entgegen: Werden die digitalen Geräte wirklich
sinnvoll zum Lernen eingesetzt oder führt die neue App-Vielfalt zu einem Revival
von relativ eindimensionalen Übungsprogrammen? Werden die Schülerinnen und
Schüler in der Schule, und vor allem auch zu Hause, nicht nur vom Lernen abgelenkt
und vertrödeln ihre Zeit mit dem Explorieren neuer Unterhaltungsmöglichkeiten?
Erstaunlicherweise erfahren wir aus den bisherigen Tablet-Studien insgesamt
relativ wenig darüber, inwieweit und vor allem in welcher Form Schülerinnen und
Schüler mobile persönliche digitale Geräte zu Hause zum Lernen und Arbeiten
für die Schule nutzen und welchen Einfluss dies auf das Lernen und den Erwerb
bestimmter Kompetenzen hat (s. aber z. B. Eickelmann et al. 2014). Dabei ist die
außerschulische Nutzung digitaler Geräte generell, so haben große internationa-
le ICT-Studien gezeigt, ein recht sensibler Punkt für den Aufbau von medien-,
informations- und -technologiebezogenen Kompetenzen der Schülerinnen und
Schüler. Sowohl in den Ergebnissen aus PISA 2012 und ICILS 2013 zeigte sich ein
bedeutsamer Zusammenhang zwischen der außerschulischen Nutzung digitaler
Medien und den informations- und computerbezogenen Kompetenzen der Schü-
lerinnen und Schüler (Eickelmann et al. 2015; Fraillon et al.2014; OECD 2015).
Dabei bleibt jedoch weitgehend unklar, ob dies nur für bestimmte z. B. lernbezogene
Nutzungsformen gilt und welche Rolle hier persönliche mobile Geräte spielen. In
Mobiles Lernen. Auch zu Hause? 211
Bezug auf die Nutzung von Tablets im Grundschulbereich ist die Forschungslage
noch begrenzter und umfasst oft nur sehr kleine Stichproben.
In der hier vorgestellten Studie besteht die Möglichkeit, an einer relativ großen
Stichprobe von Tablet- und Nicht-Tabletklassen im Grundschulbereich quantitativ
zu untersuchen, wie die Verfügbarkeit von persönlichen Tablets dazu beiträgt,
dass Schülerinnen und Schüler auch außerhalb der Schule bestimmte Lernanlässe
stärker wahrnehmen und (digital) nutzen. Der folgende Beitrag überprüft an einer
Stichprobe von insgesamt 53 Klassen aus 12 Schulhäusern in der Deutschschweiz,
für welche schulischen und nicht schulbezogenen Aktivitäten digitale Geräte von
Schülerinnen und Schülern aus Tablet- und Nicht-Tabletklassen genutzt werden.
Dabei werden auch Unterschiede im Nutzungsverhalten zwischen Jungen und
Mädchen sowie Schülerinnen und Schülern mit und ohne Migrationshintergrund
eruiert. Wir vermuten, dass die Verfügbarkeit persönlicher Tablets nicht direkt,
sondern vermittelt über andere Merkmale (Einstellung zu digitalen Medien als
Lernwerkzeug, ICT-Kompetenz, Engagement der Eltern, Nutzung digitaler Medien
und Thematisierung ICT-bezogener Themen im Unterricht) einen Einfluss auf das
außerschulische Nutzungsverhalten hat. Deswegen werden anschließend Unter-
schiede in diesen Merkmalen in Tablet- und Nicht-Tabletklassen untersucht und
nachfolgend regressionsanalytisch überprüft, welche Zusammenhänge zwischen
diesen Merkmalen, der Zugehörigkeit zu einer Tabletklasse und dem außerschu-
lischen Nutzungsverhalten existieren. Abschließend werden die Ergebnisse im
Kontext verschiedener Handlungsperspektiven bei der Einführung von Tablets
im Grundschulbereich diskutiert.
Die außerschulische Nutzung mobiler digitaler Geräte kann für Schülerinnen und
Schüler eine bedeutende Lerngelegenheit darstellen, bei der wichtige Informations-
und Computerkompetenzen erworben werden. Darüber hinaus könnten durch die
Verfügbarkeit persönlicher digitaler Geräte, die zu Hause und in der Schule genutzt
werden, schulische und außerschulische Lernaktivitäten sich stärker überlappen,
212 Doreen Prasse, Nives Egger und Beat Döbeli Honegger
Der Einfluss einer Nutzung mobiler digitaler Medien auf die Einstellungen und
Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern wird und wurde intensiv in der
Forschungsliteratur diskutiert (z. B. Chou et al. 2012; Schaumburg et al. 2007; Spek-
tor-Levy und Granot-Gilat 2012). Dies gilt vor allem für den vermuteten Mehrwert
unterschiedlicher medial unterstützter Lernarrangements und Lernaufgaben, die
beispielsweise mit Tablets besser oder innovativer im Unterricht realisiert werden
können (Jahnke 2016). An diesem Punkt wird letztendlich oft gemessen, ob die
hohen Investitionen in die technologische Ausstattung von Schulen gerechtfertigt
erscheinen (OECD 2015).
Die Bedeutung einer außerschulischen Nutzung digitaler mobiler Medien für die
Schule und für das Lernen allgemein wurde bisher dagegen weniger umfangreich
und differenziert beschrieben. Allerdings werden in den großen Schulleistungs-
studien wie PISA, TIMSS oder PIRLS oft allgemeine Zusammenhänge zwischen
der außerschulischen Nutzung digitaler Medien für Lern- oder Unterhaltungs-
zwecke und fachlichen oder überfachlichen Leistungen berichtet. So zeigen sich
mit Blick auf die fachlichen Leistungen z. B. positive Effekte bei der Leseleistung
von Schülerinnen und Schülern (z. B. Fuchs und Wößmann 2005; Schulz-Zander
et al. 2010). Der Zusammenhang scheint allerdings eine umgekehrte U-Verteilung
widerzuspiegeln, d. h. positive Effekte sind nur bei einer moderaten Nutzung zu
beobachten, bei einer sehr hoch- (täglich) oder niedrigfrequenten Nutzung hingegen
nicht (Lorenz und Gerick 2014). Die Ergebnisse aus PISA 2012 bestätigen diesen
umgekehrt U-förmigen Zusammenhang für Lesefähigkeiten sowohl bezogen auf
gedruckte als auch auf digitale Dokumente. Allerdings gilt dies nur für bestimm-
te außerschulische Nutzungsformen, wie das Erledigen von Hausaufgaben am
Computer und lernbezogene Internetrecherchen. Eine höherfrequente digitale
Kommunikation mit anderen Schülerinnen und Schülern geht dagegen mit einer
Mobiles Lernen. Auch zu Hause? 215
Trotz der Bedeutung, die das außerschulische Lernen mit digitalen Medien bzw.
das Lernen und Arbeiten mit spezifischen digital unterstützen Lernszenarien zu
haben scheint, sind die Bedingungen einer solchen außerschulischen Nutzung kaum
untersucht. In diesem Beitrag wird davon ausgegangen, dass sich der persönliche
Besitz eines schulisch (und außerschulisch) genutzten Tablets positiv auf das (pro-
duktive) Lernen und Arbeiten mit digitalen Medien auch zu Hause auswirkt. Dafür
sollte nicht die alleinige Verfügbarkeit der Geräte verantwortlich sein, sondern
eine Reihe von vermittelnden Faktoren, die durch die schulische Verfügbarkeit
und Nutzung der Tablets beeinflusst werden und sich in einer umfangreicheren
lernbezogenen Nutzung von Tablets niederschlagen.
Dazu gehören beispielsweise die Einführung der Tablets als Lernmedium in der
Schule (und nicht nur als Unterhaltungsmedium), deren (qualifizierte) Nutzung
und Thematisierung im Unterricht und der damit zusammenhängende Aufbau
von Überzeugungen, Einstellungen und Kompetenzen der Schülerinnen und
Schüler zum Lernen mit Tablets. Solche Kompetenzen und Einstellungen sowie das
Verständnis, inwiefern diese den eigenen Lernprozess befördern oder behindern,
beeinflussen, auf welche Weise und mit welcher Motivation die Potentiale digitaler
Medien zu Hause (und in der Schule) genutzt werden. Forschungsergebnisse aus
zumeist querschnittlichen Studien zum nicht mobilen Lernen mit digitalen Medien
stützen solche Vermutungen. So wird in verschiedenen Untersuchungen ein posi-
tiver Zusammenhang der Häufigkeit der außerschulischen ICT-Nutzung sowohl
mit den ICT-Einstellungen und Überzeugungen (z. B. Aesaert und van Braak 2014;
Meelissen und Drent 2008) als auch mit den informations- und computerbezogenen
Kompetenzen (Aesaert et al. 2015) berichtet. In jüngerer Zeit konnten Studien zur
Nutzung persönlicher digitaler Geräte zeigen, dass beispielsweise die Ausstattung
mit Tablets sich positiv auf die Einstellung und nachfolgend auf die Intention zur
Nutzung der Geräte zum Lernen in und außerhalb der Schule auswirken kann
(Courtois et al. 2014). Außerdem kann angenommen werden, dass ein Zusammen-
hang zwischen den praktizierten Unterrichtsaktivitäten und Aufgabenstellungen
mit mobilen Geräten und der außerschulischen Nutzung für Lernzwecke besteht.
Diese Verbindung muss aber nicht zuletzt durch die Lehrpersonen gezielt angeregt
und gestaltet werden (Schaumburg et al. 2016).
Gerade für die außerschulische Nutzung digitaler Medien und damit auch die
Entwicklung bestimmter ICT-Einstellungen und Kompetenzen spielen Eltern
und Peers eine nicht zu unterschätzende Rolle. Dies zeigt sich eindrucksvoll in
aktuellen Studien, die den Einfluss dieser Faktoren als weit bedeutsamer als schu-
Mobiles Lernen. Auch zu Hause? 217
lische Faktoren einstufen (Aesaert und van Braak 2014; Zhong 2011). Eltern mit
positiven Einstellungen zum Lernen mit digitalen Geräten, die ihre Kinder bei
der Nutzung unterstützen und begleiten, haben einen positiven Einfluss auf das
Nutzungsverhalten, die Einstellungen und die Kompetenzen ihrer Kinder (Aesaert
et al. 2014; Vekiri 2010). Durch die Teilnahme einer Klasse an einem Tabletprojekt
und die dadurch meist bedingte häufigere häusliche Nutzung und Thematisierung
digitaler Medien werden die Eltern viel umfangreicher mit dem Thema Lernen mit
digitalen Medien konfrontiert, was möglicherweise zu einem stärkeren Engagement
in diesem Bereich führen könnte. Dies wiederum könnte einen positiven Einfluss
auf die Nutzungsmuster ihrer Kinder haben.
Neben den benannten schulischen und familiären Einflussbedingungen exis-
tieren eine Reihe weiterer Faktoren, die beeinflussen, wie oft und in welcher Form
Schülerinnen und Schüler digitale Medien außerschulisch nutzen. Vor allem ist hier
die Rolle soziodemografischer Faktoren wie Gender, sozioökonomischer Status und
Migrationshintergrund zu nennen. Forschungsergebnisse zeigen oft Unterschiede
zwischen Jungen und Mädchen in ihrer häuslichen Nutzung von digitaler Medien,
die sich auf eine generell häufigere Nutzung und zum Teil andere Nutzungsformen
(Computerspiele) bei Jungen beziehen (Stolpmann und Welling 2009); Mädchen
nutzen dagegen digitale Medien häufiger für kommunikative Zwecke (Drabowicz
2014). Hinsichtlich der stärkeren Nutzung für lern- und schulbezogene Tätigkeiten
bei den Mädchen existieren ambivalente Ergebnisse (Drabowicz 2014; Lorenz und
Kahnert 2014). Solche Nutzungsunterschiede werden auch maßgeblich dafür ver-
antwortlich gemacht, warum Mädchen in ihrer Selbsteinschätzung informations-
und computerbezogener Kompetenzen und in ihren ICT-Einstellungen zumindest
im deutschsprachigen Raum oft hinter den Jungen zurückstehen (Eickelmann et
al. 2014; Senkbeil und Wittwer 2007). Allerdings zeigen internationale Studien,
die testbasierte Verfahren der Kompetenzmessung anwenden oft auch keine Un-
terschiede oder sogar eine höhere ICT-Literacy von Mädchen (z. B. Lorenz et al.
2014; OECD 2015). Schülerinnen und Schüler aus sozioökonomisch benachteiligten
Familien nutzen in der Schweiz und in Deutschland digitale Medien generell in
ihrer Freizeit ähnlich häufig wie Kinder aus besser gestellten Elternhäusern (OECD
2015). Jedoch zeigen sich Unterschiede bei den unterhaltensbezogenen Aktivitäten
wie Chatten, E-Mailen oder dem freien Browsen im Internet: Diese Tätigkeiten
werden häufiger von Kindern aus ökonomisch benachteiligten Familien ausgeführt
(Drossel et al. 2014; OECD 2015). Hingegen nutzen Schülerinnen und Schülerinnen
aus sozioökonomisch besser gestellten Familien auch im internationalen Vergleich
digitale Medien häufiger für Schulaufgaben (OECD 2015). Dies gilt zumeist auch
für den Vergleich von Kindern aus Familien mit und ohne Migrationshintergrund
(Vennemann et al. 2011).
218 Doreen Prasse, Nives Egger und Beat Döbeli Honegger
Die Analysen zu diesem Beitrag beruhen auf Daten, die aus einer von Samsung
Schweiz in Auftrag gegebenen Begleitforschung hervorgehen. Diese untersucht über
einen Zeitraum von 3 Jahren die Veränderungen in 1:1 ausgerüsteten Tabletklas-
sen. Die Begleitstudie sowie die Tablet-Klassen sind Teil des Corporate Citizenship
Programms von Samsung Schweiz, mit welchem sich Samsung Schweiz nachhaltig
für digitale Bildung in der Schweiz engagiert. Dazu gehört auch ein Weiterbildungs-
programm für Lehrpersonen, welches von der Pädagogischen Hochschule Zürich
entwickelt und durchgeführt wird. Der Kurs setzt sich aus mehreren Modulen
Mobiles Lernen. Auch zu Hause? 219
Für die Analysen in diesem Beitrag wurden die Daten von N=989 Schülerinnen und
Schülern der dritten bis sechsten Grundschulklassen aus insgesamt 12 Schulhäusern
und 3 Schulgemeinden verwendet. Die regressionsanalytischen Auswertungen
wurden nur mit Daten der fünften und sechsten Klassen durchgeführt (N=512).
Die Geschlechterverteilung innerhalb der Stichprobe ist ausgeglichen und umfasst
50 Prozent Schülerinnen und 50 Prozent Schüler. 83 Prozent der Kinder sprechen
220 Doreen Prasse, Nives Egger und Beat Döbeli Honegger
Tab. 1 Verteilung der Schülerinnen und Schüler auf Tablet- bzw. Nicht-Tabletklassen
Anzahl SuS Anzahl SuS
Tabletklasse Nicht-Tabletklasse
3. Klasse 134 96
4. Klasse 163 84
Total 297 180
5. Klasse 152 112
6. Klasse 97 151
Total 249 263
4 Ergebnisse
Für die verschiedenen Formen der Nutzung digitaler Medien für schulische Zwe-
cke wurden drei Indizes gebildet: (online) Lernen, Lernprodukte erstellen sowie
ein Gesamtindex Lernen & Schule. Die Mittelwerte der drei Indizes sind auf der
linken Seite in Abb. 3 für die dritte und vierte sowie für die fünfte und sechste
Klassenstufe dargestellt. Auf der Klassenstufe 3/4 unterscheiden sich die Tablet-
schülerinnen und -schüler nicht von ihren Altersgenossen aus Nicht-Tabletklassen.
Dagegen ergeben sich auf der fünften und sechsten Klassenstufe Unterschiede.
Schülerinnen und Schüler aus Tabletklassen lernen häufiger mit ihren digitalen
Geräten (Lernprogramme, Internetrecherchen) und gestalten mit einer größeren
Irrtumswahrscheinlichkeit (10 %) häufiger Lernprodukte für die Schule.
In Abb. 3 sind auf der rechten Seite zusätzlich die Häufigkeiten der einzelnen
Nutzungstätigkeiten der fünften und sechsten Klassen sortiert nach den entspre-
chenden Nutzungsindizes abgebildet. Insbesondere das Recherchieren zu schuli-
schen Themen im Internet sowie das Lernen mit Lernprogrammen dominieren
das Tätigkeitsprofil. Bezüglich der im Index online Lernen zusammengefassten
Nutzungsformen zeigen sich auf allen Items deutliche Unterschiede zwischen Ta-
blet- und Nicht-Tabletschülerinnen und -schülern (alle p<.05). Digital unterstützte
Tätigkeiten, die unter dem Index Lernprodukte erstellen zusammengefasst wurden,
zeigen weniger dramatische Differenzen. Tabletschülerinnen und -schüler zeichnen
signifikant häufiger Dinge mit dem Tablet (p<.05). Bei den anderen Aktivitäten
zeigen sich auf Einzelitemebene keine Unterschiede. Am häufigsten schreiben und
bearbeiten Schülerinnen und Schüler beider Gruppen Texte zu Hause. Im unteren
Bereich der Abb. 3 sind die Häufigkeiten abgebildet, mit der die Schülerinnen und
Schüler digital schulbezogen kommunizieren. Hier wurde aufgrund der schlechten
Reliabilität kein Index gebildet. Generell kommunizieren die Schülerinnen und
Schüler aus beiden Gruppen umfangreicher mit anderen Schülern als mit den
Lehrpersonen. Schülerinnen und Schüler aus Tabletklassen nutzen digitale Medien
bedeutsam häufiger für die Kommunikationen mit der Lehrperson, als Kinder aus
Nicht-Tabletklassen (p<.001).
Zusammenfassend zeigen die Analysen, dass Schülerinnen und Schüler der 5./6.
Stufe aus Tabletklassen digitale Medien zu Hause für schulische Zwecke insgesamt
etwas häufiger nutzen. Neben dem Besuch einer Tabletklasse könnten aber noch
weitere Bedingungen dafür verantwortlich sein, wie intensiv Schülerinnen und
Schüler mit digitalen Medien auch außerschulisch lernen. Im nächsten Abschnitt
wird zunächst analysiert, welche Bedeutung hier soziodemografische Merkmale
haben und ob eine Verfügbarkeit persönlicher Tablets auch unter Kontrolle dieser
Merkmale eine Bedeutung für außerschulische digital unterstützte Lernaktivitäten
hat.
Mobiles Lernen. Auch zu Hause? 227
Abb. 3 Nutzungsfrequenz digitaler Medien außerschulisch zum Lernen im
Vergleich zwischen Tablet- und Nicht-Tabletschülerinnen und -schülern der
Klassenstufen 3/4 und 5/6: Index (online) Lernen, Lernprodukte erstellen
und Gesamtindex Schulbezogene Nutzung sowie Häufigkeitsangaben für
Einzelitems in % (nur Klasse 5/6)
228 Doreen Prasse, Nives Egger und Beat Döbeli Honegger
Wie im Theorieteil dargelegt, können sich Schülerinnen und Schüler in ihrem au-
ßerschulischen Nutzungsverhalten je nach sozioökonomischer Situation in ihren
Familien und je nach Migrationshintergrund unterscheiden. Daneben gebrauchen
Mädchen und Jungen die digitalen Geräte auch teilweise für unterschiedliche
Zwecke, obwohl die Befundlage sich hier recht ambivalent gestaltet. In unserer
Untersuchung unterscheiden sich die Mädchen und Jungen der fünften und sechsten
Klassen nicht darin, wie häufig sie mit digitalen Medien für die Schule (online)
lernen, d. h. beispielsweise Lernprogramme nutzen oder etwa für Schulaufgaben
im Internet recherchieren. Mädchen nutzen dagegen die digitalen Geräte etwas
häufiger, um Lernprodukte (Texte, Bilder, Präsentationen) zu gestalten (Mw=2,03,
Mm=1,88, p<.05). Mit Blick auf die Nutzung zu Unterhaltungszwecken folgen die
Ergebnisse in unserer Stichprobe den zahlreichen Befunden zu diesem Thema.
Jungen auf der Klassenstufe 5 und 6 nutzen digitale Geräte stärker als Mädchen
für unterhaltungsbezogene Zwecke, d. h. vor allem zum Spielen und zum Schauen
von Videos (Mw=3,42, Mm=3,90, p<.001). Diese Muster gleichen sich in Tablet- und
Nicht-Tabletklassen.
Der Migrationshintergrund wurde bei den Schülerinnen und Schülern in den
Grundschulen nur über die im Elternhaus hauptsächlich gesprochene Sprache erfasst,
da differenzierte Indikatoren die umfangreiche Befragung überlastet hätten. Bei
einem Vergleich von Schülerinnen, die hauptsächlich Deutsch, Englisch oder eine
andere Landessprache der Schweiz zu Hause sprechen und solchen, die hauptsächlich
eine andere Sprache im Elternhaus praktizieren, zeigen sich Unterschiede in der
Nutzung digitaler Medien für schulische Zwecke. Schülerinnen und Schüler mit
einem vermuteten Migrationshintergrund nutzen digitale Medien zum einen im
Mittel häufiger für die Schule und zum Lernen (Gesamtindex: MM=2,35, MoM=2,14,
p<.01). Zum anderen verwenden sie diese digitalen Medien deutlich häufiger für
kommunikationsbezogene Tätigkeiten, wie das Chatten oder das Nutzen sozialer
Netzwerke (MM=3,65, MoM=3,14, p<.01). Auch hier gleichen sich die Muster in Tablet-
und Nicht-Tabletklassen mit Ausnahme der Nutzung zu unterhaltungsbezogenen
Zwecken. Hier weisen Schülerinnen und Schüler aus Tabletklassen, die hauptsäch-
lich eine andere Sprache als Deutsch im Elternhaus sprechen, eine vergleichsweise
höhere Nutzungsfrequenz auf (MM=4,05, MoM=3,53; p<.05).
Des Weiteren wurde regressionsanalytisch geprüft, ob sich der Unterschied in
der außerschulischen Nutzung digitaler Medien für die Schule und zum Lernen
Mobiles Lernen. Auch zu Hause? 229
und Schülern in der außerschulischen Nutzung von digitalen Medien zum Lernen
oder für die Schule.
Die Nutzung persönlicher digitaler Geräte für das Lernen von Schülerinnen und
Schülern wird dank weiterhin sinkender Gerätepreise bei steigender Leistungsfä-
higkeit zunehmend zu einer realistischen Option für Schulen. Insbesondere im
Grundschulbereich hat die Nutzung von (persönlichen) Tablets auch im deutschspra-
chigen Raum an Popularität gewonnen, obwohl Schulen in Deutschland und in der
Schweiz diesbezüglich im internationalen Vergleich derzeit unterdurchschnittlich
ausgestattet sind (vgl. Fraillon et al 2014).
Die 1:1 Ausstattung der Schülerinnen und Schüler mit persönlichen Tablets
bringt Chancen für eine neuartige Integration digitaler Medien in den Unterricht
und vor allem auch in das außerschulische Lernen mit sich. Das Tablet als alltäg-
liches Lernwerkzeug und jederzeit verfügbarer Lernraum, sowohl in der Schule
als auch zu Hause, könnte hier Potentiale für eine bessere Vernetzung schulischer
und außerschulischer Lernpraktiken haben. Bisherige Studien sagen allerdings
noch relativ wenig darüber aus, wie Schülerinnen und Schüler mobile persönliche
digitale Geräte zu Hause zum Lernen nutzen und welchen Einfluss dies auf das
Lernen hat. Dies steht im Kontrast zu Forschungsergebnissen, die zeigen, dass die
außerschulische Nutzung oftmals sogar einen stärkeren Einfluss auf den Erwerb
bestimmter Kompetenzen (Informations- und Computerkompetenz) hat, als die
unterrichtliche Nutzung (z. B. Fraillon et al. 2014; OECD 2015). Die Forschungslage
zur Nutzung mobiler digitaler Geräte im Grundschulbereich ist jedoch begrenzt
und umfasst bisher meist nur sehr kleine Stichproben. In diesem Beitrag wurde
deshalb der Frage nachgegangen, ob die Verfügbarkeit von persönlichen Tablets
dazu beiträgt, dass Schülerinnen und Schüler, vorrangig der Klassenstufen fünf
und sechs, auch außerhalb der Schule bestimmte Lernanlässe stärker wahrneh-
men und digital nutzen und welche weiteren Bedingungen hier bedeutsam sind.
Dazu wurden querschnittliche Daten aus der Ersterhebung einer längsschnittlich
angelegten Tabletstudie an insgesamt 12 Schulen in der Deutschschweiz analy-
siert, um zum einen Unterschiede zwischen Tablet- und Nicht-Tabletklassen zu
beschreiben und zum anderen regressionsanalytisch zu überprüfen, welche Rolle
die Zugehörigkeit zu einer Tabletklasse im Kontext anderer Bedingungen für eine
umfangreiche außerschulische Nutzung für Lernzwecke spielt.
Mobiles Lernen. Auch zu Hause? 233
Zunächst zeigten die Ergebnisse, dass Schülerinnen und Schüler mit einem per-
sönlichen Tablet häufiger im Unterricht mit digitalen Medien lernen. Dieser Befund
scheint auf den ersten Blick nicht überraschend und wird auch durch Ergebnisse aus
Modellprojekten mit mobilen digitalen Geräten gestützt. Allerdings zeigen Unter-
suchungen in repräsentativen Stichproben, dass dies gar nicht so selbstverständlich
ist. Auch in der von uns untersuchten Stichprobe existiert eine große Spannbreite
sowohl bezüglich der Nutzungsfrequenz als auch der realisierten Nutzungsszenarien
im Unterricht. Der Blick auf die außerschulische Nutzung digitaler Medien lässt
erkennen, dass Schülerinnen und Schüler aus Tabletklassen auf der Klassenstufe
fünf und sechs, im Vergleich zu Gleichaltrigen aus Nicht-Tabletklassen, digitale
Geräte in einem ähnlichen Umfang für spaßorientierte Zwecke und bedeutsam
häufiger für schulische Zwecke einsetzen. Auch in den Klassenstufen drei und vier
nutzen die Tabletschülerinnen und -schüler digitale Medien nicht häufiger zur
Unterhaltung, allerdings auch nicht für schulbezogene Tätigkeiten. Bezogen auf
die spezifischen Nutzungsformen zeigt sich, dass hinsichtlich der Freizeitnutzung
zwar keine Unterschiede in der Häufigkeit der unterhaltungsbezogenen Nutzung
in beiden Schülergruppen existieren (Gamen, Videos schauen); Tabletschülerinnen
und -schüler aber öfter die kommunikativen Möglichkeiten sozialer Netzwerke
nutzen. Bei den schulbezogenen digitalen Nutzungsformen finden sich die größten
Unterschiede bezüglich der lernbezogenen Nutzung des Internets und der Benutzung
fachspezifischer Lernprogramme. Generell existieren ähnliche Nutzungsmuster
von Mädchen und Jungen in Tabletklassen und Nicht-Tabletklassen. Sowohl in
Tablet- als auch in Nicht-Tabletklassen nutzen Jungen die digitalen Geräte etwas
mehr zu Unterhaltungszwecken, die Mädchen zeigen eine geringfügig häufigere
Nutzung zum Erstellen von Lernprodukten (z. B. Texte). Schülerinnen und Schüler
mit Migrationshintergrund (Sprache im Elternhaus) nutzen digitale Geräte gene-
rell häufiger, sowohl zum Lernen, als auch für die Kommunikation mit Freunden
und Familie.
Das Ergebnis einer generell häufigeren Nutzung für lernbezogene Zwecke von
Tabletschülerinnen und -schülern der fünften und sechsten Klassen hat auch nach
Einbezug des Geschlechts sowie familiärer Hintergrundmerkmale (Sprache im
Elternhaus) Bestand. Diese Ergebnisse stützen damit Befunde aus anderen Studien,
die ebenfalls keine Erhöhung einer unterhaltungsbezogenen Nutzung digitaler
Medien in der Freizeit bei Schülerinnen und Schülern aus Klassen mit mobilen
Geräten belegen können (Häuptle 2007; Schaumburg et al. 2007; Schaumburg et
al. 2016). Zudem zeigen die Ergebnisse, dass die Tablets zumindest in der fünften
und sechsten Klassenstufe Potentiale für ein umfangreicheres digital unterstütztes
Lernen auch im außerschulischen Bereich haben. Allerdings scheint dies nicht auf
alle Schulen bzw. Schulstufen gleichermaßen zuzutreffen. Ein möglicher Grund
234 Doreen Prasse, Nives Egger und Beat Döbeli Honegger
Diese Ergebnisse zeigen zum einen auf, dass die Verfügbarkeit eines persönlichen
digitalen Gerätes für Schülerinnen und Schüler auch nach der Kontrolle weiterer
relevanter Einflussbedingungen ein bedeutsamer Faktor für die außerschulische,
lern- und schulbezogene Nutzung digitaler Medien ist. Die Ergebnisse stützen
außerdem Forschungsbefunde zum Zusammenhang von außerschulischem Lernen
und ICT-bezogenen Einstellungen (Aesaert und van Braak 2014; Curtois et al. 2014;
Meelissen und Drent 2008) sowie Kompetenzen (Aesaert et al. 2015) und erweitern
diese auf den Bereich des Lernens mit persönlichen digitalen Geräten (Tablets).
Die Bedeutung einer Thematisierung von Medienthemen im Unterricht in Kom-
bination mit dem Ergebnis zu einer in Tabletklassen vergleichsweise intensiveren
Nutzung digitaler Medien verweist daneben auf die bedeutsame Rolle der Lehr-
personen, die diese bei der gezielten Anregung von Themen der Mediennutzung
und der Ausgestaltung des schulischen und außerschulischen digital vermittelten
Mobiles Lernen. Auch zu Hause? 235
Insgesamt bestätigen die hier berichteten Befunde, dass sich die Arbeit mit
persönlichen Tablets positiv auf das außerschulische, digital unterstützte Lernen
auswirken kann. Sie zeigen aber auch, dass dafür in der Schule fördernde Kontext-
bedingungen existieren sollten, wie z. B. die Entwicklung der didaktischen und
medienpädagogischen Kompetenzen der Lehrkräfte, eine förderliche Schulkultur
und eine produktive Zusammenarbeit zwischen Schule und Elternhaus.
Literatur
Aesaert, K., & van Braak, J. (2014). Exploring factors related to primary school pupils’ ICT
self-efficacy: A multilevel approach. Computers in Human Behavior 41, 327-341.
Aesaert, K., Van Nijlen, D., Vanderlinde, R., Tondeur, J., Devlieger, I., & van Braak, J. (2015). The
contribution of pupil, classroom and school level characteristics to primary school pupils’
ICT competences: A performance-based approach. Computers & Education 87, 55-69.
Ainley, J., Enger, L., & Searle, D. (2008). Students in a digital age: Implications of ICT for
teaching and learning. In International handbook of information technology in primary
and secondary education (S. 63-80). Springer US.
Aufenanger, S., & Ludwig, L. (2014). Bericht zur wissenschaftlichen Begleitforschung des
Projekts „Tablet-PCs im Unterrichtseinsatz“ in vier Wiesbadener Schulen im Auftrag
des Schulamts der Stadt Wiesbaden.
Beuermann, D. W., Cristia, J., Cueto, S., Malamud, O., & Cruz-Aguayo, Y. (2015). One
Laptop per Child at Home: Short-Term Impacts from a Randomized Experiment in
Peru. American Economic Journal: Applied Economics 7(2), 53-80.
Bos, W., Eickelmann, B., Gerick, J., Goldhammer, F., Schaumburg, H., Schwippert, K.,
et al. (Hrsg.) (2014). ICILS 2013. Computer- und informationsbezogene Kompetenzen
von Schülerinnen und Schülern in der 8. Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich.
Münster: Waxmann.
Burden, K., Hopkins, P., Male, T., Martin, S., & Trala, C. (2012). iPad Scotland evaluation. Uni-
versity of Hull. http://www.janhylen.se/wp-content/uploads/2013/01/Skottland.pdf.
Chou, C. C., Block, L., & Jesness, R. (2012). A case study of mobile learning pilot project in
K-12 schools. Journal of Educational Technology Development and Exchange 5(2), 11-26.
Courtois, C., Montrieux, H., De Grove, F., Raes, A., De Marez, L., & Schellens, T. (2014).
Student acceptance of tablet devices in secondary education: A three-wave longitudinal
cross-lagged case study. Computers in Human Behavior 35, 278-286.
Döbeli Honegger, B. (2016). Mehr als 0 und 1 – Schule in einer digitalisierten Welt. Bern:
hep Verlag.
Döbeli Honegger, B., & Neff, C. (2012). Personal Smartphones in Primary School: Devices for
a PLE? International Journal of Virtual and Personal Learning Environments 2(4), 40-48.
Drabowicz, T. (2014). Gender and digital usage inequality among adolescents: A comparative
study of 39 countries. Computers & Education 74, 98-111.
Mobiles Lernen. Auch zu Hause? 237
Drossel, K., Gerick, J., & Eickelmann, B. (2014). Digitale Kluft in der Grundschule? Die
Ausstattung und Nutzung digitaler Medien von Kindern vor dem Hintergrund sozialer
Disparitäten. In: B. Eickelmann, R. Lorenz, M. Vennemann, J. Gerick, & W. Bos (Hrsg.),
Grundschule in der digitalen Gesellschaft Befunde aus den Schulleistungsstudien IGLU
und TIMSS 2011 (S.123-140). Münster: Waxmann.
Eickelmann, B. (2010). Digitale Medien in Schule und Unterricht erfolgreich implementieren.
Münster: Waxmann.
Eickelmann, B., Bos, W., & Vennemann, M. (2015). Total digital? – Wie Jugendliche Kompe-
tenzen im Umgang mit neuen Technologien erwerben. Dokumentation der Analysen des
Vertiefungsmoduls zu ICILS 2013. Münster: Waxmann.
Eickelmann, B., Drossel, K., Wendt, H., & Bos, W. (2012). ICT-use in primary schools and
children’s mathematics achievement-a multi-level approach to compare educational
systems through an international lens with TIMSS data. In Joint AARE APERA Inter-
national Conference, WERA focal meeting, Sydney (Vol. 2012).
Eickelmann, B., Lorenz, R., Vennemann, M., Gerick, J., & Bos, W. (2014). Grundschule in
der digitalen Gesellschaft: Befunde aus den Schulleistungsstudien IGLU und TIMSS 2011.
Münster: Waxmann.
Feierabend, S., Plankenhorn, T., & Rathgeb, T. (2015). KIM-Studie 2014. Kinder+Medien,
Computer+ Internet. Basisuntersuchung zum Medienumgang.
Fraillon, J., Ainley, J., Schulz, W., Friedman, T., & Gebhardt, E. (2014). Preparing for life in a
digital age. The IEA International Computer and Information Literacy Study International
Report. Cham: Springer.
Fuchs, T., & Wößmann, L. (2005). Computer können das Lernen behindern. ifo Schnell-
dienst 58(38/39), 16.
Furió, D., Juan, M. C., Seguí, I., & Vivó, R. (2015). Mobile learning vs. traditional classroom
lessons: a comparative study. Journal of Computer Assisted Learning, 31(3), 189-201.
Gerger, K. (2014). 1:1 tablet technology implementation in the Manhattan Beach Unified
School District: A case study. Long Beach: California State University.
Haßler, B., Major, L., & Hennessy, S. (2016). Tablet use in schools: a critical review of the
evidence for learning outcomes. Journal of Computer Assisted Learning 32(2), 139-156,
doi: 10.1111/jcal.12123.
Häuptle, E. (2007). Notebook-Klassen an einer Hauptschule. Eine Einzelfallstudie zur Wirkung
eines Notebook-Einsatzes auf Unterricht, Schüler und Schule. Saarbrücken: VDM Verlag.
Jahnke, I. (2016). Digital Didactical Designs: Teaching and Learning in CrossActionSpaces.
Routledge.
Lorenz, R., & Gerick, J. (2014). Neue Technologien und die Leseleistung von Grundschulkin-
dern. Zur Bedeutung der schulischen und außerschulischen Nutzung digitaler Medien.
In: B. Eickelmann, R. Lorenz, M. Vennemann, J. Gerick, & W. Bos (Hrsg.), Grundschule
in der digitalen Gesellschaft Befunde aus den Schulleistungsstudien IGLU und TIMSS
2011 (S. 59-71). Münster: Waxmann.
Lorenz, R., & Kahnert, J. (2014). Computernutzung von Grundschulkindern – (k)eine
Geschlechterfrage? In: B. Eickelmann, R. Lorenz, M. Vennemann, J. Gerick, & W. Bos
(Hrsg.), Grundschule in der digitalen Gesellschaft Befunde aus den Schulleistungsstudien
IGLU und TIMSS 2011 (S. 11-121). Münster: Waxmann.
Lorenz, R., Gerick , J., Schulz-Zander, R., & Eickelmann, B. (2014). Computer- und infor-
mationsbezogene Kompetenzen von Mädchen und Jungen im internationalen Vergleich.
In: W. Bos, B. Eickelmann, J. Gerick, F. Goldhammer, H. Schaumburg, K. Schwippert,
238 Doreen Prasse, Nives Egger und Beat Döbeli Honegger
M. Senkbeil, R. Schulz-Zander, & H. Wendt (Hrsg.), ICILS 2013 – Computer- und infor-
mationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern in der 8. Jahrgangsstufe
im internationalen Vergleich (S. 231–263). Münster: Waxmann.
Lu, J., Meng, S., & Tam, V. (2014). Learning Chinese characters via mobile technology in a
primary school classroom. Educational Media International 51(3), 166-184.
Meelissen, M. R., & Drent, M. (2008). Gender differences in computer attitudes: Does the
school matter? Computers in Human Behavior 24(3), 969-985.
OECD (2015). Students, Computers and Learning: Making the Connection. PISA, OECD
Publishing.
Petko, D., Prasse, D., & Cantieni, A., (2013). ICT im Unterricht der Primarstufe. Pädagogische
Hochschule Schwyz. http://edudoc.ch/record/112936/files/Schlussbericht_Evaluati-
on_ICT_2013.pdf.
Prasse, D. (2012). Bedingungen innovativen Handelns in Schulen. Funktion und Interaktion
von Innovationsbereitschaft, Innovationsklima und Akteursnetzwerken am Beispiel der
IKT-Integration an Schulen. Münster: Waxmann.
Prasse, D., Egger, N., Imlig-Iten, N., & Cantieni, A. (2016). Lernen und Unterrichten in Ta-
bletklassen 1. Zwischenbericht der wissenschaftlichen Begleitforschung (Erhebungswelle
2015). Pädagogische Hochschule Schwyz. http://www.lernen-mit-tablets.ch.
Rathgeb, T. (Hrsg.) (2010). JIM-Studie 2010. Jugend, Information, (Multi-) Media. Basisun-
tersuchung zum Medienumgang 12- bis 19- Jähriger. Stuttgart: Medienpädagogischer
Forschungsverbund Südwest.
Rummler, K., & Wolf, K. D. (2012). Lernen mit geteilten Videos: aktuelle Ergebnisse zur
Nutzung, Produktion und Publikation von Onlinevideos durch Jugendliche. Edited
Volume Series, 253.
Russell, M., Bebell, D., & Higgins, J. (2004). Laptop learning: A comparison of teaching
and learning in upper elementary classrooms equipped with shared carts of laptops
and permanent 1: 1 laptops. Journal of Educational Computing Research 30(4), 313-330.
Senkbeil, M. , Wittwer, J. (2007). Die Computervertrautheit von Jugendlichen und Wirkun-
gen der Computernutzung auf den fachlichen Kompetenzerwerb. In: PISA-Konsortium
Deutschland (Hrsg.), PISA ’06: Die Ergebnisse der dritten internationalen Vergleichsstudie
(S. 277–308). Münster: Waxmann.
Schaumburg, H., Prasse, D., Eickelmann, B., & Gerick, J. (2016). Mobiles Lernen und compu-
ter- und informationsbezogene Kompetenzen von Achtklässlerinnen und Achtklässlern.
In: B. Eickelmann, J. Gerick, K. Drossel, & W. Bos (Hrsg.), ICILS 2013 – Vertiefende
Analysen zu computer- und informationsbezogenen Kompetenzen von Jugendlichen
(S. 93-118). Münster: Waxmann.
Schaumburg, H., Prasse, D., Tschackert, K., & Blömeke, S. (2007). Lernen in Notebook-Klassen.
Endbericht zur Evaluation des Projekts „1000mal1000: Notebooks im Schulranzen“. http://
www.schulen-ans-netz.de/uploads/txtemplavoila/n21evaluationsbericht.pdf.
Schulz-Zander, R., Eickelmann, B., & Goy, M. (2010). Mediennutzung, Medieneinsatz und
Lesekompetenz. In: W. Bos, S. Hornberg, K.-H. Arnold, G. Faust, L. Fried, E.-M., Lankes,
et al. (Hrsg.), IGLU 2006. Die Grundschule auf dem Prüfstand. Vertiefende Analysen zu
Rahmenbedingungen schulischen Lernens (S. 91-119). Münster: Waxmann.
Skryabin, M., Zhang, J., Liu, L., & Zhang, D. (2015). How the ICT development level and
usage influence student achievement in reading, mathematics, and science. Computers
& Education 85, 49-58.
Mobiles Lernen. Auch zu Hause? 239
Soloway, E.; Norris, C.; Blumenfeld, P.; Fishman, B; Krajcik, J., & Marx, R. (2001). Handheld
Devices are Ready-at Hand. CACM 44(6), 15-20.
Spektor-Levy, O., & Granot-Gilat, Y. (2012). The impact of learning with laptops in 1: 1
classes on the development of learning skills and information literacy among middle
school students. Interdisciplinary Journal of E-Learning and Learning Objects 8(1), 83-96.
Stolpmann, B. E., & Stefan W. (2009). Integration von Tablet PCs im Rahmen des Medienein-
satzes einer gymnasialen Oberstufe. Endbericht. Bremen: Institut für Informationsma-
nagement Bremen GmbH.
Suter, L., Waller, G., Genner, S., Oppliger, S., Willemse, I., Schwarz, B., & Süss, D. (2015). MIKE
– Medien, Interaktion, Kinder. Zürich: Zürcher Hochschule für Angewandte Wissen-
schaften.
Vekiri, I. (2010). Socioeconomic differences in elementary students’ ICT beliefs and out-of-
school experiences. Computers & Education 54(4), 941-950.
Vennemann, M., Gerick, J., & Eickelmann, B. (2011). Computer und Internet im Spiegel
migrationsspezifischer Disparitäten. In: B. Eickelmann, R. Lorenz, M. Vennemann,
J. Gerick, & W. Bos (Hrsg.), Grundschule in der digitalen Gesellschaft Befunde aus den
Schulleistungsstudien IGLU und TIMSS 2011 (S.141-156). Münster: Waxmann.
Vuorikari, R., Garoia, V., Balanskat, A., Jokisalo, E., Simon, D., & Warwick, J. (2011). Intro-
ducing Netbook Pedagogies in Schools. Acer – European Schoolnet Educational Netbook
Pilot, European SchoolNet. Brussels.
Welling, S., Averbeck, I., Stolpmann, B. E., & Karbautzki, L. (2014). Paducation. Evaluation
eines Modellversuchs mit Tablets am Hamburger Kurt-Körber-Gymnasium. www.ifib.de/
publikationsdateien/ paducation_bericht.pdf.
Wittwer, J., & Senkbeil, M. (2008). Is students’ computer use at home related to their math-
ematical performance at school? Computers and Education 50, 1558-1571.
Yang, J. H. (2012). Effects of high school ICT activities on students’ digital literacy in Korea. J
of Educ Tech 28(2), 347-69.
Zhong, Z. J. (2011). From access to usage: The divide of self-reported digital skills among
adolescents. Computers & Education 56(3), 736-746.
Einsatz von Tablets in Grundschulen
Umsetzung und Ergebnisse des Projektes
Mobiles Lernen in Hessen (MOLE)
Alexander Tillmann und Claudia Bremer
Zusammenfassung
Im Rahmen des Beitrags wird die Zielsetzung und Umsetzung des Projektes
Mobiles Lernen in Hessen (MOLE), das die Einführung von Tablets an sechs
hessischen Grundschulen umfasst, beschrieben und die bisherigen Ergebnisse der
wissenschaft lichen Begleituntersuchung vorgestellt . Eine zentrale Fragestellung
war dabei, wie und zu welchen Zwecken die mobilen Endgeräte im Unterricht
eingesetzt werden und welchen Einfluss der Tableteinsatz über einen längeren
Zeitraum auf die Motivation der Schülerinnen und Schüler hat . Die Ergebnisse
der empirischen Studie zeigen, dass Schülerinnen und Schüler hochmotiviert mit
den Tablets arbeiten und vor allem dann die Motivation hoch gehalten werden
kann, wenn die Unterrichtsszenarien projekt- und prozessorientiert gestaltet
sind und selbstgesteuertes Lernen ermöglichen .
1 Einleitung
(vgl. etwa Bundesministerium für Bildung und Forschung 2009, Endeward 2006,
Kultusministerkonferenz: Medienbildung in der Schule 2012, Länderkonferenz
MedienBildung 2008, Medienberatung Nordrhein-Westfalen 2014).
Zum Erwerb entsprechender Kompetenzen kommen in den Schulen digitale
Geräte wie Computer zum Einsatz und in den letzten Jahren auch vermehrt mo-
bile Endgeräte, wie z. B. Tablets. Diese Entwicklung wird auch im Horizon Report
genannt, einem Trendreport, der die Bedeutung und Anwendung technologischer
Entwicklungen in verschiedenen Bildungsbereichen behandelt. So führt er mobile
Lernszenarien 2013 in seinem Bericht für Schulen als einen der wichtigsten kurz-
fristigen Trends im Ein-Jahreszeitraum für den schulischen Bildungssektor auf und
den Einsatz von Tablets schon 2012 als wichtigen Trend in der Erwachsenenbildung
(Johnson et al. 2012; Johnson et al. 2013).
2 Projektbeschreibung
Vor diesem Hintergrund entschied sich das Land Hessen 2013 das Projekt Mobiles
Lernen in Hessen (MOLE) zu initiieren. Ausgangspunkt des Projektes war, dass das
Land zu diesem Zeitpunkt zwar schon seit vielen Jahren die Initiative Schule@Zukunft
umsetzte, bis dahin jedoch noch keine eigenen dokumentierten und gesammelten
Erfahrungen zum Einsatz mobiler Endgeräte vorliegen hatte. Einige Schulen hatten
bis zu diesem Zeitpunkt einzelne Pilotprojekte umgesetzt, die allerdings nicht in
einem hessenweiten Verbund strukturiert ausgewertet oder vernetzt worden wa-
ren. Zugleich stieg seitens verschiedener Schulen und Akteure die Nachfrage nach
entsprechenden Fördermitteln und der Umsetzung von Pilotprojekten.
Gleichzeitig traf die Umsetzung mobiler Lernszenarien auf eine gewisse Skepsis
bei Lehrkräften, Schulleitungen und Eltern. Erste Erhebungen ergaben auch, dass
diese Piloten vor allem in höheren Schulstufen, aber nicht im Elementarbereich
stattgefunden hatten. Trotz einiger zu diesem Zeitpunkt vorliegender Studien, vor
allem aus dem Ausland oder auch zu anderen mobilen Nutzungsszenarien, wie
beispielsweise mit Notebooks, entschied sich das hessische Kultusministerium
mit Hilfe eines Pilotvorhabens vor einer breiteren Einführung von Tablets eigene
Erfahrungen zu sammeln.
Dabei sollte es nicht nur um die in der Einleitung referenzierte Medienkom-
petenz der Schülerinnen und Schüler gehen, sondern auch darum, ganz prakti-
sche Erfahrungen rund um die infrastrukturelle Ausstattung, die Betreuung der
Einsatz von Tablets in Grundschulen 243
2.2.1 Ausschreibung
Das Projekt startete mit einer Ausschreibung, in der alle an dem Vorhaben interes-
sierten Grundschulen in Hessen eingeladen wurden, entsprechende Anträge einzu-
reichen. Den Schulen wurde in Aussicht gestellt, im Rahmen der Medieninitiative
Schule@Zukunft für die Dauer des Projekts jeweils ein Klassensatz von Tablet-PCs
zur Verfügung gestellt zu bekommen. Für die Anträge sollten die Schulen ein oder
zwei Fächer und ein oder zwei Klassen auswählen, in denen sie Tablets einsetzen
wollen. Ziel war, im Rahmen des Zeitraums des Pilotvorhabens von drei Jahren
entweder die Nutzung der Tablets durchgängig in einer Klasse zu erproben oder
alternativ die Tablets an ein Fach gebunden immer wieder in demselben einzu-
setzen. Der durchgängige Einsatz in einer Klasse hat den Vorteil, dass die Tablets
mit in das nächste Schuljahr genommen werden können und so eine Langzeitbe-
trachtung ermöglicht wird. Ein fachgebundener Einsatz hingegen erlaubt, einen
Vergleich über mehrere Jahre vornehmen zu können. Erwünscht waren vor allem
auch fachübergreifende Ansätze, was gerade in Grundschulbereich möglich ist.
Die Anträge mussten neben Angaben zur Schulform und Jahrgangsstufe auch
Angaben zum erwarteten Mehrwert durch den Einsatz von Tablet-PCs im Unterricht
und zum Lernen enthalten und exemplarisch ein Unterrichtskonzept mit dem Einsatz
von Tablets beschreiben. Voraussetzung für eine Förderung war zudem, dass die
Schule durch WLAN-Accesspoints über einen Zugang zum Internet verfügte, was,
wie sich herausstellte, im Bereich der Grundschulen ein Ausschlusskriterium werden
konnte. Einige Schulen sahen die Nachrüstung eines entsprechenden Zugangs bei
Förderung des Antrags vor. Auch sollten die schulischen Gremien (Schulleitung,
Gesamtkonferenz, Schulkonferenz, Eltern, IT-Beauftragte) in die Antragsstellung
eingebunden werden, d. h. im Vorfeld der Teilnahme informiert werden und ihre
Zustimmung zur Teilnahme am Projekt erteilen.
Auf die sechs im Rahmen des Vorhabens bereitgestellten Klassensätze bewarben
sich 26 Schulen. Die Anträge wurden durch eine Jury begutachtet, die sich aus Ver-
tretern der Medienzentren, des Landesschulamtes, der Lehrerkräfteakademie und
244 Alexander Tillmann und Claudia Bremer
2.2.2 Umsetzung
Das Projekt startete mit Beginn des Schuljahres 2013/14 mit einer Laufzeit von 3
Jahren, wobei im ersten Jahr die Schülerinnen und Schüler nur im direkten und
erweiterten schulischen Umfeld Zugriff auf die Tablet-PCs hatten, ab dem zweiten
Projektjahr war optional eine 1:1 Ausstattung vorgesehen. Hintergrund dieser
Entscheidung lag zu diesem Zeitpunkt bei den noch zu klärenden rechtlichen
Rahmenbedingungen und Haftungsfragen, die zu Projektbeginn noch unklar
waren und nach wie vor offen sind.
Die Grundausstattung der Tablet-PCs mit Software (Apps)1 wurde von den
regionalen Medienzentren durchgeführt, die von Anfang an in die Antragstel-
lung eingebunden worden waren. Ziel war, die Medienzentren auch mittel- und
langfristig mit der Wartung der Geräte zu beauftragen und die Schulen an dieser
Stelle zu entlasten. Daneben findet seit Projektbeginn eine intensive Vernetzung
und Beratung der beteiligten Lehrkräfte statt, die sich alle drei bis vier Monate zu
Fortbildungen, zu einem Austausch bezüglich ihrer Erfahrungen und zum Pro-
jektfortschritt treffen. Oftmals haben diese Sitzungen mehrere Zielsetzungen und
widmen sich zum Beispiel einen halben Tag der Vernetzung und dem Austausch
erfolgreicher Unterrichtsszenarien und Erfahrungen mit der Nutzung verschiedener
Apps, während die andere Hälfte des Tages der Fortbildung zu Themen gilt, die die
beteiligten Lehrkräfte selbst bestimmen und sich vorab wünschen.
Auch die Personen, die die Begleituntersuchung durchführen, nehmen an diesen
Sitzungen teil. Sie stellen den beteiligten Lehrkräften die regelmäßig erhobenen
Befragungsergebnisse der Untersuchung vor, so dass diese besprochen werden und
ggf. Maßnahmen und Anpassungen vorgenommen werden können. Dies dient auch
dem Austausch z. B. von Unterrichtsszenarien zwischen den Lehrkräften, wenn
z. B. bestimmte Ergebnisse an einer Schule anders ausfallen als an einer anderen.
So können auch die Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler gemeinsam
von den beteiligten Lehrkräften diskutiert und Ideen über Zusammenhänge und
mögliche Anpassungen der Unterrichtsgestaltung besprochen werden.
3 Begleituntersuchung
Medienkompetenz der Schülerinnen und Schüler durch den Einsatz der Tablets zu
verzeichnen sind. Zeitgleich zum Projekt wurde, wie eingangs schon erwähnt, in
Hessen ein Medienbildungsstandard für Schülerinnen und Schüler entwickelt. Da
dieser zum Zeitpunkt des Evaluationsdesigns jedoch noch nicht final verabschiedet
wurde, fand im Rahmen der Untersuchung statt dessen der Kompetenzrahmen aus
Nordrhein-Westfalen Verwendung, um die Medienkompetenz der Schülerinnen
und Schüler zu operationalisieren (Medienberatung Nordrhein-Westfalen 2014).
Anders als z. B. in der ICILS Studie (International Association for the Evaluation
of Educational Achievement 2013) wurde nicht die Bedienung der Geräte durch
die Schülerinnen und Schüler direkt am Gerät gemessen, sondern deren subjektive
Einschätzung bezüglich des Umgangs mit den Tablets in den ersten Projektwochen
erhoben. Zudem wurde die bisherige und vor allem private Nutzung von Tablets
und auch anderer Geräte abgefragt sowie private Mediennutzungsgewohnheiten.
Die Erhebung dieser Items setzt die Annahme voraus, dass einerseits die subjektive
Wahrnehmung der Schülerinnen und Schüler bzgl. der Bedienung Aussagen über
deren Medienkompetenz erlaubt und andererseits die zum Projektbeginn vorhan-
dene Medienkompetenz bei der Zielgruppe durch deren bisherige Mediennutzung
beeinflusst wurde. Untersucht werden sollte zudem, ob die Mediennutzung der
Eltern und die heimische Medienausstattung Einfluss auf die Mediennutzung
und -ausstattung der Kinder hat. Daher wurde auch diese bei der Erstbefragung
der Eltern erhoben und zur Medienkompetenz der Schülerinnen und Schüler zum
Projektstart in Beziehung gesetzt.
In diesem Kontext soll auch untersucht werden, wie die Haltung der Eltern
bezüglich der Nutzung digitaler Medien sich auf die Haltung und Mediennutzung
ihrer Kinder auswirkt und ob hier Unterschiede zu verzeichnen sind. Entsprechend
wurde bei den Lehrkräften und den Eltern erfragt, in wessen Verantwortungsbe-
reich (Eltern oder Lehrkräfte) die Medienbildung der Schülerinnen und Schüler
vornehmlich fallen solle.
wurden2. Fast alle Studien zeigten positive Effekte auf kognitive Lernleistungen,
nur wenige Studien berichteten über negative Effekte (Wu et al. 2012, S. 818).
Positive Effekte zeigten sich beispielsweise in einer Wissensabfrage zur Bege-
hung eines Tempels durch Fünftklässler mit Hilfe von Tablets (Shih et al. 2010).
Die mobile Nutzung der Endgeräte erweist sich jedoch nicht in allen Studien
als vorteilhaft. Bei einem Gruppenvergleich zeigten die Klausurergebnisse im
Anschluss an einen Museumsbesuch, dass die Aneignung von Wissen nach dem
Museumsbesuch lerneffektiver war. Die Gruppe, die bereits im Museum Tablets
bei der Betrachtung der Bilder zur Verfügung hatte, zeigte überraschenderweise
schlechtere Klausurergebnisse (Martin und Ertzberger 2013). Gründe hierfür
lagen zum Beispiel auch in dem fehlenden Wissen der Schülerinnen und Schüler
bezüglich des Handlings der Tablets. So lässt sich annehmen, dass entsprechende
positive Effekte ggf. erst nach längerer Zeit auftreten, wenn die Schülerinnen und
Schüler schon über die entsprechende Medienkompetenz zur Bedienung der Geräte
verfügen. Weitere Studien beschreiben darüber hinaus, dass Lernende, die während
eines Museumsbesuchs ein Tablet nutzen konnten, eine intensivere und längere
Auseinandersetzung mit den Ausstellungsobjekten zeigten als ohne die begleitende
Nutzung der Geräte zum Abrufen von Informationen, was wiederum für positive
Effekte des Einsatzes spricht (Reynolds et al. 2010; Sharples et al. 2007).
Untersuchungen, die zeigen, dass der Einsatz von Tablets einen direkten Effekt
auf kognitive Lernleistungen hat, sind jedoch kritisch zu hinterfragen, da hierbei
oftmals vielfältige Effekte wie z. B. eine damit einhergehende Veränderung der
Gestaltung des Unterrichts und Motivationseffekte auftreten. Dann können positive
Effekte nicht durch den Einsatz der Tablets an sich, sondern aufgrund der durch
den Tableteinsatz ermöglichten Veränderung der Unterrichtsgestaltung auftreten.
Daher sollten die Wirkungen des Tableteinsatzes vor allem innerhalb des jeweiligen
Settings bewertet werden. Verschiedene Untersuchungen dieser Art zum Einsatz
von Tablets in Schulen zeigen allerdings durchaus Effekte auf die Motivation der
Schülerinnen und Schüler, was sich wiederum positiv auf Lernerfolg und Lernleis-
tungen auswirken kann (Jones und Issroff 2007; Jones et al. 2006; Melhuish und
Falloon 2010; Rikala et al. 2013, s. dazu Abschnitt 3.1.6).
Um auch im Rahmen des hier beschriebenen Projektes die Wirkung des Ein-
satzes der Tablets auf kognitive Leistungen, zum Beispiel im mathematischen
oder sprachlichen Bereich, zu erheben, wurde angedacht, bisherige Testergebnisse
früherer Klassen mit aktuellen Werten zu vergleichen oder Vergleichsarbeiten in
Parallelklassen heranzuziehen. Generell wird dieser Vergleich jedoch als höchst
problematisch gesehen, da wie zuvor schon beschrieben, der Effekt nicht nur
dem Einsatz von Tablets, sondern einer Veränderung von Unterrichtsszenarien
zugeschrieben werden kann und darüber hinaus aufgrund der Konfundierung
unterschiedlicher Einflussfaktoren (Lehrkräfte, unterschiedliche Leistungsfähigkeit
der Vergleichsgruppen, etc.) für derartige Vergleiche sehr viel größere Stichproben
notwendig wären.
• Wie und zu welchem Zweck setzen die an dem Projekt beteiligten Lehrerinnen
und Lehrer die mobilen Endgeräte im Unterricht ein? Welche Unterrichtssze-
narien bewähren sich (Best Practices, Mehrwerte, Probleme)?
250 Alexander Tillmann und Claudia Bremer
• Wie nutzen die Schülerinnen und Schüler die Geräte in den entsprechenden
Unterrichtsszenarien (Themen, Methoden, Sozialformen)?
• Werden die in den Anträgen beschriebenen Ziele wie Binnendifferenzierung,
Individualisierung, Selbststeuerung etc. erreicht? Wie wird die Medienkompetenz
der Schülerinnen und Schüler gefördert?
• Welchen Einfluss haben innerschulische und externe Rahmenbedingungen und
wie verändern sich diese über die Projektlaufzeit?
Effekt der Immersion z. B. aus Spielen kennen, durch den Einsatz von Tablets in
der Schule motiviert werden. Andere betonen, dass sich Lernende bei der Nutzung
von Tablets durch die intuitive Bedienbarkeit und multimediale Anwendungen
gut in den Lernstoff und die Bearbeitung von Inhalten vertiefen können (Beck
und Wade 2006; Ciampa 2014). Gerade die Bekanntheit des Gerätes aus anderen
Kontexten, wie z. B. dem Spielen, bewirkt bei den Schülerinnen und Schülern eine
Assoziation der Geräte mit freudigen Ereignissen und Spaß, was von einige Autoren
als Vorteil für deren Einsatz im Unterricht benannt wird (Jones und Issroff 2007).
In einer Studie an amerikanischen Schulen führte dieser Effekt jedoch gerade zur
Abschaffung von iPads zugunsten eines anderen Tabletmodells, da die Schülerinnen
und Schüler aufgrund bestehender Spielerfahrungen mit diesem Gerätetyp eine
Spiel- und Immersionserwartung plötzlich auch beim schulischen Lernen hatten,
die so nicht erfüllt wurde (Murphy 2014).
Martin und Ertzberger (2013) sehen zudem einen Zusammenhang zwischen
dem angestrebten Effekt des Lernzuwachses und einer Zunahme an Motivation
bei den Schülerinnen und Schülern durch den Tableteinsatz. Die Autoren greifen
dabei auf bewährte Konzepte des Instruktionsdesigns zurück wie beispielsweise
Gagné (2005), Reiser und Dick (1996) oder John Keller‘s ARCS Modell (Keller
2010), in denen die Gewinnung der Aufmerksamkeit der Lernenden am Anfang
des Lernprozesses steht. Hier sehen sie die Chance, dass sich Lernende durch die
gesteigerte Motivation und das Interesse an der Nutzung der Geräte verstärkt
auf den Lernprozess einlassen, was laut der genannten Modelle eine wesentliche
Voraussetzung für einen erfolgreichen Lernprozess ist.
Noch differenzierter beschreiben Jones und Issroff (2007) den Zusammenhang der
Motivation der Lernenden mit der Nutzung von mobilen Geräten. Auch wenn sich
ihre Erhebungen vor allem auf informelle Lernsettings beziehen, so ist das Modell
nicht auf diesen Bereich begrenzt. Jones und Issroff (2007) beschreiben vor allem die
Kontrolle über das Gerät und dessen Steuerung, die Selbstbestimmtheit der Nutzung
sowie die kontinuierliche Nutzung der Geräte als motivational wirksam. Darüber
hinaus werden das kontextbezogene Lernen, Spaß und Kommunikation als wich-
tige Aspekte zur Förderung der Motivation beim Lernen mit mobilen Endgeräten
genannt (Chan et al. 2006; Jones et al. 2006; Looi et al. 2010; Penuel 2006; Vavoula
und Sharples 2002). Aufgrund der motivationalen Bedeutung für die Schülerinnen
und Schüler der Kontrolle über die Geräte führen Jones et al. (2006) den Begriff
Ownership ein. Das Konzept des Ownerships bezieht sich neben der Verfügbarkeit
auch auf die Gestaltung des Lern- und Arbeitsprozesses. Beispielsweise dürfen beim
Konzept des Ownership die Schülerinnen und Schüler selbst bestimmen, wie sie
eine Aufgabenstellung lösen, mit welcher Anwendung sie arbeiten wollen oder ob sie
überhaupt die Tablets zur Aufgabenbearbeitung nutzen wollen. Diese Wahlfreiheit
252 Alexander Tillmann und Claudia Bremer
bei der Bearbeitung von Aufgaben spielt nach der Selbstbestimmungstheorie von
Deci und Ryan (2000), die bei unserer Begleituntersuchung einen wesentlichen
theoretischen Rahmen bildet, eine zentrale Rolle.
3.2 Untersuchungsdesign
3.3.3 Testskalen
Die hier erstmals vorgestellte Kurzskala intrinsischer Motivation im Grundschulalter
(KIMoG) erfasst als adaptierte Version der KIM nach Krombaß und Harms (2006)
(Validierung durch Wilde et al. 2009) die tätigkeitsbezogene intrinsische Motivation
von Grundschülerinnen und -schülern im lesefähigen Alter (ab Klasse 3). Die Skala
umfasst zwölf Items, die als fünfstufige Likert-Skala (1 stimmt gar nicht, 2 stimmt
wenig, 3 stimmt teils-teils, 4 stimmt ziemlich, 5 stimmt völlig) konzipiert wurde.
Zur Validierung der KIMoG und Erhebung von Daten zur Einstellung gegenüber
dem Tableteinsatz wurden drei weitere Einschätzungsfragen gestellt:
256 Alexander Tillmann und Claudia Bremer
1. Wie gerne würdest du weiterhin mit dem iPad arbeiten? (1 gar nicht, 2 kaum, 3
mittelmäßig, 4 ziemlich, 5 sehr)
2. Wie viel oder wenig hast du in der letzten Zeit bei der Arbeit mit den iPads
gelernt? (1 sehr wenig bis 5 sehr viel)
3. Wie war das Arbeiten mit den iPads für dich in der letzten Zeit? (1 sehr leicht
bis 5 sehr schwer)
Die konfirmatorische Faktorenanalyse (CFA) diente dazu, das Modell des KIMoG
auf seine Güte (Konstruktvalidität) zu prüfen. Zu diesem Zweck wurden mithilfe
des dazugehörigen Strukturgleichungsmodells Fit-Indizes berechnet, die Infor-
mationen über den Modell-Fit liefern, d. h. darüber, wie gut das Modell mit den
empirisch beobachteten Daten übereinstimmt. Dazu wurde ein näherungsweiser
Modell-Fit mit Hilfe des RMSEA-Index (Root-Mean-Square-Error-of-Approxima-
tion) berechnet. Der RMSEA setzt das Modell ins Verhältnis zu einem perfekten
(saturierten) Modell. Nach Fan, Thompson und Wang (1999) reicht dieser Fit-Index
zur Bestimmung der Modellgüte aus, sofern man davon ausgeht, dass empirische
Modelle immer Vereinfachungen der Realität darstellen (Cheung und Rensvold
2002). Für Stichproben unter 250 Personen wird in der Literatur ein Cut-off Wert
von < .08 für einen ausreichend guten Modellfit angegeben (Fan et al. 1999). Bei
dem vorliegenden Sample wurde ein RMSEA von .047 erreicht. Damit liegt ein
ausreichender Modell-Fit vor. Bestätigt wurde das Ergebnis durch den CFI, einen
ebenfalls bei AMOS ausgegebenen Fit-Index. Der Fit-Index CFI beurteilt die Mo-
dellangemessenheit relativ zu einem Unabhängigkeitsmodell, bei dem die Variablen
vollständig unabhängig voneinander sind, und sollte den Wert 0,95 überschreiten.
Der CFI Wert von 0,958 des geprüften Modells (KIMoG) signalisierte daher einen
guten approximativen Modell-Fit (Fan et al. 1999).
Zur Bestimmung der Messgenauigkeit der KIMoG als Skala zur Erfassung
intrinsischer Motivation bei Grundschülerinnen und -schülern mit vier Subskalen
wurde die interne Konsistenz mit Hilfe von Cronbach’s α berechnet. Trotz gerin-
ger Itemzahlen der Kurzskala liegen hohe interne Konsistenzen für die Subskalen
Vergnügen, Kompetenzerleben, Wahlfreiheit und Anspannung/Druck vor (vgl. Tab.
1). Die Analyse ergab für die Subskalen Cronbach’s α Werte von 0,71 bzw. 0,70 und
für die Gesamtskala intrinsischer Motivation von 0,74. Reliabilitätskoeffizienten
von ≥ .70 gelten nach Lienert und Raatz (1994, S. 269) als ausreichende Norm. Die
Subskala Anspannung/Druck erreicht mit 0,58 einen etwas geringeren Reliabili-
tätswert als die anderen Skalen.
Die Subskalen Vergnügen und Kompetenzerleben zeichnen sich durch vergleichs-
weise hohe Mittelwerte aus. Der Mittelwert der Subskala Wahlfreiheit als weiteres
Grundbedürfnis intrinsischer Motivation liegt zum Messzeitpunkt (etwa fünf Monate
nach Projektbeginn) deutlich darunter. Die Skala Anspannung/Druck als ein Wert,
der eher gegen ein freiwilliges intrinsisch motiviertes Handeln spricht, zeigt eher
geringe Mittelwerte auf (vgl. Tab.1). Die Ergebnisse, die in Abschnitt 4 ausführlich
dargestellt und erörtert werden, führen zu der Frage, ob die vergleichsweise hohe
Motivation zu dem frühen Messzeitpunkt nur ein Anfangseffekt ist, der durch die
Neuheit der Geräte auftritt oder ob sich dieser Effekt über die Zeit hält. Zum anderen
stellt sich die Frage, ob durch die Untersuchung selbst Effekte auftreten, die sich in
Einsatz von Tablets in Grundschulen 259
einem Anstieg der Motivation äußern (so genannter Hawthorne Effekt) und wenn
ja, ob diese ggf. nur kurzfristig sind (Roethlisberger 1966¸ Schiffler 2000). Hierbei
ist der längere Untersuchungszeitraum hilfreich, um den Verlauf der Motivation
über die Zeit beobachten zu können.
4 Untersuchungsergebnisse
Abb. 2 Verlauf der einzelnen Subskalen intrinsischer Motivation bei der Arbeit mit
Tablets im Unterricht über acht Messzeitpunkte innerhalb von 18 Monaten .
Skala von 1=stimmt gar nicht bis 5=stimmt völlig
auch in formalen Lernsettings in der Grundschule günstig auf die Motivation der
Kinder auswirken.
Bei der Projektschule b) (vgl. Abb. 4) kann man über den Projektverlauf gut
beobachten, wie einerseits das Gewähren von mehr Wahlfreiheit im Unterricht
mit den Tablets zu kontinuierlich hohen Mittelwerten der Skalen Vergnügen und
Kompetenzerleben führen (Zeitspanne t1 – t6). Anderseits bei Unterrichtsphasen mit
eingeschränkter Handlungsfreiheit das Interesse und Vergnügen an der Arbeit mit
Tablets nachlässt (Zeitspanne t7 – t8). Aus den Unterrichtsnotizen der Lehrkräfte
geht hervor, dass in der letzten Projektphase (t6 – t8) vor allem wiederholt nach
unterschiedlichen Themen im Internet recherchiert wurde und die Geräte insge-
samt weniger häufig im Unterricht zum Einsatz kamen. Während das Kompeten-
zerleben bei der eingeübten Tätigkeit Recherche im Internet von den Schülerinnen
und Schülern vergleichsweise hoch eingeschätzt wird, lässt das wahrgenommene
Vergnügen und Interesse bei vergleichsweise gleichförmigem Einsatz der Tablets
mit der Zeit nach. Es lässt sich vermuten, dass das für die Motivation wesentliche
Gefühl des Ownership (vgl. auch Jones und Issroff 2007) und damit die Kontrolle
über die Geräte und die Möglichkeiten diese als Werkzeuge im eigenen Lernpro-
zess zu nutzen, bei weniger häufigem und gleichförmigem Einsatz verloren geht.
Abb. 5 Einschätzungen der Schülerinnen und Schüler, inwiefern das Arbeiten mit den
Tablets leicht bzw. schwer gefallen ist. Skalenpole von 1 = sehr schwer bis 5 =
sehr leicht
Insgesamt nehmen die Schülerinnen und Schüler die Arbeit mit den Tablets als
leicht wahr. Berichte aus den Projekttreffen der Lehrkräfte stützen diese Beob-
achtung. Dass die Lehrkräfte sich zu Projektbeginn ebenso wie die Kinder einen
sicheren Umgang mit den Tablets erarbeiten mussten, könnte durchaus als ein
Vorteil für die Medienintegration gesehen werden. Einfache Lernszenarien mit
begrenzten Handlungsalternativen, hohem Instruktionsanteil und einer kleinen
App-Auswahl bewältigen die Schülerinnen und Schüler zu Projektbeginn ebenso
Einsatz von Tablets in Grundschulen 265
Abb. 6 Einschätzungen der Schülerinnen und Schüler wie viel oder wenig sie in der
letzten Zeit beim Arbeiten mit den Tablets gelernt haben. Skalenpole von 1 =
sehr wenig bis 5 = sehr viel
Abb. 7 Auskünfte der Schülerinnen und Schüler darüber, wie gerne sie weiterhin mit
den Tablets im Unterricht arbeiten möchten. Skalenpole von 1 = gar nicht bis
5 = sehr
Im Zusammenhang mit dem Wunsch der Kinder, weiterhin mit den Tablets zu
arbeiten, fällt ein negativer Zusammenhang mit der Medienkompetenz der Eltern
auf. Schülerinnen und Schüler, deren Eltern weniger medienkompetent sind, nutzen
die Tablets besonders gern (r = -.35, p< 0.05, bei zweiseitiger Testung). Vermutet
wird als Hintergrund, dass diese Schülerinnen und Schüler ihren durch die Tab-
let-Nutzung erfahrenen Wissensvorsprung gegenüber ihren Eltern als motivierend
erleben oder ihnen solche Geräte zu Hause nicht zugänglich sind und sie deren
Nutzung daher umso mehr wertschätzen.
Einsatz von Tablets in Grundschulen 267
Zusätzlich zur Abfrage von Vorerfahrungen mit iPads wurde auch nach der PC/
Laptopnutzung vor Projektstart gefragt. Abbildung 8b zeigt die Antworten auf
die Frage:
3 http://www.ard-zdf-onlinestudie.de/
4 http://www.mpfs.de/index.php?id=613
268 Alexander Tillmann und Claudia Bremer
Abb. 8b Antworten auf die Frage zur Mediennutzung mit PC/Laptop an Schüler/innen
Überraschend war bei der letzten Frage, dass – im Gegensatz zu anderen Untersu-
chungen (vgl. Mayrberger 2012; Schaumburg 2004) – kein Unterschied zwischen
Mädchen und Jungen vorlag.
und Lehrern reden werden: Ein Effekt, den die Lehrkräfte fast gar nicht sehen, die
Eltern aber durchaus befürchten.
Auch das Potential, dass die Schülerinnen und Schüler aufgrund des Tablet-Einsatzes
mehr miteinander reden, wird von den Lehrkräften höher eingeschätzt als von den
Eltern. Dies kann ggf. daran liegen, dass die Lehrkräfte den Unterricht gestalten
können, während sich die Eltern dem Geschehen im Klassenraum eher ausgeliefert
fühlen – sicher ein Anlass für Aufklärungsgespräche über die geplanten Unter-
richtskonzeptionen. Die Erwartungshaltungen bzgl. des Medienkompetenzaufbaus
und der Mediennutzung divergieren an einigen Stellen: So ist es den Lehrenden
wichtiger als den Eltern, dass die Schülerinnen und Schüler lernen, mit Hilfe der
elektronischen Medien mit anderen zusammenzuarbeiten. Dagegen ist es den
Eltern wichtiger als den Lehrkräften, dass die Schülerinnen und Schüler auch die
Chancen und Risiken von Computerspielen kennenlernen. Den Lehrkräften sind
dagegen Kompetenzen, wie das Erstellen einer Präsentation mit Hilfe von elektro-
nischen Medien, wichtiger als den Eltern. Erste Befragungen der Schülerinnen und
Schüler sowie der Lehrkräfte nach Projektstart zeigen zudem, dass die Einführung
in die Apps Zeit beansprucht und daher besser mit wenigen Apps als mit zu vielen
parallel gearbeitet werden sollte. Gerade der fächerübergreifende Unterricht bietet
sich hierzu in den Grundschulen an. Auch in den Lehrerfortbildungen wurden
diese Aspekte berücksichtigt und nur wenige Apps ausführlich behandelt. Zudem
zeigen die Schülerbefragungen, dass gerade die Kombination von Medien – auch
270 Alexander Tillmann und Claudia Bremer
Blickt man auf die Entscheidung des Projektträgers zurück, iPads einzusetzen, so
könnte bei einer Ausweitung des Projektes und z. B. bei der Integration weiterer
Schulen die Gerätefrage nochmals neu gestellt werden. Unter dem Aspekt, dass
der Einsatz mobiler Endgeräte an sich Unterrichtsverbesserungen ermöglicht und
Motivationseffekte hat, stellt sich zusätzlich die Frage, welche Vorteile die Tablets
gegenüber anderen Geräten haben, wie z. B. Notebooks oder Laptops. Hierbei wird
meist das geringe Gewicht der Geräte zum Tragen genannt (s. bspw. Marés 2012),
was vor allem im Grundschulbereich eine große Rolle spielt. Viele Autoren nennen
die mögliche durchgängige Mediennutzung (Kontinuität) als ein wesentliches Merk-
mal, was wiederum motivationale Effekte haben kann: Informationen können in
einem Kontext aufgenommen werden, das Gerät kann leicht transportiert werden,
und die Informationen können an anderer Stelle bearbeitet werden (Chan et al.
2006; Looi et al. 2010; Penuel 2006; Vavoula, und Sharples 2002). Dies ist neben
dem leichten Gewicht vor allem auch durch die lange Akkulaufzeit, die dadurch
längere Unabhängigkeit vom Stromanschluss und die hohe Mobilität möglich.
Dadurch wird einerseits die Bewegung im Klassenraum, wie auch die Verknüpfung
von Aktivitäten außerhalb des Unterrichtsraums möglich, z. B. durch Filmen an
anderen Orten, im Freien, Begleitung von Exkursionen, Tonaufnahmen an Orten,
wo keine andere Schülergruppe gestört wird usw. Auch die vielen technischen
Funktionalitäten, wie beispielsweise die integrierte Kamera sowie das Mikrophon
und die zur Verfügung stehenden Apps, machen die Nutzung der Geräte gerade
im Grundschulbereich attraktiv, verbunden mit der intuitiven Nutzung und damit
geringeren Einarbeitungszeit.5 Die geringe eigene Speicherkapazität der Geräte
wird in einigen Studien als Vorteil gesehen, da so die zentrale Wartung durch die
Anbindung an ein zentrales Netzwerk gefördert wird (Murphy 2014). Ebenso wurde
in dem von Murphy beschriebenem Rollout von Tablets in L.A Unified Schools
als zweitgrößter Schulverbund in den USA das Vorhandensein einer Tastatur als
Vor- und als Nachteil gesehen. So haben sich beispielsweise in den USA einige
5 Genau dies zu überprüfen ist eines der Untersuchungsziele, wobei kein Vergleich mit
anderen Geräten vorgenommen wird, da im Rahmen der Studie keine alternative Com-
puter- oder Laptopausstattung diskutiert wurde, sondern die Tabletnutzung meist die
erste Nutzung digitaler Medien im Klassenraum darstellte.
Einsatz von Tablets in Grundschulen 271
Schulen und auch Regionen wie der der Los Angeles Unified Schools gegen iPads
und stattdessen für andere Geräte entschieden. Grund war vor allem die einfachere
Wartung und Pflege.
Ähnlich wie in anderen Projekten, bei denen nicht die Auswahl des am besten
geeigneten Tabletmodells im Mittelpunkt des Pilotversuchs stand, wurde das iPad
als einziges Tablet für alle Schulen im vornherein ausgewählt. Gründe dafür lagen
in der zum Start der Projektplanung 2012/13 geringeren Auswahl an Gerätealter-
nativen als heute sowie der großen Bekanntheit des iPads. Das iPad bot zu diesem
Zeitpunkt zahlreiche verfügbare Apps auch für schulische Nutzungskontexte,
was für die alternativen Geräte bzw. Betriebssysteme in diesem Ausmaß durch
die Entscheidungsträger und beratenden Medienzentren nicht wahrgenommen
wurde. Die Einheitlichkeit der Geräte für alle beteiligten Schulen sollte mit Si-
cherheit auch den Aufwand der Betreuung und den Austausch von Erfahrungen
zwischen den beteiligten Lehrkräften vereinfachen – etwas, das mit Sicherheit auch
gelungen ist. Die Wahl des iPads selbst als Gerät für die Unterrichtszwecke stand
daher nicht im Fokus der Diskussion. Das heißt, erst im Projektverlauf wurde die
Gerätewahl selbst als eines der Untersuchungsziele eingebracht und die Nutzung
verschiedener Geräte verglichen – ein Vorhaben, das ggf. in einem Folgeprojekt
in Hessen aufgegriffen werden könnte, aber zum Projektbeginn nicht Ziel war. Im
Rahmen des Projektes konnten in diesem Kontext ein paar wichtige lessons learned
festgestellt werden, die beispielsweise darin lagen, zum Projektbeginn mit zu vielen
verschiedenen Administrationsebenen Apps installiert zu haben. Dies erschwerte
die spätere Wartung der Geräte, da für ein Update drei verschiedene Passwörter
(das des Landesschulamtes, das des Medienzentrums und das der Schule und/oder
Lehrkraft) eingegeben werden mussten. In der Erfahrung genau solcher Effekte
liegen wiederum wertvolle Hinweise, die sich das hessische Kultusministerium
für die Fortsetzung und Ausweitung des Projektes gewünscht hat und die erst im
kleinen Umfang, eben im Rahmen des Pilotprojektes, gemacht werden sollten.
Die Berichte aus den USA zeigen, dass andernorts ganz ähnliche Fehler und Er-
fahrungen wie auch Lernkurven verzeichnet wurden (Murphy 2014). Ob für eine
Projektfortsetzung die Gerätefrage neu gestellt wird, was aufgrund der Verfügbarkeit
günstigerer Alternativen wie auch mehrerer Apps, auch für andere Betriebssyste-
me, sinnvoll erscheint, ist den Autoren allerdings noch nicht bekannt. Sinnvoll ist
sicherlich, hierfür einen Kriterienkatalog für die Gerätewahl zu entwickeln und
auf die inzwischen häufiger als noch zum Projektstart dokumentierten Erfahrun-
gen anderer Projekte zurückzugreifen. Die Berichte aus den Projekttreffen zeigen,
dass die Wartung mithilfe eines Apple-Konfigurators technisch anspruchsvoll
ist, jedoch zur kontinuierlichen und flexiblen Nutzung der iPads in den Schulen
längerfristig als sinnvollste Lösung wahrgenommen wurde. Nach Updates des
272 Alexander Tillmann und Claudia Bremer
5 Ausblick
Geplant ist neben der Fortführung der Erfassung der Kurzskala intrinsischer Moti-
vation bei Grundschulkindern (KIMoG), um die Entwicklung dieser Variable über
einen längeren Zeitraum beobachten zu können, die Durchführung qualitativer
Fallstudien unterrichtsbezogenen Medienhandelns in der Grundschule und zu
Beginn der Sekundarstufe I (5.-7. Klasse). Mithilfe leitfragengestützter Interviews
werden Lehrkräfte vertieft nach Aspekten wie z. B. der besonderen Förderung
bestimmter Medienkompetenzen und den unterschiedlichen Nutzungsformen
der mobilen Endgeräte befragt. Darüber hinaus werden subjektive Perspektiven
der Lehrkräfte zur Mediennutzung und Medienkompetenzförderung erfasst,
da davon ausgegangen wird, dass sich subjektive Theorien der Lehrerinnen und
Lehrer in Bezug auf die Mediennutzung und die Gestaltung von Unterricht mit
iPads als handlungsleitend erweisen (vgl. Breiter et al. 2013). Zur Vertiefung und
Ergänzung bisheriger Untersuchungsergebnisse, aus denen sich bereits Maßnahmen
zur Entwicklung des Unterrichts mit Tablets ableiten ließen – wie zum Beispiel der
verstärkten Förderung von Wahlmöglichkeiten und dem Einsatz der Tablets als
Werkzeug zur Gestaltung selbstbestimmter Lernprozesse – ist die Auswertung von
videographierten Unterrichtsbeobachtungen vorgesehen, um Unterrichtsverläufe
und Wirkungen zu dokumentieren, z. B. auf die Sozialformen. Die Unterrichtsbeob-
achtungen ergänzen die qualitativen Interviews mit den Lehrkräften, so dass über
Fallbeschreibungen und Typisierungen fallübergreifende Analysen zum Einsatz von
iPads in der Grundschule möglich werden. In diesem Zusammenhang sind auch
Befragungen der Schulleitungen in Bezug auf Rahmenbedingungen, Wirksamkeit
und Weiterentwicklungen vorgesehen, um auch in diesen Bereichen Handlungs-
empfehlungen ableiten zu können. Darüber hinaus ist die Beschreibung von best
practice-Beispielen in allen Grundschulfächern in Vorbereitung, bei denen auch
die Eignung bestimmter Apps für Lern- und Gestaltungszwecke bewertet wird.
Einsatz von Tablets in Grundschulen 273
Literatur
Haab, S., Schnetzler, C. L., Reusser, K., & Krammer, K. (2006). Stimmungsbarometer – ein
Feedbackinstrument für Online-Lernumgebungen. In: E. Seiler Schiedt, S. Kälin, & C.
Sengstag (Hrsg.), E-Learning – alltagstaugliche Innovation? Medien in der Wissenschaft.
Bd. 38 (S. 195-204). Münster: Waxmann.
Häuptle, E. & Reinmann, G. (2006): Notebooks in der Hauptschule. Augsburg: Universität.
Heinen, R., Kerres, M., & Schiefner-Rohs, M. (2013). Auf dem Weg zur Medienschule: Beglei-
tung der Integration von privaten, mobilen Endgeräten in Schulen. Schulpädagogik heute 7.
Heinrich, P. (2012). The iPad as a tool for education: A study of the introduction of iPads at
Longfield Academy. Kent, UK: Naace.
International Association for the Evaluation of Educational Achievement. (2013). International
Computer and Information Literacy Study (ICILS) 2013 Technical Report. Amsterdam,
the Netherlands: IEA Secretariat.
Issing, L. J., & Seidel, T. (2010). Integration von Laptops in den Unterricht mit implementa-
tionsfördernden Maßnahmen. In: B. Eickelmann (Hrsg.), Bildung und Schule auf dem
Weg in die Wissensgesellschaft (S. 85-97). Münster: Waxmann.
Johnson, L., Adams Becker, S., & Cummins, M. (2012). NMC Horizon Report: 2012 Higher
Education Edition. Austin, Texas: The New Media Consortium.
Johnson, L., Adams Becker, S., Cummins, M., Estrada, V., Freeman, A., & Ludgate, H. (2013).
NMC Horizon Report: 2013 K-12 Edition. Austin, Texas: The New Media Consortium
New Media Consortium.
Jones, A., & Issroff, K. (2007). Motivation and mobile devices: exploring the role of appro-
priation and coping strategies. ALT-J, Research in Learning Technology 15 (3), 247-258).
Jones, A., Issroff, K., Scanlon, E., Clough, G., McAndrew, P., & Blake, C. (2006). Using mo-
bile devices for learning in informal settings: is it motivating? In IADIS International
Conference on Mobile Learning, 14-16 July 2006. Dublin: IADIS Press, 251-255.
Keller, J. M. (2010). Motivational Design for Learning and Performance: The ARCS model
approach. New York: Springer.
Krapp, A. (2005). Das Konzept der grundlegenden psychologischen Bedürfnisse. Ein Erklä-
rungsansatz für die positiven Effekte von Wohlbefinden und intrinsischer Motivation
im Lehr-Lerngeschehen. Zeitschrift für Pädagogik 51(5), 626-641.
Krombaß, A., & Harms, U. (2006). Ein computergestütztes Informationssystem zur Biodi-
versität als motivierende und lernförderliche Ergänzung eines Naturkundemuseums.
Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften 12, 7-22.
Kultusministerkonferenz: Medienbildung in der Schule. Beschluss der Kultusministerkon-
ferenz vom 8. März 2012.
Länderkonferenz MedienBildung (2008): Kompetenzorientiertes Konzept für die schulische
Medienbildung. LKM-Positionspapier vom 01.12.2008.
Lienert, G. A., & Raatz, U. (1994). Testaufbau und Testanalyse. Weinheim: Beltz PVU.
Looi, C.-K., Seow P., Zhang B. H., So H.-J., Chen, W., & Wong L.-H. (2010). Leveraging
mobile technology for sustainable seamless learning. British Journal of Educational
Technology 41, 154-169.
Marés, L. (2012). Tablets in education. Opportunities and challenges in one – to -one programs.
Study conducted with the contribution of the Organization of Ibero-American States,
Buenos Aires Regional Office (OEI), publiziert auf Red Latinoamericana de Portales
Educativos. http://www.relpe.org/wp-content/uploads/2012/04/Tablets-in-education.
pdf. Zugegriffen: 04.01.2016.
Einsatz von Tablets in Grundschulen 275
Martin, F., & Ertzberger, F. (2013): Here and now mobile learning: An experimental study
on the use of mobile technology. Computers & Education 68, 76-85.
Mayrberger, K. (2012): Digitale Medien in der Grundschule. Die Grundschulzeitschrift
26(251), 18-23.
Melhuish, K. & Falloon, G. (2010). Looking to the future: M-learning with the iPad. Com-
puters in New Zealand Schools. Learning, Leading, Technology 22(3), 1-16.
Medienberatung Nordrhein-Westfalen (2014). Medienpass Nordrhein-Westfalen. http://
www.medienberatung.schulministerium.nrw.de/Medienberatung-NRW/Medienpass/
Kompetenzrahmen-Printfassung.pdf. Zugegriffen: 04.01.2016.
Moosbrugger, H., & Schermelleh-Engel, K. (2007). Exploratorische (EFA) und Konfirma-
torische Faktorenanalyse (CFA). In: H. Moosbrugger, & A. Kelava (Hrsg.), Testtheorie
und Fragebogenkonstruktion (S. 307-324). Berlin: Springer.
Murphy, M. E . (2014): Why some schools are selling their iPads. The Atlantic, August 5,
2014. http://www.theatlantic.com/education/archive/2014/08/whats-the-best-device-
for-interactive-learning/375567/. Zugegriffen: 04.01.2016.
Penuel, W. R . (2006). Implementation and effects of one-to-one computing initiatives: A
research synthesis. Journal of Research on Technology in Education 38(3), 329-348.
Reinmann, G., & Mandl, H. (2006). Unterricht und Lernumgebungen gestalten. In: A. Krapp,
& B. Weidenmann (Hrsg.), Pädagogische Psychologie (S. 613-658). Weinheim: Beltz PVU.
Reiser, R. A., & Dick, W. (1996). Instructional planning: A guide for teachers. 2. Aufl. Boston:
Allyn and Bacon.
Reynolds, R., Walker, K., & Speight, C. (2010). Web-based museum trails on PDAs for univer-
sity-level design students: design and evaluation. Computers & Education 55(3), 994-1003.
Rheinberg, F. (2010). Intrinsische Motivation und Flow-Erleben. In: J. Heckhausen, & H.
Heckhausen (Hrsg.), Motivation und Handeln (S. 365-385). Berlin: Springer.
Rikala, J., Mylläri, J. & Vesisenaho, M. (2013). Actual and potential use of tablets in schools.
An Interdisciplinary Journal on Humans in ICT Environments, 9(2), 113-131.
Roethlisberger, F. J.; Dickson, W. J., & Wright, H. A. (1966). Management and the Worker. An
Account of a Research Program Conducted by the Western Electric Company. Hawthorne
Works, Chicago (1939). 14. Aufl. Cambridge, MA: Harvard University Press,
Rotter, J. B. (1966). Generalized expectancies for internal versus external control of rein-
forcement. Psychological Monographs: General and Applied, 609, 1–28.
Ryan, R. M., & La Guardia, J. G. (1999). Achievement motivation within a pressured society.
Intrinsic and extrinsic motivations to learn and the politics of school reform. In T. C .
Urdan (Hrsg.), Advances in motivation and achievement. The role of context Vol. 11
(S.45-85). Stanford, CT: Jai Press.
Schaumburg, H. (2004): Laptops in der Schule – ein Weg zur Überwindung des Digital
Divide zwischen Jungen und Mädchen? Zeitschrift für Medienpsychologie 16(4), 142-154.
Schaumburg, H., Prasse, D., Tschackert, K., & Blömeke, S. (2007). Lernen in Notebook-Klas-
sen. Endbericht zur Evaluation des Projekts „1000mal1000: Notebooks im Schulranzen“.
Bonn: Schulen ans Netz e. V.
Schiffler, L. (2000). Der Placebo- und Hawthorne-Effekt in der Interaktion zwischen Lehren-
den und Lernenden und Lernenden untereinander. In: K. Bausch, H. Christ, F. Königs,
& H. Krumm (Hrsg.), Interaktion im Kontext des Lehrens und Lernens fremder Sprachen
(S. 218-225). Tübingen: Narr.
Sharples, M., Lonsdale, P., Meek, J., Rudman, P. D., & Vavoula, G. N. (2007). An evaluation
of MyArtSpace: a mobile learning service for school museum trips. In A. Norman, & J.
276 Alexander Tillmann und Claudia Bremer
Pearce (Hrsg.). Proceedings of 6th annual conference on mobile learning, mLearn 2007
(S. 238-244). Melbourne.
Shih, J.-L., Chuang, C.-W., & Hwang, G.-J. (2010). An inquiry-based mobile learning ap-
proach to enhancing social science. Learning effectiveness. Educational Technology &
Society 13(4), 50-62.
Urhahne, D. (2008). Sieben Arten der Lernmotivation. Ein Überblick über zentrale For-
schungskonzepte. Psychologische Rundschau 59, 150-166.
Vavoula, G., & Sharples, M. (2002). Requirements for the design of lifelong learning or-
ganisers. Proceedings of MLEARN2002, European Workshop on Mobile and Contextual
Learning. Birmingham, 23-26.
Welling, S., & Stolpmann, B. C . (2012): Mobile Computing in der Schule – Zentrale Her-
ausforderungen am Beispiel eines Schulversuchs zur Einführung von Tablet-PCs. In:
R. Schulz-Zander et al. (Hrsg.), Jahrbuch Medienpädagogik 9 (S.197-221). Wiesbaden:
Verlag für Sozialwissenschaften.
White, R. W. (1959). Motivation Reconsidered the Concept of Competence. Psychological
Review, 66(5), 297-333.
Wilde, M., Bätz, K., Kovaleva, A., & Urhanhne, D. (2009). Überprüfung einer Kurzskala
intrinsischer Motivation (KIM). Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften Jg.
15, 31-45.
Wu, W., Wu, Y., Chen, C., Kao, H., Lin, C., & Huang, S. (2012). Review of trends from mobile
learning studies: A meta-analysis. Computers & Education 59, 817-827.
Tablets in der Schule aus Perspektive der
Lehrerbildung: Schnittstelle Referendariat
Mandy Schiefner-Rohs
Zusammenfassung
Projekte, die den Einsatz von Tablets in der Lehrerbildung fokussieren und unter-
suchen, sind in der Minderheit gegenüber Projekten, die Kinder und Jugendliche
im Blick haben . Nur vereinzelt gibt es Hinweise auf derartige Studien, in denen
meistens Studierende allgemein und nicht spezifisch Lehramtsstudierende im
Vordergrund stehen . Der Artikel beleuchtet den Einsatz von Tablets in der
Lehrerbildung, speziell in der zweiten Phase, dem Vorbereitungsdienst resp .
Referendariat . Ausgehend von einem explorativ angelegten Projekt wird der Frage
nachgegangen, wie Referendarinnen und Referendare Tablets zur Organisation
ihres Lern- und Arbeitsalltags nutzen und welche Handlungspraktiken sich in
der Nutzung des Geräts für den persönlichen Lern- und Arbeitsalltag ausbilden .
1 Ausgangslage
Schon früh sind digitale Medien in der Schule auch in Bezug zur Lehrerbildung
diskutiert worden . Es ist davon auszugehen, dass ohne eine angemessene Integration
in alle Phasen der Lehrerbildung eine Integration digitaler Medien in der Schule
kaum gelingen wird . Seit mehreren Jahren steht damit vor allem die universitäre
Phase der Lehrerbildung im Vordergrund bildungspolitischer Forderungen (KMK
1998) und daran anschließend medienpädagogischer und hochschuldidaktischer
Projekte . Die oft gestellte Frage geht in die Richtung, wie digitale Medien in der
schulischen Bildung (Kammerl und Ostermann 2010) und darüber hinaus in der
universitären Lehrerbildung verankert werden können (KMK 1998; Tulodziecki
1997; Schiefner-Rohs 2012a, 2012b) . Gefragt wurde darüber hinaus auch nach der
277
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2017
J. Bastian und S. Aufenanger (Hrsg.), Tablets in Schule und
Unterricht, DOI 10.1007/978-3-658-13809-7_12
278 Mandy Schiefner-Rohs
Die Lehrerbildung kennt wie andere Professionen eine Phase des Übergangs vom
Hochschulstudium in den Beruf. Auf diese besondere Phase in der Lehrerbildung soll
daher kurz eingegangen und die Notwendigkeit dargelegt werden, das Referendariat
im Sinne einer Medienbildung entlang der Lehrerbildungskette (Schiefner-Rohs
2015b) stärker in den medienpädagogischen Fokus zu setzen.
Studiengänge kann man danach unterscheiden, wie stark sie auf Beruflichkeit hin
konzipiert sind (vgl. Tremp 2015): Klassische Professionen, die im Wesentlichen die
schon im 19. Jahrhundert staatlich regulierten akademischen Berufe ausbilden, Stu-
diengänge, die auf einigermaßen klar beschreibbare Tätigkeitsfelder hinführen (z. B.
Wirtschaftswissenschaften, Sozialpädagogik) und Studiengänge, denen konkrete
Berufsfelder häufig nicht zugeordnet sind und in denen die individuelle Erarbeitung
beruflicher Zielvorstellungen während des Studiums auf Seiten der Studierenden
liegt. Für diesen Artikel ist der erste Typ relevant, auch wenn für die Lehrerbil-
dung zu konstatieren ist, dass sie nicht unter den klassischen Professionsdiskurs
zu fassen ist (Schiefner-Rohs 2015a). Studiengänge des ersten Typs unterscheiden
sich nun von den anderen, indem diese neben der konkreten Berufskonzeption mit
der Phase eines Referendariats eine institutionalisierte Phase des Übergangs vom
Hochschulstudium in das berufliche Handeln aufweisen.
In der Lehrerbildung ist das Referendariat die stärker praktisch ausgerichtete
Phase im Vergleich zur universitären Phase (Bölting und Thomas 2007). Im Refe-
rendariat geht es um eine „angeleitete und moderierte Praxiserprobung“ (Wernet
2006, S. 46) oder provokant ausgedrückt um das „Einschleifen unterrichtstypischer
280 Mandy Schiefner-Rohs
Bewegungen, Haltungen und Gesten“ (Alkemeyer und Pille 2008, S. 143). Ziel ist es,
den Einstieg in die eigene berufliche Praxis angeleitet erfolgreich zu bewerkstelligen.
In engem Kontakt zu Studienseminaren und Seminarleiterinnen und Seminarleitern
erwerben Referendarinnen und Referendare die Kompetenz zum selbstständigen
Unterrichten inklusive aller damit verbundenen Aufgaben von Lehrpersonen (un-
terrichten, erziehen, diagnostizieren, …). Die Professionalisierung dieser Bereiche
wird in dieser Phase organisiert „im Zusammenspiel von Hospitationen, Übungen,
Reflexionen, Problem und Prüfungen“ (ebd., S. 149).
Diese Phase des Übergangs ist für die Referendarinnen und Referendare ge-
prägt von Krisen: Schaut man in die wenigen erziehungswissenschaftlichen bzw.
schulpädagogischen Veröffentlichungen, so wird immer wieder Überforderung als
zentrales Organisationsprinzip hervorgehoben (Alkemeyer und Pille 2008, S. 143).
Darüber hinaus gibt es das die Lehrerbildner betreffende Problem der Doppelrolle
der an der Ausbildung Beteiligten: Im Gegensatz zur universitären Lehrerbildung,
die sich stärker als Distanzierung zur beruflichen Praxis sieht, ist die Antinomie
von Helfen/Beraten vs. Prüfen (Wernet 2009) im Referendariat stärker ausgeprägt
für die Referendarinnen und Referendare erlebbar.
Die historische Genese des Referendariats, z. B. die Institutionalisierung in
„eigens eingerichteten Behörden unterhalb der Ministerien“ (Abs 2011, S. 385) und
damit verbunden die Arbeit „komplementär zu den Universitäten […] indem sie
[…] aus fachlich gebildeten Akademikern Lehrkräfte ausbildeten“ (ebd., S. 386),
erschwert eine Zusammenarbeit mit der universitären Lehrerbildung bis heute. So
sind z. B. verschiedene Personen an der Ausgestaltung dieser Phase beteiligt. Zu
unterscheiden sind grob zwei Gruppen von Lehrerbildnern (ebd., S. 389):
Eine Gruppe stellen die Ausbilder dar, die an den schulexternen Trägerorga-
nisationen der Programme beschäftigt sind und angehende Lehrer durch Unter-
richtsbesuche und Beratung betreuen. Die Angehörigen dieser Gruppe werden als
Fachleiter, Lehrbeauftragte an Studienseminaren oder Ausbildungsleiter bezeichnet;
sie sind in der Regel auch für die Gestaltung von Einführungsveranstaltungen und
(fach-)didaktischen Kursen verantwortlich. Die andere Gruppe umfasst die beglei-
tenden Lehrkräfte in der jeweiligen Schule der beginnenden Lehrer. Die Angehö-
rigen dieser Gruppe werden als Mentoren, Kontaktlehrer oder Ausbildungslehrer
bezeichnet; sie sind erste Ansprechpartner für Hospitationen und Anfragen der
neuen Lehrkräfte im Schulalltag.
Damit ist analog zur universitären Phase der Lehrerbildung, in der vielfältige
Inhalte und Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen an der Hochschule
existieren (Fachwissenschaft, Fachdidaktik und Bildungswissenschaft), auch die
anschließende Phase der Lehrerbildung konfrontiert mit Komplexität in der Aus-
gestaltung und Umsetzung.
Tablets in der Schule aus Perspektive der Lehrerbildung 281
Im Fokus dieses Artikels steht die Frage, wie die Einbindung digitaler Medien,
im vorliegenden Fall Tablets, in die bestehende, persönliche Lernumgebung der
Referendarinnen und Referendare gelingt und welche Handlungspraktiken sich
dabei entwickeln. Beleuchtet werden in dieser explorativen Studie vor allem die
Schaffung persönlicher Lern- und Arbeitsumgebungen und Prozesse reflexiver
Auseinandersetzung mit kontextübergreifendem Handeln im Lern- und Arbeits-
prozess der Referendarinnen und Referendare. Welche Rolle übernimmt hier das
Medium? Im Vordergrund stehen dabei folgende Forschungsfragen: Wie nutzen
Referendarinnen und Referendare das Tablet zur Gestaltung ihres Arbeitsalltags
und als mediendidaktisches Werkzeug? Welche Praktiken bilden sich in den
verschiedenen Handlungsfeldern heraus? Gibt es zwischen den unterschiedlichen
Handlungsfeldern im Referendariat Unterschiede? Wie gestalten Referendarinnen
und Referendare das Handeln zwischen verschiedenen Kontexten durch Medien?
Als Untersuchungsfeld genutzt wird hier ein Pilotprojekt eines Studienseminares
in Rheinland-Pfalz genutzt, welches Tablets gezielt im Referendariat eingesetzt
hat. Ziel der Projektgruppe war es nach der internen Projektbeschreibung des
Studienseminarleiters,
den Einsatz von Tablets während der zweiten Phase der Lehrerbildung in
verschiedenen Handlungsfeldern zu erproben und Einblicke über die gezielte
Nutzung elektornischer [sic!] Medien exemplarisch zu gewinnen. Ausgangs-
punkt sind unsere Handlungsfelder, d. h. es geht um den Einsatz in und für
Lernprozesse, weitere dienstliche Zwecke, aber auch um die privaten Nutzungen.
Den Schwerpunkt sehe ich auf den beruflichen Handlungsfeldern, die in der
Tablets in der Schule aus Perspektive der Lehrerbildung 283
5 Ein herzlicher Dank für die Unterstützung in diesem Prozess geht an Andreas Hauch,
Désirée Koch sowie Alexander Theobald.
Tablets in der Schule aus Perspektive der Lehrerbildung 285
[…] und da zeigen sich meine Schüler, obwohl sie gut ausgestattet sind, die ja
alle Smartphones haben usw., ich hab auch so ein Fragebogen gemacht und die
sind schon ganz gut ausgestattet mit ihren Smartphones, da zeigen sie sich sehr
widerständig. Also etwas auf dem, diesem privaten Gerät zu machen, was sie
sonst eben nur für Kommunikation und solche Geschichten benutzen, da jetzt
etwas zu machen, was für die Schule ist, und wo sie etwas mit lernen sollen,
also das ist meine Interpretation schon.
Und an anderer Stelle heißt es: „Leider wird es nicht so gut von meinen Schüle-
rinnen und Schülern aufgenommen. Vermutung: Smartphone wird privat genutzt
und Schülerinnen und Schüler möchten es nicht mit Schule/Lernen verknüpfen.“
6 Mit Android, über IPAD mit IOS bis zu hybriden Notebooks mit Windows 8
286 Mandy Schiefner-Rohs
(ebd.). Der Widerstand in der Nutzung von eigenen Geräten im Unterricht wird
in der Gruppe durch das Verhältnis schulisches Lehr-Lernmaterial und privates
Gerät erklärt. Es wird aber auch klar gemacht, dass das die Interpretation der Re-
ferendarinnen und Referendare ist, die nicht unbedingt die Ursache widerspiegelt.
Das Tablet in Schülerinnen- bzw. Schülerhand wird aufgrund dieser Erfahrungen
in der Schule von zu vielen Unwägbarkeiten (Infrastruktur, Netz, Ausstattung)
eher als schwierig eingeschätzt. Als weitere kritische Punkte werden aus Sicht der
Referendarinnen und Referendare fehlende Office-Programme, die fehlende Kon-
nektivität oder technische Aspekte wie WLAN Zugang oder Kabelsalat genannt.
Anregungen der Auseinandersetzung mit den Tablets erhalten sie allerdings von
den Schülerinnen und Schülern:
Und dadurch das Gefühl, also ich war jetzt ganz überrascht, dass viele meiner
Schüler ein Tablet haben und das hat mich jetzt auch wieder ermutigt, da doch
nochmal zu versuchen eben dann die Schüler auch mal ihre Geräte mitbringen
zu lassen und dann zu arbeiten.
Diese Ausstattung überrascht die Referendarinnen und Referendare auf der einen
Seite, auf der anderen setzt es Motivation frei: Während man aufgrund der oben
genannten Bedingungen oft entmutigt sei, schöpfe man hier wieder Mut, es „doch
nochmal zu versuchen“ – eine Routine oder Handlungspraxis hat sich hier also noch
nicht gebildet, im Gegenteil, der Einsatz von Tablets im Unterricht wird immer
wieder als ein Auf und Ab gekennzeichnet.
Einen Mehrwert des Tablets sehen Referendarinnen und Referendare allerdings
vor allem in der eigenen Ausbildung sowie in der Unterstützung des eigenen
Lern- und Arbeitsverhaltens. So berichten die Diskussionsteilnehmerinnen und
-teilnehmer über den Einsatz des Tablets zur Organisation des eigenen Arbeits- und
Lernalltags: Es wird vor allem eingesetzt, indem Notizen gemacht werden, die überall
verfügbar sind oder es wird „zum PDF lesen und kommentieren“ eingesetzt. Ziel ist
es nach Aussage der Referendarinnen und Referendare, sich einen elektronischen
Workflow zu erarbeiten, damit die Notizen beispielsweise überall zur Verfügung
stehen und nicht verloren gehen. Gerade die Diskussion des Workflow nimmt al-
lerdings viel Raum ein, denn Routinen hierfür scheinen noch nicht gefunden, so
dass immer wieder über eine bessere Mediennutzung reflektiert wird: Was kann
man noch verbessern, warum hat man das Tablet in dieser und jener Situation nicht
eingesetzt? Somit ist das Tablet für die Referendarinnen und Referendare auch ein
Reflexionsinstrument, sowohl hinsichtlich eigener Routinen wie auch hinsichtlich
der Reflexion von Unterricht bzw. Schülerverhalten:
Tablets in der Schule aus Perspektive der Lehrerbildung 287
Ja, mir das vor diesem Gespräch noch gar nicht so aufgefallen, weil ich so, ich
bin da gerade so drin und mach und tu und bilde mich fort und installiere
fleißig und nimm das immer mit und pack das aus. Aber eigentlich hat sich’s
bei mir noch nicht so eingeschliffen, dass ich sag, das ist ein praktisches Gerät.
Das benutz ich weil das irgendwie gut ist. Sondern ich denk dann, ah, du hast
das dabei, jetzt benutz das auch mal.
Diese fehlenden Routinen liegen u. U. auch daran, dass in der Einschätzung der
Referendarinnen und Referendare der Unterschied zu bisher verwendeten Medien
zur Organisation des Arbeitsalltags nicht so groß sei: So ist in der Diskussion auf-
fällig, dass der Einsatz des Tablets mit Medien aus ihrem Alltag wie Smartphone,
Computer oder Stift und Papier verglichen und dementsprechend bewertet wird.
Das Tablet wird immer damit in Beziehung gesetzt und herausgestellt, was mit
dem Tablet besser (z. B. Notizen machen oder PDFs lesen) oder schlechter (Mails
tippen) funktioniere. Auch in der Nutzung sowie deren Beschreibung werden
diejenigen Apps thematisiert, die eher auf individuelles Handeln zielen: So werden
u. a. beispielsweise Apps wie Evernote, Polaris Office, MDScanLite, Google Drive
App, Dropbox, Studip Mobil, Espresso Mind Map Light, Lernkarten oder Explain
Everything besprochen. Apps, die Vernetzung mit anderen benötigen oder ermög-
lichen, werden demgegenüber deutlich selten thematisiert. Ergänzt werden können
diese Befunde mit den Schilderungen aus den Reflexionsbögen, die von denjenigen
Referendarinnen und Referendaren ausgefüllt wurden, die das Tablet-Projekt
abgebrochen haben. In der Reflexion darüber, was zum Abbruch der Nutzung des
Tablets im Referendariat geführt hat, werden vor allem die schwierige Eingabe
und Verwaltung genannt; die eigene Geduld bei der Steuerung mobiler Endgeräte
sei sehr gering. Da längere Texte nur schwer einzugeben sind, wird stattdessen
doch der Computer benutzt und die erhoffte Arbeitserleichterung blieb aus. Inte-
288 Mandy Schiefner-Rohs
ressanterweise wird der Mehrwert der Nutzung durch die Eingabe längerer Texte
charakterisiert. Da das Tablet wie der Computer genutzt wurde, ergaben sich hier
für die Referendarinnen und Referendare keinerlei Vorteile. Darüber hinaus wird
das Tablet unter dem Aspekt des Datenschutzes abgelehnt: Die Verwendung wäre
dann einfach, wenn man die vorkonfigurierten Apps nutze, die allerdings daten-
schutzrechtlichen Bestimmungen nicht genügen würden.
Angeregt diskutiert wurde das Thema Medienkompetenz von den Referendarin-
nen und Referendaren. Zwei Referendarinnen und Referendare sind in der Diskussion
der Meinung, dass sich die eigene Medienkompetenz verbessert habe. Aber auch
die Medienkompetenz der Kolleginnen und Kollegen wird als Hinderungsgrund
für Tablets im Unterricht eingebracht: Selbst die Kolleginnen und Kollegen, die
sich an Programmen wie Medienkompetenz macht Schule beteiligen, hätten noch
traditionelle Vorstellungen (Kulturverlust durch Medien) und damit „diese Bretter
in den Köpfen“. Allerdings wird hier mit dem einschließenden wir geredet („sind
wir halt noch ganz weit davon entfernt, dass wir dann eben auch den Schülern Me-
dienkompetenz beibringen können, wenn wir die selber gar nicht haben“), so dass
davon auszugehen ist, dass sich auch die Referendarinnen und Referendare noch
nicht bereit fühlen, Schülerinnen und Schülern Medienkompetenz zu vermitteln.
Speziell thematisiert wird die Phase des Referendariats als sensible Phase für
die Referendarinnen und Referendare, denn es komme hier nach deren Einschät-
zung zu einer doppelten Herausforderung: Digitale Medien sind sowohl Element
privater und beruflicher Nutzung, gleichzeitig kann bei der beruflichen Nutzung
nochmals zwischen der Organisation des eigenen Arbeitsalltags, der Nutzung im
Studienseminar sowie der Nutzung in der Schule unterschieden werden. Und hier
wird durch die Referendarinnen und Referendare zum einen die Notwendigkeit
betont, sich mit diesen Geräten auseinander zu setzen, auf der anderen Seite aber
auch auf die Besonderheit hingewiesen, die sich daraus für sie im schulischen Alltag
ergibt: So ernten die Referendarinnen und Referendare schon einmal Bemerkun-
gen hinsichtlich ihrer Mediennutzung („fühlt man sich als Freak so, wenn ich bei
uns an der Schule bin und auch das Tablet dabei hab bei einer Sitzung, dann ‚oah
der Jungreferendar‘“). Damit ergibt sich für Referendarinnen und Referendare in
gewisser Weise ein Spannungsfeld zwischen der eigenen Mediennutzung, der un-
terrichtlichen Mediennutzung sowie den Anforderungen in Lehrproben, die sich
in vielen Fällen ausschließen. Diskursthema im Gruppeninterview ist vor allem
die erste Version, also die Unterstützung eigener Arbeits- und Lernroutinen; der
unterrichtliche Einsatz des Tablets wird von den Referendarinnen und Referendaren
eher mit mehr Problemen und weniger erfolgreich beschrieben. Der Einsatz im
Unterricht durch Schülerinnen und Schüler wird einerseits kritisch gesehen, aber
anderseits gewünscht in der Hoffnung, das Tablet dadurch mehr nutzen zu können.
Tablets in der Schule aus Perspektive der Lehrerbildung 289
BEF: […] Ja und dann ist man ja auch noch in dem Spagat, dass, wenn halt
Lehrprobe, bzw. Unterrichtsbesuch, wie das jetzt heißt, wenn die statt-
finden, muss ja alles klappen. Da gibt’s ja wenig Toleranz gegenüber
der Technik. Und da braucht man dann immer noch Plan B und C,
weil’s meistens dann eben nicht klappt. Hat man ja schon oft genug
mitbekommen, dass in Lehrproben dann das Internet nicht geht oder
der Computer nicht hochfährt oder der Beamer nicht connected ist
oder was.
BEF2: oder der Overheadprojektor nicht geht.
BEF4: Ja, da muss man halt immer Alternativen, das ist halt immer sowas,
vielleicht auch nochmal so, das Problem hat man halt einfach mit
Papier und Stift nicht. Da kann halt nichts schief gehen. Das hat man
dann dabei oder man hat’s nicht dabei. Aber so, da braucht man keinen
Strom, braucht man kein Internet.
Interessant sind in diesem Zitat zwei Aspekte: Zum einen der Hinweis darauf, dass
die Lehrprobe als Spagat zwischen verschiedenen Anforderungen eingeschätzt wird
und in dieser alles funktionieren müsse. Störungen, die in jedem Unterrichtsverlauf
vorkommen können, werden schon von Beginn an problematisiert und der eigene
Anspruch geht dahingehend, diese ganz auszuschließen. Das erhöht den Druck auf
die Vorbereitung von Unterrichtssequenzen. Zum anderen wird das Funktionie-
ren von Technik weiter gefasst als die Anwendung digitaler Medien. Es geht nicht
nur darum, dass Beamer und Internet nicht funktionieren können, sondern auch
darum, dass der Overheadprojektor ausfallen könnte. Im Fokus der Diskussion
über Medien in der Schule wird also, wenn es um das Funktionieren geht, die-
jenige Technologie als schwierig erachtet, die scheinbar von Strom oder anderen
Dingen abhängig sei. Lediglich „Papier und Stift“ funktioniere in den Augen der
Referendarinnen und Referendare immer, wobei auch hier mögliche mangelnde
Funktionalität durch leere Stifte, wie es z. B. ab und zu bei Flipcharteinsätzen zum
Tragen kommt, ausgeblendet wird.
Darüber hinaus bestehen nach den Aussagen und Diskussionen der Referenda-
rinnen und Referendare Unterschiede in der Zuschreibung: Dem Tablet wird von
außen (sowohl von Schülerinnen und Schülern als auch von Kolleginnen bzw. Kol-
290 Mandy Schiefner-Rohs
Ja und, man kann die Leute im Studienseminar beeindrucken. Weil man ist
ja voll progressiv und state of the art. Und man kann die Leute blenden, wenn
man irgendwas auf dem Tablet macht und präsentiert – nee, ist wirklich so. […]
Und dann hab ich gedacht, ach ja, nutzen wir das gleich mal und dann haben
wir da so ein Video gemacht und dann haben wir das gezeigt und dann kann
man schon wieder so tun, als kennt man sich total gut mit Medien aus und so.
Auffällig ist, dass es hier nicht um die Einschätzung wirklicher Kompetenz geht,
sondern durch die Nutzung einzelner Funktionen so etwas wie Potemkinsche
Dörfer gebaut werden: Man spricht dezidiert davon, die anderen zu beeindrucken
oder zu „blenden“ und dass man so tun kann, als ob man sich „total gut“ auskenne.
Durch den Hinweis „nee, das ist wirklich so“ wird eine Bestätigung nachgescho-
ben: Möglicherweise, um Kritik an dieser Sichtweise die Luft aus den Segeln zu
nehmen. Hier herrscht also durchaus die Einschätzung vor, dass der Einsatz dazu
ausreiche, sich vor anderen kompetent darzustellen, indem man verschiedene Apps
nutzt. Das Vorhandensein wirklicher Kompetenz wird durch die Verwendung des
Konjunktivs am Ende des Zitats eher kritisch eingeschätzt.
Diese Sichtweise einer kompetenten Anwendung einzelner Apps und damit
generell einer mediendidaktischen Perspektive auf das Tablet musste sich allerdings
erst durchsetzen, da gerade zu Beginn das Tablet in der Schule kritisch beäugt und
als „Spaßgerät und nicht als Arbeitsgerät“ wahrgenommen wurde. Das Tablet sug-
gerierte, dass man etwas Privates macht und stieß in der Wahrnehmung der Refe-
rendarinnen und Referendare auf „zwischenmenschliche Widerstände“. Während
in der Einschätzung der Schülerinnen und Schüler wie auch der Kolleginnen und
Kollegen dieser Wandel hin zum Arbeitsgerät stattgefunden hat und damit dem
Tablets in der Schule aus Perspektive der Lehrerbildung 291
Tablet auch ein Wert zugesprochen wird, hat das Smartphone diese Entwicklung
nicht gemacht. Im Gegensatz zum Tablet wird das Handy übereinstimmend zwar
als „praktisch“, allerdings als nicht „schulkompatibel“ eingeschätzt, da es immer
mit Handlungspraktiken verbunden ist, die als „private“ konnotiert seien und
damit nicht zum schulischen Handeln passen.
Ja, aber z. B. ich war auf so einer Veranstaltung bei uns in der Schule und hab
was auf meinem Handy gemacht und ich hab was gegoogelt, was inhaltliches,
was damit zu tun hatte, was der Redner gerade erzählt hat. Und hinterher kam
eine Lehrerein, also eine Kollegin, auf mich zu und sagte das geht gar nicht,
ich hätte eine Vorbildfunktion und ich hätte da mein Handy und die Schüler
und so und wenn die mich sehen und so weiter, es wär… so. Und so ein Tablet,
das kann ich momentan einfach besser verkaufen als ich schreib da was mit.
Das wird irgendwie so zwischen Laptop und Handy wahrgenommen, also ist
so mein Eindruck gewesen.
Auffällig in diesem Zitat ist zum einen der Hinweis auf die Vorbildfunktion, die
der Referendar bzw. die Referendarin nur ausfüllen kann, wenn das Smartphone
nicht im schulischen Alltag auftauche. Hier wird die Sichtbarkeit des Smartphones
automatisch konnotiert mit etwas, was in der Schule (und während eines Vortrags)
nichts zu suchen hat. Unklar bleibt, ob es um die Ablenkung vom Vortrag an sich
oder das Medium des Smartphones geht. Interessanterweise wird dieses Erlebnis
dann eingeordnet, indem eine Marktmetapher genutzt wird: „[…] kann ich mo-
mentan einfach besser verkaufen als ich schreib da was mit“. Es geht also in dieser
Situation darum, etwas zu verkaufen, die Handlungspraktik also so anzubieten,
dass sie vom gegenüber auch abgenommen wird.
Also, das klingt jetzt vielleicht komisch, aber wenn ich halt in Seminarveran-
staltungen sitze, dann wird mir das halt momentan, dadurch, dass wir halt
auch immer wieder gesagt haben wir schreiben mit auf dem Tablet, wir machen
da keinen Quatsch, aber mir wird es dann einfach ein bisschen mehr abge-
nommen, dass ich da auch mitarbeite. Wenn ich jetzt, ich könnte ja dasselbe
auf dem Smartphone machen, aber wenn die Leute sehen, dass man auf dem
Smartphone was macht, dann wird das schon kritisch, noch kritischer beäugt
als auf dem Tablet. So ein Tablet wird mehr als Arbeitsgerät wahrgenommen,
also ich meine jetzt so unter Kollegen, mit Vorgesetzten und so.
Der Referendar bzw. die Referendarin macht durch die Einführung (das klingt
jetzt vielleicht komisch) schon klar, dass er/sie selbst irritiert ist und das Folgende
292 Mandy Schiefner-Rohs
nicht ganz einordnen kann. Die Erläuterung der Handlung und die anschließende
Rechtfertigung („wir schreiben mit auf dem Tablet, wir machen da keinen Quatsch“)
machen klar, dass die Nutzung von Smartphones nicht selbstverständlich ist, oft mit
Handlungspraktiken der Freizeit konnotiert ist und damit im schulischen Einsatz
immer noch erläutert und gerechtfertigt werden muss. Allein das Tablet (bei der
gleichen Nutzungsform auf dem Smartphone) wird mit Arbeiten konnotiert und
dabei weniger kritisch gesehen als das Handy. Dabei ist das Tablet nicht unkritisch,
jedoch in der Wahrnehmung der Kolleginnen und Kollegen das Handy „noch
kritischer beäugt“. Allein das Wort beäugen weist auf die genaue und sorgfältige,
jedoch auch kritische und abwartende Haltung hin. Diese kritische Haltung der
Kolleginnen und Kollegen wird allerdings nach Aussage der Referendarinnen und
Referendare auch durchbrochen, wenn es einen Einblick in die Möglichkeiten des
Tablets gibt.
Also so am Anfang, wenn, wenn‘s noch neu ist, dann gucken sie kritischer und
wenn man dann deutlich macht, hier, man arbeitet ja mit, man bringt sich ein,
man, man kann das parallel und vielleicht auch mal was erklärt, auch mal
zeigt ‚hier schau mal‘. Da sind meine Kollegen ganz beeindruckt momentan
an der Schule, wenn ich denen zeig, dass ich da auch was mit arbeite.
D. h. zum einen sind die Kolleginnen und Kollegen zu beeindrucken durch die
Nutzung eines Tablets, zum anderen deutet der Nachsatz darauf hin, dass das
Arbeiten nicht als erste Praxis gesehen wird: „dass ich da auch was mit arbeite“
scheint in Augen der Referendarinnen und Referendare nicht unbedingt im Fokus
zu liegen, wie das „auch“ betont.
innen und Referendare immer noch dabei sind, sich mediale Handlungspraktiken
zu erarbeiten. Gerade die Routinen, die sich im Handeln herausbilden oder auch
nicht, sind immer wieder Thema im Gruppeninterview. So werden auf der einen
Seite durchaus Veränderungen wahrgenommen und als positiv erachtet. Auf der
anderen Seite fällt es schwer, diese Handlungspraktiken aufrecht zu erhalten, so
ist doch für das ein oder andere Tun die traditionelle Lösung, z. B. mit Stift und
Notizbuch oder aber mit dem Smartphone, effektiver und zielführender. Überra-
schend waren die Diskussionen im Zusammenspiel von Handy und Tablet: Hier
finden sich nach Meinung der Referendarinnen und Referendare unterschiedliche
Zuschreibungen, welche die Nutzung erschweren und teilweise zum Abbruch des
Projekts führten, da z. T. Referendarinnen und Referendaren der „Mehrwert“ des
Tablets nicht klar wurde. In der Schule ist das Tablet zwar immer wieder von Kol-
leginnen und Kollegen beäugt, insgesamt in der Einschätzung allerdings deutlicher
mit „Arbeitsgerät“ verbunden als das Handy bzw. Smartphone. Und dies, obwohl
die Nutzung des Smartphones für viele Aspekte in den Augen der Referendarinnen
und Referendare als praktischer wahrgenommen wird, ebenfalls wie die Nutzung
des eigenen Computers bzw. Laptops. Hier sieht man deutlich, dass das Tablet erst
einmal traditionell genutzt wird, indem Routinen, die man sonst mit Papier und
Stift, dem Handy oder dem Computer machte, auch auf das neue Gerät übertragen
werden. Mehrwerte des mobilen Lernens oder einer persönlichen Lernumgebung
werden erst langsam sichtbar und benötigen der Anleitung, da sonst das Problem
besteht, zum einen als „Außenseiter“ wahrgenommen zu werden und zum anderen
in alte Handlungsroutinen zurückzufallen – ein Umstand, der in der Gruppendis-
kussion immer wieder anklingt.
Deutungsmuster des Medieneinsatzes orientieren sich konkret an Handlungs-
praktiken und in deren Übertragung auf den Einsatz von Geräten. Betrachtet man
verschiedene Argumentationsmuster im Gruppeninterview tiefer, so fällt auf, dass
in der Diskussion der Referendarinnen und Referendare untereinander das Tablet
als einzelnes Gerät wahrgenommen wird, welches eher offline bzw. ohne Verbin-
dung zur Außenwelt gesehen wird, einzig die Synchronisationsfunktion zwischen
eigenen Geräten wird genutzt. In den Diskussionen geht es nicht um Vernetzung
oder einen Austausch, der durch die Geräte ermöglicht werden kann, sondern um
die Unterstützung individueller Handlungspraktiken der eigenen Organisation
bzw. der Organisation und Vorbereitung von Unterricht. Nimmt man die anderen
Dokumente hinzu, so fällt auch auf, dass Unter den Apps, die genutzt werden, vor
allem solche vertreten sind, die individuelles Handeln und Vorbereitungshandeln
ermöglichen (Besprechung von Folien, Anfertigen von Notizen oder Fotos, …).
Das Referendariat wurde in diesem Artikel und Projekt speziell mit dem Ziel
thematisiert, die Ausbildung medialer Handlungspraktiken im Übergang vom
294 Mandy Schiefner-Rohs
Studium zum Berufsleben in den Blick zu nehmen. Es zeigte sich auch hier, dass
die Referendariatsphase, ähnlich wie in anderen Untersuchungen (vgl. z. B. Wernet
2009) als sensible Phase wahrgenommen werden kann: Es ergibt sich in gewisser
Weise ein Spannungsfeld zwischen der eigenen Mediennutzung, der unterrichtlichen
Mediennutzung sowie den Anforderungen in Lehrproben, die sich in vielen Fällen
ausschließen. So steht die Organisation des eigenen Arbeitsprozesses im Fokus, der
nur in Sitzungen mit Kolleginnen und Kollegen in den Blick fällt. Ein Einsatz im
Unterricht während Lehrproben beispielsweise wurde von den Referendarinnen und
Referendaren gar nicht erwähnt. Zu vermuten ist, dass dieser kaum stattfindet, auch
ausgehend von den oft durch die Referendarinnen und Referendare eingeschätzten
schlechten Ausstattungen der Schulen. Erstaunlich ist damit zusammenhängend
auch die mangelnde Thematisierung der Nutzung des Tablets im Vorbereitungs-
dienst selbst. Während die eigene Handlungsroutine sowie der Einsatz des Tablets
im Unterricht thematisiert werden, bleibt im gesamten Verlauf der Diskussion eine
Lücke im Bericht der Ausgestaltung des Vorbereitungsdienstes an sich. Im Kontext
wurde auf viele Aufgaben und Belastungen der Referendarinnen und Referendare
hingewiesen, so dass es schwierig erscheint, daneben noch eine weitere Routine
auszubilden. Gerade wenn Handlungen mit Tablet/Smartphone von anderen kri-
tisch betrachtet werden, liegt der primäre Fokus nicht darauf, in diesem Bereich
Handlungsroutinen zu bilden.
Das bisherige Projekt ist explorativ angelegt, indem erste Anhaltspunkte für eine
medienpädagogische Beschäftigung mit der Phase der Berufseinübung generiert
werden sollten und in dem die Adressierung digitaler Medien auch im Referenda-
riat fokussiert wurde. Es hat sich gezeigt, dass diese Perspektive auch dahingehend
erhellend sein kann, die Veränderung von pädagogischen Handlungspraktiken
durch digitale Medien näher in den Blick zu nehmen. Vor allem das Zusammen-
spiel von außerschulischen und unterrichtlichen Handlungspraktiken, sowohl von
Referendarinnen und Referendaren als auch von Studienseminarleitenden und
Kolleginnen und Kollegen, gilt es dabei näher in den Blick zu nehmen.
Tablets in der Schule aus Perspektive der Lehrerbildung 295
Literatur
Abs, H. J. (2011). Programme zur Berufseinführung von Lehrpersonen. In: E. Terhart, H.
Bennewitz, & M. Rothland (Hrsg.), Handbuch der Forschung zum Lehrerberuf (S. 381-
397). Münster: Waxmann.
Alkemeyer, T. (2010). Auf den Spielfeldern der Subjektivierung. Einblicke – Forschungsma-
gazin der Universität Oldenbourg, 52(25), 7-11.
Alkemeyer, T., & Pille, T. (2008). Schule und ihre Lehrkörper. Das Referendariat als Trai-
ningsprozess. Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation 2, 137-154.
Bachmaier, R. (2008). Lehrer/-innen, ihr Fortbildungsverhalten und ihr Verhältnis zu Com-
puter, Internet, E-Learning – Auswertung der Studie. Forschungsbericht der Universität
Regensburg. http://epub.uni-regensburg.de/4631/1/bachi1.pdf. Zugegriffen: 01.03.2016.
Blömeke, S. (2003a). Neue Medien in der Lehrerausbildung. Zu angemessenen (und unan-
gemessenen) Zielen und Inhalten des Lehramtsstudiums. Medienpädagogik, 1-29. http://
www.medienpaed.com/globalassets/medienpaed/2003/ bloemeke0301.pdf. Zugegriffen:
01.03.2016.
Blömeke, S. (2003b). Erwerb medienpädagogischer Kompetenz in der Lehrerausbildung
Modell der Zielqualifikation, Lernvoraussetzungen der Studierenden und Folgerungen
für Struktur und Inhalte des medienpädagogischen Lehramtsstudiums. In: B. Bachmair,
P. Diepold, & C. de Witt (Hrsg), Jahrbuch Medienpädagogik 3 (S. 231-244). Opladen:
Leske + Budrich.
Bohnsack, R. (2010). Gruppendiskussionsverfahren und dokumentarische Methode. In:
B. Friebertshäuser, A. Langer, & A. Prengel (Hrsg.), Handbuch qualitative Forschungs-
methoden in der Erziehungswissenschaft (S. 205-218). Weinheim, München: Juventa.
Bölting, F.-J., & Thomas, S. (2007). Das Referendariat als Ausbildungsphase der Berufsein-
führung. In: A. Óhidy, E. Terhart, & J. Zsolnai (Hrsg.), Lehrerbild und Lehrerbildung
(S. 203-217). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Bremer, C. (2010). Projekt Lehr@mt: Medienkompetenz als Phasen übergreifender Qualitäts-
standard in der hessischen Lehrerbildung. In: T. Knaus, & O. Engel (Hrsg.), fraMediale.
Digitale Medien in Bildungseinrichtungen (S. 87-97). München: kopaed.
Brunn, A. (1997). Neue Medien in der Lehrerausbildung – bildungspolitische Perspektiven.
In: G. Tulodziecki, & S. Blömeke (Hrsg.), Neue Medien – neue Aufgaben für die Lehrer-
ausbildung. Tagungsdokumentation. (S. 17-28). Gütersloh: Verlag Bertelsmann-Stiftung.
Dietrich, F. (2014). Professionalisierungskrisen im Referendariat. Rekonstruktionen zu Kri-
sen und Krisenbearbeitungen in der zweiten Phase der Lehrerausbildung. Wiesbaden:
Springer VS.
Dzengel, J., Kunze, K., & Wernet, A. (2011). Zwischen Theorie und Praxis Fallrekonstruk-
tionen zur Ausbildungskultur im Studienseminar Forschungsbericht zum DFG-Projekt:
„Lehrerbildung als Interaktion: Fallrekonstruktionen zur Ausbildungskultur im Refe-
rendariat“ – AKuRat. Hannover.
Florian, A. (2008). Blended Learning in der Lehrerfortbildung – Evaluation eines online-
gestützten, teambasierten und arbeitsbegleitenden Lehrerfortbildungsangebots im
deutschsprachigen Raum. Dissertation an der Philosophisch- Sozialwissenschaftlichen
Fakultät der Universität Augsburg. Augsburg: Universität Augsburg. https://opus.biblio-
thek.uni-augsburg.de/opus4/frontdoor/index/index/docId/1170. Zugegriffen: 01.03.2016.
296 Mandy Schiefner-Rohs
Häuptle, E., Florian, A., & Reinmann, G. (2008). Nachhaltigkeit von Medienprojekten in
der Lehrerfortbildung: Abschlussbericht zur Evaluation des Blended Learning-Lehrer-
fortbildungsprogramms „Intel® Lehren – Aufbaukurs Online“. Abschlussbericht. https://
opus.bibliothek.uni-augsburg.de/opus4/frontdoor/index/index/docId/1177. Zugegriffen:
01.03.2016.
Hericks, U., & Kunze, I. (2002). Entwicklungsaufgaben von Lehramtsstudierenden, Re-
ferendaren und Berufseinsteigern. Ein Beitrag zur Professionalisierungsforschung.
Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 5(3), 401-416.
Kammerl, R., & Mayrberger, K. (2011). Medienpädagogik in der Lehrerinnen- und Lehrer-
bildung in Deutschland Aktuelle Situation und Desiderata. Beiträge zur Lehrerbildung
29(2), 172-184.
Kammerl, R., & Ostermann, S. (2010). Medienbildung — (k)ein Unterrichtsfach ? Eine Ex-
pertise zum Stellenwert der Medienkompetenzförderung in Schulen. http://www.ma-hsh.
de/cms/upload/downloads/Medienkompetenz/ma_hsh_ studie_medienbildung_web.
pdf. Zugegriffen: 01.03.2016.
KMK (1998). Zur Rolle der Medienpädagogik, insbesondere der Neuen Medien und der
Telekommunikation in der Lehrerbildung. http://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/
pdf/PresseUndAktuelles/Beschluesse_Veroeffentlichungen/neuemed.pdf. Zugegriffen:
01.03.2016.
Langer, M. (2002). Moderne Medien in der Lehrerausbildung. Eine Beschreibung des
Ist-Standes für das Land Thüringen. Schulverwaltung. Ausgabe Brandenburg, Meck-
lenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Berlin 12(4), 153-157.
Leonhard, M., & Lochner, K.-H. (2011). Digitale Medien in der Lehrerausbildung. In: T.
Knaus, & O. Engel (Hrsg.), fraMediale. Digitale Medien in Bildungseinrichtungen (S. 101-
109). München: kopaed.
Lermen, M. (2008). Digitale Medien in der Lehrerbildung. Rahmenbedingungen, Einflussfak-
toren, Integrationsvorschläge aus (medien-)pädagogischer Sicht. Hohengehren: Schneider
Verlag.
Lersch, R. (2006). Lehrerbildung im Urteil der Auszubildenden. Eine empirische Studie zu
den beiden Phasen der Lehrerbildung. In: C. Allemann-Ghionda, & E. Terhart (Hrsg.),
Kompetenzen und Kompetenzentwicklung von Lehrerinnen und Lehrern: Ausbildung
und Beruf. Zeitschrift für Pädagaogik (51. Beiheft) (S. 164-181). Weinheim u. a.: Beltz.
Mayring, P. (2000). Qualitative Inhaltsanalyse. Qualitative Forschung in der Psychologie
1, 601-613.
Messner, H., & Reusser, K. (2000). Die berufliche Entwicklung von Lehrpersonen als lebens-
langer Prozess. Beiträge zur Lehrerbildung 18, 157-171.
Merzyn, G. (2005). Junge Lehrer im Referendariat. In: Der mathematische und naturwis-
senschaftliche Unterricht 58(1), 4-7.
Pille, T. (2013). Das Referendariat. Eine ethnographische Studie zu den Praktiken der Leh-
rerbildung. Bielefeld: Transcript.
Reinmann, G. (2005). Blended learning in der Lehrerbildung: Grundlagen für die Konzeption
innovativer Lernumgebungen. Lengerich: Pabst.
Schubarth, W.; Speck, K., & Seidel, A. (2007). Endlich Praxis! Die Zweite Phase der Lehrer-
bildung. Potsdamer Studien zum Referendariat. Frankfurt am Main: Peter Lang Verlag.
Schiefner-Rohs, M. (2012a). Kritische Informations- und Medienkompetenz im Spannungsfeld
zwischen Hochschul- und Disziplinenkultur. Zeitschrift für Hochschulentwicklung, 7, 16-27.
Tablets in der Schule aus Perspektive der Lehrerbildung 297
Zusammenfassung
1 Einleitung
Der Einzug von Tablets und den darauf zur Verfügung gestellten Anwendungen (im
Folgenden kurz: Apps) in den Bildungsbereich stellt auch die Fachdidaktik Mathe-
matik vor die Aufgabe, das Potenzial dieses digitalen Mediums zur Unterstützung
mathematischer Lehr- und Lernprozesse zu eruieren und es für den Unterricht
nutzbar zu machen . Während der herkömmliche Computer mit dem Eingabegerät
Maus sowie die häufig vorzufindende räumliche Organisation dieser Geräte in
einem Computerraum nur wenig zu den Prinzipien des Lehrens und Lernens in
der Primarstufe passen, bietet das Tablet Möglichkeiten, die dem Arbeiten mit und
301
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2017
J. Bastian und S. Aufenanger (Hrsg.), Tablets in Schule und
Unterricht, DOI 10.1007/978-3-658-13809-7_13
302 Silke Ladel
von gerade jungen Kindern sehr entgegenkommt. Hinsichtlich der Hardware ist es
beispielsweise von großem Vorteil, dass die Kinder direkt mit ihren Fingern ohne
den Mittler Maus mit den Objekten am Bildschirm tätig werden können (vgl. Kor-
tenkamp und Dohrmann 2010). Schwierigkeiten mit der Maus bei Kindern, deren
Hand-Auge-Koordination noch nicht vollständig entwickelt ist, entfallen somit.
Auch die Multitouch-Technologie hält insbesondere für das Lehren und Lernen
mathematischer Inhalte großes Potenzial bereit. Einher mit dem Fortschritt der
Technologie ging ein Wandel in der Art der Anwendungen. Während am Computer
auch heute noch Lernsoftware nach dem Motto eine für alles dominiert, sind die
Anwendungen am Tablet meist von spezifischerer Art und zielgerichteter nach
dem Prinzip Gewusst was! So stehen je nach Bedarf unterschiedliche Apps zur
Verfügung, die häufig individuell angepasst werden können. Dies führt auch in der
didaktischen Umsetzung und dem Einsatz und Nutzen der Geräte im Unterricht
dazu, dass Tablets zielgerichteter und individueller eingesetzt werden können.
Der Einsatz von Tablets im Mathematikunterricht ist jedoch sehr komplex.
Viele verschiedene Faktoren nehmen auf die Lehr- und Lernprozesse Einfluss und
so ist der Erfolg nicht zuletzt beispielsweise auch immer abhängig von der jeweilig
ausgewählten App oder der fachlichen, der fachdidaktischen sowie der mediendi-
daktischen Kompetenz der Lehrkraft. Die Artefact-Centric Activity Theory (kurz:
ACAT) bietet einen guten theoretischen Rahmen, um dieser Komplexität Herr zu
werden. ACAT widmet sich gezielt drei Bereichen. Zum einen wird das Tablet als
vermittelndes Artefact in das Zentrum der zu erforschenden Aktivitäten zwischen
Schülerinnen bzw. Schülern und Mathematik gestellt. Internalisierungs- und
Externalisierungsprozesse können so gezielt analysiert und erforscht werden. Des
Weiteren werden dem Design und der Analyse des Tablets und der App Rechnung
getragen, indem beispielsweise Prinzipien aus unterschiedlichen Bezugsdisziplinen
als Entscheidungskriterien zur Gestaltung herangezogen werden. Der dritte Bereich
von ACAT widmet sich dem Einsatz im Unterricht mit all seinen Facetten. Dabei
findet das individuelle Kind, die Klasse sowie die Lehrkraft Beachtung.
Im Folgenden wird zunächst ein Einblick in die theoretischen Grundlagen der
ACAT gegeben. Daran anschließend werden zwei Forschungsprojekte fokussiert, die
sich inhaltlich zum einen mit dem kardinalen Zahlkonzept sowie zum andern mit
einer Verknüpfung der Prinzipien des Bündelns und des Stellenwerts beschäftigen.
An beiden Beispielen wird aufgezeigt, wie eine Unterstützung des mathematischen
Lernprozesses mit dem Tablet erfolgen kann. Dabei werden insbesondere die erste
und zweite Phase in den Blick genommen, bei denen die Handlung mit virtuellem
Material in Kombination mit seinem physischen Äquivalent im Sinne eines duo
of artefact (Voltolini 2016) großes Potenzial zur Unterstützung mathematischer
Lehr- und Lernprozesse bereit hält.
Ein TApplet für die Mathematik 303
Abb. 1 Die Artefact-Centric Activity Theory (ACAT) (Ladel und Kortenkamp 2013a)
Die Artefact-Centric Activity Theory (vgl . Abb . 1) wurde entwickelt um der Komple-
xität des Einsatzes digitaler Medien im Mathematikunterricht Herr zu werden . Sie
basiert auf der Activity Theory nach Leontjev (1978) . Darin sind die Subjekte, hier
die Schülerinnen und Schüler, aktive Handlungsträger . Sie sind bildungsbedürft ig
und darum selbsttätige Menschen, die Tätigkeiten ganz bewusst durchführen .
Diese Tätigkeiten finden jedoch nicht losgelöst von allem anderen statt, sondern
haben immer eine bestimmte Gegenständlichkeit, ein Objekt, in unserem Fall die
jeweilige Mathematik . Diese existiert zum einen unabhängig von anderen Dingen
als solche, zum anderen existiert sie als Bild ihrer selbst, als ein Produkt ihrer Eigen-
schaften . Die Addition lässt sich beispielsweise objektiv definieren und beschreiben,
es gibt aber auch ganz subjektive Sichtweisen . So existieren beispielsweise diverse
Grundvorstellungen der Addition (vgl . Vom Hofe 1995), welche die Denk- und
Handlungsprozesse des Subjekts bestimmen können .
304 Silke Ladel
Bei seinen Tätigkeiten bedient sich das Subjekt immer bestimmter Werkzeuge
(instruments, mediating artefacts). Die Trias Subject – Object – Tools ist auf den
Instrumental Act von Vygotky (1997) zurückzuführen. Das Kind interagiert demzu-
folge nicht direkt mit dem Objekt sondern über das Werkzeug, in unserem Fall über
die App am Tablet. Dieses Werkzeug bringt Veränderungen in der Interaktion mit
sich. Manche der vorherigen Prozesse werden evtl. unnötig, da sie vom Werkzeug
übernommen werden. Das Werkzeug birgt aber auch neue Möglichkeiten. Es ver-
ändert den Ablauf der Tätigkeiten, z. B. die Intensität oder die Dauer der Prozesse.
In ACAT ist dieses Werkzeug, im Folgenden speziell das Tablet mit einer App, als
vermittelndes Artefakt zwischen dem aktiv handelnden Kind und der Mathematik,
in den Fokus der Betrachtungen (Artefact-Centric) gestellt.
ACAT besteht aus drei Bestandteilen. Die Hauptachse (Subject – Artefact – Object)
bezieht sich insbesondere auf die Externalisierungs- und Internalisierungsprozesse,
die bei der Arbeit des Kindes mit dem Tablet bei der Beschäftigung mit mathema-
tischen Inhalten stattfinden. Das rechte obere Dreieck (Artefact – Object – Rules)
widmet sich Fragestellungen, die das Design und die Analyse von Apps vor dem
Hintergrund der Beachtung von Prinzipien (Rules) unterschiedlicher Bezugsdiszip-
linen betreffen. Das linke untere Dreieck (Subject – Artefact – Group) betrachtet den
Einsatz und die Nutzung des Tablets im Unterricht in seiner ganzen Komplexität.
Der Prozess der Verinnerlichung (Interiorisierung) erfolgt in der Mathematik
über das konkrete Handeln mit didaktischem Material. Hierauf aufbauend finden
eine Arbeitsrückschau sowie eine Vorhersage des weiteren Vorgehens statt. Dem
Erläutern des eigenen Vorgehens folgt schließlich die Wiedergabe der Strukturen
und Beziehungen der Handlungen rein in der Vorstellung (vgl. Aebli 1987; Ladel
2009). Die Struktur und die Beziehungen einer Handlung sind von wesentlicher
Bedeutung, können aber je nach Artefakt ganz unterschiedlich aussehen. So fol-
gen beispielsweise Handlungen mit virtuellen Materialien und Handlungen mit
physischen Materialien ganz unterschiedlichen Regeln. Da die virtuellen und die
physischen Materialien ihre jeweils ganz eigenen Vorteile aufweisen, ist der Ansatz
des duo of artefact (Voltolini 2016) sehr vielversprechend. Darin werden die Vorteile
beider Artefakte in einem kombinierten Einsatz genutzt, um die Kinder in ihrem
Lernprozess zu unterstützen.
Nun hat jede Person ihre ganz eigene, subjektive Sichtweise des Objekts. Ent-
sprechend fließt auch die subjektive Sicht des Programmierers und Designers
einer App in deren Gestaltung mit ein. Diese beeinflusst ganz entscheidend die
Internalisierungs- und Externalisierungsprozesse des Kindes. So ist grundsätzlich
bereits von Bedeutung, ob bei den Gestaltern einer App beispielweise eine behavi-
ouristisch geprägte Sichtweise der Mathematik vorliegt, was häufig in sogenannte
drill&practice-Apps mündet oder eine eher konstruktivistische Sicht, wie z. B. bei
Ein TApplet für die Mathematik 305
Nach Aebli (1987) verlaufen mathematische Lernprozesse in vier Phasen (vgl. Abb.
2). Ausgehend vom Handeln und Operieren mit verschiedenartigen Materialien
(Phase 1) wird über abstraktere, insbesondere bildhafte Darstellungen (Phase 2)
zum Umgang mit reinen Ziffern (Phase 3) übergegangen mit dem Ziel, diesen zu
automatisieren (Phase 4) (vgl. Ladel 2009).
306 Silke Ladel
Grundlage eines jeden Lernprozesses (Phase 1) stellen die Handlungen und Ope-
rationen dar . Unter einer solchen versteht Aebli (1987, S . 182) „zielgerichtete, in
ihrem inneren Aufbau verstandene Vollzüge, die ein fassbares Ergebnis erzeugen“ .
Entscheidend ist, dass die Kinder sich der Beziehungen bewusst sind oder werden,
die durch die Operation erzeugt oder verändert werden (Aebli 1983, S . 229) . Dabei ist
die Art der Repräsentation der Handlungsobjekte zunächst untergeordnet – wichtig
ist jedoch, dass das Kind die Objekte sehen kann (s . hierzu: Sarama und Clements
2009) . Es ist unbestritten, und das soll an dieser Stelle festgehalten werden, dass
Primärerfahrungen mit physischen Gegenständen wichtig sind und diese nicht
durch den Umgang mit virtuellen Materialien ersetzt werden sollen! Beim Einsatz
digitaler Medien zur Unterstützung mathematischer Lehr- und Lernprozesse bei
jungen Kindern geht es vielmehr um eine sinnvolle Kombination der physischen
und der virtuellen Materialien im Sinne eines duo of artefact (vgl . Maschietto und
Soury-Lavergen 2013; Voltolini 2016), bei dem sich die Vorzüge der jeweiligen
Materialien gegenseitig ergänzen .
In der zweiten Phase des mathematischen Lernprozesses geht es insbesondere
um den Prozess der Verinnerlichung . Über die Möglichkeit einer automatischen
Verknüpfung externer multipler Repräsentationen (kurz: MELR – multiple external
linked representations) besteht durch die Arbeit mit digitalen Medien die Möglich-
keit auch die mentale Verknüpfung beim Kind zu fördern (vgl . Ladel 2009) . Denn
im Prozess der Verinnerlichung ist es von besonderer Bedeutung, dass „jede neue,
symbolischere Darstellung der Operation […] mit der vorangehenden, konkreten
in möglichst enge Verbindung gebracht wird […] .“ (Aebli 1983, S . 238) . Handlungen
Ein TApplet für die Mathematik 307
Abb. 3 Apps zur Unterstützung in der dritten und vierten Phase des mathematischen
Lernprozesses
und zum Beispiel Formen und Farben geometrischer Objekte leicht und schnell
verändert werden . Es bedarf jedoch eines Bewusstseins dafür, dass Handlungen
mit physischen und mit virtuellen Materialien ganz unterschiedliche Bedeutung
haben können . Dies wird im Folgenden anhand des kardinalen Zahlkonzepts sowie
anhand der Prinzipien des Bündelns und des Stellenwerts aufgezeigt .
Zahlen (hier: Object) können unter ganz verschiedenen Aspekten betrachtet werden .
Sie können beispielsweise zur Angabe einer Anzahl (Wie viele?), einer Rangfolge
(Der wievielte?), zur Codierung (z . B . Postleitzahl) oder als Rechenzahl (z . B .
Kommutativgesetz) genutzt werden . Für ein vollständig entwickeltes Zahl- und
Operationsverständnis, das notwendige Grundlage für weiterführendes Rechnen
ist, spielt insbesondere der Erwerb des kardinalen sowie des sich daraus entwi-
ckelnden Teil-Ganze Konzepts eine zentrale Rolle (vgl . Resnick 1983; Ladel 2011) .
Ein TApplet für die Mathematik 309
Hat das Kind (hier: Subject) ein solches entwickelt und weiß, dass eine Zahl aus
verschiedenen Teilen zusammengesetzt werden kann, so fällt der Übergang zur
Addition und Subtraktion leicht. Dominiert hingegen das ordinale Zahlkonzept, so
löst das Kind Additions- und Subtraktionsaufgaben häufig zählend und ist nicht in
der Lage Zusammenhänge zwischen Aufgaben oder Zahlbeziehungen herzustellen.
Ein erstes Artefact, mit dem Kinder ihr mentales Verständnis von Zahlen exter-
nalisieren, sind die Finger. Die Finger sind grundsätzlich ein gutes Arbeitsmittel,
da sie immer verfügbar sind und Beziehungen zur fünf sowie zur zehn aufweisen.
Dies ist im Hinblick auf das Prinzip der Kraft der Fünf sowie auf unser dezimales
Zahlsystem notwendig. In einer Untersuchung von ca. 200 Kindern im Alter
zwischen 5 und 8 Jahren wurde die Art der Fingernutzung zur Darstellung von
Zahlen und Operationen untersucht (vgl. Ladel 2011). Unter anderem konnte darin
die Bedeutung der Beziehungen zur Fünf und zur Zehn als geistige Stützpunkte
nachgewiesen werden. Entscheidend ist, wie die Finger genutzt werden. Brissiaud
(1992) unterscheidet zwei grundlegende Darstellungsarten: Als Finger Symbol
Sets eingesetzt, wird eine Anzahl auf einen Blick gezeigt. Hier steht das kardinale
Zahlkonzept im Vordergrund sowie auch das Teil-Ganze Konzept, z. B. acht als vier
Finger der einen Hand und vier Finger der anderen Hand. Bei der Darstellungsart
Counting Word Tagging to Number wird jedem Finger im Sinne der Eins-zu-Eins-
Zuordnung genau ein Zahlwort zugeordnet und zählend vorgegangen. Ziel des
mathematischen Anfangsunterrichts ist es die Kinder dahin zu bewegen, ihre
Finger im Sinne von Finger Symbol Sets zu nutzen.
Während nun über das Eingabegerät Maus lediglich ein singletouch möglich ist
(auch wenn dieser dann mehrere Objekte auf einmal erzeugen kann) können die
Kinder mithilfe der multitouch-Technologie mehrere Finger gleichzeitig auf den
Bildschirm legen und so eine größere Anzahl an Objekten auf einmal erzeugen (vgl.
Abb. 4 und Abb. 5). Es wurde der Frage nachgegangen, wie der Aufbau grundlegen-
der Zahl- und Operationskonzepte durch den Einsatz von multitouch-Technologie
unterstützt werden kann. Dazu wurde zunächst der Umgang von 5-Jährigen mit
touches am Trackpad untersucht. Dabei legten Kinder beispielsweise den Handrü-
cken auf das Trackpad oder die ganze Handfläche. Auch wenn sie das Trackpad nur
mit den Fingerspitzen berührten, waren diese häufig so nah aneinander, dass sie
vom Computer nicht als einzelne Berührungen erkannt wurden. Das zeigt erneut,
dass die Bedienung des touch-Bildschirms nicht intuitiv ist, sondern erst erlernt
werden muss. Dieser Lernprozess geht jedoch sehr schnell.
310 Silke Ladel
der gelegten Objekte . Anders ist das bei der App Fingerzahlen – Fingermengen (Urff
2015; vgl . Abb . 6 rechts) . Hier werden die Bildschirmberührungen als Fingerab-
drücke visualisiert, die genau an der Stelle erscheinen und liegen bleiben, an denen
der Bildschirm berührt wurde . Es erfolgt keine Strukturierung . Allerdings ist im
Gegensatz zu den ersten beiden vorgestellten Apps bei dieser kein freies Legen
möglich, sondern es ist die Aufgabe, eine symbolisch vorgegebene Zahl mit den
Fingern zu legen . Eine Strukturierung, die eine quasi-simultane Anzahlerfassung
ermöglichen würde, ist bei dieser Aufgabenstellung zunächst einmal also nicht
unbedingt notwendig . Die Entscheidung für die eine oder andere Gestaltungsweise
ist demnach auch immer abhängig von der Aufgabe und dem Ziel, das eine App
verfolgt . So ist es grundsätzlich wichtig, Designentscheidungen zu begründen und
so für die Anwender nachvollziehbar zu machen .
auf die Art und Weise wie Kinder ihre Finger am Multitouch-Tisch nutzten. Fest-
zuhalten ist, dass die Handhabung der Finger in der Realität und die Finger auf
dem Bildschirm zwei unterschiedliche Artefakte sind, die getrennt voneinander
betrachtet werden müssen. Die Ergebnisse stützen auch die Rolle der begleitenden
Lehrperson sowie die Tatsache, dass Aufzeichnungen der Finger-Berührungen
allein nicht aussagekräftig genug sind. Weitere Ergebnisse (s. hierfür Ladel und
Kortenkamp 2013b) zeigten, dass Kinder beim Bearbeiten der Aufgabenstellung
auf ganz unterschiedliche Zahlkonzepte zurückgreifen und diese in Abhängigkeit
von der jeweiligen Situation, bzw. in Abhängigkeit von der Größe der Zahlen oder
auch des vermittelnden Artefakts, gebrauchen. So konnten unterschiedliche Zer-
legungsarten wie Halbieren, die Kraft der Fünf nutzend oder Gruppierungen im
Sinne des dezimalen Teil-Ganze Konzepts ausgemacht werden. Insbesondere aber
haben die Studien gezeigt, dass die Funktionalität der Technik und das Design der
Anwendung großen Einfluss auf die Handlungen der Kinder haben.
In der Fortführung des Projekts zur Förderung des kardinalen sowie des Teil-Gan-
ze Zahlkonzepts wurde nun gezielt nach bestehenden Anwendungen recherchiert,
die ein entsprechendes Potenzial aufweisen. Während die meisten Apps dem Bereich
Zählen oder Zählen lernen zuzuordnen sind, sind Apps zur Unterstützung der
Mengendarstellung durch Nutzung der multitouch-Technologie rar. Die beiden
Apps Fingu (Image & Form International AB 2015) und Ladybug (Scrivens 2013),
die für das Projekt ausgewählt wurden, werden im Folgenden kurz vorgestellt.
Aufgabe bei der App Ladybug (vgl. Abb. 7) ist es mit genauso vielen Fingern
den Bildschirm zu berühren wie schwarze Punkte auf dem Marienkäfer zu sehen
sind. Es geht also zunächst um eine Anzahlerfassung mit einer anschließenden
Anzahldarstellung. In den Einstellungen kann zwischen den Modi 1 to 10 und
random gewählt werden. Die Anzahl der Punkte auf dem Marienkäfer fängt je nach
Modus mit eins an und geht die Zahlenreihe bis zehn durch oder sie wird zufällig
gewählt. Ebenso kann zwischen finger mode und tap mode gewählt werden. Während
beim finger mode die Fingerberührungen erkannt werden, egal wo die Finger auf
den Bildschirm liegen, müssen die Finger beim tap mode direkt auf die schwarzen
Punkte des Marienkäfers gelegt werden. Die Anzahl der gelegten Finger wird bei
beiden Modi angezeigt, indem die schwarzen Punkte grün umkreist werden. Haben
genauso viele Finger den Bildschirm berührt wie Punkte auf dem Marienkäfer zu
sehen sind, läuft dieser nach oben weg und ein neuer Marienkäfer erscheint.
Ein TApplet für die Mathematik 313
Die Aufgabenstellung bei der App Fingu (vgl . Abb . 8) ist die Gleiche wie bei Ladybug:
Ziel ist eine Anzahlerfassung mit anschließender Anzahldarstellung . Allerdings ist
die App anders gestaltet . Bei Fingu wird eine Anzahl an Früchten einer bestimmten
Sorte in strukturierter Anordnung gezeigt, so dass eine quasi-simultane Anzah-
lerfassung möglich ist . Allerdings sind die Früchte nicht ständig sichtbar, sondern
sie bewegen sich über den Bildschirm und verschwinden nach einer gewissen Zeit .
Die Kinder müssen nun innerhalb einer vorgegebenen Zeit die gleiche Anzahl
an Fingern auf den Bildschirm legen . Die Berührungen des Bildschirms sind als
Fingerabdruck visualisiert . Wurde die korrekte Anzahl an Fingern innerhalb der
vorgegebenen Zeit auf den Bildschirm gelegt, so erscheinen lachende Süßigkeiten .
Ist die Anzahl nicht korrekt oder die Zeit abgelaufen, so erscheint eine Zwiebel .
Ein ansteigendes Level sorgt zudem für eine Erhöhung des Schwierigkeitsgrads .
In den Einstellungen sind vielfältige Anpassungen möglich:
In einer Pre-Studie wurden im Winter 2015/16 die beiden Apps Ladybug und Fingu
mit acht 5-jährigen Kindern erprobt . An insgesamt sechs Terminen arbeiteten die
Kinder je max . 15 Minuten mit den Apps . Bei der App Ladybug wurde die Ein-
stellung finger mode – random gewählt . Die Einstellungen der App Fingu wurden
ausgehend von den ursprünglich vorhandenen Einstellungen wie folgt angepasst:
AnswerTimeFirst: 6, AnswerTimeSecond: 4, ExposureTimeFirst: 0,5 . Die Kinder
wurden bei der Arbeit mit den Apps videographiert, die Videos anschließend mit
Hilfe eines Analysebogens ausgewertet . Dieser beinhaltete folgende Aspekte: In-
struktion/Hilfestellung, Motivation, Mimik und Gestik, Sprache, mathematische
Handlungen sowie Individualisierung . Es liegen erste Beobachtungen vor, die im
Folgenden beschrieben werden . Diese Beobachtungen werden in einer empirischen
Studie weiter erforscht; diese ist aktuell in Arbeit .
Dadurch, dass bei Ladybug der Marienkäfer ständig sichtbar ist, zählten viele
Kinder die Punkte einzeln ab – auch wenn sie die Anzahl vorab bereits quasi-si-
multan erfassen konnten . Durch das Zählen wollten sie sich absichern . Dadurch,
dass die Zeit zur Eingabe der Anzahl durch Fingerberührungen nicht eingeschränkt
war und ebenso das Hintereinanderauflegen von Fingern auf den Bildschirm von
der App als korrekte Lösung anerkannt wurde, legten viele Kinder zählend die
Finger auf . Dabei gingen sie entweder aufbauend die Zahlreihe hoch, indem immer
ein Finger mehr aufgelegt wurde bis die gewünschte Anzahl erreicht war oder sie
legten alle zehn Finger auf und nahmen einen nach dem andern bis zur korrekten
Anzahl wieder weg .
Ein TApplet für die Mathematik 315
Die gleichen Kinder versuchten zunächst auch bei Fingu zählend vorzugehen.
Dadurch konnte jedoch die Zeitvorgabe (s. Einstellungen oben) nicht eingehalten
werden, so dass eine negative Rückmeldung (Zwiebel) erschien. So legten die
Kinder erst immer schneller hintereinander die Finger auf den Bildschirm, bis es
ihnen mit der Zeit auf einmal möglich war. Die Zeitvorgabe ist demnach ein ganz
wichtiges Element, um die Kinder dazu zu bewegen, die Anzahl quasi-simultan
darzustellen. Dies führt zu der Hypothese, dass eine immer kürzere Darstellung
der Früchte den Erwerb einer quasi-simultanen Anzahlerfassung unterstützen
kann. Die Möglichkeit zur individuellen Anpassung der App beinhaltet großes
Potenzial zur Unterstützung des Erwerbs des kardinalen Zahlkonzepts. Diese
ersten Beobachtungen werden durch die Ergebnisse einer Untersuchung von
Baccaglini und Maracci (2015) gestützt. Eine weitere Beobachtung war, dass die
Kinder bei der Anwendung von Ladybug ziemlich schnell gelangweilt waren und
die Motivation nachließ. Ganz anders bei Fingu. Dies wird darauf zurückgeführt,
dass das Aufgabenangebot bei Ladybug zum einen sehr eingeschränkt ist (zehn
Aufgaben, die sich immer wiederholen). Bei Fingu hingegen sorgte das größere
Angebot an Aufgaben zusammen mit abwechslungsreichen Bildern (Wechsel der
Früchte) und der Motivationselemente (Spiel auf Zeit sowie Süßigkeiten/Zwiebel)
dafür, dass die Kinder sich länger anhaltend konzentriert und motiviert mit der
Aufgabenstellung beschäftigten.
Unser Zahlsystem (hier: Object) ist durch fünf Kennzeichen beschrieben: das Prinzip
der fortgesetzten Bündelung, das Prinzip des Stellenwerts, das Dezimalsystem, das
multiplikative sowie das additive Prinzip (für eine ausführliche Darstellung s. Ladel
und Kortenkamp 2013b, 2014). Im Folgenden stehen insbesondere das Prinzip der
fortgesetzten Bündelung und das Prinzip des Stellenwerts sowie deren Verknüpfung
im Fokus. Nach dem Prinzip der fortgesetzten Bündelung werden immer zehn
Elemente einer Einheit zu einem Element der nächsthöheren Ordnung gebündelt,
so lange bis es nicht mehr geht. In Phase 1 des mathematischen Lernprozesses (s.
vorne) können bei der Erarbeitung von Bündelungen und Entbündelungen ganz
unterschiedliche Materialien (Artefact) genutzt werden. Häufig in Klassenzimmern
316 Silke Ladel
Durch einen einzigen Klick kann eine Zehnerstange entbündelt werden (vgl . Abb .
9 oben), durch einfaches Einkreisen gebündelt (vgl . Abb . 9 unten) . Durch einen
dickeren Strich in der Mitte der Zehnerstange wird zusätzlich automatisch die
Fünferstruktur visualisiert .
Zur Erarbeitung des Stellenwertprinzips wird zumeist die Stellenwerttafel als
Arbeitsmaterial (Artefact) herangezogen . In dieser können Zahlen notiert oder
Plättchen gelegt werden und erhalten je nach Stelle (Spalte) einen bestimmten
Wert zugeordnet, z . B . zwei Plättchen in der Zehnerspalte haben den Zahlenwert
von 2•10 = 20. Nun können an dieser Stellenwerttafel Handlungen vorgenommen
werden, wie z . B . das Verschieben eines Plättchens . Arbeiten die Kinder mit dem
physischen Material, so hat das Verschieben eines Plättchens eine Wertänderung zur
Folge (vgl . Abb . 10 oben) . Wird beispielsweise ein Plättchen von der Zehnerspalte
zur Einerspalte verschoben, so wird der Wert der ganzen Zahl um einen Zehner
vermindert und um einen Einer vergrößert, der Zahlenwert wird also insgesamt um
neun kleiner (-10 +1 = -9) . Diese und weitere Handlungen an der Stellenwerttafel
sind notwendig und wichtig, um Einsicht in unser Stellenwertsystem zu erhalten .
Abb. 10 Zur Bedeutung von Handlungen an der physischen (oben) und an der virtuellen
(unten) Stellenwerttafel
318 Silke Ladel
1 Häufig wird zur Verknüpfung des Bündelungs- mit dem Stellenwertprinzip mit Mehr-
systemmaterial in der Stellenwerttafel gearbeitet und auch viele Apps greifen dies auf.
Dies sollte jedoch aufgrund diverser Gründe vermieden werden (nähere Informationen
hierzu s. Ladel 2014).
Ein TApplet für die Mathematik 319
Die Darstellung der Zählmarken als rote Kreise erfolgte passend zu seinem physi-
schen Äquivalent, den Wendeplättchen oder roten Zählmarken, mit dem die Kinder
zumeist in der Schule arbeiten . Die Kinder können diese einzeln mit ihren Fingern
erzeugen und in die Stellenwerttafel legen oder mehrere auf einmal . Der Wert einer
Zählmarke wird ihr je nach Stelle, in der sie liegt, zugeordnet . Die roten Zählmarken
sind bewusst nicht strukturiert angeordnet, da die Kinder über die Titelzeile deren
Anzahl entnehmen können . Des Weiteren sind die Zählmarken zunächst alle ein-
farbig gehalten . Zum Zeitpunkt des Einsatzes der virtuellen Stellenwerttafel sollte
der Abstraktionsprozess von verschiedenartigen zu gleichartigen Objekten in der
Stellenwerttafel bereits stattgefunden haben . So schreiben Kinder beispielsweise
auch bereits die Ziffern einer Zahl, die stellvertretend für die Objekte stehen, alle
in einer Farbe . Dennoch besteht bei Wunsch der Lehrkraft in den Einstellungen
der App die Möglichkeit in den sogenannten Montessori-Modus zu wechseln . In
diesem sind die Einer grün, die Zehner blau, die Hunderter rot gefärbt (vgl . Abb .
12 oben) . Dadurch wird der einer Anzahl zugeordnete Wert zusätzlich zu seiner
Stelle über dessen Farbe angegeben .
320 Silke Ladel
Abb. 12 Curricularer Aufbau und Einstellungsmöglichkeiten in der App Stellenwerttafel
Ein TApplet für die Mathematik 321
Voraussetzung für den Einsatz der virtuellen Stellenwerttafel ist, dass das Prinzip
der Bündelung sowie das Prinzip des Stellenwerts mit den Kindern erarbeitet wurde
(vgl. Ladel 2014) und ein gesichertes Verständnis vorliegt. Erst dann kann darauf
aufbauend eine Vernetzung dieser beiden Prinzipien erfolgen. Hierfür eignet es sich
beispielsweise durch den kombinierten Einsatz der physischen und der virtuellen
Stellenwerttafel beim Kind einen kognitiven Konflikt hervorzurufen . Dies war u . a .
ein Aspekt einer qualitativ angelegten Studie mit leitfadengestützen Interviews auf
der Basis von vier Aufgabenblöcken mit 52 Zweitklässlerinnen und Zweitklässlern
(für mehr Informationen und Ergebnisse hierzu s . Ladel und Kortenkamp 2015b,
2016a) . Zunächst wurde den Kindern eine Stellenwerttafel gezeigt, auf der zwei
Plättchen bei den Zehnern und drei Plättchen bei den Einern zu sehen waren, und
die Frage gestellt, wie die Zahl heißt . Anschließend wurde gefragt, was passiert,
wenn man ein Plättchen von den Zehnern zu den Einern schiebt . Auf die Antwort
der Kinder hin wurde ihnen die virtuelle Stellenwerttafel gegeben und sie wurden
darum gebeten, das Verschieben an dieser auszuprobieren . Exemplarisch sei an
dieser Stelle das Transkript des Interviews (Tab . 1) mit einer Schülerin aufgeführt
(vgl . Ladel und Kortenkamp 2015b) .
2 S Dreiundzwanzig, weil das sind zwanzig und das sind drei Einer und zwanzig plus
drei gleich dreiundzwanzig .
3 I Ok . Schreibst du mal die Zahl da rein?
4 I Und wenn ich jetzt ein Plättchen von den Zehnern zu den Einern schieben würde .
Was würde dann passieren?
5 S Hm . Dann ist das kein Zehner mehr sondern ein Einer oder? Oder ist es dann
noch ein Zehner?
6 I Ich weiß nicht .
7 S Ich glaub’ ein Einer .
8 I Aha .
9 S Dann wären’s zehn, vierzehn .
10 I Ja, schreibst du es mal da rein?
Ein TApplet für die Mathematik 323
11 I (I. holt Tablett mit Stellenwert-App.) Und dann probieren wir das Ganze mal hier
aus . Da haben wir jetzt die 23 . Verschieb doch mal ein Plättchen von den Zehnern
zu den Einern .
Dieser Ausschnitt zeigt eindrucksvoll, wie das Kind über den Umgang mit der
physischen Stellenwerttafel internalisiert hat, dass das Verschieben eines Plättchens
eine Wertänderung der Zahl zur Folge hat. Die andere, nicht erwartete Reaktion
der Stellenwert-App führt bei dem Kind zu einem kognitiven Konflikt. Dem oben
beschriebenen Mädchen gelang es erfolgreich die Verknüpfung des Stellenwerts
mit der Bündelung herzustellen. Aber erst wenn diese Verknüpfung verstanden
ist, können beispielsweise die schriftlichen Rechenverfahren der Addition und
Subtraktion erarbeitet werden.
6 Schlussbemerkung
Das Tablet mit seiner Technologie hat großes Potenzial zur Unterstützung mathe-
matischer Lernprozesse. Dies betrifft nicht nur die dritte und vierte Phase, son-
dern bereits und insbesondere die erste und zweite Phase, in denen mit konkreten
Objekten gehandelt wird und der Übergang über die ikonische zur symbolischen
Repräsentation erfolgt. Dabei sind Primärerfahrungen der Kinder im Umgang
mit den physischen Materialien Grundlage für weiteres mathematisches Arbeiten.
Darauf aufbauend kann der kombinierte Einsatz des physischen Arbeitsmittels mit
seinem virtuellen Äquivalent im Sinne eines duo of artefact den Lernprozess der
Kinder nachhaltig unterstützen. Hierzu ist es jedoch erforderlich sich im Detail mit
der Gestaltung der App auseinanderzusetzen und die Bedeutung der Handlungen
zu untersuchen.
Virtuelle Arbeitsmittel am Tablet stehen aktuell in der internationalen Forschung
stark im Fokus (s. Moyer-Packenham 2016). Aber auch in anderen Bereichen hält
das Tablet großes Potenzial beim Lehren und Lernen von Mathematik bereit (Ladel
2013). Jedoch bedarf es noch vielfältiger Forschungsarbeit hinsichtlich der Frage,
wie die jeweiligen Apps gestaltet und im Unterricht genutzt und eingesetzt werden
müssen, damit dieses Potenzial auch tatsächlich wirksam wird. Ein Anfang dazu
wurde gemacht und wird unter anderem durch die Arbeitsgruppe PriMaMedien
– Lernen, Lehren und Forschen mit digitalen Medien im Mathematikunterricht
der Primarstufe (www.pri-ma-medien.de) vorangetrieben.
Ein TApplet für die Mathematik 325
Literatur
Aebli, H. (1983). Zwölf Grundformen des Lehrens. Eine Allgemeine Didaktik auf psychologi-
scher Grundlage. Medien und Inhalte didaktischer Kommunikation, der Lernzyklus (13.
Aufl.). Stuttgart: Klett-Cotta.
Aebli, H. (1987). Grundlagen des Lehrens. Eine Allgemeine Didaktik auf psychologischer
Grundlage. Stuttgart: Klett-Cotta.
Baccaglini-Frank, A., & Maracci, M. (2015). Multi-Touch Technology and Preschoolers’
Development of Number-Sense, Digital Experiences in Mathematics Education 1(1), 7-27.
Brissiaud, R. (1992). A Toll for Number Construction: Finger Symbol Sets. In J. Bidaud, C.
Meljac, & J.-P. Fischer (Hrsg.), Pathways to number. Children’s Developing Numerical
Abilities. New Jersey: Lawrence Erlbaum Associates.
Gerster, H.-D., & Schulz, R. (2007). Schwierigkeiten beim Erwerb mathematischer Konzepte
im Anfangsunterricht (Rechenschwäche – Erkennen, Beheben, Vorbeugen). Freiburg im
Breisgau: Institut für Mathematik und Informatik und ihre Didaktiken, Pädagogische
Hochschule Freiburg.
Grassmann, M., Eichler, K.-P., Mirwald, E., & Nitsch, B. (2014). Mathematikunterricht 5
(3.Aufl.). Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren.
Kortenkamp, U. (2016). Stellenwerttafel [Mobile application software]. Erhältlich im iTu-
nes-Store: https://itunes.apple.com/de/app/stellenwerttafel/id568750442?mt=8. Zuge-
griffen: März 2016.
Kortenkamp, U., & Dohrmann, Christian. „User interface design for dynamic geometry
software.“ Acta Didactica Napocensia 3.2 (2010), 59-66.
Ladel, S. (2009). Multiple externe Repräsentationen (MERs) und deren Verknüpfung durch
Computereinsatz. Zur Bedeutung für das Mathematiklernen im Anfangsunterricht.
Hamburg: Verlag Dr. Kovac.
Ladel, S. (2011). Multiplex-R: Zum Wechsel zwischen verschiedenen Darstellungsformen
von Zahlen und Operationen bei 5- bis 8-jährigen Kindern. In R. Haug, & L. Holzäpfel
(Hrsg.), Beiträge zum Mathematikunterricht 2011 – Beiträge zur 45. Jahrestagung der
Gesellschaft für Didaktik der Mathematik vom 21.02.2011 bis 25.02.2011 in Freiburg
(S. 527-531). Münster: WTM-Verlag.
Ladel, S. (2013). „Garantierter Lernerfolg“ oder „Digitale Demenz“? Zum frühen Lernen
von Mathematik mit digitalen Medien. In Beiträge zum Mathematikunterricht. Münster:
WTM-Verlag.
Ladel, S. (2014). Enaktiv, ikonisch, symbolisch – das und noch viel mehr! Repräsentations-
formen und ihre Verknüpfung in digitalen Medien. Grundschule Mathematik, 43, 6-10.
Ladel, S., & Kortenkamp, U. (2013a). An activity-theoretic approach to multi-touch tools
in early maths learning, The International Journal for Technology in Mathematics Edu-
cation 20 (1), 3-8.
Ladel, S., & Kortenkamp, U. (2013b). Number Concepts – Processes of Internalization and
Externalization by the Use of Multi-Touch Technology. In U. Kortenkamp, B. Brandt, C.
Benz, G. Krummheuer, S. Ladel, & R. Vogel (Hrsg.), Early Mathematics Learning. Selected
Papers of the POEM 2012 Conference (S. 237-256). Springer: New York.
Ladel, S., & Kortenkamp, U. (2015a). Dezimalbrüche und Stellenwerttafeln. In F. Caluori,
C. Streit, & H. Linneweber-Lammerskitten (Hrsg.), Beiträge zum Mathematikunterricht
326 Silke Ladel
2015 – Beiträge zur 49. Jahrestagung der Gesellschaft für Didaktik der Mathematik vom
9. bis 13. Februar 2015 in Basel (o. S.). Münster: WTM-Verlag.
Ladel, S., & Kortenkamp, U. (2015b). Development of Conceptual Understanding of Place
Value. In B. Kaur, X. Sun, & J. Novotná (Hrsg.), The Twenty-third ICMI Study: Primary
Mathematics Study on Whole Numbers. Cambridge: Cambridge University Press.
Ladel, S., & Kortenkamp, U. (2016a). Development of a flexible understanding of place val-
ue. In Helenius, O., Johansson, M., Lange, T., Meaney, T., & Wernberg, A. (Hrsg.) Early
Mathematics Learning. Selected Papers of the POEM 2014 Conference. Springer: New York.
Ladel, S., & Kortenkamp, U. (2016b). Artifact-Centric Activity Theory – A Framework for
the Analysis of the Design and the Use of Virtual Manipulatives on the Example oft he
Virtual Place Value Chart. In P. S. Moyer-Packenham (Hrsg.), International Perspectives
on Teaching and Learning Mathematics with Virtual Manipulatives. Cham: Springer
International Publishing.
Leontiev, A. N. (1978). Activity, consciousness and personality. Englewood Clifs: Prentice Hall.
Maschietto, M., & Soury-Lavergne, S. (2013). Designing a duo of material and digital artifacts:
the pascaline and Cabri Elem e-books in primary schoool mathematics. ZDM – The
international Journal on Mathematics Education 45(7), 959-971.
Moyer-Packenham, P. S. (Hrsg.) (2016). International Perspectives on Teaching and Learning
Mathematics with Virtual Manipulatives. Cham: Springer International Publishing.
Raskin, J. (2000). The Humane Interface. New Directions for Designing Interactive Systems.
München: Addison-Wesley.
Resnick, L. B. (1983): A developmental theory of number understanding. In H. P. Ginsburg
(Hrsg.), The development of mathematical thinking (S. 109-151). New York: Academic Press.
Sarama, J., & Clements, D. H. (2009). „Concrete“ Computer Manipulatives in Mathematics
Education. Child Development Perspectives 3(3), 145-150.
Urff, Chr. (2014). Rechendreieck [Mobile application software]. Erhältlich im iTunes-Store:
https://itunes.apple.com/de/app/rechendreieck/id575736731?mt=8. Zugegriffen: 15.03.2016
Urff, Chr. (2015). Fingerzahlen – Fingermengen [Mobile application software]. Erhält-
lich im iTunes-Store: https://itunes.apple.com/de/app/fingerzahlen-fingermengen/
id455497654?mt=8. Zugegriffen: 15.03.2016
Voltolini, A. (erscheint 2016). Duo of digital and material artifacts dedicated to the learning
of geometrie at primary school. In Proceedings of the 13th International Congress on
Mathematical Education. Hamburg.
Vom Hofe, R. (1995). Grundvorstellungen mathematischer Inhalte. Heidelberg: Spektrum.
Vygotski, L. S. (1997). The Instrumental Method in Psychology. In R. W. Rieber, & J. Wollock
(Hrsg.), The Collected Works of L. S. Vygotsky. Vol. 3: Problems oft he Theory and History
of Psychology (S. 85-90). New York: Plenum Press.
Experimente mit Smartphone und
Tablet-PC: Analyse leistungsbezogener
Antwortsicherheiten im Physikstudium
Pascal Klein, Jochen Kuhn und Andreas Müller
Zusammenfassung
Smartphone und Tablet-PC können auf Grund integrierter Sensoren als mobile
Messlabore eingesetzt werden, die den Lernenden aus ihrem Alltag vertraut
sind . Während positive Lerneffekte beim Arbeiten mit diesen Medien als
physikalisches Experimentiermittel nachgewiesen werden konnten, blieb die
Betrachtung metakognitiver Variablen bisher außer Acht . Dabei gibt es guten
Grund zur Annahme, dass das Nutzen mobiler Endgeräte zu einer akkuraten
Selbstreflexion des eigenen Verständnisses führen kann .
In dem Beitrag wird die Grundlage zur Untersuchung dieser Annahme
gesetzt, indem zunächst Lernschwierigkeiten im angestrebten Untersuchungs-
feld diagnostiziert und geschlossene Aufgabentypen quantitativ hinsichtlich
metakognitiver Diskriminationsstärke charakterisiert werden .
1 Einleitung
Umfrageergebnisse zeigen, dass Smartphone und Tablet-PC mehr und mehr zum
Alltag speziell der jungen Generation gehören . Auch in Schulen hält der Tablet-PC
zunehmend Einzug, wobei die Nutzung der Geräte bisher primär als Notebook-Er-
satz erfolgt (z . B . als Cognitive Tool, zu Recherchezwecken) . Bisher häufig außer
Acht gelassen wird aber die Möglichkeit, Smartphone und Tablet-PC als Experi-
mentiermittel im naturwissenschaft lichen Unterricht zu verwenden . Denn solche
Geräte stellen kleine, mobile Messlabore dar, die mit den vielfältig integrierten
Sensoren unübersichtliche Versuchsapparaturen ersetzen können und die zudem
den Lernenden aus ihrem Alltag gut vertraut sind .
327
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2017
J. Bastian und S. Aufenanger (Hrsg.), Tablets in Schule und
Unterricht, DOI 10.1007/978-3-658-13809-7_14
328 Pascal Klein, Jochen Kuhn und Andreas Müller
Die beiden in Abbildung 1 skizzierten Experimente sind Beispiele für die physika-
lische Bewegungsanalyse mit Hilfe mobiler Endgeräte.
Das primäre Ziel des Projekts physics.move ist die Förderung repräsentationaler
und konzeptioneller Fähigkeiten von Physikstudierenden im ersten Fachsemester.
Die Übungsaufgaben stellen dabei die zentrale instruktionale Gelegenheit dar, die
Bildung dieser Kompetenzen durch neue, experimentbezogene Aufgabenformate
unter Nutzung mobiler Endgeräte zu unterstützen. Die empirische Absicherung
der theoriebasierten Hypothesen erfolgt durch eine Vergleichsstudie unter Erhe-
bung der relevanten Variablen durch standardisierte Testinstrumente. In diesem
Experimente mit Smartphone und Tablet-PC 333
Dieser Beitrag fasst zunächst die Grundlagen bezüglich der Erhebung von Antwort-
sicherheiten zusammen und gibt einen Überblick über den Stand der Forschung
innerhalb der Naturwissenschaftsdidaktik (Abschnitt 3). In Anlehnung an bishe-
rige Untersuchungen wird ein Maß für die Genauigkeit der Selbsteinschätzung
334 Pascal Klein, Jochen Kuhn und Andreas Müller
der Skalenmittelwerte vor und nach einer Lernphase (Struck und Yerrick 2010;
Sharma und Bewes 2011; Aslanides und Savage 2013). Manche Arbeiten setzen die
mittlere Antwortsicherheit Sj einer Aufgabe j unmittelbar in Relation zur mittleren
Schwierigkeit Pj dieser Aufgabe und bezeichnen die Differenz beider Größen,
messen den absoluten Ausprägungen der Antwortsicherheiten eine Bedeutung zu und interes-
sieren sich für die Veränderung der Skalenmittelwerte vor und nach einer Lernphase (Struck
b = Sj – Pj (1)
und Yerrick 2010; Sharma und Bewes 2011;j Aslanides und Savage 2013). Manche Arbeiten
setzen die mittlere Antwortsicherheit Sj einer Aufgabe j unmittelbar in Relation zur mittleren
als bias
Schwierigkeit Pj(Tendenz). Positive
dieser Aufgabe undWerte werdendiemit
bezeichnen einer Überschätzung
Differenz beider Größen,der eigenen
Leistung, negative Werte mit einer Unterschätzung verbunden (Pieschl 2008). Die
nach Gleichung (1) definierte Tendenzb j = ist
S j generell
− Pj eher vorsichtig zu interpretieren. (1)
Zwar argumentieren
als bias (Tendenz). viele Forscherinnen
Positive Werte werden mit einer und Forscher für die
Überschätzung der Verrechnung ab-
eigenen Leistung,
negativesoluter
Werte Größen
mit einer(Schraw 1995), jedoch
Unterschätzung lässt sich
verbunden aus messtheoretischer
(Pieschl 2008). Die nach Sicht keine (1)
Gleichung
definierteRechtfertigung für eineeher
Tendenz ist generell derartige Rechenoperation
vorsichtig erkennen,
zu interpretieren. Zwarwenn beide Größen
argumentieren viele
zuvor nicht
Forscherinnen auf einer für
und Forscher gemeinsamen Skala kalibriert
die Verrechnung absoluterwerden
Größen (z. B. mittels1995),
(Schraw Rasch-Mo-
jedoch
lässt sichdellen). Plausibler als dieSicht
aus messtheoretischer Betrachtung absoluter Größen
keine Rechtfertigung erscheint
für eine die Berechnung
derartige Rechenoperation
erkennen, vonwenn beide Größen zuvor nicht
Zusammenhangsmaßen. auf einer gemeinsamen
Zur Beurteilung Skala
metakognitiver kalibriert
Fähigkeit werden
im obigen
(z.B. mittels
SinneRasch-Modellen). Plausibler als die Betrachtung
eignet sich die Korrelationsanalyse zwischen den absoluter Größen erscheint
Ausprägungen der Ant- die
Berechnung von Zusammenhangsmaßen.
wortsicherheiten Zur Beurteilung
und den Schwierigkeitsindizes dermetakognitiver Fähigkeit
Aufgaben. Bestehende im obigen
Studien
Sinne eignet sich die Korrelationsanalyse zwischen den Ausprägungen der
lassen sich dahingehend unterscheiden, ob der Zusammenhang auf Ebene des Ge- Antwortsicherhei-
ten und den Schwierigkeitsindizes
samttests (Makro-Ebene) oder derauf
Aufgaben.
der Ebene Bestehende Studien
einzelner Items lassen
basiert sich dahingehend
(Mikro-Ebene).
unterscheiden, ob der Zusammenhang auf Ebene des Gesamttests (Makro-Ebene)
Während eine Analyse auf der Makro-Ebene eine Aussage über die metakognitive oder auf der
Ebene einzelner Items basiert (Mikro-Ebene). Während eine Analyse auf der Makro-Ebene
Kalibrierung einer Population bzgl. eines Lerninhaltes im Allgemeinen trifft, dient
eine Aussage über die metakognitive Kalibrierung einer Population bzgl. eines Lerninhaltes
die Analyse auf der Mikro-Ebene zur Identifikation von Lernschwierigkeiten und
im Allgemeinen trifft, dient die Analyse auf der Mikro-Ebene zur Identifikation von Lern-
Fehlvorstellungen
schwierigkeiten bzgl. konkreter
und Fehlvorstellungen Lerninhalte.
bzgl. konkreter Lerninhalte.
Die erste Arbeit aus der Physikdidaktik, die den Dunning-Kruger-Effekt ex-
plizit erwähnt, stammt von Lindsey und Nagel (2015). Sie weisen den Effekt auf
Stichprobenebene für Nebenfachstudierende vor dem Hintergrund problemlö-
sungsorientierter Aufgaben zur Mechanik nach. Auf der Mikro-Ebene zeigen ihre
Daten, dass es Studierenden unabhängig ihrer metakognitiven Fähigkeit bei einigen
Aufgaben nicht gelingt, zwischen richtigen und falschen Antworten im Sinne ver-
schiedener Sicherheiten zu unterscheiden. Sie argumentieren, dass für ein besseres
Verständnis der metakognitiven Prozesse Zusammenhangsanalysen auf Itemebene
durchgeführt werden sollten. Insbesondere erfordere es weitere Analysen solcher
Aufgaben, bei denen zwischen richtiger und falscher Antwort nicht unterschieden
wird. Der Artikel übersieht dabei, dass es in der Physikdidaktik bereits eine Reihe
von Vorschlägen gab, wie eine solche Analyse auf Itemebene durchgeführt werden
kann (siehe folgenden Abschnitt.).
3.2 Forschungsfragen
1. (Genauigkeit der Selbsteinschätzung) Wie hoch ist die Genauigkeit der Selbst-
einschätzung (metakognitive Kalibrierung, Pieschl 2008) bzgl. repräsentations-
bezogener bzw. konzeptorientierter Aufgaben auf Stichprobenebene und gibt es
einen Zusammenhang zum Leistungsniveau/zum Geschlecht der Probandinnen
und Probanden?
2. (Analyse auf Itemebene) Unterscheiden sich die Zusammenhänge zwischen
Antwortsicherheit und Lösungswahrscheinlichkeit einzelner Items unterein-
ander und lassen sich daraus Rückschlüsse auf vorliegende Fehlkonzepte oder
Verständnisschwierigkeiten ziehen?
Experimente mit Smartphone und Tablet-PC 339
4.1 Stichprobe
Die Studie fand in den beiden Wintersemestern 2013/14 und 2014/15 im Rahmen
der wöchentlichen Übungen zur Experimentalphysik 1 (1. Fachsemester Physik)
statt. Insgesamt nahmen 165 Studierende (127 männlich, 69 % Physik-Hauptfach)
am ersten Testzeitpunkt zum Semesterbeginn teil. Die Quote von besuchten Phy-
sik-Leistungskursen beträgt 62 %, die von Mathematik-Leistungskursen beträgt 79 %.
Die Note der Hochschulzugangsberechtigung ist überdurchschnittlich (2.1 +/- 0.7).
4.2 Studiendesign
Das Studiendesign geht aus Abbildung 3 hervor. Die erste Interventionsphase be-
ginnt in der dritten Vorlesungswoche mit der Bearbeitung des zweiten verpflichten-
den Übungsblattes. Während dieser vierwöchigen Phase unterschieden sich die
Übungsblätter der Gruppen hinsichtlich des Aufgabenformats (Kontrollgruppe:
traditionelle Aufgaben, Interventionsgruppe: Videoanalyse-Aufgaben z. T. mit
mobilen Endgeräten). Anschließend tauschten die Übungsgruppen ihre Rollen
und weitere vier Interventionswochen schlossen sich an (sog. Rotationsdesign).
Die Testzeitpunkte t0, t1 und t2 zur Erfassung der Untersuchungsvariablen liegen
unmittelbar vor bzw. nach der ersten Interventionsphase (Prä/Post1) sowie nach
der zweiten Phase (Post2). Für die in Abschnitt 3.2 formulierten Forschungsfragen
werden nur die Daten des ersten Testzeitpunktes vor der Intervention berücksichtigt.
5 Ergebnisse
Tabelle 1 beinhaltet für jedes Item die über die Stichprobe gemittelte Lösungs-
wahrscheinlichkeit Pj (Schwierigkeitsindex) und die mittlere Antwortsicherheit
Sj. Die 16 KiRC-Items (Index K) weisen insgesamt eine mittlere Schwierigkeit
P K = 0.69 bei einer mittleren Sicherheit S K = 0.75 auf. Bei den etwas schwereren
Konzept-Items (Index Kon, P Kon = 0.57) zeigte sich eine größere Unsicherheit
( S Kon = 0.64). Männliche Studenten weisen sowohl im KiRC-Test als auch im
Konzepttest im Mittel eine signifikant höhere Antwortsicherheit auf als weibliche
(tK = 2.3; df = 156; p < 0.05; tKon = 3.36; df = 130; p < 0.001) und besitzen in beiden
Tests eine höhere Leistungsfähigkeit (tK = 3.58; df = 156; p < 0.001; tKon = 2.32; df
= 130; p < 0.05). Vergleicht man, wie in der Literatur üblich, die absoluten Werte
von P und S miteinander, zeichnet sich gemäß Gleichung (1) eine leichte Tendenz
zur Überschätzung der Leistungsfähigkeit bei beiden Tests ab. Abbildung 4 (links)
deutet darauf hin, dass sich die leistungsschwachen Probanden eher überschätzen
als leistungsstarke, die dagegen eher zur Unterschätzung der eigenen Leistung
neigen, denn die Datenpunkte liegen vermehrt oberhalb der Winkelhalbierenden,
insbesondere für das niedrige Leistungsquartil.
Tabelle 1 enthält weiterhin die gemittelten Schwierigkeitsindizes pro Sicher-
heitskategorie (S = 0; 0.33; 0.66; 1) und die Häufigkeiten der gewählten Kategorie
pro Item. Wie aus den Daten hervorgeht, wurde insgesamt wenig geraten. Pro Auf-
gabe wählten weniger als 10 % der Probanden die Kategorie S = 0, mit Ausnahme
von Item K11. Falls die Kategorie S = 0 gewählt wurde, liegt die durchschnittliche
Lösungswahrscheinlichkeit bei 0.27 (Konzept-Items) bzw. 0.40 (KiRC-Items), was
den tatsächlichen Ratewahrscheinlichkeiten (0.20 bzw. 0.33) nahe kommt. Der Zu-
sammenhang zwischen Pj und Sj auf Itemebene wird in Abschnitt 5.3 ausgewertet.
Der Datensatz wurde in richtig und falsch beantwortete Aufgaben geteilt, und die
mittleren Antwortsicherheiten wurden in diesen beiden Kategorien bestimmt. Die
Genauigkeit der Selbsteinschätzung (vgl. Gleichung (2)) beträgt für den KiRC-Test im
Mittel über alle Personen CAQ = 0.52 +/- 0.08. Der Wert unterscheidet sich signifikant
von Null (t(111) = 6.37; p < 0.001). Wird die Kohorte zudem in Leistungsquartile
eingeteilt, ergeben sich mit absteigender Leistung die Indizes 0.72, 0.74, 0.59 und
0.05, die sich mit Ausnahme des letzten alle signifikant von Null unterscheiden.
Leistungsschwache Probanden besitzen folglich keine adäquate Selbsteinschätzung.
Experimente mit Smartphone und Tablet-PC 343
Mit Hilfe von Korrelationsanalysen wurden alle Items auf einen linearen Zusam-
menhang zwischen Lösungswahrscheinlichkeit und gegebener Antwortsicherheit
getestet (vgl. Korrelationskoeffizienten in Tab. 1). Zur Beurteilung der Signifikanzen
wurden die p-Werte mit einer variablen Schranke verglichen, um einer Inflation
des α-Fehlers auf Grund der multiplen Analysen vorzubeugen (Benjamini und
Hochberg 1995). Es wurden vier KiRC-Items und ein Konzept-Item identifiziert,
die nur eine geringe, nicht signifikant von Null verschiedene Korrelation aufweisen.
Die Lösungswahrscheinlichkeiten dieser Items sind in Abbildung 5 (links) katego-
rienweise dargestellt, wobei auf die S = 0 Kategorie verzichtet wird. Innerhalb dieser
Kurven lassen sich zwei Item-Gruppen unterscheiden: Die P-Werte der Items K11,
K12 und Kon3 fallen über alle Sicherheitsstufen hinweg etwa gleich aus, d. h. bei
diesen Items unterscheidet die ansonsten gut metakognitiv-kalibrierte Stichprobe
nicht zwischen richtigen und falschen Antworten. Dagegen lassen die Items K8
und K15 noch eine Unterscheidung zwischen wenigstens zwei Stufen erkennen.
Zum Vergleich sind im rechten Teil von Abbildung 5 die Charakteristiken bei
Aufgaben mit einem hohen linearen Zusammenhang zwischen Sicherheit und
Lösungswahrscheinlichkeit dargestellt. Unabhängig von der Gesamtschwierigkeit
Pj zeigen alle Kurven einen ähnlich steilen Verlauf.
344 Pascal Klein, Jochen Kuhn und Andreas Müller
Die deskriptiven Daten legen nahe, dass die Stichprobe im Allgemeinen eine hohe
Sicherheit beim Beantworten der Aufgaben verspürt, was auf das Vorwissen im
Themengebiet Kinematik zurückzuführen ist. Es kann vorausgesetzt werden, dass
die meisten Studierenden die grundlegenden Inhalte in ihrem vorangegangenen
Physikunterricht in der Schule behandelten. Diese Absolutwerte unterscheiden sich
hinsichtlich des Geschlechts der Studierenden. In Einklang mit den Ergebnissen von
Sharma und Bewes (2011) waren sich männliche Studenten bei der Beantwortung
der Aufgaben sicherer als weibliche und lösten die Aufgaben auch besser.
Zur Beantwortung der ersten Forschungsfrage wurde der CAQ-Index als Ge-
nauigkeitsmaß der Selbsteinschätzung für jede Person auf der Makro-Ebene
berechnet. Unabhängig vom Geschlecht besitzt die Stichprobe im Mittel eine
signifikante metakognitive Kalibrierung (CAQ > 0; p < 0.001), kann ihre Leistung
also adäquat einschätzen.
Die zweite Forschungsfrage wird durch die Berechnung der Korrelationen
zwischen Antwortsicherheit und Lösungswahrscheinlichkeit auf der Mikro-Ebene
(Itemebene) unter Einbezug der deskriptiven Daten beantwortet. Während bei den
meisten Items die Lösungswahrscheinlichkeit mit zunehmender Sicherheit steigt,
stellten fünf Items Ausnahmen dar, die im Folgenden diskutiert werden.
Experimente mit Smartphone und Tablet-PC 345
• Bei Item K11 (vgl. Abb. 6) besteht keine Korrelation zwischen Sicherheit und
Leistung. Die Lösungswahrscheinlichkeiten der unsicheren Probanden (S = 0.33)
unterscheiden sich weder von den ganz sicheren (S = 1) noch von denen, die
etwas Zweifel an ihrer Antwort hegen (S = 0.66). Dieses Item thematisiert den
Verlauf der Beschleunigungsvektoren bei einer beschleunigten Kurvenfahrt und
damit ein Konzept der Rotationskinematik. Ein häufig gewählter Distraktor zeigt
gleich lange, ins Zentrum gerichtete Beschleunigungspfeile. Da diese Darstellung
eine gleichmäßige Kurvenfahrt mit konstanter Bahngeschwindigkeit darstellt,
mag dieses Bild bei manchen Studierenden Vertrautheit erwecken, was sie dazu
verleitet ihrer Antwort eine hohe Sicherheit zuzuschreiben. Die Vermutung, dass
eine konstante Länge der Beschleunigungspfeile zu einer
Abb. 6 Item K11
346 Pascal Klein, Jochen Kuhn und Andreas Müller
• Item K8 (vgl. Abb. 8) fragt nach dem v(t)-Verlauf eines in Luft fallenden Ge-
genstandes und weist eine mittlere Schwierigkeit bei sehr hoher Sicherheit auf.
Der am häufigsten gewählte Distraktor suggeriert, dass die Kugel zunächst
ungehindert ‚Fahrt aufnimmt‘ und erst nach einiger Zeit abgebremst wird. Der
erste Abschnitt des v(t)-Diagramms erinnert an eine gleichmäßig beschleunigte
Bewegung im x(t)-Diagramm (Parabel). Das zunächst ungebremste Fallen der
Kugel ist konform mit der Alltagsvorstellung, dass die Luftreibung bei kleinen
Geschwindigkeiten vernachlässigt werden kann. Denkt man dies physikalisch
korrekt weiter, müsste die erste Bewegungsphase aber linear verlaufen, d. h. der
Falschbeantwortung dieses Items liegt eine Konfusion zwischen den kinemati-
schen Größen Ort, Geschwindigkeit und Beschleunigung zu Grunde, die in der
Literatur an mehrfacher Stelle erwähnt wird (McDermott 1984; Beichner 1994).
Abb. 8 Item K8
• Das Item Kon3 (vgl. Abb. 9) des FCI-Tests zeigt eine Rakete, die sich zunächst
mit konstanter Geschwindigkeit im Weltraum bewegt und dann plötzlich
senkrecht zur Bewegungsrichtung beschleunigt. Die korrekte Bahnkurve
ergibt sich gemäß dem Superpositionsprinzip und dem zweiten Newtonschen
Axiom zu einer Parabel. Der falschen Antwort (e) liegt die Impetusvorstellung
zu Grunde: Die Kraft in die ursprüngliche Richtung muss erst aufgebraucht
werden, bevor das Raumschiff durch Zünden der Raketen seine Richtung än-
dert (Argumentation gemäß dokumentierter Fehlvorstellung, McCloske 1983).
Experimente mit Smartphone und Tablet-PC 349
Der Beitrag diskutiert die Möglichkeit, die metakognitiven Fähigkeiten beim Arbeiten
mit multiplen Repräsentationen zu beurteilen. Da multiple Repräsentationen eine
bedeutende Rolle bei der Verwendung mobiler Medien als physikalisches Experi-
mentiermittel spielen, ist eine akkurate Selbsteinschätzung bzgl. des Umgangs mit
Repräsentationen von großer Bedeutung für erfolgreiches Lernen, besonders im
350 Pascal Klein, Jochen Kuhn und Andreas Müller
Lernen, Garavalia und Gredler 2002; Schunk und Pajares 2004). Könnten den Ler-
nenden also derartige Erkenntnisse gleich während des Lernprozesses rückgespiegelt
werden, würde dies die Ausbildung metakognitiver Strategien anregen. Könnte die
Analyse derartiger Defizite implizit erfolgen (z. B. durch in dem Medium verbaute
Sensoren), wäre ein mediengestütztes personalisiertes und adaptives Feedback in
Echtzeit möglich. Diesen Fragestellungen widmen wir uns in aktuellen Studien,
wozu die Erkenntnisse dieser Untersuchung einen Grundstein legen.
Literatur
Aslanides, J. S., & Savage, C. M. (2013). Relativity concept inventory: Development, analysis,
and results. Physical Review Special Topics – Physics Education Research 9 (1).
Benjamini, Y., & Hochberg, Y. (1995). Controlling the False Discovery Rate: A practical and
powerful approach to multiple testing. Journal of the Royal Statistical Society. Series B
(Methodological) 57 (1), 289-300.
Bennett, J., Lubben, F., & Hogarth, S. (2007). Bringing science to life: A synthesis of the
research evidence on the effects of context-based and STS approaches to science teaching.
Sci. Educ., 91 (3), 347-370.
Boekaerts, M., & Rozendaal, J. (2006). Self-regulation in Dutch secondary vocational edu-
cation: Need for a more systematic approach to the assessment of self-regulation. In D.
Euler, M. Lang, & G. Pätzold (Hrsg.), Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik
(Beiheft 20, S. 49-77). Stuttgart: Franz Steiner Verlag.
Brell, C. (2008). Lernmedien und Lernerfolg – reale und virtuelle Materialien im Physikun-
terricht. Empirische Untersuchungen in achten Klassen an Gymnasien (Laborstudie)
zum Computereinsatz mit Simulation und IBE. Berlin: Logos. (Dissertation, Universität
Bremen)
Caleon, I., & Subramaniam, R. (2010). Development and application of a three-tier diag-
nostic test to assess secondary students’ understanding of waves. International Journal
of Science Education 32 (7), 939-961.
De Cook, M. (2012). Representation use and strategy choice in physics problem solving.
Phys. Rev. ST Phys. Educ. Res, 8 (2), 020117.
Echternacht, G. (1971, Dec). The use of confidence testing in objective tests. ETS Research
Bulletin Series 1971 (2), 1-30.
Fensham, P. J. (2009). Real world contexts in PISA science: Implications for context-based
science education. J. Res. Sci. Teach. 46 (2009), 884-896.
Garavalia, L. S., & Gredler, M. E. (2002). An exploratory study of academic goal setting,
achievement calibration and self-regulated learning. Journal of Instructional Psychology
29 (4), 221-230.
Greeno, J. G., Smith, D. R., & Moore, J. L. (1993) Transfer of situated learning. In D. K.
Dettermann und R. J. Sternberg (Hrsg.), Transfer on trial: Intelligence, cognition and
instruction (pp. 99-167). Norwood, NJ: Ablex.
352 Pascal Klein, Jochen Kuhn und Andreas Müller
Gröber, S., Klein, P., & Kuhn, J. (2014). Video-based problems in introductory mechanics
physics courses. Eur. J Phys. 35 (5), 0505019.
Gruber, H., Law, L.-C., Mandl, H., & Renkl, A. (1995) Situated learning and transfer. In
P. Reimann und H. Spada (Hrsg.), Learning in humans and machines: Towards an
interdisciplinary learning science (S. 168-188). Oxford, United Kingdom: Pergamon.
Hirth, M., Kuhn, J., & Müller, A. (2015). Measurement of sound velocity made easy using
harmonic resonant frequencies with everyday mobile technology. Phys. Teach. 53, 120-121.
Hochberg, K., Gröber, S., Kuhn, J. und Müller, A. (2014). The spinning disc: Studying
radial acceleration and its damping process with smartphones’ acceleration sensor.
Phys. Educ. 49 (2), 137-140.
Karatjas, A. G. (2013, Aug). Comparing college students’ self-assessment of knowledge in
organic chemistry to their actual performance. Journal of Chemical Education 90 (8),
1096-1099.
Klein, P., Kuhn, J., & Müller, A. (2016). KiRC inventory: Assessment of representational
competence in kinematics. Eingereicht in Phys. Rev. ST Phys. Educ. Res.
Klein, P. Gröber, S., Kuhn, J., & Müller, A. (2014a). Video Analysis of Projectile Motion
Using Tablet Computers as Experimental Tool. Phys. Educ. 49 (1), 37-40.
Klein, P., Hirth, M., Gröber, S., Kuhn, J., & Müller, A. (2014b). Classical Experiments
revisited: Smartphone and Tablet PC as Experimental Tools in Acoustics and Optics.
Phys. Educ. 49 (4), 412-418.
Klein, P., Gröber, S., Kuhn, J., & Müller, A. (2014c). Mobile Videoanalyse mit Tablet PC im
Physikunterricht am Beispiel des freien Falls mit Luftreibung. Praxis der Naturwissen-
schaften – Physik in der Schule 63 (6), 33-35
Klein, P., Gröber, S., Kuhn, J., Fouckhardt, H., von Freymann, G., Oesterschulze, E., Wi-
dera, A., Fleischhauer, A., & Müller, A. (2015a). physics.move: Teaching Experimental
Physics by Using Mobile Technologies as Experimental Tools-Videoanalyse-Aufgaben
in der Experimentalphysik 1. PhyDid A- Physik und Didaktik in Schule und Hochschule
14 (1), 1-11.
Klein, P., Kuhn, J., Müller, A., & Gröber, S. (2015b). Video analysis exercises in regular
introductory mechanics physics courses: Effects of conventional methods and possi-
bilities of mobile devices. In A. Kauertz, H. Ludwig, A. Müller, J. Pretsch, & W. Schnotz
(Hrsg.), Multidisciplinary research on teaching and learning (pp. 629-639). Basingstoke:
Palgrave Macmillan.
Kruger, J., & Dunning, D. (1999). Unskilled and unaware of it: How difficulties in recog-
nizing one’s own incompetence lead to inated self-assessments. Journal of Personality
and Social Psychology 77 (6), 1121-1134.
Kuhn, J. (Hrsg.). (2015). Materialien und Methoden: Experimentieren mit Smartphones
und Tablets [Themenheft]. Naturwissenschaften im Unterricht – Physik 26 (145).
Kuhn, J., & Vogt, P. (2014). Mobile Endgeräte als Experimentiermittel im naturwissenschaft-
lichen Unterricht: Stand der fachdidaktischen Forschung. In J. Maxton-Küchenmeister
und J. Meßinger-Koppelt (Hrsg.), Digitale Medien im naturwissenschaftlichen Unterricht
(S. 46-63). Hamburg: Joachim Herz Stiftung Verlag.
Kuhn, J., Wilhelm, T., & Lück, S. (2013). Smarte Physik: Physik mit Smartphones und
Tablet-PCs. Physik in unserer Zeit 44 (1), 44-45.
Kuhn, J., & Vogt, P. (2012). Diffraction Experiments with Infrared Remote Controls. Phys.
Teach., 50 (2012), 118-119.
Experimente mit Smartphone und Tablet-PC 353
Kuhn, J. (2014). Relevant information about using a mobile phone acceleration sensor in
physics experiments. Am. J Phys. 82 (2014), 94.
Kuhn, J., Vogt, P., & Hirth, M. (2014). Analyzing the Acoustic Beat with Mobile Devices.
Phys. Teach 52 (2014), 248-249.
Kuhn, J. (2010). Authentische Aufgaben im theoretischen Rahmen von Instruktions- und
Lehr-Lern-Forschung: Effektivität und Optimierung von Ankermedien für eine neue
Aufgabenkultur im Physikunterricht. Wiesbaden: Vieweg+Teubner Verlag.
Kuhn, J., Müller, A., Müller, W., & Vogt, P. (2010). Kontextorientierter Physikunterricht:
Konzeptionen, Theorien und Forschung zu Motivation und Lernen. Praxis der Natur-
wissenschaften – Physik in der Schule 5 (59), 13-25.
Kuhn, J., & Vogt, P. (2013) Smartphones as experimental tools: Different methods to de-
termine the gravitational acceleration in classroom physics by using everyday devices.
Eur. J. Phys. Educ., 4 (1), 16-27.
Kuhn, J., & Vogt, P. (2015). Smartphone und Co. in Physics Education: Effects of Learning
with New Media Experimental Tools in Acoustics. In W. Schnotz, A. Kauertz, H. Ludwig,
A. Müller und J. Pretsch (Hrsg.), Multidisciplinary Research on Teaching and Learning
(S. 253-269). Basingstoke, UK: Palgrave Macmillan.
Lindsey, B. A., & Nagel, M. L. (2015, Jul). Do students know what they know? Exploring the
accuracy of students’ self-assessments. Phys. Rev. ST Phys. Educ. Res. 11 (2).
Mashood, K. K., & Singh, V. A. (2012, Jul). An inventory on rotational kinematics of a parti-
cle: unravelling misconceptions and pitfalls in reasoning. Eur. J. Phys. 33 (5), 1301-1312.
McDermott, L. C., Rosenquist, M., & van Zee, E. (1987). Student difficulties in connecting
graphs and physics: Examples from kinematics. Am. J. Phys. 55 (6), 503ff.
Meltzer, D.E., (2005). Relation between students’ problem-solving performance and rep-
resentational format. Am. J. Phys. 73, 463-478
Müller, A., Vogt, P., Kuhn, J., & Müller, M. (2015). Cracking knuckles – A smartphone
inquiry on bioacoustics. Phys. Teach 53 (2015), 307-308.
Nieminen, P., Savinainen, A., & Viiri, J. (2012). Relations between representational consis-
tency, conceptual understanding of the force concept, and scientific reasoning. Phys.
Rev. ST Phys. Educ. Res, 8 (1), 010123.
O’Neill, T., & Barton, A.C. (2005). Uncovering Student Ownership in Science Learning:
The Making of a Student Created Mini-Documentar. School Science and Mathematics
105 (6), 292-301
Pajares, F., & Graham, L. (1999, Apr). Self-efficacy, motivation constructs, and mathematics
performance of entering middle school students. Contemporary Educational Psychology
24 (2), 124-139.
Pientka, H. (Hrsg.) (2002). Aufgabenkultur [Themenheft]. PdN-Physik, 4 (49).
Pieschl, S. (2008, Sep). Metacognitive calibration – an extended conceptualization and
potential applications. Metacognition Learning 4 (1), 3-31.
Planinic, M., Boone, W. J., Krsnik, R., & Beilfuss, M. L. (2006). Exploring alternative
conceptions from Newtonian dynamics and simple DC circuits: Links between item
difficulty and item confidence. Journal of Research in Science Teaching 43 (2), 150-171.
Rebello, N. S., Engelhardt, P. V., & Singh, C. (2012). How accurately can students estimate
their performance on an exam and how does this relate to their actual performance on
the exam? Doi: 10.1063/1.3680058.
Ryan, R. M., & Deci, E. L. (2000). Intrinsic and extrinsic motivations: Classic definitions
and new directions. Cont. Educ. Psych. 25 (2000), 54-67.
354 Pascal Klein, Jochen Kuhn und Andreas Müller
Sacher, M. (2014). Dem „Gefühl für Physik“ auf der Spur. Physik Journal, 13 (6), 3.
Schraw, G. (1995, Aug). Measures of feeling-of-knowing accuracy: A new look at an old
problem. Appl. Cognit. Psychol. 9 (4), 321-332.
Schunk, D. H., & Pajares, F. (2004). Self-efficacy in education revisited: Empirical and applied
evidence. In D. McInerney, & S. Van Etten (Hrsg.), Big theories revisited (S. 115-138).
Greenwich, CT: Information Age.
Sharma, M., & Bewes, J. (2011). Self-monitoring: Confidence, academic achievement and
gender differences in physics. Journal of Learning Design 4 (3), 1-13.
Shaughnessy, J. (1979). Confidence-judgement accuracy as a predictor of test performance.
Journal of Research in Personality 13, 505-514.
Sinkavich, F. J. (1995). Performance and metamemory: Do students know what they don’t
know? Journal of Instructional Psychology 22 (1), 77-87.
Struck, W., & Yerrick, R. (2010). The effect of data acquisition-probeware and digital video
analysis on accurate graphical representation of kinetics in a high school physics class.
Journal of Science Education and Technology 19 (2), 199-211.
Tobin, K. G., & Capie, W. (1981, Jul). The development and validation of a group test of
logical thinking. Educational and Psychological Measurement 41 (2), 413-423.
Velden, M. (1982). Die Signalentdeckungstheorie in der Psychologie. Stuttgart: Kohlhammer.
Tablets zur Förderung diskursiver
Aushandlungsprozesse im
Fremdsprachenunterricht
Henriette Dausend
Zusammenfassung
Tablets als Bestandteile unserer Lebenswelt tragen ein sich wandelndes Kommu-
nikationsverhalten zunehmend in den Unterricht . Daher muss gefragt werden,
wie sich der Gebrauch von Tablets auf die kommunikativen Aushandlungspro-
zesse im Lerngeschehen auswirkt . Dieser Artikel beleuchtet die Chancen des
Tableteinsatzes aus der Perspektive des Fremdsprachenfachs Englisch in der
Grundschule . Er stellt das Projekt Teaching English with Tablets vor, das mittels
Videografie von tabletgestütztem Unterricht und Interviews untersucht, wie die
fremdsprachliche Diskurskompetenz von Lernenden durch Tablets gefördert
werden kann . Dieser Artikel stellt erste Erkenntnisse zu Prinzipien, Aufgaben-
stellungen und Methoden für einen kommunikativen und handlungsorientierten
tabletgestützten Englischunterricht vor .
1 Einleitung
Zum ersten kann man von der Ausbildung und Differenzierung eines weltweit ver-
fügbaren und in Hochgeschwindigkeit operierenden Netzwerkes sprechen, in dem
jederzeit Jeder mit Jedem in Verbindung treten kann . […] Zum zweiten, und mit Blick
355
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2017
J. Bastian und S. Aufenanger (Hrsg.), Tablets in Schule und
Unterricht, DOI 10.1007/978-3-658-13809-7_15
356 Henriette Dausend
auf die handelnden Subjekte, gestaltet sich der angesprochene Prozess als eine sukzes-
sive Veränderung der mit diesem Medientyp verbundenen Nutzungsgewohnheiten.
Diesem Zitat folgend sind es sowohl die Kommunikationssettings, die sich stetig
wandeln und entwickeln, als auch die Art und Weise, wie diese Settings ausgestaltet
werden. Es entsteht ein Wechselspiel aus immer leistungsfähigerer Technik und
der Nutzung dieser durch den Menschen (vgl. Gattenhof und Dezuanni 2015a,
S. 31). Dabei hat die Ausdifferenzierung technischer Geräte und ihrer medialen
Anwendungsmöglichkeiten des zurückliegenden Jahrzehnts zu einer Veränderung
menschlicher Sprach-, Handlungs- und Beziehungsmuster geführt.
Diese Präsenz digitaler Medien als Bestandteil gesellschaftlicher Realität verleitet
dazu, sie der Schule nicht länger vorzuenthalten (vgl. Irion 2014, S. 39). Vielmehr
wird argumentiert, dass gerade die hohe Präsenz digitaler Endgeräte auch die Art
und Weise, wie gelernt wird, verändert hat (vgl. Dezuanni et al. 2015, S. 7). Dement-
sprechend gibt es Überlegungen, dass solche Fächer, die aufgrund einer sprachlichen
Ausrichtung Kommunikationsformen explizit fokussieren, von einer Einbindung
der digitalen Kommunikationsgeräte und der damit einhergehenden Ausweitung
der Interaktionssituationen profitieren. Denn in sprachlichen Fächern, wie Deutsch
und Englisch, sind die Fähigkeiten und Fertigkeiten erfolgreich kommunizieren zu
können grundständig zu erwerbende Kompetenzen. So zielt der Englischunterricht
unmittelbar auf die Etablierung einer diskursiven Sprachkompetenz (vgl. Dausend
2014, S. 65ff.). Diese Diskurskompetenz befähigt Schülerinnen und Schüler Bedeu-
tungen in zielsprachlichen Situationen verhandeln zu können, und wird in eben
solchen Sprechsituationen generiert (vgl. Hallet 2010, S. 130; Dausend 2014, S. 170ff.).
In fachdidaktischen Diskussionen wird jedoch nach wie vor nach probaten Mitteln
und Methoden gesucht, wie Schülerinnen und Schüler in bedeutsame zielsprachliche
Interaktionen treten können. Mit dem Tablet scheint nun ein Medium einsatzbereit,
welches einen individuellen und mobilen Zugang zur digitalen Welt, einen großen
Input an englischsprachigen Inhalten sowie vielfältige Möglichkeiten sprachlicher
Rezeption und Produktion bietet (vgl. Dezuanni et al. 2015, S. 1).
Die Einbindung des Tablets in den Unterricht, mit dem Ziel die sprachliche
Kommunikation zu fördern, wird somit aus zwei Gründen relevant. Erstens muss
sich Schule an gesellschaftlichen Kommunikationsarten und -wegen beteiligen, wenn
sie ihrem Auftrag gerecht werden will, junge Menschen auf ein selbstbestimmtes
Leben vorzubereiten. Zweitens werden Tablets als ein Mittel aufgeführt, welches
ein selbstgesteuertes und handlungsorientiertes Lernen ermöglicht (vgl. Kirch
2014, S. 50f.). Beide Argumente verdeutlichen die Idee, welcher dieser Artikel folgt,
nämlich nicht zu diskutieren, ob Tablets in Lehr-Lernsituationen genutzt werden
sollten oder nicht. Vielmehr geht es darum, Tablets in ihren Chancen und Gren-
Tablets zur Förderung diskursiver Aushandlungsprozesse 357
zen für Schule zu begreifen und zu fragen, auf welche didaktisch und methodisch
sinnvolle Art und Weise Tablets im Unterricht zur Kompetenzförderung genutzt
werden können. Folglich ist es notwendig zu erläutern, welchen Zielsetzungen der
Englischunterricht folgt und wie Kommunikationstechnologien diese unterstützen
können.
2015, S. 72ff.). Ein solcher Unterricht nutzt die sprachlichen und kulturellen Kom-
petenzen im Klassenraum für eine Erweiterung des Potentials der Schülerinnen
und Schüler um die Dimensionen der Zielsprache.
Die notwendigen sinnhaften Unterrichtsdiskurse entstehen in der Verbindung
von Kompetenzen mit Unterrichtsinhalten. Denn nur durch Inhalte können die
abstrakt formulierten Kompetenzen operationalisiert werden (vgl. Bär 2013, S. 99f.).
Inhalte sind dabei sowohl in Anlehnung an die Curricula als auch orientiert an
den Interessen und Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler auszurichten. Ein
Orientierungspunkt sollte immer ihre Lebenswelt sein. So können pädagogisch
sinnvolle Inhalte mit den Bedürfnissen und den Vorerfahrungen der Schülerinnen
und Schüler verknüpft werden. Denn eine Diskussion bedeutungstragender Inhalte
erlaubt eine gesellschaftliche Teilhabe, welche sich an die Lebenswelt der Schüle-
rinnen und Schüler anschließt und sowohl eine reale Herausforderung als auch ein
Übungsfeld darstellt. Diese positiven Effekte der Konkretisierung, Anschaulichkeit
und fächerübergreifender Bearbeitung von Inhalten können vor allem aus Studien
zum bilingualen Lernen abgeleitet werden (Übersicht in Dausend 2014, S. 132ff.).
Zudem können thematische, sprachliche und methodische Mitentscheidun-
gen der Schülerinnen und Schüler die Partizipation erhöhen (vgl. Dausend 2013,
S. 131ff., Dausend et al. 2013, S. 78). So kann angenommen werden, dass Phasen
eigenständigen Arbeitens zu einer vertieften Kommunikation beitragen können.
Aus diesem Prinzip erschließt sich ein weiterer Grundsatz, welcher im Kontext
der Diskurskompetenz relevant wird, die Förderung von Sprachproduktionen
und Bedeutungsaushandlungen. Beide Aspekte sind zentral, da das Hören und
Sprechen die Basis mündlicher Interaktion bildet. Das mündliche Sprechen und
das Aushandeln von Bedeutungen müssen somit frühzeitig gefördert werden.
Es kann festgehalten werden, dass Bedeutungsaushandlungen im Sinne diskursi-
ver Prozesse im Englischunterricht dann angeregt werden können, wenn die Schü-
lerinnen und Schüler als Personen mit vielfältigen Kompetenzen wahrgenommen
werden. Um diese erweitern zu können, müssen den Lernern Aufgaben angeboten
werden, in welchen sie Inhalte sinnvoll und selbstgesteuert verhandeln. Dabei sind
es die Kommunikationstechnologien, welche eine diskursive Aushandlung von
Bedeutungen stützen können. Im Folgenden wird beschrieben, inwieweit diskur-
sive Aushandlungsprozesse in der aktuellen Unterrichtspraxis umgesetzt werden.
360 Henriette Dausend
Die Beschreibung der Ziele und Prinzipien ist in erster Linie ein Sollwert. Daher
muss beschrieben werden, in welchem Maße sich diese in der Unterrichtspraxis
wiederfinden. Insgesamt werden die Lerngelegenheiten zum freien Sprechen und
zu diskursiven Prozessen als zu gering eingeschätzt, da diese nach wie vor eine
Herausforderung für Schülerinnen und Schüler sowie Lehrpersonen darstellen:
„Promoting oral production in the target language in a classroom seems something
of a challenge“ (Müller-Hartmann und Schocker-v. Ditfurth 2009, S. 61). So finden
sich vor allem im Primarstufenbereich, in welchem die mündliche Kommunikation
Priorität hat, Stimmen, die eine Ausweitung diskursiver Situationen fordern, um
das Potential der Lernenden besser auszuschöpfen (vgl. u. a. Roos 2007; Engel et
al. 2009). Allerdings wurde lange das Fehlen geeigneter Methoden und Konzepte
moniert, denn Legutke und Kollegen sehen weniger die Bereitschaft der Schü-
lerinnen und Schüler zur Sprachproduktion als mangelhaft denn die fehlenden
didaktischen Ansätze zur Förderung dieser: „[…] the reasons for the observed lack
of oral language production in primary classrooms may not be rooted in learners’
preferred forms of participation, but in prevailing approaches to teaching at primary
level“ (Legutke et al. 2009, S. 54). Diese Aussagen gehen mit der Idee einher, durch
mehr sprachliche Anteile im Unterricht die sprachliche Handlungskompetenz der
Schülerinnen und Schüler stärken zu können. Allerdings dürfen diese nicht nur
auf dem Niveau des wiederholenden und chorischen Sprechens verbleiben. Denn
Bedeutungen können nur verhandelt werden, wenn die Schülerinnen und Schüler
ihre sprachlichen Mittel individuell einsetzen. Folglich müssen die von Legutke et
al. (ebd.) geforderten Ansätze bereits für den Grundschulbereich sprachlich offene
Situationen zur Bedeutungsaushandlung anbieten. Im Jahr 2014 konnte ein erster
Ansatz mit dem Modell des transcurricularen Lernens für einen diskursiv-kompe-
tenzorientierten Unterricht veröffentlicht werden (Dausend 2014). Das Modell gibt
Hinweise, mit welchen didaktischen und methodischen Mitteln Phasen diskursiven
Sprechens bereits in der Grundschule ermöglicht werden können. Wie der Name
transcurricular besagt, geschieht dies, indem inhaltliche Belange unter Verwendung
sprachlicher und kultureller Ressourcen der Schülerinnen und Schüler bearbeitet
werden. Diese Art der Auseinandersetzung mit den Zielsetzungen und den eigenen
Bedürfnissen ist im Englischunterricht implementiert, greift jedoch über die Fach-
grenzen (transcurricular) in sämtliche Bereiche, um Lernerfahrungen individuell
und bedeutsam zu machen. Diese Selbstbestimmung erfahren die Schülerinnen
und Schüler z. B., wenn sie das Thema me and my family im Englisch-, Sach- und
Kunstunterricht parallel erarbeiten. Sie erhalten die Möglichkeit anderen von ihren
Familien, den Wohnorten usw. in ihrer Familiensprache sowie auf Deutsch und
Tablets zur Förderung diskursiver Aushandlungsprozesse 361
Das Tablet bietet vielfältige Möglichkeiten, welche zur Initiierung von Sprachpro-
duktionen und Bedeutungsaushandlungen genutzt werden können. Somit sind es
zum einen die mannigfaltigen Funktionen von Tablets, welche eine fachdidaktische
Diskussion dieser notwendig machen. Zum anderen sind es die politischen und
gesellschaftlichen Tendenzen, Tablets zunehmend in Schulen einsetzen zu wollen
(vgl. Irion 2014, S. 39), welche dazu zwingen zu untersuchen, in welchen Phasen
von Unterricht und zu welchen Zielen Tablets eingesetzt werden können. Denn
nur wenn didaktisch-methodisch sinnvolle Einsatzmöglichkeiten benannt sind,
können die Geräte als Mehrwert für den Unterricht diskutiert werden.
Positive Effekte auf die Gestaltung von Lehr-Lern-Situationen werden vor allem
durch die Multimodalität, die Mobilität und die Digitalität des Tablets evoziert.
Mit einer Größe von 7-11 Zoll, einer Dicke von wenigen Zentimetern und einem
Gewicht von einem Drittel eines Notebooks ist das Tablet sehr handlich und mobil
einsetzbar. Die Bedienung per touch screen erlaubt eine unmittelbare Bearbeitung
der Daten in den Grafiken selbst und umgeht eine abstrakte Auge-Hand-Koor-
dination via Tastatur oder Maus (vgl. Dezuanni et al. 2015, S. 1). Erhebungen aus
362 Henriette Dausend
dem Bereich des Vorschulunterrichts verweisen zudem auf eine sehr intuitive Be-
dienbarkeit der Tablets durch junge Lernende, wodurch eine Fokussierung auf die
eigentliche Aufgabe unterstützt wird (vgl. Kucirkova et al. 2014, S. 182; Gattenhof
und Dezuanni 2015a, S. 37). Die durchschnittliche Akkulaufzeit von einigen Stunden
ermöglicht die mobile Mitnahme des Gerätes. Der Aspekt der Digitalität erlaubt es,
komprimierte Dateien komplexer Dinge in einem Gerät nutzen zu können, indem
mit dem Tablet die Möglichkeit besteht, Bücher und Texte zu lesen, sich Notizen
zu machen, Filme oder Fotos mit der integrierten Kamera zu erstellen, anzusehen
und zu verarbeiten u. v. m. (vgl. Dezuanni et al. 2015, S. 1). All diesen Funktionen ist
gemein, dass der Nutzer Dateien sowohl rezeptiv wahrnehmen als auch produktiv
erstellen, verarbeiten u. ä. kann. Dafür werden eine Vielzahl an Applikationen (Apps)
angeboten. Diese Softwareprogramme variieren zwar je nach Betriebssystem, für
welches sie verfügbar sind, in Art und Umfang. Allerdings existiert mittlerweile ein
riesiger Softwaremarkt für Apps, so dass auch für den Bildungskontext passende
Apps kritisch auszuwählen sind. Ebenfalls besteht die Möglichkeit, Dateien mit
anderen per Bluetooth oder WLAN zu teilen.
Viele dieser Charakteristika erlauben es, produktiv und diskursiv mit Sprache
zu arbeiten. Für den Fremdsprachenunterricht scheint der Mehrwert des mobi-
len und individuellen Zugangs zum Internet ersichtlich, da durch das Tablet auf
englischsprachige Texte, Filme, Audiodateien, Chats, Foren u. v. m. zugegriffen
werden kann. Für die Schülerinnen und Schüler ergibt sich eine Partizipation an
Inhalten in digitalen Zusammenhängen, in welchen auch die Zielsprache auftritt.
Im Klassenzimmer können sie mittels Tablet individuell auf die von der Lehrper-
son vorbereiteten Angebote zugreifen oder auch selbstständig recherchieren. Eine
solche Stärkung der Eigeninitiative kann für differenzierte Unterrichtsaufgaben
und eine Orientierung am jeweiligen Leistungsniveau der Lernenden ebenso ge-
nutzt werden wie für einen lebensweltbezogenen, inhaltlich interessanten Zugang
zu zielsprachlichen (mündlichen, bildlichen oder geschriebenen) Texten. Zudem
unterstützen die Tablets auch Begegnungsprojekte mit Sprecherinnen und Spre-
chern der Zielsprache, den Klassiker des mobilen fremdsprachlichen Lernens. Die
Schülerinnen und Schüler können im Chat, in Foren, per Mail oder mittlerweile
auch per Skype mit Partnerschulen kommunizieren.
Im (in diesem Artikel fokussierten) Grundschulbereich ist die Arbeit mit dem
Tablet intensiver anzuleiten als in höheren Klassenstufen. Beobachtungen im Projekt
Teaching English with Tablets zeigen, dass die Lernenden mehr Hilfe benötigen je
jünger sie sind bzw. je schwächer ihr Leistungsniveau ist. Jüngere Schülerinnen und
Schüler benötigen detailliertere und kleinschrittigere Aufgabenstellungen sowie
Vorentlastungen von sprachlichen Mitteln, wenn sie selbstgesteuert die englische
Sprache verwenden wollen. Sind angemessene Hilfssysteme angeboten, können
Tablets zur Förderung diskursiver Aushandlungsprozesse 363
die Lernenden mittels produktiver Apps freie Sprache produzieren. Als produktiv
wird eine App klassifiziert, welche es erlaubt, eigens erstellte Inhalte entlang eines
individuell gestalteten Skripts zu erarbeiten. Gattenhof und Dezuanni (2015b,
S. 88) sowie Kucirkova et al. (2014, S. 174) sprechen in diesem Zusammenhang von
storymaking apps. Als Beispiele können die von Apple angebotenen Apps Book
Creator oder Puppet Pals genannt werden. Beide bieten den Schülerinnen und
Schülern Möglichkeiten, eigene Geschichten zu erarbeiten und diese sprachlich
umzusetzen. Mit der App Puppet Pals wird ein digitales Rollenspiel erstellt, indem
die Lernenden Charaktere und Hintergründe wählen oder selbst hinzufügen. Sie
bewegen ihre Charaktere entsprechend der von ihnen erarbeiteten Geschichte,
während ihre Aussagen parallel von der App aufgezeichnet werden. Somit wird
eine synchrone Aufnahme von Bewegungen und Sprache erstellt und es ist keine
weitere Verarbeitung notwendig. Der Book Creator ist in seiner Handhabung und
dem Outcome komplexer als Puppet Pals, da er weniger mit vorgefertigten Settings
arbeitet. Er bietet vielmehr die Chance ein eigenes digitales Buch zu erstellen, in
welchem Texte, Bilder, Videos, Farben und Formen sinnvoll zusammengefügt werden.
Die Nutzung der produktiven Apps scheint für einen diskursiven Unterricht
in vielerlei Hinsicht sinnvoll. Beim Erstellen von Geschichten, Themenheften und
Rollenspielen erfüllt sich der Wunsch, dass die Schülerinnen und Schüler mit
Sprache handeln. In diesem Zusammenhang verweisen die Autoren im Rahmen
ihrer Forschung zum Einsatz produktiver Apps im Vorschulbereich darauf, dass das
Erarbeiten eigener Geschichten zentral für das Erlebnis der Lernenden ist. Indem sie
eigene Erfahrungen in Geschichten transferieren, knüpfen sie an Kompetenzen an,
welche sie ihre gesamte Kindheit über bereits genutzt haben und halten die Kontrolle
darüber, was sie erzählen und wie sie dies darstellen (ebd., S. 97). Sie nutzen all ihre
sprachlichen und kulturellen Kompetenzen, um Handlungsstränge zu entwickeln
und diese sprachlich und visuell ansprechend umzusetzen. Dabei gelingt es, Modi,
welche bislang getrennt voneinander genutzt wurden, nun in einer Datei mittels
eines Mediums festzuhalten und beliebig oft abzuspielen. Im Falle der App Puppet
Pals lässt sich zudem argumentieren, dass sie einen guten Zusatz zum klassischen
Rollenspiel bietet, da das in Puppet Pals geschaffene Produkt nicht flüchtig ist, son-
dern in anderen Unterrichtszusammenhängen wiederholt genutzt oder erweitert
werden kann. Des Weiteren wird die haptische Komponente bei der Arbeit mit dem
Tablet als lernförderlich eingeschätzt (vgl. Gattenhof und Dezuanni 2015a, S. 37).
Arbeiten die Schülerinnen und Schüler während der Erstellung der Skripte
und der Aufnahmen in Gruppen, so müssen sie sich auf Inhalte und Gestaltungs-
formen einigen. Diese soziale Konstellation initiiert Sprachhandlungen zwischen
den Gruppenmitgliedern, welche in diskursive Aushandlungsprozesse münden. In
diesen müssen die Lernenden Standpunkte benennen und verteidigen sowie Kom-
364 Henriette Dausend
promisse aushandeln, was von Falloon und Khoo (2014, S. 27) als der lernförderliche
Mehrwert beim gemeinsamen Arbeiten mit produktiven Apps beschrieben wird:
It was apparent that the open nature of these apps, combined with the greater public
work space affordances of the device, at least potentially could provide students with
powerful environments supportive of critical but collaborative content development,
as gauged by increased exploratory talk. (ebd.)
Auch wenn zu erwarten ist, dass gerade im Grundschulbereich viele dieser Aus-
handlungsprozesse in der deutschen Sprache stattfinden, so können doch zweierlei
Kompetenzzuwächse erwartet werden. Erstens ist es wichtig, dass die Schülerin-
nen und Schüler ihre Diskurskompetenz unabhängig von der Sprache überhaupt
trainieren, indem sie sich mit anderen auseinandersetzen und einigen müssen. Es
kann angenommen werden, dass Kompetenzen in Bezug auf eine Diskurskom-
petenz in der Familiensprache sich auch positiv auf andere Sprachen übertragen
lassen. Zweitens müssen die Schülerinnen und Schüler trotz nichtzielsprachlicher
Diskussion ein Endprodukt schaffen, welches die englische Sprache nutzt. Folglich
muss in die Aushandlungsprozesse die Zielsprache in gewissem Maße einfließen,
wenn z. B. über Begriffe diskutiert wird. Es scheint demnach wahrscheinlich,
dass es während der Diskurse auch zu metasprachlichen Aushandlungen kommt.
Wird noch beachtet, dass im Sinne des transcurricularen Lernens die Sprachwahl
flexibel über Fächergrenzen hinausreicht, wird ersichtlich, dass der Wunsch nach
diskursiven Aushandlungsprozessen stärker wiegt als die absolute Einsprachigkeit
im Unterricht. An dieser Stelle sei betont, dass die hier beschriebenen Aushand-
lungsprozesse nicht den bisherigen Unterricht in Gänze ablösen sollen, sondern
als eine Ergänzung zum einsprachigen Unterricht im Englischen zu sehen sind.
Ebenso wie die Sprachen flexibel genutzt werden können, bieten die Tablets die
Chance, die Produkte der Schülerinnen und Schüler multimedial aufzubereiten.
Die Lernenden werden zu Produzenten von Filmen, Büchern etc., welche sich
an Inhalten und weniger an Fächergrenzen orientieren: „The [tablet] can enable
young children to create and share digital content that focuses on art forms and
cross-curricular learning“ (Gattenhof und Dezuanni 2015a, S. 30).
Für die Lehrpersonen ergeben sich aus der Arbeit mit dem Tablet zwei weitere
Aspekte, die sie für ihre Unterrichtsgestaltung unmittelbar nutzen können. Mit
den Dateien liegen Sprachprodukte der Schülerinnen und Schüler vor, welche
einen Zugriff auf die konservierten sprachlichen Artikulationen der Lernenden
erlauben. Hieraus ergibt sich die Chance, das Kompetenzniveau der Schülerinnen
und Schüler abzuleiten und dieses sowohl für ein individuelles Feedback als auch
für die Bewertung zu nutzen. Insbesondere vor dem Hintergrund aktueller Bewer-
tungsverfahren zum mündlichen Sprechen, in welchen die Lehrperson vorgefertigte
Tablets zur Förderung diskursiver Aushandlungsprozesse 365
Dialoge mit jedem Lernenden durchspricht, wirkt die freie Sprache auf dem Tablet
als angemessene Zusatzgrundlage. Zudem können individuelle Förderangebote
abgeleitet werden, da die Lehrperson durch die freie Gestaltung der Sprachprodukte
umfangreichere Einblicke in den Kompetenzstand der Schülerinnen und Schüler
erhält als durch rezipierte Dialogstrukturen. Mit Blick auf die Wortwahl und die
Syntax scheint dies ebenso spannend wie für die Betonung. Da die Lernenden
während der Aufnahme in einer realistischen Sprachsituation agieren, kann davon
ausgegangen werden, dass sie spontansprachliche Fehler begehen, welche von der
Lehrperson im Produkt diagnostiziert und analysiert werden können.
All diese Annahmen gehen auf fachdidaktische Überlegungen zum Umgang
mit dem Medium Tablet sowie auf erste Beobachtungen in Unterrichtssituationen
und Fortbildungen für Lehrpersonen zurück. Allerdings existieren für den Eng-
lischunterricht im deutschen Schulkontext bislang keine Aussagen darüber, wie
und wozu die Schülerinnen und Schüler produktive Apps nutzen. Um Aussagen zu
den Möglichkeiten von Tablets auch aus empirischer Sicht formulieren zu können,
wurde im Jahr 2014 das Projekt Teaching English with Tablets gestartet. Im Folgen-
den werden die Forschungsfragen, das -design sowie erste Ergebnisse vorgestellt.
Die Studie Teaching English with Tablets wird von der Juniorprofessur Grund-
schuldidaktik Englisch an der Technischen Universität Chemnitz durchgeführt1.
Das Ziel der Untersuchung ist es, sinnvolle Einsatzmöglichkeiten des Tablets für
das Fremdsprachenlernen zu beschreiben. Zentral ist die Frage, in welchen Phasen
von Unterricht und unter Verwendung welcher Aufgabenstellungen das Tablet als
Medium genutzt werden kann. Dabei werden die Möglichkeiten von Tablets vor
allem in Hinblick auf die Förderung solcher Kompetenzen fokussiert, welche mit
den bisherigen Mitteln und Methoden des fremdsprachlichen Lernens nur unzu-
reichend gefördert werden können. Wie bereits erläutert werden konnte, ist eine
immer währende Herausforderung die Ermöglichung von ausreichend Situationen
zum freien Sprechen. Daher wird im aktuellen Forschungszyklus der Schwerpunkt
auf die Frage gelegt, wie Tablets zur Förderung von Sprachproduktionen genutzt
werden können. In Anlehnung an sprachproduzierende Aufgaben gliedern sich
1 Die Durchführung der Studie sowie die Erhebung und Auswertung der Daten erfolgt
unter Mitarbeit von Susanne Nickel und Maik Schönherr.
366 Henriette Dausend
1. Wie verhalten sich Schülerinnen und Schüler bei der Erarbeitung sprachpro-
duzierender Aufgaben mit dem Tablet im Englischunterricht?
2. Wie gestaltet sich die Sprachnutzung von Schülerinnen und Schülern in sprach-
produzierenden Gruppenarbeitsphasen?
3. Welche Einstellungen zeigen Schülerinnen und Schüler sowie Lehrpersonen
zum Nutzen von Tablets in sprachproduzierenden Gruppenarbeitsphasen?
Die Studie Teaching English with Tablets bietet einen explorativen Zugang zum Ein-
satz von Tablets im Fremdsprachenunterricht. Aufgrund mangelnder empirischer
und theoretischer Vorannahmen bezüglich einer didaktisch sinnvollen Nutzung
von Tablets für den Fremdsprachunterricht im deutschen Kontext gilt es eben solche
Ansätze zu entwickeln. Das Design ist daher von einer Offenheit geprägt, die nicht
theoretische Vorannahmen überprüft, sondern solche erst durch die Arbeit und
das Suchen im Feld generiert (vgl. Kleemann et al. 2013, S. 19).
Das Feld Schule ist durch eine Vielzahl von Akteuren geprägt. Beschreibungen
von Unterricht müssen daher immer Lehrpersonen sowie Schülerinnen und Schüler
gleichermaßen betrachten. Soll nun der Nutzen der Tablets im Unterricht beobachtet
und beschrieben werden, setzt dies eine enge Zusammenarbeit der Lehrpersonen
mit den Forschenden voraus. Eine Arbeit im Lehrer-Forscher-Tandem erlaubt es,
praktische Voraussetzungen und theoretische Annahmen der Felder unterrichtlicher
Praxis und wissenschaftlicher Forschung zu verknüpfen. Dabei wird sich Elemen-
ten der Aktionsforschung im Kontext der interpretativen Unterrichtsforschung
bedient, um gemeinsam Zyklen von Aktion, Beobachtung, Reflexion und neuer
Aktionsidee zu etablieren (vgl. Altrichter und Posch 2007, S. 17). Es ist vor allem
der explorative Ansatz eines sich Herantastens an den Untersuchungsgegenstand,
welcher hier im Rahmen von Aktionsforschung umgesetzt wird. So werden Daten
erhoben und ausgewertet, um daraufhin theoretische Verallgemeinerungen zu bilden
(vgl. Kleemann et al. 2013, S. 25). Folglich werden die Erkenntnisse unmittelbar auf
die Vorannahmen gespiegelt, so dass Modifikationen dieser zu Veränderungen in
weiteren Forschungszyklen führen.
Tablets zur Förderung diskursiver Aushandlungsprozesse 367
In der Studie Teaching English with Tablets kommt die Aktionsforschung auf
zwei Ebenen zum Tragen. Zum einen kann das Lehrer-Forscher-Tandem als eine
Aktionsforschungsentität verstanden werden, in welcher je nach Situation „das
Handeln in der Praxis und das Schlüsse-Ziehen aus der Handlungserfahrung“
(Altrichter und Posch 2007, S. 15) von der Lehrperson oder dem Forscher vollzogen
wird. Die Lehrpersonen reflektieren die Arbeit mit dem Tablet und generieren – im
Sinne der Aktionsforschung – neue Handlungsmöglichkeiten. Die Forschenden
begleiten die Lehrperson in diesem komplexen Prozess und zwar, nach Bergfelder
(2011), als Expertinnen bzw. Experten der Forschung und gleichzeitig Lernende.
Beide Gruppen sind dabei als Subjekte zu verstehen, die in wechselnden Rollen
versuchen, den Gegenstand als Ganzes durch gemeinsame Aktions- und Refle-
xionsprozesse zu beschreiben. So übernehmen in der Studie TET auch die For-
schenden die Lehrerrolle, wenn sie die Lehrpersonen im Umgang mit den Tablets
schulen. Auch die Phasen der gemeinsamen Planung von Unterricht fördern die
Interaktion von Lehr-Lernprozessen zwischen Lehrpersonen und Forschenden,
da unterschiedliche Expertisen zusammengebracht werden, um eine praxistaug-
liches Unterrichtsszenarium zu entwickeln. Gemeinsam sehen sie den Einsatz der
Tablets als Herausforderung und entwickeln längerfristig Wege zur sinnhaften
unterrichtlichen Implementierung dieser.
Die Auswahl der teilnehmenden Lehrpersonen ist von Kriterien abhängig, welche
sie für eine intensive Zusammenarbeit befähigen. Repräsentative Zusammenhänge
können im Rahmen der interpretativen Unterrichtsforschung im pädagogischen
Kontext vernachlässigt werden, da sich jeder Unterricht mit andersartigen syste-
mischen Bedingungen konfrontiert sieht. Dementsprechend werden die Fälle nach
dem für die Aktionsforschung dienlichen Kriterien gewählt:
Der erste Forschungszyklus wurde von Januar bis August 2015 durchgeführt. In
diesen acht Monaten konnte mit fünf Lehrpersonen von drei Chemnitzer Schulen
und insgesamt 109 Schülerinnen und Schüler gearbeitet werden.
Die Lehrpersonen nahmen im Januar an einer Fortbildung zum Einsatz von
Tablets im Unterricht teil. Daraufhin wurde mit je einem Forschenden Unterricht
geplant, in welchem die Tablets für sprachproduzierende Aufgaben verwendet wur-
den. Die Planungen orientierten sich an den jeweils aktuellen Unterrichtsinhalten,
so dass sich für jede Klasse eine individuelle Aufgabenstellung ergab:
• Klasse 1 (n=18): Erzähle die Geschichte mit der App Our Story nach.
• Klasse 2 (n=23): Create a role play with Puppet Pals (topic: weather).
• Klasse 3 (n=25): Create a digital book with the Book Creator (topic: spring)
• Klasse 4.1 (n=19): Create a digital book with the Book Creator (topic: the ugly
duckling); Create a role play with Puppet Pals (topic of your own choice).
• Klasse 4.2 (n= 24): Create a digital book with the Book Creator (topic: hobbies)
Alle Aufgaben wurden in einem Zeitraum von 90 bis 225 Minuten an einem oder
auch mehreren Tagen bearbeitet. Die verwendeten drei eingesetzten Apps (vgl. Tab.
1) zeichnen sich alle durch einen hohen Grad an Offenheit aus.
Tablets zur Förderung diskursiver Aushandlungsprozesse 369
Tab. 1 Beschreibung der Funktionen der Apps Book Creator, Puppet Pals und Our Story
App Beschreibung Kompetenz
Book Eigene Bücher erstellen, lay- Ein Skript für ein Buch erarbeiten und um-
Creator outen und digital verschicken; setzen;
Einfügen von Text, Bildern, Gesprochene und geschriebene Texte zusam-
Audio- und Videodateien; menfügen;
Speicherung des Produktes Sprachaufnahmen mit Visualisierungen und
Schrift verbinden
Puppet Ein digitales Rollenspiel mit Eine Storyline erarbeiten und dialogisch
Pals animierten Charakteren und umsetzen;
Aufnahmen der eigenen Spra- Eigene Sprache zu den Bewegungen der Cha-
che in Echtzeit erstellen; raktere und der Storyline produzieren;
Speicherung des Produktes Dialogisches Sprechen in Echtzeit;
Our Eine eigene Geschichte erstel- Eine Storyline erarbeiten;
Story len; Bilder in eine Reihe brin- Bilder aussuchen und zuordnen;
gen und für jedes Bild eine Zu den Bildern sprechen
Sprachaufnahme hinterlegen
Der Unterricht sowie die Arbeit ausgewählter Paare wurden als Video und/oder
Audiodatei aufgezeichnet. Zudem wurden Schülerinnen und Schüler verschiedener
Klassen interviewt. Im Herbst 2015 konnten alle Interviews sowie ein Großteil der
Video- und Audiodaten ausgewertet werden. Die Ergebnisse des ersten Zyklus
werden nun genutzt, um in einem zweiten Zyklus (Dezember 2015 bis Juli 2016)
die Forschungsorganisation, die Datenerhebung und den Beobachtungsfokus zu
justieren (vgl. Abschnitt 6). Auch wird die Zielgruppe erweitert, indem parallel mit
Grundschulen und Sekundarschulen gearbeitet wird.
4. Erlebte Lernerfolge
5. Vergleich zum normalen Unterricht
6. Ideen/Wünsche für weitere Arbeit mit Tablet
Für alle Kategorien können erste Einblicke in die Einstellungen der Schülerinnen
und Schüler vorgestellt werden. In Bezug auf das (1) Vorwissen über Tablets gaben
die Lernenden an, Tablets bereits durch die Eltern, Geschwister oder anderen Un-
terricht zu kennen. Vor allem in den Fächern Deutsch und Mathematik konnten
erste Erfahrungen gesammelt werden. Zudem verfügten einige Schülerinnen und
Schüler nach eigenen Angaben bereits über ein eigenes Tablet.
Die (2) Beschreibungen des Tätigkeitsablaufs deckten sich bei den meisten
Lernenden. Diese unterschieden sich lediglich in den Phasen der selbstgesteuerten
Gruppenarbeit, in welchen die Gruppen individuelle Arbeitstechniken entwickelt
hatten. So gaben einige Schülerinnen und Schüler an, dass sie die Erarbeitung
ihrer Geschichte mit Puppet Pals in mehrere Arbeitsschritte gegliedert hatten. In
Bezug auf die Sprachaufnahmen zeigten sich Varianten, wie die Sprachaufnahme
an einem Stück zu sprechen oder die Aufnahme regelmäßig zu unterbrechen, um
abschnittsweise zu sprechen.
Die (3) Gruppenarbeit als solche erlebten die Lernenden sowohl als Herausforde-
rung als auch als Chance. Als problematisch benannten sie, dass einige Schülerinnen
und Schüler das Tablet nicht an andere weitergeben wollten. Auch kam es beim
Erstellen der Geschichte sowie dem Wählen von Charakteren und Hintergründen
zu Meinungsverschiedenheiten. Diese konnten jedoch meist durch Kompromisse
gelöst werden, was wiederum als positiv beschrieben wird. Auch die Koordination
der Arbeit in der Gruppe schien herausfordernd, da es zum Reinsprechen anderer
während der Aufnahme, zum versehentlichen Löschen von Dateien und zu einer
Unzufriedenheit Einzelner mit dem Gruppenergebnis kam. Als positiv wurde die
Arbeitsteilung genannt, welche sich durch die Arbeit am Tablet ergab. So wurden
die Aufgaben von Lernenden untereinander aufgeteilt. Außerdem gaben die Schü-
lerinnen und Schüler an, sich durch die Arbeit in der Gruppe explizit unterstützen
zu können, indem sie Hilfe unmittelbar erbaten oder auch selbst gaben. Des Wei-
teren wurde die Gruppenarbeit mit Freude und Motivation darüber verbunden,
die englische Sprache gemeinsam nutzen zu können.
Viele Schülerinnen und Schüler konnten zudem (4) empfundene Lernerfolge
beschreiben. Dreizehn der befragten Lernenden äußerten, dass der Umgang mit
dem Tablet nicht schwer ist bzw. leicht fiel. Einige bemerkten zudem positiv, dass
die Einarbeitungszeit gering und die App selbsterklärend sei sowie die Tipps der
Lehrkraft geholfen hätten. Bei Unsicherheiten wurde zudem auf Erklärungen der
Mitschülerinnen und Mitschüler zurückgegriffen.
Tablets zur Förderung diskursiver Aushandlungsprozesse 371
Im (5) Vergleich zum normalen Unterricht schätzten die Lernenden, dass sie
sich selbständig einbringen konnten. Sie benannten den kreativen Umgang mit der
Sprache und das gemeinsame Erarbeiten eines Inhaltes als zentrale und gewinnbrin-
gende Veränderung zum „normalen“ Unterricht. Vor allem das gemeinschaftliche
Arbeiten wurde von einigen Schülerinnen und Schülern als besonders erfreulich
beschrieben. Auch die Arbeit mit der App Puppet Pals wurde mit Adjektiven wie
interessant und kreativ verbunden. Des Weiteren gaben einige Lernende an, dass
es sie freute, etwas mit Technik allgemein und speziell den Umgang mit dem Tablet
zu lernen.
Die meisten Schülerinnen und Schüler verfügten zudem über konkrete (6) Ideen
und Wünsche, wie sie die Tablets weiterhin nutzen würden. Ein Drittel der Befragten
nannte konkrete Themen, wie z. B. Obst und Gemüse oder Wochenendaktivitäten,
zu welchen sie die App Puppet Pals gerne noch einmal nutzen möchten. Außerdem
gaben sie Aktivitäten an, welche über das im Unterricht mit dem Tablet Erlebte
hinaus gehen, wie Videos schauen, Notizen machen, Wetterberichte suchen und
übersetzen, Lieblingsspiele auf Englisch spielen, Lernspiele zum Unterrichtsthema
nutzen, Texte auf dem Tablet schreiben und im Internet recherchieren.
(topic of your own choice)“, nachdem bereits ein Buch mit dem Book Creator zum
Thema the ugly duckling erarbeitet worden war.
Anhand der Audio- und Videomitschnitte einzelner Arbeitsgruppen lassen sich
erste Funktionen der Sprachverwendung aufzeigen. Interessant ist der Vergleich
der Gruppen untereinander, da alle Lernenden auf Grund der Familiensprache
Deutsch ein sehr hohes Sprachniveau im Deutschen haben.
Bei der Bearbeitung der Aufgabe verwendeten alle Gruppen sowohl die L1
Deutsch als auch die L2 Englisch (vgl. Tab. 2). Das Deutsche wurde vor allem für
organisatorische Klärung eingesetzt. So nutzten die Schülerinnen und Schüler ihre
Kompetenzen im Deutschen, um Aufgabenstellungen klarzustellen, Informationen
zum zeitlichen Ablauf ihrer Arbeit zu besprechen, über die technischen Bedin-
gungen zu reden. Auch zur strukturellen Planung ihrer Geschichten verwendeten
die Lernenden die deutsche Sprache, wenn sie den Plot aushandelten, den Ablauf
der Szenen planten und Charaktere und Hintergründe auswählten. Sie nutzten
die deutsche Sprache ebenfalls in einem metasprachlichen Kontext. So gaben sie
Feedback zur englischen Aussprache eines Mitschülers auf Deutsch oder sie klärten
englische Begriffe, indem sie auf Deutsch darüber diskutierten. Weiterhin war
während der Aufnahmen partiell der Einfluss des Deutschen vorhanden, indem
einzelne Begriffe in ihrer deutschen Variante genannt oder eine deutsche Betonung
genutzt wurde. Die entstandenen Aufnahmen bestanden überwiegend jedoch aus
englischer Sprache.
So gelang es den Schülerinnen und Schüler Erzähltextfragmente und Titel für
die Geschichte in der Zielsprache Englisch vorzuschlagen. Gemeinsam entwickelten
sie aus diesen Teilen einen Erzähltext und übten diesen in der Zielsprache. Einige
Gruppen nutzten zudem erste Kenntnisse in der Schriftsprache, indem Sie sich
Notizen zu ihren Erzähltexten machten. Die Geschichten wurden in der Zielspra-
che aufgenommen und angehört. Einige Gruppen erstellten mehrere Varianten
ihrer Geschichten.
Im Folgenden werden die vorläufigen Ergebnisse genutzt, um erste Antworten
auf die Forschungsfragen zu geben.
Das Ziel der Studie Teaching English with Tablets ist es zu beschreiben, welche
Möglichkeiten Tablets für diskursive Aushandlungsprozesse im Englischunterricht
der Grundschule bieten. Im vorangegangen Abschnitt konnten erste Ergebnisse
in Bezug auf die Forschungsfragen benannt werden. Nun sollen diese vor dem
fachdidaktischen Hintergrund diskutiert werden, um Chancen und Grenzen des
Einsatzes von Tablets auszuloten. Dafür sollen im Folgenden Aspekte wie (1) die
Arbeit mit dem Tablet allgemein, (2) die Initiierung von Diskursen, (3) die Ver-
wendung der L1 Deutsch und der L2 Englisch sowie (4) die Einstellungen zum
Tableteinsatz diskutiert werden.
Insgesamt kann nach dem ersten Erhebungszyklus festgehalten werden, dass sich
produktive Apps zur Initiierung von Diskursen im Grundschulunterricht eignen.
Insbesondere junge Lerner scheinen von den grafischen Möglichkeiten der Apps zu
profitieren. So regen die Settings und Charaktere in der App Puppet Pals die Phantasie
an und erlauben eine Unterstützung der Sprache durch haptische Erfahrungen und
Visualisierungen. Insbesondere schwache Lernende erzielen schnell ein positives
Sprecherlebnis, da auch kurze Aussagen ausreichen, um Dank der professionellen
Gestaltung der App komplexe Zusammenhänge in einem ansprechenden Produkt
zu kommunizieren. Sprachlich kompetente Lernende profitieren in eben gleichem
Maße von der Offenheit produktiver Apps, da der Komplexität ihrer Geschichten
keine Grenzen gesetzt sind. Nach Belieben können Charaktere und Hintergründe
genutzt und Geschichten erzählt werden, sodass mittels der App eine enorme
Bandbreite der Differenzierung möglich wird.
Allerdings wird zu klären sein, wie perspektivisch mit den Sprachprodukten
umgegangen werden soll. Zunächst geben sie Hinweise auf den Lernstand der
Schülerinnen und Schüler und können von den Lehrpersonen zur Evaluierung
herangezogen werden. Dennoch bleibt zu überlegen, wie mit sprachlichen Fehlern
umgegangen wird. Aufgrund des Gruppenarbeitsprozesses können diese nicht um-
gehend von der Lehrperson korrigiert werden, so dass sie sich gerade in den Phasen
der Einübung der Dialoge festigen können. Andererseits weißt der Grundsatz der
moderaten Fehlerkorrektur darauf hin, dass mündliche Sprachproduktionen nicht
immer unmittelbar in der Diskussion zielsprachlich korrekt korrigiert werden soll-
ten (vgl. Legutke et al. 2009; Böttger 2010). Allerdings ist es weit verbreitet, gerade
vor der Erstellung sprachlicher Produkte einen Evaluationsprozess vorzuschalten,
sodass die Lernenden mit zielsprachlich korrekten Strukturen weiterarbeiten. In
Bezug auf die Arbeit mit dem Tablet ist zu klären, wie eine solche sprachevalu-
ierende Phase eingebaut werden kann. Erkenntnisse aus Studien zum Lesen und
Schreiben mit dem Tablet im Muttersprachenunterricht sprechen sich für ein
Mentoring des Lernprozesses durch die Lehrperson aus (vgl. Dooley und Dezuanni
2015, S. 18). Andere sehen auch das Feedback und das kollaborative Aushandeln
mit peers als eine korrigierende Instanz (vgl. Kucirkova et al. 2014, S. 182f.). Diese
Aussagen können erste Ansätze bieten, um ein Mentoringsystem im Umgang mit
produktiven Apps zu erstellen. Des Weiteren ist zu überlegen, wie mit fehlerhaften
Produkten umgegangen werden soll. Eine Frage, die sich hier stellt ist, wie die
Lehrperson einen Revisionsprozess einleiten kann, welcher die Lernenden in die
sprachliche und inhaltliche Bearbeitung, Weiterverarbeitung oder Korrektur der
Produkte einbindet.
Tablets zur Förderung diskursiver Aushandlungsprozesse 377
Literatur
Altrichter, H., & Posch, P. (2007). Lehrerinnen und Lehrer erforschen ihren Unterricht.
Unterrichtsentwicklung und Unterrichtsevaluation durch Aktionsforschung. 4. Aufl. Bad
Heilbrunn: Klinkhardt.
Anstey, M., & Bull, G. (2006). Teaching and Learning Multiliteracies. Changing Times,
Changing Literacies. Newark: International Reading Association.
Bach, G., & Breidbach, S. (2009). Fremdsprachenkompetenz in der mehrsprachigen Wissensge-
sellschaft. In: Bach, G., Timm, J.-P. (Hrsg.), Englischunterricht. Stuttgart: UTB, S. 280-303.
Bär, M. (2013). Standardisierung vs. Individualisierung. Zur Rolle von (komplexen) Lern-
aufgaben in einem kompetenzorientierten Fremdsprachenunterricht. In: Grünewald, A.,
Plikat, J., & Wieland, K. (Hrsg.), Bildung – Kompetenz – Literalität. Fremdsprachenun-
terricht zwischen Standardisierung und Bildungsanspruch. Seelze: Kallmeyer, S. 98-109.
Bergfelder, G. Definitionen von Aktionsforschung. http://www.geisteswissenschaften.fu-ber-
lin.de/we05/romandid/fort-und-weiterbildung/aktionsforschung/1_definitionen.pdf.
Zugegriffen: 16.12.2015.
Bonnet, A., & Breidbach, S. (2013). Blut ist im Schuh: Wie gut kleidet der Kompetenzbegriff
die literarisch-ästhetische Bildung beim Tanz auf dem Hofball der Standardisierung?
In: Grünewald, A., Plikat, J., Wieland, K. (Hrsg.), Bildung – Kompetenz – Literalität.
Fremdsprachenunterricht zwischen Standardisierung und Bildungsanspruch. Seelze:
Kallmeyer, S. 20-35.
Böttger, H. (2010). Englisch lernen in der Grundschule. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
Cope, B., & Kalantzis, M. (2000). Multiliteracies. Literacy Learning and the design of social
futures. New York: Routledge.
Dausend, H. (2013). Bilingual Modules ‘My House – Our Town’. In: Elsner, Daniela, & Keßler
Jörg-U. (Hrsg.), Bilingual Education in Primary School. Aspects of Immersion, CLIL, and
Bilingual Modules (S. 131-145). Tübingen: Gunter Narr.
Dausend, H., Elsner, D., & Keßler, J.-U. (2013). Bilingual, offen, konzeptlos – Was Schulen
mit reformpädagogischen Bildungskonzepten zum fremdsprachlichen Lernen verspre-
chen und nicht halten. In: Breidbach, S., Viebrock, B. (Hrsg.), CLIL – Research, Policy
and Practice (S. 65-83). Frankfurt/M.: Peter Lang.
Dausend, H. (2014). Fremdsprachen transcurricular lehren und lernen. Ein methodischer
Ansatz für die Grundschule. Tübingen: Gunther Narr.
378 Henriette Dausend
381
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2017
J. Bastian und S. Aufenanger (Hrsg.), Tablets in Schule und
Unterricht, DOI 10.1007/978-3-658-13809-7
382 Angaben zu den Autorinnen und Autoren
der Förderung von Mehrsprachigkeit und dem Einsatz von Street Art sowie von
Tablets im Fremdsprachenunterricht. E-Mail: henriette.dausend@zlb.tu-chemnitz.de
Döbeli Honegger, Beat, Prof. Dr.; hat an der ETH Zürich in Informatik promoviert
und ist Professor für Medien- und Informatikdidaktik an der Pädagogischen Hoch-
schule Schwyz. Er beschäftigt sich seit über 15 Jahren in Forschung und Lehre mit
allen Aspekten der Digitalisierung im Bildungswesen. E-Mail: beat.doebeli@phsz.ch
Egger, Nives; hat an der Universität Bern Pädagogische Psychologie und Medien-
wissenschaften studiert. Seit 2012 arbeitet sie am Institut für Medien und Schule
an der Pädagogischen Hochschule Schwyz als wissenschaftliche Mitarbeiterin in
verschiedenen Forschungsprojekten zum Einsatz von digitalen Medien zum Lehren
und Lernen. E-Mail: nives.egger@phsz.ch
Jahnke, Isa, Prof. Dr.; Professorin und Forschungsdirektorin des Information Ex-
perience Lab an der iSchool for Information Science and Learning Technologies,
University of Missouri-Columbia, USA. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen
Human-Centered Emergent Technology for Learning and Creativity (wearables,
mobile devices), Technology-enhanced Designs for Learning Expeditions und
Sociotechnical Design. E-Mail: jahnkei@missouri.edu
Kuhn, Jochen, Prof. Dr. habil.; ist Universitätsprofessor und Leiter der Arbeits-
gruppe Didaktik der Physik im Fachbereich Physik der TU Kaiserslautern. Seine
Forschungsschwerpunkte sind die theoriegeleitete Konzeption und quantitative
empirische Untersuchung experimenteller Lehr-Lernmedien im Rahmen einer
‚neuen Aufgabenkultur‘ in Physik sowie das Lehren und Lernen in Schülerlaboren.
E-Mail: kuhn@physik.uni-kl.de