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Nachbesetzung Pesendorfers steht an – Internationaler Währungsfonds warnt davor, unabhängige

Institutionen zu schwächen Wien – Der Zusammenbruch der Koalition wurde österreichweit als
turbulente Phase wahrgenommen. In der Statistik Austria haben die vergangenen zwei Wochen
dagegen zu einer Verschnaufpause geführt. Unter Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wurde eine
Neuorganisation der Statistik auf den Weg gebracht. Eine Stabstelle wurde aufgelöst, die
Presseabteilung von acht auf zwei Mitarbeiter verkleinert. Ein bereits laufendes Reformprojekt
wurde abgeblasen, und fixiert war auch, dass ab Jänner 2020 statt des amtierenden fachstatistischen
Leiters im Haus, Konrad Pesendorfer, ein Neuer das Zepter übernimmt. Gearbeitet wurde zudem an
einem neuen Statistikgesetz. Doppelte Geleise Die Opposition, aber auch einige Statistiker sahen in
den Maßnahmen einen Versuch, die Message-Control des Kanzleramts auf die Statistik auszudehnen.
Im Kanzleramt war dagegen von notwendigen Reformen die Rede. Doppelgleisigkeiten in der
Verwaltung sollten beseitigt werden. Die Querelen haben zu personellen Änderungen geführt: Eine
Handvoll Mitarbeiter hat das Haus verlassen und dies intern mit den Turbulenzen begründet. Für
Debatten gesorgt hat insbesondere der Abgang von Manuela Lenk: Sie hat als Abteilungsleiterin die
Registerzählung verantwortet und hat gekündigt – um zum Bundesamt für Statistik in die Schweiz zu
wechseln. Der Fall zeige, dass qualifizierte Leute weggingen, weil sie Einflussnahme von außen nicht
wollten, sagt ein Statistiker. Verträge laufen aus Mit dem Wechsel im Kanzleramt liegen weitere
Reformpläne vorerst auf Eis. Um das Thema herumkommen wird Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein
dennoch nicht: Denn die Verträge von Konrad Pesendorfer und der zweiten Generalsekretärin,
Gabriela Petrovic, die für kaufmännische Angelegenheiten zuständig ist, laufen mit Ende des Jahres
aus. Die Statistikchefs werden vom Kanzler auf fünf Jahre ernannt. Bierlein kann also nach einer
Ausschreibung, die in den kommenden Monaten erfolgen muss, allein entscheiden. Möglich ist auch,
dass sie Pesendorfer und Petrovic verlängert, bis die nächste Regierung im Amt ist. Was nun passiert,
wusste am Montag im Kanzleramt noch niemand. Wie es mit der Reorganisation weitergeht, findet
auch international Beachtung. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat in einer vergangene
Woche veröffentlichten Stellungnahme, die wegen der Regierungsturbulenzen etwas unterging, eine
Warnung ausgesprochen: Bei der Reform der Statistik Austria "sollte darauf geachtet werden, dass
die Qualität, Quantität und der gleiche Zugang zu Wirtschaftsdaten sowie die institutionelle
Autonomie gewährleistet sind", so der IWF. IWF thematisiert auch Aufsicht Im gleichen Atemzug
fordert der Fonds, bei der Übersiedelung der Bankenaufseher von der Oesterreichischen
Nationalbank zur Finanzmarktaufsicht FMA aufzupassen. Die "operative Unabhängigkeit" der
Aufsicht müsse gewahrt sein. SPÖ, Neos und Liste Jetzt hatten zuletzt gefordert, die im Jahr 2000
ausgegliederte Statistik Austria dem Nationalrat zu unterstellen, um deren Unabhängigkeit zu
stärken. Einen konkreten Gesetzesvorschlag gibt es aber nicht. (András Szigetvari, 4.6.2019)

Bei Hypo- und Eurofighter-Debakel hat Neominister Wolfgang Peschorn hart ermittelt. Jetzt kommt
wohl das BVT dran Auch die feine Klinge eines Meisters der geschliffenen Worte kann manchmal
stumpf werden: "Weicheier", schimpfte Wolfgang Peschorn Mitte Dezember 2009, als er mit der
bayerischen Gegenseite um eine Lösung für die Hypo Alpe Adria rang. Der Präsident der
Finanzprokuratur hatte immer wieder auf die Knackpunkte hingewiesen, die es im Falle einer
Verstaatlichung der Kärntner Skandalbank zu beachten gelte, um nicht die Katze im Sack zu kaufen.
Doch das Verhandlerteam unter Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) schlug die Warnungen in den Wind
– und übernahm die Hypo ohne Begrenzung der Risiken. Später musste Peschorn, der am Montag
zum Innenminister ernannt wurde, die Suppe selbst auslöffeln. Als Leiter der CSI Hypo oblag ihm die
Aufarbeitung des Hypo-Debakels, die er ziemlich wörtlich nahm. Er legte sich laufend mit Bankchef
Gottwald Kranebitter an, der durch die Ermittlungen und Rechtsstreitigkeiten mit Kreditnehmern bei
der Geschäftsführung massiv eingeschränkt wurde. Peschorn lege mit seinen umfangreichen
Ermittlungen die Bank lahm, lautete der Vorwurf des Managements. Worauf der damalige Anwalt
der Republik den Vorstand schriftlich davon informierte, dass sein Vertrauen in die Bereitschaft zur
Aufarbeitung der Altlasten "schwer beschädigt" sei. Hart gegen Airbus Feine Klinge hin oder her:
Wenn es um die Durchsetzung seiner Anliegen gehe, kenne Peschorn kein Pardon, meinen Personen
aus seinem Arbeitsumfeld. Diese Erfahrung hat auch Airbus rund um die Auseinandersetzung wegen
der Eurofighter-Anschaffung durch die Republik gemacht. Österreich sei bei dem Deal betrogen
worden, gab er zu Protokoll. Und verabreichte bei der Gelegenheit auch der Justiz ein paar
Nadelstiche wegen des schleppenden Verfahrens: "Ich glaube, dass man rasch ermitteln kann und
mehr als vier Personen in zwei Jahren vernehmen kann, wie das in der Vergangenheit der Fall war",
sagte er heuer im U-Ausschuss. Anwalt der Steuerzahler Der Jurist ist schon seit 1991 in der
Finanzprokuratur tätig, die sich als Anwalt der Steuerzahler und Rechtsbeistand der Republik
versteht. 2006, unter Finanzminister Karl-Heinz Grasser, schaffte der Grazer den Sprung an die Spitze
der Institution. In dieser Funktion hat sich Peschorn viele Feinde gemacht und sich selbst fast um
seinen Job gebracht. 2014 pfiffen die Spatzen von den Dächern, dass er als Chef der Finanzprokuratur
bald Geschichte sei. Es kam anders. Jetzt schaffte er sogar den Aufstieg in die Übergangsregierung
und erhielt eines der wichtigsten Ressorts. foto: apa/helmut fohringer Klarinettist Peschorn gibt nun
im Innenministerium den Takt an. Privat ist über den 53-jährigen, geschiedenen Vater dreier Töchter
weniger bekannt. Als ausgebildeter Klarinettist begeistert sich Peschorn klarerweise für Musik und
leitete das Orchester Wiener Akademische Philharmonie. Für die Klangwelt dürfte er künftig weniger
Zeit haben, gilt es doch, den Taktstock im weniger harmonischen Innenministerium zu schwingen.
Seine CSI-Erfahrungen könnten dabei hilfreich sein, ist doch das Bundesamt für Verfassungsschutz
und Terrorismusbekämpfung nur eine von mehreren aufklärungswürdigen Causen in dem Ressort.
Peschorns Aufgabe wird es sein, Licht ins Dunkel des bis vor kurzem von Herbert Kickl (FPÖ)
geleiteten Ministeriums zu bringen. (Andreas Schnauder, 3.6.2019) -

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