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DIE GROßEN AUßENSEITER

Gemeint sind hier jene Dichter, die sich zwischen Klassik und Romantik befinden. Aus
der deutschen Klassik sind zwei Namen geblieben: Goethe und Schiller und parallel
dazu verlief die Romantik mit Brüder Schlegel, Brentano, Arnim ...
Zwischen diesen zwei Epochen gibt es Autoren, die man weder zu Klassik noch zu
Romantik zählen kann, weil sie Merkmale der Klassik und Romantik in sich vereinen.
Neben diese zwei Epochen und Dichter aus diesen Epochen kommt noch etwas
drittes dazu und zwar die Lesepublik (besteht aus Bildungsbürgertum).
In dieser Zeit gibt es schon die allgemeine Schulpflicht, alle konnten lesen und
schreiben. Deshalb war der Bedarf an Büchern groß.
Meinungen über Schiller und Goethe waren verschieden. Einige haben genossen sie
zu lesen, aber die meisten kannten nur Zitate von Goethe und Schiller, haben nach
der Klassik gestrebt und haben diese Zitate falsch interpretiert. Das hat diese Epoche
banalisiert (vereinfacht) und es kommt zur Verflachung. Deswegen kommt es im
19.Jh. zur Trivialliteratur und noch kommt es zur Romantik, die eine Gegenbewegung
der Klassik bedeutete.Romantik hatte einen negativen Klang (hatte negative
Zeichen). Aber heute ist Romantik nicht nur etwas trivialles, sondern ist die
wichtigste Epoche in der modernen Kunst.

Moderne Kunst hat viele Deutungen.


Für einige beginnt diese moderne Kunst schon beim Ackermann aus Böhmen
(Renaissance, Humanismus) - der Mensch befreit sich von der Kirche. Man fragt sich,
warum soll man erst in Jensetits glücklich sein und nicht schon jetzt. Weswegen soll
man erst nach dem Tod auf die Belohnung warten?
Jede Epoche hat etwas Modernes. Genuß ist erlaubt für alle. Soll man fürs Diessetis
leben, war die Frage. Ja oder nein? Man beginnt anders zu denken und das ist auch
etwas Modernes. Oder z.B. Luther mit seiner Bibelübersetzung. Was bedeutet die
Konstituierung der deutschen Sprache als Schriftsprsche und Mundsprache? Die
Reformation hat sich für sehr wichtig erwiesen für die deutsche Sprache, Kultur
(früher war Latein wichtig). Reformation ist also auch etwas Modernes. Aufklärung ist
auch etwas Modernes - man soll Gottes Existenz mit dem Verstand beweisen (man
hat Schwierigkeiten mit dem Wunder, man wollte hier alles überprüfen).
Klassik mit Goethe und Schiller ist auch sehr modern.

Wegen des 30-jährigen Krieges (2/3 aller deutscher Bevölkerung war vernichtet)
verlief die deutsche Klassik nicht parallel mit französischer Klassik. Die Entwicklung
der gesamten Nation wurde für Jahrzehnten zurückgeworfen.

Die Romantik hat den ersten Ansatz gegeben, offener, toleranter zu sein.
Goethe meinte, daß die Toleranz ein Gebiet sei, das man als Gebildeter nicht
verwenden solle. Toleranz bedeutet Duldung von etwas, was mir fremd ist. Im 18.Jh.
konnte man nicht von Duldung und von Toleranz reden. Aber heute bemüht man sich
für die Toleranz.

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KLASSIK mit Goethe und Schiller ist eine Kunst, die versucht möglich frei zu sein
von Subjektivität. Man versucht harmonisch, ausgewogen zu sein. Man sollte sich in
der Mitte befinden. Klassiker streben in der Kunst zu einer geschlossenen,
bestimmten, deutlich definierenderen Form. In dieser Form wird typisches,
normatives gestaltet im Gegensatz zu Romantik.
Die Klassik versucht Vollendung zu erreichen; Statik, Schönheit als Harmonie
zwischen den Sinnen (sinnlicher Trieb) und den Gesetzen der Vernunft (Gefühle,
Harmonie - Vernunft).
In der Klassik versucht man das Universelle zu schaffen und zu verbinden mit dem
Individuellen. Man versucht das Besondere und Allgemeine, das Willkürliche und
Gesetzliche, Diesseits und Jenseits zu verbinden. Das ist alles das Ideal der
Humanität. Und das Ideal der Humanität ist stetige, unaufhörliche
Persönlichkeitsbildung - der Mensch soll sich als Persönlichkeit bilden.
Klassiker (Goethe, Schiller) sind Optimisten. Sie glauben an die Möglichkeit der
freien, geniallen Selbstbestimmung und Selbstvollendung.

Die Jungfrau von Orleans: Sie bekommt von Gott die Botschaft, sie solle das
Vaterland retten. Aber eine Frau gehört nicht in den Krieg, sie soll zu Hause Kinder
erziehen. Sie wird das Land und den König retten unter einer Voraussetzung: sie darf
nicht lieben. Man fragte sich im 18., 19. Jh.: Was ist die Liebe zum Vaterland? Ist die
Frau dazu da, daß sie tötet, das sie nicht liebt?
Aber die Jungfrau von Orleans, die das Land retten soll, verliebt sich und das noch in
einen Feind (sie ist Französin und er ist Engländer) - das ist Doppelverrat. Und so
lange sie liebt, kann sie das Land nicht retten. Was jetzt, weil sie doppelt liebt? Wenn
man das klassisch betrachtet, ist sie frei und kann sich selbst entscheiden: Will sie
das Vaterland retten oder weiter lieben? Ist die Liebe zu einem Mann eine falsche?
Was wiegt höher: das Abstrakte - Liebe der Landschaft oder das persönliche Glück?
Nach Schiller entscheidet sie sich frei, wie alle Figuren der Klassik. In diesem Konflikt
zwischen Gut und Böse entscheidet sie sich freiwillig für die Pflicht...

Eine klassische Figur hat die Wahl sich zu entscheiden. Diese Figuren sind freie
Menschen. Naturalismus dagegen sagt aber, daß Menschen bestimmt sind in allem,
sie können sich nicht entscheiden, sie haben keine Wahl in einer Entscheidung.
Früher, bei den Griechen, gab es aber Schicksal (Orakel) - z.B. Ödipus.
In Antike gab es trotz den Schicksal auch Tragödien, wo alles bestimmt war, aber
der Mensch hat gegen Schicksal gekämpft.
Wenn aber alles bestimmt ist, so wie in dem Naturalismus, hat der Mensch keine
Wahl, es gibt keine Tragödien. Es gibt keine Tragik, alles kann nur traurig sein, weil
der Mensch regiert wird. Dieser naturalistische Mensch wird ferngesteuert (daljinsko
krmiljen) von der Rasse,....
In der Klassik gibt es das nicht, der Mensch entscheidet sich frei für die Pflicht. Die
Klassik sucht Harmonie, Vollendung, geschlossene Formen, klare Definitionen (man
weiß, was eine Tragödie ist, eine Komödie, Sonett, Ballade, ....).

Bei der ROMANTIK ist das nicht mehr der Fall. Die Romantik strebt nach Offenheit,
sie duldet keine Definitionen, sie ist unabgeschlossen, unvollendet, offen.

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Das war der Problem zwischen Romantik und Klassik (sie pendelten zwischen Gesetz
und Freiheit), die auch in der Praxis, nicht nur in der Theorie, kämpften. Hier ist die
Rede von drei Autoren. Alle drei wurden so geboren, daß sie die französische
Revolution (1789) erlebt haben. Auch die Folgen von dieser Revolution haben die
Dichter selbst erlebt.
Die großen Ideen der französischen Revolution waren die große Ideale, die man
verwirklichen muß. Das waren: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit - Worten, die nach
Inhalten schreien. Die französische Revolution wollte eine ideale Staats- und
Gesellschaftsordnung. Aus diesen Wünschen wurde dann aber nichts und auch das
haben die Dichter erlebt. Sie erlebten auch die Krise, Hunger, Unsicherheit,... was
damals etwas alltägliches, normales war. Krise war Normalität für sie. Sie konnten
weder die Vollendung noch Offenheit erreichen, weil das weder eine Existenz noch
eine Flucht (beg) ist. Und deshalb ist die Literatur von diesen drei Dichter etwas ganz
anderes. (Von diesen drei Autoren haben zwei Napoleon geliebt, einer hat ihn aber
gehaßt, sonst hatten sie ähnliches Leben.)

JEAN PAUL (1763-1825)


(Johann Paul Friedrich Richter)

Jean Paul ist der erste Außenseiter.


Er war Sohn eines armen Landpfarrers. Er hat Theologie in Leipzig studiert, aber
konnte nicht zu Ende studieren, weil seine Familie sehr arm war. Er wurde
Hauslehrer in seiner Heimat. Hier hat er eine Grundschule geleitet, die er auch selbst
gegründet hat.
Charlotte von Kalb interessierte sich für ihn (sie interessierte sich auch schon für
Schiller). Sie lud ihn 1796 nach Weimar ein. Dort wurde er ein eingehender Dichter.
Er lernte Goethe und Schiller kennen, aber die Beiden haben ihn als Dichter nicht
gehert. Schiller sagte: " Ich habe ihn zierlich (klein) gefunden, ..., fremd, wie einen
Dämon, der aus dem Himmel gefallen ist." Herder dagegen hat ihn gemocht und hat
auf ihn einen großen Einfluß ausgeübt, so großen wie J.J. Rousseau, Swift, Sterne
und Hamman. Sie haben seine innere Entwicklung mitbestimmt. Jean Paul sollte
auch Herders Tochter heiraten. Er war nicht schön, aber er hatte Gewisses etwas, er
war ein Scharmer, er hatte magische Wirkung auf Frauen. Da gab es noch ein
Mädchen aus Mainz, das zu ihm gekommen ist schon als er verheiratet war. Jean
Paul ist nach Berlin gekommen, wo er seine Frau, die Tochter eines Professoren,
kennengelernt hatte.

Er ist im Jahre 1825 fast blind bei Roit gestorben.


In seinem Leben ist ihm nichts Großartiges widerfahren. Er hat ein Leben eines
Kleinbürgers gelebt. In seinem Leben hat er auch nicht viel gereist, er hat die
Grenzen des jetzigen Deutschlands nicht überquert.

Für sein Leben waren zwei wichtige Flüssigkeiten wichtig: Bier und Tinte.... Er war zu
besessen von einer Schreibwut. Er hat sehr viel geschrieben und auch sehr viel
gelesen. Er las wahrlich (resnično) alles, was auf Deutschland erschienen ist:
Geschichte, Belletristik... Er war sehr belesen und hatte ein enormes Gedächtnis.

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Er hat viele Tiere gehabt. Und verbrachte fast seine ganze Zeit in seinem
Arbeitsraum.

Jean Paul hat ein sehr, sehr umfangreiches Werk hinterlassen. Er hat fast alles in
Prosa geschrieben. In dieser Zeit haben ganz wenige Dichter in Prosa geschrieben.
Begonnen hat er mit Satiren, aber sie waren beim Lesepublikum erfolglos geblieben.
Später hat er aus diesen Satiren doch etwas gerettet und zwar, das satirische
Elemente hat er in den Roman verwendet.
Durch Jean Paul wurde Roman bis zu heutigem Tag die wichtigste Dichtungsform der
deutschen Literatur.
Er beschrieb in Romanen das, was er sieht, so gut er das sehen und erfassen konnte.
Er zeigt in Romanen die deutschen Höfe. Diese Höfe waren kleine, lächerliche
Zwergställe -Duodezfürstentümer. Er zeigte ihre innere und äußere Politiker,
Korruptionen, die Gegenspiele und Fürchter der Fürsten, ihr streben nach der Macht,
Reichtum, nach Genuß.
Er zeigte auch die "höhen Menschen" - sie waren Gegenspieler, Opfer dieser
Höflichen, Fürsten, Politiker. Sie waren einfache Menschen die voller Sehnsucht
waren nach höheren Dasein, den sie auf der Erde nicht erreichen konnten. Die
"höhen Menschen" waren normale, arme Menschen, die geschwärmt haben von
Liebe, Natur und Freundschaft. Und Jean Paul hat diese Menschen beschrieben.
Diese Menschen haben einen namenlosen Wunsch, den sie gar nicht bezeichnen
konnten.

Jean Paul wollte in seinen Werken in einem Satz die ganze Welt erfassen.
Seine Dichtung ist offen, fragmentarisch (selbst ein Roman von 1000 Seiten war ein
Fragment) ® das ist der romantische Stil.
Er überblickt die Welt nicht mehr und deshalb zeigt er die Welt auch als Fragment.
In Romanen hat er versucht das Totalität zu erfassen. Die Novelle ist ein Stück von
dem Roman. Ende des 18.Jh. funktioniert der Roman als eine Ganzheit nicht mehr.
Wir können viel lesen, aber deshalb werden wir die Welt nicht besser verstehen. Die
Welt ist ein Chaos, ein Fragment. Die Romantik zeigt die Welt so, wie sie ist. Die
Klassik zeigt das Ideal und die Romantik zeigt das Leben.
Jean Paul überblickt (versteht) die Welt nicht mehr, deswegen zeigt er die Welt als
ein Fragment und das ist romantisch.

DIE UNSICHTBARE LOGE [lože]


Das erste Werk, ein Roman von Jean Paul ist im Jahr 1793 erschienen.
Das ist ein Erziehungsroman und ein Fragment - ganz romantisch.
Es geht um eine ungewöhnliche Erziehungsmethode. Ein Junge wird bis zum seinen
19. Lebensjahr in einer Höhle, Grotte eingesperrt und erzogen, damit er einen festen
Charakter hat. Und erst dann kann er die wahre Welt sehen, die ihn nicht mehr
verderben kann.

HESPERUS ODER DIE 45 HUNDSPOSTTAGE (1795)


Diesen Roman hat man bezeichnet als den großen Roman der Liebe und
Freundschaft.

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Er war sehr beliebt in der Zeit und das war der dritte große Ereignis in der deutschen
Literatur. Das erste war Klopstock, das zweite war Werther von Goethe und das dritte
war Hesperus oder die 45 Hundsposttage.

Für Jean Paul ist typisch, daß man seine Werke nicht nacherzählen kann und so ist
auch mit diesem Werk. Das Geschehen der Handlung ist bei ihm nicht so wichtig.
Wichtig ist, daß sich der Mensch im Gott äußert. Er zeigt die innere Welt von
Personen. Er schildert unbedeutende, unklare, verwirrte, unwahrscheinliche
Geschehen, aber trotzdem wurde er sehr gelesen. Diese innere Seite von Menschen
zeigt Jean Paul, die wütend gelesen wird von Adligen.

Im Jahr 1796 hat Jean Paul einen Eheroman geschrieben mit dem Titel SIEBENKÄS
(BLUMENSTRICH-, FRUCHT- UND DORNENSTÜCKE oder EHESTAND, TOD UND
HOCHZEIT DES ARMENADVOKATEN FIRMIAN STANISLAUS SIEBENKÄS IM
REICHSMARKTFLECKEN (trg, ne vas ne mesto) KUHSCHNAPPEL).
Kuhschnappel ist die Stadt, ein Hof, wo Jean Paul lange gelebt hat als junger
Mensch. Der Armenadvokat ist ein Rechtsanwalt, der arme Kunden hat und auch
selbst arm war.
Früchte-, Blumenstrich- und Dornenstücke sind auf den Ehestand, Tod und Hochzeit
des armen Advokaten bezogen.
So ein Advokat ist Siebenkäs. Seine Frau ist eine Kuh und deshalb geht sie ihm auf
die Nerven und will sie los werden. Aber wie? Siebenkäs hat einen guten Freund, der
eine gute Idee hatte und rät ihm, er sollte seinen Tod inszenieren und neu zu
heiraten. Tatsächlich macht Siebenkäs das - er inszeniert sein Tod (er ist schein
gestorben), heiratet das zweite Mal und lebt heute noch glücklich.

In dieser Geschichte zeigt Jean Paul eine ganze Palette des damaligen Lebens (am
Ende des 18. Jh.). Was hier geschildert ist, sind Sonnen- und Schattenseiten eines
kleinbürgerlichen Lebens. Wie ein Mensch, der nicht viel Geld hat, lebt. Jean Paul hat
die arme, unglückliche Menschen, die aber tapfer ihr Leben lebten, sehr genau
beschrieben.
Man nannte diesen Roman der realistischsten aller realistischen Romanen.

Das Hauptwerk TITAN (1800-1803)


von Jean Paul ist als sein umfangreichster Roman betrachtet.
Hier versuchte er die Figur eines Idealherrschers, wie er ihn sich vorstellte, zu
gestalten. Nicht so wie diesen Schiller und Goethe gesehen haben.
Hier hat er auch viele geistige Gestalten kritisiert, auch die Klassiker und die Ästhetik
der Frühromantiker. Jean Paul war gegen den potenzierten Subjektivismus von dem
Philosophen Fichte.
Der Schauplatz in diesen Roman ist neben Deutschland auch Italien. Er hat die
italienische Landschaft herrlich geschildert, obwohl er sie nie gesehen hat.

FLEGELJAHRE (erschienen 1804/05)


- ein Fragment und für das lesbarste Werk von Jean Paul gehalten.
In seinen Werken unterbricht er immer wieder die Handlung mit Assoziationen,
Schilderungen, Überlegungen, philosophischen Gedanken und noch mit sonst allem,

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was ihn gerade zukommt im Zusammenhang mit seinen Figuren und das ist schwer
zu lesen.
In dieser Geschichte geht es um eine Erbgeschichte. Es gibt ein Erbe (dediščina) und
zwei Zwillinge, die etwas erben sollen. Einer ist lebenstüchtig (življenjsko sposoben,
praktičen), der andere nicht. Jean Paul versuchte in diesen zwei Zwillingen sein
Inneres zu objektivieren. Er versuchte diesen Riß zwischen der Welt, wie er sie sieht
und so, wie sie ist, zu zeigen. Das war ein philosophisches und dichterisches
Problem: Wie sehe ich die Welt? So wie sie ist oder so wie sie mir beigebracht wird?
Aber jeder kritische Mensch weiß, daß man die Welt immer durch eigene Augen
filtriert.

DER KOMET (1820)


- ein Fragment
Es handelt sich über einen Apotheker, der drei fixe Ideen hat:
1. Er ist davon überzeugt, daß er das Rezept für künstliche Diamanten
entwickelt hat.
2. Er glaubt, daß er ein Adliger ist (daß er von Fürstenstand stammt).
3. Seine Sehnsucht nach einer Geliebten, die überhaupt nicht existiert (es gibt
sie nur in seiner Phantasie).
Jean Paul hat das Eine komische Geschichte genannt. Aber es ist so komisch wie Don
Kihot von Cervantes. Er selbst sagt, daß er sich erlaubt hat mit der komischen Muse
auszutanzen. Der Komet ist voll von grotesken Szenen, Grausamkeiten, von
Erlebnissen, die man erst mit Hilfe der tiefen Psychologie richtig deuten kann.

Parallel zu diesem Werk schuf Jean Paul eine Reihe von IDYLLEN.
Die Helden sind hier im Prinzip arme Schlucker (pijandura), arme Menschen - junge
Leute (Lehrer, Hilfsplaner, ...), die ein einfaches Leben führen. Ihr Lebensraum ist
das ärmliche Dorf, wo auch Jean Paul ein Teil seines eigenen Lebens verbracht hat.

Die erste berühmte Idylle entstand anlehnend zu dem Roman Unsichtbaren Loge.
LEBEN DES VERGNÜGTEN SCHULMEISTERLEIN MARIA WUZ IN AUENTHAL (Maria
Wuz) - 1793
Wuz ist zum Inbegriff (utelešenje) eines Menschen geworden, der ein großer Meister
in der Kunst geworden ist und der sich immer auf etwas freut. Maria Wuz ist ein
Schulmeister.

20.10.1998
Im Jahr 1796 verfasst J. Paul seine nächste Idylle mit dem Titel:
LEBEN DES QUINTUS FIXLEIN.
Das ist eine humoristische Idylle.
Quintus Fixlein ist ein junger Mensch, der eine fixe Idee hat und zwar, daß er am
seinen 30. Geburtstag sterben wird. Diese Idee liegt begründet in seiner Familie,
denn alle seine männlichen Vorfahren sind am ihren 30. Geburtstag gestorben. Aber
er wußte nicht, wann er geboren wurde und er kann deshalb über den Tag, wann er
30 Jahren alt wird, nur vermuten. Seine Mutter behielt dieses Datum für sich und
erzählt ihm, daß sie vergaß, wann er geboren wurde. Das macht sie nur deshalb, weil

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sie ihn retten will. In dieser Nacht, als er sterben sollte, erzählte ihm seine Mutter
Geschichten, so daß er diesen Tag überwindet. Er überlebt seinen 30. Geburtstag,
heiratet...

Jean Paul hat auch HUMORESKEN geschrieben. Sie sind komisch und humorvoll. Er
hielt sie für sehr ungewöhnliche, aber harmlose Geschichten. Erst mit der Hilfe der
tiefen Psychologie konnte man diese Werke deuten und verstehen.
Es geht um viele psychologische Probleme, die hier behandelt werden:
Schutzvorkehrungen (varnostni ukrep), Zwangsgedanken, Zwangshandlungen,
Klaustrophobie, Kontrollzwang (Habe ich die Tür gesperrt oder nicht? - fragt man sich
auch im Alltag)... Solches hat er schon Ende des 18. Jh. geschrieben (und erst im 20.
Jh. wurde es erklärt).

Er ist für einen großen Dichter gehalten worden. Aber er war sehr schwierig zu lesen,
weil er zwischen Klassik und Romantik steht. Er legte großen Wert auf die Formen,
wobei die klassischen Formen für ihn nicht relevant sind, weil er die Welt chaotisch
sieht. Er kennte die Welt nicht und deshalb schreibt er Fragmente um die Leser zu
berühigen. Das waren gewollte Fragmente, die von Romantiker vor allem absichtlich
betont und gepflegt wurden. Trotzdem versucht Jean Paul alles zu erzählen (trotz
dessen, daß er nicht alles wußte). Er bleibt nicht nur bei der Handlung, er unterbricht
sie mit Aphorismen, Metaphorismen, Überlegungen zu der Form, Träumen, mit vielen
Wissen, die er aus verschiedenen Büchern gelesen hat und er schrieb viele Vorreden.

Jean Paul ist einer der größten Meister des APHORISMUS. Aphorismen waren damals
in der Weltliteratur ohne Vorbild und wurden nach J.Paul nicht viele davon
geschrieben.

Er war auch ein großer Meister einer Art der Dichtung, die er begonnen hat zu
schreiben. Das war TRAUMDICHTUNG.
Das ist eine Dichtung in doppelter Bedeutung des Wortes. Es ist eine Dichtung von
Träumen, Visionen. Das waren vollkommen alogische Bildfolgen für den Verstand
(man kann sie sich schwer erklären). Und diese Träume scheint J. Paul mitzuteilen.
Diese Traumdichtung sind auch literarische Werke. Sie sind autonomisch
sprachgebildet und mit Hilfe von Wörtern und Sätzen schildern sie das, was sie
schildern. Das bedeutet, daß sie für sich selbst stehen.

Eine solche Traumdichtung heißt:


REDE DES TOTEN CHRISTUS VOM WELTGEBÄUDE HERAB, DAß KEIN GOTT SEI.
(Aus dem Siebenkäs)

Sehr wichtig sind seine VORREDEN, die er zu seinen Werken geschrieben hat. Diese
Vorreden wurden erst in der zweiten Hälfte des 20. Jh. genauer untersucht.
Diese Vorreden hat Jean Paul genau konzipiert. Sie sind deswegen so wertvoll, weil
wir viele Selbstdeutungen von J. Paul finden und auch deswegen, weil sie
wesentliche wichtige Ergänzungen von seinem Werk VORSCHULE DER ÄSTHETIK
(1804) sind.

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In dieser Vorschule der Ästhetik entwickelt Jean Paul Theorien über Komik, Witz,
Humor. Das heißt, daß das auch eine Art Poetik ist. Dadurch vervollständigte er die
älteren Ästhetiken von der Aufklärung bis zur Klassik.

Bei Jean Pauls Schreiben war von großen Bedeutung, was seine Dichtung betrifft,
seine Gabe - er war das Genie der Selbstbeobachtung. Er war auch ein Genie der
literarischen Gestaltung der Selbstbeobachtung. Das heißt, er erlebte es immer
wieder, daß er sich selbst zuschauen konnte. Das sind nicht erfreuliche Erlebnisse. Er
hat das in seinen Werken zu schildern versucht: "Ich bin ein ich..." Dies hat zur
Schizophrenie (Geisteskrankheit) gefolgt. Zur Ich Verspaltung.

Er hat seine Erlebnisse immer wieder ästhetisch behandelt. Dieser Dualismus hat ihn
sehr beschäftigt. Das ewige Rätsel für ihn war: "Wie können in einem Menschen zwei
so unvereinbare Dinge vereinigt werden, wie der Körper und Geist oder wie Leib und
Seele?"
Das hat er auch in seinen Romanen so beschrieben.

Noch eine Frage hat ihn sehr stark beschäftigt und das war der Tod.
In der Idylle Quintus Fixlein ist vom Tod 42 Mal die Rede. Dieses Bewußtsein, daß
man selbst nicht eine Einheit ist, ist es schwierig zu verstehen. Aber dieses
Bewußtsein konnte er bewältigen, indem er sehr offen war für die Sinnenwelt (eine
Welt, die man mit Sinnen erfasst). Deswegen sind seine Werke reich an Fakten. In
seinen Werken erfahren wir mehr über die Lebensgewöhnheiten seiner Zeit als bei
anderen Zeitgenossen (Schiller oder Goethe).

Jean Paul ist auch ein geborener Epiker, mit einem sehr großen Wortschatz und einer
Neugier. Man nimmt an, daß sein Wortschatz größer ist als der von Goethe war. In
seiner Zeit wurde er geliebt, gefeiert. Ziemlich rasch nach seinem Tod wurde er
vergessen. Man begann sich für ihn wieder zu interessieren nach der Erforschung
des Jungs und Freuds. Expressionissmus begann ihn stark zu rezipieren. Er war ein
Lieblingsdichter der Kollegen: Gotthelft, Keller, Meyer, Raabe, Stifter, George,
Hofmannsthal, Hesse, Botho Strauss. Ihn begehrten auch Französen und Russen:
Hugo, Puskin, Dostojewski...

Er hat auch POLITISCH - PHILOSOPHISCHE SCHRIFTEN geschrieben.


Politisch gesehen war er demokratischer, weltbürgerlicher Gesinnung (notranje
prepričanje, mišljenje). D. h. Kosmopolit im Gegensatz zu anderen Dichter.

Pädagogisch gesehen war er auch wichtig, weil er ein sehr wichtiges Werk für
Pädagogik geschrieben hat: LEVANA (1807)
Levana ist die Schützgöttin der Kinder.

Jean Pauls Stil

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— Jean Paul ist nicht leicht zu lesen, weil er die gewöhnte Syntax aufgelöst hat. Er
benützt viele Anspiegelungen, Metapher, Gleichnisse, die nicht leicht zu verstehen
sind. Er arbeitet auch mit den Assoziationen. Er schreibt ab von der Handlung und
unterbricht sie mit Anreden an den Leser.
— Jean Paul hatte eine feste Überzeugung, daß der Schriftsteller die Funktion habe
Aufklärung zu vermitteln. Dieses Aufklärerische umfasst sein ganzes literarisches
Schaffen, als auch das Politische und auch seine pädagogische Abhandlung
Levana.
— Er bemüht sich um eine offene Form des Romans und um eine scheinbare
Systemlosigkeit in Romanen. Das entspricht den Ausdruckswillen des Autors. Diese
Offenheit der Formen soll den Leser erkennen lasen, daß das menschliche Leben
nicht überschaubar ist, sondern, daß es sich viel mehr in einem ständigen
Widerstreit befindet zwischen dem Ideal, das man anstrebt, erreichen möchte, und
den ganz realen konkreten Hindernissen. Deswegen haben alle seine Romane
fragmentarischen Charakter und seine Handlungsführung ist nicht immer logisch
motiviert, sie ist nicht streng komponiert.
— Zu dem schafft er Charaktere die empfindsam, genial, schwärmerisch sind und
deshalb sind sie nicht einfach zu verstehen. Oft sind sie sogar Sonderlinge (čudak,
posebnež). Diese Figuren bewegen sich oft zwischen der realen Welt, an die sie
gebunden sind, und dem Willen diese Welt zu transzendieren. Das heißt, über die
Erfahrung und sinnliche Wahrnehmung dieser Welt zu gehen.
— Jean Paul glaubt, als überzeugter Aufklärer, daß der Autor aufzuklären hat. Er
versucht zwischen Geist und Körper zu vermitteln.

FRIEDRICH HÖLDERLIN (1770-1843)

Er ist der zweite große Außenseiter in dieser Gruppe, aber er hatte das Pech dazu,
daß man ihn erst Anfang des 20. Jh. entdeckt hatte. Sogar Schiller und Goethe und
andere Romantikdichter wurden wahrgenommen. Er wurde aber nur von seinen
literarisch gebildeten Freunden wahrgenommen. In seiner Zeit hat ihn kaum einer
akzeptiert. Er wurde kaum gelesen. Entdeckt wurde er von Stefan George, Rilke -
von Exspressionisten.

Er hat wunderschöne Gedichte geschrieben, die man in Nationalsozialismus (unter


Hitler) zu propagandische Zwecke mißbrauchte. Für Hölderlin war das danach ein
Problem. Später war er zu Autoren gezählt, die man weltweit liest. Er war dann aber
schon tot. Auch nach dem zweiten Weltkrieg war er unbeschwert (neobremenjeno)
akzeptiert.

Hölderlin war in Lauffen in der Nähe von Heilbronn geboren. Als kleines Kind hat er
den Vater verloren, seine Mutter siedelte um und heiratete zum zweiten Mal. Er hatte
ein gutes Verhältnis zu seinem Stiefvater, aber er hat auch früh gestorben.
Er wurde durch die Mutter und Großmutter erzogen, die aus Pfarrhause stammten.
Erzogen wurde er in einem Kloster im Geiste des Pietismus auch noch während
seiner Gymnasialzeit. Pietismus war eine sehr strenge Form des evangelischen
Glaubens. Das war eine starke Bewegung in Schwaben, wo Hölderlin gelebt hat.

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Diese Bewegung hat sich innerhalb des deutschen Protestantismus entwickelt, aber
es war noch strenger als der Protestantismus selbst.
Hölderlin hat in besten Schulen studiert - Tübinger Stift (Jurij Dalmatin hat auch hier
studiert). Dort hat er Theologie und Kunstliteratur studiert (1788-1793). Er hatte
wichtige Menschen zu guten Freunde: Philosophen Hegel und Schelling. Sie waren
sehr gute Freunde und haben unter dem Einfluß der Französischen Revolution
gearbeitet und haben sich der Erziehung einen Freundschaftsbund geschlossen:
Reich Gottes auf Erden.
Sie haben auch Kunstliteratur studiert, die altgriechische und lateinische.
Sie haben sehr viel diskutiert. Hölderlin war ein kritischer Geist. Als er die Tübingen
Stift als Magister von Theologie verließ, war er so weit innerlich entwickelt, daß er
sich von der weltender Teologie völlig entfremdet hat. Das bedeutet, daß es ihm
innerlich, moralisch und äußerlich unmöglich war, das Amt eines Pfarrers eintreten.
Seine Mutter war schwer enttäuscht über seine Entscheidung, daß er kein Pfarrer
wird. Dadurch hat er bewußt die materielle Sicherheit verzichtet. Er hat später
schwer, arm gelebt, aber er war auch in der Not nicht bereit die Stelle des Pfarrers
anzunehmen. Er konnte den Menschen nicht etwas prädigen, was auch nicht seine
Meinung war. Die Mutter geriet in eine seelische Not und deswegen hat ihn Schiller
nach Weimar zu Charlotte von Kalb geführt. Sie hatte einen Sohn, der einen
Privatlehrer brauchte und der soll Hölderlin sein. Das ist er auch geworden, aber es
gab einen Problem. Der Sohn war unerziehbar. Er hat dort eine negative Erfahrung
gemacht als Lehrer, als Erzieher.
Charlotte von Kalb hat ihn in die Dichterkreise eingeführt. So lebte er eine Zeitlang in
Jena. Da hatte er die Vorlesungen von Philosophen Fichte besucht und er war bei
Schiller zu Gast. Weil er kein Geld hatte, wird er wieder Hauslehrer in einem
Bankierhaus. Der Herr des Hauses war Gontard. Hölderlin soll seine zwei Söhne
erziehen. Die Susette war Gontards Frau und war zwei Jahre älter als Hölderlin. Sie
wurde seine einzige große Leidenschaft seines Lebens. Sie war eine Hamburgerin.
Ihr Mann hatte keinen Sinn für geistige Dinge seiner Frau. Hölderlin und Susette
haben sich geliebt, aber es kam zu keiner sexuellen Annäherung. Er widmete ihr eine
ganze Reihe von Gedichten, wo er sie Diotima (so hieß eine Figur beim Platon)
nannte. Sie war sein Ideal der Liebe und er sah in ihr die Verkörperung des ewig
Schönen. Drei Jahre war er dort Erzieher. Ein eifersüchtiges Dienstmädchen hat
etwas von dieser Liebe gemerkt und hat Herrn Gontard alles erzählt. Hölderlin hat
gekündigt und wohnte zwei Jahre von Ersparnissen in einer billigen Wohnung, die
ihm sein Freund Sinclair besorgte.
Noch zwei Mal wurde er Privaterzieher in Schweiz und Frankreich bei einem
hamburgischen Kaufmann. Im Mai 1802 verschwand er aus Bordo (Frankreich) ohne
irgendeinem Menschen was zu sagen. Im Juni taucht er auch so plötzlich wieder auf
bei seiner Mutter. Man merkte es, daß er geistig krank wurde, er wurde wahnsinnig.
Einige Wochen war er bei seiner Mutter. Hölderlin litt an Wahnsinnsanfällen. Die
Mutter konnte ihn nicht mehr behandeln und deshalb war er zwei Jahre lang bei
seinem Freund Sinclair. Er pflegte Hölderlin (1804-1806), aber immer wieder hatte
Hölderlin Todsuchtanfälle und wurde gewalttätig. Die Nachbarn haben sich beschwert
und er ging so in eine Irrenanstalt. Das war damals besonders schlimm. Dort
verbrachte er die nächsten zwei Jahre. Nach zwei Jahren hat ihn Sinclair raus geholt
und hat ihn untergebracht in Tübingen bei einem Schreinemeister (mizar). Dieser
Meister hatte sein Haus an einem wunderschönen Ort am Fluß (gibt es immer noch).

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Da hatte Hölderlin ein Zimmer, das an den Fluß schaute und hier erlebte er fast noch
40 Jahre als ein gebrochener Mensch und Dichter. Er schaute gerne den
Schreinemeister bei der Arbeit zu. Zu Hölderlin kamen auch Besucher (auch einige
Dichter) und gingen mit ihm spazieren. Er starb 1843 in Tübingen.

Hölderlin hatte ein unscheinbares (neugleden, neprivlačen, neopazen), ärmliches Leben. Er


hatte kein Besitz, keine Frau, keine Kinder, kein Liebesglück. Er hat auch keine
Karriere gemacht, er war ohne gesellschaftlichen Rang. Er hat in diesen Leben nichts
erreicht. Aber in diesen wenigen Jahren, die ihm gegeben waren zu Dichten, hat er
Großartiges gedichtet.
Er hat sich an Kant, Russeau, Platon gelehnt. Dann wurde er noch von Fichte,
Schlegel und Hegel geprägt. Seine große Inspiration war zuerst die Französische
Revolution. Er hat gehofft, daß sie übergreifen wurde auf das deutsche Boden (aber
sie hat nicht). Er hat seine Wünsche, Ideen in das dichterische Wort eingekleidet.

Er hat wunderschöne Gedichte geschrieben, hat aber auch einen Roman und ein
Dramafragment hinterlassen.
Seine spätere Gedichte sind Beispiele einer absoluten Dichtung und deswegen
wurden sie einige Zeit als Warnsinnsprodukte abgelehnt. Seine Dichtung gilt für sehr
schlicht (prepost), einfach. Hölderlin geht aus einer Erfahrung aus: der Mensch läßt
sich in seinen ganzen Wesen berühren von den Grundmächten des Daseins (das ist
für Hölderlin die Natur). Das heißt, er hat noch ein direktes Verhältnis zur Natur. Die
Natur ist etwas göttliches, lebendiges, etwas was die Menschen umgibt. Die Natur
hat nach Hölderlin eine Seele und deshalb darf man sie nicht verletzen. Auch Götter
(er spricht in Plural) sind für ihn keine Metapher, sondern erlebte Wirklichkeit.
Ein Dichter hat innerhalb einer solchen Welt eine wichtige Funktion, eine wichtige
Rolle. Er hat die Funktion, wie sie die Dichter im klassischen Altertum in Griechenland
hatten. Der Dichter ist ein Prophet, ein Visionär. Das heißt, der Dichter ist auch der
Priester des Seins (biti) der Natur und er ist auch der Erzieher. Auf ihn soll man
hören.

Miladinovic-Zalaznik: Deutsches Lesebuch, S. 23. Lese: Hälfte des Lebens.


Dieses Gedicht wurde Anfangs des 19. Jh. geschrieben in einem Land, wo es
wochenlang keine Sonne gegeben hat.
Die 2. Strophe ist sehr stark.

21.10.1998
Hölderlin hat sein dichterisches Schaffen in der Lyrik begonnen. Er hat unter dem
Einfluß von Schillerschen Hymnen, die wortreich, stark rethorisch und patetisch sind,
gedichtet.
Später sind Hölderlins Hymnen unter dem Titel HYMNEN AN DIE IDEALE DER
MENSCHHEIT (1788-1793) erschienen. Diese wurden in seiner Tübinger Studienzeit
entdeckt. Obwohl unter dem Einfluß von Schiller, zeigen sie doch eine gewisse
Eigenständigkeit.

Die Tübingerzeit war für Hölderlin auch wichtig wegen seines persönlichen
Werdegangs. Er hat in Tübingen Theologie studiert, was er aber nicht sehr gewollt
hat. Aber dieses Tübingerstift bot ihm einige Freundschaften mit Studienkollegen.

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Hölderlin hat hier eingehend studiert und zwar Antike und neue Philosophie. Er hat
auch die klassische Literatur gelesen und darüber diskutiert.
Sehr wichtig für ihn war die Erfahrung der Französischen Revolution, die Europa
angesteckt hat mit der Idee der eigener Nationalbildung. Das war die Zeit, wo man
die Nationalstaate zu gründen begonnen hat. So haben diese junge Studenten im
Tübingerstift politische Diskussionen geführt über die Französische Revolution und
versuchten deren Ideen auf Deutschland zu übertragen. Hölderlin hat gehofft, daß
man das politische System erschlagen hat (izničiti) und daß die deutsche Demokratie
nach griechischem Athena - Modell entwickelt wird.

Diese politische Stimmung kommt in Hölderlins Gedichten zum Ausdruck, in seiner


Hymne an die Menschheit (siehe Lesebuch).
Hier kommen diese Stimmungen, Hoffnungen und dann der Niederschlag zum
Ausdruck. Aber trotz dessen findet man in Hölderlins Werk keine direkten
Anspielungen (namigovanja) an die politische Ereignisse.

Er hat auch ODEN und ELEGIEN geschrieben.

Hölderlin hat versucht in seiner Lyrik sein Ich zum Ausdruck zu bringen, seine Seele
zu offenbaren, die Widersprüche der Zeit aufzuzeigen und auch sein eigenen Kampf
um die Ursprünglichkeit (prvobitnost) seines Lebens zu zeigen. Den Ursprung (izvor)
sieht er in der Natur. Der Mensch ist die Natur, aber er wird durch die Technik, Politik
von ihr entfremdet. Nach dieser Ursprünglichkeit des Lebens strebt Hölderlin.

Er hat als Lyriker beschlossen ein Prosawerk zu schreiben. Aber der Schritt von Lyrik
zu Prosa ist nicht leicht. Das sind zwei Geners, die von einander sehr different sind.
Hölderlin war in der Tat ein Lyriker, deswegen hat er eine lyrische Form der Prosa
ausgewählt. Diese Formen sind noch persönlicher als normale Romane. Er hat noch
eine adäquate Form gesucht - ein Tagebuch oder einen Brief.

Er wählte dann die Briefform und schreibt einen BRIEFROMAN mit dem Titel:
HYPERION oder Der Eremit in Griechenland (1797-1799).
Dieser Roman hat 2 Bände, 4 Bücher. Zuerst hat er sich überlegt, ob er diesen
Roman als eine Verserzählung schreiben soll oder soll er in Prosa schreiben. Nach der
Zeit entschloß er sich zu Prosa zu greifen.

Wie kann man diesen Roman versuchen zu deuten?


- Der Dichter überlegt sich in diesem Werk die Funktion des Dichters in einer
Gesellschaft. Gerade diese Funktion des Dichters in der Gesellschaft gehört zu
Kernproblematik seiner Dichtung.
- Er hat gesagt, der Dichter ist ein Prophet, ein Visionär, ein Erzieher seines Volks.
Der Dichter übernimmt so eine utopische Funktion. Im realen Fall soll der Dichter
sein Volk auf neuere, bessere, demokratische, schönere Zeit vorbereiten.

Dieser Roman ist eine schrecklich moderne Geschichte. Hyperion war ein jung
Grieche, gebildet, der um die Zeit 1770 lebte. Dieses Jahr (1770) ist eine wichtige
Zeit für die Griechen. In diesem Jahr haben die Griechen den Krieg mit den Türken

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geführt. Die Griechen kämpften gegen die Türken, um sich von ihnen zu befreien,
aber sie verlieren den Krieg.

Hölderlin macht daraus seinen Roman. Er hat die Figur Hyperion geschafft.
Hyperion ist jung und verliebt in Diotima. Er hat Freunde, ist patriotisch und er
nimmt an diesen Krieg aktiv teil. Aber Hyperion ist irgendwie eine dichterische Figur.
Nach seiner und Diotimas Überzeugung hat er eine große Aufgabe. Er sollte das Volk
erst geistig auf den Krieg und auf die Demokratie, die nach dem Sieg herrschen wird
vorbereiten. Die Demokratie anzunehmen ist aber ein Lernprozess, man muß sich
darauf vorbereiten, dran arbeiten, pflegen, sich selbst erziehen. Und das war das
Problem in diesem Roman: Wie sollen sie alle auf neuere Zeiten vorbereitet sein?
Diese Aufgabe erfüllt aber Hyperion nicht. Der Krieg kommt zu schnell und er wird
verloren. Hyperion hat die Funktion des Erziehers nicht wahrgenommen. Er hat mit
seinem Freund Alabama ins Krieg eingetreten. Aber dieser Freund hatte ein
gescheftlichen Interesse an dem Krieg und wollte aus dem Krieg Gewinn machen.
Das hat aber Hyperion zu spät gemerkt und als er das merkte gehen sie auseinander.
Hyperion hat also drei Mal gescheitert: 1. als Erzieher, 2. als Revolutionär, 3. als
Mensch (falsche Freunde...).
Hyperions Vater sagte, daß er nicht mehr sein Sohn wäre. Und als er selbst sieht,
daß alles scheitert sagt er sich von Diotima los, was aber eine unedle Tat war. Er
wurde zum Stadtfeind kundgegeben (javno razglasiti), wurde auch verfolgt. Sein ganzes
Leben war im Gefahr. Dann stirbt Diotima, weil sie ohne Liebe nicht leben kann. Ihr
Ziel ist weg: die Liebe und das freie Griechenland.
So steht jetzt Hyperion ohne irgend etwas da, ohne Vaterliebe, ohne Heimat und
ohne Liebe und dazu kann er nicht in Griechenland bleiben. Er geht in Exil nach
Deutschland. Hier hat er in Ruhe gelebt, obwohl nicht unter seinen Leuten. Von hier
aus, mit der Idee, daß er gescheitert ist, versucht er sich die Rechenschaft geben
über diese seinen Ereignisse.
Aber wie?
- Goethes Werther z.B. ist eine Liebesgeschichte, eine Sozialgeschichte. Werther ist
ein Bürger und hatte seiner Ausbildung geeignete Stelle. Werther schrieb die ganze
Zeit Briefe an seinen Freund und so erfahren die Leser über seinen Ereignissen
unmittelbar.
Bei Hölderlin ist es anders. Hyperion dagegen berichtet in den Briefen über eine
Geschichte, die in der Vergangenheit abgeschlossen zurückliegt. Der Versuch der
Demokratie ist gescheitert. Die Hauptgeschichte ist schon vorbei, er ist im Exil. Die
Realität dieses Exils ist in Deutschland. Hyperion ist aus Griechenland nach
Deutschland gekommen. Er berichtet hier in den Briefen über etwas, was nicht direkt
passierte.

Hier hat Hölderlin naturgemäß auch über die Rolle als Prophet berichtet. Der Dichter
kann im Idealfall ein Prophet sein. Die Macht des Wortes ist sehr groß, aber meistens
im negativen Sinn. Die Dichter haben eine wichtige Funktion, aber sie können Vieles
mehr anrichten als ausrichten.

Hölderlin ist ein Dichter, der zwischen die Zeiten steht: zwischen Klassik und
Romantik. In seinem Hyperion finden wir aber auch Merkmale des Sturm und
Drangs. Der Alabama, der Freund von Hölderlin, ist ein selbstherrlicher Mensch. Er

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denkt von sich selbst, er sei ein Kraftgenie. Hyperion macht eine Entwicklung durch.
Er strebt nach Höherem. Er sah aber ein, daß das nicht funktionieren wird. Hyperion
ist von der Sehnsucht nach der Einheit mit der Natur und mit dem Unendlichen
erfüllt. Das ist etwas ganz Romantisches. Hyperion lebt in Deutschland und hier
kennt er den Nützlichkeitssinn. In Deutschland fehlt aber nach Schönheitsempfinden.
Er merkt, daß die Menschen vereinzelt (posamični) sind, da' sie herumrennen als
Rollen: Bauern, Handwerker, ... Die Menschen bilden keine Einheit. Alle haben die
Ideale der Humanität vergessen. Diese Ideale, diese Maßlose sind nicht zu
verwirklichen, deswegen geht Hyperion den umgekehrten Weg. Und das ist etwas,
daß zwischen Klassik und Romantik liegt.

Hölderlin hat neben seinen Gedichten, neben dem Roman, noch ein Drama
geschrieben: EMPEDOKLES.
Im Grunde genommen ist das eine Tragödie und im Fragment geblieben.
Empedokles war ein Arzt, Politiker, Philosoph, der 490-440 v. C. in der Tat gelebt hat.
Er hat in einem Moment seines Lebens einen Selbstmord begonnen, indem er sich in
Vulkan Etna gestürzt hat.
Auch Empedokles bei Hölderlin bringt sich um. Aber wie soll Hölderlin den
Selbstmord von Empedokles begründen? Er konnte sich den Selbstmord nicht
erklären, er versteht ihn selbst nicht. Empedokles geht in den Freitod nicht nur
deswegen, weil das Volk dumm war und ihn nicht verstanden hat. Das Volk wollte die
Demokratie nicht empfangen. Er geht in den Tod auch deswegen, weil er sich in der
Natur beleidigt und verletzt fühlt. In der Natur sah Hölderlin immer den Gott. In den
Naturgesetzen gibt es Harmonie und als solche hat sich Empedokles als Vorbild
genommen. Der Staat sollte so sein, wie die Natur. Die Natur sieht er in diesem
Drama vergewaltigt und ausgenützt, deswegen bringt er sich um.

HEINRICH VON KLEIST (1777-1811)

Kleist war für sich selbst und auch für seine Freunde ein großes Rätsel. Alles bei ihm
(z.B. Das Bettelweib von Locarno) ist rätselhaft. Es gibt keine Antwort auf warum.
Das ist dasjenige, daß bei ihm im Leben und im Schaffen am festesten steht.
Es gibt viele Briefe von Kleist, die den Lesern einen Blick in die innere Biographie,
Entwicklung von ihm geben. Aber die Antwort gibt es nicht. Er hat sich selbst als
"unbegreiflichste aller Menschen" genannt.

Er war ein praktischer Mensch im Vergleich mit Hölderlin. Er hat sich mit der
Wirklichkeit konkreter abgegeben als Hölderlin. Für Kleist war diese Welt freundlicher
als für Hölderlin.

Kleist war Offizier. Aber im Grunde genommen, war er ein junger Mann, der von
Innen gehetzt (preganjan) wurde. Er ging ruhelos durch das Leben. Am Ende begeht
er Selbstmord.

27.10.1998

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Kleist wurde am 18.10.1777 in Frankfurt an der Oder geboren. Seine Familie stammt
aus Polen und war slawischer Herkunft.

In der deutschen Literatur gibt es zwei Kleist-e: EWALD von Kleist war ein guter
Freund Lessings. Heinrich und Ewald von Kleist haben ein ähnliches Leben gehabt.
Ewald war ein Dichter, war verlobt, hat nie geheiratet und ist an Kriegswunden
gestorben (sehr jung gestorben). HEINRICH von Kleist war auch Dichter, war auch
verlobt und hat nie geheiratet und auch er ist sehr jung gestorben.

Heinrich von Kleist stamme aus einer bedeutenden Offiziersfamilie (bis Ende des
18.Jh. hatte diese Familie 20 Generals) in Deutschland. Auch der junge Kleist soll
Offizier werden. Als 15-jähriger Knabe ging er zu Armee und diente ziemlich lang. Als
20-jähriger war er schon Offizier. Zwei Jahre nach dem (1799) nahm er Abschied von
der Armee.
Er widmete sich den Wissenschaften zu. Er studierte Mathematik und er stoß
unglücklicher Weise auch an die Philosophie. Sein großer Problem war, daß er kein
Mensch von Kompromissen war (er war kompromißlos).
Er hatte auch eine Verlobte-Wilhelmine, die Tochter eines Generals. Sie war sehr
gebildet, konnte Französisch, Latein, Englisch, aber Deutsch war nicht ihre stärke.
Kleist hat Wilhelmine Fragen gestellt. Diese waren Denkübungen genannt. Sie sahen
z.B. so aus: "Was ist wünschenswerter, auf eine kurze Zeit oder nie glücklich
gewesen zu sein?"
Er hat auch Aufsätze geschrieben, die er ihr geschickt hat. Er hat ihr auch eine
deutsche Grammatik geschickt: Hauptregeln der deutscher Sprache, damit sie
Deutsch lernt.

Für Kleist ist etwas typisch, was für alle Genies typisch war. Sie sind Stellvertreter
von allen großen geistigen Krisen. Sie leiden diese meistens im voraus (vnaprej). Das
war die Flug und Gabe des Genies.
Kleist hat die Französische Revolution erlebt, die Unordnung, den Chaos, die Krise.
Das war aber eine Normalität in der Gesellschaft.

Kleist haben drei Erlebnisse zu triefst erschüttert:

1. Das Kant-Erlebnis (Immanuel Kant):


Er hat Kant Philosophie studiert. Nach dem Studium kantischer Philosophie mußte er
feststellen, daß die Wahrheit den Menschen unerreichbar bleibt. Kleist hat die Kritik
der reinen Vernunft, die Kritik der praktischen Vernunft studiert und er hat nach
diesem Studium erkennt, daß wir die Welt nicht an sich erkennen, sondern eben so,
wie sich diese Welt uns zeigt auf Grund der Struktur unseres Geistes.
Das Ergebnis, daß er die Wahrheit nie erreichen kann, schrieb er in einem Brief an
die Wilhelmine: "Wenn alle Menschen statt der Augen grüne Gläser hätten, so
würden sie urteilen müssen; die Gegenstände, welche sie dadurch erblicken, sind
grün - und nie würden sie entscheiden können, ob ihr Auge ihnen die Dinge zeigt,
wie sie sind, oder ob es nicht etwas zu ihnen hinzu tut, was nicht ihnen, sondern
dem Auge gehört." Erkenne ich die Welt so, wie sie ist, oder so, wie sie mir
beigebracht wurde (durch Vorfahren, Schule, ...)? Wir können nicht entscheiden ob
das die objektive Wahrheit ist.

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Die grünen Gläser sind ein Symbol für unseren Verstand. Wir können nicht
entscheiden, ob das, was wir Wahrheit nennen, wahrhaft Wahrheit ist, oder ob es
uns nur so scheint.... Wenn die Augen grüne Gläser sind, dann weiß man nicht, ob
die Milch (z.B.) grün in Wirklichkeit ist oder ist sie grün wegen Gläser.
Den Menschen bleibt die Wahrheit unerreichbar!
Kleist fühlt sich als ein junger Mensch durch diese Erkenntnis vernichtet, verraten
und verlassen. Er ist ein Mensch mit einem großen Drang zu Absolutem.

2. Das Problem des Zufalls:


Das war das zweite Erlebnis, das Kleist und sein Schaffen geprägt hat. Weil Kant von
der Philosophie so enttäuscht war, reiste er in jenes Land, wo Ratio zu Hause ist,
nach Frankreich (Paris). Er reiste mit seiner Halbschwester Ulrike. Sie war eine sehr
wichtige Person für Kleist. Sie war lange Zeit die einzige Person, die zu ihm hielt und
die ihm immer half (finanziell). Sie war, wie die zweite Mutter für Kleist. Aber Ulrike
war vom Leben, vom Schicksal gezeichnet. Sie war eine sehr sensible Frau. Sie war
ein Wesen zwischen Mann und Frau (sie war Mann und Frau gleichzeitig). Sie war ein
Mensch, der die menschliche Zuwendung sehr brauchte und Kleist gab ihr auch das.
Kleist reiste also mit ihr nach Paris. Sie reisten mit einer Kutsche mit Pferden. Aber es
passierte ein Unfall. Die beiden verunglückten sich fast tödlich. Ein Esel produzierte
seine Laute, die Pferde bekamen Angst, galoppierten herum und die Kutsche kippte
um. Kleist sagte zu diesem Unfall nicht Gott sei dank, ich lebe noch, sondern er
schrieb wiederum ein Zitat: "Also an einem Eselgeschrei hing ein Menschenleben..."
Dieser Unfall war für ihn ein Zufall - das menschliche Leben hängt von einem Zufall
ab. Trotz dessen kam er nach Paris.

3. Paris hat Kleist total enttäuscht.


Paris, Frankreich war damals das Land der Aufklärung: Rosseau, Enzyklopädisten,
Racine. Das war das Mutterland der Wissenschaften. Dort begann die Weltrevolution.
Ganz Europa setzte Hoffnungen ins Frankreich. Diese Revolution verlangte Freiheit,
Brüderlichkeit und Gleichheit für alle. Paris gilt für die Stadt der Geistigen, für die
Stadt der Schönheit. Aber es war alles andere als das. Man köpfte den Königspaar,
alle haben nur gemordet untereinander, guillotiniert, ... An die Macht kam dann
Napoleon. Er krönte sich selbst, führte Krieg mit der ganzen Welt weiter und verlor.
Napoleon wollte sich ganz Europa unterwerfen und deshalb haßte ihn Kleist.
Kleist konnte gut Französisch. Er hat die Franzosen bewundert, aber wegen Napoleon
haßte er Frankreich. Er schrieb einen Brief an seine Braut, der voll von
Enttäuschungen war. Er schrieb, daß das geistige Zentrum Europas unmoralisch ist.
Wohin führt dieses Schicksal die französische Nation? Sie ist die reifste Nation für
unterzugehen.

Kleist hatte endgültig satt vom Leben, Kultur und beschloß Landmann (kmet) zu
werden. Er geht in die Schweiz, wo er ein Häuschen mietete. Montesquieu [monteski] -
französischer Schriftsteller und Philosoph - hat Kleist in einem Brief inspiriert, den er
an seine Braut aus der Schweiz geschrieben hat. Aber sie wollte nicht in die Schweiz
kommen und weil Kleist ein kompromißloser Mensch war, löst er die Verlobung auf.
Später hat Wilhelmine einen anderen geheiratet. Sie beschrieb Kleist als einen sehr
melancholischen und frustrierten Menschen.

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Kleist begann so mit 23 Jahren zu dichten.
Aus Paris bringt er seine erste Tragödie mit: DIE FAMILIE SCHROFFENSTEIN.
Er bringt aus Paris auch die erste Fassung der Novelle: DIE VERLOBUNG IN ST.
DOMINGO.
Er bringt auch Teile eines Theaterstücks mit dem Titel: ROBERT GUISKARD.

Als Bern von Frankreich belagert (oblegan) wurde, reiste Kleist (1802) mit L. Wieland
nach Weimar. Der alte Wieland zeigte sehr viel Verständnis für Kleists Arbeit. Aber
Kleist konnte in Weimar nicht bleiben und deshalb reiste er zwei Jahre ruhelos durch
Europa - meisten Weg zu Fuß. Er geht wieder in die Schweiz und schreibt aus Genf
einen Brief an Ulrike. Er schreibt, daß er große Schwierigkeiten zu schreiben hat. "...
Liebevoll. Ich kann nicht mehr." Kleist hat das, was er gearbeitet hat, sehr intensiv
getan. Er war ein sehr ruheloser Mensch. Er befand sich am Rande seiner
Gesundheit, immer wenn er dichtete.
Aus der Schweiz reiste er nach Italien und dann nach Frankreich. Hier verbrennt er
das Stück (Manuskript) ROBERT GUISKARD. Er wollte in diesem Stück Shakespeare
und Sofokles erreichen und übertreffen, aber er glaubte da zu scheitern. Der alte
Wieland war erschüttert wegen dies. Er hat das Stück gelesen und es hat auf ihn
einen großen Eindruck gemacht. Er findet diesen Stück besser als alles, was Goethe
oder Schiller geschrieben haben und er hat gemeint, daß wenn alle großer Dichter
sich in diesen Stück geeinigt hätten, wäre dies von Kleist immer noch das Beste.

Kleist hat aufgehört zu studieren. Er befindet sich in einer großen seelischen Nöte.
Ihm war der seelische Körperbruch sehr nahe. Ein paar Mal wäre er wegen seiner
Gesundheit fast gestorben. Er hat auch Geldprobleme, er verfügt über kein Geld. Er
ist schon so weit, daß er zu Napoleon gehen wollte, um in seiner Armee zu kämpfen,
obwohl er ihn haßte. Er erkrankt, stirbt fast, aber er kam aus der Krise wieder
heraus. Er begann weiter zu schreiben.

In seinen qualvollsten Monaten des Leides schrieb er in einem Bad (toplice) eine
schöne Novelle: DIE MARQUISE VON O... und die Novelle MICHAEL KOHLHAAS.
Er beendete dort auch sein Lustspiel: DER ZERBROCHENE KRUG.
In dieser Zeit macht er eine der schönsten Lustspiele, die es gibt AMPHITRYON.
Er arbeitet in dieser Zeit auch an einer Tragödie PENTHESILEA und er schließt auch
eine erschütternde Novelle ab ERDBEBEN IN CHILI [hili].

Kleist hat große Geldsorgen. Er mußte in seinem Leben verdienen, aber seine
Theaterstücke wurden nicht gezeigt und seine Novellen wurden nicht gedrückt...
Deshalb tut er das, was damals noch in der Luft lag. Er war 31 Jahre alt und er
gründete eine Zeitschrift. Das war schwierig, weil man für so etwas viel Geld
brauchte, aber er hat es geschafft. Er war in Dresden, wo er im Kreis mit dem
Dichter Tieck verkehrte. Tieck hat Werke von Lenz, Hölderlin, Novalis, ...
herausgegeben. Weil Kleist so viele Kontakte zu Dichtern hatte, gründete er in
Dresden die Zeitschrift PHOEBUS (1808-1809).
Damals war eine Zeitschrift nicht so einfach zu gründen. Das erste Problem war das
Geld, das zweite die Mitarbeiter, das dritte die Zensur. Man mußte immer um
Erlaubnis bitten, ob man die Zeitschrift überhaupt herausgeben kann. Es gab fünf

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Stufen von Genehmigungen (dovoljenje, odobritev). Phoebus war kein großer Erfolg.
Kleist trug sich mit den Gedanken (ukvarjati se z mislijo) sich umzubringen.

Von Dresden ging er nach Prag, wo damals Deutsch gesprochen wurde. Hier wollte
er die Zeitschrift GERMANIA gründen, aber er hat keine Erlaubnis bekommen.
1810 gründete er in Berlin eine berühmte Zeitschrift BERLINER ABENDBLÄTTER.
Damals gab es noch keine Zeitschrift, die jeden Tag erschien wurde. Berliner
Abendblätter waren eine Novität. Sie sind jeden Tag erschienen, von Montag bis
Samstag. Sie sind immer am Abend erschienen und zwar wegen der Rubrik
»Schwarze Chronik«.
Kleist hatte einen Freund (Polizist), der am Polizeiministerium arbeitete und der ihm
jeden Tag am Nachmittag Polizeiberichte gegeben hat. Diese Berichte waren sehr
sensationell. Diese Berichte hat Kleist abgedruckt. Das war das erste Boulevardblatt
(bulvarski list/časopis). Kleist hat fast alles für diese Zeitschrift alleine geschrieben. Er
hatte keine sonstige Arbeiter. So mußte er um die Wette schreiben um alles zu
schaffen.
Diese Zeitschrift hatte das Format eines Buches. Das war auch eine Novität. Kleist
hatte ein ausgesprochenes Sinn für direktes Marketing. Er hat Werbung gemacht. Er
hat Plakate an Litfaßsäulen (reklamni steber) geklebt. Litfaß war der Erfinder dieser
Säulen. Er hatte auch eine Zeitung gegründet und mit dieser Zeitung machte Litfaß
Konkurrenz den Berliner Abendblätter.
Kleist hat die erste Nummer der Berliner Abendblätter an den Menschen als Reklame
verschenkt. Das war ein neuer merkantilistischer Griff (uspeh). Er hatte wirklich einen
Sinn für das Verdienen. Als aber sein Freund, der Kleist die Polizeiberichte gab, nicht
mehr tätig war, war die Zeitschrift nicht mehr interessant.
Im Jahr 1811 wurden zwei Theaterstücke von Kleist inszeniert:
1. DAS KÄTHCHEN VON HEILBRONN - Uraufführung: Wien, 1810
2. DER ZERBROCHENE KRUG - Uraufführung: Weimar, 1808 - das wurde
von Goethe inszeniert. Aber Kleist wurde von Goethe gehaßt. Goethe
hat diesen Stück zerhackt und vernichtet.
Kleist hatte keine Aufführung von seinen Stücken gesehen.

Kleist hat sich mit Ulrike zerstritten (spreti se).


Marie von Kleist war eine Tante von Kleist, die er sehr gemocht hat. Sie half Kleist
finanziell weiter. Sie schickte ihm Geld durch List. Er wußte nicht, daß das Geld von
ihr kam. Er hat gedacht, daß das Geld von einer Berlinerprinzessin kam. Aber als
diese Prinzessin starb, hatte Kleist wieder Selbstmordgedanken. Er wollte aber nicht
alleine sterben. An einem Empfang fand er eine Frau - Henriette Vogel, die erfuhr,
daß sie Krebs hat. Weil sie Angst vor Schmerzen hatte, war sie bereit mit Kleist zu
sterben. Eines Tages zogen sie sich zurück in ein Gasthaus bei Berlin. Sie waren gut
gelaunt. Am Abend haben sie noch sehr gut gegessen, dann gingen sie noch ins
Zimmer und haben Briefe geschrieben. Am nächsten Morgen gingen sie an einen
schönen Ort in die Natur. Kleist hat hier zuerst Henriette erschossen und dann noch
sich selbst.
Kleist starb am 21.11.1811 am Wannsee bei Potsdam (heute Berlin). Warum konnte
man nie mit Sicherheit sagen. Seine Stücke wurden nicht gespielt. Iffland, einer der
berühmtesten Regisseure, ein Schauspieler, wollte das Stück DAS KÄTHCHEN VON
HEILBRONN nicht inszenieren, obwohl das ein sehr schönes Stück war.

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PRINZ FRIEDRICH VON HOMBURG
Dieses Stück machte einen großen Skandal beim Hof, weil ein General in die
Ohnmacht fiehl und das darf kein General.

In dieser Zeit hat er sich mit seiner Schwester Ulrike zerstritten. Er hatte auch kein
Geld, seine Berliner Abendblätter verkauften sich nicht mehr... Alles war ein
Mißerfolg. Er verfaßte einen Abschiedsbrief an Ulrike, in dem er sich mit ihr versöhnt
und in dem er eventuell angibt, warum er den Freitod gewählt hat: Ihm war auf
Erden nicht zu helfen. Als Mensch hat er in seinem Leben gescheitert. Er wußte sich
nicht weiter zu helfen.

Deutsches Lesebuch, S. 47:


Sein Abschiedsbrief an Ulrike: » Ich kann nicht sterben, ohne mich, zufrieden und
heiter, wie ich bin, mit der ganzen Welt, und somit auch, vor allen anderen, meine
teuerste Ulrike, mit Dir versöhnt zu haben. Laß sie mich, die strenge Äußerung, die in
dem Briefe an die Kleisten enthalten ist, laß sie mich zurücknehmen; wirklich, Du
hast an mir getan, ich sage nicht, was in Kräften einer Schwester, sondern in Kräften
eines Menschen stand, um mich zu retten: die Wahrheit ist, daß mir auf Erden nicht
zu helfen war. Und nun lebe wohl; möge Dir der Himmel einen Tod schenken, nur
halb an Freude und unaussprechlicher Heiterkeit dem meinigen gleich: das ist der
herzlichste und innigste Wunsch, den ich für Dich aufzubringen weiß.
Dein Heinrich.
- am Morgen meines Todes.

Heinrich Kleist ist ein großartiger Dichter gewesen. Er war 34 Jahre alt, als er starb.
Zehn Jahre seines Lebens hat er mit Dichten verbracht. Er hat ein großartiges Werk
geschaffen und deshalb wurde er zu den größten deutschen Dichter gezählt (G.
Büchner, Goethe, Schiller, H. von Kleist). Er ist auch der größte deutsche Dramatiker.
Sein Pech war es, daß er keine Aufführung von seinen 3 Dramen gesehen hat. Heute
sind seine Stücke aber sehr gespielt.

28. 10. 1998


Kleist war einer der Besten im 19. Jh. In erster Linie war er Dramatiker. In seiner Zeit
wurden seine Theaterstücke nicht gespielt, weil vor allem französische Stücke
gespielt wurden.
Kleist war in der Tat ein Außenseiter. Er hat ganz anders geschrieben als die
Klassiker. Er hat Theaterstücke geschrieben, die auf ungewöhnliche Weise dargestellt
waren. Er war ein Autor zwischen Klassik und Romantik.
Klassisch waren bei ihm einige Themen und der Satzbau (zgradba stavka). Seine Sätze
waren nicht eindeutig.
Romantisch waren die Themen, die Motive, das Dunkle, das Rätselhafte. Er hat die
Stoffe aus anderen Literaturen bearbeitet. Er hat Psychologisiert. Und das alles sind
romantische Merkmale.
Romantiker interessieren sich für die seelischen Abgründe (brezno, prepad). Kleist ist
eventuell mehr außerhalb seiner Zeit ein Romantiker.
Kleist hatte alle seine Stücke im Kopf. Er war ultra modern, ultra ungewöhnlich für
seine Zeit.

19
Sein erstes Stück war eine Tragödie mit dem Titel:
DIE FAMILIE SCHROFFENSTEIN (1803).

Das ist ein Stück, das fast eher unter Merkmalen der Romantik steht. Es behandelt
einen mittelalterlichen Stoff. Kleist hat Romeo und Julia Thema bearbeitet.
Das Stück erzählt eine Geschichte über zwei verfeindeten Familien, über unglückliche
Liebe zwischen Kindern aus diesen Familien, die am Ende den Tod finden.

Das Stück ist gut, gewaltig, es weist auf fast alle zentralen Motive aus dem Schaffen
von Kleist: uneheliches Kind, voreheliches Kind, Wasser, Taufe, Sinnentrug (čutna
prevara), Zufall, Verhör, Argwohn (sum), das blinde Vertrauen, auch die Nacht spielt
eine große Rolle (die Nacht ist der Ort der Geborgenheit der Liebenden), der Kranz
(Symbol der Vollendung des Lebens).
In dieser Tragödie ist der Sinnentrug besonders fatal, tragisch. Die Verliebenden
entschließen sich, daß sie ihre Kleider tauschen. Als sie nach Hause kamen, erkennt
sie der eigene Vater nicht. Eer denkt, daß das Kind von verfeindeten Familie sei und
tötet es.
Die Väter töten eigene Kinder.

ROBERT GUISKARD
Das ist eine Tragödie, die Kleist in Paris geschrieben hat. Wieland hat dieses Stück
gelesen. Für ihn war dieses Werk etwas Phantastisches, es war das beste Stück, was
er je gelesen hat. Aber Kleist hat es verbrannt. Kleist hat dann aus seinem
Gedächtnis den ersten Akt rekonstruiert.
In Robert Guiskard wollte Kleist drei Gegensätze bearbeiten:
1. Gegensatz zwischen Intuition des Gefühls und Erkenntnis des
Verstandes.
2. Gegensatz zwischen Willkür und Gesetz.
3. Gegensatz zwischen Schein (Welt), die wir mit Hilfe von Sinnen
wahrnehmen und Wirklichkeit; also zwischen Schein und Sein.
® immer wieder die gleichen großen Themen.
Er schrieb auch eine tolle Komödie:
DER ZERBROCHENE KRUG.

Entstanden ist sie zwischen Jahren 1803-1806. Uraufführung war im Weimar, am


2.3.1808 inszeniert von Goethe, der die Regie geführt hat. Gedruckt wurde sie 1811.

Die Entstehungsgeschichte ist sehr ungewöhnlich. Kleist war in der Schweiz


zusammen mit Freunden L. Wieland und Heinrich Zschokke [čoke]. In der
französischen Schweiz und in Frankreich war ein Kupferstich sehr berühmt mit dem
Titel: Le juge ou la cruche cassee (Der Richter oder der zerbrochene Krug).
Dieser Kupferstich hatte eine erstaunte Entstehungsgeschichte:
Einen Maler besuchte ein Dichter. Der Dichter sah das Dienstmädchen von dem
Maler durch das Fenster, wie sie um Wasser zu holen ging. Dieses junge Mädchen
war sehr schön. Sie stellte den Krug unter das Wasser und ging weg. Inzwischen traf
sie sich mit ihrem Liebsten. Sie küßten sich.

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Dann sagt der Dichter dem Maler, daß er selbst diese Szene in einem Gedicht
beschreiben kann, daß aber er (der Maler) diese Szene nicht malen kann, weil er
nicht zwei Menschen, die sich küßten, zeichnen dürfte. Aber der Maler sagt, daß er
diese Szene indirekt malen kann und das tat er.
Er malte einen zerbrochenen Krug. So kann man sich denken, was passiert ist. Er hat
also diese Szene gemalt und das Bild wurde sehr berühmt, populär. Ein
niederländischer Maler hat dann diese Szene mit dem Titel Le juge ou la cruche
cassee gemalt. Er hat ein Mädchen mit gebrochenem Krug gemalt und dazu noch
ihre Mutter, die sehr geschimpft hat. Und die beiden gingen dann zum Richter.

Kleist, Wieland und Zschokke haben dieses Bild gesehen und haben gewettet, wer
jetzt die beste Geschichte dazu schreiben wird. Einer schrieb eine Novelle, einer ein
Drama und einer ein Gedicht. Die beste Geschichte hat Kleist geschrieben.

Die Protagonisten haben biblische Namen: Adam und Eva (der Sündenfall - izvirni
greh).
In einem Dorf im Niederlande war Adam der Richter. Dort lebte auch ein schönes,
junges Mädchen mit dem Namen Eva. Sie ist mit Ruprecht verlobt. Sie sind glücklich,
aber dann kam zu einem Krieg und ihr Verlobter Ruprecht muß in die Armee. Wenn
man in den Krieg geht, kommt man erst nach 7 Jahren zurück oder auch nie. Eva ist
total verzweifelt und sie sieht die Möglichkeit einer Hilfe in der Person des Richters
Adam.
Er soll eine Bitte schreiben für Ruprecht, daß er nicht in den Krieg gehen soll. Adam
hat gesagt, daß sie das geheim halten sollen und deshalb kommt er in der Nacht zu
ihr um dieses Schreiben zu verfassen. Aber als Gegenleistung verlangt er etwas so
schändliches, was kein Mädchen annehmen kann. Für diesen Abend hat sich Eva
herausgelogen (z lažmi pomagati si iz težav), daß sie müde sei und das sie schlafen gehe.
Aber Ruprecht kam es merkwürdig vor, daß sie nicht mit ihm spazieren gegangen
sei. Er entschließ sich, sie besuchen zu gehen. Als er zu Eva herrein kam, sieht er
einen Menschen, der versucht durch das Fenster zu springen. Ruprecht geht auf ihn
los, schmeißt ihm Sand in die Augen und ein paar Mal schlug er ihn auf die Birne.
Adam kippte den Krug um, aber er konnte fliehen ohne das ihn Ruprecht
identifizieren konnte.
Ruprecht und Eva zerstritten sich und er löst die Verlobung auf. Später sieht die
Mutter den zerbrochenen Krug. Der war ein sehr wichtiger Krug für sie. Er war das
Symbol für die Unschuld ihrer Tochter. Es geht hier auch um die Ehre ihrer Tochter,
deshalb geht sie auch vors Gericht. Am nächsten Morgen gehen sie alle vors Gericht.
Aber das Unglück kommt selten alleine. Adam sieht fürchterlich aus. Er müßte eine
Perücke haben, aber er hatte keine: eine war beim Friseur und die andere verlor er,
als er durch das Fenster sprang. Und deshalb sollte Adams Dienstmädchen eine
besorgen.
Dann kommt noch ein Gerichtsinspektor, weil die Gerichte eine Anarchie haben. Die
Richter sollten auch die Gelder veruntreuen (poneverjati). Dieser Inspektor kommt, als
gerade die Verhandlung begann. Adam weiß nicht mehr, was er jetzt machen soll.
Adam muß jetzt die Verhandlung so führen, daß der Täter gefunden wird, der soll
aber nicht er sein. Am Ende stellt sich heraus, daß der Täter Adam selbst war. Adam
flieht weg. Er hingt und deshalb sieht er so aus als wäre er leibhaftiger (živi, sam)

21
Teufel. Aber der Gerichtsinspektor entschließt, wenn er keine Gelder veruntreut
habe, dann wird ihm nichts passieren. So war das auch nicht rechtlich.
Am Ende sind alle zufrieden. Ruprecht bekommt Eva zurück. Evas Unschuld ist
bewiesen. Nur ihre Mutter ist unzufrieden. Der Krug ist noch immer zerbrochen. Ihre
Tochter soll offiziell für unschuldig gesprochen werden, deshalb geht sie noch einmal
vors Gericht.

Das ist eins der schönsten Theaterstücke in der deutschen Sprache. Ist ein
Meisterwerk. Eine große Rolle in dieser Situationskomödie spielt die Sprache. Die
Sprache ist wichtig als gesprochenes Wort. Durch die Sprache hindurch
charakterisieren sich die Figuren und sie ist jeder Situation angemessen. Die Dialoge,
die sehr humorvoll und komisch sind, zeigen, wie die Figuren sind, wie sie denken,
was sie über Wahrheit halten..

Lustspiel: AMPHITRYON (1807)

Das ist ein wunderschönes Werk und ist eigentlich das wichtigste Werk zum
Verständnis von Kleist. Es ist sehr komisch. Hier hat Kleist einen alten Stoff von
Platon und Moliere bearbeitet. Das ist ein romantisches Merkmal.
Die Grundsituation: es geht um die Frage: Was ist die Wahrheit? Der Gegensatz
zwischen Schein und Sein.

Amphitryon ist ein Tebaner, er ist ein Krieger. Er ist verheiratet mit schöner Alkmene.
Sie lieben sich und alles ist wunderschön. In die Alkmene verliebt sich auch der
Jupiter, der höchste Gott. Er will mit ihr ins Bett, aber sie will nicht.
Doch die Götter erreichen, was sie wollen. Jupiter greift zur List. Er nimmt die Gestalt
des Ehemanns an. Weil der Amphitryon im Krieg ist, macht Jupiter so, als wäre er
der Ehemann, der bereits aus dem Krieg kam. Er verbringt eine heiße Nacht mit
Alkmene. Die Nacht ist vorüber und der Ehemann geht wieder in den Krieg.
Später kommt aber der richtige Ehemann zurück und es stellt sich heraus, daß nicht
er, sondern der Jupiter die letzte Nacht bei ihr war. Und Allkemene ist jetzt noch
schwanger.
Der Jupiter sagt dem Amphitryon, daß er glücklich sein kann, daß er einen Halbgott
zu Sohn hat.

3.11.1998
Verwirrung der Gefühlen, die Vernunft hat Kleist immer wieder gestaltet. Man sagte,
daß diese Geschichte ein Gemisch zwischen irrenvoll und weniger irrenvoll ist. Kleist
hat diese Geschichte dann auf eine höhere Ebene gestaltet. Die Geschichte des
Dreiecks hat er auf der Ebene der gewöhnlichen Menschen wiederholt.

Jupiter kommt auf die Erde in Begleitung eines anderen Gottes Merkur, der sich in
eine sterbliche Dame verliebte. Diese Dame war die Ehefrau des Dieners Amphitryon.
Sie ist aber nicht mild und freundlich, sie ist eine energische Dame, die auch mit
Menschen energisch umgeht. Der Merkur rennt ihr weg, weil sie zu anspruchsvoll ist.
Dieses Spiel hat man damals sehr geschätzt. (Es lohnt sich dieses Stück zu lesen).

22
Im 1807 vollendete Kleist 2 Stücke:
Das Kätchen von Heilbronn oder die Feuerprobe; der Untertitel: Ein großes
historisches Ritterschauspiel
und das andere Stück Penthesilea.

Das romantischste Werk von Kleist ist DAS KÄTCHEN VON HEILBRONN.
Der Stoff ist ein mittelalterlicher, Ritter, Gott, Freulein, biedere (pošten), gehorsame
Stadtbürger mit schönen Tochter, das Gericht der heiligen Feme (zarotniški, tajni - tajno
sodišče).
Romantisch ist der Ausgang des Stücks der eher glücklich ist.
Uraufgefuhrt wurde es im Theater an der Wien 1810. 1811 wurde es gezeigt in
Bamberg. Das Szenenbild/Bühnenbild hat für diese Inszinierung ein wichtiger,
deutscher Romantiker entworfen: E.T.A. Hoffmann. Im 1844 wurde das Stück in
Ljubljana zum ersten mal gezeigt.
Das Stück beginnt mit einem Satz von M.Luther: "I had a dream."

Ein Femegericht (von kaiserlichen Räten und Rittern gebildet) muß den Grafen
Friedrich Wetter vom Strahl von der Anklage des Heilbronner Waffenschmieds (orožar)
freisprechen. Die 15-jährige Tochter Kätchen hat aber den Graf mit teuflischer
Zauberkunst an sich gefesselt. Das Kätchen hat einen Traum gehabt von ihrem
künftigen Ehemann - einem Graf. Den kennt sie aber noch nicht. Einmal begegnen
sie sich und Kätchen erkennt im Graf ihren künftigen Ehegatten. Der Graf merkt sie
aber gar nicht. Als sie ihn einmal auf der Straße gesehen hat, springt sie aus dem
Fenster an die Straße um den mann zu verfolgen. Der Graf hatte nicht verhindern
können, daß ihm das Mädchen aus unergründlichem Drang auf Schritt und tritt in
blinder Ergebenheit gefolgt war. Der Graf war aber schon verlobt mit einer bösen
Frau seines Standes (eine Edelfrau), einer alten Hexe. Kätchen ist schön, mild, ohne
bösen Gedanken, sie will nur dem Grafen dienen, sie ist verliebt in ihn und sie
verfolgt ihn einfach. Der Graf kann aber Kätchen erst dann akzeptieren, als er erfuhr,
daß sie eine königliche Tochter ist uns so den Grafen würdig ist.
Es gibt also ein glückliches Ende. (ein Text im Lesebuch)

Das zweite Stück PENTHESILEA ist ein Frauenstück, aber ganz anders geartet als Das
Kätchen von Heilbronn.
- Die erste Idee für dieses Stück hat Kleist durch seine Schwester Ulrike bekommen:
"Es gibt kein Wesen auf dieser Welt, den ich so ehre als meine Schwester,..." In
diesem Zitat zeigt sich ein Widerstreit zwischen Willen und Kraft.
- Die zweite Idee ist eine Historische. - In grauer Vorzeit fielen Äthiopierstämme in
das Skytherland ein, töteten alle Männer und bemächtigten (polastiti si) sich ihrer
Frauen. Diese Frauen ermordeten dann aus Rache in einer Nacht die
Eindringlinge und gründeten einen Frauenstaat. Diese Frauen durften sich einmal
im Jahr zur Zweck der Vortpflanzung mit Männern treffen. Wenn aus diesem
Treffen ein Knabe geboren wurde, wurde er dem Vater zurückgeschickt, wenn es
aber kein Knabe war, dann töteten sie es oder diesem Kind wurden die beiden
Busen weggeschnitten - die Busenlosen.
Nach der griechischen Sage wurde die Penthesilea von Achilles getötet. Die Dichter
haben diese Sage für ihren Gebrauch umformiert. Und zwar die Geschichte von dem
Zusamenstoß des Achill und Penthesilea.

23
Penthesilea hatte einen Traum und sie ging zu einem Propheten - das war Orakel.
Dieser Orakel hat ihr den Mann, den sie in ihrem Traum liebt in Voraus gezeigt. Das
war Achilles. Die Penthesilea durfte sich aber nicht verlieben. Sie durfte keinen Mann
öfter als ein Mal im Jahr treffen. Kätchen verbot keiner ihr Glück zu verfolgen.
Pentesilea darf das aber nicht wahrnehmen, weil Orakel diese Macht die Wahrheit zu
sagen hatte. Man versucht aber gegen diese Macht zu kämpfen. Penthesilea wurde
durch die Orakel Prophezierung verwirrt. Sie wurde in ihrem innersten Gefühl zum
Wahnsinn verwirrt.

Während des Kriegs um Troja greifen nun die Amazonen unter der Führung ihrer
Königin Pentehesilea in das Kampfgeschehen ein, ohne sich zu einer der beiden
Parteien zu bekennen. Obwohl es nach dem Gesetz der Amazonen verboten ist, daß
sich Jungfrauen bestimmte Männer auswählen, sucht Penthesilea in Schlachtgewühl
(bojni metež) immer wieder den Griechen Achilles. Auch er verliebt sich in sie. Achilles
weiß, was für Penthesilea das bedeutet. Er bedenkt sich eine List, wie er zu
Penthesilea kommen könnte. Er wußte, das sie nur den lieben darf, den sie mit dem
Schwert überwunden (premagati) hat. Er will sich ihr nur zum Scheine stellen und
freiwillig unterliegen, er läßt sich also von ihr besiegen, daß sie ihn als Gefangenen
nehmen könnte und so könnten sie diese Liebe realisieren. Penthesilea mißversteht
diese List. Sie meint, daß der tapfere Kämpfer sich lustig aus ihr macht und wurde
von einer Wut umfasst und bringt ihn um. Penthesilea stirbt ihm nach.

Das Stück ist in 24 Szenen geschrieben ziemlich brutal in einem gewissen Tempo.
Die Dinge nahmen pausenlos den Gang, rasend. Die Schlacht von Troja löst Kleist in
einer sogenannten "verdeckten Handlung", die durch Teichoskopie und
Berichtsformen reportiert wird.
Wie gesagt, es gibt 2 bühnerischen Mitteln:
1. DAS BOTEBERICHT (ein Bote berichtet über die Schlacht)
2. DIE TEICHOSKOPIE (griechisch: Schau-Großschau von der Mauer - schauen = sehen)
Durch die bühnen-technischen Kunstgriffen erweitert man die Geschichte, die nicht
genau gezeigt werden kann. Der Bote steht höher auf der Bühne und berichtet von
dort, er sagt, was er sieht. Er ist eine direkte Spiegelung des Beobacheten.

Im Jahr 1809 hat Kleist ein Stück geschrieben DIE HERMANNSSCHLACHT.


Eine Geschichte wird bearbeitet aus der römischen Zeit. Es geht um die legendäre
Schlacht in Teutoburger Wald, wo ein germanischer Feldherr 3 römische Legionen
vernichtet.
Es geht nicht um ein lustiges Stück, sondern um ein Tendenzstück um die Deutsche
zu mobilisieren zu einem Kampf gegen Frankreich (Napoleon). Auf der anderen Seite
ist das ein Schlüsselwerk. Es gibt verschiedene Figuren, die verschieden dargestellt
sind, weil man wegen der Zensur nicht direkte Tendenzstücken schreiben konnte.
Kleist wollte aber eine offene Meinung zu mobilisieren, deswegen ist das kein gutes
Theaterstück.

Ein Jahr vor seinem Tod (1821) hat er ein schönes Schauspiel geschrieben: PRINZ
FRIEDRICH VON HOMBURG. Bad-Homburg bei Frankfurt

24
Es geht um eine listige Begebenheit aus der preusischen Geschichte, wo die
Deutsche gegen Schweden gekämpft haben.
Prinz Freidrich von Homburg hat eine Schlacht gegen 5 Welten gewonnen. Schlimm
war es, weil er das gewonnen hat, obwohl der König es verboten hat. Der König
wollte den Sieg aus strategischem Grund nicht. Der Prinz war ein hoher Offizier, aber
andersseits ein Mensch, der verliebt war und dazu noch somnambul (mesečen). Als
man diesen Plan von der Schlacht besprochen hat, schlief er ein und hatte den
Befehl vom König nicht wahrgenommen.
Und weil er die Schlacht gewonnen hat, wurde er vor Gericht gezogen und er soll
sterben. Er wehrt sich dagegen, aber er sieht ein, daß man dem Befehl gehorchen
muß. Als er das einsieht und sich mit dem Schicksal abfindet, die Befehle und die
Hierarchie anerkennt, wurde er vom König begnadigt (pomiloščen). Er heiratete, ..

Dieses Werk hat eine große Empörung hervorgerufen wegen:


- Das modische Somnombolismus wurde an einem Prinzen behandelt. Ein Prinz ist
mondsüchtig!!! Ein Prinz, General fällt in Ohnmacht und wird dadurch von einer sehr
menschlichen Seite gezeigt. Deswegen verbot der Hof dieses Stück. Dieses Tiefschlaf
ist ein Symbol - der Mensch kann Nichts wissen und bleibt über sich den anderen ein
Rätsel.

Kleist war eine große Macht in Gestalten, er beschäftigt sich mit keiner Psychologie
und erklärt auch nicht, warum Menschen so sind, wie er sie zeigt. Kleist zeigt die
Menschen immer in einer Tätigkeit, nichts wird erzählt, nur gezeigt und das war
etwas sehr Großes!!!

Kleist ist noch heute sehr modern. Er hatte in seiner Zeit eine sehr gescheitene
(pameten) Wirkung als Dramatiker an die Zeitgenossen.
Er hat 8 Theaterstücke geschrieben und nur 2 wurden in seiner Lebenszeit
vorgeführt. Der Zebrochene Krug wurde von Goethe in Weimar insziniert. Goethe war
aber sehr merkwurdig. Er hat eine große Begabung entdeckt, hat ihn aber nicht so
unterstützt, wie er die anderen Dichter hat. Der zerbrochene Krug hat er absolut
mißdeutet. Kleist schrieb ein Stück in einem Akt, der ganz präzis gebaut wurde.
Goethe hat es in 3 Stücke zerbröckelt und hat dem Kleist damit schreklich geschadet.
Das Kätchen von Heilbronn wurde zweimal gezeigt. Dieses Stßck hat Kleist nicht
gesehen. Formal und sprachlich betrachtet hat Kleist zu viel verlangt und wurde
deswegen nicht angenommen.

Kleist war in erster Linie Dramatiker, weil seine Stücke nicht gezeigt wurden, hatte er
nichts verdient. Er hat auch Novellen, Erzählungen geschrieben. Diese Erzählingen
zählen deswegen zum Höhepunkt der deutschen Prosa. Das waren die schönste
Erzählungen, die je in Deutschland geschrieben sind.

Und warum schreibt Kleist Novellen und nicht kleine Romane?

1. Das größte Problem in seinem Leben und Schaffen war die Wahrheit, die den
Menschen unerreichbar ist. Er bleibt sich selbst und den anderen ein Rätsel. Er hat

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nicht einmal sich selbst verstanden, er war aber ein absoluter Mensch und suchte das
Absolute - es gibt nur eine Wahrheit, an die er aber nicht heran kann.
Damals schreiben Romane die "allwissende Erzähler". Das erste Versuch hat Jean
Paul gemacht, der Fragmente geschrieben hat. J. Paul hat gesagt, daß seien
kaotische, dicke Romane, wir überschauen (imeti pregled nad) die Welt nicht. Aber er
meinte, er wurde die Wahrheit noch erreichen, wobei Kleist diese Hoffnung nicht
mehr hatte. Kleist kennt sich selbst nicht, wie soll er dann andere Figuren kennen.
2. Eine Novelle ist ein Ausschnitt von dem Leben, es wird nicht das ganze Leben
geschildert.
Es gibt viele Definitionen der Novelle. Das Wort kommt aus Italien: Nowela -
Neuigkeit. Eine Novelle bedeutet immer etwas Neues, eine Neiugkeit. Als J. Paul
Romane geschrieben hat und noch vor seiner Zeit (Wieland, Klopstock, Goethe,...)
galt, daß Roman eine lange Erzählung ist und die Novelle ist eine kurze Erzählung.

Goethe hat formuliert, was ein Roman und eine Novelle ist. Er hat eine Werk mit dem
Titel Novelle geschrieben. Hier geht es um Zähmung (ukrotitev) der Natur, um die
Kultivierung der Natur. Es war zuerst als Epos geschrieben und erst dann als eine
Novelle. Kleine Geschichte, die er in einem Ton erzählt, als wäre es Roman. Wie
schon gesagt, geht es in einer Novelle um Zähmung der Natur auf verschiedenen
Ebenen. Ein Ehepaar zähmt die Natur in eine Landschaft, die Lebensmittel bringt.
Man kann aber auch das eigene Innere zu Kultivierung bringen. Das wurde an dem
Leben eines Ritters gezeigt. Ein Diener des Herrn rettete eine junge Frau aus einer
Situation, die von Löwen (Zirkusmenschen) gefangen wurde. Er verliebt sich in sie
und zeigt ihr die Liebe so, daß er vor ihr auf die Knie fällt. Sie interessiert sich auch
für ihn. Aber der Mann muß zur Schulung weg. Das zeigt, daß die beiden sich
kultiviert haben, sie haben ihre Natur besiegt. Trotz der Liebe geht der Mann weg
von seiner Geliebten.
Auf der 3. Ebene wird noch einmal gezeigt, wie die Tiger die Macht der Musik
kultiviert haben.
Man zeigt die Kultivierung der Natur in Menschen und in Tieren und in der Macht des
Feuers. Wenn man nämlich nicht bewacht (nicht kultiviert), wird diese Natur eine Kraft,
was ein großen Schaden bedeutet würde. Sonst kann man aber mit Feuer sich ein
schönes Leben machen: Wärme, Licht,...
Wie soll jetzt Goethe diese Geschichte benennen? - Da kam er mit seinem Sekräter
zu einem Ergebnis, daß das eine Novelle ist. In diesem Geschpräch mit seinem
Sekretär Eckermann, der ein intelligenter Mensch war (er machte sich heimlich
Notizen von Goethe), hat Goethe ein Versuch einer Definition der Novelle gegeben.
Diese Definition von Goethe ist die beste, weil sie die toleranteste ist und umfasst
den Kern.

Novelle sei: "Eine sich ereignete und unerhörte Begebenheit". (Zitat von
Goethe).
Begebenheit - Ereignis
unerhört - kaum zu fassen, daß es etwas solches gibt; etwas Neues, daß man noch nie gehört hat (es
muß eine extra Geschichte sein)
eine sich ereignete - es ist geschehen

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Die Novelle ist eine Begebenheit, die sich schon ereignet hat und keine Verbindung
mehr zu dieser Welt hat, außer, das sie geschehen ist. Die Novelle muß neu sein,
unfassbar sein, passiert gewesen sein und das it etwas, was in den Kontext von
Kleist passt. Diese Begebenheit ist eine, von der man behaupten kann, daß sie wäre.
Wie Das Bettelweib von Locarno. Als Leser: Es geht darum, daß der Spuk stimmig
(skladno) gezeigt wird und das ist die innere Wahrheit des Werkes.
Goethe meinte, wenn es nicht so war, ist es möglich, daß es so wäre, wenn die
Geschichte so erzählt wird.. Kleist selbst sagt aber, daß die Wahrhaftigkeit nicht
immer auf der Seite der Wahrheit liegt. Kleist hat die Novelle auch geschrieben, weil
sie überraschend sind, sind genau durchkomponiert durch das Leitmotiv. Es gibt
einen Moment auf welchen sich das Geschriebene umkippt und in Das Bettelweib von
Locarno zeigt sich das erst in der Nacht, wo der Herr in dem Zimmer überlebte. Es
sind die Fühlen (čutenje, občutenje) der verschiedenen Elementen bearbeitet.
3. Das dritte Grund warum Kleist Novelle geschrieben hat - Die Novelle ist als
Gattung wesensverwandt (po naravi soroden) mit dem Dichter und die beiden sind mit
der Ballade verwandt. Alles das hat den dramatischen Bau. Novelle ist eine
Erzählform mit einer dramatischen Struktur. Und so schreibt auch Kleist seine
Novellen. Er zeigt sie so, wie das die Leute es meinen, als sie es gesehen hätten. Es
ist eine szenische Darstellung, als wäre es mit der Filmtechnik geschrieben. Es wird
immer alles in Szenen gezeigt. Es gibt aber einen Unterschied zwischen Novelle und
Drama. In der Novelle sprechen nicht die Personen selbst, sondern es spricht der
Erzähler über sie.
Bei Kleist, der selbst ein Rätsel war, war das sehr merkwürdig. Dieses widerspricht
dem Rätsel, deswegen verwendet hier Kleist eine Technik, wo er alles szenisch zeigt
und die Dialoge werden berichtet. Man berichtet über Geschehen. Die Novelle wurde
von ihm und auch von dem Publikum sehr lange unterschätzt (podcenjena).

Kleists Novellen:
- MICHAEL KOLHAAS (Sau)
- DIE VERLOBUNG IN ST. DOMINGO
- DIE MARQUISE VON O...
- DAS ERDBEBEN IN CHILI
- DER FINDLING (jemand, der gefunden wurde)
- DER ZWEIKAMPF
- DIE HEILIGE CÄCILIE
- DAS BETTELWEIB VON LOCARNO

Das sin die reinsten Novelle in der deutschen Sprache von der Gattung her gesehen.
Sie behandeln durchschnittliche Menschen, die ein ungewöhnliches Schicksal
erlebten und deswegen für uns interessant sind. Es gibt einen Vorfall (pripetljaj,
dogodek) in diesen Figuren, die sie aus der gewöhnten Lebensart gerissen werden.
Beispiel für das ist die Die Marquise von O...

4.11.1998
Folgen in der Die Marquise von O...:

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Der Bericht von einer Novelle ist ein ungewöhnlicher Vorfall, der die Marquise aus
ihrer gewöhnlichen Lebensart harausrisst. In diesem Zusammenprall (trk, trčenje) der
Welt, die sie nicht verstehen, werden sie sie rätselhaft zunehmen müssen.
Das Ende in der Die Marquise von O... ist ein glückliches, manchmal gibt es in einer
Novelle aber auch ein unglückliches. Das Ende ist immer ein gerechtes Ende, es ist
glücklich für einen und unglücklich für die anderen.

Die Stoffe in den Novellen:


Die Marquise von O... ist eine kriegerische Geschichte, die ein Privatleben einer
Dame behandelt.
Michael Kolhaas ist eine Geschichte aus der Reformation und ist teilweise eine private
Geschichte, sonst ist es eine offene, politische Geschichte.
Die Verlobung in St.Domingo behandelt ein Rassenproblem, aber ist eine private
Geschichte.
Das Erdbeben in Chili ist eine private Geschichte, es geht um die Einmischung der
Kirche in das Leben der Menschen.

Die Schauplätze: Italia, Süd-Amerika, Deutschland.


Die Zeit in der diese Geschichte spielen ist unterschiedlich. Sie spielen meistens in
der Vergangenhaeit oder nicht weit von der Gegenwart entführt.
Manchmal erinnern diese Geschichten an Kitsch.

Was zeigt hier Kleist? - Er darstellt die Menschheit. Die Existenz als solche und
dadurch ist die menschliche Erzählung weder an Zeit noch Ort gebunden.
Was der Leser zuerst in Kenntnis nimmt sind die sinnlosen Begebenheiten (Das
Bettelweib von Locarno), eine sinnlose Welt, nichtsagende Begebenheit. Man fragt
sich, was ist das, daß so ein erschreckendes Gedächtnis hat, daß es so etwas gibt für
menschliche Taten. Eine edle Tat war in der Novelle Das Bettelweib von Locarno das
Bettelweib in das Haus zu nehmen. Und was für eine Tat war es, als der Marchese
dem Bettelweib befiehl hinter den Ofen zu gehen?

Das Erdbeben in Chili: 2 junge Menschen dürfen sich nicht lieben. Das Mädchen
wurde ins Kloster geschickt. Das Kind wurde ihr genommen. Es gab entsetzlich viele
Toten, die aber ihre Rettung bedeuteten. Die beiden Verliebten bleiben am Leben
und es wurde ihnen erzählt, warum es zum Erdebeben gekommen sei. Wegen ihrer
Sünde, die sie bekehren hat. Es gab eine Familie, die bereit war ihnen zu helfen. So
kam es zu einem Austausch der Kinder und das falsche Kind wurde getötet. Die
Familie war bereit für das Kind als ein Kind des Staats anzunehmen und es groß zu
ziehen. Es wird ein Funken der Humanität in diesem Werk gesehen.

Michael Kohlhaas ist die meist besprochene Novelle von Kleist.


Das Thema: das Recht an die juridische Sprache.
Hier erzählt Kleist in den ersten Sätzen den Inhalt der Geschichte und verlegt die
Spannung des Lesers an WAS und WIE und wie Kleist die Geschichte komponiert und
geschrieben hat.
Das ist eine Chronik.
In dem ersten Absatz wird der Inhalt erzählt: Es geht um einen Roßhandler. Seine
Roße wurden ihm unrechtmäßig weggenommen von jungen Adeln und wurden

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mißhandelt. Er will jetzt Schadenersatz bekommen. Er geht vors Gericht und sagt,
daß die zwei jungen Preußer gegen ihn, Sachsen und der ganzen Österreich sind.
Auch seine Frau versucht zu vemitteln, aber sie wurde umgebracht. Dann sammelt er
seine Freunde und Knechte und auch Kriegsgewinnlere, wie Räuber, usw... Er tötet,
legt Feuer. Das geschah in der Zeit von Luther - Bauernkriege und auch Luther half
dabei. Kohlhass kommt wieder vors Gericht. Da gab ihm ein Zigeuner einen Zettel,
wo die Zukunft seines Hauses drauf geschrieben war. M. Kohlhaas wußte, daß dieser
Zettel ihn retten würde. Er wußte aber auch. daß das Adel ihm unrecht getan hat und
daß auch er nicht ohne Sünden in dieser Sache ist, deswegen verlangte er das Recht
für alle.
Er wird zu Tode beurteilt, bekommt aber auch den Schadenersatz für seine Roße. Er
ist jetzt mit der Welt versöhnt und verabschiedet sich von seiner Familie. Dann liest
er den Zettel von dem Zigeuner, verschluck ihn und starb. Seine Söhne wurden
später als Ritter ausgebildet.

Kleist hat sein eigenes Bestreben darangegegeben, das war die Gerechtigkeit für alle.
Michael Kohlhaas war in der Lage für sich das eigene Leben zu verhandeln (pogajati
se) - Zettel - aber er wußte, daß er auch getötet hat, die Menschen unglücklich
gemacht und wurde bereit dafür zu büsen. Das ist die Gerechtigkeit für alle Taten
und auf alle Weise.

DAS BETTELWEIB VON LOCARNO


Diese Novelle hat an einen großen Meister der Romantik einen großen Eindruck
gemacht. Man hat Kleist Gespenstermann gesagt. Zu Das Bettelweib von Locarno hat
er gesagt, daß das das Entsetzlichste sei, was er gelesen hat.

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ROMANTIK
Bei der Romantik gibt es das Problem der Eingrenzung der Zeit. Schon vor der
Romantik gab es Merkmale der Romantik und auch danach. Viele litararische
Bewegungen sind eigentlich zur gleichen Zeit gelaufen.
Sie wird chronologisch eingeteilt in die ältere oder Frühromantik 1795 - 1820 und die
jüngere, Hoch- oder Spätromantik 1798 - 1835.

Schiller und Goethe zählt man auch zu Romantik. Jean Paul, Hölderlin und Kleist
haben zu gleicher Zeit geschaffen. Es gab auch die Vormärzdichter. An der
Revolution 1848 in der Österreich nahmen politisch-angagierte Dichter teil. Zu dieser
Zeit war Heinrich Heine bekannt. Es gab auch noch zwei Romantiker zu dieser Zeit,
die sich außerhalb dieser Richtung bewegten: GRABBE und BÜCHNER.
All diese Dichter waren vorallem romantisch. Sie waren aber auch etwas anders:
Kleist Sprache z.B. erinnert an Juristendichtung (genau, präzise). Die Stoffe sind aber
in der Art und Weise, wie er sie behandelt hat romantisch. Er hatte kein Interesse für
Psychologie, für das Unbewußte, für die Vergangenheit, was romanrische Elemente
sind.
Die Romantiker haben die Stoffe aus der Antike und aus dem Mittelalter entnommen.
Man hat auch Interesse für exotische Länder, die Offenheit der Werke ist wichtig.
Man fragt sich bei romantischen Werken, wie war es weiter?

Was ist Romantik?

Die Romantik hat alle Bewegunge danach befrüchtet. Lange Zeit war Romantik
abgelehnt. Es gab aber ein Problem, weil das eine Bewegung ist, die gegen
Systematische, Definitionen, Regeln und gegen Vorschriften ist. Sie will nicht etwas
Kleines, Schönes, Abgerundetes, sie will das Unendliche, Unabgeschlossene,
Uneingeschrenkte; das Offene will sie!!!

Romantisch bedeutet ursprunglich romanhaft, abenteuerlich.


Der Begriff der Romantik wurde an ein Bild der Landschaft bezogen. Und zwar wurde
sie an die Landschaft bezogen, die Gefühle besprochen hat. Die romantische Bilder
schauen dunkel, düster aus. Sie malen die bewegte Landschaft: stürmisches Wasser,
große, gewaltige Bäume. Kaspar David FRIEDRICH ist der bedeutendste deutsche
Maler.
Die Landschaft, die gezeigt wird, ist der englische Park im Unterschied des
farnzösischen Parks. Im farnzösischen Park ist alles zusammengestürzt, alles gleich,
geordnet, geometrisch. Der englische Park ist eine kultivierte Wildheit - Wasserfälle,
Wasserbrunnen werden gezeigt. Die Natur ist kultiviert, daß man dort eine
unerwartete Sicht an eine schöne Landschaft sehen kann (wie im Plečnik Haus). Es
ist weitläufig (obsežen, obširen), es gibt mächtige Bäume, es ist geheimnisvoll, es gibt
überraschende, abwechslungsreiche Durchblicke in die Ferne.
Zu der Romantik bekommen wir also einen optischen Eindruck durch den englischen
Park. Sie hat etwas für die Auge angeboten, die Erfindungen angeregt, die Gefühle
wurden gewacht - und das war eine romantische Landschaft.

10.11.1998

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Die romantische Dichtung hat ein schottischer Balladendichter beeinflußt - OSSIAN.
Die romantische Bewegung hat aber ein Französe sehr angeret und das war Jean
Jacques ROUSSEAU mit dem Roman La Nouvelle Heloise. Auch Goethe hat die
Romantik beeinflußt mit seinem Drama Götz von Berlichingen. Alle diese haben die
Romantik beeinflußt indem sie die romantische Themen und Anschauungen
behandelt haben: das Gefühl, das Leiden und die Liebe. Götz ist ein Kraftgenie, der
leidenschaftlich ist.
Auch das Sturm und Drang gibt so eine Anregung der Romantik. Es gibt da eine
Affinität zum Irregulären, zum Nicht-ordentlichen, zum Wunderbaren,
Phantastischem, zum Gespenstern, zum Flehen (rotenje), zum Schauerlichen,
Schauderhaftem, Angst-machendem, zu allen dem, was man als naturhaft
betrachtet, zu allem Volkstümlichen. Die Bruder Grimm haben die Märchen in der
Romantik gesammelt, weil das ein Naturgut war. Man sammelt auch die Volkslieder,
Volksmärchen, wo die Stiefmütter, gute Könige,... beschrieben wurden. Das ist der
Hang zur Romantik, das Hang zu Vergangenem, Dunklem, Erfundenem,
Mytologischem, zur Phantasie. Wenn die Aufklärung zu Fortschritt glaubte und
optimistisch war, so glaubt die Romantik an das noch mehr. Die Technisierung hat
ein Mißt gebracht. Die Romantik wendet sich zu iherer eigenen Vergangenheit hin,
sie denkt historisch. Die eigene Vergangenheit ist die Geschichte, die Volksdichtung:
Volkslieder, Volksmärchen, man interessiert sich für die Kriege aus der
Vergangenheit, Mythologie. Sie gründen historische wissenschafliche Dichter, die
Politik, auch das Recht, Jurastudium wird historisch betrieben.

Die Romantik nimmt einige Elemente des Sturm und Drang auf, einige Momente der
Empfindsamkeit, aber vor allem bedeutet sie einen neuen Ansatz. Sie ist
philosophisch begründet und hat als echte Romantik nichts zu tun mit der damals
auch entstandenen Trivialliteratur/Unterhaltungsliteratur. Diese Literatur verfolgt die
Ritterromantik, die Räuberromantik, die schöne Romantik (Konsalik).

Parallel zu der Hochromantik hat sich auch die Trivialliteratur entwicklet. Im 18.Jh.
haben wir die Lesegesellschaften, die eine Möglichkeit war, billig an die Bücher zu
kommen. Viele haben Zeit zum Lesen gehabt, aber hatten kein Geld für die Bücher
gahabt. Deswegwn sind sie zu Lesegesellschaften gegangen und haben dort die
Bücher gelesen. Einige, die reich waren, konnten ins Theater gehen. Es gab damals
das Bürgerlichetheater und das Nationaltheater, das eine große Aufgabe hatte, die
nationale Stücke aufzuführen. Das Stadttheater konnte aber auch die Aufführungen
aus dem Ausland zeigen, die das Publikum unterhalten. Das Vorstadttheater wurde
aber verpönt. Dieses hatte andere Aufgaben übernommen. Man gab in der Romantik
noch keinen TV, Kino, Radio und in das Theater konnten alle nicht gehen. Was übrig
blieb, waren Bücher. In der Trivialliteratur hat das Publikum bekommen, was es
verlangte. Wegen der Miterscheinung der Trivialliteratur wurde die Romantik
mißachtet. Die Trivialliteratur war schlecht geschrieben, hat aber mit den Gefühlen
des Lesers gespielt. Die Trivialliteratur war also ein Medium der Flucht, sich vor dem
alltäglichen Leben zu verstecken, aus ihm zu fluchen. Sie ist raffiniert gebaut und
verständlich. Was schlimm daran ist, ist die Gesellschaftbezogenheit, wo man die
Gesellschaft ausbeutet (izkoriščati). Sonst wird in der Trivialliteratur ein Problem
behandelt, was schlecht gemacht wird, die Ausführung (izvedba) ist schlecht! Wenn

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sich das Interesse des Publikums und das Interesse des Autors vereinigen, dann
haben wir Bestseller.
Diese Butzenscheibenromantik hat das Traurige, Tragische, die Liebe, das
Gespenster, den Tod und das Leid verstehen. Man hat die Probleme von gestern
gezeigt und an heute hervorgebracht.

Was ist das Wesen der Romantik?

Die Romantik ist eine europäische Geistesbewegung. Sie ist eine Bewegung, die im
Kopf passiert, in der Philosophie der Menschen. Die Romantik ist eine deutsche
Bewegung, die aus Deutschland ausgehend alle Länder des Kontinents erfasste.
(Prešern war der größte Romantiker in Slowenien).
Die Romantik hat alle Gebiete des Lebens und des Geistes eines Menschen
beeinflußt: die Philosophie, die Dichtung, die Malerei, die Religion, die Wissenschaft
auch die Politik und alle Formen des Zusammenlebens der Menschen.

Was hat die Romantik auf dem Gebiet der Politik gemacht?

Die Wurzeln jeder Nation liegt in der Roamntik. Nationalstaaten wurden in der Zeit
der Romantik, im 19.Jh. begründet. Diese Idee kam von Frankreich - das soziale
Vertrag, aber das größte Ereignis war die bürgerliche Revolution 1889. Diese
Revolution macht Schluß mit dem Absolutizmus, der König wurde enthauptet. Dann
kam Napoleon, der eine Adlige - Josephine hairatete, wurde König und wollte auch
etwas von den Nachbarn haben. Er ließ sich von dem Papst krönen, wurde ein
Rojalist. Als er sich von Josephine scheiden ließ, heiratete er eine österreichische
Prinzessin. Später kam er in eine schwedische Familie und die Deutschen haben ein
Nationalstaat zu gründen begonnen. Das war ein Staat nach dem Vorbild Frankreichs
gemacht. Da hatte man die Idee von einem deutschen Bund gehabt, wo auch die
österreichische habsburgische Monarchie beikam. Aber die Österreich hatte ein
Problem, sie war ein Vielvölkerstaat. Deswegen hatte man sich gefragt, wie sollte
man patriotisch sein, ohne daß dabei auch die Nicht-Deutschen selbstständig zu
denken beginnen? In Österreich gab es damals Polen, Russen, Tschechen; Slovaken,
Slowenen, Vojvodiner, Rumänen. Die jenige, die das sagten waren die deutschen
Österreicher oder die jenigen, die das Deutsch als Muttersprache hatten. Österreich
kann ein Mitglied des deutschen Bundes werden, wenn es ein Staatenbund wird, da
hatten auch verschiedene Völker die Stimme.
Deswegen war das 19.Jh. ein nationalistisches Jahrhundert. Die Entwicklung mit
negativen Einflüßen ging weiter bis zum 2. Weltkrieg (Vernichtung anderen Rassen).

Anderseits ist die Megalomanie etwas Romantisches, etwas das nach Ungrenzendes
greifen will. Die Romantik ist nach Unendlichkeit orientiert. Sie will alle Grenzen
sprengen, die die Kalssik gestellt hat. Die Klassik will Vollendung, Ruhe, feste
Ordnung, Klarheit, Maß, Hermonie - Festes, Genaueres abgrenzen. Und die Romantik
ist genau das Gegenteil davon.
Romantik ist das Drang nach Unendlichkeit, Drang nach der Leidenschaft, nach dem
Bewegten, Dunklem, Maßlosem, Regellosem. Das charakteristischste für die
Romantik ist das Sprengenwollen aus allen Grenzen. Im Vergleich mit der Romantik,
beschränkt sich die Klassik auf alles, was man mit Gefühlen, Verstand erfassen kann.

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Das bedeutet, sie beschränkt sich auf alles, was man mit Sinnesorganen und mit
Hilfe der Vernunft erkennt. Das bedeutet auch, daß Klassik nach Objektivem sterbt.
Sie strebt nach Typisierung, nach Gesetz, Regel, Vernunft, sie sterbt nach
Gleichgewicht, Maß. Die Klassik will eine geschlossene, gültige Form. Sie will Epik,
Lyrik, Dramatik ganz genau von einender trennen. Was die Klassik verlangt, ist die
Entsagung, sie verlangt Selbstbeschränkung, Kultivierung, Verzicht und sittliche,
moralische Willensstärke. Klassik lehnt alles Phantastische ab, alles Verworrene
(zmedenost), Unklare ab. Was die Klassik will? Sie will sich um eine Harmonie zwischen
Gefühl und Verstand bemühen. Sie verlangt eine absolute Grenzsetzung zwischen
Epik, Lyrik und Dramatik. Klassik ist darüber überzeugt, daß es keine Mischung
zwischen Lyrik, Epik und Dramatik geben kann. Der Roman ist in der Klassik kein
Tagebuch, kein Bericht. Man weiß ganz genau, was ein Roman ist. Klassik will nur
das erforschen, was man erforschen kann, was unerforschlich ist, interessiert sie
nicht.

Die Romantik ist genau das Gegenteil. Sie zerbricht die klassischen Grenzen.
Romantik will eine Herrschaft der freischöpferischen Phantasie erforschen. Phantasie
spielt in der Romantik eine große Rolle. Sie will auch im Leben alle Grenzen sprengen
(razbiti). Und zwar die Grenzen, die dem Verstand gestellt sind, die Grenzen zwischen
Wissenschaft und Dichtung, zwischen einzelnen dichterischen Gattunngen.

Wovon ist hier die Rede?


In der Romantik kommt es zum ersten Mal, daß sich die Autoren auch zur Gattung
teoretisch geäußert haben. Sie haben sich gfragt, wie sie z.B. zum Roman stehen,
was sollen sie mit dieser Gattung erreichen?
Z.B. ein Theaterstück Der gestiefelte Kater von Tick ist nicht nur ein Stück, es ist
auch ein Märchen und ein Stück über einen mißglücktem Theaterabend. Alle
Beteiligten auf der Bühne reden über den Theaterstück vor den Zuschauern. Die
Schauspieler auf der Bühne fielen aus der Rolle. Sie beschwerten sich (pritoževati se)
als Schauspieler über ihren Rollen, die sie spielen mussten. Auch die Zuschauer
beschwerten sich, statt ein Theaterstück zu sehen, sagt man, daß Der gestiefelte
Kater von Tick ein Märchen sei.
Das bedeutet die Grenzen sprengen, weil so etwas hat es vorher noch nie gegeben.
Aber auch damals war das noch unnormal.

Die romantischen Dichter sagten, daß die Litaraturtheorie ein Teil der Dichtung sei
und zwar, wenn diese Kritik eine schöpferische Kritik sei. Kritiker ist in der Augen der
romantischen Dichter auch ein Schöpfer. Er macht nämlich einen Teil der
romantischen Dichtung aus, den man in das literarische Werk, das man gerade
schreibt, einsetzen kann.

Die Romantik verlangt eine besondere Art der Dichtung. Diese Dichtung nennt sich
die UNIVERSALPOESIE. Die Poesie steht hier für Dichtung, nicht für Lyrik. Die
Dichtung ist alle Literatur, die sehr, sehr gut ist. Dichter ist derjenige Autor, der sehr gute
Prosa, Dramatik, Theaterstücke schreibt, das bedeutet, daß er sehr gut ist. Sonst ist aber der, der
Prosa schreibt Erzähler. Alle zusammen sind Autoren oder Schriftsteller. Bei der Übersetzung soll man
nie Kulturschafender verwenden!!!

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Diese Universaldichtung ist alles, das ist Dichtung und Wissenschaft und Religion. Die
Universalpoesie ist sowohl lyrisch als auch episch, philosophisch und
wissenschaftlich. Die Universalpoesie will die Grenzen zwischen Traum und
Wirklichkeit stellen, sie verlangt sie sogar.

Die Romantik will die ganze Welt romantisieren. Sie verlangt die völlige Subjektivität,
die Individualisierung - das "Ich" (das Individuum) wird großgeschrieben. Sie
verlangt Gesetzlosigkeit, Freiheit, Unabhengigkeit. Die Romantik verlangt Musikalität,
eine weltoffene, ewig unfertige Dichtungsform. Romantik ist eine sehr veständliche,
offene Bewegung. Das die Romantik offen, unabgeschlossen ist, ist das Wesen der
Romantik. Deswegen ist die idealste Form der Romantik das Fragment - das
Unabgeschlossene, das ewig Unfertige.
In jedem Werk ist das wichtigste das, was nicht gesagt wird. Das anspannt den Leser
zum Nachdenken. Kleist sagt nicht, was der höhere Sinn des Todes des Weibes und
des Marcheses war. Wir müssen uns selbst damit auseinandersetzen. Als Erzähler
muß man aber wissen, was man sagt und was man nicht sagt.
Tanja BLITZEN (Dänerin; ist nach Afrika gezogen, hat sich scheiden lassen) hat
verschiedene Geschichten in verschiedenen Sprachen geschrieben. Sie hat eine
wunderschöne Erzählung geschrieben mit dem Titel Die leere Seiten. Hier erzählt sie,
wie sie gelernt hat, die Geschichten zu schreiben. Sie war eine alte Frau, die das von
ihrer Großmutter lernte und die hat es von ihrer Großmutter gelernt. Immer gab es
eine Großmutter, die die Geschichte an jenem Enkel, welcher der begabteste war,
weitererzählt hat. Bei der Geschichte muß man aufpassen, wann und warum man
etwas sagt, niemals darf man alles sagen. Es gab einen Kreuzritter, der nach
Jerusalem gekommen ist. Er hat Leinensamen aus diesem heiligen Land mitgebracht.
Das Samen hat er einem Frauenkloster gegeben, wo die Frauen das Samen gesäet
(säen-sejati) haben. Die Pflanzen haben sie dann zum Leinen bearbeitet. Sie entwickeln
eine ganze Produktion von Leinen. So bekam das Kloster auch das Vorrecht die
Könige von Spanien mit Leinen zu beliefern. Somit hatten sie auch das Vorrecht den
spanische Prinzessinen die Bettwäsche zu machen. Sie haben diese Bettlaken von der
Hochzeitsnacht zurückbekommen. Als die Nonnen die Bettlaken zurückbekamen,
haben sie diese eingerahmt als Bilder und im Klosterkorridor aufgehangen. Unter
diesen Bildern standen auch die Namen von den verheirateten Prinzessinen. Nach
Jahren kamen alle Prinzessinen, einige als Wittwen, verarmte in das Kloster, haben
sich die Bilder angesehen und die Namen besprochen. Das war wie ein geselliges
Beisammensein. Sie sind aber am längsten und wortlos vor einem Bild stehen
geblieben, wo unter eine Goldtaffel hink, drauf stand aber kein Namen. Das Bild war
ganz weiß, ganz leer. Das bedeutet, daß sie keine Jungfrau war, als sie heiratete.
Hier wußte man nicht, we das war, wann das geschehen ist und auch nicht, was die
Folgen waren, was ist mit ihr passiert.
Als Erzähler muß man genau wissen, wie man die Erzählung beginnt (wenn der
Beginn nicht gut ist, lesen wir es nicht wieter) und wie man sie aufschließt. Wichtig
ist der offene Schluß, die leere Seite, das Richtige im gewissen Moment nicht zu
sagen. Auch in Volksmärchen gibt es den offenen Schluß. Die Entgrenzung ist der
Verlang der Romantik.

24.11.1998
DAS LEBENSGEFÜHL DER ROMANTIK

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In erster Linie war das Lebensgefühl der Romantik ein Protest gegen das Zeitalter
der Aufklärung. Die Romantiker waren sehr verschiedenen Meinungen,
Anschauungen und Konfessionen (veroizpoved, vera), aber sie haben alle gegen die
Macht der Aufklärung protestiert. Aus dieser Anschauung heraus verteidigen die
Romantiker alles, was Naturgewachsen/Ursprunglich ist. Das sei das Volkslied, das
Volksbrauch, der Volksgeist. Das alles war nur weil es volkstümlich ist auch gut und
schön. Die Romantiker waren in dieser Ansicht sehr echt, sie haben an alles, was
dem Volke ursprunglich ist, geglaubt.
Auch ein Romantiker kennt Spott (posmeh), aber Spott gegenüber sich selbst. Sein
Spott ist nicht zynisch. Aus diesem Hang, was volkshaft ist, wird bei den Romantiker
gepflegt und sie finden Niederschlag (izraziti se) auch in den literarischen Werken.
Wenn sie gute Autoren waren, war dieses Volksstammende in Ordnung und man
konnte es akzeptieren. Wenn sie aber schlecht waren, war das als Kitsch beachtet.

Die Romantiker als solche teilt man in verschiedenen Epochen:

1. ÄLTERE, JENAER oder FRÜHROMANTIK


2. JÜNGERE, HEIDELBERGER, HOCH- oder SPÄTROMANTIK

Die Romantik ist schwer zu definieren, weil eine eindeutige Bestimmung des Begriffs
Romantik nicht möglich ist. Sie ist die letzte Entwicklungsstuffe des deutschen
Idealismus. Sie stellt gleichzeitig den Höhepunkt der deutschen Bewegung, die den
Sturm und Drang einsetzte.
DIE FRÜHROMANTIK

Die Frühromantiker haben alle ein gemeinsames Erlebnis gehabt, obwohl sie
verschieden alt waren und obwohl sie aus verschiedenen Familien stammten
(Beamtesöhne, Pfarrersöhne, ..., manchmal waren sie auch adliger Herkunft).

— Das war ein gemeinsames Erlebnis, das ihre Ideale und ihr Leben gepregt hat.
Dieses Erlebnis war die Französische Revolution im Jahr 1789 (bis 1795).
— Ein gemeinsames Erlebnis literarischer Art war für sie alle der Roman von Goethe
WILHELM MEISTER.
— Und eine gemeinsame Erfahrung der Frühromantikgeneration war die Philosophie
von Fichte - sein subjektiver Idealismus. Das bedeutet, daß man das "Ich" zum
Schöpfer und zum Herrn der Welt erhebt.
— Ein weiteres Merkmal, das charakteristisch war, ist eine relative Geschlossenheit
der Geistesgemeinschaft. In dieser Gemeinschaft sammeln sich junge Menschen,
die gleiche Dinge erlebt haben und den gleichen Einfluß geübt haben. Relativ viele
junge, gleichgesinnte Menschen pflegten Umgang miteinander und werden zu den
Anfänger der deutschen Romantik gezählt. Sie waren aber eher Theoretiker
(haben Theorieschrifte geschrieben) als Praktiker (haben wenig literarische Werke
geschrieben). Sie haben eher Ideen gegeben, als daß sie diese Ideen gestalltet
hätten.

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DIE HOCH- oder SPÄTROMANTIK

Während der Französischen Revolution 1789 einsetzte, versucht man die


Spätromantik markieren mit dem Jahr 1805. Dieses Jahr markiert Schillers Tod und
unabhängig von dem Todesjahr des Schillers, gibt es in diesem Jahr (1805) in der
Stadt Heidelberg eine Gruppe von jungeren Menschen, die man als Romantiker
bezeichnete: GÖRRES, BRENTANO, ARNIM.
Sie alle hatten einiges Gemeinsamen:
- den Hang zum Irrationalen, Organischen, den Hang zum Leben in seiner
Unmessbarkeit, Unbegreiflichkeit.
Die Spätromantiker schätzen das Unbewußte, Traumhafte, Erdbezogene, die Natur
und das Volkstum (alle Kultur, daß im Volk entstanden ist) und im Anschluß daran
wenden sie sich an den Wissenschaften zu. Die Spätromantiker erforschen die
wissenschaftliche literarische Tradition. Sie erarbeiten wissenschaftlich historische,
juristische, sprachliche, mythologische Zeugnisse des Mittelalters.
Sie entwickeln dann auch die wissenschaftliche Arbeit, neue wissenschaftliche
Disziplinen.

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ALLGEMEINE MERKMALE DER ROMANTIK

- Das ganze Leben soll poetisch werden. Das ganze Leben bedeutet den Geist und
die Natur, die Endlichkeit, Unendlichkeit, Vergangenes, Urgegenwertiges, die Religion
und die Kunst, die Wissenschaft und die Poesie.
All diese Gebiete und das ganze Leben als solches sollen sie vereinigen in der
sogenannten Gesamtenkunst.

- Die Romantiker waren grenzenlos, sehr großzügig. Sie haben aber genau gewußt,
das alles zu vereinen in ein gesamtes Kunstwerk unmöglich ist. Deswegen machen
sie aus diesem eine Tugend. Sie entschlossen sich für das Fragmentarische, d.h. für
die offene Form.
Und wenn man diese Maßlose, Offene anstrebt und weiß, daß so etwas als Perfektion
nicht zu erreichen ist, gehört zu diesen Werken auch eine Portion der romantischen
Irronie, welche die spielerische Freiheit des schöpferischen Geistes zu bestätigen
hilft.

Der geistige Vater der frühromantischen Bewegung FRIEDRICH SCHLEGEL sagt, daß
Poesie (Dichtung) eine Universalpoesie seien soll. Und er sagt noch, daß die
Universalpoesie für ihr führendes, wichtigstes Gesetz anerkennt werden solle, daß
die Willkür, d.h. der schöpferische Geist, das schöpferische Individuum kein Gesetz
über sich leidet. Das ist ein Widerspruch. Man beugt sich keinen Vorschriften, keinen
Regeln, was die Kunst betrifft.

- Romantik ist eine Bewegung, die von Deutschland ausgegangen ist und die alle
europäische Literatur erfasst hat. In Europa sprach man im späten 19./20. Jh., wenn
man von deutschem Nationalcharakter gesprochen hat, von romantischem Charakter.
D. h. das Romantische sei eine deutsche Wesenseigenschaft.

Die Romantik war in Deutschland viel mehr als eine literarische Bewegung, sie war
auch eine Kulturbewegung und eine historische Bewegung. Viele historische
Wissenschaften waren damals gegründet. Das war ein kulturelles Phänomen und ein
gesellschaftlich - politisches Phänomen, aber nicht nur für Deutschland.
Angefangen hat alles in der Aufklärung, als man begann selbstständig zu denken.
Man hatte den Mut selbstsändig zu denken und als man begann mit seinem eigenen
Kopf zu denken, wollte man sein eigenes Leben umgestallten. Die Folge war die
Französische Revolution: die Bürger sollten Bürger oder Menschen werden, so wie es
die Adlige vorher waren; sie richten sich gegen die superpriviligierten Klassen. Die
Französische Revolution war eine Bewegung für die Gleichheit, Brüderlichkeit und für
die Freiheit unter allen Menschen.

Und die Folge der Französischen Revolution:


In Europa begannen die Deutschen, Italiener, Slowenen, Ungaren daran zu denken
ihre eigenen Nationalstaaten zu gründen. Diese Idee von Nationalstaaten (z.B. alle
Deutsche in einem Land) ist eine romantische Idee, weil sich die Romantik mit der
eigenen Kultur von jetzt und früher (mit der historischen Grammatik, Linguistik, sie
hat Wörterbücher geschrieben, sie hat Volkslieder und Volksmärchen gesammelt)
beschäftigt hat. Das alles weckte das nationale Bewußtsein.

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Leider wurden aus vielen romantischen Patrioten romantische Chauvinisten. D. h.,
daß die Romantik später nicht weltbürgerlich orientiert war, sondern betont
"national" (chauvinistisch).
Und das ist dieses eine Merkmal, was Goethe an der Romantik so mißfallen hat.
Goethe war ein Kosmopolit, ein Weltbürger und hat mit der ganzen Welt
korrespondiert (Napoleon, Jernej Kopitar, Vuk Karadžič kommen zu ihm). Auch
Volkslieder waren in Goethes Zeit zusammengesetzt, gesammelt. Was Goethe haßte
in der deutschen Romantik ist das, daß sie nach all dem nationalistisch wurde.
Gerade dieses Streben nach dem Nationalstaat des einzelnen Volken ist ein
romantisch - politisches Phänomen.
Deswegen haben wir in dem 20. Jh. zu hören, daß die Gründung eines Nationalstaates eine überlebte
Sache ist (eine Sache des 19.Jh.) - jetzt soll man Europa bauen !!!

EINIGE BESONDERHEITEN DER DEUTSCHEN ROMANTIK

1. Es ist einmal passiert, daß es eine Bewegung innerhalb der deutschen Kultur
eingenommen wurde. Sie setzt früher an, als die italienische, slowenische (Prešern
hat in 30./40. Jahren des 19. Jh. geschrieben - in dieser Zeit war die deutsche
Romantik schon vorbei). Das war ein Phänomen, daß sich andere romantische
Bewegungen von der deutschen Romantik inspiriren ließen.

2. Ihre sehr, sehr enge Beziehung zur Philosophie. Alle bisher Erwähnten waren
befreundete Menschen: Fichte, Schelling und andere Literate. Die Philosophie von
Fichte und Schelling ist nicht zu denken ohne einem kritischen Philosophen aus der
Aufklärung - Imannuel Kannt. Von Kannt aus geht die Entwicklung in die romantische
Richtung Fichtes uns Schellings. Es gab Zeitgenossen, die gemerkt haben, daß die
romantische Bewegung im Einfluß von der zeitgenössischen deutschen Philosophie
steht. Die erste hat das bemerkt die Mme de Stael (1766 - 1817), die ein wichtiges
Buch geschrieben hat De l` Allemagne. Diese Dame war eine sehr intelligente und
kritische. Ihr Werk ist ein Buch über Deutschland. Sie war eine große Gegnerin von
Napoleon. Hier sprach sie über eine Symbiose der deutschen Dichter und Denker.

3. Nicht nur die Philosophie als solche war für Romantiker wichtig. Die Philosophie
war auch ein Teil der Poesie (Dichtung). Der andere Teil war die Musik (Schubert,
Schuman, später Wagner, Hugo Wolf). Diese haben in der Tat dieses Wort von
Dichtung und Musik verwirklicht. Diese Verbindung war bei den Deutschen viel
stärker als bei anderen europäischen Völker. Sie war wichtig, weil man dadurch die
Grenzen eines Bereichs (das nur Literarische) sprengen konnte. Die Musik in der
Literatur bedeutete, daß man die literarische Werke vertont, es entstanden Lieder.
Man singt diese Lieder vor dem Publikum begleitet mit Klaviermusik. Die Literatur ist
nicht nur für das leise Lesen.
Wagner, der 1883 in Venedig gestorben ist, hat versucht ein romantisches Kunstwerk
zu gestallten. Er versuchte das Konzept des Gesamtkunstwerkes zu realisieren. Das
versucht man heute noch im Theater.
Er hat die hervorragendste Literaturtexte genommen und hat sie kommponiert. Er
hat mit eigener mystischen Vergangenheit gearbeitet. Der Tanz/Ballett spielte eine

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große Rolle. Man sang die Oper, d.h., daß die Szenerei gestalltet werden mußte
(Malerei). Auch die Innen- und Außenarchitektur hatte eine große Rolle. Wagner hat
im Bayreuth ein Opernhaus bauen lassen, wo man seine Oper aufführte. Das alles
war ein Wunsch der Universalpoesie.

4. Für alle Romantiker war ein Erlebnis sehr wichtig. Das war das Erlebnis der
Französischen Revolution. Im politischen Sinn war das etwas Revolutionäres. Alle
Romantiker waren davon beeinflußt, sie hebten die Hoffnung.
In dieser Zeit sollte sich auch ein großer Nationalstaat gründen. Es kam aber nicht
dazu, weil Deutschland hoffnungslos zersplittert war.
Die Revolution findet in der deutschen Kultur/Literatur statt.
Die napoleonische Kriege gingen voran, ihn folgte die allmächtige Zensur. Sie hatte
eine unerfreuliche Folge, daß viele Frühromantiker ganz reaktionär wurden,
antiliberal wurden und daß viele Romantiker dann die feudalsten, unrückständigsten
Reiche jener Zeit unterstützten.
Aus progressiven Menschen entstanden restaurative, klerikale Kreise. Klerikal - weil
es im 1848 eine Märzrevolution gab und weil sich die Frühromantiker, soweit einige
noch am Leben blieben, gegen diese revolutionäre Bewegung gestellt haben.
Im Mainz wurde Anfang des 19. Jh. eine europäische Zensurstelle gegrundet -
MAINZER INFORMATIONSBÜRO. Der geistige Vater war Fürst METTERNICH (der
später Kanzler von Österreich). Alles wurde zensuriert, was zum Druck bestimmt war
und den Umgang hatte von höchstens 12 Bogenen. 1 Bogen (tiskarska pola) ist 16 Seiten.
Das bedeutet alles, was 320 Seiten oder weniger umfasste, mußte einer Zensur
vorstellen worden eher es gedruckt wurde (Theaterstücke, Lieder, Sonette, Novellen,
...).
Warum ?
- Weil der 19. Jh. die Zeit der Zeitungen war. Eine Zeitung herauszugeben fordert
viel Geld, aber als die Zeitung sich verkauft, bekommt man auch viel Geld. Was
gedruckt werden durfte bestimmten aber die Zensurstellen.

Im Wien gab es eine Zensurhochstelle. Als Prešern eine Poesie geschrieben hat, mußte er zwei
Exemplare des Manuskriptes (rokopis) in Wien vorlegen. Die Zensur hat dann Miklošič und Jernej
Kopitar gelesen. J. Kopitar hat auch verhindert die Ausgabe der Kranjska čebelica. Weil er damals der
Meinung war, dar die Volksdichtung gut ist und eine Kunstdichtung ist eine schlechte Dichtung. Die
Zensur haben sie dann noch einem dritten gegeben und das eine Manuskript schicken sie dann dem
Dichter, der die korrektiren mitberücksichtigen muß. Jedes Werk, das geschrieben wurde, war mit
Noten bestempelt: z. B.: Imprimatum - es darf erscheinen und von allen gelesen werden; andere
Schriften wurden teilweise verboten, die andere wurden total verboten, und wieder einige wurden nur
für wissenschaftliche Zwecken erlaubt.

Es war schwierig die Politik irgendwie kritisch zu bedenken. Alles war kontroliert. Man
wußte, wer etwas gelesen hat.
Metternich war als ein ganz junger Mensch schon österreichischer Botschafter in
Paris (obwohl er ein Deutscher war). Dort hat er in Ruhe studiert und die Schlauheit
Napoleons im Umgang mit der Presse beobachtet. Napoleon erkannte damals die
Macht der Zeitungen. Er ließ Artikel erscheinen in verschiedenen Zeitungen, die das
Patriotismus verbreiteten und so konnte er leichter seine Kriege führen. Als er nach
Paris zurückgekommen ist, begann er Kriege in Europa tz führen. Auf Slowenen hat
er einen guten Einfluß gemacht, weil er die slowenische Sprache als eine Amtsprache

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eingeführt hat (Schulen,...). Napoleon führte Kriege in Deutschland, Österreich,
Italien, in Moskau, weil er die breite Offentlichkeit bzw. die offentliche Meinung für
sich mobilisieren konnte. Die Menschen waren auf seiner Seite wegen seiner
Propaganda.
In Österreich wurde aber diese Propaganda belächelt. Metternich lernte wie wichtig
ist es zu kanalisieren und was für eigene Politik gut ist, zu nutzen wichtig ist. Er
lernte alles das zu veröffentlichen. Er hat viele Artikel geschrieben und hatte einen
brillianten Stil.
Er hat das Polizeispitzelzensursystem ausgeübt, ausgeführt. Es gab Listen von
verbotenen Bücher.

Folgen der Zensur:

1. - Man ist nicht richtig informiert.


2. - Man hat ständig Angst von Lehrer, Polizei, Beamten, Nachbarn, Freunden. Man
weiß nie, wer der Spitzel (ovaduh) ist.

Es kam aber zur Auswachsen der Folgen der Zensur. Man began selbst zu
Zensurieren aus Angst, daß man eingespert, gefoltert oder umgebracht wurde.

"Die Revolution frißt ihre Kinder."

25.11.1998
Viele Romantiker sind nicht nur politisch effektiv geworden. Sie sind auch Katholiker
geworden. Sie haben ihre Konfessionen verändert von Protestanten zu Katholiker.
Wichtige Rolle in der Romantik hatte auch die Mobiltät der Ehe. Eine sehr wichtige
Rolle, daß zum ersten mal in dem Maß zu sehen wurde, haben die Frauen gehabt.
Große Frauengesellschaften wurden gegründet, wo die Frauen beim Teetrinken
diskutiert haben. Diese Frauen waren nicht nur Gattinen von reichen Männern und
sie waren nicht nur Ideegeberinnen, sondern sie waren auch selbst aktiv, waren klug
und haben auch selbst geschrieben. Ihre Kreativität erschöpfte sich nicht darin, daß
sie eine Kreativität war, sondern hat einen direkten Einfluß ausgeübt und zwar
dadurch, daß sie einen Salon hatten, selbst geschrieben und übersetzt haben.

Die Romantiker haben auch einen Hang zu Idealisierung der Wirklichkeit und haben
keine Autonomie in der Gesellschaft, weil das nicht möglich war. Deswegen haben
sie diese Autonomie in der Literatur geschaft. Diese war im Prinzip eine ersatzweise
(namesto tega) Freiheit. Anderer Seits gab es Dichter, die sich anders benehmen haben
- es gab nämlich eine Vergöttlichung von Dichter und Priester (der Kunst und
Kunsteltum). Der Dichter war schon in der Antike ein Seher, Profet, Visionär und so
eine Aufgabe hat auch der romantische Dichter gehabt. Das ist das Göttliche in der
Dichtung. Wenn die Kunst göttlich ist und Gott der Schöpfer, ist die Kunst eine
schöpferische Sache. Der Dichter ist immer Gott und zwar der Gott in seinem Buch,
er ist der Schöpfer seines Buches.
Dem Dichter soll man verboten Politiker zu werden.

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Die Romantik ist auch eine elitäre Bewegung, d.h. ein bischen realitätsfern: sie war
eine Dichtung um Dichtungs Willen (Dichtung wegen der Dichtung selbst), es gab die
Freisetzung der Phantasie.
Die Romantiker waren damals die intellektuelle Opposition, das bedeutet, daß sie die
kritische Einstellung hervorgehoben haben.

5. Wichtig für die Romantiker ist Pluralismus der Themen und der Stilrichtung. Die
Romantiker vertreten ein ästhetisches Program, eine literarische Erfahrungsweise, wo
man alles will: viele Themen behandeln zu lassen. Es geht nicht mehr um die reine,
abstrakte Eindeutigkeit. Man läßt sich vor allem von dem Dichter zugengliche
Literatur dieser Welt, von Themen und Stoffen inspirieren. Das war eine sehr
fruchtbare Zeit zwischen 1700 bis 1789 während der Französischen Revolution und
im 1815 - Wiener Kongreß, wo man Europa neu konsolidieren (utrditi, postaviti na zdrave
temelje) wollte. Man zementierte Europa bis 1830 - sie hatten den Ziel der Monarchie
eine Verfassung zu konstruieren. Im Jahr 1821 - der Ljubljana Kongreß (der
russische Car, Fürst Metternich,...). Damals hatte man aus Ljubljana aus verhindert,
daß Italien sich vereinigt.
Im Wien wollte man nicht mehr kongressieren, weil die Leute dort lieber ins Theater
gegangen sind.
Heinrich Kosta hat ein Tagebuch geschrieben von dem laibacher Kongreß, konnte es aber nicht
herausgeben wegen der Zensur. In diesem Tagebuch hat er eine Ode an den russischen Car
geschrieben. Der russische Car nahm die Ode entgegen (sprejeti) und gab ihm viele Dukate dafür. Der
Manuskript Kostas Tagebuch ist verschwunden, nur noch seine Tochter hat dieses Manuskript gehabt,
das sie den Slowenen und später auch den Croaten angeboten hat. Sie wollten es aber nicht
abkaufen. Dieses Tagebuch erschien dann zum ersten mal vor zwei Jahren, geschrieben wurde es
aber schon im 19.Jh.
In diesem Tagebuch sind Wetterberichte zu lesen, wer die Ljubljana besucht hatte. Es war ein völlig
ungefährliches Werk, absolut kaisertreu.

Es gibt noch Erzählungen und Romanen von diesen Geschichten.


Janez Trdina hat von dem russischen Car geschrieben, Ivan Tavčar: Izza Kongresa (ein Roman). Mira
Mihelič in den 80. Jahren des 20. Jh. hat einen Roman geschrieben Cesta dveh cesarjev.

In diesen 26 Jahren wurde sehr viel in der Literatur geschrieben. Das war eine reiche
Zeit in der Qualität und Quantität. Schiller und Goethe haben in dieser Zeit sehr lustig
gedichtet. Damals dichteten auch die Außenseiter, die Romantiker und die
Trivialautoren und Journalisten. Es gab Aufsätze politisch angagierten Literaten (die
Vormärz Zeit zwischen 1830 - 1848).

In dieser Zeit kam es wegen der starken Produktion zu einer Trennung in der
deutschen Literatur und zwar kam es zur Kunstliteratur und Trivialliteratur. Das war
aber eine Zeit, wo die Menschen noch lesen wollten. Die Geschmacksrichtungen
waren verschieden und diesen Lesensbedarf konnte man decken. Deswegen wurden
alle mögliche Kategorien zum Lesen geschrieben. Diesen Unterschied zwischen
Kunst- und Trivialliteratur gab es in der Aufklärung nicht. Die Aufklärung hatte die
Aufgabe zu unterhalten und unterrichten, zu bilden; da sprach man von guten und
wenig guten Literatur. Jetzt gibt es aber einen Grundgesetzt in der Gesellschaft. Man
will nicht mehr unterrichten und belehren, man ist Prophet, man schreibt eine
anspruchsvolle Dichtung. Alles anders ist die Trivialliteratur.

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Dabei haben die Klassiker geholfen, Goethe und Schiller, die diese Richtung
eingeführt haben.

In der Trivialliteratur gibt es aber auch die Hohemoral, es wurden die Gedanken der
Klassik trivialisiert. Diese Themen wurden aufgestalltet, aber auf einem niedrigeren
Niveau. Man wollte das Publikum einführen in ein Leben, an das man selber gar nicht
glaubt.

6. Die Herkunft der Dichter der deutschen Romantik war uneinheitlich. Das heißt, die
führende Dichter und Kritiker stammten aus verschiedenen Familien und das
bedeutet: einige waren die Söhne von Adligen, die anderen waren Pfarrersöhne,
Beamtensöhne, Handwerkersöhne, Benkersöhne, Proffessorensöhne. Diese Herkunft
ist sehr wichtig. Dafür waren sie aber ziemlich gleichaltrig. Die Einflüssee waren
gleich prägend. Sie haben die Französische Revolution noch teilweise selbst erlebt.
Das bedeutet auch eine Veränderung des gesellschaflichen System, des bürgerlichen
Denkens. Als junge, wachsende Menschen haben sie den Krieg, das Chaos, die
regellose Gesellschaft erlebt und somit auch, daß Unisicherheit im Leben normal ist.
Sie haben nichts anderes gekannt.
Das war für ihre Bildungentwicklung prägend. Für sie war die Kriese also eine
Normalität und das waren Kriesen des politischen, gesellschaftlichen Systems und
auch Kriesen in der Literatur. Diese Kriese des Normalzustandes war der
Ausgangspunkt iherer eigenen Reflexion. Die Kriese entspricht auch den
Lebensläufen dieser romantischen Dichter.

1.12.1998
Die Romantiker sind viel gereist, und sind aus der einen Stadt in die andere
umgezogen. Sie sind mobil gewesen auch was die Liebesbeziehungen angeht.
Verursacht wurde die Mobilität durch das Studium der Romantiker. Die Studenten
produzierten ihre eigene Literatur und sie sind nach Leipzig, nach Jena, ...
umgezogen. Meist waren das Studenten, die ihr Studium nicht zu einem formalen
Abschluß gebracht haben. Weil sie nicht fertig waren mit dem Studium, mit seinen
geschriebenen Werken, setzen sie die Wanderung fort. Sie suchen ihr Lebensverhalt
zu verdienen. Sie waren als Professoren, Lehrer, Schreiber, Dramaturgen, .... tätig.
Beim Theater hatten sie am wenigsten verdienen können, weil ihre Produktion nicht
kontinuierlich war. Ludvig Tick hat z.B. sehr diskontinuierlich produziert, so daß er
weder größeres regelmäßiges Geld verdienen konnte. Viele haben Zeitschrifte
gegründet, für was man aber viel Geld haben mußte und erst später verdient man
aus dieser Produktion auch etwas Geld. Manchmal fand man sogar Mäzene (wie Žiga
Zois).

7. BOHEME - das ist eine besondere Lebensform der Romantiker in Jena, Dresden,
Heidelberg, Berlin. Diese Boheme war typisch für die Freiberufler - Schriftsteller, von
welchen sie auch gepfelgt wurde. Das war eine exzentrische, eine schokierende
Opposition zu der bürgerlichen Normalität (es gab viel Alkohol, Freundschaften
wurden gepflegt, Geld war wichtig). Die Wurzel hatte diese Boheme aus den
französischen Zigeuner - Boheme; das waren Leute die frei, regellos lebten.

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8. Später als die Romantiker alt geworden sind, kam es zu einer Konversion
(spreobrnitev k drugi veri) und zwar gegen Katholizismus. Einige Romantiker waren
Lutherane, die anderen Juden und sind konvertiert - übergetreten zu den
Katholizismus (Dorothea Mendelson - Schlegel war eine Judin, Brentano, ... ).
Die Romantik hatte später einen Hang zur Mythenbildung, sie haben sich schon
früher für ihre Vergangenheit interessiert.
Goethe hat noch zum Zeit der Romantik gelebt. Seine Werke sind von der Romantik
nicht unbeeinflüßt geblieben, so wie auch nicht die Werke von Schiller. Goethe hat
ganz speziell die deutsche Romantik kritisiert. Die romantische Bewegungen in
anderen Ländern störten ihn nicht so wie die deutsche Romantik. Es ist immer
schöner etwas von außen zu schauen, aber Goethe war ein Deutscher und er hat die
Fehler und die Schwächen bemerkt.
Wenn man im 19. Jh. noch patriotisch war, dann kommt es im 20. Jh. schon zum
Nationalismus, zur Überbetonung Deutschlands (Hitler). Das waren manche Züge, die
in eine extreme Form traten und das hat Goethe gesehen und kritisiert bei der
deutschen Romantik. Auch der übertrieben Hang zu der eigenen Geschichte, die
Frömmelei (pobožnjakarstvo), den Kult des Gemüts hat er kritisiert. Er hat den Übertrieb
des Subjektivismus und die Neigung zu übertriebenen süßen Phrasen abgelehnt.

Die wichtigste Philosophen der Romantik waren: Fichte, Schelling und


Schleiermacher.
FICHTE unterscheidet in seiner Philosophie das "Ich". Das "Ich" ist die schöpferische
menschliche Persönlichkeit. Das "Nicht - Ich" umfasst alles, was außerhalb des Ich
liegt und das ist die gesamte Natur.
Aus Fichte und Schelling hat sich Schlegel entwickelt.

Der Kreis der Frühromantiker in Jena

Die Stadt Jena war für die Entwicklung der Romantik wichtig und zwar in den letzten
5 Jahren des 18. Jh. Denn in dieser Universitätsstadt gab es einen Kreis von
Litaraten, Dichter, Philosophen und schönen geistigen Frauen, die eine enge
Freundschaft miteinander pflegten und das war im Prinzip eine geistige Bewegung.
Diese Leute waren gleichaltrig, gebildet, hatten viel gelesen, geschreiben. Sie
tauschten Gedanken, Ideen, Überlegungen, Einfälle aus. Sie lasen sich gegensetig
ihre Arbeiten vor und diskutierten sie.
Diese Gruppe von jüngen Menschen, die alle frühreife Talente waren, haben viel
nachgedacht und geschrieben. Die literarische Werke dieser Generation sind wichtig,
aber abgesehen von der literarischen Qualität sind sie nicht besonders hoch zu
schätzen.
Warum sind dann diese Werke so wichtig?
- Weil es in diesen Werken so wimmelt (mrgoleti) von theoretischen Überlegungen,
Impulsen, Ideen, die sich heute noch realisieren lassen. Diese Bewegung ist dadurch
so überzeugend, wirkungsvoll, weil man in ihren Werken viele Anregungen findet für
das eigene Schaffen. Sie waren formliche Ideenspender.

43
Diese Leute haben sehr schnell viel produziert und als sie 40 wurden, haben sie
schon alles Wichtigste gesagt oder getan. Die Brüder Schlegel als alte Menschen
haben keinen Einfluß mehr auf unsere Kultur, was sie als junge Menschen aber
hatten.
Diese ungeheuerlich neue, moderne Generation voller Ideen, haben die
romantischen Werke hochgebracht parallel zu Werken Goethes und Weimars. Also,
die Frühromantiker haben ihre Werke auch zur Zeit des Höhepunkts von Schaffen
Jean Pauls, Hölderlins und Kleists hervorgebracht.

Warum? - Sie hatten ein Organ dafür, ein Sprachrohr und das nannte sich
ATHENÄUM.
ATHENÄUM ist eine Zeitschrift, die um den Jahr 1798 - 1800 in Jena erscheinen ist.
Sie wurde von Brüder Schlegel herausgegeben. Sie hat die höchste Leistungen auf
dem Gebiet der Theorie, Kritik und Organisation hervorgebracht.

Diese Generation äußerte sich weniger in der Literatur, in seinen Werken und viel
mehr in den Briefen, Artikeln, Vorlesungen und Zeitschriften. Sie haben auch viel
geredet und analysiert. Gerade diese Gespräche waren die wichtigsten
Ausgangspunkte der Bewegung. Bei der mündlichen Überlieferung dieser Idee, die
durch ihre Persönlichkeit wirkte, war es schwierig ihr Auftritt zu erreichen. Sie haben
sich so miteinander angeregt. Das ist ein enormer Einfluß gewesen.

Wichtig waren die geistige Väter dieser Bewegung: die Brüder Friedrich und August
Willhelm Schlegel. Noch heute wurden sie als die Begründer der romantischen
Bewegung gehalten.

FRIEDRICH SCHLEGEL (1772 - 1829)

Er wurde in Hanover geboren und ist in Dresden gestorben. Er war der jüngere, aber
der wichtigste Brüder. Er hat Rechtswissenschaften, Philosophie, Kunstgeschichte in
Leipzig, Altphilologie studiert. Er hat in Paris und in Köln studiert. Er wollte eine
Geschichte des deutschen Altertums verfassen. Im Jahr 1796 ist er nach Jena
umgezogen, wo sein Bruder August Willhelm lebte.
Mit Schiller hat sich Friedrich sehr auseinandergesetzt, weil er seine Gedichte
kritisierte. Friedrich war ein Freund von Fichte, Herder, Novalis, ... .

Er ist übergetreten, wurde Hofsekretär in Wien, wo er Vorlesungen über die neue


Geschichte gehalten hat und er hat am Wienerkongreß teilgenommen. Der Kongreß
bedeutete die politische Restavration der alten Zuständen in Europa. Friedrich war
auch ein österreichischer Gesandter im Bundestag in Frankfurt.

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Er war verheiretet mit Dorothea Mendelson, geschiedene Feit.

AUGUST WILHELM SCHLEGEL (1767 - 1845)

Er wurde in Hanover geboren und starb in Bonn. Er studierte Theologie und


Philosophie in Göttingen. Er war ein guter Freund von Bürger.

Im Jahr 1795 kommt er nach Jena. Als Kritiker, Professor, Privatlehrer arbeitet er in
Wien. Da hat er Mme. De Stael (de stal) kennengelernt. Diese Dame war eine
französische intellektuelle Autorin, die ein Buch über Deutschland geschrieben hat.
August Wilhelm war ihr Reisebegleiter.

Im Jahr 1808 hat er in Wien Vorlesungen gehalten und hat die Kariere in Schweden
gemacht. Er war Geheimsekretär des Prinzen Bernadotte, der ein französischer
General war und ein Kollege von Napoleon. Napoleon hat ihn sehr hoch geschätzt.
Später hat Bernadotte die große Liebe von Napoleon geheiratet. Der schwedische
König, der kinderlos war, adoptierte Bernadotte. Bernadotte war damals schon älter.
Und als der König gestorben ist, ist Bernadotte der König geworden und damit ein
Gegner von Napoleon. Die Familie Bernadotte regiert heute noch in Schweden.

Ab 1818 war August Wilhelm Professor für Kunst- und Literaturgeschichte in Bonn. Er
hat eine Frau geheiratet, die Caroline Böhmer, geborene Michaelis. Der Böhme war
ein Soldat, von dem sich Caroline scheiden ließ und heiratet den Schlegel. Später lief
sie von August Wilhelm weg und hat den Philosoph Schelling geheiratet. Caroline war
auch an mehreren Arbeiten ihres Mannes beteiligt, auch an seiner ersten
Shakespearerischen Übersetzungen. Das war mehr als nur eine Ehegemeinschaft.

Beide Brüder hatten einen Vater der Generalsuperintendant war. Das ist der höchste
Rang in der evangelischen Kirche gewesen. Sie waren sehr romantischer Natur, sehr
unendlich gesellig (družaben). Sie waren beide große Ideenspender und hatten immer
wieder neue Ideen. Sie haben sich beide am besten geäußert in Fragmenten. Vor
allem war Friedrich großartig, der immer wieder seinen Kollegen Anregungen
gegeben hat. Sie waren im Stande neue Verbindunge zwischen Menschen
einzugehen und herzustellen. Sie waren in der Gabe auch die Werke anderen
Nationen und Zeiten zu verstehen und zu vermitteln. Ihr Wissen und ihre Meinung
haben sie weiterempfohlen und haben somit die Brücke erschlagen von Epochen,
Nationen, Kunsten, ... .

Friedrich hat auch Sanskrit studiert und hat auf diesem Gebiet geschrieben: Über die
Sprache und Weisheit der Indien. Er wurde für den Begründer der Indologie und der
vergleichender Linguistik in Deutschland gehalten. Die Linguistik stammt aus der
Romantik.

Die literaturkritischen Leistungen der Brüder Schlegel

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Sie haben als ersten den dichterischen Rang von Goethe begriffen. Die Entwicklung,
die Goethe dichterisch gemacht hat, nachdem er aus Italien zurückgekehrt hat,
haben sie als erste erkannt. Bis zu Brüder Schlegel wurden sie kritisch bedacht und
Goethe galt soviel wie die Dichter des Sturm und Drangs. Die Brüder Schlegel hatten
vollen Verständinis für die Literatur gezeigt, die nicht ohne Richtung war, deswegen
hat Goethe sie gelobt. Als Goethe die Romische Elegien verfasst hat, hat er Friedrich
konfrontiert als einen Experten für die klassische Literatur und Sprache. Besonders
berühmt war Friedrich Schlegels Essey zu Goethes Wilhelm Meister.

Es war eine ganz neue Art der Kritik, die sie eingeführt haben in die deutsche
Literatur. Lessing und Schiller waren, als sie Kritik geschrieben haben, ästhetische
Thematiker. Sie entwickelten eine ausführliche ästhetische Theorie. Herder hat den
persönlichen Eindruck hervorgehoben.
Friedrich Schlegel und auch die anderen nach ihm, heben die Individualität des
besprochenen Werkes hervor. Die Individualität des besprochenen Werkes, der man
mit Hilfe des Genetischen (entstehensgeschichtlichen Erklärens) bis ins letzte Detail
nahe kommt. Man versucht hier den Sinnzusammenhang aufdecken.
Schlegel hat die neue Form der Kritik Charakteristik genannt. Dabei war er von Fichte
beeinflüßt (die eigene Individualität). Friedrich hat sich für Fichtes Leben und
Schaffen interessiert.

Und zwar interessierte sich Friedrich Schlegel für:

1. Für die griechische Welt.


Die Schönheit ist etwas Ideales, Göttliches. Sie sei vom Himmel herabgestiegen und
habe die Realisierung im klassischen Griechenland erfahren, sagte Friedrich Schlegel.
Für ihn war Griechheit (grškost) ein Bild volendeten Menschheit. Die griechische
klassische Literatur war für ihn das Höchste der natürlichen Poesie.

2. Er interessierte sich für die Philosophie.


Aber er war anders als die damaligen Philosophen. Er glaubte nicht daran, daß sich
der Inhalt seines philosophischen Nachdenkens in einem geschlossenen System
darstellen läßt. Für ihn war das Philosophieren eine bewegliche und persönliche
Angelegenheit. Er hat philosophische Häfte geschrieben (20), wo er die wichtigsten
Epochen seiner philosophischen Lehrjahren festgehalten hat.
Warum wollte er kein geschlossenes System? - Weil das gegen die Romantik und
gegen ihn selbst und sein Denken war. Er hatte so viele kühne (drzne) Einfälle und die
ließen sich in kein System zwängen.
Deswegen war die beste Ausdrücksform das APHORISMUS und das FRAGMENT.

Friedrich Schlegel hat diese Leistung, die Form des Fragments in die deutsche
Literatur einzubringen, vollbracht. Das war für ihn Not und Tugend. Ein Fragment,
weil das etwas unabgeschlossenes war.

Das wichtigste Fragment war DAS 160. ATHÄNEUM FRAGMENT.


In diesem Fragment hat Friedrich Schlegel versucht die Definition der romantischen
Poesie als progressive Universalpoesie zu erfassen. Diese progressive Universalpoesie

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hat er verstanden als eine Verbindung des Schönen im antiken Sinn - das ist das
Poetische - mit dem Interessanten im modernen Sinne - das ist das Kritische. Es geht
also um die Verbindung des Poetischen mit dem Kritischen.
Er sagt, daß der Autor seinen Stoff gegenüber eine absolute Freiheit besitzt, daß der
Autor über alle von der Weltliteratur hervorgebrachten Gestaltungsmöglichkeiten
verfügt. Und auch, daß er in seiner Dichtung Dichtung und Philosophie, Gestaltung
(Roman, Novelle) und Reflexion (das Überlegen, wie man den Roman schreibt)
verbindet. Das heißt, daß er vollbewußt beim schreiben war, er war sich seiner
Verfahrensweise (način ravnanja) vollbewußt.

2.12.1998
Das 160. Athäneum Fragment war ein Versuch einer Definition, eines Umrißes einer
Universalpoesie. Das Wesen der Romantik war aber gegen die Definitionen zu
formulieren und sie war absolut dagegen, daß man sich an sie hielt. Weil die
Romantik war eine Bewegung gegen die Regeln. Sie wollte alles in die Literatur
einschließen.
Dieser Versuch ist aber ein sehr offener, er ist ein Fragment, der sehr vieles erlaubt,
deswegen ist er legitim.

Die großen Aufgaben der neuen Poesie war es, die Natur und die Kunst zu
verbinden, die Realität und die Idealität. Vieles erschien unter dem Aspekt der Ironie.
Auch zu Ironie, was sie ist, was sie soll, hat man sich in dieser Zeit der Romantik am
verschiedensten geäußert und man sagte ihr - Die romantische Ironie. Sie hat über
die Nachahmung gesprochen. Diese Ironie ist im romantischen Sinne das Objektive,
das Natürliche. Man ahmt das nach, was man sieht und man spicht von der Manier -
dem Stil. Und das ist das Subjektiv-Künstliche. Das ist das, was der Autor in das
künstlerische Werk hineinlegt.

Die Romantiker haben versucht Realität hauptsächlich, vorwiegend im Medium der


Kunst darzustellen und zu reflektieren. Romantisch bedeutete eine ästhetische
Einstellung zu Leben. Die Ideen der Romantik lassen sich bei den meisten Autoren
des 20. Jh. nachweisen (T. Mann, H. Broch, Französe Andre Gide, B, Brecht, P.
Handke).

Die wichtigste Zeitschrift war ATHÄNEUM und das war das bedeutndste literarische
Manifest der frühromantischen Bewegung. Hier wurden alle Gebiete der Kunst und
der Wissenschaft vom Geist der Romantik aus behandelt. So daß diese Zeitschrift im
Grunde genommen einen enzyklopädischen Charakter hatte.

Im Jahr 1799 hat Friedrich Schlegel einen Roman geschrieben mit dem Titel
LUCINDE.
Das ist ein dicker Roman, aber er ist ein Fragment und gleichzeitig sehr
autobiographisch. Es ist ein verschlüßeltes Werk, weil verschiedene Figuren in
diesem Roman reale Menschen verkörpern.
Das Buch ist im Sinne des Wortes romantisch. Es besteht aus verschiedenen
Gesprächen, verschiedenen Kapiteln, deren Titel eigentlich Gattungsbezeichnungen
sind.
Dieses Buch ist sehr uneinheitlich, es ist schwierig den Inhalt nachzuerzählen.

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Das Vorbild dieses Romans war Wilhelm Meister von Goethe. Aber der besitzt noch
eine epische Kontinuität, hier gibt es das nicht. Der Roman Lucinde ist voller wilder
Phantasie, der Autor bleibt nicht bei gleichen Themen, er ist sprunghaft, was die
Motivik und die Gedanken betrift und gerade das ist sehr romantisch. Die Einheit ist
kein Ideal mehr.

Das wichtigste Motiv ist, daß der Hauptheld Julius ein Spiegelmensch ist. Ein Mensch,
der nicht nur etwas tut, sondern sich dabei auch selbst zuschaut. Er schaut zu, wie er
bei seiner Arbeit genießt, beschreibt das Gefühl. Er ist ein Voyeur, ein
Selbstbeobachter (wie Jean Paul).

Dieser Roman ist auch ein Roman der Ehe. Es gibt ganze Kapitel über die Institution
der Ehe, über die lockenen Ehen, die in der Romantik geführt wurden.
Dieser Roman ist auch ein Roman des Romans, d. h. daß der Autor selbst im Roman
über die Gattung des Romans reflektiert, er macht sich Gedanken darüber, wie ein
Roman sein soll und was er soll. Das ist dieses Sprengen des Gattungsgrenze.
Es gibt Briefe in diesem Roman, theoretische Auseinandersetzungen, kürzere
Erzählungen. Alles das war auch ein Teil des romantischen Romans. Und diese Teile
sollen den romantischen Roman komponieren. Es ist in dem 160. Athäneum
Fragment schon gesagt worden, daß die romantische Poesie alle Gattungen
vereinigen soll. Sie soll die Poesie, die Rethorik und die Philosophie aneinander
bringen. Auch die Werke wurden kritisiert. Und die Kritik war auch ein Teil der
Poesie.

Anderer Seits ist die Rede von der Liebe groß. Die Sexualität wird in diesem Roman
beim Namen genannt. Die Erotik spielte eine große Rolle.
Andere Dichterkollegen haben Traktate von Schlegels Roman geschrieben, um ihn zu
verteidigen.

Der Roman hat viele Selbstbekentnnisse (izpoved) von Formen beinhaltet, die uns
helfen die Romantik besser zu verstehen.

Für die Frühromantiker war der Roman die wichtigste, adekvateste, perfekteste
literarische Form. Darin konnte man alles Mögliche vereinen.
Später haben sich schon für das Märchen eingesetzt und das war die Idealste
romantische Form. Eine neue Güte war sowohl das Volksmärchen als auch das
Kunstmärchen. Beiden Arten wurden gepflegt und die Lyrik wurde auch später ganz
großgeschrieben.

Damals hat man sich politische Gedanken gemacht, was soll aus Europa werden und
seinen kleinen Nationalstaaten. Sollen Europäer ein Volk werden oder soll jede
Nation nur ganz sie selber sein? Oder soll es so wie im Mittelalter sein, wo man
Mitglied einer Nation war als auch einer größeren Übernationalgebildes (naddržavna
tvorba).
Schlegel war schon damals dafür, daß sich die Deutschen und die Französen
annähern. Es sollte eine Einheitliche Staat geben und dieser Zusammenschluß soll
der Anfang von Europa bedeuten. Schlegel, der auch in Paris lebte, hat sich mit
diesem Gedanke sehr vertraut gemacht mit den französischen Intellektuelen. Heute,

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nach dem 2. Weltkrieg haben Deutsche und Französen wieder Freundschaft
geschließen.
Schon damals war Europa eine pluralistische Nation und war so ein idealer
Geburtsstaat der deutschen Kultur und Politik.

Friedrich Schlegel war ein reger Kopf. Später hat er eine interessante Wende
(preobrat) gemacht. Er hat eine Zeitschrift in Wien herausgegeben (1812-13):
DEUTSCHES MUSEUM. Diese war eine interssante Zeitschrift, weil dort Jernej Kopitar
gearbeitet hat und weil diese Zeitschrift die Entwicklung von Formen widerspiegelt.
Athäneum war eine kosmopolitische Zeitung. Deutsches Museum war aber eine
deutsche Zeitschrift. Alles was Deutsch war, wurde hochgehoben, Einzementierung
der deutschen Romantik. Man schreibt Beiträge zu dem Niebelungenlied, zur
nordischen Dichtungskunst. Die Tendenz war, weg von Kosmopolitischen zum
Nationalen zu gehen. Deutsches Museum war also die wichtigste Zeitschrift jener
Zeit.

Friedrich Schlegel hat auch eine schöne Äußerung gemacht, er hat gesagt: "Ein
Kunstwerk muß nie vollständig werden."
Die Frühromantik ist eine Bewegung von ganz jüngen Leuten. Das beste haben sie in
ihrem 2./3. Lebensjahrzehnt geschaft.

8.12.1998
AUGUST WILHELM SCHLEGEL war der ätere Bruder von Friedrich, aber er hat länger
gelebt als Friedrich. August Willhelm war so wie Friedrich verheiratet. Er hat eine Zeit
eine sehr wichtige Frau zu Ehefrau gehabt. Das war die Caroline Schlegel. Die
Caroline Schlegel hat man so bezeichnet: Eine der größen Frauen der Geschichte, ein
Wesen volles Zauber und Verderben. Sie hat sich in Briefen, Gesprächen geäußert.
Sie gab Anregung, war eine sehr intelligente und sinnliche Dame. Sie war sehr
einfalsreich und unkonvenzionell, unberechenbar. "Die Dame Luzifer", nannte sie
Schiller.

August Wilhelm Schlegel war ein berühmter Literaturhistoriker. Er hat Vorlesungen


mit dem Titel: Zur Geschichte der Weltliteratur in Berlin, Wien gehalten.
Er hat sich für die indische Dichtung und Sprache fortgesetzt. Er hat die großen
Dichtungen der Indier herausgegeben in der Originalsprache und -Schrift (indisch).

August Wilhelm war der Begleiter der Mme. De Stael. Er wurde für einen literarischen
und pädagogischen Berater auf ihrer Reise durch Europa gehalten. Er wurde dadurch
als ein Mann hinter der Frau, ein richtiger Vermittler zwischen der deutschen und
französischen Literatur und Kultur. Das Werk über Deutschland hat sie unter dem
Einfluß von August Wilhelm geschrieben. Die erste Auflage wurde auf Befehl von
Napoleon vernichtet. So mußte die zwiete Auflage in London erscheinen.

Die allegrößte Leistung von Wilhelm August sind seine Übersetzunge von
Shakespeare. Er hat 17 Dramen von Shakespeare übertragen im Versmaß des
Originals. Die Sprache des Verses hat er übereingehalten. Das war eine sogenannte
Nachschrift von Shakespeare.

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Dadurch hat er auch die großen Verehrer von Shakespeare, die Sturm und Dränger
(Lenz, Goethe, Herder), die sich nur theoretisch auseinandergesetzt haben, angeregt.
Shakespeare wurde durch August Wilhelm im Bewußt zum wichtigsten deutschen
Dichter. Er gehört dadurch zu einem der meistgespielten Autoren auf der deutschen
Bühne und ist wichtig für die deutsche theaterwissenschaftliche Entwicklung. Neben
Goethe und Schiller ist er der dritte "deutsche" Klassiker auf der Bühne.

Was August Wilhelm Schlegel nicht übersetzt hat, hat unter der Anleitung durch
Tieck, seine Tochter Dorothea übersetzt und auch Baudisier.
August Wilhelm hat den größten Teil von den Stücken des Spanier Calderon
übersetzt.

Einer der repräsentativsten Dichter der frühromantischen Bewegung ist


LUDVIG TIECK (1773 - 1853)

Er hat eine Zeit lang in Jena gelebt. Wurde in Berlin geboren als Sohn eines
Seilermeisters (vrvar). Er selbst studierte Philosophie und Literatur in Halle, Göttingen.
Tieck war ein guter Freund von Wackenroder. Mit ihm ist Tieck durch Deutschland
gewandert und hat die Malerei studiert.
1794 - 1799 war er in Berlin.
1799 - 1802 war er in Jena, wo er mit Brüder Schlegel befreundet war und auch mit
Novalis, Brentano und ab und zu hat er in Weimar auch Schiller und Goethe
getroffen.
Er reiste viel nach Italien, Frankreich.
Seit 1819 blieb er in Dresden und wurde Dramaturg des Hoftheaters. Dann wurde er
nach Berlin berufen.

Für uns hat er einige unvergeßliche Märchen geschrieben. Er hat ein berühmtes
Theaterstück verfasst und hat 3 Nachläße herausgegeben von Wackenroder, H. von
Kleist und er hat einen großen Sturm und Drang Dichter entdeckt J.M. Lenz. Sein
Literaturwerk hat Tieck auch herausgegeben. Lenz hat nicht nur 2 Dramen und 1
Gedicht geschrieben, er hat auch Theaterstücke geschrieben, hat übersetzt aus
Latein, Französisch, Englisch. Er hat viele Gedichte geschrieben und hat
Shakespeares Aufsatz verfasst.

Tieck ist auch Mitherausgeber von dem Roman von Novalis HEINRICH VON
OFTERDINGEN.
Novalis starb an der Arbeit dieses Romans und Tieck hat ihn teilweise zu Ende
geführt mit Hilfe Novalis Themenschriften.

Tieck war auch ein fleißiger Mitarbeiter des Athäneums. Aber er war eher ein
Erzähler als ein Philosoph.

Ludwig Tieck ist auch aus einem anderen Grund sehr wichtig. Er wurde von den
ersten deutschen Schriftstellern der erste Städter, ein echter Großstädter in der
Deutschland. Er hatte landliche Lebensforme beschrieben. Später kommt es zu einem
großen Zuwachs der Bevölkerung. Die Landarbeiter waren immer mehr pleite und

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gingen in die Stadt. Die Zunftordnung (cehovski pravilnik) geht kapput. In Berlin gab es
damals auch 30 000 Soldaten. Das waren Männer, die man nicht kannte und zum
ersten Mal kommt es zu einer Art Kollektivierung und Anonymisierung. Das waren die
Tendenzen der wahren Wirklichkeit und das hat Ludwig Tieck bearbeitet. Die
Kollektivierung und die Anonymisierung waren für Tieck prägend. Der Mensch war
ausgeliefert, als Individuum hat man nichts mehr zu sagen. Das war eine neue
Konstelation.

Ludwig Tieck hat versucht eine Literatur zu schaffen, wobei er sich nach Shakespeare
und seinen Werken orientiert hat. Für ihn war Shakespeare prägend, die Dichtung
von Serwantes (als Erzähler), der junge Goethe (als Sturm und Dränger) und Novalis
(als ein Zeitgenosse). Ludwig Tieck beschäftigt sich mit dem Minnesang, mit
Volksbücher und barocker Texten - mit der Kulturvergangenheit Europas.

Tieck war ein Denker. Er hat sich mit dem Begriff Poesie verfasst. Die Poesie
verwendete er auch als eine besondere Hochschätzung für Malerei, Musik,
Naturerscheinungen und für die Form des religiösen und gesellschaftlichen Lebens.

Der junge Tieck war vom Theater besessen. Er hat gehofft auch zu spielen, aber das
gelang ihm nicht. Er hat sich versucht in der Anlehnung an das deutsche bürgerliche
Trauerspiel und in der Anlehnung an Shakespeare und an der Commedie dell` Arte,
auch in sogenannten Schicksaldramen im ritterlichen Milieu. Das heißt, Tieck hat sich
an fremden Vorbilder und an der eigenen Vergangenheit gehalten. Man versucht so
eine Art von Symbiose und das ist es Tieck gelungen in diesen Schicksaldramen.
Tieck hat auch grusliche Geschichte und Liebesgeschichte geschrieben. Er war ein
begnadender Erzähler.

Mit 21 Jahren hat Ludwig Tieck einen dicken Briefroman geschrieben:


GESCHICHTE DES HERRN WILLIAM LOVELL.
In diesem Roman wird so wie in Goethes Werther eine Geschichte eines jungen
Mannes beschrieben. Dieser Mann ist ein moderner Mensch, der Sohn seiner Zeit, er
ist ein Nihilist, Verführer, Bösewicht.
William Lovell hat mit einem Zeitphänomen zu tun: mit der Langeweile. Das ist nicht
die Langeweile, wie wir sie heute kennen. Hier geht es um das Phänomen der
sogenannten Zeitangst. Das bedeutet eine scharfe Diagnose der Gegenwart in
welcher dieser Held William Lovell situiert ist und er muß mit diesem Phänomen
fertig werden.
Die Langeweile war ein Phänomen mit dem sich die ganze Weltliteratur
auseinandergesetzt hat und sie behandelt hat.

Dieses Buch ist als Gegenpol von Goethes Roman Wilhelm Meisters Lehrjahren
konzipiert worden und die beiden kontrastieren sich. Sie erschienen aber in der
gleichen Zeit, weil die nihilistische Dimension des Romans in beiden Romanen
vergegenständlich wird.
Goethe hat einen Bildungsroman geschrieben im Geiste der Positivität der
Versohnung, was der William Lovell nicht ist. Der William Lovell ist ein Briefroman
der auf einer Art und Weise und unter anderem Aspekt als Goethe eine andere
erzählerische Bilanz der sozialen Prozessen des 18. Jh. ist.

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Dieser Briefroman ist ein romantischer Roman, der volle Reiseberichte, Reflexionen,
Geständnissen ist. Die Welt ist eine bunte Welt von englischen Aristokraten, Diener,
parieser Kokotten und italiänischen Mädchen - es ist ein bunter Roman. Nur diese
Gesellschaft ist schon eine diferenzierte.

Bei Goethe denken Menschen nach, sie reflektieren und sind irgendwie
herausgehoben. Tieck kannte aber andere Lebensschichte. Goethe war ein
Großbürger und kommunizierte mit Adligen. Tieck dagegen war ein Kleinbürger, die
mit anderen Ständen kommunizierte. Bei ihm denken alle Menschen nach, sie
machen sich Gedanken zu ihr selbst und zu der Welt. Damals war das etwas Neues,
wie Tieck geschrieben hat.
Deswegen ist William Lovell ein negativer Mensch, ein Bösewicht, ein Mensch, der
nicht im Stande ist, seine eigene Identität zu finden. Er wird ein Verbrecher, hat viele
Feinde und läßt sich am Ende von einem Rächer erschießen.

William Lovell ist auch ein Reiseroman. Das Reisen vermittelt ihn das Gefühl der
Flüchtigkeit aller Situationen. Das ist ein Gefühl wie im Zeitalter des Barocks. Die
Lebensordnung ist kompiliziert und dazu gibt es noch das Phänomen der Langeweile.

Ludwig Tieck hat das Buch genannt "Ein Archiv meiner Irrtümer". Für uns ist es
interessant als ein Spegelbild jener Gesellschaft. Es informiert über die Gesellschaft,
welche Figuren wurden dargestellt.

Ludwig Tieck hat ein weiteres Prosawerk, einen Roman geschrieben:


PETER LEBRECHT. EINE GESCHICHTE OHNE ABENTEUERLICHKEITEN. (1785)
Das ist ein humoristisches Werk, ein reflektierendes Erzählwerk. Hier hat sich Tieck
der humoristischen Muse ausgetan (auf den Teller tun). Er hat versucht mit
verschiedenen Gattungen zu spielen. Er hat diese Gattungen nicht ernst genommen,
hat verschiedene Stile parodiert (wie eine historische Kronik).

Ludwig Tieck war ein großer Verehrer von Volksbücher. Diese hat er massenweise
(množično) entdeckt. Einer der sowohl Volksbücher und Puppentheater in Anspruch
nahm, war Goethe und sein Faust. Dieses Werk Faust ist im Anlehnung an einem
Volksbuch Die Historia von Dr. Johannes Faustes entstanden und an der Anlehnung
an das Puppenspiel Dr. Johannes Faustes, das Goethe in seiner Kindheit besuchte.
In seinem Werk speist Goethe von der Antike: Faust, Grätchen Motiv (Oidipus
Komplex). Obwohl Goethe Klassiker war, hat er durchaus (povsem) auch die Dichtung
anderer Zeit verstanden und in Anspruch genommen. Wie z. B. in Ifigenie, Torquatto
Tasso. Er hat schon versucht romantisch vorzugehen, aber anders als die
Romantiker.
Ludwig Tieck hat das Volksbuch geschätzt als eine wahre Quelle der Poesie.

Wie schon gesagt, war L. Tieck ein Freund von Wackenroder und so ist er viel zu Fuß
durch Deutschland gewandert und unter diesem Aspekt soll noch ein dritter Roman
betrachtet werden. Das ist Tiecks Roman FRANZ STERNBALDS WANDERUNGEN.
EINE ALTDEUTSCHE GESCHICHTE. Dieser Roman ist bekannt mit dem Titel FRANZ
STERNBALD (1798).

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Das ist im Grunde genommen kein Roman, es ist ein Fragment. Ein Roman, eine
fragmentarische Bildungsgeschichte von Franz Strenbald, der ein Kunstler ist.
Das war einer der ersten Kunstromanen in der Romantik. Die Romantik war jene
Bewegung, die sich für die Kunst interessierte nicht nur als Objekt, aber auch als
Dichtung. Kunstler - Kunsteltum, das war die Problematik der Romantik. Es gab viele
Reflexionen zur Kunst und es stellte sich die Frage, wie steht der Kunstler in der
Politik.

Franz Sternbald ist ein Kunstler, ein Schüler von Dürer, der eine Bildungsetwicklung
in der Sache der Kunst / Malerei gamacht hat. Er reiste viel durch Deutschland,
Holland, Straßburg, Florenz, Rom. Er besuchte also alle Kunstzentren des 16. Jh. Er
reiste zu Fuß und traf Menschen, mit denen er sich unterhiel über die Malerei, Musik
und über die Landschaftseindrücke, Lebensbedingungen, Nöte und Freude der
Künstler. Die Wanderung sollte Franz am Dürers Schloß in Nürnberg enden.

Das ist ein Buch, das in der gleichen Zeit wie Wilhelm Meister von Goethe erschien.
Es gibt Fragen nach der Suche der wahren Schönheit, nach der Geliebten, die nur in
einem Augenblick erscheinen ist. Es geht auch um eine Suche nach dem echten
Vater, das bedeutet die Suche nach seiner eigenen Identität. Aber das Buch ist ein
Fragment geblieben und deswegen gab es keine Antwort auf diese Fragen.

Für die künstlerische Breite des Werkes ist bedeutend, daß nicht nur Raffaelo und
andere fremde Künstler wichtig sind, aber auch die alldeutsche Malerei. Es geht um
eine Wiederentdeckung der deutschen Malerei. Zum ersten Mal wurde ein Kunstler
so dargestellt, wie er ist, er wird zum Inbegriff (utelešenje) des Menschen. Die Künstler
werden zum Gegenstand der Kunst.
Hier gibt es außer der äußerlichen Verbindung zur Malerei auch die innere
Verbindung. Tieck hat die Landschaften beschrieben, das war eine einsame
Landschaft. Sparchlich hat er das auf dem gleichen Niveau gezeigt, wie es Kaspar
Friedrich das verstanden hat. Auf seiner Reise trifft Franz Sternbald viele schöne
Gärten und Schlösse.

Bei Firedrich Schlegel machen wir uns bekannt mit einer romantischen Ironie, die
eine gegenseitige Aufhebung aller Standpunkte ist. Die Ironie bezeichnet er als die
Flucht ohne Ende. Sie ist eher eine Haltung, sie hat man oder sie hat man es nicht,
man verträgt sie oder man verträgt sie nicht. Friedrich Schlegel hat über sie nur
gesprochen und Ludwig Tieck hat sie verwirklicht in einem schönen Märchen, daß
zwar kein Märchen ist, sonder ein Theaterstück und hat einen märchenhaften Titel:
DER GESTIEFELTE KATER (1797). Etwas ähnliches hat L. Tieck auch in einem
anderen Drama versucht: DIE VERKEHRTE WELT.

DER GESTIEFELTE KATER kommt nicht von Tieck. Er kommt direkten Weges aus
dem französischen Märchen. Da gibt es einen Autor Charles Perrault Contes De Ma
Mere L`oie [čarl pero kont de ma mer lua]: Erzählungen meiner Mutter, der Gans. Das ist
eine berühmte französische Märchensammlung, wo der gestiefelte Kater vorkommt.
Diese Geschichte macht den Grund / die Basis dieses Theaterstücks aus. Es geht um
eine Geschichte des 3 Söhnen (wie damals das üblich war), der Vater stirbt. Alle 3
Söhne bekommen etwas. Der junge Sohn bekommt aber gar nichts außer einen

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Kater. Und was soll er mit dem machen? Der Kater war ein ausgebildeter, er konnte
sprechen, denken wie ein Mensch, und sagte, sein Besitzer solle ihm ein paar Stiefel
machen lassen. Der junge Sohn ließ ihm sie anfertigen. Der Kater begann dann aus
Dankbarkeit zu handeln und verhilft so seinem Besitzer zu einem großen Vermögen
zu kommen und zu einer Geliebten, einer reichen Prinzessin. Es gibt wunderschönen
Szenen da. Es gibt aber auch einen bösen König, der allen schaden will. Dieser König
soll zaubern können und der Kater fragte ihn ob er sich auch in eine Maus
verwandeln kann und dann frißt der Kater ihn als eine Maus.

L. Tieck versuchte daraus ein Theaterstück zu machen, es geht in der Romantik


sowieso um eine Strebung nach der Entgrenzung aller literarischen Grenzen.
Auf der Bühne sitzen Zuschauer und dann kommen noch der Regisseur, der
Thaterdirektor, der Dichter, .. vorbei. Das Publikum unterhiel sich miteinander und
fragte sich, was da gezeigt werde. Der gestiefelte Kater ist ja ein Märchen und die
Märchen sind nicht für die Erwachsene geschrieben. Was ist jetzt das - wir sitzen auf
der Bühne und sollen uns ein Märchen ansehen? Auch die Schauspieler auf der
Bühne beginnen zu streiten. Es kommt zu einen allgemeinen Konfusion auf der
Bühne. Es wird über die Gattung des Theaterstücks nachgedacht - ist die Illusion
erlebt oder nicht? Kann ein Stück märchenhaft sein oder nicht? Das Publikum muß
jetzt besänftigt (pomiriti) werden und so zeigen sie ihnen Die Kulisse der Flote.
Es wurde überlegt, was soll die Kunst? Was sollen ein Autor, ein Schauspieler, ein
Dichter dazu? Die Kunst wird zum Thema des jeweiligen (konkretnega) kunstlerischen
Objekts.
Bei Tieck ist das nicht irgendein Theaterstück auf der Bühne. Es wurde ein
mißglücktes Theater gezeigt. Alle wurden ausgepfifft, alle sind unglücklich, weil sie
das alles nicht verstanden haben.
Dieses Theaterstück ist ein Spiel im Spiel, ein Stück im Stück. Wo gibt es, daß die
Schauspieler aus sienen Rollen fallen und mit den Kollegen auf der Bühne über das
Stück streiten? Das hat man Verfremdung genannt, die B. Brecht in dem epischen
Theater witergeführt hat. Das ist ein Stück, wo die romantische Ironie das größte
Getriebe (gonilo) hat, ein Stück im Stück. Es ist ein Spiel mit der Illusion, wo eine
fiktive Theatergruppe aufzuführen versucht wird. Fiktiv bedeutet, daß die echten
Schauspieler eine Theatergruppe spielen, die eine fiktive ist, weil sie sich nicht an
den Rollen halten und vermittelten so keine Illusion, behalten keine Unterhaltung
vor. Man macht zörnig. Das ist eine wahre Widerspiegelung (odsev) des Theaters
gewesen, etwas Schockantes.

Dieses Stück ist ein sehr kritisches Stück. Es kritisiert den platten (plehek)
Rationalismus des Publikums, seine Erwartungen. Es zeigt die eitle (domišljavo)
Versammlung der Schauspieler. Es wird die enorme Prunksucht (zaljubljenost v blišč,
nečimrnost) gezeigt sowohl der Religion und des Publikums. Es ist andererseits auch
eine Demaskierung. Alle Schleier fallen unter und somit zeigt sich die nüchterne
(stvaren) Realität. Man sieht einen realen Zuschauer und Schauspieler auf der Bühne.

Ludwig Tieck war auch ein großer Verehrer der Volksbücher und die hat er für eine
wichtige Quelle der romantischen Dichtung gehalten. Er hat sie gesammelt,
bearbeitet und herausgegeben: Haymonskinder, Die Schildbürger, Die schöne
Magelone.

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Tieck war berühmt als Märchendichter. Das ist sein wertvollster Beitrag zur
romantischen Dichtung. Es ist eine Begründung der modernen Gattung - das
moderne Kunstmärchen.

DER BLONDE ECKBERT, wo er mit der Illusion bricht, wo es um Mord, Inzest geht.
Da gibt es keine heile Welt mehr. Es gibt keine Belohnung für das Gute, es geht um
eine kleine märchenhafte Welt, die da dargestellt wird.

Ludwig Tieck hat lange gelebt. Nachdem Goethe tot war, war Tieck für den größten
Dichter seiner Zeit gehalten. Vorallem Bettina Brentano (eine sozial angagierte Frau,
Frau eines Dichters, eine romantische Autorin, mit Goethe verwandt) hat ihn aber
nicht gemocht und hat sich nach Goethes Tod über Tieck geäußert, er wäre nur ein
Däumling (palček) im Vergleich zu Goethe.

WILHELM HEINRICH WACKENRODER (1773 - 1798)

Wackenroder war ein Freund von Ludwig Tieck.


Auch er war Berliner, in Berlin geboren, und war wie Tieck ein Städter.
Seine Familie war streng pietistisch und preußisch. Das war für Wackenroder fatal,
weil er auf Vaters Befehl Jura studieren mußte, in was er aber nicht interessiert war.
Er mochte Kunst, die er auch dann studierte und er hat vile deutsche Texte gelesen.
Wackenroder hat viel zu Fuß gewandert durch Franken (Nord Bayern), wo er die
Malerei Dürers und Raffaels entdeckte. Er hat die deutsche Arhitektur und Musik
studiert. Als Zeichner war er sehr begabt, hatte ein sehr angeborenes Verhältnis zu
Musik. Deswegen konnte er alle 3 Kunstbereiche: Musik, Malerei und Literatur
beherrschen und hat in diesem Sinne Erzählunge geschrieben.
So hat er ein erzählerisches Werk geschrieben mit dem Titel:
HERZENSERGIEßUNGEN EINES KUNSTLEBENDEN KLOSTERBRUDERS (1797).
Dieses Werk wurde nach seinem Tod von Tieck herausgegeben mit dem Titel:
Phantasien über die Kunst.
Das ist im Grunde genommen ein autobiographisches Werk, daß entstanden ist als
Frucht seiner Wanderungen durch Bamberg, Franken, wo er sich mit der deutschen
Malerei und barocker Architektur und Musik bekannt gemacht hat.

Diese beiden Werke sind literarische Früchte der literarischen Erlebnissen. Für die
Kunstanschauung (umetniški nazor) von Romantik haben sie eine ähnliche Bedeutung
wie die Kunstanschauungen von Lessing für die Aufklärung.
Wackenroder ist ein großer Kunsttheoretiker der Romantik. Er war einer der ersten,
der gesagt hat, daß die alldeutsche Kunst gleichwertig ist mit der Kunst der Antike,
Renaissance. Dürer ist für Wackenroder und für Tieck als Raffaelo gewesen. Er hat
das auch in seinen Werken sehr schön formuliert.
Daher hat er in Anschluß an Herder (Sturm und Drang) die Idee von der prinzipellen
Gleichwertigkeit aller Epochen und aller Stile der Kunst weiterentwickelt. Natürlich ist
das ein historisches Denken, das in der Romantik lebendig wurde. Da begann man
sich auch in der Kunst für die Geschichte zu interessieren.

55
Ein Teil der HERZENSGIEßUNGEN ist auch eine Geschichte: Das merkwürdige
musikalische Leben des Tonkünstlers Joseph Berlinger. Dieser Teil ist vor allem
wichtig, weil Wackenroder hier zum ersten Mal von der Geschichte der Kunsttheorie
die Musik an allen anderen Künstler als gleichberechtigte Kunst postuliert (zahtevati).
Sie wurde genau so ernst genommen wie alle andere Künste. Wackenroder hat in
dieser Zeit die ungeheuere Werde eine absolute Musik zu komponieren (zu schaffen)
erkannt. Diese Musik ist von Mozart, Heide, ..., eingetretten. Sie war nicht mehr an
den Rahmen der Kirche, des Theaters gebunden, sondern sie haben eine
simphonische Misik komponiert, die absolut alleine da steht - Musik als Musik. Das
war eine große Wende in der Musik und auch in der Malerei gab sie es.

Da hat Wackenroder noch etwas erkannt, was seit dem auch wieder in der Romantik
thematisiert wurde und das war die andere Seite der Kunst (die eine Seite war: Kunst
ist zu Trösten da und zu Unterhalten). Die Kunstliteratur wird erhoben, aber
Wackenroder sagt, daß die Kunst auch zerstörerisch sein kann. Die Kunst ist von den
Produzenten her zerstörerisch. Thomas Mann und sein Faustus, ein Komponist, der
einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hat um Schaffen zu können. Dann wurde er
krank, er hat sich mit Sifilis angesteckt. Er wußte, daß er nicht mehr lange leben
wird, deswegen wollte er den Pakt mit dem Teufel abbrechen, aber das ginge nicht,
weil dieser Pakt 24 Jahre dauern soll. Nicht nur, daß Faust sterben mußte, er wollte
sterben. Faust hatte die Vision des Todes und des Teufels gesehen. Er schreibt und
schaft weiter aus Leiden an seiner Krankheit. Zum ersten Mal wird es offen
ausgesprochen, daß Sterben ein Leiden ist. Das war auch zum ersten Mal, daß die
dunkle Seite der Kunst gezeigt wurde.
Den Text im Deutschen Lesebuch lesen, S. 69 (Abschnitt rechts)

FRIEDRICH VON HARDENBERG - NOVALIS (1772 - 1801)

Die Familie von Hardenberg ist eine berühmte deutsche Familie, die viele Politiker
gegeben hat. Ein Freund von Kleist stammt aus dieser Familie.
Novalis war ein sehr begabter junger Mann. Er hat vieles studiert: Philosophie,
Rechtwissenschaften und Montanistik (Bergwissenschaft). Diese sehr verschiedenen
Studien hat er zu einem Abschluß geführt. Er interessierte sich wennig für die
Literatur, sie beschäftigte ihn so wenig als er sich selbst als Dichter beschäftigte.

Er war mit Fichte, Schiller, Brüder Schlegel bekannt.


Im Jahr 1795 verlobte Novalis sich mit der 13-jährigen Sophie von Kühn, deren Tod
(1797) ihn schwer erschütterte. Bald danach ist auch ihr Bruder gestorben, mit dem
Novalis sehr befreundet war.
Aus diesem Impuls heraus hat er die unvergesslichen Gedichte geschrieben:
HYMNEN AN DIE NACHT (1797). Diese wurden 1800 herausgegeben im Athenäum.

Novalis war wissenschaftlich sehr interessiert, hat mathematische Studien betrieben.


Er war auch sehr, sehr religiös, fast so, daß man bei ihm von einer religiösen Anlage

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gesprochen hat. Er hat sich versprochen, daß er seiner Verlobten nachsterben will.
Naturgemäß (naravno, skladno z naravo) hat er sich wieder gefangen können und hat
sich den zweiten Mal verlobt (1798) mit Julie von Charpentier. Bald danach ist er
gestorben und zwar an der gleichen Krankheit wie Sophie von Kühn.

Novalis war ein sehr origineller Denker und hat sich sehr oft in Fragmenten geäußert
- Blütenstaub und auch im Athenäum.
(einige von seinen Gedanken im Deutschen Lesebuch lesen - von der Literaturkritik)

Novalis hat nicht nur Gedichte geschrieben, sondern hat sich auch an Romanen
versucht. Den ersten Ansatzt hat er geschrieben als er 26 Jahre alt war. Damals hat
er einen unvollendeten Roman geschrieben DIE LEHRLINGE ZU SAIS.

Seinen zweiten Roman hat Tieck herausgegeben und der war HEINRICH VON
OFTERDINGEN. Dieser Roman ist ähnlich konzipiert wie Tiecks Franz Sternbalds
Wanderungen, wie Wilhelm Meister von Goethe. Er sollte den Wilhelm Meister
überbieten.
Heinrich ist ein beispielhafter (zgleden, značilen) Kunstler, ein Dichter und als solcher
ein einziger wahrer Mensch. Er versteht die Sprache aller Dinge und ist im Stande die
Gleichnisse (podoba, metafora) der Welt zu enträtseln. Hier wollte er zeigen, daß die
Poesie der alten Einheit vorhergehen soll. Nach dieser alten Einheit ist der Sänger
gleich wie ein Priester und gleich wie ein Prophet. So hat ein Dichter die Aufgabe die
alten Griechen zu verstehen und auch Novalis will sie so verstehen.
Dieser Roman ist nicht fertig und das merkt man. Es ist ein Roman von der Dichtung,
von der Liebe, von der Kunst. Es ist ein Roman, der durch orientalische, astralle (wo
der Inhalt die astralle Welt ist - Sterne) Märchen durchsetzt (prepreden, prepleten) ist und
durch Erzählungen. Das ist ein Werk in dem es Sagen, Novellen, Erzählungen,
Reflexionen und Gedichte gibt. Diese Gedichte sind besonders merkwürdig, weil in
ihnen der Inhalt des Buches programatisch wiedergegeben wird.
Es ist eine Geschichte von Heinrich von Ofterdingen, der gut gebildet war und auf
eine Reise mit seiner Mutter zu ihrem Vater (Großvater von Heinrich) geht. Auf dieser
Reise bildete er sich noch durch Mitreisenden, fremden Ritter aus. Wir kommen in
Kontakt mit einer ganz anderen Welt.
Seine Reisegefährten (sopotniki) sagten ihm, ein Aufenthalt auf einer fränkischen
Ritterburg bringt ihm die kriegerische Welt der Kreuzzüge nahe. Dort traf er eine
Morgenländerin Zulima, die ihm erzählte, wie Kreuzritter in ein gelobtes Land
(obljubljena dežela) gingen und dort Christen zu bekehren wollten. Die Zulima ist eine
Arabin, eine Muslin, die ihm gleichzeitig auch ihr Leiden entdeckte. Sie hat die
Kreuzzüge überlebt und sehnt sich nach der Sonne, nach ihrer Religion und nach
ihrer Heimat. Heinrich lehnt dieses arabischen Mädchen nicht ab, er ist sich bewußt,
daß sie ein Mensch ist.
Dann kommt Heinrich mit einem böhmischen Bergmann in Kontakt. Er erklärt ihm die
Bedeutung der Geschichte, der Tradition. Jeder Mensch braucht nicht alles zu
empfinden - man soll sich aber der Überlieferung der Zivilisation bewußt sein.
Am Schluß kommt Heinrich zu seinem Großvater in Augsburg, der ein Lebemann
(lahkoživec, uživač) ist und die Künstler unterstützte. Heinrich erwartet jetzt noch die
letzte Erbildungsstuffe eines Dichters. Der Vater von Heinrich war auch schon

57
künstlerisch begabt, aber er unterdrückt die Gabe in sich. Bei Heinrich kommt sie
aber zu vollem Ausdruck.
In Augsbur lernte Heinrich im Freundekreis des Großvaters den Dichter Klingsohr und
dessen anmutige (ljubek, mil) Tochter Mathilde kennen, zu der er eine tiefe Zuneigung
faßt. Träumend wird ihm bewußt, daß jenes Mädchensgesicht, zu dem der Kelch der
blauen Blume sich zusammenschloß, das Mathildes war. Der selbe Traum kündigt
ihm jedoch an, daß er sie verlieren, später aber erneut und für immer gewinnen
werde. Auch Mathilde liebt Heinrich, aber sie stirbt wirklich. Er erkennt sie dann
wieder in Träumen, in der blauen Blume. Diese blaue Blume ist seit dem ein fester
Begriff für die Romantik. Sie ist zu einem Symbol der romantischen Dichtung und
ihrer Sehnsucht nach dem Unendlichen geworden.
Der Tod der Mathilde erschütert ihn, aber das ist für ihn nicht das Ende und keine
Trennung.

Der Tod hat daher für Novalis auch eine erotische Färbung, der Tod bedeutet den
Schoß der Geliebten und so bedeutet es für ihn die Möglichkeit die Geliebte wieder
zu treffen in der anderen Welt.

Die Bedeutung der romantischen Bewegung in Jena

1. - Ihre größte Bedeutung ist die Anregung, die Idee nach ??Auge?? die alle
Romantiker und die Dichter bis zu heutigem Tag geprägt hat.
Durch sie üben sie immer noch einen großen Einfluß auf die Kunst und Literatur.

2. - Die Schwäche der Romantik war, daß sie immer sehr viel gewollt hat, aber wenig
ausgeführt hat. Sie hatte großartige Pläne und kleinere künstlerische und literarische
Resultate.

3. - Sie hat den historischen Sinn postuliert, begründet, geweckt und weiter geführt.
Es gab viele historische Denker.
Die Bedeutung der Geschichte in der Literatur und Kunst.

Die Rheinische oder die Heidelberger Romantik

Der Mittelpunkt ist der Heidelberg. Zwei Dichter machten diesen Mittelpunkt aus:
BRENTANO und ARNIM.
Zu dieser Romantik gehört ein Kreis von jünger Menschen, der sich von 1805
aufhielt. Diese Romantiker waren dort zu Hause, sie sind auch aus Jena und Berlin
gekommen.

Der erste wichtige Dichter der Heidelberger Romantik ist


CLEMENS BRENTANO (1778 - 1842)

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Er wurde bei Koblenz geboren. Er war ein Sohn des oberitalienischen Kaufmannes
und Enkel von Sophie von La Roche. Seine Mutter war Maximiliane La Roche, eine
Jugendfreundin von Goethe.
Brentano war ein begabter junger Mann, der gut erzogen war und hat große
Hoffnungen bezüglich seines Werdegangs gemacht. Trotz seiner Begabung und
Arbeit, die er geleistet hat, war er zu disziplinlos, zu impulsiv, zu stürmisch und
konnte sich in keiner Lebenslage halten. Er war außer Stande sein Charakter zu
zähmen.

Seine Freunde nannten ihn "ein Gedichter" und nicht Dichter. Er war ein guter
Lyriker. Jede seine nächste Strophe war besser. Was er zu perfektion beherrschte
waren zwei Formen und zwar das Lied und die Romanze.
Er war ein Sprachmeister und ein sehr guter Improvisator. Brentano schrieb mit so
einer Leichtigkeit, er war sehr virtuell (miselno močen). Er war aber kein großer Planer -
ein echter Romantiker.

Brentano hat den letzten volkstümlich gewordenen Mytos von Lorelei erfunden. Er ist
Erfinder der Ballade Lorelei. In der deutschen Literatur gibt es Nachfolge zahlreichen
Balladen von Lorelei. Die berühmteste entstand von Heine (Deutsches Lesebuch, S. 88).
Lorelei ist eine würdige Figur. Sie soll eine Nonne werden.

Die größten Werke Brentanos blieben alle Fragmente, so auch ein episches Zyklus
von geistlichen Gedichten:
ROMANZEN VOM ROSENKRANZ - unvollendet gebliebendes Versepos (1805 - 1811)
GODWI (1801) - Ein verwildeter Roman von Maria; aus 2 Teilen (der 1. Teil als
Briefroman angelegt)

Brentano hat unter den Romantiker viele Freunde gehabt. Er verkehrte mit Brüder
Schlegel, Tieck, Herder, Jean Paul, Goethe. Er hat zwei Mal geheiratet, aber
unglücklich.

Neben Gedichte schrieb er auch Märchen, er war ein Märchenmeister des


Kunstmärchens. Er hat 2 Märchenzyklen geschrieben:

1. - RHEINMÄRCHEN
Diese basieren auf alten Volkssagen von dem Fluß Rhein: die Melusine-Sage, die
Sage vom Rattenfänger von Hameln. Mit Hilfe diesen Volkssagen ist das eine
mytische Geschichte von Rhein. Diese Märchen sind grotesk, hier vermischte er
Seiensbereiche. Die Vergangenheit wirkt so verführerisch.

2. - Zyklus: DIE ITALIENISCHEN MÄRCHEN


Diese berühren auf Brentanos italienischen Erfahrungen. Sie sind sehr berühmt und
bekannt geworden.

Als Buch zu Brentanos Lebzeiten nur GOCKEL, HINKEL UND GACKELEIA. (1838)
erschienen. Diese Märchen stehen als freie Spiele der Phantasie.

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Ein guter Freund und später der Schwager von Brentano war
ACHIM VON ARNIM (1781 - 1831

Achim von Arnim war im Grunde genommen nicht romantischer Natur. Er ist in die
romantische Bewegung miteingeraten. Obwohl er ein verirrter (zaiti) Romantiker war,
sind ihm einige der besten romantischen Gedichten gelungen. Diese Gedichte waren
männlich und stimmungsvoll.

Seine Begabung war Epik - Prosa.


Er hat historische Romane geschrieben unter dem Einfluß Walter Scott (ein
englischer Dichter).
Er hat auch Novelle geschrieben:
DER TOLLE (verückte) INVALIDE AUF DEM FORT (Festung) RATONNEAU (1818).
Das war eine sehr berühmte Novelle, sehr ruhig, anmutig, elegant, wie nicht von
dieser Welt kommende Novelle.
Es ist eine Liebesgeschichte, wie zwei, eine Deutsche und ein Französe heiraten zu
einer Zeit als die Deutschen und Französen miteinander Kriege führten. Das war eine
Zeit der komplizierten politischen Situation. Der Französe wurde im Krieg verwundet
und dann gepflegt von dem deutschen Mädchen. Das Mädchen wird aber von nun an
vom Teufel besessen. Sie befreit sich später von dem Teufel, der aber an den
Geliebten von dem Mädchen ging.

DIE MAJORACHEREN (1822) - das sind 2 Novellen

ISABELLA VON ÄGYPTEN


Diese Novelle ist wie ein Roman konzipiert. Sehr anmutig (ljubek, mil) sind seine
Novellen, obwohl sie von schrecklichsten Dingen handeln. Schön, ruhig, sehr episch
ist alles geschrieben.

Zusammen mit Brentano hat Achim von Arnim noch ein Buch herausgegeben, eine
Sammlung von Volksliedern: DES KNABEN WUNDERHORN (1805)
In dieser Sammlung gibt es nicht nur Volkslieder, da sind auch Gedichte von
namhaften, beliebten, größten deutschen und fremden Dichter. Mit diesen Gedichten
sind die beiden aber sehr eigenwillig herumgegangen. Sie haben sie bearbeitet,
gekürzt.
Dieses Buch haben sie dem alten Goethe gewidmet, der damals schon 56 war. Er hat
es angenommen und weiter empfohlen. Goethe hat in der Jenaischen literarischen
Zeitung eine Kritik über das Buch veröffentlicht und obwohl Brentano und Arnim die
Gedichte verkürzt und manchmal auch geändert haben, hat Goethe sie als gut
befindet.
Dieses Buch ist so wichtig, kostbar und einverständlich, daß es in jede Familie passte.

BETTINA BRENTANO - VON ARNIM (1785 - 1859)

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Sie hatte mehr als 25 Jahre ihren Mann Achim von Arnim überlebt. Sie gehört dem
Jenaischen Kreis an und ist die Schwester von Brentano. Sie war die Seele eines
literarischen Salons, war sehr begabt und angagiert.
Bettina war die reinste Verkörperung des romantischen Wesens. Das zeigte sich
schon von ihrer Kindheit an. Sie fühlte sich so eins mit der Natur als wäre sie ein Teil
der Natur. Sie reagierte sehr ruhig auf die Naturgewalten und hatte keine Angst vor
Gewitter. Sie hat gerne auf die Bäume geklettert. Im Gewitter ist sie regelmäßig ins
Freie gelaufen. Sie ließ sich an einer Eisscholle herunter einem Fluß treiben. Diese
Erlebnisse mit der Natur hat sie auch selbst in einem Buch beschrieben.

Bettina von Arnim war eine Autorin und hat sich am besten in Briefen ausgedrückt.
Sie hat sich auch sehr oft zu der Rheinlandschaft geäußert. Wie ihr Bruder zeigt sie
sich bezaubert vom Rhein.

Sie hat viele berühmte Briefwechsel mit Goethe gepflegt, auch mit ihrem Bruder
Brentano und mit einer zu früh verstorbenen Freundin Günderode.
Sie hat ihren Briefwechsel mit Goethe herausgegeben aus merkantilischen (trgovskih)
Grunden unter dem Titel:

GOETHES BRIEFWECHSEL MIT EINEM KINDE (1835)


Sie ist mit diesen Briefen aber genau so umgegangen wie Brentano und Arnim in
ihrer Sammlung Des Knaben Wunderhorn. Sie hat vieles weggelassen aus diesen
Briefen oder zugeschrieben. Sie war mit der Originalität der Briefen nicht besessen.

Sie hat sich in die literarische und in die sozial Geschichte Deutschlands
hereingeworfen. Sie war eine geborene Brentanin. Sie stammte aus einem reichen
Haus, hatte eine gute Ausbildung. Nach dem Tote ihres Mannes hat sie sich
eingesetzt für die Sozialunterdruckten. Sie war politisch und sozial sehr angagiert. Sie
hat sich sehr viele Sorgen gemacht über diesen Elend auf dem deutschen Land. Sie
wollte die Mächtigen daran erinneren. Das war eine großartige Leistung, weil sie als
eine reiche Frau Gehör (posluh) leistete. Sie hat sich für nicht persönliche Probleme
angagiert. Sie war genau so angagiert wie die Vertreter des jungen Deutschlands.
(ihre Texte im Deutschen Lesebuch lesen)

In diesem Sinne hat sie 2 Bücher geschrieben. Das eine hat sie sogar dem König
gewidmet:
DIESES BUCH GEHÖRT DEM KÖNIG (1843)
Das zweite Buch hat den Titel: GESPRÄCHE MIT DÄMMONEN (1852)

KAROLINE VON GÜNDERODE (1780 - 1806)

Sie war eine romantische Dichterin. Sie hat es aber viel schwerer gehabt als Bettina
von Arnim. Sie war vom Leid umschatette, ziemlich trüb. In ihren Werken war die
Grundstimmung eine heitere (veder, jasen), wenn sie schon fröhlich waren.

Karoline von Günderode war die Angehörige des Adels. Obwohl sie atraktiv und klug
war, konnte sich keiner von ihren 2 Männern für sie entscheiden. Der eine war

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Creuzer, der sich mit den Symbolen und mit der Mythologie der alten Völker
(Griechen) befasst hat. Der andere war Souvignie, welcher der berühmteste
Rechtswissenschaftler in Deutschland war.

Die Familie Günderode war verarmt und da sie niemandem geheiratet hat, hatte sie
keine Wahl. Sie ist ins Kloster gegangen und lebte dort als eine Stiftsdame.
In ihrer Kreisen war es unmöglich zu Dichten. Sie spürte aber in sich eine große
Begabung, ein großes Bedürfnis, deswegen gab sie ihre Werke unter einem
männlichen Pseudonym TIAN aus. Sie hat Gedichte, Prosa und dramatische Versuche
herausgegeben.

Sie hat etwas sehr Romantisches getan. Sie war eine Freundin von Bettina und
anderen Romantiker und wurde in die Salons eingeladen. Sie lief in diesen Salons
immer mit einem kleinen Messer herum. Mit diesem Messer hat sie sich später
einmal auch umgebracht. Das war ein sehr romantischer Tod.

Sonst war Karoline sehr begabt und genial.

Es gibt ein schönes Buch von der ehemaligen DDR von einer Autorin geschrieben:
Christa Wolf (1930). Sie hat einen wunderschönen Roman geschrieben: KEIN ORT.
NIRGENDS.
Da hat sie eine einfache Geschichte geschrieben von 2 Menschen, die sie vorstellen
versucht hat. Diese beiden hatten keinen Erfolg beim Schreiben und beide haben
durch Selbstmord ihr Leben beendet. Das waren H. Kleist und Karoline von
Günderode. Sie schrieb, als sie sich kennen gehabt hätten. Es gab aber keine
Beweise dafür, auch im Buch gab sie es nicht. Christa Wolf hat die beiden
zusammengeführt in einem literarischen Salon an einem literarischen Nachmittag im
Hause von Brentano, wo die ganze Welt da war. Kleist und Karoline haben die
Wesensverwandschaft gespürt, sie waren aber zu scheu miteinander zu
kommunizieren.
Christa Wolf hat alles sehr gut litararisch bearbeitet.

JOSEPH GÖRRES (1776 - 1848)

Er wurde in Koblenz geboren. Er war ein Freund von Brentano und Achim von Arnim,
ein Freund als Mensch und auch als ein Literat. Die alle drei haben eine große
Neigung zu älterer Literatur gespürt. So besonders für sie war dieses Verhältnis zu
der Zeit. Genau so wie Brentano, war die Zeit für Görres die Entfernung von
Geheimnissen der Welt. Je mehr die Völker in der Vergangenheit liegen, je
unvorstelbarer war ihr Verhältnis zu der Natur und zu früheren Völkern und Kriegen.
Es gab ein Phänomen, das man beginnt zu verklagen. Und zwar verklagt man das
Verhältnis zu der Natur, die Ganzheit, die Totalität. Diese Bindung geht den
Romantiker entgültig verloren. Es hat keine Einheit mehr gegeben. Das war ein
Zustand, den die früheren Menschen noch kannten. Jetzt kommt aber dieses
Fragmentarische daher.

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Joseph Görres hat sich mit der Vergangenheit wissenschaftlich auseinandergesetzt
und hat geschrieben: DIE DEUTSCHEN VOLKSBÜCHER. Hier hat er das
obengennante Phänomen beschrieben.

Dann hat er noch etwas geschrieben: MYTHENGESCHICHTEN DER ALTEN WELT.


Hier hat er sich als einer der größten Prosaisten und Erzähler der deutschen Sprache
gezeigt.

Er war Publizist. Er war Europaweit gefürchtet als Herausgeber der ersten


bedeutenden politischen Zeitung in Deutschland: DAS RHEINISCHE MERKUR.
Diese Zeitung ist in den Jahren von 1814 - 1816 erschienen und zwar 3 - mal
wöchentlich.
Die Zeitung hat naturgemäß die Deutschen im Kampf gegen Napoleon mobilisiert.
Napoleon hat die 5 Großmachten Europas niedergeschlagen. Diese waren England,
Frankreich, Russland, Österreich und die Zeitung: Das rheinische Merkur. Deswegen
war er unbeliebt in Deutschland.?
Joseph Görres hat sich für eine freicheitliche Verfassung und für einiges Deutschland
eingesetzt.

BRÜDER GRIMM:
JAKOB GRIMM (1785 - 1863) und WILHELM GRIMM (1786 - 1859)

Es gab aber 3 Brüder Grimm. Den dritten haben Jakob und Wilhelm unterdrückt. Er
war Maler.
Jakob und Wilhelm Grimm waren Wissenschaftler, Universitätsprofessoren und
wurden aus Göttingen entfernt. Sie waren auch Mitglieder der Akademie in Berlin
und Sprachwissenschaftler.
Im Jahr 1805 haben sie einen formalen Entschluß zusammen zu leben und zu wirken
getroffen. Sie haben als Bibliothekare in Göttingen gearbeitet. Aber einer von den
beiden mußte heiraten und das war Wilhelm. Seine Frau hat dann für alle gesorgt
auch für den Schwager.

Auf der Suche nach Volksmärchen wurden Jakob und Wilhelm von einem
romantischen Maler animiert. Dieser Maler hat ein Märchen von einem Fischer und
seiner Frau gemahlt. Diese Geschichte war auch eine Anregung für den Dichter
Günther Gras (Der Butt - ploščata riba).
Nach diesem Märchen von dem Fischer und seiner Frau haben die Brüder Grimm
eine Sammlung herausgegeben, mit dem Titel: KINDER - UND HAUSMÄRCHEN (1812
- 15).
Das ist eine Sammlung von Volksbüchern, von Märchen mündlicher Überlieferung
und aus Schriften aus dem 14. Jh. Diese Sammlung gehört zu den meist gedruckten
Werken der deutschen Sprache nach der Bibel vom Luther.
Die sprachliche Hauptarbeit hat Wilhelm geleistet. Er hat die Sprache bearbeitet, er
hat sie aus den Dialekten umgeschrieben. Der Stil in diesem Werk ist die Sprache
von Wilhelm und nicht die Sparche von den Märchen.
Dieses Werk gehört zu den klassischen Werken der deutschen Prosa (lese es).

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Es gab 2 Methoden zur Festhalten der mündlich überlieterten Dichtung:
1. - so ausgeben, wie sie mündlich überliefert wurden
2. - was man bekennt, soll man auf den neulichen sprachlichen Stand bringen
Heutzutage werden immer noch diese Sagen gesammelt, aber sie werden auf ein Tonband
aufgenommen.

Wilhelm Grimm hat noch ein Buch herausgegeben:


DIE DEUTSCHEN HELDENSAGEN (1829).
Dieses Werk war nicht so populär als Die Kinder- und Hausmärchen.

Jakob Grimm hat auch 3 Sammlungen herausgegeben.


DIE DEUTSCHE MYTHOLOGIE
Das ist die erste Darstellung der germanischen Götterlehre (spricht über
germanischen Götter).

Sonst war Jakob Sprachwissenschaftler. Sein Lebenswerk ist ein den größten, das ein
Wissenschaftler je hinterlassen hat. Dieses Werk ist bis zu heutigen Tagen das
umfangsreichste. Das ist DIE DEUTSCHE GRAMMATIK (1819 - 1837).

Ein Riesenwerk begonnen Jakob und Wilhelm Grimm im Jahr 1838 unter dem Titel
DAS DEUTSCHE WÖRTERBUCH zu schreiben.
In dieser Zeit wurden die Brüder als Professoren der Universität in Göttingen
entlassen und waren ohne feste Tätigkeit. Ein Leipziger Verleger schlug den beiden
vor, ein großes deutsches Wörterbuch zu schaffen und das taten sie.
Hier wollten sie alle Wörter des deutschen Wortschatzes sammeln, von Luther bis
Goethe, der ein Zeitgenosse von Jakob war. Jakob Grimm hat 25 Jahre selbst daran
gearbeitet. Seine Bekannte, Verwandte, Freunde hat er gebeten Wörter für ihn zu
sammeln und sie ihm zu schicken mit der Bitte auch zu schreiben, was die einzelnen
Wörter bedeuten und aus welcher Gegend sie stammen. Das alles hat er versucht zu
fixieren. Wie groß dieses Thema war, beweist, daß das Wörterbuch erst im Jahr 1961
beendet wurde. Es gibt 32 Bände.

Die Berliner Romantik

Es gibt sehr viele romantischen Bewegungen und da darf man nicht vergessen, daß
die Romantiker sehr mobile Menschen waren. Viele von Romantikern waren in Berlin
schon geboren, die anderen studierten in Berlin und sind dann noch nach Jena,
Heidelberg gegangen. So daß die romantischen Bewegungen nicht isoliert zu
betrachten sind. Die Romantiker sind ständig gereist und haben sich besucht.

Berlin war eine Großstadt, wo es viele literarischen Gesellschaften gab. Die


Romantiker waren miteinander befreundet, wie z. B. Tieck, Wackenroder, Achim von
Arnim, Hölderlin, ...
Der Berliner Romantikkreis war weniger geschlossen als er sich vorstellt. Auch die
Brüder Grimm sind nach Berlin gegangen.

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Der größte Romantiker aus Berlin war
ERNST THEODOR (WILHELM) AMADEUS HOFFMAN (1776 - 1822)
(E.T.A. HOFFMANN)

Er soll Rechtsanwalt aus Königsberg werden, später arbeitete er am Regierungsrat in


Posen, Plotzk, Warschau. Er war ein Mann von vielen Talenten, er war Maler,
Zeichner, Karikaturist, Bühnenbildner. Auch war er ein sehr breiter Komponist und
Dirigent. 1808 nahm er eine Stelle als Theatermusikdirektor in Bamberg an, wo er
einige musikalische Werke schrieb.
Er war auch Erzähler. Persönlich war er am wenigsten beeindrückt von seiner
erzählerischen Begabung. Er hat lange nichts über sie geschrieben, erst letzten 10
bis 15 Jahre seines Lebens.
Sonst hat er vor allem als Komponist, Maler und Jurist gearbeitet. Er war sehr fleißig.
Man nannte ihn auch Gespenster Hoffmann, weil er vil getrunken hat und in dem
betrunkenen Zustand hat er Gespenster gesehen.

Er konnte mit großer Leichtigkeit schreiben, produzieren. Deswegen hat er gerne


mehrere Geschichten zu verschiedenen Zyklen zusammengefasst. Ein berühmtes
Zyklus von Hoffmann ist:
PHANTASIEN IN CALLOTS MANIER
Manieren - wie man sich benimmt.
Callot - Hoffmann war ein Maler, der die Kunstgeschichte gekannt hat. Callot war ein
Zeichner, Maler aus dem 16./17. Jh., der so gezeichnet hat, daß er dem Hoffmann in
die Augen gesprungen hat. Das hat Callot in einer eigenartigen Mischung getan.
Seine Zeichnungen sahen aus einer Seite sehr realistisch aus, von der anderen Seite
aber waren das seltsame Karikaturen.

Hoffmann hat gesagt, daß so wie Callot zeichnet, auch er zeichnen möchte. Er wollte
in die Sprache Phantasie bringen. Er wollte irreal, aber doch sehr realistisch bleiben.

Das ist Hoffmann in einem Meisterwerk gelungen, in einem Zyklus:


DER GOLDENE TOPF. Ein Märchen aus der neuen Zeit.
Erschienen im Jahr 1814 als dritter Band der Phantasiestücke in Callots Manier.
Das ist eine Erzählung eines Studentens Anselmus. Er ist ein irrer Kopf, interessiert
sich für alles Mögliche und hat sich in ein jünges Mädchen verliebt. Das Mädchen war
aber eine Schlange: schöne, kleine, winzige, goldene, liebliche. Hoffmann hat in der
Geschichte dargestellt, wie Anselmus dieses Mädchen vermißte, suchte, ... Er
überschreitet diese Seiensbereiche, geht in die Phantasie hinein, da, in der realen
Welt. Wenn man beim Lesen nicht allzusehr mit dem Kopf ist, kann man diese
Geschichte sehr genießen, weil sie mit großartiger Souverenität geschrieben ist.

Hoffmann hat auch einen Roman geschrieben, der ganz im Nachfolge des
Festtheaters steht:
DIE ELIXIERE DES TEUFELS (1815).
(das Elixier - "življenjski napoj"; pijača, s katero so hoteli podaljševati življenje)

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Es geht um eine Geschichte eines Mönches, der einen Pakt mit dem Teufel
geschlossen hat. Er genießt einen Zaubertrank und wurde zu einem Wüstling
(razuzdanec), Verbrecher. Im Laufe der Geschichte wurde sein böses Ich als
Doppelgänger (dvojnik).
Das Ich als Doppelgänger ist ein Thema, zu dem sich Hoffmann immer wieder
äußert, weil das die Gespaltenheit des modernen Menschen ist - Dualismus innerhalb
des Menschen.

Die besten Erzählungen sind gesammlet in dem nächsten Zyklus von Hoffmann:
DIE SERAPIONS - BRÜDER (1819 - 21)
Erschienen ist dieses Zyklus ein Jahr nach seinem Tode.

Hoffmanns berühmteste Geschichte ist DAS FRÄULEIN VON SCUDERI


Das ist eine Detektivgeschichte. In ihrer Zeit war diese Geschichte eine der wenigen
guten Detektivgeschichten von dichterischem Rang. Es geht darum, daß man den
Mörder entdeckt. Es geht hier auch um eine Kunsterzählung. 2 Künstler, die
miteinander nichts zu tun brauchten, sondern kommen miteinander in Kontakt.
Die Fräulein ist eine sehr berühmte Dichterin in ihrer Zeit. Der andere Kunstler ist ein
Goldschmied (zlatar), der so einen guten Schmuck anfertigt, daß man ihn einen guten
Kunstler nannt.
Hier wird die gute und die böse Seite der Kunst gezeigt, auch das Zerstörerische, das
Dämonische.

Noch ein wichtiger Roman von Hoffmann:


DER KATER MURR.
Lebens-Ansichten des Katers Murr nebst fragmentarischer Biographie des
Kapellmeisters Johannes Kreisler. (1819 - 1821)

Das ist ein autobiographischer Roman, der mindestens 2 Figuren betrifft:


- den Kater Murr (ein sehr beliebter Kater von Hoffmann, der freundlich und nett
war)
Über diesen Kater hat Hoffmann eine Geschichte erfunden, die er nicht zu Ende
gebracht hat. Sie ist ein Fragment geblieben, weil der historische, lebendige Kater
gestorben ist, was den Hoffmann sehr erschüttert hat. Er hat sogar eine
Todesanzeige seinen Freunden geschrieben, bald später starb auch Hoffmann.
- Die andere Figur, die eine Rolle in diesem Roman spielt, ist Hoffmann selbst.
- Noch Julia ist eine Figur in dem Roman, die in Kreisler verliebt ist. Das ist auch eine
reale Julia gewesen. In Hoffmanns Bamberger Zeit hat er sich in Julia verliebt. Er war
damals aber schon verheiratet, aber die beiden haben trotzdem geheiratet. Die
Folgen waren fatal.

Es geht da um die berüchtigten (razvpit, zloglasen) 2 Seiten des Katers:


- die tröstende, unterhaltende Seite des Katers
- die zerstörerische Seite (Krankheit, Existenz)

Hier spielen 2 Künstler in dem Roman:


- Kater Murr, der ein Autor ist - schreibt Trivialliteratur, er ist ein sprechender Kater
(er ist mit dem Gestiefelten Kater von Tieck verwandt)

66
- Der Kapellmeister, der ein Dirigent ist, ein Komponist - Johannes Kreisler. Er lebt an
einem Hoff und ist sehr sensibel, von Dämonen besessen. Deswegen ging er ins
Kloster, er ist eine zerissene, gespaltene Figur. Am Hoff spielt er einen Menschen,
wie eine Art Clown, der die anderen animiert. Er spielt einen Kasperl.
Und was komponiert er? - Das wovon sein Herz schwärmt.
Auch im Privatleben ist Kreisler zerissen, er hat 2 Frauen. Julia, das ein ruhiges
Mädchen ist, das ihn zu seinem Schaffen inspiriert. Dann verliebt er sich noch in eine
Frau, in die Fürstentochter, die aber auch zerspalten (razklana) ist. Julia kann sich
nicht entscheiden zwischen dem Bürgerlichen und Künstlerischen. Was für eine
Vergangenheit Kreisler hatte, ist ein Geheimnis.
Es entsteht eine Frage: - Wie ist die Position eines Kunstlers in der Gesellschaft als
einen Kunstler des höchsten Rangen? Was ist seine Aufgabe? Diese Frage ist ähnlich
wie bei Torquato Tasso, auch Thomas Mann hat diese Frage gern behandelt.

Dieser Roman ist etwas Besonderes, weil Hoffmann den Einfall (domislica) von Jean
Paul bekommen hat. Der Roman besteht aus 2 Teilen, die immer mehr
nebeneinander gehen. Auf einer Seite gibt es einen Kater, der sehr beliebt ist, der
ausgebildet ist und entschloß sich Dichter zu werden. Er wird aber ein Trivialautor.
Deswegen macht sich Kreisler lustig über ihn.
Einmal setzt sich der Kater am Tisch seines Besitzers, des Komponisten Kreislers, hin
und schreibt eine Biographie. Da auf dem Tisch entdeckt er die Notizen von Kreisler,
der auch eine Biographie schrieb.

Der Roman besteht aus zwei deutlich voneinander abgesetzten Geschichten: der
Lebensgeschichte des Katers Murr, die von ihm selbst erzählt wird, sowie den
Bruchstücken aus der Biographie des Kapellmeisters Johannes Kreisler, die Murr als
Konzeptpapier verwandte und die der Setzer (stavec) versehentlich mit abdruckte. So
gibt es im Buch zuerst 20 Seiten vom Kater, dann 10-20 Seiten des Kreislers, .... und
so bis zum Ende.
Das ist ein sehr genau durchdachtes, komponiertes Buch. Man ist beim Lesen dieses
Buches sehr irritiert. Die Biographie vom Kater wird seinem Kopf gemäß presentiert
von Anfang bis zum Ende.

Die Handlung endet dort, wo sie begann. Das erste Kapitel des Romans beginnt mit
dem Kapitel, das am Ende des Romans vorgeführt wird. Und zwar mit einem Fest,
daß man nicht als Geschenk des Fürsten Irenäus sehen soll. Dieses Fest hat Meister
Abraham, ein Freund von Kreisler aus dem Kloster, organisiert. Abraham ist auch der
einzige, der alles über allen weiß, auch über den Fürsten.
Der Teil des Kreisler in dem Roman zeigt immer mehr Sachen aus dem Leben als er
Kapellmeister war und zwar bis zu dieser Zeit in seinem Leben, an der er sich noch
erinnern kann. In diesem Teil ist die Rede vor allem von der politischen Situation in
Deutschland. Dem Spott auf die Bürgerwelt folgen im Kreisler-Teil die satirischen
Angriffe auf die aristokratischen Gepflogenheiten (običaji) am Hof des Duodezfürsten
(vladar male državice) Irenäus; er greift auch die Prinzen und Prinzessinen an. Der Prinz,
der den Stab weiter führen (den Stab führen - dirigirati) soll, ist ein Dummkopf (er
sammelte Tassen, er schießt die Vögel. Er hat die Intrigen (spletka) der Prinzessinen
geschildert.

67
Deswegen hatte Hoffmann Schwierigkeiten mit der Zensur. Das Publikum hat diesen
Roman gern gelesen, aber vornemlich (predvsem) den "katrischen" Teil.

Hoffmann hat mit dem Roman einen großen Einfluß auf verschiedenen Literaten
ausgeübt, weil man ihn unter den Künstlerkreisen sehr genoßen und gelesen hat.
Den Roman beginnt Hoffmann mit vielen Anspiegelungen (namigovanja) und
verschtrikten Zitaten von fremden Literaten.

Hoffmann war ein Autor, der seine Zeitgenossen und uns beruhigen wollte, weil die
Menschen in dieser Zeit sehr zerspalten waren. Es gab kein Zwischending, meinte er.
Er hat die alltägliche Wirklichkeit der gebildeten Menschen, der Priviligierten und
Unpriviligierten dargestellt. Das alles hat er sehr genau beschrieben, sehr realistisch,
aber unmerklich hat er geschaffen ins Phantastische zu gehen, wo er das Innere zu
schildern versuchte. Im Inneren zeigte sich das Unterbewußtsein, die Träume. Oft
hat er den Spuk, den Zauber, das Groteske geschildert. Da erreicht er die gelungene
Vermischung des Seiensbereiche (die Tiere sprechen wie die Menschen). Dieser
Roman ist eine Erzählung, wo sich herausstellt, daß eine Figur zu einem Automaten
wird. Das unheimliche der Industrie, die Menschenentwicklung wurde thematisiert,
so daß es wenig gibt, worüber er nicht gesprochen hat.
Er war ein Seher, ein Visionär, ein großer Erzähler, auch ein guter Komponist in
seinen Erzählungen. Alles war unterdacht. Er hat auch auf die Musiker einen Einfluß
ausgeübt. Jacques Offenbach (1819 - 1880) - ein französischer Opernkomponist hat
Die Hoffmanns Erzählungen komponiert. Auch anderen französischen Autoren haben
sich sehr von Hoffmann beeinflußt gezeigt.

Wie schon gesagt, hatte er große Schwierigkeiten mit der Zensur. Seine Geschichte
mußte er zurückziehen. Er hat sich mit 2 Erzählungen in der Politik angagiert: 1822
in Ljubljana am Leibacher Kongreß, wo die Bemühungen aller fortschrittlichen Geister
niedergeschlagen wurden. Hier wurden alle Bemühungen der Griechen im Kampf
gegen die Türken unterdrückt und das hat Hoffmann in 2 Erzählungen geschrieben.

ADELBERT VON CHAMISSO (1781 - 1838)

Er wurde in Frankreich geboren, kam mit 8/9 Jahre nach Deutschland, als seine
Familie vor der Französischen Revolution nach Berlin flüchtete um am Leben bleiben
zu können.
Die deutsche Sprache hat er virtuos beherrscht, aber nie ohne Akzent.

Er hat Lyrik geschrieben, die im 19. Jh. hoch geschätzt war. Er hat elegant, virtuos,
phantastisch geschrieben, seine Sprache war ziemlich sentimental. Deswegen war
diese Lyrik auch so beliebt.

Ein Zykel hat er geschrieben: FRAUENLIEBE UND FRAUENLEBEN

Er hat auch ein berühmtes klassisches Prosawerk geschrieben, das zu den besten
gehört, was die Romantik hat. Das ist:
PETER SCHLEMIHLS WUNDERSAME GESCHICHTE (1814)

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Das ist ein Fauststoff, es geht um einen Pakt mit dem Teufel.
Peter war ein junger Mann, der nichts hatte. Der Teufel möchte aber etwas gegen
Geld von ihm haben. Was wollte der Teufel haben? -"Ich will deinen Schatten." Peter
verkauft ihm seinen Schatten gegen einen Geldsack. Der junge Mann lebt jetzt
glücklich, hatte viel Geld, sogar einen Diener. Alle Menschen mögen ihn zuerst,
später aber erschrecken sie und wollten nichts mehr von ihm haben. Das passierte
immer, wenn Peter keinen Schatten hatte. Denn der Mensch, der keinen Schatten
hat, ist teuflisch. Alle Menschen haben einen Schatten und die Menschen hatten
Angst.
Das war für Peter fatal, als er sich verliebte. Er mußte die Geliebte meiden, weil er
keinen Schatten hatte.

Diesen Schatten hat man verschieden versucht zu deuten.


Chamisso war ein Mensch, der kein Vaterland hatte. Das war aber nicht so schlimm.
Chamisso ist nach Deutschland gegangen, weg von dem Krieg. Die kriegerischen
Auseinandersetzunge sind später aber auch nach Deutschland gekommen. Hier
mußten jungen Menschen gegen Napoleon kämpfen. Chamisso, der aus Frankreich
stammte, hat das aber nicht getan. Er hat weder auf der Seite der Französen, noch
auf der Seite der Deutschen gekämpft. Er hat keine Position eingenommen. Das
haben ihm die Menschen sehr übel genommen. Er hat aber viel wissenschaftlich
gearbeitet, auch als Arzt und hat den Menschen so viel geholfen.

Der Sohn von alten Goethe, konnte auch nicht in den Krieg gehen, weil der Vater ihm
das nicht erlaubte. Goethe ist dann selbst in den Krieg gegangen. Das war aber noch
nichts Schlimmes, schlimm war daß ein Sohn seinem Vater zu sehr gehorcht hat.

FRIEDRICH FREIHERR DE LA MOTTE FOUQUE (1770 - 1843)

Er war ein Sohn eines schreibseeligen Mannes. Auch er war sehr schreibseelig und
hat mit Hilfe seiner Ehefrau geschrieben. Zusammen haben sie um die Wette
historische Dramen und Ritterromane verfasst. Diese Werke waren damals bei den
Bürgertümer sehr beliebt.
Das alles haben sie in einer Mischung von germanischen Helden, mittelalterlichen
Rittern und von pseudo(lažni)romantischer Geisterwelt und Wunderwelt verfasst.

Ihre Werke gehörten in die sogenannten Populärromane, Trivialliteratur und


Brizenscheinroman.

UNDINE
Ein Prosamärchen.
Fouque erzählt im Ton von Märchen und Volksbüchern, betont schlicht und naiv.
Fouque entdeckte die Dämonie des Wassers. Die Nixe (vodna vila, morska deklica)
Undine verlangt nach Beseelung durch Vereinigung mit einem Menschen. Den Ritter
Huldbrand aber treibt es aus der Ehe mit Undine wieder fort zu einem menschlichen

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Weibe. Seine Untreue wird nach dem Gesetz der Elementargeister mit dem Tode
bestraft.

Dieses Werk hatte eine Wirkung bis zu Heine und Walter Scott. Es machte eine große
Kariere in den künstlerischen Kreisen. Bald nach dem Erscheinen des Werks
komponierte E.T.A. Hoffmann eine Undinen-Oper (1815) nach einem Szenarium von
Fouque.

22.12.1998
JOSEPH VON EICHENDORFF (1788 - 1857)

Dieser Dichter wurde auf einem Schloß geboren. Aber den Besitz verlor die Familie
im Laufe der Zeit, weil es da Kriege gegeben hat. Seine Familie war nicht nur reich,
aber auch immer klüger, so daß sie die Söhne studieren lassen haben.
Joseph hat Jura studiert und war Beamter, strenggläubig (dosledno veren) katholisch
und arbeitete im preußischen Staatsdienst (državna služba). Die Preußen waren aber
Protestanten.

Er war ein großer Dichter, wie Stifter, C.F.Meyer. Ein Dichter von der Art, der aus
seinem eigenen Leben geschöpft hat. Er hat über eine Möglichkeit des Lebens
gedichtet, über das jenige, was er in seinem Leben nicht ermöglichen konnte. Er hat
seine Wünsche in die Literatur transportiert. In sienen Themen und in seiner
Dichtung war er unvollkommen. Er hat sich nicht viel vorgenommen, aber das, was
er machte war perfekt.
Er war ein disziplinierter, gewissenhafter Mensch. Das ermöglicht ihm das Höchste zu
erreichen aus seiner Begabung.

Man hatt ihn Poet genannt. Seine Poesie verstand er als seine Verschönung des
Lebens. Trotz seinem Adeltitel, seiner Abstammung (poreklo), hat er bärgerlich gelebt.
Das war eine Anschauung (nazor), mit der er sich eine große Beliebtheit erfreut hat
und hatte wenig Trivialisierung der bildenden Künsten (likovna umetnost) und
Architektur.

Joseph Eichendorff war ein großer Meister von Lieder und Romanzen. Diese sind
eher arm an Formen, Motiven, Stimmungen, aber sind in dieser Beschränkung
vollkommen. Er hat in seinen Liedern und Romanzen die Natur rein und unverfälscht
(nepopačeno) gezeigt. Seine Landschaft ist von der Industrie und dem Verkehr
unberührt. Er zeigt Menschen, Schlösse, Hütten - eine romantische Natur. Die
Landschaft ist schön, echt in einer natürlichen Dichtung verklemmt. Er besingt den
Wald, den Fluß, den Mond, die Morgenfrühe, die Dämmerung (Lichtverhältnisse) -
die Naturphänomene. Er zeigt immer wieder dieses ewige Motiv des Wanderers, der
von einer ewigen Sensucht zu Wandern betrieben wird. Ein Wanderer sucht nämlich
immer etwas.

Seine Gedichte sind nicht sentimental und nicht zu sehr kitschig. Es gibt schöne
Gedichte, ein ursprungliches Verhältnis zur Natur wird zum Ausdruck gebracht. Die

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Natur spielt hier ihre wahre Rolle. Sie beseelt die Menschen oder sie zieht sie als
Dämonie (usodnost) in ihren Kreis.

Als Erzähler ist er hevorgetreten mit seinem Roman:


AHNUNG UND GEGENWART (1815)
Das ist ein romantischer Roman, wo Eichendorff sich als ein großer Meister der
Landschaftschilderung zeigt. Er beschreibt solche Landschaft, wie Kaspar sie gemahlt
hat - eine schöne Szenerie: Wolken, Bäume, Wiesen, das Meer. Das waren
Stimmungsbilder der Landschaft, die ein Gefühl der Lieblichkeit (ljubkost) vermitteln.
Dieses Werk war bereits unter dem romantischen Prinzip geschrieben. Die Szenen
sind locker einander gereiht. Es ist unruhig in der Bewegung begriffen. Es zeigt sich
das Fragmentarische darin, ein Licht schwebt über den Menschen.

Die Vorbilder waren Goethe und Jean Paul.


Er beschreibt alles, nur das Bügertum (meščanstvo) nicht. Er beschreibt die Stadt, das
Dorf, die Schlösser, die Waldgasthäuse, die Hütten. Die Menschen sind Adlige,
Studenten, Künstler, Jäger und fahrendes (potujoči) Volk (Spielleute, Menschen, die
Kunststücke vor den Zuschauern vorspielten und so die Menschen belustigten).

Joseph Eichendorffs Meisterwerk ist eine Novelle:


AUS DEM LEBEN EINES TAUGENICHTS (1826)
Das ist eine lustige Liebesgeschichte, operettenhaft, unverständlich wegen des Tons,
daß man das Ganze nicht so ernst nimmt.
Es geht um die schöne weite Welt. Der Taugenichts ist beseelt von dem Wandertrieb,
ihn schiebt es zu wandern. Auch sein Vater ist damit einverstanden, weil er sowieso
ein Taugenichts (pridanič) ist. So nimmt der Taugenichts seine Geige und geht in die
weite Welt. Dort trifft er schöne Frauen. In eine verliebt er sich. Die schöne Dame ist
eine gnädige Frau (milostiva) von der er in seinen Gedichten singt. Er war auf dieser
Reise alles, vom Gärtner bis zum Zollbeamter. Er konnte aber das Schicksal, daß sich
die schöne Frau für ihn nicht interessierte, nicht vertragen. Deswegen reiste er ab
und ging nach Italien. Dort trifft er 2 Menschen - 2 junge Maler. Der jüngere Maler
scheint ihn zu mögen. Der Taugenichts hat aber Angst gekriegt und ging nach Rom
und von dort weiter wieder nach Wien, auf den Schloß, wo er als Gärtner gearbeitet
hat und erfährt, daß die schöne Frau keine Prinzessin (gnädige Frau) war. Er
heiratete aber nicht, sondern geht wieder nach Italien, usw.

Das war ein Werk, das alle bewundert haben. Der beste Ausdruck des deutschen
Wesens wird hier überhebt.

Der Taugenichts ist ein romantisches Wesen, das keine Ruhe und Zufriedenheit
kennt und hat die Sensucht nach dem Wandern, Musik zu machen und schön zu
leben. Er bewundert junge Menschen, die eine normale Familie gründen. Er hält sich
an seinen Gedichte, die ihn in die Welt treiben.

Joseph Eichendorff hat noch 2 Novelle geschrieben, die aber nicht künstlerisch
überzeugend sind:
DAS MARMORBILD
SCHLOßDÜRANDE

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Er hat auch Lustspiele geschrieben: DIE FREIER (1833)
die Freier (snubači) - sie werben voller Lebenslust nach einer Dame

Das schwäbische Dichterkreis (Spätromantik)

LUDWIG UHLAND (1781 - 1862)

Uhland wurde sehr geachtet und respektiert, er war eine große Persönlichkeit. Er
wurde als Mensch, als Dichter und auch als ein Intelektueller sehr geschätzt, denn
alles, was er geschaffen hat, hat er für sein Volk getan. Deswegen wurde er auch
"das Gewissen (vest) Deutschlands" genannt.

Er hat Rechte studiert, war Dr. Jura, Advokat, Professor für deutsche Literatur in
Tübingen und ein Freund von Chamisso. Er war so sehr beliebt und geschätzt, daß
im Jahr 1947 ein deutscher Überseedampfer (prekooceanski partnik) nach ihm genannt
wurde. Uhland war auch ein Politiker, der eine große Zivilcourage (državljanski pogum)
zeigte. Er war aufgrund seines Wissens bestimmt Staatsbeamte (državni uradnik) zu
werden. Aber der König hat das schwäbische Parlament aufgelöst und Ludwig Uhland
hat gesagt, daß er so einem König keinen Treueid (vdanostna zaprisega) schwören
könne. Deswegen wurde er schief angeschaut, kam später zwar in das Parlament,
aber bekam kein Mandat und legte die Professur nieder.

Ludwig Uhland hat 2 Zeitungen herausgegeben:


SONTAGSBLATT FÜR UNGEBILDETE STÄNDE (ein Blatt, daß es die unbewußte
Polemik konzipiert)
MORGENSBLATT FÜR UNGEBILDETE STÄNDE
- Hier versuchte Uhland die öffentliche Meinung zu geben. Er wollte den
Liberalenblick in die Politik hinensetzen.

Er war Abgeordnete im deutschen Bund, der 1848/49 in der Paulskirche tagte. Dort
vertrit er die liberale Gruppe.

Als Lyriker war er sehr populär. Viele seine Gedichte sind zur Volkslieder geworden.
Er hat Balladen, Romanzen geschrieben, die sehr wohlklingend und schön sind.
Wenn wir uns aber seine Gedichte anschauen, sind sie nicht so selbstverständlich
klar, wie sie wirken. Er hat die Gedichte ganz genau komponiert. Trotz dieser
strengen Komposition muten sich an (dozdevati se, zdeti se) als Volkslieder. Volkslieder
sind sie auch aus dem Grund, weil sie ganz bestimmte Orte der schwäbischen
Landschaft besingen.

Seine Gedichte waren die populärsten in dieser Zeit. Als er gestorben ist, wurde
bereits die 43. Auflage gedruckt.
Populär waren seine Balladen. Er wurde als der dritt größte Balladendichter nach
Goethe und Schiller gehalten. Er hat nicht solche Balladen geschrieben wie Goethe,
wo die Natur harmonisiert wird, sondern er hat Balladen gedichtet, die sich an das

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Volkslied und an Bänkelsängen (sejmarske pesmi) anknüpfen. Deren Stoff hat er den
germanischen Sagen und Geschichten entnommen.

Uhland hat auch 26 Dramen geschrieben. Den Stoff für seine Dramen hat er aus
germanischen Geschichten und Sagen genommen. Viele seine Dramen bleiben
unvollendet.

Er hat sowohl theoretische Schrifte verfasst (er war Literaturprofessor). Eine Schrift
über alten hoch- und niederdeutschen Volkslieder hat er verfasst mit Abhandlungen
(razprava) und Anmerkungen (opomba). Darin hat Uhland versucht die Bemühungen
von Brentano und Arnim weiter zu führen auf einer wissenschaftlichen Basis. Er hat
sie aber nicht sprachlich geglättet. In diesem Sinne hat er sehr viel getan.

NIKOLAUS NIEMBSCH, EDLER VON STREHLENAU - LENAU (1802 - 1850)

Als Dichter hat er sich Nikolaus Lenau genannt.


Er wurde in Banat (Banat gehört heute Serbien.) geboren einer deutschen
ungarischen Adelsfamilie.

Lenau war ein sehr sensibler Mensch, der als junger Mann Philosophie, Rechte und
Medizin studierte. Durch die Herkunft bedingte er, daß er sich zu Europa Skeptiker
entwickelt hat.

Lenau hat viel gedichtet. Er war ein guter Freund von Anasthasius Grün (Zelenec, ein
Lehrer von Prešern). Er wollte mit A. Grün nach Amerika gehen. Lenau war auch
politisch verfolgt. Er hat sich sehr viel von Amerika erhofft, dann war er aber
enttäuscht und entsetzte sich (prestrašiti se), weil er auf solche Umstände gestoßen ist,
wie sie in Europa waren. In Amerika war er sehr unglücklich, er hoffte an freie
Menschen, aber die waren genau so eng, wie die europäischen Menschen. Er kehrte
nach Europa zurück und ließ sich in Stuttgart nieder.

Bald nach seinem 40 -sten Lebensjahr wurde er wahnsinnig und ist im 1850
gestorben als ein Wahnsinniger.

Seine Gedichte - die Lyrik ist noch heute sehr geschätzt. Diese Gedichte haben seine
Zeit überdauert (preživeti), sehr viele wurden auch vertan (izgubljene, zapravljene). Sie
sind ein Ausdruck seiner Melancholie, einsamen Winterschaften (zimsko spanje). Er hat
in sich einen entsetzlichen Satz formuliert: "Mich regiert eine Art Gravitation nach
dem Unglücklichen."
Diese Grundstimmung hat er beherrscht: Langeweile als Weltmüdigkeit. Das war ein
Gefühl, das er mit vielen Menschen in dieser Zeit geteilt hat. Dadurch - durch sein
Lebensgefühl des Weltschmerzes - wurde er ein guter Dichter.

2 Gedichtsammlungen hat er geschrieben, die in einem Band vereinigt sind:


- GEDICHTE
- NEUERE GEDICHTE

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Im 1836 hat Nikolaus Lenau noch einen Faust - Text geschrieben. Auch er hat sich
mit dieser Figur der deutschen Literatur verfasst. Da hat er versucht das
Erzählerische und das Dialogische zu vermischen.
In seinem Werk ist so bezeichnet, daß Faust weder vom Teufel noch vom Gott
gerettet wird. Er endet durch Selbstmord. Lenau hat die andere Seite vom Faust
interessiert. Er hat ein Don Juan Fragment, wie Grabbe geschrieben.

AUGUST GRAF VON PLATEN - HALLERMOND (1796 - 1835)

Als Dichter war er bekannt als August von Platen.


Er ist nicht alt geworden. Er stammt aus einer adligen Offiziersfamilie. Auch August
von Platen war ein Offizier. Obwohl er eher klein war, so wie Lenz und das war ein
Problem. Dazu war er noch ein Dichter und noch Homoseksueller. Das waren die 3
schlimmensten Sachen. All das hat er nicht besonders verheimlicht. Er hatte eine
sehr unglückliche Konstelation (položaj) und hat es im Leben gar nicht leicht gehabt.

Als Dichter war August von Platen ein großer Formalist. Er hat die strengsten Formen
phantastisch beherrscht: das Ghasel (gazela), die Ode und Sonett.

Im 1825 hat er die berühmtesten Sonetten in Venedig verfasst. Mit diesen hat er ein
Topos förmlich in die deutsche Dichtung eingeführt.
Venedig erscheint zum ersten Mal bei ihm als eine stehengebliebene, melanholische,
schöne Kulise einer Kultur, die bereits seit Langem erschwunden ist. Das war ein
Fluch (prekletstvo), der auf August von Platen lastete.

Er schrieb Gedichte, die formal sehr streng formuliert sind. Er war ein Virtuose; ein
Fremdling auf dem Gebiet der Kultur; ein Spätling einer Kultur, die schon zu Ende
war.

Die Sonetten gründeten eine Tradition in der deutschen Kultur.

Viele große Dichter haben über Venedig geschrieben:

- Hugo von Hofmannsthal, der Begründer der Spanischen Festspielen hat ein
französischen Roman geschrieben: ANDREAS oder DIE VEREINIGTEN. Der
Schauplatz dieses Romans war teilweise auch Venedig und Kärnten mit Slowenien.

- Thomas Mann: DER TOD IN VENEDIG

- Peter Rosaei hat auch einen Roman geschrieben, der in Venedig spielt: WER WAR
EDGAR ELLEN?

- Alle Casanovageschichten, z.B. CASANOVAS HEIMFAHRT von Schnitzler, wo die


Venedig teilweise erwähnt ist. (Casanova ist ein Venezianer).

Thomas Mann DER TOD IN VENEDIG

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ist ein mitteleuropäisches Buch, das in München beginnt, eine Station auf Insel Brioni
und in Venedig machte.
August von Platen hat ein Gedicht geschrieben, von dem sich Thomas Mann
inspirieren ließ und schrieb danach den Roman Der Tod in Venedig. Thomas Mann
war ein Dichter, der sehr jung zu schreiben begann. Als ein junger Mann hat er
Goethe bewundert. Er wünschte sich Einfälle, wie Goethe sie gehabt hat, zu haben.
Das ist ihm in Erfüllung gegangen. Ursprunglich wollte er von Goethe schreiben, der
sich als 68 -jähriger in ein 17 -jähriges Mädchen verliebt hat. Das Mädchen wollte ihn
aber nicht, weil es behauptete, daß er kein guter Ehemann geworden wäre.

Thomas Mann interessierte, was passierte mit einem Mann, der scheinbar sicher ist
von dem Leben. Ein Mensch, der alles erreicht hat und jetzt kommt ein plötzlicher
Einbruch einer unvorhergesehenen Leidenschaft in sein scheinbar gesichertes Leben.
Im Roman Der Tod in Venedig ist die Hauptfigur ein verheirateter Mann, wem die
Frau starb und hatte eine Tochter. Er ist berühmt, kennt alles, alles im Leben ist ihm
widerfahren (pripetiti se), nur den Tod kennt er noch nicht. Jetzt lebt er mit sich und
mit der Welt in Ruhe.

Thomas Mann diente als Vorbild noch eine andere Figur neben Goethe und das war
Wagner, der in Venedig gestorben ist.

Ein drittes Vorbild für Thomas Mann beim Verfassen dieses Werkes waren seine
eigenen Erfahrungen. Thomas Mann war ein unpraktizierter Homoseksuelle,
deswegen hatte er noch ein Vorbild und das war August von Platen als ein großer
Dichter und als Homoseksueller. August von Platen hat ein schönes Gedicht
geschrieben, dessen Thema im Prinzip Der Tod in Venedig ist. Das war ein Gedicht
mit dem Titel TRISTAN (1825). Es wurde nach der Sage von Tristan und Isolde
geschrieben. Die beiden haben einen Liebestrank getrunken, daß sie sich unsterblich
lieben wurden, obwohl sie nicht füreinander geschafen waren. In diesem Gedicht
wurde das besungen, was Thomas Mann dann später in seinem Tod in Venedig
formuliert hat. Aber als Gustav von Aschenbach (die Hauptfigur) den Jungen sieht,
ist er dem Tode schon gegeben.

75
Die Bedeutung der Romantik als europäische Geistesbewegung

Die Romantik hatte einige sehr gute Dichter und sie hatte viele große Menschen. Ihre
Stärke war nicht die Gestalt, nicht die Vollbringung von Werken, aber die Bewegung
selbst, das Suchen und Planen.
Viele Romantiker haben sich in Fragmenten, Esseys geäußert. Deswegen wird
behauptet, daß die Romantik eine Bewegung war, die viele Ideen weiter geleitet hat.
Sie ist keine tote Epoche, sie ist jene Geistesbewegung, dichterische Bewegung,
literarische Bewegung, Kunstbewegung und philosophische Bewegung, die als
Ideenspender auf die heutige Künste den größten Einfluß ausübte. Es gab
Spitzenwerke in der Musik, Philosophie, ... Diese Bewegung ist verspätet in die
Literatur eingetreten.

Die Leistungen der Romantik sind sehr wichtig in der Philosophie und in der
Wissenaschaft. Die Romantiker haben die Grundlagen für moderne Wissenschaft, wie
tiefe Psychologie gelegt (um die verborgenen Tiefe des Unterbewußtseins zuerst in
der Literatur auszulaufen).
Ausgehend von Herder hat die Romantik die historische Wissenschaft begründet.
Diese Forschungen der literarischen Wissenschaft hat die Romantik vorgehoben
innerhalb der Philosophischen Fakultät.

Die Romantik hat geprägt, ausformuliert und die Bedeutung des historischen Sinns
hervorgehoben. Die neue Literaturwissenschaft, die Sprachwissenschaft geht auf die
Romantik zurück. In der Politik, in der Geschichte, in der Gesellschaft wurde alles
volkstümlich vorgeschrieben.
Die negativen Seiten sind die Romantisierung des Lebens.
Die Romantik hat nicht die erste Geschichte der deutschen Literatur, sondern sie hat
die erste Geschichte der deutschen Nationalliteratur. Und das ist dasjenige, daß zur
Ausartung (izroditev) führt, zum schovinistischen Denken.
Die Romantik ging von germanischen Ländern aus, von Deutschland, England, weiter
nach Frankreich, Italien und noch weiter in die slawischen Länder.

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REALISMUS
Im Jahr 1815 wurde Napoleon besiegt und auf die Insel St. Ellein hingeschickt. Dort
ist er auch später gestorben. Nach dem Sieg über Napoleon hat es im Europa fast
100 Jahre Frieden gegeben. Dieser Frieden wurde nur mit kleineren
Auseinandersetzungen unterbrochen (1830, 1848, 1866, 1870/71).

Was in der Politik zu dieser Zeit geschah?


- Nach dem Sieg über Napoleon 1815 hat es den Wiener Kongreß gegeben. Wo man
die alte Ordnung einzuführen versuchte. Es ging um eine Restauration, um die
Wiederetablierung der alten Zuständen. Wien war aber zu groß, zu gesellig,
deswegen zog der Kongreß nach Tropau (1815/16). Diese Stadt war ein Nest, nicht
zu sehr gesellig und das war wieder zu langweilig. Man sucht dann die 3. Stadt und
man dachte an Görz (Stara Gorica). Außerdem war dort das Klima gut, aber es war
wieder zu nestisch. So kam man nach Laibach - der Laibacher Kongreß. Da wurden
die alten Zustände hergestellt. Die Stände (erreichter Zustand) in Italien und
Griechenland wurden niedergemetzelt (pokositi). Von da ist Metternich größer
ausgegangen als er je war.

Die Zensur war immer strenger, es gab immer weniger Freiheiten, deswegen gab es
Unruhen:
1830 - in Frankreich (Junirevolution)
1848 - der Frühling der Nation in der Schweiz, in Italien, in Österreich; der Kaiser ist
aus Wien geflohen bis nach Innsbruck.
1866 - ein Krieg in Italien; da kam Franz Joseph an die Macht. (Metternich wurde
nachgejagt.)
1870/71 - ein Krieg zwischen Frankreich und Preußen (wo das zweite deutsche Reich
gegründet wurde)

An dem Laibacher Kongreß wurde die Idee von vereinten Slowenien artikuliert, wo
die Slowenen innerhalb der Österreich in einem Land leben sollen. Sie lebten bisher
nämlich in Steiermarkt, Kärnten, Kustenland, Istiren, Görz, Triest - in vielen Ländern.
Die Slowenen lebten in vielen politischen Gebilden (tvorba) der österreichischen
Monarchie.

Das Bürgertum wurde immer mehr entwickelt und verlangte die gleichen Rechte.
Man setzte sich für Pressefreheit ein.
Die Französische Revolution dauerte nicht lange. Sie verlangte eine Verfassung
(Ordnung). Das Bürgertum versuchte seine politische Macht zu erlangen (pridobiti,
doseči). In der Revolution von 1830 - 48 hat das Bürgertum noch an der Seite der
Studenten und Arbeiter gekämpft. Aber das Bürgertum entwickelte sich jetzt in zwei
Richtungen: in das Großbürgertum des Weltadels und in das Kleinbürgertum, das
sich proletarisierte. Das große Bürgertum hat die Arbeiter bedenkenlos ausgenutzt.

Periodisierung:
Das Zeitalter des Realismus, sagt man, hat gedauert von 1830 bis 1840. Aber dieses
Zeitalter muß mit Vorsicht genießen werden, weil es schon in dieser Zeit den
Naturalismus und auch die Vormärzdichtung gegeben hat. Die Vormärzdichtung ist

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eine politisch angagierte Dichtung, was kein poetischer Realismus war, wie er von
anderen deutschen Dichtern gepflegt wurde.

In der Zeit des Realismus gab es noch 2 Dichter, von denen einer, der besten Dichter
aller Zeit war. Dieser Dichter heißt Georg Büchner.

Im Realismus hat es noch DIE BIEDERMEIER gegeben. Dieser Ausdruck bedeutet


einen Möbelstil und ist aus dem Kunstgewerbe (umetna obrt) bekannt. Der
Biedermeierdichter besingt alles Kleine, das Unsichtbare. Es besingt kleine Menschen,
kleine Welt, wenig Sonne, wenig Glück, wenig Licht. Es zeigt sich eine
zurückgezogene Weltexistenz, sie lebten im Armut.

Die Zeit des Realismus ist ein Zeitalter vom Sieg über Napoleon (1815) bis zu dem
ersten Weltkrieg.
Diese 100 Jahre nach dem Sieg des Napoleons war eine Zeit der Industrialisierung
der Westeuropa. Es kam zur Technisierung, zu vielen Erfindungen. Das war die Zeit
der Vernunft, der Wissenschaft, der Naturwissenschaft. Auf der einen Seite blütet
sich die Romantik aus und die historische Wissenschaft, gleichzeitig parallel dazu
noch die Naturwissenschaft, die technische Wissenschaft (Motore, Rakete, Telefone,
...)

Was wird für wahr und wirklich gehalten?


- Das, was man mit dem Sinne und mit Hilfe des Verstandes beweisen kann. Das
heißt, der Positivismus wird großgeschrieben. Atheismus (Freigesiertum), Feuerball,
Büchner, dialektischer Materialismus (Marx und Engels) - das sind neue Seelen der
Gesellschaft, das sind Väter der neuen Philosophie, der neuen Anschauung.
Materialismus - vor allem das 19. Jh. war ein Jahrhundert, wo man noch an
Fortschritt glaubte. Man verstand Fortschritt als die Entwicklung von Industrie,
Technik. Man begann in dieser Zeit den ersten Eisenbahn zu bauen. Das war die
Südbahn: von Wien bis Triest.
Eine wichtige Erneuerung war Gaslicht.
Es ist im 19. Jh. auch zur Entwicklung der Börse gekommen.
Im 1851 gab es die erste große Weltausstellung in London. Das war ein Schau, wo
man zeigte, was alles schon im 19. Jh. entwickelt wurde.

Wie waren die Dichter in der Zeit des Realismus?


Die Bevölkerung setzte große Hoffnungen an die Entwicklung, an die Technik. Der
durchschnittliche Bürger hatte, was die Industrie und Technik angeht, ein
optimistisches Denken.
Aber die Dichter waren da anderer Meinung. Ein Teil der Dichter wollte sich nicht
auflösen von Goethes Zeit. Sie schauten in die Vergangenheit zurück. Der andere Teil
schaute aber in sich hinen und waren Weltfremd. Es kam zu einem Phänomen, daß
die Dichter an einander vorbei redeten. Fast alle Dichter dieser Zeit stammen aus
dem Bürgertum. Sie waren nicht mehr die Sprecher ihrer Zeit, sie waren isoliert,
einsam. Sie lebten ein provinzielles Leben, außerhalb der Gesellschaft. Sie waren
bescheiden (skromni), vegetierten (lebten unbewußt).
Diese Dichter erreichten aber das Höchste in der Literatur. Sie waren gebildet, lebten
aber alleine, ehelos und kinderlos. Sie wollten in der Literatur das erreichen, was sie

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im realen Leben nicht konnten. Die Technik haben sie nicht mit Begeisterung
empfangen, weil sie die unverstellte (nehlinjeno) Natur wollten. Die Natur ist der Kult
des Schönes.
Die Dichter verstanden die technische Entwicklung nicht mehr. Sie wollten damit
nichts zu tun haben. Die Technik war kein Gegenstand der Poesie !!!
Der Realismus in der Literatur war ein bürgerlicher Realismus - ein poetischer
Realismus. Das ist eine Richtung, die zur vollen Blüte (razcvet) in der Mitte des 19. Jh.
kam.

Wie schon gesagt, ist es sehr schwierig dieses Zeitalter zu bestimmen.


- Vormärzdichtung. Die Vormärzdichtung war im Dienste des politischen
Arrangement des Dichters. Sie wollte die Leser über die freiheitlichen Ideen zu
informieren. Diese politisch engagierte Autoren hatten es im Leben sehr schwer
gehabt. Sie mußten ins Exil gehen, dürften nicht veröffentlichen, wurden
verfolgt,...
Diese Revolution hat in Deutschland nur in der Literatur stattgefunden. Die
Bevölkerung
war eingeschüchtert (zastrašeni) und huschte (smukniti, huškniti).
- Restauration - Versuch der Wiedereinführung der alten Zuständen in Europa (die
Zustände, die vor 1789 herrschten). Große Nationalstaaten zu gründen (vereintes
Italien). Die Folgen: Märzrevolution 1848 (Metternich wurde gefeuert; man
dachte, daß es vorwärts ginge).
- Um 1830 Bewegung des Biedermeiers - Vorliebe für kleine Dinge (kleine
Menschen, einfache, leidende Menschen, ein enger Garten, wenig Sonne ...). Der
Begriff Biedermeier wurde erst im 20. Jh. erfunden - er kommt von Möbelkultur.
In der Literaturwissenschaft wird er für ein Teil der Epoche.
- 1880 kam in die deutsche Literatur auch noch Naturalismus.

Drei Merkmale, die den Realismus rechtfertigen:

1. Die Psychologisierung der Charaktere - jetzt werden Individuen in die Literatur


geschafft. Die Figuren sind Abbilder der wirklichen Menschen oder möglichen
Menschen. Die Figuren sind keine Symbole, sie sind echte Menschen.

2. Die Entgöttlichung der Natur (für Hölderlin war die Natur noch göttlich). Jetzt ist
die Natur ganz "real". Eine ganz bestimmte Landschaft wird beschrieben, die meist
die Heimat des Dichters ist. Das ist eine echte Landschaft, nicht die
Poesielandschaft. Eichendorff ist ein Dichter des deutschen
Walds. Diese Landschaft ist aber die allgemeine Landschaft, sie ist keine
charakterisierte Landschaft. Seine Landschaft kann man nicht festlegen
(bestimmen). Im poetischen Realismus ist aber die Landschaft eine ganz bestimmte
Landschaft.

3. Illusionismus (Illusionen) ist eine philosophische Auffassung. Die Wahrheit,


Schönheit ist nur eine Illusion, ein Schein, eine Täuschung.

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Wie war das Publikum?

Das bürgerliche Publikum trennte die zwei Bereiche: das Leben und die Kunst sehr
auseinander. Die Handwerker (Kleinbürger) proletarisieren sich - sie wurden von der
Industrialisierung kaputt gemacht. Sie wurden Arbeiter in den Fabriken, wo sie 10-12
Stunden arbeiten mußten. Gearbeitet haben Männer, Frauen und Kinder. Sie mußten
viele Stunden arbeiten um zwei Pfund Brot kaufen zu können. Die hygienischen
Verhältnisse waren auch sehr, sehr schlecht. Es war ein Leben, das für das Gemüt
des Menschen nicht viel zu bieten hatte.

Was erwartete man von der Kunst?

Weil das Leben der Menschen so anstrengend war, erwartete man von der Kunst die
Unterhaltung. Die Kunst war ein Ersatz fürs Leben, das man nicht leben konnte.
Die Funktion der Kunst war:
1. zu unterhalten
2. Erhebung aus dem banalen Alltag, aus der banalen Welt
Die Kunst sollte ein Ersatz für die Gefühle sein, die man in der Wirklichkeit nicht
ausleben konnte - die Heimatsverherrlichung, Verherrlichung (poveličanje) des
Vaterlands, Kriege, Heldentum (junaštvo), man versüßlicht alles (die Liebe, die
Religion, das ganze Leben). Man wollte sich vom realen Leben erholen ...

Aber die größten Dichter dieser Zeit waren zu kompliziert, zu sentimental. Sie waren
nicht "gut" für dieses Publikum.
Dafür gab es zwei Grunde:
1. Das Denkniveau und das Gefühlsniveau des Dichters war zu kompliziert. Die
Menschen waren nicht so gebildet und die Dichter wollten sich nicht verdümmern
lassen wegen der Umstände.
2. Es gab damals zwei großartige Dichter: Grabbe und Büchner, die überhaupt nicht
verstanden wurden. Büchner war einer der wichtigsten deutschen Dichter. Er ist
heute noch ein moderner Autor (was wir bei Goethe und Schiller nicht sagen
können). Büchner war frühreif (prezgodaj dozorel). Gestorben ist er bei 23 Jahren.
Grabbe und Büchner haben neue Themen behandelt, haben neue Formen
erfunden und sie in die Literatur etabliert. Die beiden Dichter sind völlig
unverstanden gestorben. (Büchnerpreis ist der größte Literaturpreis.)
Der große Publikumrefolg wurde den größten Dichter in der Zeit vorenthalten. Sie
hatten keinen Erfolg zu ihren Lebzeiten. Erfolg hatten Banalisierung und
Trivialisierung.

CHRISTIAN DIETRICH GRABBE (1801 - 1836)

Er war Sohn eines Zuchthausverwalters (Gefängnisaufpasser - upravnik kaznilnice).

Grabbe fühlte sich sehr verengt, er spricht aus Zuchthausperspektive, aus


Gefängnisperspektive. Was soll aus einem Menschen werden, dessen erste
Erinnerung war, wie er einen alten Mörder an die frische Luft geführt hatte. Eben das

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war Grabbes erste Erinnerung. Er war ein sehr sensibler Mensch. Alles, was er fühlte,
war diese Enge.
Er versuchte sich, irgendwie davon zu befreien. Als Sudent hat er ein verwildestes
Leben geführt. Er hat auch eine Dame verheiratet, welche die Tochter seines
Gönners (mecen, pokrovitelj, podpornik) war. Aber die beiden haben sich nicht
verstanden. Sie hat ihn aus der Wohnung herausgeschmissen.
Dann hat er zu trinken begonnen und ist wegen des Alkohols auch gestorben.

Er war ein zügelloser (razuzdan), undisziplinierter Mensch, was teilweise sein Werk
beeinflußt, beeinträchtigt hat. Er war aber trotzdem ein großartiger Dichter, der viele
neue Wege eingeschlagen hat und hat viele neue Themen ausprobiert.

Grabbe war ausschließlich ein Dramatiker. Das erste Werk stammt aus seiner
Gymnasialzeit und trägt den Titel: HERZOG THEODOR VON GOTHLAND (1822).
Dieses Werk ist ein fikzionales Drama. Es geht um eine erfundene Geschichte, um
eine erfundene Handlung, von der er Greuel (grozota) geschildert hat. Er hat versucht
das Satanische im Menschen darzustellen, als Möglichkeit eines und jedes Menschen,
das jede Zeit aus einem Menschen erbrechen kann.

Grabbe hat auch die historische Geschichte bearbeitet. Ein solches Stück, wo er die
Stoffe aus der Geschichte nahm, war MARIUS UND SULLA (ein Fragment, Drama).
Es gibt aber noch 2 Fassunge (verzija), wo Grabbe die Stoffe aus der Geschichte
entnommen hat:
- NAPOLEON oder DIE HUNDERT TAGE (1831)
- HANNIBAL (1835)

Diese Stücke sind inhaltlich und in der Darstellungsweise neu.


Wie hat er sie gebaut? - aus Szenen, Bilden, Akten.
Die Szenen sind manchmal lang, manchmal sind sie sehr kurz. Sie ziehen an den
Zeitschriften vorüber, als wären sie in einem Film montiert. Grabbe bedient sich einer
Technik, die später für einen Film typisch ist.
Interessant und neu ist das Verhältnis zwischen einzelnen Figuren und der Masse.
Grabbe bietet das Schicksal und die Handlung von großen Handlungsfiguren der
Masse. Das Große bewegt sich im Hintergrund der Masse. Das bedeutet, daß der
Einzelne als eine Marionette im Hintergrund erscheint. Die Marionetten werden
gelenkt, d. b. - die Einzelfiguren werden gezogen und geschoben von dem objektiven
Gang der Weltgeschichte. Von dieser Perspektive aus erschienen die guten und die
bösen Taten ganz sinnlos.

Grabbe war ein Mensch, der in der Literatur auf dem Gebiet der Dramatik das Größte
erreichen wollte. Für ihn war der größte Dramatiker wichtig - Shakespeare.
Shakespeare war sein Vorbild. In dem Sinne wie Shakespeare wollte auch Grabbe
Komödien schaffen.
Das hat Grabbe in zwei Dramen versucht:
DIE HOHENSTAUFEN (1829/30) - ein Doppeldrama:
- Kaiser Friedrich Barbarossa und Kaiser Heinrich VI.

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Hier zeigt es sich, wie Grabbe und sein Kunstschaffen uneinheitlich (neenoten) waren -
gut und schlecht zugleich. Es gab sehr gute Szenen und daneben Szenen, die an eine
schlechte Unterhaltung erinnern.

In der literarischen Komödie SCHERZ, SATIRE, IRONIE UND TIEFERE BEDEUTUNG


(1827), spricht Grabbe von verschiedenen Gattungen, Haltungen. Thematisiert
werden Klopstock, Goethe und Grabbe selbst.
Das ist ein Lustspiel in 3 Akten mit einer Geschichte, die ganz durcheinander ist. Und
zwar wird in der Hölle geputzt und so kommt der Teufel auf die Erde. Er friert aber
im August. Die Geschichte geht weiter mit Liebesgeschichten, Scherz, Satire und
Ironie.
Es ist vor allem ein ironisches Werk in Bezug auf die zeitgenossische, modische
Literatur. Im Werk gibt es Sprachkomik, Sprachsatire, groteske Szenen.

Grabbe hat noch ein Werk geschrieben, das wichtig ist als ein Versuch. Das ist eine
Tragödie, in der er sich mit dem einigen Thema der deutschen Litaratur befasst hat.

DON JUAN UND FAUST


Grabbe versucht hier das Sinnliche, das Sündliche, das Unbeschwerte, das
Genießerische zu verbinden mit dem Unedlichen und Grüblerischem.
Don Juan, der berühmte Konsumierer von Frauen, ist in Wirklichkeit gelebt. Im
Unterschied zu Casanova, hat Don Juan nicht gescheut (bati se) zu töten, wenn es ihm
gerade danach war.
Die Faustgeschichte: Faust möchte so viel wie möglich zu wissen. Um das Wissen zu
genißen schließt er einen Pakt mit dem Teufel. Faust gibt dem Teufel die Seele nach
seinem Tod.
Faust ist ein Sinnbild (prispodoba, simbol) des nordlichen Menschen, er ist ein Grübler
(tuhtač), ein Wissenschaftler. Alles, was er tut, tut er mit wenig Humor.

Wenn sich Antipole in einer Geschichte treffen, passiert das sicher im Bezug auf eine
Frau. Auch Faust möchte Liebe. Er ist alles, hat alles, nur verheiratet ist er nicht. Es
geschah, daß sich Don Juan und Faust in die selbe Frau verlibten. Don Juan will sie
besitzen, aber sie ist verheiratet und ist ihrem Mann treu. Aber das stört Don Juan
nicht, er hat nur eine Sache zu überwinden und das ist die Abneigung dieser Frau.
Deswegen tötet er den Ehemann dieser Frau und auch noch ihren Vater.
Don Juan tötete zwei Menschen, die diese Frau geliebt hat. Faust meinte deswegen
Hoffnung bei ihr zu haben. Er wendete sich an den Teufel, wer die Frau in die Obhut
in ein Schloß auf Mont Blanc brachte. Die Frau will sich aber dem Faust nicht geben
und will auch nichts von ihm hören. Außerdem ist sie in Don Juan verliebt, obwohl
sie keinen freien Lauf dieser Liebe lassen kann. Faust dachte so bei sich, sie sollte
sterben und sie stirbt auch, weil der Teufel alle seine Wünsche erfüllte.
Faust ist jetzt untröstlich. Er rief Don Juan auf den Schloß, aber er tröstete Faust
nicht.

In diesem Werk werden 2 Lebenserwartungen, Lebenseinstellungen (odnos do


življenja), Lebensanschauungen (življenjski nazor) dargestellt und gezeigt. Das Stück ist
zweiteilig geblieben. Die Zusammenführung ist nicht gelungen.

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GEORG BÜCHNER (1813 - 1837) !!!

Büchner ist der grüßte deutscher Dichter. Nach ihm ist das wichtigste Preis in
Deutschland genannt - Georg Büchner Preis. Büchner war ein Genie. Er war 23 Jahre
alt und 2 Monate als er starb. Er wurde in dem berühmten Jahr 1813 in Goddelau
geboren, in welchem auch viele wichtigen Dichter geboren wurden: Bach (Politiker),
Friedrich Hebbel, Otto Ludwig, Richard Wagner und Johan Grün (Guiseppe Verdi).

Guiseppe Verdi war ein Komponist, der aber auch sozial entwickelt war. Er hatte keine Kinder und
gründete mit seinem Geld ein Stift für alte Künstler.
Wagner gelang die beste Forderung der Romantik zu erfüllen in seiner Dichtung und in seiner Oper.

Das Jahr 1813 ist auch in der Geschichte sehr wichtig wegen der berühmten
Völkerschlacht (bitka narodov) gegen Napoleon.

Büchners Vater war Bezirksarzt. Er hatte noch 2 Brüder und eine Schwester. Ludwig
Büchner war ein berühmter Philosoph und Alexander Büchner war ein berühmter
Literaturprofessor in Frankreich, der auch sehr viel übesetzt hat aus Deutschem in
die französische Sprache (auch den Faust). Die Schwester Luise war eine berühmte
Sozialkritikerin in ihrer Zeit (wie Bettina von Arnim). Sie hat auch Bücher, die sich auf
Frauenproblematik bezogen, geschrieben. Ein Werk von ihr ist sehr berühmt
geworden: DIE FRAUEN UND IHR BERUF (1855). Das war der erste Versuch die
Frauen dazu zu bringen, daß sie lernen sollen, und sie im Beruf zu fördern. So konnte
eine unverheiratete Frau selbst für sich sorgen. Das waren damals großartige Dinge.
Georg Büchner war ein Genie. Er hat das Gymnasium absolviert und mußte nach
Wunsch seines Vaters Medizin studieren, obwohl er sich selbst für die
Naturwissenschaft interessierte. Zuerst wurde er in Gießen inskribiert. Später hat er
auch in Straßburg Medizin studiert, kehrte aber zurück nach Gießen, wo er das
Studium beendet hat.
Wegen des Landesgesetzes (deželni zakon) mußte Büchner nach Straßburg gehen. Da
kam er in Kontakt mit der Gesellschaft der Menschenrechte. In der Zeit war die
Französische Revolution noch sehr lebendig. Die Einflüsse der Französischen
Revolution, die Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit waren nicht nur eine Parolle,
aber die Wirklichkeit. Die Mitglieder dieser Gesellschaft waren junge Männer, die eine
politische Position besprochen haben: es solle eine soziale Revolution in Deutschland
geben, wie in Frankreich, daß ein einheitliches Deutschland geben würde.
21-jährig mußte aber Büchner wieder nach Gießen zurück, wo der Vater ihn ständig
kontrolliert hat.

In Straßburg hat sich Büchner verliebt in eine Frau, die wichtig ist. Das war
Wilhelmine Jaegle. Sie war eine Pastorentochter (ohne Mutter), ihr Vater hat den
Haushalt geführt und da hat Georg Büchner, als er in Straßburg studierte, gewohnt.
Wilhelmine war eine sensible, kluge Frau. Büchner hat in Straßburg schöne Zeiten
verbracht, hat Bergwanderungen unternommen und hat auch studiert. Jetzt mußte
er aber zurück nach Gießen.

83
In Gießen gab es aber die Zensur, das Polizeisystem. Aber Büchner wollte trotzdem
die Idee von sozialer und politischer Gerechtigkeit (pravičnost) unter den Menschen
verbreiten.

Als 21-jähriger Mann hat er sein erstes Werk verfasst: DER HESSISCHE LANDBOTE.
Das ist eine politische Flugschrift (letak, propagandna brošura). Es ist eine
leidenschaftliche Anklage gegen die politischen Mißstände, gegen die Koruption. Das
Motto dieser politischen Schrift war: Frieden den Hütten! Krieg den Alesten! Das
richtet sich nicht gegen die politischen Machthaber, aber gegen die Reichen. Büchner
versuchte seine Landsleute, die Armen politisch zu mobilisieren. Er verlangte in der
Schrift Gleichheit für alle und die politische Koruption zu verändern.

Büchner brauchte einen Drucker, der dieses Werk ausdrucken wollen wird. Er gab es
so einem Freund, der 14 Jahre älter war und ein Pfarrer war. Er hieß Weidig und
war sozialorientiert. Er hatte eine Familie und eine Druckpresse. Weidig wäre die
richtige Person, die dieses Werk drucken würde und Büchner war sich sicher, daß
Weidig ihn nicht verraten wird. Weidig druckte dieses Werk wirklich, aber vorher hat
er es aber noch stark zensuriert, vermildert. Das Original zu dieser Schrift gibt es
nicht mehr. Es gibt nur die korrigierte Schrift.

Georg Büchner hat auch in Gießen die Gesellschaft der Menschenrechte gegründet,
aber in Gießen gab es viele Verräter. Und so passierte es: alle Mitarbeiter dieser
Schrift wurden verhaftet. Als das Büchner hörte, floh er aus seiner Wohnung in
Gießen und ging zu seinen Freunden um sie zu warnen. Auch Weidig wurde in den
Kerker geworfen.
Büchner hatte Angst zurückzukehren und ging zu seinem Vater nach Goddelau. Der
Vater wußte nicht, was passierte. Gegen Büchner hat man einen Steckbrief (tiralica)
hinterlassen. Seine Freunde wurden gefoltert. Einige Freunde haben sogar ihre
Freunde verraten. Sie wurden verurteilt und für viele Jahre in Haft genommen.
Weidig wurde so sehr gefoltert, daß er gestorben ist. Er konnte alles das nicht
ertragen und hat sich im Gefängnis aufgehängt.
Büchner sitzt aber zu Hause, hatte Angst, daß wenn er zu Hause blieb, die Eltern
erfahren wurden, daß er verfolgt ist. In dieser Zeit, wo der reale Druck so groß war,
entschloß er, ein Drama zu schreiben. Er schaft es in weniger als 5 Wochen.

Das war seine erste Tragödie:


DANTONS TOD.

Dantons Tod ist ein historisches Drama. In dieser Zeit war Büchner ein politisch-
angagierter Student. Er brauchte dringend Geld, so schickte er dieses Drama zum
einzigen Mensch, von dessen Ruf er überzeugt war. Das war Karel Gutzkow. Er
war Redakteur einer Zeitung und war selbst ein Autor (hat Romane geschrieben).
Später wurde er politisch verfolgt und ins Gefängnis gesetzt. Büchner schickte ihm
das Drama mit der Bitte, es einem Verleger zu geben und ihm dann Geld zu
schicken, weil er sich im Lebensnot befindet. Karel Gutzkow wollte das machen, aber
so viel Zeit hatte Büchner nicht.
Georg Büchner mußte sich der einzigen vertraulichen Person anvertrauen - dem
Bruder Alexander. Büchner erzählte ihm alles, was passierte und bat ihn, ob er ihm

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Geld leihen möchte. Alexander hat alle Ersparnisse seinem Bruder gegeben und hat
das Geheimnis niemandem geliefert. Büchner ist mit dem Geld nach Straßburg
geflohen, zu seinem Mädchen. In Straßburg hat er ohne väterliche Unterstützung die
Naturwissenschaft absolviert und hat auch eine Doktorarbeit geschrieben über den
Schädelnerv der Barbel (der Karpfen - krap).

Inzwischen hat er einige Theaterstücke von V. Igo übersetzt, seine Doktorarbeit


geschrieben und auch das Trauerspiel WOYZEK, das Lustspiel LEONCE UND LENA,
noch ein Theaterstück PIETRO ARETINO (ein berühmetr italiänischer Künstler). Eine
der besten Erzählungen, die er geschrieben hat, war LENZ.

Von Straßburg ist er nach Zürich gegangen. Dort hat er eine Probevorlesung an der
Universität gehalten, wo er mit frischen Präparaten gearbeitet hat. Später wurde er
zu Dozenten genannt und starb an Tifus.
Büchner hat sich immer Gedanken darüber gemacht, daß er wegen seiner politischen
Schrift Der Hessische Landbote geflohen ist. Aber er wurde vielleicht auch zum Tode
verurteilt. Die Bauern wurden gefordert diese Schrift ungelesen zurückzubringen, der
Polizei. Sogar zwei Menschen wurden von der Polizei bezahlt um Büchners Freunde
zu verraten.

Georg Büchner hat in seiner Zeit schon so modern geschrieben, so zeitgenössisch,


daß alles noch heute sehr modern, zeitgenössisch ist. Das waren klassische Werke,
aber sehr modern geschrieben. Modern war, wie er die Themen behandelt hat, die
Denkweisen seiner Figuren waren etwas Besonderes. Auch andere Autoren waren
von ihm begeistert. Er war eine andere Größe, wie Goethe. Goethe hat z. B. auch
Kitsch geschrieben, unter seinen Werken sind auch einige schlechte Werke zu finden.
Aber Büchner hat einmalig geschrieben!!!

DANTONS TOD (1835)


- eine Tragödie in 4 Akten
Diese Tragödie stellt eine absolute Neuigkeit in der deutschen Literatur bis dahin dar.
Das Drama schildert die letzen beiden Wochen vor der Hinrichtung Dantons in Paris.

Büchner war ein sehr literarisch gebildeter Mensch. Auch seine Mutter hatte einen
großen Hang zur Volkspoesie. Sein Vater war Arzt und hatte eine große
Heimbibliothek, er war für alle Wissenschaften sehr begabt, auch literarisch,
künstlerisch, so daß Georg auch sehr gebildet war.
Die Geschichte war für Büchner ein Begriff. Als er zu schreiben began, hat er ganz
grundlich die Französische Revolution zu studieren begonnen, und zwar aus zwei
originalen französischen Werken. In der Französischen Revolution hat man sich an
Königen, Prinzen, .... gerechtigt. In diesen zwei Werken wurde das ganze Protokoll
von Dantons Verhör vor Gericht wiedergegeben.

Danton gehörte zusammen mit Roberspierre zu den führenden Köpfen der Revolution
und waren für viele Morde an klerikalen und royalistischen Abgeordneten und
Häftlingen (zaporniki) verantwortlich. In der Folgezeit kommt es zu Fraktionskämpfen
zwischen den Anhängern Dantons und den Jakobinern, denen Robespierre und
St.Just vorstehen.

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Danton ist bei Büchner müde dieses Totens und des Lebens. Er hat es satt, er ist von
der Philosophie, die man Weltschmerz nannte oder Langeweile, geplegt (plagen -
mučiti, nadlegovati). Danton will sich nicht mehr anstrengen und brauchte sich nicht
mehr zu erklären. Während Danton für das Ende des Terrors plädiert, ist für
Robespierre die Revolution noch nicht abgeschloßen.

Später verabredeten Robespierre und St.Just die Verhaftung Dantons. Danton war in
dieser Zeit an den Höhen seines Ruhms, aber hatte leider keine Macht. Jetzt werden
die beiden aus engstigen Freunden Feinden. Robespierre war ehrgeiziger als Danton,
er will die Macht. Die Richter, Staatsanwälte, alle waren auf der Seite des
Robespierre. Danton wollte sich nicht verteidigen, er hat eine Todessensucht. Danton
wurde dann zum Tode verurteilt und guillotiniert. Einige Jahre danach geschah
Robespierre genau so von anderen Gegnern.

Einen fatallen Eindruck oder Erlebnis wie Kleist es beim Kant hatte, hatte Büchner
beim Studieren der Geschichte. Was er aus diesem gesehen hat, war es, daß der
Mensch nichts zählte, daß er nichts Wert war. Warum kämpfte ein Mensch, wenn er
nichts erreichen konnte? Büchner war von der Gräßlichkeit der Geschichte sehr
überzeugt und hat viel dagegen geschrieben, was auch sehr bezeichnend (značilno)
für ihn war.

Aus der Geschichte hat er etwas Nützliches für sein Schreiben gelernt: keine
Dichtung ist besser als die Realität. Er hat eine neue Praxis beim Schreiben gelernt.
Er hat sich einer neuen Technik bedient. Diese Technik wurde nach ihm wieder von
den Expressionisten und den Generationen danach verwendet. Auch Thomas Mann
übernahm später Büchners Technik der Montage.
Büchner hat in Dantons Tod und überall anders die Wirklichkeit und die Fiktion
montiert. Die Wirklichkeit bei Dantons Tod war Dantons Verhör. Büchner hat die
Antworte von Danton so gut einmontiert, daß wir gar nicht merken, welche Sätze von
Büchner sind und welche aus Dantons historischer Geschichte. Seit dann nennt man
das die Technik der Montage.

Als Gutzkow das Stück bekam, war er überzeugt, daß es ein großartiges literarisches
Werk ist. Aber er hatte ein Problem mit dem Dantons Tod - daß es ihm zu gruselig,
zu direkt, zu revolutionär war. Gutzkow war ein Zeitungsmann und er wußte, was zu
drucken ist und was nicht. Dantons Tod, das wir heute haben ist auch ein
zensuriertes Werk.
Als das Werk in der Zeitung/Zeitschrift erschienen ist, hat Gutzkow dieser Tragödie
einen Untertitel verpasst (na silo/proti volji dati): AUS DER ZEIT DER FRANZÖSISCHEN
SCHRECKENSHERRSCHAFT. Das hat er gemacht, damit er die Leser auf das, worauf
es kommen wird, vorbereitet hat und daß sich die Leute dann weniger empören (biti
ogorčen).
Die zweite Sache, die Büchner hart getroffen hat, war folgende. Diejenige Menschen,
die Dantons Tod gelesen haben, waren gebildet und haben gleich bemerkt, daß viele
Dialoge im Werk authentisch sind, daß sie nicht von Büchner waren. Deswegen
haben die Leute Büchner vorgeworfen zu plagieren. Wenn man das Werk mit seinen
benutzten Quellen vergleichen wäre, hätte man gewußt, daß das nicht war ist.

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In dieser Sache der Kunst zählt aber allein der ästhetische Wert. Was großartig ist,
ist nicht die Montage als solche, nicht die Idee eigene Dialoge zu erfinden, wenn es
doch schon so gute historische gibt, sondern daß Büchner den Rest seiner Dialogen
im Zusammenklang mit den echten Dialogen geschrieben hat. Es gibt nämlich keinen
Bruch zwischen den echten und erfundenen Dialogen, es wirkt alles wie eine Kunst.

Büchners Bruder hat ein Gesamtwerk von Büchner herausgegeben. Aber auch dieses
war verfälscht. Er hat nur das herausgegeben, für was er meinte, daß es moralisch
ist.

Wie schon gesagt - Büchner hat für jene Zeit so modern geschrieben und so anders,
daß man seine Werke nicht so wahrgenommen hat, wie Büchner es meinete in
ihnen. Mit der Interpretation wurde alles anders gesagt.

Büchner hat immer eine Anklage gegen die Zustände erhoben. Er hat so viel
gehandelt, wie es ihm gegönnt war zu handeln. Büchner konnte das menschenliche
Leiden nicht akzeptieren, obwohl er soziale Ader hatte. Er war ein Atheist, er klagt
den Gott, wie kann er das Leiden der Menschen zulassen. Er meinte, daß Gott mit
seiner Schöpfung der Welt das Leid mildern müsste. Das ist in seinem literarischen
Werk ein Beweis, daß es den Gott nicht gibt.

6.1.1999
WOYZECK (1836)

Woyzeck ist die 2. Tragödie, die Büchner geschrieben hat. Das ist eine Tragödie, die
wir in einer ungewöhnlichen Form besitzen. Es gibt 4 Fassungen (verzija, varianta)
dieses Stücks.
Das ist eine ungewöhnliche Tragödie vom Verständnis der Poetik hergesehen, sie ist
unvollendet.

Zum ersten Mal wurde diese Tragödie im Theater gezeigt. Im Jahr 1913 gab es eine
Uraufführung in München Residenztheater.

Es gibt 2 verschiedene Schlüße.


Den Schluß dieser Tragödie verfasste Hugo von Hofmansthal (ein berühmter Dichter
der Wiener Moderne), er wollte aber als Dichter des Schlüßes nicht genannt werden.
Vieles liegt in Dunklem und ist geheimnisvoll umwittert (obdajati).

Worum geht es?


Für die damaligen Verhältnisse ist das eine ungewöhnliche Tragödie.
Die Geschichte berüht auf einer wirklichen Begebenheit. Es gab einen Soldat und
Barbier (brivec), der in schwäbischen Diensten als bezahlter Soldat diente und später
zu den deutschen Truppen überwechselte. Er verdiente also nicht viel Geld. Er war
40 Jahre alt, als er sich in eine lebenslustige Witwe verliebte. Sie hatte nämlich
neben Woyzek noch andere Männer. Woyzeck konnte sich nicht damit abfinden. Der
historische Woyzeck konnte diesen Zustand bei der Frau nicht mehr dulden und er
brachte sie um, er erstoch sie. Er wurde danach gefangen und vor Gericht gestellt
und zum Tode verurteilt. Kurz bevor seiner Verrichtung bekam das Gericht eine

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anonyme Schrift, die verkundet, daß Woyzeck bei der Tat nicht geistesgegewärtig
(priseben) war. Eine Stimme solle ihm sagen, er soll die Frau umbringen. Er sollte
schisophren sein.
Es wurde entschieden, daß Woyzeck ärtzlich untersucht werden soll. Man soll
erfahren, ob Woyzeck zurechungsunfähig (neprišteven) war am Tag des Todes der
Frau. Dr. Klarus untersuchte dann Woyzeck. Woyzek hat dem Doktor erzähl, daß ihm
wirklich eine Stimme zugeredet habe die Frau zu ermorden. Dr. Klarus kam aber zu
dem Ergebnis, daß Woyzeck am Tag der Tat nicht zurechungsunfähig war und daß
man ihn hinrichten (usmrtiti) kann. Woyzek hatte einen Verteidiger, der eine
Beschwerde (pritožba) dagegen eingelegt hat. Dann kam ein zweiter Arzt zum
Ergebnis, daß Woyzeck offensichtlich schisophren sei und daß er am Tag der Tat
zurechungsunfähig war. Er sagte, ihn soll man nicht hinrichten lassen.
Dann waren wieder die Staatanwälte dagegen und da kam noch der dritte Gutachter
(izvedenec) und man hat Woyzeck in der Tat öffentlich hingerichtet. Das war die letzte
öffentliche Hinrichtung in Leipzig.
Diese Streitereien um Woyzeck herum haben 3 Jahre lang gedauert.
Der gerichtliche medizinische Gutachter war auch unterdrückt, weil das Problem
Woyzeck (Schisophrenie) auch ein medizinisches Problem war. Diese Gutachter und
ihre Kommentare waren in medizinischen Zeitungen veröffentlicht, die Vater von
Büchner herausgab. Büchner hat sich mit diesem Woyzeck Schicksal aus der
familiaren Bibliothek bekannt gemacht.

Das Ungewöhnliche an Büchners Woyzeck ist:

1. - Büchner hat sich in seinem Werk eine historische Figur vorgenommen, die ein
armer Mensch war mit kleinem Verstand und großer Seele.
Er hat ein Trauerspiel geschrieben, wo er die alten Regel der Ständeklausel
gebrochen hat. Diese besagt, daß in einer Tragödie nur die höhen Stände, Adlige
auftreten können. Er hat aber ein Trauerspiel geschrieben, dessen Held ein
Proletarier und Soldat ist, der besitzlos ist, nichts hat und ihm etwas Trauriges
zustoßt. Das kann man nicht in Einklang mit der klassischen Tragödie bringen.

2. - Woyzeck ist kein Held. Er ist auch kein Antiheld. Er ist lediglich (zgolj) die
Hauptfigur. Woyzeck handelt nicht, außer in dem Fall, wo er seine Geliebte tötet. Er
erleidet sein Schicksal und kann ihm nicht entrinnen.
Er ist ein Mann, der unsere Sympathie hat und dessentwegen man immer zu tief
erschüttert ist, aber man möchte sich trotzdem nicht mit ihm identifizieren und es
auch nicht tut.

3. - Büchner hat etwas Neues gemacht, was vor ihm noch kein Dichter in einem
Trauerspiel praktiziert hat. Seine Tragödie besteht nur aus Szenen, Bilder, es gibt
keine Akten. Genau so wenig wie Kleist, kennt auch Büchner keine Kausalität !!! Alle
seine Szenen sind autonom, jede Szene ist eine Einheit über sich. Jede Szene kann
stehen wo sie gerade will. Die eine Szene bereitet keine nächste Szene vor.
Die Szenen sind also autonom, selbstständig. Sie sind eine kleine Geschichte, die
aber nicht abgerundet sind.

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4. - Die Sprache: Wir wissen seit Gottsched, daß in einer Tragödie eine erhobene
Sprache gesprochen werden soll. Eine Sprache, die hochpoetisch, hochdeutsch ist
und in Versen geschrieben. Diese Regel haben aber sowohl Lessing als auch Schiller
schon gebrochen, so weit wie Büchner sind sie aber nicht gegangen.
Bei Büchner sprechen die Figuren den hessischen Dialekt. Sie sprechen so, wie sie
immer sprechen.
Er wußte, daß die Menschen verschieden sprechen: die Gebildeten und Ungebildeten
z. B. Einige Figuren: Arzt, Offizier, Unteroffizier, die gebildet sind und aus dem
Bürgertum stammen, reden alle hochdeutsch und gebildet.
Merkwürdig ist, daß diese sprachliche Trennungslinie zwischen Hochdeutsch und dem
Dialekt auch die Trennungslinie zwischen positiven und negativen Charaktere
bedeutet.
Woyzeck ist ein Mörder. Er hat das Einzige, was er geliebt hat, umgebracht; aber er
gehört zu positiver Gestalt.
Alle positive Gestalte sprechen Dialekt und alle negative Gestalte sprechen
Hochdeutsch.

DIE GESCHICHTE DES WOYZECK TRAUERSPIELS

Diese Geschichte ist auch viel traurugere als die Geschichte des historischen
Woyzeck. Büchner hat sich eine Figur vorgenommen, die bei den Juristen und
Mediziner bekannt war.
Er mußte aber die Realität für dichterische Zwecke umformen. Er machte aus
Woyzeck den Soldaten, nur daß er etwas jünger war. Aus seiner älteren Geliebten
machte er eine schöne junge Frau und gab ihr den Namen Marie. Die Marie hatte ein
Kind mit Woyzeck.
Die Situation war also solche: Die Marie bleibt zu Hause mit dem Kind. Damals
gingen die meisten Frauen nicht zur Arbeit. Woyzeck ist Soldat. Woyzeck kann Marie
nicht heiraten, weil er Soldat ist und weil er auch kein Geld hatte. Das wenig Geld,
die sie hatten, reichte nicht um Marie und das Kind zu ernehren. Deswegen rasierte
er ab und zu jemandem. Er macht aber auch etwas Entsetzliches - er verkauft seinen
Körper einem Arzt für medizinische Versuche. Das bedeutet, daß es einen Arzt gab,
der beweisen wollte, daß der Mensch einen freien Wille besaß. Woyzeck dürfte
Monate lang nichts anderes essen als Erbsen, außerdem dürfte er nicht immer
urinieren, wenn er mußte. Hier tritt aber der freie Wille ein - ein Mensch kann das
nicht so machen. Es entscheidet sein Körper, wann er urinieren muß und wann nicht.
Der Arzt notirete sich alles, was mit Woyzeck passierte, auf. Er notierte sich, wie sich
Woyzeck verändert hat, ob es ihm schlechter geht, usw. Er führt Woyzeck vor seinen
Studenten wie einen Affen vor. Woyzeck kam in einen Vortragssaal und der Arzt hat
sich zu Woyzeck geäußert und seinen Studenten vorgeführt.

12.1.1999
Was ist in dem Woyzeck so sensationell?
- Daß Büchner einen widerlichen Mordfall zum Thema eines Theaterstücks macht,
zum Thema einer Tragödie. Angesichts (vpričo, spričo) des Charakters der Hauptfigur
wird es klar, daß es nicht um eine traditionelenhafte Tragödie geht. Woyzeck ist
Soldat, ein Angehöriger des 4. Standes (die Armen). Er ist in vielen Abhängigkeiten

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verwickelt und und ist wegen seiner sozialen Situation und des Charakters ein durch
und durch passiver Held.

- Wie gesagt, befindet er sich in verschiedenen Abhängigkeiten:

* von seinem Hauptmann - Da ist er als Objekt der Laune, der melancholischen
Anfällen seines Hauptmanns.

* von wissenschaftlichen Bedürfnissen eines Arztes - Woyzeck hat sich einem Doktor
verkaufen müssen. So überlässt er noch das Einzige, was er hat - seinen Körper.
* von dem Einzigen auf der Welt mit dem er durch Liebe verbunden ist - von Marie.
Marie hat mit Woyzeck ein Kind. Woyzek ist von ihrer Sinnlichkeit (čutnost), von ihrer
Sexualität abhängig. Marie läßt sich aber von einem Unteroffizier verführen. Der
Woyzeck hat so das Einzige, was er besessen hat, verloren.

* von seinem schlechten Gesundheitszustand. Deswegen redet er mit sich selbst und
haluziniert. Er ist im Begriff der menschlichen Unfreicheit und damit kommt es zu
einem Gegenteil zu der Tragödie im Schillerschen Sinne. Schiller sagt nämlich, daß
der Held ein freier Mensch ist, mit freiem Willen, der frei entscheidet; der aber, egal,
was er tut, immer schuldig ist. Über diese Freiheit verfügt Woyzeck nicht!!!

Büchner hat sein Stück so geschrieben, daß es zwischen verschiedenen Szenen keine
Kausalität gibt. Keine Szenen steht in enger Verbindung mit einer
Vorhergegangenen. Man kann sie beliebig zeigen.

Wir haben uns einige Abschnitte aus Woyzeck angehört:

1. In der Gemeinschaft (skupnost) von Maria und Woyzek gibt es noch eine
"Großmutter" - eine alte Frau, die den Kindern als Großmutter dient. Sie unterhält
und belehrt, daß das Böse gestraft wird und das Gute belohnt wird. Diese
Großmutter erzählt den Kindern Märchen über die armen Menschen. Da heißt es: Ein
Kind hat sich gewünscht zu der Sonne zu kommen, da merkt er aber, daß der Mond
tot ist, genau so die Sonne und die Sterne. Deswegen geht er zurück auf die Welt,
wo es aber keinen Mensch mehr gab, weil alle gestorben sind.

2. Eine Szene über die Abhängigkeit Woyzecks vom Doktor. Woyzeck darf nicht
urinieren, aber er hat das getan und der Doktor hat es gesehen.

3. Die Szene mit dem Hauptmann und Woyzeck. Der Hauptmann beginnt zu reden,
daß Woyzeck ein uneheliches Kind hat, weil es nicht getauft ist. Eine Anspielung
(namigovanje), daß dieses Kind gar nicht von Woyzeck ist. Woyzeck antwortet darauf
mit der Bibel: die göttliche Liebe ist gerecht, er will nicht schauen, ob das Kind
ehelich ist oder nicht.
"Was soll der Mensch ohne Geld mit der Moral?" - sagt Woyzeck. Der Hauptmann
antwortet, daß Woyzeck keine Tugend hat. Hier sieht man, daß sich auch der
Hauptmann nicht fabelhaft äußern kann - Tugend ist etwas, was man hat oder hat
man nicht.

90
Der Satz von Hauptmann: "Wie soll ich die Zeit todschlagen?", kommt immer wieder
vor. Woyzeck sagt: "Wenn ich ein Herr wär und hätte Geld; ich würde schon
tugendhaft sein.
Das Einzige schöne, was sich Woyzeck in diesem Leben noch leisten kann, ist die
Sexualität.
Hier kommen auch die Atributte eines Herrn vor: ein Hut, eine Uhr, eine Ängles (ein
Herrnmantel) und wenn Woyzeck noch reden könnte, dann wäre er auch tugendhaft
sein, eben er sei ein armer Kerl.

4. Die Szene mit Marie (jede Szene ist voller Inhalt, jede ist selbstständig; das
Gemeinsame der Szenen: sie spielen über den selben Mensch)
Marie hat ein Stück Spiegel in der Hand und versucht das Kind mit dem Schrecken in
den Schlaf zu wiegen.
Als Woyzeck nach Hause kommt, fragt er sie woher sie die Ohringe habe???
der Mensch = der Mensch
das Mensch = eine Hure, eine Prostituierte
Büchner hat noch etwas anderes getan, einen Strich zwischen Gut und Böse. Das
war eine Technik, die später erfolgreich von B. Brecht praktiziert wurde. B. Brecht
ging aber noch weiter.
Büchner hat festgestellt, daß der eine Mensch gut und böse ist. Innerhalb eines
Individuums zieht er die Trennungslinie. Das hat er in seinem Werk gezeigt:

GUTER MENSCH VON SEZUAN.


- Das ist eine Geschichte von 3 Göttern, die auf die Welt kamen und eine Wette
schließen. Sie haben gewettet, daß es sicher noch gute Menschen auf der Welt gibt.
Jetzt suchen sie diesen Mensch in China. Sie haben in der Nacht um Obdach
gebeten, aber niemand wollte sie aufnehmen. Der einzige Mensch, der Mittleid mit
ihnen hatte, war eine Prostituierte. Das war ein Mensch, der in den Augen des
Anderen ein verdorbener Mensch ist. Die Götter sagen aber, daß es doch noch gute
Menschen gebe. Dann erzählte ihnen die Prostituierte, daß sie in der Tat schlecht ist.
Die Götter geben ihr also eine Chance und zwar sie geben ihr viel Geld.
Die Prostituierte hatte dann aber auch Mittleid mit einem Menschen auf der Straße
und gab ihm alles. Sie hat einen Mann kennengelernt, der sie nur wegen ihres
Geldes haben möchte. Sie durchschaut ihn durch eine List.
Die Prostituierte arbeitete als Tabakladenbesitzerin. Später holte sie sich Hilfe und
zwar ihren Vetter, der aber gemein war und hat alle Arbeiter entlassen. Dann
verschwindet er und sie verliert alles. Dieser Vetter kommt wieder zurück, arbeitet
schlecht, verschwindet dann wieder. Der Cousin kommt noch das dritte Mal zurück
und sagte, daß er nicht mehr so weiter machen kann - immer zurück zu kommen und
die Dinge in Ordnung zu bringen. Er will alles rücksichtslos fertig bringen. Er fällt in
Krampfen zusammen. Man erkennt jetzt, daß die Prostituierte und der Cousin die
selbe Person waren. Die Prostituierte wollte sich somit die Existenz sichern und sich
beschützen. Sie schlüpfte in die Rolle des gemeinen Cousin.
Später gebar sie ein Kind und will nur noch nach dem Kind schauen.

Die Trennung zwischen Gut und Böse läuft innerhalb einer Figur. Wenn ein Mensch
sieht, daß es ihm besser gehen kann, wird er gut und auch umgekehrt.

91
LEONCE UND LENA (1836)
Das ist ein Lustspiel, eine Komödie. Sie ist aber ungewöhnlich, weil Büchner hier die
Regel einer Komödie gebrochen hat, indem die Hauptfiguren allesamt Könige,
Prinzen und Prinzessinen sind.
LEONCE ist ein Prinz aus dem Reich PIPI. LENA ist eine Prinzessin aus dem Reich
POPO. Die Heirat diesen beiden wurde von den Väter bestimmt, obwohl sich die
beiden noch nie gesehen haben.
Weil so eine, wie der andere nicht heiraten möchten, gehen sie ins Exil jeder mit
seinem Gefährten (tovariš, drug, sopotnik). Sie treffen sich über die Grenze völlig
unerwarteter Weise an einer Wiese. Da verlieben sie sich in einander und möchten
heiraten gegen des Willes ihrer Eltern. Sie gehen mit Masken in ihre Heimat zurück.
Später wird es klar, daß die richtigen Menschen die richtigen Menschen geheiratet
haben.

Uns wurde eine Szene aus Leonce und Lena vorgelesen:


Die Szene, wo König Peter von seinem Diener eingekleidet wird. Sie erzählt über die
Sorgen eines Königs.

Hier hat Büchner die Ständeklausel gebrochen und zwar viel großartiger als Lessing
in Emilia Galotti. Er hat ein sehr durchschautes Werk geschaffen. Das ist eine
ungewöhnliche Komödie, die durch heimliche Sprachkomik unterhält.
Auf der anderen Seite ist dieses Werk wegen der Kritik des Staatswesens, mit der
Deutschland damals zu tun hatte, berühmt. Dieses Staatswesen waren die
Kleinstädter, die Mißherrschaft. In Leonce und Lena errinnert sich ein König nämlich
nur mit Hilfe eines Knopfs im Taschentuch an das Volk. Diese Obrigkeit beschäftigte
sich noch mit einem Problem: der König, die Regierung, der Prinz, die Prinzessin
hatten nichts zu tun!!! In den Höfen geht der Spruch herum: Langeweile.

Leonce war ein Prinz, ein Mensch, der alles hat und wenn man alles hat, dann kennt
man nur eine Seite und man weiß nicht, was es alles noch gibt in der Welt. Leonce
kennt nur Reichtum, er hat so viele Frauen, wie er nur will. Er braucht nur nicht zu
arbeiten. Er kann sein Leben nicht genießen, weil er die Naivität nicht hat. Sein
Begleiter ist ein Mann aus dem Volk. Der weiß, was durst ist, was bedeutet viel zu
arbeiten und er genießt es wohl bei einem Prinzen zu sein. Er genießt es, daß die
anderen schaffen müssen und er nicht. Er genießt diese Langeweile, weil er das
Gegenteil bereits kennt.

Dieses Drama ist eine starke Satire an die Zustände, auf die höffischen Höfe, die mit
der Langeweile zu tun hatten.

Es gibt hier aber auch eine schöne Szene: Der Prinz und die Prinzessin heiraten. Das
Volk soll sich darüber freuen, es freut sich auch, aber tatsächlich: über was sollen sie
sich denn freuen?
Da gab es auch einen Lehrer, der sagt, wie sich das Volk benehmen soll. Das Volk
übte einen Spruch: "Wie watt!"

Georg Büchner hat noch ein Stück geschrieben: PIETRO ARETINO.

92
Pietro Aretino war ein Künstler der italienischen Renaissance.
Dieses Stück wurde vernichtet oder verbrannt im Hause der Familie Büchner.

Dann gibt es noch eine Erzählung: LENZ.


Jakob Michael Reinhold Lenz war ein Freund von Goethe.
An einem Geburtstag von Goethe kam ein Buch heraus, indem der Autor über das
Leben des großen Goethe schreibt. Er schrieb, daß er ein Spitzel (ovaduh) war und
daß er schuld daran war, daß Fichte seine Proffesur verloren hat und daß er seinen
guten Freund Schiller nicht so ins Herz schloß, wie man es meinte. Goethe hat auch
junge Männer als Soldaten nach Amerika verkauft. Auf Befehl ist er Mitglied einer
Maurerloge geworden.
Es gab auch eine miese Geschichte zwischen Lenz un Goethe. Lenz wurde in dem
selben Jahr wie Goethe geboren: 1749. Lenz war ein Pastorsohn aus Riga, der auch
Theologie studiert hat. Mit zwei jungen Männern ist er als Begleiter durch Europa
gereist. Lenz war schrecklich begabt, er hat 7-8 Sprachen gesprochen. Aus diesen
Sprachen hat er übersetzt und viel gelesen. Er hat ein Wünsch gehabt, Offizier zu
werden, aber er war zu klein. Mit diesem Wesen hat er sich sehr viel beschäftigt, was
auch aus seinen Werken bekannt ist: Die Soldaten, Der Hofmeister, Die Liebe auf
dem Land (ein Gedicht), ... Er hat noch viele Theaterstücke und Gedichte
geschrieben, aber alle sind Fragmente.
Lenz hat verschiedene Stücke von Shakespeare übersetzt, hat ein Essay über ihn
geschrieben. Er hat auch eine Poetik, wie man schreiben soll, geschrieben und hat
große Schwierigkeiten gehabt seine Werke zu publizieren.
Lenz hat Goethe in Straßburg kennengelernt. Er hat Lenz verholfen die zwei Dramen
Die Soldaten und Der Hofmeister anonym aufzuführen. Diese Stücke waren so gut,
daß man dachte, daß Goethe sie geschrieben habe. Dann mußte Goethe aus
Straßburg nach Hause gehen und Lenz ist in Straßburg mit allen Edelleuten
geblieben. Goethe hat Lenz sogar seine Freundin Friderike Bojou, die er verlassen
hat, anvertraut. Er sollte sie trösten. Goethe hat damals gewußt, daß er nie wieder
zurück kommen werde. In die Friderike hat sich Lenz verliebt. Friderike wollte aber
von dieser Liebe nichts wissen. Aus dem Schmerz heraus hat Lenz Die Liebe auf dem
Lande geschrieben. Dieses Gedicht spricht über einem Mädchen, das allein geblieben
ist. Man sagt, daß sie nicht besonders trauere, aber sie habe immer sein Bild vor
Augen und so könne sie nichts anderes sehen. Friderike Bojou ist in Wirklichkeit ihr
ganzes Leben allein geblieben.
Lenz hat sich immer sehr unglücklich verliebt. Die eine Liebe war eventuell die
Schwester von Goethe Cornelia. Lenz hat sie sehr geliebt, sie hat aber den Schlosser
(ključavničar) geheiratet. Als Lenz von Friderike Bojou gegangen ist, hat er sich der
Cornelia genähert, weil sie sich in einem fürchterlichen Zustand befand - sie war
schwanger, aber sie hat sich über das Kind nicht gefreut und wurder nervlich krank.
In diesem Zustand konnte sie Lenz für eine Zeit lang vertragen. Sonst hat sie alle
Menschen abgelehnt und ihr Mann hat große Probleme mit sie gehabt. Später ist sie
bei der Geburt des Kindes gestorben. Lenz hat diesen Tod miterlebt.

Lenz war eine komische Figur, anderer Seits war er aber sehr begabt. Sein Vater hat
auf ihn einen großen Druck ausgeübt und wollte, daß er zu Ende studiert. Lenz

93
versuchte sich seine Familie loszuwerden. In diesem Moment zeigten sich die ersten
Merkmale seiner Nervenkrankheit.

Er ist zu Fuß aus der Schweiz zu einem Pfarrer Oberlin gegangen. Oberlin war ein
protestantischer Pfarrer, Magister der Theologie und ein absoluter Aufklärer in der
Praxis. Er war Proffesor in Steintal, ein absoluter Wohltäter (dobrotnik). Oberlin hat die
Industrie in Steintal gebracht, die Straßen, die Schulen und Kindergärten (im 18. Jh.)
gebaut, war an Obstbäume interessiert. Alles das hat er für die Menschen getan.
Später haben die deutschen Exilanten in Amerika eine Stadt gegründet, die sich
Oberlin nannte.
Beim Pfarrer Oberlin hat Lenz 3 Wochen gelebt. In dieser Zeit hat er sich versucht
umzubringen, deswegen war Pfarrer Oberlin nicht mehr bereit ihn bei sich zu haben.
Oberlin hat ihn in ein Irrenhaus gebracht. Von da aus haben Lenz seine beide Brüder
geholt und haben ihn zu seinem Vater gebracht.
Aber Lenz hat sich noch etwas in seinen Kopf gesetzt - er mußte noch etwas in
seinem Leben tun. So ging er nach Weimar, wo auch Goethe war. Lenz hat an Frau
von Stein englische Stunde gegeben. Diese Frau war die große Liebe von Goethe,
aber die englischen Stunden von Lenz haben es ihr besser gefallen als die von
Goethe. In diesem Sinne ist etwas passiert, daß Lenz plötzlich Weimar verlassen
mußte. Was, weiß man nicht. Lenz irrte jetzt wieder durch ganz Europa und kam
nach Moskau. Hier hat er ein Buch geschrieben, das er Katarina der Größen widmete.
Er wollte auch Händler (trgovec) sein - hat Gewürze, Pelzmantel, ... verkaufen. Mit 42
Jahren ist er auf einer Straße in Moskau gestorben.
Man berichtet auch, daß man Angst hat Goethe zu sagen, daß Lenz gestorben ist. Als
Lenz aus Weimar ging, schickte ihm Goethe die ganze Zeit Geld.
Lenz ist also zu Oberlin gekommen und der Pfarrer hat es ihm erlaubt bei ihm zu
leben. Aber schon in der ersten Nacht wollte sich Lenz umbringen. Er ist aus einem
Fenster in den Brunnen gesprungen. Pfarrer Oberlin versuchte seine Familie, die
schwangere Frau und seine vielen Kinder besänftigen und hat Lenz Versuch an
Selbstmord so erklärt, daß Lenz gerne im kalten Wasser badet.

Lenz wollte nicht, daß sich herumspricht, daß er dichtet und daß man ihn danach
beurteilt. Lenz hat nämlich gut geschrieben und war gelobt. Obwohl er mitten der
Menschen gelebt hat, viel mit Oberlin gesprochen hat, wollte er sich immer wieder
umbringen. Das konnte Oberlin nicht mehr dulden und hat ihn weggeschickt.

Was erschütet an dieser Geschichte?


- Lenz hat viele Theaterstücke geschrieben unter deren auch: Der Engländer. Hier
geht es um einen jungen Mann, der in eine junge Frau verliebt war, aber konnte sie
nicht bekommen. Er kamm ins Gefängnis und wollte sich hier mit einer Schere
umbringen.
- Lenz hat diese Selbstmorde in die Dichtung eingeführt. Zuerst hat er die
Selbstmorde geschrieben, später hat er genau diese auch praktiziert.

Als Lenz von Oberlin gegangen war, hat sich Oberlin Gedanken über ihn gemacht.
Warum hat er Lenz bloß weggeschickt? Oberlin hat ein tagebuchartiger Bericht über
die 3 Wochen, in welchen Lenz bei ihm lebte, geschrieben. Hier beschreibt Oberlin,

94
wie Lenz die Mitmenschen mit seinen Selbstmörder zum Tode erschreckt hat und
über alle seinen fixen Ideen. Das war eine Art Verteidigungsschrift von Oberlin. In
diesem tagebuchartigen Bericht war der Mittelpunkt Oberlin und nicht Lenz!!!

13.1.1999
Büchner hat ein Gesamtbuch von Lenz zu Hause gehabt, das Ludwig Tieck
herausgegeben hat. Es wurden viele Materialien umbearbeitet eingebaut. Tieck hat
den tagebuchartigen Bericht dadurch bekommen, daß er eine Weile beim Pfarrer
Jegli (Vater von Mina) gewohnt hat, der ein guter Freund von Oberlin war. Jegli hat
Oberlin auch begraben. Von Oberlin hat Jegli die Erzählung über Lenz gehört.
Die Brüder von Lenz waren Büchnres Freunde. Die haben auch den tagebuchartigen
Bericht von Oberlin gehabt und haben ihn drucken lassen. Man weiß nicht, ob
Büchner gerade diese Kopie gelesen hat. Oberlin hat den tagebuchartigen Bericht
einem Französe diktiert, der nicht gut Deutsch kannte.

Büchner hat sich dieses Thema angenommen (prevzeti), weil diese Geschichte für ihn
interessant war und weil er Lenz hochschätzte.

Wie ist es Büchner damals gelungen so ein phantastisches Kunstwerk in Prosa zu


schreiben?
- Er kannte den tagebuchartigen Bericht von Oberlin.
- Er kannte die Werke von Lenz. Lenz war jünger als Büchner als er aufgehört hat zu
schreiben. Er war ein Genie.
- Das Interesse an einem Dichterkollege war vordergründig (na prvi pogled) bedeutend,
daß Büchner ein Werk über Lenz begonnen hat zu schreiben.

Diese Erzählung ist noch heute sehr modern anmutet (zdeti se). Es ist ein literarischer
Text über den man sich gefragt hat, ob er eine Erzählung oder eine Novelle ist.
Warum hat man sich mit dieser Frage beschäftigt?
- Bis zum Ersten Weltkrieg war dieses Werk als eine Novelle sehr neuartig und
ungewöhnlich. Es gab auch viele medizinische Arbeiten dazu, die besprochen haben,
wie genau medizinisch diese Erzählung geschildert wurde, wie genau Büchner einen
Krankheitverlauf - die Schizophrenie - beschrieben hat.

Man hat Jahre lang gesagt, daß die Erzählung ein Fragment ist. Für das sprechen der
erste und der letzte Satz dieses Werks. Auch im Text kann man das sehen, wenn
man zuerst die historische Wiedergabe liest.
Büchner hat Anmerkungen zu den Text selbst geschrieben. Das sind aber
Textverderbnisse, wo es steht: "Siehe die Briefe!" An gewissen Stellen ist der Text
nicht ausgefüllt, die Texte sind abgebrochen. Büchner wollte für diese Erzählung die
Briefe genau durchstudieren und sie nachher in den Text hereingeben. Dieser Text
ist also ein Fragment.
Auch dieser Text wurde mit besagten Samen bearbeitet. Es gibt ihn nur noch in
Kopien. Es sieht so aus, als ob man ihn absichtlich ruiniert hat.

Wie ist es jetzt mit der Gattungsbezeichnung?


- Eine Erzählung ist ein erzählter Text, der nicht so furchtbar lang ist.

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- Was eine Novelle ist, steht auch fest (Definition von Goethe: eine sich ereignete,
unerhörte Begebenheit).
Hier geht es also um die Erkrankung von Lenz und um seine Schisophrenie. Aber es
ist schwer zu sagen, ob das diese unerhörte Begebenheit (dogodek, pripetljaj) ist. Es
gibt verschiedene Momente um die herum dieser Erzählung gebaut ist. Deswegen
wäre es besser, wenn wir dieses Stück als eine Erzählung bezeichnen und nicht als
eine Novelle!!!

Wie hat Büchner hier verfahren? - So wie in Dantons Tod und in Woyzeck. Auch hier
hat Büchner montiert. Wenn er bei Woyzeck in die Dialogen auf der Strassen die
überlieferten Dialogen einmontiert hat, so hat er auch hier montiert. Er hat nicht die
Briefe montiert, aber teilweise modifizierte Stellen von Oberlins Tagebuchartigen
Bericht.
Büchner hat auch etwas in diese Erzählung herein montiert, was allein auf sein Konto
zurückgeht, weil er keinen Beweis für solche Stelle bei Oberlin finden konnte. In der
Mitte der Erzählung gibt es eine Stelle - ein sogenanntes Kunstgespräch.
Nur einen Satz gibt es, der als Beweis stehen könnte: Kaufmann war ein Freund von
Goethe. Ein Intellektuäller, der auch selbst geschrieben hat. Er war literarisch
interessiert und er könnte derjenige sein, der nach Steintall gekommen ist und
könnte ein möglicher Partner für Lenz sein, mit dem er dieses Kunstgespräch geführt
hat.

Der Beginn der Erzählung: Der Mittelpunkt ist Oberlins Tagebuchartiger Bericht. Er
hat das Leben von Lenz so beschrieben, wie Oberlin das erlebt hat. Das ist seine
Rechtfertigung des eigenen Handels im Zusammenhang mit Lenz.
Oberlin beginnt so: "... den 21. Jänner 1778 kam er hierher. ..." Er schreibt wie ein
Chronist. Das heißt, er verfährt faktengetreu, historisch richtig. Er sagt das, was er in
dem Moment gewußt hat, als der fremde Mann zu ihm kam. Da beschreibt Oberlin
diese Figur: ".... von blaßen Gesicht, .... blonden Locken, ... unsicheren Auftritt, ...."
Und das war, was Oberlin interessiert hat.
Oberlin schreibt noch: "Guten Tag, ich bin ein Freund von Kaufmann." Lenz
legitimiert sich dadurch, daß er gesagt hat, wer ihn geschickt hat. Dann fragt Oberlin
ihn nach seinem Namen. - "Lenz." Oberlin antwortet darauf: "Habe ich seinen Namen
nicht schon einmal gelesen? Einige Theaterstücke von ihm?" - "Ja, aber belieben sie
nicht danach zu beurteilen."
Lenz will damit sagen, daß der Oberlin vergessen soll, daß Lenz ein Autor ist und daß
er ihn nicht nach seinen 2 berühmten Theaterstücke beurteilen soll.
Weiter schreibt Oberlin, wie er Lenz aufgenommen hat, wie Lenz sich in die Situation
eingelebt hat und wie er die verschiedenen Nationaltrachten zu zeichnen begann. Er
schreibt auch darüber, wie Oberlin Lenz das Zimmer in der Schule oben zugewiesen
hat. Es wäre ein schöner Tag gewesen, wenn Lenz nicht in das Wasserbrunnen
gesprungen hätte. Oberlin hat versucht dieses Ereignis von Lenz, diesen Versuch von
Selbstmord bei den Mitmenschen zu entschuldigen. Er hat gesagt, daß Lenz gerne im
kalten Wasser badet. Aber Lenz konnte offensichtlich nicht schwimmen.

Büchner geht hier ganz anders vor. Der berühmte erste Satz von Büchner, den man
lange für ein Fragment gehalten hat. Das ist aber einer der besten Erstsätze einer

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literarischen Arbeit, den es überhaupt gibt. Schon ganz am Beginn hat Büchner etwas
fiksiert, was für die gesamte Haltung wichtig ist und das sich von Oberlins
Tagebuchartigen Bericht unterscheidet.
Im ersten Satz stellt er Lenz in Mittelpunkt seines Interesses als einen Dichter, einen
Menschen. Lenz ist also der Mittelpunk der ganzen Erzählung.

Man soll sich den ersten Satz von Oberlin merken im Vergleich zu Büchners: "Den 21.
ging Lenz durchs Gebirge."
Wenn man das liest, ist man ein bischen schockiert, weil wir die genaue Zeitangabe
vermissen. Wie ist das 21. zu verstehen?
Oberlin hat uns ganz genau berichtet, wie es sich alles in der Wahrheit abgespielt
hat. Hier heißt es aber anstatt kommen, gehen. Büchner verheimlicht uns auch nicht,
wer da geht. -Lenz geht! Er sagt auch, wo sich Lenz bewegt hat. -Durchs Gebirge.

Wenn wir uns die beiden wieder anschauen:


Bei Oberlin wollen wir die Identität des Gekommenens herausfinden. Bei Büchner
fragen wir uns aber: wie?, wo?, warum?, wieso? dieser Lenz da geht, durchs
Gebirge.
Literarisch betrachtet also wirkt der erste Satz von Büchner viel interessanter als der
Satz von Oberlin.
Oberlin gibt uns einen Bericht als Rechtfertigung (utemeljitev, upravičevanje) mit der
Handlung eines Dichters, der verrückt gewesen ist.
Bei Büchner wollen wir aber wissen, wie die ganze Geschichte im Zusammenhang mit
Lenz war.
Bei Oberlin: wer?, was? Bei Büchner: wie?
!!!! Seit der Romantik stellt sich in der Literatur immer mehr die Frage wie? und
weniger die Frage was?
Wie behandelt man die bekannten Sachen, wie sollen sich die Figuren in seinem
dichterischen Werk behalten.

Bei Lenz haben wir verschiedene Dinge: auf einer Seite den Bericht von Oberlin, auf
der anderen Seite haben wir Studien von Lenz in der Zeit als er verrückt wurde.
Wie löst Büchner die Geschichte des Datums indirekt? - Er macht aus den Gang
durchs Gebirge eine Szene. Das war für ihn typisch. Er gibt keine Erzählung, sondern
Gestalten; keine Charakteristika, sondern Charaktere. Er beschreibt den Weg von
Lenz sehr ungewöhnlich. Da benützt Büchner Vergleiche, Bilder, Personifizierung wie
z.B. der Nebel verschlingt (pogoltniti) die Landschaft. Er beschreibt die Natur. Es ist
feucht, kalt, neblig, an dem Weg liegt auch Schnee. Büchner sagt, daß Lenz auf und
ab gehe. Damit beschreibt er das Gebirge. Wie unheimlich, unangenehm die Natur
ist: Moos ist glitschig, ... Dem Lenz war aber diese Natur völlig gleichgültig, weil er
schon so viel gelaufen ist, weil er ein Wanderer ist. Aber manchmal war es ihm
trotzdem so unangnehm, daß es ihm leid tat, daß er nicht auf dem Kopf gehen
konnte. Warum hat er das gesagt? Das ist nicht normal für so einen Wanderer.
Büchner hat hier indirekt beschrieben in welcher Jahreszeit Lenz durch das Gebirge
wanderte (Schnee, Feuchtigkeit, Nebel). Wir merken, daß nicht nur die Landschaft
wenig atraktiv ist, aber es stimmt auch mit Lenz etwas nicht. Ihm ist es nämlich
unangenehm, daß er nicht auf dem Kopf gehen kann. Er möchte die Erde am
liebsten hinter den Ofen stellen. Warum? -Weil es kalt, naß ist und weil er es nicht

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gut hat auf dieser Erde. Hinter dem Ofen würde er die Erde warm haben und auch er
wäre in Sicherheit. Lenz möchte alles ziemlich sehr radikal ändern. Auf dem Kopf
sieht man alles anders.
Und noch etwas: Es gibt immer ein gewisses es in der Landschaft. Z.B.: "es ist ihm
eng, unheimlich (grozno)". Eine Angst herrscht in seiner Landschaft. Es drückt ihn in
der Seele, in der Brust. Es ist für Lenz "als jage der Wahnsinn auf Rossen hinter ihn
her". Er hat den Eindruck, daß ihn die Krankheit verfolgt und zwar sehr schnell - auf
Pferden.

Da bekommen wir auf der ersten Seite durch den ersten und durch den zweiten Satz
die ganze Beschreibung der Landschaft, das ganze Zustand von Lenz. Daraus merken
wir, was los ist. Wir haben mit jemandem zu tun, der allein und verlassen ist. Er
merkt, daß er die Welt verändern muß und hat zugleich die Krankheit hinter sich.
Der Mittelpunkt des Geschehens ist hier Lenz, seine Gefühle, sein Zustand. Hier
befindet sich ein Mensch in der Not. Da erfahren wir auch, daß alle Motive, die
Büchner aufnimmt, erarbeitet und weiter führt in dieser Erzählung von einem
Menschen sind. Von Lenz, der auf die Natur so reagiert, wie er sie gerade fühlt. Er,
der ein so angewiesener Wanderer ist.

16.2.1999
(Am 20. Januar, 3 Tage vor seinem Geburtstag ist Lenz zu Oberlin gekommen.)

Büchner hat viel mit Sturm und Drang Diktion zu tun gehabt, z. B.: es drängte, so
klein, so naß, so dicht, ... Das sind Ausdrücke direkt aus Sturm und Drang
entnommen.
Die Enge, Angst, Alles, Nichts, ... das sind Themen, die im Verlauf der Erzählung zum
Sprechen kommen.

"Dem Lenz riß es in der Brust; wo die Erde so prachtvoll da lag". Dieser Satz drückt
einen Schmerz aus, was auch ein Sturm und Drang Motiv ist.
Es war so schön, daß es weh tat. "Es war eine Lust, daß es weh tat".
Lenz war aber entsetzlich einsam. Er war allein. Er wollte sogar selbst mit sich
sprechen.
Es werden gleichzeitig die zentrale Motive der Erzählung und die Symptome der
Diagnoze der Schizophrenie gezeigt.

Oberlin hielt Lenz für einen Handwerker als er zu ihm gekommen ist.

Büchners Montage wirkt nicht wie ein Fremdkörper. Die Übernahmen von Oberlin
passen sich genau in Büchners Dialog.
Die historische Mutter von Lenz war damals, als Lenz die Visionen seiner Mutter hat,
schon gestorben. Oberlins Bericht berichtet über Lenz, der über die tote Mutter
sprach. Es ist viel die Rede vom Schmerz und Leiden. Die Vision der Mutter bringt
Lenz dazu zu prädigen. Lenz hat also in der Kirche geprädigt als er noch bei Oberlin
war.

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Lenz reagierte immer auf die Natur. Nachdem hat Oberlin nicht mehr gewußt, wie er
Lenz beruhigen sollte. Oberlin hatte keinen Sinn für die moderne Literatur. Er meinte,
daß die moderne Literatur die Menschen verderbe. Er schickt Lenz nach Straßburg in
ein Krankenhaus. Lenz wollte weglaufen, aber man hat ihn gefangen und
zurückgebracht.

"So lebte er hin", schreibte Büchner. Und wegen dieses Satzes meinte man, daß
Büchners Erzählung ein Fragment ist. Das ist ein Sturm und Drang Satz. Lenz hatte
keine Angst mehr, kein Verlangen. Sein Leben war ihm eine notwendige Angst. Dem
Leben hat er sich aufgegeben.

In der Mitte der Erzählung gibt es ein Kunstgespräch. Die Theoretiker, die
Literaturhistoriker haben es so benannt. Man muß sich Zeit nehmen um zu
überlegen, was Büchner hier geschrieben hat.
Bei Büchner haben wir eine Erzählung, die sehr dicht geschrieben ist. Man muß auf
jedes Wort achten. Sicher ist, daß diese Erzählung ein Fragment ist, weil es Stellen
gibt, wo Büchner die Briefe von Lenz eintragen wollte. Es gibt aber ein Tempo,
erreicht dadurch, wie motivisch die Geschichte darstellt.

Büchner war ein Dramatiker. Wenn er Prosa geschrieben hat, war diese in einer
Gattung geschrieben, die dem Drama ähnlich war. Das war eine Novelle. Aber er
macht sie so, wie er in Dramen gewöhnt ist zu machen. Er personifiziert die Natur.
Die Natur wird nicht beschreiben, sie wird insziniert dargestellt. Alles, was Lenz
passiert, wird dargestellt in einzelnen Szenen. Die Erzählung Lenz ist so locker
gebaut, wie Woyzeck.

Diese Erzählung / Novelle ist szenisch gebaut (der Gang durchs Gebirg, der
Rückgang durchs Gebirg, die Prädigtszene, die Erweckungsszene, ...)

Die Erweckungsszene: Lenz fühlt sich Schuld an dem Tod seiner Mutter und an dem
Tod eines Mädchens. Das Mädchen hieß Friderike. Dieses Mädchen wollte er zum
Leben erwecken. Der Gott möchte ein Zeichen an ihm geben, so daß er das junge
Mädchen wieder zum Leben bringt. Als der Gott sich nicht zurückmeldete, wendet
Lenz sich ab von ihm. Von diesem Augenblick an, gibt es keine Bindung mehr
zwischen Lenz und der Welt, zwischen Lenz und dem Gott. Seit dem geht es mit Lenz
unter.
Der historische Mensch Lenz hat dieses Mädchen wirklich gesehen und wollte sie
wirklich erwecken.

Kunstgespräch
Das ist eine Stelle in Büchners Erzählung, die Büchner erfunden hat. Man hat sich
wegen des Kunstgesprächs in den gebildeten Kreisen unglücklich gezeigt, weil man
ein Jahrhundert lang darüber diskutierte. Es wurde darüber diskutiert, wie Büchner
so etwas tun konnte, daß er sein eigenes ästhetisches Konzept, seine Theorie der
Kunst einem Verrückten in den Mund geben konnte. Man konnte merken, daß das
alles literaturhistorisch nicht gibt.

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Teilweise war Büchner in dem Kunstgespräch radikaler als Lenz es war in seiner
Lebzeit. Die Äußerung in dem historischen Lenz, die er aufgeschrieben hat in einem
Shakespeare Essay, daß man sich der kleinen Figur annehmen (zavzemati se za) sollte
und sie beschreiben sollte. Das waren schon damals ungewöhnliche Ideen. Es war
noch so, daß in Tragödien gebildete Menschen auftreten konnten; die Einfachen
wurden nie zu Helden. Büchner ist aber noch weiter gegangen, was er schon mit
Woyzek beschreiben hat: da waren die kleinsten Menschen, die unscheinbarsten
Menschen.
Anderer Seits vertrit Büchner die Meinung von Lenz, der ein Sturm und Dränger war.

Bei seinen Aussichten in der Literatur vertrit Büchner die Romantik. Er setzt sich für
das Volkslied ein. Er sagt, Goethe sei ein großer Dichter und Shakespeare, Schiller
aber nicht. Vor allem der klassische Schiller nicht.
Wenn man das alles genau studiert, merkt man, daß Büchner wohl auf der Seite des
Schillers ist, auf der Seite des Sturm und Drangs.

Die Menschen soll man so zeigen, wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. Man sollte
die Wirklichkeit zeigen, nicht die Ideale. Büchner schreibt einfach, nicht pathetisch,
nicht aufgeblasen. Er schreibt eine gegliederte Prosa.

Dieser Vorwurf weist darauf, daß Büchner das Literaturprogram einem Verrückten
aussprechen ließ. Als diese Erzählung geführt wurde, hatte Lenz nach der Prädigt in
der Kirche eine Zeit von relativer Ruhe. Außerdem war der Vorwurf nicht richtig, weil
ein schizophrener Mensch nicht unbedingt auch ein Verrückter ist.

Büchner konnte dieses Gespräch nicht als ein geführtes Gespräch zwischen Oberlin
und Lenz gestaltet. Weil Oberlin etwas nicht verstanden hat. Bei aller seiner Güte
(dobrota) und Lauterkeit (čistost) seines Charakters verstand er die zeitgenössische
Literatur nicht. Die Literatur des Sturm und Drangs hat er als krankhaft, modisch
abgelehnt. Die Schuld für Lenz Krankheit hat er der Literatur zugeschrieben und
seinem Lebenswandel (moralni način življenja). Weil er viel Kontakt mit den Frauen
hatte, sollte ihn Gott mit seiner Krankheit bestrafen.

Der Gesprächspartner wurde Friedrich Kaufmann, der selbst literarisch interessiert


war und viele Sturm und Dränger kannte. Er war auch der Erfinder des Namens
Sturm und Drang.
Der Kaufmann hat Oberlin, in dieser Zeit als Lenz bei ihm war, besucht. In Büchners
Novelle ist er als ein willkommener Gast und ein Ruhestifter beschrieben.

Lenz sagt im Kunstgespräch: Die Wirklichkeit ja, aber nicht die verwirrte Wirklichkeit.
Alle Dichter wollen die Wirklichkeit geben. Die Dichter beschreiben die Wirklichkeit in
ihren Kunstwerken, aber die meisten haben keine Ahnung von der Wirklichkeit. Lenz
sind die lieber, die die Wirklichkeit nicht idealisieren.
Er argumentiert hier Büchner: Der Gott hat die Welt gemacht, wie sie sein soll, ...... .
Unser einziger Bestreben soll sein, uns ein wenig nachzuschaffen (kopirati kaj, narediti
posnetek). Schon Ackermann aus Böhmen hat gegen den Tod rebelliert.
"Ich als Künstler schaffe meine Erzählung, meine Dramen, meine Gedichet. Aber ich
solls versuchen in Kleinem, was er (der Gott) in Großem geschafft hat."

100
Das bedeutet nicht idealisieren. Die Figuren in einem literarischen Werk sollen nicht
idealisierte Menschen sein, sondern wirkliche Menschen mit wirklichen Problemen.
Er sagt noch: "Ich verlange in allem; Leben, Möglichkeit des Daseins, und dann ist es
gut. Wir haben dann nicht zu fragen, ob es schön ist, ob es häßlich ist, das Gefühl,
das, was geschafft sei, Leben habe, stehe über diesen beiden, und sei das einzige
Kriterium in Kunstsachen."

In allen Figuren in jeder Szene muß Leben sein. Das bezeichnen wir heute als
Glaubwürdigkeit. Kleist kann Spukgeschichte schreiben. Das hat nichts mit dem
Glaube und Unglaube zu tun. Es hat damit zu tun, ob diese Geschichte lebt. Sie muß
stimmen. Die Figuren mussen leben. "Leben, Möglichkeit des Daseins!" Das Leben
muß überzeugend sein Dann ist es egal, ob es schön ist, ob es häßlich ist.
Keine Jungfrau von Orleans. Sie verachtet man als Menschen. Nicht idealisierte
Gestalten!!! Idealisieren bedeutet die Menschen verachten. Den Menschen zu
verachten war das schlimmste Erlebnis, das man je getan hat.
Dieses Leben ist das einzige Kriterium, ob das Stück gut ist oder nicht.

DAS WIENER VORSTADTTHEATER


Das Wiener Vorstadttheater ist eine Theaterart, die in Wien zu Hause ist. Wien ist
eine sehr theaterseelige Stadt, wo es damals unzählige Theater gegeben hat. Damals
gab es auch so etwas wie ein offizielles Theater - Burgtheater. Das war zugleich auch
ein Nationaltheater. Es gab noch andere Theater, unter deren auch das Volkstheater.
Dieses gab nach dem Jahr `45 nicht mehr. Es hat sich in Lachtheater umbennent,
weil der Name Volkstheater an die nationalsozialistische Era erinnerte.

Die Tradition des Wiener Vorstadttheaters stammt aus dem 18. Jh., gegründet von
Wanderskomödianten. Einer der ganz berühmten war STRANITZKY. Das waren
Wandertruppen, die ein Theatergebäude in Wien bekommen haben. Da haben sie
das Volkstheater gespielt, das Kasperle (kljukec) haben sie gespielt. Das waren oft
Stücke, die teilwiese immer zuwider (v nasprotju z) Gottsched und seinen Bestrebungen
waren.
Das Wiener Vorstadttheater wurde parallel zu Sturm und Drang, zu der deutschen
Klassik (Goethe und Schiller) gegründet. Weimar wurde ein hohes Zentrum des
Theaterwesens.
Dieses Theater hat auch besonders große Erfolge zur Zeit des Realismus (Grabbe,
Büchner) erlebt, auch in der Zeit des Vormärz 1848 und ist über das Ende des 18. Jh.
zu Operette übergegangen. Das waren keine Oper, sondern lustige Singspiele; es
wurde auch viel geredet und gelacht.

Die wichtigste Figur dieses Theaters war das Kasperle (der österreichische Hans
Wurst), wiederum die Figur des Harlekins, des Clowns.
Die Tradition wird eingeführt.

Es gab so ein berühmtes Theater in der Leopoldstadt (1781) - Vorstadt von Wien.

101
Kasperle war ein Mensch, der viele Süchte (sla) hat: Freßsucht, Trinksucht, Sexsucht,
Raufsucht (pretepanje). Er war eine Figur, die äußerlich durch diese Attribute
gekennzeichnet ist (dick, Wurste hängen an ihm,...) Diese Wurste haben die falische
Bedeutung; er hatte nämlich einen großen Appetit an Damen. Er hat wirklich
Unmenge von diesen Güter konsumiert. Er konnte viel essen. Aber er hat viel
übertrieben.

Den Text für dieses Theater gab es nicht, sondern nur Stichworte und dann hat man
je nach dem, wie das Publikum war, den Text erfunden. Man hat improvisiert. Der
Grund für die Improvisation war die Zensur. Was man nicht geschrieben hat, konnte
man der Zensur vorlegen.

Das zweite wichtigste Theater war das Theater an der Wien (Wien - ein Flüßchen).
Es wurde im 1786 gegründet.

Das dritte Theater das auch noch heute sehr populär ist, ist das Theater in der
Josefstadt (1788). Dieses Theater befindet sich im Zentrum von Wien.

Diese Vorstadttheater erleben ihre Blüte, die sehr lange dauerte, zwischen 1780 -
1860. Diese Zeit wurde geprägt in den erfolgreichsten Jahren von 2 Schauspielern,
die gleichzeitig auch Regisseure, Theaterdirektöre waren: Raimund und Nestroy.

23.2.1999
FERDINAND RAIMUND (1790 - 1836)

Er kam als 13. Kind zur Welt. Ferdinand war Sohn eines Handwerkers. Er sollte
Zuckerbäcker (Konditor) werden. Jeden Abend hat er im Theater Bonbons verkauft.

So hat ihn die Leidenschaft fürs Theater gepackt. Er hat sich einer ungarischen
Theatergruppe angeschloßen. Im Jahr 1817 wurde er zum Regisseur und zum
Darsteller (igralec, interpret) des Theaters in der Leopoldstadt und später wurde er
Dierektor dieses Theaters.

Seine Leidenschaft, die er nicht verwirklichen konnte, war Tragödie. Er möchte gerne
in Tragödien eine Rolle spielen, aber dafür war er zu klein und noch hat er einen
Sprachfehler gehabt: "r". So hat er sich mit dem komischen Fach zufrieden gegeben
(zadovoljiti se). Er war ein Meister der Komödie!!!

Aber er endete tragisch. Eine Zigeunerin hat ihm wahrgesagt, daß ihn ein Hund
beißen werde und er werde an diesem Biß sterben. Der Hund solle die Tollwut
(steklina) haben. So biß Ferdinand wirklich ein Hund. Ferdinand hatte Angst, daß
dieser Hund Tollwut gehabt hatte und daß er sterben werde. Er konnte aber nicht zu
seinem Hausarzt nach Wien. Deswegen hat er sich aus Angst erschossen.

Raimund war von seinem Innen her ein milder Mensch. Er hat die Menschen geliebt.
Er war auch ein absoluter Theatermensch - er lebte im Theater und vom Theater. Er
war Direktor, Theaterdichter, Regisseur, Schauspieler in einer Person.

102
Er hat POSSEN geschrieben. Diese Possen (norčije) gab es auch unter der
Bezeichnung ZAUBERPOSSEN bzw. LOKALPOSSEN. POSSEN sind eine komische
Gattung, ein Theaterstück in dem es viel zu lachen gibt.
Zauberpossen wurden zu Spielpossen dadurch, daß es in diesen Theaterstücken
verschiedene Feen, Zauber, Hexen, mit einem Wort übernatürliche zauberische
Wesen eine gewisse Rolle spielten.
Phantasie spielte hier also eine große Rolle. Auch die Technik hat dabei eine große
Rolle gespielt. Die Menschen haben in seinen Rollen fliegen können, es gab
verschiedene Winde, was alles die Sache der Technik war.

Aus dieser Art des Theaters genannt als Original-Zaubermärchen, geht Raimund
zurück, daß hier die Romantik zu erkennen ist durch die Phantasie, die eine große
Rolle spielt und so wird auch die Romantik ein Teil dieses Theaters.
Diese Possen basieren auf der Komedia del Arte, d.b. Improvisation! Der Text wurde
nur in Ansätzen dargeboten. Dann wurden Dialoge der Situation nachgeführt.

Eine sehr wichtige Rolle spielte auch die Sprache, die Mundart (narečje, dialekt) - der
Wienerdialekt. In dem Dialekt hat man die Wortspiele gewußt. Neben der Sprache
spielten eine große Rolle das Bühnenbild und die Musik.
Das war eine Art des Theaters, die sich unabhängig von anderen Zentren entwickelt
hat. Es war ein besonderes, lustiges Theater für die Menschen gemacht, die sich
unterhalten wollten. Es basiert an der Vorstellung und Forderung der Romantik:
Zauberpossen, Märchen, ..., alles, was man aus der Dichtung entfernen wollte, spielt
hier eine große Rolle.
Auch die Romantik hat verlangt, daß der Text sich aus Worten, Reimen, Prosa,
zauberhaften Elementen, Religion Philosophie zusammenstellt und mit
Seienesbereiche spielt. Es wurde schon damals das Märchen, die Illusion gezeigt. Die
literaischen Grenzen wurden gebrochen. Die Musik war im Theater wichtig, so wie
heute.

In Possen von Raimund hat man auch gesungen. Man hat neue Texte zu alter,
bekannter Musik gefunden. D. b., all das, was Dichtung ist, hat eine große Rolle
gespielt. Auch die Formen, die Musik, das Übersinnliche, Zauberer, gute und böse
Geister. D. h., nicht nur der Dichter hat eine große Funktion gehabt, auch die
Schauspieler sollen von der Funktion begestert werden. Weil die Technik mitbezogen
wurde, schauen wir, daß hier auch etwas ganz Sachliches mitspielt.

Dieses Theater ist auf eine große Tradition in Österreich angeschloßen und auch an
Büchner, an seine Liebe zur Musik; schwulstige Redewendungen, Personifikazionen,
Allegorien.
Die Jugend, die Schönheit sind die Figuren. Das alles hat die Funktion des Menschen
angesprochen. Man wollte sich von der harten Realität ausruhen. Funktionvolles
Leben wollte man sehen.

Ferdinand Raimund hat viele Theaterstücke geschrieben:


BAUER ALS MILLIONÄR
DER ALPENKÖNIG UND DER MENSCHENFEIND

103
Diese Theaterstücke waren nicht nur die reinste Unterhaltung. Raimund hat hier
Probleme behandelt, die seine eigene Probleme und Probleme der Zeit waren.

In dem Stück DER ALPENKÖNIG UND DER MENSCHENFEIND hat Ferdinand einen
Schloßherr dargestellt. Man nannte ihn auch "Rappelkopf", weil er ein bischen
verrückt war. Er war ein reicher Mensch, der aber auch an sich selbst litt. Er hat sich
selbst nicht gefallen und hat gegen sich selbst gewütet. Dadurch hat er allen das
Leben schwer gemacht. Eine entsetzliche Sache war, als der Gutsbesitzer (zemljiški
posestnik) einen Doppelgänger angreift. Er war ein gespaltener Mensch, nervlich
belastet.
Ein Motiv der Schattenseite des menschlichen Daseins, mit der sich schon die
Romantik ausseinander gesetzt hat (Jean Paul).

Die Theaterfäns dieses Theaters war die einfache Bevölkerung, die das Burgtheater
nicht bezahlen konnte und stellte andere Anspruche an die Kunst und an das
Theater.
Ein großer Konkurrent von Raimund war ein Mann, der nicht so mild war, sondern er
war ein wenig bissig.
JOHANN NESTROY (1801 - 1862)

Nestroy hat nicht nur Komödien, sondern auch Lokalstücke und Volksstücke, die
beliebt waren, gespielt. Diese Stücke waren große Kritiker dieser Zeit. Die 1. Hälfte
des 19. Jh. war politisch humorlos, alles war zensuriert und beobachtet.
Die Texte für die Theaterstücke mußte man vorlegen und weil sie Angst vor der
Zensur hatten, gab es keine richtige Texte, nur Ansätze und somit so viele
Improvisationen in diesen Theaterstücken !!!
!!! Diese Theaterstücke waren meist nicht Originalstücke. Es waren keine neue
Texte. Sie waren oft übernommen und an die damaligen Zustände angepasst. Auch
die Lebendigkeit des Theaters wurde kritisiert, die aber in jeder Aufführung anders
war, weil man jeweils anders gespielt hat. Man hat Bezug genommen auf die
Wirklichkeit (Navezovali/sklicevali so se na resničnost).

Nestroy war ein Theatermensch, der 30 Jahre lang das Wiener Theater geführt hat.
Er kam aus bürgerlichen Kreisen. Er war Sohn eines Juristen. Auch Nestroy hat
zuerst Jura studiert. Später hat er sich ausbilden lassen als Operasänger. Dann hat er
bemerkt, daß er am liebsten Theaterdichter geworden wäre. Weil auch sein
Schauspieltalent groß war, hat er selbst gespielt. Er wurde Theaterdirektor. Im
komischen Fach hat er sich auch als Theaterdirektor gesehen.

Nestroy war bissig, weil er die Erfahrung gemacht hat: Er denkt über jeden Mensch
das schlechteste. Er war kein Optimist, wie z. B. Leibniz. Nestroy hat nicht daran
gedacht, daß der Mensch gebilden erzogen sein werden kann. Er meinte, daß man
sich vor dem Mensch in Vorsicht nehmen soll.
Diese Erfahrung hat er wegen seiner Frau gemacht, die sich nicht genug für ihn
kümmerte. Aber er war sowieso nicht viel zu Hause. Er ist mit einem ungarischen
Grafen weggelaufen und hat ein Kind bei ihr zurückgelassen.

104
Komiker müssen einen besonders gut ausgeprägten Sinn für die Sprache haben. Eine
Komödie ist nicht nur Witz, sie muß auffallsreich sein. Sie hat sehr viel mit Theater zu
tun. Die Komödie ist eine Komödie der Sprache, der Situation und des komischen
Stoffes.
Sehr viele österreichische Dichter sind tschechischer Abstammung (poreklo), wie
Nestroy, G. Trakl, Kafka,... Diese haben nicht nur Deutsch gesprochen, aber auch
das Austriakische, was bis zu heutigen Tagen gilt (Johannisbeeren = Ribisel, Aprikosen =
Marillen, Quarktorte = Topfenkuchen, Maiz = Kukurus, ...). Es gab viele deutsche Wörter, die
aus dem Croatischen, Polnischen, Türkischen, Tschechischen, Slawischen
übernommen wurden. Auch Karl Kraus (österreichischer Satiriker, Kritiker, Dichter)
hat aus dem Austriakischen geschöpft, auch Nestroy.

Die Stücke von Raimund und Nestroy sind überall beliebt. Noch immer lacht man sich
tod über sie. Damals haben sie aber überall viele Schwierigkeiten aufgenommen.
Auch in Slowenien gab es schlechte Kritiken über ihre Stücke.

Nestroy war ein Mensch, der ein Skeptiker war, ein ironischer Mensch. Er hatte einen
Wunsch: die Menschen zu unterhalten, gute Stücke zu zeigen. So, daß wenn der
Mensch in Theater kommen würde, er lachen würde.
Nestroy hat den Ergeiz gute Rollen zu schreiben, die nicht schwer zu spielen waren.
Er war im Stande innerhalb von einigen Tagen einen Stoff zu fertigen. Er erfindete
auch nicht neue Stoffe. Er machte z. B. drum herum Romeo und Julia ein gutes
Stück. So war er einer der berühmtesten Redakteure von fremden Stoffen. Er hat
einen französischen Stoff bearbeitet, so daß dieser ein guter österreichischer Stoff
wurde. Alles das hat er gemacht, damit das Publikum zufrieden wäre.

Er hat 83 Theaterstücke geschrieben, mehr als 12 sind im Sinne der Buchform


geblieben. Er war aber kein Literat, er war ein Dramatiker. Man hat gesagt, daß er
ein Lustspiel-Liferant sei. Er selbst sagte, daß ihn sein Ruhm nicht kümmere. Wenn
das Publikum zufrieden ist, hat er Geld verdient und so waren die beiden Seiten
zufrieden.

Bei Nestroy war die Improvisation sehr wichtig, wegen der Vormärz - Zustände.
Anspielungen auf die politische Situation hat man gemacht und deswegen mußte
Nestroy auch ins Gefängnis.

Nestroy war nicht nur Dichter, aber auch Schauspieler. Er hatte ein sehr gutes
Gedächtnis und merkte sich den Text sehr schnell. Er war der ideale Einspringer,
wenn einer krank war. Das war seine große Begabung.

Nestroy kannte die Menschen gut, weil er ein gute Psichologe war. In seinen lustigen
Theaterstücken hat er das seelische Leben der Menschen gezeigt.
Er war voll Sarkasmus, Skepsis, Zinismus. Er hat keine Grundüberzeugung in seinen
Theaterstücken erlaubt. Deswegen sagt man, daß er bissig war.
Er war ein Mensch ohne Illusionen. Er hat seine ganz reale Seite seines Charakters
gestalltet, indem er viele Aphorismen geschrieben hat. Diese hat er aus
Theaterstücken gelöst und sind so als Aphorismen (bissige Sprüche) gelebt.

105
Nestroy war ein kluger Mensch. Er hat gesehen, wie alles funktioniert. Er war oft
empört, aber was soll er jetzt tun? Es lohnt sich zu empören, wenn man etwas
dadurch erreicht.

Bei so viel Pech, das er im Privatleben hatte, wurde er ein Alkoholiker. Er hat an
ungefähr 1000 Theaterabenden in verschiedenen Schauspielrollen teilgenommen.
Zu seiner Lebzeit hat das Wiener Vorstadttheater das Zaubermärchen, die
Zauberpossen in Blüte erfahren.
In Nestroys Stücken gab es immer mehr Musik. Er war derjenige, der den
Zaubermärchen den Untergang gemacht hat. Danach kam die Operette. Nach seinem
Tod wurde Wien die Hauptstadt der Operette, auch wegen der sozialen
Umschichtungen (preslojevanje). Dem Menschen geht es teilweise besser.

Nestroy war bezeichnet als der größte komische Genie der deutschen Sprache. Er sei
der tiefste satirische Denker seiner Zeit geworden. Der bedeutendste Vertreter der
Komödie, der Tragikomödie. Er war soviel als Moliere in seiner Zeit gehalten in
Deutschland.
Wenn man Nestroy und Raimund vergleichen, war Raimund humorvoll, wobei
Nestroy scharf war, aber ein großer Komiker, der sehr depressiv war.
Als Nestroy starb, hat man ihn nicht mehr gespielt. Im Expressionismus hat ihn B.
Brecht neu belebt. Da hat man gemerkt, daß ohne Nestroy das Theater keine Chance
mehr gehabt hätte. Aber durch zeitliche Distanz hat man auch gemerkt, daß Nestroy
die Satire nie an eine bestimmte Zeit und Ort gebunden hat. Sie ist allgemein gültig
und ewig menschlich.
Nestroy war jemand, der absolut gegen Pathos war. Er war intellektuell, logisch. Er
hat gerne parodiert, schockiert und unterhalten. Er hat das gemacht, was auch
Büchner vor ihm machte - er hat montiert. Nestroy hat die altbekannte, abgenützte
theatralische Situation montiert. Das waren Anspielungen, die die Menschen es
erkannten in den Theaterstücken.
In einem Theaterstück Zu ebener Erde und erster Stock hat er sogar zwei
Handlungen auf der Bühne gleichzeitig laufen lassen.
Aus dem Film entnommen, hat er mit ?Rückblender gearbeitet. So gab es
Handlungen, die zu ganz verschiedenen Zeiten spielten: einmal jetzt, einmal vor 10
Jahren, ein Bild davon wird verschwommen. Das war noch ein ganz unbekannter
Kunstgriff.

TOD AM HOCHZEITSTAG
Hier zeigt Nestroy Träume auf der Bühne aus dem Jahr 1807. Der 1. und der 4. Akt
spielen in seiner Zeit. Er hat etwas gemacht, was man viel später im Film praktiziert
hat.

DER SCHÜTZLING
Hier zeigt er im Jahr 1847 (ein Jahr vor der Märzrevolution) ein Gußeisenwerk
(valilnica - jeklo). D. h.: er bringt die proletarische Welt auf die Bühne. Das hat Büchner
mit dem Woyzeck (1836) gemacht. Nestroy zeigte wirklich die Maschinen auf der
Bühne. Das hat später als erter wieder Naturalismus auf der ganzen Welt gezeigt.
Aber 40 Jahre vor Naturalismus hat das, wie schon gesagt, Nestroy gezeigt.

106
Die sprachliche Höhepunkte aller seinen Stücke sind seine Auftrittsmonologe -
Couplets. Da hat Nestroy allgemeines hingewiesen und zwar sozial-politisch. Da hat
er die Gattung des Theaterliedes gepflegt. Das war ein satirischer Text begleitet mit
bekannter Musik. Das war ein Spiel mit Wörter und Begriffe. Er hat immer darauf
geachtet, daß es einen Refrain gegeben hat.

Die Titel seiner Werke: DER TALISMAN


DAS MÄDL AUS DER VORSTADT
EINEN JUX WILL ER SICH MACHEN

107
24. 2. 1999
VORMÄRZ LITERATUR
bzw. Politisierende Literatur bzw. Engagierte Literatur

Das ist die Literatur, von der man sagen kann, daß sie schwierig mit einem
entsprechenden Begriff zu erhalten ist. Diese Literatur ist im Jahr 1814/15
entstanden, bis 1848.
Diese Literatur ist zusammen mit der Literatur anderer Färbung entstanden. Es gab z.
B. auch die Romantik, dann die Ausklänge der Klassik. Das war eine unterhaltende
Dichtung und es hat auch Autoren gegeben, die bei diesen Ansichten (nazor) standen
(Grabbe und Büchner).

Engagierte Dichtung - ein allgemeiner Begriff der sich bis zu heutigen Tagen erhalten
hat. Das ist eine Art der Literatur, die neue Ideen, Ideale vertritt und versucht sie
unter den Menschen zu bringen. Und zwar die ästhetische, politische, soziale Ziele.
Das war eine einfache Dichtung um die Menschen zu informieren und sie zu
gewissen Dingen zu gewinnen.

Vormärz Dichtung - Von ihr spricht man, wenn man sie breit meint.

Politische Dichtung -

Die Vormärz - Literatur erfasst die Literatur des Vormärz nicht nur dierkt. Sie ist aber
in dieser Zeit (1814 - 1848) entstanden. Die Märzrevolution hat im Jahr 1848
stattgefunden. Das war der Frühling der Nation.
Im Jahr 1830 gab es eine große Völkerschlacht (bitka narodov) bei Leipzig. Napoleon
war besiegt.

Europa wurde in alten Schranken verwiesen. Zu diesem Grund gab es den WIENER
KONGREß von September 1814 bis Juni 1815. Verschiedene Könige, Kaiser und
Zaren nahmen teil und versuchten Europa zu restaurieren im alten Geisten (Sinn), im
Absolutismus. Zu Nachfolge hat man versucht systematisch bürgerliche Idee und ihre
Träger zu bekämpfen. Man versuchte ancien regime rückzuinstalieren. Wien war aber
eine Großstadt, wo sie nichts erreichen konnten.
Dem Wiener Kongreß folgte Kongreß in Troppau (Tschechisch) - 1819/20. Aber auch
Troppau war nicht angebracht. Da gab es viele reiche Menschen, deswegen war das
Klima nicht günstig.

Dem Kongreß in Troppau folgte der LAIBACHER KONGREß im Jahr 1822. Da gab es
viele Menschen, die 6 Monate um Neugestaltung Europa betagten.
Verschiedene Bestrebungen wurden niedergedrückt. Man hat z. B. Jungitalien
verhindert, auch die Befreiungsversuche von Griechen gegen die Türken wurden
verhindert.
Alles hat Metternich geregelt in seinem Sinn. Alle haben auf ihn gehorcht. Diese
Restauration wurde postuliert (sprejeta).

108
Um die alte Zustände rückzuführen braucht man solche Kraft, wie vor der
Französischen Revolution. Viele Völker haben schon etwas erlebt und zwar immer
mehr Gewalt, Zensur, Verfolgungen und weniger Freiheit auf allen Gebieten.
Für die Zensur gab es eine Skala. Die freiheitlichen Ideen konnten sich nur in
wissenschaftlichen Werken weiter verbreiten. Da, wo man sich mit technischen
Problemen auseinandersetzt. Briefe wurden gelesen, Menschen wurden überall
denunziert (ovaditi). Die Spitzel waren oft Menschen, die man dazu gezwungen hat.
Das waren oft freiheitsbesinnte Menschen, die ertappt wurden als sie
Revolutionsideen verbreiteten und haben so keine Wahl gehabt oder man hätte sie
ermordet.
Seit dem gab es viele Exillanten. Die Menschen waren gezwungen ins Exil zu gehen.
Das waren Menschen aus Russland, Deutschland. Sie gingen nach Paris oder in die
Schweiz.

In der Zeit 1814 - 1848 gab es auch viele Aufstände in Frankreich, Deutschland,
Polen, Russland (da gab es auch mehrere Attentaten). Das war eine schrecklich
unruhige Zeit, weil die Bevölkerung viel mehr wollte, als sie schon hatte.
Die erste Revolution gab es im Jahr 1830 in Paris. Das war die JULI REVOLUTION.
Da haben Bürger und Arbeiter teilgenommen. Man hat da aber nichts erreicht.

Dann hat die MÄRZ REVOLUTION in Februar 1848 begonnen. Diese Revolution gab
es überall in der Europa, auch in Italien und in der Schweiz. Die Habsburgische
Monarchie hat teilgenommen, Deutschland.
Die Idee dieser Revolution war einen Nationalstaat zu gründen. Diese Idee ist Frucht
schon der Aufklärung und nicht erst die Idee der Französischen Revolution von 1789.
Aber es gab eine Zeitverschiebung dieser Idee, die sich dann später in allen
deutschen Staaten verbreitete. Deutschland war damals zersplitert.
In dieser Nachfolge hat sich gleich die folgende Frage gestelt: Wie groß soll dieser
Staat sein? Was soll er erfassen? Welche Vertreter soll es geben?
Es gab eine Idee vom Deutschen Bund und zwar von dem Frankfurter Parlament.

In der Habsburgischen Monarchie gab es 2 Tendenzen:

1. - Die Deutschen setzten sich für den Deutschen Bund ein.


2. - Es gab aber noch viele Völker in Deutschland, die Butenen waren (Ukrainer,
Slowenen, Slowaken, Tschecher, ...). Das waren Leute, die keine Deutschen waren.
Diese Völker haben aber gesagt, daß die Deutschen sicher nicht ihre Interesse
vertreten werden. Sie werden auch Österreich vergessen und ihre Ideen werden so
überhaupt nicht vertreten.
Diese Art von Wahlen haben sie auch in Slowenien ausgeführt. Unser Vertreter war
damals Anastasius Grünn.

Dieser Frühling der Nation, die Besinnung der eigenen Nation, war für die
Donaumonarchie ein großes Problem, weil es keine einige Nationalität gegeben hat.
Und es war gefährlich eine eigene Nation politisch zu fordern.

Die Folgen der Märzrevolution:

109
-Die Verfassung (ustava) bekommt die Monarchie. Es gab also eine
Verfassungsmonarchie.
-Der Metternich mußte fliehen. Er hat dann seine große politische Karriere als
österreichischer Ambassador (Botschafter) in Frankreich gewonnen. Da hat er gelernt
die politische Kraft durch Medien zu verbreiten. Damals gab es nämlich viele
Zeitungen um die öffentliche Meinung zu bilden. Auch Napoleon hat seine eigenen
Ideen propagiert.

In dieser Zeit ist die politisierende Literatur entstanden. Die Dichter waren gebildet,
allgemein verständlich zu schreiben. Man soll die Maße in irgendeinem Sinne zu
revolutionieren. Sie wollten Nationalstaaten.
Die Menschen waren weltbürgerlich orientiert (Patrioten, keine Nationalisten). So
kann man auch über die Dichter sagen, daß sie große Patriote waren. Man kämpft
nicht nur um eigene Staaten, sondern auch um politische Rechte.
Viele Menschen sind geflüchtet, ins Exil gegangen.

Ein großer Exilautor dieser Zeit war:


LUDWIG BÖRNE (1786 - 1837)

Er wurde als Jude in Frankfurt geboren. Er hat in Frankfurter Getto gelebt und ist
später zum Christentum übergetreten.
Er emigrierte ins Paris. Damals gab es in Paris 100 000 Emigranten. Zuerst war er ein
großer Freund von Heine, danach haben sie sich aber zerstritten. Beide waren aber
zwei Leuchte.

Börne hat seine berühmte BRIEFE AUS PARIS (1832/34) geschrieben.


Börne war ein Journalist und Reporter und die Briefe berichteten über Politik, Kultur
und über das Leben in Paris. Mit diesen Briefen hat er seine Landsleute im Laufenden
gehalten und er berichtete auch welche Ideen unter Druck waren.

Diese Briefe aus Paris sind von bleibender Wert (trajna vrednost) als Zeitdokumente.
Börne schreibt ein phantastisches Deutsch.

Noch ein größer Kopf als Börne war:


HEINRICH HEINE (1797 - 1856)

Er hat die LORELEI geschrieben.

Er war auch Jude. Von ihm hat ein phantastischer Germanist Hans Mayer gesagt,
Heinrich Heine sei ein europäisches Ereignis und ein deutscher Skandal gewesen. Er
war ein Skandal, weil er ein großer Dichter war und hat sich gut mit den Deutschen
getan, obwohl er Jude war. Auch Mayer war Jude, Komunist und der Begründer des
Westdeutschen Rundfunks.

Heinrich Heine war Sohn eines Kaufmanns. Er hat Jura studiert und wurde als Doktor
Jura promoviert.

110
Dann hat er etwas sehr Unpraktisches getan. Er konnte die Tochter seines Onkels
heiraten. Er wollte aber früher Schriftsteller werden.

Sonst wurde er viel geliebt, war aber streitsüchtig, hatte eine scharfe Zunge und
einen scharfen Verstand. Er hat viel kritisiert. Er hatte einen phantastischen Stil.

1831 ist er nach Paris emigriert. Dort hat er die Dame seines Lebens kennengelernt
Kresenzia. Diese Frau war schön, nur der Name war nicht auszusprechen, deswegen
hat er sie umgetauft in Matilde. Sie war eine hübsche Frau, eine echte Französin,
sonst aber ein Mensch, die H. Heinich geliebt hat. Sie hat dem Heine aber nicht
geglaubt, daß er ein großer Dichter ist. Heine war sehr eifersüchtig. Er hat sie
geheiratet in der Kirche. Er ist zum Protestantismus übergetreten, sie war aber
katholisch. Heine hat auch ab und zu Mal geliebt. Er hatte keine Kinder.
Heine war ein schwieriger Mensch. Er hat sich mehr um die Tiere gekümmert als um
seine Frau. Dann wurde er krank. Die letzten 8 Jahre hat er in Matrazengruft
verbracht mit Rückenmarkleiden und ist sehr qualvoll gestorben.

Er hat sich auch noch in eine Frau, die er Musch nannte, verliebt. Das war ein junges
Mädchen. Heine hat sich ihr literarisch ausgesprochen.

Er hat viele Jahre durch sein Schreiben gelebt. Als dienstwerter Mensch hat er eine
Rente aus Frankreich bekommen. Das war eine Art Stipendium. Er war ein
Intellektueller, der verdient hat, die Unterstützung zu bekommen.
Politisch war Heine ein liberaler Mensch, gegen Absolutismus, absolut für die
Herrschaft des Verstandes.

Viele seine Gedichte sind sehr romantisch, voll Liebe, Gefühl, wenig rational, fast
sentimental und kitschig. Am Ende gab es aber die berühmte heinische Ironie, die
das Ganze unsentimental macht und das Gedicht somit rettete.
Heine war das ganze 19. Jh. berühmt als Lyriker. Er gehörte zu den meist vertonten
Lyriker seiner Zeit.

Seine Gedichte teilt man in 2 große Sammlungen:


1) BUCH DER LIEDER (1827)
2) ROMANZERO (1851)

Heine kann ein Jeder lesen, weil man alles, was er gesagt hat, verstehen kann. Seine
Gedichte sind absolut allgemein geschrieben. Man konnte sie ein gebildeter oder ein
einfacher Mensch lesen.
Die Gedichte sind vielfältig (raznolik), geistreich, humorvoll, virtuos, raffiniert. Sie
muten sich an, als wären sie Volkslieder, weil sie eine ursprungliche Stimmung
haben. Sie sind die höchste Produkte des Verstandes. Die Gedichte sind ganz genau
komponiert. Die Sentimentalität (ein Merkmal der Spätromantik) wirkt nicht kitschig,
billig, weil sie etwas hat, was davon spricht, daß sie viel Wahrheit in sich verbergen.
Die Gefühle sind trotz der Ironie nicht ironisch verstanden; sie wirken echt. Er macht
sich über seinen Figuren nicht lustig.
Das sind echte Kunstwerke. Heine gibt wenig Parodie bei ihnen.

111
Das Gedicht DU BIST WIE EINE BLUME wurde vielmals vertont (uglasbiti).

Heinrich hat nicht nur Liebesgedichte geschrieben, sondern auch sozialpolitisch


engagierte Gedichte: DIE SCHLESISCHE WEBER.

2. 3. 1999
DIE NORDSEE
Das ist ein Zyklus gewidmet an Nordsee. Hier hat er zum ersten Mal die Nordsee als
Landschaft in die deutsche Literatur eingeführt.
Heine hat Die Nordsee eine neue Form des Gedichtes entwickelt, die sogenannte
PARLANDOGEDICHT. Das ist ein Vers bzw. Gedicht, es steht zwischen Prosa und
Vers. Diese Art der Dichtung wurde in den 50. Jahren dieses Jahrhunderts
nachgeahmt.
Er hat zahlreiche Balladen und Romanzen geschrieben. Die berühmteste ist die
Ballade von der Lorelei.
Heine war auch Erzähler und Essayist.
Sehr bekannt sind seine FLORENTINISCHE NÄCHTE (1836).
Diese sind eine Studie des ästhetischen Nichilismus, so wie sie bereits von Tieck und
Jean Paul dargestellt wurde.

Er war auch ein berühmter Journalist. Er ist der Vater des deutschen Feuilleton !!!
Das ist ein kleines Blättchen, eine Kulturbeilage einer Zeitung. Feuilleton ist auch
eine besondere Form der Prosa, ein Beitrag, Essay. Er ist geistreich, witzig, leicht
verständlich, locker, nicht oberflächlich, unterhaltend. Gute Feuilletone haben Heine,
Börne, Tucholky, Joseph Rott geschrieben. Feuilleton ist ein Gemisch von
Kunstwissenschaft, Kulturwissenschaft, Witz, Humor, Reisebericht.

Heinrich Heine hat die Art von Feuilletonen in seinem berühmten Werk geschrieben:
REISEBILDER (1826 - 1831).
Das ist eine raffinierte Montage von Erzählung, Reportage und Feuilleton.

Heine hat viel von Kunst verstanden und hat auch über literarische Zustände
berichtet in einem Plauderton, der viel nachgeahmt wurde. Seine Berichte waren
wichtig, weil sie das Spiegelbild der damaligen Zeit sind. Sie sind eine Fundgrube
(zlata jama, najdišče) von historischen Fakten, Tatsachen,...

Heine hat eine scharfe Zunge gehabt und hat Satiren geschrieben. Es gab zwei
Zyklen von Verssatiren:
1) DEUTSCHLAND, EIN WINTERMÄRCHEN (1844)
2) ATTA TROLL
Diese beiden Satiren haben das gleiche zum Inhalt. Es geht darum, daß er hier alles,
was ihm an Deutschland nicht gefallen hat, kritisiert: die Deutschtumelei, die
sentimentale Romantik, die Spießer (filister), ...

Heine hat einiges prophezeit, was sich dann in unserem Jh. für richtig gezeigt hat. Er
hat gewittert (slutiti), daß es noch Kriege geben wird und alles von Semitismus bis
Kriege, Nationalsozialismus hat sich ergeben.

112
Heinrich Heine hat auch historische Werke geschrieben:
1) ZUR GESCHICHTE DER RELIGION UND PHILOSOPHIE IN DEUTSCHLAND
2) DIE ROMANTISCHE SCHULE - Das ist eine Art Antwort oder Gegenbuch von
Madame de Staels De l`Allemagne.
Er kritisierte hier alle, die es gab. Er war oft sehr bissig, ungerecht, aber oft trift sein
Unrecht zu.

Heinrich Heine war eine Zeit lang ein guter Freund von Karl Marx. Beide waren im
Exil in Paris und haben enge Freundschaft gepflegt. Heine war begeistert von der
Idee des Komunismus. Einige Ideen von Karl Marx gehen zurück an Heine.
Er war im Leben und Schaffen ein zuerschrockener Kämpfer, Visionär, ein
phantastischer Stilist, Lyriker. Bei seinen vielen Liebesgedichten und sonstigen
Gedichten hat er auch soziale Gedichte, wo er von Ungerechtigkeit sprach, die so
viele in der Welt erfahren mußten, geschrieben.

113
DAS JUNGE DEUTSCHLAND
Innerhalb der Vormärzdichtung gab es noch eine Dichtung: Das Junge Deutschland.
Der Name ging auf ein Essay oder auf eine Schrift zurück, die ein Jüdischer verfasst
hat Ludolf Wienbarg. Später wurde er verrückt. Diese Schrift hat er 1828
veröffentlicht mit dem Namen ÄSTHETISCHE FELDWEGE. Drin steht: "Dir junges
Deutschland widme ich diese Schrift."

Wienbarg hat auch die theatralische Grundlagen der Bewegung des jungen
Deutschlands festgelegt. Er har richtig eingeschätzt, daß man nicht so gut schreiben
kann wie Goethe und Schiller, wenn man eine Literatur produzieren wollte, die von
breiter Volksmaßen gelesen werden soll. Er hat gesagt, daß man einfach schreiben
sollte, allgemein verständlich. "Die Schriftstellerei war kein Spiel schöner Geister."
Die Literatur soll eine neue Funktion bekommen. Wenn man schreibt, bedeutet das
nicht mehr belletristisch zu schreiben, Fiktion zu verbreiten. Das Schreiben soll Zeuge
der Teilnahme am Aktuellen: Politik, Wirtschaft, soziale Verhältnisse, Mißstände sein.
Man soll schreiben, wie man heute, jetzt lebt.

Diese Gruppe von Dichtern schreiben bewußt, einfach, deutlich um im Volke


verstanden zu werden. Die ästetische Idee gab es nicht, sie kämpften um bestimmte
Sachen, die sie abschaffen wollten: Feudalismus, Absolutismus, kirchliche
Engstirnigkeit. Sie stellten sich ein für die Demokratie, sie verlangen Emanzipation
der Frauen und Juden. Sie waren allsamt international orientiert. Das waren
Kosmopoliten, denn sie setzten sich nicht für einen Nationalstaat ein. Sie waren
weltbürgerlich orientiert.

Die Menschen aus dieser Gruppe haben miteinander gesprochen, sie haben ihre
Werke gelesen, aber sie waren keine formale Gruppe. Sie wurden zum Jungen
Deutschland proklamiert (razglasiti) und zwar weniger durch gegenseitigen
Beziehungen, sondern wegen Bundestagsbeschlußes aus 1835. Durch den
Bundestagbeschluß wurden die Texte ganzer Reihe von Autoren des jungen
Deutschlands verboten. Auch Heinrich Heine wurde verboten.
Zwei berühmten von denen waren: Heinrich Laube und Karl Gutzkow.

HEINRICH LAUBE (1806 - 1884)

Er wurde in Schlesien geboren.


Er hat gewirkt als Dramatiker. Aus heutiger Sicht ist er wichtig wegen seiner Tätigkeit
als Dramaturg und Regisseur. Im Laufe der Zeit war er Leiter des Burgtheaters in
Wien. Dort hat er Hebbel und Grillparzer gestützt.

Laube wollte eine neue Art des Theaters etablieren. Er hat mit der neuen Praxis für
die Schauspieler begonnen.
Damals war es so, daß es in einem Theaterensemble einen oder zwie
Theaterschauspieler, die sehr gut waren, gab. Gewöhnlich war einer männliches und
der andere weibliches Geschlechts. Um die beiden herum hat sich das Ganze

114
gedreht. Sie wurden zu Stars etabliert. Die anderen Schauspieler mußten sich ihnen
anpassen.
Laube sagt aber, daß alle Schauspieler gute Leistungen bringen sollen. Ein Star kann
ein gutes Theatralisches sein, wenn alle Schauspieler mitspielen.

Das zweite, was er gemacht hat, war der Regisseur unter den Diener der Werken,
die aufgeführt wurden. Der Regisseur ist ein Interpret des Dichters. Er hat ein Stück
aus seinem Innern herausinsziniert. Der Regisseur soll aber nicht eine eigene
Interpretation ausliefern, aber diejenige Ideen des Autors zeigen.

KARL GUTZKOW (1811 - 1878)

Karl Gutzkow kommt auch aus gut bürgerlichem Hause. Er war Sohn eines
Prinzenerzieher.

Er war berühmt und geschätzt als Dramatiker und Romanschreiber. In seiner Zeit
war er der größte deutsche Dichter nach Goethe.
Er war Journalist und Literaturkritiker (Frankfurter Zeitung Phönix). Bei einem
bekanntem Verlag hat er als Lektor gearbeitet.
Er hat aber auch selbst viel geschrieben und zwar dicke Romane über die
gesellschaftliche und sozial-politische Zustände. Er war der beste und der
gefürchteste Literaturkritiker seiner Zeit.

Gutzkow war der Ergöner und Verehrer von Büchner und der Ergöner von Annette
Droste.

Gutzkow hatte kein leichtes Los. Im Jahr 1835 hat er einen Roman geschrieben:
WALLY, DIE ZWEIFLERIN.
Ein lieber, Weltanschauungsroman.
Wegen diesen Roman mußte Gutzkow ins Gefängnis und der Roman wurde verboten.

Wally war eine Dame, die verheiratet war. Ihr Mann hat einen heißen Wunsch Bücher
zu schreiben. Leider hatte er aber keine Idee dazu. Deswegen hat die Wally, um
ihrem Mann zu einem Stoff zu verhelfen, einen Selbstmord begangen. Wally ist
wirklich gestorben.

Gutzkow hat das Fall vorgenommen (se ga je lotil) und ihn geschrieben. Der Roman
war aber damals schrecklich aufgenommen. Der Selbstmord wurde als echt
romantischer Tod gefunden. Deswegen wurde Gutzkow zu Gefängnis verurteilt.
Diese Erfahrung war viel zu viel für Gutzkow. In dieser Zeit wurde auch jede Zeitung
zensuriert. Er hatte auch Schwierigkeiten mit den Büchern anderen Autoren.
Als Gutzkow 40 Jahre alt war, hat er Selbstmordversuch angenommen. Die Folgen
dessen war der Verfolgungswahn (preganjavica).

HEINRICH HOFFMANN VON FALLERSLEBEN (1798 - 1874)

115
Er hat politisch-engagierte Dichtung geschrieben. Lyrik.
Zuerst war er Professor der Germanistik in Wrotzlau. Diese Stelle hat er wegen der
politisch-engagierten Dichtung verloren.

Er ist der Verfasser der Dichtung des berühmten Gedichts: Deutschland,


Deutschland, Deutschland über alles!
Seine unpolitische Dichtung war volkstümlich, wie z. B.: Kuckuck, Kuckuck rufts aus
dem Wald.
Sonst ist noch seine Gedichtsammlung in zwei Bänden bekannt: UNPOLITISCHE
LIEDER.

116
ANTON ALEXANDER GRAF VON AUERSPERG (1801 - 1876)

Er wurde in Ljubljana geboren. Als Dichter nannte er sich Anastasius Grün.


Er war Mitglied einer der reichsten, adligen österreichischen Familie: Adel aus dem
Land Krain.
Er hat in Wien studiert. Hier hat er in einer Anstalt gelebt: Klinkhofströmisches
Internat. Prešern hat hier als Privatlehrer gearbeitet. Aber er war unbeliebt, weil er
viel las und ins Theater ging. Er hat sich unmöglch gemacht, weil er seinen Zöglingen
Bücher, die auf der Liste verbotener Bücher waren, zum Lesen gegeben hat. Dadurch
hat Prešern seine Stelle verloren. Er hat den Anastasius Grün mit der Literatur und
freiheitlichen Ideen infiziert.

Grün hat sich zu deutschen Liberalen entwickelt und begann Gedichte zu schreiben.
Im Jahr 1838 ließ er eine Gedichtsammlung erschienen:
SPAZIERGÄNGE EINES WIENER POETEN
In dieser Sammlung gibt es Gedichte ein bischen freiheitlicher Natur. Das war die
erste politische Lyrik neuerer Zeit. Gegen Klerikalismus, für Pressefreiheit, ...
Diese Sammlung ist anonym erschienen. Man hat über sie nur heim gesprochen.
Verbreitet hat man sie so, daß die Menschen sie bei Hand umgeschrieben haben.

Innerhalb der Monarchie war Grün auch in Ungarn berühmt.


Später hat auch Metternich in Erfarung gebracht, daß der Autor dieser politischen
Sammlung Anastasius Grün war. Metternich hat Anastasius Grün zu ihm kommen
lassen und hat ihn gewarnt. Er soll das Schreiben lassen oder er werde nach Amerika
geschickt. Seit dem hat Anastasius Grün nicht mehr veröffentlicht.

Anastasius Grün war beiteilig an der Revolution 1848. Er war in dieser Zeit, als die
Revolution begann in Graz. Von dort aus ist er nach Wien gekommen. Politisch
betrachtet vertritt er hier die deutsche Option. Und er ist ein Gegner von Slowenen
geworden. In der Zeit von 1847 ist es zur Trennung in die deutsche Österreich und
die slowenische Österreich gekommen. Die Slowenen begonnen slowenische
politische Zeitung herauszugeben, Universitäten, Theater, Schülen zu gründen. Sie
beschäftigten sich mit iherer eigener Sprache.

Anastasius Grün ist für Slowenen noch aus einem anderen Grund wichtig. Er hat die
slowenische Volkslieder gesammelt und hat sie dann auch in die deutsche Sprache
übersetzt und auf den Markt gebracht: BLUMEN AUS KRAIN.
Später sagte er über Slowenen, sie seien chauvinistisch, nationalistisch, sie seien
nicht genug selbstständig.
Er hat im Landesparlament in Ljubljana Reden gehalten, die fürchtbar waren.
Politisch gesehen war er ein Gegner von Metternich, des Absolutismus. Er war
Gegner einer Vefassungsmonarchie. Er hatte dafür gesagt, daß Slowenen in seiner
politischen Haltung gram (jezni) seien.
Anastasius Grün hat gut gelebt. Sowohl durch seine Tätigkeit und als Schriftsteller als
auch als Gutsbesitzer. Er hat Weinerben in Krško gebaut und Wein verkauft. Hatte
Paläste in Ljubljana, Graz und Wien und ein Schloß Schreibarski Turm in der Nähe
von Krško. Dort ist auch seine Gruft.

117
Was ihn sympatisch macht, ist die Übersetzung von slowenischen Volkslieder Blumen
aus Krain, die er in sein Werk integrierte. Diese Sammlung bleibt Grüns Verdienst,
daß er Europa mit der slowenischen Dichtung bekannt gemacht hat.

118
BIEDERMEIER

Die Periodisierung solle die gleiche bleiben wie die von der Vormärz Dichtung: von
1815 bis 1848.
Die Autoren, die man heutzutage als Biedermeier Autoren bezeichnet, haben auch
die Bezeichnung als Autoren der Romantik und des klassischen Erbes.
Der Begriff Biedermeier bezeichnet eine Wohneinrichtung, einen Lebensstil, ...
Die Autoren gingen in die Richtung von Goethe, Schiller - in die Richtung Romantik.
Das waren Autoren, die zwischen Biedermeier und Romantik gelebt haben, die aber
an der Politik nicht teilnehmen wollten. Sie haben sich davon distanziert und haben
nicht auf die politischen Zustände ragiert. Nicht wie Büchner, Grabbe, das Junge
Deutschland und die Romantiker.

Diese Dichtung hat viele Ähnlichkeiten mit dem barocken Lebensstil:

1.- ein stilles, in sich gekehrtes Leben


2. - großer Respekt vor der Tradition; es gab die überlieferten Ordnunge und Werke
3. - die Liebe zu Kleinem, Bescheidenem (skromnnost), Verborgenem (prikritem) in der
Natur und in dem Menschen

Die Autoren aus dieser Zeit sind alle introvertierte, in sich gekehrte Menschen,
grüblerischer (tuhtajoč) Natur, die es schwer mit sich in der Welt fertig zu werden hat.
Ihre Begabung war schwer in die Tat zu setzen.

Einer, der nur teilweise introvertiert war und einen Erfolg hatte, war:
KARL IMMERMANN (1796 - 1840)

Er entstammt einer preußischen Familie.


Er war ein Schauspieler und Direktor des Theaters in Düseldorf.
Als Theaterdichter hat er es geschaft das Theater in Düseldorf zum großen Ansehen
zu verhelfen. Er hat diese Stadt versucht zur Theaterstadt zu etablieren und einen
neuen Stil der Darstellung einzuführen.

Immermann hat auch selbst versucht zu schreiben. Er war ein Dramatiker.


Seine Werke waren Spiegelbilder jener Zeit. Das waren große Zeugnise dieses
Menschen, der zwischen zwei Epochen steht.

Dies bezüglich ist sein Roman mit dem Titel DIE EPIGONEN wichtig.
Dieser Text ist mit Briefen und Tagebuchnotizen erfüllt. Es wird eine Gesellschaft
dargestellt im Übergang aus dem Feudalismus in die demokratsche Gesellschaft.
Jetzt versucht sie sich in einer industriellen Gesellschaft zu behaupten.
Hier werden Menschen dargestellt, die zwischen Idealismus und Materialismus
stehen. Da ist ein Mann gegen die Mechanisierung gestellt mit der Idee von einer
unberührten Welt und die Natur.

119
Der Titel dieses Romans geht auf die Haltung des Künstlers zurück. Das Schicksal des
Künstlers sei es Epigone zu sein. Ein Epigon bedeutet einen Nachahmer
(posnemovalec).
Immermann hat nämlich keine Möglichkeit gesehen sich als Autor in einer Sache
behaupten zu können.
Er hat noch einen satirischen, humorvollen Roman geschrieben: MÜNCHHAUSEN.
Die Komposition dieses Romans ist kompliziert. Sonst ist er aber ein lustiger,
zeitkritischer Roman. Es ist viel die Rede von den Autoren jener Zeit.

Die größte deutsche Lyrikerin war:


ANNETTE VON DROSTE - HÜLSHOFF (1797 - 1848)

In ihrer Zeit hat sie das Pech gehabt, daß sie eine Frau und Dichterin war, was
damals nicht selbstverständlich war. Ihre Familie hat sie akzeptiert und das war ihr
Glück. Sie hatte eine verständnisvolle Mutter und Schwager. Sie hatte auch keine zu
große finanzielle Schwierigkeiten, aber sie hatte zwei furchtbare Leiden:
- Sie hat kaum gesehen, sie war fast blind, was für einen Literat nicht leicht ist. Sie
hat nur Schatten gesehen.
- Sie war lungenkrank. Solche Menschen sterben jung, sie sind nervös und exaltiert.

Bei ihr war es noch, daß sie irgendwie dopplet verliebt war in zwei Männern. Der eine
hat diese Neigung zu ihr geteilt und auch geäußert. Der andere war ein Freund von
dem ersten und deswegen hat er sich von Annette entfernt.

Annette von Droste war sehr einsam. Sie lebte bei ihrer Mutter. Als die Mutter starb,
ist sie zu ihrer Schwester gezogen. Die Schwester lebte am Bodensee. Ihr Mann war
ein Privatgelehrter und hat sich viel mit deutschen Texten befaßt.

Annette hat eine Glück- Unglückerfahrung gemacht. Sie hat sich hier in einen jungen
Mann, der 17 Jahre jünger war, verliebt. Das war der Sohn ihrer Freundin, die
gestorben ist und sie bat Annette, um ihren Sohn zu sorgen. Aus diesem hat sich
aber eine Liebe entwickelt. Die beiden haben sich heim getroffen, geschätzt und
geliebt. Dieser Levin Schücking hat sie in Vielem unterstützt. In dieser Zeit hat sie
das, was sie schrieb veröffentlicht. Sie hat Levin viele Liebesbriefe geschrieben.
Er hat später aber die Verbindung gelöst. Über diese Frau, die er dann geheiratet
hat, erzählte Levin der Annette und auch seine Frau wußte alles über Annette von
Droste. Seine Ehefrau war klug genug, um das zu betrachten, wie es war. Annette
hat sich von diesem aber nie richtig erholt und ist ungerecht zu Levin gewesen. Levin
war ihr aber beim Druck ihrer Werke noch immer sehr behilflich.

Die Liebe zu Levin war für Droste eine doppelte Erfahrung. Sie war für Levin wichtig
und Levin auch für sie als Erfahrung, weil sie zum ersten Mal erlebt hat, daß einer sie
zurückgeliebt hat. Aber es lag immer ein Schatten über Ganzem, weil sie das Ende
irgendwie ahnte.

Annette von Droste hat viel geschrieben. Sie war eine Mitarbeiterin von Gutzkow, der
in einer Zeitung Kritiken für sie geschrieben hat, um sich damit Geld zu verdienen.

120
Annette hat Lyrik und Prosa geschrieben. Heute ist sie als Lyrikerin berühmt, wobei
für sie in ihrem Schaffen einige Dinge sehr wichtig sind.

Man spricht von drei Lebensoden:

1. - Die Familie Droste - Hülshoff war ein altes adliges Geschlecht, die zum
westfalischen Uradel zählte. Sie waren schon 600 Jahre alt als Familie von Annette
Droste zur Welt kam. Sie hatten sien eigenes Wappen. Man war es ihnen bewußt,
daß sich die Familie weiter entwickeln muß. Die Familie war auch musisch, es gab
auch Dichter, Erzähler und Maler. Annette von Droste hat nur eine Schwester gehabt.

2. - Droste hat ihre Heimat ständig besungen und zwar sehr eindrucksvoll. Viele
literarische Denkmäler wurden ihr gesetzt. Sie hat die Landschaft Westfalls
besungen, die voll Mohn (mak), Felder und Wälder ist.
Sie hat von komischen, adligen, grauen Burgen geschrieben, von den Geister, die in
diesen alten Schlößer spukten. Ihre Lieder waren weder sozial, noch lokalpatriotisch.

3. - Der Glaube im Rahmen der katholischen Kirche.

Annette Droste war ihr Leben lang ein treues Mitglied ihres Hauses. Sie war und hat
ganz konventionell gelebt. Das einzige Unkonventionelle war die Liebe zu Levin.
Sie war geniell und hat gedichtet. Bei dem Glauben hat sie aber Probleme gehabt.
Sie lebte und wurde erzogen im katholischen Glauben. Dieser Glauben war für sie
keine Selbstverständlichkeit. Sie war sehr von Zweifel befallen und mußte mit dem
Glauben umgehen (ukvarjati se z njim) oder sie war sehr naturhaft religiös und befand
sich immer wieder vor nichts. Sie war also sehr bezweifelt.
Die Auffassungen (dojemanje, zaznavanje) haben bei ihr ziemlich gewechselt. Das war
etwas sehr anstrengendes für sie, deswegen hat sie gedichtet.

Ihre Themen der Gedichte:


1. - Das Ringen um den Glauben
2. - Ihre Einsamkeit

Annette Droste war vor allem Naturlyrikerin. Sie hat in ihren Gedichten geschrieben,
was sie auf ihren Spaziergängen erlebt. Sie ging oft allein und immer in abgelegenen
Plätze. Sie hat das, was es ihr gelungen ist zu sehen, auch beschrieben, direkt bei
Namen genennt. Das hat damals noch keiner getan.
Sie war froh Dichten zu können, deswegen waren alle ihre Gedichte sehr .......??
Ihre Gedichte waren dicht und verbreiten eine unheimliche Stimmung. Ihre Sprache
war kraftvoll, voll von Konsonanten. Sie hat sich einem großen Wortschatz bemüht,
wie Goethe, Schiller, ...

Sie war eine Meisterin der Ballade und Verserzählerin. Einige Titel:
- DER KNABBE IM MOOR

121
- DES ARZTES VERMÄCHTNIS (zadnja želja)
- DER SPIRITUS FAMILIARIS DES ROßTÄUSCHERS (Der Hausgeist des
Pferdehändlers); da behandelt sie ein Faust-Motiv.

3. 3. 1999
Droste war eine große Dichterin, aber ziemlich unkritisch, so daß in ihrer
Gedichtsammlung alles durcheinander ist. Deswegen bezeichnet man sie als
unbedeutend.

122
Das gilt für den Zyklus, der nach ihrem Tod erschienen ist: DAS GEISTLICHE JAHR.
Er besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil hat 25 Gedichte und der zwite 47.
Hier beschäftigt sich die Lyrikerin mit dem Glauben.
Es ist eine reflexive Lyrik, die mit Emotionen zu tun hat. Es ist keine Liebeslyrik.
Es ist eine reflexive Lyrik über Feiertage, über dem Glauben, den glaubenden
Menschen.
Sie hat aber nicht nur dem Glauben einen literarischen Ausdruck verliehen, sie zeigt
auch wie schwer ihr Glauben war.

Ein Meisterwerk ist ihr gelungen in einer Novelle: DIE JUDENBUCHE (1842)
Das ist ein ganz eigenartiges Buch. Es ist viel lesbarer als ihre Gedichte.
Es ist eine Geschichte eines jungen Mannes und was aus ihm wird.
Wenn man sich des Buches annimmt (zavzeti se za), merkt man, daß diese Geschichte
eigentümlich (merkwürdig) fließt. Einer Seits klar, anderer Seits gab es Dinge, die man
nicht versteht und die man sich nicht wahrnimmt. Man fragt sich, was sie uns
verschwiegen hat. Ein solcher Eindruck entsteht, weil die Prosa immer klar ist.

An einer Buche wird ein Jude umgebracht. Wegen dieses Mordes bekamm das Buch
diesen Titel. Das Buch wurde von vielen Juden gekauft. In diesem Buch steht ein Ruf
nach Rache: "Demjenigen, der das tat, wird dasselbe passieren". Die Juden galten
als besonders geizig (skop, skopuški), als Wucherer (oderuh). Die Bevölkerung hat sich
deswegen keine Mühe gegeben, den Mörder des Juden zu suchen. Es gab noch
einige Morde, die ungeklärt waren.

Also ist diese Geschichte nicht ein Ausschnitt (Einzelheit; izrez, detajl) einer Figur,
sonderen mehreren Figuren. Man erfährt in ihr etwas Pränatales, was vor der Geburt
der Figur geschah.

Es geht hier um Gerechtigkeit, um Gesetzlichkeit. Die Moral der einfachen Menschen


wird angesprochen. Menschen, die Bauern sind, Kleinbauern, armes Volk im
Zusammenleben mit den Reichen. Die armen Menschen hatten ihre eigenen Gesetze.
Jeder Mensch konnte nicht einfach so fischen oder die Wälder fällen, ... Nur die
Reichen konnten das tun. Das war nach dem Besitz geregelt. Aber die Natur gehört
den allen und somit haben alle das Recht zu fischen, ... Es gab sogar eine
Räuberbande, die gegen das Gesetz war und haben alles Verbotenes gemacht.
Wenn man eine Unregelmäßigkeit duldet, gibt es immer mehr davon. So kam es zu
verschiedenen Morde, Diebstähle.

Aus Anlage und sozialen Umständen heraus wird ein schwacher Mensch zum Mörder
an einem Juden. Die Judenschaft ritzt ein bannendes (bannen - pregnati) Zeichen in den
Mordbaum; nach Jahren zieht es den Mörder zum Tatort zurück; von magischer
Gewalt getrieben, erhängt er sich an der Buche.
Die breit erzählte Vorgeschichte zeigt, wie das Böse Macht über den Mörder Friedrich
Mergel gewinnt; im Augenblick der Entscheidung zum Negativen erwächst ihm ein
Doppelgänger, Johannes Niemand, der sich erst nach dem Mord von ihm löst und
den man zunächst für den Selbstmörder hält. (Aus: Daten deutscher Dichtung)

123
Die Hauptfigur Friedrich Mergel ist zusammen mit einem anderen jungen Mann, den
niemand möchte Johannes Niemand (er ist ein kranker Mensch), ins Ausland
geflohen.

Der Anfang der Novelle ist etwas unlesbar, sonst ist sie aber gut. Sie ist ein Sittenbild
(prikazovanje običajev/načina življenja) eines Landes. Diese Geschichte hat sich in der Tat
geschehen. Annette Droste hat sie von ihrem Onkel gehört, der diese Geschichte
schon als Chronik dargegeben hat.
Die Figuren sind nicht sympatisch, sie sind realistisch gezeigt, sowohl sprachlich als
auch szenisch. Es wird beschreibt, wie sie handeln, was sie tun und wie sie ihr
Schicksal erdulden. Aber die Geschichte wird nicht düster dargeboten, sie wird
verknappt erzählt. Es wird nicht immer alles zu Ende erzählt. Es wird nicht alles
ausgedrückt. Dieses Leben, wie es geschildert wird, ist wirklichkeitsgetreu (zvest)
wiedergegeben. Die Atmosphäre, dieses nicht schönen Leben vermittelt nicht die
Gedrücktheit beim Leben. Sie ist schön dargeboten. Es wird die Entwicklung Friedrich
Mergel gezeigt.

Annette von Droste hatte ein scharfes Auge für Angehörige anderer Stände. Hier ist
eine Vorahnung des Naturalismus zu sehen. Da sieht man eine neue Richtung in der
Kunst, die sich ankündigt. Diese Geschichte hört sich auch an als eine
Kriminalgeschichte. Der Titel stammt vom Redakteur einer Zeitung (Morgenblatt)
Wilhelm Hauff, wo diese Novelle abgedruckt wurde.

Annete von Droste hat noch eine Studie geschrieben über Land und Leuten, über
Sitten und Bräuche ihrer Heimat: BILDER AUS WESTFALEN (1845).

Sie schrieb auch 2 Romanfragmente:


- BEI UNS ZU LANDE AUF DEM LANDE
- LEDVINA

Auch ein Dramafragment gibt es von Droste: BERTA und viele, viele Gedichte:
Brauchlieder, Volkslieder, reflexive Lyrik, Liebeslyrik, biedermeierliche Naturlyrik.
In ihren Gedichten ist die Grundthematik:
- die Einsamkeit
- Vergänglichkeit des Daseins. Mit 17. Jahren hat sie zum ersten Mal die Erfahrung
des Todes gemacht.
- Weil sie auch sehr krank war, schrieb sie viel über Einschrenkheit des Menschens.

Im Gegensatz zu Kleist, wo vieles im Leben durch Zufall passiert, ist bei Droste alles
aus allem zu verstehen.

Sie hat ihr Leben lang gedichtet, aber ihre erste Veröffentlichung hat sie erst mit 41
Jahren (1838) erfahren. Ihr erstes Buch, das erschienen ist heißt: GEDICHTE VON
ANNA ELISABETH V. D. H. (von Droste-Hülshoff). Das war für sie keine richtige
Freude. Es wurden nur wenig Exemplare verkauft. Auch ihre Bekannten waren davon
nicht begeistert. Nach dem schreibt sie ihrer Schwester. Keine gute Kritik hat sie
gehört und keine Anerkennung gefunden.

124
EDUARD MÖRIKE (1804 - 1875)

Mörike hat noch viel mehr zurückgezogenes Leben geführt als Droste. Sein Leben
war ereignislos.

Er wurde in einer kinderreichen Familie als 7. Kind von 13 Kindern geboren in


Ludwigsburg. Sein Vater war Arzt. Er starb bald.
Mörike hat Theologie studiert in Urach und dann in Tübingerstift, wo auch Hegel,
Hölderlin, Schelling studierten. Hier hat Mörike einige Freundschaften geschlossen,
die sein Leben lang dauerten. Hier hat er sich bekanntgemacht mit der Lyrik, mit der
deutschen Literatur seiner Mitstiftlinger. Neben klassischen Autoren, wie
Shakespeare hat er auch Jean Paul gelesen. Diesen Freunden hat er ein Traumland
entworfen - ein utopisches Land, eine Atlantis (Arkadia) - Ortlid genannt.

Mörike war vielfach begabt. Er war auch Schriftsteller und ein guter Zeichner. Später
ist er Pfarrer geworden. Mit 19 Jahren (1832) hat er sich unsterblich in eine Dame
Maria Meyer verliebt. Sie war eine schöne Dame mit viel Phantasie, sehr lebendig,
außerordentlich schön. Sie hat das gewisse Etwas, was Männer angezogen hat. Sonst
war sie aber sehr rätselhaft. Und Mörike war leidenschaftlich in sie verliebt. Als er
Maria Meyer kennengelernt hat, war sie Kellnerin in Ludwigsburg und hat sich
ausgegeben als Österreicherin aus Ungarn.
Sie war eine Dame, die einem Arbeitshaus (Zuchthaus - kaznilnica, strogi zapor) entwichen
ist. Sie hat einen Wandertrieb in sich und hat so ihre Lebenslage immer verändert.
Wenn es aber ernst wurde, ist sie immer ins Ohnmacht gefallen.
Mörike hat schon mit 19 Jahren gemerkt, daß Maria die größte Liebe seines Lebens
wird, und später auch, daß das nicht das Richtige für ihn sei und deswegen ist er von
ihr weggeflohen. Maria hat ihn aber verfolgt.

Ihr hat Mörike ein sehr schönes Zyklus von Gedichten gewidmet: PEREGRINA
ZYKLUS. Später hat er es in seinen Roman MALER NOLTEN hineingearbeitet.

Diese Liebe hat ihn auch ziemlich viel gekostet. Er hat nachdem nämlich an einem
gesundheitlichen Zusammenbruch gelitten. Diese Liebe war in der Tat eine fast
heilige Liebe, aber eine unheilende Liebe. Als 20-jährige war er unsterblich verliebt
und diese Liebe empfand er als etwas Doppelseitiges: etwas Heiliges (sveto) und
Heilloses (kjer ni pomoči), als Lächeln und Tod.

9.3.1999

125
Mörike hat wunderschöne Gedichte geschrieben (lesen im Lesebuch). Seine Gedichte
sind allgemein verständlich, offen, toll, diskret - sind erotische Gedichte, aber nicht
im pornographischen Sinne. Für einen Theologen ist es beachtenswert, daß er solche
Gedichte geschrieben hat.

Einige Gedichte:
- NIMMERSATTE LIEBE (nenasitna ljubezen)
- ERSTES LIEBESLIED EINES MÄDCHENS
- …
Er thematisiert hier die Elementargewalt des Eros.

Mit 24 Jahren verlobte sich Mörike mit einer Dame, die bestens für ihn war. Sie war
eine Pfarrerstochter Luise Rau. Nach vier Jahren folgte die Entlobung, weil sie sich
nicht gut verstanden haben. Mörike hat sehr an Verlobung und dann an Entlobung
gelitten. Er hat seinem Freund nach der Entlobung geschrieben, warum er sich
entlobt hat: er war nicht restlos (popolnoma) begeistert von der Dame und er war auch
nicht gut situiert.

Mörike hat als Theologe als Pfarrvikar (namestnik župnika) gearbeitet. Er war ein
Reologe in verschiedenen Gemeinden, er mußte von einer Stelle zu anderer
wanderen. Umsorgt wurde er von seiner Mutter und Schwester Klara.
1834 wurde er endlich Pfarrer in Cleversulzbach, ließ sich aber bereits 1843 mit 39
Jahren pensionieren, weil Krankheit und Predigten ihm sein Amt unleidlich (nemogoče,
neznosno) machten. Amt als Pfarrer ist ein schwieriger Beruf. Er hat Predigten gehaßt.
Das hat ihm die Lebensenergie genommen.
Mörike hat einen Brief an den König geschrieben, warum er pensioniert werden will
(wegen seiner Krankheitsymptomen).
Er lebte dann mit der Schwester zusammen. Seine Mutter war längst gestorben.

1851 heiratete er eine katholische Offizierstochter Margarethe von Speeth. Er hatte


zwei Tochter mit ihr: Fanny und Maria. Nach 22 Jahren trennten sie sich. Ein Grund
für die Trennung konnte Mörikes Schwester sein, die immer dazwischen war. Aber
das ist auf einer Seite selbstverständlich, denn sie war der einzige Mensch, dem
Mörike sich vertrauen konnte. Bevor er gestorben ist, hat er sich noch mit seiner Ex-
Frau versöhnt. Sein Tod war ziemlich schmerzhaft.

Warum wird über Mörikes Leben so viel erzählt?


- Weil Mörike wirklich ein gutes Beispiel für Künstler in Biedermeier ist:
- hatte kein glückliches Leben, kein Erfolg (war entlobt, keine glückliche
Ehe,…)
- hatte ein zurückgezogenes Leben geführt,
- obwohl er intelligent, begabt war (sammelte Mineralien, interessierte sich für
Musik).

Er hat viel Energie für Schreiben gebraucht, aber er hat das gern gemacht. Er war
nicht im Stande als Journalist zu arbeiten. Er war untüchtig (nezanesljiv). Wenn er
seine Ruhe gehabt hat, konnte er schreiben. Er hat immer gesagt: "Nur nichts

126
forsieren." Mit allem soll man schön, langsam umgehen. Als 24-jähriger schrieb er
einen Brief an seinen Freund: "Ich kann nicht Gedichte schreiben und so Geld
verdienen. ..." Das Gefühl, daß jemand auf seine Erzählungen da draußen wartet um
sie zu publiziren, war für ihn lähmig. Er konnte also nicht Gedichte auf Befehl
schreiben. Er schrieb nur, wenn er Zeit und Ruhe hatte. Deshalb konnte er auch
nicht für eine Zeitung arbeiten.

Die meiste Zeit war er untätig. Er beschäftigte sich aber mit Malerei, Musik (er liebte
Mozart), sammelte Mineralien. Für Politik, Wissenschaft und Technik hat er sich nicht
interessiert.

Mörike hatte Probleme des Doppelgängertums. Er konnte sich selbst beobachtet,


aber anderseits hatte er das Gefühl, daß er ständig mit wechselnden Masken lebt. Er
täuschte sich selbst. Er fühlte sich oft am Rande des Wahnsinns. Er war eine
sensible, nervöse Natur.

Sein dichterisches Wessen drückt sich am besten in seiner Lyrik aus. Er war der
größte deutsche Lyriker nach Goethe und Hölderlin. Er war sehr begabt. Mit 19
Jahren hat er solche phantastische Gedichte geschrieben, als hätte sie ein älterer
Mann geschrieben.

Er hat oft Hölderlin besucht, in der Zeit als der wahnsinnig war. Mörike hat ein
Gedicht über Hölderlin geschrieben mit dem Titel FEUERREITER.
Es gab einmal in Tübingen einen Brand, Hölderlin hat es gesehen und Mörike hat ihn
dabei beobachtet. So entstand dieses Gedicht. Es ist in einem volksliedhaften Ton
geschrieben.

Mörike konnte Gedichte schreiben, wenn Gedichte zu ihm kamen (Glück der Stunde).
Die besten Jahren seiner Schaffung der Lyrik waren zwischen 20 und 40.

Einige Titel seiner Gedichte:


- NACHTS
- DER ALTE TURMHAHN
- AUF EINER LAMPE
- IM FRÜHLING
- VERBORGENHEIT (er war 28 Jahre alt als er dieses Gedicht geschrieben hat)

Die Motive: Liebe (die konkrete Liebe zu der Frau) - sehr erotisch, aber nicht
pornographisch (diskret). In seinen Gedichtet beschreibt er alles, aber er sagt nichts.
Es gibt viele Gefühle der Liebe. Aber er gibt nicht preis, welcher Frau er das Gedicht
gewidmet hat.
Er thematisiert auch die Natur - die Landschaft, die die Menschen umkreist. Seine
Gedichte sind voller Seele und sehr schön.

Das Gedicht ABSCHIED hat er an einen Kritiker geschrieben.


Dieses Gedicht ist ganz anders (er hat es mit 33 Jahren geschrieben).
Ein Kritiker kommt zu Mörike und kritisiert seine Nase. Mörike gibt ihm einen Tritt
und warf ihn raus.

127
Mörike ließ seine Gedichte beim Verleger Cottar (Tübingen) erscheinen. Er hat in
neun Jahren alle 600 Exemplare von Mörikes Gedichten verkauft. Als man seine
Gedichte nach dem 2. Weltkrieg veröffentlicht hat, hat man 300.000 Exemplare in 10
Jahren verkauft.

Mörike hat neben dem Gedicht auch einen Roman mit dem Titel MALER NOLTEN
(1832) geschrieben.
Das ist eigentlich ein Künstlerroman. Motivisch und handlungsmäßig ist das ein
romantischer Roman, sprachlich ist es ein klassischer Roman und es ist auch ein
autobiographischer Roman.

Bei diesem Roman gilt als Vorbild Goethe mit seiner Romanfigur Wilhelm Meister.
Was die Tragik des Romans betrifft, erinnert er an Wahlverwandschaften. Hier zeigen
sich auch die Einflüße von E.T.A. Hoffmann auf Mörike, Beschreibung von Nachzeiten
der menschlichen Existenz, um Doppelgönertum.
Das ist ein Künstlerroman, Bildungsroman und Schicksalsroman mit Theateranlagen,
Märchenmotivik. Im Roman ist die Todesthematik und Krankheitthematik zu finden
und Dinge, die ihn selbst beschäftigten..

Mörike hat auch einige Märchen geschrieben, die sehr schön sind.
Ein von ihnen ist DAS STUTTGARTER HUTZELMÄNNLEIN.
In dieses Märchen hat er eine wunderschöne, aus Phantasie erdachte Geschichte
eingebaut: Historia von der schönen Lau (diese Geschichte ist Frucht seiner
Phantasie).
Das Märchen erzählt eine Geschichte über einen Schustergesellen. Er bekam einen
Hutzelbrot, das niemals zu Ende geht. Er hat auch zwei Paare Glücksschuhe
bekommen und dann bekommt durch diese Schuhe auch seine Frau,…
In diesem idyllischen Märchen hat Mörike die Heiterkeit (vedrina) und Verträumtheit
(zasanjanost) seiner schwäbischen Heimat angegriffen.

Der Höhepunkt seiner Prosa erreichte er in seiner Novelle MOZART AUF DER REISE
NACH PRAG (1855).
Das ist ein Meisterwerk.
Mörike hat Mozart geliebt, er war ein Verehrer von Mozart. Mozart ist tatsächlich im
Jahre 1787 aus Wien nach Prag gefahren. Das war 2 Jahre vor der französischen
bürgerlichen Revolution. Mörike beschreibt also eine historische Reise des
historischen Mozart nach Prag. Mozart ging nach Prag um die Uraufführung seiner
Oper Don Giovanni zu sehen. Sie war sehr wichtig für ihn. Zuerst dachte man, daß
das Libretto Casanova schreiben wurde, aber Casanova war schon sehr alt und so
schrieb er sie nicht.
Diese Oper ist eigentlich aus der Auseinandersetzung von Mozart und seinem Vater
entstanden. Sein Vater war auch ein Komponist, Musiker und er hat Mozart und seine
Schwester durch ganz Europa geführt. Mozart war ein entsetzlich begabter, fleißiger
Komponist, der sehr viel geschaffen hat.
Als er nach Prag fuhr, gab es in der Oper noch eine Lücke, mit der er noch nicht ganz
fertig war. Er setzte sich also in die Kutsche mit seiner Frau Konstanze und fuhr nach

128
Prag. Das war eine Zeit von vielen Unruhen, aber davon ist in der Novelle keine
Rede. Es gab Baueraufstände.
Sie fahren durch Landschaft und machen in einem Gasthaus einen Halt. Mozart geht
ein wenig spazieren, weil er in dem Zimmer nicht sein will, während seine Frau nach
oben ging. Dann kommt er in ein Garten, wo ein Apfelsinenbaum (Apfelsine -
pomaranča) wächst (und das in Mitteleuropa). Er greift nach einer Orange, nimmt
Messer und schneidet sie in zwei Hälfte. Als er an sie riecht, erinnert er sich an
etwas, auf eine Zeit, die schien verloren zu sein. Das ist ein Stilmittel der
Synästhesie. Jetzt, als diese Orange so schön roch, stiehlt er sie. In diesem Land, wo
es keine Zitronen gibt (Goethe), stiehlt er eine Orange von einem Baum, der sehr viel
wert war. Mozart wurde ertappt, daß er gestohlen hat. Der Gärtner bringt ihn ins
Schloß. Das war ein besonderer Baum, als Verlobungsgeschenk für Besitzers Nichte
gedacht (das war ein Geschenk aus Paris).
Später wird Mozart identifiziert, er sei ein bedeutener Komponist. Man entschuldigt
sich bei ihm, lud ihn ein und holt seine Frau. Die beiden übernachten im Schloß.
Früher wird noch die Verlobung der Nichte gefeiert. Aber die Zahl von Orangen war
symbolisch. Dann wird Mozart gebeten, etwas zu spielen. Die Nichte sieht, daß
Mozart hier schon vom Tode gezeichnet ist (Mozart starb wirklich jung, mit 36
Jahren). Dieses Stück war jener Teil der Komposition, die er noch für die Oper
brauchte. Er widmet den Teil der Nichte dieses Herrn. Dieses Gedicht sieht man im
Schatten des Toten, wie die ganze Gesellschaft.
Die Novelle schließt Mörike mit dem Gedicht: Ein Tännlein grünet wo… Hier werden
die schüttersten (najbolj redke) Dinge in einer melodischen Art besprochen.

Diese Novelle ist aus verschiedenen Erzählungsperspektiven erzählt. Mal erzählt die
Frau vom Mozart, mal ein Wienerfreund von Mozart, die Nichte,… Diese
Erzählungsstruktur ist wie eine Komposition. Sehr musikalisch, rokokosellig und
romantisch. Auf der anderen Seite ist diese biedermeierische Idylle an dämonischer
Selbstäußerung gekoppelt (povezana z).
Alles wird dargeboten: von Romantik bis Rokoko. Aber es gibt auch Biedermeier. Es
gibt ein episches Fabulieren. Es erinnert an Proust und zwar im "Unwillkürliches sich
erinnern". Man kann in dieser Novelle auch die Nachzeiten eines Künstlers sehen. Die
Mitwelt hat nämlich nichts von ihm außer das Kunstwerk (er ist nicht gesellig
(družaben), geht in eine Richtung, vergißt alles, ...).
Das ist eine wunderschöne Novelle.

FRANZ GRILLPARZER (1791-1872)

Grillparzer ist ein anderes Kaliber als Mörike. Er war zur Zeit der Romantik geboren
und er ist der größte österreichische Dichter. Er ist DER Nationaldichter.
Grillparzer ist vor allem Dramatiker, hat aber auch Gedichte, zwei Erzählungen,
Tagebücher, Reisebeschreibungen, Briefe geschrieben. Er hart auch verschiedene
Widmungen in Familienbücher geschrieben

Er war ein perfekter Wiener. In Wien wurde er geboren und dort ist er auch
gestorben. Sein Vater war Advokat, der aber Bankrott machte. Er hatte noch drei
Brüder, einer von ihnen litt an Wahnvorstellungen. Grillparzer hing sehr an seiner

129
Mutter, die aber sehr religiös fanatisch war. Sie hat etwas getan, was Grillparzer sein
Leben lang verfolgte - sie beginnt Selbstmord. Er selbst hat sie tot aufgefunden. Er
hat immer behauptet, daß sie an normalem Tod gestorben sei. Er wollte nie zugeben,
daß sie Selbstmord gemacht hat. Wegen dies war er nie im Stande, seine Mutter
literarisch darzustellen. In seiner Literatur gibt es keine richtige Mutterfigur.
Ansonsten war er bei Frauen sehr beliebt, vielleicht wegen seiner Sohn-Mutter
Beziehung. Er hatte eine ewige Verlobte (Käthie Frölig), die er nie geheiratet hat. Er
lebte als zahlender Mieter bei ihr.

10. 3. 1999
Grillparzer hat vor allem Dramen geschrieben.
Sein Schicksal war ein Epigone gewesen zu sein.

Seine Orientierungspunkte, Vorbilder waren:


- das Antike - Drama
- Shakespeare
- Spätbarock
- der aufklärerische Geist (Unterhaltung, Didaktik)
- die deutsche Klassik (Goethe und Schiller)
- das Wiener Vorstadttheater
- Spanier (Calderon de la Barca, Lope de Vega)

Antike - Dramen:
In diesen Dramen greift er zurück auf antike-griechischen Stoffe, die er seiner Zeit
anpaßte. Er nahm einen Antikestoff und behandelte nach ihm ein Thema, das ihm
nahe kommt.

Es gibt eine berühmte griechische Lyrikerin Sappho (von der Insel Lesbos) und nach
ihr hat er eine Tragödie in fünf Akten geschrieben mit dem Titel SAPPHO (1817,
Uraufführung 1818). Hier hat er also auch versucht bekannte Stoffe neu zu
gestalten.
In diesem Werk zeigt sich Grillparzer als Klassiker der Verstragödie, weil er sich
streng an die drei Einheiten gehalten hat.
In diesem Stück geht es um das ewige Thema der Klassik. Es geht nämlich um zwei
Bereiche, die entgegengesetzt und problematisch sind: Leben und Kunst. Es geht
darum, der Kunst in einer bürgerlichen Gesellschaft einen sichern Platz zu geben.

Es gibt noch drei Stücke, die auch als Nachfolge der Antike geschrieben wurden. Es
handelt sich um ein Stück, es ist eine Dramentrilogie: DAS GOLDENE VLIES
Und die jeweiligen Stücke heißen: - DER GASTFREUND
- DIE ARGONAUTEN
- MEDEA (das ist der berühmteste Teil)

Grillparzer hat dann im Antikesinne noch eine Liebestragödie geschrieben über Hero
und Leanda mit dem Titel: DES MEERES UND DER LIEBE WELLEN (1831).
Hier beschäftigte er sich mit der Sage von Hero und Leander.

Die zweite Gruppe der Stücke hat man bezeichnet als Historische Dramen.

130
In diesen Dramen geht es um gleiche Leit- und Grundkonflikte. Es geht um die
Aufgabe des Herrschers gegenüber sein Land. Es geht um eine Diskrepanz zwischen
der Erwartungen in der Geschichte und dem Menschen als solchen, als Rollenträger
einer Funktion (einmal ist ein König zu sein, seine Rolle gewesen und ein anderes
Mal nicht). Das ergibt dann gewisse Probleme innerhalb der Stücke.

Dies bezüglich gibt es ein besonders wichtiges Stück, ein historisches Drama:
KÖNIG OTTOKARS GLÜCK UND ENDE
Das ist eine Tragödie.
Es geht um die Geschichte des böhmischen Königs Ottokar, der mit dem Rudolf von
Habsburg in einen Kampf geriet. Ottokar unterliegt innerlich und äußerlich dem
Rudolf von Habsburg aus ganz prosaischen Grunden. Denn Ottokar war von
persönlichen Machtwillen besessen. Es geht ihm um seine eigenen Interesse. Er
meint, daß was er will, sei auch der Wille des Staates und des Gottes.
Eine Konstellation (položaj, okoliščina), die man historisch betrachten kann, aber
passiert auch alltäglich.

Das Stück wurde uraufgeführt im Jahre 1825 im Burgtheater. Grillparzer hatte dabei
große Schwierigkeiten mit der Zensur. Es wurde verboten, aber später wurde es
wieder freigegeben.

Dann hat er noch ein anderes historisches Stück geschrieben. Ein Stück dessen
Schauplatz Ungarn ist. Das Stück heißt:
EIN TREUER DIENER SEINES HERRN (1826).

Das ist ein Trauerspiel in 5 Akten. Uraufführung im Jahre 1828 im Burgtheater.


Dieses Stück hat einen merkwürdigen Schicksal gehabt: Grillparzer wollte es zuerst
Goethe widmen, aber dann hatte nicht den Mut ihn zu fragen. Er war von
Selbstzweifeln befallen. Er dachte, das Stück sei zu schlecht um es Goethe zu
widmen.
In dem Stück gibt es eine Figur, die seinen Herr vertreten soll in seiner Abwesenheit.
Diese Figur ist die Richtige dafür, sie besitzt die rechtliche Macht und darf den König
vertreten, aber sie ist dazu nicht fähig.
Das Stück wurde aufgeführt in der Abwesenheit des Kaisers. Das Publikum war von
dem Stück hingerissen. Das Stück wurde also gut aufgenommen, aber dem Kaiser
(Franz I) gefiel es nicht. Kaiser hat den Polizeipräsidenten und Zensurpräsidenten
SEDLNITZKY um Hilfe gebeten und ließ durch ihn sagen, daß er den Stück kaufen
will. Grillparzer wußte es, an wem er das Stück verkaufen wurde, und daß dann
dieses Stück verschwinden wird und deshalb hat er das Angebot abgelehnt.
Trotzdem wurde das Stück einfach vom Spielplan gestrichen (trotz des großen
Erfolges beim Publikum).

Dann hat Grillparzer noch ein historisches Stück geschrieben:


EIN BRUDERZWIST IM HAUSE HABSBURG.
Das ist ein Trauerspiel in 5 Aufzügen.
Das Stück behandelt ein sturm- und drängerisches Thema: zwei verfeindeten Brüder.
Es ging hier um Macht über ganz große Länder. Grillparzer hat Jahrzehnte lang an
diesem Stück gearbeitet. Bis zum Ende hat es umgearbeitet. Die letzte Umarbeitung

131
war im Jahr 1872, als das Stück uraufgeführt war. Für dieses Stück hat Grillparzer
genau die Geschichte studiert.

Noch ein historisches Stück: LIBUSSA.


Libussa war eine Dame, die sagehafte Gründerin der Stadt Prag war. Sie war eine
magische, mythische Figur. Sie versucht als Frau ein Reich zu gründen, das auf der
Liebe basieren wird. Das ist eine Utopie und diese Stadt der Liebe hat keine lange
Dauer. Ihr Mann übernimmt das Regiment - Verstand, Recht, Gesetz, … und tritt an
die Macht. So wird die Liebe nicht mehr respektiert.

Das historische Stück: DIE JÜDIN VON TOLEDO hat Grillparzer nicht vollendet.
Das ist ein historisches Trauerspiel.
Es geht um König Alfons, der sich in ein schönes Judenmädchen verliebt und vergißt
seine Herrschaftspflichten. Er vernachlässigt die Regierung. Dann kommt ein Krieg
vor die Tür. Er besinnt sich seiner Verantwortung und verabschiedet sich von seiner
Leidenschaft und ist wieder pflichtfähig.

Die historischen Dramen sind nicht nur Dramen, sie bearbeiten einen wirklichen
historischen Stoff, sie sind aktualisiert. Grillparzer behandelt die Probleme seiner
eigenen Zeit und sind so gleichzeitig auch Ideendramen. Er ist ein Hüter (varuh) der
Tradition. Er ist Traditionalist. Er steht immer auf der Seite des Herrschers und
versucht ihre Stelle metaphysisch zu begründen (utemljiti): "Die Herrscher haben ihre
Macht von den Götter gekriegt". Grillparzer war auch ein Anhänger des Absolutismus,
obwohl er eingesehen hat, daß sie zu konstitutionellen Monarchie gebracht sein muß
(eine Verfassung haben muß). Grillparzer war konservativ, aber nicht reaktionär.

Stücke unter spanischem Einfluß:


Auch Lessing hat spanische Literatur gekannt.
Grillparzer ließ sich sehr von Spanier beeinflussen.

Sein erstes Drama stehet ganz unter spanischem Einfluß: DIE AHNFRAU .
Dieses bildet den Höhepunkt damals sehr modisches Schicksalsdrama. Das bedeutet,
daß in das Geschehen des Theaterstückes immer ein Schicksal eingreift (eine Dame
mit einem Messer, Spuk, ...).

Grillparzer hat ein Stück ganz im Geiste von Calderon geschrieben:


DER TRAUM- EIN LEBEN.
Uraufführung im Jahr 1834 im Burgtheater. Dieses Stück war der letzte große Erfolg
von Grillparzer.
Der Untertitel heißt: Dramatisches Märchen. Ist in 4 Akten geschrieben.
Das hat Grillparzer sehr lange geschrieben: von 1817 bis 1831.
Eine große Rolle hatten hier Wiener Vorstadttheater, Zauberposse, Voltair, Calderon.
Hier geht es um ein berühmtes und beliebtes Thema: um die Selbstentfremdung, die
durch ein Traum erlitten wird.

Dann hat Grillparzer ein Lustspiel geschrieben WEH DEM, DER LÜGT! (1834 -1837).

132
Das ist ein Stück in 5 Akten. Das Publikum hat es nicht gefallen und auch der Zensur
nicht. Die Folge war, daß er nichts mehr von dem, was er seitdem geschrieben hat,
aufgeführt hat.

Grillparzer war sehr sensibel, merkwürdig, eigenartig und komisch. Er galt als sehr
arbeitsscheu. Er hat aber auch als Journalist gearbeitet. Er war, was seine literarische
Tätigkeit angeht, von großem Selbstzweifel besessen. Daß er gut, einwandfrei
(neoporečno) schrieb, war er nie überzeugt. Er wußte nicht, wie gut er schrieb.

In dem Werk WEH DEM, DER LÜGT! geht es um ein großartiges Thema: Schein und
Sein. Der Neffe von Bischof wurde von germanischen Barbaren entführt. Bischof
hatte kein Geld, aber er wollte sich den Neffen abkaufen. Weil er sparen wollte,
wollte der Bischof nicht mehr gut essen. Sein Koch war deshalb sehr sauer. Der
Bischof öffnet sich dem Koch. Der Koch setzt sich jetzt für den Neffen ein und will ihn
retten. Aber Bischof verbotet ihm zu lügen. So geht der Koch an den Weg und
erzählt immer allen die reine Wahrheit. Am Ende rettet er den Neffen durch diese
Wahrheit. Tochter von Barbaren verliebt sich aber in den Koch und die beiden fliehen
zusammen weg.
Das Problem: die Entwicklung der Figuren ist keine einfache gewesen. Der Bischof
merkt, daß die Wahrheit hier nur ein Schein war. Immer, wenn der Koch die
Wahrheit gesprochen hat, hat die Wahrheit die Funktion der Lüge gehabt. Er merkt,
daß Lügen lebensrettend sind und nicht die Wahrheit. Aber die Wahrheit ist die
jenige, die man in der Welt immer sagen soll. Aber die Wahrheit scheint nur, sie ist
nicht das, was sie ist. Schein und Sein geraten miteinander. Man stößt auf eine
moralische Frage. Das ist die Frage des Scheins und Seins. Darf man lügen oder
nicht?

Grillparzer war ein sehr bühnenwirksamer Autor. Seine Werke waren so gut, wie die
Werke von den Wiener Autoren. Er war auch bühnenwirksam und hat nicht nur
darauf geachtet, daß seine Sprache dichterisch war. Die Sprache seiner Dichtung war
aber auch fabelhaft und sehr bühnenpreiswert und gleichzeitig ein sprachliches
Kunstwerk.
Grillparzer achtet darauf, daß seine Theaterstücke bühnenwirksam sind, daß sie
etwas fürs Auge der Zuschauer darboten.

16. 3. 1999
Grillparzer war als Dramatiker, wie die anderen Autoren, bühnenwirksam. Ihm ging
es nicht nur darum, daß die Sprache dichterisch war, sondern die Sprache soll ein
Kunstwerk sein. Er achtete darauf, daß seine Theaterstücke bühnenwirksam waren
und daß sie etwas für das Auge des Zuschauers hatten.
Er schreibt gute Dialoge, die in der Richtung Naturalismus gehen (wo der Dichter
dem Regisseur vorschrieb, was er zu tun hat). Wichtig bei ihm sind also
Regieanmerkungen, die für Naturalismus typisch sind. Aber Grillparzer ist etwas freier
als die Naturalisten. In diesen Regieanmerkungen beschreibt er nicht alles, was man
zu tun hat.
Wichtig bei ihm (neben der Sprache) sind auch Situationen, Vorgänge, die als
direktes Geschehen oder als Symbole zu genießen sind. Sie müssen das Seelische
darstellen oder als Symbole wirken.

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Er stellt eine Dichteratmosphäre dar. Er verwendet meistens einen Vers - Blankvers.
Seine Szenen sind bewegt und wirken überzeugend. Er ist auch in epischen Szenen
überzeugend.

Grillparzer ist wenig begabt als Lyriker.


Er ist auch ein berühmter Verfasser von Gästebücher.
Grillparzer hat nur zwei Erzählungen bzw. Novellen geschrieben. Nur zwei deshalb,
weil er von Prosa: Erzählungen und Romanen nicht begeistert war. In diesen
Novellen spielen Frauen eine merkwürdige Rolle. In diesen Werken hat er eine
Mutterfigur gestalltet. Sein ganzes Verhältnis zu Frauen war merkwürdig.

Die erste Novelle: DAS KLOSTER VON SENDOMIR (1828).

Diese Novelle ist in einem Almanach erschienen. Das waren die ersten
Taschenbücher. In diesen Almanachen wurden verschiedene Autoren, die von
bestimmten Thema geschrieben haben, veröffentlicht. Darin haben die besten
Autoren geschrieben. Sie schrieben über Jagdwesen, Waffenwesen, ..., wobei sie
damit nichts zu tun hatten.

Diese Novelle ist eine ziemlich furchtbare Geschichte. Das ist eine Rahmnovelle. Die
Geschichte beginnt mit zwei Reisenden, die durch eine Gegend reiten. Weil es dunkel
war, kehren sie ihn ein Kloster ein. Die beiden wurde ein Zimmer zugeteilt. Ins
Zimmer kommt ein Klosterbruder, ein Mönch, der ihnen Feuer macht (weil es in dem
Kloster nicht geheizt wurde). Dieser Klosterbruder wirkt merkwürdig und wirkt nicht
wie ein Mann Gottes. Er hat einen eigentümlichen, glühenden Blick. Die zwei
Reisende befragten ihn, wie alt der Kloster sei… Der Mann antwortete, daß der
Kloster nicht so alt sei.
Dann sagt der Klosterbruder, daß man nie nach Warschau gehen soll und eine
Geschichte über einen Adligen, der der letze seines Geschlechts war. Er hat den
Kloster bauen lassen. Er war ein Abgeordneter. Der Adlige ist ab und zu mal nach
Warschau gegangen. Er hatte Besitztümer, aber er lebte auch als Bauer; sparsam,
obwohl er reich war. Er wurde immer älter und verlor jede Hoffnung eine Frau zu
finden, sie zu heiraten und mit ihr Kinder zu haben. Mit einer Regelmäßigkeit ging er
nach Warschau und auf der Straße lernt er ein schönes Mädchen kennen. Er hat ihr
etwas geholfen und sie wollte sich bedanken. Sie führt ihn zu seiner Familie. Als er
sieht, daß ihre Familie in Not ist, gab er ihr Geld. Dann haben sich das Mädchen und
dieser reiche Adlige verlobt und haben geheiratet. Zwischendurch passieren
merkwürdige Dinge. Eine Tochter wurde geboren und es schien alles in Ordnung zu
sein. Aber dann sieht dieser polnische Graf seine Frau zusammen mit einem Cousin.
Sie sagt, daß sie diese Cousin ständig geliebt hat und das sie gezwungen wurde ihn
(den Grafen) zu heiraten. Sie sagt auch, daß die Tochter nicht seine sei, sonder von
Cousin.
Der betrogene Ehemann bringt seine Frau und den Cousin um. Die Tochter, die gar
nicht seine war, hat er in Obhut eines kinderlosen Ehepaares gegeben und dazu hat
er ihnen noch eine große Summe Geldes gegeben. Er hat alles verkauft. Dann geht
er zum König nach Warschau und erzählt ihm alles. Der König war erschüttert, aber
der reiche Mann mußte trotzdem bestraft werden. Der König hat ihm aufgetragen
Bussen zu tun (pokoriti se). Er mußte ein Kloster bauen und dort leben.

134
Dieser Klosterbruder, der den Reisenden diese Geschichte erzählte, war in der
Wirklichkeit der reiche adlige Mann. Und jedesmal, wenn Fremde in das Kloster
kommen, erzählt er ihnen diese Geschichte.
Denn er war betrogen, aber danach hat er sich seiner Frau und dem Cousin so
gerecht, als wäre er Gott gewesen. Das alles bereut er nicht. Er hat seine Frau bis zu
ihrem Tod geliebt. Er war ein großmütiger Mensch. Diese Frau hat ihn aber nicht
geliebt. Sie wollte Cousin haben. Im Grunde genommen war keine Reue in seinem
Herzen, denn er war ein guter Mensch, der mißbraucht war.
Das ist eine erschütternde Geschichte und merkwürdig unsentimental erzählt. Alles
wurde sehr sachlich erzählt.

In dieser Novelle zeigt sich schon der Beginn dessen, was wir als Mythos Habsburg
beschreiben. Auch ein Teil Polen gehörte der Monarchie. Die Figuren sind echt
österreichisch: starker Vater, schwache Männer von Leidenschaften regiert, Macht
der Frau wird dargestellt… Die Sinnlichkeit spielt eine große Rolle; ehrliche Gefühle,
Verdorbenheit (pokvarjenost) aus Not.
Eine sehr habsburgische Welt wird hier dargestellt.

Die zweite Novelle: DER ARME SPIELMANN (1847).


Das ist eine Geschichte aus dem Revolutionsjahr und ist in der Iris (deutscher
Almanach aus dem Jahr 1848) erschienen. Grillparzer hat daran schon im Jahre 1831
gearbeitet, aber vollendet hat er sie erst im Jahre 1847.

Der arme Spielmann ist ein Musikant. Die Geschichte spielt in Wien. Es ist eine
herzzerreißende Geschichte. Sie wurde im habsburgischen Mythos erzählt. Schon vor
der Zeit stellt die Novelle den Untergang der Ordnung, die Zerstörung aller Werte
dar. Hier sieht man schon den Untergang der Monarchie.
Der Spielmann heißt Jakob. Er hat einen erfolgreichen Vater, der Staatsbeamte war,
gehabt. Jakob fällt in Ungnade mit der Familie. Er ist aber ein guter Mensch, der sehr
fleißig ist, aber er ist einfältig. Er hatte keinen besonders großen Verstand. Dieser
schwache Jakob ist der Sohn eines starken Vaters. Diese zwei Gegensätze folgen zu
einer Katastrophe. Jakob muß sich von seinem Vater befreien. Es geht um die innere
Befreiung. Jakob wird wegen des Vaters in den

135
Staatsdienst genommen, aber er hat zwei andere Leidenschaften. Die erste
Leidenschaft ist die Musik - er spielt gerne Geige. Aber kein Mensch kennt die Musik,
die er spielt, obwohl er nur nach Noten spielen kann. Zu dieser seine Begabung gibt
es zwei Erklärungen: er war entweder total unmusikalisch oder hat die Dinge so
modern gespielt, daß ihn niemand verstanden hat. Seine zweite Leidenschaft war
eine Frau Barbara, die ihn auch liebt, aber sie war sehr praktisch …

In der Novelle gibt es einen Rahmen. Der Erzähler ist Jakob. Es gibt einen Satz, der
sehr viel über die Kunst sagt. Jakob: "Sie alle spielen Mozart, Beethoven, aber
niemand spielt den lieben Gott.". Man muß göttlich sein, um höchste in der Kunst zu
erreichen. Grillparzer war ein Bewunderer von Beethoven

Diese Geschichte ist ein wenig sentimental und herzzerreißend.

OTTO LUDWIG (1813-1865)

Otto Ludwig wurde in Dramatikajahr geboren. Es war ein großer Jammer mit ihm. Er
war ein Dichter, der sehr unter Epigonentum gelitten hat. Er fühlte sich als
Dramatiker, aber er ist als Erzähler überlebt.
Er hatte große Lieben. Absolut über alle Massen hat er Shakespeare geehrt. Für ihn
war Shakespeare der alle Größte. Dagegen lehnte Otto Ludwig den sehr berühmten
deutschen Dichter Schiller ab. Ihn hat er nicht gemocht.
Otto Ludwig war von Romantik, Schicksalsdrama begeistert und ließ sich von
Friedrich Hebbel beeinflussen, weil er ein Ideendichter war (aber anders als Schiller).
Otto Ludwig wollte auch Ideendrama schreiben, aber dafür war er nicht besonders
begabt. So konnte er den Weg des Epigonentums nicht weiter gehen.
Er war seinem Schaffen über ziemlich kritisch. Er hat gezweifelt, ob er gut ist (so wie
Grillparzer). Er war auch sehr krank, so daß dieser Zweifel an seinem Können
berechtigt war. Otto hat sehr gelitten (auch körperlich).

Er hat theoretische Grübeleienstudien geschrieben, die als Poetiken dieser Zeit


wichtig waren. Er hat etwas wertvolles hinterlassen: SHAKESPEARESTUDIEN.
Das ist eine theoretische Studie, die nach seinem Tod erschienen ist.

136
Hebbel hat diese theoretische Schrift gemeinsam mit Freytag als Drama verfaßt.
Freytags Werk Technik des Dramas und verschiedene Vorworte und Worte zum
Drama von Hebbel bilden das Fundament der Poetik des Dramas dieser Epoche.

Otto Ludwig hat noch verschiedene Trgödien geschrieben: Fragmente, Entwürfe,


Schicksaldramen und hat biblische Stoffe bearbeitet. Erfolgreich war er aber als
Erzähler.

Er hat eine sehr schöne Dorfgeschichte geschrieben:


DIE HEITERETHEI UND IHR WIDERSPIEL.
Das ist eine Geschichte der Heimatdichtung und wird zum poetischen Realismus
gezählt.

Berühmt ist seine tragische Erzählung:


ZWISCHEN HIMMEL UND ERDE.
Hier gibt es einen Sturm und Drang Motiv: zwei verfeindeten Brüder, die beide in ein
Mädchen verliebt waren.
Diese Erzählung ist interessant, weil hier genau das Milieu des Dachdeckerhandwerks
geschildert wird und es gibt eine genaue Analyse der Zergliederung der
Seelenzustände von verschiedenen Figuren, was an Naturalismus erinnert.

FRIEDRICH HEBBEL (1813-1863)

Es gibt ein Spruch von ihm: "Es ist im Leben so, mal fehlt der Becher, mal fehlt der
Wein."
Friedrich Hebbel hat eine erstaunliche Karriere gemacht. Er wurde auch im
berühmten Dramatikerjahr geboren. Er ist zu den letzten Vertreter der klassischen
Tragödie des hohen Stils geworden.

Geboren wurde er einem Maurer ganz im Norden Deutschlands. Die Familie lebte in
so einem großen Armut, daß sie als der Vater starb keinen Sarg kaufen konnte. Man
hat dafür den letzten Kartoffelsack verkauft. Als Friedrich 11 Jahre alt war, starb
noch die Mutter.
Er war verurteilt auch Maurer zu werden. Er war in der Lehre. Als er 15 Jahre alt war,
nahm ihn ein Kirchenschreiber zu sich und beschäftigte ihn 7 Jahre lang.

Hebbel, der aus ärmsten Verhältnissen stammte, war sehr früh besessen von dem
Wissensdrang und von der Idee ein Dichter zu werden. Er begann Gedichte zu
schreiben und läßt sie in Zeitschriften drucken. Seine Gedichte las eine Schriftstellerin
in Hamburg und war so begeistert von ihnen, daß sie Hebbel die Ausbildung in
Hamburg bezahlte. Hier lernte er eine Frau Elise kennen (war 8 Jahre Älter). Sie war
seine Ersatzmutter und seine Geliebte. Sie war Näherin und ermöglicht Hebbel in
Heidelberg und in München zu studieren. Wegen Geldprobleme mußte er das
Studium unterbrechen. Er kommt nach Hamburg zurück und beginnt sein erstes
Drama zu schreiben. Wegen des Dramas bekommt er ein Reisestipendium von dem
Dänischen König. Er geht nach Paris und kommt durch Rom nach Wien (1845). Dort
lernte er Hofschauspielerin Christine kennen. Er hat sich mit 33 Jahren zum ersten

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Mal richtig verliebt. Zum ersten Mal erfährt er, was wirkliche Liebe und Leidenschaft
ist. Mit Elise hatte er zwar zwei Kinder, aber trotzdem reiste er von ihr los und
heiratete Christine. Das war für Elise ein harter Schlag. Christine hatte nämlich eine
Stellung in der Gesellschaft, hatte Geld, Ansehen, war eine Madame, während Elise
eine Näherin war. Das er Elise mit seinen zwei Kindern verlassen hat, hat man ihm
sehr verübelt. Aber er hat Elise nie Hoffnung gemacht, daß er sie einmal heiraten
wird. Christine hat menschlich möglichste getan, daß sich die beiden (Hebbel und
Elise) versöhnen.

Hebbel hatte jetzt, als er geheiratet hat, zum ersten Mal im Leben die Bedingungen
gehabt, normal arbeiten zu können, zu dichten. Seine Frau hatte als eine angesehene
Schauspielerin und dadurch bekam Hebbel einen Zugang zum Theater. Seine Werke
wurden beliebt, populär und verkauft. Auch die höhere Gesellschaft begann ins
Theater zu gehen.
Er ist erkrankt mit 50 Jahren gestorben. Die letzten 15 Jahren seines Lebens hat er
einigermassen menschlich und glücklich verbracht.

Hebbel hat, seitdem es bei ihm feststand Dichter zu werden, Tagebücher


geschrieben. Diese begann er 1835 zu schreiben und dann bis zu seinem Tode. Die
Tagebücher machten fast die Hälfte seines Schaffens aus. Er hat viel über die
Gedanken, Dichtung und Kunst geschrieben. Hier können wir die
Entstehungsgeschichte von seiner dichterischen Produktion verfolgen. Über die
innere Biographie bekommen wir aber keine Informationen.

Hebbel hat Prosa geschrieben. Er hat sich theoretisch über das Drama geäußert.
Trotzdem war er kein Theoretiker.
Er hat sich in zwei Abhandlungen über das Theater geäußert:
- VORWORT ZU MARIA MAGDALENE (1844)
- MEIN WORT ÜBER DAS DRAMA (1853)

Hebbel hat also Tagebücher, Briefe und 8 Kurzgeschichten geschrieben, die ihm aber
nicht besonders gelungen sind.
Hebbel war ein geborener Dramatiker. Als Dramatiker war er großartig und sehr
bühnenwirksam. Er hatte das Gefühl für das Drama. Er war überzeugt von der
Sendung des Dramas. Für ihn war das Drama die höchste Form der
Geschichtsschreibung (der Historia). Die Historiker sammeln vordergründig die
Tatsachen. Die Dramatiker aber veranschaulichen diese Tatsachen an einer
Handlung. Sie veranschaulichen auch Charaktere, die mithilfe dieser Tatsachen
lebendig werden. Aus dem ganzen Hintergrund des historischen Geschehens
entsehen so geistige Prozesse einer Epoche. Diese geistigen Prozesse zeigen sich
abstrakt als Weltanschauung. Wenn diese Weltanschauung brüchig ist, gibt es
Konflikte in der Gesellschaft und in der politischen Ordnung. Es gibt Widersprüche
und man hat schon ein tragisches Theater. In der Gesellschaft merkt man, daß es
Widersprüche gibt, man stellt sich gegen die bestehende Ordnung. Es kommt zu
Auseinandersetzungen und schon wieder hat man mit Tragischem zu tun.
Die Menschen leben auf zwei Ebenen (sagt Hebbel):

138
1. Als "gewöhnliche" Menschen sind sie miteinander verbunden durch Liebe,
Freundschaften, Verwandtschaften, Arbeitsbeziehungen, … . Das ist die private
Ebene.
2. Die Menschen sind Ideenträger. Sie repräsentieren eine Welt, bzw. weil sie
Konflikte haben, repräsentieren sie zwei verschiedene Welten, die aneinander
stoßen. Die Menschen kämpfen um Leben und Tod (sie kämpfen gegeneinander)
und sie kämpfen um Macht.

Wenn man von diesen Punkt ausgeht, liegt es auf der Hand, daß der Dichter als
jemand, der ausschließlich historische Stoffe behandelt figuriert.
Hebbel hat im weitesten Sinne historische Stoffe behandelt. Er versuchte, so wie
Schiller, die zeitlichen Ideen zu verkörpern. Oder er versuchte die historischen Stoffe
so zu behandeln, wie Grillparzer, so daß er Lebenssituationen darstellte. Hebbel hat
sich auch einmal mit einem Zeitproblem beschäftigt. Seine Theaterstücke schöpfen
nicht nur aus der Geschichte, sondern auch aus der Mythologie.

Seine Werke:

- HERODES UND MARIAMNE (1848)


Eine Tragödie

- DIE NIBELUNGEN (1862)


Eine Trilogie über Nibelungen aus: - Der gehörnte Siegfried
- Siegfrieds Tod
- Krimhilds Rache
Hier geht es um ein historisches Prozeß: Gegensatz zwischen Heidentum und
Kristentum.

- GYGES UND SEIN RING (1854)


Eine Tragödie.
Es wird ein Gegensatz behandelt. Es geht um eine Auseinandersetzung zwischen
asiatisch-orientalischer und abendländisch-griechischer Welt.

- AGNES BERNAUER (1851)


Eine Tragödie.
Agnes Bernauer war eine schöne Frau. Ein mittelalterliches Problem wird behandelt,
und zwar ein Generationskonflikt.

- MARIA MAGDALENE (1843)


Ein Drama, wo das Zeitthema behandelt wird.
Es ist ein bürgerliches Trauerspiel. In dieser bürgerlichen Tradition steht noch
Lessings Emilia Galotti, Schillers Kabale und Liebe !!!!!!!
Ein berühmtes Thema wird behandelt, das auch schon im Sturm und Drang beliebt
war (Faust I): Eine uneheliche Mutter macht Selbstmord, damit ihr Vater keinen
macht. Der Vater ist ein Bürger, so wie alle Figuren in diesem Stück.
Es zeigt sich aber schon eine Abweichung von der Tradition des bürgerlichen
Trauerspiels, und zwar darin, daß die Konflikte nicht mehr zwischen Bürgertum und

139
Adel entstehen, sondern Hebbel meint, daß es genugend Konflikte im Bürgertum
selbst gibt.
Hebbel zeigt also den Konflikt in kleinbürgerlichen Kreisen: Vater will sich umbringen
wegen Tochters Schande. Deshalb bringt sie sich lieber selbst um. Das Festhalten an
dem überlebten Moralkodex ist daran Schuld. Einer ist unmoralisch und einer ist zu
sehr moralisch. Ein Thema, daß noch heute populär ist.

23. 3. 1999
Als Hebbel MARIA MAGDALENA zu schreiben begonnen hat, hat er sich das lange
überlegt. Einen Teil der Gedanken hat er im Vorwort zum Drama geschrieben bzw.
formuliert. (Das Vorwort sollen wir lesen!!!)

Dieses Trauerspiel, wenn man es von Woyzeck absieht, ist ein Novum in der Reihe
des bürgerlichen Trauerspiels. Weil hier die Tragik aus dem Konflikt innerhalb des
bürgerlichen Standes entsteht. Das ist auch der große Unterschied im Vergleich mit
Emilia Galotti und Kabale und Liebe (hier der Konflikt: Adel gegen Bürgertum)!!!!

Hebbel sagt, daß man nicht mehr die Problematik zwischen Adligen und Bürger
darstellen soll, weil es genug Konflikte innerhalb des bürgerlichen Standes gibt. So
spricht Hebbel in Maria Magdalena über Liebesaffären.
Tragisch ist hier, daß der Sohn eines Gerichtsdieners verhaftet wurde. Aber nicht nur
das, dieser Sohn wurde durch das ganze Dorf ins Gefängnis geführt, so daß ihn alle
Menschen sehen konnten.

Das hat er aus Rache getan, weil der Beruf des Gerichtsdieners kein eingesehener,
geehrter Beruf war. Die jenigen, die die Menschen hingerichtet haben, dürfen nicht
innerhalb der Stadtmauer leben. Sie waren minderwertig und waren nicht durch
bürgerliche Gesetzte geschützt.
Das war die Moral. Es ging nicht um die Tochter, die ein uneheliches Kind hatte. Es
geht darum, daß dieses Ereignis für den Vater eine Schande darstellt. Durch die
Tochter wird seine Ehre verletzt.
Aber: ist die Ehre das Problem oder das, was man für sie hält? - Der Schein seiner
Schande ist das Problem.

Dieses Drama ist ein historisches, weil es ein Prozeß zeigt, das noch nicht
beschlossen wurde. Die Klara lehnt sich nicht gegen diese Ordnung auf (upirati se -
auflehnen). Beharren bzw. Festhalten an einer verhalteten Ordnung ist bedeutend.

Das Problem in den Werken von Hebbel ist, daß in ihnen der unselige Hang der
Reflexion gezeigt wird. Die Dialoge sind zu gelehrt für die Figuren, sowohl die
Sprache.

Hebbel hat auch Lyrik geschrieben. Das waren Gedichte, die man später nicht ernst
genommen hat, weil sie zu reflexiv waren. Einige von ihnen sind aber sehr liedhaft.

Er wollte auch Kurzgeschichten, Novellen schreiben. Aber als Autor dieser ist er nicht
besonders großartig, eher traditionell, epigonenhaft (epigonski).

140
POETISCHER REALISMUS
Die Periodosierung und Epochebezeichnung ist wie immer schwierig zu bestimmen.

DIE MERKMALE DES POETISCHEN REALISMUS:

1. - Der Realismus ist Wirklichkeitskunst.


Wenn es um Wirklichkeitskunst geht, muß man einen Teil der Dichtung ausschließen.
Und zwar die Lyrik wird hier weniger befragt, so mehr aber die Erzählkunst.
Deswegen gibt es in dieser Epoche viel mehr Erzähler als Lyriker.

2. - Aber eine Prise Poesie gibt es auch hier. Eine Prise Wirklichkeit.
Besonders in zwei Hinsichten kann man hier über poetischen Realismus sprechen:

a) Die Autoren des poetischen Realismus sind für die Schönheit der sichtbaren Welt
offen. Sie sind offen für die Landschaft, für die Menschen, für die Natur und für das,
was die Menschen im Zusammenwirken mit der Natur hineingestellt haben (die
Häuser, die Möbel, ...). Es geht um die Wechselwirkung der Natur und des
Menschen.
Was es am Natürlichen ist, wird bedichtet, aber auch das Zusammenwirken zwischen
Menschen und der Natur. Es geht um die Schönheit des engeren und weiteren
Lebensraum.
Dieser Lebensraum, den diese Dichter beschreiben und künstlerisch bearbeiten, ist
die Heimat. Es geht darum, daß eine bestehende Gegend aus deutschem
Sprachraum dichterisch bevölkert wird und daß die Menschen davon abhängig
werden.

Jetzt z. B. kommt ein Dichter aus Böhmen und besingt den böhmischen Wald. Diese
Landschaft erkennt der potische Realismus und schildert so eine Landschaft, die man
immer wieder erkennt und von anderen unterscheidet. Diese Landschaft kann man
erkennen, aber nicht näher bestimmen

Dieser potische Realismus ist eine Kunst, die vor allem etwas fürs Auge hat. Eine
Kunst, die man durch das Auge sieht und merkt.
Die Erzählungen, Theaterstücke wurden für das Auge gemacht. Auch die Kunst und
Malerei waren wichtig; Bildhauerei und Musik aber weniger.
Für die Malerei ist kennzeichnend, daß die realistischen Maler andere Dinge zu malen
begonnen haben. Man geht über zu der Freilichmalerei. Viele Freilichmaler gibt es in
Frankreich und Österreich. Die Landschaft hat sich drausen gemalt.
Die deutschen Realisten dagegen stellen viel lieber die Menschen und das Atelier dar.
Sie bilden die kleinsten Einzelheiten ab (upodobiti). Sie wollen das wieder geben, was
sie sehen. Die Liebe ist in der europäischen Kunst so gezeigt, wie sie sich dem Auge
darbietet.

b) Der Dichter ist derjenige, der den Vorrang der Prosa gegenüber der Lyrik und
anderen Gattungen gegeben hat. Es entstehen große, dicke, umfangreiche Romane.
Nur wenig gab es Lyrik und Dramatik. Deswegen weil es so offensichtlich ist, daß

141
man eine Gattung bevorzugt, bemühen sich die Theoretiker aus dem Roman eine
Kunstform zu schaffen, die dem Drama nebenwertig, ebenbürtig (enakovrendna) sein
soll. Sie suchen im Roman und in der Novelle eine adequate Form, wo sie diesen
realistischen Darstellungsstil und die realistische Dichtungskunst ganz ausleben
können.

Zur Zeit gab es aber weniger große Themen, die man sich annehmen konnte,
deswegen haben sie kleinere, unscheinbare Stoffe behandelt. Weil es keine Stoffe
mehr gab, wurde die Form wichtiger. Das ist so bis zum heutigen Tag geblieben
oder, wenn wir uns die Marquise von O. ansehen: Ein kitschiger Stoff wird hier
behandelt, aber es geht darum, wie er behandelt wird, wie wird er bis zum Ende gut
durchgeführt.
Die Stoffe sind also immer unscheibarer. Sie sind nicht mehr weltbewegend, so wie
früher, aber es geht um die kunstvolle Gestaltung der Stoffe.

In der folgenden Epoche geht es um die Nachahmung der Natur. Man kopiert sie und
geht in alle Details hinein. Im poetischen Realismus ist eine wilde, bedrohliche und
sanfte Natur zu finden, die schön ist. Im Naturalismus handelt es sich dort weiter, wo
Gottsched begonnen hat - bei der Nachahmung der Natur.

JEREMIAS GOTTHELF (Albert Bitzius) (1797 - 1854)

Gotthelf ist einer der ältesten von den poetischen Realisten. Mit bürgerlichem Namen
hieß er Albert Bitzius. Der Name Jeremias Gotthelf ist eine Figur aus einem von
seinen Werken.
Er wurde geboren in einer alten bürgerlichen Familie aus Bern. Sein Vater war Pfarrer
und er selbst war es später auch.

Jeremias Gotthelf war ein Mensch, der sehr wenig gelesen hat und ist auch wenig
herumgekommen. Er ist meist in der Schweiz geblieben und ist nur aus
Studiengrunde ins Ausland nach Göttingen gegangen.
Er wurde Vikar und begann gleich seinen Weg, der nicht leicht war. Als Vikar kämpft
er für die Verbesserung des Schulwesens. In diesem Kampf hat er sich einige
Freunde gemacht, vor allem Bauern.
Er kehrt nach Schweiz zurück und predigte in Bern weiter. Er war aber kein guter
Kanzelredner (govorec s prižnice). Dann wurde er in Euental Pfarrer und heiratete mit
der Enkelin seines Vorgängers. In seiner Gemeinde hat er weniger durch Predigten
gewirkt und mehr als Reformator des Schulwesens. Zuerst war er liberal orientiert,
später war er aber ein konservativer Mensch. Er hat dieses politischen Umdenken
ziemlich genau erörtert und gezeigt in seinen Werken.
Er hat eine Erziehungsanstalt für Jungs, die nicht richtig erzogen wurden, gegründet.

Sein erstes Werk ist eine Aussprache (diskusija) über ein Lehrersfortbildungskurs:
DER BAUERNSPIEGEL (1836).
Das ist Gotthelfs erster Roman.

142
In 18 Jahren, die er noch zu leben hat, hat er viel geschrieben. Er war als Pfarrer
tätig, als Schulmann, Politiker. Er hat noch 11 Romane geschrieben, über 40
Erzählungen und Novellen und Kallendergeschichten.
Europa hat viel von ihm gehalten. Die ganze Welt ist zu ihm gepilgert. Von den
Lesern bekamm er viele Geschenke.
Die Leute waren total erschütert, daß keine Zeitung von ihm berichetete, als er starb.
Auch die Berner Zeitung nicht. Eine andere Zeitung stellte nur fest, daß er die besten
Werke am Anfang seines Schaffens geschrieben hat.

Jeremias Gotthelf ist erstaunlicherweise ein großartiger Sprechkünstler. Obwohl er


nicht viel gelesen hat. Er kannte 2 Sprachen: die Berner Dialektsprache und die
deutsche Schriftsprache, aber er hatte einen großen Sinn für die Sprache und für die
Möglichkeiten, die sein Deutsch ihm bot. Wenn man Gotthelf nach der sprachlichen
Vielfalt (raznolikost) seiner sprachlichdarstellerischen Kunst bewertet, konnte man
sagen, daß seine Sprache, so wie die Sprache der größten Autoren, aus 6
verschiedenen Elementen besteht.

In seinen Werken ist die Mundart (narečje, dialekt) zu spüren. Er schreibt eine
Mischsprache. Diese Mischsprache besteht aus wechselndem Anteil an der
Mundsprache und der Schriftsprache. Er schreibt so, weil er seine Sprache versucht
lebendig zu machen. Trotzdem überwiegt in seinen Werken die Schriftsprache.
Außerdem hat er die Schriftsprache des 18. Jh. gut gekannt. Er hat sie angereichert
mit der Natursprache. Auch die schweizerische Rechtsprache und die
Urkundensprache hat er benutzt (wie Luther). In seinen Werken hat er auch die
traditionelle Predigtsprache benutzt.
Er hat, wenn schon, die Trivialliteratur gelesen.

Literarisch gesehen ist er sehr eigenständig (samostojen), wie später Franz Kafka im
20. Jh.. Die Antike, Mythologie und Jean Paul haben ihn nicht interessiert.

Er hat seine Umgebung dargestellt und wahrgenommen. Dies bezüglich schrieb er


auch Anekdoten.
Er hat den Menschen dargestellt, die Natur; den Menschen in seiner äußeren und
inneren Not, sein Leiden.
Er hat von der Korruption im öffentlichen Leben geschrieben und von den
elementaren Gewalten im menschlichen Leben.
Über die Gründe seiner schriftstellerischen Tätigkeit sagte er selbst: Die Welt drückte
ihm so lange auf den Kopf bzw. die Zustände in der Welt haben ihn zum Schaffen
gemacht.

Gotthelf war auch ein sehr guter Menschenkenner und hat die Menschen gut
gestaltet. Er hat die Menschen gezeigt, indem er sie reden ließ. Diese direkte Rede
ist ungemein und echt. In sein Werk hat Gotthelf versucht die Modellfälle (vzorčni
primer) zu schaffen. Menschen, die sich gewähren lassen sollen (ne ovirati),
unverfälschte Menschen, die deswegen auch alle gleich und echt sind. Er hatte eine
große Gabe, die Menschen zu zeigen und ihre Entwicklung über Jahrzehnte
überzeugend darzustellen. Er kann die Entwicklung der Menschen begründen.

143
Er hat versucht auch das Unbewußte zu gestalten. Das hat neben ihm in diesem
Jahrhundert nur noch Dostojevski gemacht.

Gotthelf ist ein schönungsloser Dichter. Er ist realistisch, lebenswirklich, echt. Er hat
eine naturalistische Darstellungsweise gehabt.
Die höhen klassischen Ideale hebt er vom Naturalismus ab. Wobei es aber im
Naturalismus keine Ideale mehr gab. Wenn die Menschen schon steigen, steigen sie
nur materiell.

DER BAUERNSPIEGEL
Das ist Gotthelfs erster Roman. Es ist eigentlich eine soziale Studie.
Es geht um eine Frauengestalt, die schwanger ist. Diese Frau geht an der
Wissenslosigkeit des Arztes zugrunde. Sie stirbt bei der Geburt seines ersten Kindes.
In dem Roman gibt es die Figur des Jeremias Gotthelf. Er trägt die bekenntnishafte
biographische Züge des Albert Bitzius. Seit diesem Roman veröffentlicht Albert Bitzius
die Werke.
Sein nächster Roman LEIDEN UND FREUDEN EINES SCHULMEISTERS
ist ein pädagogischer Roman. Er ist autobiographisch.
Hier versucht er die Reformierung des Schulwesens zu schildern. Er zeigt die
Schwierigkeiten und Freude eines jungen Schulmeisters. Dieser pädagogische Hang
zeigt sich bei Albert Bitzius immer wieder.
In diesem Roman hat er die erste große Frauenfigur geschafft.

WIE ULI DER KNECHT GLÜCKLICH WIRD


ULI DER PÄCHTER
Das ist ein realistischer Roman in zwei Teilen. Er ist aber voller Ideale. Man hat ihn
mit Stifters Nachsommer und Goethes Iphigenie vergleicht.

GELD UND GEIST


Das ist ein Buch über das Leben. Es geht um eine Bäuerin Amalie (Anne), die
lebensklug ist und alles, was sie weiß, las sie aus zwei Büchern: Die Bibel, Das
Naturbuch.
Im Einklang mit sich, mit der Natur und mit dem Gott muß ein Mensch leben.

Gotthelf hat auch Novellen geschrieben. Das waren erzieherische, humorvolle


Novellen gegen Alkoholismus. Hier hat er sehr grob die Gefahr des Alkoholismus
geschildert:
- WIE FÜNF MÄDCHEN IM BRANDWEIN JÄMMERLICH UMKOMMEN
- DÜRSTLI, DER BRANDWEINSÄUFER

Dann hat Gotthelf noch eine Rahmennovelle geschrieben:


DIE SCHWARZE SPINNE
Es geht um ein Bündnis mit dem Teufel.
Spinne ist ein Synonym für jene nur denkbare Katastrophe und andererseits wird
eine menschliche Seite gezeigt und zwar das Böse, Satanische im Menschen.
Es geht um einen Kampf gegen das Böse.

144
Die Novellen von Gotthelf sind böse, realistische, humorvolle, komische und
resignative. Hier schildert er die Sauferei, das harte, wenig erfreuliches Leben der
Bauern. Er schreibt über die Alltäglichkeiten und wie sich eine Frau gewinnen läßt.

Jeremias Gotthelf nimmt sich Zeit, denn alles bei ihm ist anschaulich. Man sieht es,
riecht es und das ist seine Art des Schreibens.

ADALBERT STIFTER (1805 - 1868)

Stifter hatte viele Sehnsüchte, die eine war es nach dem einfachen Leben. Das Leben
ist ihm selber nicht leicht gekommen. Für ihn war das Leben ein Abgrund (brezno) vor
dem er stand, erstaunt und ohnmächtig. Für Stifter war ein jedes Körnchen ein
Wunder. Er hat sich z. B. gefragt, wie wächst daraus etwas und hat sich gewundert,
was die Menschen ernährt.
Er hat die Natur verstanden. Er hat nämlich Biologie gut gekannt. Also war das für
ihn kein Geheimnis, aber doch hat er sich immer gewundert.

Eine andere Sehnsucht, die er hat, war die Sehnsucht nach der Liebe. Weitere
Sehnsucht war die Sehnsucht nach der Harmonie zwischen dem Glaube, dem
Denken und die anderen überzeugen davon, daß er harmonisch lebt.
Stifter hat Bücher geschrieben, voll von Harmonie. In den Büchern zeigt er etwas,
wovon er einen großen Respekt hatte und das er sehr liebte. Das war das Leben und
die Natur; seine Liebe zur Natur und den Menschen.
Er war einer der ersten Europäier in dieser Zeit, der für den Naturschutz,
Denkmalschutz und Pflege wichtig war. Er wollte, daß die Menschen Sorge dafür
tragen, um das alles aufzubewahren und den weiteren Generationen weiterzugeben.
Darin war Stifter ein Vorgänger (predhodnik).

Stifter war ein Mensch, selbst voller Abgründe, der absolut kein harmonisches Leben
geführt hat. Er war ein Mensch voller Spannungen, Konflikten, ein widersprüchlicher
(protisloven) Mensch. Er hat sich aber eingesetzt dafür, daß alles, was er tat,
verständnisvoll wäre.
Wenn man sich anschaut, was er geschrieben hat, wünscht man sich, daß er böser
geschrieben hätte und glücklicher gelebt hätte.
Er hat die Nöte seiner Zeit aus der ersten Hand gezeigt: Unliebe, Mißerfolg, Haß,
Unharmonie, schwere Zeit, ekonomische, physische und psychische Nöte. Darüber
hinaus hat er die Selbstentfremdung der Menschen als sein Problem gezeigt. Ein
Mensch, der sich mit der Technik beschäftigt, entfremdet sich von sich selbst.

Stifter hatte viele Störungen in seinem Leben und war ständig an der Grenze
zwischen gesund sein und Pathologischem. Er hat viele Konflikte, Kriesen und die
Zwiespaltigkeit gekannt. Im Grunde genommen war er ein leidenschaftlicher (strasten)
Mensch. Die Triebhaftigkeit (nagonskost) hat er gehaßt, verpönt (prepovedati), es sei
unsittlich. Weil er sich so gehütet hat, schrieb er vom Trieb. Um sich der Schuld zu
befreien, dichtet er auch von der Unschuld.

145
Er hatte das Glück, daß er Dichten konnte. Aber das Glück hat er mit dem Schmerz
bezahlt, über den er aber nie gedichtet hat. Er hat sich um die ewige Freundschaft
bemüht und um die selbstlose (nesebična) Liebe. Und doch wurde er wenig geliebt,
noch hatte er einen guten Freund. Er war immer einsamer.

Naturgemäß war er verheiratet, aber hat eine andere Frau geliebt. Das war Fanni aus
einer reichen Familie, mit der er nicht heiraten konnte. Stifter hat an diese Fanni
viele Gedichte geschrieben.
Als Fanni geheiratet hat, heiratete auch Stifter. Er hat eine Modistin geheiratet. Aber
die Ehe war für die beiden mehr unglücklich. Seiner Frau Amalie hat Stifter peinliche,
unechte Liebesbriefe geschrieben. Stifter und Amalie haben für einander gesorgt,
aber sie litten unter dieser Liebe. Er hätte gerne Kinder gehabt, aber hatte keine.
Deswegen hat er die Nichte seiner Frau adoptiert. Sie hieß Juliane. Juliane hat aber
mit 17 Jahre Selbstmord geübt und zwar wegen der Erziehung ihrer Tante.

Was Stifter geliebt hat, war seine Heimat Böhmen (Tschechien). Er wollte Pädagoge
sein. Sein Dichten ist sehr erzieherisch, bilderisch.
Stifter hat auf einer Seite einen großen Wert an die Tradition gelegt, auf der anderen
Seite zeigte sich immer etwas Neues.
Stifter war kunstliebender Mensch. Obwohl er die Kunst anderer Länder nicht gut
gekannt hat. Sonst war er ein verschlossener Mann.
Über alles schätzt er die Wahrheit, Offenheit, aber er selbst war außer diesen
Prinzipien. Er hat das Schlimmste verhüttet, verschwiegen und verschleiert. Von sich
hat er eine Legende in den Umlauf (obtok) gebracht. Er war ein Mensch, der für/ in/
von der Ruhe schafft. Er hat alles hoch stiliert.
Stifter wurde in Böhmen geboren als Sohn eines Leienswebers. Als er 12 Jahre alt
war, hat er seinem Vater den Wagen erschlagen. Sein Großvater erzieht Stifter
weiter. Seine Mutter hat noch einmal geheiratet. Stifter war als Kind an seine Mutter
sehr fixiert.
Dann kam er nach Kreus an der Donau. Er hat vieles studiert: Rechte, Mathematik,
Wissenschaften. Er hat Privatstunden gegeben, auch dem Sohn von Metternich.
Stifter war begabt als Dichter und als Maler. Viele seine Bilder hängen in
verschiedenen Galerien.

24. 3. 1999
Später, als er als Dichter berühmt wurde, hat er das Malen nicht aufgegeben und
gehörte zu den stärksten Malerbegabungen.

Die Eheproblematik hat Stifter in seinen Werken literarisch dargestellt. Der Hang zur
Harmonie und nach Außen alles schön zeigen, das hat ihn geleitet.
Er war derjenige Dichter, wie Eichendorf, der eine Literaturgeschichte hatte als Ersatz
für sein Leben. Eichendorf hat aber trotzdessen unglücklich gelebt. Auch Stifter hat
von einem Erstazleben gedichtet. Dann kommt er aus Wien nach Linz. Er war
Schulrat (šolski svetnik), Inspektor, Konservator für Baudenkmäle, wo er die
Pionierarbeit geleistet hat (prednjačiti).
Stifters Ende war grausam und entsetzlich. Er erkrankte an Krebs. Aus seinem
tätigen Leben muß er sich zurückziehen. Von dem Kaiser hat er eine bleibende Rente

146
bekommen. Dabei hat er auch den Titel Hofsrat (dvorni svetnik) erhalten. Noch heute
gibt es diesen Titel in Österreich. Das ist ein Titel verdienstvoller Meister.
In einer Nacht 26. 1. 1868 hat sich seine Frau kurz entfernt aus seinem Zimmer und
da hat Stifter das Rasiermesser genommen und gestorben. Ihm war nicht mehr zu
helfen, konnte aber nicht gleich sterben. Deswegen wurde gesagt, daß er eines
grusligen Todes gestorben ist.

Stifters Schaffen besteht aus Gedichten an Fanni, sonst aber ausschließlich aus
erzählerischen Werken. Und was macht sein erzählerisches Werk aus? - Prosa:
Erzählungen und Novellen erschienen in Folge von 6 Bänder mit Gesamttitel:
STUDIEN. Diese sind in der Zeit 1844 - 1850 erschienen.
Einige Titel:
- DER HOCHWALD
- BRIGITTA
- DER HAGESTOLZ (ein Mann der nie geheiratet hat - Junggeselle)
- ZWEI SCHWESTER

Stifter hat noch sein Liebliengswerk geschrieben, an dem er sein Leben lang
gearbeitet hat. Das Werk heißt: AUS DER MAPPE MEINES URGROßVATERS.
Davon gibt es 4 Fassungen (verzija). Die 4. ist nicht ganz abgeschlossen worden, weil
Stifter früher gestorben ist.

Sein Werk BUNTE STEINE ist berühmt wegen Stifters programmatischer Vorrede zu
diesem Werk.
Das ist eine Erzählung und zwar die 2. Sammlungen dieser Erzählung.
Hier äußert sich der Dichter zu den Aufgaben eines Dichters.
Die Sammlung besteht aus 6 Erzählungen, die heißen:
- GRANIT
- KALKSTEIN
- TURMALIN
- BERGKRISTAL
- KATZENSILBER
- BERGMILCH

Das ist ein Werk, das man lange ein bischen irrtumlicherweise (po pomoti) für Kinder
gelesen hat. Weil die Kinder immer im Mittelpunkt der Geschichte stehen. Diese
Kinder leben innerhalb der Familie am Lande in der Symbiose zwischen dem Mensch
und der Natur. Sie leben im Einklang mit sich selbst, der Natur und anderen
Menschen. Für diesen Einklang müssen sich die Eltern bemühen und ihnen bekannt
machen, wie man in der Natur überlebt, mit der Natur, wenn sie sanft oder
bedrohlich ist. Stifter beschreibt auch, wie die Menschen innerhalb der Natur sind,
wie sie aufs Land gehen und versuchen in einer Harmonie zu leben und in der Natur
zu überleben.

Es geht um eine Geschichte von zwei Kinder ungefähr 10 Jahre alt, die von ihren
Eltern zu den Großeltern gehen, um ihnen schöne Feiertage zu wünschen. Auf dem
Weg verirren sie sich. Das Mädchen ist engstlicher als der Junge. Er konnte sich gut
nach der Natur orientieren (Moos, Himmelsrichtungen, ...). So haben sich die beiden

147
in der Natur zu recht gefunden. Sie haben nicht geweint, sondern versuchten an der
Hand von Zeichen, die ihnen die Natur gegeben hat, zum Ziel zu gelangen. Das sind
naturgemäß die schönsten Dinge, daß ein Mensch im Einklang der Natur etwas
erreichen kann. Das ist die Milde, die Harmonie in einer nötlichen Situation.

Diese Erzählung hat Stifter sehr ordentlich geschrieben. Die Charaktere hat er gar
nicht schlecht geschildert. In der Geschichte geht es um kleine private Schicksale. Es
geht um eine sich erreignete und in sich gehörte Begebenheit (pripetljaj, dogodek).

Stifter hat noch eine Erzählung geschrieben: DER NACHSOMMER.


Erzählung heißt der Untertitel.
Synonym für Nachsommer: Altweiber Sommer (babje leto).
Der Nachsommer kommt im September, Oktober, wo es mild, warm ist, wo die
Bäume beginnen neu zu blühen, aber trägen keine Früchte.

Obwohl der Autor dieses Werk mit einer Erzählung untertitelt hat, ist das ein ziemlich
dicker Roman. Die Entstehungszeit zwischen 1853 - 1857.
Das war Stifters erster Versuch in einer epischen Großform. Dieser Versuch setzt die
deutsche Tradition in Bildungsroman fort.

Es gibt eine Hauptfigur Heinrich. Er ist der Sohn eines vermögenden Wiener
Kaufmanns. Dieser Kaufmann kann es sich leisten, daß seine Kinder sich eines
Brotberufs nicht erlernen müssen. Aber dafür gibt er den Kindern die Möglichkeit,
sich auf dem Gebiet, das ihnen nah ist, auszubilden. Diese Kinder wurden von einem
Hauslehrer zu Hause unterrichtet und bekommen so eine Grundbildung. Dann hat
Heinrich gemerkt, was ihn am meisten interessiert: die Naturwissenschaft und zwar
Geologie. Er lernt das alles autodidaktisch. Das bedeutet, daß er gute Professoren
und Bücher bekommen hat, ging in die Natur und machte dort Entdeckungen.
Heinrich machte die Endeckungen an österreichischen Alpen. Einmal während seiner
Wanderung sucht Heinrich vor einem herannahenden Gewitter Zuflucht auf dem
Anwesen (posestvo) des Freiherrn von Risach. Da gibt es eine Disputation zwischen
den beiden, ob das Gewitter ein schlimmes sein wird. Sie haben über Gewitter und
Wolken geredet.
Risach war ein Mensch, der sein Leben hinter sich gebracht hat und hat jetzt sein
Anwesen kultiviert. Der Besitz ist ein Kleinkosmos, der nach dem Prinzip der
Rationalität, kunstgerechten (po vseh pravilih umetnosti, strokovno) Wirkung und
Effektivität dargestalltet ist.
Er hat das Land so bebauen, daß es in die Natur passt. Man soll achten, daß alles
harmonisch ist, daß es nicht nervt, daß die Natur und der Mensch im Einklang
miteinander leben.

Risach hat eine Sammlung vom Material gehabt. Das war das Wirklichkeitsmaterial,
das er im Prinzip der Natur geordnet hat. Er hatte eine riesengroße Spezialbibliothek,
wo das ganze Wissen systematisch gesammelt war. Da gibt es viele Studien über die
Kunst. Risach war ein enzyklopedisch gebildeter Mensch. Dank der Schulung an
diesen Hilfsmitteln, dank auch der geduldigen Ratschläge Risachs vermag Heinrich
seine eigene wissenschaftliche Tätigkeit mehr und mehr zu systematisieren.

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Risach hatte eine Nachbarin. Und der Heinrich und die Tochter dieser Nachbarin
verlieben sich. Es stellt sich aber aus, daß Risach und diese Frau Nachbarin Mathilde
Tarona sich in ihrer Jugend auch geliebt haben. Sie durften aber nie heiraten. Jetzt
auf die späten Tage entsagen sie sich dem Glück, weil es Nachsommer ist. Sie leben
als Menschen, die sich zwar lieben, ehren, aber das letzte Glück gönnen sie sich
nicht. Es gibt aber eine Höffnung für die beiden Kinder Heinrich und Natalie.

Das ist eine schöne Ich - Erzählung.


Sonst schreibt Stifter dicke Werke, hat aber keine großartigen Handlunge. Dieses
Buch zeigt die Verfremdung der Menschen und die aktuelle Wirklichkeit. Man sieht
eine weltfremde, aseptische (aseptičen) Idylle, eine Utopie, die schwer zu
verwirklichen ist.
Ein großer Fän dieses Buches ist Peter Handke.
Das Werk ist bald nacherschienen und auch bald in Vergessenheit geraten.
Wiederentdeckt wurde es in den 20er Jahren dieses Jahrhunderts.

WITIKO. (Erzählung heißt der Untertitel)


Das ist ein Roman aus 3 Bänder.
Hier geht es um die Frühzeit der Tschechischen Staatsgründung. Es geht um
juridische, historische Probleme, um die Mischehen, um eine Gesellschaft, um Haß,
Leidenschaft.

Das Vorbild für Stifter war Jean Paul, in Witiko und auch in anderen Büchern. Die
Studien sind aber nicht unter der Vorzeichen Jean Paul entstanden, da hat sich Stifter
an Goethe orientiert.
Stifter war didaktisch und ist in die gleiche Linie zu stellen wie Jremias Gotthelf.
Stifter hat das Schaffen als Lehre und nicht als Kunst verstanden. Er schuf unter der
Maxime (načelo, življenjsko pravilo), daß Schaffen des Menschen über die Erzeugung
(pridobivanje, proizvajanje) hergeht - "Bemühe dich selbst um den Mitmenschen es
besser zu machen.".
Seine Bücher sieht er für eine Lehre, als Vertreter des Idealismus, des Maßes. "Mit
dem Untergehen der Völker verschwindet erst das Maß."

Die stifterschen Lehren bzw. Lehrsätze zeigen von einer 4-fachen Verwurzelung des
Menschen:
1. in der Natur
2. in der Tradition
3. im Besitz
4. in der Gemeinschaft (skupnost, občestvo)
Darin ist das Anliegen (zadeva na duši, prošnja, želja, hotenje, potreba) des Menschen,
damit versuchen fertig zu werden.

Stifters großes Thema ist die Natur und ihre Fremdheit, Erhabenheit (vzvišenost) und
ihr Anheimelndes (domačnost, prijetnost). Die Natur als Landschaft und die Natur im
Menschen. Die Natur wird in allen Schattierungen, Jahreszeiten gezeigt. Stifter hat
sie geliebt, gepflegt, kultiviert und wollte, daß alle Menschen auf der Erde die Natur
pflegen.

149
Der Mensch sei der Verwalter Gottes auf der Erde, er muß im edelsten Sinne die
Natur verwalten. Das ist eine große Lehre, denn ohne Pflege geht es nicht.

Stifter hat die Natur beobachtet und hat sie studiert. Er wollte, daß alle Menschen
das täten und naturgemäß handeln. Der Mensch ist der Träger der Kunst. Auch die
Kunst ist eine Frucht des Schaffens. Das bedeutet, daß ein Künstler Schöpfer ist und
deswegen soll man die Kunst auch pflegen. Für Stifter ist die Kunst auch Religion.
Stifters Literatur ist ein Zweit der Religion, weil sie geschöpft wurde. Alles im Leben
muß man schonen (varovati, čuvati) und pflegen. Das hat Stifter unter Literatur
vertsanden.

30. 3. 1999
GOTTFRIED KELLER (1819 - 1890)

Der eigentliche nationale schweizerische Dichter in Deutschland war Gottfried Keller.


Er war der offizielle Repräsentant schweizerisches Schrifttums.

Keller wurde in der Nähe von Zürich geboren. Er war Sohn eines Drechslermeisters
und hatte drei Jahre jüngere Schwester.
(strugarski mojster)

Keller hatte es schwierig mit der Schule. Vor allem war er Phantasie begnadet
(nadarjen). Er hat als Kind Dinge zusammenformuliert, die nicht unbedingt stimmten.
Schon damals hat er viel gelesen. Als 15-jähriger wurde er aus der Schule
herausgeschmißen, weil er eine Revolution gegen einen Lehrer organisierte. Dem
Lehrer hat Keller in einen seiner Gedichte etwas vorgeworfen, was nicht stimmte.
Dieser Lehrer wurde deswegen aus der Schule entlassen. Die Macht Kellers Worte
war so stark, daß er alle damit überzeugen konnte.

Immer wieder hat er sich die Frage gestellt, was soll er werden. Keller wollte Maler
werden. Er erlernte diese Kunst bei einem Handwerker, der ein kitschiger Maler war.
Bei ihm lernte Keller viele Tricks, aber auch viel mehr Falsches als Richtiges.

Die ganze Zeit lebte er eher verschlossen. Im Jahr 1840 ist er nach München
gegangen, mit der Absicht dort ein großer Maler zu werden. Über dieses Leben hat
Keller viel geschrieben. Weil es ihm in München absolut nicht gut gegangen ist. Er
hat große Not, Hunger gelitten. Endlich ist er zur Überzeugung gekommen, daß er
kein Maler sein kann.

Er ging zurück nach Zürich, wo es damals viele politische Flüchtlinge aus Deutschland
gab. Mit diesen hat Keller Kontakt aufgenommen. Im Jahr 1846 hat er auf Grund
einer politischen Unruhezeit in der Schweiz zu dichten begonnen. In dem selben Jahr
sind seine Gedichte erschienen.

Keller war ein Mann, der besessen war vom Freisinn (liberalizem, svobodoumje). Wegen
der freiheitlichen Gesinnung (osebna miselnost, nazori) bekam er ein Stipendium der
Stadt Zürich zur Ausbildung in Deutschland. Im Jahr 1848 ging er so nach
Heidelberg, wo L. Feuerbach einen Einfluß auf ihn geübt hat. Feuerbach hat vom

150
Keller gesagt, er bestätige sich in seinem Zweifel an Gott und Unsterblichkeit. In
Heidelberg hat sich Keller unsterblich verliebt in eine große, junge, kluge Frau. Er hat
Gedichte an sie geschrieben. Sie ist dann aber verschwunden, weil sie einen anderen
geliebt hat. Daß dieser andere der bereits verheiratete Feuerbach war, hat Keller
nicht gewußt.
Das mit der Liebe war für Keller eine doppelte Schwierigkeit. Keller war nämlich
wenig atraktiv: klein und fast häßlich zu nennen. Er hat immer wieder diese
schmerzliche Erfahrung gemacht, daß er von Frauen nicht geliebt war, obwohl er
selbst sehr liebte. Diese Erfahrung mit Feuerbach bedeutete für ihn fast das Ende.

1850 geht er nach Berlin, wo er 5 Jahre geblieben ist. Hier hat er zum ersten Mal
eine Großstadt erlebt. Da wollte er über Theater schreiben. So hat er Erfahrung des
Theaterlebens gemacht und wollte ein Theaterdichter werden. Aber es ist ihm nicht
gelungen.

In Berlin beginnt er sein genialstes Werk zu schreiben: DER GRÜNE HEINRICH.


Das ist ein Roman.
Da, in Berlin, beginnt er auch den ersten Teil seiner Novellensammlung: LEUTE VON
SELDWYLA zu schreiben.

Diese 5 Jahre in Berlin waren eine fatale Zeit, weil er in diesen Jahren viele Notizen
für seine späteren Werke entworfen hat. Dann ist er nach Zürich zurückgekehrt und
hat den ehrenvollen Titel des Staatsschreibers erhalten. Er mußte die
Sitzungsprotokolle führen. Als Protokollant war er sehr gewissenhaft (vesten) und hat
in dieser Zeit mehr sich dieser Arbeit gewidmet als dem Dichten. Darum hat man ihn
sehr geschätzt. Das war nämlich eine unbezahlte Arbeit.
Später hat sich auch herausgestellt, daß er nie ein großer Liberaler bzw. Pazifist war.

Im Jahr 1872 ist seine Novellensammlung erschienen: SIEBEN LEGENDEN.


Ein Jahr später 1873 noch der zweite Band der LEUTE VON SELDWYLA.
Nach seinem Rücktritt als Protokollant, hat er noch 2 Novellensammlungen
herausgegeben:
- ZÜRICHER NOVELLEN (1876 / 78)
- DAS SINNGEDICHT (1881)

Im Jahr 1880 ist die zweite Fassung (verzija) des GRÜNEN HEINRICHS erschienen und
im Jahr 1883 GESAMMELTE GEDICHTE.
1886 schrieb er den zweiten Roman: MARTIN SALANDER.

Keller zählte zu den bedeutendsten Intellektuellen seiner Zeit. Er hatte viele


berühmte Freunde, wie Professoren, Architekte, Komponiste, Maler, ... T. Vischer, R.
Wagner, Paul Heyse (Nobelpreis 1910), Theodor Storm waren seine Freunde.

In der NEUER ZÜRICHER ZEITUNG (NZZ) wurde über sein Begräbnis geschrieben.
In Deutschland:FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG (FAZ) - Frankfurt
SÜDDEUTSCHE ZEITUNG (SZ) - München
In Österreich: SALZBURGER NACHRICHTEN
STANDARD
DIE PRESSE

151
Die Popularität verdankte Keller der großen Bedeutung einiger Dinge, die in seinem
Werk teilnahmen und zwar schrieb er über das Volk, die Heimat, das Vaterland, über
die politische Wirkung und politische Verantwortung. Er war das Gewissen des
Landes, aber er war sehr maßvoll (zmeren). Er trat in die maßvolle Mitte ein und war
nicht hyperpatriotisch.

Keller war gegen die Nationalliteratur.


Er ist humorvoll, zeitkritisch, thematisiert die Verantwortung der Menschen
gegenüber die Politik und dem eigenen Land. In seinen Züricher Novellen hat er sich
der Vergangenheit und seiner Phantasie zugewidmet.
Überhaupt hat er das Schöne, wo er das Private konzentriert hat, gut geschildert. Er
hat Menschen geschildert, die sich damit auseinandergesetzt haben. Er war
großartig, indem er die Ideen der Menschen in seinen Werken geschildert hat.

In diesem Sinne hat er auch eine Novelle geschrieben: DIE KLEIDER MACHEN
LEUTE.
Hier geht es um den Widerstand zwischen Schein und Sein. Es gibt einen armen
Schneiderlein, der für einen polnischen Grafen gehalten wird, weil er einen so
schönen Mantel trägt. Er sagt allen, daß er nur ein Schneiderlein sei, aber die
Menschen glaubten ihm nicht und halten ihn weiter für einen Grafen. Dann beginnt
der Schneiderlein sich auch so zu benehmen. Er ißt kostenlos in guten Gasthäusern,
usw. Eines Tages erkennt ihn jemand und verrät ihn. Das war eine große Schande
für den Schneiderlein. Wie schon gesagt, hat er als Graf immer alles um sonst
bekommen. Als polnischer Graf hat er sich auch in ein Mädchen verliebt. Nach dieser
Entdeckung hielt dieses Mädchen noch zu ihm und dann erklärt sie, wie es zu allem
gekommen ist.
Als der Schneiderlein entdeckt wurde, ist er in eine andere Stadt umgezogen. Er hat
geheiratet und fing wieder zu arbeiten an. Es ging ihm nicht leicht, aber es gelang
ihm wieder zum Ansehen (ugled, dobro ime) zu kommen.

SCHMIED SEINES GLÜCKS


Dieses Werk ist noch scheinbarer als Kleider machen Leute. Auch hier geht es um
Schein und Sein.
Da gibt es einen Mann, der Handwerker ist und heißt Hans Kabis (Kohl). Er wollte eine
Frau heiraten, die einen wohlklingenden Namen hätte. Dann hat er sich aber
umgetauft und hieß John Kabys.

Keller war besonders großartig in der Schilderung von Frauen- und


Mädchengestalten. Alle diese Figuren sind echt und glaubwürdig. Obwohl er viel
Liebe an Frauen verschenkt hat, blieb ihm die Ehe immer entsagen.

Er hat aber eine sehr schöne Liebsgeschichte geschrieben:


ROMEO UND JULIA AUF DEM DORFE.
Es geht um zwei junge Menschen, harmlose Menschen, die sich lieben und sich auch
erotisch sehr angezogen fühlen. Die beiden können aber nicht zueinander kommen
und sterben.

DER GRÜNE HEINRICH

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Das ist ein dicker Roman in zwei Fassungen erschienen. Er besteht aus 4 Bände.
Er ist sehr autobiographisch. Frauen spielen hier eine große Rolle.

Der erste Teil enthält die Beschreibung seines Lebens als er ein Kind war. Hier hat er
auch den Aufstand gegen die Leherer geschildert. Er schrieb, wie er gelebt hat und
wie es seine Mutter schwer hatte.

Der Titel Der grüne Heinrich bedeutet, daß der Heinrich immer grün angezogen war.
Ab einem Alter trug Heinrich immer grüne umgearbeitete Anzüge von seinem Vater.
Heinrich hat so gelebt wie Gottfried Keller, in der Stadt und ist dann immer auf das
Land zu seiner Kusine, Tante und dem Onkel gegangen. Da hat er allerlei
Erfahrungen gesammelt. So ist es gekommen, daß er sich da verliebt hat und zwar
doppelt, in zwei Frauen: Anna und Judith. Das war keine einfache Liebe.

Im zweiten Teil schildert Keller schon den reiferen Heinrich. Einen Mann, der nach
München geht und kann sich der kitschigen Malerei, die er als Kind gelernt hat, nicht
loswerden. Dann entschließ heinrich zurück nach Hause zu gehen. Er denkt zwar,
daß er ein großer Maler ist, bis er auf dem Weg nach Hause eine Gruppe von
berühmten Maler trifft.

Die Anna ist ein gleichaltriges Wesen, das sehr bescheiden wirkt, unaufdränglich ist,
aber die ganze Zeit kränkelt. Sie ist eine gute Seele, körperlich zart und wird dem
Erdeleben nicht erwachsen, weil sie sehr zerbrechlich und gebrechlich ist.

Judith ist aber eine atraktive junge Dame, die sehr konkret ist. Sie ist lebenstark,
willenstark (odločna, z močno voljo). Alle Männer sind an ihr interessiert, aber sie weiß
genau, was sie will.

In die zwei Extreme verliebt sich Heinrich. Als Anna stirbt, bleibt Heinrich nicht mit
der Judith zusammen. Es gibt in dem Roman eine sehr erotische Stelle in
Zusammenhang mit ihr in einem See, wo sie von Heinrich belauscht wird. Das ist
sehr sinnlich, erotisch geschildert, aber nicht pornographisch.
Heinrich war ein sehr unentschlossener Mensch. Er ging nach München und verließ
Judith, die dann nach Amerika ging.
Als er von München zurück nach Zürich kehrte, ging er zu seiner Mutter, die aber
gerade begrabt wird. Die Mutter von Gottfried Keller hat in dieser Zeit, als Keller von
Heinrich schrieb, noch gelebt.

Keller hat den Schluß des Romans später abgeändert. Der zweite Schluß ist so noch
melancholischer. Er läßt die Mutter aber nicht sterben. Die Judith kehrt von Amerika
zuršck und es ist so wie ein Nachsommer im tieferen Sinne.

THEODOR STORM (1817 - 1888)

Storm kommt aus Norddeutschland, geboren in Husum.


Storm war ein Freund und Rivale Kellers. Er ist ein großer Meister der Novelle.

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Er war Sohn eines Advokates und auch Storm war ein Advokat. Er wurde aber zum
Exil gezwungen, weil er politisch falsch stand. Er war auf der Seite gegen die Dänen.

Storm hatte ein kompliziertes Privatleben.


Er hat als Lyriker begonnen. 1852 hat er einen Band GEDICHTE herausgegeben.
Dieser Band enthält fast alle Gedichte, die seinen Ruhm als großen Lyriker
begründeten. Da zeigte sich das wichtigste Thema seines Schreibens: Natur und
Liebe. Als Dichter war er der Sänger der Nordseelandschaft.

Titel einiger seinen Lieder: MEERESSTRAND, OKTOBERLIED. Es gibt noch


Liebesgedichte, die ab und zu sehr sentimental sind.
Storm war ähnlich begabt wie Eichendorf, nur daß Eichendorf weniger sentimental
war. Storm war weise, er wußte, was er beherrscht (imeti v oblasti).

Als Erzähler hat sich nicht dem Roman hingegeben. Er schrieb einige Märchen, dann
aber Novellen.
1840 hat er eine Novelle geschrieben, die sehr lyrisch und verhüllt autobigraphisch
ist. Je älter er wurde, so voller seine Naturkraft war.
Er hat auch historische Themen behandelt. Sonst ist Storm aber ein großer Meister
der Novelle!!! Die Novelle ist eine sich ereignete und unerhörte Begebenheit. Storm
hat diese Definition von Novelle wirklich verstanden und meinte, daß die Gattung
Novelle eine besondere Wirkung abzugewinnen hat.
Er hat versucht Rahmennovellen zu schreiben. Deccameron z. B. hat einen Rahmen.
Storm hat also seine Novelle mit einem Rahmen versehen (oskrbeti). Innerhalb des
Rahmens, der meist erzählen wird, gibt es eine Binnengeschichte (innere Geschichte).
Es gibt verschiedene Rahmennovellen. Ein Beispiel für einen zyklischen Rahmen ist
die 1001 Nacht, Decameron. Ziele der Rahmennovellen: Unterhaltung, Belehrung, ...
Beim zyklischen Rahmen haben wir einen Rahmen, der mehrere Novellen umschließt.
Dann haben wir noch einen Rahmen, der nur eine Novelle umschließt - gerahmte
Einzelerzählung.

Die Funktionen des Rahmens:


- Erzähler muß nicht unbedigt der Dichter sein. Es wird ein Erzähler eingeführt, so
daß sich der Erzähler und der Dichter unterscheiden.
- Die Binnengeschichte von dem Rahmen zeitlich abzugrenzen. Das bedeutet eine
Distanz zwischen dem Erzähler und der Figur in der Novelle.
- Die Lyrisierung. Dadurch wird eine Geschichte sentimentaler. Man kann z. B. eine
Liebesgeschichte einführen.

Die Geschichte von Storm sind sentimental, aber gut geschrieben, so daß sie nicht zu
sehr der Sentimentalität veranlagt (nagnjene k ...) sind. Man kann seine Geschichte gut
lesen. Das Ende seiner Geschichten ist offen.

Mit dem Rahmen hat er nicht nur die Distanz zum Gefühlen erreicht, aber er hat auch
die Hintergründe für die Flüchtigkeit des Daseins dieser Zeit gezeigt. Diese
Vergänglichkeit, die es schon im Zeitalter des Barocks gab, tritt wieder in Vorschein
und wird thematisiert. Um die Jahrhundertwende wurde wieder Carpe Diem present.

154
Und was ist die unerhörte Begebenheit in seiner Novelle IMMERSEE?
- Deutlich wird es, daß nicht ein Abschnitt aus dem Leben gezeigt wird, sondern das
ganze Leben in Abschnitten.
Die Menschen wurden schon als Kinder gezeigt, dem er alles beibringt. Dann geht
der Junge aber weg und Storm beschreibt, wie er alleine lebt und wie das Mädchen
sich zu Hause hat. Aber jeder trägt die Verantwortung für seine Entscheidung.

Die Novelle ist thematisch sehr gut gebaut. Sie ist stimmungsvoll und war in Storms
Lebzeiten seht berühmt. Sie ist meisterlich geschrieben, leitmotivisch (das Leitmotiv -
vodilni motiv) gegliedert. Die Leitmotive ziehen sich durch die ganze Geschichte. Wenn
Storm ein privates Charakter beschreibt, beschreibt er einen Menschen aus dem
bürgerlichen Leben.
In der Geschichte wurde niemals gesagt, daß die Figuren unglücklich seien. Das kann
man nur in Zeichen lesen. Bald am Anfang erfahren wir auch über den Schluß.

Storm ist auch ein Meister der Darstellung der kleinen Welt. Er wußte, wie man aus
sie das Größte herauszuziehen ist. Er hat den engsten Umkreis seiner Heimat
beschrieben. Thematisiert hat er die Schicksale seiner Landschaft, die vom Meer
bedroht wird. Das hat er als die Natur des Menschen auf den Meer übertragen
verstanden.

Storm hat über Ehe, Jugend, Lebenstüchtigkeit, Standesunterschiede, ...


geschrieben. Er hat auch eine Geschichte geschrieben, wie ein junger Mann ein
Mädchen aus dem Meer gerettet hat und mußte sie deswegen heiraten, weil er sie
mit den eigenen Händen berührt hat. Es wäre unmoralisch gewesen, wenn er sie
nicht heiraten würde. Eine junge Dame durfte sich damals nicht in männlichen
Kreisen bewegen.

Einige Titel seiner berühmtesten Novellen:


- AQUIS SUBMERSUS (Tod durch Ertrunken)
- VIOLA TRIKOLOR
- DER SCHIMMELREITER (über Überflutung, Rettung; eine Naturkatastrophe wird
dargestellt)

31. 3. 1999
THEODOR FONTANE (1819 - 1898)

Fontane war der zweitgrößte norddeutsche Erzähler.


Man behauptete, daß er Storm nicht ganz unverwandt sei, aber Fontane sei
differenzieller und begabter. Er stand aber im Schatten des Storms und seiner
berühmten Kollegen. Erst Thomas Mann hat ihm die Anerkennung gebracht. Zu dem,
daß er der größte Dichter des 20. Jh. war, hat Fontane Thomas Mann geholfen. Er
hat ihn in seiner Zeit sehr bewundert. Er war nämlich derjenige, der für ihn
dichterisch stand.

Fontane wurde in Neuruppin geboren als Sohn eines Apothekers. Seine Familie ist
französischer Herkunft und sind Protestanten gewesen. Die Familie war nicht arm. Im

155
17. Jh. sind sie nach Deutschland gekommen. Trotzdem war Fontane in Französisch
nicht besonders bewandert (podkovan). Er hat über Paris in einem Brief geschrieben.

Auch Fontane war Apotheker, aber er arbeitete schon ziemlich früh als Journalist.

!!! Die Epochen seiner journalistischen Tätigkeit:

1. - Bis 1855 berichtete er zunähmend kritischer, schärfer über die Gesellschaft und
Theater des Vormärz. Bei ihm dauerte der Vormärz bis 1855, weil er nach der
Revolution und bis 1855 Reaktionen und Restavrationsversuche geschrieben hat.
Dieses Schaffen war politisch gefärbt.

2. - Enger gesehen hat er in der Zeit nach 1848 über preußischen Polizeistand und
Tätigkeit der Untertanen berichtet. Er hat die Zustände nach dem Vormärz
beschrieben: Zensur, Spitzeltum, Verfolgunge. Er hat die Menschen, die träge
(lenoben) und dumm sind, dargestellt. Sie glaubten nämlich alles, was man ihnen
gesagt hat.

3. - Vom 1855 war er 4 Jahre lang Berichterstatter (poročevalec, reporter) in London und
hat aus dort berichtet über die Politik, Gesellschaft, Kultur.

4. - In den Jahren 1864, 1866, 1870/71 gab es preußische Kriege. Der letzte Krieg
wurde zwischen Preußen und Französen geführt. Diesen hat Fontane im Feld
durchgemacht als Kriegsberichterstatter. Da erlebt er zum ersten Mal, was Heimat
ist. Die patriotischen Gefühle weckten in ihm auf.
Über Kriege hat Fontane auch Tagebücher geführt, die über 3500 Seiten hatten. Bei
diesem Verfassen war er schon über 50 Jahre alt. Da merkte er, daß er Schriftsteller
ist und daß er das Schreiben mit Kunst betrieb (betreiben - ukvarjati se s konjičkom).

Ihn intressierte die Form, die Gestaltung der Stoffe. Bei den Kriegsberichten hat sich
herausgestellt, daß er von Details besessen sit. Diese Details sind so aneinander
gereiht, daß sie das Interesse verschlafen lassen. Da hat er dann gelernt, wie man
schreiben soll.

Die Kriegsberichten bezeugen, daß Fontane sehr fleißig war und daß sie seine
gesundheitlichen Probleme wegen der Anstrengung einstellten. Diese verfolgten
Fontane bis zu seinem Tode.

5. - Von 1870 bis 1890 war er Theaterkritiker der berühmten Vossischen Zeitung.
Seine Theaterkritiken sind als seine Beitrage zur Ästhetik der Schauspielkunst zu
verstehen. Das war seine eigene Poetik. Hier war er sehr korrekt und nicht bereit
einzulenken (popuščati).
Die Theaterstücke von Karl Gutzkow (und Droste) hat er ziemlich stark kritisiert. Man
hat Fontane bei diesen Kritiken gegenüber Gutzkows Schaffen um Milde gebeten.
Man sagte, wegen seiner Krankheit. Aber Fontane gibt nicht nach. Seine
Theaterkritiken sind erst vor 20 Jahren gesammelt worden und in einem Buch
erschienen: Couserien [koseri] über Theater.

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Fontane hat eine Kunstbewegung ganz abgelehnt Er hat den Naturalismus nämlich
nicht gemocht. Er wurde einmal in die geschlossene Vorstellung von G. Hauptmann
VOR SONNENAUFGANG geschickt. Seitdem hat er das Stück und die Bewegung
Naturalismus abgelehnt. Für ihn ist das, wie sich eine Familie besinnt, keine Kunst.
Deswegen hat er auch an Hand dieses Stücks den Naturalismus abgelehnt. Fontane
hat zwar von dem Dichter Hauptmann gesagt, daß er gut ist, daß er ein Talent hat.
Fontane war fähig das Stück und den Dichter zu unterscheiden.

Fontane hat zuerst Balladen begonnen zu schreiben. So hat er bis zu seinem 60.
Lebensjahr Balladen geschrieben unter dem Vorbild der schottischen Balladen: Natur,
düstere (mračen) Stimmung. Er hat sozialromantische, nordische Sagen bearbeitet und
über die Landschaft geschrieben. Die Themen sind also: Naturgewalten, Tod, soziale
Balladen.

Als 57-jähriger schrieb er eine Bilanz seines Lebens. Er ist ins Brockhaus (Lexikon)
gekommen. Er wollte mal auswanderen.

Mit 60 Jahren hat er gesagt, daß er erst angefangen hat zu dichten. Und hat seinen
ersten Roman geschrieben: VOR DEM STURM.
Das ist ein historischer Roman. Es ist eine epische Darstellung aus der Zeit der
preußischen Erhebung gegen Napoleon. Die Kriege zwischen Deutschland und
Französen hat er beschrieben. Er konzentriert sich hier über die Zeit 1812/13.

Andere Romane und Erzählungen wurden teilweise privat oder im Neudeutschen


Rundschau vom S. Fischer Verlag herausgegeben. Das war damals die berühmteste
Zeitschrift in Deutschland. Die Dichter, die jenerzeit veröffentlicht haben: Kafka,
Zweig, Werfel, .....
Es wurden immer mehr Literaturtheorien, d. b. Sekundärliteratur über Primärliteratur,
geschrieben.

Weiter hat Fontane schöne Geschichten, Romane geschrieben, in denen er die


Berliner, brandenbürgische Gesellschaft geschildert hat. Sowohl den Adel, als auch
das Kleinbürgertum.
Seine Werke sind zeitgenössisch. In ihnen behandelt er die Themen aus jener Zeit,
über die man sich auseinandergesetzt hat. Sie sind ein Spiegelbild der Zeit und vor
allem historische Fakten. Sie helfen einem Historiker die Zeiten besser zu verstehen.
Ein englischer Historiker hat gesagt, daß er mehr über die Historie in Fontanes
Werken gefunden hat, als in einem historischen Werk.

In dem Werk L`ADULTERE aus dem Jahr 1878 hat Fontane ein heikles Thema
behandelt. Auf Deutsch heißt der Titel DIE EHEBRECHERIN.
Den Titel hat Fontane dem Roman nach einem italiänischen Bild gegeben. Dieses Bild
hat der Ehemann seiner Gattin auf der Hochzeitsreise gekauft. Der Ehemann war ein
Visionär. Die Frau war geistreich (duhovita), humorvoll, hatte einen festen Charakter
und war viel jünger als der Mann. Der Mann war aber ein Bankeir, also er war reich,
auch witzig, humorvoll, aber hat die Mitmenschen nicht gewähren lassen (priznavati??).
Er war ein Pfau (pav). In der Gesellschaft hat er ununterbrochen geredet. Die zwei
haben zwei Töchter gehabt. Das Ehepaar verstand sich gut, bis ein junger Mann,

157
Sohn des Geschäftsfreundes von ihrem Mann, zu ihnen kam. Er sollte die Praxis bei
dem Gatte machen. Die Ehefrau und dieser junge Mann verlieben sich. Die Frau
betrügte also ihren Mann und sagte ihm das auch. Heimlich wollte sie den Koffer
packen, aber ihr Mann ertappt sie dabei und appelliert an sie. Sie soll sich daran
erinnern, daß sie zwei Kinder hat. Sie antwortet aber, daß sie eben darum, um all das
den Kindern zu ersparen, weggeht.

Bei der Scheidung gibt es die Schuldfrage. Das gibt es heute nicht mehr, aber damals
gab es nicht so viele Scheidungen. Der, an dem die Schuld war, sollte zahlen. Die
Frauen waren am häufigsten schuld. Sie haben aber meistens auch kein Geld. Über
das einzige Geld, das sie in die Ehe brachten, durften sie nicht verfügen. Das
bedeutete, daß die Frauen von ihren Männern ekonomisch unterstützt waren. Es war
noch so, daß wenn die Frau die Schuld tragen mußte, wurden die Kinder dem Mann
zugeordnet. Die Frau durfte sie nie wieder sehen.

Wie war es in dieser Geschichte mit dieser Sache?


Erstens ....
Zweitens, dieser Geliebte war ein junger Mann. Nach dem, was passierte, wurde er
gekündigt. Seine Familie wollte sich in diese Sache nicht einmischen. Also, er hat
keine Ünterstützung von der Familie bekommen.
Die gesamte Gesellschaft hat sie ignoriert. Sie wurden von niemandem mehr
eingeladen. Konnten keine Arbeit mehr bekommen. Eine Frau hat damals nicht
gearbeitet. Dazu kommt sie noch aus einer vermögenden Familie und war nicht
ausgebildet. Die Dienerschaft hat alles gemacht: gewascht, gebügelt, ... Eine
Hausfrau war kein Begriff für eine vermögende Familie.

Die Ehefrau wurde als eine Ehebrecherin gesehen. Sie übte ein schlechtes Einfluß auf
die Kinder. Diese zwei junge Menschen haben aber nicht noch einmal geheiratet, so
daß ihre Ehe bzw. Verbindung außer Gefahr blieb.
Die ganze Sache hat sich dann gewendet. Die Affäre hat so lange gedauert, bis man
die Menschen wieder für gut bezeichnen konnte. Sie haben sich sehr bemüht, der
Mann konnte wieder verdienen und der Frau hat man die Möglichkeit gegeben die
Kinder wieder zu erziehen. Es gab also einen optimistischen Schluß.

6. 4. 1999
SCHACH VON WUTHENOW
Erschienen 1883, 5 Jahre nach L`Adultere.
Das ist eine Geschichte über die Ehre. Der Schach von Wuthenow war ein Offizier im
Garderegiment des Königs. Er hat gut ausgeschaut.
Es geht auch um eine Liebesbeziehung. Der Schach ist noch unverheiratet und
schön. Er ist Freund einer Familie, wo die Dame verwitwet ist. Diese Dame hat eine
Tochter. In diese Dame (die Mutter von der Tochter) war Schach verliebt. Eines
Abends war er mit ihr verabredet. Er kommt zu ihr, um sie abzuholen, aber sie war
nicht zu Hause. Nur ihre Tochter war da, die eine Menschin ist mit allen besten
Attributen. Sie ist klug, ihr Körper sieht gut aus, sie kam aus gutem Hause, man kann
mit ihr über alles reden, sie war gebildet. Von den Pocken hat sie eine Narbe
bekommen und konnte deswegen niemanden finden, um sie zu heiraten.

158
Schach bleibt eine Weile bei ihr, dann ist er aber allein ins Konzert gegangen. Danach
bestand die Frau Mama, daß er ihre Tochter heiratet. Aber er will sie nicht heiraten.
Und die Mama sagt wieder, er solle sie heiraten, und er will sie nicht. Das geht so
weiter bis die Frau Mama nicht zum König geht und zwingt Schach damit die Heirat
der Tochter. Jetzt muß Schach einwilligen und sie heiraten. Der Armee dient er aber
nicht mehr. Er zieht mit der Tochter aus der Stadt aufs Land. Da kursieren in Berlin
kleine Flugschrifte, wo er mit dieser nicht schöne Frau gezeigt wird. Man macht sich
lustig über ihn, weil er ein schöner Mann ist und mußte eine narbenreiche Frau
heiraten. Nach der Hochzeit machen sie eine Hochzeitsreise nach Italien. Als sie
zurück waren, erschießt sich Schach lieber als mit ihr sein Leben zu verbringen.

Das Problem der Geschichte: Als Schach gekommen ist, um die Mama zu holen, hat
er mit ihrer Tochter geschlafen. Dann wollte er sie aber nicht heiraten. Schach war
ein Mensch von Ehre, aber nur von seiner Ehre. Als Offizier bei der Garde von dem
König konnte er nicht so handeln, wie er es wollte, nämlich die Tochter jetzt nicht zu
heiraten. Weil die Mutter den Zugang zum König hatte, konnte sie wenigstens die
Ehre der Tochter retten. Für Schach war die Ehre nur das, was sichtbar war. Als sie
heiraten, wollte er nicht mit dieser Frau leben. Das Kind wurde legitim geboren, so
war die Ehre der Tochter nicht befleckt.

IRRUNGEN WIRRUNGEN (1888)


Fontane hat wegen seiner Themen, die er behandelt hat, oft Probleme mit dem
Gericht gehabt. Es gab Prozesse gegen ihm. Er wurde in Zeitschriften angegriffen
und es wurde ihm Unmoral zugeworfen. Auch wegen dieses Werks hatte er Probleme
gehabt.

Es geht hier um eine Liebesgeschichte, die im Vorort von Berlin geschah.


Verschiedene Menschen treten in der Geschichte auf. Es gibt eine Gartnerei, wo das
Ehepaar Dörr lebte. Sie waren kinderlos. Sie führen eine durchschnittliche Ehe.
Dann gibt es noch Lene und ihre Adoptivmutter. Sie war eine Waschefrau. Sie ging
von Familie zu Familie und hat gewäscht und gebügelt. Lena ist eine Proletarin und
ein uneheliches Kind.
Sie waren mit dem Ehepaar Dörr freundschaftlich verbunden. Sie haben schön
gelebt, haben einander erzogen, geschätzt und sich geholfen.
Lena ist ein junges Mädchen, das sich in den jungen Baron Botho von Rienäcker
verliebt. Er ist schön, der klugste, der beste und noch adlig dazu. Sie ist aber eine
Proletarin. Das war für die beiden kein Problem. Trotzdem, daß beide wissen, daß
ihre Verbindung nicht von Dauer sein kann, daß die Gesellschaft und ihre Ordnung
stärker sein werden. Mit diesem Wissen leben sie ganz ihrem gegenwärtigen Glück.
Sie lieben sich, haben aber keine Zukunft, weil es mehr als Liebe zwischen zwei
ungleichständigen Menschen nicht geben kann. Von der Realisierung dieser Liebe
spricht man in der Gesellschaft nicht.
Die Familie wollte Lena beibringen, sie soll diese Liebe nicht so ernst nehmen. Die
Liebe zwischen den beiden ist zart, unaufdränglich dargestellt.

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Einmal fahren sie aufs Land und verbringen dort einen Tag und eine Nacht. Noch ein
Paar kommt mit, das im Vergleich mit Lena und Botho nur eine Liebelei haben. Bei
Botho und Lena ist es anders, sie versuchen auch von der Zukunft zu reden. Am
nächsten Tag bekommt Botho einen Brief von seinen Eltern. Sie wollten, daß er seine
Kusine heiratet. Das war damals in Ordnung. Die Eltern wollen das, weil die Kusine
reich war. Bothos Familie war nämlich pleite. O. K., er tut das. Eher Botho die Ehe
mit seiner Kusine schließt, versucht er alles Lena zu erklären. Das war aber damals
absolut unüblich, daß ein Mann vom Adel einem Mädchen erklärt, was er tun wird.
Diese gesellschaftliche Konvention konnte man damals nicht für schuldig nehemen.
Lena und Botho verabschieden sich sehr niveauvoll. Botho versucht die Schuld auf
sich zu nehmen, aber Lena sagte, daß sie doch gewußt haben, daß das passieren
wird. Es wurden keine Szenen gemacht, weder von ihm noch von ihr.

Botho heiratet die Kusine und ist weiter unglücklich. Lena bleibt erkrankt zurück. Sie
wird aber gesund und lebte so Jahre lang vor sich hin, bis sie einen Mann findet ihres
Standes. Er verzieht ihr, daß sie vor ihm schon einen anderen Mann gehabt hat.
Nach Jahren treffen sich die zwei Paare zufällig auf der Straße. Da merken Lena und
Botho, daß keiner von ihnen glücklich ist. Sie führen beide eine durchschnittliche
Ehe, aber keiner glücklich.

Skandalös in der Geschichte ist, daß hier ein Leben eines einfachen Mädchens so
geschildert wird, als wäre das ein Leben einer Adligen oder einer verheirateten Frau.
Diese Geschichte wurde in einer Zeitung vorabgedruckt und die verheirateten Damen
haben das alles dem Fontane sehr übel genommen. Die Zeitung sagten sie sogar ab,
so schlimm war das.
Fontane versucht sich darüber zu empören und hat gesagt, daß es auch unverschämt
wurde, wenn die Gesellschaft diese Situation dulden würde. Das war also ein
absoluter Skandal.

Die Geschichte ist sehr schön, mild geschildert, nicht versüßlicht, sentimental oder
kitschig.
FRAU JENNY TREIBEL oder "Wo sich Herz zum Herzen findet"
Roman aus der Berliner Gesellschaft.
Erschien ist er im 1893.

Es geht wieder um eine Liebesgeschichte. Und zwar geht es um eine unglückliche


Liebe eines einfachen Mädchens aus dem Volke. Sie liebt Professor Schmidt. Dieser
Schmidt hat dem Mädchen Gedichte gewidmet und hat es auch geliebt. Die Jenny
war Tochter eines Kolonialwarenhändlers und er möchte, daß sie einen älteren Mann
Treibel heiratet, der mehr Geld hat. Jahre später lädt Jenny die Tochter des
Professors Schmidt zum Diner ein. Dort entfaltet die intelligente und geistreiche
Corinna ihren ganzen Charme und Witz zum Mr. Nelson, der Ehrengast des Abends
ist. Tatsächlich macht Corinna aber das nur, um den Sohn der Jenny Leopold Treibel
einzunehmen. Da gibt es noch einen Mann, der in die Corinna verliebt ist. Das ist ihr
Vetter Marcell Wedderkopp, der alles mit schmerzlicher Eifersucht beobachtet. Auf
dem Heimweg gibt Corinna Marcell zu verstehen, daß sie geschlossen ist Leopold zu
heiraten, um sich damit eine bessere gesellschaftliche Position zu erobern.

160
Die ganze Geschichte mit Jenny und dem Professor hat sich also in der zweiten
Generation wiederholt.

Hier wird schon wieder die Berliner Gesellschaft geschildert. Diese macht große
Standesunterschiede, hat einen großen Hang zum Großbürgertum, ist zwar nicht
gebildet, aber umgibt sich gern mit den gebildeten Leuten.

Fontane hat einen ganz großen Roman geschrieben: EFFI BRIEST , erschienen 1895.
Effi Briest ist, milde gesagt, ein gesellschaftlicher Roman. Er ist einer der größten
Eheromane der Weltliteratur. In einer gleichen Art wurde auch Ana Karenina von
Tolstoj (1828 - 1910) und Madame Bovary von Flaubert (1821 - 1880) gemacht.
Bei Flaubert und Fontane geht es um Libeleien, wobei es bei Ana Karenina um große
Liebe und Leidenschaft geht. Ana Karenina ist verheiratet und läßt sich scheiden, weil
sie nicht vertragen kann, daß ihr Mann noch andere im Leben hat neben sie. Er ist
aber Offizier. Es gibt eine ganze Reihe von Mißverständnissen und die Frau begeht
Selbstmord. Sie wirft sich unter den Zug.

Sowohl Ana Karenina als auch Effi Briest sind wahre Geschichten. Bei Ana Karenina
geht es wenigstens um eine große Liebe. Bei Effi Briest ist es etwas anders.

Die wahre Geschichte Effi Briests: Es gab eine junge Frau halbfranzösischer
Herkunft, die einen Vereherer hatte, der sie schon oftmals gefragt hat, ob sie ihn
heiraten möchte. Beide waren reich. Sie heiraten dann. Er war Offizier, der in Berlin
wohnt und machte dort eine Karriere. So verliebt sich die Frau in einen anderen. Als
das Verhältnis rausgekommen ist, hat sie sich scheiden lassen. Sie haben
wahrscheinlich vor der Ehe einen Ehekontrakt geschließen wegen des Vermögens.
Deswegen hat die Frau nach der Scheidung keine finanziellen Schwierigkeiten
gehabt. Der Mann hat sich aber mit dem Verliebten von seiner Ex-Frau duelliert und
mußte wegen dieses ins Gefängnis.
Die Effi Briest ist 1957 in Ems gestorben.

Daraus hat Fontane dann etwas anderes gemacht. Effi Briest ist nach dem alten
Schema ein schönes, freies, scharfzüngiges, aber nicht böses 16-jähriges Mädchen.
Sie lebt zu Hause, hat Freundinen (Zwilinge), mit deren sie spielt und redet. Sie
sprechen auch über Ehemänner. Sie behaupten, daß man von einer Frau nicht nur
erwartet, daß sie Kinder erzieht, sondern noch viel anderes. Die Effi meint, daß es
mit der großen Liebe schon was geben wird.
Als sie so eines Tages schaukelt, kommt "der Mann" aber vorbei. Er ist ein Adliger,
Baron von Innstetten, der zum Besuch zu ihrer Mama gekommen ist. Man erfährt,
daß er früher die Mama heiraten wollte, wobei sie nicht dafür war. Sie hat lieber den
Briest geheiratet, der schon mehr Geld hatte und schon eine Karriere. Bei den Mann,
den sie zwar liebte, würde sie in einer Unsicherheit leben. Mit dem Briest führte sie
eine durchschnittliche Ehe.
Effi wurde dem Innstetten vorgestelt und bald später kommt er ihre Eltern fragen, ob
er die Tochter heiraten darf. Effi war wegen aller Vorbereitungen für die Hochzeit
ganz außer sich. Und die Liebe? - Sie wird schon kommen. Bei den Vorbereitungen
für die Hochzeit war Effi auch ihr Cousin behilflich. Nach der Hochzeit fahren sie auf

161
die Hochzeitsreise nach Italien. Aber Effi mag Italien nicht und Innstetten ist so
gebildet und weiß über viele Dinge Bescheid. Sonst hat Innstetten ein großeres Haus
im Norden am Meer. Die Menschen waren dort so, wie bei Effi zu Hause. Und
Innstetten kennt so viele Leute, aber alle sind schon so alt wie Innstetten und er ist
27 Jahre älter als Effi.
Die Effi hat dort einen ganzen Menschen akzeptiert, das war ein Apotheker, der
humorvoll war und versucht ihr das Leben zu erklären.
Effi gebirt eine Tochter. Dann bekommt sie noch einen Mensch zu sich und das war
die Kinderfrau. Diese war eine alte Frau, Katholikin (Effi war Evangelisch) und wurde
von Effi angestellt. Effi brauchte die Kinderfrau zwar nicht, sie hat sie angestellt, weil
sie Mitleid mit der alten Frau hatte. Sie war eine alte Frau, ohne Geld, ohne Zuhause
und allein.
Dann kommt es zu der Geschichte mit dem Major Crampas. Crampas war verheiratet
und hat viele Kinder und auch viele Frauengeschichten hinter sich. Was genau
zwischen ihm und Effi läuft, weiß man nicht. Sie reiten miteinander und Crampas
fuhr sie einmal von einer Gesellschaft nach Hause.
Innstetten wurde nach Berlin versetzt. Die Effi sagt ihm, sie will früher nach Berlin
gehen, um eine Wohnung für sie zu suchen. Sie geht also mit dem Kind und mit der
Gewißheit (gotovost), niemals zurück zu kehren. Sie belügt dann ihren Mann. Sie geht
nämlich zu einem Frauenarzt, der dem Innstetten schrieb, daß es besser wäre, wenn
Effi in Berlin auf ihn warten würde. So lebten Instetten und Effi in Berlin. Hier wurde
Effi eher akzeptiert, ging in die Gesellschaft, wurde aber krank. Deswegen wurde sie
in ein Bad geschickt nach Ems. Inzwischen findet ihr Mann 7 Jahre später die Briefe
von Major Crampas an Effi geschrieben. Er fand heraus, daß seine Frau ein Verhältnis
mit dem Major Crampas hatte. Genau in dieser Zeit kommt ein Dienstmädchen, das
in Instetten verliebt war, vorbei und erfährt alles und sie wollte, daß Instetten seine
Frau wegschickt. Innstetten liebt aber seine Frau. Sie lebten gut zusammen. Er wäre
bereit ihr verziehen, aber er war ein Mensch von Prinzipien.
So erzählt Innstetten diese Geschichte einem Menschen, der sein Freund sein sollte.
Aber er wirkt in seinem Verhalten (vedenje, obnašanje) etwas unmenschlich, weil er
keine Frau hat. Er rät dem Innstetten, die ganze Geschichte zu vergessen. Innstetten
erzählt diese Geschichte von seiner Frau deswegen, daß es noch jemand weiß.
Jetzt erzählt Innstetten seiner Frau zurückzukommen und will von ihr sich scheiden
lassen. Innstetten erschießt im Duell den Major Crampas und er stirbt. Zurückbleibt
eine Witwe, die wußte, was zwischen Effi und ihrem Mann passiert ist. Er ist aber
wegen einer anderen gestorben. Für sie blieb nur der Tod übrig, kein Trost, nur der
wirtschaftliche Ruin und der Ruin der ganzen Familie.
Innstetten läßt sich also von Effi scheiden. Sie leidet sehr darunter. Sie muß die
Kinderfrau entlassen, sie will aber nicht weggehen. Jetzt hält sie zu Effi. Effi wurde
für eine unmoralische Frau gehalten. Endlich kann sie einmal wieder ihre Tochter
sehen. Aber die Anni wurde im Haß gegen ihre Mutter erzogen. Das war ein derart so
(tako zelo) entsetzliches Treffen und eine so gruselige Geschichte für Effi, daß sie zu
sterben begann. Sie war schon die ganze Zeit kränklich. Der alte Arzt von Effi hat an
ihren Eltern geschrieben, die sich aber auch von Effi gewendet haben. Die Mutter
war so, weil sie ein ähnliches Los (usoda) selbst gehabt hat. Sie hat zwar mit Briest
geheiratet, aber hat auch so gehandelt, wie der Vertrag lautete und erwartet, daß
auch ihre Tochter so handeln wurde.

162
Später schrieb der Arzt noch einen Brief an die Eltern, wo er ihnen erklärte, daß sie
nicht an der Sache beharren (vztrajati) sollen, weil die Tochter vor dem Tod steht. Sie
darf dann nach hause kommen und hat sich mit der Mama versöhnt. Innstetten hat
ihr den alten Hund, den sie sehr liebte, verlassen.
Sie hat mit der Mutter, dem Vater und mit Innstetten über die Ehe gesprochen und
ist selbst zur Einsicht gekommen, daß sie falsch gehandelt hat. Innstetten hat auch
so gehandlet, wie jemand, der nie eine große Liebe gekannt hat. Er hat so gut, so
korrekt, aber genau so schlecht gehandelt, wie er fähig war. Innstetten hat ihr alles
verziehen. Sie haben sich versöhnt und Effi hat ihm freiwillig zugegeben, daß er
richtig gehandelt hat. Dann ist Effi eines Tages gestorben.
Das Ende: Im Garten bei den Eltern gibt es einen Stein, wo geschrieben steht: "Effi
Briest". Sie wollte selber nicht, daß der Name Innstetten auf dem Stein steht, weil sie
ihm keine Ehre gemacht hat.
Die Eltern sitzen zu Hause, schauen auf den Garten und die Frau Briest sagt: "Haben
wir an allem recht gehandelt?" Der Mann antwortet: "Ach, laß das Luise, das ist ein
weites Feld."
Dieser Satz wurde danach vielmals zitiert. Zuletzt vor 2 bis 3 Jahren von Günther
Grass.

Effi Briest war ziemlich krank, zerrüttet (spodkopan, razrvan). Man ließ sie auch
psychisch behandeln. Sie litt an Blutarmut (slabokrvnost). Das war auch die Krankheit
von der historischen Effi Briest.
Der Innstetten trägt die Züge von einem Dichterkollegen von Fontane. Fontane hat
Theodor Storm nicht gemocht. Storm war verwitwet. In seiner ersten Ehe verliebt er
sich in eine Frau.

Fontane hat noch einen Roman geschrieben: DER STECHLIN.


Das ist ein dicker Roman, eingeteilt in 9 Abschnitten und 96 Kapitel.
Der Stechlin ist ein Name eines Sees in der Nähe von Berlin. Der Stoff ist eine Idee,
die sich einkleidet.
Das ist ein großes Meisterwerk an Formuliereung und Darstellung. Hier berührt
Fontane diese szenische Darstellung von Büchner.
Es geht um Herzenkonflikte, Spannung, Überraschung und Plauderei. Es geht also
um Gespräche, so wie überall bei Fontane. Es geht um die Not der Sprache,
sprachlicher Irronie, historischen Angelegenheiten und Klassengegensätze.

Dann hat Fontane noch etwas geschrieben, was wichtig ist. Das sind
Reisebeschreibungen unter dem Titel: WANDERUNGEN DURCH DIE MARK
BRANDENBURG.
Das ist ein Reisebericht, eine Reiseschilderung.
Ein Mensch reist und beschreibt, was er sieht. Er macht sich Gedanken über das, was
er sieht und denkt. Diese Recherchierungen (raziskovanja) werden durch historische
Aufsätze über die Mark Brandenburg unterbrochen. Sie werden auch durch
Biographien von verschiedenen Kaisern, die dort gelebt haben und die Gegend
beherrscht haben, unterbrochen.
Vor allem gibt es hier viele Äußerungen zum Besitzverhältnisse, zum Proletariat,
Kapitulierung.

163
Dazu hat Fonatane verschiedene Quellen studiert: Memoiren, Briefe, Chroniken. Das
alles hat er in das Werk eingebaut - Montagetechnik, wie Büchner sie praktiziert hat.

Fontane war ein großer Stilist. Er hat im phantastischem Stil geschrieben, sehr
lesbar, spannend, aber einfach. Es gibt keine komplizierte Sätze und Wörter. Alles
wird im berühmten, phantastischen Plauderton geschrieben. Die Dialoge haben oft
mehr enthült als verhült. Obwohl die Menschen nicht direkt sagen, was sie denken.
Es gibt eine ziemlich große Kunst des Dialogs bzw. des Gesprächs. Man muß selbst
beim Lesen sehr aufpassen, was passiert, daß man nicht was überliest.

Bei Fontane wird alles sehr mild, dezent (nevsiljivo) gezeigt. Fontane hat Geschichten
über die adligen Kreisen, die mit einfachen Menschen verbunden sind, geschrieben.
Er zeigt sich als ein großer Humanist mit ausgepregten sozialen Adern.
Die einfachen Menschen hat er gleichberechtigt mit den Reichen behandelt.
Deswegen hat Fontane große Probleme gehabt, obwohl in dieser Zeit schon
Naturalisten geschrieben haben. Sie haben grob geschrieben.

Fontane benutzt eine Sprache, die Schriftsprache ist, kaum gefärbt mit Dialektarten.
Für ihn ist es wichtig, daß er viele Dialoge gibt, daß er szenisch darstellt und die
Figuren charakterisiert. Er charakterisiert sie dadurch, wie sie etwas sagen. In den
Gesprächen sieht man, wie die Menschen sind.

Fontane hat selbst ein kompliziertes Leben geführt. Er hatte eine Ehefrau, nicht
wenige Kinder und war auch in andere Frauen verliebt. Er wollte eine neue Existenz
ergründen, er fing nämlich mit 60 Jahren an zu schreiben.

Einen wichtigen Teil seines Schaffens haben Briefe ausgemacht.


Es ist auch merkwürdig, daß gerade ihm es nie gelungen ist als Dramatiker
hervorzutreten, weil er so ein guter Dialogmeister war.

Ein großer Verehrer von Fontane war Thomas Mann. Fontane hat so romantisch
geschrieben, daß es Leute gab, die nach ihm weitergeschrieben haben.

WILHELM RAABE (1831 - 1910)

Raabe ist einer von den größten Erzählern des deutschen Poetischen Realismus.
Er kommt auch aus der Norddeutschland, aber hat bei der Nahwelt am wenigsten die
Anerkennung gefunden.
Er hat sehr viel geschrieben. Sein Werk ist außerordentlich umfangreich.

Es gibt 2 Gründe, warum er nicht berühmt ist:


1. - Seine Romane und Novellen sind dem Kunstwerk ungleich. Es gibt ........ (Daniel
Steel).
2. - Er wurde als absolut weltfremder Mensch gehalten und als solcher wurde er
nicht gut verkauft. Raabe wandte sich gegen die Entwicklung der Industrie, Technik,
gegen die Vermassung der Städte, gegen das Profitdenken. Er war absolut gegen
jene Zeit gerichtet und alles das macht ihn unbeliebt.

164
Raabe ist also gekennzeichnet durch die Distanz seiner eigenen Zeit.
Er hat in Berlin studiert. Da lebte er als freischaffender Schriftsteller. Er lebte in
Braunschweig von 1870 bis zu seinem Tod. Er hat mit niemand Kontakt gehabt.

In seinen Werken behandelt er:


1.- Die Vergangenheit
2.- Schildert das Leben von Menschen, die sich von ihrer Zeit abgekapselt (izolirati)
haben. Er schildert die Menschen, die wegen des Schicksals so wenig wie möglich mit
der Welt zu tun haben.

In seiner Zeit wurde Raabe berühmt durch eine Chronik:


CHRONIK AUS DER SPERLINGSGASSE: (1857)
Sie ist sehr sentimental. Hier hat er das Leben in Berlin neben der Sperlingsgasse
geschildert. Er schreibt, was für Häuser, welche Menschen, Schicksale da passieren.
Er behandelt das Leben von Kleinen und Großen, von Reichen und Armen. Einen
König behandelt er in dem Werk und die Problematik der Auswanderung (nach
Amerika). Er beschreibt eine Baletttänzerin mit einem Kind, die vor dem König tanzen
muß. Ihr Kind ist unehelich und man behandelt sie und das Kind dem entsprechend.

Bei Raabe gibt es schon Ansätze für die soziale Kritik.

7. 4. 1999
Raabe hat viel geschrieben. Den größten Hochepunkt hat er mit 3 Romanen
erschafft:
- DER HUNGERPASTOR (1864)
- ABU TELFAN (1868)
- DER SCHÜDDERUMP (1869/70)

DER HUNGERPASTOR ist ein Entwicklungs-, Erziehungs-, Bildungsroman.


Die Hauptfigur ist Sohn eines Schusters, der sich entschließt Pfarrer zu werden. Er
hat mystische Erlebnisse und ist verträumt. Er wurde dann Pfarrer in einer
Hungerpfarre. Da lebten Menschen, die arm waren und hungerten.

ABU TELFAN ist ein Roman voller Innerlichkeit. Es geht um die Geschichte der
Pestkranken.
Es gibt einen düsteren Hintergrund, lebensfreudige Charaktere, goldiger Humor.
Sonderlinge spielen eine große Rolle, Individualisten, die er karikiert in allen seinen
Werken. Weil er solche Figuren schildert, die verinnerlicht sind, liegt es auf der Hand,
daß er seine Geschichte nie in "medias res" beginnt. Sie führen langsam zum
eigentlichen Thema.

Raabe hat Erzählungen und Fragmente geschrieben. Sein Meisterwerk ist eine
wunderbare Geschichte: STOPFKUCHEN. Eine See- und Mondgeschichte. (Untertitel),
1891.
Dieses Werk ist geradezu (naravnost) artistisch geschrieben. Es zeichnet (auszeichnen -
zaznamovati) eine raffinierte Erzähltechnik aus, die man dann erst im 20. Jh.
angetroffen (naleteti na) hat.

165
Die Geschichte ist in verschiedenen Zeitebenen, in der Gegenwart und Paleolitikum,
geschrieben. Es geht um eine See- und Mordgeschichte. "Der Stopfkuchen" ist ein
Junge Heinrich Schaumann. "Stopfkuchen" wird er von seinen Mitschülern genennt,
weil er sehr dick ist. Stopfkuchen ist sonst ein Wort für die Reste von einem Essen.
"Stopfkuchen" ging noch zur Schule und wurde wegen seiner aufpumpenden
körperlichen Masse von den Mitschülern geneckt (dražiti). Er befand sich ständig am
Rand. Sonst war er sehr klug, wollte aber Bauer auf der Roten Schanze werden. Die
Rote Schanze ist ein Bauerngut von einem reichen Bauermann. "Stopfkuchen" hat
leider keine Voraussetzungen dazu. Dann hat ihm aber das Schicksal geholfen. Der
Bauer von der Roten Schanze war eines Mordes an einem Mann beschuldigt. Seitdem
wurde er von den Mitmenschen nicht mehr akzeptiert und niemand glaubte ihn. Aber
daß er an dem Mord schuldig war, konnte man ihm auch nicht beweisen. Auch seine
Tochter war aus der Gemeinschaft ausgestoßen (izobčiti). So heiratete "Stopfkuchen"
mit Tinchen. Inzwischen hat sich Stopfkuchen viel mit Archeologie beschäftigt. Weil
er aber immer dicker wurde, konnte er sich schwer bewegen. So beschäftigt er sich
mit dem Mord, der passiert ist, und fand heraus, wer der Mörder war. Den Täter
verrät er nicht.

Die ganze Geschichte wird von einem Arzt Eduard erzählt. Er war ein Mitschüler von
"Stopfkuchen". Dieser Arzt hatte eine Sensucht, Leidenschaft nach dem Reisen. Bei
dem hat ihn ein Erwachsene, der viel umgereist ist, unterstützt, dadurch daß er
Briefträger war. Eduard hat damals noch Medizin studiert. Aber hat sich mit einem
Schiff nach Afrika auf eine Reise begeben. Dort war er als Arzt tätig. Nach vielen
Jahren kehrt er wieder nach Hause und traf den "Stopfkuchen". Diesen Eduard, der
die halbe Welt umsegelt hat und mit verschiedenen Menschen gelebt hat, bestimmt
"Stopfkuchen" seine Geschichte zu erzählen. "Stopfkuchen" zeigt sich als
ausgezeichneter Erzähler, ein guter Beobachter von Menschen, der aber nie mit
Menschen gesprochen hat. Als Eduard hörte, wer der Täter sein soll, verschwand er.
Auf dem Schiff zurück nach Afrika schreibt Eduard Stopfkuchens Geschichte nieder.

Die Menschen in dem Werk sind voller Abgründe und es ist schwer mit den
Kategorien auszukommen. Es ist ein spannendes Buch, ein Meisterwerk. Da sieht
man, was für Triebe (nagon) regieren einem Menschen, um das zu erreichen, was sie
haben wollen. Das Werk wurde geschrieben in der Zeit, wo man es auch schon mit
dem Natuaralismus zu tun hat. Aber das Werk hat nichts mit dem Naturalismus zu
tun.

MARIE VON EBNER - ESCHENBACH (1830 - 1916)

Sie war eine Gräfin geboren in Mähren (Moravsko). Sie war eine dichtende Gräfin.
Sie schrieb Dramen. Kurz bevor sie 60 wurde, entschloß sie sich zu einem
Lebenswandel und wechselt vom Drama zur Erzählung.
Sie wurde Uhrmacherin. Sie hatte nämlich eine große Uhrsammlung und wollte die
Uhren auch reparieren können.
Sie hat viel geschrieben und war sehr belesen. Das schönste, was sie geschrieben
hat, waren Novellen. Die beiden Gattungen, so das Drama wie auch die Novelle, sind
dramatisch.

166
Am stärksten haben Jorgenijev?, Saint John Perse? und P. Merimee (Meisternovellen
geschrieben, Französe, 1803 - 1870) an sie gewirkt.

Die Geschichten, die sie geschrieben hat, sind sehr dramatisch, teilweise komisch.
Sie erzählen in einem dramatischen Höhepunkt, auch tragisch.
Obwohl sie eine Gräfin war, hat sie in ihren Werken nicht nur einfache Menschen
beschrieben, aber auch soziale Ungerechtigkeiten. Sie hat viel mehr als die anderen
Dichter im sozial ausgeprägten Sinn geschrieben.

DAS GEMEINDEKIND ist ein berühmtes Werk von ihr, wo sie die soziale Zustände
schilderte. Der Stoff ist aber zu naturalistisch.
Es gibt ein Geschwisterpaar, eine Schwester und einen Bruder, die zu
Gemeindekinder gewesen sind. Ihr Vater wurde durch Erhängen verurteilt und die
Mutter war im Gefängnis, weil sie an dem Mord des Pfarrers beschuldigt war. Die
Kinder wurden so also für Mörderkinder gehalten.

Marie von Ebner hat noch eine Geschichte geschrieben, die nicht weniger erschüttert
ist:
ER LÄßT DIE HAND KÜSSEN
Es geht um einen Gärtnerbursche, der sich in ein Mädchen verliebt. Das Mädchen
läuft aber weg. Der Bursche geht ihr nach, wird aber zurückgeholt und so verprügelt,
daß er stirbt.

Marie von Ebner war auch gut in Aphorismen schreiben.

167
HISTORISCHE DICHTUNG
Das eigentliche historische Denken hat in Sturm und Drang Herder (Freund von
Goethe) begründet. Er hat die Raffinitet eigene Geschichte zu erforschen vertsehen
und sie aufzuzeichnen. Er weckte die Liebe zur Vergangenheit in Menschen auf. Die
wurde schon in der Romantik sehr gepflegt.
Die Wissenschaften als Sprachgeschichte, Philosophie und die Rechte haben alle
Ereignisse im historischen Sinne notiert. Die Liebe zur Vergangenheit wurde in der
Romantik noch gefordert und erreichte die Blüte im 19. Jh. Alle Gebiete widmeten
sich jetzt der Geschichte, die Literatur, Malerei und auch die Oper. Alle diese Zweige
der Kulturbetätigung der Menschen vereinen sich im Schaffen der universal-
poetischen Werken.
Bildende Künste, Musik Oper als Gebäude, der Text, die Literatur, die menschliche
Stimme, das Schauspiel, die Szenographie, Technik, all das wurde mit dem
ausgebreitenen Nationalgefühl vereint.

Zu der historischen Dichtung kam im 1870/71, nach dem Deutsch-Französischen


Krieg, wo es zur deutschen Reichsgründung gekommen ist. Diese Dichtung war
national sehr ausgeprägt und hervorbrachte alle Werke.

In der Architektur wurden alte Stile aufgebaut. Durch das Schaffen von Denkmälen
der alten Helden hat man sich an die historischen Ereignisse erinnert. Auch in der
Malerei begann man historische Ereignisse zu malen. Dabei orientiert man sich an
Michelangelo. Auch die Innenarchitektur war eine Zeit lang von den Historiken
beeinflußt. Sowie die Literatur und Kunstgeschichte.
Das alles hat im 19. Jh. eine große Blüte erlebt.

Ein großer Künstler in diesem Sinne war


RICHARD WAGNER (1813 - 1883)

Wagner war im Dramatikerjahr geboren und ist in Venedig gestorben.


Richard Wagner war ein großartiger Komponist, der Oper schuf. Er hatte ein
Mäzenatentum.
Er hat eine Oper bauen lassen, wo alles ganz genau ausgerechnet war. Alles diente
dem Zweck. Er hat den Wusch gehabt, ein perfektes Werk aufführen zu können.
Wagner wollte ein Gesamtkunstwerk schaffen.

Seine Musik basiert auf der Vergangenheit, die sich zur nationalsozialen Zwecke gut
gebrauchen ließ. Er schöpfte aus der deutschen Mythologie.
Er war ein Freund von Fontane und von Nietzsche.

Nietzsche war Philosoph, der sich mit Syphilis infizierte und deswegen im Wahnsinn
endete. Nietzsche war ein romantischer Philosoph, weil er in Fragmenten schuf. Er
hat viele Gedanken über verschiedenen Problemen hinterlassen. Er hatte eine große
Abneigung gegen alle spießigen (filistrozen) Deutschen. Im Umlauf der Geschichte hat

168
sich herausgestellt, daß Nietzsche deutscher Herkunft ist. Aber er hat dieses
Spießige, eng Nationale auf den Deutschen gehaßt.
Er hat eine Theorie von Übermenschlichkeit entwickelt. Er dachte es gäbe Menschen,
die sich über den Durchschnitt erheben müssen. Aus diesem Zweck war Richard
Wagner, sowohl wie Thomas Mann von ihm beeinflußt. Nietzsche hat aber das Pech
gehabt, daß seine Schwester einen Nazionalisten geheiratet hat. Sie hat dann das
Werk von Nietzsche verfälschen wollen. Auch die Schwiegertochter von Wagner war
von nationalsozialistischen Ideen beeindrückt und hat deswegen den
Gesamtkunstwerk von Wagner den Nationalsozialisten gestellt. Dadurch war Wagner
sehr mißbraucht und man hat ihn in Westen lange verpönt.

Richard Wagner war ein Dichter, Komponist, Künstler der vom Ludwig von Bayern
unterstützt war. Er konnte revolutionäre Gedanken anbieten. Was er anstrebte war
ein Gesamtkunstwerk. Dieses Gesamtkunstwerk umfaßt alles, was schon Herder
angestrebt hat: die Sprache, die Musik, den Tanz, die Technik, Malerei, Architektur.
Das alles vereint sich und hat sich selbst hineingebracht, um die Kunst zu zelebrieren
(obhajati).

Die Historische Dichtung geht also zurück zu den Ideen der Romantik.

13. 4. 1999
GUSTAV FREYTAG (1816 - 1895)

Freytag war Journalist, Politiker und Schriftsteller. In seinen Werken hat er vor allem
den Mittelstand gezeichnet. Das war das liberale Bürgertum, nicht besonders reich
und auch nicht arm.

Er hat die Zeitschrift GRENZBOTE herausgegeben.


Als ein Deutscher hat er sich ein Ziel gesetzt und zwar die Vereinigung Deutschlands.
Ein deutsches Land soll man wieder gründen. Die Wiederstellung des Reichs scheint
ihm die wichtigste Aufgabe seiner Zeit zu sein. So wie die Stärkung des
Geschichtsbewußtseins der Deutschen. Das hat er durch die Romane und Zyklen
vermittelt.

Es ist sein Zyklus von Romanen berühmt DIE AHNEN.


Das ist eine 6-bändige Chronik.
Sie beschreibt eine Familie, die man von Germanentum bis zur Gegenwart verfolgt
hat.

Auch das Werk DIE BILDER zeigt die Zustände aus der deutschen Vergangenheit.
Behandelt genau dasselbe Thema wie Die Ahnen.

Freytag hat den Kaufmannsstand, eine Art von Bürgertum, gern geschildert. Es gibt
einen gegenwärtigen Roman von ihm, der einen kaufmännischen Titel hat: SOLL
UND HABEN.
"Soll und haben" kommt aus der kaufmännischen Sprache und bedeutet Aktiva und Passiva.

169
CONRAD FERDINAND MEYER (1825 - 1895)

Conrad Meyer war ein ganz großer Dichter dieser historischen Ausrichtung des 19.
Jh.
Er war ein echter schweizerischer Patrizier.
Meyer wurde in Zürich geboren, in einer Familie, die mütterlicher und vaterlicher
Seits eine bürgerliche Familie war.
Er hat Jura studiert, aber hat das Studium nicht abgeschlossen. Vor allem hat er sich
dem Studium der Geschichte gewidmet und hat sich ganz zurückgezogen. Privat war
er ein bischen durcheinander. Er wurde vom Wahnsinn befallen und in eine
Irrenanstalt gebracht. Seine Mutter hat dort Selbstmord begangen.

Er selbst ging dann für 2 Jahre nach Lausanne. Dort begann er sich auf Empfelung
seines Freundes mit der Geschichte zu beschäftigen. So begann er ein französisches
Buch ins Deutsch zu übersetzen.
Im 1858 ist er nach Italien gereist. Italien hat ihn fasziniert. Er hat sich immer mehr
für die romanische Literatur und Kultur interessiert. Er fühlte sich Deutschland gar
nicht verpflichtet. Deutschland war kein gelobtes Land, das sein Interesse gegoldet
hätte. Nur die Muttersprache band in an Deutschland.

In der Schweiz hat ihn die Landschaft interessiert. Schweiz ist ein Land der Alpen.
Jedes Jahr ist er in die schweizerischen Alpen gegangen. Sie spielen in seinen
Werken eine große Rolle. Vor allem in Erzählungen und Gedichten war der
Zürchersee immer besungen. Die Hochgebirge waren Thema der schweizerischen
Literatur nur durch Conrad Meyer. Der Zürchersee war sehr bedeutend für ihn und
konnte deswegen nie von dort wegziehen und hat da Jahre lang gelebt.

Er war verheiratet. Hatte eine Schwester gehabt, an die er sehr gebunden war. Diese
Schwester war für Meyer bei seinem Dichten und in seinem Leben eine große Hilfe.
Er hat ihr absolut vertraut. Seine literarischen und historischen Studien teilte er mit
ihr. Sie hat auch eine Zeit zusammen mit Meyer und seiner Frau gelebt. Sie haben
sich gut verstanden. Die Schwester von Meyer hat seiner Frau geholfen den Haushalt
zu führen und hat dem Bruder bei Verleger Kontakte aufzubauen geholfen. Sie hat
ihm auch Manuskripte abgeschrieben. Mit wirtschaftlichen Problemen hat er nie zu
tun gehabt, weil für alles die Schwester gesorgt hat.
Meyers Frau dagegen hat sich um den Mittelpunkt des geistigen Lebens in dem Haus
bemüht. F. List (Ekonomist), G. Herwegh (Schriftsteller), G. Semper (Architekt), G.
Keller und andere sind zu ihm zu Besuch gekommen und haben über viele Sachen
diskutiert. Diese Gesellschaft war für den intellektuellen Austausch wichtig.

Conrad Meyer war fast 40 Jahre alt, als sen erstes Werk erschienen ist. Dieses Werk
war ein Band mit Gedichten mit dem Titel: ZWANZIG BALLADEN VON EINEM
SCHWEIZER.
Es ist 1864 erschienen, als Meyer 39 Jahre alt war.

Sieben Jehre später ist sein berühmtes Zyklus erschienen: HUTTENS LETZTE TAGE.

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Dieser Gedichtband, wo er über Ulrich von Hutten (Mitstreiter von Luther) spricht,
hat sein Ruhm als Dichter begründet.

Meyer hat Erzählungen und Novellen geschrieben. Die Novelle DAS AMULETT ist sehr
berühmt. Sein dicktes Buch ist GEORG JENATSCH. Eine Geschichte aus der Zeit des
Dreißigjährigen Krieges. (1876)

Er hat noch folgende Erzählungen geschrieben:


- DER SCHUSS VON DER KANZEL
- DER HEILIGE
- DIE LEIDEN EINES KNABBEN
- DIE HOCHZEIT DES MÖNCHS
- DIE RICHTERIN
- DIE VERUCHUNG DES PESCARA
- ANGELA BORGIA

Nach dem Jahr 1891 wurde er wieder in eine Heilanstalt gebracht. Nach einem Jahr
wird er gesund, aber konnte nie wieder schreiben.
Conrad Meyer war ein ungewöhnlicher Mensch, der 2 bis 3 Leben führte. Das eine
war diese Krankheit, das andere das Leben des Vaters und des Ehemannes, Bruders
und Sohnes und dann noch das Leben des Dichters. Er hat ruhig gelebt, abgesehen
von Salons, die seine Frau im Haus hatte. Meyer war ein sehr sittlicher, moralischer
Mensch. Er hat streng bürgerlich gelebt. Er hat seiner Frau jeden Tag ein Kapitel aus
der Bibel gelesen.

Meyer hat geschafft Charaktere zu schaffen und die literarische Welt zu meistern.
Sein eigenes Leben konnte er nie meistern. Er hat Menschen, die voll von
Leidenschaften waren und voll von abenteuerlichen Leben, beschrieben. Große,
starke Persönlichkeiten hat er beschrieben, wie Hutten, Pescara, Angela Borgia. Er
hat große, starke, tatkraftige, leidenschaftliche, skrupellose Menschen geschildert. Er
hat sich die Zeit vorgenommen, die für die Menschen sehr belebt (poživljajoče) waren.

Conrad Meyer hat als Künstler geschrieben, ein wenig in der Richtung Sturm und
Drang. Er hat aber nicht das Glück sich in seiner Literatur zu artikulieren gehabt.
Er trug eine Maske und versucht sich in einer bürgerlich-aristokratischen Maske zu
verstecken. Zeit seines Lebens war er wie die Figur Pescara, vielleicht wegen seiner
gesundheitlichen Probleme.

Meyer wurde als ein historischer Dichter bezeichnet, der sich die Geschichte
vorgenommen hat und sie auch eigenartig gestaltet hat. Er hat Figuren aus der
Geschichte in seinen Werken geschildert. Man betrachtet sie in der Literatur als eine
literarische Erfindung.
Seine Figuren in den Werken erschienen wie echte historische Figuren, die er aber
nie an die historische Geschichte gebunden hat.

Als historischer Dichter war er deswegen berühmt, weil er aus geschichtlichen


Hintergründe authentische Zustände geschildert hat. Meyer hat genau die Zeit

171
studiert, die Sitten und Bräuche der Menschen. Er hat gewußt, wie die Häuser
damals ausgesehen haben und was die Menschen gtragen haben.

Als er an Pescara gearbeitet hat, hat er mit einem Historiker konsultiert. Dieser besaß
einen Stadtplan von Rom. Meyer wollte von ihm genau wissen, welchen Weg zu
nehmen ist in Rom, wenn zu einem Gewitter kommen wird.
Miladinovic hat uns vorgelesen Von Vatikan nach dem Palaza Kolona.
Er hat die Gesichtzüge so geschildert, daß man das Schweizerische anmutet, aber sie
sind nicht häßlich oder abstoßend. Diese Details sind historisch belegt.
Seine Werke werden zum Realismus gezählt und zwar wegen der geographischen
Details. Er hat die Gegende und die Menschen genau geschildert. Alles war
echtwirkend.

Man hat gesagt, daß sich Conrad Meyer vom Naturalismus und Expressionismus
unterscheidet und daß in seinen Werken die Handlung klar, überblickbar und nicht
kompliziert ist.

Meyer hat eine Vorliebe für Rahmenerzählungen. Dies bezüglich ist die Erzählung DIE
HOCHZEIT DES MÖNCHS berühmt.

Er hat sehr bildig die Sachen geschrieben. Man kann das, was er beschrieb sehen. Er
hat die Gabe die Gedanken in Gestalt zu verwandeln. Die Erlebnisse konnte er sehr
sinnlich darstellen.
Es gab aber eine Frage: Wie konnte er das Leben so gut schildern, wenn er es nicht
gut kannte. - Er war ein Dichter, der sich alles gut vorstellen konnte. Er hat viel Wert
auf die Bilder und Denkmalstatuen gelegt.

In seiner Zeit war Conrad Meyer als Lyriker einsam. Er ist nach Droste und Mörike
gekommen und hat vor Rilke und Hugo von Hofmansthal gedichtet. Er hat viele
Gedichte über Zürichersee geschrieben. Viele Allegorien und Symbole mit Wasser,
Ruder, Schwüle (soparica), Witterung, ... hat er gehabt.

Einige Titel der Seegedichten:


- EINGELEGTE RUDER
- ZWEI SEGEL
- SCHWARZSCHATTENDE KASTANIEN

Sein Ansinnen (neprimerna zahteva) war, zu verknappen (reducirati, zmanjševati). Er hat


gefeilt (dodelati) und verkanppt. Er hat Gedichte geschrieben, die aus 200 bis 300
Verse stammen und hat sie in 9 Verse gekürzt. Das war sein Ziel: zu verknappen,
nicht zu verschwenden (wie Barock).

172
EPIGONENDICHTUNG UND TRIVIALLITERATUR

Wie ist es dazu gekommen?


- Mit dem Buchdruck steigt das Lesebedürfnis, weil die Bücher billiger waren. Man
konnte sie sich leisten. Man hat sich dann gedacht, daß alle Menschen lesen und
schreiben sollen können.
Jeder Zeit gab es und gibt es noch Bücher, die schwierig zu verstehen sind und
Bücher, die leicht zu vertsehen sind. Man hat schon immer wenig gelesen. Nicht nur
heute sagt man, daß wenig gelesen wird. Die MenscheN haben gesagt, daß sie
komplizierte Bücher nicht lesen wollen. Sie wollten sich beim Lesen unterhalten.
Die Literatur soll unterhalten, aber auch die Epigonendichtung soll anständig, gut
geschrieben werden, anstatt sich zu verblöden.

Wann kommt es zum Phänomen der Epigonendichtung?


- Es gab ein Paar Dichter, die gut schrieben und dann eine Menge von anderen, die
diese Gute nachahmen wollten.
Man beschreibt in dieser Zeit vor allem historische Hintergründe. Mit der
Epigonendichtung besteht die Gefahr, daß sie diese verkitscht und tirivialisirt. Wenn
man historische Geschichte schreibt, schreibt man z. B. über Napoleon - ein Feldherr,
König, ... Und da hat man seine Erwartungen, wie das behandelt wird. Verflacht oder
edel gemacht?

Grillparzer und Otto Ludwig haben eine Literaturgeschichte geschrieben, die gut war,
obwohl sie auch Epigonen waren.
Der Kreis von epigonalen Dichtern war groß in München. Dieser nennte sich
"Münchner Dichterkreis". Da hat es auch ein König gegeben König Maximillian II. von
Bayern (Sohn von Ludwig I.), der seinen Sitz in München hatte.
Sie haben sich Schlößer bauen lassen und haben sich mit Künstler umgegeben. Sie
haben Salons abgehalten (preprečevati) und die Künstler befördert. Sie waren Mäzene
und um sie haben sich also die Maler, Dichter und andere Künstler gesammelt.
Die Könige waren nicht die bescheidesten Menschen, aber die Künstler haben so
gedichtet, daß jeder sie verstehen konnte. Sie haben eine konvenzionale Sprache
benutzt, wobei der Inhalt nicht besonders tief war. Was sie gut beherrscht haben,
war die Form. Ihre Sprache war eine hohle (votel) Sprache. Sie haben versucht sehr
wortlich nichts zu sagen.

EMMANUEL GEIBEL (1815 - 1894)


war ein berühmter Epigonendichter.
Er kommt aus dem Norde. Geibel wurde in Lübeck geboren. Er war ein Pfarrersohn.
Er versuchte Goethe nachzuahmen und hat dabei die Gefühlswelt der Klassik ziemlich
banalisiert.

Emmanuel Giebel hat Gedichte, die sehr erfreulich für die Menschen waren,
geschrieben. Alles hat man verstanden und die Gedichte waren äußerlich formal und
untadelig (neoporečno). Aber nachzuerzählen gab es nicht viel.

173
PAUL HEYESE
Er war der, der einen großen Ruhm gelangte, noch einen größeren als Karl May.

Er war wichtig aus zwei Gründen:


1. - Er hat 1910 als erster deutscher Dichter den Nobelpreis für die Literatur
bekommen.
2. - Er war ein großer Theoretiker, aber ein kleiner Praktiker der Novelle. Also er hat
eine phantastische Theorie der Novelle entwickelt und 23 Sammlungen von Novellen
geschrieben.

Heyese hat auch Dramen und Romane geschrieben. Seine Werke wurden aus
Italienischem ins Spanische übersetzt.

Er wurde in Berlin geboren. Ein Jahr nach Geibel wurde er nach München geholt.
Heyese hat genau gewußt, wie er schreiben und leben soll. Privat hat er eine enge
Verbindung mit dem Großbürgertum, Adel und dem Hof gehabt. Diese Beziehung
verursachte, daß er für normale Bürger und auch adlige Gesellschaft geschrieben
hat.

Sein Vater war ein bekannter Philologe und seine Mutter war die Tochter eines
bekannten Hofjuwelirs. So hat sich Heyese auf beiden Gebieten gut ausgekannt und
hat deswegen auch gut verdient. Er lebte in einem Palast. Am Gardasee hatte er eine
Sommervilla.

Er hat das Glück gehabt, daß er 60 Jahre lang dichten konnte. Er war handwerklich
absolut geschickt, vor allem für die Novelle, die eine ziemlick strenge Form ist.
Novelle - eine sich ereignete, unerhörte Begebenheit. Wie schon gesagt, hat er eine
Novellentheorie entwickelt.
Begründet hat er sie nach dem großen Meister der Form - Bocacco und seinen
Decameron. In Decameron erzählen sich 10 junge Menschen 10 Tage lang
Geschichten. Das ergibt 100 Geschichten. Der äußere Rahmen des Decamerons sind
die 10 jungen Menschen, die vor der Krankheit flihen und sich mit Geschichten
erzählen unterhalten. Besonders berühmt in Decameron ist die Novelle von dem
Falke (jastreb). Diese Novelle gut kennen!
Ohne einen Falke gab es damals keinen Edelmann. Und die Frau in Bocaccos Novelle
hat den Mann seines Statuses beraubt. Dieser Falke war ein Symbol, eine Chiffre, ein
Leitmotiv , der immer wieder in einer Geschichte thematisiert wurde. Aus dieser
Novelle hat man gesehen, was für Bedeutung war der Falke für den Menschen. So
muß jede Novelle "einen Falke" haben. Dieser Falke ist dann das Leitmotiv. Diesen
Leitmotiv kann man immer wieder in die Novelle einsetzen, um die Novelle genauer
zu strukturieren. Es ist eine Assoziation angeknüpft an irgendetwas, was man schon
kennt, was schon eine Gesetzmäßigkeit (zakonitost) hat.

Heyese hat ganz genau an der Struktur und der Theorie der Novelle gearbeitet. Er
hat Novellen geschrieben, die noch heute gut sind, aber nicht so erschüttert, wie die

174
Novellen von Kleist. Seine Leitung bei dem war die Vermittlung Bocaccos und
Servantes. Heyese hat aus jener Literatur, die prägnant (jedernat) für diese Gattung
war, geschöpft und hat so der Novelle weitergeholfen.

Trivialliteratur

In der deutschen Literatur haben wir mit der Trivialliteratur / Epigonenliteratur vor
allem nach der Romantik zu tun. Friedrich de la Motte Fouque und seine Frau haben
die Trivialliteratur begonnen zu schreiben und das waren auch die ersten Anfängen
der Trivialliteratur. Vor allem begann man mit dieser Literatur aber auch nach dem
Tod von Schiller und Goethe. In dieser Zeit hat Vulpius die Triviallietratur
geschrieben. Die Werke wurden mit klassischen Ideen von Goethe und Schiller
gestalten.

Mit der Triviallietratur hat man begonnen, weil es die Möglichkeit gab, Bücher billig
zu bekommen. Man hat Taschenbücher herausgegeben. Almanache waren Vorläufer
von Taschenbüchern. Das waren billige Bücher mit hoher Auflage.

In der Trivialliteratur hat man große Gefühle, Ideen vermittelt. Man hat nicht große
historische Stoffe studiert. Der erste Grund für die Entwicklung der Triviallietratur
liegt in sozialen Verhältnissen. Sie war für Menschen, die nicht hochgebildet waren,
aber konnten wohl lesen, geschrieben.
Der zweite Grund war, daß sie sich in der künstlerischen Entwicklung versuchen
haben. Im 19. Jh. gab es die Tendenz zur Entwicklung eigener Nationaldichtung.
Nationale Themen wurden geschildert.

Das war also eine Dichtung, wo es sich um eine Liebe handelt. Aber zugleich
schildert sie auch die Phänomene der Zeit in nicht nur naturalistischer Welt. Die
Dichter wollen die Welt so beschreiben, wie sie ist. Es gab auch Dichter, die nur von
einer gewissen Schicht von Menschen gelesen wurden. Das waren jene Menschen,
die so gebildet waren, daß sie das lesen konnten. Es gab aber auch Kinder, die nicht
die gleichen Möglichkeiten hatten sich zu bilden, wie die anderen.

Gleichzeitig haben wir hier Kunst und Literatur für jeden Mann. Diese Entwicklung ist
so verlaufen, daß die komplizierten Dichter sich in eine andere Richtung entwickeln
als die Leser. Es kommt zur Entfremdung des Künstlers und des Publikums. So
kommt es zur ernster Kunst (hohe Kunst) und zur Unterhaltungskunst. In
Deutschland gibt es diesen Unterschied zwischen die sogenannten Trivialdichtung
und die sogenannte Ernstedichtung.

Was sollen die Autoren jetzt schreiben, wenn sie große, breite Maßen erreichen
wollen?

175
- Man hat solche Leseschicht entdeckt, die man bis dahin nicht in so großem Maße
betrachtet hat. Das waren die Frauen. Die Frauen haben für die Frauen schreiben zu
begonnen.
- Man begann auch Vortsetzungsromane zu schreiben. Meister der
Vortsetzungsromane war Dostojevski. Diese Vortsetzungsromane wurden in den
Zeitungen vorabgedruckt und sind so als Vorwerke in den Zeitungen erschienen. Die
Zeitung ist aber nur an dem Tag als sie erscheint interessant. Das ist eine Art des
gedruckten Wortes, die nicht länger als für ein Tag zu gebrauchen ist. Die
Vortsetzungsromane hat man aus der Zeitung ausgeschnitten. Diese Romane hat
man so geschrieben, daß sie lang waren und daß sie unter dem letzten Drittel des
Blattes einer Zeitung abgedruckt wurden können. Sie mußten auch so geschrieben
sein, daß sie am nächsten Tag weiter gelesen werden.
Erst nachdem ist das als ein Roman erschienen. Das waren meistens Romane, die
Frauen für Frauen geschrieben haben. Das waren Liebesgeschichten,
Ehegeschichten, Gesellschaftsromane, wo die Themen behandelt wurden, die für
Frauen interessant waren.

Vertreter von Trivialliteratur und der Epigonendichtung sind Marlitt und Kurzmaler.

EUGENIE JOHN - MARLITT (1825 - 1887)

Ein Pseudonym für sie ist Eugenie Marlitt.


Sie war eine bekannte Schriftstellerin in ihrer Zeit.

Sie war Tochter eines Kaufmanns. Sie war sehr musikalisch, hatte eine
wunderschöne Stimme. Sie geht in die Welt, um ihre Stimme auszubilden. Aber sie
hat plötzlich nicht mehr gut gehört und mußte sich dem Singen entsagen.
Dann arbeitete sie als Vorleserin einer Fürstin. Sie wurde von dieser Fürstin als
Gesellschaftlerin akzeptiert und Eugenie begleitete sie überall. Dabei hat Eugenie sich
ihre Gedanken gemacht über die Welt und die Menschen.

Aus der Vielfalt der Menschen und aus ihren Charakteren begann sie zu schreiben.
Sie hat ihr Posten 1863 verlassen und begann Romane und Erzählungen zu
schreiben, die sehr spanennd und beliebt waren.
Ihr Schaffen hat sie in einer Familienzeitschrift Gartenglaube vorabgedruckt. Dieses
Familienblatt hat ihr durch die Veröffentlichung der Vortsetzungsromane und der
Geschichten einen großen Namen gemacht. Gartenglaube hatte eine sehr große
Auflage.

Sie hat phantastische Geschichten geschrieben. Die Titel ihrer Geschichten:


- GOLDELSE
- BLAUBART
- DIE ZWEITE FRAU
- DIE FRAU MIT GARFUNKELSTEINE

Ihre gesamelten Werke sind erst nach ihrem Tode herausgegeben worden. Es sind
10 Bände in Leipzig erschienen.

176
Eugenie Marlitt war nicht nur eine Trivialautorin, sondern sie hat auch eine große
emanzipatorische Funktion übernommen. In ihren Werken ist sie so auch gegen die
sozialen Vorurteile (predsodek) aufgetreten. Damit hat sie die öffentliche Gesellschaft
sehr beeinflusst.
Sie war auch Feuilletonredakteurin einer deutschen Zeitschrift.

DIE GOLDELSE war der erste Roman von Merlitt, erschienen als Vortsetzungsroman
in der Gartenglaube. Die Gartenglaube begann 1853 zu erschienen. Die Auflage war
5000 Exemplare, was nicht schlecht war. Im 1881 ist die Auflage dieser Zeitschrift
378 000. Das waren die verkauften Exemplare in einer Familie, wo aber dieser
Vortsetzungsroman noch von mehreren Menschen gelesen wurde. Es gab also über
eine Million Leser dieser Zeitschrift bzw. des Romans.
Die Gartenglaube hat einen Zweck: unterhalten und belehren, wie im Barock die
didaktische Dichtung.

14. 4. 1999
KARL MAY (1842 - 1912)

Karl May war Sohn eines Webers bei Chemnitz. Sein Vater war arm. Er selbst war
Lehrer und ein Dieb. Deswegen war er 7 Jahre im Gefängnis, wo er seine Romane zu
schreiben begann. Das waren Angaben aus dem Jahr 1859.
May wurde in 28 Sprachen übersetzt. Jedes Jahr wurde er neu übersetzt. Er wurde
auch in die Blindschrift übersetzt. Die Zahl seiner Exemplare betrifft 100 Millionen.
In den USA, wo Winnetou zu Hause ist, ist Karl May unbekannt. War aber ein großer
Verherer von Hitler, E. Jurgen, Göbels (Propagandachef von Hitler), B. Brecht, H.
Mann und sonst von vielen Menschen.

DER FÜHRER war ein seiner Werken, herausgegeben 19......


Man hat 300 Exemplare WINNETOU gedruckt (1908). Da hat er über Indianer in
Amerika geschrieben. Er war aber nie in Amerika noch im Orient. Er hatte aber viele
Freunde aus dort.
Man behauptet, daß er 40 Fremdsprachen samt Dialekte gesprochen hat.

Im Jahr 1899 hat ihn der Verlag nach einer gigantischen Orientreise geschickt und
ihm 50000 DM zur Verfügung gestellt. Im April wußte er das erste Mal, daß er in
Europa war. Außerdem hat er das Rote Meer genossen, ist in Istambul gewesen,
auch in Athen. Da hat er die Kunstschätze der Antike bewundert. Damals hat er
gesagt: "Goethe würde das ganz anders sehen als ich." Er ist auch nach Venedig
gegangen und war dort in dem Sterbezimmer von R. Wagner und sagte: "Ich stand
auf der Stelle, wo er starb."

Karl May, der sich mit Goethe verglichen hat, stammte aus ganz anderen
Verhältnissen. May war ein Sohn armer Leute. Ein Erlebnis aus seiner Kindheit war

177
ziemlich prägend für ihn. Und zwar war er 2 Jahre blind und man hat ihn sehr
verwöhnt. Von dieser Verwöhnheit hat er sich nie wieder erholt.

Er war Lehrer, aber hat geschwindelt, gelogen und vorgetäuscht. Wegen kleinerer
Delikte war er 8 Jahre im Gefängnis. Er hat auch eine Sucht gehabt, sich als Doktor
vorzustellen und deswegen saß er immer wieder ein Paar Monate.
Er hatte eine phantastische Gabe, und zwar, daß ihm Leute immer glaubten, was er
sagte und schrieb. Von einer Figur in seinem Werk behauptete er, daß sie sein
Freund sei, den er in Nord Afrika kennengelernt hat. Aber dem Leser war das
wurscht. Wenn er darüber geschrieben hat, war das glaubwürdig. Winnetou sollte
sich eines Tages aus dem Westen auf den Weg zur Karl May begeben in sein
sächsisches Dorf. Wie er das geschaft hat, weiß man nicht.

Karl May war zwei Mal verheiratet. Von der ersten Frau ist er niemals ganz
losgekommen. Er hat viel Geld verdient. Winnetou wurde in Sachsen aufgebaut
(Denkmal).
Sehr bezeichnet für Karl May war auch, daß er sich gut auf Werbung verstanden hat.
Schon zu seiner Zeit war Winnetou fotografiert. Anderseits war Karl May ein sehr
sozial kritischer Mensch und er hat auch nichts von Nationalismus gehalten. Er war
ein bischen kosmopolitisch orientiert. Die Indianer hat er nicht als Menschen dritter
oder vierter Klasse beschrieben, aber gleichberechtigt mit anderen Menschen.
In Amerika war er als Repräsentat deutsches Staates geschickt, aber sonst hat er
gegen offizielle deutsche Politik gesprochen. In Amerika hat man von der Krise schon
bevor dem Krieg gesprochen. Deutschland hat damals Probleme mit Kolonien gehabt.
Im 1871 wurde das Deutsche Reich gegründet und war so zu spät, um einige
Kolonien zu bekommen.
Damals waren Gewürze sehr kostbar. Wegen der Gewürzen haben Kolonialisten die
Engländer buchstäblich ganze Völker, die Safran, Nelken hatten, umgebracht, damit
man an diese Gewürze kam.
Karl May reiste in dieser Zeit nach Amerika und hat in Massachusetts vor vielen
Amerikaner gesprochen, Reden gehalten. Sein Auftrag war, im Sinne der deutschen
Politik zu reden, daß sie auch ihre Kolonien wollten usw. In seinen Reden hat er
kritisiert, daß man sich eingemischt hat und daß man die Leute unterjochen will, um
an Geld und Reich zu kommen. Karl May war ein Pazifist und war gegen soziale
Unterschiede. Gelegentlich war er projüdisch.
Er war ein Freund von Baronin - die Tochter der berühmten Frau Kinsky aus Böhmen.
Bertha war eine große Pazifistin, Friedensnobelpreisträgerin. Karl May war auch
öffentlich ein Pazifist.
Was interessant ist: er wurde immer wieder verpönt. Die schlechteste Reklame für
ihn war die Verehrung mit Hitler. In Ostdeutschland (DDR) war er Zeit seines Lebens
verboten. Man hat ihn als einen Rassist gesehen, weil die Indianer in seinen Werken
auch sterben.

Als großer Dichter seiner Zeit wurde er von vielen anderen bewundert wie E. Bloch
(dt. Philosoph), Arnold Zweig (dt. Dichter), E. Kästner, H. Hesse, Hermann Broch
(österr, Dichter), Hermann Bahr (österr. Dichter), Carl Zuckmayer (dt. Dramatiker),
Günter Grass. Die meisten haben sich aber nach dem Nationalsozialismus von ihm

178
abgehalten. Karl May hat nämlich sozialistische Themen behandelt. Eines seinen
Bücher ist in Albanien geschrieben worden, in dem Land Skipetarien (šiptarji).

Karl May war, wie schon gesagt, Hilfslehrer, Fabrikschullehrer, Musikant, Komponist,
hat in Kirchenchor gesungen, war Plantagenbesitzer, Lektor in einem Verlag. Dann
hat er zu schreiben begonnen. Er ist als freier Schriftsteller gelebt. Interessant ist es,
daß im Jahr 1881 sein erster Text in Französisch erschienen ist, und zwar in einer
großen Auflage einer französischen Zeitung.
Er hat lange als Doktor der Philosophie gelebt. Hat auch Geldschwierigkeiten gehabt.
Geschrieben hat er auch pseudobiographische Texte.

Er wollte immer die Schauplätze seiner Geschichten besuchen. Immer wieder hat er
Menschen getröstet. Ein großer Dichter, der 1991 den Frankfurterpreis bekommen
hat, hat gesagt, daß Karl May Gefühl vermittelt hat, was sehr kostbar für die Jugend
ist. May hat immer behauptet, daß es wenig hoffnungslose Situationen gibt. Man soll
versuchen sein Schicksal in die Hände zu nehmen.

179
20. 4. 1999
HEIMATDICHTER (domačijska literatura),
VOLKSSCHRIFTSTELLER

Bei Heimatdichtern wird die Sensucht, Liebe, Landschaft, auch die Liebe zur Heimat
betont. Vor allem wird die Belehrung betont. Diese Dichtung ist didaktisch.
Es wird negativ konnotiert (schlechte Literatur). Wobei die negativen Heimatsdichter
z. B. Thomas Bernhard und Heinrich Heine sind. Diese zwei sind gute Beispiele,
haben gut geschrieben und man sollte sich hüten sie als Heimatdichter zu nennen.
Sowohl gehören auch Jenko, K. D. Kajuh, P. Voranc nicht zu den Heimatdichtern,
weil sie viel zu gut geschrieben haben und waren zu wenig direkt didaktisch.

Die Heimatdichter sind Dichter, die im Gunste der Aufklärung produziren. Sie sind
Volksschriftsteller und wollen das Volk unterhalten und belehren! Sie zeigen in seinen
Werken, was richtig ist und wie man sein soll. Sie fühlen sich der politischen und
kulturellen Tradition verpflichtet und sind ziemlich rückgewand, nicht sehr
fortschrittlich. Sie stellen sich in den Dienst des Liberalismus, der damals nicht gelobt
war. Religios waren sie indifferent; liberal antikircherlich orientiert.

Eduard Samhaber war ein absoluter Heimatdichter des 19. Jh.. Er konnte ein guter
Zeitgenösse von Prešern sein. Aus Österreich kam er nach Ljubljana in Rosental
(rožna dolina). Er übersetzte Prešern ins Deutsche ohne Slowenisch zu können. Er ließ
durch seine Schülerinen Prešerns Dichtung in Prosa übersetzen. Aber er hat ihr Wort
umgedichtet. Dieses Buch nahm dann ein Professor aus Graz in die Hände.
Samhaber war sonst aber ein Nationalist, antiklerikal, so daß auch die Kirche ihn
verfolgte. Er bat um Versetzung, um wegzuschicken werden.
Er hat Oberösterreich besungen, alles Deutsche hat er besungen. Den Adel, die
deutsche Eiche und die slowenische Linde. Er schrieb mit Gefühlen, Sentiment. So
beschrieb er die Landschaft, die Geschichte, die Liebe, die Vergangenheit. Aber das
alles ist irgendwie kitschig.

Die Heimatdichter (bekannt mit dem Namen) und Volksdichter (der Dichter war unbekannt)
schreiben für breitere Massen. Diese Autoren waren in ihrer Zeit sehr beliebt, haben
dicke, lange Bücher geschrieben. Das waren populäre, sentimentale Bücher. Sie
haben die Zustände zwischen Reich und Arm geschildert. Sie waren so ganz
fortschrittlich, aber nicht reaktionär.

BERTHOLD AUERBACH (1812 - 1882)

Moses Baruch hat unter dem Namen Berthold Auerbach geschrieben. Er ist Mitten
im Naturalismus gestorben.
Sonst war er ein Liberaler, radikal-liberal und wurde deswegen 2 Jahre Festungshaft
(težka ječa) belegt.

180
Er hat ein Buch geschrieben, das später als 8-Bändiger herausgegeben war:
SCHWARZWÄLDER DORFGESCHICHTEN.
Dieses Buch gehört zu den meist gelesenen Werke der zweiten Hälfte des 19. Jh.
Die meisten Bücher waren nicht frei von Sentimentalität. Die Autoren wurden
sentimental, wenn sie nicht wußten, wie sie sich aus einer Affäre ziehen sollen.

Auerbach hat Gegensätze zwischen Reich und Arm geschildert und hat auch
Liebesgeschichten geschrieben. Er war auch Autor sehr tiefsinniger Aphorismen.

LUDWIG ANZENGRUBER (1839 - 1889)

Anzengruber war ein Wiener, der Dramatiker und Erzähler war. Er hat sich an die
Literaturtradition angeknüpft, und zwar an das Wiener Volkstheater, an den Raimund
und Nestroy. Tragödien und Komödien aus dem Bauernleben hat er geschrieben. Er
hat das Mundstück gepflegt. Diese Stücke sind sehr auf dem Niveau geschrieben und
gehörten damals zu einer der bedeutesten Literatur. Er war auch nach seinen
Dorfromanen und Dorfgeschichten berühmt.

PETER ROSEGGER (1843 - 1918)

Er wurde in Steiermark geboren. Er war Schneidergeselle. Als Geselle (pomočnik) hat


er kaum schreiben und lesen können. Er hat sich als Autodidakt selbst erzogen, hat
eine Handelsschule besucht. Dann hat er sich weitergebildet und hat als Journalist
und Redakteur gearbeitet.

Rosegger hat zahlreiche autobiographische Erzählungen geschrieben. Er hatte den


Drang (potreba, želja) zur Verehrlichung alles Nationales. Er hat einfache Menschen
beschrieben, die Zustände, die schlichte (preprost), kleine Welt. Beschrieben hat er
Menschen, die zur Andacht (pobožnost) neigen, die unverfälschte, kleine, gesunde,
heile Welt. Seine Werke waren noch lange danach populär.

In Österreich gibt es im 20. Jh., nach dem 2. Weltkrieg eine Reihe von
Spitzenautoren der Weltliteratur, die sich in einer kritischen Weise mit der Heimat
auseinandergesetzt haben.
Das sind Autoren, die absolut ergreifende (ganjene, prevzete) Geschichten geschrieben
haben, die an ihre Heimat Österreich gebunden sind.

THOMAS BERNHARD (1931 - 1989)

Bernhard ist einer der stärksten literarischen Figuren, zeitgenössische


deutschsprachige Literaturpersönlichkeit.
Ein Bild von Österreich hat er entworfen, sehr kritisches. Daraus kann man sehen,
daß er Österreich sehr geliebt hat und an ihr auch sehr gelitten hat.

181
Er hat als Journalist begonnen, hat Theaterwissenschaften und Musik studiert. War
sehr musikalisch begabt, aber hat gesundheitliche Schwierigkeiten mit seiner Lunge
gehabt.
Nach dem Studium als Journalist hat er sehr sentimentale, richtige Heimatgedichte
geschrieben. Dann ist er über die Nacht ein Dichter geworden und hat Prosa,
Kurzprosa, Romane, Erzählungen, Theaterstücke geschrieben.

Sehr ergreifend und einfach war in diesem Sinne auch


FRANZ INNERHOFFER

Innerhoffer wurde 10 Jahre nach Bernhard geboren.


Innerhoffer wurde als uneheliches Kind einer Magd geboren. Als er 6 Jahre alt war,
hat ihm sein Vater an sein Hof geholt, wo er als Knecht arbeiten mußte.
Er war ein Heimatdichter negativer Art.

SCHÖNE TAGE - ein Werk, wo er die Leibeigenschaften (tlačanstvo, osebno podložništvo)


in Österreich beschrieben hat und auch den Zweiten Weltkrieg.

Elfride JELINEK, W. BAUER, G. ROTH (nur Prosa), R. P. GRUBA stammen alle,


außer Bernhard, aus Steiermark. Alle diese haben Prosa und Theaterstücke
geschrieben. Sie haben die Haßliebe und Kritik an ihr Land negativ hervorgebracht.

In Slowenien bezeichnen wir als einen Heimatdichter Tone KUNTNER. Er hat


Gedichte, Heimatgedichte geschrieben. Was er geschrieben hat, war eine echte
Heimatlyrik, wo er sich voller Sorge für die Entwicklung Sloweniens aufgenommen
hat. Er schrieb sehr ergreifend, nicht sentimental-verkitschte Sache. Er hat wirklich
so gedacht, wie er geschrieben hat.

182
DIE EPOCHE ZWISCHEN REICHSGRÜNDUNG UND DEM
WELTKRIEG
Mit Reichsgründung ist die deutsche Reichsgründung 1871 gemeint. Da wurde
Deutschland wieder ein großes einheitliches Land. Zuletzt war es das zur Zeit des 30-
jährigen Krieges, wo es zerstückelt wurde. Dann gab es 1870/71 den Preußisch-
Französischen Krieg, wo Fontane als Kriegsberichterstatter teilnahm. Nach diesem
Krieg wurde ein großes, mächtiges Land gegründet, das sich dem Ende des
Jahrhunderts hinbewegte. Man roch schon den Krieg.

Es herrschte ein Gefühl des Fin - de - siecle [sijekle], was das Ende des Jahrhunderts
bedeutet, oder es ist auch eine Bezeichnung für die Kunst: Sezession oder
Jugendstil oder Moderne.
Der historische Rahmen der Moderne setzt in Mitteleuropa mit der politischen
Geschichte ein, wird erreicht und fortgesetzt. Der Erste Weltkrieg bedeutete die erste
Zeit der Moderne in der Weltliteratur.

Die deutsche Literatur teilt sich in:


Das zweite deutsche Reich (1871) der Hohenzoller und auf der anderen Seite das
Habsburgerreich - die Donaumonarchie, die von Habsburger regiert wurde und ist
1918 verfallen. Setdem ist Wien nur noch eine Hauptstadt und keine Residentstadt
mehr. Im Radetzkymarsch wird gesagt: "Wo die Sonne auf und unter geht ist
Österreich."

Die Reichsgründung hat zur Folge:

- Die industrielle Entwicklung, geldwirtschaftliche Entwicklung - das war eine


Revolution; mit dem Jahr 1871 kam auf den deutschen Boden zur Möglichkeit des
Hochkapitalismus und damit zur Wirtschaftskrise.

- Das Lebensideal ist großbürgerlich. Es gibt immer mehr reiche Menschen und damit
auch große soziale Krisen. Es kommt zur Proletarisierung der Landarbeiter, was zur
Verarmung führte. Es kommt zur Verarmung des kleinbürgerlichen Gewebes. Die
kleinen Gewebe waren nicht mehr konkurrenzfähig, die Menschen verarmen.

- Es kommt zur großen Vermassungen, was bedeutet, daß immer mehr Menschen in
gewisse Städte umzogen: Berlin, Hamburg, Hannover, München, ...

Also das waren Zeiten von großen sozialen Krisen, Verarmungen und großen
Auswanderungen. Das war die Zeit der imperialistischen Politik. Man wollte viele
Länder unterjochen. Es war die Zeit des technischen Fortschrittes.

Man wollte sich die Welt wieder verteilen. Es gab große Kolonialländer wie Portugal,
Spanien und Großbritanien, die Südamerika, Afrika besaßen. Die Kolonien waren von
den Eingeborenen (domorodci) bewohnt und wurden als Sklaven gehalten. Da hat man
große Bodenschätze gefunden: Gold, Diamanten; Erdöl, ... und Gewürze wie Nelken,
Saphran, Kaffee. Deswegen haben Engländer ganze Völker ausgerottet.

183
Auch die Deutschen kamen auf die Idee einige Kolonien zu besitzen. Der Erste
Weltkrieg brach auch deswegen aus, weil man die Welt verteilen möchte und
Kolonien haben wollte.
Die konservativsten Mächte waren diejenigen, auf die ein Staat rechnen konnte: die
Adligen, Großgrundbesitzer und die Militär. Sie haben für Tradition, nationale
Fortschritte, für dynastische Tradition gebürgt (so bili porok, so jamčili).

Die Österreich-Ungarische Monarchie kann man gut mit dem Zitat von Joseph Roth
bezeichnen: Er sagte, daß überall schon Licht breche (1913/14), aber in Schönbrunn
brenne man noch Kerzen. Das zeigt woran die Monarchie zugrunde gegangen ist.
Die Verwaltungspolitik in Österreich war groß: Justiz, Militär, auch Lehrer. Es gibt
einen Vielvolkerstaat, welcher sich ausbilden wollte. Auch Ungarn hat sich nach dem
Verfall der Donaumonarchie bis gewissem Grade durchgesetzt (uveljaviti). Diejenigen,
die die Monarchie zusammenhalten sollten waren das Adel, die Militär und die
Verwaltungsbirokratie.

Die Ursache für den Ersten Weltkrieg war das Attentan von einem Serben an Franz
Ferdinand in Sarajevo. Er war slawenfreundlich und wollte die Monarchie
wiederherstellen. Das war auch der Anlaß, daß Serbien in den Ersten Weltkrieg
eingemischt war.
In dieser Zeit führte man auch Balkankriege. Im Ersten Balkankrieg im Oktober 1912
kämpften Albanen und Serben gegen Türken. Im Zweiten Balkankrieg haben Serben,
Griechen und Bulgaren wegen Mazedonien gekämpft, weil sie Mazedonien verteilen
wollten. Schon seit dem Ende des Ersten Weltkrieges, als die Staat Albanien
gegründet wurde, gibt es zwischen Serben und Albanen Streite.

1918 zerfiel die Österreich-Ungarnische Donaumonarchie und es gab zahlreiche neue


Staaten und neue Länder. Die Habsburger, welcher aus Spanien stammen, haben
700 Jahre regiert. Die Mitteleuropa ist also zerfallen, es gab kein Österreich und
Ungarn mehr, kein Deutschland. Auch das türkische Reich ist nicht mehr existent,
auch Grieche wollten selbstständig sein. Rußland ist auch zerfallen; im Jahr 1917
unter Lenin, Trotzky gab es eine sozialistisch-kommunistische Revolution.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde auf dem Gebiet des Balkans ein Staat gegründet,
daß man nach dem Wille der Bewöhner gegründet hat, und das war das Königreich
der Serben. Croaten und Slowenen haben später das Land umbenennt in Südslawien
= Jugoslawien. Serben haben immer eine günstigere Rolle gehabt, weil sie in den
Kriegen Sieger waren. Slowenen und Croaten waren unter der Österreich-Ungarische
Monarchie. Serben wurden immer mit Österreich irgendwie verbrudert und
Österreich hat in der Beziehung zu den Serben eine Sonderrolle gespielt.

184
21. 4. 1999
WILHELMINISMUS UND GRÜNDERSTIL

Gründerstil ist ein Stil, der sich nach der Gründung des Reichs verbreitet hat.
In Europa gab es damals zwei deutsche Reiche, die Donaumonarchie und
Deutschland. Deutschland war sich mehr und mehr zu festigen. Die Dichter hatten
aber andere Bestrebungen: Treue, Hang, .... Einerseits geht es um die Überzeugung
der Wichtigkeit des Staates Kaiserreich, andererseits haben die einzelnen
Nationalitäten (Deutsche, Slawische, Ungarische, ...) immer mehr Rechte verlangt.
Besonders in dem Vielvölkerstaat Österreich - Ungarn gab es ein großes
Nationalproblem, daß sich nicht mehr von der Welt schaffen ließ.

An der Spitze waren Kaiser und der Adel, denen der Neureicherbürger folgte. Das
waren Bürger, die reich geworden sind und versuchten sich so zur Schau zu stellen
wie der Adel und die Kaiser.
Es gab eine neue Macht, die nicht fest durch die Tradition verankert war. Man hat
eine Macht mit ekonomisch-politischen Ansprüchen (zahteve) zu fertigen versucht.
Diese Macht wollte man durch Vertretung der nationalen, christlichen,
menschheitlichen Werte in einer Welt des Fortschritts begründen.
Anderseits gab es eine Machtstruktur, die gegen den Fortschritt war. Sie hatten
Tendenzen der Sozial-Demokratie und in der Kunst des Naturalismus und anderen
modernen Kunstrichtungen. Diese Sozialdemokraten in der Moderne wurden als
gefährlich gehalten. Man sieht eine Gefahr in dieser Bewegung.

Die Führungsschicht kämpft aber für das Image, daß man die idealistischen Künste
hervorhebt. Das waren jene Künste, die der Tradition verpflichtet waren. Sie wollten
keine Moderne, keinen Jugendstil. Aber diese Tradition bot keine Lösung für die
sozialen Fragen. Das war die Kunst, die an Goethe, Schiller erinnerte. In diesem
Sinne haben Künstler angefangen Denkmäle und Starssen zu bauen, die sie durch
die Kunst verherrlichen lassen. Das ist in größeren Städten wie Berlin zu merken, und
zwar an den Faßaden, Innenarchitektur in großen Villen. Man hat nicht nur
Reichsgebäude gebaut, sondern auch Mietskasernen. Das waren hohe Wohnblocks,
wo es 100 von Wohnungen gibt. Damals wurde alles im neuromanischen Stil gebaut.
Das Reichsgebäude in Deutschland wurde 1894-1899 im Renaicanssestil gebaut. Das
war eine Immitation des Barockstils und das ist der Gründerstil.
Es gibt immer mehr Menschen, die in die Städte ziehen - Vermaßung, Mietskaserne
für proletarische Mietsfamillien.

Wien hat eine lange Tradition. Denn da haben die Habsburger 700 Jahre in der
Donaumonarchie regiert. Das sieht man an der Architektur jener Zeit: der Kaiserliche
Hof, Strassen, Ringstarße, ... Ende des 19. Jh. gab es neue Hofbauten,
Theaterbauten, Universitäten, Parlamentsgebäude. Das alles war gebaut in
verschiedenen Stilen von Gotik bis Klassizismus. Hier kommt die Städtekultur voll
zum Ausdruck. In Wien hat man in den dahinterliegenden Vorstadtsbezirken
Mietskaserne für Arbeiter gebaut.

185
Die Tradition und die Trivialität haben sich in der bürgerlichen Lesekultur geziegt. Die
Literaturszene war damals recht unheitlich. Die Literatur der Gründerzeit war also
nicht einheitlich. Sie war brilliant bis ziemlich schlecht. Es gab Lyriker, die
phantastischen Dinge geschrieben haben. Das war eine Literatur, die sich bis zu
heutigen Tagen erhalten hat: Meyer, Fontane, Raabe, Eschenbach, ... Das ist eine
Literatur für erlesenes Publikum und nicht für jeden Leser, der nicht nachdenken
wollte. Es wurden Themen angeboten, die vom Publikum akzeptiert wurden. Sie
haben "unbequem" geschrieben.

Aber der größte Teil des Publikums hat sich für bessere Autoren nicht interessiert. Er
hing sehr, sehr an der Tradition und interessiert sich wenig für Neues und Modernes.
Die wenigsten Menschen lesen gute Bücher. Es gibt keinen Unterschied zu heutigen
Tagen, was es die Maße der Leser angeht. Damals hat es auch schon das Theater
gegeben, aber alle konnten sich es nicht leisten. Also haben sich die meisten für die
Literatur interessiert, die traditionell war. Sie haben sie in Familienzeitschriften
gelesen, in Heftchenreihen, sie haben sich die Bücher auch ausgeliehen. Vor allem
wurde unterhaltende, poetische und wissenschaftliche Literatur gelesen. Heute kann
man dieses Publikum mit dem Publikum, das Esmeralda sieht, vergleichen. In
Deutschland konnte damals schon 90% der Bewöhner lesen und schreiben. Auch
Arbeiter haben gelesen. Sie waren ziemlich klassenbewußt und wollten etwas gegen
Industrielles zu machen. Sie haben die sozialdemokratische Arbeiterliteratur gelesen.
Das waren Dinge, die sie als Berufsstand interessieren oder sie wollten etwas quasi
Gehobeneres lesen, ein Etwas für die Seele.

Um dem massenhaften Publikum entsprechen zu können, hat es preißwerte


Publikationen gegeben wie Zeitschriften, Zeitungen, Taschenbücher, Taschenhefte.
Warum hatten die Taschenbücher in Slowenien keinen Erfolg?
- Die Taschenbücher, wenn es sie lohnen soll herauszugeben, müssen sie in großen
Auflagen erscheinen, in Auflagen 300 000 Exemplaren. Das war aber in Slowenien
unmöglich zu verkaufen.
In Leipzig gab es im 1828 einen berühmten Verlag - Verlag Reclam. Dieser Verlag
gründete im 1867 seine berühmte Heftchenreihe, die berühmte
Reclamsuniversalbibliothek. Der erste Band, der in dieser Reihe erschienen ist, war
Goethes Faust. Da sind zuerst anerkannte belletristische Werke erschienen, später
auch wissenschaftliche Bücher und Bücher zum praktischen Gebrauch.
Dieser Verlag hat eine interessante Entwicklung genommen. Nach 1945 ist der
Besitzer aus Osten nach Westen umgezogen und hat auch in Westdeutschland einen
Reclamverlag gegründet. Nach der Vereinigung Deutschlands gab es nur noch einen
Verlag mit zwei Sitzen.
Die Auflage der Taschenbücher war groß, preisniedrig. Aber erst nach dem ein
Taschenbuch einen großen Erfolg erreichte, wurde er als Reclam "Hardcover" (trde
platnice) verkauft. So war die Reclamliteratur nicht ganz neu.

Die Literatur für das große Lesepublikum wurde im aufklärerischen Vorzeichen -


unterhalten und belehren - geschrieben. Das versuchte man innerhalb eines Buchs
vereinen.

186
Die Volksbildungszeitschriften wurden viel gelesen, wie z. B. Die Gartenlaube, die
fast 100 Jahre erschienen ist (1853 - 1944). Am Ende des 19. Jh. hat sie 380 00
Exemplaren gehabt.
Seit 1856 hat es die sogenannten Westermannsmonatshefte gegeben.
In Österreich gab es Der Heimgarten, wessen Herausgeber P. Rosegger war und hat
darin auch geschrieben.

Wir sprechen hier über die Heimatsdichtung, über die volkstümliche Literatur, die
sehr epigonal war. Sie stand in der Tradition der besten Dichter, aber war sehr
vereinfacht. Sie war für einfaches Publikum, das lesen konnte, aber nicht gebildet
war, gemeint. Sie hat das Industriepublikum der Großstädten angesprochen. Das war
eine ländliche Heimatsliteratur. Die Vorbilder für die Heimatdichter waren: Jeremias
Gotthelf, J. Peter Hebbel, Berthold Auerbach, Ludwig Anzengruber, P. Rosegger,
Hermann Sudermann (Theaterstücke geschrieben).

Die Entwicklung der ländlichen Heimatliteratur hatte zur Folge, daß es nicht nur
einfache ländliche Heimatdichter gab, aber auch Schriftsteller, die kulturpolitisch
fortschrittlich waren und haben ein Program dieser Literatur entwickelt. Das war die
HEIMATKUNSTBEWEGUNG. Sie haben eine eigene Zeitschrift gehabt: Heimat. Diese
Bewegung bekämpfte die große Stadtkultur - die Moderne, Naturalismus und auch
Expressionismus. Sie kämpften gegen den Jugendstil und gegen alles das, was man
als Intellektualismus bezeichnet. Intellektueller (razumnik) war ein Schimpfwort, weil
sie anders gehandlet haben, als es vorgeschrieben war. Sie haben Naturalismus
angegriffen, der soziale Mißstände auf der Bühne zeigte. Diese Bewegung hat aber
gelichzeitig auch den Gegenteil des Naturalismus angegriffen und das war
Impressionismus. Das war aber nicht richtig.
Diese Heimatkunstbewegung geht immer noch in die nationalistische Richtung und
hat die Grundlage für die BLUT- UND BODENIDEOLOGIE bereitet. Das war die
Ideologie der Nationalsozialisten. Das war also eine gefähliche nationalsozialistische
Bewegung. Diese Bewegung der Blut- und Bodenideologie ist aus einer neutralen
Literatur ausgegangen, aus der Heimatdichtung.

Die negativen Heimatdichter aus 20. Jh. sind eine Richtung, die den
nationalsozialistischen Weg gegangen ist. Sie propagierten die eigene Nationalität
über die Masse und anstifteten zur Ausrottung aller minderwertigen Menschen
(arme, schwarze, alte, andersgläubige,... ) und anderer Nationen.
Lebensbronne (Bronne - ein poetisches Wort für Brunnen) - wo man körperlich zurückbliebene Kinder
hielt, die man später vernichtete, daß man sie nicht mehr in der Welt hat. Das machen heute die
Serben in Kosovo.

4. 5. 1999
Die Heimatliteratur - Blut- und Bodendichtung bekämpfte die Großstadtliteratur
(Modernismus, Intelektualismus). Eingesetzt wurde Naturalismus, später
Expressionismus.
Unterhaltung und Zeitkritik hat man nicht nur in verschiedenen literarischen
Gattungen gefunden, sondern auch in illustrierten Wochenschriften. Bei der
berühmten Zeitschrift Simlicisimus (von 1896 bis 1944 erschienen) haben namhafte

187
Dichter mitgewirkt. Es gab noch andere Zeitschrifte, wie Flügende Blätter
(priznan)
(1844 - 1928). Diese waren fast unpolitisch, in ihnen erschienen die berühmten Bild-
und Versgeschichten von Wilhelm Busch.

Die intellektuelle Opposition jener Zeit (Ende 19. Jh., Anfang 20. Jh.) hat sich in
freisinnigem Liberalismus geäußert. Sie war auch in Katholizismus, Sozialdemokratie
und in marxistischen Gruppierungen engagiert. Sie (Naturalisten) waren
Kunstorientiert und waren nicht sozial-politisch engagiert. Sie haben Elend
geschildert, haben nicht aufgerufen zu Revolutionen usw. Sie haben versucht das
Leben in der Kunst festzuhalten.

In jener Zeit, die eher pessimistisch war, haben 2 Philosophen gewirkt: ARTHUR
SCHOPENHAUER und FRIEDRICH NIETZSCHE. Nietzsche war ein scharfer Denker,
den ein starkes Individuum verherrlicht (poveličevati) hat. Später, als er schon tot war,
wurde er ausgebeutet (ausbeuten - izkoristiti). Er war nämlich nicht naturalistisch
ausgerichtet (usmerjen), sondern er war ein romantischer Denker. Er hat gut
geschrieben und hat auch viele Fragmente hinterlassen.
Nach dem Naturalismus hat es viele Künstler gegeben - Antinaturalisten. Diese Zeit
ist eine wichtige Zeit in der Malerei und Literatur. Zur Atelierkunst ist man zur
Freilichtmalerei (plenerizem) gegangen. Man hat nicht mehr gemalt, was man gesehen
hat, sondern das, was man davon gedacht hat. Man malt nicht mehr Gegenstände,
aber abstrakte Sachen (Picasso).
Es kam zu einem Widerspruch jener Zeit: Obwohl die Künstler unabhängig von der
Öffentlichkeit schuffen, befanden sie sich in der Opposition zu der damaligen
Gesellschaft. Sie distanzierten sich von der Gesellschaft. Das war eine Zeit von
Aufblühen des Kunstgewerbes. Der Markt war frei. Man konnte sich entweder Kunst
oder Kunstgewerbe leisten. Die Künstler haben sich zusammenverbunden in
Künstlervereinigungen und haben als Firmen gewirkt. Das waren Vereine, die dem
Abonnementpublikum künstlerische Auftritte angeboten haben. So haben sie sich
auch verschiedene Ungeheuerlichkeiten (nezaslišanost) gemacht, wie z. B. :
- Die Münchner Sezession (1872) - odcepitev od stare smeri v tehniki führt so zur Moderne
(Jugendstil). Sezession bedeutet Abfall. Es bedeutet, daß einer nicht mehr Mitglied
einer Gesellschaft ist.
Die Sezessionisten (Jugendstil) waren Naturalisten und Expressionisten.

In der Zeit gab es auch Zensur und es gab ein paralleles Leben der etablierten Kunst
und sezessionistischer Kunst. Die Zensur war schon ziemlich großzügig, aber streng
bei den Naturalisten. Die haben nämlich etwas gezeigt, was man nicht gerne sieht,
und zwar arme Menschen, Elend, schattende Seiten des Industrialismus. Das hat die
naturalistische Kunst sehr ungewöhnlich gezeigt. Ihre Stücke haben sie neu gezeigt
in versteckten Theater, spät in der Nacht. Das Publikum war ausgewählt, aber war
wegen der Zensur schwer zu finden. Arthur Schnitzler (er war kein richtiger
Naturalist). Seine Prosa war aber verboten. Man warf ihm Judentum vor. Er hat
Theaterstücke geschrieben, die 50 Jahre nicht auf der Bühne erscheinen durften. So
ein Stück von Schnitzler war Sexueller Totentanz. Er zeigt Sexualität auf der Bühne.

In dieser Zeit haben sich die Künstler sehr viel zusammengetroffen und haben
ähnlich wie im Barock gelebt, wo man verschiedene Gespräche geführt hat. Auch

188
zwischen Autoren gab es viele Treffen. Da haben sie ihre Werke gelesen. Die
beliebtesten Treffpunkte waren die Cafes. Diese gibt es noch heute in Wien. Die
Cafes waren Städte der gebildeten Menschen, wo man auch Wörterbücher und
Lexika hatte. Sie haben eine große Rolle im künstlerischen Leben gespielt. In
Ljubljana haben sich Cankar und andere im Cafe Union getroffen.

In der Zeit der Moderne ist ein Nebeneinander von verschiedenen Stilrichtungen
kennzeichnend. Es gab viele Stile. Auch die Periodisierung der Moderne ist sehr
schwer. Wenn man von der Moderne spricht, meint man die Zeit, die mit
Naturalismus begonnen hat.

Der literarische Markt hat von Traditionalisten / Epigonen gelebt; von Fontane, der
vor Naturalismus geschrieben hat. Erster Schritt zu Moderne ist der Auftritt der
Naturalisten in den 80er Jahren des 19. Jh. mit Gerhard Hauptmann (1889) und
seinem Drama Vor Sonnenaufgang. Die Familie in diesem Stück nimmt ein böses
Ende. Gezeigt wird also Elend, Alkoholismus, ...
Ziemlich bald (1890) haben sich schon viele Dichter von Naturalisten distanziert. Das
waren Symbolisten, Impressionisten, Sezessionisten (Jugendstil), Expressionisten, die
eine andere Kunst betrieben als die Naturalisten es taten.

Naturalismus war eine Bewegung, die ziemlich der Tradition verpflichtet war, aber
trotzdem war es etwas Neues. Sie steht an der Schwelle des 19. Jh. ins 20. Jh. Man
richtete sich nach der Tradition des 19. Jh. und wurde auf die modernen Dingen des
20. Jh. eingestellt. Naturalismus war so eine moderne Bewegung, wie es einmal
Sturm und Drang war. Sie haben sich sehr genau an Sturm und Drang angeknüpft
und auch an Georg Büchner, der ein Lockvogel für Naturalisten war. Naturalisten
wollten eine Revolution, aber mehr eine Revolution in der Literatur.
Gleichzeitig kommt es so auch zu Impressionisten, Symbolisten. Sie waren modern,
revolutionär. Expressionisten waren sozial engagiert und auch revolutionär.

Die Moderne dauerte von 1880 bis nach dem Zweiten Weltkrieg. Eingesetzt wurde
diese Bewegung als eine uneinheitliche Epoche. Der Unterschied zwischen
Naturalismus und Expressionismus/ Impressionismus ist viel, viel krasser (drastičen,
nezaslišan). Das war eine Zeit, die mit der heutigen Zeit zu vergleichen ist. Auch heute
steht man an der Jahrhundertwende.
Die Großmachten begannen zu zerfallen (England, Spanien, ...). Die Zeit stand im
Zeichen des Krieges (wie heute). Damals gab es einen Menschen, der gegen den
Ersten Weltkrieg war und das war Heinrich Mann. Viele Expressionisten und
Imperialisten sind im Ersten Weltkrieg gefallen, oder sie haben sich drogiert, viele
waren schwer verletzt und an den Folgen der Wunden gestorben. Viele sind auch zu
Pazifisten geworden.
Das war ein Leben im Schatten des Krieges. Die Themen dieser Epoche waren:
Liebe, Tod, Duell, Elend, Ausbeutung (izkoriščanje).

189
NATURALISMUS

Naturalismus begann in Frankreich (Zola).


In Deutschland war das die Zeit des Wilhelminismus (aus dem Bereich Politik). Der
Kaiser Wilhelm hatte die Macht. Es wächst eine neue Generation.
Das Theaterstück Vor Sonnenaufgang war in der Literatur ein neues Lob, obwohl es
von Fontane abgelehnt war. Diese Art von Kunst wurde auch von der Regierung
abgelehnt. Sowohl auch von dem Publikum und vielen Dichtern. Diese Stücke sind
nicht schön, nicht gut, aber so war die Wirklichkeit. Man hat Dreck, Abscheu, Elend
gezeigt, keine Ideale. Man sagte, daß man das nicht wollte.
Die Naturalisten waren aber immer wieder verboten. So haben sie sich in
verschiedenen Vereinen engagiert und deswegen gab es auch viele verschiedenen
Zeitschriften. Es gab einen Verein in Berlin, in München, ... Dann gab es auch eine
Zeitschrift Gesellschaft, die über Demokratie, Frauenemanzipation, Pazifismus, ...
geschrieben hat.

Mitarbeiter von diesen Zeitschriften waren Dichter, auch Intellektuelle, wie z. B.


Bertha von Zuttna. Bertha war eine adlige Frau aus Böhmen, eine
Friedennobelpreisträgerin, die sich für Dichter, die nicht anerkannt wurden,
eingesetzt hat.
Diese Literaten haben kein politisches Program entwickelt, sie waren aber
sozialkritisch, waren neu und revolutionär. Ihre Themen waren weniger atraktiv:
Verarmung, Industrialisierung, Maße in Großstädten, ... Diese Themen hatten aber
auch literaturhisorisch eine große Rolle. Die Naturalisten sagten, daß es keine
Tragödie mehr gibt, sondern nur noch individuelle Unfälle.
In dieser Zeit waren Elend, Triebleben (nagonsko življenje), Verarmung, Säuferei Tabus.
Es gibt vieles, das man moral oder unmoral sieht. Es gab eine neue Gestaltung der
Gesellschaft: uneheliche Kinder, Psychonalisten, Erklärung der Sexsualität, ...
Bei Storm rettet ein junger Mann eine junge Frau aus dem Wasser. Weil er sie
gehalten hat, mußte er sie heiraten. Anderseits gab es aber auch Verarmung,
Säuferei, ...

Der Naturalismus ist ein Ausdruck, den man in der Malerei vom französischen Maler
Courbet [kurbe] verwendet hat. Der Naturalismus hat das Denken in der Kunst auf den
Kopf gestellt.

- Materialistische - atheistische Theorie von Menschen: Diese Menschen wollte man


nicht so darstellen als die, die etwas wollten, die Ideale hatten, sondern man stellt
sich die Frage: Was ein Mensch nach seiner Herkunft ist? - So erklärte man
Menschen aus zwei Trieben heraus:
1) Selbsterhaltungstrieb, der die Menschen aus sozialer Sicht bestimmt; aus der Sicht
der Politik, der Wirtschaft.
2) Arterhaltungstrieb, der die Sexualität eines Menschen bestimmt.

- S. Freud: die Theorie des Unbewußten

190
Die Vorläufer der Naturalisten waren: Jeremias Gotthelf, Dostojevski, Tolstoj,
Büchner, Ibsen, Strinberg, auch wichtig war Emil Zola, August Comte (französischer
Philosoph), Hyppolite Taine [ten] (französischer Philosoph). Die letzten zwei
französische Philosophen haben hingewiesen, daß der Mensch ein Produkt von
Vererbung (Gene) und Milieu (Umgebung) ist. Die Menschen bestimmt das, wie und
wo sie leben, und die Rasse. Das Milieu trägt hier den kleineren Anteil und die
Vererbung und Rasse den größeren.
In Paris ist Naturalismus 1889 entstanden, als Theatre libre (Freie Bühne) gegründet
war. Auf dieser Bühne konnte man naturalistische Stücke zeigen. Diese wurden für
das "geladene Publikum" gespielt, und zwar in der Nacht.
Im Jahr 1889 wurde in Berlin ein Verlag geründet - Freie Bühne. Die Schauspieler
mußten zusammengesucht werden.

Erst im Jahr 1894 konnte man sich ein eigenes Haus (Theater) leisten - Deutsches
Theater. Der Direktor, Regisseur und der Dramaturg war OTTO BRAHM. Er war
maßgeben für die Entwicklung des neuen Stils in dem Theater. Es gab eine Krise im
Theater. Es kam nämlich zu einer blöden Situation, wo sich das Theater nicht mehr
entwickelte.

Neue Stoffe, neue Formen

Literaturgeschichte:
- 1. Naturalismus hat neue Stoffgebiete gezeigt.
- 2. Es ist zur Gründung neuer Formen in der Dichtung gekommen.

ad 1)
Der Stoffkreis ist gebunden an die historischen politischen Probleme. Ein noch
größeres Problem war aber das Auftauchen des 4. Standes PROLETARIER. Aus der
Literatur waren diese vollig ausgeschlossen (Ausnahme Woyzeck). Über diese
Probleme haben die Jugendstildichter geschrieben. Durch Naturalismus wird
Arbeiterliteratur lebendig. Aus dem Standesbewußtsein entwickelte sich im Laufe der
Zeit ein Klassenbewußtsein. Nach 1945 entwickelt sich daraus der Kommunismus.
Man zeigte den Kampf um das Dasein, wo nicht nur der Wille des Menschen
entscheidend ist, sondern die Kräfte der Natur: Rasse, Vererbung und das Milieu. Der
Mensch wird also dadurch bestimmt.

Die naturwissenschaftlichen Grundlagen der Literatur:


Der Dichter ist in seiner Weise ein Experimmentator, wie der Chemiker, der allerlei
Stoffe mischt. Keine Phantasie ist gefragt.
All das, was ein Mensch durch Rasse, Vererbung und Milieu ist, bestimmt seine
Handlung. Es ist wichtig, was der Mensch aus dieser Erde mitnimmt. Der Mensch ist
determiniert, er hat keine Freiheit mehr und hat eine ziemlich passivische Haltung.

ad 2)
Die Form war eine originelle; was man noch nicht gesehen hat.
Die Kunst hat die Tendenz wieder die Natur zu sein. Aber die Kunst und die Natur
passen nicht zusammen, sie widersprechen sich. Schon Gottsched hat gesagt, daß

191
die Kunst eine Nachahmung der Natur sei. Hier wollen aber alle die Natur
wiedergeben, so wie sie ist. Man sagt, daß das Kunstvolle immer die Natur zerstört.
Wieviel von der Natur ist aber überhaupt in der Kunst möglich?

Die Hauptsache ist, daß die naturalistische Dichtung eine natürliche Form finden
muß. Von den verschiedenen Gattungen in der Literatur ist die Lyrik am meisten
unnatürlich. Dem Leben ähnlicher ist das Drama. Also fehlt die Lyrik im Naturalismus
weg.
In dem Drama geht es auch ein Paar Schritte weiter:
- man verzichtete auf Reim
- es gibt Umgangssprache
- Genauigkeit wird gefragt, d. b. man soll wissenschaftlich genau schreiben

Wenn man Lyrik schreibt, wurde da auch die Umgangssprache verwendet.

Das ist ein naturalistischer Stil oder Sekundärstil.


Die Menschen reden miteinander umgangssprachlich, stichwortartig, ... und das
wurde in der Literatur angenommen. Es gibt keine langen Sätze mehr, nur noch
abgeschriebene Sätze der Wirklichkeit.
Im Naturalismus gibt es keine Dialoge, sondern Monologe. Jeder spricht von dem,
was ihm an der Seele liegt. Eine Kommunikation in dem Sinne gibt es nicht mehr. Es
gibt nur noch abgebrochene Sätze, Bildenfolge, Mundart, so wie in der Wirklichkeit.
Deshalb sind die Regieanweisungen sehr wichtig. Sie sagen alles und sind Seiten
lang. Der Regisseur hat wenig Freiheit, denn die Regieanweisungen fixieren alles.
Der Dichter erfindet die Stoffe, Inhalte, Themen nicht, sie sind aus der Realität
genommen, und die Realität ist nicht immer schön und ideal.

5. 5. 1999
Bei der Zeitschrift Simplicissimus hat auch der slowenische Maler Franz Tratnik (1881
- 1975) mitgewirkt. Anfang des 20. Jh. wurde in Berlin die Zeitschrift Sturm
(expressionistisch) herausgegeben, bei welcher der slowenische Maler France Kralj
(1895 - 1960) mitgewirkt hat.

Was für den deutschen Naturalismus prägend, charakteristisch war: deutsche


Naturalisten haben von andern deutschen Autoren, von Französen, Russen und Ibsen
abgeguckt
1. - die strenge Beibeachtung der Außenwelt
2. - Eindrengen in die Tiefen des Seelenlebens (Unbewußte)
3. - das schönungslose Aufdecken der Wirklichkeit und mit ihr die Konflikte und die
Abgründung
4. - Berührung mit dem Hässlichen
- Mitleid mit Ausgestossenen und Erniedrigten (Helden der neuen Dichtung)
- Entlarfung des privaten und öffentlichen Lebens (Nachfolge des Ibsen)

Naturalisten und Experimentalroman

192
Naturalisten haben sich auf zwei Gebieten geäußert: auf dem Praktischen und
Theoretischen.
Ein wichtiger Expressionist war Emil Zola (1840 - 1902). Er hat ein Zyklus von
Romanen geschrieben Les Rougon - Macquart mit 20 Bände. Hier beschäftigte er sich
mit dem bilogischen und dem sozialen Verfall einer Familie in 5 Generationen. Das
Milieu war präzise dargestellt. Um diese Plätze richtig zu schildern, haben
Naturalisten zusammen mit diesen Menschen gelebt. So hat Zola mit
Bergbaumenschen zusammengelebt. Es gibt noch genaue Notizen über dieses Leben.
Er schrieb eine Kopie des wirklichen Lebens.

Von einem Naturalisten hat man verlangt, daß er wie ein Wissenschaftler arbeiten
solle. Er soll einen Roman aufgrund der Fakten schreiben und dieser Roman soll ein
Experiment sein. In einem Roman werden wirklich die Fakten gezeigt. Die Erfindung
besteht nur darin, daß der Autor die individuellen Personen erfindet und stellt sie in
sozial-historische Situationen ein.
Zola hat dabei montiert. Er hat die Beobachtungen, die Statistik einmontiert. So ist
sein Roman ein genaues Produkt seiner Arbeit.

Die Gesetzmässigkeit (zakonitost) hat man in der Literatur darin gesehen, daß der
Mensch biologisch durch die Vererbung und sozial durch das Milieu bestimmt war.

Einfluß des Naturalismus von Positivismus

Der Positivismus basiert auf zwei Menschen:


- Auguste Comte (1798 - 1857)
- Hippolyte Teine (1828 - 1893)
Der Positivismus berührt auf Tatsachen und verzichtet auf die Methaphysik. Die
Wissenschaft soll nach den Gesetzmässigkeiten formuliert werden aufgrund der
beobachtenden Tatsachen.
Auch Charles Darwin war ein Positivist.

Teine hat positivistische Voraussetzunge auf der Geschichte gebaut:


- Die Rasse bedeutet das biologische Erbgut (dedne zasnove).
- Das Milieu bedeutet die soziale Umwelt.
- Die Zeit bedeutet die zeitgeschichtlichen Situationen.

Für die Positivisten und Naturalisten bedeutet die Wirklichkeit nur


Erfahrungswirklichkeit der Welt. Die Schicksale sind vom Erbgut, von der sozialen
Umwelt und von der Zeit determiniert. Es ist natürlich, daß der Mensch diese
Determiniertheit in Katastrophen und Konflikten erfährt. Das wird in natürlichen
Dramen gezeigt, und zwar kann man das am besten an den Proletarien zeigen. Ein
Mensch ist am unfreisten beim Geld.

Die Naturalisten hatten 3 Interessen:


1. - das gesellschaftliche Engagement
2. - das Bemühen um eine Lebensnähe (volksnahe Dichtung)
3. - positivistische Erkenntnishaltung

193
Das war die Theorie, aber wie es praktisch ausgeschauen ist, hat Hauptmann in
seiner autobiographischen Schrift geschildert: Der Grundzug (osnovna značilnost) der
Naturalisten war die Gläubigkeit, und:
1. - sie glaubten an den Fortschritt des Menschen,
2. - an den Sieg der Naturwissenschaft
3. - an die letzte Entschleierung der Natur
4. - an den Sieg der Wahrheit
5. - an die religiöse Verblendung zu vernichten
6. - an die Selbstzerfleischung der Menschheit durch den Krieg
7. - an den Sieg der Brüderlichkeit

Die Geburtstädte der Naturalisten waren die Großstädte, wie München mit der
Zeitschrift ....... und Berlin mit dem Verein Freie Bühne und der Zeitschrift Kritische
Waffengänge.
Dadurch konzentriert sich der Proletariat in der Großstadt.

PROSA IM NATURALISMUS

Zwei Autoren Arno HOLZ (1863 - 1929) und Johannes SCHLAF (1862 - 1941)
publizierten 1889 eine Sammlung von Novellen mit dem Titel PAPA HAMLET. Das
waren übrigens drei Erzählskizzen. Die beiden Autoren verbargen sich hinter dem
norwegischen Pseudonym Bjarne F. Holmsen. Sie ließen sich inspirieren von Robbe-
Grillet [rob grije], Ibsen, von den Russen und sie entwickeln einen neuen Schreibstil -
die Zeitlupentechnik. Ein anderes Wort dafür ist Sekundenstil. Es wurde also alles
unter der Zeitlupe beobachtet und festgehalten. Man beobachtet ganz genau, wie es
passiert und es wird sekundengenau festgehalten. Nicht nur das Visuelle wird
gezeigt, sondern auch das Akustische. Die Sprecher wiederholten oft die gleichen
Wörter und dadurch wird alles hörbar gemacht. Detailschilderung wird
großgeschrieben. Alles wird festgehalten, nichts ist unwichtig.

Skizze: Es wird eine Todesnacht eines Studenten geschildert, der duelliert hat und im
Sterben liegt. Es wird beschrieben, daß bei ihm zwei Kollegen sitzen und warten und
versuchen die Nacht zu überleben in der Hoffnung, daß der Freund nicht sterben
wird. Sie versuchen sich zu unterhalten.
In der zweiten Skizze wird ein knapp-telegrammartiger Dialog dargestellt. Der war
nur auf das Wichtigste konzentriert. Knappe, genaue Information: "Es friert ihn." Es
gibt eine schreckliche Präsenz von Wirklichkeit.
"Die Fliegen fingen an zu summen." (Akustik)
Der Dialog schaut ungefähr so aus: "Du." - "Was denn?" ......

Die Kunst hat die Tendenz wieder die Natur zu sein.


"Kunst = Natur - x"
"x" ist eine Variable, der veränderbare Anteil des dichtenden Ichs. "x" ist möglichst
klein zu halten.. Es muß möglichst klein sein, um die Wirklichkeit darzustellen.

194
Auch Gedichte hat man im Naturalismus vereinzelt. Aber diese Gedichte sind ein
Jammer; ungereimt, stofflich knüpfen sie an das Bild einsammen Poeten in den
Dachkammern.
Man zeigt das Moderne mit neusprachlichen Mitteln. Das hat man auch versucht in
einem Monstergedicht PHANTASUS. Dieses Gedicht enthält 1300 Seiten.
- Mittelachse (von Links und Rechts alles gleich)
- Sprachlich: es wird auch Jargon verwendet.
- Banalle Sätze, lagig (plastovito)
- Man arbeitet mit Assoziationen.
- Stofflich wurde Büchner nachgeahmt.

Der Naturalismus ist eine Bewegung, die an die Tradition anknüpft und sie
weiterentwickelt. Das Mozaik versucht das Ganze darzustellen. Man sieht nur Teile
und die versucht man zusammenzufügen.

11. 5. 1999
PAPA HAMLET (1889)
Von Arno HOLZ und Johannes SCHLAF sind drei Erzählskizzen erschienen:

- Der erste Schultag, wo die Situation eines Schulanfängers, der einem sadistischen
Lehrer ausgeliefert ist, geschildert wurde.

- Ein Tod, wo beschrieben wurde, wie zwei Studenten die Nacht am Bett eines
sterbenden Duellanten verbringen.

- Aber für die Entwicklungsgeschichte des deutschen Naturalismus fällt nur die
Titelerzählung ins Gewicht: Papa Hamlet.
Protagonist der Erzählung ist ein Schmierenschauspieler (nestrokovni igralec, mazač)
Papa, der mit seiner schwindsüchtigen Frau in Schmutz, Hunger und Kälte lebt. Die
Schauspieler stecken oft voller Zitate, die sie auch im Leben benutzen. Papa war aber
arbeitslos und er war ein Säufer. Hier wird der Alkoholismus und das totkranke Kind
un seine totkranke Frau thematisiert. So ist der Schauspieler Papa die Klage seines
eigenen Schicksals. In einem Wutanfall hat er sein schreiendes, kränkelndes Kind
erwürgt und ist dann am Alkohol zugrunde gegangen.

In diesen (Papa Hamlet) und anderen naturalistischen Studien ist nicht nur die
Sprache wichtig, sondern auch die Gesten sind wichtig; was man hört, riecht, mit
einem Wort, alle im Leben eines Menschen begleitende Geräusche. Denn die Kunst
hat die Tendenz wieder die Natur zu sein. Man hat da versucht die Dialoge, die
alltägliche Sprache, so wie sie sind, wiederzugeben. So hat man in den Dialogen

195
Jargon, Mundart, Dialekt verwendet. Man hat sich um die künstlerische
Ausdruckfähigkeit der Alltagssprache bemüht.
Eine große Rolle spielen die rhythmischen Valenzen, wie man die Gedanken gliedert.

Wie schon gesagt, sind in der Prosa und in dem Drama die Gesten, Bewegungen,
Interjektionen, Lautfetzen (man spricht mit allen Fehler), Anakoluthen (Sätze ohne richtigen
Abschluß) und Stummelsätze verdrängen die syntaktisch-semantische Kongruenz der
Sprache. Die erzählte Realität löst sich fast ganz im Gespräch auf.
Hier sieht man jetzt das Problem, das Jean Paul schon im 16. Jh. rausgenommen hat.
Er hat nämlich Fragmente geschrieben, weil er die Realität als einen Teil des Ganzen
genommen hat und hat das in Form von Fragmenten auch so geschildert. Dann hat
die Romantik das Fragment weiter gepflegt und montiert. Aber die Romantik hat die
Grenzen entgrenzt und wollte alles von dem Leben und der Kunst in einem
Kunstwerk aufnehmen. Das geht dann im Naturalismus weiter. Hier sind die Dialoge
nicht mehr als ganze vorhanden. Es gibt impressionistische Beschreibungen.
Naturalismus war zwar künstlerisch nicht befriedigend, war aber eine sehr wichtige
Bewegung in der Literatur. Die Folgen waren impressionistisch-symbolistische Züge.
Schon im Jahr 1911 war der Fliederzweig ein Symbol der Aufmerksamkeit, Symbol
des Duftes und der Blume. Und wenn ein Künstler ein Werk schafft, muß sich der
Anteil des Künstlers auch in dem Werk zeigen.

Was im Naturalismus noch wichtig ist, ist die erzählte Zeit und die Erzählzeit.
- Die erzählte Zeit ist jene Zeit, von der man erzählt.
- Die Erzählzeit ist die Zeit der Literatur.
Da wird eine Geschichte erzählt im Roman. Aufgrund des Telegrammstils decken sie
sich die erzählte Zeit und die Erzählzeit. Das, daß sie sich diese beiden Zeiten
decken, ist ein absolutes Novum in der Literatur.
Die erzählte Realität wird im Gespräch ausgelöst (izzvana, pokazana). Der Dialog im
Naturalismus ist dominant.

Es gibt auch neue Themenbereiche: soziales Elend des großstädtischen


Industrieproletariats und die triste (turoben, žalosten) Schattenwelt von Armut und
Laster.
Die Umwelt des Menschens hat sich radikal verändert und deswegen auch die
Literatur. Die
Thematisierung der Psychologie wird in der Literatur weitergegeben, weil die
Psychologie ganze Schichten des menschlichen Bewußtseins erweitert hat.

Aber wenn man das Unbewußte in das Dichten eigeben will, wie soll man das
meistern?
- Deswegen hat man 1900 den Inneren Monolog erfunden. Der Innere Monolog ist
die Wiedergabe des Bewußtseinstromes. D. b., daß ein Autor nachdenkt und wir
hören diesen Gedanken zu, bzw. wir lesen sie.

Die Prosa des konsequenten Naturalismus wird nach naturalistischen Theorien


geschildert: arme Leute, soziale Fragen, Elend. Ausschnitte aus dem Alltagsleben
werden geschildert, die Betonung liegt an armen Leuten, an dem Milieu. Mit dem
Roman, der das ganze Leben darstellt, ist es aus. Genau so ist es mit der Novelle, die

196
bisher ein Ausschnitt aus dem Leben darstellen sollte. Jetzt wird auch der Roman
betont als nur ein Ausschnitt aus dem Alltagsleben, selbst, wenn das ganze Leben ein
bischen gezeigt wird. Aber das dürfen wir nicht als ein einheitliches Bild sehen,
sondern als Ausschnitte. Es gibt sogar lange Romane, die nur von einem Nachmittag
erzählen. Man muß sich nur auf das Wichtigste in einem Roman konzentrieren.
Robert MUSIL spricht so von der perspektivischen Verkürzung des Verstandes. Denn
genau so ist es auch bei dem Vestand. Er hat einen Roman geschrieben mit dem
Titel Der Mann ohne Eigenschaften.
Ein Autor muß immer wissen, was er in einem Stück darstellen will und was von
Ganzem am wichtigsten ist. Z. B. bei einem Roman, überlege ich es mir als Autor
eine Figur und jetzt möchte ich die Geschichte dieser Figur erzählen. Aber ich kann
nur eine Geschichte aus ihrem Leben erzählen und das kann ich aufgrund aller ihren
Geschichten, die ich aus ihrem Leben kenne, machen. Nur die eine Geschichte ist
wichtig und alle anderen lasse ich aus.
Puganik Ingrid (Österreicherin) - ihr Roman aus den 80er Jahren: LAILA. Er ist fragmentarisch erzählt
in Form von Sentenzen. Die Komposition ist so wie bei Woyzeck, jede Szene für sich.

Gottfried BENN (1886 - 1956) bespricht im Dr. Bonne Komplex die große Sehnsucht
des Menschen nach der Einfachkeit. Er beschreibt, wie ein Mensch im Cafe sitzt und
nimmt die Menschen dort auch nicht mehr ganz wahr. Alles sieht er fragmentarisch:
bei einem nur seine Nase, bei einem anderen die Pickel, ... und er sehnt sich nach
dem ursprunglichen Leben, nach der Komplexität des Lebens.

Ähnlich war es bei Büchners Lenz, wo Lenz durchs Gebirge geht und spürt die Natur.
Er lebt noch einfach.
Diese Sehnsucht nach der Ursprunglichkeit, Einfachkeit und Kompexität konnte man
auch schon bei Hölderlin spüren: überall gab es Handwerker (Theologe) , aber keine
Menschen. Bei ihm war schon alles zerstücklet.
Im Naturalismus ist aber die Kompexität abhanden gekommen (izgubiti se) - je mehr
ein Mensch weiß, weniger durchschaut er und kann es nicht wahrnehmen und
wiedergeben.

Die Geschichten im Naturalismus waren geschildert in Handlungspoanten: Liebe,


Aufstand, Ausruhen, aber es gibt keine Handlungen mehr. Wenn der Tod
beschrieben wird, wird er nur als ein Zustand geschildert. Auch die Liebe zwischen
zwei Menschen ist nur eine flüchtige Episode. Das Leben geht danach unverändert
weiter.
Es gibt keinen höheren Sinn, kein Schicksal, kein Verhängnis, keine hohe Gewalt, nur
ein Lebensausschnitt und keiner hat was bemerkt; es geht weiter.

Um den Naturalismus richtig einzuschätzen muß man einen naturalistischen Text mit
einem realistischen vergleichen. So merkt man im Naturalismus, wenn man
naturalistische Dinge liest, daß sich eine gesamte Situation aus kleinsten Details
zusammensetzt, wo der Mensch nichr handelt, sondern es passiert etwas mit ihm.
Der Mensch im Naturalismus entscheidet über nichts. Man sieht nur allem zu, wie in
einem Film und man hört nur einige Reden, Dialoge in Alltagssprache. Wir können
uns das ansehen wie in einem Dokumentarfilm, alles aneinander festgehalten.

197
Seit Naturalismus benutzt man die Sprache als Sprachmaterial. Man notiert
Stammeln, Nebengeräusche, Atempausen. Was hier gezeigt wird, ist Alltagsleben.
Andersseits gibt es aber auch exemplarische Lebenssituationen. Das ist dann die
Vielschichtigkeit des Naturalismus.

Naturalistischer Stil ist eine genaueste Vorbildung einer Realität. Diese


Gesamtwirkung der Realität, vermittelt durch die Kunst, enthält mehr, und zwar
schon dadurch, daß ein exemplarisches Leben dargestellt wird mit Grauelsituationen
wie: Liebe, Tod, Armut, Opfer.
Die Details des banalen Leben gewinnen im Zusammenhang mit dem Kunstwerk ein
Symbol von Sensucht, Leben.
Das Kunstwerk wird dadurch gebaut, daß die Motive assoziativ miteinander
verflochten und daraus entsteht ein Inneres Monolog. Man denkt abgebrochen und
man "sagt" nicht alles. Erst der Innere Monolog erschließt dann ganz andere
Möglichkeiten.

Aber Naturalismus schaut sich um, gibt wieder, was Natur ist und transponiert die
wirklich gesprochenen Sätze in die Literatur hinein. Das ist die Montage so wie bei
Büchner, der historische Geschichten montiert hat. Im Naturalismus wird aber die
Realität in die Kunst hineinmontiert.
Also die Montagetechnik wird weiter gepflegt auch von: Dublin (Berlin
Alexanderplatz), Thomas Mann, James Joyce.
Wenn wir die Skizze Papa Hamlet nehmen: ein Schauspieler, der säuft; kranke Frau;
ein Kind, ... - Was kann hier montiert werden? Als der Schauspieler den Text
auswendig lernt, rekapituliert er den Text und benutzt ihn im Leben als eine
Anspielung (namigovanje) seiner Situation oder er benutzt die Zitate aus Gewohnheit.
Man fragt sich, ob der Schauspieler Papa Hamlet wahnsinnig ist oder spielt er das
nur. Und das ist wieder eine Montage aus dem Werk. Aus Dialogen sieht man, wie
hier montiert wird.
Papa Hamlets Frau ist schwindsuchtig (tuberkuloza) und diese Krankheit ist
ansteckend. Jetzt weiß sie nicht, ob sie das Kind weiter stillen soll oder nicht. Über das
haben wir einen Ausschnitt gelesen. Es gibt ein Aneinandergehen aus verschiedenen
Situationen und deswegen ist die Wirkung an die Zuschauer ironisch und gleichzeitig
traurig.

Der Pathos des klassischen Theaters ironisiert die Banalität. Ein unfähiger
Schauspieler, der zitiert, schwatzt und nichts macht, ist pathetisch. Wegen der
Banalität, die in die Dichtung eingeblendet (vriniti) wird, übergeht das tragische
Pathos. Das Gute ist auch für banale Situationen passend. Man will das Leben in der
Kunst erfassen (zajemati).

Diese Art der Wiedergabe des Lebens in der Kunst kann man als eine Revolution von
Kunst und Literatur betrachten. Naturalismus hat mit Vorliebe das Elend, die Exzesse,
unheldenhafte Figuren geschildert. Naturalismus hat absolut abgelehnt die
ausergewöhnlichen Sachen darzustellen. Für die Naturalisten waren edle Helden
ungewöhnlich. Man hat die Normalität gezeigt, das, was als hässlich, niedrig
bezeichnet wird (Dirne, Alkohol). Das war zum ersten Mal nach Woyzeck und Lenz

198
wieder gezeigt. Die Randfiguren außerhalb der bürgerlichen Welt werden geschildert,
die sich daraus abzuheben versuchen, aber schaffen es nicht.

Die naturalistische Literatur soll mithilfe der objektiven Darstellung der Wirklichkeit
aufklären und informieren. Sie ist nicht didaktisch. Sie möchte die schlechte
Wirklichkeit nicht verändern, aber will das zusammenhalten.

GERHARD HAUPTMANN (1862 - 1946)

Hauptmann ist jene Figur in der deutschen Literatur, die mit Naturalismus berühmt
geworden ist. Er war aber nicht nur Naturalist, sondern hat sich in verschiedenen
Stoffen und Stilen versucht. Den literarischen Durchbruch fand er in den Jahren seit
1885, als er in Berlin lebte und mit den andern Naturalisten den Umgang pflegte.
Die Berliner Naturalisten haben sich meist für das Großstadtproletariat interessiert.
Hauptmanns Vorliebe galt aber den kleinen Leuten am Stadtrand. Er war ein großer
Dichter der Heimat. Schlesien hat er bleibende Denkmäle gesetzt. Aber Hauptmann
war kein Heimatdichter, die wir nach Karl May erwähnt haben. Er hat nämlich nicht
die Richtung der Blut- und Bodenliteratur genommen. Er hat aber die Heimat, das
Volk in Deutschland wiedergegeben. Die Kleinstadt, das Land und einfache Menschen
kannte er aus seiner Kindheit aus Schlesien und deswegen kannte er auch die
Familienkonflikte dieser Menschen, ihr Leid, ihre Erlebnisse, ihre Alltagsgeschichten,
ihre Realität. Er kannte also all die fatalistischen Schicksalsgläubigkeiten (Aberglaube)
der Menschen.

Deshalb hat er von Anfang an in seinen naturalistischen Werken das Irreale zu der
Realität hingefügt. Er war nie ein purer, außschlieslicher Naturalist. Hauptmann war
für alle ein großer Trost.

Er wurde als Sohn eines Hotelbesitzers geboren. Sein Großvater war Weber. In die
Schule und in das Gymnasium ging er nicht gern. Die Matura hat er nicht gemacht.
Später hat er sich als Agronom ausgebildet. Ist nach Rom gegangen. Da wollte er
Bildhauer werden. Gleichzeitig hat er auch Gedichte geschrieben, aber seine beiden
Tätigkeiten waren nicht großartig. Gescheitert kommt er zurück nach Hause, er hat
keinen Beruf.
Dann ist es ihm klar geworden, wie er noch ein Dichter werden kann. In Rom hat er
die Erfahrung gemacht, daß das Wichtigste, was er im Leben hat, und was er in
seiner Dichtung verwenden könnte, seine Kindheit und jügendliches Leben seien. Als
alter Mann hat er diese Erfahrung überblickt und gesagt: "Was geht mich das
Geschwetz des Naturalismus an!" Man muß ein Nährboden haben, etwas, was
unferfälscht ist. Man soll das Beste machen aus dem, was man hat, aus den
Erlebnissen, die man hat. Da macht man die Erfahrung sich wagen, oder nicht
wagen. Höflich sein, oder nicht höflich sein. Das Leben ist nur noch ein Kampf um
das Überleben. Das Wichtigste bekommt man aber am Anfang. Thomas Mann hat
über Hauptmann gesagt, daß er eine Dampfmaschine gewesen sei.

199
Hauptmann hat den Nobelpreis bekommen, hat aber auch sehr viel gearbeitet. Er
meinte, daß man schauen sollte, ob hätte man die Welt noch nie gesehen. Man muß
Augen für das Neue in der Welt offen halten, daß man die Unterschiede sieht.

BAHNWÄRTER THIEL (1888)


Untertitel: Novellistische Studie aus dem merkischen Kieferforst.
Schon dieser Untertitel spricht von einer neuen Tendenz. Die Naturalisten wollten
Skizzen schreiben. Die Skizze strebt nach etwas Neuem. Aber Kieferforst ist etwas
Traditionelles. So liegt die Studie etwas dazwischen: an der Novellentardition
(Boccaco) und an einer novellistischen Studie.

Thiel war Eisenbahnarbeiter. Er lebt in Kieferforst und hat eine Frau und ein Kind.
Dann stirbt die Frau und er bleibt mit dem Kind allein. Das war damals sehr schlimm
für einen Mann. So hat er zum zweiten Mal geheiratet. Die zweite Frau war aber ganz
anders als die erste. Die erste Frau war still und in sich gekehrt. Die zweite Frau war
aber groß, sinnlich, laut, kräftig, lebenstüchtig und sie gebar auch ein Kind. Jetzt gab
es zwei Söhne, wobei die Frau seinen Sohn mehr liebte als den Sohn von Thiel und
der ersten Frau. Thiel sagt dazu nichts, er verteidigte seinen Sohn nicht. Es passierte,
daß der Thiel auf eine unscheinbare (neopazno) Art und Weise ein Doppelleben zu
führen begann. Dieser neuen Frau ist er ganz hörig (Er ist von ihr sexuell abhängig). Er
begann das Doppelleben mit seiner ersten toten Frau zu führen. Diese Frau erscheint
vor ihm und spricht mit ihm. Je länger Thiel mit der zweiten Frau blieb, so mehr
ersehnt er sich nach der ersten Frau. Eines Tages wird sein Sohn von dem Zug
tödlich überfahren. Aus Wut tötet Thiel mit einer Axt die zweite Frau und das Kind.
Das was geschah, wird genau gezeigt, die Dialoge genau wiedergegeben.

Woher das Thema? - Das urschöne Leben hat er gekannt, aber es hat auch ein
großes Vorbild gegeben und das war Lenz von Büchner. Es gab viele Anspielungen
(namigovanja) an Büchner und an den Sturm und Drang. Weil Lenz ein Sturm und
Dränger war, hat Büchner vieles von Sturm und Drang genommen.

In Bahnwärter Thiel ist traditionell:


- die geschilderte Handlung im tragischen Höhepunkt
- konzentrierte Personencharakterisierung
- die Erklärweise: zusammenraffend, versteckt, kommentiert, schildernd

Modern sind die Handlung und das Milieu (das Grausamste wird geschildert).

In Bahnwärter Thiel wird ein Mann der Unterschicht gezeigt: ungebildet und ganz
ursprunglich, fest gewürzelt im Alltagsleben, der seiner regelmässigen Arbeit
langgeht. Aus dieser Regelmässigkeit wird er durch den Tod seiner ersten Frau
harausgerissen. Einerseits ist er von seiner zweiten Frau sexuell abhängig, anderseits
sehnt er sich nach seinem einfachen Leben mit der ersten Frau, weil er jetzt da
intellektuell kraftlos steht. Er kann wegen alles seine Gedanke nicht mehr
artikulieren. Aus der Machtstellung der zweiten Frau rettet sich Thiel mit der
Erinnerung an die erste Frau und beginnt sie fast religiös zu verehren. Er liebt seinen
Sohn, aber er kann sich seiner zweiten Frau nicht widersetzen.

200
Thiel ist ein psychologischer Fall. Er fühlt und handelt triebhaft. Seine Persönlichkeit
zerfällt in Konflikt zwischen geistiger und körperlicher Liebe. Er iszt ungebildet und
nicht gewöhnt zu denken. So begreift er die Zusammenhänge seines Lebens nicht
und zerfällt. Er entrinnt (uiti čemu), indem er in die Irrealität und den Wahnsinn
flüchtet. Kleist hat solche Menschen geschildert (Erdbeben in Chili, Die Verlobung in
St. Domingo, Michael Kolhaas) und vor allem Büchner, den Hauptmann wieder
entdeckt hat (Woyzeck und Lenz).

12. 5. 1999
Bahnwärter Thiel ist eine Novelle, die ein irrational-fatalistisches Lebensgefühl
vermittelt. Diesem Lebensgefühl bleibt aber eine große Entwicklung versagt. Das ist
ein gemeinsamer Zug mit den Einsichten des Büchners. Das irrational-fatalistisches
Lebensgefühl wird durch die Spracharmut Thiels vermittelt. Es gibt auch nur 15
wörtlichen Reden von Thiel. Oft stammelt er oder versucht sich mit Hilfe von Gesten
auszusetzen (izpostaviti se). Sehr oft spricht er mit sich selbst. Seine längsten Reden
sind die wahnsinnigen Dialoge mit seiner ersten Frau.

Naturalismus abguckt (prevzeti) die Sprache der Realität. Tiel ist darüberhinaus ein
Rederest eines Unmächtigen, der zu Verstummen verdammt ist. Die Folgen dessen
sind: die Sprachnot, die Sprachskepsis und Aufhören der Sagbarkeit. Und das ist
auch das zentrale Thema des Naturalismus.

Bürgerliche und proletarische Problematik Dramas

Der erste große Bühnenerfolg aus dem Jahr 1889 war Hauptmanns VOR
SONNENAUFGANG. Dieses Drama wurde als soziales Drama bezeichnet. Da hat
Hauptmann die Zustände bis zum Ersten Weltkrieg geschildert. Geschildert hat er
auch zwei Problemkreise:
1. - das psychische Problem Dramas im meist bürgerlichen Milieu
2. - das sozial-psychische Problem der kleinen Leuten in prolterischem Milieu

In diesem Theaterstück Vor Sonnenaufgang, sowie in Friedensfest oder in Einsame


Menschen (1890) werden düsterre Familientragödien gezeigt, und zwar in der Art,
wie sie von Ibsen und Strindberg geschrieben wurden. Der Zuschauer war Zeuge der
alltäglichen Situationen, welche die Schuld und der Schicksal einzelner Individuuen
zerstören. Was ganz genau dargestellt wird, ist das Milieu und Charaktere.

Die Dialoge sind unpoetisch und in den Dialogen werden verborgene, versteckte
Leidenschaften und existenzielle Verhängnisse entfaltet. Durch die neuen Stoffe und
durch neue Stile wird die Tradition des bürgerlichen Dramas fortgesetzt. Mit Lessings
Emilia Galotti, Miss Sara Sampson wurde das bürgerliche Drama schon im Sturm und
Drang fortgesetzt, dann weiter mit Hebbels Maria Magdalena und jetzt weiter mit
Hauptmann. Die oft tragischen Konflikte, die bis daher gezeigt wurden, treten bei
Hauptmann wider erwarten eher zurück.

201
Die Grundlagen der Geschichten bei Hauptmann sind Klassengegensätze. Dort treten
Proletaria auf und daneben gibt es auch noch kleinbürgerliche Figuren. Diese
Kleinbürger sind den kleinen Menschen zugeordnet, d. h. sie sind ihre Gegner oder
ihre Sympatisanten - das Werk Die Ratten.
Im Unterschied zwischen Hauptmann und den andern Autoren ist wichtig, daß bei
Hauptmann die dramatische Handlung immer von Kleinbürger ausgeht.

Hauptmanns Werk DIE WEBER basiert auf historischem Weberaufstand aus dem Jahr
1844.
Das Theaterstück ROSE BERND sprich von einem Mädchen, das bürgerlich heiraten
will.
In der sozialen Komödie DER BIBERPELZ spielt die Hauptrolle Frau Wolff, die diesen
Biberpelz stillt.
In Berliner Tragikomödie DIE RATTEN gibt es die absolut anständige Frau John, die
in sozial bedingter (pogojen) Einsamkeit lebt und ein fremdes Kind stillt. Dieses Kind
will sie aber nicht zurückgeben, obwohl es nicht von ihr ist. Sie begeht Selbstmord.

Hauptmanns Figuren sind überhaupt keine handelnden, sondern werden getrieben


von dem "objektiven" Gang der Geschichte. Sie scheitern, weil sie nicht im Stande
sind die Verhältnisse zu ändern. Die Situation ist so, daß die Übermacht der sozialen
Verhältnissen so groß ist, daß eine dramatische Handlung in traditionellem Sinn nicht
möglich ist. Das Leben sozialer Zuständen führt am Ende zu einer Katastrophe und
all das ist ein zwangsläufiger Prozess.

Der Stil all dieser Theaterstücke entspricht dem konsequenten Naturalismus, und
zwar durch die ausführlichen Regieanweisungen aus Personenreden in der
Alltagssprache oder aus dem Dialekt. Die Charaktere von Hauptmann sind psychisch
individualisiert. Sie haben einen gemeinsammen Grundzug - sie bewegen sich in
gleichen sozialen Verhältnissen. Sie sind psychischen und sozialen Trieben ausgesetzt
und ihr Leben können sie nicht sinnvoll vertreten.
In Theaterstücken herrscht ein tragischer Determinismus, der alle Menschen gleich
macht, anderseits sind wir dadurch aber der Vielgestaltigkeit des Lebens aufgedeckt
(razkriti). Die Vielgestaltigkeit des Lebens reproduziert Hauptmann mithilfe der
Vielstimmigkeit seiner zahllosen Figuren in dem Rahmen. Er hat die Dinge nicht
einfach erblickt, aber hat sie in Vielfältigkeit (raznovrstnost) gesehen.

VOR SONNENAUFGANG
wurde 1889 uraufgeführt und das war ein riesengroßer Skandal. Es wurde an einem
Vormittag geschlossen aufgeführt; das war eine Vormittagsvorstellung (Matinee) an
einer Freien Bühne in Berlin. Die Kritiker, Journalisten, Regisseure haben es als eine
Opposition verstanden, denn die üblichen Aufführungen waren von der Stadt
investiert. Die Menschen hatten damals die Vorsicht gegenüber der Zensur geübt. Sie
haben geahnt, daß dieses Stück verboten wurde.

Die ersten Theaterstücke, die da gezeigt wurden, waren Ibsens Gespenster.


Es wurden neue Bühnenvereine wegen der Zensur gegründet. Sie haben die
Entwicklung der modernen Volksbühne eingeleitet.

202
Die zweite Aufführung der Freien Bühne in Berlin war dann Vor Sonnenaufgang.
Hauptmann wurde dadurch zum Führer, zur Spitze des naturalistischen Dramas. Er
war damals sehr aktuell, er hat das Drama reformiert. Hauptmann hat nämlich
ungeschmückte Zustandsschilderungen gezeigt. Es ist ihm gelungen ein großer
Künstler der menschlichen Darstellung zu werden.

Die Handlung des Stücks Vor Sonnenaufgang spricht über eine Bauernfamilie in
Schlesien. Auf ihrem Besitz wurde Kohle entdeckt. Dadurch wurde diese Familie reich
und begann auch so zu leben, wie reiche Menschen. Da gibt es die Tochter Helena,
die sich mitten "des Saufens" trotz des Geldes rein bewahrt. Sie lernt Lot kennen, der
ein Sozialist ist, ein Reformator und Antialkoholiker - ein Weltverbesserer. Die zwei
kommen sich näher, bis ein Schulfreund dem Lot erklärt, wie es mit der Familie von
Helena passiert ist. Jetzt kriegt der junge Sozialist, voller Ideale, mit der Angst zu
tun. Er verläßt das Mädchen. Helena verstand das nicht und ging in den Tod.
Lot ist von der Theorie besessener Mensch, der an die Macht des Geistes nicht glaubt
und auch nicht an die Liebe. Für ihn ist Helena nur das Produkt der Erziehung des
sozialen Milieus.
Obwohl aber die Familie reich geworden ist, steckt in ihr das Elend und es gibt für sie
keine Rettung mehr.

In dem Stück wird das Elend des Proletariats gezeigt, der rücksichtslos von den
Bauern ausgebeutet wird. Hier herrscht eine Auswegslosigkeit.

Die Aufführung konnte man damals nicht zu Ende führen, weil mitten drin die
Menschen ihre Begeisterung zeigten und es gab auch die anderen, die das Stück
abgelehnt haben. Aber die Schauspielern versuchten das Stück weiterzuspielen.
Die Empörung durch die Presse und zugleich die Zustimmung war extrem. Man greift
den Autor an. Der Dichter wurde apostophiert (nagovorjen) als "Talent in unsauberer
Verpackung", als "Unsittlichster Schriftsteller des Jahrhunderts", als "Poetischer
Anarchist". Nur Fontane hat ihn als einen richtigen Talent gesehen. Hauptmann hat
sich bei Fontane so gedankt, daß er ihm ein Theaterstück widmete: DAS
FRIEDENFEST (1891).

Alle diese Stücke zeigen den Untergang von jungen Menschen, die an der
Verständnislosigkeit (nerazumevanje) ihrer Umgebung scheitern.

Hauptmann hat große künstlerische Ziele verfolgt, und zwar die Verknüpfung des
Milieudrama mit dem Ideensdrama. Das ist es ihm am besten in einem
naturalistischen Stück, in dem Drama DIE WEBER, gelungen. Das war ein
Jahrhundert nach Kabale und Liebe. Die Weber sind nicht nur ein bürgerliches, aber
auch ein soziales Drama. Hier wird ein neuer Typus des Dramas gezeigt im Sinne der
neuen Zeit.

Hauptman gestaltet in seiner Dichtung, so wie Büchner, ein Grundmotiv. Das ist das
Mitgefühl mit dem Leid, das sich die Menschheit immer selbst zubereitet. Dieses Leid
zu zeigen ist die Absicht des Hauptmanns. Er sagte: "Dichtung ist ein großes
Erleiden."

203
Deswegen kann man sein Werk nicht nur als propagandistisch bezeichnen, aber als
gesellschaftkritisch. Hauptmann war davon überzeugt, daß man das Leid des
Menschen gewaltsam weder friedlich wegschaffen kann, es bleibt immer.

DIE WEBER erschienen 1892. Ursprunglich wurden sie im schlesischen Dialekt


abgefasst, an der Freien Bühne in Berlin. Es war auch ein Skandal, so wie Vor
Sonnenaufgang. Nach der Uraufführung gab es gerichtliche Prozesse, so konnte das
Stück erst 1898 in Berlin und anderen Bühnen aufgeführt werden.
Die Freie Bühne hat im Jahr 1890 noch etwas geleistet, und zwar die Gründung einer
literarischen Zeitschrift Freie Bühne. 1894 nannte sie sich um und hieß Neue
deutsche Rundschau. Ab 1904 nannte sie sich aber Neue Rundschau und sie erschien
heute noch beim Fischer Verlag. In dieser Zeitschrift konnte man die moderne
Literatur drucken lassen.

Schöpfung der Stoffe für Die Weber:


1. - Erzählungen seines Großvaters, der als Weber in Schlesien gearbeitet hat.
2. - Hauptmann kannte noch Zeugen des Weberaufstandes. Vor dem Schaffen des
Werkes (1889) ist er durch das Webergebiet gereist.
3. - Zurückführung auf die zeitgenossische Darstellung: es gab noch 2 Bücher und
einige Schriften aus der Weberzeit.

Der Weberaufstand wurde durch die Modernisierung des Webens (tkanje)


hervorgerufen. Das Handwerk übernehmen die Maschienen. Mit der Erfindung von
Maschienen, welche die Arbeiter ersetzen konnten, wurden die Arbeiter immer
weniger konkurrenzfähig. Es kam zur Arbeitslosigkeit und zur Armut des Handwebers
und deswegen kam es auch zu dem Aufstand.

Die Schilderung eines Aufstandes war für die deutsche Dichtung ein ganz neues
Thema. Ins Theater ist man damals als pure Unterhaltung gegangen. Jetzt geht
dieses Publikum schön gekleidet ins Theater, sieht da aber statt der Liebe, des
Glücks, ... den Elend und Schmutz, die Armut und Not, mit einem Wort: das Trieben
auf der Bühne. Es gab keine Hervorhebung ihrer Gefühle. Das war damals ein großes
Skandal.
Hier wird ein neues Theatermotiv dargestellt. Hauptmann spürt, daß ein so neues
Thema nicht in die alte Form hineinzupressen ist. So nimmt er sich ein Theater vor
und teilt es traditionell auf in 5 Akten, gibt aber diesen klassischen Dramenaufbau
auf. Innerhalb der Akte gibt es eine lockere Folge von Bilder, die einander ergänzen
(so wie bei Woyzeck), obwohl die Bilder kein Zusammenhang zeigen.
Der große Unterschied zu früheren Theaterstücken war auch, daß kein Einzelheld im
Zentrum des Geschehens steht. Der Held ist eine Gruppe, Klasse. Die Weber waren
eine Klasse, die zum Zentrum und zu den Träger des Geschehens werden. Sie sind
ein kollektiver Held.
Historische Zustände gibt es noch immer, aber die Figuren machen die Unterschiede
zu den klassisch historischen Werken. An den Charakteren innerhalb der Masse zeigt
sich aber die künstlerische Leistung des Dichters.

18. 5. 1999

204
DIE WEBER
Also, der Held ist eine Gruppe, keine Einzelfigur. Die Klasse ist das Zentrum und der
Träger des Geschehens. Die Ereignisse sind historisch, aber die Akzentuierung
(Charakter) ist persönlich.

Ein Drama in 5 Akten:


1. Akt: Geschildert wird die allgemeine Situation.
2. Akt: Die Lage wird konkretisiert und man stellt fest, daß auch die Weber im
Grunde genommen passiv sind, gedemütigt (ponižen) und haben keine Initiative. Sie
erleiden ein Zustand, der schrecklich ist.
3. Akt: Gezeigt wird ein breiter Protest.
4. Akt: Handelt über die revolutionäre Stimmung; es kommt zu Plunderung,
Zerstörung der Villen von Seite der Weber.
5. Akt: Es gibt einen offenen Schluß. Die Aufständische werden niedergeschlagen.
In ganzem Stück gibt es aber eine Figur, die gegen die Revolution ist, gegen das
Plundern. Dieser Mann heißt Hilse. Aber gerade er stirbt in dem Aufstand an der
Verletzung durch einen Schuß.

In Die Weber wird ein gewissensloser Fabrikant gezeigt. Widerstand und bodenloses
(prepaden) entsetzliches Weberleid wird gezeigt.
In diesem Sinne sind auch Woyzeck und Die Weber zu vergleichen. Beide sind soziale
Dramen. Es gibt das Bild einer ganzen Klasse von Menschen. In Woyzeck wird aber
Einzelschicksal gezeigt, in Die Weber das soziale Elend der ganzen Gemeinschaft, die
nach Herkunft, Stand, Beruf und Tradition zusammengehören.
Deswegen wurde das Stück auch mißverstanden und wurde als ein politisches
Program verstanden. Gezeigt wurde aber ein Aufstand und keine politische Situation.
Wie schon gesagt, wird eine bodenlose Hoffnungslosigkeit gezeigt. Schiller hat das so
gehalten und auch jetzt Hauptmann: Jeder Mensch hat eine Sehnsucht, aber ohne
Erfolg.

Die damalige Wirkung des Stücks war eine horrende (strahotna). Die Aufführung
könne eine Revolution beginnen und vor einer Revolution hatte man Angst. Die
Abgeordneten haben viel darüber diskutiert und haben gesagt, daß man gegen
solche Stücke sofort losgehen musse. Der Literatur des Theaters wurde eine wichtige
soziale Rolle eingeräumt.
Die Kritik war, außer der Sozialdemokratie, gegen das Stück. Alle haben es kritisiert,
eine Außnahme war auch Fontane, der reagiert hat, wie er meint, daß es richtig war.
Über das Drama Die Weber sagt er, daß es ein Drama sei, das von einem Widerstand
spricht, aber er sieht auch, daß es selbst ein Widerstand gegen Widerstand leistet.
Drück und Gegendrück werden gezeigt. Es ist aber kein Propagandawerk, aber ein
soziales Werk. Die naturalistischen Dramen geben allen Figuren sein Recht und das
ist keine Propaganda, sondern es ist ein Dialog.
Die Folge des Stücks war eine naturalistische Debbate.

Die Weberaufführung wurde bis 1901 in 18 Städten Deutschlands verboten. In den


meisten hat Hauptmann prozessiert und konnte sich so die Aufführung gerichtlich
ertrotzen. In Berlin wurden Die Weber in verschidenen Theaters gezeigt, im
"Deutschen Theater" wurde es 100 Mal wiederholt.

205
Warum sind Die Weber so wichtig für Hauptmann?
- Hauptmann hatte etwas, was ihm auch Büchner nahe gibt, und zwar das Mitleid
und die soziale Not. Das war für Hauptmann etwas Zeitlosexistenzielles. Die soziale
Not und das Elend hat Hauptmann gezeigt und empfand das als zeitlosexistenziell.
Die Weber hat er gedichtet als eine Tragödie, obwohl es im Naturalismus eine
Tragödie im klassischen Sinne nicht gibt.

Ein wichtiges Stück, das man als naturalistisches Volksstück bezeichnen kann bzw.
als eine Tragikomödie ist DER BIBERPELZ aus 1893.

Beim Biberpelz geht es darum, daß Frau Wolff ein Biberpelz (bobrov kožuh) stillt. Und
das gelingt Frau Wolff wirklich.

Dieses Werk kann man auch mit Die Weber vergleichen und man findet eine
Gemeinsamkeit mit denen: Die Weber zeigen die Zustandstragik einer Schicht, Der
Biberpelz ist aber ein zustandskomisches Werk, eine erlittene Komik. In beiden
Werken werden also damalige Zustände geschildert.
Nach Kleists Zerbrochener Krug ist Der Biberpelz das zweite deutsche Lustspiel von
künstlerischem Rang, daß noch heute von vielen Bühnen aufgeführt wird.

Um eine anonyme Masse des Volks als Held geht es im FLORIAN GEYER.
Hier wird der Bauernkrieg aus 1525 geschildert. Das war ein Bauernkrieg vor und um
die Reformation herum. Es ist ein historisches Ereignis, wobei die Gegenwärtsbezüge
offen kundig sind (so dobro poznani). Denn es gab im Reichstag ein "Umstoßgesetz",
das debbatiert wurde und verabschiedet wurde. Das war ein Gesetz, das jeden, der
Widerstand gegen die Obrigkeit leisten würde, stark erstrafen wird.

Florian Geyer kann man auch mit Kleists Michael Kolhaas vergleichen. Die beiden
sind dramatischer Form. Edel, Mut und Rechtsgefühl werden gezeigt, so wie im
Michael Kolhaas. Die beiden Figuren sind aus der Zeit der Reformation.

Aus dem Jahr 1903 stammt ein Stück, das keine Masse darstellt, sondern ein
Einzelschicksal: ROSE BERND.
Diese Geschichte ist eine berühmte. Sie wurde mit Vorliebe des Sturm und Drangs
gestaltet, wo das Hauptthema Kindermord war.
Dafür hat Hauptmann eine historische Vorlage gehabt. Er hat nämlich auch selbst als
ein Geschworener bei einem Landgericht (deželno sodišče) gearbeitet. So hat er an
vielen Verhandlungen gegen Kindermord, Leid und Meineid (kriva prisega) junger
Frauen teilgenommen.

Rose Bernd ist ein soziales Drama in 5 Akten, uraufgeführt im 1903 im "Deutschen
Theater".
Es hat einen authentischen Hintergrund wie Sturm und Drang (Sturm und Drang
Thema). Das hat schon Goethe im Faust und Urfaust geschildert in der
Grätchentragödie. Auch Grätchen hatte einen Kind, der noch nicht zur Welt

206
gekommen ist, aber sie tötet es. Ähnlich war Heinrich Leopold Wagner mit der
Kindermörderin. In Maria Magdalena tötet sich z. B. das Mädchen noch schwanger.
Die Geschichten hatten fast immer ein böses Ende. Nur bei Lenz im Stück Der
Hofmeister war das Mädchen gerettet. Da vergibt ihr der Vater. Aber die Familie von
Grätchen war reich, was im Naturalismus nicht der Fall ist.

Und in Rose Bernd gibt es jetzt auch wieder dieses große Problem: Kindermord, Leid,
Meineid. Deswegen wurde das Drama in die Tradition des bürgerlichen Trauerspiel
gestellt.
Es geht um ein Liebesverhältnis und später um eine Vergewaltigung. Deswegen
begeht die Frau den Mord an seinem eigenem Kind.

Hauptmann hat das als eine totale Einsamkeit eines Menschen gezeigt. Der Mensch
sei allgemein verlassen, kein Mensch steht zu Rose Bernd. Vielleicht nur ein Mensch
und das ist die Frau des Verführers, mit dem Rose Bernd schwanger ist.
Rose Bernd wurde natürlich hingerichtet, aber der tragische Schluß wurde zum
ersten Mal nicht auf der Bühne gezeigt!!! Hauptmann zeigt den großen Mitleid mit
Rose Bernd und erhöht sie als Figur dadurch, daß er gezeigt hat, warum sie ihr Kind
ermordet hat. Und zwar erwürgt sie ihr Kind aus Mitleid, weil es in einer
schrecklichen Tat empfängt wurde und weil er dann noch ein uneheliches Kind sein
würde.
Dadurch hat sie Hauptmann moralisch gerettet. Damit hat er gezeigt, daß das
Verbrechen in der Gesellschaft liegt, die so was von der Mutter verlangt.

Zu diesem Stück hat Bertolt Brecht geschrieben, daß sich Rose Bernd verstecke und
sich nicht zu helfen wisse. Sie sei kein guter Mensch und kein schlechter Mensch. Sie
habe viel getan, aber noch mehr gelitten, deswegen sollen die Menschen kein Stein
in sie schmeissen.

Dann hat Hauptmann noch ein Drama geschrieben:


GRIECHISCHER FRÜHLING (1907).
Auch hier stellt er menschlichen Schicksal und Leid dar.
Der Konflikt findet auf verschiedenen Ebenen statt.
Dieses Drama ist gut gemacht, weil es übersteigt und man kann in ihm eine
gesellschaftliche Kritik sehen.
Die Theamtik: Es geht um Leid als ein grundlegendes und unausweichliches
Schicksal.
Hauptmanns Figuren hier sind passiv. Sie sind nicht mehr Träger von Ideen, sondern
werden geschoben und gezogen von verschiedenen Mächten, Kräften in ihren Leben.

Ein solches Stück ist auch FUHRMANN HENSCHEL.


Hier hat Hauptmann den Problem geschildert, wie man mit dem, was das Leben uns
zumutet, fertig wird.
Fontane hat über dieses Stück folgendes geschrieben: "Hauptmann gibt das Leben
so wie es ist, in seinem vollen Graus." Er tut nichts zu, aber zieht auch nichts ab.

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Seine Gestalten sind nicht redegewandt (zgovorni). In ihren Grauensituationen
verstummen sie immer mehr. Darin erinnern sie an Woyzeck. Hauptmann versucht
zu zeigen, was diese Menschen leiden, aber sie äußern sich nicht in Sätzen, sondern
im Schrei, Schluchzen (ihteti), Stottern. Am Schluß gab es keine Geräusche mehr,
aber nur noch stumme Gesten.

Hauptmann war ein Meister der Dialoge, aber kein Meister der Sprache. Deswegen
hat er keine Erzählwerke geschrieben, aber dramatische. Man merkt, daß die Dramen
keine großen Dichtunge sind, aber ein großes Theater. Hauptmann hat gewußt, wie
eine Figur mit Lauten auf der Bühne wirken kann. Mithilfe des Regisseurs hat er ein
großes Theater gemacht und so hat er auch das Gesamtkunstwerk, wie die
Romantiker (Universalpoesie) und Wagner, angewiesen und auf den Spielern und
dem Bühnenrahmen verwirklicht.

Der Bühnenrahmen hat eine große Rolle gespielt und hat 3 verschiede Funktionen
erfüllt:

1. - Die Räumlichkeiten verschaffen bei Hauptmann das Milieu, die Umgebung, in die
die aufgetretenden Personen leben und die für die Personen Schicksal bestimmend
ist.
Deswegen gibt es lange Seitenanweisungen für den Regisseur und Bühnenbildner.

2. - Die Räumlichkeit ist der Träger einer Dichteratmosphere. Das ist vor allem zu
beobachten in seinem symbolischen Werk: UND PIPPA TANZT. Ein
Glashüttenmärchen.

3. - Die Räumlichkeit hat einen Symbolgehalt. Ein Raum symbolisiert nämlich die
Enge/ Vollkommenheit/ Auswegslosigkeit/ Kellerwohnungen/ Schlafkammern, die
zum Sterben werden können.
In dem Werk Die Ratten leben die Menschen in Mietskasernen. Da weiß man schon
vorher, wer in diesen Wohnungen wohnt.
- Zum Symbolgehalt werden auch verschiedene Rekvisiten gebraucht: Fliederzweig
(španski bezeg) in den Ratten.
- Es gab sogar ein Theaterdepot, wo alle Kostüme und Kullisen sind.
- Pappenleimeroffiziere aus dem werk Wallenstein von Schiller waren Symbol für
Tyranei, Selbstherrlichkeit. Wenn diese Offiziere wo auftraten, wußte man ganz
genau welches Stück da gezeigt wurde.

DIE RATTEN
Ein pures Nationalstück. Wenn das Stück aber nicht im Naturalismus geschrieben
wurde, hätte es ein bürgerliches Trauerspiel gewesen, so ist es aber ein soziales
Drama.

In einer Mietskaserne wohnen: das schwangere Dienstmädchen Pauline Piperkarcka,


die Morphinistin Knobbe und die Puzfrau Hassenreuthers Frau John.
Die Frau John ist mit einem Maurermeister (zidarski mojster) Altona verheiratet. Sie
kauft das uneheliche Kind von Pauline ab und trägt es auf dem Standesamt als ihr

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eigenes ein. Doch in der Piperkarcka regt sich bald das schlechte Gewissen. Aus
Angst vor den Behörden meldet sie ihr Kind an und bezeichnet Frau John als
Pflegemutter. Frau John wurde aber von Panik ergriffen, als sich der Vertreter der
Fürhsorge um das Kind kümmern möchte. Sie unterschiebt Pauline das todkranke
und auch unehelige Kind von Knobbe (sie war adlig, wurde aber von ihrer Familie
wegen der zwei unehelichen Kinder verstoßen) und verläßt mit dem "eigenen" Kind
das Haus.
Jetzt kommt aber zu einer großen Katastrophe. Frau Johns Bruder ermordet
Piperkarcka. Dann kommt es aber noch heraus, daß das Kind von Frau John nicht ihr
eigenes Kind ist. Deswegen schämmt sich Frau John und wirft sich unter die
Eisenbahn.
Da gibt es aber noch den Theaterdirektor Hassenreuther, der eine Familie hat mit
zwei Töchter. Er hat auch eine Geliebte. Um mehr zu verdienen gibt er
Schauspielunterricht. Spitta ist ein ehemaliger Theologiestudent und jetziger
Schauspielschüler. Die beiden diskutiren viel über die Kunst und so haben sich die
soziale Verhältnisse im Werk längst ins Tragische gewendet und die ästhetische
Theorie überholt.

Im Werk werden so 3 verschiedene Stände gezeigt: Adel (Knobbe), Bürgertum


(Hassenreuther) und Proletariat (Frau John, Piperkarcka).
Kein Mensch hat Mitleid mit den Armen und immer werden die Schicksale ähnlich
geendet. Und alles das passierte 3 Jahre vor dem ersten Weltkrieg. Deswegen hat
Hauptmann das Stück Die Ratten genannt.
Hier wird es gezeigt:
- proletarische Unsicherheit
- die funktionslos gewordene Kunst
- verunsichertes Bürgertum

Der Theaterdirektor spielt ein Theater, und zwar ein Idealdrama. Der
Theologiestudent sagt, daß man ideale Menschen nicht zeigen soll. Schon wieder
entwicklet es sich ein Gespräch über die Kunst. Der Theaterdirektor ist für den
Idealismus, weil für ihn eine Proletarin, wie das bei Frau John der Fall ist, für eine
tragische Heldin nicht geeignet ist. Der Theologiestudent ist aber für die moderne
Kunst und sagt, daß vor dem Gesetz alle Menschen gleich sind.
Große Ideen kann man nämlich nicht vermitteln. Die Realität sind die 3 Frauen im
Stück und diese soll man zeigen. Auf der Bühne soll Natur herrschen, keine
Künstlichkeit. Einer Frau kann die Kunst nichts vermitteln. Die klassische Kunst ist
also funktionslos geworden.
Das Leben, wie in Die Ratten gezeigt wurde, zeigt drauf, daß der Theaterdirektor
nicht Recht hat, aber der Theologiestudent.

Die Ratten ist ein Trauerspiel des Proletariats. Gleichzeitig ist das auch eine Komödie
des Bürgertums und Künstler. Deswegen hat Hauptmann das Stück eine
Tragikomödie genannt.

Die Ratten waren das letzte naturalistische Stück von Hauptmann. Hier hat er zum
letzten Mal die Motive der Gattung des naturalistischen Stückes mit

209
Klassengegensätzen, mit der Tragik der kleinen Leuten, die vergeblich versuchen ihr
Leben zu ändern, und mit der Ironie der Vieldeutigkeit des Lebens gezeigt.

Hauptmanns soziale Dramen (Fuhrmann Henschel, Rose Bernd, Vor


Sonnenuntergang, Die Weber, Die Ratten) schließen sich der Tradition des
bürgerlichen Trauerspiels an, die von G. E. Lessings Miß Sara Sampson, Emilia Galotti
über Schillers Kabale und Liebe bis zu Hebbels Maria Magdalene führt.

HANNELE HIMMELFAHRT (1893)


ist ein symbolisches Stück.
Es ist ein böses Märchen von einem Mädchen, das bodenlos leidet und das hoch
gereift ist. Es ist ein mißhandeltes Kind. Sie hat vor seinem Stiefvater Angst und geht
deswegen ins Wasser. Sie wird gerettet, aber stirbt in einem Weisenhaus. Vor dem
Sterben hat sie noch eine Vision, und zwar daß sie von einem Engel in den Himmel
gebracht wurde. Der Engel hat das Gesicht ihres Lehrers.

Hauptmann hat noch ein dramatisches Märchen geschrieben:


DIE VERSUNKENE GLOCKE.
Das ist ein Drama über einen Glockengießer, der kircherliche Glocken gießt.
Das Thema: das Tassothema, ein Künstler zwischen zwei Polen. Das war auch ein
Thema von Thomas Mann. Die alltägliche Wirklichkeit ist anders als der dramatische
Ruf des Künstlertums.
Der Glockengießer in dem Stück flüchtet zu einem märchenhaften Wesen. Er will
neue Schaffenskraft gewinnen und verläßt deswegen die Frau und seine Kinder. Er
hat ständig eine Glocke im Kopf, die er anfertigen soll. Bei den Mitmenschen stößt er
auf kein Verständnis. Seine Glocke wurde dann vom See verschlungen, weil er sich
gegen seine Kinder versündigt hat, die gestorben sind. So stirbt er auch.

Hier wurde ein neuer dichterischer Mythos gestaltet. Ein Versuch wurde angestrebt,
aber der Glockengießer reicht die phantastische Gestalt nicht.

25. 5. 1999
Bei Hauptmann betrachtet man als das Hauptwerk seines Schaffens die
Märchendichtung: UND PIPPA TANTZT! (1906)

- Das ist im Grunde genommen eine nachnaturalistische Dichtung.


- Es ist ein Theaterstück.
- Der Schauplatz ist Hauptmanns Heimat - das Riesengebierge.
- Das ist eine romantische Dichtung, ein echtes Kunstmärchen.
- Es geht um Pippa, welche die Tochter eines italienischen Glasbläsers ist. Die Familie
lebt aber in Deutschland. Das heißt, daß hier Hauptmann das Phantastische
(Grüblerische und Mörderische) mit dem Südlichen (Unbeschwertem) vereinigt hat.
Pippa tanzt sehr gerne. Sie ist ein Symbol der Schönheit, das sich in ihrer Macht und
Vergänglichkeit zeigt. Sie verkörpert all das, nach dem sich unsere Seelen sehnen.

210
Pippa stammt aus Italien, aus Morano und ist so zerbrechlich wie Moranoglas. Durch
den Tanz und ihre Erscheinung zieht sie alle Menschen in ihren Bann (čar, urok). Sie
ist so wie eine fatale Erscheinung. Von ihrer Schönheit sind viele Männer angezogen:
ein Direktor, ein blinder Musiker, ein alter Mann, ein Mann in besten Mannesalter, ...
Alle wollen sie haben, sie besitzen. Jeder von diesen Männern ist seine eigene
Persönlichkeit, aber alle wollen dasselbe - die Pippa. Am Schluß flieht sie durch den
Schnee mit einem Verehrer, und zwar mit dem blinden Musiker. Sie tanzt auf der
Flucht und stirbt im Tanzen. Der blinde Musiker konnte ihren Tod nicht sehen, nahm
so nichts wahr und ging seinen Weg weiter.

Hauptmann war der klügste Naturalist, aber war nur mit Naturalismus als
Kunstrichtung nicht zufrieden. Man hat ihm vorgeworfen, daß er mit dem Werk Und
Pippa tanzt! eine Flucht aus der Wirklichkeit versucht hat. Das stimmt nicht, denn
Pippa stirbt und da bleibt noch der blinde Musiker zurück, der weiter geht. Er
bedeutet noch einen Hoffnungsfunken, obwohl die Welt auseinandergebrochen ist.
Im Musiker findet eine mystische Einheit statt, die mittels der Verzauberung der
Natur und den Menschen auch erreicht wird.

Hauptmann hat in seinen Dramen und in Pippa tanzt etwas thematisiert, was zum
Thema des Künstlers gehört. Das war das Verhältnis des Dichters zur Welt.

Hauptmann hat noch ein historisches Drama geschrieben. Dieses ist historisch in
zweifacher Bedeutung: einerseits das historische Thema der Hexenprozesse,
anderseits sind die Hexenprozesse / die Hexenjagd eine Art Verfolgung der
unschuldigen Menschen, die dem Nationalsozialismus gehören.

Das thematisiert sein Werk MAGNUS GARBE.


Das Motiv ist eine düsterre Hexenverfolgung und eine Parallele zur Zeitgeschichte. Es
handelt sich um eine Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus
(Massenverfolgungen).
Die Nationalsozialisten versuchten Hauptmann für sich zu gewinnen

Zwischen 1941 und 1946 hat Hauptmann an IPHIGENIE gearbeitet. Iphigenie ist eine
griechische Tragödie und es gab verschiedene Bearbeitungen schon bei den
Griechen. Hauptmann ist darauf gestoßen, als er das italienische Tagebuch von
Goethe las. Daraus konnte Hauptmann aber kein hohes Lied an die Humanität
singen, so wie Goethe. Darin hat Hauptmann sich mit dem Zweiten Weltkrieg
auseinandergesetzt.
Dieses Werk ist eine Tetralogie (aus 4 Teilen): - IPHIGENIE IN DELPHI (1941)
- IPHIGENIE IN AULIS (1944)
- AGAMEMNONS TOD (1948)
- ELECTRA (1948)

In Hauptmanns Werke macht sich der Determinismus - das menschliche Schicksal


bemerkt. In griechischer Welt lenken die Götter den Schicksal der Menschen.
Hauptmann hat zur Tragödie im allgemeinen gesagt: "Tragödie heißt Not, Angst,
Gefahr, Feind, Marter (muka, mučenje), Mord, Blutgier, Blutschande."

211
In der Tetralogie spricht er von Weltbrand, welches uns überflutet. Er zeigt eine
Welt, in welcher der Kaos eingebrochen ist und den Menschen zeigt er als ein
wehrloses Zeug der Götter.
Die Form ist klassisch. Die Einheit der Zeit, des Raums und der Handlung wurde
eingehalten. Es ist in 5-füssigen Jamben geschrieben.

Hauptmann hat 45 Dramen, 18 Romanen und Novellen, 6 Eppen, 3 Sammlungen von


Gedichten und sehr viele autobiographische Schriften geschrieben. Er hat auch gut
gelebt. Er hatte 2 Villa und eine Sommeresidenz auf einer Insel in Iatlien. Man hat
ihn mit Goethe verglichen. Je älter er war, desto mehr. Man hat ihn auch sehr
kritisiert, aber trotzdem war er ein Mensch, der Vertrauen einfloß und wurde als
Dichter, Denker, Dramatiker und auch als Mensch respektiert.
Im Vergleich mit Thomas Mann, Rainer Maria Rilke, H. Hesse war Hauptmann in den
Augen der Öffentlichkeit der beliebteste deutsche Dichter.
Während des Zweiten Weltkriegs war er krank, in Dresden hat er 1944 einen
Bombenanfall erlebt. In dieser Zeit war die Moral der Menschen ganz zerbrechen,
deswegen versuchte der Nationalismus die Leute zur Demokratie umzukehren.
Hauptmann ist 1946 in der sowietischen Besatzungszone in Schlesien gestorben. Er
wurde von Russen, die ihn nicht sekiert haben, so begraben, wie er sich gewünscht
hat, und zwar vor Sonnenaufgang vor Hüttensee.

Hauptmann hat eine große Bedeutung vor allem als Universaldichter. Obwohl aber
Naturalismus keine Unterhaltungsliteratur ist und wo die Schattenseiten des Lebens
künstlerisch gestalltet sind, stellt er den Anfang der Revolution in der Literatur ein.
Mit Naturalismus endet die letzte Epoche in allgemeiner Literaturgeschichte der
Moderne. Die Literaturgeschichte der Moderne setzte im Naturalismus ein und vor
allem in Opposition zum Naturalismus. Es gab viele theoretische
Auseinandersetzungen in vielen Zeitschriften (Die Gesellschaft, Freie Bühne bzw.
Neue Rundschau). Diese Zeitschriften waren die, in welchen Naturalismus seine
ersten Werke veröffentlichen ließ. Unter diesen waren nicht nur Novellen, Skizzen,
Theaterstücke, aber auch Theoretisches.

Naturalismus war wichtig, weil er sich auch stark gegen das Überkommene, gegen
die Tradition, gegen Epigonentum wendete. Das, was es schon gegeben hat, wollten
Naturalisten nicht. Zola war ein solcher Dichter und wurde viel nachgeahmt und
bedeutet ein großes Vorbild für die Naturalisten.

Es gab aber ein Problem, und zwar, wie man die naturalistische Dichtung erklären
soll. Soll man sie als Dichtung oder als experimentalen Verfahren anerkennen?
Die Forderung der Kunst, wo man die Natur nachahmen soll, war eine alte. Über
dieses hat schon Aristotel gesprochen. Man sagte, daß einige Gedichte von Goethe
so naturalistisch seien, wie die Natur selbst. Ein ordentlicher Dichter wußte aber, daß
man mit wissenschaftlichen Begriffen die Dichtung nicht erklären kann. So hat man
in naturalistischer Dichtung etwas getan, für was es Ansätze schon früher gab (bei
Büchner). Man hat Naturalismus mit Determinismus gleichgesetzt. Der Mensch ist
determiniert durch die Vererbung und durch das Milieu und dem kann kein Mensch
entrinnen.

212
Naturalismus ist sehr an die Wissenschaft gebunden, weil es in dieser Zeit sehr viele
neue Wissenschaften gab: Chemie, Physik, Freud, ... . Diese wollte man auch in der
Literatur thematisieren.

Der Unterschied zwischen Naturalismus (Nachahmung der Natur) und


Realismus:

1.- Der Unterschied besteht darin, daß Naturalismus die Natur als ein
Zusammenhang, den man sachlich beobachten kann und der kausal determiniert ist,
versteht. Durch den Handel des Menschen bekommt die Natur dann eine Ähnlichkeit
mit dem Experiment. Es kommt zur Versachlichung des Menschen im Zeichen des
Determinismus.
Die Lietratur wird gezwungen total objektiv zu sein. Es gibt nichts Poetisches,
Phantastisches, Erhabenes in diesem Sinne. Keine Grazie (ljubkost, milina) des Spiels.
Der Dichter beobachtet und aufzeichnet alle menschlichen Zustände.

2.- Naturalismus glaubt an die Vererbung und an das Milieu, von denen der Mensch
bestimmt ist. Das Erbe und das Milieu determinieren die Menschen. Wenn man im
Zusammenhang mit Naturalismus darüber spricht und sagt, daß Naturalismus nur die
alte Förderung für die Kunst ist (die Natur nachzuahmen), dann fragt man sich: Wie
kann sich im Naturalismus die Kunst noch als Kunst behaupten? Wo bleibt die Kunst,
wenn die Kunst eine Nachahmung der Natur ist? Man merkt, daß die Kunst nach
naturwissenschaftlichen Determinanten funktioniert.
Die Natur ist keine Wissenschaft. Die größte Wirkung des Naturalismus ist Abzulesen;
vor allem an der Sprache. Die Sprache ist dasjenige, was sich am ehesten der Natur
anpassen läßt.

Im Prosa und im Drama ist man an die Sprache des Lebens orientiert. Diese
möglichst getreu wiederzugeben. Die Sprache hängt nicht von den geistigen
Leistungen des Dichters ab, von seinem dichterischen Können, sondern ist das ein
beobachtetes und beobachtbares Naturphänomen. Diese Sprache kann der Dichter
als naturalistische Gebärdung (rojstvo?) nachproduzieren. Rhythmus, Tonfall,
Redeweise sind naturalistische Gebärdungen des Lebens in der Sprache. Der Dialog
ist Sprachminus.

Z. B. in dem Werk Der Zauberberg von Thomas Mann, portretiert Thomas Mann
Hauptmann im Mynheer Pieter Peeperkorn. Peeperkorn ist ein holländischer
Kaffeepflanzer voller Vitalität, der gerne liebt, säuft und viel redet. Wenn man aber
seinem Reden zuhört, weiß man nicht, was er geredet hat, weil er keinen einzigen
Satz zu Ende redet.

Hauptmann hat auch eine Schreibweise, die er abgekuckt hat, verwendet. In seiner
Erzählung gibt es eine besondere Erzähltechnik, und zwar die szenische Erzählweise.
Hauptmann zeigt die Menschen in Szenen. Die szenische Darstellung ersetzt im
gewissen Grad das Reden. Sie ermöglicht, daß wir als Leser/Zuschauer/Zuhörer ein
Stück des Lebens wie durch ein Fenster hineinschauen - Guckkastenbühne. Man
denkt mit, man ist dabei, und zwar unverbotener Weise. Man ist ein Teil des
Geschehens.

213
Wenn man im Naturalismus von Milieu spricht, gibt es ein räumliches Milie, vor allem
aber ein Sprachmilieu.
Hauptmann ist ein Dichter, der nur Leid darstellt und macht so wie Büchner einen
humanen/menschlichen Zug. Er zeigt die menschliche Macht und Ohnmacht. Die
Menschen selbst können über nichts entscheiden, weil sie determiniert sind.
In BAHNWÄRTER THIEL zeigt Hauptmann die Triebsverfallenheit: Hier geht es um
eine uneheliche Mutter, die einen Mord begeht, weil sie nicht weiter weiß. Das ist
typisch naturalistisch, was Naturalismus von Sturm und Drang, von Büchner
übernommen hat und auch von der Romantik. Denn auch die Romantik hat eine
kaotische Welt gezeigt, wo sie ihr eigenes Leben dichterisch zu verwerten versucht
haben. In der Romantik gab es nicht die menschliche Note, aber es gab eine
psychische Note. Im Naturalismus wird aber beides gezeigt: die finanziellen und
psychischen Schwierigkeiten der Menschen.

Das Ortsmilieu macht das Reden ohnmächtig (nemočen). Es gibt nur noch
abgebrochene Sätze, Seufzen, Schrei, gestammelte Wörter und am Ende bleibt man
stumm. Der Mensch bleibt tonlos. Es gibt nur noch Gedankenstriche, Punkte, ...
Wenn das gesprochene Wort nicht ausgesagt wird, hat es auch eine Macht und
vemittelt etwas. Die Ohnmacht der Sprache ist jetzt wichtig - die Not der Sprache
(stiska jezika).
Naturalismus zeigt das alles, stellt Szenen dar, thematisiert. Über das Problem der
Sprache wird wortreich diskutiert. Seit Naturalismus ist die Ohnmacht der Sprache
ein ständiges Thema der Dichtung bis zu heutigem Tage: Was soll man sagen? Was
darf man sagen? Nach so viel Elend (Erfahrung des Ausschwitz) darf man keine Gedichte mehr
schreiben. Was kann man aber noch schreiben, daß es keine Lüge ist, daß es echt ist, daß es Dichtung
ist? Nach 1945 kann man nicht mehr sagen Touristenfürer, weil Führer Hitler war. Wenn man es
sagte, war das Anspielung an das Nationalsozialismus.

Die Sprache bedeutet in Naturalismus keine Klärung der Sachverhalte mehr. Durch
die Sprache war man nicht besser informiert, die Sprache war die Sprache des
Effektsausbruchs. Aber die Sprache hat sich weiterentwicklet und hat sich so
gerettet. Die Not der Sprache ist aber seit dem noch immer ein großes
philosophisches Problem der Dichtung. Darüber hinaus sagt man, daß es durch die
Sprache keine Verständigung mehr gibt. Alle reden zueinander, aber reden
aneinander vorbei.

Hugo von Hofmannsthal hat gesagt, daß seine Komödien nach dem Krieg Lustspiele
gennat werden sollten.
So ein Lustspiel ist DER SCHWIERIGE.
Das Thema hier ist: Keine Verständigung ist mehr möglich. Die Sprache klärt nicht,
aber macht alles noch komplizierter.

Hauptmann war ein großer Dichter, der aber allein mit Naturalismus nicht zufrieden
wäre. Deswegen hat er auch moderne Dichtung geschrieben, wie Traumdichtung:
Und Pippa tanzt, Hanneles Himmelsfahrt und noch einige Novellen und Romanen.

214
NATURALISMUS UND MODERNE LITERATUR

Naturalismus bedeutet eine Art Revolution in der Dichtung. Aber seit dem gibt es
auch einen Einspruch auf Naturalismus, und zwar, daß Naturalisten ihren Anspruch
an der Revolution nicht eingelöst hätten. Ein englischer Dramatiker John Osborn hat
im jahr 1971 einen Essay geschrieben: Das naturalistische Drama in Deutschland.
Hier hat er behauptet, daß der deutsche Naturalismus ein Kompromiß zwischen
verinnerlichten deutschen Konservatismus und den mehr nach außen gerichteten
europäischen Radikalismus ist. Osborn hat vom deutschen Naturalismus nicht viel
gehalten.

Naturalismus ist eine moderne Dichtung, er hat die moderne Diskussion über die
Kunst eingeleitet. Der Naturalismus hat die Problematisierung der Tradition
eingeleitet und andere Möglichkeiten der Literatur eröffnet.
Wenn man so die Literaturgeschichte verfolgt, so war der Sturm und Drang schon
eine Revolution in der deutschen Dichtung (keine politische, aber eine literarische).
Sturm und Drang war z. B. eine soziale Bewegung, wo Kindermörderin ein Thema
war. Der Sturm und Drang hat das Kraftgenie verlangt, das alles darf und alles kann
(Prometheus, der das Feuer stahl), aber er war gegen die Tyrannei. Diese soziale
Linie - die sich auflehnenden Menschen (upirajoči), protestierenden Menschen - geht
weiter vornehmend in der Vormärzdichtung. Heine ist ein Romantiker oder ein
Jungdeutscher.
Dann wird bei Hauptmann in dem Werk Die Weber das gleiche Thema behandelt.
Dann gibt es auch Büchner mit seinem Mitleid zu sozialen Menschen, mit seinen
Lustspielen, Prosastücken (Lenz - Langeweile, Wahnsinn, Armut, Determinismus).

Naturalismus kopiert nicht, sondern sammelt zusammen die verschütterte Tradition.


Er nimmt auf und führt es weiter und bedeutet eine neue radikale Kunst. Eine so
radikale, daß man sie verboten hat. Den naturalistischen Dichtern macht man
Prozesse. Das haben Antinaturalisten gemacht, die den Naturalismus haßten.
So z. B. brachte Schnitzler Sexualität auf die Bühne, wo es sich nicht um Liebe
handelte. Deswegen wurde er angeklagt. Erst 15 Jahre nach seinem Tod gab es die
erste Uraufführung dieses Stücks.
Auch Leutnant Gustl von Schnitzler war verboten, weil der Oberstoffizier nur ein
Schein von Leutnant Gustl ist. Leutnant Gustl soll vor Kriegsgericht kommen. Weil
aber dann einer stirbt ist die Ehre ungefleckt.

Wegen der radikalen, neuen Handhabung der Motive, Themen, Sprache ist der
Naturalismus nicht nur eine Dichtung, die sich von der Tradition entwickelte, aber er
ist ein Ansatz zu Moderne. Die Erfahrung, die wir im Naturalismus kennengelernt

215
haben, hat schon Jean Paul gemerkt, und zwar in der Realitätsverlust. Er hat die
Realität als etwas Zerstückeltes erlebt, es gab keine Einheit mehr. Es kam zur
Fragmenterscheinung in diesem Moment, als man die Welt nicht mehr als Einheit
zeigen konnte. Das waren gewollte Fragmente.

Naturalismus machte den Zug nach Radikalem. Hier geht die Realität ständig in
Stücke. Schon innerhalb der Sätze, einer Geschichte gibt es nur Stücke und Teile.
Dieses Erlebnis, diese Erfahrung der Welt, der Realität als etwas Zerstückeltes ist
auch modern, wie das schon Jean Paul, und die Romantiker gesehen haben. Der
Naturalismus hat dem nur noch zur vollen Entfalltung geholfen.

HUGO VON HOFMANNSTHAL


hat geschrieben: EIN BRIEF (1911)
- lesen bis zu der Diplom!!! Prevod od Urške Cerne, izšel v Novi reviji
Da spricht er von dem Realitätsverlust. Das hat Hofmannsthal gezeigt als Stammeln.
Er sagt aber: "Mir zerfallen die Wörter im Mund zusammen wie modernde (strohnjene)
Pilze."
Es wurde in der gleichen Zeit geschrieben wie Die Ratten (1911).

Diese Probleme werden im Naturalismus mimetisch gezeigt. Mimetisch bedeutet


konkret gezeigt, noch am Ausbilden von wirklichen Menschen, wirklichen Umständen,
wirklichen Milieu. Hugo von Hofmannsthal thematisiert das in der Gesellschaft, die es
nicht mehr gibt. Das war die Gesellschaft der Donaumonarchie.

Was im Naturalismus, Symbolismus, Moderne konkret gezeigt wurde, wurde im


Nachnaturalismus abstrakt gezeigt. Die Sprachformexperimente sind die Sache der
Literatur im Anfang des 20. Jh. Das 20. Jh. bringt die Abstraktion in die Sprache und
in die bildende Künste: Expressionismus, Impressionismus und abstrakte Malerei
(Picasso, Dali). Jetzt braucht die Malerei nicht mehr nach der Natur abzubilden, weil
es schon die Fotografie gibt.

216
GEGENPOSITIONEN ZUM NATURALISMUS

Aspekte der Epoche:


- Die Epoche gilt politisch, historisch, sozial wie im Naturalismus.
- Es gab viele Zeitungen, Zeitschriften: Die Freie Bühne, Berlin, ...
- Vermassung.
- Hermann Bar - Schriftsteller und Kritiker, Regisseur in Wien (1863 - 1934)
- 1891 hat er einen Essay geschrieben, in dem er die
Überwindung des Naturalismus verkündete. Als die Stücke des Naturalismus nicht
mal geschrieben wurden, hat er schon gewittert, daß mit Naturalismus nicht weit
gehen wird und daß man weg muß, denn sein Zauber ist gebrochen. Er hat schon
andere Elemente gesehen.

Zu diese Epoche gehören folgende Autoren:


- Stefan GEORGE
- Hugo von HOFMANNSTHAL
- Arthur SCHNITZLER
- Frank WEDEKIND - Zu den Hauptwerken Wedekinds zählt seine zweiteilige Lulu -
Tragödie: Der Erdgeist und Die Büchse der Pandora (1902). Da wurde die erste
Lesberin auf der deutschen Bühne gezeigt.
- Rainer Maria RILKE gelang etwas später zur Gegenposition des Naturalismus.

Die meisten Naturalisten , außer George hausten in Wien. Wien war der
kulturgeographische Mittelpunkt im Gegensatz zu Berlin (Wilhelminismus).
Wiener Moderne - Antinationalisten, Expressionisten
München - große Kulturstadt der Malerei

So wie Naturalisten gehören die Autoren der Gegenströmung dem gleichen


Bürgertum.
Alle Antinationalisten haben sich selbst zum Schau gestellt. Ihr eigenes
künstlerischen Dasein haben sie in Künstlerzirkel, -kreise, - schulen gezeigt.

1. - Naturalismus war die letzte künstlerische Richtung, die auf objektive Gesetze
schwur. Den Wahrheitsbegriff began er durch die Mithilfe der objektiven Gesetze zu
verwirklichen.
Die Antinationalisten waren aber traditionsgebunden. S. George, H. von.
Hofmannsthal schöpfen aus der Antike, Renaicansse, Barock. Sie stellten sich in
Gegensatz zu Naturalismus und waren gegen Technisierung, Industrie, Vermassung.
Das zeigen sie in ihrer Dichtung nicht.

2. - Antinaturalisten waren kulturpesimistisch, wobei die Naturalisten


Fortschrittsoptimisten waren. Antinaturalisten drücken den subjektiven Schmerz einer
Endzeitstimmung (Fin de siecle) aus. Sie analysieren psychologisch die Dekadenz der
späteren Wiener Bourgeoisie (das Bürgertum). A. Schnitzler ist in der Dichtung das, was
Freud in der Psychologie ist.

217
Rainer Maria Rilke war auch aus der Monarchie. Er war ein Prager Jude. Als Kind
wurde er als ein Mädchen erzogen, dann wurde er aber ein Offizier. Er ist nach
Rußland gegangen, wo er die tiefe ortodoxe Religiosität der Russen erlebt hat und
hat sich dadurch sehr verinnerlicht. Er war lange der Sekretär von Auguste Rodin
[roda] (ein berühmter Bildhauer in Frankreich: Hand, Kuß). Rodin hat Rilke als Dichter
sehr beeinflußt, obwohl er ein Bildhauer war.

Hugo von Hofmannsthal ist beim Barock gelandet und beim Verständnis für das
österreichische Theater. Das Drama in Österreich ist ganz im Stil des Barocks. Hugo
von Hofmannsthal war zusammen mit Max Reinhardt der Begründer der Salzburger
Festspiele. Max Reinhardt war seiner Zeit Regisseur. Er emigrierte während des
Zweiten Weltkrieges nach Amerika. Er hat oft Bertholt Brecht insziniert.

Kafka, Schnitzler, Rilke, Hugo von Hofmannsthal sind alle vor dem Zweiten Weltkrieg
gestorben, die anderen haben nach Amerika emigriert.

3. - Antinaturalisten zweifeln an der Fähigkeit überhaupt die Wirklichkeit zu erkennen


und sie sprachlich darzustellen. Das war ein großes Problem. Antinaturalisten
glauben nicht daran, daß man die Wahrheit durch Experiment bzw. durch
objektiverenden Untersuchungen vermitteln kann. Für die Antinaturalisten ist die
Wahrheit nicht etwas, was für das Auge sichtbar ist. Es ist etwas, was man durch die
innere Erfahrung erfühlen kann. Das heißt, es liegt etwas hinter dem Ding. Sie reden
von der Wahrheit hinter der Wahrheit. Das Unterbewußte wird aufgedeckt, bearbeitet
(mit Hilfe der Hypnose). Da steht man aber vor dem Problem der eigenen
individuellen Erfahrungen.
Die Frage der Künstler war: Kann diese individuelle, persönliche Erfahrung den
Wahrheitscharakter allein durch die kunstliche Sprachform gewinnen? Kann man
beanspruchen, daß das, was man darstellt auch die Wahrheit ist? (Wenn ich das
Problem der Sprachnot habe, ist es das auch wahr?)

Mit der Psychologie entwickeln sich neue Gebiete: Was ist das menschliche Leben -
das was man sieht oder gibt es ein Seelenleben? Wo ist hier die Wahrheit?
Diese Realtivierung der Dinge geht mit den Naturwissenschaften vor sich:
Mathematik, Physik: Max Planck (1858 - 1949), der die berühmte Kvanttheorie
entwickelt hat; Albert Einstein (1897 - 1955) mit der Relativitätstheorie. Die
Philosophie basierte auf Nietzsche und Bergson (1859 - 1941) - französischer
Philosoph, der sehr stark die europäische Philosophie und Literatur beeinflußt hat.
Dabei hat Schopenhauer (1788 - 1860) Nietzsche und R. Wagner beeinflußt.

FRIEDRICH NIETZSCHE (1844 - 1900)

Nietzsche war klassischer Theologe, der Latein und Griechisch studiert hat. Er war
auch Philosoph und Dichter. Vor allem war er aber Kritiker des Spätbürgertums des
19. Jh..
Nietzsche war Sachse aus einem Pfarrerhause. Er hat ein Los (sreča) gehabt. Er war
der erste deutsche Dichter, der die Schreibmaschine benutzt hat.

218
Nietzsche war klug und ein romantischer Philosoph. Er war in dem Sinne romantisch,
daß er kein ausgearbeitetes System hinterlassen hat, aber nur Gedanken,
Anregungen, ... . Er hat sie in Evolution niedergeschrieben. Er hat sich zu
Bürgertugend, Bürgermoral geäußert. Was er erreichen wollte, war die bürgerliche
Welt zu ruinieren und eine neue bürgerliche Welt zu gestalten.

Nietzsche ist von Schopenhauer (Zeitgenosse Goethes; 1788 - 1860) ausgegangen.


Er hat auch einen Philosophen aus Griechentum umzudeuten (preinterpretirati)
begonnen. So hat er von der Polarität des Apolonischen und des Dyonysischen (die
Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik) gesprochen. Nietzsche hat die Welt als
Urwiderspruch zwischen Rausch und Reinheit gedeutet. Der Urwiderspruch zeigt sich
am reinsten im Wesen des Genies und in der Kunst wieder. Er erlebt sich als eine
phantastische Natur, als ein ungemeiner Durst nach Schönheit.

Apolinische: Apolo - der Prinzip der Schönheit für Nietzsche; harmonisch schön. Aber mit
Schopenhauer gesprochen, entlarvt er ihre Schönheit als Trug (prevara) - Täuschung der Sinnen
(Thomas Mann: Tod in Venedig).
Dionysische - der Gegenteil von Apolonischem.

Die apolonische Kunst bewundert Nietzsche in der Kunst des griechischen


Dionysischen. Dionys war der Gott der Fruchtbarkeit; wild, unermässlich. Das
bewundert Nietzsche in der Musik Richard Wagners. Diese Musik ist eine radikale
Musik in der griechischen Dichtkunst.
Winckelmann (1717 - 1768) - deutscher Arheolog - hat im Zusammenhang mit
Griechenbild nur von Schönem und Reinem gesprochen. Nietzsche spricht aber auch
von Raschem, Formlosem, ... . Dionysos ist kein Gott der Schönheit, das ist Wein,
Sexualität, Leben, ... . Über diese Dinge spricht Nietzsche im Zusammenhang mit
Griechenbild. Das hat schon die Romantik etwas fortgesetzt. In diesem Sinne ist
Nietzsche ein Romantiker.
Durch das Dionysische wird dem künstlerischen Schöpfungsakt ein dionysischer
Charakter gegeben. Das ist dann das Originäre oder das Originelle (das Echte), das
nicht durch die Tradition geheiligt ist.

Nietzsche hat noch folgendes geschrieben:


DIE FRÖHLICHE WISSENSCHAFT
ALSO SPRACH ZARATUSTRA
JENSEITS VON GUT UND BÖSE
GÖTSENDÄMMERUNG
SELBSTBIOGRAPHIE ECCEHOMO (Das sind biblische Worte, die Pilatus gesagt hat,
als er Christus gekreuzt sah.)

Nietzsche war ein sehr radikaler Denker. Er hat von dem Übermenschen gesprochen,
und zwar dann als sich alles vereingt wird - Gutes und Böses und andere
Widersprüche. Er hat auch die sogenannte Herrnmoral ausgeübt. In der Zeit des
Nationalsozialismus wurde von dem Übermesnchen gesprochen. Deswegen wurde
Nietzsche als Beginner des Nationalsozialismus gedeutet, was er aber nicht war!!!

IMPRESSIONISTEN in der Kunst: Van Gogh, Dali, De Chirico, Picasso, Cesain, Gogain,
Kokoshka, Kandinski, Nolde, ...

219
SYMBOLISMUS
JUGENDSTIL oder WIENER MODERNE oder FIN DE SIECLE oder ART NOUVEAU oder
SEZESSION
EXPRESSIONISMUS

26. 5. 1999
STEPHAN GEORGE ( 1868 - 1933)

George war der größte, machthafteste Vertreter des deutschen Symbolismus. Seine
Gedichte ließ er aber nicht beim Verlag erscheinen, sondern in einem Privatdruck und
in kleinen Auflagen, und zwar deswegen, weil seine Dichtung nur für ausgewählte
Leser sein solle.

Seine Vorbilder waren:


- Conrad Ferdinand Meyer
- Wichtig waren vor allem Franzosen. Um die Jahrhundertwende hat er eine große
Entwicklung ausgeübt, wie z. B. Paul Verlain (französischer Lyriker, der
bedeutendswert den Symbolismus beeinflußt hat), Charles Baudelaire (französischer
Lyriker, Kritiker und Ästhet; vorsymbolistische Lyrik) und Malarme.

Stephan George hat die esotherische Kunst und den Kunstwillen selbst im Original
kennengelernt und versuchte eine ähnliche Sprache zu benutzen. Sie waren Verehrer
des Geistes und der reinen Schönheit. Das haben sie in seinen Gedichten
ausgedrückt.

Georges Gedichtbände erschienen im 90-er Jahren:


- HYMNEN (Berlin 1890)
- PILGERFAHRTEN (Wien 1891)
- ALGABALL (das waren römische Kaiser; Paris 1892)
Diese 3 Gedichtbände sind früher in Kulturzentren Europas erschienen. Das waren
Belege für die Poesie, die sie in dieser Art in deutscher Sprache noch nicht gegeben
hat. So etwas hat nur noch C. F. Meyer geleistet.
Diese Poesie war streng abgerissen, hochstilisiert. Darin wurde seine Einsamkeit
feierlich bekundet. Es handelt sich um Selbstgespräche der vornehmen Seelen in
seinem Zuhause, die aber dieser Welt ziemlich entfernt sind.
In den Gedichten finden die Alltagsdingen Anlaß. Die Natur ist hochstilisiert, es ist
von Menschen gepflegte, stilisierte, gezüchtete Natur (Park). Die Natur ist ein Objekt,
das dem Menschen angepasst ist. Deswegen atmet die Landschaft auch eine
Stimmung des Gewächshauses (topla greda, rastlinjak).
Diese 3 Gedichtsammlungen geben den Ausdruck der Empfindsamkeit des Künstlers.
Menschen bewegen sich in exotischen Gärten, luxoriose Zimmer sind umgeben von

220
Edelsteinen, Marmor, beteubenden Düften. Gezeigt wird ein hochstilisiertes
Kulisenleben in einer Distanz zum alltäglichen Menschen. Die Menschen umgibt eine
luxoriose Schönheit.
Selbst wenn einen Menschen ein Symbol des harten Lebens umgibt (Blutspur), wird
auch das ästhetisiert (stilisiert). Angestrebt wird die Hochästhetik. Man soll alles
vermeiden, was die ästhetische Gleichgewicht stören würde.

Stephan George hat sich nach C. Baudelaire gerichtet, an seinem Gedichtband


BLUMEN DER BÖSEN. Diese Gedichte hat S. George übersetzt, aber das Gedicht Ein
Ass hat er zu radikal übersetzt. Das Schöne zusammen mit Ekelhaften war für ihn
unbegreiflich.

Seine Gedichte hat George dem Ludwig II. gewidmet (der Bayerische König). Ludwig
der II. war Cousin von Sissi (Franz Josephs Frau; Franz Joseph - der vorletzte Kaiser
in Österreich). Ludwig II. war sehr ungewöhnlich. Er hat unmenge Geld für
künstlerische Phantasien herausgegeben. Er hat Architektur unterstützt, war Mezen
von R. Wagner. Ludwig II. hat einen großen Hang zu Luxus und das hat S. George
angezogen. Ludwigs Hang an Luxus und Kitsch war aber so groß, daß das nicht mehr
normal war. Er hat den Schloß am Chimsee gebaut. Das ist eine Nachbildung des
Schloß in Versaille von Sommerkönig. Dort wollte Ludwig II. nur einen Tag
verbringen. Um dieses Schloß zu bauen, haben die Menschen große Steuern gezahlt.
Wegen des Hangs zum Luxus wurde Ludwig II. für unmündig erklärt und ins Arrest
geschickt. Dann lebte er in der Stadt Berg, wo er Selbstmord begonnen wollte. Aber
man hat ihn sowieso erschossen. Ludwig II. wollte das See überschwimmen. Man hat
ihn aber erwischt und erschossen.
Stephan George hat die Gedichte ALGABAL dem Ludwig II. gewidmet als Erinnerung
an ihn.

Stephan George war als Dichter unter dem Einfluß der bildenden Künste.
Gustav KLIMT ist ein sehr wichtiger Name. Er war ein österreichischer
Jugendstilmaler. Seine Malrei und Zeichnungen haben die Bücher von damaligen
Autoren illustriert.
Auch die Musik war für George wichtig und damit R. WAGNER, A. BERG und
SCHÖNBERG. Diese Namen bedeuteten eine Neuerung in der Musik, die T. Mann in
seinem Werk Dr. Faustus inspiriert hat. Diese ernste Musik hat aber ihre Zeit weniger
überlebt. Überlebt hat aber die Musik von Beatles aus dieser Zeit.
Die Musikalität war sehr wichtig und der Rhythmus wurde in die Gedichte
übergebracht. Die Struktur der Musik war aber unreichbar für die Lyrik. Wichtig für S.
George war das Gleichgewicht von Laut und Sinn (Form und Inhalt).

DAS JAHR DER SEELE (1897)


Gedichtsammlung.

Stephan George schrieb bewußt unpopulär. So lebte er auch und war einsam. Seine
Gedichte wurden als "Die Bekentnnisse eines Einsamen" genannt. George
beschäftigte sich mit sich selbst und drückte das in einer wehmütigen Stimme durch
das Wechsel der Jahreszeiten aus. Frühling, Sommer, Herbst, Winter sind Stationen
eines Menschen und im Winter kommt man zum Tod. Man merkt, daß der Dichter die

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Abkapselung (izolacija) der Welt nicht mehr aushält und geht in die Welt. Er begann
seine Bücher beim Verlag BONDIE zu drucken. Jetzt druckt er beim Verlag, weil die
Öffentlichkeit jetzt die Dichtung versteht.

George übersetzt viel aus dem Französischen, Italiänischen, Englischen, vor allem
die französischen Symbolisten. Er übersetzte Danuntio, Dante (Die göttliche
Komödie) und alle Sonette von Shakespeare. Seine Übersetzungen und Gedichtbände
wurden sehr schön illustriert. Die Graphik und der Buchdruck hatten eine wichtige
ornamentale Linie.
George arbeitete an einer besonderen Schrift: Georgeschrift, die kantig gestochen ist
(Lativisierung der gotischen Schrift - Gotica).
George benutzt keine Interpunktionen, nur den Punkt. Er schreibt alles klein.

Stephan George hat den Kult der Schönheit gefeiert und war gegen den bürgerlichen
Liberalismus.

Seine letzten Gedichtbände: - DER SIEBENTE RING (1907)


- DER STERN DES BUNDES (1913)
- DAS NEUE REICH (1928)
In diesen Gedichten wurde der Kult der Kraft und der Schönheit gefeiert. Seine
Dichtung ist eine Art Heiligtum. Eine Einheit von Leben und Poesie soll man schaffen
(wie in Rom).
George hält sich für einen Ästhet, einen Aristokrat der Seele und meint, daß der
Dichter Prophet sei, Visionär, ein Priester (wie in der Antike).
Durch den Kult von Schönheit und Kraft ist er den Nationalsozialisten in die Augen
gefallen. Man wollte ihn mißbrauchen als eigenen Poet, als großen Dichter im Namen
einer Ideologie, die aber keinen Namen der Kunst enthält. Stephan George war damit
nicht einverstanden und ist aus Deutschland ausgewandert und ist in die Schweiz
gegangen. Hier ist er gestorben und auch begraben.
Der Kult von Kraft und der Schönheit hat die Nationalsozialisten imponiert. Sie
schätzten alles Kräftige und Schöne, gutgewachsene Männer und Frauenfiguren. Das
war im Vergleich der neuen Kunst eine Kunst, die sich auch an japanischer Kunst des
Holzschnittes orientierte und an Afrikaner. Für die große Masse war das viel
angenehmer, denn alles war klar und bedeutend. Alles anderes hat aber
Nationalsozialismus nicht geschätzt.

RAINER MARIA RILKE (1875 - 1926) !!!

Rilke war der größte Dichter dieser Zeit. Niko Grafenauer übersetzte in Slowenien
seine Werke.

Rilke wurde in Prag geboren. Prag war damals ein ungeheueres Zentrum der
deutschen Literatur. Im Ersten Weltkrieg und noch bis zum Zweiten Weltkrieg sprach
man von Prag als von "Goldener Prag". Da gab es große Kolonien von Menschen, die
Fremde waren und deren Sprache Deutsch war. Sie haben alle eine phantastische
Dichtung hervorgebracht. In diese Kategorie fallen: R. M. Rilke, Franz Werfel, Max
Brod, Franz Kafka, ... .

222
Rilkes waren eine bürgerliche Familie, jüdisch. Rilke hat man in seinen frühesten
Kinderjaheren als ein Mädchen erzogen und deswegen hieß er damals Rene Maria
Rilke.

Das Prager Deutsch war ein besonderes Phänomen, umgeben von Tschechier. Das
war ein Deutsch, das man außerhalb Prag nicht gesprochen hat. Die Menschen
wuchsen zweisprachig auf (Tschechisch und Deutsch). Deswegen hat sich bei diesen
Autoren eine ganz besondere sprachliche Sensibilität entwicklet. Viele von diesen
Dichtern haben sich zu den besten Dichter der Weltliteratur entwickelt. Viele sind
schon vor dem Zweiten Weltkrieg gestorben, viele haben emigriert oder sie sind in
die KZ gekommen. Viele haben den Ersten und den Zweiten Weltkrieg erlebt und das
hat sie geprägt (zaznamovalo, dati pečat nečemu).

Rilke hat Prag in seiner Jugendzeit verlassen. Aber seine Gedichte gehen auf die
ersten Erlebnissen zurück. Seine erste Werke sind Gedichte eines naiven Dichters.
Sie beruhen ganz konventional auf Erlebnissen. Es sind Zeugen von seinen intimen
Begegnungen mit Dichtungen anderer Dichter. Sie sind aber stereotypisch: mit altem
Wortschatz und alter Form und erinnern an naive Kunst.
Sein Vorbild war ein tschechischer Dichter.

Als er aus Prag ging, kam er in Berührung mit der Weltlitartur. Er lebte in Kolonien
von Bildmaler und Architekten (Gropius). Walter Gropius (1883 - 1969) war
führender Vertreter der modernen Architektur in Deutschland und hat nach dem
Zweiten Weltkrieg die Hochhäuser bauen lassen, die aus Glas und Stahl waren.
Für die Architektur dieser Zeit war auch Le Corbusier [le korbusie], der mit dem Licht
gespielt hat, wichtig.

1. 6. 1999
Rilke hat also gedichtet.
Sein frühestes Werk ist eine Prosaballade:
DIE WEISE VON LIEBE UND TOD DES CORNETS CHRISTOPH RILKE (1899).
- in dekorativem Stil geschrieben

Dann reist Rilke nach Rußland. Er war ein guter Kenner der russischen Sprache. Er
schreibt ein Paar Gedichte in russischer Sprache. Er schreibt über Erlebnisse, die für
ihn sehr wichtig waren. Er hat sehr viel aus anderen Sprachen geschöpft. Rußland
hat ihn zutiefst (do dna duše) berührt. Am meisten hat ihn die Religiosität von Russen
berührt. Die russische Religiosität war die Grundlage seines Innerns. Zutiefst berührt
hat ihn auch Paris, das damals eine Weltstadt war.

Im Jahr 1902 begann er richtig zu schreiben:

Er schrieb seine erste Gedichtsammlung DAS BUCH DER BILDER


Hier beginnt er mit seinem dichterischen Ausdruck zu kämpfen. Das war seine erste
Frucht des russischen Erlebnisses.

223
Dann hat er seine nächste Gedichtsammlung geschrieben. Das war eine musikalische
Sammlung: DAS STUNDENBUCH (1905).
Diese Sammlung zerfällt in drei Teile: - Vom mönchischen Leben.
- Von der Pilgerschaft.
- Von der Armut und vom Tode.
Die Hauptfigur ist ein Mönch, der eben seine Bekenntnisse mitteilt.

Noch eine Gedichtsammlung NEUE GEDICHTE (1907)

Gedichtsammlung DER NEUEN GEDICHTE ANDERER TEIL (1908)


Diese Sammlung ist unter dem Einfluß von dem Bildhauer Auguste Rodin (Rilke war
sein Privatsekretär) entstanden.

Rilke hat auch einige Erzählungen geschrieben. Sehr berühmt waren:


GESCHICHTEN VON LIEBEN GOTT

Rilke hat gesehen, daß es nicht leicht ist zu schreiben. Von nun an veröffentlichte er
nichts mehr, was nicht fertig war. Rilke wendet sich den Formen, die anspruchsvoll
sind, zu: wie z.B. Sonett. Er läßt sich von Boudleaire, Mattarmé, Verlaine inspirieren.
Diese drei französischen Autoren und Rilke haben die endgültige Form geschaffen.
Sie haben sogenannte DINGGEDICHTE geschrieben. Für sie ist ein Gedicht das
Dasein in Wirklichkeit und das Dichten ist die Kraft, die den Dichtern behilflich ist, um
den Chaos in der Welt zu besiegen.

In Rilkes früheren Gedichten dominieren die Themen: Gott, Liebe und Tod.
In seinen späteren Gedichten dominieren aber die Themen: Tiere, Pflanzen,
geschichtliche und legendäre Gestalten, ... .

Einige Titel seiner Gedichte, die alle im Sinne von Panther geschrieben sind:
- PANTHER (über die Frage der Freiheit)
- DER LESENDE
- DIE BLINDE
- DAS KARUSSELL

Rilke war es nicht bewußt, daß er die früheren Gedichte geschrieben hat ohne die
Erfahrung zu haben. Deshalb trennen die Welte "heutige" und seine frühere
Gedichte. Der Unterschied zwischen den Versen ist sehr groß.

Rilke hat um die wahre Wirklichkeit gerungen. Das hat er gemacht z.B. in dem
Tagebuchroman: DIE AUFZEICHNUNGEN DES MALTE LAURIDS BRIGGE.
Das ist eine autobiographische Seelengeschichte.
Es ist das grundlegende Werk des modernen Romans.
Rilke hat hier zum ersten Mal die Gedanken formuliert. Er hat die Fragen gestellt, die
noch nie gestellt worden sind (das haben auch Sartre und Camus - Existentialisten
gemacht). Die Fragen, die sich hier stellten, waren die Fragen nach der
Möglichkeiten, die Fragen des Leben und des Geistes in einer Welt.

224
Das war die Zeit der Jahrhundertwende, wo die Kriege kamen. Die Menschen spüren
Angst. Man fragt sich auch, wie kann man überhaupt leben, wenn man die einzelnen
Elemente des Lebens nicht versteht.

Die Sprache ist nuanciert. Er hat mit dem Monolog die Träume, die Phantasie,…
repräsentatieren versucht. Die Phantasie und die Träume spielen in dem Roman eine
große Rolle. Man versucht zu Gott zu finden.
Man hat dieses Werk auch als monologischen Roman bezeichnet.
Rilke war religiös wegen der Todesangst (es war die Zeit des Krieges).

Im Jahr 1912 war er in Duino (Devin pri Trstu). Er war hier wegen der Einladung der
Gräfin Turn und Taxis (reiche Familie).
In diesem Schloß hat Rilke einige Monaten gelebt und er hat hier auch einen
Gedichtzyklus begonnen zu schreiben: DUINESER ELEGIEN.
Dieser Zyklus ist erst 1923 erschienen.

Hier in Duino war in seiner Umgebung auch eine Dame Lou Salomé. Sie war sehr
beliebt, viele Männer wollten sie heiraten. Auch Rilke war derjenige, der sie heiraten
wollte. Wichtig ist noch das, daß er hier einen Brief geschrieben hat und hat ihn
adressiert mit "Nabrežina" (das hat er slowenisch geschrieben).

Im Jahr 1923 ist in Paris eine Gedichtsammlung entstanden:


DIE SONETTE AN ORPHEUS.
Das Werk ist in feierlicher Sprache geschrieben und ist sehr schwierig zu verstehen.

Im Jahren von 1924 bis 1926 hat er noch eine Anzahl von Gedichten in französischer
Sprache verfaßt, wie z.B. LANDSCHAFTSGEDICHT.
Diese Gedichte sind nicht in so großem sprachlichen Niveau wie die deutsche
Gedichte geschrieben.

Rilkes Tod: Er hat testamentarisch festgelegt, was man auf seinen Grabstein
schreiben soll. Das war das Gedicht ROSE.

CHRISTIAN MORGENSTERN (1871-1914)

Morgenstern war als Dichter ziemlich populär. Er ist seelisch mit Rilke verwandt.
Auch er hat an der Zeit gelitten. Er hat sich als ein dichtende Skaut (tabornik)
verstanden.

Er hat eine Sammlung lyrischer Grotesken geschrieben GALGANLIEDER (1905).


Sein berühmtes Gedicht ist Trichter.

225
226
DAS DRAMA DER JAHRHUNDERTWENDE

Das Drama wurde in Wien und in München gepflegt. Hier sind drei große Namen
bedeutend: - HUGO VON HOFMANNSTHAL
- ARTHUR SCHNITZLER
- FRANK WEDEKIND

1891 - Überwindung der Naturalisten (Hermann Baar) - glej nazaj

Den zentralen Mittelpunkt bildeten aber nur zwei Autoren: Hofmannsthal und
Schnitzler.

ARTHUR SCHNITZLER (1862-1931)

Arthur Schnitzler (geboren und gestorben in Wien) war ein sensibler Mensch, eine
künstlerische Seele. Er hat Frauen und Musik geliebt und dies beide wurde ihm zum
Verhängnis.
Er stamme aus einer jüdischen Familie, bürgerliches Hause. Er mußte Arzt werden,
wie sein Vater. Aber dann hat er trotzdem gedichtet.
Schnitzler schrieb Prosa und Drama. Sein Thema war Leben, Tod, Liebe und Duell. Er
hat wunderschön geschrieben. Er hat in der Literatur solches geleistet wie Sigmund
Freud in der Psychologie.

Schnitzler war verheiratet, hatte zwei Kinder: eine Tochter, die Selbstmord begannen
hat und einen Sohn Heinrich Schnitzler, der ein guter Schauspieler war. Er war ein
eifersüchtiger, despotischer Mann.

Arthur Schnitzler hat über das Leben geschrieben, wie er es kannte (das Leben in
Wien, in der Monarchie, in Österreich), und auch über die Liebe, den Tod, den Duell,
den Antisemitismus...
Schnitzler hatte viele Prozesse wegen seiner Dichtung. Er wurde wegen der
Ehrlosigkeit verurteilt.

Er hat eine Reihe von schönen Theaterstücken und Erzählungen geschrieben. Er hat
auch Romane und Novellen geschrieben.

Zuerst wurde er berühmt mit:


ANATOL (1893)
Das sind sieben Gesprächsszenen zwischen zwei, manchmal drei Personen, im
Grunde aneinandergereihte Einakter.

LIEBELEI (1895)
Ein lyrisches Drama, ein Schauspiel in drei Akten.
Schnitzler hat mit Liebelei seinen ersten und größten Bühnenerfolg erzielt. Motiv, der
hier behandelt wird ist Liebelei und das süße Mädel. Er hat das süße Mädel in die

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österreichische Literatur eingeführt. Sie hatte Pech reiche Männer geliebt zu haben
und dann von ihnen verlassen zu werden. Sie ist keine Hure, sondern ein Mädchen,
die von Leben etwas haben will und deshalb ist sie Geliebte von reichen Männern.
DER GRÜNE KAKADU (1899)
Ein Drama, Groteske.

1900 hat er ein Theaterstück geschrieben, das ein großer Skandal war:
REIGEN. Zehn Dialoge.

Das ist eine Komödie.


Reigen ist eigentlich ein Tanz.
In dem Theaterstück geht es aber um den puren Sex. Zwei Menschen, die sich
kennengelernt haben, gehen miteinander ins Bett. Es gibt 10 Szenen und 5 Paare
(deshalb der Titel Reigen). Eine Figur aus der ersten Szene kommt in die zweite,
dann eine Figur aus der zweiten Szene kommt in die dritte, und so weiter… In der
zehnten Szene treffen sich eine Figur aus der neunten und aus der ersten Szene. Alle
Figuren sind namenlos.

1. Szene: Prostituierte + Soldat


2. Szene: Soldat + Stubenmädchen
3. Szene: Stubenmädchen + junge Heer
4. Szene: junge Heer + junge Frau
5. Szene: junge Frau (Ehefrau) + Ehemann !!! das müssen wir
wissen
6. Szene: Ehemann + süße Mädel
7. Szene: süße Mädel + Dichter
8. Szene: Dichter + Schauspielerin
9. Szene: Schauspielerin + Graf
10. Szene: Graf + Prostituierte

Das ist so wie eine Leiter. Es ähnelt einem Totentanz.


Schnitzler zeigt das Problem wie ein Mann und eine Frau ins Bett kommen, wie sie
Sex haben. Hier gibt es eine Sozialskala: je tiefer, je leichter. Je höher man steigt,
desto komplizierter ist der Vorspiel und der Nachspiel.

- 1. Szene: die Prostituierte will kein Geld. Sie tun in der Natur, in der Nähe des
Donaukanals.
- 8. Szene: Dichter + Schauspielerin. Das hat Schnitzler selbst erlebt mit der
Schauspielerin Adele Sandrok (sie war eine gute Schauspielerin, hat in Liebelei
gespielt). Adele hat nicht gerne gesehen, daß das dann veröffentlicht wurde.
- 10 Szene: Graf ist zu Prostituierte gekommen, aber er war so besoffen, daß er sich
an nichts mehr erinnert hat. Danach hinterläßt er ihr diskret ein bißchen Geld. Er
wollte erfahren, wie es war. Sie sagt ihn, daß er keine Angst haben braucht, weil er
großartig im Bett war.

Dieses Theaterstück läßt Schnitzler in Privatdruck drucken. Es war nur eine kleine
Auflage. In Berlin wurden drei Szenen gespielt und es wurde ein riesengroßer
Skandal. Wegen Unmoral wurde Schnitzler vors Gericht gebracht.

228
Von diesem Theaterstück gibt es zwei Übersetzungen in die slowenische Sprache.

Arthur Schnitzler hat auch schöne Novellen geschrieben:


- CASANOVAS HEIMFAHRT
- DAS SPIEL IN MORGENGRAUEN
- DER BLINDE GERONIMO UND SEIN BRUDER
- …

Seine erste Novelle war: STERBEN (19.Jh.).


Hier klingen die Motive seiner späteren Dichtung: Liebe, Leben, Tod.

Kurzer Inhalt: Ein Dichter, Felix, und ein süßes Mädel, Marie, leben zusammen. Er
dichtet, sie kocht, wäscht,… Dann wird er lungenkrank. Er erzählt es Marie. Sie will
mit ihm sterben, aber er will das nicht. Aber je länger er so krank im Bett liegt, desto
sehnlicher wünscht er sich, daß Marie mit ihm sterben würde. Dann fahren sie nach
Italien. Als sie da ankommen, geht es ihm immer schlechter. Marie schickt einen
Telegramm an seinen Arzt. Felix und Marie sind zusammen in dem Zimmer, er steht
auf, versucht zu ihr zu kommen, will sie töten, aber sie flieht. Sie läuft weg und fällt
in die Arme des Arztes. Felix sieht das und das ist das letzte, was er vor dem Tod
sieht.

Das ist das Bild, das Schnitzler von Frauen hatte: Man kann nicht ohne sie leben,
aber mit ihnen auch nicht.

LEUTNANT GUSTL

Eine Novelle von Arthur Schnitzler, erschienen 1900.


Hier gibt es den ersten inneren Monolog in der deutschen Sprache.
Es geht um einen Leutnant, der ein fauler Mann ist. Er will aber trotzdem gut Leben,
will lieben,… Dieser Gustl hat aber Pech, daß ihm ein Kamerad die Karten für ein
Konzert gegeben hat. Auf der Aufführung denkt er nach und hier erscheint der innere
Monolog oder Bewußtseinstrom.
Diesen inneren Monolog hat als erster ein Franzose Eduard Dujardin in Les Louriers
sont coupés (Geschnittener Lorbeer) praktiziert. In der deutschen Sprache, hat das
Schnitzler als erster praktiziert.

Gustl denkt also nach - er ist denkbarst (kolikor mogoče) schlecht gelaunt. Nach dem
Konzert will er essen gehen. Es gibt ein großes Gedränge. Gustl wird sehr
unfreudlich, spricht in dieser unfreundlicher Weise den Bäcker an. Der Bäcker zieht
aber den Säbel (sablja) von Gustl und nennt ihn einen "dummen Bub". Bäcker
verabschiedet sich und geht nach Hause, aber Gustls Ehre ist schwer verletzt. Er
mußte jetzt eigentlich duellieren, aber das kann er nicht machen, weil Bäcker kein
Adliger ist, ist auch kein Offizier und kein Akademiker. Deshalb ist Bäcker nicht
satiaktionsfähig und er darf nicht duellieren. Aber die Ehre kann nur mit dem Duell
wieder hergestellt werden. Aber wenn das nicht geht, muß Gustl sich erschießen
oder er wird suspendiert. Aber wenn er suspendiert wird, hat er keine Arbeit mehr.
Gustl zieht jetzt die Bilanz seines Lebens. Er hatte ein sehr schlechtes Leben geführt.

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Am nächsten Tag muß sich Gustl mit einem jüdischen Arzt duellieren, weil er ihm
gesagt hat, daß er keine Matura hat. Gustl irrt durch Wien, geht in die Kirche. Dann
will er sich noch einen Frühstück gönnen. Er las die Todesanzeigen und erfährt, daß
den Bäcker der Schlag getroffen hat. Leutnant schreit vor Freude. Jetzt braucht er
sich nicht mehr umzubringen.

Wegen dieser Novelle muß Schnitzler vors Kriegsgericht. Ihn wurde die
Offiziersmarke weggenommen. Er wurde verurteilt, weil er die Ehre der
österreichischen Offiziere verletzt hat. Kein österreichischer Offizier würde nämlich so
denken.

Dann hat Schnitzler noch eine Geschichte, teilweise in innerem Monolog geschrieben:
FRÄULEIN ELSE.

Das ist eine bittere Geschichte von schöner Else. Sie ist aus einem gut bürgerlichen
Haus. Ihre Eltern veruntreuen (poneverjati) das Geld von seinen Kunden. Sie (Else) ist
im Urlaub mit ihrer Tante, weil sie sich das alleine nicht leisten kann. Dann bekommt
sie einen Brief von ihren Eltern: sie soll einen Juden, der auch dort war, um Geld
bitten. Aber dieser Jude, Kunsthändler, hat ihrem Vater schon das Geld geliehen. Die
Eltern wußten es, daß der Jude dann eine Gegenleistung haben will, und zwar den
Tochters Körper. Die Tochter weiß, was sie machen muß, aber sie will ihrem Vater
helfen und deshalb geht sie zu dem Juden. Er will sie nackt sehen. Sie ist entsetzt,
aber wegen des Vaters macht sie es. Sie überlegt sich alles in Form des inneren
Monologs.
Sie hat einen Plan: sie wird sich ihm zeigen. Sie zieht sich im Zimmer aus und zieht
den Mantel an. Geht in den Raum, wo es viele Leute gibt. Dort spielt der Jude das
Klavier. Als er sie bemerkt, zieht sie den Mantel aus und alle sehen sie. Das war ein
riesengroßer Skandal. Else fällt in die Ohnmacht. Dann wird sie von Männern
zugedeckt und in ihr Zimmer gebracht. Dort hat sie sich schon ein Glas Wasser mit
Beruhigungstabletten bereitet. Sie ist total geschockt und kann sich nicht bewegen,
kann nicht sprechen. Aber sie versteht alles, was rund um sie passiert. In diesem
Zustand sieht sie auch, daß ihr Cousin ein Verhältnis mit einer verheirateten Frau
hat. Als sie sich endlich wieder ein wenig bewegen kann, trinkt sie das Glas mit
Beruhigungstabletten aus. Sie weiß, daß sie jetzt sterben wird. Aber dann will sie
nicht mehr sterben, aber sie kann nicht sprechen und es ist leider zu spät.

Die Dramen von Schnitzler:


- DER EINSAME WEG (ein Schauspiel)
- DAS WEITE LAND (eineTragikomödie)
- PROFESSOR BERNHARDT (eine Komödie)

Zwei Romane von Schnitzler:


- DER WEG INS FREIE
- THERESE

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HUGO VON HOFMANNSTHAL (1874-1929)

Hugo von Hofmannsthal war ein Freund von Schnitzler und auch von anderen
Literaten, die sich alle in Wiener Cafés gesammelt haben. Hugo von Hofmannsthal ist
ein Dichter, der sehr gebildet war in allen literarischen Gattungen. Er hat Gedichte,
Dramen, Librettos, Erzählungen, Essays, Kritiken geschrieben. Er war ein großer
Kenner der Menschen. Er hat schon als Gymnasiast gedichtet, aber es war verboten
als Gymnasiast die Werke zu veröffentlichen. Deshalb hat er unter verschiedenen
Pseudonymen (auch Loris) veröffentlicht. Er gab seinen Dichterkollegen Ratschläge:
dichterische und auch Ratschläge über das Leben.

Sein Lebensfluch (prekletstvo) war es, daß ihm die Unmittelbarkeit des Erlebens fehlte
(z.B. Liebe, Tod,…). Er hat über diesem nur aus zweiter Hand gehört.

Hugo von Hofmannsthal war aus einer jüdischen Familie, aus gut bürgerlichem
Hause. Die Familie verarmte dann wegen einer Weltkrise. Hofmannsthal hat Jura und
Romanistik studiert. Er hat geheiratet und hatte zwei Kinder (eine Tochter und einen
Sohn). Der Sohn hat sich erschossen. Hugo von Hofmannsthal ist dann an Folgen
seines Todes auch gestorben. "Sein Herz brach".

Die Voraussetzung für sein Leben hat ihm seine Frau erbaut.
Hugo von Hofmannsthal hat die große Krise in der Literatur gut gemeistert. Er hat
phantastische Gedichte geschrieben, die von Ideologie frei sind.
Einige solche Gedichte:
- LEBENSLIED
- BALLADE DES ÄUßEREN LEBENS
- TERZINEN ÜBER VERGÄNGLICHKEIT
- MANCHE FREILICH…
Seine Gedichte sind voller Stimmung, Todesangst, Präsenz, sind Elegien der
Vergänglichkeit. Bei Hofmannsthal kehrt der Barock zurück.

Hofmannsthal hat auch phantastische Dramen geschrieben, die sehr lyrisch sind und
die ergreifende Themen haben: Leben, Tod,…
- DER TOD DES TIZIAN
- DER THOR UND DER TOD
- GESTERN

Hofmannsthal hat sogenannte MÖBELPOESIE geschrieben. Das Interieur (notranjost)


ist hier wichtig und man kann es als eine Skulptur bezeichnen.

Im Roman Der Thor und der Tod gab es das Problem, daß Hofmannsthal sich für das
Mögliche freigehalten hat und deshalb hat er das Reale überhaupt nicht
wahrgenommen. Es geht um eine "faustische" Erscheinung

Die Theaterstücke von Hofmannsthal:


- DAS KLEINE WELTTHEATER
- DAS WEIßE FÄCHER (pahljača)

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Dann hat er noch DAS MÄRCHEN DER 672. NACHT geschrieben.
Das ist eigentlich eine Novelle.
Es handelt von grausamen Tod eines Ästheten. In dem Werk gibt es viele Symbole
für den Tod. Er findet am Ende den eigenen Tod, denn er wird von einem Pferd
getreten und stirbt qualvoll.
Es ist aber sehr schön, elegant und edel geschrieben.

Dann hat Hofmannsthal einen poetologisch - sprachkritischen Essay in der Briefform


geschrieben: EIN BRIEF.
Das ist ein fiktiver Brief des Lord Chandos an seinen Freund, den Philosophen und
Naturwissenschaftler Francis Bacon. Lord ist ein junger Mann und er will den
Philosophen erklären, warum er nicht mehr schreiben will. Er will deshalb nicht mehr
schreiben, weil ihm die Wörter wie moderige Pilze im Mund zerfallen -
Kommunikationslosigkeit.
Das ist ein wunderschöner Text, phantastisch geschrieben.

Hofmannsthal war ein Sprachvirtuose.


Er hat Theaterstücke geschrieben, die an Antike orientiert sind:
- ALKESTIS
- ELEKTRA (eine Tragödie)
- ÖDIPUS UND DIE SPHINX

Dann hat er Theaterstücke, die an Barock orientiert sind geschrieben:


- JEDERMANN (ein Mysterienspiel)
- DAS SALZBURGER GROSSE WELTTHEATER (ein Moralitätenspiel)
- DER TURM

Konversationskomödien:
- CHRISTINAS HEIMREISE
- DER ABENTEURER UND DIE SÄNGERIN

Lustspiele:
- DER SCHWIERIGE - das ist auch das einzige Zeitstück
- DER UNBESTECHLICHE

Librettos (das sind Texte für Oper):


- DER ROSENKAVALIER
- DIE FRAU OHNE SCHATTEN
- ARABELLA
- DIE ÄGYPTISCHE HELENA

Roman:
- ANDREAS ODER DIE VEREINIGTEN - das ist ein Fragment. Es erinnert ganz an
Büchner.

Hofmannsthal ist auch der Begründer der Salzburger Festspiele!!

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KARL KRAUS (1874-19936)

Kraus war Publizist, Dramatiker, Dichter, einer der größten Kritiker und Journalist. In
Jahren 1912 -1936 hat er eine Zeitschrift herausgegeben: DIE FACKEL. Das war ein
polemischer Blatt und ein Sonderfall in Publizismus. Er hat alle Artikel ohne fremde
Einflüsse selbst geschrieben. Er hat mehr als 500 Nummern der Zeitschrift alleine
geschrieben. Er hat darin die Zeitzustände angegriffen.

Er war jüdischer Herkunft und ein kritischer Geist.

Kraus hat die Tragödie DIE LETZTEN TAGE DER MENSCHHEIT (1919) geschrieben.
Das Werk gehört zu den größten Texten der österreichischen Dichtung. Es hat cca.
1000 Seiten. Das ist eine Montage zu den Kriegsereignissen (der Erste Weltkrieg).

ALFRED POLGAR (1875-1955)

Alfred Polgar hat impresionistische Skizzen, Novellen, Essays, Erzählungen und kurze
humoristische Prosa geschrieben.
- ORKESTA VON OBEN
- SCHWARZ AUF WEIß
- STANDPUNKT

Er hat auch Kritiken zum Theater und zu den Büchern geschrieben: JA UND NEIN

STEFAN ZWEIG (1881-1942)

Zweig ist eine tragische Figur. Er war geistreicher Germanist. Er war aus einer
reichen jüdischen Familie. Er hat geschrieben und wurde dadurch noch reicher. Er
hat viel verdient. Seine Werke sind sehr lesbar.
Zweig war sehr sozial, obwohl er reich war. Er ist wegen Hitler geflohen. Von der
ersten Frau ließ er sich scheiden, dann hat er noch einmal geheiratet. Die zweite
Frau ist mit ihm gemeinsam in den Tod gegangen.
Er lebte zuerst in England, dann ging er nach Brasilien. Er hat nicht gewußt, daß dort
genauso ist, wie in Deutschland. Er und seine Frau haben sich am Ende erschossen.

Stefan Zweig hat sehr schön geschrieben:


- UNGEDULD DES HERZENS (1938)

Unter dem Einfluß von einem Freund interessierte er sich auch für historische
Figuren.
Er hat einige Biographien geschrieben:

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- JOSEPH FOUCHČ
- TRIUMPH UND TRAGIK DES ERASMUS VON ROTTERDAM
- MARIA STUART
- MAGELLAN

Dann hat Zweig essayistische - biographische Studien geschrieben:


- DREI MEISTER (Balzac, Dostojevski, Dizanis)
- DER KAMPF MIT DEM DÄMON (Hölderlin, Kleist, Nietzsche)
- DREI DICHTER IHRES LEBENS (Casanova, Stendhal, Tolstoj)

Dann hat er noch ein erschütterndes Buch geschrieben:


DIE WELT VON GESTERN. Erinnerungen eines Europäers.
Das ist eine Autobiographie von Stefan Zweig, eine Bilanz seines Lebens. Er schrieb
über das Leben, über das Schreiben, die Monarchie, die Revolution. Er hat über
erschütternde Dinge wie Aufstand, Krieg, Revolution in Wien geschrieben und über
die Ahnungslosigkeit über den Krieg.

Zweig hat versucht die Freundschaft mit Franzosen Aufrecht zu erhalten. Deswegen
ging er nach Schweiz. Er hat dort eine Liga der Menschenrechte gegründet. Die
Humanität war sehr wichtig für ihn.
Er hat in dem Buch DIE WELT VON GESTERN über das, was er erlebt hat, aus der
Erinnerung heraus geschrieben.
2. 6. 1999
FRANK WEDEKIND (1864 - 1918)

Der Vater von Frank Wedekind war Arzt und seine Mutter war Schauspielerin. Er
sprach einen schweizerischen Dialekt.

Wedekind war Züricher Reklamechef von Maggi. Er war auch Cabaretist, Dramaturg
in München. Er war also als Schauspieler, Dramaturg und Dichter tätig.

Wedekind war ein Gegner des Naturalismus und des naturalistischen Dramas.
Was das Drama betrifft, hat er selber die Tradition von Büchner fortgeführt und hat
geschrieben:
- WEG NACH DAMASKUS
- TOTENTANZ

Wedekind wurde durch die Kindertragödie


FRÜHLINGSERWACHEN
aus dem Jahr 1889 berühmt.

Angeknüpft hat er sie an die Tradition der Sturm und Drang Themen und an
Büchners Woyzeck.
Die Schwierigkeiten der Jugendlichen in der Zeit der Pubertät wurden hier gezeigt.
Ein Mädchen wird schwanger. Sie wußte aber nicht, wie das passiert ist, denn keiner
hat sie in diesen Dingen erklärt.
Zwei Jungen und ein Mädchen treten in dem Werk auf.

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Es ist eine düstere Geschichte um die Pubertät herum, was damals nicht leicht
gewesen war.

In seinen Theaterstücken hat Frank Wedekind Eros und Sex als Teil des Lebens
gezeigt. Die Liebe hat er als Fähigkeitskampf gegen jeder zeitlichen Beschränkung
gezeigt. Dies bezüglich hat er ein Theaterstück geschrieben, das aus zwei Teilen
besteht:
- DER ERDGEIST (1887)
- DIE BÜCHSE DER PANDORA (1903)
Das gesamte Stück war unter den Germanisten als LULUTRAGÖDIE bekannt.
Das Stück war sehr skandalos und deswegen wurde es 3 Jahre lang prozessiert. Aber
der Autor wurde freigesprochen, das Stück wurde verboten.

Wedekind hat die erste Lesberin auf der deutschen Bühne gezeigt.

Alleine studiere noch über: Schnitzler, Hofmannsthal und Hesse.

HERMANN HESSE (1877 - 1962)

Hesse wurde in Schweben geboren.


Von seinem Vater und von dem Großvater bekam er den Hang für das Mystische und
das Einsiedlertum (samotarstvo).
Er hat strengen Schulen besucht und hat in dem Stift in Heilbronn, wie Mörike und
Hölderlin, studiert. Aber Hesse hat das Studium verlassen und war Lehrling in einer
Fabrik und er war auch Buchhändler.
Im Jahr 1911 ist er nach Indien geflüchtet. Auch der Erste Weltkrieg hat ihn sehr
erschüttert.
Hermann Hesse hat lyrische Gedichte, Novellen, Romane und autobiographische
lebensdeutende Schriften geschrieben.
Hesse sagte über sein Werk: "Meine Dichtung ist ohne Absichten und Tendenzen
entstanden."
Er war bei jungen Menschen sehr beliebt.

Befast hat er sich mit:


- der Polarität des Geistes und des Lebens
- der Gefährdung (ogroženost) der neuen Zeit
- dem Verlieren und Wiedererfindung des Gleichgewichts

Dann hat Hesse noch Kunstromane geschrieben.


Einige Titel:
- DEMIAN. Die Geschichte von Emil Sinclairs Jugend.
- SARATUSTRAS WIEDERKEHR
- SIDDHARTHA. Eine indische Dichtung.
- DAS GLASPERLENSPIEL
- DER STEPPENWOLF
- NARZISS UND GOLDMUND. Geschichte einer Freundschaft.

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THOMAS MANN (1875 - 1955)

Thomas Mann wurde in Lübeck geboren als Sohn eines Senators. Seine Mutter
stammt aus Brasilien. Sie war eine sehr schöne Frau, die zur Kunst hing. Es gab 5
Kinder in der Familie: 3 Söhne und 3 Töchter. Heinrich Mann war der Bruder von
Thomas Mann. Auch eine von den Schwestern hing zum Künstlerischen. Sie war
Schauspielerin. Aber die beiden Schwester von Thomas Mann begannen Selbstmord.

Thomas Mann zeigte homoerotische Neigungen. Er war aber glücklich verheiratet in


eine Judin und hatte mit ihr 5-6 Kinder. 1920 wurde sein letztes Kind geboren. Alle
Kinder sind sehr begabt. Eine seine Tochter ist Philosophin, sein Sohn Klaus Mann ist
Schriftsteller. Er hat aber 1949 Selbstmord begonnen und war auch ein
Homosexuäller. Erika Mann war eine Schauspielerin und Sekräterin ihres Vaters.
Erika und Klaus Mann waren große Gegner des Nationalsozialismus. Klaus Mann war
sogar Flieger (letalec, pilot) in der englischen Armee. Thomas Manns letzter Sohn heißt
Michael Mann und er war 13 Jahre alt, als Thomas Mann in die Emigration gegangen
ist. Michael war Violinist. Er war auch Professor in Amerika, Germanist und hat
Vorträge über seinen Vater gehalten. Er war auch in Ljubljana. Später wurde er
paralisiert und hat Selbstmord begonnen.
Katja Mann, die Frau von Thomas Mann, wollte Mathematik und Physik studieren. Sie
mußte die Matura privat machen. Als sie aber Thomas Mann geheiratet hat, hat sie
den Haushalt geführt und Kinder geboren. Sie ist vor 10 Jahren gestorben, fast 100
Jahre alt. Sie hat aber ein Buch geschrieben.

Heinrich Mann war links orientiert. Er war einer der wenigen Intellektuellen, der
gegen den Ersten Weltkrieg war. 1933 bekam er Schriftenverbot. Er emigrierte nach
der Tschechoslowakei, über Spanien nach Frankreich und dann aus Europa nach
Amerika. Nach dem Krieg wollte er in die DDR gehen.
1929 bekam Thomas Mann den Nobelpreis für die Buddenbrooks. 1933 emigrierte er
in die Schweiz, dann nach den USA. Er lebte in Kalifornien. Thomas Mann kam nach
dem Zweiten Weltkrieg nach Europa zurück in die Schweiz, wo er dann auch
gestorben ist.

Gemeinsam mit Heinrich Mann ist Thomas Mann sehr viel nach Italien gereist, wo sie
zusammen einige Stücke zu schreiben begonnen haben. Sie waren sehr befreundet.

Die erste Sammlung, die Thomas Mann literarisch gelten ließ ist:
DER KLEINE HERR FRIEDENS.
Das Problem der Verhältnisse der Kunst und des Lebens.

Thomas Mann wurde von Schoppenhauer, Wagner und von der Romantik beeinflußt.

In dem Werk KANON DES VERBOTENEN spricht er, daß man die Themen schon
übernehmen kann, aber man soll einen anderen Stil verwenden.
Er hat auch von der robusten Naivität des Dichters gesprochen und hat gesagt, daß
ein Schriftsteller das, was in der Welt schriftstellerisch entstanden ist, nicht mehr
ignorieren kann. Naiv robust schreiben bedeutet also, daß ein Dichter so schreiben

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soll, als hätte kein Mensch vor ihm ein literarisches Werk geschrieben. Trotz der
Konkurrenz soll der Dichter groß schreiben und sagen können, daß er etwas Neues
schrieb.

Thomas Mann war ein großer Bewunderer von Fontane und Goethe. Mit den Themen
von Goethe hat sich Mann ständig beschäftigt. Dies bezüglich entstanden folgende
Manns Werke:
- LOTTE IN WEIMAR
- DER TOD IN VENEDIG
- DOKTOR FAUSTUS
DOKTOR FAUSTUS
Das ist ein großartiger phantastischer Roman. Er basiert an Faust Motiv: der Pakt mit
dem Teufel.
Die Hauptfigur ist ein Komponist und hat Sifilis (Anklang an Nietsche). Diese
Krankheit ist der Teufel, den der Komponist überwinden will. So schreibt der
Komponist unter der Krankheit die Musik von Arnold Schönberg (1874 - 1951) -
österreichischer Komponist. Als Arnold das Buch von Thomas Mann gelesen hat, hat
er Mann angeklagt, daß er aus seiner Musik eine Teufelsmusik gemacht hat.

Das Werk wurde zum Zeitroman durch den Erzähler Dr. phil. Serenus Zeitblom. Er
wurde aber von dem Schicksal, so wie Doktor Faust, verrückt.
Das Werk war während des Zweiten Weltkriegs geschrieben. Der Erzähler reflektiert
die Bestialität der eigenen Nation. Es ist eine Kritik des eigenen Verhältnisses. Es
geht um eine Abrechnung (obračun) mit sich selbst.

Entartete Künstler werden gezeigt, die eingeschnapt oder verfolgt wurden, wobei
ihre Werke verbrannt wurden.
Die Nazis reagierten so auch auf Thomas Mann.

Im Jahr 1929 gewann Thomas Mann den Nobelpreis für den phantastischen Roman:
DIE BUDDENBROOKS
Das ist eine Chronik einer Familie.
Der Roman ist größtenteils autobiographisch. Erschienen ist er 1901. Damals war
Mann 26 Jahre alt. Als er das Buch an den S. Fischer Verlag geschickt hat, hat er das
Buch vorher mit 9000 DM versichert.

Thomas Mann war auch ein großer Meister der Monatge. Die hat er in Die
Buddenbrooks eingewendet und dann in allen seinen Werke. Montiert hat er die
Menschen, die Schauspieler und die Figuren.
Der Schauplatz in dem Roman Die Buddenbrooks ist Lübeck. Wegen des Romans
wurde Thomas Mann von den Bewohner des Lübecks und seiner Umgebung gehaßt.

DER ZAUBERBERG (1924)

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In diesem Roman spielt die Krankheit eine große Rolle.
Das ist ein moderner Erziehungsroman.

Hans Castorp ist ein junger Ingenieur, der nach Davos ging, um dort einen
Bekannten zu besuchen. Aber er blieb wegen seiner Krankheit dort 7 Jahre und
verliebte sich dazwischen in eine Russin Clawdia Chauchat. Er redet viel über die
Kunst, das Leben und über den Tod.
In diesem Sanatorium weilen Arme, Reiche und Mittelreiche.
Der Italiener Lodovico Settembrini ist ein Aufklärungsoptimist, Republikaner und
Humanist.
Leo Naphta ist ein Jesuit und Kommunist, Marksist. Er propagiert die Gewalt. Er ist
das Abbild des ungarischen Philosophen und Literaturkritikers Georg Lukacs [lukatsch].
In diesem Werk hat Thomas Mann die Figur des Gerhart Hauptmanns in der Figur
des Peeperkorns (ein holländischer Kaffeepflanzer) literarisch verewigt.

Der Zauberberg ist kompositorisch ein Meisterwerk. Die Zeit und die Montage spielen
hier eine große Rolle. Der Roman basiert auf dem Erlebnis, das Katja Mann selbst
erlebt hat, als sie lungenkrank war.
Die Reaktion auf das Werk war fürchterlich und die Schweizer waren empört darüber,
was Thomas Mann mit Davos gemacht hat.

Wichtig sind die folgenden Novellen von Thomas Mann:


- DER BAJAZZO (1897)
- TONIO KRÖGER (1903) - über das Problem des Dichters
- KÖNIGLICHE HOCHZEIT (1909)

JOSEPH UND SEINE BRÜDER ist ein vierteiliger Romanzyklus von Thomas Mann,
entstanden in den Jahren 1926 - 1942 und erschienen 1948 in einer dreibändigen
Gesamtausgabe. Die Einzelbände tragen die Titel: - Die Geschichten Jaakobs (1933)
- Der junge Joseph (1934)
- Joseph in Ägypten (1936)
- Joseph, der Ernährer
(1943)
Diesen Romanzyklus hat Thomas Mann geschrieben als er als Emigrant mit seiner
Familie in Amerika lebte. Da hat er Vorträge in Englisch gehalten. Damals war er 58
Jahre alt und hat noch Englisch gelernt.
1951 hat er einen klassischen Roman geschrieben:
DER ERWÄHLTE

1954 erschien der Roman von Thomas Mann, der ein Fragment geblieben ist:
BEKENNTNISSE DES HOCHSTAPLERS FELIX KRULL. Der Memoiren erster Teil.
Veröffentlichung eines 1911 entstandenen Fragments als Buch der Kindheit 1922.

Es geht um die Erneuerung des Schelmenromans. Das Werk ist eine Parodie auf den
deutschen Bildungsroman. Das wichtigste Stilmittel des Thomas Manns war die
Parodie.

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Das Grundthema: - Dekadenz und Degenaeration liegen nicht nur in der
Nachbarschaft des Verbrechens, sondern sind auch Möglichkeiten der
Daseinserweiterung.
- Felix ein perverierter Könstler.
- Nazißmus, der keine Verantwortung kennt und der die
angemaßte Rolle schließlich nicht mehr spielt, sondern lebt.

Thomas Mann hat auch Tagebücher geschrieben.

Er hat vielen Autoren geholfen in Europa und auch in Amerika. Er hat sie unterstützt
und für Robert Edler von Musil hat er sogar eine große Geldsammlung organisiert.

HEINRICH MANN (1871 - 1950)

Er wurde auch in Lübeck geboren und war der ältere Bruder von Thomas Mann.

Er hat sich in vielen Stilen probiert und war ein großer Bewunderer der französischer
Literatur, besonders von Zola. Er hat sogar einen Essay über Zola geschrieben.

Der esrte Roman von Heinrich Mann trägt den Titel: IM SCHLARAFFENLAND (1900).
Ein satirischer Roman.

Über die Not der Sprache hat er BILSE UND ICH geschrieben.

DIE GÖTTINEN oder Die drei Romane der Herzogin von Assy (1902)
Das ist eine Romantrilogie.

Im Roman PROFESSOR UNRAT (1905) schreibt er über die schreckliche Pädagogik.

Sein erfolgreichster Roman ist DIE KLEINE STADT (1909).

DER UNTERTAN (1916)


Diesen Roman hat Heinrich Mann begonnen zu schreiben im Jahr 1906 und beendete
ihn 1914. Mit ihm schließt er die Reihe seiner "wilhelminischen" Bücher ab.
Es geht hier um eine scharfe Analyse nationalistischer Politik und Machtverhältnisse
unter der Regierung Kaiser Wilhelms II..
Das Werk ist in der zeitgenössischen deutschen Literstur zu verzeichnen und wurde
nach dem Ersten Weltkrieg zu einem großen Erfolg.
Es greift, wie der erste "wilhelminische" Roman Im Schlaraffenland (1900), auf die
Nachgründerzeit zurück und schließt unmittelbar an Professor Unrat (1904) an.
Hier wie dort geht es um die Kritik der "Grundlagen" des Staates, die in der
Geschichte der öffentlichen Seele in Deutschland widergespielt werden sollten.
Plan und Ausführung des Buchs begleitete die Utopie von Demokratie.
Mit der französischer Geschichte des 16. Jh. befast sich Heinrich Mann in dem
Roman:

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DIE JUGEND DES KÖNIGS HENRI QUATRE (1935)

H. Mann hat auch ein biographisches Buch geschrieben:


EIN ZEITALTER WIRD BESICHTIGT (1945)

JOSEPH ROTH (1894 - 1939)

Roth ist einer der besten österreichischen Erzähler.


Er war phantastischer Stilist.
Ein Jude.

Joseph Roth ist der Autor des österreichischen Mythos.


Er hat schöne Werke geschrieben:
- HOTELS AVOI
- HIOB (1930)
- DIE JUDEN AUF WANDERSCHAFT

- RADETZKYMARSCH (1932)
- DIE KAPUZINERGRUFT (1938)
Diese zwei Romane beziehen sich auf Slowenien.

- ? DIE FURCHT OHNE ENDE ?


- DAS SPINNENNETZ
- DIE LEGENDE VOM HEILIGEN TRINKER

Joseph Roth war ein großer Gegner des Nationalsozialismus.


Als er in Russland war, arbeitete er als Journalist und hat einen Artikel über
Jugoslawien geschrieben (1927). Schon damals spricht er in dem Artikel über die
heutigen Situation. Er sprach über die Interessen der Großmächten.

Joseph Roth war ein großer Verehrer der Monarchie. Er wollte sie sogar
zurückinstalieren.
Er hat den Flüchtlingen geholfen das Visum zu bekommen.
Er war aber ein Säufer und ist davon auch gestorben. Er war mit einer geistigkranken
Frau verheiratet, die zur Opfer des Nationalsozialismus verfiel. Sie wurde dann von
ihnen auch ermordert. Joseph Roth hat aber noch viele interessante Frauen geliebt.
Er schrieb sehr sinnlich, sehr schön.

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