Velázquez
WOLFRAM BERGANDE
Summary:
Hegel’s dialectic of recognition and of lordship and bondage in its
interpretation by Kojève plays a key role in Lacan’s psychoanalysis.
Being interpretable as structurally analogous to Hegel’s dialectic,
»Las meninas« by Velázquez can also be read as an illustration of
Lacan’s conceptions of subjectivity and psychoanalytical cure. Its
proto-enlightened message anticipates the ethical program of psy-
choanalysis.
Keywords: Dialectic – Self-consciousness – Las meninas – Perspec-
tive – Psychoanalysis
.at
o@turia
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WOLFRAM BERGANDE 55
Lacan, Séminaire-XI2
EINLEITUNG
2 . K O J È V E S I N T E R P R E TAT I O N D E R D I A L E K T I K V O N
HERRSCHAFT UND KNECHTSCHAFT UND
»LAS MENINAS«
für alle Mal sättigen. Es ist die Arbeit des Knechtes, das künstle-
rische Werk des aposentador auf der virtuellen Leinwandvorder-
seite in »Las meninas«, die allein die Ambivalenz der Perspekti-
ven auflöst. Der Diener des Königs hält seinen Eigensinn nieder
und fertigt kein von idiosynkratischer »Geschicklichkeit« 74 ge-
zeichnetes, figürlich-konkretes Abbild der körperlichen Erschei-
nung des Königs an, das sich dann im Spiegel als knechtisches
Symbol einer kümmerlichen künstlerischen Freiheit reflektieren
würde. Vielmehr arbeitet er als »eigener Sinn«75 – wie der Knecht
das reine Fürsichsein des Herrn – die Perspektive des Königs,
dessen ideales und unkörperliches Fürsichsein, in das Sein als
Kunstwerk herein. Nur dann nämlich erweist sich die Perspek-
tive des Betrachters als identisch sowohl mit der des Malers als
auch der des Bildes, das sich auf der virtuellen Leinwandvorder-
seite befindet, als auch der desjenigen, das »Las meninas« selbst
ist.76 Das Bild schließt damit einen anderen, dialektischen Kreis
der Unendlichkeit, der nicht mehr wie der erste von der in ei-
ner statischen Position fixierten Identifizierung des Betrachters
mit einem Bildelement abhängt77, sondern nur noch von der
strukturellen Idealität der Aufhebung einer zuletzt kontingenten
Perspektive. »Las meninas« ist der exemplarische Durchgang
durch die immanenten Widersprüche der (d.h. auch seiner ei-
genen) Repräsentation zu dem perspektivischen Punkt, an dem
es durch seine eigene Negation, repräsentiert in Nietos Verlas-
sen des Bildraumes, erst zu dem wird, was es ist, oder vielmehr,
was es gewesen sein wird: an dem die Differenz von Fluchtpunkt
und (drittem) Betrachterstandpunkt, in der Unendlichkeit des
aufgehobenen Widerspruchs zu sich selbst, ineinanderfallen. Als
im Medium der Kunst objektivierte Aufhebung der Dialektik der
»Selbständigkeit und Unselbständigkeit des Selbstbewußtseins;
Herrschaft und Knechtschaft« ist »Las meninas« ein Spiegel des
Selbstbewusstseins; als »schön[es]«78 Kunstwerk ist es »das sinn-
liche Scheinen der Idee«79.
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WOLFRAM BERGANDE 67
ums zuzuordnen93, denn beiden Positionen ist das Feld ihrer Re-
präsentation, »Las meninas« bzw. das Feld des wahrnehmenden
Bewusstseins, der objektive Spiegel ihrer subjektiven Wirklich-
keit, und sich selbst stellen sie innerhalb dieses Feldes als Objekt
in einer imaginären integralen Einheit vor, ohne noch zu wissen,
dass diese narzisstische Identifikation mit dem anderen (»Ideal-
Ich«, »moi idéal«94) beziehungsweise mit der anderen, dem Ba-
rock-Püppchen95 der Infantin als dem scheinbaren Zentrum der
Fluchtperspektive, durch den Blick des Idealen Anderen (»Ich-
Ideal«, »idéal du moi«96), »I«97, vermittelt ist.98 Nach Lacan ist
es dem Bild als solchem eigen, als ein Blickfang99 seinen struk-
turellen Unterschied zu einem gewöhnlichen Spiegel zunächst
zu bemänteln, als sei weder sein Feld der perspektivischen Re-
präsentation100 noch das eines gewöhnlichen Spiegels durch den
Anderen, das Subjekt der Begierde, begründet101. In »Las meni-
nas« dagegen ist im aposentador der wahre Fluchtpunkt als die
Position des Anderen markiert, was die Differenz zwischen Bild
(›tableau‹) qua Fenster (›fenêtre‹) und Spiegel (›miroir‹) aus-
macht »[...] Das Bild [...] ist das, welches vergegenwärtigt, was
Repräsentation im Spiegel ist.«102 Dieser Andere ist innerhalb
der Repräsentation des Subjekts nun zunächst als Unbewusstes
103
verdrängt. Das Sein des Bewusstseins zeigt nichts desto weni-
ger die Spuren dieser Verdrängung, es bleibt beeinträchtigt, ge-
schmälert – »eklipsiert«104– durch einen Atopos zwischen Wahr-
nehmung und Bewusstsein105, etwas »Nicht-Realisiertes«106 (»du
non-realisé«), das sich nicht in die Logik der kausal geordneten
Raumzeit des Bewusstseins einfügt107, so wie der Bildraum in
»Las meninas« am linken Bildrand durch die Leinwandrückseite
beeinträchtigt, geschmälert erscheint, und wie sich die virtuelle
Vorderseite der Leinwand dem Betrachter der »Las meninas«
nur – wie oben ausgeführt – in der mythischen Zeitlichkeit des
Futur-II zeitigt, der »logischen Zeit«108 (»temps logique«) des Un-
bewussten.
Wenn der Betrachter nun in die Position der beiden Souveräne
und damit in die Bildwelt von »Las meninas« als ein dort darge-
stelltes Figurenpaar eintritt, so wie auch das Subjekt des Spie-
gelstadiums in die Dialektik der Identifizierung mit dem ande-
ren109 – oder der Analysant in den therapeutischen Dialog –, er-
fahren sie beide, was vom ersten Betrachterstandpunkt aus noch
unterdrückt war: die Subversion (»subversion«110) der reflexivenia.at
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Identifizierung mit dem imaginären, spiegelbildlichen© infanderen
seitens des symbolischen Anderen. Dieser wird in der signifikan-
WOLFRAM BERGANDE 69
und das Spiegelbild der Könige – oder vom anderen – der Künst-
ler und die virtuelle Leinwandvorderseite – gemacht haben.
ter diese Einsicht erlangt, dann haben sie sich auf der Zeitgerade
ihres Begehrens147 davon gemacht, dem fortgesetzten Verweis in
der Metonymie der Signifikantenkette unterworfen.148
Die psychoanalytische Kur unterstützt die Lösung der imaginä-
ren Fixierung auf das Objekt-a als vermeintliche Inkarnation des
Begehrens des Anderen149 durch die Einsicht in seine struktu-
relle Konstitution, indem es die beiden Funktionen von symbo-
lischem ›Idéal du moi‹ und imaginärem ›moi idéal‹, des ›I‹ und
des ›a‹, die in der imaginären Identifizierung mit dem ande-
ren übereinanderliegen, trennt: »Das Glücken der analytischen
Operation gründet gerade in der Aufrechterhaltung der Distanz
zwischen I und a. [...] Auf diesem Wege isoliert der Analytiker
das a und bringt es auf größtmögliche Distanz zum I, das er,
der Analytiker, wie es das Subjekt verlangt, verkörpern soll.«150
In »Las meninas« sind die diesen beiden Funktionen analogen
Fluchtpunkte, als wollte Velázquez den Durchgang im Ausgang
andeuten, ebenfalls gegeneinander verschoben: Der Betrachter
kann, wie der Analysant, den ersten scheinbaren Fluchtpunkt
im Spiegel (das Spiegelbild als Bild i(a) des Objektes-a) durch
die Vermittlung über den zweiten scheinbaren Fluchtpunkt im
Blick des Künstlers (des anderen) vom wahren Fluchtpunkt im
Ausgang aus dem Bild (dem aposentador als I, ›idéal du moi‹)
unterscheiden. Das räumliche Nebeneinander von Spiegelbild
und aposentador ermöglicht die Einsicht in ihre heteronomen
Funktionen, die für eine geglückte Dialektik des Subjekts, dem
Durchqueren der Ebene der Identifizierung151, nicht mehr inein-
ander zu fallen haben.
Als die beiden Grenzwerte der Zeitgerade stehen Spiegelbild und
Nieto für den mythischen Ursprung des Subjekts, der nur als
logische Zeit retrospektiv konstruierbar ist, und für die zukünf-
tige Unendlichkeit der subjektiven Existenz, die beide sich durch
Aufhebung der zirkulären Zeitlichkeit des Mythos in die lineare
Zeitlichkeit der Geschichte bewahrheiten – sollen. Der Betrach-
ter ist im Spiegelbild des (Königs-)Paares mit der »Urphanta-
sie[...]«152 seines Geschlechtes, d.h. seiner elterlichen Herkunft153
wie der Bedeutung seiner individuellen Sexualität, konfron-
tiert.154 Das unfassbare Objekt im Spiegel (»objet insaisissable
au miroir«155), das »Phantasma« (»fantasme«156) des Spiegels,
stellt ihn, wie Freuds ›Wolfsmann‹ vor dem Traumfenster der el-
terlichen Urszene157, vor die Frage: Wer bin ich? Was ist mein
Begehren? Dort, im Objekt-a, sieht er sich inkarniert als Objekt
74 RISS 48 (2000/II)
4 . D I E E T H I K D E R P S Y C H O A N A LY S E :
AUFHEBUNG DER ILLUSION IN EIN
UNGLÜCKLICHES BEWUSSTSEIN?
ANMERKUNGEN
1
Hegel (1986a), 145.
2
Lacan (1996), 287 (frz. 245): »Ein solches Hinausgehen über die Ebene der
Identifizierung ist möglich.«
3
Hegel (1986a), 145. Vgl. ebd., 137ff.
4
Vgl. Kojève (1968) bzw. (1988).
5
Vgl. Borch-Jacobsen (1995), passim u. (1991), passim; Macherey, Pierre
(1991); Viderman, Serge (1991); Roudinesco (1996), bes. 158ff.
6
Hegel (1986a), 147.
7
Lacan (1966b). Der Stenotypie zufolge war Foucault in der Sitzung vom
13.-Mai anwesend.
8
Foucault (1995), 19ff., 318ff.
9
Ebd., 31: Foucault spricht von »Las meninas« als der »représentation de la
représentation classique«, einer Repräsentation, die das Subjekt ihrer selbst
notwendigerweise aus dem Feld der Repräsentation ausschließt. Vgl. ebd.,
319: »Dans la pensée classique, celui pour qui la représentation existe, et qui
se représente lui-même en elle, s’y reconnaissant pour image ou reflet, celui
qui noue tous les fils entrecroisés de la ›représentation en tableau‹,– celui-là
ne s’y trouve jamais présent lui-même. Avant la fin du XVIIIe siècle, l’homme
n’existait pas.«
10
Autoren, die sich auf Foucault beziehen, sind u. a. Alpers (1985), 100; Neu-
meister (1978), 283f.; Schmeiser (1991), 44ff.; Steinberg (1981), 45; Lacan
(1966b), 550, 574ff.
11
Einen Überblick über die Rezeptionsgeschichte bietet Kesser (1994).
12
Zitiert nach Kesser (1994), die den integralen Text der Bildbeschreibung
Palominos übersetzt wiedergibt (ebd., 19ff.). Vgl. neben anderen Alpatow
(1996), 209f., und Foucault (1996), 25.
13
Vgl. Steinberg (1981), 51: »Just as the Infanta marks the midline of the
76 RISS 48 (2000/II)
canvas; just as the man on the stair looms at the centric point of the per-
spective; even so does the looking glass define the centerline of the room.
[...] Three kinds of center, which in a simpler painting might have remained
coincident to avoid unnecessary confusion, are here deliberately dispersed.«
Soehner (1965), 152 unterscheidet den Standpunkt des Königspaares und
den des Betrachters, die beide »unhaltbar« sind: « [Der Betrachter] muss
sich bewegen, die Bildwelt durchschreiten.« Er wird dazu gebracht, seinen
»objektiven Standpunkt [...] zugunsten des perspektivischen der Bildwelt«
(ebd., 153) aufzugeben. Für Foucault fallen die durch die drei Fluchtpunkte
erzeugten Standpunkte in einem einzigen Punkt vor der Bildebene zusam-
men: Vgl. Foucault (1996), 30: »[...] le véritable centre de la composition [...]
l’est par la triple fonction qu’il occupe par rapport au tableau. En lui viennent
se superposer exactement le regard du modèle au moment où on le peint, ce-
lui du spectateur qui contemple la scène, et celui du peintre au moment où il
compose son tableau [...] Ces trois fonctions »regardantes« se confondent en
un point extérieur au tableau«.
14
Nach Alpatow (1996), 215 ist die Infantin der »kompositionelle Mittel-
punkt des Bildes«.
15
Vgl. Soehner (1965), 152.
16
Vgl. ebd.
17
Vgl. Steinberg (1981), 51.
18
Nach Soehner (1965), 154 stellt das Bild den Moment einer »Atelierpause«
einer »Modellsitzung« (ebd., 158) des Königspaares dar, ebenso für Foucault
(1995), 25. Justi (1983), 382f. rekonstruiert die Entstehung des Bildes als un-
erwartetes Erscheinen des Königspaares beim Modell-Stehen der Infantin.
19
Vgl. Searle (1980), 485.
20
Für Justi (1983), 382ff. ist es denkbar, das Bild sei aus dem Wunsch
Philipps-IV. geboren, seinen Momenteindruck beim Besuch des Ateliers in
einem Bild festgehalten zu sehen.
21
Vgl. Searle (1980), 485, der diese Methode ausschließt: »[...] the artist can’t
occupy the point he has to occupy because the position is already taken. We
can’t think an artist into the position as we can with [...] a standard self-
portrait with a mirror because the position is filled with two people posing
for the picture we are seeing but standing outside it at the point of view
A.« Auch Lacan (1966b), 568, 618, verneint aufgrund desselben Besetzungs-
Konfliktes der Betrachterposition die Möglichkeit, »Las meninas« sei mit
Hilfe eines großen Spiegels in der Betrachterposition erschaffen worden. Er
schließt daraus, dass Velázquez selbst den Betrachterstandpunkt einnimmt
(ebd., 567), und er »Las meninas« wie ein »auto-portrait« (ebd., 564) als Bild
im Bild (vgl. ebd., 557) gemalt habe, das seine eigene Erschaffung darstellt
(ebd., 556, 616f.).
22
Snyder/ Cohen (1980), 444. Vgl. ebenso Steinberg (1981), 52.
23
Vgl. u.a. Steinberg (1981), 52.
24
Vgl. Snyder/ Cohen (1980), 434f.; Steinberg (1981), 52; Schmeiser (1991),
65; Lacan (1966b), 560.
25
Würde von der Gesamtbildfläche der linke Rand, der durch die dargestellte
Leinwandrückseite gleichsam verdeckt erscheint, abgeschnitten, so läge der
echte Fluchtpunkt, nach Alpatow (1996), 214, auch im Zentrum der (dann
reduzierten) Bildfläche, da ebenso die Mittelachse von der Infantin nach
at
rechts zum aposentador auf den Treppenstufen verschoben wäre. Vgl.
f uria.
o@tdazu
Soehner (1965), 150. © i n
26
Für Foucault fallen die drei Betrachterstandpunkte in einem Punkt vor
WOLFRAM BERGANDE 77
der Bildebene zusammen (vgl. Fn.-13); gleichfalls für Lacan (1966b) (vgl.
Fn.-21).
27
Am ausdrücklichsten reduziert Foucault das Königspaar auf sein männ-
liches Element. Der Betrachterstandpunkt ist ihm »La place du roi« (ebd.,
318), was vielleicht nicht unproblematisch, hier für die Logik der Perspek-
tive aber ohne Belang ist; vgl. Lacan (1966b), 654, der die »fonction du roi«
vor der Person hervorhebt. Mit Lacan (1990) läßt sich eine Erklärung für das
Spiegelbild beider, nicht nur der Königin oder ihres Gemahls, geben (s.-u.).
28
Vgl. Justi (1983), 382ff.
29
Wie z.-B. für Alpatow (1996), 221 wäre »Las meninas« lediglich ein »Por-
trät über das Malen eines Porträts [...], ein Bild über das Entstehen eines
Bildes«.
30
Vgl. z.-B. Stoichita (1986), 185: »Das Doppelporträt ist weder ein gemaltes
Bild noch eine Reflektion realer Personen im Spiegel. Vielmehr werden Kö-
nig und Königin in Las meninas als Spiegelung eines Ausschnittes aus dem
Gemälde, das Velázquez gerade malt, eingeführt.« Vgl. Steinberg (1981), 52:
»[...] what the king and queen view from their station and what we see from
ours – the real thing and the painting of it – the mirror reveals as identical«.
31
Vgl. Steinberg (1981), 53: « [...] the magic loop [is] closed. As the royal pre-
sence is seen from within the picture to inspire a painting, so the viewer sees
the averted painting engender its mirror image, which in turn guarantees the
royal pair’s real presence. The painter gives us the real, the reflected, and the
depicted as three interdependent states, three modalities of the visible that
cause and succeed one another in a perpetual round. Reality, illusion, and re-
plication by art conspire in ceaseless recirculation.« Vgl. Alpers (1985), 103:
»Tatsächlich befindet sich die gesehene Welt – und damit schließt sich der
Kreis – vor uns, weil wir es sind, die (zusammen mit dem König und der Kö-
nigin in dem fernen Spiegel) ihr Erscheinen befohlen haben.« Vgl. Stoichita
(1986), 185: »Der Spiegel wird somit zu dem Ort, in dem die königliche Epi-
phanie und die Manifestation von Malerei ›in se‹ einander bestätigen und
steigern.« Vgl. Schmeiser (1991), 44, der von einer »endlose[n] Bewegung«
spricht. All dem entspricht, was Hegel »schlechte Unendlichkeit« nennt (vgl.
Hegel (1996), 153 u. passim).
32
Foucault (1995), 319: »[...] c’est le spectateur dont le regard transforme le
tableau en un objet, pure représentation de ce manque essentiel«.
33
Steinberg (1981), 54: »›Las meninas‹ in its entirety is a metaphor, a mirror
of consciousness«. Vgl. Schmeiser (1991), 63: Das »Gemälde [ist] als solches
seiner Tendenz nach Spiegel«.
34
Foucault (1995), 319: »Encore ce manque n’est-il pas une lacune [...], car il
ne cesse jamais d’être habité [...].«
35
Vgl. Fn.-9 u. Foucault (1995), 20: »Comme si le peintre ne pouvait à la
fois être vu sur le tableau où il est représenté et voir celui où il s’emploie à
representer quelque chose. Il règne au seuil de ces deux visibilités incompa-
tibles.«
36
Vgl. Fn.-21.
37
Alpers (1985), 103, sieht in dieser Unmöglichkeit eine »ungelöste[...] Am-
bivalenz« des Bildes.
38
Alpatow (1996), 220, sieht in der Figur des José Nieto die »Aufforderung,
die dunklen Räume des Palastes zu verlassen«. Vgl. dagegen Schmeiser
(1991), 61f.: »Sie [die Blicke der Bildfiguren] fesseln denjenigen, der sich vor
dem Bild befindet und der in allen seinen Formen Modell steht, gezwungen
zur Unbeweglichkeit, versteinern ihn in einem Blick der Medusa, der ›Herr-
78 RISS 48 (2000/II)
75
Vgl. Gadamer (1992), 237f.: »[...] Arbeit, eigener Sinn: ›Das kann ich‹. – Ge-
wiss ist das noch nicht die volle Selbstbegegnung, wie sie uns etwa das Werk
der Kunst gewährt, das uns das Wiedererkennen: ›das bist du‹ erlaubt.«
76
Vgl. Hegel (1996), 145. »Ich, das Wir, und Wir, das Ich ist.«
77
Vgl. Steinberg (1981), 54: Seine »situation of reciprocal self-recognition«
definiert sich durch die Unendlichkeit des ersten Kreises (vgl. Fn.-31). Vgl.
Alpatow (1996), 223, der von »gemalter Dialektik« spricht und damit die
Selbstbezüglichkeit eines Bildes meint, das seine eigene Entstehung dar-
stellt.
78
Hegel (1997), 151.
79
Ebd.
80
Vgl. das optische Modell der »illusion du bouquet renversé« (Lacan (1966a),
680, Fig.-3), inbesondere in seiner zweiten Variante, ebd., 674, Fig.-2, u. ders.
(1996), 151 (frz. 132), auf das sich die Analogie zu »Las meninas« stützt. Vgl.
ebenfalls Lacans Hinweis auf dieses Schema in (1966b), 645f. u. 648, wo er
»Las meninas« als »image prèsque identique« des Schemas nennt. Zu den
Abweichungen des Lacanschen Bildkommentars von der folgenden Analyse
siehe Fnn. 92, 151.
81
Vgl. Borch-Jakobsen (1995), 95ff.
82
Vgl. Lacan (1966a), 678: »[...] l’Autre [...] c’est ce lieu à quoi répond dans
notre modèle l’espace réel à quoi se superposent les images virtuelles ›derri-
ère le miroir‹ A [...]«.
83
Lacan (1996), 90, 151, 197, u.a.; (frz. 79, 132, 172).
84
Vgl. Fn.-80.
85
Lacan (1996), 229 (frz. 199).
86
Ders. (1996), 71ff. (63ff.) u. 68 (frz. 60).
87
Ders. (1966a), 675f.
88
Ders., (1996) 103 (frz. 89), 115 (frz. 99).
89
Ebd., 52 (frz. 46).
90
Ebd., 137 (frz. 119); ders. (1966b), 549f., 569, 619, 632.
91
Lacan (1966a), 680: Fig.-3. – Vgl. Damisch (1987), 399, der dem Spiegel
eine ›imaginäre‹ (»imaginaire«) Funktion zuerkennt.
92
Lacan (1966b), 571, 648, 653f. Lacans eigener Bildkommentar (1966b) be-
läßt die Funktion des Objektes-a in der Infantin und verschiebt sie nicht, wie
in der folgenden Analyse geschehen, mit dem zweiten Betrachterstandpunkt
in das Spiegelbild des Königspaares. Entsprechend weist er nur »Las meni-
nas« selbst (und der virtuellen Leinwandvorderseite als dessen Verdopplung)
die Funktion des »fenêtre« (ebd., 562f., 630ff.) im Gegensatz zum Spiegel
(»miroir«; ebd.) zu, nicht auch anschließend – analog der weiteren Inter-
pretation auch des Spiegelbildes als Funktion des Objekt-a – dem Spiegel
im Bildhintergrund. Deshalb ergibt sich Lacan nicht die Parallele zwischen
Spiegel und Traumfenster des ›Wolfsmannes‹. Die gedoppelte Bildstruktur
von »Las meninas«, die die Aufhebung der Identifizierung mit dem Objekt a
(des Spiegelbildes) im Bild selbst möglich macht, bleibt seiner Analyse hier-
bei verschlossen, was am Ende zu einer anderen Bewertung der Bildaussage
führt (vgl. Fn.-151).
93
Vgl. ebd., 675.
94
Lacan (1975), 149ff.
95
Vgl. ders. (1984), 60: »poupée baroque«.
96
Ders. (1975), 149ff. Vgl. ders. (1966a), 667ff. ia.at
97
Ders. (1996), 151 (frz. 132); ders. (1966a), 674, Fig.-2, 678ff; i n
680,f o@tur
Fig.-3.
©
98
Vgl. ders. (1996), 150f. (frz. 132); im Original heißt es dort: »Vous aurez à
WOLFRAM BERGANDE 81
y voir que c’est dans l’Autre que le sujet se constitue comme idéal, qu’il a à
régler la mise au point de ce qui vient comme moi, ou moi idéal – qui n’est
pas l’idéal du moi – c’est-à-dire, à se constituer dans sa réalité imaginaire.
Ce schéma rend clair [...] que là où le sujet se voit, à savoir où se forge cette
image réelle et inversée de son propre corps qui est donné dans le schéma du
moi, ce n’est pas là d’où il se regarde. Mais [...] c’est dans l’espace de l’Autre
qu’il se voit, et le point d’où il se regarde est lui aussi dans cet espace.«
99
Vgl. ebd., 95 (frz. 83); im Original: »piège à regard«; ders. (1966b), 619,
637.
100
Vgl. ders. (1996), 86f. (frz. 76f.).
101
Vgl. ebd., 95f. (frz. 83f.); im Original: »Si on ne met pas en valeur la dialec-
tique du désir, on ne comprend pas pourquoi le regard d’autrui désorganis-
erait le champ de perception. C'est que le sujet en cause n’est pas celui de la
conscience réflexive, mais celui du désir.«
102
Lacan (1966b), 631 [Übers. W.B.]: »[...] le tableau [...] est le représentant
de ce qu’est la représentation dans le miroir«
103
Ders. (1990), 247: »[...] il n’y a de surgissement du sujet au niveau du sens
que de son aphanisis en l’Autre lieu, qui est celui de l’inconscient [...]«.
104-
Ebd., 222 (frz. 192); im Original: »écorné«. Vgl. ebd., 253 (218): »Abkan-
tung«.
105
Vgl., ebd., 62 (frz. 55); ders. (1966a), 548.
106
Ders. (1996), 36 (frz. 32).
107
Vgl. ebd., 38 (frz. 33), 62 (frz. 55).
108
Ebd., 38 (frz. 33). Vgl. ders. (1966a), 808.
109
Vgl. ebd., 94: »dialectique de l’identification à l’autre«. Vgl. ders. (1966b),
556.
110
Ders. (1966a), 793ff. u. (1996), 54 (frz. 48). Vgl. ebd. 93 (frz. 81); im Ori-
ginal: »La dimension géométrale de la vision n’épuise donc pas, et loin de là,
ce que le champ de la vision comme tel nous propose comme relation sub-
jectivante originelle. C’est ce qui fait l’importance de rendre raion de l’usage
inversé de la perspective dans la structure de l’anamorphose.« Das Spiegel-
bild in »Las Meninas« ist – wie die von Lacan kommentierte Anamorphose
in Holbeins d.J. »Die französischen Gesandten« – eine Anamorphose, wenn
auch gewissermaßen zweiten Grades: eine herkömmliche Anamorphose de-
finiert sich durch einen Schnittwinkel von Bildstrahlen und Projektionsflä-
che ungleich 90°; sie ist ein Bildelement, das sich als ein verzerrtes nur durch
das Einnehmen einer anderen als der zentralen, durch den Fluchtpunkt
festgelegten Betrachterposition korrekt wahrnehmen lässt. Das Spiegelbild
des Königspaares im Bildhintergrund invertiert diese Technik der Anamor-
phose, indem zwar das Kriterium des nicht lotgerechten Verhältnisses von
Bildstrahlen zu Projektionsfläche erfüllt, es aber gleichsam die Betrachter-
perspektive ist, die anamorphotisch verzerrt (paradoxal) wird, und nicht das
Spiegelbild, dessen paradoxale Perspektivität die korrekte ›Andere‹ Perspek-
tive weist.
111
Ebd., 90 (frz. 79); im Original: »regard par moi imaginé au champ de
l’Autre«.
112
Vgl. ebd., 140, 148 (frz. 122, 130).
113
Lacan (1966a), 680, Fig.-3 u. 681.
114
Ders. (1996), 65 (frz. 58); im Original: »envers de la conscience«.
115
Ebd., 228 (frz. 198). Vgl. ders. (1966b), 558, 631f.
116
Vgl. ders. (1966b), 607: »L’écran n’est pas seulement ce qui cache le réel,
[...] il l’indique.« Vgl. ebd., 644. Vgl. ders. (1996), 66 (frz. 58f.).
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117
Lacan (1975), 194; vgl. ders. (1996), 220f. (frz. 191).
118
Vgl. Fn.-80. und ders. (1975), 161: »C’est la relation symbolique qui définit
la position du sujet comme voyant.«
119
Vgl. ders. (1966a), 819.
120
Vgl. ders. (1996), 197 (frz. 172).
121
Ebd., 232 (frz. 201); im Original: »Il n’y a pas de sujet sans, quelque part,
aphanisis du sujet, et c’est dans cette aliénation, dans cette division fonda-
mentale, que s’institue la dialectique du sujet.«
122
Siehe ebd., 229 (frz. 199); im Original: »affaire de vie et de mort entre le
signifiant unaire, et le sujet en tant que signifiant binaire«.
123
Ebd., 221 (frz. 191); im Original: »L’aliénation consiste dans ce vel, qui
[...] condamne le sujet à n’apparaître que dans cette division que je viens [...]
d’articuler [...] en disant que, s’il apparaît d’un côté comme sens, produit par
le signifiant, de l’autre il apparaît comme aphanisis.« Ebd., 222 (frz. 192):
»En d’autres termes, il est de la nature de ce sens tel qu’il vient à émerger au
champ de l’Autre, d’être dans une grande partie de son champ, éclipsé par la
disparition de l’être, induite par la fonction même du signifiant.«
124
Ebd., 251 (frz. 216).
125
Vgl. Lacan (1966a), 824: »[...] le fantasme comme désir de l’Autre«.
126
Vergl. ders. (1996), 242 (frz. 209).
127
Zwangsneurose und Hysterie entsprechen den beiden Aspekten des Aus-
einanderfallens der Dialektik in ihre Extreme. Vgl. ders. (1966a), 824: »On
en trouve alors les deux termes commes éclatés: l’un chez l’obsessionnel
pour autant qu'il nie le désir de l’Autre en formant son fantasme à accentuer
l'impossible de l’évanouissement du sujet, l’autre chez l’hysterique pour au-
tant que le désir ne s’y maintient que de l’insatisfaction qu’on y apporte en s’y
dérobant comme objet.« Vgl. ebd., 303f., 682. Die Positionen von Königspaar
und Künstler im Bild können beide als die des Hysterikers bzw. des Zwangs-
neurotikers gelesen werden, je nachdem, welcher der beiden scheinbaren
Fluchtpunkte gewählt wird. Im Spiegelbild einerseits bzw. einem ›eigensin-
nigen‹ Königsportrait auf der Leinwandvorderseite andererseits besitzen
beide Positionen ihr zwangsneurotisches Phantasma, in Bezug auf das sich
die jeweils andere Position als Objekt der Begierde entzieht: die des Künst-
lers in oder hinter seinem Blick, die des Königspaares vor dessen Blick.
128
Vgl. Fn.-157.
129
Vgl. Lacan (1996), 251 (frz. 216).
130
Vgl. ders. (1966a), 668.
131
Ders. (1996), 152 (frz. 133).
132
Ebd., 140 (frz. 121); im Original: »cercle de la tromperie«.
133
Ebd., 152 (frz. 133); im Original: »identification aliénante«.
134
Lacan (1966a), 814:«nescience d’où il désire«.
135
Vgl. ders. (1996), 152 (frz. 133); im Original: »fausse terminaison de la
cure«.
136
Ebd., 269 (frz. 230f.).
137
Ebd., 224 (frz. 194); im Original: »séparation«; Lacan verweist auf die ety-
mologische Verbindung der Verben »se deféndre«, »se fournir« und schließ-
lich »s’engendrer« über lat. pario und paro. Séparation könnte danach mit
Erzeugung übersetzt werden.
138
Kojève (1988), 22; ders. (1968), 12.
.at
turia
139
Vgl. Lacan (1966a), 814: « [...] le désir de l’homme est le désir de o@l’Autre
© i n f
[...] à savoir que c’est en tant qu’Autre qu’il désire (ce qui donne la véritable
portée de la passion humaine)«.
WOLFRAM BERGANDE 83
140
Vgl. Fn.-108. Den drei Perspektiven auf »Las meninas« korrespondieren
die drei Momente des Sehens, Begreifens und Schließens, in die sich diese
›kollektive Logik‹ (ders. (1966a), 213) der Freiheit entfaltet. Das Subjekt des
Gefangenendilemmas versetzt sich analog dem Betrachter von »Las meni-
nas« in die Position eines Zweiten, um von dort aus gedanklich die des Drit-
ten einzunehmen. Aus dessen Perspektive heraus kann es das Zögern seiner
Mitgefangenen als Indiz dafür werten, dass alle drei in derselben Position
sind, weshalb er, zeitgleich mit seinen Mitgefangenen, die dasselbe Raison-
nement durchgemacht haben, den Raum durch die Tür in die Freiheit ver-
lässt. Entsprechend erschließt auch der Betrachter der »Meninas« die Iden-
tität der drei Betrachterstandpunkte im Fluchtpunkt der Türe, durch die der
aposentador den Bildraum in die Freiheit des Selbstbewusstseins verläßt;
der ›Augenblick‹, den zahlreiche Interpreten in »Las meninas« festgehalten
sehen, ist der Lacansche »instant du regard«, der den »moment de conclure
le temps de comprendre« (ders. (1966a), 212) kondensiert, bevor das Subjekt
seinen Schluss in der Handlung (»acte« (ebd., 208), vgl. ders. (1990), 239
(frz. 206)) verwirklicht.
141
Lacan (1990), 244: »Ce dont le sujet a á se libérer, c’est de l’effet aphanisi-
que du signifiant binaire, et [...] ce n’est pas d’autre chose qu’il s’agit dans la
fonction de la liberté.«
142
Ders. (1966a), 210.
143
Ebd., 680.
144
Ebd., 557. Vgl. den Bezug in ders. (1996), 260ff. (frz. 223ff.).
145
Lacan (1996), 264 (frz. 227).
146
Lacan (1966a), 515: «...la structure métaphorique, indiquant que c’est
dans la substitution du signifiant ou signifiant que se produit un effet de si-
gnification qui est de poésie ou de création, autrement dit d’avènement de la
signification en question.« Ebd., 508: »La métaphore se place au point précis
où le sens se produit dans le non-sens«.
147
Vgl. Lacan (1996), 235 (frz. 203): »Bahn des Begehrens«; im Original: »la
voie du désir«.
148
Vgl. ebd., 197 (frz. 172).
149
Lacan (1966a), 823f.
150
Ebd., 287 (frz. 245) [Übers. modif.; W.B.]; im Original: »[...] le ressort fon-
damental de l’opération analytique, c’est le maintien de la distance entre le I
et le a. [...] Il [l’analyste] isole le a, il le met à la plus grande distance possible
du I que lui, l’analyste, est appelé par le sujet à incarner.«
151
Ebd. [Übers. modif.; W.B.]; im Original: »franchissement du plan de l'
identification«. – Lacans Kommentar der »Las meninas« (1966b) sieht zwar
im Spiegelbild der beiden Könige – in welchem sie, wie »la mouche géologi-
que prise dans l’ambre« (ebd., 640) auf Ewigkeit fixiert die Illusion nähren,
»qu’il suffirait d’être là pour être au nombre des vivants« – die Aufforderung,
den Spiegel wie ›Alice im Wunderland‹ zu durchqueren (»la traversée du mi-
roir«, ebd.). Dennoch verneint er eben diese Möglichkeit (»[...] cette surface
invisible du miroir dont on sait qu’on ne peut pas la franchir«), obwohl er
die Figur Nietos als »personnage qui sort« (ebd., 560) beschreibt, der die
Leinwandvorderseite eingesehen, ja genug gesehen habe und sich davon ma-
che: »[...] dont nous disons ›fais voir‹ [gemeint ist die Leinwandvorderseite],
non seulement, lui, le voit, de là où il est mais [...] il l’a, si je puis dire, trop
vu, il s’en va.« (ebd., 560f.). »Le tableau n’est qu’une leurre« (ebd., 641) und
beschränkt sich hier für Lacan auf die Funktion »[...] de vous rappeler qu’au
regard de la réalité, vous êtes vous-même inclus dans une fonction analogue
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BIBLIOGRAPHIE
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Alpatow, Michail W. (1996), »›Las meninas‹ von Velázquez«, in:nStudien
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Geschichte der westeuropäischen Kunst, Köln: Dumont 1996, 205-228.
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