12.1 Einführung
Kennt man also den Widerstand des Flugzeuges, kennt man auch seinen
Schubbedarf (Thrust Required, TR). Der Fachbegriff für den Schubbedarf
heißt Schwebeschub. An dieser Stelle erinnern wir uns an das Kapitel 4
„Aerodynamische Grundlagen“ und die dort vorgestellte Widerstands-
kurve in Abhängigkeit der Geschwindigkeit (Abb. 4.25).
12.2 Der unbeschleunigte Horizontalflug 251
2 L (12.5)
V
U S cL
Einsetzen von Gl. (12.2) in Gl. (12.5) ergibt
2 W (12.6)
V
U S cL
Gl. (12.5) setzen wir nun in Gl. (12.3) ein und erhalten:
U 2 W (12.7)
D S cD
2 U S cL
Kürzen liefert
cD (12.8)
D W TR
cL
§c · (12.9)
Dmin W ¨¨ D ¸¸
© cL ¹ min
Legt man eine Tangente aus dem Ursprung der Schwebeschubkurve er-
hält man die Geschwindigkeit für die maximale Reichweite (maximum
range speed).
§ c · (12.10)
§ D ·
¨ ¸ bzw. ¨ L ¸
© TAS ¹ min ¨ cD ¸
© ¹ max
Im ersten Schritt setzen wir Gl. (12.8) in Gl. (12.10) ein. Dies liefert:
cD (12.11)
W
D cL
TAS TAS
im nächsten Schritt ersetzen wir die TAS im Nenner mit Gl. (12.6). Dies
ergibt dann:
D cD U cL S (12.12)
W
TAS cL 2 W
§ c · (12.13)
D ¨ D ¸
TAS ¨ c ¸
© L ¹ min
oder:
§ cL · (12.14)
D ¨ ¸
TAS ¨ cD ¸
© ¹ max
2 (12.17)
cD 2 W 3
PR 3
cL U S
Unterstellt man bei Gl. (12.17), dass das Gewicht, die Flügelfläche und die
Luftdichte konstant bleibt (W, S, U = const.) ergibt sich:
§ c 2 · § 3 · (12.18)
PR min ¨ D ¸ = ¨ cL ¸
¨ c 3 ¸ ¨ c 2 ¸
© L ¹ min © D ¹ max
Eine Tangente aus dem Ursprung an die Schwebeleistungskurve ergibt
das Verhältnis
§ PR · §c · (12.19)
¨ ¸ bzw. ¨¨ L ¸¸
© TAS ¹ min © c D ¹ max
Im Falle der Schwebeleistungskurve liefert also die Tangente aus dem Ur-
sprung das Beste L/D Verhältnis.
Der Beweis dieser Aussage ist einfach: Gemäß Gl. (12.15) entspricht der
Quotient aus Schwebeleistung und TAS dem Schwebeschub.
PR (12.20)
TR
TAS
Einsetzen von Gl. (12.8) in Gl. (12.20) ergibt für den Schwebeschub unter
der Annahme eines konstanten Gewichts (W = const.):
PR cL (12.21)
TAS cD
12.3 Beeinflussende Faktoren 255
Bisher gingen wir immer davon aus, dass das Gewicht, die Flughöhe (bzw.
Luftdichte) und die Konfiguration des Flugzeuges konstant bleiben. Dies
ist natürlich in der Praxis nicht der Fall. Das Flugzeug bewegt sich in ver-
schiedenen Flughöhen und wird leichter, indem es Treibstoff verbraucht.
Darüber hinaus wird die Konfiguration des Flugzeuges auch geändert.
Beispielsweise durch Ausfahren der Landeklappen im Anflug. Aus jeder
Situation ergibt sich ein anderer Schub- bzw. Leistungsbedarf, was zu
einer Verschiebung der Schwebeschub- bzw. Schwebeleistungskurve
führt.
Nachfolgend werden daher die Änderungen von
x Gewicht
x Flughöhe
x Konfiguration
auf die Schwebeschub- bzw. Schwebeleistungskurve untersucht. Von be-
sonderem Interesse ist dabei, wie sich die Geschwindigkeit für maximale
Reichweite (maximum range speed) und maximale Flugdauer (max.
endurance speed) verhält.
12.3.1 Gewicht
Es wird vorausgesetzt, dass das Verhältnis cL/cD konstant bleiben soll. Dies
entspricht einem konstanten Anstellwinkel (D = const.). Die Frage ist nun,
welche Auswirkungen ein höheres Gewicht haben.
Gemäß Gl. (12.2) entspricht der Auftrieb dem Gewicht. Ein höheres Ge-
wicht bedarf demzufolge eines höheren Auftriebs. Aus der Auftriebsformel
ergibt sich, dass die Geschwindigkeit erhöht werden muss, um mehr Auf-
trieb zu erzeugen. Dies ergibt sich aus Gl. (12.6) und soll beispielhaft für
zwei unterschiedliche Gewichte (W1 und W2) erläutert werden.
Für W1 und W2 gelten die korrespondierenden Geschwindigkeiten V11 und
V2:
2 W1 2 W2 (12.22)
V1 und V2
U S cL U S cL
Somit ergibt sich:
2 W2 (12.23)
V2 U S cL
V1 2 W1
U S cL
Durch kürzen erhält man:
V2 W2 (12.24)
V1 W1
Für die Geschwindigkeit des höheren Gewichts (V2) ergibt sich daher:
W2 (12.25)
V 2 V1
W1
W2 (12.29)
TR 2 TR1
W1
Der Schwebeschub verhält sich folglich proportional zum Flugzeug.
Aus Abb. 12.4 kann man ableiten, dass mit höherem Gewicht die max.
range speed und die minimum drag speed größer wird.
12.3.2 Flughöhe
1 (12.31)
TAS EAS
V
Umwandeln von Gl. (12.31) von TAS in EAS ergibt:
U U0 (12.32)
TR EAS 2 S cD
2 U
12.3.3 Konfiguration
Die maximale Flugdauer (maximum endurance) gibt an, wie lange sich ein
Flugzeug bei gegebener Kraftstoffmenge in der Luft halten kann. Dies ist
beispielsweise im Falle von Warteschleifen oder auch bei Aufklärungs-
flügen interessant.
Die maximale Flugdauer wird dann erreicht, wenn der Treibstoffverbrauch
minimal ist. Häufig wird in der Literatur ein konstanter spezifischer Treib-
stoffverbrauch unterstellt, was dazu führt, dass die maximale Flugdauer bei
der Geschwindigkeit erreicht wird, wenn das Verhältnis aus Auftrieb zu
Widerstand am größten ist (L/D max.). Die zugehörige Geschwindigkeit
wäre in diesem Fall die minimum drag speed (Anderson 1999).
In der Praxis ist der Treibstoffverbrauch jedoch von der tatsächlichen
Triebwerkscharakteristik abhängig. Die Linien konstanten Treibstoffver-
brauchs (FFC) sind daher nicht horizontale Tagenten, sondern fallen etwas
ab. Zeichnet man diese abfallenden Verbrauchslinien in Form von
Tangenten in das Schwebeschubdiagramm ein, erhält man den Punkt für
die maximale Flugdauer am Schnittpunkt einer solchen Tangente mit der
Kurve (Lufthansa 1990).
Die maximum endurance liegt daher in der Praxis etwas links von der
minimum drag speed. Wie wir in einem späteren Kapitel noch darstellen
werden, ist dies ein instabiler Geschwindigkeitsbereich. Aus diesem Grund
eignet sich diese Geschwindigkeit auch nicht für den Flug in Warte-
schleifen. Hier sollte mit etwas höherer Geschwindigkeit (z. B. mit
minimum drag speed) im neutralen oder stabilen Bereich geflogen werden.
Etwas anders sieht das Ganze für Kolbenpropellertriebwerke und deren
Schwebeleistungskurve aus, nachdem das TR/TAS Diagramm in ein
PR/TAS Diagramm umgewandelt wurde. Die Geschwindigkeit für die
Max. Endurance muss natürlich in beiden Diagrammen identisch sein.
Die maximale Flugdauer ändert sich nicht durch Windeinfluss. Der Be-
rührungspunkt der FFC-Tangente an die Schwebeschubkurve liegt immer
bei der gleichen TAS.
Mathematisch kann die Flugdauer mit Hilfe der Kombination von Gl. (6.3)
und (6.7) ausgedrückt werden. Dies ergibt:
dm f (12.33)
TSFC TR
dt
Auflösen nach dt ergibt:
dm f (12.34)
dt
TSFC TR
264 12 Der Reiseflug
12.5 Reichweite
Analog der Flugdauer kann auch für die Reichweite die sogenannte
Breguet Range Equation aufgestellt werden.
Wie wir wissen, gilt für eine beliebig kleine Wegstrecke die Beziehung:
ds V dt (12.38)
Für dt setzen wir nun Gl. (12.36) ein und erhalten:
1 cL dW (12.39)
ds V
TSFC g cD W
Unter der Annahme, dass die Geschwindigkeit (V) konstant bleibt,
integrieren wir analog Gl. (12.37) zwischen W0 als Anfangsgewicht und
W1 als Endgewicht und erhalten somit die Reichweite (R):
W0
cL V dW (12.40)
R ³
c TSFC g W
W D 1
12.5 Reichweite 265
cL V W (12.41)
R ln 0
cD TSFC g W1
Ersetzt man die Geschwindigkeit durch die in der Praxis relevantere
Machzahl erhalten wir die folgende Gleichung:
cL M a0 T W0 (12.42)
R ln
cD TSFC g W1
Soll noch zusätzlich eine vorherrschende Windkomponente VW berück-
sichtigt werden, ergibt sich die Reichweite über Grund wie folgt:
c L M a0 T VW W0 (12.43)
R ln
cD TSFC g W1
Aus dieser Gleichung kann man nun die Einflussfaktoren auf die Reich-
weite erkennen:
x Temperatur in Atmosphäre bzw. Flughöhe
x Fluggeschwindigkeit [M]
x schubspezifischer Treibstoffverbrauch (= Triebwerksparameter)
x aerodynamische Güte des Flugzeuges und hauptsächlich des Flügels
[cL/cD]
x Flugzeuggewicht [W]
Die größte Reichweite (maximum range) eines Flugzeuges mit einer be-
stimmten Betankung ergibt sich aus dem größten Verhältnis der wahren
Fluggeschwindigkeit zum Treibstoffverbrauch (TAS/FF). Dieses Verhält-
nis wird auch spezifische Reichweite (specific air range, SAR) genannt.
Abb. 12.12 stellt die Abhängigkeit der maximum range vom Gewicht in
Anlehnung an Abb. 12.4 nochmals dar.
266 12 Der Reiseflug
Die SAR ist ein Maß dafür, wie weit ein Flugzeug pro Treibstoffeinheit
fliegen kann. Sie ist der Quotient aus Wegstrecke (R) pro Treibstoffeinheit
(mf).
R ª NAM º (12.45)
SAR « »
mf ¬ kg ¼
Die Wegstrecke entspricht dabei der sogenannten still air distance (SAD).
Diese erhält man über die Bodendistanz und der Berücksichtigung der
Windkomponente (WC) aus der Beziehung:
§ TAS · (12.46)
SAD Distance ¨ ¸
© TAS r WC ¹
Differenziert man Gl. (12.45) nach der Zeit, erhält man einen Quotienten
mit einer differenziellen Wegstrecke im Zähler und einem differenziellen
Masseverbrauchs durch die Treibstoffverbrennung im Nenner2.
2 Da die SR ein positiver Wert ist, muss der Gleichung ein Minuszeichen voran-
gestellt werden, um das negative Vorzeichen aus dem Masseabnahme auszu-
gleichen.
12.5 Reichweite 267
Die Ableitung der Strecke nach der Zeit entspricht bekanntermaßen der
Geschwindigkeit. Somit ergibt sich der folgende Quotient:
V TAS ª kt º (12.48)
SAR « »
m f FF ¬ kg min ¼
Als Lösung wurde die sogenannte long range speed eingeführt. Hierbei
wurde unter Verzicht auf 1% der Reichweite die Geschwindigkeit ent-
sprechend erhöht.
Die Tangenten aus dem Ursprung sind Linien gleichen Treibstoffver-
brauches (FF-Tangente).
Abb. 12.13 Generische SAR-Kurve für ein bestimmtes Gewicht und Flughöhe
Gewicht
Abb.12.14 zeigt die SAR als Funktion des Flugzeuggewichts und der
Fluggeschwindigkeit bei konstanter Höhe. Dies ist die gebräuchlichste
Darstellung der SAR.
Aus der Abbildung lassen sich zwei Erkenntnisse hinsichtlich ableiten:
x Mit abnehmendem Gewicht, z. B. durch die Verbrennung von Treibstoff
während des Fluges, nimmt die spezifische Reichweite zu.
x Mit abnehmendem Gewicht nimmt die Geschwindigkeit für max. range
cruise, also die Geschwindigkeit, mit der eine maximale Reichweite er-
reicht wird, kontinuierlich ab. Das gleiche gilt für long range cruise.
12.5 Reichweite 269
Flughöhe
Mit zunehmender Flughöhe nimmt zum einen die max. range cruise speed
zu, zum anderen nimmt die SAR zu.
Wind
Abb. 12.16 Einfluss von Wind auf den Ursprung der Tangente
Die Abbildung zeigt die Variation der spezifischen Reichweite mit zu-
nehmendem Gegen- bzw. Rückenwind. Mit zunehmendem Gegenwind
nimmt die spezifische Reichweite ab und die Geschwindigkeit für die
maximale Reichweite steigt an.
Rechts der max. range cruise Linie kann ein Gegenwind teilweise durch
Anpassung der Reisefluggeschwindigkeit ausgeglichen werden. Das Bei-
spiel zeigt eine Reduzierung der Geschwindigkeit von M .78 auf long
range cruise speed. Dadurch könnte eine Gegenwindkomponente von fast
50 kt ausgeglichen werden.
Wind ist folglich von signifikanter Bedeutung für die Wirtschaftlichkeit
eines Fluges. So kann es durchaus vorteilhaft sein, eine Flughöhe zu
wählen, in der eine große Rückenwindkomponente herrscht. Der Wind
muss dann den Verlust an Reichweite durch die tiefere Höhe aufwiegen
können.
272 12 Der Reiseflug
Die Piloten können für solche Abwägungen auf Tabellen bzw. Charts,
zurückgreifen, die in den flugbetrieblichen Unterlagen zu finden sind. Die
nachstehende Abbildung zeigt eine solche Chart von Airbus für die A320-
Familie.
Abb. 12.18 Wind Altitude Trade for Constant Specific Range (© Airbus)
12.6 Optimum Altitude 273
Temperatur
Bildet man den Quotienten von FF und TAS, kürzt sich der Einfluss der
Temperatur aufgrund der nahezu identischen Abhängigkeit heraus. Der
Einfluss ist daher vernachlässigbar, lässt sich aber trotzdem mit nach-
folgender Gleichung berechnen. Auf eine Herleitung der Gleichung wird
an dieser Stelle verzichtet. Mit ihrer Hilfe kann jedoch schnell und un-
kompliziert der Einfluss der Temperatur auf die spezifische Reichweite
ermittelt werden:
§T ·
0, 5 x (12.51)
SR NS SRST ¨¨ NS ¸¸
© TST ¹
Unter der optimum altitude versteht man die Flughöhe, in der die
maximale spezifische Reichweite für ein bestimmtes Gewicht und ein be-
stimmtes Flugverfahren erreicht wird. Trägt man die SAR in einem Dia-
gramm über der Höhe auf, ergibt sich folgendes Bild:
Mit zunehmender Höhe nimmt die SAR immer weiter zu, um dann wieder
ab der optimum altitude abzunehmen. Der Grund hierfür liegt zum einen
im mit der Höhe abnehmenden Triebwerkswirkungsgrad und zum anderen
274 12 Der Reiseflug
Abb. 12.20 Optimum Altitude als Funktion von SAR und Druckhöhe
Abb. 12.21 Optimum Altitude als Funktion von Gewicht und Druckhöhe
Wichtig ist an dieser Stelle abermals der Hinweis, dass es sich hierbei um
die theoretische Situation bei Windstille handelt. Bezüglich der Ge-
schwindigkeit über Grund, d. h. unter Berücksichtigung von Wind, kann
die optimum altitude auch wesentlich tiefer liegen, als angenommen.
Es kann vorkommen, dass die optimum altitude gar nicht erreicht werden
kann, da sie durch die maximum cruise altitude begrenzt wird. Dies ist z.
B. denkbar, wenn das Flugzeug voll beladen ist und ungünstige
atmosphärische Bedingungen herrschen (z. B. heißer Tag).
Informationen zur optimum und maximum altitude sind in aller Regel in
den einschlägigen Flughandbüchern der Fluggesellschaften zu finden und
in der Regel unterteilt in Entfernungen bis ca. 350 NM darüber.
Abb. 12.22 zeigt den optimum und maximum altitude graph der Airbus
A320-Familie für eine Geschwindigkeit von M.78 und für long range
cruise.
Das Beispiel zeigt die maximum und optimum altitude für ein Gewicht von
69 t, einer Temperaturen von OAT ISA+15 bzw. OAT + 10 und
einer Geschwindigkeit von M.78.
Aus der Abbildung ergibt sich eine optimum altitude von 35.500 ft
und eine maximim altitude von 37.000 ft.
276 12 Der Reiseflug
Abb. 12.23 Bleed Correction zur Optimum und Maximum Altitude Ermittlung
(© Airbus)
Wird ein Flug nicht in der optimum altitude durchgeführt (sog. off-
optimum cruise flight) muss der dadurch verursachte Mehrverbrauch an
Treibstoff berücksichtigt werden. Die notwendigen Informationen werden
in der Regel ebenfalls in Form einer Tabelle zur Verfügung gestellt:
Zur Ermittlung der optimum altitude auf kurzen Flugstrecken von bis zu
maximal ca. 350 NM wird in der Regel ein separater Graph zur Verfügung
gestellt. Je nach Hersteller werden diese Informationen auch in Form einer
Tabelle geliefert.
Abb. 12.24 zeigt den short distance graph der A320-Familie. Zu beachten
ist hier, dass mit dem voraussichtlichen Landegewicht in den Graphen ein-
gegangen wird.
Für ein Landegewicht von 64 t und einer Entfernung von 250 NM ergibt
sich eine optimale Flughöhe von 35.000 ft.
Bei der Nutzung solcher Graphen ist es generell immer wichtig, die Prä-
missen und Geltungsbereiche zu beachten und entsprechende Korrekturen
durchzuführen.
278 12 Der Reiseflug
Hat man auf einem längeren Flug die optimum altitude erreicht, steigt
diese jedoch durch das aufgrund des Treibstoffverbrauchs leichter
werdende Flugzeug kontinuierlich an. Ein ständiges Beibehalten der
optimum altitude würde bedeuten, dass sich das Flugzeug in einem
konstanten Steigflug befinden würde. Dies ist natürlich nicht praxis-
gerecht. Es gilt daher, sich ständig der optimum altitude anzunähern. Um
diese Notwendigkeit deutlich zu machen, wandeln wir Abb. 12.21 etwas
ab und hinterlegen ein beispielhaftes Flugprofil.
Abb. 12.25 Änderung der Optimum Altitude und Flugprofil (nach Radnoti 2002)
12.8 Reiseflugverfahren
Bei der Flugplanung ist die Wahl des Reiseflugverfahrens ein wichtiger
Planungsparameter.
Als Reiseflugverfahren unterscheidet man
x Maximum Range Cruise
x Long Range Cruise
x Constant Speed/Mach Cruise
x Minimum Cost Cruise
Der minimum cost cruise ist das wirtschaftlichste Flugverfahren und ergibt
sich aus den geringsten Gesamtkosten eines Fluges. Basis des minimum
cost cruise ist ein Cost Index als Verhältnis von marginalen Zeitkosten zu
Treibstoffkosten. Auf Basis dieses Cost Index wird dann die sogenannte
econ speed ermittelt.
Das Besondere an diesem Verfahren ist die Tatsache, dass sich die econ
speed mit der Zeit durch den Treibstoffverbrauch ändert. Flugzeuge mit
einem automatischen Schubsystem und einer entsprechenden Funktionali-
tät im Flight Management System (FMS) können einen konstanten Cost
Index fliegen. Das FMS regelt die dazugehörige Geschwindigkeit auto-
matisch nach.
12.9.1 Einführung
Durch Integration der Gl. (12.53) erhält man die Wegstrecke 'SAD1,2 für
das Anfangsgewicht W1 und das Endgewicht W2, , wobei W1 > W2 ist.
W2 (12.54)
'SAD ³ SARm dW
W1
286 12 Der Reiseflug
Mit Hilfe von Gl. (12.54) erhält man die Intergrated Range Kurve aus Abb.
12.30.
Mit Hilfe der Integrated Range Kurve bzw. der Gleichung lässt sich für
jegliche Wegstrecke die notwendige Treibstoffmenge bestimmten. In der
Regel ist die Integrated Range Kurve in Form von Tabellen in den ent-
sprechenden Flugbetriebshandbüchern zu finden.
Analog der Integrated Range basiert die Integrated Time auf denselben
Lösungsansätzen und ergibt sich durch die Kombination der beiden Gl.
(13.41) und (13.42). Löst man die Kombination beider Gleichungen nach
dt auf und integriert über das Gewicht ergibt sich:
W2
SARm dW (12.56)
't ³
W1
TAS
Aus dieser Gleichung können die für eine Integrated Time Tabelle not-
wendigen Zeitdifferenzen errechnet werden.
12.9 Integrated Range and Time 287
Vorgabe
Schritt 1
Schritt 2
3 http://www.caa.co.uk/application.aspx?catid=33&pagetype=65&appid=11
288 12 Der Reiseflug
Abb. 12.31 Beispielhafte Integrated Range Tabelle (CAP 697 © by Civil Aviation
Authority)
12.10.1 Einführung
Abb. 12.34 Schubkurve nach Setzen von MCT und Sinkflug auf driftdown ceiling
Befindet sich das Flugzeug nun über Hindernissen (z. B. einem Berg-
massiv) mit hohen Mindestsicherheitshöhen, muss es in der Lage sein,
diese Hindernisse mit einem bestimmten Sicherheitsabstand zu über-
fliegen. Der Sinkflug muss also in diesem Fall besonders flach sein. Das
Sinkflugverfahren heißt in der Fachterminologie driftdown procedure. Ein
anderes denkbares Szenario wäre der Triebwerksausfall während dem
Steigflug. In diesem Fall muss das Flugzeug noch eine bestimmte
Mindestsicherheitshöhe erreichen.
x Unvorteilhafteste Schwerpunktlage
x Ausfall des kritischen Triebwerks
x Verbleibende Triebwerke werden mit MCT betrieben.
Der NDFP entspricht dem GDFP abzüglich einer gesetzlich vor-
geschriebenen prozentualen Minderung des Gradienten. Die Höhe der
Minderung richtet sich zum einen nach der Anzahl der Triebwerke und für
drei- bzw. viermotorige Flugzeuge auch nach der Anzahl der ausgefallenen
Triebwerke. Zusammenfassen können die Vorschriften der CS 25.123 (b)
und (c) in folgender Tabelle dargestellt werden.
Gemäß AMC 1.500 Abs. 3 können alternativ zur Routenstudie mit topo-
grafischen Karten auch die Mindestflughöhen Minimum Enroute Altitude
(MEA) oder die Minimum Off Route Altitude (MORA) verwendet
werden. Dies vereinfacht die Flugplanungsarbeit erheblich, kann aber
andererseits zu Flugleistungseinschränkungen durch einen zu hohen
Konservatismus führen.
x Laterale Hindernisfreiheit
Der laterale Korridor, innerhalb dessen die Hindernisse zu berücksichtigen
sind, beträgt 5 NM bzw. 9,3 km. Für den Fall, dass eine gewisse
Navigationsgenauigkeit nicht eingehalten werden kann, steigt dieser Wert
auf 10 NM bzw. 18,6 km an. Innerhalb dieses Korridors muss das Flug-
zeug in der Lage sein, alle Hindernisse zu überfliegen (s. Abb. 13.35).
x Vertikale Hindernisfreiheit
Die vertikale Hindernisfreiheit entspricht der Differenz zwischen dem
Hindernis und der Nettoflugbahn (NDFP). Bei der Berechnung des NDFP
müssen die aktuellen Bedingungen, wie Wind und Temperatur, berück-
sichtigt werden. Möglicherweise wird auch die Enteisungsanlage benötigt,
was sich negativ auf das Leistungsvermögen auswirkt.
Demnach müssen entweder die Vorschriften im Absatz (b) oder (c) erfüllt
werden und darüber hinaus muss das Flugzeug in der Lage sein, in 1500 ft
über dem Ausweichflughafen einen positiven Steiggradienten zu erzielen.
Falls die vorgenannte Vorschrift nicht eingehalten werden kann, oder falls
das Gewicht zu stark eingeschränkt werden muss, ist alternativ ein
driftdown Verfahren gemäß dem folgenden Abschnitt zu entwickeln.
In der Praxis kommt es jedoch selten vor, dass das Flugzeug in der
Mindestreiseflughöhe fliegt. Dadurch ergeben sich die zwei neuen Schnitt-
punkte A und B, die wie folgt definiert werden können (Airbus 2002):
x A = no-return point
Ein Umkehren nach Überflug dieses Punktes ist nicht möglich. Die
Hindernisfreiheit von 2000 ft (gegenüber dem Nettoflugweg) kann nicht
eingehalten werden.
x B = continuing point
Ein Weiterflug nach passieren dieses Punktes ist möglich. Die Hinder-
nisfreiheit ist sichergestellt.
12.10 Limitierungen durch Triebwerksaufall 297
In diesem Fall liegt der Punkt A hinter Punkt B. Das Flugzeug überfliegt
somit den continuing point zuerst. Dadurch ergeben sich folgende Ver-
fahren hinsichtlich der Zeitpunkts des Triebwerksausfalls:
x Triebwerksaufall vor Punkt B: umkehren
Beim Weiterflug (im driftdown) könnte die Hindernisfreiheit nicht
sichergestellt werden, da zu früh mit dem Sinkflug begonnen wird.
x Triebwerksaufall zwischen Punkt B und Punkt A: umkehren oder
weiterfliegen.
x Triebwerksaufall nach Punkt A: weiterfliegen
Beim Umkehren wäre im driftdown die Hindernisfreiheit nicht sicher-
gestellt, da das Flugzeug schon „zu weit“ im Hindernisbereich fliegt.
In diesem Fall liegt der Punkt A vor Punkt B, was zu folgenden Verfahren
führt:
x Triebwerksaufall vor Punkt A: umkehren
x Triebwerksaufall zwischen Punkt A und Punkt B: ausweichen. Das
Ausweichverfahren muss ebenfalls die Hindernisfreiheit sicherstellen
und führt zu einem Ausweichflughafen, der möglicherweise nicht auf
der direkten Route liegt. Kann dies nicht erfüllt werden, muss das Start-
gewicht entsprechend reduziert werden.
298 12 Der Reiseflug
Abb. 12.42 Optimum Driftdown Speed und Gross Level Off Altitude (CAP 698 ©
by Civil Aviation Authority)
4 Bei dem Beispielflugzeug, das dem Graphen zugrunde liegt, ist die Klimaanlage
ab einer Höhe von 17.000 ft die Klimaanlage im auto (high) mode, darunter off.
300 12 Der Reiseflug
Abb. 12.43 Net Level-Off Altitude (CAP 698 © by Civil Aviation Authority)
Wird sie unter 17.000 ft im auto mode betrieben, ist ein Gewichtsabschlag an-
zubringen.
12.10 Limitierungen durch Triebwerksaufall 301
Abb. 12.44 Driftdown Profile – Net Flight Path (CAP 698 © by Civil Aviation
Authority)