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Energie

Atlas
NACHHALTIGE ARCHITEKTUR
Edition ∂

HEGGER
FUCHS
STARK
ZEUMER
Energie
Atlas
NACHHALTIGE ARCHITEKTUR

HEGGER
FUCHS
STARK
ZEUMER

Institut für internationale Architektur-Dokumentation · München


Das Buch wurde erarbeitet am
Fachgebiet Entwerfen und Energieeffizientes Bauen Prof. Manfred Hegger
Fachbereich Architektur, Technische Universität Darmstadt
www.tu-darmstadt.de/architektur/ee
in Verbindung mit dem
Institut für internationale Architektur-Dokumentation
GmbH & Co. KG, München
www.detail.de

Autoren Fachbeiträge:

Manfred Hegger Chris Luebkeman, Dr. sci. tech.


Prof. Dipl.-Ing. M. Econ Architekt Arup Research + Development, London
Fachgebiet Entwerfen und Energieeffizientes Bauen, TU Darmstadt
Hermann Scheer, Dr. rer. pol., MdB
Matthias Fuchs Eurosolar, Bonn
Dipl.-Ing. Architekt
Fachgebiet Entwerfen und Energieeffizientes Bauen, TU Darmstadt Robert Kaltenbrunner, Dr.-Ing. Architekt
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Bonn
Thomas Stark
Dr.-Ing. Architekt Thomas Herzog, O. Prof. em., Dr. (Univ. Rom), Dr. h. c.,
Fachgebiet Entwerfen und Energieeffizientes Bauen, TU Darmstadt Dipl.-Ing. Architekt
TU München
Martin Zeumer
Dipl.-Ing. Karl-Heinz Petzinka, Prof. Dipl.-Ing. Architekt
Fachgebiet Entwerfen und Energieeffizientes Bauen, TU Darmstadt Bernhard Lenz, Dipl.-Ing., Dipl.-Ing., M. Eng Architekt
Fachgebiet Entwerfen und Gebäudetechnologie, TU Darmstadt
Mitarbeiter:
Natascha Altensen; Hans Drexler, Dipl. Arch. ETH M. Arch. (Dist);
Laura Eckel; Alexandra Göbel, Dipl.-Ing.; Michael Keller, Dipl.-Ing.; Wissenschaftlicher Beirat Diagnosesystem Nachhaltige Gebäude-
Nikola Mahal; Thomas Meinberg, Dipl.-Ing. qualität (DNQ):

Mitarbeit Zeichnungen: Brian Cody, Prof. BSc(Hons) CEng MCIBSE, TU Graz


Julia Kirsten Eisenhuth; Viola John, Dipl.-Ing.; Sabine Djahanschah, Dipl.-Ing. Architektin, Deutsche Bundes-
Geraldine Nothoff, Dipl.-Ing.; Johanna Wickenbrock stiftung Umwelt
Thomas Lützkendorf, Prof. Dr.-Ing. habil., Universität Karlsruhe (TH)
Hansruedi Preisig, Prof. Dipl. Arch. SIA, FH Winterthur
Peter Steiger, Prof. em., TU Darmstadt

Redaktion Druck und Bindung:


Kösel GmbH & Co. KG, Altusried-Krugzell
Projektleitung und Lektorat:
Julia Liese, Dipl.-Ing. Herausgeber:
Steffi Lenzen, Dipl.-Ing. Architektin Institut für internationale Architektur-Dokumentation
GmbH & Co. KG, München
Redaktionelle Mitarbeit:
Astrid Donnert, Dipl.-Ing.; Claudia Fuchs, Dipl.-Ing.; © 2007, erste Auflage
Carola Jacob-Ritz, M. A.; Florian Krainer;
Nicole Tietze, M. A. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch
begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des
Zeichnungen: Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und
Marion Griese, Dipl.-Ing.; Daniel Hajduk, Dipl.-Ing.; Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Ver-
Caroline Hörger, Dipl.-Ing.; Claudia Hupfloher, Dipl.-Ing.; vielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in
Elisabeth Krammer, Dipl.-Ing. Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugswei-
ser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Wer-
Herstellung / DTP: kes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen
Roswitha Siegler Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils gel-
tenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungs-
Repro: pflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmun-
Martin Härtel OHG, Martinsried gen des Urheberrechts.

4
Inhalt

Impressum 4
Vorwort 6

Teil A Positionen 8

1 Globaler Wandel
Chris Luebkeman 10
2 Energiewende
Hermann Scheer 14
3 Architektur und Nachhaltigkeit –
eine schwierige Beziehung
Robert Kaltenbrunner 18
4 Die Dinge richtig tun – über
Effizienz und Nachhaltigkeit
Manfred Hegger 24
5 Solare Architektur
Thomas Herzog 28
6 Planen und Bauen
in Lebenszyklen
Karl-Heinz Petzinka, Bernhard Lenz 32

Teil B Planung 36

1 Grundlagen 38
2 Stadtraum und Infrastruktur 62
3 Gebäudehülle 82
4 Technik 110
5 Material 146
6 Strategien 176

Teil C Gebaute Beispiele im Detail 198

Projektbeispiele 1 bis 20 200 – 257

Teil D Anhang 258

Glossar: Kennwerte 258


Glossar: Klimadaten 260
Glossar: Ökobilanzdaten 262
Verordnungen, Richtlinien, Normen 268
Literatur 269
Abbildungsnachweis 272
Sachregister 276

5
Vorwort

Der Energie Atlas erweitert die Reihe der Atlan- zum nachhaltigen Fortschreiten unserer Gesell-
ten nicht nur um einen weiteren Titel, sondern schaft beitragen.
auch um eine neue Dimension. Erstmals geht Nachhaltigkeit berührt die Gesamtheit des pla-
es nicht primär um Materie, um eine Baustoff- nerischen Handelns und des Betreibens von
oder eine Konstruktionselementgruppe. Dieser Gebäuden, gesellschaftliche, wirtschaftliche
Atlas nähert sich dem Entwerfen und Konstru- und ökologische Anliegen. Sie ist eine Entwick-
ieren von zunächst unsichtbaren Eigenschaf- lung, bei der die heutige Gesellschaft Rück-
ten: der Nachhaltigkeit und der Energieeffizi- sicht nimmt auf die Bedürfnisse zukünftiger
enz von Gebäuden. Generationen. Nachhaltigkeit definiert sich
nicht nur aus den Qualitäten des Bauobjekts
Eine Reihe von Argumenten spricht jedoch für (Objektqualität), sondern auch aus seiner Lage
diese Betrachtungsweise. Kein anderer Indus- (Standortqualität) und aus seinem Entstehungs-
triezweig benötigt mehr Materialien und Ener- prozess (Prozessqualität). Effizienz im Einsatz
gie, produziert mehr Abfälle und trägt weniger von Energie und Ressourcen wird zu einem
zum Materialrecycling bei als das Bauen. Seit zentralen Qualitätsmerkmal eines Gebäudes.
geraumer Zeit bestimmen diese Themen auch Die Instrumente des material- und energie-
die internationale öffentliche Diskussion und effizienten Bauens sind zugleich die Mittel der
den Prozess der politischen Meinungsbildung. Architektur: Leichtigkeit und Masse, Schutz
Aus vielerlei Gründen: Manche Materialien wer- und Transparenz, Flächenökonomie und Raum-
den knapp und entsprechend teurer, andere wirkung.
erzeugen ungewollte Auswirkungen auf Umwelt
und Nutzer, wieder andere erfüllen nicht dauer- Gebäude unterscheiden sich in einem ganz
haft die an sie gestellten Ansprüche. Dies gilt wesentlichen Punkt von anderen Objekten
in gleichem Maße für die konventionellen Ener- unseres täglichen Bedarfs: Sie erfüllen bereits
gieträger: Auch sie sind knapp und verteuern die Voraussetzungen zur Nutzung erneuerbarer
sich zusehends; darüber hinaus gelten sie als Energiequellen. Sie verbinden sich in aller
wesentliche Verursacher des Klimawandels Regel mit dem Erdboden und können oberflä-
und weiterer Umweltbelastungen. Die prognos- chennah sein gleichmäßiges Temperaturniveau
tizierte Reichweite nicht erneuerbarer Energie- oder die Erdwärme aus tieferen Schichten aus-
träger wie Erdgas und Erdöl ist geringer als die nutzen. Sie stehen im freien Luftstrom, können
zu erwartende Lebensdauer vieler Gebäude, sich Druckunterschiede und Windenergie
nicht nur der Neubauten. Die globale Ausein- zunutze machen. Sie sind dem Tageslicht aus-
andersetzung um die Reserven spitzt sich zu, gesetzt und können auf diese Weise direkt die
Befürchtungen um die Versorgungssicherheit Hauptenergiequelle anzapfen, die uns zur Ver-
sind nur allzu berechtigt. Zunehmend werden fügung steht: die Sonne. Standortbezogen sind
uns die Endlichkeit vieler Ressourcen und die weitere erneuerbare Energiequellen verfügbar:
Folgen ihres unkontrollierten Einsatzes für Grundwasser und Fließwasser, Biomasse und
Mensch und Umwelt bewusst. Biogas, um nur einige zu nennen.

Die Architektur, das Bauen bietet die größten Trotz dieser nahe liegenden Möglichkeiten sind
Handlungspotenziale für eine nachhaltige wir im Bauwesen in Bezug auf Nachhaltigkeit
Gestaltung der Umwelt. Wir müssen unser und Energieeffizienz noch weit entfernt vom
Bemühen verstärken, Material- und Energie- Entwicklungsstand anderer Industriezweige.
effizienz im Bauen und in der Nutzung von Wir können nicht weiter abwarten. Die Politik
Gebäuden zu erhöhen. Durch kluge Entwurfs- sieht sich durch absehbare Versorgungskrisen
und Planungsentscheidungen können wir Res- und Auseinandersetzungen wie auch durch die
sourcen sparsamer einsetzen, die Dauerhaftig- öffentliche Meinung veranlasst, regulierend ein-
keit von Gebäuden verbessern und Umwelt- zugreifen – global, auf europäischer Ebene,
schäden reduzieren. Auf diese Weise können national und lokal. Architekten und Ingenieure
wir bleibende Werte schaffen und erhalten und haben die Möglichkeit, ihre kreative Meinungs-

6
führerschaft gesellschaftlich wirksam zu ses als Voraussetzung für nachhaltiges Bauen tebau und Infrastruktur über die Objektebene
machen. Das Innovationspotenzial ist gewaltig sowie zur Bewertung nachhaltiger Gebäude- bis hinein in die Gestaltung von Planungspro-
und bislang kaum ausgeschöpft. Die Heraus- qualität. Wo immer möglich, verdichten sich zessen zu behandeln – besonders aber, es in
forderung einer nachhaltigen Entwicklung im Aussagen in Bild- oder Diagrammform. Das am den größeren Zusammenhang nachhaltiger
Bausektor bietet Chancen: wissenschaftliche, Ende dieses Teils vorgestellte »Diagnosesys- Entwicklung der Architektur und des Bauens zu
technische und gestalterische Erneuerung in tem Nachhaltige Gebäudequalität« (DNQ) fasst stellen.
einem lange nicht mehr besonders innovations- wesentliche Beurteilungskriterien für zukunfts-
verdächtigen Wirtschaftszweig, neue Export- gerechtes Bauen zusammen. Sie machen Die Erarbeitung dieses Werks hat viel Energie
chancen und erneut eine Rolle als Impulsgeber handhabbar und bewertbar, was sich bislang gebunden, insbesondere menschliche Energie
für langfristige gesellschaftliche Entwicklungs- nur in pauschalen Forderungen nach Nach- von Autorenteam, Mitarbeitern und Verlag.
linien. haltigkeit ausgedrückt und diesen Begriff ent- Allen Institutionen und Personen, die beim Ent-
wertet hat. stehen dieses Werks kompetent mitgewirkt
Der Energie Atlas möchte hierzu Grundlagen Die Planungsgrundlagen bieten entsprechend haben, die uns in unseren Familien und Freun-
vermitteln, Beispiele aufzeigen und Anregun- umfangreiches Material auf verschiedenen deskreisen den Rücken für die Arbeit an die-
gen geben. Der Aufbau folgt insgesamt dem Betrachtungsebenen an. Sie zeigen auch, dass sem Werk freigehalten haben und denjenigen,
vertrauten Schema der Konstruktionsatlanten wir bereits in großem Umfang über ausgereifte die es durch Zuwendung von Mitteln großzügig
der Edition Detail. Technologien zur effizienten Nutzung der Res- unterstützt haben, danke ich herzlich.
sourcen verfügen, die uns die Erde bietet, ohne
Teil A »Positionen« widmet sich grundlegenden ihre Schönheit anzutasten. Es bleibt jedoch Vielleicht spüren unsere Leser diese Energie.
Aspekten des nachhaltigen und energieeffizi- dem Leser überlassen, hieraus eine dem Ort Ihr Einsatz hat sich gelohnt, wenn sie weitere
enten Bauens. Gastbeiträge zum globalen und der Aufgabe gerecht werdende Lösung zu Energie mobilisiert, die die gesellschaftlichen
Wandel und zur Energiewende stellen überge- entwickeln, die mit minimalen Mitteln maxima- und professionellen Herausforderungen auf-
ordnete Bezüge her. Die schwierige Beziehung len Nutzen erzielt. greift und auf diese Weise die Entwicklung der
zwischen Architektur und Nachhaltigkeit und Architektur und des Bauens fördert.
die wenig genutzten Potenziale der solaren Bei der Auswahl der im Teil C »Gebaute Bei-
Architektur sind thematisiert. Schlüsselthemen spiele« dokumentierten Gebäude stand jeweils
wie Effizienz und Lebenszyklus legen die die Beziehung zwischen Nachhaltigkeitsansatz, Darmstadt, im August 2007
Bedeutung der Nachhaltigkeitsbetrachtung in Energiekonzept und architektonischer Haltung Manfred Hegger
der Architektur offen. Sie verdeutlichen den im Vordergrund. Ausgewählt wurden weitge-
Handlungsbedarf und zeigen auf, welche hend aktuelle Projekte, die durch ihre beson-
Dynamik eine entsprechende Entwicklung im dere architektonische Interpretation von bau-
Bauen erzeugen könnte. licher Nachhaltigkeit und Energieeffizienz her-
vortreten. Die verbale, grafische und bildliche
Teil B »Planungsgrundlagen« ist dem gegen- Darstellung der Gebäude mündet jeweils in
über handlungsorientiert. Ausgehend von der eine bewertende Beschreibung des Nachhal-
Darstellung allgemeiner Grundlagen von Nach- tigkeitsansatzes nach dem Diagnosesystem
haltigkeit und Energie, Klima und Wohlbefinden Nachhaltige Gebäudequalität (DNQ). Über die
sind die verschiedenen Planungs- und Hand- gezeigten Beispiele wird deutlich, dass Tech-
lungsebenen nachhaltigen und energieeffi- nologien zur effizienten Nutzung von Ressour-
zienten Bauens behandelt: Stadtraum und cen und Energie neue architektonische Poten-
Infrastruktur, Gebäudehülle und Gebäudetech- ziale eröffnen – aber auch, dass der Suchpro-
nik sowie die Materialwahl. Die rapide Entwick- zess nach dem geeigneten architektonischen
lung in diesem Feld, insbesondere in der Ener- Vokabular zur Lösung der neuen gesellschaft-
gietechnik, hat immer wieder Aktualisierungen lichen Aufgaben noch längst nicht als abge-
erforderlich gemacht. Der derzeitige Wissens- schlossen angesehen werden kann.
stand zum Zeitpunkt der Drucklegung ist
anschaulich zusammengefasst. Die Aussagen Der Energie Atlas ist über den notwendiger-
dieses Teils münden in Handlungsanleitungen weise prägnanten Buchtitel hinausgehend
zur Entwicklung von Energiekonzepten, zur angelegt. Die Energie steht im Mittelpunkt. Der
Organisation eines integralen Planungsprozes- Anspruch war jedoch, dieses Thema von Städ-

7
Teil A Positionen

1 Globaler Wandel
Chris Luebkeman

2 Energiewende
Hermann Scheer

3 Architektur und Nachhaltigkeit – eine schwierige Beziehung


Robert Kaltenbrunner

4 Die Dinge richtig tun – über Effizienz und Nachhaltigkeit


Manfred Hegger

5 Solare Architektur
Thomas Herzog

6 Planen und Bauen in Lebenszyklen


Karl-Heinz Petzinka, Bernhard Lenz

Abb. A die Erde vom Mond aus betrachtet

9
Globaler Wandel

Chris Luebkeman

A 1.1
In Bezug auf Design und Konstruktion der Bei den Workshops wurde das unter dem
gebauten Umwelt beherrschen wir technisch Namen STEEP bekannte System verwendet,
fast alles. Wir sind in der Lage, Gebäude zu um die Kernthemen zu bewerten [3]. Um einen
bauen, die genauso viel Energie produzieren gleichwertigen Dialog über die Zukunft führen
wie sie verbrauchen. Wir können wundervolle zu können, wird dabei jedes Themenfeld ein-
Räume und Orte schaffen, in denen Menschen zeln betrachtet. Die einzelnen Themen wie
sich gerne aufhalten. Wir wissen, wie man demografischer Wandel, globales Nomaden-
Materialien herstellt, die theoretisch unendlich tum oder Urbanisierung werden in fünf Felder
haltbar sind – beispielsweise Titanium oder zerlegt und einzeln analysiert. Dieses Vorgehen
Glas – ebenso wie Materialien, die sich auf erlaubt einer Gruppe, die individuellen Impulse
Wunsch selbst zersetzen. Wir können schneller des Wandels zu priorisieren und dann die
fliegen als der Schall oder sogar die Brown’sche gegenseitigen Einflüsse über die vier anderen
Molekularbewegung stoppen. Und trotzdem – Felder hinweg zu überprüfen.
obwohl wir all diese Dinge können – blicken wir Jeder »Drivers of Change«-Workshop verlief
oft unsicher in die Zukunft und fragen wir uns, nach derselben Methode. Am Anfang wurde
ob wir alles richtig machen. die Gruppe bezüglich der vier in Abb. A 1.4
dargestellten globalen Zukunftsmodelle be-
Drivers of Change fragt. Die zwei verwendeten Achsen bildeten
Das Ingenieurbüro Arup hat über 10 000 Projekte wirtschaftliches Wachstum und Global Gover-
weltweit realisiert und ist bekannt für seine inno- nance [4]. Die Teilnehmer wurden gebeten,
vativen Ideen und multidisziplinären Planungs- einen Vektor zu zeichnen, dessen Ursprung
leistungen [1]. Ich hatte das Privileg von 1999 die Welt von heute zeigt und dessen Spitze in
bis 2002 die Abteilung für Forschung und Ent- der Welt endet, die in den nächsten 20 Jahren
wicklung zu leiten. Ein Team von 35 Menschen, Realität sein könnte. Die Ergebnisse waren fas-
das über ein großes Wissen über die gebaute zinierend: Zwar variierten die Vektoren je nach
Umwelt verfügt, beriet Ingenieure in der ganzen geografischer Herkunft der Teilnehmer, den-
Welt, während diese die Grenzen des Machba- noch gab es eine eindeutige Tendenz hin zu
ren ausloteten. Daran anschließend gründete einer Welt, die nach ökonomischem Wachstum
ich 2003 eine Abteilung, die unter dem Namen strebt, die aber gleichzeitig höchst separiert
»Foresight, Innovation + Incubation« (FII) be- und zerteilt sein wird: eine differenziertere Welt,
kannt ist. Seitdem hat diese Abteilung vielen die sich stärker auf Lokalisierung als auf Glo-
Kunden – Einzelpersonen, Firmen und Regie- balisierung konzentriert. Im zweiten Teil des
rungen – geholfen, ihre Gedanken bezüglich Workshops wurde nach den Beobachtungen
der Zukunft zu fassen. Teil dieses Prozesses der Teilnehmer bezüglich der Ursachen des
war die Workshopreihe »Drivers of Change«, Wandels in jedem der STEEP-Felder gefragt.
an der zwischen 2003 und 2006 ca. 9500 Men- Es zeigte sich, dass es einige globale Gemein-
schen auf fünf Kontinenten teilnahmen [2]. Zum samkeiten, aber auch ein paar unterschiedliche
Ablauf gehörte, dass jeder Teilnehmer offenlegt, Sichtweisen der Thematik gab.
was er oder sie glaubt, was die Impulse des
Wandels sowohl auf globaler als auch auf loka- Fünf Thesen
ler Ebene sind. Die Ergebnisse zeigen, dass es Die gebaute Umgebung ist das Fundament der
verschiedene Kernthemen wie Klimawechsel, Gesellschaft. Sie ermöglicht soziale Interaktion
Energie oder geografischer Wandel gibt, die zwischen allen Schichten. Die Welt »verstäd-
überall in den Köpfen verankert sind. Auf den tert« derzeit in bisher unvorhergesehener
ersten Blick erscheint dies nicht weiter beacht- Weise. Durch das enorme Wirtschaftswachs-
lich. Berücksichtigt man die Tatsache, dass tum in China sind dort in den letzten 25 Jahren
man heute mehr nach geopolitischen Unter- ca. 300 Millionen Menschen in Städte umgesie-
A 1.1 Blick auf ein Kraftwerk im Stadtteil Soweto, Johan-
nesburg (ZA)
scheidungen als nach menschlichen Gemein- delt, ein Zuwachs um 500 Millionen wird bis
A 1.2 allgegenwärtiges Verkehrschaos in Shanghai samkeiten sucht, ist eine gemeinsame globale 2050 erwartet [5]. Dies stellt die größte Mas-
(VRC) Meinung alles andere als selbstverständlich. senwanderung der Menschheitsgeschichte

10
Globaler Wandel

dar. Die Städte verändern sich, entwickeln deren Zukunft. Bald wird die Mehrheit der
sich weiter – unter dem Einsatz von Materialien Erwerbstätigen, die grundlegende Erfahrung
aus aller Welt; so gut wie alle Regionen der und spezielles Wissen haben, nicht mehr ver-
Welt berühren einander in irgendeiner Weise, fügbar sein. Dennoch besteht Hoffnung, dass –
jeden Tag. Wie wird die gebaute Umwelt in während die Infrastruktur um uns herum mit
einer Welt mit stetig steigenden Abhängigkei- unserer Gesellschaft altert – das Interesse an
ten definiert? Wer oder was bestimmt, was unserer gebauten Umwelt wieder steigen wird.
gebaut wird und wie? Und wie bestimmt dies Im reicheren Teil der Welt haben verbesserte
die »glokale«Umwelt [6]? Viele Fragen, fünf Lebensumstände und der medizinische Fort-
grundlegende Annahmen: schritt zur Reduktion der Kindersterblichkeit
und zu längeren Lebenserwartungen beigetra-
• Wandel ist konstant; Zusammenhang ist vari- gen, wodurch sich die Anforderungen an die
abel. Es wird viel über Wandel geredet und Gestaltung der Umwelt nachhaltig ändern. Die
darüber, dass sich dessen Geschwindigkeit Verschlechterung derselben Zustände in den
erhöht. Aber viel interessanter ist es, die weniger entwickelten Gebieten stellt eine große
Zusammenhänge des Wandels zu beobach- Herausforderung dar. Es ist schwer vorauszu-
ten, die ganzheitlichen Verknüpfungen be- sagen, zu welchen Entwicklungen diese Dis- A 1.2
stimmter Epochen, die Kausalität erfolgrei- krepanz führen wird. 2020 wird die Gruppe der Auswanderern in unerwarteter Weise abhängig.
cher Innovationen. Diese tiefgehende Ana- über 60-Jährigen sehr wahrscheinlich 1 Milliar- Beispiele hierfür sind u. a. illegale Wanderar-
lyse zeitgebundener Ursachen trägt dazu de Menschen betragen. 75 % dieser Gruppe beiter in den USA, welche im letzten Jahrzehnt
bei, Verwicklungen in künftigen Zusammen- werden in den Industrieländern leben – davon die dortige Wirtschaft fundamental mitgetragen
hängen vorherzusehen. Sie soll helfen, 16 % US-Amerikaner, 20 % Deutsche und 27 % haben. Oder medizinisches Personal, das von
Hochrechnungen für unterschiedliche Zu- Japaner [8]. Wer wird sich um diese alternde seinen Heimatländern, in denen es nicht
kunftsszenarien zu erstellen. Bevölkerung kümmern? Wie wird sie zurecht- bezahlt wird, in die reichen Nationen mit ihrer
• Jeder Mensch hat drei Bewertungssysteme, kommen? Wie werden wir die Gestaltung von alternden Bevölkerung zieht, während in ihren
die er benutzt: erstens die Intuition, die ihn Produkten und Dienstleistungen, Orten und Heimatländern die lebensnotwendigen Spezia-
auf einer sehr tiefen, fast animalischen Ebene Umgebungen ändern müssen, um ihre Lebens- listen fehlen.
informiert; zweitens das Herz, das die Gefüh- bedingungen zu verbessern? Weitere grundsätzliche Fragen entstehen, wenn
le und Überzeugungen repräsentiert und Im Hinblick auf die alternde »Baby-Boomer«- wir die Entwicklung der Städte betrachten. Wie
zuletzt den Kopf bzw. die analytischen Fähig- Generation der Nachkriegszeit liegt die Vermu- viele internationale Einwanderer identifizieren
keiten. Die intensivsten Momente sind jene, tung nahe, dass sich die Wahrnehmung des- sich mit ihrer Wahlheimat oder ihrem Zufluchts-
in denen alle drei gleichermaßen vereint sind. sen, was akzeptable Hilfe ist, weiterentwickeln ort? Vielleicht ist die Antwort ein neuer Multi-
• Wir haben keine andere Wahl als zu lernen, und verändern wird. Diejenigen, die sich vor der Nationalismus mit komplexen multiplen Ver-
wie wir miteinander auf diesem einen Plane- Einbindung von Technologien drücken, mit der pflichtungen. Oder vielleicht wird das Bedürfnis
ten Erde umgehen müssen. Darum sollte Begründung, dass es eine fremde Invasion sei, nach der persönlichen Verbindung zu einer
unser Handeln die nachhaltige Nutzung der werden weniger werden, je mehr Technologie in lokalen Gemeinschaft durch die globale Ver-
Ressourcen unseres Planeten unterstützen. den Alltag integriert wird. Viele vergessen, dass bundenheit verdrängt. In jedem Fall wird dieser
• Es gibt viele Behälter in der Natur, aber nur ein einfacher Graphit-Bleistift ein unglaubliches Zwiespalt zwischen Globalität und Lokalität
Menschen bauen Schachteln mit Wänden Stück »Technik« ist. Die menschliche Leis- eine wachsende Rolle in der Gestaltung unse-
und Deckeln. Deswegen können nur Men- tungsfähigkeit wird stetig beschleunigt. Die rer Umwelt spielen. Europa ist heute die Heimat
schen diese Deckel abnehmen und ihre Boomer haben sich bereits auf eine fortschritt- der meisten internationalen Einwanderer,
Schachteln verlassen. Das steht symbolisch liche Lebenssituation eingestellt und vorberei- gefolgt von Asien und Nordamerika. Wir wer-
für die Notwendigkeit, vernetzt anstatt in tet. Sie akzeptieren beispielsweise medizinische den uns wohl langsam von einer nationalen
getrennten Ebenen zu denken. Maßnahmen wie künstliche Hüft- oder Kniege- Staatsbürgerschaft zu einer Weltbürgerschaft
• Alles, was uns unbequem ist, wird nicht lan- lenke und sogar Schönheitsoperationen, um ihr bzw. transnationalen Bürgerschaft entwickeln.
ge Bestand haben. Die Beseitigung unange- Leben zu verlängern und ihren Lebensstandard Im Allgemeinen lernen Europäer mehrere
nehmer Umstände scheint eine der Hauptur- zu erhöhen – in einer Art und Weise, wie frühere Fremdsprachen, sind länger in der Ausbildung
sachen für Innovation und Wandel in der Ge- Generationen es nur als Science-Fiction kann- und steigen später in das Arbeitsleben ein.
schichte gewesen zu sein. Um gute Ideen ten. So wird es voraussichtlich nicht mehr lange 77 % der Studenten in der EU sprechen eine
für die Zukunft zu finden, müssen wir uns dauern, bis unsere Städte uns »pro-aktiv« im Fremdsprache gut genug, um an einer Unter-
nach diesen Unbequemlichkeiten umsehen. täglichen Leben unterstützen können. haltung teilzunehmen. Die größte Englisch
sprechende Bevölkerung wird künftig die chi-
Demografischer Wandel Globales Nomadentum nesische sein. Hier wirft sich die Frage auf, ob
Während der gesamten Workshopreihe war Seit den 1970er-Jahren lassen sich interessan- unsere Städte, während sie systematisch ver-
der demografische Wandel das am häufigsten te Veränderungen in der Bevölkerungsdichte in bessert werden und jeder Einwohner identifi-
genannte Thema. Seine Bedeutung unter- den verschiedenen Regionen der Erde beob- zierbar wird, mit uns in der Sprache unserer
scheidet sich von Ort zu Ort und von Region achten. Sie beruhen hauptsächlich auf der der- Wahl kommunizieren können: Werden wir Ansa-
zu Region. Trotzdem beschäftigt sich fast zeitigen Verfügbarkeit billiger fossiler Energie- gen in unserer Muttersprache hören, während
jeder Mensch mit der Frage, wie sich die träger und der sich ausweitenden globalen wir mit der U-Bahn in London oder in der Hong-
Population ändert und wie dieser Wandel die Wohlstandslücke: Eine Vielzahl an Menschen, konger Metro fahren? Welche Stadt wird den
Zukunft beeinflussen wird. Ein drängendes gebildet wie ungebildet, zieht auf der Suche ersten multimedialen Stadtführer mit automati-
Thema bezüglich der gebauten Umwelt ist nach Arbeit um. Diese Bewegung, vom in die sierter Übersetzung einführen? Es gibt bereits
die Tatsache, dass die Mehrzahl der zurzeit Stadt ziehenden Landwirt bis zum hochgebil- Überlegungen, Mittel für diejenigen bereitzu-
Berufstätigen in den Industrieländern etwa deten Arzt der sein Heimatland verlässt, findet stellen, die keine Fremdsprache fließend spre-
zwölf Jahre vom Ruhestand entfernt ist [7]. in verschiedenen Branchen, in unterschied- chen, damit sie sich beispielsweise auf Flug-
Darüber hinaus interessieren sich zu wenige lichen Teilen der Welt statt. Die globale Wirt- häfen orientieren können. Welche Sprache wür-
junge Menschen für die Baubranche und schaft ist von diesen internationalen Ein- und den wir wählen? Viele Städte beobachten uns

11
Globaler Wandel
Energieverbrauch [GJ pro Kopf]

35

USA
30
Australien
25

20
EU
15 Japan
Südkorea
10
Mexiko
Brasilien
Indien China
5 Thailand

0
0 5 10 15 20 25 30
BIP pro Kopf [1000 US-Dollar]

A 1.3
schon – wie würden wir uns fühlen, wenn die Die Produktion von Energie für die heutige an den Rohstoffvorräten lagen als an der Infra-
Stadt auch zu uns spricht? Gesellschaft muss sich ändern. Die Industrie struktur der Konsumenten. Diese wurden, auch
bewegt sich – wenn auch unwillig – vom Para- aufgrund ihrer Emissionen, in einiger Distanz
Energie und Wohlstand digma des zentralisierten Industriezeitalters zu den Städten gebaut, und die enormen Trans-
Forschungen des Internationalen Währungs- zu einem maßgeblich moderner verteilten und missionsverluste wurden einfach als notwendi-
fonds (IWF) haben gezeigt, dass es eine dezentralisierten Modell. Dieser Wandel ist ger Teil des Systems akzeptiert.
direkte Verbindung zwischen wirtschaftlichen politisch notwendig. Denn wenn man die Ener- Dabei gibt es heute immer mehr Möglichkeiten,
Schwankungen und dem Zugang zu Energie giebereitstellungskette betrachtet, gehen über die Produktion von Strom zu dezentralisieren.
gibt. In Abb. A 1.3 ist der Pro-Kopf-Energiever- zwei Drittel der erzeugten Energie durch Anstelle eines großen Kraftwerks müssten viele
brauch ausgewählter Nationen dem Bruttoin- Umwandlung und Verteilung verloren. kleine existieren, die über eine Region verteilt
landsprodukt (BIP) gegenübergestellt. Dabei Elektrische Energie bleibt ein grundlegendes sind. Angetrieben von kleinen Windturbinen,
wird deutlich, dass, während sich eine Wirt- Bedürfnis der heutigen Gesellschaft. Sie liegt Brennstoffzellen in Gebäuden, Solarzellen
schaft von einer Agrarwirtschaft über die Indus- fast allem zugrunde, was wir heute tun. Histo- oder kleinen Gasturbinen, wären alle mitein-
trialisierung zur Konsumgesellschaft wandelt, risch wurde Strom erzeugt, um das Wachstum ander verbunden. Dieser systemübergreifende
der Energieverbrauch gleichermaßen steigt. von kleinen und großen Industrien zu fördern, Ansatz erhöht zum einen die Versorgungs-
Dabei scheint es ein Niveau zu geben, auf dem die in der Nähe von Energiequellen lagen. Mit sicherheit und reduziert zum anderen die Anfäl-
sich eine Gesellschaft »optimiert«, d. h. das der Zeit übertraf der Energiedurst der Gesell- ligkeit der Stromversorgung dadurch, dass der
Bruttoinlandsprodukts steigt bei gleichem Ener- schaft die Kapazität der nahen Quellen. Des- Erzeuger wesentlich näher am Verbraucher
gieverbrauch. Ich glaube allerdings, dass es wegen entstanden große Kraftwerke, die näher und Endnutzer liegt. Zusätzlich ergibt sich bei
vielmehr eine Verschiebung des Energiever-
brauchs von einer Nation zur anderen gegeben Blockinseln Reglobalisierung
hat, d. h. ein Staat importiert den Großteil der • Volkswirtschaften erholen sich mit unterschied- + • Iran und USA melden neue Handelsabkommen
Waren aus einem anderen. Ein klassisches Bei- lichen Geschwindigkeiten • Vereinte Nationen umstrukturiert und wiederbe-
• vermehrtes Entstehen regionaler Wirtschafts- lebt, neue Mitglieder im Sicherheitsrat
spiel dafür sind die USA: Durch die Importe und Handelsblöcke • Terrorismus und geopolitische Instabilität ein-
wird quasi ein Teil des Energieverbrauchs • politische Initiativen fördern örtliches / regio- gedämmt
quasi nach China verlagert. nales Wachstum • boomende Weltwirtschaft
Zwei weitere Aspekte müssen hinsichtlich der • ideologische Unterschiede steuern globale • Macht und Einfluss der Welthandelsorganisa-
Dynamik tion WTO wächst
Grafik kritisch betrachtet werden: Der erste • langsame, aber stetige Inflation
• Arbeitsmarktreformen beeinflussen Wachstum
ist, dass die Nation, die den größten Pro-Kopf- und Beschäftigung • offene Volkswirtschaften treiben globale Dyna-
Energieverbrauch aufweist, gleichzeitig fast • technologischer Fortschritt und Produktivitäts- mik an
alle eigenen Energieressourcen verbraucht hat. zuwachs als starke Motoren für den Wirt-
Der zweite ist, dass die zwei bevölkerungs- schaftsaufschwung
Wirtschaftswachstum

reichsten Nationen der Welt, China und Indien,


das niedrigste Bruttoinlandsprodukt und den
niedrigsten Energieverbrauch pro Kopf haben. Global Governance Ordnung
Chaos
Diese beiden hoch bevölkerten Nationen stre-
ben derzeit danach, auf der Leiter nach oben
zu steigen. Wenn jeder Chinese ein Auto fahren
würde, wären die derzeit bekannten Weltöl- Szenario des Scheiterns Globaler Jojo-Effekt
reserven innerhalb eines halben Jahres • L-förmiger Verlauf der Weltwirtschaft, d. h. die • W-förmiger Konjunkturverlauf, d. h. Phasen des
erschöpft. Konjunktur erreicht eine Talsohle und dümpelt konjunkturellen Aufschwungs im Wechsel mit
ohne Wachstum vor sich hin Abschwungphasen
Verkehrsstaus sind heutzutage in jeder Stadt, in • steigende Tendenzen in Richtung Isolationis- • Regierungen und Wirtschaft arbeiten eng
jedem Land gegenwärtig (Abb. A 1.2). Die Ver- mus und Protektionismus zusammen
stopfung der Hauptverkehrsadern, der wirkli- • Länder wie die Schweiz und Japan stehen • Finanzkrisen und Terroranschläge bremsen
chen Wirtschaftsmotoren, die das Entwicklungs- Modell für eine steigende Anzahl von Volkswirt- Wirtschaftsaufschwünge
schaften • Volkswirtschaften leiden unter aufgeblähten
potenzial durch jede zeitgenössische Gesell-
• Konsumklima sinkt auf neuen Tiefstand öffentlichen Sektoren
schaft pumpen, könnte die Funktionsfähigkeit • Wiederverstaatlichung von Versorgungsunter- • höheres Risiko eines systemischen Schocks
unserer Gesellschaft drastisch einschränken. nehmen seitens der Regierungen des globalen Finanzsystems mit steigenden
Irgendwann wird diese Verstopfung, diese • Vereinte Nationen / Welthandelsorganisation - Risikoprämien
Blockade einen kritischen Punkt erreichen. WTO im Zerfall begriffen
A 1.4

12
Globaler Wandel

A 1.3 »Wohlstandsleiter«: Verhältnis von Energiever-


brauch und Bruttoinlandsprodukt verschiedener
Länder im Zeitraum von 1970 bis 1997
A 1.4 globale Zukunftsmodelle bis 2026
A 1.5 Phoenix (USA) bei Nacht – die Stadt als
Ballungszentrum
A 1.5
dieser Methode der Vorteil, aus dem großen sein [10]. 2030 werden ca. 60 % der Weltbe- und nicht erneuerbarer – Ressourcen könnten
Potenzial erneuerbarer Energien schöpfen zu völkerung in Städten leben. Was für eine Art zu einem signifikanten globalen Problem heran-
können. Wachstum wird das sein? Ist es möglich, ein wachsen, einem Dilemma von desaströsen
Abb. A 1.1 zeigt die Sonne, die über einem Stadtzentrum CO2-neutral zu machen? Ist es Ausmaßen. Wir können nur hoffen, dass das
Kraftwerk im Stadtteil Soweto in Johannesburg möglich, dass neue Städte pflanzenfreundli- globale Bewusstsein bezüglich der Zerbrech-
aufgeht. Da es zur Zeit der Apartheit gebaut cher sind? Ist es möglich, dass eine Millionen- lichkeit unseres Planeten wächst. Wir scheinen
wurde, versorgte es ursprünglich nur eine klei- stadt komplett mit dem »One-Planet«-Prinzip an einem kritischen und ernüchternden Punkt
ne Bevölkerungsschicht mit Energie – unter funktioniert [11]? Unsere Zukunft richtet sich der Geschichte angekommen zu sein. Trotz
Ausschluss all derer, die direkt im Viertel leben. danach, wie wir das Wachstum unserer Städte aller Rückschritte und Fehler ist nicht alles ver-
Das Kraftwerk stellte die Zentralisierung von steuern und die entstehenden Probleme lösen. loren. Es ist immer noch Zeit für korrektive Maß-
Energie und Macht auf vielen Ebenen dar. Es ist Zeit, dass die Gesundheit unserer Städte nahmen. Wir als Individuen in einer »glokali-
Heute, in einem politisch gewandelten und an die Spitze der globalen politischen Agenda sierten« Gesellschaft müssen auf die Vorzei-
demokratischen Südafrika, erzeugt es Energie rückt. Wir müssen sicherstellen, dass wir uns chen achten und können so vermeiden, in eine
für die gesamte Bevölkerung. Darüber hinaus der Grenzen unseres Wachstums bewusst sind Abwärtsspirale zu geraten. Wie unsere Zukunft
zeigt das Bild – vielleicht noch bedeutsamer – und dass wir unser Bestes tun, uns innerhalb aussieht und in welcher gebauten Umgebung
die wichtigste Energiequelle, die es gibt: die dieser Grenzen zu entwickeln. Das ist der ein- wir und die künftigen Generationen sie erleben,
Sonne. Können wir uns vorstellen, dass alle zig nachhaltige Weg. hängt in vielererlei Hinsicht von unseren Ent-
Energie, die von ihr erzeugt wird, erneuerbare Während wir in die Zukunft blicken, dürfen wir scheidungen ab. Sie wird nicht ultimativ von
Energie ist? Was passiert, wenn die Politik des nicht die vielen tausend Jahre Geschichte ver- Technologie und Wirtschaft abhängen, sondern
Erdöls nicht länger die Beziehungen zwischen gessen. Ein Fernsehspot des amerikanischen davon, was wir – die Menschen – entscheiden.
den Nationen bestimmt? Können wir uns vor- Automobilherstellers Studebaker aus dem mitt- Mitten in der Ungewissheit bezüglich der vor
stellen, dass wir nicht länger von Engpässen leren Westen von 1905 warb für den Motortyp uns liegenden Zeiten ist eine Sache sicher: Die
sprechen, weil die Erzeugung erneuerbarer der »pferdelosen Kutsche«. Das Auto konnte Zukunft, die wir für unsere Nachkommen hinter-
Energien so effizient geworden ist? Können mit einem Elektromotor für Stadtfahrten oder lassen, wird durch uns bestimmt sein – ob wir
wir uns vorstellen, dass jedes Gebäude so viel einem Benzinmotor für Überlandreisen ausge- uns der Herausforderung stellen oder nicht.
Energie erzeugt, dass es auch die Energie, stattet werden. Es scheint, den Herstellern war
die für seinen Bau benötigt wird, zurückzahlt? schon damals bewusst, dass bestimmte Kraft-
stoffe für bestimmte Reisemuster geeigneter Anmerkungen:
Urbanisierung sind. Sie boten Hybridfahrzeuge an, 100 Jahre [1] Arup wurde 1946 in London gegründet und ist heute
mit über 80 Büros und ca. 9000 Mitarbeitern weltweit
Zurzeit erleben wir den Wandel in ein Zeitalter, bevor die Gesellschaft erkannte, dass sie nicht eine der größten Ingenieurgesellschaften. Die Firma
in dem weltweit mehr Menschen in Städten nur eine Möglichkeit darstellen, sondern not- übernimmt multidisziplinäre Planungsleistungen in
leben als auf dem Land. Trotzdem nehmen wendig sind. Dies ist nur ein Beispiel, wie wir allen Bereichen des Hoch-, Tief- und Ingenieurbaus.
Städte weniger als 2 % der Landfläche der Erde aus der Vergangenheit lernen und uns die [2] www.driversofchange.com
[3] STEEP steht für »social, technological, economic,
ein. Die Stadtbevölkerung wächst pro Tag um gewonnenen Erkenntnisse zunutze machen
environmental and political domains«.
180 000 Menschen. Die größten Zuwächse sind können. Ein amerikanischer Bundesrichter [4] Global Governance: konzeptioneller Ansatz, die Fra-
in den weniger entwickelten Ländern zu ver- namens Oliver Wendell Holmes sagte: »Hun- gen der politischen Beherrschbarkeit von Weltpro-
zeichnen, für die bis 2020 ein Städtewachstum dert Jahre nachdem wir fort und vergessen blemen und der Globalisierungstendenzen, mit der
um 50 % vorhergesagt wird [9]. Während mehr sind, werden diejenigen, die niemals von uns sich die Weltpolitik konfrontiert sieht, zu beantworten
[5] The Source vom 5. Februar 2007
und mehr Menschen die Stadtgebiete füllen, gehört haben, mit den Folgen unseres Handels [6] »Glokal« ist eine Kombination aus den Wörtern glo-
die Zersiedelung fruchtbares Land vernichtet leben (...).« Es wäre gut, wenn wir uns an die- bal und lokal.
und gleichzeitig den gesteigerten Konsum von sen vorhersehenden Satz erinnern würden. Die [7] Das Durchschnittsalter bei qualifizierten Arbeitneh-
nicht erneuerbaren Ressourcen fördert, müssen Entscheidungen, die wir jeden Tag treffen – als mern im Fachgewerbe in den USA ist laut der Natio-
nal Education Association 48 Jahre. Dem »Enginee-
wir uns fragen: Wo führt dieser Weg hin? Wie Gestalter der gebauten Umgebung – bestim-
ring UK 2006«-Report zufolge beträgt der Alters-
werden diese Städte aussehen? Wie werden sie men nicht nur unsere heutigen Wohnorte, son- durchschnitt bei Ingenieuren 55 Jahre.
beispielsweise mit Nahrungsmitteln versorgt? dern beeinflussen unsere Umwelt für immer. [8] United Nations Population Information Network
Wenn es 2015 weltweit wahrscheinlich 23 Groß- [9] ebd.
städte mit über 10 Millionen Einwohnern gibt, Hoffnungsvolle Entwicklungen [10] United Nations Population Division
[11] One-Planet-Prinzip: Jedem Bewohner einer Stadt
von denen 19 in weniger entwickelten Ländern Bevölkerungsverschiebungen, wachsender stehen, anteilig berechnet, eine bestimmte globale
liegen, werden wir mit beachtlichen Stadtpla- Mangel sowie der mutwillige Verbrauch frucht- Fläche und eine bestimmte Anzahl an Ressourcen
nungs- und Infrastrukturproblemen konfrontiert baren Landes und natürlicher – erneuerbarer zur Verfügung.

13
Energiewende

Hermann Scheer

A 2.1
Der Begriff Energiewende wird zunehmend und Erdatmosphäre. Erneuerbare Energien
öffentlich kontrovers diskutiert. Dabei ist er sind dagegen prinzipiell frei von solchen
nicht ganz eindeutig. Was an der gegenwär- Folgen nutzbar. Daraus ergibt sich das über
tigen Energieversorgung soll nun gewendet das Klimaschutzmotiv hinausgehende gene-
werden und in welche Richtung? Geht es um relle Motiv des Umweltschutzes. Selbst wenn
neue Energiequellen oder nur um den spar- es das Klimaproblem nicht gäbe, würden
samen und effizienten Einsatz der gegenwärtig immer noch massive ökologische Gründe
genutzten Energieträger? Um mehr internatio- für die Energiewende sprechen.
nal einheitliche oder dezentralisierte Energie- • Die fossilen Energien sind erschöpflich, wes-
strukturen, um mehr Wettbewerb oder eine halb ihre fortgesetzte Nutzung unweigerlich
ökologischere bzw. nachhaltigere Energie- zu steigenden Kosten sowie zu Versorgungs-
versorgung? engpässen und -notständen führt. Allein die
Gewöhnlich wird der Begriff Energiewende unerschöpfliche erneuerbare Energie eröffnet
zwar mit dem der Nachhaltigkeit assoziiert, allen Menschen eine dauerhaft gewährleiste-
aber auch das macht ihn kaum fassbarer. Mitt- te Energieversorgung. Daraus ergibt sich
lerweile wird nämlich selbst die atomare und das Motiv einer permanenten und gesicher-
fossile Energienutzung von ihren Anbietern ten Verfügbarkeit.
schon als nachhaltig etikettiert, wenn sie nur • Die atomaren und fossilen Energiereserven
etwas sicherer oder effizienter erfolgt. Doch liegen in relativ wenigen Förderregionen der
Energieträger, deren Primärressourcen nur Erde, sodass für deren Nutzung lange inter-
begrenzt zur Verfügung stehen – was für Erdöl, nationale Bereitstellungsketten erforderlich
Erdgas, Kohle wie Uranerze gilt – und die von sind (Abb. A 2.2). Dies bedingt unvermeid-
der Förderung bis zur Umwandlung und Nut- lich einen hohen infrastrukturellen Aufwand,
zung schwerwiegende Umweltschäden und führt zu wachsenden existenziellen Abhän-
Rückstände hinterlassen, rechtfertigen keine gigkeiten und provoziert wirtschaftliche, po-
Etikettierung als nachhaltig. Energiewende litische und kriegerische Konflikte. Erneuer-
bedeutet deshalb Energiewechsel, d. h. die bare Energien hingegen sind in verschiede-
Ablösung atomarer und fossiler Energieträger ner Form als natürliche Umgebungsenergie
durch erneuerbare. Allein diese sind nachhaltig, überall verfügbar und können mit technischer
weil unerschöpflich und – mit Ausnahme der Hilfe gewonnen werden – mit wesentlich
Bioenergie – emissionsfrei gewinn- und nutzbar. geringerem Infrastrukturbedarf. Daraus er-
geben sich für erneuerbare Energien Motive
Sonne oder Atomkraft – der Grundkonflikt des wie volkswirtschaftliche Effizienz, politische
21. Jahrhunderts Unabhängigkeit und Friedenssicherung.
Mit einer überwiegend noch zögerlichen Ein- • Die fossilen und atomaren Energien werden
stellung zu erneuerbaren Energien bleibt die aufgrund der genannten Rahmenbedingun-
Welt derzeit weit unter den gegebenen Mög- gen immer teurer, bezüglich ihrer direkten
lichkeiten und Notwendigkeiten. Dagegen lebt sowie indirekten Kosten. Die erneuerbaren
sie mit atomaren und fossilen Energien weit Energien werden dagegen – schon deshalb,
über ihre Verhältnisse. Das breite Spektrum weil für sie (mit Ausnahme der Bioenergie)
von Gründen für einen Wechsel zu erneuerba- keine Brennstoffkosten anfallen – im Zuge
ren Energien lässt sich aus den vier folgenden ihrer laufenden technologischen Verbesse-
elementaren Unterschieden zwischen atoma- rungen, industrieller Massenproduktion und
ren und fossilen Energien einerseits und erneu- intelligenter neuer Anwendungsformen immer
erbaren andererseits herleiten: billiger. Daraus ergeben sich soziale und
wirtschaftsstrategische Motive.
• Der Einsatz von atomaren und fossilen Ener-
A 2.1 solarthermische Stromerzeugung bei Alice
Springs (AUS)
gien bedingt massive Umwelteingriffe mit Beim Thema Energiewende geht es also um
A 2.2 Vergleich von Energiebereitstellungsketten für erdtektonischen Folgen schon bei der Förde- erneuerbare Energien – das überwältigend
die Stromerzeugung rung bis hin zu Emissionen in Gewässer, Luft große und unerschöpfliche Energiepotenzial,

14
Energiewende

das aber immer noch unterschätzt wird. Der Diese Fragen nach den Akteuren und den jeweiligen Quellenangebote – aus dem unter-
zentrale Grund hierfür ist, dass erneuerbare Handlungsfeldern für und gegen erneuerbare schiedlichen und laufend verbesserungsfähi-
Energiequellen nur partiell in die bisherigen Energien müssen beantwortet werden, um gen technischen und damit wirtschaftlichen
technischen und wirtschaftlichen Strukturen erkennbar zu machen, wie der Energiewechsel Aufwand, mit dem Energie gewonnen werden
der Energiebereitstellung passen. Mit anderen beschleunigt werden kann. kann. Weil erneuerbare Energien überall in der
Worten: Sie sind großenteils nicht kompatibel Umwelt angeboten werden, besteht die seit der
mit dem eingespielten Energiesystem, daher Genug Energie für alle – das umfassende Potenzial industriellen Revolution zunehmend übersehe-
werden sie als Fremdkörper betrachtet und erneuerbarer Energien ne und deshalb heute ungeahnte Möglichkeit,
dementsprechend abgewertet. Sie bringen Die strukturelle Vielfalt der erneuerbaren Ener- sie an derselben Stelle, zumindest aber in der-
die Kalkulationsgrößen der überkommenen gien macht es Energiepolitikern, die seit Jahr- selben Region, wo sie auch gebraucht wird,
Energiewirtschaft durcheinander – und damit zehnten an die Strukturen fossilen Energie- zu ernten bzw. einzufangen und anschließend
das gewohnte Energiedenken. verbrauchs gewöhnt sind, so schwer, sich in direkt zu nutzen oder umzuwandeln. Das
Was aber hält diejenigen, die nicht direkt oder das Potenzial erneuerbarer Energien hineinzu- bedeutet, dass für die Bedarfsdeckung durch
indirekt in das überkommene Energiesystem denken: Wer dessen wirtschaftliche und tech- erneuerbare Energien eine wesentlich kürzere
involviert sind, davon ab, den Wechsel zu nische, kulturelle und politische Chancen Energiekette – oder auch gar keine – erforder-
erneuerbaren Energien konsequent und mit erkennen will, kann und darf nicht mehr ledig- lich ist. Dadurch kann, wiederum mit moderner
der nötigen Konfliktbereitschaft zu forcieren? lich einzelne Energieleistungen miteinander Technik, eine regionale bzw. lokale Selbstver-
Warum gibt es bisher keine politischen Initia- vergleichen. Jeder isolierte kalkulatorische sorgung an die Stelle globaler Abhängigkeit
tiven, die die erneuerbaren Energien auch Kostenvergleich mit den fossilen Energieträ- von fossilen Energiequellen treten – eine Chan-
wirtschaftlich ambitioniert und konkret als gern versperrt den Blick auf die Bandbreite der ce zu neuen politischen, wirtschaftlichen und
Zukunftsprojekt vorantreiben, wie es für den Nutzungsmöglichkeiten erneuerbarer Energien. kulturellen Freiheiten.
Bau von Eisenbahnen, die Raumfahrt, die Entscheidend ist der Vergleich der jeweiligen Die Spielräume erweitern sich noch durch die
Atomtechnologie und erst jüngst die Informa- gesamten Energieversorgungsketten, der die Möglichkeit der Substituierung fossiler Rohstof-
tionstechnologie möglich ist? Warum gibt es konstanten und die variablen Faktoren einbe- fe durch regenerative. Diese ermöglichen die
immer noch keine europäischen oder interna- zieht. Der konstante Faktor ist jeweils die Quel- Kultivierung einer eigenen Rohstoffbasis in
tionalen Institutionen für erneuerbare Energien, le, wobei die Quellen bei den erneuerbaren Gegenden, in denen die dafür jeweils erforder-
wie es die Internationale Agentur für Atom- Energien nicht nur wesentlich vielfältiger, son- lichen Anbau- und Klimabedingungen vorhan-
energie (IAEA) oder die European Space dern auch breit gestreut sind. Die variablen den sind (Abb. A 2.1). Zumindest wird dadurch
Agency (ESA) in ihrem Sektor darstellen? Faktoren ergeben sich – in den Grenzen der die Rohstoffbasis auf wesentlich mehr Länder

Photovoltaik Windkraft Biomasse Erdöl Steinkohle Atomenergie

Anbau Ölförderung Bergbau Uranabbau

Transport

Ernte Veredelung Umwandlung Uranerz

Nahtransport Transport Transport Transport

Pressung Urananreicherung
Raffinerien
Gasifizierung
Speicherung
Pelletierung

Verwertung der Entsorgung ange-


Rückstände reichertes Uran

Transport Transport Transport

Tankstellen Tankstellen,
Ölhändler

Photovoltaikanlage Windkraftanlage Biomassekraftwerk Ölkraftwerk Kohlekraftwerk Atomkraftwerk

Entsorgung der Zwischenlagerung


Endverbrauch Endverbrauch
Kraftwerksrück- Endlagerung
im Inselbetrieb im Inselbetrieb
stände Wiederaufbereitung

Stromtransport Stromtransport Stromtransport


(Hochspannungsebene) (Hochspannungsebene) (Hochspannungsebene)

Stromtransport Stromtransport Stromtransport Stromtransport Stromtransport


(Mittelspannungsebene) (Mittelspannungsebene) (Mittelspannungsebene) (Mittelspannungsebene) (Mittelspannungsebene)

Verteilung Verteilung Verteilung


(Niederspannungs- (Niederspannungs- (Niederspannungs-
Verteilung Verteilung Verteilung ebene) ebene) ebene)
A 2.2

15
Energiewende

Wärme und Strom aus Biomasse für atomare / fossile


erneuerbaren Energien Energie und Energieversorgung
mit Energiespeichern Rohstoffe
Förderung von Energie – • °
Energieaufbereitung – • °
Energiespeicherung • • ° A 2.3 gleichmäßige regionale Streuung von Wirtschafts-
Energieverteilung • • •
aktivitäten im Vergleich von solarer und nicht sola-
Installation von Energieumwandlungsanlagen • • ° rer Ressourcennutzung
Betrieb von Energieumwandlungsanlagen • • A 2.4 Vermeidbarkeit von Konzentration und Monopo-
° lisierung bei Energieträgern
Wartung von Energieumwandlungsanlagen • • ° A 2.5 Pipeline in Alaska (USA)
Konzipierung von Energieangebotssystemen • • ° A 2.6 theoretisches Potenzial der jährlichen Sonnenein-
kommunale bzw. regionale Steuereinnahmen • • strahlung auf die Erde im Vergleich zum weltweit
° jährlichen Energieverbrauch sowie den fossilen
regionale Kreditgewerbe • • ° und atomaren Rohstoffreserven
• regionale Streuung möglich
° regionale Streuung nicht möglich
– entfällt
A 2.3
erweitert; umfassende Verschiebungen indus- Konzentration wird vielfältige Dezentralisie- deren Anwendungsmöglichkeiten und der
trieller Standorte können die Folge sein sowie rung – bedingt durch die Technologie und Bereitschaft zu kreativem praktischen Mitden-
Veränderungen der Welthandelsströme und die Soziologie erneuerbarer Energien (Abb. ken lässt sich plausibel darlegen, dass es
eine neue, differenziertere Arbeitsteilung in der A 2.3 und 4). durchaus möglich ist, herkömmliche Energien
Weltwirtschaft. Diejenigen, die das für utopisch halten, seien durch erneuerbare zu ersetzen.
Das alles ist gleichzeitig der größte Schritt zu an die Entwicklung der Informationstechnolo-
mehr Energieeffizienz, denn die hohen Energie- gien erinnert. Bis in die 1980er-Jahre hinein Beispiel Strom
verluste bei der Förderung, der Aufbereitung entstanden zunächst nur Großrechner in ent- Nach Angabe der Internationalen Energie-
und dem Transport fossiler und atomarer sprechenden Rechenzentren. Doch die Ent- Agentur lag der jährliche kommerzielle Strom-
Primärenergie werden dann drastisch redu- wicklung der Mikrotechnologien führte zur radi- verbrauch z. B. 2001 weltweit bei 15,5 Billionen
ziert. Der Schwerpunkt energiewirtschaftlicher kal dezentralisierten und sogar indivualisierten kWh. Um diese Strommenge ausschließlich
Investitionen verlagert sich von der Energie- Computereinführung, die allerdings Festnetze durch Windkraft bereitzustellen, müssten – aus-
lieferung auf die Bereitstellung der Anlagen- und Nachrichtensatelliten braucht. Für die gehend von 5-MW-Anlagen, die unter mittleren
technik zum regionalen und lokalen Einsam- direkte Nutzung der Solarstrahlung zur Strom- Windgeschwindigkeiten 12 Millionen kWh im
meln und Umwandeln der erneuerbaren erzeugung und der Solarwärme für die Gebäu- Jahr erzeugen – weltweit 1,25 Millionen Wind-
Energien. deheizung benötigt man nicht einmal das zwin- kraftanlagen auf der Erde aufgestellt sein. Um
gend. Das Solarhaus und die Solarsiedlung dieselbe Strommenge mit Photovoltaikanlagen
Dezentralisierte Strukturen sind auf keinen kommerziellen Energielieferan- zu erzeugen, müssten – setzt man eine Pro-
Eine Solaranlage ist Energieernte- und Um- ten mehr angeweisen. Sie werden zum Solar- duktionsleistung von 75 kWh Strom pro m2
wandlungsanlage zugleich. Somit wird für kollektor, sowohl für den Strom- wie für den Solarzellenfläche und Jahr an (was ein relativ
Gebäude, Siedlungen, Städte und Regionen Heizungsbedarf. Nach der Amortisation der geringer Wert unter deutschen Einstrahlungs-
eine autonome Energiebereitstellung möglich. hierfür notwendigen Technik ist die genutzte bedingungen ist) – weltweit rund 210 000 km2
Entweder ist gar kein Verteilungsaufwand Energie kostenfrei. Je energieeffizienter gebaut Solarzellen installiert werden. Das ist deutlich
mehr nötig oder einer mit kurzen Wegen. Aus worden ist, desto kostengünstiger ist der Weg weniger als die allein in der EU überbaute Flä-
nur wenigen Fremdanbietern in Form der zu erneuerbaren Energien. che, in die Solarzellen vielfältig integriert wer-
Energiekonzerne werden zahlreiche Selbst- den könnten. Bei solarthermischen Kraftwerken
versorger und viele lokale bzw. regionale Die Möglichkeit des vollständigen Energiewechsels müssten es – gemessen daran, dass pro Hekt-
Versorger. Damit verändern sich die Eigen- Anhand des – quantitativ alle herkömmlichen ar Kollektorfläche etwa 10 Millionen kWh produ-
tumsverhältnisse für Energieanlagen radikal: Energiequellen weit übertreffenden – natürli- ziert werden – weltweit 155 000 km2 Kollektor-
Aus scheinbar unumkehrbar monopolisierter chen Potenzials der verfügbaren Technologien, fläche sein.

Atomenergie Kohle / Gas Biomasse Photo- Windkraft Kleinwasser- Solarwärme Großwasser- solarer solarer
Erdöl voltaik kraft kraft / solarth. Wasserstoff Wasserstoff
Kraftwerke (großtechn.) (kleintechn.)

Primärenergieangebot ° ° • – – – – – – –

Primärenergiehandel ° ° • – – – – – – –

Energieaufbereitung ° ° • – – – – – ° •

Herstellung von
° ° ° ° ° ° • ° ° °
Umwandlungstechniken
Umwandlung in
° ° • • • • – ° • •
Kraftwerken
Stromtransport /
° ° • • • • – ° ° •
Sekundärenergiehandel
Finanzierung der
° ° • • • • • ° ° •
Kraftwerke

° Konzentrations- und Monopolisierungsprozesse sind vorprogrammiert (außer bei Kraft-Wärme-Koppelungsanlagen).


• Konzentrations- und Monopolisierungsprozesse sind technisch wie politisch vermeidbar oder unmöglich.
– entfällt
A 2.4

16
Energiewende

jährliche Sonneneinstrahlung auf die Erde

Erdöl

Erdgas

Kohle

Uran
weltweiter jährlicher Energieverbrauch
A 2.5 A 2.6
Beispiel Heizwärme Bedingungen und natürlichen Angeboten; bauten, Fertighäuser, Schulen, Gemeinde-
Um den gegenwärtigen Wärmeenergiebedarf von der jeweiligen Entwicklungsreife der Tech- oder Bürogebäude, sogar Produktionsstätten
der Weltbevölkerung durch Sonnenwärme zu niken, ihrem Industrialisierungsgrad und ihrer decken ihren gesamten Energiebedarf –
befriedigen, würden – gemessen am Ver- Kostenentwicklung; von der Aufgeschlossen- Strom und Wärme – autonom mit erneuer-
brauch 2001 in Höhe von 3,34 Billionen kWh – heit der Wirtschaftsunternehmen und nicht baren Energien, und einige produzieren als
15 000 km2 Solarkollektoren reichen, berech- zuletzt von politischen Konzepten und dem Plus-Energie-Haus sogar Überschüsse. Ihre
net auf der Basis von nur 225 kWh Solarwär- öffentlichen Bewusstsein – also von sozialen Eigentümer gehören überwiegend zu den
meleistung pro m2 Kollektorfläche. Faktoren. Die Uniformität der Energieversor- Durchschnittsverdienern. Stellen wir uns vor,
gungsstrukturen und des Energieverbrauchs, dass immer mehr Hausbesitzer in dieser
Diese Hochrechnungen zeigen nur einzelne die sich auf der Basis der fossilen Energien Weise umdenken, und schließlich alle – weil
Optionen erneuerbarer Energien auf. Schon herausgebildet haben, werden der Vergangen- es zur sozialen Selbstverständlichkeit wird.
das Strombeispiel macht deutlich, dass heit angehören. Jedes Land, jede Region wird Die Menschen wären die Sorgen wegen stei-
der weltweite Bedarf mit jeder der drei auf- eine spezifische und dabei vielfältige Energie- gender Energiepreise los, die Stadtluft wäre
geführten Optionen gedeckt wäre. Dass basis bekommen. Die Weltenergieversorgung sauberer, die Zahl der Kranken würde sinken.
das natürliche Energiepotenzial noch weit mit erneuerbaren Energien wird eine »multikul- Verändert wäre das Stadtbild, vor allem die
umfangreichere technische Aktivierungen turelle« sein. Dachlandschaften, denn statt stumpf wirken-
ermöglicht, ergibt sich aus der Tatsache, Natürlich sind vielerlei einzelne Anstrengungen der Dachziegel gäbe es viele kristallblaue
dass die Sonne mit ihren Derivaten Wind, nötig, wie z. B. das deutsche Erneuerbare-Ener- und andersfarbige Solaranlagen. Immerhin
Wellen, Wasser und Biomasse dem Erdball gien-Gesetz (EEG), um diese Vision zu realisie- geht es hier – Strom-, Wärme- und Kühlungs-
täglich 15 000-mal mehr Energie liefert, als wir ren. Aber diese Anforderungen sind nicht kom- bedarf in Gebäuden zusammengenommen –
derzeit in Form von atomaren und fossilen plizierter und aufwendiger als die Entwicklung um einen wesentlichen Teil der Problem-
Energien verbrauchen (Abb. A 2.6). Es gibt und Produktion der Satelliten-, Luftfahrt-, Kom- lösung.
also weder ein mangelndes Energiepotenzial munikations-, Medizin- oder Waffentechnik – Die solare Umrüstung des Gebäudebestands
noch eine durch die Technik gesetzte Grenze. und mit Abstand weniger komplex als die und solare Neubauten sind der »goldene
Denn es geht bei dem erforderlichen Produk- Atomtechnik. Die Behauptung, es sei nicht Boden« für Bauhandwerk, Architektur und Bau-
tionsvolumen für Anlagen um Produktions- möglich mit erneuerbaren Energien zu einer wesen. Der Durchbruch in der Bauwirtschaft
leistungen, die in anderen Industriesektoren umfassenden Energieversorgung zu kommen, kommt mit der Auftragsmenge und mit dem
seit Langem üblich sind. Auch hier kann und diskreditiert viele Berufssparten, wie die der Paradigmenwechsel bei Architekten.
wird künftig erneuerbare Energie eingesetzt Physiker, Chemiker, Ingenieure, Architekten, Immer mehr Bürger werden die individuellen
werden. und deren kreatives Potenzial. und sozialen Vorteile dieser Entwicklung erken-
Worin soll also das prinzipielle Hindernis nen und sich daran orientieren. Da Strom-,
bestehen? Die vorgestellten Hochrechnungen Chancen für die Bauwirtschaft Wärme- und Kühlbedarf in Gebäuden etwa die
dienen allein der Öffnung der Gedanken. Mit Die Bauwirtschaft, einschließlich Bauindustrie Hälfte des Gesamtenergiebedarfs der Gesell-
jedem Schritt näherer und differenzierterer und -handwerk, könnte neben der Landwirt- schaft ausmachen, ist diese Umorientierung
Betrachtung des natürlichen und technischen schaft den größten Aufschwung mit der Ener- der wichtigste Faktor der Energiewende, eines
Anwendungspotenzials wird die praktische giewende erleben, wenn sie die Chancen grundlegenden Systemwechsels. Dieser ist
Attraktivität erneuerbarer Energien größer. des solaren Bauens für sich nutzt. Zahlreiche unaufhaltbar. Die einzig offene Frage ist, wie
Schon die Bandbreite der hier vorgestellten neue Baumaterialien und Bauweisen – vom lange wir zur praktischen Neuorientierung
Möglichkeiten zeigt, dass eine weltweite Ener- wärmedämmenden und zugleich strompro- brauchen. Kein Zweifel besteht mehr daran,
gieversorgung allein mit erneuerbaren Ener- duzierenden Glas bis hin zu energiesparenden dass wir aufgrund der sich zuspitzenden Ener-
gien, auch bei wachsendem Energiebedarf in Holzkonstruktionen – könnten dabei zum Ein- gie- und Umweltkrisen keine Zeit mehr verlieren
Entwicklungsländern, bereits heute realisier- satz kommen. Jedes Gebäude muss, um die dürfen. Die Neuorientierung ist kein technolo-
bar ist. Die Mischungsverhältnisse sind von kostenlose Sonnenenergie für Wärme- und gisches Problem mehr und auch – wenn wir
Land zu Land, Region zu Region, Gemeinde Kühlzwecke optimal nutzen zu können, auf richtig rechnen – kein wirtschaftliches. Es ist
zu Gemeinde, Haus zu Haus unterschiedlich. eine der Topografie und den bioklimatischen ein politisches und ein kulturelles, denn die
Welche Mischung realisiert wird, ist von vielen örtlichen Bedingungen angepasste Weise Beschleunigungsfaktoren sind die Politik und
einzelnen Faktoren abhängig: von Energie- ausgerichtet werden – jeweils als ein Solar- diejenigen gesellschaftlichen Akteure, die sich
einspareffekten, die parallel zur Ausbreitung konzept für sich. in ihrem Gestaltungsrahmen für diesen Ener-
erneuerbarer Energien den Energiebedarf Zahllose Beispiele aus der Praxis zeigen, dass giewechsel entscheiden – im Eigen- und im
senken; von den jeweiligen geografischen dies möglich ist: Wohnhäuser etwa, auch Alt- Gesamtinteresse.

17
Architektur und Nach-
haltigkeit – eine schwierige
Beziehung

Robert Kaltenbrunner

A 3.1
Vermutlich denkt man nicht zuerst an Einstein, derzeit stärker Bezug auf das einzelne Ge-
wenn von nachhaltiger Architektur die Rede ist. bäude als auf den Siedlungszusammenhang
Und doch bieten seine Erkenntnisse einen so genommen. Nachhaltigkeit funktioniert eben
ungewöhnlichen wie notwendigen Zugang zu nicht wie die Automobilindustrie, die permanent
diesem Thema. Die klassische Physik kennt den »neuesten Stand« der Fortentwicklung
die drei Kerngebiete Mechanik, Elektrodynamik aller Systeme verkündet.
und Thermodynamik, die heute noch so be-
stehen. Allerdings hatten diese sich seit Mitte Die Gewichtung der Betrachtungsebenen
des 19. Jahrhunderts in ihrer gegenseitigen Mögen klare Kriterien und halbwegs messbare
Beziehung langsam wie Kontinentalplatten ver- Indikatoren von Nachhaltigkeit auf der konkre-
schoben. Die eigentliche Leistung Albert Ein- ten Gebäudeebene noch benennbar sein, so
steins liegt darin, dass er erkannte, was alle wird man kaum behaupten können, dass es
anderen übersahen: An den Faltungszonen aus Sicht von Städtebau und Stadtökologie
zwischen den begrifflichen Kontinenten häuften bereits einen tragfähigen Ansatz zur Bestim-
sich Grenzprobleme, die den Bewohnern der mung und Realisierung einer optimalen Rela-
einzelnen Kontinente jeweils nur als randstän- tion aus Dichte, Stadtgröße, Umwelt- und
dig erschienen. Erst aus einer nichtspezialisier- Lebensqualität gibt. Schon die Frage nach Art
ten Perspektive offenbarten sie sich in ihrer und Lage des Grundstücks kann die Parameter
ganzen Brisanz und wurden schließlich zu den für ein nachhaltiges Bauprojekt entscheidend
Ausgangspunkten von Einsteins wissenschaft- verändern. Beispielsweise führen die einzel-
licher Revolution. wirtschaftlichen Standortentscheidungen von
Solche »Grenzüberschreitungen« braucht es Haushalten und Betrieben in Richtung Stadt-
auch heute. Zwar hat das Umweltbewusstsein umland in der Summe zu erheblichen unge-
mittlerweile einen festen Platz im gesellschaft- deckten Folgekosten oder Externalitäten – vor
lichen Wertekanon erobert und der offensicht- allem in den Bereichen Infrastruktur, Verkehr,
liche Klimawandel setzt die Politik unter erheb- Umwelt und Städtebau. Damit sind gesell-
lichen Aktionsdruck. Dass deswegen aber schaftliche Nachteile verbunden, die in die
schon alle möglichen sektoralen Handlungsfel- Bilanzierung von (individuellen wie gesamtwirt-
der in durchschlagender Weise auf Nachhaltig- schaftlichen) Kosten und Nutzen der Suburba-
keit getrimmt sind, lässt sich nicht behaupten. nisierung bisher nicht hinreichend eingehen.
Noch immer klafft eine Rationalitätslücke zwi- Insofern hängt die auf den Bauprozess bezo-
schen dem (betriebs-)wirtschaftlich Zweckmä- gene Bilanz stark vom Standpunkt des Beob-
ßigen und dem Notwendigen. Die Philosophie achters ab; sie ist also nicht zuletzt weltan-
des Aristoteles, ein Lebewesen sei nicht an sei- schaulicher Natur. Einerseits steht einer ent-
ner Erscheinung, sondern an seinem Tun und scheidenden Breitenwirkung des nachhaltigen
den Reaktionen auf seine Umwelt zu erkennen, Bauens augenscheinlich jener Druck der Sach-
sollte endlich auf den Bausektor übertragen zwänge gegenüber, der mitunter dazu führt,
werden. dass bereits erreichte Qualitätsstandards –
So betrachtet, erschließt sich schnell ein ande- gerade bei privater Finanzierung – eher zurück-
rer, über das einzelne Gebäude hinausgehen- geschraubt als zu einer allgemeingültigen
der Horizont: Ökologische Einzelmaßnahmen Mindestgrundlage gemacht werden. Anderer-
machen noch keine Öko-Architektur; Solarzel- seits wird bei speziellen Bauvorhaben nament-
len und passive Sonnennutzung, ins Haus inte- lich der öffentlichen Hand – sei es nun beim
grierte Gewächshäuser, Fassadenbegrünung Umweltbundesamt in Dessau oder Norman
und Wärmedämmung sind längst nicht hinrei- Fosters Commerzbankhochhaus in Frankfurt –
chend für ein wirklich nachhaltiges Bauen. Bis- viel Wert auf »Ecological Correctness« gelegt,
A 3.1 Photovoltaikmodule in der Dachfläche, Atelier- her lässt sich eher die Optimierung von – wenn schon aus Gründen eines zukunftsgewandten
gebäude, Dresden (D) 2003, Haller Morgenstern
Quincke
auch wichtigen – Einzelaspekten beobachten, Marketings (Abb A 3.2). So bleibt eine interpre-
A 3.2 Umweltbundesamt, Dessau (D) 2005, Sauerbruch weniger ein Gesamtkonzept nachhaltigkeits- tatorische Kluft. Manche singen das Hohelied
Hutton orientierter Planungsprinzipien. Ebenso wird des Erfolges: Nachhaltigkeit stellt mittlerweile

18
Architektur und Nachhaltigkeit – eine schwierige Beziehung

ein anerkanntes Ziel des Bauens dar. Andere In der Diskussion, die hierzulande geführt wird, zahllosen Einzelergebnisse aus Naturwissen-
monieren, dass man noch immer verharre bzw. erscheint Nachhaltigkeit – besonders wenn sie schaften und technologischer Forschung plötz-
sogar zurückgefallen sei – im Glauben, dass auf Innovation und Hochtechnologie bezogen lich in einen neuen Kontext. Richard Buckmins-
technisch alles mach- und beherrschbar sei, wird – wie eine Dame ohne Unterleib, abge- ter Fuller, der mit seinem Diktum »think global –
dass mithin der Komplexität der Aufgabe nicht schnitten von kulturellen Faktoren und sozialen act local« Geschichte schrieb, prägte vor mehr
hinreichend Rechnung getragen würde. Diese Katalysatoren, ohne die noch nicht einmal die als sechs Jahrzehnten den Begriff »Cosmic
Ambivalenz ist fürs Erste kaum aufzuheben. aseptisch gedachten wissenschaftlichen Ent- Conceptioning«. Gemeint ist die Fähigkeit,
Indes soll es hier weniger darum gehen, ein deckungen, geschweige denn ihr gesellschaft- komplexe Zusammenhänge für Erhalt und Pfle-
Urteil zu fällen, als vielmehr auf einige Aspekte licher Gebrauch denkbar wären [2]. Photovol- ge der Lebensgrundlage nicht nur zu erken-
aufmerksam zu machen, die bislang vielleicht taik, Passivhausstandard, Wärmerückgewin- nen, sondern im Denken und Handeln wirksam
zu kurz kamen. nung – bloße naturwissenschaftlich-techni- werden zu lassen – vor allem in einer präzisen
Ob nachhaltig, ökologisch, ressourcenscho- sche Ansätze – greifen nicht, was mitunter in Modellierarbeit von Ereignismustern, ihren
nend, umweltgerecht, biologisch oder energie- der Fachgemeinde selbst moniert wird: »Die Veränderungen und Transformationen. Als
sparend: Gleichgültig, unter welcher Überschrift Denkweise der Bauingenieure ist vorwiegend noch keine Rede sein konnte von Energiekrise,
man sie einordnen möchte, auf eine solche technisch-rational und zu wenig auf die Kom- Umweltbelastung und Zerstörung des globalen
Art zu bauen, erhebt den Anspruch, dezentral, plexität des menschlichen Verhaltens ausge- Ökosystems, arbeitete Fuller bereits antizipato-
integriert und selbstgenügsam zu sein. Allen richtet. Dem Bauingenieur fehlen gesellschafts- risch an Konzepten zur Lösung dieser künf-
Begriffen gemein jedoch ist die Herkunft aus politische Denkansätze und Strategien zur tigen Probleme. »Die Quelle aller Kräfte«, so
den 1960er-Jahren, in denen das etablierte Durchsetzung seiner Ziele« [3]. Aber auch diagnostizierte er, »die der Mensch für die
System ins Kreuzfeuer vornehmlich jugendlicher die Architekten sind nicht ausreichend darauf Handhabung aller seiner Instrumente – beleb-
Kritik geriet. Sie entstammen somit einer sozia- eingestellt, wie es etwa die gängige Architek- ter wie unbelebter – braucht, ist die Sonne. (…)
len Bewegung, nicht bloß einer technischen turlehre manifestiert: Sie wird entweder vom Das Entwerfen von Behausungen auf wissen-
Innovation. Freimut Duve fasste einmal stellver- Primat der Gestaltung oder von einer gewissen schaftlicher Grundlage ist den Sternen mehr
tretend in Worte, wie weit der Glaube reiche: Unterkomplexität, indem reine Teilaspekte im verbunden als der Erde« [4].
»Die zentralistischen großtechnologischen Sys- Vordergrund stehen, dominiert. Buckminster Fullers Wirken stand unter dem
teme – Verkehr, Versorgung und Fernsehen – Motto »How to make the world work« – so
ebnen die historischen Städte ein. Ökologisches Gesellschaftlich-kulturelle Akzeptanz als sei ihm irgendwo in der Einöde eine Kiste
Bauen, die Suche nach dem verlorenen Men- Die häufige Verkürzung von Nachhaltigkeit mit Maschinenteilen, ganzen und zerbroche-
schenmaß in der Stadt könnte ihr wieder Gesicht auf Innovation, Wissenschaft und Technologie nen, zugeschickt worden, die er jetzt mithilfe
und Eigenheit geben« [1]. Ein ambitionierter verkennt die außerordentliche Bedeutung von einer Bedienungsanleitung und Improvisation
Anspruch also, dem bislang jedoch auf seinem konzeptionellen Inspiratoren, deren visionäre zu einem funktionierenden Ganzen zusammen-
Weg in unsere Alltagswirklichkeit nicht durch- Arbeit im Entwurf einer Zusammenschau bauen muss. Die Information der Teile über
gängig Glück beschieden war. bestand. Diese Zusammenschau stellte die ihr Funktionieren im Ganzen wird zur Aus-
gangs frage für Fullers »Systems Approach«;
die Lösungsstrategie setzt bei der Integration
der Einzelfunktionen an. Er sieht die Erde als
integral konstruierte Maschine an, die zum
Zweck dauerhafter Leistungsfähigkeit als
Ganzes begriffen und bedient werden müsse.
Wenn Fuller seine Schrift nun »Bedienungs-
anleitung« nennt, dann will er damit vor allem
auf deren Fehlen hinweisen. Die Menschheit
lebe auf der Erde, ohne ein Anleitungsbuch
für die richtige Bedienung an die Hand be-
kommen zu haben. Gemessen an der unend-
lichen Sorgfalt, mit der alle Details des »Raum-
schiffs Erde« ab ovo festgelegt worden seien,
müsse man das Fehlen einer Bedienungsan-
leitung als absichtlich und planvoll ansehen.
Eben diese bewusste Abwesenheit hat nun
aber ihr effektiv Gutes. Denn dies zwinge dazu,
»unseren Intellekt zu gebrauchen, und das ist
unsere höchste Fähigkeit, mit der wir wissen-
schaftliche Experimente anstellen und die
Bedeutung experimenteller Ergebnisse wirk-
sam interpretieren können. Gerade weil die
Bedienungsanleitung bisher gefehlt hat, lernen
wir zu antizipieren, welche Konsequenzen
sich aus einer steigenden Anzahl von Alter-
nativen ergeben, um unser Überleben und
Wachstum befriedigend zu erweitern – phy-
sisch und metaphysisch« [5]. Nachhaltige
Entwicklung, nachhaltiges Bauen gibt es
demnach nur als Synthese von technologisch-
ingenieurmäßigen Handeln und gesellschafts-
politischen, wertebasierten und werteorientier-
ten »Ansprüchen«.
A 3.2

19
Architektur und Nachhaltigkeit – eine schwierige Beziehung

A 3.3 Piazza XXIV Maggio, Neugestaltung, Cormons (I)


1990, Boris Podrecca
A 3.4 gewachsene Urbanität, Altstadt von Prag (CZ)
A 3.5 Passivhauswohnanlage, Salzburg (A) 2006,
sps-architekten
A 3.3 A 3.4
Im Kanon dieser Ansprüche wird etwa Mobi- Was heißt »mehr Lebensqualität«? kaum mehr, so als sei die Nachfrage etwas
lität nicht ausreichend berücksichtigt, ob- Der Paradigmenwechsel in unserer Gesell- Festgelegtes, nicht wiederum das Ergebnis
gleich die Geschichte der Moderne auch die schaft – weg vom einseitigen Wirtschaftswachs- von Wünschen, also Bedürfnissen, die immer
Geschichte der modernen Mobilität ist. Bauen tum, hin zu mehr Lebensqualität – spielt eben- wieder neu erzeugt werden (können) [6]. Zum
für die künftige Gesellschaft heißt, die Wech- falls eine nicht zu unterschätzende Rolle, doch anderen stellt sich die Frage, ob die siedlungs-
selwirkung zwischen Mobilität und Moderne keineswegs eine nur positive: Denn in diesem strukturelle Entwicklung der jüngeren Vergan-
gestaltend zu akzeptieren. Der enge Bezug »mehr Lebensqualität« kommt z. B. zum Aus- genheit tatsächlich nachhaltig ist. Dies ist zwar
sei kurz veranschaulicht: Frank Lloyd Wright druck, dass Familien und Haushalte heute ein mit guten Argumenten in Abrede gestellt wor-
hatte diesen als einer der ersten mit seiner höheres »Wohn-Begehren« als früher haben. den, aber sie offenbart auch insgesamt einen
»Broadacre City« dargestellt, und die kom- Unsere Gesellschaft spricht von nachhaltig und notwendigen Funktions- und Bedeutungswan-
promisslose Radikalität, mit der in Le Corbu- verbraucht gleichzeitig immer mehr Fläche. del der Stadt im 21. Jahrhundert, indem sie
siers »Ville Contemporaine« oder »Plan Laut Statistischem Bundesamt betrug 2005 die weder dynamischen noch normativen Geset-
Voisin« dem Auto Platz geschaffen wird, Pro-Kopf-Wohnfläche bundesweit ca. 42 m2. zen folgt. Stadtplanung hat damit per se einen
bleibt unübertroffen. Doch im europäischen So stößt man bei dieser Frage sehr schnell auf schwierigen Part, fordert sie doch von Bürgern,
Rahmen signalisierte die gegliederte und auf- politische und kulturelle Grundwerte unserer Architekten und Politikern ein neues Bewusst-
gelockerte, später die autogerechte Stadt, Gesellschaft: privates Eigentum, Abgeschlos- sein für den Bestand, für nachhaltiges, ressour-
das, was der Beweggrund für die künftige senheit und Unabhängigkeit der Privatsphäre. censchonendes Bauen, mehr Denkmalschutz
Entwicklung werden sollte: Das Auto avancier- Diese Werte sind aufs Engste mit der Hoffnung und weniger Prosperität.
te zum »Spiritus Rector« des Städtebaus, auf individuelle Autonomie verknüpft. Jeder Historische Bausubstanz gehört, wie der
spielte die Rolle des Katalysators, an dem Versuch, die Trends zu immer kleineren Haus- Boden, zu den nicht vermehrbaren und vor
sich urbanistische Konzepte schieden und halten und immer größeren Wohnflächen zu allem zu den nicht mehr wiederholbaren Res-
erwies sich als Sprengsatz historischer Stadt- stoppen, die Inanspruchnahme von Siedlungs- sourcen unserer Umwelt. Was bedeutet der
strukturen. Denn dort, wo das 19. Jahrhundert flächen zu bremsen, kämpft daher nicht nur behutsame und schonende Umgang mit dem
mit seinen Verwaltungs- und Erziehungsan- gegen rücksichtslosen Landschaftsverbrauch, bereits Gebauten anderes als eine nachhaltige
stalten nur insulär in bestehende Bereiche ein- vergnügungssüchtigen Konsumismus und Strategie, die grundsätzlich Anpassungsfähig-
brach und auch der Zweite Weltkrieg die zu- großstädtische Vereinzelung, sondern auch keit und Wiedernutzbarkeit unterstellt, die also
grunde liegenden jahrhundertealten Parzellie- gegen die historische Errungenschaft indivi- Altbauten eine zweite Chance gibt? Bei allen
rungsmuster nicht antasten konnte, wurden dueller Unabhängigkeit. Fortschritten, die im Neubau bereits verwirklicht
nach dem Diktat des neuen städtebaulichen Steigender Wohnflächenbedarf stellt ein reales wurden, darf man nicht übersehen, dass das
Paradigmas solche Grenzen buchstäblich Anliegen dar, mit dem man sich beim Stichwort größte ökologische Potenzial im Bereich der
überfahren. In den 1960er-Jahren blieb der »nachhaltiges Bauen« produktiv auseinander- Bestandssanierung liegt. Eine »kluge« Res-
Zusammenhang zwischen Automobil und setzen muss, d. h. systematisch danach zu fra- sourcennutzung muss in der Architektur und im
Raumstruktur als urbanistische Stellgröße gen, ob viele Menschen nicht auch gute Grün- Städtebau einen Paradigmenwechsel begrün-
präsent. Die sich abzeichnende »Verflüssi- de dafür haben, an den »schädlichen« Lebens- den, der gesellschaftlich getragen wird: weg
gung« des Raumes infolge der Automobilität weisen festzuhalten, nämlich ihre Hoffnungen von der marktwirtschaftlich orientierten Schnell-
wurde als positive Entwicklung gewertet auf individuelle Autonomie, auf Befreiung von lebigkeit im Lebenszyklus, hin zu einer neuen
und durch den extensiven Autobahn- und Mühe und Arbeit. Nur wenn es gelingt, ein Wertschätzung der Dauerhaftigkeit.
Straßenausbau gefördert – so begann die sich neues identitätsstiftendes Bild vom Bauen und Wenn es ein Grundprinzip der Nachhaltigkeit ist,
spiralförmig hochschraubende Wechselbezie- Wohnen zu formulieren, in dem das Streben in vernetzten Zusammenhängen zu denken,
hung von Infrastrukturangebot und Motorisie- nach einem angenehmen Leben mit den Gren- dann reichen diese Zusammenhänge, bildlich
rungsgrad. In den letzten Jahren verloren zen seiner natürlichen Grundlagen versöhnt ist, gesprochen, über die Grenzen des Grünstrei-
räumliche Nähe und direkte Nachbarschaft zu- kann das ökologisch Notwendige auch poli- fens hinaus und umfassen nahezu alle Muster
nehmend an Bedeutung, während Entfernung tisch machbar und mehrheitsfähig werden. Das unserer sozialen, ökonomischen und politischen
nun zu einer vorrangig zeitlichen Kategorie impliziert wiederum zweierlei. Zum einen die Wertbestimmung. So wird über kurz oder lang
wurde. Und da liegt auch das Dilemma: Wenn Frage, ob das Bedürfnis auf nicht-dirigistische auch nachhaltiges Bauen nicht länger als unver-
Mobilität die Grundlage gesellschaftlicher Weise beeinflussbar ist. Dass die Nachfrage bindliche Lebensstiloption mit privatem Weltan-
Austauschprozesse ist und sie an ihrer Um- das Angebot bestimmt, ist eine eherne Weis- schauungszusatz – und prallem Geldbeutel – zu
setzung in Verkehr zu ersticken droht, so be- heit der Marktwirtschaft, und sie scheint auch missverstehen sein [7]. Die bisherigen Ansätze
schreibt das nicht ein Ärgernis, sondern geht unserer Gesellschaft in Fleisch und Blut über- sind ein erster Schritt, aber noch keine Lösung.
an die Substanz. gegangen zu sein. Problematisiert wird sie Nachdem die moderne Architektur ökologische

20
Architektur und Nachhaltigkeit – eine schwierige Beziehung

Aspekte und Klimafragen sowie Heizkosten jah- ihr Transfer in das Bauwesen weitgehend aus. Umweltenergien sinnvoll in das Gebäudekon-
relang als lösbare Probleme und deshalb als zu Weder Hochschulen noch Fachmedien zeigen zept direkt oder eben indirekt einbeziehen, so
vernachlässigende Größen behandelt hat, ist diesbezüglich großes Engagement. Eine Frage, kann dies nicht ohne Auswirkungen auf die
heute die bessere Orientierung und Dämmung die zwar selten offen angesprochen, gleich- bauliche Gestalt bleiben. Ansätze, das nach-
von Gebäuden nicht mehr alternativ, sondern wohl aber von immenser Bedeutung ist, ist die haltige Bauen in eine zeitgenössische »Archi-
Gebot. Fraglos ist hier viel erreicht worden, auch der Form und Erscheinung, weil sie eine Kern- tektursprache« zu übertragen, existieren. Hier
über den »Green Glamour« als Ausdruck indi- domäne anspricht. Wie sieht eine Architektur sei nur auf die Idee der »Natürlichen Konstruk-
vidueller Gewissensberuhigung hinaus. Eine des nachhaltigen Bauens aus? Hier lassen sich tionen« [11] und auf den Münchner Architekten
Architektur mit dem Anspruch etwas Integrier- unterschiedlich relevante Tendenzen benen- Thomas Herzog mit seinen so intelligenten wie
tes, Vernetztes, Umweltbewusstes zu schaffen, nen. Am auffälligsten ist, dass sich weder erfrischenden Baukonzepten verwiesen. Aber
bliebe letztlich »gleichgültige Technologie, ob Architekten noch Medien besonders dafür wirklich bahnbrechend wurde diese Form
hart, ob sanft, wenn nicht subjektive seman- begeistern. Gerade die Grundhaltung, wie sie der Umsetzung nicht; und es gibt auch keine
tische Energien das technische Konstruktions- etwa Peter Eisenman einmal zum Ausdruck Anzeichen dafür, dass sich dies ändert – woran
gerippe zu einem Bild eines anderen Lebens brachte, ist selbstredend: »To talk to me about wiederum die Medien keineswegs unschuldig
ergänzen können« [8]. Mit Bepflanzung, Brenn- sustainability is like talking to me about giving sind. Trotz aller Lippenbekenntnisse hat die
wertkesseln, Solarzellen, recycelbaren Bau- birth. Am I against giving birth? No. But would I Nachhaltigkeit es auch hier schwer – ange-
stoffen und Energiekostenvergleichen ist es like to spend my time doing it? Not really. I’d sichts eines sensationshungrigen Markts und
demnach nicht getan. Vielmehr und ganz ent- rather go to a baseball game« [10]. Nachhaltig- der wirksamen Selektionsmechanismen. Man
schieden handelt es sich um eine Frage der keit scheint für Intellektuelle oder Künstler- braucht nur auf den Umstand hinzuweisen,
Bereitschaft, Bewusstwerdung und mentalen naturen ein sprödes Thema zu sein, und »öko- dass in unserer Zeit die Zuweisungskriterien für
Veränderung. Diese Frage haben sich weder logische Architektur« ein Label, das viele ab- Qualität subjektiv sind, dass Geschmäcker wie
Architekten und Bauträger noch Bewohner und schreckt. Das lässt sich wahrscheinlich darauf Zwecke der Objektivität entbehren. Anderer-
Betreiber in der notwendigen Tiefe gestellt [9]. zurückführen, dass frühe ökologische Architek- seits werden wir durch diese Freiheit an Sub-
So muss man keineswegs Anhänger eines tur an Wohn- und Lebensformen (wie z. B. Aus- jektivität nicht recht froh: Wir möchten unsere
geschichtsphilosophischen Fatalismus sein, um steigermodelle, Landkommunen) gebunden Auffassungen teilen. Dabei hört man in der
vorauszusehen, dass das Thema seine eigent- war, die den konventionellen widersprachen. Regel auf diejenigen, auf die schon viele ande-
liche Brisanz noch nicht erreicht hat. Vielleicht wird hier unbewusst, doch durchaus re hören. Geschmäcker neigen darum zu einer
spürbar, der scheinbare Gegensatz von Nach- gewissen Homogenisierung und Konventionali-
Problem: mangelnde Sinnlichkeit haltigkeit und Gestaltung kultiviert. sierung. Hier nun finden die Medien ihre Rolle:
Dabei wird man zugeben müssen, dass ratio- Auf der Suche nach einer visuellen, ästheti- Sie kanalisieren die öffentliche Debatte, über
nale, wissenschaftlich begründete Erkenntnisse schen Identität ökologischer Architektur können die Qualität zugeteilt wird. Zur Architektur zählt,
darüber, wie nachhaltiges Bauen strukturiert viele Konzepte, Grundregeln, Normen usw. bis- was einer Besprechung in den Medien wert ist.
sein müsste, bereits vorliegen. Dennoch bleibt lang nicht sehr viel weiterhelfen. Will man etwa Das Publizieren hat folglich die Stellung des

A 3.5

21
Architektur und Nachhaltigkeit – eine schwierige Beziehung

A 3.6
Konsens in der Diskussion von Argumenten Die Notwendigkeit alltagstauglicher Beispiele Attribut eines Sonnenkollektors. Gerade das
übernommen. Und da Nachhaltigkeit sehr kom- Um das Thema des nachhaltigen Bauens stär- aber gereicht ihnen wiederum zum Vorteil. Sie
plex und wenig bildhaft ist, dominieren nach ker in der breiten Öffentlichkeit und im »norma- machen deutlich: Es gibt keinen »Öko«- oder
wie vor andere Topoi. len« Bauen zu verankern, bedarf es nicht so auch nur »Energiespar«-Stil. Ein solches Bauen
sehr exzeptioneller Öko-Avantgarde-Projekte – verlangt keine einheitliche Ästhetik und keine
Mit dem nachhaltigen Bauen steht nicht zuletzt die gibt es bereits. Vielmehr wären praktische allgemeinverbindlichen Regeln, außer die eines
das berufliche Selbstverständnis der Architekten Beispiele vorzuführen, müsste der Gebrauch vernünftigen, die Umwelt nicht zerstörenden
auf dem Prüfstand. Günter Moewes etwa ist von kostengünstigen, quasi alltäglichen, d. h. (zumindest nicht verschmutzenden) Verhaltens.
der Meinung, dass vieles von dem, was unter bereits gängigen und bewährten Technologien Insofern ist auch der gerne angeführte Wider-
»ökologischem Bauen« reüssiert, lediglich den im Lebensalltag vieler bewiesen und anschau- spruch zwischen Gestaltung und Umweltan-
Eindruck des Umweltgerechten zu erwecken lich gemacht werden [14]. Eine Art Versuchs- spruch lediglich virtuell.
scheint: »Das wirkliche ökologische Bauen anordnung stellten die so genannten Energie- Ein Kernproblem liegt im Verhältnis von Investi-
ist dem ›konventionellen‹ Bauen des frühen sparhäuser am Lützowufer in Berlin dar [15]; tions- zu Betriebskosten bzw. in dem Umstand,
20. Jahrhunderts ähnlicher als der heutigen Mei- ein weiteres Referenzprojekt ist die »Solar City« dass Einsparungen nur aufgrund (zunächst)
nungsarchitektur.« Beispielsweise seien Karl- in Linz. Aus beiden lassen sich einige grund- höherer Investitions- und Baukosten möglich
Josef Schattners Umbauten in Eichstätt oder der sätzliche Erfahrungen ziehen. Wenn man sind. Das zu akzeptieren, fällt Bauträgern, Käu-
Wohnungsbau eines Otto Steidle »gewiss ökolo- davon ausgeht, dass Architektur zu ihrem fern und der öffentlichen Hand schwer. In der
gischer als die vielen frei stehenden, kurzlebi- Betrachter zu »sprechen« habe, dann ist das nicht-selbstnutzenden Bauherrnschaft, und das
gen, begrünten Holzhäuschen des vermeintlich »Ökologische« der mit eben diesem Attribut ist die Regel, zeigt sich zudem eine nur gerin-
ökologischen Bauens« [12]. Schlüsselbegriff für versehenen Häuser nicht gerade eloquent. ge Bereitschaft, sich offensiv mit den laufenden
eine solche Wertung ist die Entropie. Dieser Be- Sie bleiben im Rahmen der Konvention, sind Aufwendungen – Strom, Wasser, Heizung –
griff entstammt der Physik und basiert auf dem »architecture parlante« lediglich insofern, als auseinanderzusetzen. Diese Rubrik der Be-
zweiten Hauptsatz der Thermodynamik. Demzu- sie mit be- und anerkannten Bildern des Woh- triebskosten wird an den späteren Nutzer wei-
folge laufen in einem geschlossenen System alle nens arbeiten, allenfalls akzentuiert durch das tergegeben, der wiederum an den grundlegen-
Vorgänge nur in einer Richtung ab: von Zustän-
den höherer zu Zuständen niedriger Ordnung.
Entropie ist der Grad dieser stets zunehmenden
Vermischung und Zerstreuung; sie ist demnach
ein Zustand und kein Vorgang. Auch die Erde
stellt sich als weitgehend geschlossenes Sys-
tem dar, da die einzig nennenswerte Größe, die
eindringt, die Sonneneinstrahlung ist. Deshalb
ist eine Zielenergie nur durch gleichzeitige Ver-
mehrung der Entropie an anderer Stelle zu
haben, wie das Beispiel der Dampfmaschine
zeigt, deren Kraft nur durch eine ungleich hö-
here Produktion von sinnloser Abfallwärme er-
zeugt werden kann. Da nun unser ganzes Wirt-
schaften so – und nur so – funktioniert, steht
man offenkundig vor einem gravierenden, quasi
naturgesetzlichen Problem. Statt nun das Ruder
herumzuwerfen, leistet die Architektur dem auch
noch Vorschub. »Genau diese aus den Public-
Relations-Mechanismen des Wirtschaftens ge-
borene Novitätensucht führt in die Entropie, in
den überall gleichen Brei aus punktuell Ande-
rem. Wenn alle auf dem Individualitätstrip sind,
ist dies ein Verlust von Individualität. Überall das
gleiche Gemisch extremer Unikate – das wäre
die Höchstform städtebaulicher Entropie« [13].
A 3.7

22
Architektur und Nachhaltigkeit – eine schwierige Beziehung

A 3.6 Umbau des ehemaligen Friedrich Gymnasiums,


Berlin (D) 2004, David Chipperfield Architects
A 3.7 Umbau des Alten Hofs, München (D) 2006,
Auer + Weber, Peter Kulka
A 3.8 Einfamilienhaus, Feldkirch (A) 2003, Walter Unter-
rainer
A 3.8
den Entscheidungen nicht beteiligt ist. Es wird Materialien stehen in einem von lokalen oder damit eröffneten Möglichkeiten lässt sich nur nach
Maßstäben urteilen, die sich am gewünschten und
viel zu wenig beherzigt, dass ökologische regionalen Bedingungen losgelösten Über-
nicht am natürlichen Leben orientieren.
Effekte umso offensichtlicher werden, je mehr fluss zur Verfügung, ebenso die wählbaren [7] Vgl. den Abschnitt »Öko-Architektur – nur was für
sich Sparerfolge unmittelbar in Euro und Cent Techniken. Freilich darf eine Architektur, die Reiche?« In: Beyel, Wolfgang; Nelles, Wilfried
niederschlagen. nachhaltig sein will, sich nicht in technischen (Hrsg.): Wirksame Energienutzung bei der Stadt-
Viele gut gemeinte und innovative Vorschläge Ansätzen oder innovativen Bauprodukten erneuerung – eine soziale und ökologische Notwen-
digkeit. ARCH+ 51/52. Aachen 1980
seitens der Architekten verkennen offenbar erschöpfen. Die jüngere Geschichte zeigt, [8] Schwarz, Ullrich: Ökologisches Bauen – Schritte aus
tief eingefräste Gewohnheiten. Ein Beispiel: dass der Erfolg im Sinne der Nachhaltigkeit dem grünen Schattenreich. In: Schwarz, Ullrich
Das Konzept der thermischen Zonierung – janusköpfig ist: Dieser lieferte den Beschwich- (Hrsg.): Grünes Bauen. Ansätze einer Öko-Architek-
gemeint sind wärmere Rückzugsbereiche im tigungstaktiken der Politiker gegen die War- tur (Reihe: Technologie und Politik). Reinbek 1982,
S. 7f.
Wohnungskern sowie Wintergärten und ähnli- nungen vor Umweltkatastrophen vorzeigbare
[9] Über Richtung und Art erforderlicher Veränderungen
che Glasvorbauten an der Südfront – setzt eine Argumente, ohne dass das System hätte entscheiden nicht allein Notwendigkeiten der Natur,
adäquate Dauernutzung voraus. Wenn der infrage gestellt werden müssen. Indem sich die Pflege der Ressourcen usw. Es sind vielmehr im
unbeheizte Wintergarten aus Raumknappheit technische Ansätze und Produktinnovationen Kern politische Ziele und kulturelle Normen, nach
zum Schlafzimmer gemacht wird, dann zeigt sogar als ein wirtschaftlicher Zweig ausbauen denen zu entscheiden ist, wie eine ökologisch ver-
antwortliche Lebensweise beschaffen sein soll.
sich, dass althergebrachte Werte wie Behag- ließen, wurden sie Teil der Wachstumsideolo- [10] »Mit mir über Nachhaltigkeit zu reden, ähnelt einem
lichkeit und Wohnlichkeit de facto mit den gie, der die ökologische Bewegung mit dem Gespräch übers Gebären. Bin ich gegen das Kin-
energetischen Intentionen kollidieren. Bei hoch Gegenmodell der Kreislaufwirtschaft entkom- derkriegen? Nein. Aber würde ich gerne meine Zeit
wärmegedämmten Gebäuden hat das Nutzer- men wollte. Dennoch übernimmt die Architek- damit verbringen, es zu tun? Würde ich nicht. Ich
verhalten entscheidenden Einfluss auf den tur als räumliches System nach wie vor Ord- würde lieber zu einem Baseball-Spiel gehen.« – Zitat
nach Hawthorne, Christopher: The Case for a Green
Energieverbrauch. Mangelnde Kenntnis, nungsaufgaben innerhalb der Gesellschaft. Aesthetic? In: Metropolis. Okt. 2002, S. 113
Sorglosigkeit oder technische Überforderung Allerdings muss sie sich ihrer Verantwortung [11] Die Übersetzung der vielfältigen Bauprinzipien der
wirken sich dabei negativ aus. Ist man sich neu und wesentlich komplexer als bisher ver- Natur, ob nun Kieselalgen oder Seifenhäute, in archi-
dessen nicht permanent bewusst oder stellt der sichern. tektonische Tragwerke verweist auf den Grundge-
danken von »Natur als Baumeister« oder »Lehrmeis-
Regelungsbedarf selbst eine Überforderung ter«. Vielfach wird heute an der Weiterentwicklung
dar, dann nützen auch die schönsten Maßnah- dieses Ansatzes gearbeitet – im Bereich der Bionik
men wenig. Wer den Anspruch erhebt, der Anmerkungen: für dynamisch-evolutionäre Anpassungsprozesse als
Umwelt und ihren Ressourcen angepasst zu [1] Duve, Freimut: Editorial. In: Schwarz, Ullrich (Hrsg.): Verweis auf das Potenzial an die Veränderlichkeit
bauen, darf eben nicht auf in sich geschlosse- Grünes Bauen. Ansätze einer Öko-Architektur der Natur.
(Reihe: Technologie und Politik). Reinbek 1982, S. 6 [12] Moewes, Günther: Weder Hütten noch Paläste.
ne, höchst komplizierte technische Systeme [2] Mittelbar wird damit auch ein Kernproblem der Öko- Architektur und Ökologie in der Arbeitsgesellschaft –
bestehen, zu deren Regulierung es eines inge- logiebewegung tangiert: Die Vorstellung vom ewigen Eine Streitschrift. Basel / Berlin / Boston 1995, S. 204
nieurtechnischen Hochschulabschlusses Kreislauf der Natur, an dessen Gesetze die Men- [13] ebd., S. 167f.
bedarf. Schumachers Axiom »small is beauti- schen sich in Demut anzupassen hätten, taugt allen- [14] Das Realmodell einer ökologisch sinnvollen Bau-
falls zur Begründung eines ökologischen Autoritaris- und Wohnweise ist bereits in den 1970er-Jahren in
ful« bietet eine Art Richtschnur – weniger im
mus, dessen Gefährlichkeit darin läge, dass er Berkeley verwirklicht worden (vgl. Farallones Institu-
ideologischen Sinne als vielmehr in seiner Ten- selbst nirgends Grenzen finden würde. Die Vorstel- te: The Integral Urban House. Self-Reliant Living in
denz, dass nicht Großtechnologien, sondern lung von natürlichen Gleichgewichtszuständen, aus the City. San Francisco 1979). Gleichsam sich selbst
benutzerorientierte (ergo: kleine), für den Ein- denen sich praktische Normen ableiten ließen, hat überschreitend sollte das Bauen hier auf das Leben
zelnen handhabbare Systeme zu kultivieren etwas Entlastendes gegenüber den Interessens- übergreifen; ob und inwieweit allerdings das
widersprüchen und politischen Konflikten der Gesell- Pionierprojekt noch heute trägt, bleibt offen.
sind. Würde jeder den Anspruch ernst nehmen schaft. Wahrscheinlich liegt darin auch ihre Attrak- [15] Sie wurden im Rahmen der IBA Anfang der 1980er-
und daraus ein Programm formulieren, so tivität. Jahre errichtet. Städtebaulich vorgegeben wurde die
ginge es nicht mehr nur um die arbeitsteilige [3] Scheelhaase, Klaus: Ist der Bauingenieur fit für die »Wiederherstellung des Stadtraums am südlichen
Spezialisierung des wirtschaftenden Men- Zukunft? In: Deutsches Ingenieurblatt, Nr. 7/8 1999, Kanalufer durch eine Wand aus eng stehenden
S. 48 individualisierten Einzelkörpern«. So entstanden fünf
schen, sondern tendenziell um ein anderes
[4] Buckminster Fuller, Richard: Nine Chains to the Kuben von etwa 15 ≈ 15 m, deren energetische
Menschenbild. Dafür wäre es möglicherweise Moon. Philadelphia 1938, S. 67 Unsinnigkeit durch einen gemeinsamen Sockel nur
hilfreich, eher das Spielerische zum Thema [5] Buckminster Fuller, Richard: Einflüsse auf meine noch betont wird – bauordnungsrechtlich aufgrund
des Ausdrucks zu machen als den Verzicht- Arbeit. In: Bedienungsanleitung für das Raumschiff eines zu geringen seitlichen Bauwichs gefordert.
anspruch, in dem doch immer nur Bevormun- Erde und andere Schriften. Reinbek 1973, S. 32f. [16] Behne, Adolf: Der praktische Zweck mache das
und S. 103 Haus zum Werkzeug, der Spieltrieb des Gestaltens
dung mitschwingt [16]. [6] Im System der Beziehungen zwischen Mensch und zum Spielzeug. In: Der moderne Zweckbau Bauwelt
Das Wesen der Architektur wird heute weniger Umwelt sind beide Pole Produkt menschlicher Fundamente, Bd. 10. Frankfurt a.M. / Berlin 1964,
denn je von ihrer physischen Gestalt bestimmt. Geschichte, also prinzipiell variabel, und über die S. 11

23
Die Dinge richtig tun – über
Effizienz und Nachhaltigkeit

Manfred Hegger

A 4.1
Forschung und Entwicklung, neue Werkzeuge, ralschäden« unseres bisherigen erfolgreichen
innovative Produkte und die globale wirtschaft- Handelns gefährden mittlerweile unsere
liche Entwicklung führen es uns täglich vor Lebensgrundlagen. Wir sind uns dessen
Augen: Unsere Lebensgrundlagen verbessern bewusst. Nicht umsonst geht die zeitlich um
sich rapide, insbesondere seit Beginn der eine lange Welle fortgeschriebene Theorie
Industrialisierung. Der Fortschritt scheint unauf- nach Kondratieff davon aus, dass der fünfte
haltsam. Es gelingt der Menschheit offensicht- Zyklus, in dessen Aufschwungphase sich
lich immer besser, ihre fundamentalen Bedürf- unsere gesellschaftliche und wirtschaftliche
nisse zu befriedigen. Sie entwickelt hierzu Entwicklung nunmehr offensichtlich befindet,
geeignete Technologien und Anwendungen, nicht die Bereitstellung weiterer materieller
Netze und Synergien. Die »Theorie der langen Güter als fundamentales Bedürfnis sieht, son-
Wellen der gesellschaftlichen und wirtschaft- dern die Lösung der Probleme der Umwelt.
lichen Entwicklung« nach Nikolai Kondratieff Demzufolge prägen weniger materielle Güter
besagt, dass es seit Beginn der Industrialisie- als immaterielle Leistungen wie Wissensnetz-
rung gelang, in Zeiträumen von jeweils ca. 50 werke unsere Zukunft. Diese Entwicklung
Jahren grundlegende Bedürfnisse zu decken, scheint bereits so weit fortgeschritten zu sein,
was jeweils durch bahnbrechende Innovatio- dass wir eher vor einem Umsetzungs- oder
nen erreicht wurde (Abb. A 4.4) [1, 2]. Bisher Handlungsdefizit stehen als vor einem Wis-
war es in vier langen Wellen seit Ende des sensdefizit.
18. Jahrhunderts möglich, Arbeit zu erleichtern
(1793 –1847), Ressourcen verfügbar zu Die richtigen Dinge tun – oder die Dinge richtig tun?
machen (1847–1893), Urbanität lebenswürdig Unser Handeln ist zumeist von unbedingtem
zu gestalten (1893 –1939) sowie Individualität Erfolgsstreben geprägt. Daran ist bei ober-
und Mobilität zu fördern (1939 –1989). Während flächlicher Betrachtung nichts auszusetzen.
es zu Beginn eines jeden Zyklus so aussah, als Schließlich geht es darum, ein definiertes Ziel
seien die entsprechenden Probleme unlösbar, möglichst vollständig zu erreichen. Doch es
konnten an seinem Ende im Großen und Gan- kommt auch darauf an, wie man es erreicht.
zen auch weitgesteckte Ziele erreicht werden, Dazu eine Definition der Begriffe Effektivität
zumindest für den entwickelten Teil der Welt. und Effizienz:
Soweit die gute Nachricht. Ein Vorgehen ist dann effektiv, wenn es ein
Richtig ist aber auch, dass ein großer Teil der vorgegebenes Ziel erreicht, unabhängig vom
Welt kaum Anteil an diesen Erfolgen nimmt. Aufwand, den wir für die Erreichung dieses
Zudem erzeugt die Lösung eines Kernprob- Ziels treiben [3]. Effektiv sein heißt also, die
lems regelmäßig mehrere neue Schwierigkei- richtigen Dinge zu tun und dabei keinen Auf-
ten. Einige davon sind zwangsläufig Gegen- wand zu scheuen.
stand der Problemlösung der nächsten langen Effizient ist dagegen ein Verhalten, das zur
Entwicklungsphase. Andere bleiben schlicht Erreichung eines Ziels führt und den Aufwand
unbearbeitet liegen und werden als unvermeid- dafür möglichst gering hält. Die ISO 9000 de-
liche negative Randerscheinungen betrachtet. finiert Effizienz als »Verhältnis zwischen dem
Das wird besonders anschaulich an Umwelt- erzielten Ergebnis und den eingesetzten Mit-
Folgeschäden der industriellen Entwicklung teln« [4]. Bei Effizienz geht es nicht mehr allein
und des Abbaus natürlicher Ressourcen. darum, die richtigen Dinge zu tun, sondern die
Wo liegen die Gründe hierfür? Reicht es aus, Dinge richtig zu tun.
auf die mangelnde menschliche Fähigkeit zur Wirtschaftliche wie ökologische Erwägungen
Weitsicht zu verweisen? Überfordert die stellen das Prinzip der Effektivität zunehmend
A 4.1 effiziente Hülle: Seifenblasen – Dachtragwerk Grunderkenntnis der Ökologie – alles hängt mit infrage. Denn es geht davon aus, dass wir
A 4.2 Synergien von Umweltschutz und Ökonomie allem zusammen – unser Denken? Schaffen wir über nahezu unbegrenzte Ressourcen ver-
A 4.3 effiziente Oberfläche: Schmetterlingsflügel –
geschuppte Metallfassade
uns gerne immer wieder neue Aufgaben? fügen können. Doch unglücklicherweise hängt
A 4.4 die langen Wellen der gesellschaftlichen und wirt- Jeder dieser Erklärungsversuche ist berechtigt, unsere Gesellschaft weitgehend von nicht
schaftlichen Entwicklung nach Nikolai Kondratieff entlastet uns jedoch nicht. Denn die »Kollate- erneuerbaren Ressourcen ab. Und diese

24
Die Dinge richtig tun – über Effizienz und Nachhaltigkeit

Reduktion von Umweltbelastungen Reduktion der Kosten

Minimierung des Energieverbrauchs Kostensenkung im Betrieb


Minimierung des Materialeinsatzes Kostensenkung in Bau und Betrieb
Minimierung toxischer Emissionen geringere Abgaben, geringere Folgekosten
geringeres Haftungsrisiko
Minimierung von Abfall und Verschnitt Kostensenkung im Bau
Schließen von Stoffkreisläufen langfristige Kostensicherheit
langfristige strategische Wettbewerbsvorteile
Erhöhen des Einsatzes erneuerbarer Ressourcen Kostensenkung in Bau und Betrieb
A 4.2 A 4.3
werden allmählich knapp. Unsere Fähigkeit, Öl bei immateriellen Produkten, die unseren Alltag sind Stand der Technik und in Deutschland bei
und Gas zu fördern und zu verbrennen, Kunst- zunehmend bestimmen: Datenbanken, Multi- Nutzung öffentlicher Zuschüsse kostenneutral
stoffe und Metalle herzustellen, materiellen media, Sicherheits- und Umwelttechnologien herstellbar. Das 1,5-Liter-Haus ist als so
Reichtum zu schaffen, übersteigt das Angebot oder Hardware für Informationsanlagen. Die genanntes Passivhaus in den vergangenen
begrenzter natürlicher Rohstoffquellen. Dies Effizienzpotenziale sind erstaunlich: Denken zehn Jahren mehr als tausendfach gebaut wor-
wiederum führt zu Verknappungen und hohen wir nur an die lange gültige, so genannte Halb- den. Der Bau erfordert gegenüber dem 6-Liter-
Preisen. Die Nutzung nicht erneuerbarer Ener- wertzeit von Computern, in der alle 18 Monate Haus ca. 5 % Mehrkosten. In der Gesamtbe-
gien verändert unser Klima und das Wetter. eine Verdoppelung der Rechnerleistung und trachtung bedeutet dies: Die Entwicklung hat
Seit der ersten Energiekrise in den 1970er-Jah- der Speicherkapazität realisiert wurde. Der Mit- innerhalb von weniger als 30 Jahren eine Effizi-
ren und der Erkenntnis von den Grenzen des teleinsatz von Material und Energie hat hier enzsteigerung bis um das 20-fache bewirkt.
Wachstums wurden erste Konsequenzen einen hohen Grad an Effizienz erreicht – und Damit einher gehen deutlich verringerte Emis-
gezogen. Sie betreffen unser Alltagsleben, diese ist ganz offensichtlich noch weiter steige- sionen und ein wesentlich verbesserter Klima-
sind in Flaschenpfand und Rücknahmever- rungsfähig. komfort.
pflichtungen, Mülltrennung oder Energiekos- Dass ähnliche Effizienzsprünge in der Bauwirt-
tenzählern und in vielen anderen Veränderun- schaft erreicht werden können, wird von vielen Ökonomie und Ökologie
gen unmittelbar greifbar. Sie wirken auch in Beteiligten heftig bestritten. Den Gegenbeweis Effizienz ist eine primär ökonomische Katego-
der Wirtschaft – im zunehmenden Einsatz liefern die bereits ergriffenen Maßnahmen zur rie. Doch schon aus den erwähnten Beispielen
nachwachsender Rohstoffe und in hochwerti- Senkung des Energieverbrauchs. Ein vor 1970 wird deutlich, dass Effizienzsteigerung und
gen Recyclingprodukten, in neuen Kraftwerks- gebautes Wohnhaus verbraucht im Durch- Kostensenkung häufig Hand in Hand gehen
technologien und Systemen zur Nutzung schnitt jährlich ca. 25–30 l Heizöl pro m2 Wohn- mit geringerer Umweltverschmutzung: Der
erneuerbarer Energien. fläche. Legt man die derzeit in Deutschland Natur werden weniger natürliche Ressourcen
Anstelle der Effektivität tritt mehr und mehr geltenden rechtlichen Vorschriften der Energie- entzogen; es entsteht weniger Abfall, Luft und
Effizienzdenken. Dies spielt vor allem dort eine einsparverordnung (EnEV) an, darf ein Wohn- Atmosphäre werden geringer belastet. In vielen
Rolle, wo die Ressourcen knapp sind und glo- haus-Neubau heute maximal 6–7 l Heizöl pro Bereichen decken sich die Ziele von Ökonomie
baler Wettbewerbsdruck herrscht. Diese Ten- m2 und Jahr verbrauchen; andere Länder set- und Ökologie (Abb. A 4.2). Daneben ergeben
denz ist besonders deutlich nachvollziehbar zen ähnliche Maßstäbe. 4- und 6-Liter-Häuser sich Vorteile, die individuellen wie gesellschaft-

Kondratieff-Zyklen: 1. Zyklus 2. Zyklus 3. Zyklus 4. Zyklus 5. Zyklus


Dampfmaschine, Eisenbahn, Schifffahrt, Elektrizität, Chemie Mobilität, Erdöl, Informationstechnik,
Baumwolle Stahl Elektronik Ökologie

Analyse Projektion

Höhepunkt der Entwicklung 1825 1873 1913 1966 2015 ?


fundamentale Bedürfnisse Arbeit erleichtern Ressourcen weltweit Urbanität lebenswert Individualität und Probleme für die
verfügbar machen gestalten Mobilität fördern Mitwelt lösen
flächendeckende Netze Handelsnetze Verkehrsnetze Energienetze Kommunikationsnetze Wissensnetzwerke
prägende Applikationen Maschinen Lokomotive, Beleuchtung, Telefon, Auto, immaterielle Waren,
Bahnhöfe Kino Fernseher, EDV, Informationsanlagen
Raketen und -datenbanken
prägende Technologien Dampf Stahl Elektrizität Elektronik Multimedia
Synergie-Applikationen Konsumgüter Schifffahrt Chemie, Aluminium Erdölprodukte ökologische Problemlösungen,
Verkehrssysteme
Technologie-Synergien Mechanik Großantriebe Großanlagen Waffensysteme Sicherheits- und
Umwelttechnologien

Die langen Wellen


gesellschaftlicher und
wirtschaftlicher Entwicklung

A 4.4

25
Die Dinge richtig tun – über Effizienz und Nachhaltigkeit

lichen Nutzen bringen. Diese tragen zu einem erscheinen. Materie zur Sicherstellung des
gesellschaftlichen Wertewandel und dem Leit- täglichen Überlebens lässt sich eben nicht
bild einer nachhaltigen Entwicklung bei. durch nicht-materielle Dienstleistungen oder
Der heutige Reichtum ermöglicht es, in effizien- gar durch Information ersetzen.
te und umweltfreundliche Technologien zu Andererseits können Architektur und Bauen
investieren. Die Frühzeit der Industrialisierung nicht von einer als zwingend notwendig erach-
war geprägt von Schwerindustrie und Schorn- teten gesellschaftlichen Entwicklung abgekop-
steinen – schmutzig und ressourcenver- pelt bleiben. Das Beispiel der Energieeinspa-
schwendend. Heute sind die entwickelten Län- rung zeigt, dass neue Anforderungen nicht
der reich und mächtig, die Umweltbelastungen zwingend, wie noch in den 1980er-Jahren
werden spürbar geringer. Dies zeigt auch die befürchtet, das Ende der Architektur einläuten,
Umweltkurve von Simon Kuznets: Danach läuft sondern die Entwicklung energiesparender
die gesellschaftliche Entwicklung von arm und Bauformen und Technologien fördern können.
schmutzig über wohlhabend und schmutzig zu Ein Abkoppeln von allgemeinen Entwicklungen
reich und sauber (Abb. A 4.6). Wirtschaftlicher ist auch deshalb nicht möglich, weil Bauen
Wohlstand führt demnach zu einem umwelt- einen wesentlichen Wirtschaftssektor darstellt.
A 4.5 freundlichen Strukturwandel. Fast 50 % des gesamten Anlagekapitals der
Verständlich, dass gerade die Schwellenländer entwickelten Länder ist allein im Wohnungsbau
versuchen, dieses Modell nachzuahmen. Sie gebunden, ca. 70 % im gesamten Gebäude-
bauen deshalb ihre eigene Schwerindustrie bestand.
Umweltverschmutzung

und ihre eigenen Schornsteine. Aber das Berücksichtigt man darüber hinaus die Inan-
Modell, mit dem unser Wohlstand erzeugt spruchnahme von Ressourcen, wird der Hand-
wurde, ist nicht reproduzierbar. Denn die einst- lungsdruck noch deutlicher:
arm und reich und
mals unerschöpflich scheinenden Rohstoffquel-
schmutzig schmutzig len werden knapp. Der Gipfel der Ölproduktion • Das Bauwesen verbraucht ca. 50 % aller
ist wohl erreicht. Die Experten debattieren nur auf der Welt verarbeiteten Rohstoffe.
Umweltverschmutzer.«
»Armut ist der größte

Die Reichen sind die

noch darüber, ob das Öl in 20 oder in 50 Jah- • Der Bausektor erzeugt mehr als 60 % des
(M. Gandhi, Indien)

größten Umwelt-

ren zu Ende geht. Mit anderen Ressourcen, in Deutschland anfallenden Abfalls.


verschmutzer.

z. B. wertvollen Metallen, sieht es nicht viel bes- • Die Bewirtschaftung von Gebäuden in
ser aus. Wir stoßen an die Grenzen vieler natür- Deutschland erfordert ca. 50 % des gesam-
licher Systeme. Die überhastete Ressourcen- ten Energieeinsatzes.
arm und sauber reich und sauber
ausbeute löst den spürbaren Klimawandel aus,
Zeit der unsere Lebensgrundlagen gefährdet. Die Bauen ist eine Tätigkeit mit langfristigen Aus-
A 4.6 ultimative Grenze setzt nicht zwingend die Res- wirkungen. Eben getroffene Planungsentschei-
sourcenverknappung, sondern die Zeit, die dungen bewegen erhebliche Ressourcen.
noch bleibt, in der sich das Klimasystem der Bei einer derzeit üblichen Lebensdauer von
A 4.5 effizientes Tragwerk: Baum – Baumstütze
A 4.6 Umweltkurve nach Simon Kuznets Erde selbst stabilisieren kann. Gebäuden wird der Betrieb eines heute erstell-
A 4.7 internationaler Vergleich von Bürofläche pro Mit- Es gibt bereits Auswege und neue Modelle, ten Gebäudes mit einiger Sicherheit das Ende
arbeiter die darauf basieren, die Ressourceneffizienz des Öl- und Gaszeitalters erleben. Wie können
enorm zu steigern. Im Wuppertal-Institut bei- Architektur und Technik darauf ausgerichtet
spielsweise geht man heute davon aus, dass werden?
bis zur Mitte des Jahrhunderts die gleiche
Land durchschnittliche Bürofläche Wertschöpfung mit nur einem Zehntel des heu- Handlungsfelder
pro Mitarbeiter in m2 tigen Energie- und Ressourceneinsatzes mög- Die langen zeitlichen Perspektiven können das
Deutschland 30 lich ist, letztlich also eine weltweite »Demateria- Bauen vor kurzatmigen Trends und Moden
lisierung« um den Faktor zehn. Das ist eine bewahren. Zugleich laden sie der Architektur
Dänemark 20
gewaltige Herausforderung. Doch je mehr Roh- und Gebäudetechnik in Zeiten fundamentalen
Italien 20
stoffe knapp und entsprechend teuer werden, Wandels eine besondere Verantwortung auf,
Niederlande 20 umso mehr wird es sich lohnen, energie- und damit Nutzbarkeit, Sicherheit und Komfort auf
Schweiz 20 ressourceneffiziente Produkte herzustellen, d. h. Dauer sichergestellt werden können. Neue
Schweden 18 Verbrauch und Abfall zu vermeiden, Material- Ziele sind notwendig, die Handlungsfelder viel-
Frankreich 17
kreisläufe zu schließen, erneuerbare Energien fältig.
und nachwachsende Rohstoffe zu verwenden
Slowakei 15
und schließlich zu einer dienstleistungsorien- Energie
Spanien 15 tierten Wirtschaft zu gelangen. Eine dritte Der erreichte Stand der Technik lässt baulich
Großbritannien 14 industrielle Revolution scheint denkbar. Auch eine hohe Energieeffizienz zu. Zukunftstüchtige
Polen 14 hier liegen wie so oft Risiken und Chancen Gebäude werden alle Möglichkeiten der Ener-
Russland 14 dicht beieinander. gieeffizienz ausschöpfen: über Standortwahl,
Gebäudeform und -ausrichtung, Materialwahl
Belgien 12
Und das Bauen? und Wärmeschutz, technische Ausrüstung
Griechenland 12
Unsere Bauproduktion und der Gebäudebe- und viele weitere Parameter. Möglicherweise
Irland 12 stand sind bisher kaum von Umwelt- und Effizi- wird dies in Zeiten zur Neige gehender fossiler
Österreich 12 enzdenken durchdrungen. Einerseits ist es Energiequellen nicht ausreichen. Es ist zu ver-
Ungarn 12 kaum verwunderlich. Wenn Bauen die Schaf- muten, dass sich in Zukunft zwei Teilmärkte
Bulgarien 10
fung und Erhaltung unserer materiellen Umwelt entwickeln werden: Gebäude, die noch auf
sicherstellt, muss das Streben nach »Demate- fossile Energiequellen angewiesen sind und
Estland 10
rialisierung« auf den ersten Blick deplatziert solche, die sich vollständig davon unabhängig
A 4.7

26
Die Dinge richtig tun – über Effizienz und Nachhaltigkeit

machen. Die Möglichkeiten der standortbezo- Architekten sehen sich häufig mit Raumpro- Gebäudehülle nicht nur sommerlichen wie
genen Nutzung unerschöpflicher, erneuerbarer grammen konfrontiert, die weder zukunftstaug- winterlichen Wärmeschutz, sondern steigert
Energiequellen im Bauen sind vielfältig: Geo- lich noch wirtschaftlich sind. Bürogebäude auch das Wohlbefinden der Benutzer. Eine
thermie über Gründung und Bohrungen, Wind- z. B. sind meist zellular organisiert, hochdiffe- geschickte Dimensionierung und Lage der
energie über Rotoren am oder im Gebäude, renziert und wenig anpassungsfähig. Solche Fensteröffnungen garantiert gute Tageslicht-
Sonnenenergie über die Aktivierung der Ge- Flächen sind heute nur noch schwer zu ver- bedingungen und vermeidet Überwärmung,
bäudehülle und vieles mehr. Diese Energie- mieten, weil sie kleinteilige und kaum verän- bei Einsparung von Energie und Kosten. Die
quellen zu erschließen, erfordert heute in der derbare räumliche Strukturen aufweisen. Der sorgfältige Wahl gesundheitlich unbedenk-
Regel noch Mehrinvestitionen. Doch bietet Flächenanspruch pro Person für Bürofläche licher und umweltfreundlicher Materialien
dies im laufenden Betrieb den nicht zu unter- liegt in Deutschland bei durchschnittlich ca. trägt wesentlich dazu bei, Unwohlsein und
schätzenden Vorteil, dass die Energiequellen 30 m2, in anderen europäischen Ländern bei das »Sick-Building-Syndrom« zu vermeiden
langfristig kostenlos und sicher verfügbar unter 20 m2 (Abb. A 4.7) [5]. Die zugrunde und erspart hohe Aufwendungen bei der mög-
bleiben. liegenden räumlichen Strukturen behindern licherweise schon frühzeitig notwendigen
nicht nur die Kommunikation und Produktivität, Entsorgung. Gesunde und angenehme Raum-
Baustoffe und Konstruktionen sondern auch die bauliche Anpassungsfähig- luftqualitäten setzen gute Lüftungskonzepte
Der Materialeinsatz für ein Gebäude lässt sich keit und Flexibilität, um eine weitere Nutzung voraus, die wiederum energiesparend sind
im Sinne der Ressourceneffizienz erheblich auch bei veränderten Bedarfsanforderungen und eine robuste, einfache Technologie bedin-
reduzieren. Noch wiegt ein Kubikmeter Brutto- zu ermöglichen. Oft wird übersehen, dass gen. Anpassungsfähige und kommunikations-
rauminhalt eines Wohnhauses im Durchschnitt gerade in den frühen Planungsphasen der freundliche Strukturen, die ohne barrierefreie
ca. 600 kg; ein normales Einfamilienhaus mit Schlüssel für ein Gebäude liegt, das hohe ar- Gestaltung nicht denkbar sind, gewährleisten
500 m3 Rauminhalt bindet entsprechend ca. chitektonische Qualität mit Wirtschaftlichkeit hohe und lang andauernde Nutzungsqualitä-
300 t Baustoffe. Die Möglichkeiten, Material und Umweltfreundlichkeit verbindet. Um dies ten. Dichte und Nutzungsmischung schaffen
effizient einzusetzen und Baustoffe in geschlos- zu erreichen, sind differenzierte und sorgfältig nachhaltige Städte und Gebäude, erleichtern
sene Materialkreisläufe einzubinden, werden entwickelte Pflichtenhefte für Gebäude erfor- gleichermaßen soziale Kontakte und Individua-
erst in Ansätzen genutzt. Doch gesetzliche derlich, die auch den Betrieb und vorherseh- lität. In all diesen Aspekten gehen wirtschaft-
Regelungen sind bereits in Planung: Die Bun- bare Veränderungen in ihren Anforderungs- liche Kriterien, Umweltqualitäten und gesell-
desregierung und die EU werden mit der katalog einbeziehen und über allgemein formu- schaftliche Wirkungen Hand in Hand.
»Nachhaltigkeitsstrategie« und der »Europäi- lierte, deshalb letztlich unverbindliche Appelle
schen Bauproduktenrichtlinie« die Anforderun- hinausgehen. Ausblick
gen formulieren und Nachweise für die Umwelt- Weil wir an die Grenzen vieler natürlicher
belastung von Baustoffen im Sinne von Öko- Standort und Grundstück Systeme stoßen, scheinen die Probleme über-
Bilanzierungen oder Öko-Audits voraussichtlich Die Standortwahl von Bau- und Sanierungs- hand zu nehmen. 9 Milliarden Menschen
ab 2010 fordern. Noch viel spannender wird es maßnahmen stellt einen immer wichtiger wer- wollen 2050 auf unserem Planeten gut leben.
sein, kreative Schritte zur Entwicklung leichte- denden Schlüsselfaktor für Umweltschutz und Die Architektur schafft hierzu wichtige Vor-
rer, nicht nur leicht wirkender Architektur zu Wirtschaftlichkeit dar. Mehr als die Hälfte der aussetzungen. Nachhaltige Technologien
unternehmen und sich konsequent immer wie- Weltbevölkerung lebt bereits in Städten. Das stehen zur Verfügung. Die Verbesserung
der nutzbarer oder nachwachsender Rohstoffe Leben in Städten ist ökonomisch und umwelt- der sozialen Verhältnisse breiter Bevölke-
zu bedienen. Ein geringerer Materialeinsatz freundlich, denn Dichte ist effizient. Die not- rungsschichten auf unserem Planeten scheint
erhöht die Chance, hochwertige Baumaterialien wendige technische Infrastruktur ist nur bei machbar. Wir haben das notwendige Geld
verwenden zu können, und verringert somit die dichter Besiedelung auf Dauer zu garantieren. und Nachhaltigkeit rechnet sich zusehends.
Gefahr des Einsatzes von wohn- und umwelt- Die Zugänglichkeit aller Einrichtungen verbes- Die Aufgabe ist keine geringere, als die mate-
schädlichen Stoffen. sert sich durch Nähe, ermöglicht eine Vielfalt rielle Grundlage unserer Zivilisation umzuge-
kommerzieller, sozialer und kultureller Angebo- stalten.
Lebenszyklus te. Öffentlicher Nahverkehr ist nur bei Dichte Die große Barriere liegt in unseren Köpfen –
In Hinblick auf die meist hohe Lebensdauer wirtschaftlich attraktiv. Die Verkehrsbewegun- wir können uns eine nachhaltige Zukunft,
eines Gebäudes sollten entsprechend lang- gen reduzieren sich. Gerade in Regionen mit nachhaltiges Bauen für die Zukunft noch
lebige und wartungsarme Bauteile verwendet schrumpfender Bevölkerung wird es zwingend nicht vorstellen. Auf einem Planeten mit viel
werden. Instandsetzung, technische Aufrüs- notwendig, Dichte weiterhin sicherzustellen Armut ist der Mangel an Vorstellungskraft
tung und gestalterische Aufwertung sind den- und damit einer Abwärtsspirale entgegenzu- die größte Armut. An diese Armut dürfen wir
noch weiterhin unvermeidliche Zäsuren im wirken. uns nicht gewöhnen. Architekten und Ingeni-
Lebenszyklus eines Gebäudes. Bauteile und eure haben beste Voraussetzungen, die Bau-
Materialien sollten für Instandsetzung und Aus- Individueller und gesellschaftlicher Nutzen steine einer nachhaltigen, besseren Zukunft
tausch möglichst zerstörungsfrei trennbar sein, Die beschriebenen Handlungsfelder können zu entwickeln, zu visualisieren und in den
im Falle von Rückbau oder Abbruch wiederver- nur in Ansätzen den erheblichen Handlungs- großen, globalen Zusammenhang zu stellen,
wendbar. Wie bereits im Geräte- oder Automo- bedarf verdeutlichen. Die Argumentation nicht als Tagträumerei, sondern wie Städte
bilbau üblich, sollte auch im Bausektor eine auf der Grundlage primär ökonomischer und Häuser als Ganzes sowie im Detail aus-
umfassende Rücknahmeverpflichtung für Bau- Begründungen soll verdeutlichen, wie eng sehen könnten.
elemente realisiert werden. Eine integrale die Bereiche Umwelt und Wirtschaft mittler-
Betrachtung von Baukosten und Betriebskos- weile verzahnt sind. Diese Handlungsfelder
Anmerkungen:
ten, das so genannte Life Cycle Costing, trägt vermitteln aber auch, dass mit dem ökologi- [1] Kondratieff, Nikolai: Die langen Wellen der Konjunk-
in seinem ganzheitlichen Ansatz wesentlich schen und dem wirtschaftlichen Vorteil auch tur. In: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozial-
dazu bei, die Bau- und Prozessqualität sowie der individuelle und gesellschaftliche Nutzen politik, Jg. 56 / 1926
die Effizienz im Bauen zu steigern. steigt. Unter Gesichtspunkten der Nachhaltig- [2] Nefiodow, Leo A.: Der sechste Kondratieff. Sankt
keit erstellte und sanierte Gebäude und Dienst- Augustin 2007
[3] Grauel, Ralf: Es werde Licht! In: Brand Eins. 10/2004
Anpassungsfähigkeit leistungen steigern unsere Lebensqualität, [4] DIN EN ISO 9000:2000: Grundlagen und Begriffe zu
Vor der baulichen Umsetzung stehen die Be- den Komfort und oft auch unsere Sicherheit. Qualitätsmanagementsystemen
darfsermittlung und das Nutzungskonzept. Beispielsweise bietet eine energiesparende [5] Die Welt vom 3. August 2006, S. 20

27
Solare Architektur

Thomas Herzog

A 5.1
Was die Nutzung von Solarenergie in der Man bedenke: Die Verbesserung der Wärme-
Architektur angeht, so hat sich die Sicht der dämmung kann bei großen Verglasungen
Dinge geändert. Noch vor einigen Jahren ging bewirken, dass das Problem der Kühlung von
es vorrangig darum, überhaupt solare Energie Gebäuden – dies gilt speziell für Verwaltungs-
zu nutzen, um in den Wintermonaten Heizen- bauten – im Sommerhalbjahr deutlich zunimmt.
ergie einzusparen bzw. um warmes Brauch- Heutzutage werden für die Beheizung von Büro-
wasser zu erzeugen. Seither wurden auf bei- bauten bereits Durchschnittswerte von unter
den Gebiten Fortschritte gemacht, sowohl was 10 % des Gesamtenergieverbrauchs des
die Entwicklung von Gebäudetypen angeht – Gebäudes erreicht, dagegen liegt die Kühlung
z. B. durch große Südverglasungen, stark um 10 bis 20 % höher. Gleichzeitig benötigt die
gedämmte und geschlossene Nordseiten, Kühlung pro Kilowattstunde ungefähr die drei-
Grundrisszonierung nach Art der thermischen fache Menge an Primärenergie, sodass de
Zwiebel, günstiges Verhältnis von Volumen zur facto der fünf- bis zehnfache Energiebedarf für
Oberfläche, Gebäudeorientierung u. a. – als Kühlzwecke entstehen kann. Variable g-Werte
auch was die Verbesserung der Aktivtechnik (Gesamtenergiedurchlassgrad) werden des-
betrifft (höhere Effizienz und Zuverlässigkeit). halb bei Außenwandkonstruktionen als Mög-
Dies gilt für Heizungssysteme und für Warm- lichkeit angestrebt, unterschiedlich auf Klima-
wassererzeugung, wo inzwischen ein Stand wechsel zu reagieren. Erste Anwendungen –
der Technik erreicht ist, der es ermöglicht, wie z. B. die Fassade mit Lichtlenkelementen
selbst in Mitteleuropa 60 % und mehr des bei den Verwaltungsgebäuden in Wiesbaden –
Warmwasserbedarfs von Wohnbauten über zeigen große Erfolge (Abb. A 5.6).
thermische Kollektoren oder Speicherkollekto- Auch neue Aktivtechniken wie solare Kühlsys-
ren aus Solarenergie zu gewinnen. teme sind vielversprechend, da die meiste
Energie zur Verfügung steht, wenn der Energie-
Nutzung von Solarenergie bedarf am größten ist. Reduziert man aber die
In den 1980er-Jahren gab es einen Dissens transparenten und transluzenten Anteile der
bezüglich der Bewertung des Anteils großer Gebäudehülle, sodass weniger Tageslicht ins
Glasflächen auf den Gebäudesüdseiten; sei- Gebäude eindringt, so erhöht sich der Anteil
nerzeit bestand noch nicht die Bereitschaft, der ergänzenden künstlichen Beleuchtung ent-
solare Gewinne in die Erfassung des Energie- sprechend. Nach Untersuchungen an der
haushalts einzubeziehen. Fachleute, die sich Universität Cambridge liegt heute der Anteil,
im Bereich der Normung engagierten und ihr der für die Beleuchtung benötigt wird, bei Ver-
Ziel darin sahen, den Verbrauch an fossilen waltungsbauten bei durchschnittlich 30 % ihres
Brennmaterialien durch staatliche Vorschriften Energieverbrauchs. Diese Konflikte zeigen,
zu verringern, hatten zunächst die klare Prä- dass im Gesamtzusammenhang viele Aspekte
misse der Reduzierung des U-Wertes, der den eine Rolle spielen.
Wärmedurchgang durch die Außenwände
eines Gebäudes charakterisiert. Es entstand »Intelligente« Gebäudetechnik
die primitive Version vom Gebäude als Bezogen auf den Betrieb von Gebäuden nutzen
Thermoskanne. Methodisch gesehen war dies wir Umweltenergien für ihre natürliche Belich-
eine monokausale Betrachtungsweise, die zu tung, für ihre Lüftung – soweit dies physio-
wenig berücksichtigt, dass Bauten als Ganzes logisch oder aus Gründen der Instandhaltung
funktionelle, technische und ästhetisch hoch- erforderlich ist –, zur Wärmegewinnung, zur
komplexe Gebilde darstellen. Über die trans- Kühlung und ggf. über Photovoltaik auch zur
parenten, transluzenten und opaken Bereiche Gewinnung von Strom. Daraus ergeben sich
ihrer Hülle fließt grundsätzlich Energie in bei- häufig Situationen, bei denen diese Nutzungs-
A 5.1 Kongress- und Ausstellungszentrum, Linz (A) den Richtungen auf unterschiedliche Weise, möglichkeiten zueinander in Widerspruch ste-
1993, Herzog + Partner
A 5.2 Dachkonstruktion, EXPO Hannover (D) 2000,
abhängig sowohl von lokalen Gegebenheiten hen: Je nach Jahreszeit, Tageszeit und Witte-
Herzog + Partner als auch von den jeweiligen Parametern des rungsbedingungen, je nach Nutzungsart,
A 5.3 Atelierhaus, München (D) 1994, Herzog + Partner Gebäudes. -zeitraum und -dauer entstehen im einzelnen

28
Solare Architektur

A 5.2
Gebäude unterschiedliche Ansprüche an die fahren auf und ab, verstellen ihre Neigungswin- gien zu sein. Weitgehende und oft unnötige
genannten Funktionen. Es liegt deshalb nahe, kel, Tageslicht-Ergänzungsbeleuchtung geht Automation birgt erhebliche Risiken und bedenk-
von so genannten »intelligenten« Gebäuden – automatisch an und aus, Lüftungsklappen als liche Folgen: Störanfälligkeit der technischen
ein Modebegriff, der sich auch bei uns etabliert Nachströmöffnungen werden geöffnet oder Systeme und ihrer Komponenten, Erhöhung der
hat – zu erwarten, dass sie auf die sich ständig geschlossen, die Ventilatoren- und Befeuchter- Baukosten, Vermeidung der Ursachenwahrneh-
ändernden Bedingungen und Situationen ent- leistung variiert etc.). mung eigenen Fehlverhaltens, weiter steigende
sprechend reagieren können. Weite Bereiche unseres alltäglichen Lebens sind Abhängigkeit der Menschen von immer neuen
Folgendes ist hierzu anzumerken: Die Gebäu- von solchen, im Wesentlichen elektronischen technischen Systemen sowie wachsende Ab-
deleittechnik, die gewissermaßen das Gehirn Steuerungs- und Regelungsvorgängen und ent- hängigkeit von Herstellern und Wartungsfirmen.
mit den Nerven in einem solchen System dar- sprechend selbstständig auf Einzelsituationen Damit aber – bezogen auf die Auswirkungen im
stellt, übernimmt Regel- und Steuerungsfunktio- reagierenden technischen Prozessen bestimmt. Baubereich und in der Stadtplanung – die richti-
nen, die gekoppelt sind an sich verändernde Es stellt sich die Frage nach der richtigen Balan- gen Handlungsmuster entstehen können, ist es
Zustände, sowohl im Bereich der Energieversor- ce. Im Hinblick auf Gebäude scheinen mir Dinge erforderlich, Dinge bewusst zu machen. Phäno-
gung (Wärmeerzeugung / -verteilung / -abgabe) wie der Blindanflug einer Passagiermaschine im mene müssen verstanden werden, damit sich
des Gebäudeinneren wie auch im Bereich der Nebel, ABS oder elektronische Antriebsschlupf- richtiges Handeln anschließen kann. Dement-
Manipulation an der Gebäudehülle (Jalousetten kontrolle beim Pkw nicht die geeigneten Analo- sprechend sollten die elektronischen Systeme
in einem Gebäude hauptsächlich der menschli-
chen Orientierung dienen und allenfalls in gerin-
gem Umfang automatisch erfolgende Zustands-
veränderungen im Bereich der Gebäudehülle
veranlassen.
Um nicht geistig und seelisch zu verkümmern,
müssen die Menschen anstreben, ihre Umwelt –
und die künstlich geschaffene gehört dazu –
auch in Zukunft nach wie vor mit all ihren Sinnen
wahrzunehmen, anstatt nur mit einigen Joy-
sticks den virtuellen Raum zu manipulieren.
Der bewusste und richtige Umgang mit einem
Gebäude setzt voraus, dass man es versteht.
Es wäre also wichtig, dass die »intelligenten
Systeme« beispielsweise aufzeigen, ob jemand
durch sein Verhalten – wie das Kippen eines
Fensters im Winter oberhalb eines durch Ther-
mostat gesteuerten Heizkörpers – Wärmeener-
gie nutzlos vergeudet oder durch den Betrieb
bestimmter Geräte unnötig Strom verbraucht.
Was nützt eine erst im Folgejahr eintreffende
Heizkostenabrechnung in diesem Zusammen-
hang? Niemand kann mehr rekonstruieren,
was zu ihrer Höhe geführt hat. Hier geeignete
Systeme zu entwickeln, ist eine hochrangige
Designaufgabe, die wir noch vor uns haben.
Längst Realität sind dagegen EDV-Tools für
Simulationen in unterschiedlichen Bereichen:

thermisch
• Verwalten von Klimadaten
• Aufstellen von Nutzungsprofilen
• Bearbeiten bautechnischer und geome-
trischer Variablen
A 5.3

29
Solare Architektur

A 5.4
lichttechnisch diesen Zukunftsmodellen, sondern auch in der erscheint – zu verbinden, da heutzutage eine
• mit Mehrfachreflexion, wobei aber etliches in seinerzeit zu beobachtenden Alltagswirklichkeit, räumliche Trennung von industriellen und
der Visualisierung noch irreführend ist vorrangig verursacht durch die erwähnte Ent- umweltbelastenden Vorgängen vom Bereich
flechtung der Funktionen der Stadt. des Wohnens nicht mehr zwingend verlangt
Neue Komponenten sind in Entwicklung, bereits Heute weiß man, dass rund ein Viertel der ver- wird, wie dies noch im vorigen Jahrhundert
in Erprobung oder Erstanwendungen wie: brauchten fossilen Energie in Verkehrsabläufe vielfach der Fall war.
fließt, mit den allseits bekannten, negativen Konkret heißt dies: Die Mischung der Funktio-
• Vakuum-Wärmedämmung Auswirkungen. Aus diesem Grund besteht die nen sollte sich in den baulichen Strukturen ein-
• Gläser, die auf wechselnde Solarstrahlung Hauptaufgabe nicht nur darin, fossile Brenn- binden lassen. Hervorragende Vorläufer gibt es
reagieren bzw. schaltbar sind und mit Edel- stoffe zu ersetzen oder den auf den einzelnen beispielsweise in den Wohnungsbauten der
gasfüllungen U-Werte von < 0,5 erreichen Transportfall bezogenen Verbrauch zu reduzie- zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, lange
• elektrochrome und thermotrope Gläser mit ren, sondern auch die Ursachen für dieses Ver- bevor man dem Irrtum vermeintlich optimaler
variablen g-Werten kehrsaufkommen zu überdenken und zu kor- Wohnungsgestaltung auf der Grundlage von
• Lüftungskomponenten mit Vorwärmung rigieren. Es geht dabei nicht um Extremlösun- Stellflächennormen, wie jahrzehntelang nach
durch Solarstrahlung gen, sondern darum, die städtischen Funktio- dem Zweiten Weltkrieg geschehen, aufgeses-
• desintegrierte Systeme (mit unterschiedlicher nen – wo immer es möglich und vernünftig sen war. Wir brauchen also bauliche Strukturen,
Lebensdauer, unterschiedlichen technischen
Prozessen der Kombination)
• Nutzung (Aktivierung) interner Massen durch
Bauteilheizung und -kühlung
• hochflexible Photovoltaikmodule
• großformatige Photovoltaikgläser (bis 9 m2)

Einige Gedanken zur Stadt


Bereits in der ersten Hälfte der 1960er-Jahre
hatten wir erkannt, dass nicht zuletzt durch die
Forderungen der Charta von Athen infolge der
erreichten Trennung der städtischen Funktionen
– Wohnen, Produktion, Freizeit – Verluste für die
Qualität der modernen Stadt entstanden waren.
Unser Interesse konzentrierte sich damals aller-
dings auf die Merkmale der Komplexität, die es
galt wiederzugewinnen.
Wir dachten dabei an Verdichtung, Verflech-
tung, Urbanität, städtische Vielfalt und speziell
an die Auswirkungen im städtischen Raum
infolge der sich ändernden Nutzungen. Die
Hoffnungen junger Architekten richteten sich
seinerzeit auf große, variable Strukturen, wie
sie zunächst von Yona Friedmann für Paris,
von Eckhard Schulze-Fielitz z. B. für Halden
im Ruhrgebiet, von Kisho Kurokawa für große
Einzelbauten und von Kenzo Tange für die
Bucht von Tokio entworfen wurden. In diesen
Planungen schlug man Lösungen für den
gewaltig zunehmenden Verkehr – insbesondere
den Autoverkehr – bis hin zur völligen Freihal-
tung großräumiger Verkehrsebenen unter der
Bebauung vor. Infrage gestellt wurde dieser
Verkehr nicht, sichtbar war er aber nicht nur in
A 5.5

30
Solare Architektur

A 5.4 Entwurfsskizzen für Produktionshallen in Bad


Münder
A 5.5 Doppelwohnhaus, München-Pullach (D) 1989,
Herzog + Partner
A 5.6 Verwaltungsgebäude, Wiesbaden (D) 2001,
Herzog + Partner
A 5.7 Produktionshallen, Bad Münder (D) 1992,
Herzog + Partner
A 5.8 Wohnungsbau, Linz (A) 1999, Herzog + Partner
A 5.6
die im Bereich ihrer inneren Erschließung, ihrer zwangsläufig mit sozialen und hygienischen rückt. Sich nur mit Blick auf das eigene Wohl-
Flächendisposition und ihrer Raumnutzung er- Fehlentwicklungen mancher Stadtentwicklung ergehen zu engagieren, ist allgemein üblich
heblich neutraler sind, als dies für die meisten der Vergangenheit einher (Stichwort »Zilles- geworden. Eine Gesellschaft, die sich in huma-
Wohnungsbauten – zumal die öffentlich geför- Milieu«), übersieht, dass sich die materiellen nen Kategorien weiterentwickeln will, ist aber
derten – heutzutage charakteristisch ist. Bedingungen unserer Zivilisation in den maß- mehr als eine Summe von auf sich selbst bezo-
Eine andere Konsequenz hieraus wäre, Bebau- geblichen Kategorien grundlegend verbessert genen Individuen. Eine ganzheitliche Problem-
ungen möglichst zu verdichten. Nur wenn in haben. Wer den einschlägigen gebäudetechni- betrachtung wird immer wichtiger. Erreicht wer-
einem Quartier sowohl genügend Kaufkraft vor- schen Stand der Technik kennt – dies betrifft den kann sie nur, wenn es gelingt, die disziplin-
handen ist, als auch die Distanzen zu Einrich- Heizung, Lüftung, Sanitäres, Tageslichttechnik übergreifenden Denk- und Arbeitsansätze zwi-
tungen für den täglichen Bedarf für Fußgänger und baukonstruktiv-bauphysikalische Syste- schen Natur- und Ingenieur-, Geistes-, Wirt-
kurz genug sind, lässt sich eine wirksame me – wird das bestätigen. schafts- und Sozialwissenschaften zu intensivie-
Funktionsmischung erzielen; gleichzeitig kann Der Architektenberuf gehört zu den wenigen, ren und wenn Umweltgestaltung seriös betrie-
der motorisierte Verkehr in nennenswerter die in ihrem Gegenstand und ihrem Arbeits- ben als komplexe Kerndisziplin verstanden wird.
Größenordnung reduziert werden. Damit geht ansatz umfassend sind. Architekten beschäfti-
natürlich auch eine Verringerung des Landver- gen sich ganzheitlich mit komplexen Systemen, Der Text ist die überarbeitete Fassung der Erstveröffent-
brauchs und der Infrastrukturkosten einher, die vom theoretischen Konzept über die räumliche lichung in Detail 3/1999.
sowohl im Hinblick auf Investitionen wie auch Dimensionierung und Zuordnung bis hin zum
auf den Unterhalt für die Gemeinden große praktischen Gebrauch des technischen Groß-
Bedeutung haben. gegenstands Gebäude. Allerdings werden die
Gerade hier bedarf es neuer Leitbilder, die Methoden und Arbeitsweisen, aber auch die
gesellschaftlich akzeptiert werden. Das Ideal Art der Kooperation mit Spezialisten, sei es im
vom Wohnen im Grünen vermittelt ja völlig Bereich der Naturwissenschaften oder der
unzutreffenderweise den Eindruck, es würde materiellen Umsetzung, in den kommenden
sich dabei um eine ökologisch sinnvolle Stra- Jahrzehnten wahrscheinlich grundlegende
tegie handeln. Das Eigenheim am Stadtrand Veränderungen erfahren.
bei geringerer Dichte gibt zwar dem einzelnen
das Gefühl der Nähe zur Natur, macht aber Ausblick
abhängig von Verkehrsmitteln, erhöht den Ein Großteil der Probleme, die wir heute im
Treibstoffverbrauch sowie die Umweltbelas- Bereich der natürlichen Lebensressourcen
tung und hat zum Teil verheerende soziale und durch die zivilisatorischen Fehlentwicklun-
Auswirkungen. Auch dies ist im Grunde ja gen haben, ist auf einseitige Optimierungen
keine neue Erfahrung. Schließlich gibt es das zurückzuführen, bei denen die Auswirkungen
Schlagwort von der »Grünen Witwe« seit Jahr- in anderen Lebensbereichen nicht hinrei-
zehnten. chend bedacht wurden. Erfolg hat man allemal A 5.7
Weil eben viele Städte in ihrem Innenbereich leichter, wenn unangenehme oder störende
zu wenig Wohnraum mit echtem urbanen Gefü- Begleiterscheinungen nicht zur Kenntnis
ge – ohne dass dies den Charakter von Sied- genommen oder verdrängt werden; wenn es
lungen hätte – bieten, haben wir täglich Millio- um Superlative von Leistungen geht: schneller,
nen von Berufspendlern. Weil die baulichen höher, weiter; um maximale Höhe von Bauten,
Strukturen zu wenig an Veränderungspotenzial kürzeste Bauzeiten, größte Beschleunigung
eröffnen, haben wir gleichzeitig Millionen von und den kürzesten Bremsweg von Sport-
Quadratmetern Leerstand – gebundene, inef- wagen; nicht aber, wenn Ausgewogenheit und
fiziente Energie- und Materialressourcen, die Balance die Zielsetzung des Handelns sind.
zu dem opulenten Durchschnittsmaß von über Will man dies aber erreichen, so scheint es
40 m2 Wohnfläche, welche heute pro Bundes- eine der wesentlichen Voraussetzungen bezo-
bürger in Deutschland zur Verfügung stehen, gen auf den Zusammenhang zwischen techni-
als Aufwand noch hinzukommen. schen Prozessen, dem Haushalt der Natur und
Wer Sorge hat, erhöhte Dichte und räumliche sozialer Verantwortung zu sein, dass die lang-
Enge, die wir in den Straßen und Gassen süd- fristige gemeinsame Verantwortung für das
licher Länder so sehr bewundern, gehen hier Allgemeinwohl wieder stärker ins Bewusstsein
A 5.8

31
Planen und Bauen
in Lebenszyklen

Karl-Heinz Petzinka, Bernhard Lenz

A 6.1
Der Begriff »Lebenszyklus« deutet bereits an, und Zinsfußentwicklung nur schwer vorher-
dass natürliche ebenso wie künstliche Systeme sagen lassen. Trotz dieser Unsicherheiten
einem Kreislauf des Entstehens und Vergehens sollte auf ein LCC nicht verzichtet werden, da
unterliegen. So beschreibt der Lebenszyklus es ein effizientes Instrument darstellt, mit dem
eines Gebäudes die Zeitspanne, die zwischen sich konkurrierende Lösungen aus einer Hand
dem Bau und dem Abbruch einer Immobilie vergleichen und entsprechend bewerten las-
liegt. Die Erkenntnis, dass eine lebenszyklus- sen.
gerechte Planung ein hohes Potenzial an Ein- Oftmals bezieht sich ein LCC nur auf Einzel-
sparmöglichkeiten beim Unterhalt eines Ge- bauteile eines Gebäudes wie z. B. Fassaden-
bäudes birgt, ist keinesfalls neu. Dies zeigen elemente. Auf dem Markt verfügbare Simula-
bereits die Kostenanalysen der Baumeister Phi- tionssoftware betrachtet ebenfalls nur einzelne
lokles und Archilochos, die im 5. Jh. v. Chr. das Bauteile und weist ihnen aufgrund ihrer Eigen-
Erechtheion auf der Akropolis erbauten [1]. schaften eine bestimmte Lebensdauer zu,
Für zeitgemäße Finanzierungs- und Planungs- woraus sich wiederum Folgekosten für die
modelle wie z. B. Public Private Partnership Immobilie ableiten lassen. Lebenszykluskos-
(PPP) sind lebenszyklusorientierte, also über tenberechnungen werden aber auch bei der
die reinen Investitionskosten hinausgehende Wertermittlung von Immobilien eingesetzt.
Betrachtungen unerlässlich. Bei PPP-Projekten, Keinerlei Beachtung finden allerdings Para-
bei denen Finanzierung, Erstellung und Betrieb meter wie gestalterische Qualität, Komfort,
in der Regel aus einer Hand erfolgen, können Attraktivität und Ausstattungsstandard. Da
generell Gesamtkostenvorteile von 10 % und jede Immobilie in der Regel eine definierte
mehr erzielt werden. Diese resultieren nicht nur Rendite erwirtschaften muss und diese auch
aus einer preiswerteren Errichtung, sondern von Faktoren wie Zeitgeist und Mode beein-
auch zu einem erheblichen Anteil aus einem flusst wird, kann eine rein auf technische
kostenoptimierten Betrieb der Immobilie. Aspekte ausgerichtete Berechnung kaum
Da die Erstellung eines Gebäudes naturgemäß zu einem aussagekräftigen Ergebnis führen.
mit hohen Investitionen verbunden ist, führt
dies nur allzu oft dazu, dass sich die Betrach- Lebenszyklusgerechtes Planen
tungen der Investoren und Immobilieneigentü- Planungsleistungen werden anhand der ent-
mer lediglich auf die Investitionskosten fokus- stehenden Ausführungskosten beurteilt, eine
sieren. Eine Berücksichtigung des zukünftigen Berücksichtigung der Betriebskosten erfolgt
Unterhalts bleibt hier häufig außer Acht. Dabei in der Regel nicht. Bei einer lebenszyklusge-
können die Unterhaltskosten einer Immobilie rechten Planung muss die gesamte Lebens-
ein Vielfaches der Baukosten betragen. Mit dauer eines Gebäudes einbezogen werden.
einer lebenszyklusgerechten Analyse lassen Da die Betriebskosten einer Immobilie im
sich markante ökonomische und energetische Unterschied zur Gebäudeerrichtung kaum
Potenziale erschließen. unter Wettbewerbsdruck stehen, entsteht ein
gewisser Widerspruch zur HOAI, die den
Lebenszykluskosten Planer zur wirtschaftlichen Durcharbeitung
In der zum Lebenszyklus zugehörigen Lebens- anhält, aber nicht zwingend zu innovativen,
zykluskostenberechnung (Life Cycle Costing, nachhaltigen und kostenoptimierten Lösungen
LCC) werden die Höhe der Planungs-, Erstel- für den Gebäudeunterhalt führt. Gerade eine
lungs-, Betriebs-, Unterhalts-, Werterhaltungs-, Investition in eine optimierte Unterhaltspla-
A 6.1 Sanierung der Jahrhunderthalle, Bochum (D) Abbruchs- und Entsorgungskosten in einer nung kann zu deutlich verringerten Betriebs-,
2003, Petzinka Pink Architekten Gesamtkostenberechnung zusammengefasst. Nutzungs- und Instandhaltungskosten und
A 6.2 Zusammenhang zwischen Technisierungsgrad Das LCC steht somit für den ganzheitlichen somit zu merklich reduzierten Gesamtkosten
und Lebenszykluskosten Ansatz einer kostenoptimierten Gebäudepla- sowie zu einem deutlich geringeren Energie-
A 6.3 typische Betriebskostenverteilung eines Büro-
gebäudes
nung und erfolgt typischerweise in Form einer verbrauch beitragen. Entscheidend ist hierbei
A 6.4 Sanierung der Nürnberger Hypothekenbank, dynamischen Investitionskostenberechnung, eine sorgfältige Planung, da höhere Erstel-
Düsseldorf (D) 1998, Petzinka Pink Architekten wobei sich Parameter wie die künftige Preis- lungskosten nicht zwangsläufig zu Einsparun-

32
Planen und Bauen in Lebenszyklen

sonstige Kosten
Verwaltungsaufwand 8,6 %
hoch

4,1% elektrische Energie


28,4 %
Technisierungsgrad

Bewachung
4,7%
mittel

Mittelwert
niedrig

Heizung
12,1 %
Reinigung
30 40 50 60 70 80 90 100 110 31,6% sonstige
Lebenszykluskosten [CHF/m2EBFa] Verbrauchsgüter
2,1 %
Instandhaltung Instandhaltung
Verwaltungsgebäude Pflegeheime von Maschinen von Gebäuden
Wohngebäude Schulgebäude 4,2% 4,2 %
A 6.2 A 6.3
gen bei den Betriebskosten führen. Insbe- Wartungs- und Instandhaltungskosten entspre- Nutzungsintensitäten oder technischen
sondere im Bereich der technischen Gebäu- chend ab. Beinhaltet ein Bauteil ein Minimum Fortschritts vorzeitig ausgetauscht werden
deausrüstung kann ein geringerer Grad an an unterschiedlichen Baustoffen, zieht das müssen.
Technologie auch zu verminderten Unterhalts- eine verbesserte Gesamtbilanz nach sich, da Allgemein lassen sich bei der lebenszyklus-
kosten beitragen (Abb. A 6.2). Der Architekt weniger Austauschzyklen entstehen und diese gerechten Planung zwei gegenläufige Strate-
sollte also darauf achten, welcher Technisie- besser aufeinander abgestimmt werden kön- gien unterscheiden. Zum einen kann der Archi-
rungsgrad den Ansprüchen an das Gebäude nen. Im Sinne der Nachhaltigkeit und der tekt lange Zyklen definieren, die nach Möglich-
idealerweise gerecht wird und welche Technik Ökonomie muss eine lebenszyklusgerechte keit viele Bauteile umfassen und in größeren
mikroklimatischen Standortfaktoren förderlich Planung über eine instandsetzungs- und war- Abständen langfristig vorhersehbare umfassen-
ist. tungsfreundliche Struktur verfügen. Eine sol- dere Investitionen nach sich ziehen. Zum ande-
Bei den eingesetzten Materialien muss hin- che würde eine Schichtung der Bauteile unter ren besteht die Möglichkeit, relativ kurze Aus-
sichtlich des Lebenszyklus und der durch Berücksichtigung der unterschiedlichen tauschzyklen festzulegen, die sich auf einzelne
Alterung bestimmten Instandsetzungszyklen Lebensdauer bedingen und nicht lösbare Ver- Funktionszonen beziehen und am bauteilbezo-
zwischen einer technischen und einer beding- bindungen ausschließen. Typischerweise sind genen Bedarf orientieren [3]. Letztere sichern
ten Nutzungsdauer unterschieden werden. aber gerade Planungen dieser Art unter ökono- zwar eine gleichbleibend hohe Rendite des
Die technische Nutzungsdauer beschreibt mischen Gesichtspunkten nur eingeschränkt Objekts, führen aber im Falle einer Bedarfsan-
den Zeitraum, in dem ein Material bei einer realisierbar, wie das folgende Beispiel einer passung dazu, dass noch fehlerfrei arbeitende
definierten Nutzung über seine volle Leis- Stahlbetondecke mit Standardaufbau (Teppich, Bauteile erneuert oder ersetzt werden müssen.
tungsfähigkeit verfügt. Die bedingte Nutzungs- Zementestrich, PE-Folie, Mineralwolle, Stahl- Letztlich entstehen unnötige Kosten und ein
dauer hingegen umfasst den zeitlichen Ab- beton C30 / 37, Gipsputz) zeigt. Betrachtet man unangemessener Ressourcenverbrauch. Daher
schnitt, in dem das Material zwar einen Verlust die unterschiedliche Lebensdauer der Einzel- eignet sich diese Strategie nur für Immobilien,
seiner Leistungsmerkmale aufweist, eine bauteile einer solchen Deckenkonstruktion, bei denen von keiner hohen Bedarfsanpassung
grundlegende Nutzbarkeit aber gewährleistet ergibt sich die folgende Problematik: Für den ausgegangen werden muss. Der wesentliche
bleibt. Die Ermittlung der Dauerhaftigkeit Beton sowie für die PE-Folie kann eine Lebens- Vorteil von langen Austauschzyklen liegt hinge-
einzelner Materialien hängt demnach immer dauer von ca. 100 Jahren, für den Zement- gen darin, dass Nutzungsanpassungen der
vom Gebäudekontext ab und lässt sich nicht estrich und für den Gipsputz eine Dauer von Immobilie im Rahmen der Bauteilerneuerung
verallgemeinern. ca. 60 Jahren, für die Mineralwolle von ca. relativ einfach vorgenommen werden können
Auch die materialgerechte Planung von stark 40 Jahren und für den Teppich von etwa und Material und Energie nicht unnötig einge-
beanspruchten Oberflächen wie z. B. Boden- 10 Jahren angesetzt werden [2]. Eine Erneue- setzt werden müssen.
belägen sollte nicht unterschätzt werden. So rung der Mineralwolldämmung bedingt hier
können die Kosten für die Reinigung und Pfle- einen vorzeitigen Ausbau des Zementestrichs
ge von Oberflächen in öffentlichen Verwal- und der PE-Folie. De facto müssen die PE-Folie
tungsbauten schnell über 30 % der laufenden 60 Jahre und der Zementestrich 20 Jahre vor
Unterhaltskosten betragen – ein Kostenfaktor, dem Ende ihrer technischen Lebensdauer ent-
der die Gesamtkosten ganz erheblich und vor fernt werden, da die Mineralwolle nicht zerstö-
allem dauerhaft beeinflusst (Abb. A 6.3). Soll rungsfrei zugänglich ist und sonst nicht erneu-
ein Gebäude besonders nachhaltig konzipiert ert werden kann. Eine Verbesserung der Kon-
werden, ist es notwendig, die Lebensdauer struktion könnte in einem solchen Fall lediglich
der einzelnen Bauteile zu berücksichtigen und über Materialsynergien erfolgen. Wenn einzel-
Konstruktion, Wartung sowie Bauunterhaltung ne Materialschichten Teilleistungen anderer
darauf abzustimmen. übernehmen würden, würde sich die Dauerhaf-
Da Gebäudebauteile nicht gleichmäßig altern, tigkeit des Gesamtsystems erhöhen und die
ergibt sich generell ein sehr inhomogenes Bild. Anzahl der notwendigen Schichten könnten
Die kosten- und stoffstrombezogene Untersu- reduziert werden. So ist z. B. ein Bitumenheiß-
chung im Rahmen einer Lebenszyklusanalyse estrich auch als Terrazzoestrich ausführbar,
geht davon aus, dass einzelne Bauteile bis der eine dauerhaft nutzbare Oberfläche bietet.
zum Ende ihrer Lebensdauer verwendet und Natürlich kann aber auch bei einer lebens-
anschließend ausgetauscht werden. Bleiben zyklusgerechten Planung nicht ausgeschlossen
Bauteile somit über einen langen Zeitraum im werden, dass Materialien oder Bauteile auf-
Gebäude, sinkt der kumulierte Aufwand für die grund veränderter Gesetzgebungen, erhöhter
A 6.4

33
Planen und Bauen in Lebenszyklen

Kosten
Festlegung der Kosten

Entstehung der Kosten

A 6.5 Planungsabhängigkeiten in den verschiedenen


Lebensphasen eines Gebäudes
A 6.6 Sanierung der Jahrhunderthalle, Bochum (D)
2003, Petzinka Pink Architekten
A 6.7 Jahrhunderthalle Bochum, Klimakonzept: Beeinflussbarkeit der Kosten
a Prinzip der Schichtlüftung im Winter
b Prinzip der Schichtlüftung in der Übergangszeit
c Status quo im Winter Initiierung Planung Realisierung Nutzung Stilllegung Zeit
A 6.5
Nutzung und Folgekosten schaftliche Lebensdauer, die die Grundlage für sage zur Gebäudenutzung treffen zu können.
Im Zuge eines immer wichtiger werdenden Wirtschaftlichkeitsberechnungen von Investo- So kann beispielsweise bei Büroimmobilien in
Facilitymanagements scheint es unabdingbar, ren und Eigentümern darstellt, orientiert sich an hervorragender Lage von einer stabilen Nut-
künftige Veränderungen des Gebäudes bereits der zu erwartenden Rendite eines Objekts. zungsstruktur, bei Gebäuden in Sanierungsge-
in der Planung zu berücksichtigen. Schwierig Dies wiederum bedeutet, dass die wirtschaft- bieten von einer dynamischen Nutzungsstruk-
gestaltet sich jedoch der Versuch, Aussagen liche und technische Lebensdauer einer Immo- tur ausgegangen werden. Letztere mündet in
über weitere Entwicklungen im Umfeld einer bilie nicht unbedingt deckungsgleich sind. der Regel in einer einfacheren Bauweise, da
Immobilie sowie über den Nutzermarkt eines Lässt sich ungeachtet der Lage eines Gebäu- eine kürzere Abschreibungszeit der Investition
Gebäudes zu treffen. So können beispielsweise des nur noch eine verminderte Rendite in Form zugrunde gelegt wird. Neben Gebäuden, wie
über die Häufigkeit des Nutzerwechsels, die der Eigennutzung oder eines verminderten z. B. die Jahrhunderthalle in Bochum, die auch
Änderung der Nutzungsart, die Intensität der Mietzinses erzielen, ist das Ende der wirtschaft- noch Jahrzehnte über ihre eigentlich prognos-
Nutzung als auch über deren Dauer keine fun- lichen Nutzungsdauer erreicht, nicht aber der tizierte Standzeit genutzt wird, gibt es auch
dierten Aussagen getroffen werden. Problema- technischen Lebensdauer des Gebäudes bzw. Objekte wie die Metastadt Wulfen, deren ca.
tisch sind solche Annahmen insbesondere vor seiner Komponenten. 100 Wohneinheiten nach nur etwa zehnjähriger
dem Hintergrund der langfristigen Kostenent- Ein äußerst wichtiges Kriterium bei der Beurtei- Nutzung, also noch weit vor der angesetzten
wicklung einer Immobilie. lung der Rendite liegt in der Vorhersage der Lebensdauer, wieder abgerissen wurden.
Ersichtlich wird dieser Zusammenhang in Abb. dauerhaften Gebäudenutzung. Gerade bei Neben den Aspekten der Rendite sind es oft-
A 6.5, da insbesondere die in der Anfangszeit Wohngebäuden wird aber der demografische mals mangelnde Nutzungsqualitäten oder tech-
des Lebenszyklus getroffenen planerischen Wandel in Deutschland zu wahrnehmbaren nische Defizite, die zu einem verfrühten Total-
Entscheidungen gravierende Änderungen nach Umwälzungen auf dem Wohnungsmarkt führen. oder Teilabbruch führen. Ein Beispiel für ein
sich ziehen. Generell lässt sich der Lebenszyk- So wird sich die Bevölkerung in Deutschland Gebäude, bei dem es aufgrund einer mangel-
lus von Gebäuden in fünf verschiedene Phasen bis 2050 um mehr als 5 % verringern. Dem haften Gebäudehülle sowie Schwächen in der
unterteilen, in denen unterschiedliche Parame- prognostizierten Rückgang von ca. 3,4 % in Nutzungsflexibilität zu einem solchem Teilab-
ter beachtet werden sollten: den alten Bundesländern steht laut wissen- bruch kam, ist die Nürnberger Hypotheken-
schaftlichen Berechnungen sogar ein Bevölke- bank in Düsseldorf (Abb. A 6.4). Das Ende der
• Initiierung rungsrückgang von über 16 % in den neuen wirtschaftlichen Nutzungszeit bedingte in die-
• Planung Ländern gegenüber. Auch der Anteil der über sem Fall den Abriss einzelner Bauteile vor
• Realisierung 60-jährigen, der 2005 bei ca. 25 % lag, wird bis Ablauf des technischen Lebenszyklus. Nach
• Nutzung 2020 voraussichtlich auf über 29 % ansteigen dem Erarbeiten eines flexiblen Nutzungskon-
• Stilllegung [4]. Demnach müssen verschiedene Parameter zepts, das einen zeitgemäßen und vor allem
berücksichtigt werden, um eine qualitative Aus- zukunftsorientierten Gebrauch gewährleisten
Nur wenn die wechselseitigen Abhängigkeiten
sowie die kausalen Zusammenhänge bekannt
sind und in die Lebenszyklusbetrachtung ein-
bezogen werden, ist es möglich, zielgerichtet
und nachhaltig zu planen, zu bauen und zu
wirtschaften.
Da sich aufgrund der unklaren künftigen Ent-
wicklung letztendlich keine richtigen, sondern
nur – vor dem Hintergrund der angenommenen
Entwicklung – zweckmäßige Entscheidungen
treffen lassen, müssen die in den ersten Pha-
sen des Lebenszyklus (Initiierung / Planung)
getroffenen Entscheidungen flexible Reaktio-
nen auf unterschiedliche Entwicklungen zulas-
sen. Es handelt sich bei einer Immobilie um ein
Gut mit einer sehr langen Lebensdauer, wes-
halb die Kostenprognose und die wahrschein-
liche Abbildung der zukünftigen Geld- und Ver-
brauchswerte äußerst komplex ist. Die wirt-
A 6.6

34
Planen und Bauen in Lebenszyklen

a b c A 6.7
sollte, wurden die massiven Brüstungen abge- mit flexiblen Eigenschaften lässt sich optimal der Umbau der Bochumer Jahrhunderthalle in
brochen und die Tragstruktur ertüchtigt. Seit an ein verändertes Umfeld und an daraus die so genannte Montagehalle für Kunst (Abb.
der Sanierung ermöglichen höhere Lastannah- resultierende Anforderungen hinsichtlich der A 6.1 und 6). Dieses Gebäude wurde ursprüng-
men in Verbindung mit einem anpassungsfähi- Umgestaltung anpassen. lich für eine im Jahr 1902 in Düsseldorf stattfin-
gen leichten Innenausbau und eine innovative dende Messe konzipiert und ein Jahr später
Fassade in Zukunft flexibel auf sich ändernde Metamorphose und Nachnutzung nach Bochum transloziert, um dort als Indus-
Entwicklungen im Umfeld der Immobilie zu rea- In der Natur sind angepasste zyklische Ent- trieanlage genutzt zu werden. 1968 erfolgte die
gieren. So kann das Gebäude bei Bedarf ange- wicklungen im Sinne einer Metamorphose Stilllegung, bis 2002 diente das Gebäude als
passt werden, ohne dass Gebäudeteile noch durchaus üblich. Lebewesen, die beispielswei- Lagerhalle, danach wurde es zu einer Auffüh-
vor Ablauf des technischen Lebenszyklus se eine Metamorphose durchlaufen, zeichnen rungsstätte für Theater und Konzerte mit inno-
abgebrochen werden müssen. Um auch im sich in jedem Stadium durch eine optimale vativer Gebäudetechnik umgebaut. Diese
Bereich der Versorgung auf künftige Nutzungs- Anpassung an ihr Umfeld aus. Da sich die Rah- lebenszyklusgerechte Nachnutzung konnte
änderungen entsprechend reagieren zu kön- menbedingungen in unserer Gesellschaft und realisiert werden, da der Bau in seiner Planung
nen, wurde neben der vertikalen auch eine ring- dementsprechend auch für unsere architektoni- entsprechend flexibel konzipiert worden war.
förmige, von außen zugängliche Installations- sche Umwelt ständig ändern, müssen Gebäu- Um den thermischen Komfort in diesem Hallen-
führung vorgesehen. So können Entscheidun- de in gewissen Grenzen wandel- und adaptier- ensemble nachhaltig und effizient sicherzustel-
gen dezentral und nutzerunabhängig getroffen bar sein. Nur wenn sie das sind, beinhaltet eine len, erhielt das Gebäude eine neue und erst-
werden, was vor allem bei den sich schnell architektonische Aussage ein Potenzial im mals dort eingesetzte Schichtlüftung, die nach
ändernden Anforderungen an die Medienver- Sinne der Nachhaltigkeit, das es ermöglicht, dem Prinzip einer Inversionswetterlage arbeitet
sorgung einen großen Vorteil bietet. die Immobilie nach Beendigung des ange- (Abb. A 6.7 a– c). So gelang es, das Gebäude
Eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine dachten Lebenszyklus ohne vollständigen Ver- unter Berücksichtigung von intelligenter Haus-
nachhaltige Gebäudeplanung ist ein langer, lust der vorher eingebrachten Energie in einen technik einer neuen Nutzung und einem dritten
möglichst absehbarer Nutzungszeitraum, da neuen Lebenszyklus zu überführen. Sofern eine Lebenszyklus zuzuführen.
Massenverschiebungen – wie sie bei Neu- Immobilie also über entsprechende Soft Skills Die Beachtung von Soft Skills bei einer lebens-
bauten entstehen – immer mit einem hohen verfügt, lässt sich eine solche Metamorphose zyklusgerechten Planung erschließt somit ein
Verbrauch an Ressourcen und Energie verbun- ohne hohen Energie- und Ressourcenver- Potenzial, das es ermöglicht, Gebäude in
den sind. Neben den baubiologischen Aspek- brauch problemlos durchführen – denn »Ener- Zukunft nicht nur ökonomischer, sondern auch
ten, der Effizienz und des Verbrauchs an Res- gie ist durch gute Architektur substituierbar«, energieeffizienter und nachhaltiger zu planen,
sourcen sind also insbesondere so genannte sagte schon Richard Buckminster Fuller [5]. zu bauen und zu betreiben. So sagte schon
Soft Skills – flexible Eigenschaften einer Immo- Ein eklatanter Vorteil solcher sich ablösender der im 16. Jahrhundert tätige französische
bilie (z. B. variale Grundrissnutzung) – von Lebenszyklen liegt zweifelsfrei in der Frage des Architekt Philibert de L’Orme: »Der gute Archi-
fundamentaler Bedeutung. Verfügt ein Gebäu- Recycling. Das standardisierte Verwerten eines tekt verfügt über drei Augen, vier Ohren und
de über solche Parameter, so kann auf nicht Gebäudes, dessen Lebenszyklus ausläuft, vier Hände (…). Was er zu sagen hat, betrifft
vorhersehbare Veränderungen reagiert und ist idealerweise mit dem Recycling der einzel- Lehren aus der Vergangenheit, Beobachtun-
dadurch ein wesentlicher Beitrag zur Nachhal- nen Rohstoffe verbunden, wobei in der Regel gen der Gegenwart (und) Voraussicht in die
tigkeit geleistet werden. im großen Maßstab ein »Downcycling« erfolgt, Zukunft (…)« [6].
Die Einflussfaktoren, die eine Gebäudeanpas- d. h. ein großer Anteil des zuvor verbauten
sung bedingen, sind sehr unterschiedlich. So Materials kann nicht mehr in der gleichen Qua-
Anmerkungen:
können beispielsweise strengere Gesetzge- lität wiederverwendet werden, sodass nur An- [1] Wübbenhorst, Klaus: Konzept der Lebenszyklus-
bungen energetische Sanierungsmaßnahmen teile primärer und sekundärer Baumaterialien kosten. Darmstadt 1984
erforderlich machen oder nutzungsbezogene ersetzt werden können. Der Erhalt und die [2] Herzog, Kati: Lebenszykluskosten von Baukonstruk-
Anpassungen zu Eingriffen in die Gebäude- Nachnutzung der Gebäudesubstanz sind dem tionen. In: Darmstädter Nachhaltigkeitssymposium
2003
substanz führen. Abbruch und anschließenden Neubau auf-
[3] Bundesamt für Konjunkturfragen: Impulsprogramm
Da sich die bauliche Aktivität der nächsten grund der Energieeffizienz und der Nachhaltig- IP Bau, Alterungsverhalten von Bauteilen. Bern 1994
Jahre nicht nur in Deutschland verstärkt auf keit unbedingt vorzuziehen. Ein solches Kon- [4] Roth, Karin: Wo stehen wir? In: Der Lebenszyklus
den Bereich der Sanierung und der Umnutzung zept der lebenszyklusgerechten Nachnutzung von Wohngebäuden. Hrsg. von der Bundesingeni-
konzentrieren wird, kann und muss diese Ent- ist aber wiederum nur realisierbar, wenn Ge- eurkammer. Veranstaltungsdokumentation Hamburg
Sept. 2006
wicklung auch zum Anlass genommen werden, bäude über entsprechende Soft Skills verfügen. [5] Tichelmann, Karsten; Pfau, Jochen: Entwicklungs-
darüber nachzudenken, welche Soft Skills Ge- Ein Beispiel für eine lebenszyklusgerechte wandel Wohnungsbau. Wiesbaden 2000, S. 230
bäude aufweisen müssen. Nur eine Immobilie Nachnutzung im Sinne einer Metamorphose ist [6] ebd., S. 218

35
Teil B Planung

1 Grundlagen

2 Stadtraum und Infrastruktur

3 Gebäudehülle

4 Technik

5 Material

6 Strategien

Abb. B Luftbild von Venedig (I)

37
Grundlagen

B 1.1
Für eine zukunftsfähige globale Entwicklung ren Wirtschaftsbereichen, z. B. im Automobil-
unserer Gesellschaft kommt der Lösung der bau oder der Landwirtschaft, ist die Effizienz-
Energieproblematik eine entscheidende und Nachhaltigkeitsoffensive bereits weiter
Bedeutung zu. Die Sicherung des heute fortgeschritten. Sie offenbart im unmittelbaren
erreichten Lebensstandards und die weitere Vergleich den technologischen Rückstand im
wirtschaftliche, technische sowie gesellschaft- Bauwesen. Folgende Aspekte verdeutlichen
liche Entfaltung sind in hohem Maße von einer den Handlungsbedarf in Architektur und Bau-
verbesserten Energieeffizienz aller Gebäude wesen:
und technischen Systemen sowie einer dauer-
haften und klimaschonenden Energieversor- Klimaschutz
gung abhängig. Dass akuter Handlungsbedarf • Rund 40 % der Treibhausgase resultieren aus
besteht, bestreitet inzwischen niemand mehr. der Gebäudeerstellung und -nutzung, die
Die Erschöpfung der fossilen Energieträger Öl somit maßgeblich zur globalen Erwärmung
und Gas ist absehbar. Verteilungskämpfe um beitragen.
knapper werdende Energieressourcen nehmen • In den Industrienationen wird ca. 40 % der
an Härte zu; infolge der Marktgesetze steigen Gesamtenergie für den Betrieb von Gebäu-
die Energiepreise. Die Folgen für die Umwelt den verbraucht. Hinzu kommen etwa 10 %
durch den Einsatz nicht erneuerbarer Rohstoffe Energieverbrauch für Materialherstellung,
sind seit Langem bekannt. Nun verlangt auch Bauprozesse sowie Transport von Bau-
die Einsicht, dass ihre ungezügelte Verwen- materialien.
dung einen langfristigen Klimawandel auslöst,
rasches Handeln: Die Temperatur der Erdober- Ressourcenschonung
fläche nimmt weltweit zu, Polareis und Glet- • Der Bausektor verbraucht ca. 50 % aller von
scher schmelzen, die Ozeane erwärmen sich der Erde entnommenen Materialien.
und versauern, der Meeresspiegel steigt, extre- • Hoch- und Tiefbau sind zu etwa 60 % am
me Wetterereignisse nehmen zu. Die globale Abfallaufkommen beteiligt.
Erwärmung ist inzwischen zur lokalen Bedro- • Der Bedarf nach Siedlungs- und Verkehrsflä-
hung geworden und versetzt die Menschheit in chen hat sich in Deutschland in den vergan-
eine nie dagewesene Situation. Um unkontrol- genen 40 Jahren nahezu verdoppelt. Täglich
lierbare Auswirkungen der Temperaturände- werden trotz stagnierender Bevölkerungs-
rung zu verhindern, müssen sich die Konsum- zahlen in Deutschland 129 ha Freiflächen
und Wirtschaftsverhalten innerhalb der nächs- versiegelt [1], das entspricht etwa 164 Fuß-
ten 10 bis 20 Jahre radikal verändern. ballfeldern.
Die »Theorie der langen Wellen« besagt, dass • Der durchschnittliche Wohnflächenbedarf
gesellschaftliche Entwicklungen immer auf pro Person stieg in Deutschland zwischen
einer Technologieänderung von Energie-, Stoff- 1960 und 2005 von 19 auf 42 m2 an.
und / oder Informationsströmen basieren (siehe
Die Dinge richtig tun – über Effizienz und Nach- Versorgungssicherheit
B 1.1 Satellitenbild der Erde bei Nacht
B 1.2 systemanalytische Studie des Club of Rome zur haltigkeit, S. 24). Demzufolge zeichnet sich • Unsere material- und energieintensive Wirt-
Zukunft der Weltwirtschaft mit Trend zu krisenhaf- auch im Bauwesen ein Paradigmenwechsel ab schaftsweise erzeugt hohe Abhängigkeiten –
ten Zuständen ab dem Jahr 2020 – mit weitreichenden Auswirkungen für das vielfach von Ländern, die politisch wenig sta-
B 1.3 Entwicklung von durchschnittlicher Jahrestempe- künftige Planen und Bauen. bil sind und denen in Zukunft besonders
ratur (Referenzjahr 1950) und CO2-Konzentration
Infolge der meist hohen Lebensdauer von drastische Auswirkungen des Klimawandels
in den vergangenen 400 000 Jahren
B 1.4 flächenintensive Siedlungsstruktur Bauwerken haben einmal getroffene Entschei- bevorstehen. In der EU werden derzeit 50 %
B 1.5 Sprengung einer Wohnanlage im Jahr 1972 nach dungen und Maßnahmen eine langfristige der benötigten Primärenergieträger impor-
einer Lebensdauer von nur 17 Jahren, St. Louis Wirkung. Insbesondere die erheblichen Masse- tiert, in Deutschland sogar rund 74 %.
(USA) 1955, Minuro Yamasaki ströme sowie die hohen Ressourcen- und • Aufgrund des wirtschaftlichen Fortschritts in
B 1.6 Ungenügende Tageslichtqualität, maschinelle Kli-
matisierung und schadstoffbelastete Innenraum-
Energieverbräuche von Gebäuden erfordern den Entwicklungs- und Schwellenländern
luft sind häufig für das »Sick-Building-Syndrom« die Ausbildung eines neuen, tragfähigen Leit- wird bis 2030 eine Steigerung des Weltener-
verantwortlich. bildes einer nachhaltigen Architektur. In ande- gieverbrauchs um etwa 60 % erwartet.

38
Grundlagen

CO2-Konzentr. [ppm]
2006: 383 ppm
350
300
250

200
Prognose Industrie-
produktion 150

Temperaturunterschied [K]
2
Rohstoffe
0
-2
-4
Nahrungs-
Bevölkerung mittel -6
Umweltver-
-8
schmutzung
-10
400000 300000 200 000 100 000 0
1900 1950 2000 2050 2100 Rückrechnung [a]
B 1.2 B 1.3
Betriebskostensenkung Komfort und Gesundheit nicht eintraten, verdeutlichten die entworfenen
• In den vergangenen zehn Jahren sind die • In Europa leben etwa 80 % der Menschen in Szenarien – die Wechselwirkungen von Bevöl-
Heizkosten in Deutschland um ca. 90 % Städten und verbringen den überwiegenden kerungsentwicklung, Industrieproduktion,
gestiegen. Dies reduziert das verfügbare Teil ihrer Zeit in geschlossenen Räumen. Ressourcenverbrauch und Umweltverschmut-
Einkommen der privaten Haushalte und hat • Das »Sick-Building-Syndrom« (SBS) stellt zung – jedoch erstmals die natürlich vorgege-
somit negative Auswirkungen auf die Kon- sich in etwa bei einem Drittel aller neubezo- bene Limitierung unserer Handlungsweisen
junktur. genen Gebäude ein. (Abb. B 1.2).
• Für die Wohnungswirtschaft lassen sich
Ertragssteigerungen durch eine Erhöhung Architekten und Ingenieure müssen sich diesen Klimawandel
der Kaltmiete bei steigenden Betriebs- umfassenden Herausforderungen stellen. Es Die Temperatur der Erdoberfläche stieg in den
kosten (»zweite Miete«) kaum noch reali- geht darum, künftig mit dem geringstmöglichen vergangenen 100 Jahren um etwa 0,8 °C; von
sieren. Einsatz von Energie und Ressourcen die höchst- den vergangenen zwölf Jahren (1995 – 2006)
mögliche Gesamtwirtschaftlichkeit, Behaglich- gehörten elf zu den wärmsten seit Beginn der
Bausubstanz und Werterhaltung keit und Architekturqualität zu erzielen. Temperaturaufzeichnung. Der globale Klima-
• Gebäude stellen wirtschaftlich das wertvolls- wandel – lange wegen der komplexen Wech-
te Gut einer Gesellschaft dar. Etwa die Hälfte selbeziehungen von Einzelfaktoren bezweifelt –
aller Anlageinvestitionen in Deutschland sind Globale Rahmenbedingungen ist inzwischen anerkannte Realität und gefähr-
allein im Wohnungsbau gebunden. det unsere Lebensgrundlagen. Die Verände-
• Durch unzureichende Beachtung der mög- Seit dem Beginn der industriellen Revolution rungen wurden zunächst eher subjektiv wahrge-
lichen Energieeffizienz werden bei Sanie- hat sich unsere Lebensweise radikal verändert. nommen, vor allem durch die Häufung extremer
rungsmaßnahmen derzeit nur rund ein Drittel Der Wohlstand in den industrialisierten Regio- Klimaphänomene in jüngster Vergangenheit.
der wirtschaftlich rentablen Einsparpotenzia- nen der Welt basiert, neben stetigen Innovatio- Doch der Dokumentarfilm »An Inconvenient
le umgesetzt. nen und neuen Technologien, hauptsächlich Truth« (dt.: Eine unbequeme Wahrheit) des
auf dem Verbrauch endlicher, fossiler Energie- ehemaligen US-Vizepräsidenten Al Gore rüttelte
Impulse für die Bauwirtschaft träger. Das Satellitenbild der Erde bei Nacht 2006 die Öffentlichkeit auf, indem er die heute
• Rund drei Viertel des Wohngebäudebe- zeigt erkennbar den Grad der Ressourcennut- bereits sichtbaren und die zu erwartenden Fol-
stands in Deutschland gelten als sanierungs- zung sowie den regional sehr ungleich verteil- gen des Klimawandels veranschaulichte.
bedürftige Altbauten. ten Energieverbrauch (Abb. B 1.1). Spätestens Mit Veröffentlichung des vierten Sachstandsbe-
• Dennoch reduzierte sich das Auftragsvolu- die erste Ölkrise in den 1970er-Jahren offen- richts des UN-Weltklimarats IPCC [3] im Jahr
men im Hochbau in den vergangenen zehn barte die Abhängigkeit unseres Wirtschafts- 2007 vertiefte sich die öffentliche Diskussion.
Jahren um 57 %, wobei 2005 das Investiti- wachstums von fossilen Brennstoffen. Auch Die Tatsache des beschleunigten Klimawan-
onsvolumen im Altbau (69 %) bereits deutlich wenn die düsteren Prognosen der »Grenzen dels gilt seither auch in der Politik als allgemein
über dem des Neubaus (31 %) lag. des Wachstums« des Club of Rome [2] bisher anerkannt. Der IPCC-Bericht stellt zweifelsfrei

B 1.4 B 1.5 B 1.6

39
Grundlagen

Primärenergieverbrauch [EJ]
fallende Erträge der pflanzlichen Produktion in vielen Gebieten, erneuerbare
insbesondere in Entwicklungsländern Energien
Nahrungsmittel 400
möglicherweise steigende fallende Erträge in vielen Kernenergie
Erträge in höheren Breiten entwickelten Regionen
Erdgas
Verschwinden klei- signifikante Abnahme der Mineralöl
Anstieg des Meeres- 300
Wasser nerer Gletscher, Was- Wasserverfügbarkeit in vielen
spiegels bedroht
serversorgung mehrerer Gebieten, einschließlich Mittel-
größere Städte
Kohle
Gebiete bedroht meerraum und südliches Afrika

umfangreiche Schäden 200


Ökosysteme an Korallenriffen Zahl der vom Aussterben bedrohter Arten steigt

steigende Intensität von Stürmen, Waldbränden, Dürren,


extreme Wetterereignisse Überflutungen und Hitzewellen 100
Risiko abrupter, unwider-
ruflicher Veränderungen wachsende Gefahr bedrohlicher Rückwirkungen und abrupter
Verschiebungen im Klimasystem in großem Maßstab
globaler Temperatur-
anstieg [°C] 0 1 2 3 4 5 1870 1890 1910 1930 1950 1970 1990
B 1.7 B 1.8
den Zusammenhang zwischen dem globalen sicher. Damit ist das System bereits geladen. logisch verantwortungsvollem Handeln und der
Klimawandel und dem vom Menschen verur- Auch in diesem Fall werden die Auswirkungen Notwendigkeit möglichst dauerhaften Wirt-
sachten, steigenden Ausstoß von Treibhaus- massiv sein. Wenn die 6 -Prognose eintritt, schaftswachstums. Zunehmend wird jedoch
gasen fest. Seit 1750 ist die CO2-Konzentration wird unsere Welt eine andere sein« [4]. Der deutlich, dass in der Preisgestaltung vieler Pro-
in der Atmosphäre um 36 % auf mittlerweile Weltklimarat geht von einem maximal tolerier- dukte und Dienstleistungen negative ökologi-
383 ppm (parts per million) gestiegen und hat baren Temperaturanstieg um weitere 2,0 °C sche und soziale Effekte (z. B. Schädigung des
vermutlich das höchste Niveau innerhalb der aus, bevor eine irreversible Schädigung des Ökosystems), die aus herkömmlichen Produk-
letzten 20 Millionen Jahre erreicht (Abb. B 1.3). Klimasystems erfolgt (Abb. B 1.7). Um diesen tions- und Konsumprozessen resultieren, nicht
Aktuell steigt die Kohlendioxidkonzentration »Point of no Return« nicht zu überschreiten, berücksichtigt werden. Dies sind die »externen
jedes Jahr um weitere 2,5 ppm an. Die Klima- dürfte die CO2-Konzentration der Atmosphäre Kosten«, die Auswirkungen bezeichnen, wel-
debatte hat eine neue Dimension erreicht. Sie bis zum Ende des 21. Jahrhunderts auf höchs- che nicht direkt von den Verursachern getra-
dreht sich nicht mehr um die Fragestellung, ob tens 450 ppm ansteigen (Abb. B 1.10). Zudem gen werden. Als Grundlage für ein nachhalti-
die erhöhte CO2-Konzentration Folgen für das besteht große Unsicherheit, wie besonders ges Wirtschaften sind Unternehmen künftig
Weltklima hat. Vielmehr bewegt nun die zentra- empfindliche Regionen und Ökosysteme auf gefordert, die externen Kosten durch Anwen-
le Frage: Wie viel Kohlendioxid kann die Erd- veränderte Temperaturen und Niederschläge dung des Verursacherprinzips in die Markt-
atmosphäre noch aufnehmen, bevor Überle- reagieren. Klimaforscher bezeichnen das und Preismechanismen einzubeziehen.
bensrisiken für die Menschheit auftreten? Wel- Abschmelzen des grönländischen Eisschildes
che Maßnahmen sind zu ergreifen? Wie viel oder das Auftauen des sibirischen Permafrost- Stern-Report
Zeit bleibt noch, unser Wirtschaftsverhalten bodens als so genannte Kippschalter (»Tipping Der 2006 erschienene »Stern-Report« [5] galt
grundlegend umzuformen? Points«). Durch selbstverstärkende Wirkungen bereits kurz nach seiner Veröffentlichung als
Die wissenschaftlichen Voraussagen über den könnten sie womöglich Prozesse von unkontrol- Beginn eines neuen Zeitabschnitts in der öko-
zu erwartenden Temperaturanstieg in unseren lierbarer Dynamik entfalten (Abb. B 1.9). nomischen Bewertung des Klimawandels. Der
Breiten bis zum Jahr 2100 (gegenüber 1990) frühere Chefökonom der Weltbank, Sir Nicholas
schwanken aufgrund der Komplexität des Kli- Volkswirtschaftliche Effekte Stern, beziffert darin die Risiken und Kosten
masystems zwischen 1,5 und 5,8 C. Das Pots- In der Vergangenheit verwiesen ökonomische der globalen Klimaänderung erstmals aus-
dam-Institut für Klimafolgenforschung bemerkt Bewertungen und volkswirtschaftliche Analysen drücklich aus volkswirtschaftlicher Sicht. Dem-
in diesem Zusammenhang: »1,5 C sind schon auf die Unvereinbarkeit von nachhaltigem, öko- zufolge bedeuten ein weiterhin ungehemmter
CO2 - Emissionen [Mrd. t CO2 /a]

Schmelzen des 100 Prognose


grönländischen
Methan- Szenario »A1FI«
Eisschildes
ausgasung 80
Versiegen der klimawandel-
Tiefenwasserbildung induziertes
Ozonloch
verringerte Sonnen- 60
rückstrahlung im
Himalaya
Wiederbegrünung 40
der Sahara Szenario »550«

Störung 20
Versiegelung von des indischen
Störung der nährstoffreichen historisch
Monsuns Szenario »450«
marinen Kohlen- Staubquellen 0
stoffpumpe Kippen der Störung natürlicher 1940 1980 2020 2060 2100
Amazonas- Klimaschwankungen
vegetation (El Niño) Szenario histor. »A1FI« »550« »450«

CO2-Konzentration
Versiegen der Tiefenwasserbildung im Jahr 2100 [ppm] (360) 950 550 450
und assoziierter Nährstoffversorgung
Schmelzen des west- mittlerer Tempera-
antarktischen Eisschildes turanstieg [°C] 0,4–0,8 4,5–5 2,5–3,0 1,5–2
antarktisches Ozonloch
B 1.9 B 1.10

40
Grundlagen

Weltbevölkerung [Mrd.]
weltweite Rohölförderung [Mio. Barrel / Tag]
Rohölpreis [USD / Barrel]

80 100
Prognose
90 8
70
80
60
70
6
50 Entwicklungsländer
60

40 50
4
40
30 Campbell BGR Shell
30 2002 2005 1995
20 2
20 Industrienationen
10
10
Prognose 0
0 0
1950 1960 1970 1980 1990 2010 1950 2000 2050 2100 1950 1975 2000 2025 2050
B 1.11 B 1.12 B 1.13
Ausstoß von Treibhausgasen und daraus resul- lichkeit fossiler Rohstoffe auf (Abb. B 1.11); die B 1.7 Folgen des globalen Temperaturanstiegs laut
tierende klimatische Veränderungen mittelfristig Schere zwischen Angebot und Nachfrage »Stern-Report«
B 1.8 Entwicklung des weltweiten Primärenergiever-
einen Rückgang des jährlichen globalen Brut- beginnt sich zu öffnen. brauchs von 1870 bis 2000 und seiner Deckung
toinlandsprodukts von 5 bis 20 %. Die Folge- Die Erde ist mittlerweile so gut erforscht, dass nach Energiequellen
kosten steigender Meeresspiegel, sinkender vermutlich alle größeren Lagerstätten bisher B 1.9 »Tipping Points« des Klimasystems
landwirtschaftlicher Erträge und gewaltiger ungeförderter Energierohstoffe bekannt sind. B 1.10 Vergleich verschiedener Szenarien zur Entwick-
Migrationsströme werden mit den Auswirkun- Die statistischen Reichweiten konventionell för- lung der energiebedingten CO2-Emissionen
sowie ihrer Auswirkungen auf CO2-Konzentration
gen der Weltwirtschaftskrise in den 1930er- derbarer, nicht erneuerbarer Energiereserven und Temperaturanstieg in der Atmosphäre
Jahren verglichen (Abb. B 1.7). Stern folgert, betragen für B 1.11 Entwicklung des nominalen Rohölpreises in US-
dass die Vorteile eines entschiedenen und Dollar pro Barrel (= ca. 159 l Öl) von 1946 bis
frühzeitigen Handelns die Kosten des Nicht- • Mineralöl 41 Jahre, 2006
B 1.12 Entwicklung und Prognose des weltweiten
handelns bei Weitem übersteigen. Den Berech- • Erdgas 62 Jahre, Ölfördermaximums (»Peak-Oil«) nach Studien
nungen zufolge ließen sich mit 1 % des globa- • Kohle 200 Jahre, von Shell (1995), Colin J. Campbell (2002) und
len Bruttoinlandsprodukts pro Jahr die bedroh- • Uran 40 Jahre. dem Bundesamt für Geowissenschaften und
lichsten Auswirkungen des Klimawandels ver- Rohstoffe (2005)
hindern. Die Entscheidungen und Investitionen Innerhalb der statistischen Reichweite kann B 1.13 Prognose des Bevölkerungswachstums bis 2050
B 1.14 Rangfolge der zehn Länder mit den größten
der kommenden 10 bis 20 Jahre werden nach eine konstante Förderung bis zur Erschöpfung bekannten Erdöl- bzw. Erdgasreserven im Jahr
dem »Stern-Report« maßgeblich das Klima in aller Reserven nicht aufrechterhalten werden. 2005
der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts bestim- Das weltweite Ölfördermaximum – der so ge-
men. Dieser an die britische Regierung gerich- nannte Peak-Oil – bezeichnet den Scheitel-
tete, jedoch notwendigerweise global argu- punkt, an dem die Hälfte aller konventionell för-
mentierende Report beschränkt sich in seiner derbaren Erdölvorkommen erschöpft sein wer-
Rang Land Erdgasreserven
Analyse nicht ausschließlich auf die Beschrei- den (Abb. B 1.12). Die Ausbeutung von Lager- in Mrd. m3
bung drohender Gefahren, sondern formuliert stätten verläuft entsprechend einer Glockenkur-
1. Russland 47 544
Handlungsempfehlungen, mittels derer sich die ve. Wenn der »Peak-Oil« erreicht ist, sinkt die
2. Iran 27 484
Risiken reduzieren lassen. Durch die verstärkte Förderung den Prognosen zufolge erst lang-
Nutzung erneuerbarer Energien, den Einsatz sam, dann schneller und zum Ende langsam 3. Katar 25 768
von kohlenstoffarmen Technologien und eine auslaufend. Dieser Wendepunkt wird zwischen 4. Saudi-Arabien 6830
deutliche Steigerung der Energieeffizienz könn- 2008 und 2020 zu erwarten sein. Dann beginnt 5. Vereinigte Arabische Emirate 6068
ten laut Stern die drastischen Folgen des Kli- das Ende des Ölzeitalters; es entsteht eine sich 6. USA 5448
mawandels (»das bisher größte und weitrei- ausweitende Deckungslücke zwischen Ener-
7. Nigeria 5226
chendste Marktversagen«) verhindert werden. giebedarf und maximaler Förderleistung.
8. Algerien 4542
Nachhaltiges, ökologisch verantwortungsvolles Entsprechend den Mechanismen der Marktwirt-
Handeln steht hiernach nicht mehr im Wider- schaft steigt der Preis für ein Gut so lange, bis 9. Venezuela 4284
spruch zum Wirtschaftswachstum, sondern bil- das Angebot größer ist als die Nachfrage. Das 10. Irak 3168
det langfristig die entscheidende Grundlage Preisniveau möglicher Erdölsubstitute (z. B. er-
dafür. neuerbare Energien, Kohleverflüssigung etc.) Rang Land Erdölreserven
sowie die Senkung der Nachfrage durch ge- in Mio. t
Fossile Energiewirtschaft steigerte Energieeffizienz bilden somit den 1. Saudi-Arabien 36 037
Industriegesellschaften sind in hohem Maße künftigen Kurswert des Erdöls. 2. Iran 18 022
von der Verfügbarkeit der Energierohstoffe Darüber hinaus sind die Staaten der EU abhän-
3. Irak 15 646
abhängig. Nicht erneuerbare Energieträger gig von Erdöl- und Erdgasimporten aus Regio-
haben derzeit weltweit einen Anteil von 86 % nen, die politisch oftmals als instabil gelten 4. Kuwait 13 845
am gesamten Primärenergieverbrauch. In oder autokratisch regiert werden (Abb. B 1.14). 5. Vereinigte Arabische Emirate 13 306
Deutschland beträgt dieser Wert sogar 95 %. Zu den Ländern mit den meisten Erdgas- bzw. 6. Venezuela 10 847
Allein seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs Ölreserven gehören Saudi-Arabien, Iran, 7. Russland 10 148
hat die Menschheit mehr fossile Rohstoffe ver- Kuwait und die Vereinigten Arabische Emirate. 8. Libyen 5323
braucht als in ihrer gesamten Geschichte zuvor Ein verstärkter Kohleabbau wäre unter dem
9. Nigeria 4881
(Abb. B 1.8). Die rapide steigenden Energie- Gesichtspunkt der Verfügbarkeit vordergründig
10. Kasachstan 4100
preise der vergangenen Jahre zeigen die End- sinnvoll; die damit verbundenen besonders
B 1.14

41
Grundlagen

hohen CO2-Emissionen würden jedoch den Kli- werden. Die industrialisierten Länder der Welt
USA 5778 (22%)
mawandel nochmals erheblich verschärfen. werden nicht dauerhaft mehr »Verschmut-
China 4497 (17%)
zungsrechte« beanspruchen können als Ent-
EU-25 4003 (15%) Gesellschaftliche Auswirkungen wicklungs- und Schwellenländer (Abb. B 1.15
Russland 1581 (6%) Im Kontext der globalen Erwärmung ist auch und 16). In Deutschland müsste sich demnach
Japan 1258 (5%) unser Konsumverhalten hinsichtlich seiner der Pro-Kopf-Ausstoß von knapp 11 t auf ein
Indien 1148 (4%) Zukunftstauglichkeit zu hinterfragen. Der Klima- Achtel des heutigen Wertes reduzieren. Aus
wandel wird durch die demografische Entwick- der Klimadebatte resultieren somit auch unan-
Deutschland 865 (3%)
lung zusätzlich forciert; die Bevölkerungszah- genehme Fragestellungen bezüglich unserer
Großbritannien 553 (2%)
len steigen von heute 6,6 Milliarden Menschen Lebensweise: Verfügt künftig jeder Mensch
Kanada 544 (2%) auf voraussichtlich 9 Milliarden im Jahr 2050 über das gleiche Recht auf 1,3 t CO2-Emissio-
Südkorea 489 (2%) und stagnieren wohl erst im Jahr 2100 bei ca. nen? Müssen wir zwischen »Überlebensemissi-
Italien 468 (2%) 10 Milliarden Bewohnern (Abb. B 1.13). Um onen« und »Luxusemissionen« unterscheiden?
eine angemessene und nachhaltige Lebens- Gilt es, in irgendeiner Form auch Verzicht zu
0 1000 2000 3000 4000 5000 6000
grundlage für zusätzliche 2,4 Milliarden Men- üben? Werden in Zukunft Emissionsrechte
CO2-Ausstoß [Mio.t ]
schen bereitstellen zu können, sind die verfüg- auch individuell gehandelt? Letztlich scheint
B 1.15 baren Ressourcen und ihre natürlichen Limitie- die Klimaerwärmung auch eine stärkere Vertei-
Katar 45 rungen sowie die sich abzeichnenden Folgen lungsgerechtigkeit zu erzwingen.
Kuwait 26 des Klimawandels zu beachten. Der Bevölke-
Ver. Arab. Emirate 24 rungsanstieg vollzieht sich vornehmlich in Ent- Politische Zielsetzungen

Luxemburg 23 wicklungs- und Schwellenländern. Ungeachtet Die aktuellen Maßnahmen der internationalen
23
aller Effizienzbemühungen wird der Energiebe- Klimaschutzpolitik basieren im Wesentlichen
Bahrain
darf in Asien bis 2050 um etwa 40 % und in auf den Ergebnissen der Klimarahmenkonven-
USA 20
Lateinamerika um voraussichtlich 55 % zuneh- tionen von 1992. Bei der auch als »Erdgipfel«
Trinidad & Tobago 20 bezeichneten UN-Konferenz in Rio de Janeiro
men. In den Schwellenländern werden somit in
Brunei 18 den kommenden Jahren enorme Investitionen verständigten sich über 150 Staaten erstmals
Australien 17 für Energiesysteme ausgelöst. Diese legen die über generelle globale Umweltthemen, ohne
Finnland 14 Energieinfrastruktur – und damit die Höhe der allerdings konkrete Schritte oder Ziele festzu-
11 CO2-Emissionen – für Jahrzehnte fest. Ange- schreiben. Erst mit Unterzeichnung des Kyoto-
Deutschland
sichts der demografischen, wirtschaftlichen Protokolls im Jahr 1997 wurden auf internatio-
klimaverträglich 1,3
und klimatischen Entwicklung bleibt laut IPCC- naler Ebene verbindliche Zielwerte für Treib-
0 10 20 30 40 Report nur noch ein Zeitfenster bis zum Jahr hausgase beschlossen. In dem Abkommen
CO2-Ausstoß pro Kopf [t] 2020 offen, um durch die signifikante Reduk- verpflichteten sich die Industriestaaten ihre
B 1.16 tion von Treibhausgasen die weltweite Erwär- CO2-Emissionen bis 2012 um insgesamt 5,2 %
mung auf maximal 2,0 C zu begrenzen. Da gegenüber 1990 zu reduzieren. Es dauerte
B 1.15 Länder mit den höchsten CO2-Emissionen im lediglich 10 bis 20 Jahre für gravierende Ver- jedoch noch acht weitere Jahre, bis mindes-
Jahr 2003 änderungen zur Verfügung stehen, müssen tens 55 Staaten, die 1990 mehr als 55 % der
B 1.16 CO2-Ausstoß pro Kopf von ausgewählten Län-
dern im Jahr 2003
die meisten Innovationen mittels bereits vor- CO2-Emissionen verursacht hatten, das
B 1.17 angestrebte und bis 2002 erreichte Emissions- handener Technologien erfolgen. Allein auf Abkommen ratifizierten. Das Protokoll trat
veränderungen im Rahmen des Kyoto-Protokolls neue technische Lösungen zu hoffen – um somit erst Anfang 2005 in Kraft. In Abhängig-
B 1.18 unterschiedliche Energieformen dann wie gewohnt weiterzuwirtschaften – wird keit von der wirtschaftlichen Entwicklung der
B 1.19 Energiebilanz der Erde
nicht ausreichen, um die anstehenden Aufga- einzelnen Länder bestehen laut Abkommen
ben zu bewältigen. verschieden hohe Reduktionsvorgaben. Die
Die globalen Herausforderungen erfordern EU verpflichtete sich zu einer Senkung der
-19 neben technischen auch unmittelbare gesell- Treibhausgase um insgesamt 8 %, wobei für
Deutschland -21 schaftliche und soziale Innovationen. In den die einzelnen EU-Länder ebenfalls unterschied-
-1
Dänemark -21 meisten Industrienationen kann man die liche Ziele gelten (Abb. B 1.17).
-15 gegenwärtige Entwicklung des gesellschaft- Auch wenn das Kyoto-Protokoll einen Meilen-
Großbritannien -13
lichen Lebens durch die Attribute Individuali- stein in der internationalen Klimaschutzpolitik
9
Österreich -13 sierung, Anonymisierung und Entsolidarisie- darstellt, gelten die Bestrebungen nach heuti-
9 rung charakterisieren. Die historischen Erfah- gem Erkenntnisstand als keineswegs ausrei-
Italien -7
-2 rungen aus den Anfängen der Ökologiebewe- chend, um der globalen Erwärmung entgegen-
Frankreich 0 gung haben allerdings gezeigt, dass sich eine zuwirken. Weltweit liegen die Treibhausemissi-
29
Irland 13 altruistische Mensch-Umwelt-Beziehung nicht onen heute ca. 25 % über denen des Basis-
39 in dogmatischer oder deterministischer Weise jahrs 1990. Das Reduktionsziel, die Treibhaus-
Spanien 16
verordnen lässt. Es bleibt abzuwarten, inwie- gase bis 2050 weltweit um 50 % gegenüber
-2
Schweiz -8 weit »qualitatives« Wachstum – als Maxime für dem Stand von 1990 zu senken, lässt sich nur
8 Lebensqualität – die bisherige Doktrin nach erreichen, wenn die Industrienationen ihre
Japan -6
20 »quantitativem« Wachstum zu ersetzen ver- Emissionen um 60 bis 80 % vermindern.
Kanada -6 mag. Der Klimawandel berührt infolgedessen Um auf internationaler Ebene eine Führungs-
6
Norwegen 1 auch ethische Fragen, für politische Entschei- rolle und Vorbildfunktion zu übernehmen, emp-
13 dungsträger wie für jeden Einzelnen. fiehlt die EU-Kommission den Industrienationen
USA1 -7
Derzeit produziert jeder Mensch im weltweiten eine Minderung der Treibhausgase bis zum
22
Australien1 8 Durchschnitt jährlich 4,4 t CO2. Bis 2050 müs- Jahr 2020 um 30 %. Ohne dem Nachfolgepro-
angestrebt bis 2008 / 2012 [%] bisher erreicht [%]
sen nach derzeitigem Erkenntnisstand die tokoll vorzugreifen, beabsichtigen die EU-Staa-
Emissionen pro Bewohner um mehr als zwei ten sich aber bereits jetzt selbst zu verpflich-
1
ursprüngliches Ziel, Kyotoprotokoll nicht unterzeichnet Drittel, auf »klimaverträgliche« 1,3 t reduziert ten, die Emissionen bis 2020 um mindestens
B 1.17

42
Grundlagen

20 % zu reduzieren und den Anteil der erneuer- Entropie eines abgeschlossenen Systems die zusammen mit dem natürlichen Isotopen-
baren Energien an der Energieversorgung auf immer konstant bleibt oder zunimmt. Bei irre- zerfall die so genannte Erdwärme bilden.
20 % zu steigern. versibel ablaufenden Prozessen findet immer • Gravitation: Die Planetenbewegungen rufen
eine Entropiezunahme statt, wie z. B. beim in Verbindung mit der Massenanziehung zwi-
Abbau von Ressourcen. Wenn die bekannten schen Erde und Mond die Gezeiten hervor.
Energie Kupfervorkommen nahezu verbraucht sind, • Solarstrahlung: Die solare Strahlung erreicht
dann bedeutet dies genauer gesagt, dass Kup- aufgrund thermonuklearer Umwandlung in
Energie kann umgewandelt, gespeichert oder fer mehr oder minder gleichmäßig über die der Sonne sowohl die Atmosphäre als auch
transportiert werden – und dennoch ist sie Erde verteilt wurde und sich die Entropie durch die Erdoberfläche.
kein Stoff. Sie entzieht sich der sinnlichen die Gleichverteilung vergrößert hat. Die Wieder-
Wahrnehmung, lediglich die Erscheinungsform herstellung der Ausgangssituation (geringe Die Energiemengen dieser drei Quellen sind
(z. B. Wärme des Feuers) oder der Energie- Entropie) lässt sich nur durch den Einsatz von extrem unterschiedlich: Der weitaus größte
träger (z. B. Holzscheit) lassen sich durch Energie erreichen. Daraus folgt, dass Systeme Anteil ist die solare Strahlung. Sie macht über
unsere Sinne erfahren. Die Ursprünge des ohne Energiezufuhr von außen sich immer in 99,9 % der gesamten zur Verfügung stehenden
Begriffs »Energie« reichen bis in die Antike Richtung eines Zustands größerer Unordnung Energiemenge aus. Die Erdwärme stellt mit
zurück. Der griechische Philosoph Aristoteles bewegen. Der Mensch kann die Entropiezu- einem Anteil von etwa 0,02 % die zweitgrößte
bezeichnete »energeia« (dt.: Tätigkeit, Wirk- nahme durch effiziente Energie- und Ressou- Quelle dar. Um einen weiteren Faktor zehn
samkeit) als die Wirkkraft, durch die Mögliches rennutzung nicht aufhalten, sondern bestenfalls geringer ist der Beitrag der Gezeiten aufgrund
in Seiendes übergeht. Seine heutige natur- verlangsamen. Nur der Sonne gelingt es, die der Planetengravitation und -bewegung. Im
wissenschaftliche Bedeutung erlangte der Entropie zu senken, da sie dem System Erde Sinne eines geschlossenen Energiesystems
Begriff »Energie« erst im 19. Jahrhundert. Die von außen Energie zuführt. kann vorausgesetzt werden, dass sich die Erde
physikalische Definition des Begriffs lautet in einem energetischen Gleichgewichtszustand
seither: »die im System gespeicherte Arbeit Energiebilanz der Erde befindet. Dies bedeutet, dass der zugeführten
oder die Fähigkeit des Systems zur Verrich- Sämtliche auf der Erde zur Verfügung stehen- Energiemenge ein entsprechend gleich großer
tung von Arbeit«. Energie tritt in verschiedenen den Energieströme speisen sich prinzipiell aus Entzug gegenübersteht. Knapp ein Drittel der
Formen auf und lässt sich hinsichtlich ihrer drei Quellen: auf die Erde gerichteten Solarstrahlung mit
physikalischen Eigenschaften beispielsweise einer spezifischen Leistung von 1367 W/m2
in mechanische, thermische oder chemische • Erdwärme: Bei der Entstehung der Erde wur- (Solarkonstante) wird bereits bei Eintritt in die
Energie unterteilen (Abb. B 1.18). den große Mengen an Energie freigesetzt, Erdatmosphäre reflektiert. Aufgrund von Wech-
Im Jahr 1847 formulierte Hermann Helmholtz
die entscheidende Entdeckung für das Ver-
ständnis bei Energieumwandlungen: Energie
Energieform Erscheinungsweise (Beispiel) technische
kann nicht erzeugt, sondern nur von einer Form Energieumwandlung
in die andere umgewandelt werden. Dieser so
mechanische Energie / potenzielle Energie Stausee Laufwasserkraftwerk
genannte Energieerhaltungssatz begründete
mechanische Energie / kinetische Energie fließendes Wasser Speicherwasserkraftwerk
gleichzeitig den ersten Hauptsatz der Thermo-
dynamik. Demnach ist die Energiemenge in thermische Energie Warmwasser Fernwärme
geschlossenen Systemen immer konstant. Die elektrische Energie Strom Wärmepumpe
umgangssprachliche Bezeichnung »Energie- Strahlungsenergie Sonnenlicht Solarkollektor
verbrauch« stellt physikalisch betrachtet die chemische Energie Erdgas Gasbrennwertkessel
Transformation von einer Energieform in eine nukleare Energie Kernspaltung Atomkraftwerk
andere dar und kann wie folgt beschrieben
B 1.18
werden:

Energie = Exergie + Anergie = konstant


Einstrahlung Abstrahlung
3 ·1017 kWh/ a

3 ·1016 kWh/ a
Erdwärme 0,02%

Planetengravitation
und -bewegung 0,002 %

Als Exergie bezeichnet man die Energiemenge


eines Systems, die für eine erforderliche Ener-
giedienstleistung Arbeit verrichten kann, wäh- 1,5·10 21 kWh /a
100%
rend Anergie den Anteil nicht arbeitsfähiger
Energie charakterisiert. Beim Beheizen von
Gebäuden wird beispielsweise die chemische Reflexion 31% Atmosphären-
Energie eines Brennstoffs durch die Verbren- obergrenze
nung in Wärmeenergie umgewandelt. Die Absorption 17%
Gesamtenergie setzt sich dabei aus dem nutz- Reflexion 4%
Erdoberfläche
baren Anteil (Exergie) sowie dem durch Abwär-
me und Umwandlungsverluste nicht nutzbaren Verdunstung 21%
Anteil (Anergie) zusammen. Exergie bleibt
somit im Gegensatz zu Energie nicht erhalten, Strahlung 18%
sondern wird durch die Transformation in Aner-
Konvektion 9% Weltprimär-
gie entwertet. Biomasse- energie-
Die physikalischen Gesetzmäßigkeiten hinsicht- erzeugung verbrauch
lich möglicher Energieumwandlungen werden 0,1% 0,0005 %
in der Physik mit dem Begriff »Entropie« (gr.: 1,5·1018 kWh/a 7,5 ·1015 kWh / a
Entropía = Wendung, Umwandlung) beschrie-
Energiereserven
ben. Rudolf Claudius definierte 1865 den zwei-
fossil-biogen ca. 9 ·10 16 kWh fossil-mineralisch ca. 1·10 18 kWh
ten Hauptsatz der Thermodynamik, wonach die
B 1.19

43
Grundlagen
Anteil der genutzten Energieträger weltweit [%]

80 24 erneuerbare Energien 5,3%


CO2-Emissionen [Mrd. t/a]
Kohle 22
70
20 Kernenergie 12,6%
60 18
16
50
14
40 12 Mineralöl 35,7 %
Braunkohle
38 % Primärenergie 10,9%
10
30 [Mrd. tSKE/a]
Holz 26 % 8
Erdgas 23 %
20 6
4
10 Erdgas 22,8 %
Kernenergie 7% Bevölkerung
Erdöl 3,5 % 2 Steinkohle
[Mrd.]
Wasserkraft 2,5 % 13,0%
0 0
1850 1900 1950 2000 1870 1900 1930 1960 2000
B 1.20 B 1.21 B 1.22
selwirkungen mit atmosphärischen Bestand- oben beschriebenen Quellen gespeist werden energie aus dem Zusammenspiel der Atmo-
teilen erreicht schließlich etwa die Hälfte der und damit in menschlichen Dimensionen als sphärenbewegung durch Solarstrahlung und
Strahlung die Erdoberfläche und trifft auf die unerschöpflich gelten. Als erneuerbare Primär- Erdrotation. Als Erscheinungsformen können
Kontinente und Meere (Abb. B 1.19). Diese energieträger gelten neben den genannten Pri- folglich definiert werden:
Energie steht nun für Konvektion, Verdunstung märquellen jedoch auch daraus abgeleitete
und Strahlung zur Verfügung und wird nach Energieformen wie z. B. Windenergie oder • Atomkraft, die in Form von Kernspaltung oder
der Umwandlung als langwellige Wärmestrah- Wasserkraft. Die Verfügbarkeit von Sekundär- Fusion genutzt werden kann
lung wieder in den Weltraum abgestrahlt. Nur oder Endenergie – wie etwa Solarstrom aus • fossile Energieträger (Kohle, Erdöl, Erdgas)
ein verhältnismäßig geringer Teil bleibt – über einer Photovoltaikanlage – hängt dabei allein als Produkte vergangener Solarstrahlung
den Photosyntheseprozess in organische Sub- von der Funktionstüchtigkeit des technischen • die als Geothermie bezeichnete oberflächen-
stanz umgewandelt – auf der Erde zurück. Systems zur Umwandlung ab. ferne Erdwärme
Durch diese Speicherung in Form von Biomas- • durch Gravitation hervorgerufene Gezeiten-
se fällt die zugeführte Energiemenge geringfü- Energieformen energie
gig größer aus als die abgestrahlte. Wird die Die Energie der Erde besteht, wie zuvor
organische Substanz energetisch nicht direkt beschrieben, aus den drei primären Energie- Die meisten Erscheinungsformen resultieren
verwertet, wandelt sie sich im Verlauf langer quellen Solarstrahlung, Erdwärme, Gravitation allerdings aus der aktuellen Solarstrahlung, die
Zeiträume in fossil-biogene Energieträger um. und tritt in unterschiedlichen Erscheinungsfor- in direkter und diffuser Form zur Verfügung
Zusammen mit den fossil-mineralischen Stoffen men bzw. Wirkungsweisen auf. Diese werden steht und das oberflächennahe Erdreich, die
in Form von gebundener Kern- bzw. Strah- ergänzt durch die in Atomkernen gespeicher- Atmosphäre sowie die offenen Gewässer
lungsenergie begründen sie die Energiereser- ten, nicht erneuerbaren Energien. erwärmt. Als Folge dieser Erwärmungen treten
ven der Erde. Die intensive Nutzung der fossi- Ebenso gelten die über einen langen Zeitraum abgewandelte Energieformen wie Wind, Mee-
len Rohstoffe in den vergangenen 150 Jahren aus vergangener Solarstrahlung gebildeten resströmung, Wellenbewegung und Laufwas-
hebt jedoch den energetischen Gleichge- fossilen Erscheinungsformen aus menschlicher ser auf. Schließlich ist die Solarstrahlung Basis
wichtszustand auf. Denn es wurde wesentlich Sicht als nicht erneuerbar. Abb. B 1.23 zeigt der Biomasseproduktion.
mehr Energie freigesetzt, als dem System Erde die Energiequellen und deren unterschiedliche
zugleich an Energieströmen zufloss bzw. an Erscheinungsformen auf der Erde, wobei nur Entwicklung des Energieverbrauchs
Energiereserven neu gebildet wurde. die wesentlichen Zusammenhänge dargestellt An der bisherigen Entwicklung der weltweiten
Hier setzt die Definition von erneuerbarer Ener- sind, da sich die einzelnen Formen nicht immer Energiebereitstellung lässt sich ablesen, dass
gie an. Dabei handelt es sich um diejenigen eindeutig einer bestimmten Quelle zuordnen die Nutzung der verschiedenen Energiequellen
Energieträger, die fortlaufend aus den drei lassen. So resultiert beispielsweise die Wind- und -arten gewisse Zyklen durchläuft. Nach

Kernenergie Solarstrahlung Erdwärme Gravitation B 1.20 strukturelle Entwicklung der Energieträger welt-
weit von 1850 bis 2000
B 1.21 Vergleich zwischen Bevölkerungswachstum,
vergangene aktuelle Energieverbrauch und CO2-Emissionen von 1870
Strahlung Strahlung bis 2000
B 1.22 Anteile der Energieträger am Primärenergiever-
Atomkraft Kohle Globalstrahlung oberflächenferne Gezeitenenergie brauch in Deutschland 2006
Erdöl oberflächennahe Erdwärme B 1.23 Energiequellen der Erde und ihre Erscheinungs-
Erdwärme formen
Erdgas
Atmosphären- B 1.24 derzeitige Szenarien des globalen Primärenergie-
wärme verbrauchs für das Jahr 2050 bei einem Bevöl-
Wind kerungswachstum auf 9 bis 10 Milliarden
Meereswärme WBGU: exemplarischer Entwicklungspfad
(2003)
Meeresströmung
Shell SCA: Spirit of coming Age (2001)
Wellenbewegung WEC A3: Wachstum (1999)
Laufwasser Shell DAS: Dynamic as Usual (2001)
Biomasse- WEC B: Business as Usual (1999)
produktion RIGES: Renewable intensive scenario (1993)
SEE: Solar Energy Economy (2003)
nicht erneuerbar erneuerbar WEC C1: ökologische Priorität (1999)
Faktor 4: Effizienzrevolution (1999)
B 1.23

44
Grundlagen

Primärenergie [EJ/a]
1169 1121
1200
1049
1000
854 825
800
636 635
597
600
431
423
400

200

0
2000 WBGU Shell SCA WEC A3 Shell DAS WEC B RIGES SEE WEC C1 Faktor 4
erneuerbare Energien Kernenergie Mineralöl
traditionelle Biomasse Erdgas Kohle
B 1.24
einer Start- und Anstiegsphase erreichen alle stands erwarten die meisten Studien einen gen Kernkraftwerke während der Betriebs-
fossilen Rohstoffe – mit zunehmend abgebau- Zuwachs des weltweiten Bruttosozialprodukts phase keine CO2-Emissionen, über den gesam-
ter bzw. verbrauchter Menge – ihren Scheitel- bis zum Jahr 2050 um das drei- bis vierfache. ten Lebenszyklus betrachtet erfordern Bau
punkt und münden schließlich in eine Phase bzw. Abriss der Reaktoren, Uranförderung,
sinkender Bedeutung (Abb. B 1.20). Ausge- Fossile Energie Abfallentsorgung und Sicherheitsrisiken aller-
hend von Holz und Kohle als dominierende Die weltweite Energieversorgung basiert ak- dings erhebliche Aufwendungen. Die Kernkraft
Energieträger im 19. Jahrhundert ist die struk- tuell zu rund 80 % auf den fossilen Energieträ- verfügt derzeit über einen Anteil von ca. 17 %
turelle Zusammensetzung im 20. Jahrhundert gern Kohle, Erdöl und Erdgas sowie der Kern- an der weltweiten Stromerzeugung, beträgt
durch einen breiten Energiemix gekennzeich- energie. Da die Entstehungszeiträume der aber unter 7 % an der gesamten Energiever-
net. Interessant erscheint in diesem Zusam- fossilen Energieträger weit über menschliche sorgung. Risiken und Nutzen der kohlenstoff-
menhang auch, dass in der Vergangenheit Maßstäbe hinausgehen, übersteigt der heuti- freien Stromerzeugung aus Kernenergie sind
immer eine unmittelbare Wechselbeziehung ge Verbrauch ihre Entstehung deutlich. Fossile vor diesem Hintergrund abzuwägen. Für die
zwischen Bevölkerungswachstum, Energie- Energiereserven bildeten sich zu verschiede- heute verbreitete Reaktortechnologie besteht
verbrauch und CO2-Emissionen bestand (Abb. nen Zeiten in der Erdgeschichte durch bioche- auch ein Ressourcenproblem. Preiswertes
B 1.21). Die meisten Prozentanteile zur weltwei- mische und chemische Umwandlungsprozesse Uran für Leichtwasserreaktoren reicht noch
ten Energiebereitstellung werden derzeit noch aus organischem Material. Die Entstehungs- etwa für 40 Jahre. Brutreaktoren (»schnelle
durch Erdölgewinnung erzielt. Die Kohlenut- zeiträume der Energieträger betragen: Brüter«), die neben der Stromproduktion auch
zung hatte zwar bereits zu Beginn des 20. der Erzeugung von weiterem spaltbaren Mate-
Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreicht, spielt • Erdöl und Erdgas: 20 – 440 Millionen Jahre rial dienen, sind in keinem Land im Dauerbe-
aber heute noch bei der Energieversorgung • Kohle: 10 – 370 Millionen Jahre trieb. Das als Abfallprodukt entstehende Pluto-
eine zentrale Rolle. Mit steigender Tendenz ent- nium erhöht aufgrund seiner Eignung zur
wickelt sich der Anteil von Erdgas und Kernen- Zur Minderung der Klimaänderungen setzen waffentechnischen Verwendung die atomare
ergie, während Holz und Wasserkraft als tradi- Vertreter der fossilen Energiewirtschaft vor Bedrohung.
tionelle erneuerbare Energiequellen eher von allem darauf, künftig CO2-Emissionen unter- An der Realisierung von Kernfusionsreaktoren
untergeordneter Bedeutung sind. irdisch einzulagern. Bei der Kohlendioxidse- wird seit den 1960er-Jahren intensiv geforscht.
In Deutschland ist der Primärenergieverbrauch questrierung wird CO2 aus Abgasen von Kraft- Mittels Kernfusion wäre bei vergleichsweise
entgegen des weltweiten Trends in den letzten werken und Industrieanlagen technisch abge- niedrigem Brennstoffverbrauch und geringem
Jahren konstant rückläufig; der Energiemix schieden, komprimiert und schließlich unter radioaktiven Abfall theoretisch die Produktion
weist indessen eine ähnliche Struktur auf hohem Druck in etwa 1000 m tiefe salzwasser- großer Mengen elektrischer Energie möglich.
(Abb. B 1.22). Auch die deutsche Energie- haltige Schichten (Aquifere) gepresst. In Euro- Die Entwicklung von Kernfusionsreaktoren
bereitstellung wird vom Erdöl dominiert. Die pa sollen bis zum Jahr 2015 zwölf Demonstra- erfordert allerdings enorme Investitionen; eine
Kohlenutzung nimmt kontinuierlich ab, bildet tionsanlagen in Betrieb gehen. Hinsichtlich der kommerzielle Nutzung dieser Technologie wird
aber für die Stromerzeugung nach wie vor Sicherheit und Wirtschaftlichkeit des Verfah- – wenn überhaupt realisierbar – in frühestens
eine wichtige Grundlage. Erdgas zeigt hinge- rens bestehen jedoch erhebliche Unwägbar- 50 Jahren erwartet.
gen zunehmende Tendenzen. Der Anteil erneu- keiten. Durch Risse im Gestein könnte bei der Bei der Gewinnung, Nutzung und Entsorgung
erbarer Energiequellen steigt seit 1995 durch Kohlendioxideinlagerung salz- bzw. schwer- von radioaktiven Stoffen bestehen hochgra-
den Ausbau der Windenergie deutlich an. metallhaltiges Wasser der Aquifere verdrängt dige Gesundheitsgefahren. Da die Halbwerts-
Die Prognosen hinsichtlich der künftigen Ent- werden und somit die Grundwasserreservoirs zeit von Uran235 über 700 Millionen Jahre
wicklung des globalen Energieverbrauchs sind verseuchen. Bei größeren Leckagen bestünde beträgt, müssen diese Stoffe mit großem tech-
mit Ungewissheiten behaftet (Abb. B 1.24). Alle die Gefahr, dass die Emissionen in großem nischen und logistischen Aufwand dauerhaft
Szenarien gehen jedoch davon aus, dass auf- Umfang die Atmosphäre belasten. Des Weite- von der Umwelt abgeschirmt und überwacht
grund wachsender Bevölkerungszahlen sowie ren rechnet man infolge der CO2-Sequestrie- werden.
des steigenden Bruttosozialprodukts in den Ent- rung mit Effizienzverlusten der Kraftwerke von
wicklungs- und Schwellenländern der Energie- bis zu 20 %, wodurch sich Ressourcenver- Erneuerbare Energie
verbrauch in den kommenden Jahren erheblich brauch, Importabhängigkeit und Kosten ent- Abgesehen von den seit Langem üblichen For-
zunehmen wird. Derzeit verfügt mehr als ein sprechend erhöhen würden. men der Nutzung von Biomasse, Wind und
Fünftel der Menscheit über keinen Zugang zu Wasserkraft, tritt ab Mitte der 1970er-Jahre
Elektrizität, zwei Fünftel decken ihre Energiebe- Kernenergie angesichts steigender Preise fossiler Brenn-
dürfnisse überwiegend traditionell durch Bio- Die Nutzung der Kernenergie ist politisch und stoffe eine verstärkte Nutzung erneuerbarer
masse. Aufgrund dieses Entwicklungsrück- gesellschaftlich stark umstritten. Zwar erzeu- Energiequellen in das Blickfeld der Bemühun-

45
Grundlagen

Weltenergieverbrauch 2005 Solarstrahlung auf Kontinente Wind Biomasse Erdwärme Wasser Meereswärme, Wellenenergie

B 1.25
gen. Vor dem Hintergrund des Reaktorun- Potenziale Das wirtschaftliche Potenzial bildet wiederum
glücks in Tschernobyl 1986 wurden diese Zu den verfügbaren Potenzialen von erneuer- den Teil des technischen Potenzials ab, der
Anstrengungen mit erhöhter Motivation in baren Energien wurden in den letzten Jahren zum Betrachtungszeitpunkt ökonomisch sinn-
Angriff genommen. Messbare Auswirkungen detaillierte Analysen durchgeführt, deren voll nutzbar ist. Hier beeinflussen allerdings
lassen sich etwa seit 1990 feststellen. Als Folge Ergebnisse eine relativ hohe Streuung aufwei- vielfältige Randbedingungen wie z. B. die Kos-
günstiger politischer Rahmenbedingungen sen. Das theoretische Potenzial enthält das ten fossiler Brennstoffe, Verzinsung, Abschrei-
zeichnet sich ein geringes, aber kontinuierli- gesamte physikalische Angebot einer bestimm- bungsdauer und betriebs- oder volkswirtschaft-
ches Wachstum der erneuerbaren Energieträ- ten Energiequelle in einem definierten räum- liche Betrachtungen die Rentabilität erheblich.
ger ab. Die Entwicklung in Deutschland zeigt, lichen und zeitlichen Betrachtungsraum – bei- Würde man künftig dazu übergehen, die exter-
dass die Zunahme in erster Linie auf der ver- spielsweise die von der Sonne jährlich auf die nen Kosten der fossilen Energiewirtschaft (z. B.
mehrten Nutzung der Windkraft sowie gasför- Oberfläche Deutschlands eingestrahlte Ener- Klimaerwärmung, extreme Wetterereignisse) in
miger und flüssiger Biomasse beruht (Abb. B gie, die jährliche kinetische Energie des Win- die gesamtwirtschaftliche Betrachtung einzu-
1.26). In der Energieerzeugung aus Windkraft des einer bestimmten Region oder der gesam- beziehen, würde das wirtschaftliche Potenzial
und Solarwärme ist Deutschland inzwischen te Energieinhalt der jährlich nachwachsenden der erneuerbaren Energien deutlich höher aus-
weltweit führend, im Solarstromertrag wird es Biomasse eines Landes. Die möglichen Erträge fallen.
nur von den USA und Japan übertroffen. basieren hierbei allein auf dem natürlichen Das erschließbare Potenzial beschreibt den tat-
Betrachtet man die Struktur der Energiebereit- Energieangebot, das jedoch Schwankungen sächlich zu erwartenden Beitrag zur Energie-
stellung aus erneuerbaren Quellen, so kommt aufzeigt, wie z. B. die jährlich unterschiedliche versorgung unter aktuellen Randbedingungen.
der Nutzung fester Biomasse in Form von Solarstrahlung. Es liegt aufgrund von Herstellerkapazitäten,
Holzverfeuerung die größte Bedeutung zu, Das technische Potenzial ist ein Teil des theore- vorhandenen Konkurrenzsystemen, mangeln-
wobei hier die statistische Erfassung aufgrund tischen Potenzials, bei dem die für eine prakti- der Information, rechtlicher oder administrativer
dezentraler Strukturen überwiegend auf sche Nutzung erforderlichen technischen Rest- Hemmnisse etc. unter dem wirtschaftlichen
Schätzungen beruht. Die feste Biomasse riktionen berücksichtigt werden (Abb. B 1.25). Potenzial. Infolge von Subventionen kann das
stellt zusammen mit der Wasserkraftnutzung Es variiert in Abhängigkeit von der zugrunde erschließbare Potenzial jedoch das wirtschaft-
und der Windenergie über 75 % des Beitrags gelegten Technik wie dem Systemwirkungs- liche übertreffen.
aus erneuerbaren Quellen bereit. Die weiteren grad. Des Weiteren unterscheidet man zwi-
Energiequellen in Form von Solarwärme, Solar- schen technischen Erzeugungspotenzialen am Entwicklungsszenario für Europa
strom (Photovoltaik) und Geothermie sind Anfang einer definierten Stufe der Wandlungs- Wenn man die für den Energiebedarf bestim-
derzeit noch von geringer Bedeutung. Zusam- kette und technischen Substitutionspotenzialen menden Größen definiert, wie z. B. wirtschaftli-
men tragen inzwischen alle erneuerbaren Ener- bezüglich End-, Sekundär- oder Primärenergie che und demografische Entwicklungen, erwar-
gien mit ca. 6 % zur Primärenergiebereitstel- (siehe S. 50). Während das theoretische Poten- tete Energiepreissteigerungen sowie techni-
lung und mit etwa 12 % zur Stromerzeugung in zial wenig praktische Relevanz hat, ist das tech- scher Fortschritt, lassen sich daraus Szenarien
Deutschland bei. nische Potenzial von hohem Aussagewert. hinsichtlich des zukünftigen Energieverbrauchs
Primärenergie [PJ /a]
Primärenergie [PJ/ a]

700 Biomasse 665 16 000 100 %

Solarthermie und Erdwärme 14 000


600
Wind und Photovoltaik 80 %
Wasser 12 000
500
10 000
382 60 %
400
8 000
284 erneuerbare Energien
300 40 %
229 6 000 Erdgas
203 211
190 Mineralöl
200
4 000
Kohle
20 %
100 Kernenergie
2 000
CO2-Emissionen [%]
0 0 0% (1990=100 %)
1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2004 2010 2020 2030 2040 2050
B 1.26 B 1.27

46
Grundlagen

Stromerzeugung [Mrd. kWh]


Photovoltaik < 0,01%
60
Geothermie < 0,01%
50 oberflächen-
< 0,01%
nahe Wärme

B 1.25 theoretisches jährliches Potenzial (große Würfel 40 Solarthermie < 1%


im Hintergrund) und technisches Potenzial Biomasse
ca. 5%
(kleine Würfel im Vordergrund) im Vergleich mit 30 (gasförmig)
dem Weltenergieverbrauch 2005 Biomasse
< 1%
B 1.26 Beitrag erneuerbarer Energien zur Primärener- (flüssig)
gieversorgung in Deutschland von 1975 bis 20
Windenergie ca. 25%
2005
B 1.27 Szenario für die Entwicklung des Primärenergie- 10 Wasserkraft ca. 75%
verbrauchs und der CO2-Emissionen in Europa
Biomasse (fest) ca. 7 %
bis zum Jahr 2050
0
B 1.28 Beitrag erneuerbarer Energien zur Stromerzeu- 1990 1995 2000 2005 500 600
0 100 200 300 400
gung in Deutschland von 1990 bis 2005 [TWh]
Photovoltaik Biomasse Nutzung 2005
B 1.29 technisches Potenzial und Nutzung erneuerbarer
Energien in Deutschland im Jahr 2005 Windenergie Wasserkraft max. technisches Erzeugungspotenzial
B 1.28 B 1.29
und dessen Deckung ableiten. Die meisten Technische Systeme für eine zukunftsfähige strahlung werden solarthermische Kleinanlagen
Prognosen erwarten – entgegen der bisherigen Energieversorgung überwiegend zur Wärmebereitstellung für Trink-
Entwicklung – den kontinuierlichen Rückgang Untersuchungen für Deutschland zeigen, dass wasser und zur Heizungsunterstützung einge-
des Primärenergieverbrauchs in Europa bis die Biomassenutzung insgesamt das größte setzt. Bislang sind weltweit bereits über 30 Mil-
2050, insbesondere durch effizienten Wärme- technische Potenzial birgt. Zur Erzeugung von lionen m2 an Kollektorflächen installiert. Die Kol-
schutz von Gebäuden sowie eine stetige Niedertemperaturwärme bietet sich neben der lektoren können frei aufgestellt oder in die
Zunahme des Anteils erneuerbarer Energien solarthermischen Nutzung auch die oberflä- Gebäudehülle integriert werden (siehe Gebäu-
an der Energiebereitstellung (Abb. B 1.27). chennahe Wärme (Erdwärme und Außenluft) dehülle, S. 93). Trotz des unterschiedlich
Die erneuerbaren Energiequellen sollen zur sowie die oberflächenferne Wärme (Geother- hohen Strahlungsanteils verschiedener Stand-
Mitte des 21. Jahrhunderts aufgrund der deut- mie) an. Diese Quellen weisen eine sehr hohe orte ist die Solarthermie heute in Deutschland
lich reduzierten Gesamtsumme knapp die Leistungsfähigkeit auf, die bislang quasi unge- nahezu überall rentabel.
Hälfte des Energiebedarfs decken. Des Weite- nutzt bleibt. Im Bereich der Stromerzeugung Dies gilt mit Einschränkungen ebenfalls für
ren wird davon ausgegangen, dass sich der stellt neben der Wasserkraft und Windenergie photovoltaische Systeme zur Stromerzeugung.
Kohleanteil verringern wird und voraussichtlich vor allem die photovoltaische Wandlung der Ihr modularer Aufbau erlaubt eine sehr große
eine starke Reduktion der Kernenergie bevor- Solarstrahlung eine bedeutende Alternative zur Bandbreite an installierter Leistung. Auch Pho-
steht [6]. konventionellen Erzeugung dar. Sie bietet tovoltaikmodule lassen sich direkt in die
In der Elektrizitätsversorgung gehen die Prog- zugleich das größte Energiereservoir bei bisher Gebäudehülle integrieren (siehe Gebäudehülle,
nosen davon aus, dass in den kommenden geringster Verwendung. Im Gegensatz dazu S. 106). Die Systemtechnik basiert auf Entwick-
Jahren zunächst weiterhin die Quellen Wasser- erreicht die Nutzung der Wasserkraft bereits lungen seit Mitte des 20. Jahrhunderts und
kraft und Windenergie wesentliche Beiträge lie- ihre Grenzen. Die Erschließung der Windener- befindet sich auf einem hohen technischen
fern, ab 2010 die Biomasseverstromung hinzu- gie hat in den letzten Jahren enorme Zuwachs- Niveau. In Deutschland wurden bereits über
kommt und ab 2020 schließlich auch die geo- raten erfahren mit weiterhin steigender Ten- 300 MW installierter Leistung realisiert, dies
thermische und photovoltaische Stromerzeu- denz (Abb. B 1.28). entspricht etwa einer Fläche von 3 Millionen m2.
gung nennenswerte Erträge beisteuern. Außer- Insgesamt bestehen in Deutschland beacht- Aufwindkraftwerke bieten eine weitere Option
dem könnten künftig auch größere Mengen an liche Möglichkeiten zur Nutzung erneuerbarer zur großtechnischen Nutzung der Globalstrah-
importiertem Strom aus erneuerbaren Energie- Energiequellen. In der Summe erreicht bereits lung. 1989 errichtete das Ingenieurbüro
quellen – z. B. aus äquatornahen solarthermi- unter heutigen Randbedingungen das er- Schlaich, Bergmann und Partner eine erste
schen Kraftwerken – bezogen werden. Mit Aus- schließbare Potenzial der erneuerbaren Ener- Versuchsanlage in Manzanares, Spanien, um
nahme der Wasserkraft verfügen sämtliche gieträger die Größenordnung des derzeitigen Erfahrungen für den praktischen Betrieb zu
Energiequellen über deutliche Steigerungs- Endenergiebedarfs (Abb. B 1.29). Dies gilt mit sammeln. Die Funktionsweise dieses Kraftwerk-
potenziale. unterschiedlichem Mix auch für die anderen typs beruht auf einfachen Prinzipien (Abb. B
Vor allem in der Elektrizitätsversorgung weist europäischen Länder. 1.35): Luft wird unter einem transparenten Kol-
die Nutzung erneuerbarer Energiequellen Die Chance erneuerbare Energie nutzen zu lektordach erwärmt und steigt infolge der Ther-
gegenüber konventionellen Energieträgern eine können, hängt maßgeblich von der verfügbaren mik in eine mittig angeordnete Röhre auf. Am
wichtige Besonderheit auf: Der größte Teil des Systemtechnik ab. Technologien zur Versor- Fuß des Kamins wandeln eine bzw. mehrere
Potenzials zur Stromerzeugung basiert auf den gung von Gebäuden werden im Kapitel Tech- Turbinen die Luftströmung in Elektrizität um.
stark schwankenden Quellen Solarstrahlung nik umfassend dargestellt (siehe S. 113). Der Nahe Mildura in Australien soll im Jahr 2010
und Wind. Sollen diese in Zukunft in hohem folgende Abschnitt erläutert die grundlegenden das erste 200 MW-Kraftwerk seinen Dauerbe-
Maße reale Kraftwerksleistung ersetzen, erfor- globalen Perspektiven für eine nachhaltige trieb aufnehmen.
dert dies eine erhebliche Umgestaltung der Energiewirtschaft.
heutigen Versorgungsstrukturen hinsichtlich Biomasse
Lastmanagement, Reservehaltung und Kraft- Globalstrahlung Das Verfeuern von Holz stellt derzeit weltweit
werksregelung. Um die Globalstrahlung aktiv verwenden zu die häufigste Anwendung erneuerbarer Energie
Die Wärmeerzeugung basiert zunächst weiter- können, gibt es generell zwei Maßnahmen: die dar, wobei sich die energetischen Nutzungs-
hin auf Einzelfeuerstätten zur Biomasseverfeue- Umwandlung in Wärme oder Strom. Solarther- möglichkeiten von Biomasse äußerst vielfältig
rung. Maßgebliche Veränderungen werden hier mische Anlagen existieren bereits seit dem gestalten. Prinzipiell kann feste, flüssige und
über Konzepte zur Nahwärmeversorgung 19. Jahrhundert, heute übliche Systeme haben gasförmige Biomasse zur Wärmegewinnung
durch Biomasseheizzentralen, geothermische sich seit Jahrzehnten bewährt. Neben solar- verfeuert oder über motorisch betriebene
Kraftwerke und insbesondere durch solarther- thermischen Kraftwerken zur Stromerzeugung Blockheizkraftwerke zur kombinierten Wärme-
mische Kollektorgroßanlagen erwartet. in Ländern mit besonders hoher Sonnenein- und Stromerzeugung eingesetzt werden (siehe

47
Grundlagen

Kosten [ct / kWh]


B 1.30 externe Kosten für verschiedene Stromerzeu-
gungsoptionen Treibhauseffekt
8
B 1.31 Visualisierung »Seaflow-Park«: Meeresströ- Luftschadstoffe
mungskraftwerk mit zehn Turbinen und einem 7
geplanten Ertrag von 10 MW PV: Photovoltaik
B 1.32 Prognose der Differenzkosten erneuerbarer 6
Energien im Vergleich zu konventionellen Ener- DK: Dampfkraftwerk
gieträgern bei anhaltend steigenden Energie- 5
GuD: Gas- und Dampfkraftwerk
preisen 4
B 1.33 Korrelation zwischen Bruttoinlandsprodukt und
Primärenergiebedarf ausgewählter Länder im 3
Jahr 1970
B 1.34 Forschungsprojekt »ZED« mit zwei Vertikalgene- 2
ratoren, Modellfoto, London (GB) 1995, Future
1
Systems
B 1.35 Visualisierung eines geplanten Aufwindkraft- 0
werks in Mildura (AUS), geplante Fertigstellung
2010, Schlaich Bergermann und Partner Braun- Braun- Stein- Stein-
kohle kohle kohle kohle Erdgas PV PV Lauf- Wind Wind
DK 40% GuD 48 % DK 43% GuD 46% GuD 57% (heute) (2030) wasser onshore offshore
B 1.30
Technik, S. 115 und S. 143). Die ausgereifte den. Dies erfolgt über tiefe Erdsonden oder Laufwasserkraftwerke in Betrieb, die über 4 %
Systemtechnik erzielt hohe Wirkungsgrade bei das »Hot-Dry-Rock-Verfahren«, das Wärme- des Nettostroms erbringen. Beim weitaus größ-
zugleich niedrigen Emissionswerten. Der Leis- energie aus bis zu 7000 m Tiefe gewinnt. Dem ten Teil handelt es sich um Kleinwasserkraft-
tungsbereich reicht vom Kilowatt- bis in den Erdreich entnommenes bzw. durch Erdreich werke im Leistungsbereich unter 1 MW, die
Megawattbereich. erwärmtes Wasser mit einem Temperaturniveau sich oftmals in privater Hand befinden.
von etwa 100 bis 300 °C wird in einem oberir-
Erdwärme – oberflächennah dischen Kraftwerk über Dampfprozesse für die Meeresströmung
In den oberen Erdschichten und im Grundwas- Stromproduktion verwendet oder in Nah- bzw. Die Ausgleichsströmungen der Weltmeere
ser gespeicherte Sonnenenergie kann über Fernwärmenetze eingespeist. Die erforderliche infolge Temperaturdifferenzen, unterschiedli-
Erdreichwärmetauscher und Brunnenanlagen Technik zur geothermischen Energieerzeugung che Salzkonzentrationen oder Gezeitenwechsel
mithilfe von Wärmepumpen zur Gebäudebe- steht in Europa bereits seit einigen Jahrzehnten lassen sich über einen unter Wasser angetrie-
heizung und Trinkwassererwärmung heran- zur Verfügung. benen Rotor zur Stromerzeugung nutzen. Dazu
gezogen werden (siehe Technik, S. 121). Die müssen allerdings spezielle strömungsdynami-
hierzu erforderliche Technik wurde bereits im Atmosphäre sche Gegebenheiten vorliegen, wie sie in Euro-
19. Jahrhundert entwickelt. Erdreichwärme- In der Außenluft enthaltene Wärmeenergie lässt pa insbesondere vor der britischen Küste anzu-
tauscher sind überall in Europa einsatzfähig. sich durch Wärmepumpen ebenfalls zur Ge- treffen sind. Nach Einschätzungen des techni-
Inzwischen werden europaweit pro Jahr über bäudeheizung sowie zur Trinkwassererwär- schen Potenzials könnte Großbritannien 10 bis
300 000 Wärmepumpensysteme installiert. mung nutzen. Es handelt sich prinzipiell um 20 % seines Elektrizitätsbedarfs aus Meeres-
dieselbe Systemtechnik wie bei erdreichgekop- strömungskraftwerken decken (Abb. B 1.31).
Erdwärme – oberflächenfern pelten Wärmepumpen, wobei hier die Atmos- Auch die Meeresbrandung kann prinzipiell in
Richtung Erdmittelpunkt nimmt die Temperatur phärenwärme über einen Luftwärmetauscher Kombination mit geeigneten Kraftwerken zur
der festen Erdkruste deutlich zu. Das hohe entzogen wird. Im Heizfall besteht allerdings Stromgewinnung genutzt werden. Eines der
Temperaturniveau tiefer Erdschichten kann eine ungünstige Korrelation zwischen dem einfacheren Systeme wandelt beispielsweise
über geothermische Kraftwerke genutzt wer- Temperaturniveau der Außenluft (z. B. -10 °C) die kinetische Energie der Brandungswellen
und dem Wärmebedarf (z. B. +20 °C). Die Effi- durch einen entsprechend konstruierten Kollek-
zienz von Wärmepumpen sinkt mit zunehmen- tor in potenzielle Energie um. Die eigentliche
der Temperaturdifferenz. Stromerzeugung funktiontiert dann auf die glei-
che Weise wie bei Speicherwasserkraftwerken.
Winde
Die Nutzung der Windenergie reicht historisch Gezeiten
betrachtet weit zurück. Im 17. und 18. Jahrhun- Die in erster Linie durch Gravitation verursach-
dert gab es beispielsweise in den Niederlan- ten Gezeiten können – vergleichbar mit der
den etwa 9000 Windmühlen. Derzeit wird die Brandungsenergie – energetisch umgewandelt
Windenergie in Deutschland primär zur Strom- werden. Dies erfordert allerdings einen mittle-
erzeugung verwendet, mittlerweile mit einem ren Tidenhub von mindestens 3 m, der an deut-
Anteil von über 5 %. An besonders ertragrei- schen Küsten nicht erreicht wird. Weltweit
chen Standorten mit hohen mittleren Windge- gesehen werden bereits einige dieser Kraftwer-
schwindigkeiten ab ca. 3 m / s kommen Wind- ke eingesetzt, allerdings schätzt man das
kraftanlagen im Leistungsbereich bis 5 MW Gesamtpotenzial als eher gering ein.
zum Einsatz. Derzeit existieren erste planeri-
sche Ansätze zur Integration von Windkraft- Wellen
systemen in Gebäuden (Abb. B 1.34). Wellenenergie ist in erster Linie durch Wind-
energie induziert. Im Unterschied zum Gezei-
Laufwasser tenkraftwerk resultiert die Stromgewinnung bei
Die Nutzung der Wasserkraft zählt zu den Wellenkraftwerken nicht aus dem Tidenhub,
ältesten Formen der Gewinnung erneuerbarer sondern aus der kontinuierlichen Wellenbewe-
Energie. Man unterscheidet zwischen Nieder- gung. Nach Berechnungen des internationalen
druckanlagen (Laufwasserkraftwerke) und Mit- Weltenergierates (World Energy Council, WEC)
tel- bzw. Hochdruckanlagen (Speicherwasser- verfügt diese Kraftwerkstechnologie über ein
kraftwerke). In Deutschland sind knapp 6000 beträchtiches Leistungspotenzial.
B 1.31

48
Grundlagen

Bruttoinlandsprodukt pro Kopf [USD/ a]


Differenzkosten [Mrd. EUR /a]
4 Prognose
Meereswärme
Schweden
Nicht nur Grund-, sondern auch Meerwasser Strom 104 Schweiz
Deutschland
speichert Energie, die bei geeigneten Tempe- Frankreich USA
raturdifferenzen ab etwa 20 K von oberflächen- Neuseeland Australien
nahem und tiefem Wasser über ein Meeres- Kraftstoffe Japan
2 Italien
Griechenland
wärmekraftwerk zur Stromerzeugung genutzt Irland
Portugal Spanien
werden kann. Neben Problemen der Energie- Zypern
speicherung und des Transports bestehen Brasilien Südafrika
Wärme 103 Mexiko
Algerien Irak
jedoch noch zahlreiche technische Fragestel- Tunesien Peru
lungen, die eine kommerzielle Nutzung in 0
Marokko Kolumbien
absehbarer Zeit nicht erwarten lassen. Sri Liberia
Lanka Ägypten

Wirtschaftlichkeit erneuerbarer Energien Indien


Die gesamtgesellschaftlichen Gestehungskos- -2 102
Sudan

ten fossiler und nuklearer Energieversorgungs- 2005 2010 2015 2020 2025 1 10 100
systeme liegen wesentlich höher als betriebs- Primärenergiebedarf pro Kopf [103 kWh/a]
wirtschaftliche Berechnungen dies bisher aus- B 1.32 B 1.33
weisen. Wirtschaftsfaktor dar. Der Inlandsumsatz in Ausgelöst durch die Ölkrise zu Beginn der
Für eine umfassende ökonomische Bewertung Deutschland weist seit einigen Jahren 1970er-Jahre entkoppelte sich die Entwicklung
müssen künftig die erheblichen Umweltschä- Zuwachsraten von ca. 20 % auf. Kaum eine der Volkswirtschaft vom Energieverbrauch.
den der fossilen Energieumwandlung – »exter- andere Branche verfügt über einen ähnlich In Deutschland veränderte sich seit 1980 der
ne Kosten« – in die volkswirtschaftliche Be- deutlichen Beschäftigungszuwachs. Primärenergiebedarf nur noch wenig, während
trachtung einbezogen werden. Untersuchun- das Bruttoinlandsprodukt weiter anstieg (Abb.
gen des Bundesministeriums für Umwelt, Na- Effiziente Energienutzung B 1.36). Im Jahr 2000 konnte im Vergleich
turschutz und Reaktorsicherheit (BMU) zufolge Die Energiepolitik der Vergangenheit betrach- zum Jahr 1970 der gleiche Lebensstandard
spielen die CO2-Emissionen hierbei eine zen- tete eine nachhaltige Energieversorgung mit einem Drittel weniger Primärenergieein-
trale Rolle [7]. Die BMU-Studie veranschlagt stets als im Zielkonflikt zum Wirtschaftswachs- satz sichergestellt werden. Als Kehrwert zum
Schadenskosten von 70 ™ pro Tonne CO2. tum stehend. Es wurde ein kausaler Zusam- bereits erwähnten BIP / PEB-Indikator gibt
Den derzeitigen Stromgestehungskosten fossi- menhang hergestellt zwischen Bruttoinlands- das PEB / BIP-Verhältnis demnach Auskunft
ler Kraftwerke von 3 bis 4 ct / kWh wären dem- produkt (BIP) und Primärenergieverbrauch über den Grad der Energieeffizienz einer
nach z. B. bei der Stein- und Braunkohlever- (PEB). Demnach setzte jeder ökonomische Nation. Je höher das Bruttoinlandsprodukt
stromung diese externen Kosten in Höhe von Aufschwung den Anstieg des Energiever- im Vergleich zum Energieverbrauch, desto
6 bis 8 ct / kWh hinzuzurechnen. Die Gewin- brauchs voraus. Im Jahr 1970 verfügten Län- mehr Wertschöpfung wurde mit der einge-
nung von Strom aus erneuerbaren Energien – der mit einem niedrigen Bruttoinlandsprodukt setzten Energie erzielt.
inklusive Bau und Entsorgung der Anlagen – auch über einen niedrigen Primärenergiebe-
verursacht hingegen eine deutlich geringere darf. Die Industrienationen hingegen wiesen Energiebereitstellungskette
Folgebelastung (Abb. B 1.30). gleichermaßen ein hohes Bruttoinlandspro- Große Verluste entstehen insbesondere bei
Die tatsächlichen externen Kosten der fossilen dukt und einen hohen Primärenergiebedarf den Umwandlungsprozessen von Primären-
Energiewirtschaft – wie z. B. Schädigung von auf. Das BIP / PEB-Verhältnis galt somit als ergieträgern (z. B. Kohle) zur eigentlichen
Ökosystemen, Beeinträchtigung der Biodiver- Indikator für den jeweiligen Lebensstandard Energiedienstleistung wie etwa Licht (Abb.
sität, Versorgungsunsicherheit sowie geopo- (Abb. B 1.33). B 1.39). Die Energiebereitstellungskette lässt
litische Risiken – finden aufgund von Unsicher-
heiten bei der monetären Bewertung der Schä-
den derzeit (noch) keine Berücksichtigung.
Während die Bezugspreise für fossile und nuk-
leare Energie angesichts ihrer begrenzten Ver-
fügbarkeit, künftiger CO2-Aufschläge, Versor-
gungsunsicherheiten und »Risikozulagen« kon-
tinuierlich steigen, nehmen die Gestehungskos-
ten für erneuerbare Energien aufgrund der sin-
kenden Technikkosten (»economies of scale«)
stetig ab. Daher dürfte es lediglich eine Frage
der Zeit sein, wann erneuerbare Energien weni-
ger Betriebskosten verursachen als Energien
aus erschöpflichen Quellen.
Die »Leitstudie 2007« des BMU kommt zu dem
Schluss, dass bei einem weiterhin deutlichen
Preisanstieg der herkömmlichen Energieversor-
gung voraussichtlich 2025 die erneuerbaren
Energien das Preisniveau der erschöpflichen
Energiequellen erreichen (Abb. B 1.32). Ab
diesem Zeitpunkt tragen sie zur Stabilisierung
der Energiekosten bei, die – ohne erneuerbare
Energiequellen – unaufhaltsam weiter steigen
würden [6].
Der Ausbau einer zukunftsfähigen Energiever-
sorgung stellt zunehmend einen bedeutenden
B 1.34 B 1.35

49
Grundlagen
Änderung [%]

Primärenergiebedarf [EJ / a]
200 700 Verbrauch nach Ländergruppen
Entwicklungsländer
Bruttoinlandsprodukt BIP 600
175 GUS, Osteuropa, Mittlerer Osten
OECD-Länder
500
150 * Pro-Kopf-Verbrauch

400 65* mittlerer Pro-Kopf-VerbrauchWelt=70 GJ /a


125 Primärenergiebedarf PEB 32*
300
122*
100 Bedarfsdeckung nach Energiequellen
Verhältnis PEB /BIP 200
erneuerbare Energien ohne trad. Biomasse
92*
75 196* traditionelle Biomasse
100
92* Kernenergie

50 0 fossile Energien
1970 1980 1990 2000 2050
B 1.36 B 1.37
sich folgendermaßen definieren (Abb. B 1.38): Strategien für eine nachhaltige Energiewirtschaft Handeln bewusst auf energieintensive Pro-
• Als Primärenergie bezeichnet man den Energie- und Ressourcenschutz, Umwelt- dukte und Dienstleistungen verzichten.
rechnerisch nutzbaren Energiegehalt schutz und Sicherheitspolitik werden zuneh-
fossiler, nuklearer und erneuerbarer Ener- mend als Einheit wahrgenommen. Die aktuel- Eine zukunftsfähige Energiewirtschaft kann nur
gieträger, die in der Natur vorkommen und le Energiewirtschaft sieht sich im Wesentlichen durch die Verfolgung dieser Strategien mit
noch nicht umgewandelt oder aufbereitet mit vier Problemen konfrontiert: Klimagefähr- ihren sich ergänzenden Wechselwirkungen
wurden. dung, steigende fossile Rohstoffpreise, unsi- erreicht werden. Ein deutlich verminderter
• Die Sekundärenergie wird als Ergebnis von chere Versorgungslage und zunehmende Energieverbrauch infolge von Effizienz- und
Umwandlungsprozessen – und demzufolge geopolitische Verteilungskonflikte um Ener- Suffizienzmaßnahmen bildet die Vorausset-
mit entsprechenden Energieverlusten – aus gie. Für eine Umgestaltung der Energiewirt- zung, um den verbleibenden Bedarf durch den
der Primärenergie gewonnen. Zu den Sekun- schaft sind parallel mehrere Strategien erfor- Einsatz erneuerbarer Energien zu decken.
därenergieträgern zählen beispielsweise derlich [8]: Das »Idealszenario« einer nachhaltigen globa-
Benzin, Briketts oder Heizöl. len Energieversorgung bis zum Jahr 2050
• Die Endenergie entspricht dem Anteil der • Effizienz: Durch rationelle Energiewandlung basiert auf diesen Strategien und umfasst fol-
Sekundärenergie, der nach Transport-, Lei- und -verwendung können die gewünschten gende Eckpunkte (Abb. B 1.37): Der derzeit
tungs- bzw. Transformationsverlusten vom Energiedienstleistungen, wie z. B. ein ange- geografisch sehr unregelmäßig verteilte
Verbraucher bezogen wird. nehm temperierter Raum oder die Fortbewe- durchschnittliche Pro-Kopf-Energieverbrauch
• Als Nutzenergie wird die tatsächlich für die gung von A nach B, bei gleicher Wirkung in Höhe von 70 GJ/a gleicht sich bis zur Mitte
Energiedienstleistung (z. B. Raumwärme) deutlich effizienter bereitgestellt werden. des Jahrhunderts an. Dazu müssen die
verwendete Energiemenge bezeichnet. • Konsistenz: Aufgrund des Verbrauchs endli- Industrienationen ihren Energieverbrauch von
cher Energierohstoffe und der Ablagerung heute 196 GJ/a etwa halbieren, während die
Insgesamt gehen von der geförderten bzw. von Schadstoffemissionen in der Atmosphäre Entwicklungsländer ihren Verbrauch verdop-
gewonnenen Primärenergie durch Umwand- ist das derzeitige Energiesystem »offen«. peln können. Des Weiteren wird die Reduktion
lung und Transport derzeit rund zwei Drittel Das Ausbilden eines »geschlossenen« Ener- des fossilen Ressourceneinsatzes um 50 %
verloren; dem Verbraucher steht beim jetzi- giesystems, das Energie nahezu ohne Roh- sowie der Verzicht auf Kernenergie und der
gen Energienutzungssystem demnach nur stoffverbrauch bereitstellt, lässt sich nur Ausbau der erneuerbaren Energien um das
rund ein Drittel der geförderten Energie zur durch Nutzung erneuerbarer Energievorkom- 24-fache verlangt. Das technische Potenzial
Verfügung. Amory Lovins, Leiter des Rocky men erreichen. steht im Überfluss zur Verfügung, dennoch
Mountain Institute, prägte in diesem Zusam- • Suffizienz: Der Energieverbrauch wird maß- sind erhebliche Anstrengungen erforderlich.
menhang den Begriff »Negawatt« – als hypo- geblich auch durch die Lebens- und Kon- Um dieses »Idealszenario« zu erreichen, müss-
thetische Einheit gesparter Energie. Lovins sumgewohnheiten bestimmt. Ein nachhaltiger te der Anteil der erneuerbaren Energiequellen
zufolge wird zukünftig der vermiedene Verlust Umgang mit Ressourcen setzt voraus, dass in den kommenden 50 Jahren jährlich um 6 bis
die wichtigste Energiequelle darstellen. Konsumenten durch eigenverantwortliches 7 % wachsen.

Primärenergie 100 %

23% Umwandlungs-
Sekundärenergie 77 % verluste (Kraftwerk,
Raffinerie, Kokerei)
5% Eigenverbrauch in
den Energiesektoren;
Leitungsverluste
Endenergie 66 % 6 % nichtenergetischer
Verbrauch (z.B. Rohbenzin
in der Chemie)
Nutz-
energie 36 % Verluste beim
Verbraucher
30%
Kraft, Wärme, Licht
B 1.38 B 1.39

50
Grundlagen

B 1.36 Entwicklung von Bruttoinlandsprodukt und


Polarzone
Primärenergiebedarf in Deutschland
B 1.37 Idealszenario einer nachhaltigen globalen Ener-
gieversorgung für das Jahr 2050
B 1.38 Verluste der Energiebereitstellungskette in gemäßigte
Deutschland Zone
B 1.39 Nachtaufnahme von Los Angeles (USA)
B 1.40 Klimazonen der Erde
Sub- nördl.
B 1.41 Verteilung der jährlichen Niederschlagsmengen
tropen Wendekreis
B 1.42 Verteilung der jährlichen Globalstrahlung

Tropen
Äquator

südl.
Wendekreis
feucht-warm
trocken-heiß
Klima und Komfort gemäßigt
kalt
Die Verbreitung des Menschen über den Glo- B 1.40
bus begann vor etwa 200 000 Jahren in der
afrikanischen Savanne. Mit einer Ausbreitungs-
geschwindigkeit von durchschnittlich etwa
400 m / Jahr erreichte der Homo sapiens
schließlich vor ca. 40 000 Jahren die Atlantik- Polarzone
küste auf der Iberischen Halbinsel. Der
menschliche Organismus ist allerdings auch
gemäßigte
heute noch auf ein Leben unter den klimatisch Zone
idealen Ursprungsbedingungen Afrikas einge-
stellt. Infolge des rasanten Bevölkerungs-
Sub- nördl.
wachstums und somit der Besiedelung nahezu
tropen Wendekreis
sämtlicher Landstriche der Erde entwickelte
der Mensch Strategien, um so unterschiedliche
Regionen wie die Polarzone mit Durchschnitts- Tropen
temperaturen von bis zu - 25 °C oder die Tro- Äquator
pen mit Temperaturen von etwa + 26 °C als
Lebensraum zu erschließen. Vor allem Klei-
dung als zweite Haut und Gebäudehüllen als
> 2000 mm
dritte Haut übernehmen die Aufgabe, Schwan- > 1500 mm südl.
kungen des Außenklimas auszugleichen und > 1000 mm Wendekreis
Behaglichkeit sicherzustellen. > 500 mm
Vor der Industrialisierung, als das Komfort- > 250 mm
niveau im Vergleich zum heutigen Standard < 250 mm
deutlich geringer war und es nur wenige tech- B 1.41
nische Möglichkeiten gab, ein von den Umfeld-
einflüssen unabhängiges Raumklima zu erzeu-
gen, waren insbesondere die Bauteile der
Gebäudehülle unmittelbar vom Einfluss der
standortspezifischen Bedingungen geprägt. Polarzone
Die Vergegenwärtigung der prägenden Klima-
faktoren und -elemente bildet die Vorausset-
gemäßigte
zung, um energieeffiziente Entwurfskonzepte Zone
bei gleichzeitig optimalen Komfortbedingungen
entwickeln zu können.
Sub- nördl.
tropen Wendekreis
Klima
Der Begriff »Klima« bezeichnet den Zustand
der Atmosphäre an einem Ort, der sich durch Tropen
meteorologische Größen beschreiben lässt. In Äquator
der Abgrenzung zu Wetter und Witterung unter-
scheidet man folgende zeitliche Dimensionen:
> 2200 kWh/m2a
• Wetter: momentaner Zustand der Atmosphä- > 1950 kWh/m2a südl.
re; eine Stunde bis wenige Tage > 1700 kWh/m2a Wendekreis
• Witterung: Charakter des Wetters über einige > 1400 kWh/m2a
Tage bis zu einer Woche, im Extrem eine > 1100 kWh/m2a
< 1100 kWh/m2a
Jahreszeit
B 1.42

51
Grundlagen

Klimazone Klimaelemente bauliche Grundanforderungen

Polarzone • geringe Sonneneinstrahlung, jahreszeitlich sehr niedrige Jahresdurchschnitts-Temperaturen (0 – 6 °C) • Schutz vor Kälte in den meisten Monaten des Jahres
(kalt) • geringe tägliche Temperaturunterschiede (Sommer: lange Helligkeit, Winter: anhaltende Dunkelheit) • Schutz vor Starkwind und Sturm vor allem in der kalten
• hohe jährliche Temperaturunterschiede bei kontinentaler Lage (Sibirien 45 – 60 K) Jahreszeit
• mittlere / niedrige jährliche Temperaturunterschiede bei meeresnaher Lage (Island, Norwegen 11–15 K) • bestmögliche Nutzung der Sonnenwärme während des
• geringe relative Luftfeuchte besonders in den Wintermonaten kurzen Sommers
• lange Frostperioden (5 – 9 Monate), zum Teil Dauerfrost in den tieferen Bodenschichten
• geringe Niederschlagsmengen (ca. 250 mm / a in der Arktisrandzone)
gemäßigte • sehr unterschiedliche Sonnenstrahlungsintensität (in Mitteleuropa hoher Anteil diffuser Strahlung bei • Schutz vor winterlicher Auskühlung
Zone häufiger Bewölkung, in den Übergangsgebieten zu den Tropen teilweise höhere direkte Strahlungs- • Schutz vor sommerlicher Hitze
(gemäßigt) mengen) • Schutz vor gelegentlichen, in manchen Gegenden häu-
• hohe jährliche Temperaturunterschiede (in Mitteleuropa durchschnittlich ca. 18 – 20 K) figen Niederschlägen
• mittlere bis geringe tägliche Temperaturunterschiede (in Mitteleuropa durchschnittlich ca. 6 – 8 K)
• mittlere bis hohe relative Luftfeuchte (in Mitteleuropa ca. 60 – 80 %)
• mittlere Niederschlagsmengen (in Mitteleuropa ca. 800 – 1000 mm pro Jahr, in den Übergangsgebieten
zu den Tropen ca. 300 – 400 mm pro Jahr)
Subtropen • intensive direkte Sonneneinstrahlung • Schutz vor den Belastungen hoher Wärmeaufnahme
(trocken-heiß) • niedrige relative Luftfeuchte (ca.10 – 50 %) durch direkte Sonnenstrahlung und hohe Luft-
• sehr geringe durchschnittliche Niederschlagsmengen (ca. 0 – 250 mm pro Jahr), jedoch seltene temperaturen
Regenfälle mit kurzzeitig hohen Niederschlagsmengen • Schutz von Bauteilen und Baustoffen vor direkter Son-
• hohe Lufttemperaturen am Tage (Maximaltemperaturen im Jahresdurchschnitt ca. 35 – 38 °C, neneinstrahlung sowie ihre Auswahl und Verwendung
Einzeltemperaturen in kontinentalen Wüstengebieten über 50 °C) unter Berücksichtigung der hohen, kurzzeitigen Tempe-
• mittlere, teilweise niedrige Lufttemperaturen während der Nacht (Minimaltemperaturen im Jahresdurch- raturdifferenzen
schnitt ca. 16 – 20 °C, Einzeltemperaturen bis zur Frostgrenze möglich)
• hohe tägliche Temperaturschwankungen (durchschnittlich 20 K)
• unterschiedliche, teilweise starke Luftbewegung, in Wüstengebieten als Sand- und Staubstürme
• geringe Bewölkungsdichte, meist klarer Himmel, zeitweise hoher Staubanteil der Luft
Tropen • bei wolkenlosem Himmel hohe, ansonsten meist durch Bewölkung gemäßigte, direkte Sonnenstrahlung • Entlastung vom ungünstigen Einfluss aus Wärme und
(feucht-warm) • hohe relative Luftfeuchte (60 – 100 %) Luftfeuchte (Schwüle) durch Nutzung von Luftbewe-
• hohe Niederschlagsmengen (1200 – 2000 mm / a, im Extremfall bis 5000 mm / a) gungen zur Unterstützung der Wärmeabgabe über
• geringere tägliche und jährliche Temperaturunterschiede (Tagesmittel: ca. 7 K, Jahresmittel: ca. 5 K) Hautverdunstung
• höchste Tages-Lufttemperaturen im Jahresdurchschnitt ca. 30 °C • Schutz von Gebäuden und Bauteilen vor direkter Son-
• niedrigste Nacht-Lufttemperaturen im Jahresdurchschnitt ca. 25 °C nenstrahlung und unerwünschter Wärmespeicherung
• hohe Bewölkungshäufigkeit, d. h. hoher Anteil an diffuser Strahlung durch Beschattung, Baukörperform und -orientierung
• niedriger Luftdruck • Schutz von Bauteilen vor Dauerdurchfeuchtung durch
• oft nur geringe Luftbewegung, bei Regenfällen jedoch z. T. Sturmböen gute kontrollierte Regenwasserableitung und gute Be-
• regionales Vorkommen tropischer Wirbelstürme (Zyklone, Taifune, Hurrikans) lüftung
B 1.43
• Klima: durchschnittlicher Zustand der Erd- sich aus ozeanisch bzw. kontinental wirksa- Die Klimafaktoren beeinflussen somit das täg-
atmosphäre über 30 bis 40 Jahre men Effekten zusammen. Nach dem Makro- liche Wetter, dessen Ausprägung sich durch
klima wird die Erde in verschiedene Klimazo- messbare Klimaelemente bestimmen lässt. Über
Oftmals wird die Bezeichnung Klima mit dem nen eingeteilt; ihre Besonderheiten bilden 30 bis 40 Jahre betrachtet, bilden die Durch-
»globalen Klima« gleichgesetzt. Da jedoch glo- den übergeordneten Rahmen für energie- schnittswerte dieser Messgrößen das Klima ab.
bale Klimatrends und Mittelwerte für lokale effizientes Planen und Bauen.
Standorte erheblich voneinander abweichen Klimazonen
können, unterteilt man die räumliche Dimension Klimafaktoren / Klimaelemente Infolge der Kugelform der Erde und der dar-
in drei Maßstäbe: Die klimabestimmenden Prozesse und Zustän- aus sich ergebenden unterschiedlichen Ein-
de eines Ortes bezeichnet man als Klimafakto- fallswinkel der Sonnenstrahlung sowie der
• Das Mikro- bzw. Kleinklima beschreibt die ren. Hierzu zählen die geografische Breite (z. B. geneigten Erdachse sind auf der Erde stark
meteorologischen Bedingungen bodennaher Sonneneinstrahlung), Lage zum Meer (z. B. unterschiedliche Temperaturen zu verzeichnen.
Luftschichten in etwa 2 m Höhe für spezifi- Niederschläge, geringere Temperaturschwan- Zudem bestimmt die Planetenrotation als
sche Standorte und ihre unmittelbare Umge- kungen in Meereshöhe), Höhenlage bzw. Lage zentraler Wirkungskomplex sowohl die Wetter-
bung. Verschiedene Einflussgrößen wie die zu Gebirgen (Temperaturabnahme mit zuneh- dynamik der Erdatmosphäre als auch die
Boden- bzw. Geländebeschaffenheit, die mender Höhe, Niederschläge in Abhängigkeit Klimazonen.
Lage am Hang, Tal oder in der Ebene, Vege- von Wind zu- und abgewandter Seite) sowie Die Vielzahl der vorhandenen Klimaklassifika-
tation, Beschattung sowie die Nachbarbe- Bodenbedeckung (z. B. niedrige Temperaturen tionen basiert entweder auf den globalen Wind-
bauung müssen berücksichtigt werden. Das in Waldgebieten, höhere in Städten). zirkulationssystemen oder leitet sich von den
Mikroklima wird durch landschaftsgestalten- Klimaelemente hingegen stellen meteorologi- Wirkungen auf die Erdoberfläche ab. Am ver-
de bzw. bauliche Maßnahmen beeinflusst; sche Größen dar, die messbare Eigenschaften breitetsten ist die »ökoklimatische Klassifika-
seine Auswirkungen auf das Innenraumklima des Klimasystems kennzeichnen. Folgende tion« aus dem Jahr 1923 [9]. Sie unterteilt die
und das menschliche Wohlbefinden sind von Elemente sind bei der Konzeption von Gebäu- Erde anhand bestimmter meteorologischer
zentraler Bedeutung. den von zentraler Bedeutung: Größen (z. B. Temperatur, Niederschläge) in
• Beim Mesoklima, auch Lokalklima genannt, vier unterschiedliche Klimazonen:
beträgt die räumliche Ausdehnung zwischen • Sonnenstrahlung (direkt und diffus)
einigen hundert Metern bis zu wenigen hun- • Lufttemperatur und ihre tages- bzw. jahres- • Polarzone (kalt)
dert Kilometern. Hierzu werden die unter- zeitliche Schwankung • gemäßigte Zone (gemäßigt)
schiedlichen Einzelklimata eines bestimmten • Luftdruck • Subtropen (trocken-heiß)
Ortes (z. B. Tal, Siedlung, Insel) zusammen- • Luftfeuchtigkeit • Tropen (feucht-warm)
gefasst. • Wind (Stärke und Richtung)
• Das Makro- bzw. Großklima verfügt über eine • Niederschlag (Menge und zeitliches Auftreten) Diese Zonen werden in weitere Klimatypen
Ausdehnung von mehr als 500 km und setzt • Verdunstung (z. B. Kalt- bzw. Warmtropen) oder Vegetations-

52
Grundlagen

B 1.43 Zusammenhang von Klimazonen, Klimaelemen- < 1200 kWh / m2a


ten und baulichen Grundanforderungen
B 1.44 durchschnittliche jährliche Globalstrahlung in > 1200 kWh / m2a
Europa > 1400 kWh / m2a
B 1.45 durchschnittliche jährliche Globalstrahlung in
> 1600 kWh / m2a
Deutschland
> 1800 kWh / m2a
> 2000 kWh / m2a
> 2200 kWh / m2a

zonen (z. B. Tundra, Steppe oder tropischer


Regenwald) gegliedert. Von Nord nach Süd
erstrecken sich die o.g. vier Klimazonen in
annähernd parallelen Gürteln um den Erdball
(Abb. B 1.40 und 41). Mit zunehmender Entfer-
nung vom Äquator bzw. vom nächsten Ozean
verstärken sich die jahreszeitlichen Tempera-
turschwankungen der jeweiligen Zonen. Ihre
prägenden Klimaelemente sowie die daraus
resultierenden baulichen Anforderungen sind
in Abb. B 1.43 beschrieben [10].

Solarstrahlung
Für die passive und aktive Nutzung der Son-
nenenergie im Bauwesen stellt die Solarstrah-
lung eine wesentliche Einflussgröße dar. Die
Sonne setzt bei der Umwandlung von Wasser- B 1.44
stoff in Helium Strahlungsenergie frei, die an
ihrer Oberfläche eine Intensität von ca.
63 000 kW/m2 bei Temperaturen von etwa
6000 °C aufweist. Von der gesamten Strah- Kiel
lungsleistung der Sonne treffen am Rand der
Rostock
Erdatmosphäre pro Quadratmeter 1367 W / m2
(Solarkonstante) auf. Bei den Strahlungsantei- Hamburg
len, die nach Durchdringung der Atmosphäre
auf der Erdoberfläche ankommen, trifft man fol- Bremen
gende Unterscheidung:
Berlin
Hannover
• Direktstrahlung trifft gerichtet und ungehin-
dert auf die Erdoberfläche auf. Münster
• Diffusstrahlung erreicht nach Streuung in der
Essen
Atmosphäre (z. B. durch Wolken, Wasser-
Kassel Leipzig
und Staubteilchen) die Oberfläche.
Dresden
Köln
In der Summe werden diese beiden Strah-
lungsanteile als Globalstrahlung bezeichnet.
Aufgrund des unterschiedlichen Einstrahlungs-
winkels verändern sich Intensität sowie jahres-
zeitliche Schwankung des solaren Angebots Frankfurt
mit zunehmender Entfernung vom Äquator. Trier
Nürnberg
Während die Globalstrahlung im Äquatorbe-
reich etwa 2200 kWh / m2a beträgt, lassen sich
in Mitteleuropa solare Gewinne von durch-
schnittlich 1100 kWh / m2a erzielen (Abb. B < 950 kWh/m2a Stuttgart Passau
1.42). Vergleicht man das Strahlungsprofil in > 950 kWh/m2a
Nord- bzw. Südeuropa mit der Sahara, zeigen Freiburg Ulm München
> 1000 kWh/m2a
sich mit steigendem Breitengrad neben den 2
> 1050 kWh/m a
größeren saisonalen Unterschieden auch die
Unterschiede von diffusen und direkten Strah- > 1100 kWh/m2a
lungsanteilen (Abb. B 1.48). Beide Strahlungs- > 1150 kWh/m2a
B 1.45

53
Grundlagen

21. Juni
Sommersonnenwende
N
21. März /21. Sept.
Tag- und Nachtgleiche
NW NO Meridian
Juni 21. Dez.
Juli /Mai Wintersonnenwende
B 1.46 Sonnenstandsdiagramm für 51 ° nördliche West
August /April
Breite (jeweils am 21. des Monats) 18.00 6.00
B 1.47 jährlicher Sonnenverlauf auf der nördlichen Nord
Erdhalbkugel W O
September / 9.00
15.00
B 1.48 Mittelwerte von Diffus- und Direktstrahlung März
12.00
unterschiedlicher Regionen im Vergleich
Oktober / Februar
a Nordeuropa / London (GB), 51 ° nördliche
Breite November / Januar Süd Sonnenbahnen
Dezember
b Südeuropa / Almeria (E), 36 ° nördliche Breite
SW SO Azimut
c Afrika / Sahara, 20 ° nördliche Breite
B 1.49 systematische Darstellung von Behaglichkeits-
faktoren S
B 1.50 ausgewählte Klimadaten von Berlin (D) Ost
B 1.46 B 1.47
arten können prinzipiell energetisch genutzt chend der geografischen Lage spezifische derschlag neigen. Die Menge an Wasser-
werden, jedoch basieren solartechnische Klimadaten einzuholen (Abb. B 1.50, weitere dampf, den die Luft maximal aufnehmen kann,
Erträge hauptsächlich auf dem Anteil der Daten siehe Anhang, S. 260). Dazu zählen wird von der Temperatur beeinflusst. Durch die
Direktstrahlung. neben der Globalstrahlung vor allem Angaben Maßeinheit »absolute Luftfeuchtigkeit« lässt
Des Weiteren haben die Dauer des hellen Ta- zu Temperatur, Luftfeuchte und Wind. sich in g / m3 die tatsächlich in der Luft enthalte-
ges und die Sonnenstunden erhebliche Einflüs- ne Wasserdampfmenge abbilden. Sie ist für die
se auf die solaren Gewinne (Abb. B 1.44). In Temperatur Diffusion von Feuchtigkeit aus Räumen von
Europa liegt die jährliche durchschnittliche Son- Die Außenlufttemperatur ist neben dem solaren Bedeutung. Die relative Luftfeuchtigkeit wird in
nenscheindauer bei 1400 – 2500 Stunden. Die Strahlungsangebot zudem von der Höhe des Prozentanteilen angegeben und kennzeichnet
Abweichungen zwischen mediterranen Gebie- Ortes über dem Meeresspiegel abhängig. Alle das Verhältnis des aktuellen Wasserdampfge-
ten, Ländern mit Kontinentalklima oder Hochge- 200 Höhenmeter nimmt die Temperatur um ca. halts in der Atmosphäre zum maximal mögli-
birge betragen somit ca. 40 %. In Deutschland 1 °C ab. Die mittlere Lufttemperatur wirkt sich chen Wasserdampfgehalt.
schwankt die jährliche Sonnenscheindauer zwi- deutlich auf die Transmissions- bzw. Lüftungs-
schen 1400 und 1800 Stunden, mit einem annä- wärmeverluste im Winter sowie die mögliche Wind
hernd gleichgroßen Anteil von direkter und dif- Überhitzung im Sommer aus. Die Häufigkeit Gerichtete Luftbewegungen in der Atmosphäre
fuser Strahlung. Die Globalstrahlung liegt etwa von extremen Temperaturen ist im Zusammen- entstehen durch unterschiedlichen Luftdruck
zwischen 900 kWh / m2a und 1150 kWh / m2a, hang mit Effizienz bzw. Auslegung von passi- von Luftmassen. Luftteilchen aus Gebieten mit
wobei rund drei Viertel der Einstrahlung im ven Maßnahmen sowie der Dimensionierung hohen Luftdruckverhältnissen (Hochdruckge-
Sommerhalbjahr auftrifft (Abb. B 1.45). der Anlagentechnik zu betrachten. Soll bei- biet) fließen solange in das Gebiet mit niedrige-
Die Nutzung der Sonnenenergie durch passive spielsweise eine Nachtauskühlung ausgenutzt rem Luftdruck (Tiefdruckgebiet), bis ausge-
Maßnahmen oder aktive Systeme erfordert werden, müssen geringe nächtliche Außenluft- glichene Druckverhältnisse bestehen. Neben
neben Angaben zu Intensität und Sonnen- temperaturen herrschen. In Deutschland den statisch relevanten Windlasten sind für die
scheindauer auch Informationen hinsichtlich beträgt die mittlere Jahrestemperatur etwa Entwicklung von natürlichen Belüftungskonzep-
des Einfallwinkels sowie des Sonnenverlaufs 8,4 °C, im Sommer 16,5 °C und im Winter 0,9 °C. ten vor allem die vorherrschende Windrichtung
(Abb. B 1.47). Die natürlichen Lichtverhältnis- Die Schwankungen zwischen Tag und Nacht sowie die Druck- und Sogverhältnisse von Inte-
se, Besonnungsdauer und Verschattung, kann liegen bei 5 bis 10 K. resse. Bei geschickter Anordnung von Zu- und
man bezogen auf einen geografischen Stand- Abluftöffnungen lässt sich in Abhängigkeit von
ort, mithilfe eines Sonnenstanddiagramms Luftfeuchte der Gebäudetiefe und -höhe Wind zur Durch-
bestimmen (Abb. B 1.46). Die Luftfeuchte stellt das Maß zur Bestimmung lüftung von Gebäuden einsetzen. In Deutsch-
der Wasserdampfmenge in der Atmosphäre land betragen die mittleren Windgeschwindig-
Klimadaten dar. Sie wirkt sich gleichermaßen auf Gesund- keiten im Norden bei vorherrschender Wind-
Um das lokal verfügbare, natürliche Energie- heit und Wohlbefinden des Menschen aus wie richtung West bis Südwest ca. 5 m / s und im
aufkommen optimal zu nutzen, sind entspre- auf Aussagen, ob Regionen zu Nebel bzw. Nie- Süden etwa 2 m / s.
Mittelwerte horizontaler Einstrahlung [kWh/ m2d]
Mittelwerte horizontaler Einstrahlung [kWh /m2d]

Mittelwerte horizontaler Einstrahlung [kWh/ m2d]

10 Nordeuropa (London) 10 Südeuropa (Almeria) 10 Afrika (Sahara)


direkt direkt direkt
diffus diffus diffus
8 8 8

6 6 6

4 4 4

2 2 2

0 0 0
J F M A M J J A S O N D J F M A M J J A S O N D J F M A M J J A S O N D
a b c B 1.48

54
Grundlagen

Behaglichkeit

physikalische Bedingungen intermediäre Bedingungen physiologische Bedingungen

thermisch akustisch visuell olfaktorisch sonstige

Gesundheitszustand,
mittl. Raumumschlie-

Farben, Farbkompo-

Nahrungsaufnahme
Raumlufttemperatur

ethnische Einflüsse
sition, -wiedergabe

Raumluftelektrizität
Beleuchtung, Kon-

Blendung, Leucht-

Kohlendioxid und
ßungstemperatur

trast, Lichtwinkel
Raumluftfeuchte

dichteverteilung

Jahresrhythmus
Geräuschpegel

Raumbelegung
Akklimatisation
Nachhallzeiten
Luftbewegung

psychosoziale
Geruchs- und

Adaption und
Außenbezug,

andere Gase
Frequenzen

Konstitution
Tages- und

Geschlecht
Verfassung
körperliche
Ekelstoffe

Luftdruck

Kleidung

Faktoren
Ausblick

Tätigkeit
Staub

Alter
B 1.49
Behaglichkeit tile, thermische, akustische und der olfaktorische der thermischen Behaglichkeit zu: Sie beein-
Das Wohlbefinden des Menschen basiert als Sinn für die Wahrnehmung der Architektur wich- flusst wesentlich den menschlichen Wärme-
subjektives Empfinden auf der Wahrnehmung tige Funktionen, auch als Mittel zur Konkreti- haushalt und wirkt sich zudem unmittelbar auf
einer Vielzahl von äußeren Einflüssen. Neben sierung des primär visuell wahrgenommenen den Energieverbrauch von Gebäuden aus.
normierten, physikalisch messbaren Umge- Umfelds. Übereinstimmung, Harmonie und
bungsbedingungen (z. B. Raumlufttemperatur, Überlagerung zwischen dem visuellen Eindruck Der Wärmehaushalt des Menschen
Beleuchtungsstärke, Geräuschpegel) bestim- und anderen Wahrnehmungsebenen verdich- Ein möglichst ausgeglichener Wärmehaushalt
men auch individuelle, physiologische Kriterien ten sich so zu einem Gesamtbild. mit nahezu gleicher Körperkerntemperatur um
(z. B. Alter, Geschlecht, Konstitution) sowie Der Mensch speichert aufgenommene Informa- 37 °C bildet die Grundvoraussetzung für Wohl-
intermediäre Bedingungen (z. B. Kleidung, tion, indem er Wahrnehmungen mit dem jewei- befinden und Leistungsfähigkeit. Sinkt die
Tätigkeitsgrad) das Wohlbefinden (Abb. B ligen Erlebnis verknüpft. Mit jeder sensuellen Umgebungstemperatur ab, lässt der Körper
1.49). Behaglichkeit stellt somit keine exakt Verknüpfung erhöht sich die Möglichkeit, eine zuerst die Extremitäten abkühlen, um die Funk-
messbare Größe dar, sondern kennzeichnet Erinnerung »wiederzufinden«. Die Verknüp- tion des Gehirns, des Herzens und anderer
individuelle Erfahrungswerte, bei denen der fungsstrategien lassen sich an einem einfachen lebenswichtiger Organe zu schützen (Abb. B
Mensch die Umgebungsverhältnisse als kom- Beispiel z. B. einer finnischen Sauna verdeut- 1.51). Zur Aufrechterhaltung seiner Körper- und
fortabel empfindet. lichen. Denkt man zunächst an eine einfache Stoffwechselfunktionen erzeugt der mensch-
Fichtenholzkonstruktion (visuell), tritt auch das liche Organismus Wärme, die durch Umwand-
Wahrnehmungsebenen Feuchteempfinden sowie die Wärme der Sitz- lung von chemischer Energie aus Nährstoffen
Der Mensch nutzt den visuellen Sinn als Leit- bänke (thermisch) oder der Geruch des harzi- entsteht. Um konstante Temperaturen zu
sinn. 80 – 90 % der Informationsreize eines gen Holzes (olfaktorisch) hinzu. Die Anregung gewährleisten, ist eine laufende Abgabe der
Menschen basieren auf dem Sehsinn. Aller- vieler Sinne schafft eine höhere Chance auf inneren Wärmeproduktion an die Umgebung
dings kann das menschliche Gehirn diese über bleibende Erinnerungen an spezifische Orte erforderlich. Der Körper bedient sich dabei
den Sehsinn einströmende Informationsmenge oder Bauten. folgender Mechanismen (Abb. B 1.52):
nicht komplett verarbeiten. Daher wird sie redu-
ziert, durch eigene Erfahrungen ergänzt und zu Raumklima • Verdunstung von Wasser über Atmung und
einem Gesamtbild zusammengefügt. Über die Aus den prägenden Wahrnehmungsebenen Haut (Transpiration)
so genannte Perzeption erzeugt jeder Mensch des Menschen leiten sich auch die für das • Konvektion von der Körperoberfläche an die
ein Abbild der Welt. Nutzer entwickeln ein Ver- Raumklima maßgeblichen Faktoren ab. Um Raumluft
ständnis für ihr räumliches Umfeld, fügen die- Wohn- und Arbeitsbedingungen möglichst • Wärmeleitung des Körpers an unmittelbar
ses ihrem Erfahrungsschatz hinzu und transfe- komfortabel zu gestalten, muss gleichermaßen verbundene Gegenstände (Fußboden, Stuhl
rieren gleichzeitig die jeweils spezifischen Kon- ein thermisch, akustisch, visuell und olfakto- etc.)
texte auf ihre aktuelle Empfindung. risch angenehmes Raumklima gewährleistet • Wärmestrahlung an raumumschließende
Neben dem visuellen Leitsinn erfüllen der tak- sein. Eine vorrangige Bedeutung kommt hierbei Oberflächen und umgebende Gegenstände
Berlin Min. Monat Max. Monat Jahresmittel
Temperatur [°C]

Niederschlag [mm]

30 125
Lufttemperatur [C°] - 0,6 Jan 18,5 Jul 8,9
mittlere tägliche Höchsttemperatur [C°] 1,7 Jan 23,8 Aug 13,1
20 100 mittlere tägliche Tiefsttemperatur [C°] - 3,5 Jan 13,3 Jul 4,7
absolute Höchsttemperatur [C°] 13,0 Jan 37,8 Jul 37,8
absolute Tiefsttemperatur [C°] -26,0 Feb 5,7 Jul - 26,0
10 75 mittlere relative Luftfeuchtigkeit [%] 66,0 Mai 88,0 Dez 78,0
mittlerer Niederschlag [mm] 31,0 Mär 70,0 Jul 581,0
max. Niederschlag [mm] 85,0 Feb 230,0 Jul 803,0
min. Niederschlag [mm] 1,0 Apr, Sep – Nov 16,0 Jan 381,0
0 50 max. täglicher Niederschlag [mm] 20,0 Dez 125,0 Aug 125,0
Niederschlagstage [d] 12,0 Mär, Sep 17,0 Jan 166,0
Verdunstung [mm] 0 Jan – Feb 125,0 Jul 615,0
-10 25 mittlere Sonnenscheindauer [h] 36,0 Dez 244,0 Jul 1818,0
Strahlung [Wh/ m2d] 607,0 Jan 5436,0 Jun 2805,0
mittlere Windgeschwindigkeit [m / s] 2,8 Aug – Sep 3,8 Mär 3,2
-20 0 1
J F M A M J J A S O N D Jahresseinstrahlungssumme horizontal 1010 kWh / m2a

B 1.50

55
Grundlagen

Wärmeabgabe pro Person [W]


Temperatur der Umgebung 180 Empfindungs-
+17 °C +20 °C
temperatur
0 °C 20 °C 35 °C 160

140

120

100
Konvektion Verdunstung tW = +14 °C tW = +19 °C
80 Raumum-
Wärmeleitung schließungs-
60 temperatur

40

20
Wärmestrahlung
0
Temperatur des
28 °C 31 °C 32 °C 34 °C 36 °C 37 °C 12 16 20 24 28 32 36
Körpers Raumlufttemperatur tL = 21 °C
Raumlufttemperatur [°C]
B 1.51 B 1.52 B 1.53
Bei geringen Temperaturen erfolgt die Ent- gung (Abb. B 1.54). Mit steigenden körperli- Thermischer Komfort
wärmung hauptsächlich über Konvektion, chen Aktivitäten nimmt die erzeugte Wärme- Setzt man physiologische Rahmenbedingun-
Wärmestrahlung und -leitung. In einer zu kal- menge zu. Bei der Verrichtung von leichter gen sowie weitere physikalische Einflüsse (z. B.
ten Umgebung wird zunächst die Durchblu- Bürotätigkeit erzeugt ein Mensch mit durch- Raumluftgeschwindigkeit und -luftfeuchte, mitt-
tung der Körperoberfläche eingeschränkt und schnittlicher Konstitution und Größe bei einer lere Raumumschließungstemperatur) als opti-
durch Bewegung (beginnend mit Zittern) Raumlufttemperatur von 20 °C eine Wärmeleis- mal sowie eine normale körperliche Konstitu-
Wärme erzeugt. Mit steigenden Temperaturen tung von 125 bis 170 W. Bei schwerer körper- tion voraus, so konnten Untersuchungen zur
nimmt indessen der Verdunstungsanteil bei licher Arbeit kann die Wärmeleistung auf 360 Unfallhäufigkeit und Leistungsfähigkeit bei sit-
der Wärmeabgabe deutlich zu. Wird die bis 490 W ansteigen. Somit liegt je nach Tätig- zender Bürotätigkeit nachweisen, dass der
Umgebungstemperatur als zu warm empfun- keitsgrad die Grenze des Schwüleempfindens Bereich der thermischen Behaglichkeit engen
den, erhöht sich zunächst die Durchblutung, zwischen 19,5 und 28 °C, die Grenze des Grenzen unterliegt (Abb. B 1.55). Bei zu hohen
um dann durch vermehrte Verdunstung (Trans- Kühleempfindens zwischen 14,5 und 18 °C oder niedrigen Raumlufttemperaturen steigt
piration) die Hautoberfläche zu kühlen. Die sowie das Feld der thermischen Behaglichkeit das Unfallrisiko bzw. nehmen Geschicklichkeit
Thermoregulation des menschlichen Körpers bei 17 bis 24 °C. In den vergangenen Jahren hat der Hände, Arbeitsleistung und geistige Fähig-
verfügt über derart feine Mechanismen, dass sich insbesondere bei Planungen für Produk- keiten rapide ab. Die DIN 1946-2 definiert ther-
sich bei Zu- oder Abnahme der Temperatur tions- und Büroräume die Erkenntnis durchge- mische Behaglichkeit für den Menschen als
um 1,5 K der Stoffwechsel um ca. 20 % verän- setzt, dass optimale raumklimatische Komfort- gegeben, wenn er mit Temperatur, Feuchte
dert. bedingungen für die Leistungsfähigkeit und und Luftbewegung in seiner Umgebung zufrie-
Die Wärmeproduktion des Körpers steht zudem Zufriedenheit der Mitarbeiter sich auch ökono- den ist und weder wärmere noch kältere, weder
in engem Zusammenhang mit der Art der Betäti- misch niederschlagen. trockenere noch feuchtere Raumluft wünscht.

Art der Betätigung


völlige Ruhe geringe Betätigung leichte Arbeit leichte körperliche schwere körperliche
ruhiges Liegen in Ruhe sitzen Arbeit Arbeit
Grundumsatz
Angaben für eine Person Kind Erwachsener Kind Erwachsener Kind Erwachsener Kind Erwachsener Kind Erwachsener
erforderlicher [kJ / d] 5900 7500 8000 9700 8800 10 500 10 100 12 600 11 300 14 700
Energieverbrauch pro Tag [kcal / d] 1410 1790 1910 2320 2100 2510 2410 3010 2700 3510
[kWh / d] 1,6 2,1 2,2 2,7 2,4 2,9 2,8 3,5 3,1 4,1
Gesamtwärmeabgabe [W] 50 – 65 65 – 85 60 – 80 75 – 100 100 – 130 125 – 170 170 – 225 215 – 295 280 – 380 360 – 490
(inkl. Verdunstung)
davon trockene Wärme- [W] 35 – 45 50 – 65 45 – 60 60 – 75 70 – 95 95 – 130 120 – 160 165 – 220 200 – 275 280 – 370
abgabe (Konvektion,
Leitung und Strahlung)
Wasserdampfproduktion [g / h] 21 – 28 23 – 32 25 – 34 27 – 38 41 – 57 46 – 62 70 – 95 78 – 108 117 – 160 130 – 180
pro Stunde
Sauerstoffbedarf pro Stunde [l / h] 9 – 12 12 – 16 10 – 14 14 – 19 17 – 24 24 – 32 30 – 41 40 – 51 50 – 68 65 – 90

ausgeatmetes Kohlen- [l / h] 7 – 10 10 – 13 9 – 12 12 – 16 15 – 20 19 – 26 25 – 34 32 – 43 46 – 56 55 – 75
dioxid pro Stunde
(Konzentration in der
Luft 0,03 – 0,05 Vol. %)
erforderliche Frischluftraten, [m3 / h] 12 – 17 17 – 21 15 – 20 20 – 26 25 – 33 32 – 42 42 – 57 55 – 72 70 – 93 90 – 130
wenn CO2 maximal 0,10 Vol. %
Schwülegrenze in Bezug [°C] 28 28 26 26 24 24 21,5 21,5 19,5 19,5
auf die Raumlufttemperatur
Gleichgewicht = Behaglichkeit [°C] 24 24 22 22 20,5 20,5 19 19 17 17
Grenze des Kühleempfindens [°C] 18 18 17 17 16 16 15,5 15,5 14,5 14,5
B 1.54

56
Grundlagen

Abweichung [%]
140
Ein thermisch komfortables Umfeld resultiert bei Räumen mit hohem Erwartungsniveau (Ka-

er
Männ

somit hauptsächlich aus physikalischen Ein- tegorie A, unzufriedene Nutzer unter 6 %), sehr

nne
flussgrößen wie Raumlufttemperatur und mitt- enge Grenzen bestehen, sind bei Räumen mit

r, F
lere Raumumschließungstemperatur (nicht zu geringeren Anforderungen (Kategorie C, unzu- 120

rau
en
kalt oder zu warm), Raumluftfeuchte (nicht zu friedene Nutzer unter 15 %) stärkere Tempera- en
trocken oder zu schwül) und Luftbewegung turschwankungen zugelassen. Frau

(keine Zugluft). Auch wenn diese Parameter 100


Unfallhäufigkeit Unfallhäufigkeit
sich gegenseitig beeinflussen und Wohlbefin- Raumlufttemperatur und mittlere Raumumschlie- e
änd
den zudem immer auf subjektiven Empfindun- ßungstemperatur er H

ge
chk eit d

ist
gen basiert, lassen sich dennoch einige Richt- Die Behaglichkeit in Gebäuden wird überwie- ickli

. F Ar
ch
Ges

äh be
werte für ein behagliches Umfeld benennen: gend von der Raumlufttemperatur sowie der 80

ig
ke tsle
eit

ite ist
Raumlufttemperatur von 20 bis 22 °C (im Som- mittleren Raumumschließungstemperatur gk

n
i
rti
mer bis 26 °C), Raumluftfeuchte von 35 bis bestimmt. Im Mittel entsprechen diese Werte in er
fe

un
g
60 % sowie Luftbewegung bis 0,15 m / s. etwa der Empfindungstemperatur, die zwi- Fin

g
60
Doch auch bei optimalen Bedingungen ist auf- schen 19 und 20 °C betragen sollte. Innerhalb 10 15 20 25 30
grund der vielfältigen Parameter und individuel- gewisser Grenzen können sich Oberflächen- Temperatur [°C]
len Einflussgrößen (z. B. Art der Bekleidung, und Lufttemperaturen gegenseitig ausgleichen. B 1.55

Anteil Unzufriedener (PPD) [%]


körperliche Betätigung, Alter, Geschlecht etc.) Je geringer die Differenz dieser Temperaturen 80
eine hundertprozentige Nutzerzufriedenheit (im Idealfall nicht mehr als 3 K), desto behagli-
60
nicht erreichbar. cher wird dies vom Menschen empfunden. Ein
Um dieser individuellen und subjektiv abwei- übermäßig asymmetrisches thermisches Profil, 40
chenden Bewertung des Menschen Rechnung wie es z. B. bei Räumen mit großen Fensterflä-
30
zu tragen, wird das thermische Empfinden als chen und mangelhaften Wärmeschutzeigen-
so genannter PMV-Wert (Predicted Mean Vote) schaften auftreten kann, führt zu Unbehagen. 20
angegeben (Abb. B 1.57). Über diesen lässt Wie aus Abb. B 1.59 hervorgeht, bildet ein
15
sich der PPD-Wert (Predicted Percentage of guter baulicher Wärmeschutz der Hüllflächen
Dissatisfied) ermitteln – die Anzahl jener, die mit somit die Grundlage dafür, durch hohe Ober- 10
dem vorherrschenden Raumklima unzufrieden flächentemperaturen komfortable Umfeldbedin- 8
sind. Durch die individuelle Bewertung der gungen bei gleichzeitig niedrigerem Energie-
6
raumklimatischen Verhältnisse liegt dabei selbst verbrauch herzustellen. Insbesondere bei der 5
bei einem PMV-Wert von 0 (behaglich) die An- Planung von Flächenheizungen gilt, dass bei 4
zahl der Unzufriedenen bei 5 % (Abb. B 1.56). Raumtemperaturen von ca. 20 °C die Tempera- -2,0 -1,0 0 1,0 2,0
tur des Fußbodens nicht über 26 °C und der Komfortempfinden (PMV) [-]
Europäische Richtlinien Decke nicht über 34 °C liegen sollte (Abb. B B 1.56
Als Methoden zur Bewertung des thermischen 1.60 und 61). Empfindung Predicted Mean Vote (PMV)
Raumklimas stehen derzeit vornehmlich die kalt -3
DIN 1946-2, der CEN-Bericht CR 1752 sowie Raumluftfeuchte
kühl -2
die DIN EN ISO 7730 zur Verfügung. Allerdings Bei Umgebungstemperaturen von 20 bis 22 °C
erträglich (leicht) kühl -1
wurden die Bewertungsmethoden primär zur kann die relative Raumluftfeuchte zwischen 35
Auslegung raumlufttechnischer Anlagen ge- und 70 % schwanken, um als behaglich emp- neutral (behaglich) 0
schaffen; zur Beurteilung des Klimakomforts funden zu werden (Abb. B 1.62). In diesem erträglich (leicht) warm 1
bei freier Lüftung existieren keine eigenstän- Behaglichkeitsbereich steigt pro 10 % erhöhter warm 2
digen Richtlinien. Luftfeuchte die gefühlte Raumtemperatur des heiß 3
Bei der DIN 1946-2 [11] beziehen sich die Menschen um 0,3 K. Ab 70 % relativer Feuchte B 1.57
Richtwerte der »operativen« Temperatur – besteht die Gefahr von Tauwasseranfall sowie
Sommer Winter
auch Empfindungstemperatur genannt – immer einer vermehrten Schimmelpilzbildung an kal-
(Kühlperiode) (Heizperiode)
auf die zeitgleiche Außenlufttemperatur (Abb. ten Außenbauteilen, soweit sie über keinen
B 1.65). Eine schnelle Zu- oder Abnahme der guten Wärmeschutz verfügen (Abb. B 1.64). CEN CR 1752
Außenlufttemperatur muss demzufolge durch Ein Feuchtegehalt der Luft unter 35 % begüns- Kategorie A 24,5 °C ±1,0 22,0 °C ±1,0
die Anlagentechnik ausgeglichen werden. Die tigt demgegenüber die Staubentwicklung und Kategorie B 24,5 °C ±1,5 22,0 °C ±2,0
Neufassung DIN EN 13779 [12] verweist für fördert die elektrostatische Aufladung von Bau- Kategorie C 24,5 °C ±2,5 22,0 °C ±3,0
Nichtwohngebäude mit raumlufttechnischen teilen, was insbesondere bei Fußböden und
DIN EN ISO 7730 24,5 °C ±1,5 22,0 °C ±2,0
Anlagen auf die Empfehlungen der DIN EN ISO metallischen Berührungsflächen als unange-
7730. Zur Schaffung neuer sowie zur Bewer- nehm empfunden wird. Infolgedessen wird als B 1.58
tung vorhandener Umgebungsklimata dient die Richtwert eine Raumluftfeuchte von 40 bis
B 1.51 Temperaturverteilung im Körper bei verschiede-
DIN EN ISO 7730 [13]. Sie beruht auf dem 60 % empfohlen. Um bereits in der Planungs- nen Außentemperaturen
PMV-Modell und empfiehlt die Einhaltung eines phase ein späteres »Barackenklima« – infolge B 1.52 Wärmeabgabe des Menschen bei unterschied-
Komfortbereichs zwischen - 0,5 < PMV < + 0,5 hoher Temperatur- und Feuchteschwankungen lichen Raumlufttemperaturen (Bürotätigkeit)
(Abb. B 1.56), das einem Anteil unzufriedener als unbehaglich empfundene Umfeldbedingun- B 1.53 Empfindungstemperatur bei unterschiedlichen
Raumumschließungstemperaturen
Nutzer von 10 % entspricht. Da sich diese Um- gen – auszuschließen, werden für Innenräume
B 1.54 Richtwerte zum menschlichen Luft-, Wärme- und
gebungsbedingungen nur durch den Einsatz ausreichende Speichermassen benötigt (siehe Feuchtigkeitshaushalt
von Anlagentechnik erzielen lassen, sieht die Material, S. 158). B 1.55 Unfallhäufigkeit und Produktivität in Abhängigkeit
geplante Neufassung der Richtlinie vor, bei von der Raumtemperatur bei sitzender Tätigkeit
freier Lüftung höhere Temperaturen – analog Luftbewegung B 1.56 PPD-Wert in Abhängigkeit vom PMV-Wert
B 1.57 Bewertungsskala des »vorhergesagten mittleren
Abb. B 1.58, Kategorie C – zuzulassen. Der Auch die Luftbewegung im Raum übt einen Votums« (PMV)
CEN-Bericht CR 1752 [14] definiert Kategorien spürbaren Einfluss auf den Wärmehaushalt des B 1.58 Anforderungen an die operative Raumtempera-
der Innenraumqualität von A bis C. Während Menschen und somit auf das Wohlbefinden tur bei sitzender Tätigkeit

57
Grundlagen
Wandtemperatur tw [°C]

Fußbodentemperatur tFB [°C]

Deckentemperatur tD [°C]
30 30 40
unbehaglich warm unbehaglich warm
28 28 38
Behaglichkeitsfeld
26 26 36 noch behaglich
23
°C
24 24 34
te =21°C behaglich
22 22 32

20 20 30
19 behaglich
18 °C 18 28
2 K noch behaglich
16 /m 16 26
W ta =- 10°C
,2
=0
14 U 0,5 14 24
unbehaglich kalt
12 1,0 12 22 unbehaglich
1,5
10 10 20 kalt
12 14 16 18 20 22 24 26 28 12 14 16 18 20 22 24 26 28 12 14 16 18 20 22 24 26 28
Raumlufttemperatur tL [°C] Raumlufttemperatur tL [°C] Raumlufttemperatur tL [°C]
B 1.59 B 1.60 B 1.61
aus. In DIN EN ISO 7730 sind Richtwerte für Dazu zählen: [lm] angegeben und beschreibt die gesamte
Luftgeschwindigkeiten im Zusammenhang • öffenbare Fenster ausgestrahlte Lichtleistung einer Lichtquelle.
mit dem Turbulenzgrad der Strömung ange- • individuell beeinflussbarer Sonnen- bzw. Die Beleuchtungsstärke hingegen – in der Ein-
geben, da Luftströmungen mit wechselnden Blendschutz heit Lux [lx] definiert – kennzeichnet den Licht-
Anströmungsrichtungen und Geschwindig- • Ventilatoren (lokaler Einsatz im Sommer) strom, der auf eine bestimmte Fläche trifft. Die
keiten das Zugempfinden verstärken. Bei • Thermostatventile Richtlinien der empfohlenen Beleuchtungsstär-
Raumlufttemperaturen von 20 °C werden • Raumluftregelung ken leiten sich jeweils aus den schwierigsten
schon Luftgeschwindigkeiten über 0,15 m / s zu erwartenden Sehaufgaben ab.
als unbehaglich empfunden (Abb. B 1.63). Im Vergleich von mechanisch und natürlich
Wenn die Raumlufttemperaturen über 23 °C belüfteten Räumen weisen die o. g. Untersu- Blendung
liegen, trägt jedoch eine erhöhte Luftgeschwin- chungen nach, dass Menschen bei freier Lüf- Neben einer angemessenen Beleuchtungsstär-
digkeit dazu bei, dass durch die Abgabe von tung eine größere Bandbreite von Temperatu- ke sollten auch die Kontrastverhältnisse ange-
Körperwärme ein behagliches Umfeld herge- ren akzeptieren und somit gegenüber den nehm gestaltet werden. Die Leuchtdichte
stellt wird. Bereits während der Planung und gesetzlichen Regelungen erweiterte Behaglich- [cd / m2] definiert den von einer angestrahlten
insbesondere auch bei der Bauüberwachung keitsgrenzen möglich sind. Fläche ausgehenden Lichtstrom. Absolute
lassen sich spätere Zuglufterscheinungen Blendung des Menschen entsteht als Ergebnis
durch eine wind- und luftdichte Detailausbil- Visueller Komfort zu hoher Lichtintensität (>104 cd / m2), wohinge-
dung vermeiden. Visuelle Raumwahrnehmung erzeugt über die gen relative Blendung durch zu hohen Kontrast
Unverwechselbarkeit der Gestaltung die Bil- hervorgerufen wird. Idealerweise überschreiten
Alle Faktoren, die das thermische Wohlbefin- dung einer Identität. Sind die für den Benutzer die Leuchtdichteverhältnisse für eine konkrete
den beeinflussen, wirken sich auch unmittel- notwendigen Informationen übersichtlich ver- Sehaufgabe, die unmittelbare Umgebung und
bar auf den Energieverbrauch von Gebäuden fügbar, erhöhen sich Wohlbefinden, Orientie- das fernere Umfeld nicht ein Verhältnis von
aus. Niedrige Strömungsgeschwindigkeiten rungsfähigkeit, Sicherheitsgefühl und Produk- 10 : 3 : 1. Helle Wand- und Deckenoberflächen
bei Lüftungsanlagen sparen Energie und tivität. erhöhen die Abstrahlung vom Umfeld und kön-
erhöhen das Wohlbefinden. Höhere Innen- Doch auch physikalische Rahmenbedin- nen durch eine gleichmäßigere Leuchtdichte-
Oberflächentemperaturen durch entsprechen- gungen des Sehens tragen maßgeblich zum verteilung die Gefahr relativer Blendung redu-
de Wärmeschutzmaßnahmen steigern das Wohlbefinden bei. Das menschliche Auge zieren (Abb. B 1.67).
Wohlbefinden und vermindern Transmissions- nimmt die elektromagnetische Strahlung des
wärmeverluste (Abb. B 1.53). Bei niedrigen Sonnenlichts in einem Wellenlängenbereich Lichtwinkel und Kontrast
U-Werten der Außenbauteile können die von ca. 380 nm (violettes Licht) bis etwa Je nach Auftreffen bzw. Reflexion des Lichts
Raumlufttemperaturen ohne Komforteinbußen 780 nm (rotes Licht) wahr. Vor allem der visu- beeinflussen Lichtfarbe, Farbwiedergabe,
abgesenkt werden; je 1 K Temperaturabsen- elle Cortex im Gehirn verarbeitet die vom Lichtrichtung und Farbigkeit von Oberflächen
kung reduziert sich der Heizwärmebedarf um Auge stammenden Erregungsmuster nach- die Raumwahrnehmung. Bei flach einfallendem
ca. 6 %. folgend zur Empfindung von Licht und Farbe. Licht lassen sich helle Materialien besonders
Aus aktuellen Untersuchungen geht hervor, Optimaler Sehkomfort für Arbeitsbereiche gut plastisch erfahren, während dunkle Ober-
dass auch die Art der Belüftung das Wohlbefin- besteht, wenn die Leuchtdichteverhältnisse flächen aufgrund des geringen Kontrasts eher
den erheblich mitbestimmt [15]. In Gebäuden der Arbeitsplatzumgebung (Umfeldleuchten- zweidimensional wirken. Durch ihren höheren
mit natürlicher Lüftung empfinden durchschnitt- dichte) auf die jeweilige Sehaufgabe (Infeld- Reflexionsgrad verbessern helle Oberflächen
lich 20 % der Nutzer das Raumklima als unbe- leuchtendichte) abgestimmt sind. Dies lässt die Lichtwirkung und optimieren gleichermaßen
haglich, in teilklimatisierten Gebäuden 34 % sich prinzipiell durch Tageslicht, künstliche den Tageslichteinfall sowie die Kunstlichtver-
und in vollklimatisierten Gebäuden sind sogar Beleuchtung oder eine Kombination beider sorgung.
54 % der Nutzer unzufrieden. Darüber hinaus Lichtquellen erreichen. Allerdings erzeugt
steigt bei Personen, die das Raumklima als natürliches Tageslicht komfortablere Bedin- Farbigkeit und -komposition
gesundheitsschädlich einschätzen, die Wahr- gungen, da es alle Spektralfarben umfasst. Die Farbigkeit von Raumoberflächen unterstützt
scheinlichkeit, am »Sick-Building-Syndrom« zu Visuelle Behaglichkeit steht im Zusammen- assoziative Bezüge. Warme Farben wirken
erkranken, um das 2,6-fache an. hang mit verschiedenen energierelevanten anregend und lassen eine Fassade, einen
Die Möglichkeit, das Raumklima zu beeinflus- Einflussgrößen. Raum oder ein Objekt kleiner erscheinen. Im
sen und auf die individuellen Bedürfnisse anzu- Gegensatz hierzu erzeugen kalte Farben
passen, stellt eine weitere bedeutende Ein- Beleuchtungsstärke Abstand und vergrößern den Raumeindruck.
flussgröße für die Zufriedenheit der Nutzer dar. Der Lichtstrom wird in der Maßeinheit Lumen Doch nehmen wir Farben nicht nur optisch

58
Grundlagen

Luftbewegung in Kopfhöhe v [cm/s]


relative Luftfeuchte ϕ [%]

50

relative Luftfeuchte ϕ [%]


100 100
90
unbehaglich feucht Wachstumsbereich
80 40 90

70
unbehaglich
60 30 80
behaglich
50

40 20 70
Sporenkeimung
30
noch behaglich behaglich
unbehaglich
20 10 60
trocken
unbehaglich
10

0 0 50
12 14 16 18 20 22 24 26 28 12 14 16 18 20 22 24 26 28 10 20 30 40 50
Raumlufttemperatur tL [°C] Raumlufttemperatur tL [°C] Raumlufttemperatur [°C]
B 1.62 B 1.63 B 1.64
wahr, auch das subjektive Kälte- und Wärme- Schall B 1.59 Behaglichkeit in Abhängigkeit von Raumlufttem-
empfinden kann durch Farbgebung spürbar Schall breitet sich durch kleinste Druck- und peratur, mittlerer Raumumschließungstemperatur
und U-Wert der Gebäudehülle
beeinflusst werden. So wurde in Versuchen Dichteschwankungen in einem elastischen B 1.60 Behaglichkeit in Abhängigkeit von Raumluft- und
festgestellt, dass Räume, die mit einem kalten Medium (z. B. Luft, Festkörper) aus. Man Fußbodentemperatur
Farbton wie z. B. Blaugrün gestrichen waren, unterscheidet zwischen Infraschall (< 20 Hz), B 1.61 Behaglichkeit in Abhängigkeit von Raumluft- und
das Wärmeempfinden der Testpersonen um Hörschall (20 – 20 000 Hz), Ultraschall Deckentemperatur
B 1.62 Behaglichkeit in Abhängigkeit von Raumlufttem-
ca. 3 °C herabsetzten. Ein orangefarbener (20 Hz – 1 GHz) und Hyperschall (> 1 GHz),
peratur und relativer Luftfeuchte
Raum hingegen erhöhte die subjektiv empfun- wobei der Mensch das Spektrum von 1000 B 1.63 Behaglichkeit in Abhängigkeit von Raumlufttem-
dene Temperatur. Dies ist durch die physiolo- bis 5000 Hz innerhalb des Hörschall-Frequenz- peratur und Luftgeschwindigkeit in Körpernähe
gischen Auswirkungen des Farbtons auf den bereichs am besten wahrnehmen kann. Schall B 1.64 Wachstumsbereich von Schimmelpilzen
Organismus zu erklären, die eine leichte Erhö- überträgt sich, ähnlich wie Licht, in Form von B 1.65 zulässige Temperaturbereiche nach DIN 1946-2
für die Auslegung raumlufttechnischer Anlagen
hung der Pulsfrequenz und des Blutdrucks her- Absorption, Reflexion undDissipation (Um- B 1.66 empfohlenen Nachhallzeiten nach Raumfunktio-
beiführen. wandlung in Wärme). Zudem unterscheidet nen
Eine uniforme und monotone Farbgestaltung man zwischen Lärm und Geräusch. Lärm be- B 1.67 empfohlene Reflexionsgrade für Oberflächen
auf Grundlage vereinfachter, physiologischer zeichnet störend empfundenen Schall (z. B. nach EN 12464-1
Farbwirkung sollte jedoch vermieden werden. Straßenlärm), Geräusche hingegen können
Erst eine Komposition aus miteinander harmo- Assoziationen wecken und somit die akus-
nierenden Farbtönen leitet hin zu einem als tische Behaglichkeit positiv beeinflussen.
angenehm empfundenen Gesamteindruck.
Schallleistung/bewerteter Schalldruckpegel
Farbwiedergabe Der Schalldruckpegel [Lp] stellt ein logarithmi-
Die visuelle Wahrnehmung des Menschen ist sches Maß zur Beschreibung von Schallereig-
operative Raumtemperatur [°C]

28
auf natürliches Sonnenlicht geeicht. Das sich nissen dar und wird in Dezibel [dB] angege-
über den Tagesablauf verändernde Spektrum ben. Der messbare Schalldruckpegelbereich 26
des Lichts steuert u. a. den Tagesrhythmus reicht ca. von 0 bis 160 dB. Ein Schalldruckpe- kurzzeitig
sowie die Organfunktionen. Eine Verzerrung gel-Unterschied von 3 dB ist bei mittleren bzw. empfohlen
24
dieses Spektrums kann sich negativ auf Wahr- hohen Pegeln und Frequenzen deutlich wahr-
nehmung und Wohlbefinden auswirken. Daher nehmbar. Unterschiede von 10 dB bedeuten
sollte die vorherrschende Lichtfarbe bei norma- dann in der Wahrnehmung etwa eine Verdop- 22
bei Quelllüftung
len Tätigkeiten natürlich oder naturähnlich sein. pelung der Lautstärke. Um das menschliche
Das Frequenzmuster des Lichts sollte durch Lautheitsempfinden näherungsweise nachzu- 20
20 22 24 26 28 30 32
die Verglasung entsprechend möglichst wenig bilden, wird im Gegensatz zum unbewerteten
Außenlufttemperatur [°C]
verändert werden (siehe Material, S. 155, Pegel [dB] beim »bewerteten Schalldruckpe-
Abb. 5.25). gel« [dB(A)] der Sinneseindruck des Frequenz- B 1.65
gangs in Abhängigkeit zum Schalldruckpegel
Akustischer Komfort berücksichtigt. Je nach Nutzung werden spezi- Raumfunktion Nachhallzeit [ms]
Die auditive Wahrnehmung basiert auf Schwin- fische maximal dB(A)-Werte für Störgeräusche Büroraum 35
gungsübertragungen der Umgebungsluft (Luft- empfohlen. In Tonstudios oder Opernhäuser
Klassenzimmer 40 – 60
schall) oder von Festkörpern (Körperschall). liegen diese beispielsweise bei etwa 25 dB(A)
Lärmbelastungen können bereits bei niedrigen und für Büroräume bei ca. 35 dB(A). Oper 130 – 160
Schalldruckpegeln auftreten, Schlaf und Erho- Orgelmusik 250 – 300
lung beeinträchtigen sowie die Produktivität Nachhallzeiten B 1.66
mindern. Der akustische Komfort von Räumen Durch die Nachhallzeit werden die akustischen
bestimmt sich aus einer Vielzahl von Parame- Eigenschaften von Räumen beschrieben.
Bauteil Reflexionsgrad
tern: z. B. Schallpegel der Außenlautstärke, Eine möglichst kurze Nachhallzeit (bis 50 ms)
Schalldämmmaß der Gebäudehülle, Geräusch- sorgt dabei für eine Erhöhung der Sprachver- Decke 60 – 90 %
entwicklung der Gebäudetechnik, Form bzw. ständlichkeit. Bei Musik fördert eine mittlere Wand 30 – 80 %
Größe des Raumes sowie der Oberflächen- Nachhallzeit (ca. 80 ms) die Deutlichkeit, Arbeitsfläche 20 – 60 %
beschaffenheit von Umschließungsflächen und wohingegen Klangfülle durch lange Nachhall-
Boden 10 – 50 %
des Mobiliars. zeiten begünstigt wird (Abb. B 1.66).
B 1.67

59
Grundlagen

Anforderung Randbedingung Dienstleistung Energiethemen

Temperaturkomfort herstellen Außentemperatur (-20 bis +40 °C) Heizen und Kühlen
Wärme
Helligkeitskomfort herstellen Helligkeit (0 – 100 000 Lux) Beleuchten

Luftqualität sichern Luftverbrauch (15 – 130 m3 / h Pers) Be- und Entlüften Kälte

Luftfeuchtekomfort herstellen Luftfeuchtigkeit (0 – 100 %) Be- und Entfeuchten


Luft
Trinkwarmwasser bereithalten Trinkwasserversorgung (ca. 10 °C) Trinkwasser erwärmen

Elektrische Geräte betreiben Geräteeffizienz mit Strom versorgen Licht

Prozesswärme bereitstellen Prozesseffizienz Prozesswärme erzeugen


Strom
Prozesskälte bereitstellen Prozesseffizienz Prozesskälte erzeugen
B 1.68
Olfaktorischer Komfort bedingungen. Gesetzliche Regelungen zur bis etwa 100 000 Lux an einem sonnenreichen
Der Geruchssinn dient neben dem Erkennen CO2-Konzentration sowie erforderliche Luft- Tag. Daraus leitet sich die Dienstleistung
von verdorbenen Nahrungsmitteln vor allem im wechselraten sind im Kapitel Technik (siehe »Beleuchten« ab. Der Aufenthalt in geschlos-
Bereich der sozialen Kommunikation zur Steue- S. 133) aufgeführt. Ebenso dienen die Indika- senen Räumen bewirkt aufgrund entsprechen-
rung vegetativer bzw. hormoneller Vorgänge. toren »Olf« und »Dezipol« der Beurteilung der Emissionen einen gewissen »Luftver-
Die Riechschleimhaut in der oberen Nasenhöh- der Luftqualität: Während Olf die Stärke von brauch«. Gewünscht ist jedoch eine im Idealfall
le verfügt über mehr als 350 verschiedene Re- Geruchsquellen (z. B. Menschen, Tiere, Pflan- konstante hohe Luftqualität. Dies bedingt einen
zeptortypen, die Geruchsmoleküle aus der Luft zen, Ausdünstungen von Materialien etc.) gezielten Luftaustausch durch »Be- und Entlüf-
herauslösen und chemisch registrieren. Da der kennzeichnet, fließt beim Dezipol – als Maß ten«. Sollen bestimmte Grenzwerte der Luft-
Geruchssinn mehrere tausend Gerüche diffe- für die empfundene Geruchsemissionen – der feuchtigkeit nicht über- oder unterschritten wer-
renziert – sie aber nicht vollständig benennen Luftvolumenstrom mit ein. Die Luftqualität von den, ist die Dienstleistung »Befeuchten und
kann –, unterscheidet man sieben wesentliche Räumen liegen entsprechend den Nutzungs- Entfeuchten« gefragt.
Duftkategorien: blumig, ätherisch, moschus- anforderungen zwischen 0,7 und 2,5 Dezipol. Üblicherweise beträgt das Temperaturniveau
artig, kampferartig, faulig, schweißig und ste- Neben der Luftqualität von Innenräumen haben der Frischwasserversorgung von Gebäuden
chend. Schadstoffemissionen aus Baustoffen eine etwa 10 °C. Um insbesondere für die Körper-
Neben den drei Hauptbestandteilen Stickstoff große Wirkung auf Gesundheit und Wohlbe- hygiene angenehme Bedingungen zu schaffen,
(78 %), Sauerstoff (21 %) und Argon (0,9 %) finden von Nutzern. Weiterführende Erläute- ist das Trinkwasser entsprechend zu erwär-
setzt sich Luft noch aus vielfältigen weiteren rungen finden sich im Kapitel Material (siehe men. Nicht zuletzt sollen elektrische Geräte
Spurenelementen (z. B. Kohlendioxid, Wasser- S. 171). betrieben werden können. Diese reichen von
stoff und anderen Edelgasen) sowie Fremdstof- Erschließungssystemen wie Rolltreppen oder
fen zusammen. Die Qualität der Innenraumluft Energiedienstleistungen Aufzügen über Arbeitshilfen oder Telekommu-
wird durch unterschiedliche Faktoren beein- Um Behaglichkeit herzustellen und die bereits nikation bis zu Haushaltsgeräten wie Kühl-
flusst, wie beispielsweise die Zusammenset- erwähnten Komfortbedingungen erfüllen zu schränken und Unterhaltungselektronik. Bei
zung der Außenluft, Ausstattungen und Bauma- können, ist eine intelligente Planung von industrieller Nutzung werden diese Anforderun-
terialien sowie nutzungsbedingte Verunreini- Gebäuden mit deutlich erhöhter Energieeffizi- gen ergänzt durch einen prozessbedingten
gungen durch den Menschen. Die Gewährleis- enz notwendig. Dennoch wird in den meisten Wärme- oder Kältebedarf.
tung angenehmer und gesunder Raumluftbe- Klimazonen eine Zufuhr von Energie erforder- Während sich die standortspezifischen klima-
dingungen erfordert eine ausreichende Frisch- lich bleiben. Die Höhe des Energieverbrauchs tischen Randbedingungen kaum beeinflussen
luftzufuhr sowie die Abfuhr von CO2, Feuchtig- während der Nutzungsphase steht dabei, lassen, besteht bei den nutzerbedingten Anfor-
keit, Schad- und Geruchsstoffen. Aufgrund der neben der Ausbildung des Baukörpers und derungen ein erheblicher Spielraum. So hat
hohen Bedeutung der Luftqualität für Gesund- der Gebäudehülle, im Zusammenhang mit z. B. die im Sommer zulässige maximale Luft-
heit und Produktivität geben die so genannten klimatischen Randbedingungen, der eingesetz- temperatur einen entscheidenden Einfluss auf
MAK-Werte (Maximale Arbeitsplatz-Konzentra- ten Systemtechnik und nicht zuletzt dem Kom- den Umfang der Energiedienstleistung »Küh-
tion) entsprechende Richtwerte für die maximal fortanspruch sowie dem Nutzerverhalten. len«. Ebenso beeinflusst das Nutzerverhalten
zulässige Konzentration von Schadstoffen vor. im Hinblick auf Heizung, Lüftung, Beleuchtung
Seit 2005 bestehen in Deutschland zudem wei- Bedarf und Bedürfnis oder Verwendung von Trinkwarmwasser maß-
tere rechtliche Orientierungsgrößen durch den Der Energiebedarf von Gebäuden resultiert geblich die Inanspruchnahme energetisch rele-
Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) sowie den biolo- hauptsächlich aus Randbedingungen und nut- vanter Dienstleistungen. Hier ist in Abstimmung
gischen Grenzwert (BGW). zerbedingten Anforderungen, die zunächst mit den Nutzern eine grundsätzliche Hinterfra-
Für die Beurteilung der Innenraumluft sind unabhängig von architektonischen Parametern gung der Bedürfnisse unabdingbar. Abwei-
sowohl die CO2-Konzentration als auch die mittelbar oder unmittelbar energierelevante chungen vom technisch machbaren Optimum
Indikatoren »Olf« und »Dezipol« von Bedeu- Dienstleistungen auslösen (Abb. B 1.68). sind sinnvoll; allerdings sollte der Nutzer Ein-
tung. Die CO2-Produktion des Menschen In Mitteleuropa schwanken die Außenlufttempe- schränkungen aufgrund ökonomischer und/
schwankt je nach Tätigkeit zwischen 7 und 75 l raturen von - 20 °C bis + 40 °C. Die nutzerbe- oder ökologischer Argumente explizit zustim-
pro Stunde und Person und trägt maßgeblich dingten Behaglichkeitsanforderungen streben men (z. B. freie Lüftung). Um Wohlbefinden her-
zur Verschlechterung der Raumluftqualität bei. jedoch die Einhaltung bestimmter Temperatur- zustellen und die Bedürfnisse von Nutzern und
Bereits im 19. Jahrhundert definierte der Hygie- bereiche an. Daraus ergeben sich entspre- Nutzung umfassend behandeln zu können,
niker Max Josef von Pettenkofer die auch heute chend die Dienstleistungen »Heizen« und sind die fünf verschiedenen Energiethemen
noch gültigen Richtwerte von 0,1 Vol % CO2- möglicherweise auch »Kühlen«. Ebenso variiert Wärme, Kälte, Licht, Luft und Strom zu unter-
Gehalt als Maßstab für komfortable Raumluft- die Helligkeit von nahezu 0 Lux in der Nacht scheiden (Abb. B 1.69).

60
Grundlagen

Energiethemen Energiebedarf minimieren Energieversorgung optimieren

Wärme Wärme erhalten Wärme effizient gewinnen

Kälte Überhitzung vermeiden Wärme effizient abführen

Luft natürlich lüften effizient maschinell lüften

Licht Tageslicht nutzen Kunstlicht optimieren

Strom Strom effizient nutzen Strom dezentral gewinnen

B 1.69
Hinsichtlich des Wärmehaushalts ist im Heiz- wird überwiegend durch die Bedürfnisse des Anmerkungen:
fall dafür zu sorgen, dass Wärme nicht verlo- Nutzers und die entsprechende Ausstattung an [1] Stand 2000
[2] Meadows, Donella; Meadows, Dennis; Zahn, Erich;
ren geht und somit möglichst lange erhalten elektrischen Geräten bestimmt. Im Planungs- Milling, Peter: Die Grenzen des Wachstums. Bericht
bleibt. Da trotz aller Bemühungen in vielen prozess kann jedoch deutlich Einfluss auf die des Club of Rome zur Lage der Menschheit. Stutt-
Fällen eine Wärmezufuhr erforderlich ist, anzustrebende Energieeffizienz ausgeübt wer- gart 1972
muss eine effiziente Erzeugung, Speicherung, den. Darüber hinaus besteht ein großes Poten- [3] Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC):
Fourth Assessment Report. Summary for Policy-
Verteilung und Übergabe von Wärme sicher- zial in der dezentralen Stromerzeugung durch
makers (AR4). 2007
gestellt werden. In allen diesen Bereichen, Kraft-Wärme-Kopplung und einer solaren Akti- [4] Schellnhuber, Joachim zitiert nach Lebert, Stephan:
insbesondere jedoch bei der Erzeugung, vierung der Gebäudehülle. Ein Mann läuft Sturm. In: Die Zeit 37/2005
besteht das Potenzial, durch Nutzung erneuer- [5] Stern, Nicolas: The Economics of Climate Change.
barer Energie ein CO2- minimiertes oder gar Technologieniveau Ein Bericht im Auftrag des britischen Schatzkanzlers.
2006
CO2-neutrales Gesamtkonzept zu realisieren. Die Frage, in welchem Umfang Energiedienst- [6] Nitsch, Joachim: Leitstudie 2007. Aktualisierung und
Zahlreiche Technologien zur Nutzung von leistungen durch technische Systeme bereitge- Neubewertung der Ausbaustrategie Erneuerbare
Biomasse, solarthermische Systeme und Wär- stellt werden müssen, hängt von der Nutzungs- Energien bis zu den Jahren 2020 und 2030 mit Aus-
mepumpen bieten eine Vielzahl von Möglich- art und dem Anforderungsniveau ab, ganz ent- blick bis 2050. Untersuchung im Auftrag des Bun-
desministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reak-
keiten. scheidend aber auch von der Gebäudeform,
torsicherheit. 2007
Im Bereich der Kälte besteht entsprechend der Gebäudehülle sowie der Materialwahl. [7] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und
zunächst das Ziel, durch geplante bauliche Hierbei lassen sich zwei unterschiedliche Stra- Reaktorsicherheit: Umweltpolitik. Erneuerbare Ener-
und baukonstruktive Maßnahmen eine Überhit- tegien verfolgen. gien in Zahlen – nationale und internationale Ent-
zung der Nutzräume zu vermeiden. Ist den- Eine orientiert sich an den jeweiligen technolo- wicklung. 2007
[8] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und
noch eine Kühlung erforderlich, gelten hier gischen Mittel, um eine optimale Funktionswei- Reaktorsicherheit: Erneuerbare Energien – Innovatio-
Anforderungen und Möglichkeiten analog zur se zu gewährleisten, wobei auch zahlreiche nen für die Zukunft. 2004, S. 15
Wärmeversorgung. Bei der Gebäudekühlung Energiesysteme, Klappen, Ventile, Sensoren [9] Lauer, Wilhelm: Klimatologie. Braunschweig 1995
bieten vor allem Systeme zur Nutzung des Käl- etc. ein adaptives Verhalten ermöglichen. [10] Schütze, Thorsten; Willkomm, Wolfgang: Klimage-
rechtes Bauen in Europa. Planungsinstrumente für
tepotenzials des Erdreichs und des Grundwas- Diese werden von einer komplexen Software
klimagerechte, energiesparende Gebäudekonzepte
sers sowie die solare Kühlung günstige Pers- gesteuert, die in Abhängigkeit von klimatischen in verschiedenen europäischen Klimazonen. For-
pektiven. Randbedingungen und Nutzerverhalten die schungsvorhaben der Fachhochschule Hamburg im
Zur Gewährleistung von angemessener Luft- optimale Regelstrategie sicherstellt. In nahezu fachbereichsübergreifenden Forschungsschwer-
qualität ist zunächst ein gut regelbarer natür- jedem Gebäude und an jedem beliebigen punkt »Planungsinstrumente für das umweltverträgli-
che Bauen« der Fachbereiche Architektur und Bau-
licher Luftwechsel erforderlich. Nutzungsbe- Standort sind durch optimierte technische ingenieurwesen, Abschlussbericht 2000
dingte Situationen und Maßnahmen zur Reduk- Gebäudeausrüstung behagliche Innenraum- [11] DIN 1946-2: Raumlufttechnische Anlagen in Arbeits-
tion des Heiz- und Kühlenergiebedarfs können bedingungen erreichbar. und Versammlungsräumen. 1994
jedoch eine maschinelle Unterstützung der Die andere Strategie zielt darauf ab, über [12] DIN EN 13779: Lüftung von Nichtwohngebäuden.
Allgemeine Grundlagen und Anforderungen an Lüf-
Frischluftzufuhr erforderlich machen. Beson- die städtebauliche Anordnung sowie eine
tungs- und Klimaanlagen. 2005
ders bei der Frischluftversorgung bietet eine energieoptimierte Gebäudeform und -hülle, [13] DIN EN ISO 7730: Ermittlung des PMV und des PPD
frühzeitige Abstimmung der Luftführung mit die Nutzungsverteilung und die Materialwahl und Beschreibung der Bedingungen für thermische
baulichen Maßnahmen (z. B. Abluft über Atrium das Gebäude so zu gestalten, dass die Behaglichkeit. 1995
oder Doppelfassade) Synergieeffekte. In vielen gewünschten Bedingungen – ggf. mit gerin- [14] CEN-Bericht CR 1752: Auslegungskriterien für
Innenräume. 1998
Fällen bergen technische Komponenten zur gen Abstrichen bezüglich des Optimums – [15] Hellwig, Runa Tabea: Thermische Behaglichkeit.
Wärmerückgewinnung ein erhebliches Einspar- mit einem Minimum an Technik erreicht wer- Unterschiede zwischen frei und mechanisch belüfte-
potenzial. den. ten Bürogebäuden aus Nutzersicht. Dissertation der
Beim Energiethema Licht steht eine verbesser- Für diese Strategien haben sich im allgemei- Technischen Universität München 2005
te Nutzung des Tageslichts im Vordergrund. nen Sprachgebrauch die Begriffe »Hightech«
Ergänzend ist eine technische Optimierung des und »Lowtech« etabliert. Da, wie in den meis-
Kunstlichts z. B. durch Differenzierung der ten Fällen, keine dieser reinen Lehren allein
Beleuchtungsstärken, Auswahl energiesparen- umsetzbar ist, erreicht ein abgestimmtes
der Leuchtmittel und bedarfsgerechte Rege- Zusammenspiel beider Strategien, das den
B 1.68 Randbedingungen, Anforderungen, Dienstleis-
lung anzustreben. so genannten passiven oder kybernetischen tungen und Energiethemen
Der Bedarf an elektrischer Energie, der über (selbstregelnden) Systemen den Vorrang lässt, B 1.69 die zehn Bausteine des energieoptimierten
das Kunstlicht und die Luftführung hinausgeht, meist das beste Ergebnis. Bauens nach Energiethemen

61
Stadtraum und Infrastruktur

B 2.1
Gebäude müssen immer in Zusammenhang mit Stadträume oder der so genannten Zwischen-
ihrem Umfeld betrachtet werden. Zahlreiche städte bieten nur erste Anhaltspunkte. Sinken-
Faktoren wie Klima, Landschaft, Topografie, de Bevölkerungszahlen und kleinere Haus-
bauliches Umfeld, Verkehr und Infrastruktur haltsgrößen bedingen andere Lebensmodelle
wirken auf jedes Bauwerk ein und bestimmen und erzeugen eine sich verändernde Bedarfs-
den städtebaulichen Kontext sowie das Ener- struktur.
gieangebot. Architektur ist zudem meist in ein
komplexes Netzwerk von Ver- und Entsorgungs- Geschichte der Flächennutzung
systemen eingebunden. Dabei umfasst die Ver- In der mittelalterlichen Stadt wurde das produ-
netzung nicht allein die technische Infrastruk- zierende Gewerbe in den ebenerdigen Etagen
tur, sondern auch soziale und kulturelle Ein- der Häuser untergebracht, in den darüberlie-
richtungen, um Mobilität, Kommunikation und genden Etagen gewohnt. Oft waren auch die
andere Dienstleistungen sicherzustellen. Dies das Umland bewirtschaftenden Landwirte in
entspricht der technischen und ökonomischen die Stadtstruktur integriert. Das Wachstum der
Vernunft sowie der Natur des Menschen als Städte vollzog sich dadurch, dass platzinten-
soziales Wesen, das auf Nachbarschaften, sive Nutzungen, z. B. Bauernhöfe und landwirt-
soziale und kulturelle Angebote angewiesen schaftliche Funktionsflächen, ausgelagert wur-
ist. Schließlich macht eine hoch arbeitsteilige den.
Beschäftigungsstruktur den Zugang zu Arbeits- Durch die Industrialisierung und das damit ver-
plätzen, Handel und Gewerbe notwendig. bundene Bevölkerungswachstum in den Städ-
Dichte städtische Strukturen sind für eine ener- ten entstand ein rapide ansteigender Flächen-
gieeffiziente, wirtschaftliche Bereitstellung von bedarf, der zu dichten Blockstrukturen führte,
Dienstleistungen und den Betrieb von Gebäu- die heute noch ganze Stadtteile prägen. Dabei
den in der Regel am besten geeignet. Neben wurden Freiräume und öffentliche Flächen auf
der standortgerechten Planung und der tech- ein Minimum reduziert. Diese kleinräumliche
nischen Infrastruktur ist eine effiziente Flächen- Flächeneffizienz brachte z. B. das Berliner Zim-
nutzung ausschlaggebend für eine energe- mer hervor: große Räume in den Ecken der
tische Optimierung von Baukörper und Stadt- Block-Hof-Strukturen, die jedoch nur über sehr
raum. geringen Lichteinfall verfügten. Die extrem ver-
dichtete Bebauung deckte zwar den Wohnbe-
darf, erfüllte jedoch kaum hygienische Notwen-
Flächennutzung digkeiten.
Der Wert von Freiraum und Erholungsfunktion
Der Umgang mit Landfläche als endliche Res- wurde offensichtlich. Als Idealbild des Lebens
source war schon immer geprägt von verschie- in der Landschaft entwickelten sich zunächst
denen Interessen und dem Gebot effizienter vor den eigentlichen Städten neu angelegte
Nutzung. Die Bebauung steht in Konkurrenz Gartenstädte, die erste Teilzentren in urbanen
zur Nahrungs- und Energieproduktion, zur Roh- Räumen schufen.
stoffversorgung, zur Erhaltung von Natur, Land- Als Antwort auf übervölkerte Strukturen,
schaft und Artenvielfalt sowie zu vielen anderen schlechte gesundheitliche Bedingungen und
B 2.1 scheinbare Raumerweiterung durch Spiegelung, Funktionen. fehlende Freiraumangebote proklamierten
Wohnhäuser als Nachverdichtung und Blockrand- Innerhalb bebauter Gebiete konkurrieren ande- Stadtplaner und Architekten in den 1920er-
schließung, Paris (F) 2000, Herzog & de Meuron
re Nutzungen und Belange um Raum. Gesteu- Jahren das Motto »Luft, Licht und Sonne«. Es
B 2.2 Entwicklung des Heizwärmebedarfs von Gebäu-
den nach Baujahr und Anteil im deutschen ert sind sie von sozialen Wertvorstellungen und wurden z. B. Abstände zwischen den Gebäu-
Bestand durch technische Vorgaben, durch die Öffent- den definiert, die eine Besonnung aller Wohn-
B 2.3 sektorbezogener Energieverbrauch in Deutsch- lichkeit oder wirtschaftliche Einzelinteressen. räume zuließen, und erste Blockstrukturen
land im Jahr 2005 Immer spielt dabei das Entwicklungsmuster der entkernt (Abb. B 2.29).
B 2.4 plakative Verbildlichung der Forderungen der
Charta von Athen 1929
Flächennutzung für die Effizienz eine zentrale Die Charta von Athen im Jahre 1929 versuchte,
B 2.5 Verhältnis von Bebauungsdichte und Energiever- Rolle. Die prototypischen Modelle monozent- das Problem durch eine umfassende Neustruk-
brauch ausgewählter Städte risch, polyzentrisch und sektoral organisierter turierung von Städten zu lösen. Besonders die

62
Stadtraum und Infrastruktur
Heizwärmebedarf [kWh / m2 a]

300 bis 1918 1919−48 1949−57 1958−68 1969−77 a b c d e a erste Wärmeschutz-


verordnung, 1977
250 b zweite Wärmeschutz-
verordnung, 1984 15,7 %

Stand der Technik


26,8%
c dritte Wärmeschutz-
200 verordnung, 1995
d Energiestandard
150 EnEV 2002, EnEV 2007
28,8 %
e Passivhausstandard
100 28,7 %
Industrie
Verkehr
50 Haushalte
Gewerbe,
0 Handel,
10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Dienst-
Wohnungsbestand [%] leistungen
B 2.2 B 2.3
Forderungen nach großzügigen Freibereichen schiedlichen Räume gewinnen dadurch eine
für Stadtbewohner, Stärkung der Einzelfunktio- Gleichwertigkeit in der Betrachtung, ohne ihre
nen und die Erhöhung der Ordnung im System eigene Identität zu verlieren. Jeder Raum über-
bildeten die Basis städtebaulicher Zielsetzun- nimmt für sich eine zentrale Funktion in der Ver-
gen (Abb. B 2.4). Aus Teilzentren wurden sorgung.
selbst Städte, die funktional z. B. als Wohnstadt Dies bedeutet kein romantisierendes »Zurück
bezeichnet wurden. zur Natur«. Auch hinterlassene Altlasten und
Die klare Trennung von Nutzungen widerstrebt Brachen können neue Qualitäten hervorbrin-
allerdings dem Strukturverständnis des Sys- gen. So bezeichnen die »Landmarken« zur
tems Stadt an sich. Synergien zwischen den Stärkung der lokalen Identität über die IBA
einzelnen Nutzungen können sich nicht mehr Emscher Park oder die neu entstehende Seen-
bilden, Strukturen müssen doppelt errichtet, landschaft in der Niederlausitz durch die IBA
Bedarfe doppelt gedeckt werden. Dadurch Fürst-Pückler-Land einerseits Folgen des bis-
wird Verkehr erzeugt, Raum, Zeit und Energie herigen Energieumgangs, erzeugen anderer-
verschwendet (Abb. B 2.5). Sekundäre Effekte seits jedoch Bilder für eine neue Zukunft (siehe
sind die zunehmende Umweltbelastung in Material, S. 167). Sie sind Sinnbild energie-
Stadträumen und die reduzierte Lebensquali- effizienter und nachhaltiger Entwicklung, in der
tät für die Bewohner. auch die negativen Folgen früheren Handels
Die Reduktion von Flächenverbrauch schafft aufgearbeitet und in einen neuen Mehrwert
Dichte, ermöglicht eine »Stadt der kurzen umgewandelt werden.
Wege« und einen effizienten Energieeinsatz.
Sinnvoll dimensionierte Kleinzentren decken Dichte und Energie
den täglichen Bedarf, spezielle bauliche Ange- Innerhalb eines Vergleichs des Pro-Kopf-Ener-
bote wie Museen können auch ausgefallene gieverbrauchs verschiedener Städte zeigt sich
Wünsche bedienen. Die Stadt grenzt sich mit eine deutliche Abhängigkeit von Dichte und
einem solchen Idealbild klar von dem umge- Energieeffizienz. Dicht besiedelte Städte verfü- B 2.4
80 000
jährlicher Ölverbrauch pro Einwohner [l]

benden Freiraum ab, der für die Versorgung gen über einen bis zu Faktor acht reduzierten
mit Lebensmitteln, Natur und Energie lebens- Energieverbrauch. Ab 75 Personen pro Hektar Houston
notwendig ist. Diese Freiraumqualitäten stellen schwächt sich die Wirkung von Dichte auf den Phoenix
zugleich hohe Nutzungsqualitäten dar. Eine Energieverbrauch ab. Bei mehr als 150 Perso- Detroit
energetisch wie räumlich optimierte Flächenge- nen pro Hektar ist nur noch eine geringe Ein-
staltung sorgt für eine durch vielfältige Qualitä- sparung möglich (Abb. B 2.5). 60 000
Los Angeles
ten gleichzeitig nachhaltige Entwicklung des San Francisco
Raumes. Neubau und Energie Washington DC
Grundsätzlich ist daher eine verdichtete Bau- Chicago
Energie und Raum weise im Neubau zu fördern. Der Energiebe- New York
Biogene Energiequellen ermöglichen die Wie- darf eines Gebäudes wächst jedoch mit zuneh- 40 000
Melbourne
dergewinnung lokaler Arbeitsplätze im länd- mender Höhe. Gesteigerte statische Bedarfe Adelaide
lichen Raum, diversifizieren und stabilisieren verringern den nutzbaren Raum und erhöhen Sydney
ihn, schaffen zusätzliche Einkommensquellen die in den Baustoffen gebundene Energie. Toronto

und lassen die vielfältige Schließung von Stoff- Energetische Erschließungshilfen (z. B. Auf-
kreisläufen zu. Die Energieerzeugung reduziert züge) oder notwendige technische Lüftung
20 000
sich nicht mehr auf eine zentralistisch gesteuer- verbrauchen zusätzlich Raum und Energie. Paris
Zürich
Frankfurt
te Bedarfsdeckung, sondern erlaubt auf lokalen London
Begebenheiten basierende, spezifische Lösun- Bestand und Energie Amsterdam
Wien
Singapur
gen. Bestehende Gebäude sind die in urbanen Räu-
Die bisher übliche, häufig auf die Agglomera- men langfristig verfügbare Ressource, in die Hongkong
Moskau
tionen reduzierte Betrachtungsweise von länd- heute etwa 80 % der Bauinvestitionen fließen. 0
lichen und urbanen Räumen wird aufgebrochen. Im Zuge solcher Maßnahmen im Bestand ist es 0 50 100 150 200 250 300
Die strukturell und gestalterisch sehr unter- naheliegend, deren Energieverbrauch zu sen- Bebauungsdichte [Person/ ha]
B 2.5

63
Stadtraum und Infrastruktur

historische Bauform typische Dachform


B 2.6 klassische Bautypologien nach Klimazonen:
a kalt
b gemäßigt
a 96 % 100 % c trocken-heiß
d feucht-warm
B 2.7 Transmissionswärmeverluste verschiedener Kör-
per gleichen Volumens
B 2.8 schematische Darstellung nachverdichteter
b 98 % 133 % Strukturen im Wohnungsbau
B 2.9 Ausrichtung des Baukörpers zur passiven Nut-
zung von Solarenergie, Wohnungsbau, Berlin (D)
1997, Assmann Salomon und Scheidt
B 2.10 Ausrichtung des Baukörpers zur aktiven Nutzung
c 100 % 142 % von Solarenergie, Wohnungsbau, Dornbirn (A)
1999, Roland Gnaiger, Udo Mössler
B 2.11 verdichteter Wohnungsbau, Hamburg (D) 1998,
Atelier 5
B 2.12 schematische Darstellung von Nutzungen und
d 112 % 200 % Proportionen eines Gebäudes nach Klimazonen
B 2.6 B 2.7
ken. Das Einsparpotenzial reicht bei Wohnge- Ebene. Eine nachhaltige Entwicklung basiert für dessen wirtschaftliches Überleben notwen-
bäuden bis zum Faktor zehn (Abb. B 2.2), bei auf einer Verknüpfung unterschiedlicher dig. »Business Improvement Districts« (BID),
Sondernutzungen wie Schwimmbädern sogar Bedürfnisse und Interessen, um integrativ über- die seit 2007 auch im deutschen Baugesetz-
darüber hinaus. geordnete Bedarfe zu decken und lokale Quali- buch verankert sind, versuchen z. B. innerstäd-
Sanierung (Anpassung an den aktuellen tech- täten zu erhalten. tische Zonen durch verstärkte Rückkopplung
nischen Standard) und Modernisierung (Erhö- an Bedarfe und Nutzer zu stärken. Auf der
hung des Gebrauchswerts) bedingen sich Energetische Integration anderen Seite geht es auch um die Erhaltung
dabei gegenseitig. Bei energetischen Maßnah- Den vor allem von der Großindustrie herbeige- ökologischer Qualitäten wie z. B. der Biodiver-
men erfolgt gleichzeitig die Erhöhung des wünschten »Big Shot« in der Effizienz – im Hin- sität. Miteinander vernetzte, den urbanen
Komforts, die ohne gleichzeitige Erhöhung des blick auf eine technologiereduzierte Problemlö- Raum gliedernde Freiräume verschmelzen
energetischen Standards nicht voll wirksam sung in der Energieversorgung, z. B. in der Rückzugsräume für Flora und Fauna mit er-
werden kann. Je nach Art der Betrachtung kön- Kraftwerkstechnik die Technologie der CO2- höhtem Erholungs- und Freizeitangebot für
nen folgende Arbeitsfelder entstehen: Abspaltung – kann und wird es aufgrund der den Menschen.
Vielschichtigkeit der auftretenden Probleme
• Modernisierung: nicht geben. Alle bestehenden Strukturen zur Soziale Integration
Modernisierungen ermöglichen bei nicht zeit- Energieversorgung sind auf die Möglichkeit Für die Erhaltung und Steigerung der Attrakti-
gemäßer Raumstruktur eine Anpassung der des Umbaus auf erneuerbare Energieträger zu vität des urbanen Raumes sind bezüglich der
Gebäude an bestehende Komfortstandards. überprüfen. Die Abstimmung dezentraler und demografischen Entwicklung und der verän-
Sie basieren energetisch auf der Optimie- zentraler Energieerzeugung zieht zwar einen derten sozialen Anforderungen bestimmte
rung von Gebäudehülle (siehe S. 82) und erhöhten Regelungsbedarf nach sich, führt Reaktionen notwendig, die in neue Ziele für
Technik (siehe S. 110) jedoch in der Vielfalt der Angebote auch zu das Bauen münden:
• Umnutzung (Konversion): einer größeren Versorgungssicherheit.
Die bauliche Wiederverwendung von Gebäu- Hinzu kommt eine Zusammenführung der heute • Zugänglichkeit:
den erhält das gewohnte Bild der Stadt und noch weitgehend voneinander getrennten Ver- Barrierefreiheit ermöglicht eine Nutzung ohne
zugleich die in Baustoffen gebundene Ener- brauchsentwicklung und Energieerzeugung. fremde Hilfe für alle Menschen.
gie. Nutzungsbezogen führt sie zu einer bes- Innerhalb der Gebäude ist künftig die passive • Identitätsbildung:
seren Bedarfsdeckung im urbanen Raum und aktive Nutzung von Energiequellen auf- Stadtraum und Gebäude wirken bei individu-
und kann zu einer erhöhten Nutzungsdichte einander abzustimmen (Abb. 2.9 und 10). eller Gestaltung identitätsstiftend. Sie erhal-
beitragen. Energieflüsse und Bedarfe können jedoch nicht ten und stärken lokale Besonderheiten und
• Nachverdichtung: allein auf einzelne Gebäude beschränkt blei- tragen zur räumlichen Vielfalt bei. Privater,
Nachverdichtungen erfüllen dieselben Fakto- ben. Die Bilanzgrenze muss mittelfristig auf halböffentlicher und öffentlicher Raum ermög-
ren wie Konversionen und schaffen zusätz- Gebäudeensembles bis hin zu Stadtteilen
lich Wohn- und Arbeitsraum (Abb B 2.1). erweitert werden.
Sie können auf eine Parzelle bezogen Rand-
flächen schließen, die Parzellentiefe besser Nutzungsintegration
ausnutzen oder bestehende Strukturen auf- Die Versorgung mit Dienstleistungen ist ent-
stocken und zum Erhalt der Bevölkerungs- scheidend für die nachhaltige Entwicklung
dichte bei höherem Wohnbedarf und sinken- einer urbanen Struktur. Eine Nutzungsmischung
den Haushaltsgrößen beitragen (Abb. B 2.8). wirkt sich immer positiv auf den Energiever- Aufstockung Erweiterung Anbau
brauch aus, weil Verkehr vermieden wird. Kann
Nachhaltige Raumentwicklung ein Bedarf lokal nicht gedeckt werden (Innen-
Der urbane Raum kann nur aus dem Zusam- verkehr), bewegt sich der Mensch in einen an-
menspiel von baulicher Nutzung, Freiräumen deren urbanen Raum, um dort seinen Bedarf
und der Vernetzung mit benachbarten Räumen zu decken (Außenverkehr). Große Supermärkte
funktionieren. Urbane Räume sind heute sehr verfügen z. B. über Einzugsgebiete bis zu
heterogen – sowohl in der Flächennutzung 200 km. Eine Überschreitung von 20 % Außen-
als auch in der Versorgung. Über die Stärkung verkehr führt dazu, dass Energie, Ressourcen
von Heterogenität und Individualität erhöht oder Wirtschaftskraft aus einem Raum abflie-
sich die Attraktivität des Raumes auf energe- ßen [1]. Die letztlich durch den Menschen be- Block- Innenhof-
tischer, nutzungsbezogener und sozialer wertete Attraktivität eines Raumes ist also struktur bebauung
B 2.8

64
Stadtraum und Infrastruktur

B 2.9 B 2.10 B 2.11


lichen die Identitätsbildung auf unterschied- Standortgerechte Planung lichst gering ist (A / V-Verhältnis, Abb. B 2.7).
lichen Ebenen (Abb. B 2.11). • gemäßigte Zone (gemäßigt):
• Integration: Das am Standort vorherrschende Klima In gemäßigten Klimata sind Transmissions-
Der immer stärkeren Segregation innerhalb bestimmt das verfügbare Energieangebot und wärmeverluste und Zugerscheinungen
sozialer Strukturen kann z. B. durch vielfälti- damit auch die gestalterischen Entwicklungs- besonders zu beachten. Unerwünschte ther-
ge, durchmischte, über Nachbarschaftshilfen möglichkeiten (siehe Grundlagen, Abb. B mische Effekte werden durch dichte und gut
verknüpfte und wandelfähige Wohntypen 1.43). Energien können auf verschiedene gedämmte Wände reduziert, unterstützt
entgegengewirkt werden. Treff- und Kommu- Weise für das Gebäude bereitgestellt werden. durch Speichermassen. Das Dach besitzt ein
nikationspunkte im Außen- und Innenraum Die Gebäudehülle dient dazu, vor den negati- mittleres Gefälle, das Niederschlag gut
fördern den Austausch. ven Auswirkungen des Klimas zu schützen und abführt und gleichzeitig einen geringen
• Mitbestimmung: ggf. Energien für das Gebäude aus der Umwelt Windwiderstand bietet. Je größer die Ener-
Attraktivität, Raumvielfalt und vor allem Iden- zu gewinnen (siehe Gebäudehülle, S. 85). gieverluste durch die thermische Hülle sind,
tifikation basieren auf der Möglichkeit der desto relevanter wird die Kompaktheit.
Einflussnahme der Beteiligten. Planungspro- Makroklima • Subtropen (trocken-heiß):
zesse sind entsprechend offen zu gestalten Das Makroklima schafft je nach Klimazone Die hohen Temperaturschwankungen über
(siehe Strategien, S. 188). unterschiedliche Voraussetzungen für das Tag und Nacht werden durch schwere
menschliche Wohlbefinden. Die einwirkenden Gebäude mit hohen Speichermassen kom-
Aus der Definition der Nachhaltigkeit nach Klimafaktoren haben über die Entwicklung des pensiert, z. B. aus Stein oder Lehm. Eine
Gro Halem Brundtland wird deutlich, dass Bauens zu typischen Bauformen in den einzel- typischerweise dicht-urbane Bauweise
Hinterlassenschaften für kommende Genera- nen Klimaregionen geführt (Abb B. 2.6): ermöglicht gegenseitige Verschattung und
tionen nicht nur Werte bedeuten, sondern auch reduziert die solare Aufheizung. Die flachen
Probleme mit sich bringen können [2]. Gebäu- • Polarzone (kalt): Dächer sammeln den geringen Nieder-
de sind Objekte, die Generationen überdauern, Traditionelle Bauformen in den kalten Klima- schlag; überschüssiges Wasser trägt über
und sollten deshalb einen langfristigen Nutz- zonen nutzen häufig die Dämmwirkung von Verdunstung zur Kühlung bei. Kleine Fenster
wert bieten. Anpassungsfähigkeit an sich ver- Holz. Die Dächer sind in der Regel flach lassen wenig Solarstrahlung in das Gebäude
ändernde Bedürfnisse und vorgeplante Wan- geneigt, nutzen im Winter den Schnee als eindringen. Die Haupträume liegen zumeist
delbarkeit von Gebäuden müssen als poten- zusätzliche Dämmschicht und bieten gleich- ebenerdig auf der kühlen Bodenplatte.
zieller Mehrwert entsprechend berücksichtigt zeitig Schutz gegen kalte Winde. Besonders • Tropen (feucht-warm):
werden, was nicht allein für Funktion und Nut- in kalten und gemäßigten Zonen herrschen Das immerfeuchte Klima mit geringen Tempe-
zung, sondern ganz besonders auch für Tech- kompakte Bauweisen vor, bei denen die raturschwankungen über den Tagesverlauf
nik und Energieversorgung gilt. Außenfläche im Verhältnis zum Volumen mög- macht gebäudeintegrierte Speichermassen

Platzierung von Platzierung von optimales Platzierung massiver Verwendung von Atrien energetischer
Nebenflächen Bereichen mit Seitenverhältnis Gebäudeteile a als Solarfalle Gebrauchswert
solaren Gewinnen Länge: Breite b zur Belüftung und Kühlung für Atrien

kalt 1: 1 a a

gemäßigt 1: 1,6 a

trocken 1: 2 b b

tropisch 1: 3 b
B 2.12

65
Stadtraum und Infrastruktur

Tag Gegenströmung

Sonnenaufgang (Berg- Sonnenuntergang (Talwind


wärmere wind und Hangaufwind) und Hangabwind)
Seewind Landluft
kühlere See-
oder Meeresluft Front des Seewindes

Nacht
Gegenströmung
Mittag (Hangaufwind Mitte der Nacht (Hang-
und Talwind) abwind und Bergwind)

kühlere
Landluft
wärmere See-
oder Meeresluft Landwind
später Nachmittag früher Morgen, vor Sonnen-
(Talwind) aufgang (Talwind)
B 2.13 B 2.14 B 2.15
weitgehend unwirksam. Daher sind die her- tions- und Speicherfähigkeit der Oberfläche, bebauter Räume besitzt aufgrund der hohen
kömmlichen Bauweisen in den Tropen die sich besonders beim großräumigen »See- Rauigkeit geringere Windgeschwindigkeiten;
zumeist aufgeständerte Leichtbauten aus klima« an Meeresufern oder an großen Seen die Nutzung und die vorhandenen Oberflächen
Holz. Sie schützen einerseits vor eindringen- bemerkbar machen. Wasser weist ein sehr erhöhen den Staubanteil, der vermehrt Luft-
der Feuchtigkeit, andererseits ermöglichen geringes Albedo (Reflexionsanteil der Global- feuchte an sich bindet. Dadurch fällt in urbanen
sie kühlende Effekte durch einen hohen Luft- strahlung) von ca. 5 % auf, absorbiert also Räumen mehr Niederschlag als im Umland,
austausch. Die Dachformen sind als Regen- nahezu die gesamte auftreffende Energie (Abb. besonders in der Abwindfahne der Städte. Die
wie als Sonnenschutz ausladend und steil. B 2.18). Aufgrund seiner hohen Speichermasse Erhöhung des Niederschlags beträgt für mittel-
Geschlossene Wände würden die kühlende und entstehender Verdunstungskühle erwärmt europäische Städte ca. 10 %. Zusätzlich steigt
Luftzirkulation behindern und werden deshalb sich Wasser über den Tag nur gering. Land- das Risiko sommerlicher Gewitter.
häufig durch luftdurchlässige Öffnungen oder massen heizen sich deutlich schneller auf und Aufgrund der erhöhten, verfügbaren adiabaten
Flechtwerke ersetzt. erzeugen so durch die über dem Land als Kühlleistung müssten urbane Räume theore-
Thermik aufsteigende Luft einen Unterdruck; tisch kühler sein als das Umland. Faktisch
Auch wenn traditionelle Bautypologien oft nicht die über dem Meer abgekühlte Luft strömt haben Städte im Vergleich zum Umland aber
mehr in der Lage sind, heutige Anforderungen landeinwärts. Nachts sinkt die Temperatur auf messbar erhöhte Temperaturen. Diese entste-
zu erfüllen, liefern sie doch wertvolle gestalte- dem Land deutlich, nicht jedoch über dem hen zum einem durch im Verhältnis zum
rische Anregungen und Lösungsansätze. So Meer – der Prozess kehrt sich um (Abb. B 2.14). Umland höhere Absorptionsgrade städtischer
lassen sich für zeitgemäße Bauten typische Ähnliche Effekte lassen sich auf Landmassen Oberflächen und zum anderen dadurch, dass
Positionen für Erschließung, solar aktivierte Flä- bei unterschiedlichen Oberflächen nachwei- der Niederschlag, bevor er lokal verdunsten
chen, Orientierung, Speichermassen oder Atri- sen, allerdings weniger signifikant. Die erhöhte kann, über die Kanalisation aus dem Stadtraum
en herleiten (Abb. B 2.12). Rauigkeit der Oberflächen führt in Bodennähe abgeführt wird. Weil damit die Anreicherung
zu geringeren Windgeschwindigkeiten und von Grundwasser verringert wird, verfügen
Mesoklima erhöhten Windverwirbelungen (Abb. B 2.19). städtische Räume meist über abgesenkte
Unterschiedlich starke solare Besonnung sorgt Aufgrund der Topografie entstehen über die Grundwasserspiegel. Für urbane Räume sind
für lokale Temperaturunterschiede der Erd- verstärkte Besonnung und Beschattung ein- deshalb besonders die ungehinderte Frischluft-
oberfläche und der erdnahen Luftschichten. zelner Oberflächen z. B. Hang- und Talwinde zufuhr und die Bewahrung des Niederschlags-
Druckdifferenzen infolge von Temperaturunter- (Abb. B 2.15). Zusammen bilden diese Fakto- wassers im Stadtsystem bedeutsam.
schieden erzeugen Hoch- und Tiefdruckgebie- ren die zentralen Bestandteile des lokalen
te, die sich untereinander ausgleichen, indem Windsystems. Frischluftzufuhr
Luft vom Hochdruck zum Tiefdruck strömt. Es Die aus dem Umland in den Stadtraum boden-
entstehen Seewinde, topografisch bedingte Stadtklima nah zufließende kühlere Luft benötigt definierte
Strömungen oder lokale Thermik. Für die meisten Baumaßnahmen ist das Stadt- Fließräume, die über eine geringe Rauigkeit der
Bestimmende Faktoren sind die solare Absorp- klima relevant (Abb. B 2.17). Die Atmosphäre Oberflächen verfügen. Solche »Frischluft-
Stadtkern
Stadt Taunus

Wald

B 2.13 Central Park, New York (USA)


B 2.14 Seewinde über den Tagesverlauf
B 2.15 Hang- und Talwinde über den Tagesverlauf radiale Grünerschließung Wiesbaden
B 2.16 schematische Darstellung städtischer Systeme z.B. Hamburg
zur Frischluftzuführung, Beispiel Wiesbaden
B 2.17 Aufbau der Stadtatmosphäre sowie grundsätz-
liche Abhängigkeiten innerhalb des Systems
B 2.18 Albedo verschiedener Oberflächen
B 2.19 Windgeschwindigkeiten in Abhängigkeit von der
Rauigkeit α und der Höhe über Grund
B 2.20 schematische Darstellung der Niederschlags-
führung im Stadtteil Kronsberg, Hannover (D)
B 2.21 Wasserflächen als Teil der Wasserversorgung konzentrische Grünerschließung
und der adiabaten Freiraumkühlung, Autobahn- (Green Belt)
raststätte bei Abbeville (F) 1998, Bruno Mader z.B. London
B 2.16

66
Stadtraum und Infrastruktur

Albedo [%]
Landklima Stadtklima Landklima 100
90

Hauptwindrichtung
80
frischer weißer
Staub erhöhter Schnee Anstrich
70
Niederschlag
Aufheizung
60
alter
Schnee
Verdunstung 50
Frischluft Frischluft
trockener
40
Sand Wände
Eis roter, brauner,
30
Wüste grüner Anstrich
Dächer
20
Wiesen Stadt
Grundwasserstand Straßen Wald
10
Wasser
0
B 2.17 B 2.18
schneisen« können z. B. Fluss- oder Bachläufe, Wasserkreislauf abzupuffern und zur Verbesserung der
Niederungen, Verkehrswege oder offene Frei- Bei starkem Niederschlag können Oberflächen- Böden beizutragen.
räume sein. Die Bebauung und die Freiraum- gewässer und Kanalisation den auftretenden
gestaltung definieren dabei das System der Wasserstrom – besonders von versiegelten Flä- • Entsiegelung:
Stadtdurchlüftung. Als besonders nützlich chen – nur bedingt aufnehmen. Dann werden Möglichst viele städtische Oberflächen soll-
haben sich um den Stadtkern gelegte Grün- größere Rohrquerschnitte und der Bau von auf- ten wasserdurchlässig sein. Dabei ist eine
gürtel (z. B. in London) oder auf den Stadtkern wendigen Regenwasserrückhaltebecken meist eventuelle Gefährdung der Grundwasser-
zulaufende Freiraumradialen (z. B. in Hamburg) als zwingend erforderlich erachtet. Durch eine qualität durch mitgeführte Schadstoffe
erwiesen (Abb B 2.16). Eine zum Stadtkern hin veränderte Gestaltung von Freiflächen und (Öle etc.) zu berücksichtigen. Der Grad
zunehmende Verdichtung unterstützt durch Gebäuden lassen sich jedoch solche kosten- der Durchlässigkeit wird über so genannte
erhöhten Auftrieb das lokale Windsystem. In intensiven technischen Anlagen weitgehend Abflussbeiwerte definiert (Abb. B 2.22).
einzelnen Städten treten verstärkt Inversions- vermeiden (Abb. B 2.20 und 21). Hierzu gehö- • Sickerflächen:
wetterlagen auf, d. h. eine kältere Luftschicht ren alle Maßnahmen, die den Wasserkreislauf Niederschlag, der nicht direkt über die Ober-
legt sich über die aufgeheizte Stadtatmosphäre des lokal gefallenen Niederschlags so wenig flächen in den Wasserkreislauf zurückgeführt
und lässt kaum Luftaustausch mit dem Umland wie möglich unterbrechen, seinen Abfluss ver- werden kann, sollte versickert werden. Die
zu. Dem kann durch unterschiedlich starke Ab- zögern, Wasser als Potenzial vor Ort erhalten Art der Sickerfläche ist abhängig vom jeweili-
sorptionsgrade von Flächen und somit durch und über erhöhte Verdunstung das Mikroklima gen Boden. Die Versickerung kann etwa über
die bewusste Erzeugung von thermischen Luft- in der Stadt positiv beeinflussen (Abb B 2.17): Mulden erfolgen, deren Größe überschlägig
bewegungen entgegengewirkt werden. 10 bis 20 % der zu entwässernden Fläche
Innerhalb des urbanen Systems bewirken auch • Wasserrückhaltung: betragen sollte. Häufig werden zusätzlich
große Parkflächen im Stadtgebiet einen posi- Rückhaltung von Wasser kann technisch hohlraumdurchzogene Rigolen aus Kies oder
tiven durchlüftenden Effekt (z. B. der Central oder naturnah, zentral in Rückhaltebecken Schotter eingesetzt. Sie verringern den Flä-
Park in New York, Abb. B 2.13), der durch ein oder dezentral in Zisternen erfolgen. Letzte- chenbedarf, erhöhen das kurzzeitige Spei-
Netz von Grünverbindungen noch unterstützt res ermöglicht durch Regenwassernutzung chervolumen und ermöglichen eine konstante
werden kann. Die frische Zuluft aus Umland gleichzeitig eine Reduktion des Trinkwasser- Versickerungsleistung (Abb. B 2.24 und 25).
oder aus Parks verfügt über einen erhöhten verbrauchs. Eine Pufferung der Wassermas- • Verdunstung:
Anteil biogener Schwebstoffe wie Blütenpollen. sen auf Gründächern oder in Oberflächenge- Oberflächengewässer und Vegetation tragen
Bei der Verknüpfung von Individualverkehr wässern verbessert das Mikroklima, vermei- in Stadträumen über ihre Verdunstungsleis-
und Frischluftzuführung entsteht durch Ver- det Temperaturspitzen und reduziert den tung zur Verringerung der Abwassermengen
kehrsabgase wie Stick- oder Schwefeloxide Staubanteil in der Luft. An Flüssen bieten und zu einer Temperaturabsenkung bei. Sie
eine Feinstaubproblematik, indem Abgase sich großdimensionierte Flutmulden die Möglich- dienen zugleich der Landschaftsgestaltung
an den Pollen anlagern und diese in Allergene keit, die Speicherkapazität des Oberflächen- und erhöhen damit die Aufenthaltsqualität
umwandeln. gewässer zu erhöhen, Hochwasserspitzen deutlich.
Höhe über Grund [m]

100 % 100 % 4 4 4 5
93% 93%
500

100% 90% 80% 1 1 1


400
Erschließungsstr.

Erschließungsstr.

300 2

3b
100 % 93% 82% 72%
200 3a

92% 85% 72% 59%


100 3a 3a 3a 3a
86% 76% 62% 49%
82% 58% 40% 23%
0
offene freies Wälder/ Stadt- 1 Ableitung und Retention in den Hangalleen
See Gelände Vororte zentren 2 Speicherung
α= 0,1 α=0,16 α =0,22 α =0,35 3a Versickerung 3b Retentionsflächen Hangfuß
4 Drosselabflussnetz
B 2.19 B 2.20 B 2.21

67
Stadtraum und Infrastruktur

Oberfläche Abflussbei-
wert [-]
Dächer, Neigung ≥ 15 ° 1,0 1
Beton- und Asphaltflächen 0,9
Pflasterflächen 0,75
Kiesdächer, Höfe, Promenaden 0,5
Betonpflaster, versickerungsfähige Fugen 0,40 2 Entnahme
Filterkies
Granitpflaster, versickerungsfähige Fugen 0,33 2 Dränrohr
Dachgärten 0,3 Filtersand- Verfüll-
Spiel- und Sportplätze 0,25 substrat material
ggf. Geotextil Brauch-
Rasenfugenpflaster, Splittfugen 0,22 2
nichtbindiges wasser-
Vorgärten 0,15 Verfüllmaterial speicher
Schrebergärten 0,05
Parks und Anlagen an Gewässern 0
1
entspricht 100 % Wasserabfluss
2
nach Forschungsergebnissen
B 2.22 B 2.23 B 2.24
Mikroklima lässt sich durch Sonnenstandsmodelle nach- positiv aus. So entstehen z. B. über Gründä-
Innerhalb einer kleinräumigen, mikroklima- vollziehen. Damit können die Effizienz aktiver chern im Sommer Temperaturen von ca. 35 °C,
tischen Betrachtung ist besonders der lokal- wie passiver Sonnenenergienutzung ermittelt, über Kiesdächern jedoch bis zu 70 °C.
spezifische Schutz vor unerwünschten Klima- die Besonnung von Räumen und Freiflächen
wirkungen auf Gebäude von Bedeutung, aber geprüft und notwendige Verschattungsmaß- Erdreich
auch die Zugänglich- und Erschließbarkeit von nahmen eingeleitet werden. Das Erdreich absorbiert oberflächennah die
Umweltenergien. Über die Oberflächengestaltung im unmittel- einfallende Solarstrahlung. Masse und Wasser-
baren Umfeld des Gebäudes lässt sich die gehalt machen es zu einem effizienten Spei-
Solare Exponiertheit Strahlung am Gebäude verstärken, denn hohe cher. Bei mit zunehmender Tiefe gleichmäßi-
Eine hohe Globalstrahlung und eine lange Son- Anteile reflektierender Oberflächen tragen dazu gen Temperaturen über das Jahr ermöglicht
nenscheindauer deuten auf ein technisch gut bei, Strahlung und Tageslicht in das Gebäude das Erdreich ähnlich wie Grundwasser einen
erschließbares Potenzial zur Energiegewin- zu lenken. Geeignete Mittel sind helle Boden- konstanten Betrieb von Wärmepumpen bei
nung, aber auch auf die Möglichkeit der Über- beläge oder Wasserflächen, die eine einfalls- guter Effizienz, soweit unverschattete Oberflä-
hitzung von Gebäuden hin. Die Leistung der winkelabhängige Reflexion besitzen. Je flacher chen verfügbar sind.
Solarstrahlung auf horizontale Flächen liegt in die einfallende Strahlung, desto höher ist die
Deutschland im Mittel bei ca. 1000 W/m2. Der Reflexion. Windexponiertheit
Anteil der besonders gut nutzbaren direkten Besonders windexponierte Gebäude haben
Strahlung an der Globalstrahlung liegt in mittel- Wasser als »Mikroklimaregler« über ihre Gebäudehülle einen erhöhten Ener-
europäischen Breiten bei etwa 50 %, in Skandi- Wasser speichert den nicht reflektierten Anteil gieverlust. Typische Windrichtungen und
navien bei ca. 20 %. Den Klimazonen entspre- der solaren Strahlung. Als Bestandteil der - geschwindigkeiten können in einer Windana-
chend können diese Werte stark differieren Frischluftzuführung regulieren so z. B. vorgela- lyse ermittelt werden. Die auftretenden Wind-
(siehe Grundlagen, S. 54). gerte Teiche die Temperaturspitzen der Zuluft effekte lassen sich auch durch Strömungssimu-
Je nach Standort des Gebäudes im topografi- und können zu einem reduzierten Energiebe- lationen oder Windkanaltests eruieren. Zur Ver-
schen Umfeld, Vegetation und Nachbargebäu- darf des Gebäudes beitragen (Abb. B 2.23). ringerung der Windgeschwindigkeiten am
den verändern sich die mikroklimatischen Vor- Generell wirkt sich Wasserrückhaltung und Gebäude können Bäume, Hecken oder Wälle
aussetzungen für das Bauen (Abb B 2.27). Die - versickerung durch erhöhte adiabate Kühlleis- beitragen, die in gewisser Entfernung gegen
Fremd- und Eigenverschattung von Flächen tung und Speicherfähigkeit mikroklimatisch die vorherrschende Windrichtung stehen (Abb.
B 2.28). Eine direkte Fassadenbegrünung
Flächenversickerung Muldenversickerung
bewirkt hingegen nur eine geringe Einsparung
von ca. 0,5 % des Heizenergiebedarfs. Sie
senkt jedoch durch erhöhte adiabate Kühlleis-
tung die Umgebungstemperatur am Gebäude,
sodass dadurch in Bezug auf die sommerliche
Überhitzungsgefahr die Behaglichkeit steigt.
Über die Druckdifferenz an Fassaden ermög-
offene Rigolenversickerung Mulden-Rigolenversickerung licht Wind eine natürliche Gebäudelüftung.
Zusätzlich ergeben sich verschiedene kons-
truktive und technische Nutzungsmöglichkeiten
für Wind, z. B. Nachtluftspülung (siehe Gebäu-
dehülle, S. 101).

Baukörpergestaltung
Auch über die Baukörpergestaltung können
punktuelle Rigolenversickerung Mulden-Rigolenversickerung Energieverluste minimiert und Energiegewinne
maximiert werden. Art und Maß der Nutzung
definieren den entsprechenden Bedarf. So las-
sen sich z. B. für den Wohnungsbau die Räume
und Nutzungen entsprechend der erwünschten
solaren Einstrahlung und ihrem Lichtbedarf
nach Himmelsrichtungen optimiert anordnen
B 2.25

68
Stadtraum und Infrastruktur

B 2.22 Abflussbeiwerte nach DIN 1986 Süd Nord Süd / West Nord / Ost
B 2.23 Wasser als Reflexionsfläche, Büro- und Werk-
stattgebäude, Weidling (A) 2002, Architekturbüro
Reinberg
B 2.24 typischer Regenwasserspeicher mit nachge-
schalteter Versickerung an einem Wohnhaus
B 2.25 schematische Darstellung verschiedener Versi-
ckerungsarten
B 2.26 Prinzipien thermischer Baukörperzonierung:
a konzentrische Anordnung
b lineare Anordnung
c geschossweise Staffelung
B 2.27 Wirkungen unterschiedlicher topografischer a b c
Lagen auf mögliche solare Energiegewinne und
-verluste infolge von Wind B 2.26
B 2.28 mikroklimatisch wirksame Elemente und ihre
Wirkung auf den Baukörper
B 2.29 bevorzugte Nutzungsanordnung im Wohnungs- Windrichtung
bau N

(Abb. B 2.29) und sinnvolle Fensterflächen-


anteile festlegen (siehe Gebäudehülle S. 90).
Mikroklimatische Faktoren können in Verbin-
dung mit Nutzungsanforderungen den Baukör-
per auf vielfältige Weise strukturieren. freie Lage geschützte Mulde, Südhang- Kuppen-
(Referenz) Lage Kaltluftsee lage lage

Grundrisszonierung Differenz der Umgebungs- ± 0°C k.A. -3 °C +2 °C -1 °C


temperatur
Nutzungszonen können sich z. B. nach Tempe- ±0%
Wärmeverluste k.A +25 % - 17 % +10 %
raturanforderungen, dem Tageslichtbedarf
Wärmeverluste ±0% -50% k.A +100 % +100 %
oder nach bevorzugten Zeiten des Aufenthalts
durch Wind
von Nutzern richten. Energetisch wirksam ist
vor allem die thermische Zonierung: Haupt- B 2.27
nutzungen werden durch vorgelagerte Puffer- Sonneneinstrahlung geringe Aufheizung
räume oder Nebennutzflächen thermisch ge-
schützt (Abb. B 2.12). Bei Gebäudetypen mit
einem hohen Wärmebedarf (z. B. Wohnungs- Verringerung der
bauten) gibt es drei prinzipielle Zonierungs- Windgeschwindigkeit
möglichkeiten (Abb. B 2.26). Verdunstung Verdunstung
Verdunstung
• konzentrische Zonierung:
Die konzentrische Zonierung ermöglicht hohe Reflexion Fassaden-
Gebäudetiefen und integriert die klimatisch begrünung
zu schützenden, thermisch stabil zu halten-
den Nutzungen in den Gebäudekern.
• lineare Zonierung:
Eine lineare Zonierung basiert auf der Orien-
Grundwasserspiegel Wasserversickerung
tierung zur Sonne. Die Räume mit dem größ-
ten Licht- und Wärmebedarf sind nach B 2.28
Süden, Osten oder Westen ausgerichtet, die
geringer oder nicht dauerhaft zu beheizen- Haushaltsräume
Vorratsräume
den nach Norden. Eingang / Treppenhaus
• geschossweise Zonierung: Abstellräume
Die geschossweise Zonierung legt die Garderobe Waschküche
Räume mit hohen thermischen Anforderun- Norden Bad und WC
gen typischerweise in den Kern eines
Schlafzimmer
Geschossstapels.

Speichermassenpositionierung
Die Vorteile einer klimatischen Zonierung kön- Wohnterrasse
nen durch eine gezielte Anordnung der Spei-
Arbeitszimmer
chermassen weiter verbessert werden (Abb.
B 2.36). Besteht bei einem Gebäude aufgrund Gästezimmer
Kinderzimmer
von wechselnden externen Lasten Überhit- Wohnzimmer
Sommer Balkon
zungsgefahr, kann die Positionierung und
Aktivierung von Speichermassen (z. B. solar Winter
Garten
beschienene Böden) Temperaturspitzen wirk- Esszimmer
sam abpuffern. Ist ein Gebäude besonders
durch interne Lasten bestimmt (z. B. Bürobau-
Sonnenschutz
ten), kann Speichermasse über Konvektion
Wäschetrockenraum
auch sekundär aktiviert werden.
B 2.29

69
Stadtraum und Infrastruktur

Anteil [%]

[m/s] Grad
100 300
Spitzenlast
260
Windrichtung
16
80
15
Mittellast
Pumpstrom 12
Steinkohle 10 Windgeschwindigkeit
60

[kW]
Erdgas 500
450 Summenleistung der 16 Anlagen
Gas
40 40
Strom 35
Braunkohle
30
Wasser Grundlast 25
20 20
Abwasser
Kernenergie 15
Straßen Wasserkraft 10
0 Einzelleistungen von 16 Anlagen
5
0 2 4 6 8 10 12 6 12 18 24 10 20 30 40 50 60
Investitionskosten in 2004 [Mrd. Euro] Uhrzeit Zeit [s]
B 2.30 B 2.31 B 2.32
Die genaue Betrachtung äußerer Einflussgrö- Mit dem Bestreben nach effizienter Energie- Andererseits könnten sie mit zunehmendem
ßen und innerer Anforderungen hilft bekannte und Ressourcenversorgung verändern sich Einsatz regenerativer Energiequellen einen Teil
Gebäudetypologien kritisch zu prüfen und auch die Rahmenbedingungen für die Infra- ihrer Versorgungsfunktion zurückgewinnen.
neue zu entwickeln. Dabei lassen sich die struktur – auf der nutzenden wie auf der versor-
grundlegenden energetischen und nutzungs- genden Seite. Dies gilt nicht allein für steigen- Netzwerke
bezogenen Erwägungen sinnfällig zusammen- de, sondern in gleichem Umfang auch für ver- Auch wenn Gebäude in Zukunft weit weniger
führen (Abb. B 2.33). ringerte Anforderungen, denn Teilauslastung Ressourcen verbrauchen sollten, werden sie
von Infrastruktur kann zu einer geringeren weiterhin in der Regel abhängig von externen
Effizienz im System führen und »überdehnte Energie- und Ressourcenzuflüssen bleiben. Die
Infrastruktur und technische Erschließung Infrastrukturen« entstehen lassen. Der Rat für dafür notwendigen technischen Netze wurden
nachhaltige Entwicklung in Deutschland kommt bisher weitgehend als gerichtete, rein versor-
Gebäude stehen nicht isoliert; sie sind während daher zu der Feststellung: gende Strukturen errichtet (Abb. B 2.31).
des Betriebs eingebunden in Netze von über- »Erforderlich ist in Zukunft ein integriertes Mit zunehmender Dezentralisierung kann die
geordneten technischen Infrastrukturen. Neben Management der technischen Infrastruktur Infrastruktur nicht mehr als eine gerichtete,
Energie verbrauchen sie Trinkwasser, erzeu- inklusive der Bestandssicherung, der Investi- baumartig verzweigte Verteilstruktur angese-
gen Abwasser sowie Müll und benötigen eine tionen und des Rückbaus sowie der sozialen hen werden (Abb. B 2.40). Erst im Zusammen-
Verkehrsanbindung. Infrastruktur von der öffentlichen Verkehrs- spiel von Angebot und Bedarf – als ungerichte-
Der Flächenanteil der technischen Infrastruktur erschließung über die (...) Grundversorgung ter Fluss – kommt der technischen Infrastruktur
an der gesamten bebauten Fläche in Deutsch- und der Pflege und Erhaltung der natürlichen wirklich die Eigenschaft eines Netzwerks zu.
land beträgt zwischen 40 und 45 %, wobei der Ressourcen.« [3] Energie und Ressourcen fließen von einem
Hauptteil durch die Verkehrserschließung Dabei zeigt sich insbesondere die Wechselbe- Hoch zu einer Senke.
belegt wird. Für ihre Instandhaltung und Ver- ziehung zwischen urbanen und ländlichen Räu-
besserung werden jährlich 10 bis 15 % des men. Einerseits ist die Erschließung ländlicher Versorgungssicherheit
Bruttoinlandprodukts investiert (Abb. 2.30). Räume durch Infrastrukturen kostenintensiv. Erneuerbare Energiequellen wie Wind und

typologischer Vergleich Einfamilienhaus Reihenhaus Mehrfamilienhaus Hochhaus Terrassenhaus


Ausrichtung: Nord-Süd
Gebäudevolumen: 4320 m3
Fensterflächenanteile:
Nord 20 %
Ost 30 %
West 30 %
Süd 50 %

A / V-Verhältnis [1/ m] 0,78 0,65 0,43 0,49 0,78


Hüllfläche gesamt [m2] 3384 2808 1848 2104 3384
Fläche gegen Außenluft [m2] 2664 2088 1608 2024 2124
Fläche gegen Erdreich [m2] 720 720 240 80 1260
solar nutzbare Dachfläche [m2] 720 720 240 80 720
Verhältnis Außenluft zu Erdreich [-] 3,7 : 1 2,9 : 1 6,7 : 1 26,3 : 1 1,7 : 1
Fensterflächenanteil [%] 23 21 27 30 20
thermische Verluste der Hülle [H t '] 0,49 0,46 0,56 0,63 0,45
spezifischer Heizwärmebedarf qh [kWh / m2 a] 72 (100 %) 60 (83 %) 48 (66 %) 56 (77 %) 66 (9 %)
Primärenergiebedarf gesamt QP [kWh / a] 168 000 (100 %) 136 000 (81 %) 113 000 (67 %) 126 000 (75 %) 146 000 (87 %)
Beleuchtung + o o + –
thermisch nutzbare Freiflächen + o o o o
spezifische energetische Aspekte hohes A /V-Verhältnis geringes A / V-Verhältnis geringstes A / V- hoher Flächenbedarf für viel erdberührte Fläche,
hoher Flächenverbrauch bei gleichbleibender Verhältnis die Gebäudetechnik, anfallendes Drainage-
Solarnutzfläche erhöhte Luftgeschwindig- wasser
keit an der Fassade
B 2.33

70
Stadtraum und Infrastruktur

Transportverluste 10 km 100 km 1000 km

B 2.30 Investitionskosten für Infrastrukturnetze in Energieform


Deutschland im Jahr 2004
B 2.31 exemplarische Lastverteilung im deutschen Strom Wind
Stromnetz über den Tagesverlauf 380 KV 0,15 % 1,5 % 15 % Wasser
B 2.32 Einzelleistung von Windkraftanlagen sowie ihre 800 KV 0,05 % 0,5 % 1,5 % Biomasse
Summenleistung als Teilkraftwerk Wärme 1 Erdwärme
B 2.33 Bautypologien und ihre energetischen Eigen- 130 °C ~3 % ~13 % – Sonne
schaften im Vergleich 70 °C ~1,5 % ~6,5 % –
B 2.34 Transportverluste innerhalb verschiedener Ener-
gienetzwerke Energieträger
B 2.35 mögliches Zusammenspiel erneuerbarer Ener-
Holz, Öl 2 0,08 % 0,8 % 8%
giequellen in einem zukünftigen Stromnetz
Gas k. A. k. A. k. A.
B 2.36 Position und Wirkung von Speichermassen im
Raum 1
a externe Lasten Wärmetransport ist stark abhängig von der Fließge-
b interne Lasten schwindigkeit; Fernwärmenetze haben Verluste bis zu
B 2.37 Energiesilo, Creuzburg (D) 2004, Planfabrik SPS, 40 %.
2
Hartmut Sommer ausgehend von Transport per LKW
B 2.34 B 2.35
Sonne sind in ihrem Aufkommen nur bedingt eignen sich daher nur für kleinräumige Lösun-
vorhersehbar. Sie reduzieren im Stromnetz den gen (z. B. Wärmenetze), wohingegen Netze mit
Bedarf an fossiler Energie, ohne jedoch selbst geringen Verlusten auch eine flächendeckende
die volle Versorgungssicherheit gewährleisten Versorgung ermöglichen (z. B. Stromnetz).
zu können. Aus diesem Grund müssen weitere Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Sonnen-
Teilversorger des Stromnetzes zur Versor- Netzen von Energieträgern (z. B. Gas) und Net- einstrahlung
gungssicherheit beitragen und die Energie- zen von Energieformen (Strom, Wärme).
einspeisung oder die Verbräuche kalkulierbar
werden. Bei der Windkraft wurden Prognose- Netze von Energieträgern
modelle für die Einspeisung entwickelt, deren Netze von Energieträgern weisen geringe ener-
Vorhersagen 24 Stunden im Voraus eine getische Verluste auf. Die reine Verfügbarma-
a
Abweichung von nur 8 bis 10 % aufweisen. chung, z. B. von Erdöl, bedarf etwa 10 % ihres
Damit lässt sich der Energieertrag besser ein- Brennwerts, wobei die Hauptverluste beim
schätzen und die zusätzlich benötigte Regel- Transport entstehen. Bei der festen Biomasse
leistung reduzieren (Abb. 2.32). liegen diese aufgrund der Vielzahl der notwen-
Die nicht regelbare Versorgung kann durch digen Aufbereitungsprozesse bei etwa 20 %,
speicherfähige Energieträger (z. B. Biogas, bio- denn Holz muss z. B. zu Hackschnitzel oder
gene Brennstoffe oder Energiespeicher) aus- Holzpellets verarbeitet, getrocknet und zum
geglichen werden (Abb. B 2.37). Die Möglich- Verbraucher transportiert werden.
keit der bedarfsgerechten Abrufbarkeit, des
Ausgleichens von Über- und Unterkapazitäten Gasnetz
wird über die Erhöhung der Speicherkapazität Das einzige, in Mitteleuropa nahezu flächen-
zu einer zentralen Aufgabe für eine zukunfts- deckende Energieträgernetz ist das Gasnetz.
sichere Energieversorgung. 2004 wurden 47,2 % aller deutschen Haushalte b
Viele Nutzungen in Gebäuden, insbesondere mit Gas beheizt. 42 Untertage-Gasspeicher, B 2.36
die Wärmeversorgung (z. B. zur Warmwasser- die entweder auf unterirdischen Hohlräumen
bereitung) und große elektrische Verbraucher (Kavernen) oder porösen aber gasdicht
(z. B. Tiefkühltruhen), könnten selbst als eine umschlossenen Gesteinsschichten basieren,
Art Speicher fungieren, da sich ihre Leistungs- ermöglichen eine Speicherkapazität von maxi-
aufnahme zeitlich stark verlagern lässt. Sie mal 75 Tagen für das Gesamtsystem.
könnten zu Spitzenzeiten abgeschaltet und bei Bisher deckt die EU ca. 60 % des Erdgasbe-
verfügbaren Überkapazitäten wieder in Betrieb darfs aus eigenen Quellen; 40 % werden impor-
genommen werden. Dazu bedarf es jedoch tiert. Der Eigenanteil wird jedoch nach Schät-
künftig einer Kopplung und Regelung von Ver- zungen bis 2020 auf 25 % sinken. Daher sind
brauch und Energieerzeugung. große Investitionen in die übergeordnete Gas-
infrastruktur geplant.
Energieinfrastruktur Das Gasnetz kann mittelfristig zur regenera-
Regional wie international gibt es unterschied- tiven Energieversorgung beitragen. Da sich
liche Angebote von Energieträgern und Ener- Erd-, Gruben-, Holz- oder Biogas in ihrem che-
gieformen. Das daraus resultierende, differen- mischen Hauptbestandteil Methan (CH4) ent-
zierte Energieangebot ermöglicht in Zukunft sprechen, kann ähnlich wie beim Stromnetz ein
eine stärkere Vernetzung der einzelnen Ener- Verbund verschiedener Einspeiser entstehen.
gieteilsysteme (Abb. B 2.35). Je nach Quelle unterscheiden sich die weiteren
Energieverlagerung und -verteilung erzeugt Bestandteile des Gases – insbesondere in
Verluste, die sich über den Primärenergiefaktor Bezug auf Feuchtesättigung und Schwefelwas-
quantifizieren lassen (siehe Technik, S. 114). serstoffanteil (H2S). Da beide zur Korrosion der
Dieser beschreibt als gebündelter Wert den Leitungen führen, muss das »Rohgas« vor der
Teil der Energieverluste, die außerhalb des Einspeisung in »Produktgas« umgewandelt
Gebäudes in der gesamten »Vorkette« entste- werden. Erste Versuchsanlagen zur Einspei-
hen (Abb. B 2.34). Netze mit hohen Verlusten sung von Bio- und Holzgas sind in Betrieb. Als
B 2.37

71
Stadtraum und Infrastruktur
Gestehungskosten [ct / kWh]

16

12 100 %

26% 49%
8 27 % Strom
75 %
4

0 a 55 % Fernwärme

-4

-8
100 % 34% 53%
Biogas Biogas Biogas Biogas Biogas Biogas
Gülle Gülle Gülle NaWaRo NaWaRo NaWaRo 87 %
3
50 m / h 3
250 m /h 3
500 m /h 3
50 m / h 3
250 m / h 500 m3 / h 35 % Strom
Biogas (Substrat) Aufbereitungskosten DWW-Verfahren Einspeisung und Durchleitung
Biogas (Konversion) Bilanzkosten bei Brennstoffnutzung im BHKW inkl. Förderungsmittel in Dtschl. b 55 % Nahwärme
B 2.38 B 2.39
Kraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) R = I / U. Erhöht man die Spannung und verrin- Eine längere Speicherung erfolgt zumeist durch
sind Biogasanlagen über die Einspeisevergü- gert die Stromstärke, lässt sich dieselbe Leis- Pumpspeicherwerke (siehe Technik, S. 145).
tung des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) tung (P = I•U) bei reduziertem Widerstand über- Zur weiträumigen Verteilung auf europäischer
in Deutschland heute schon wirtschaftlich ein- tragen. Daher nutzt man hohe Spannungen für Ebene ist das 380- kV-Netz ausgebaut. Auf
setzbar (Abb. B 2.38). die Energieübertragung, niedrige Spannungen 100 km Leitung gehen etwa 1,5 % der trans-
werden für die sichere Energienutzung verwen- portierten Leistung verloren. Hochspannungs-
Netze von Energieformen det. An den Übergängen in die Verteilebenen Gleichstrom-Übertragungsnetze (HGÜ / HVDC)
Einmal erzeugt, lassen sich Energieformen im sind Umspannwerke erforderlich, die einen mit einer Stromspannung von 800 kV ermögli-
Gegensatz zu Energieträgern nur mit hohem erheblichen Flächenbedarf haben (Abb. chen geringere induzierte Ströme, weniger Ver-
Aufwand speichern. Daher sind Netze von B 2.40). Sie wandeln die elektrische Wechsel- luste (0,5 % Leistungsverlust auf 100 km) und
Energieformen gegenüber Energieträger stärker spannung mit Transformatoren um, wobei einen sinkenden Materialaufwand. Sie sind
durch die Notwendigkeit einer bedarfsgerech- erhöhte elektromagnetische Belastungen des Bestandteil einer geplanten Stromversorgung
ten Erzeugung von Energie geprägt. Die Tech- Umfelds entstehen. Auch durch Leitungsverlus- auch über die europäischen Grenzen hinaus
nologie der Kraft-Wärme-Kopplung erzwingt te werden elektromagnetische Wellen emittiert. (Abb. B 2.35).
dabei zusätzlich eine verknüpfte Betrachtung In Deutschland gilt nach DIN VDE 0848 der Der Trend hin zur dezentralen Stromerzeugung
von Strom- und Wärmebedarf (Abb B 2.39). ebenso durch die World Health Organisation bedeutet nach einer Studie der Deutschen
Strom eignet sich aufgrund vergleichsweise (WHO) empfohlene Maximalwert von 5 kV / m. Energieagentur (dena) einen vernachlässig-
geringer Verluste über größere Strecken zum Ein durch Baubiologen empfohlener optimierter baren zusätzlichen Leitungsbedarf in Deutsch-
großräumigen Verteilen von Energie. Wärme Wert von 2,5 kV / m bedeutet bei einer Nenn- land [4]. Durch die Anzahl der einspeisenden
hingegen hat hohe Leitungsverluste, kann spannungsoberleitung von 380 kV einen Min- Teilnehmer steigt jedoch der Bedarf an Rege-
jedoch den Wärmebedarf von Gebäuden mit destgebäudeabstand von 30 bis 60 m. Masse lung. Mittelfristig benötigt das Stromnetz einen
kostengünstiger Gebäudetechnik decken. verringert die Wirkung elektromagnetischer zusätzlichen Informationskanal, dessen Einsatz
Felder. Mittlerweile werden in Deutschland ca. in den »Grid Codes«, den Regeln eines Netz-
Stromnetz 71 % aller Netzleitungen unterirdisch geführt – werks, niedergelegt werden sollte. Ist dieser
Das Stromnetz besteht aus hierarchisch gestaf- mit steigender Tendenz. Kanal installiert, kann sich die Regelung mittel-
felten Verteilungsebenen, die sich zum Ver- Das Stromnetz besitzt nur geringe Speicherka- fristig so weit entwickeln, dass auch einzelne
braucher hin kaskadenartig verzweigen (Abb. pazitäten. Für Spitzenlasten werden zusätzliche Verbraucher (z. B. Waschmaschinen) über ein
B 2.40). Die Länge aller öffentlichen Stromlei- Kraftwerke bereitgehalten, deren Leistung bei »peer-to-peer-Netzwerk« ihren Bedarf anzei-
tungen in Deutschland beträgt etwa 1,6 Millio- Bedarf abgerufen werden kann. Bei kurzfris- gen und über dieses gesteuert ihren Betrieb
nen km. tigen Spannungsschwankungen oder zur aufnehmen.
Verluste entstehen infolge des Widerstands (R) dezentralen Aufrechterhaltung der Netzspan-
der elektrischen Leiter, der abhängig von der nung (< 1 Minute) eignen sich Schwungräder, Fern- und Nahwärmenetze
Stromstärke (I) und der Stromspannung (U) ist: wie z. B. die Rotoren von Windkraftanlagen. Im Jahr 2005 lag der Anteil der Wärmenetzver-

Höchstspannungsebene Haushalte
Kraftwerk Nichtwohngebäude 6%
220 / 380 kV Industrie
ca. 36 000 km
Hochspannungsebene
110 kV
ca. 75 000 km Ballungs- 50 % 44 %
Industrie Eisenbahn Regionen
zentren

Mittelspannungsebene
10 / 20 kV
ca. 490 000 km Industrie Gewerbe Städte Orte

angeschlossene Wärmeleistung
Niederspannungsebene
Jahr 2000 2001 2002 2003 2004 2005
230 / 400 V
[kWh] 53 606 51 649 52 162 52 112 52 264 52 729
> 1 000 000 km
Umspannwerk Haushalte Wohnhaus Gewerbe Industrie Verwaltung
B 2.40 B 2.41

72
Stadtraum und Infrastruktur

B 2.38 Gestehungskosten für die Produktion von Biogas Fernwärmenetz Basel


über unterschiedliche Technologien im Jahr
Netzlänge: 198,2 km
2006
Wärmeproduktion: 100340 Mio. kWh/a
B 2.39 Vergleich dezentraler und zentraler Energie-
Netzverlust: 10%
versorgung über Kraft-Wärme-Kopplung
Vorlauftemperatur: 170°C
a zentrales Heizkraftwerk
Spitzenleistung: 309 MW •
b dezentrales Blockheizkraftwerk
Anschlussstellen: Krankenhäuser, •
B 2.40 kaskadenartiges Modell des Stromnetzes mit
öffentliche Gebäude,
Leitungslängen (D)
Industrie-und
B 2.41 Leistung und Nutzung der Fernwärmeversor-
Gewerbebauten,
gung in Deutschland
ca. 40000 Wohneinheiten
B 2.42 Schema eines Fernwärmenetzes am Beispiel von
Basel (CH) im Jahr 2004
B 2.43 Nutzungspotenzial für Nah- und Fernwärmenetze
bis in das Jahr 2020
B 2.44 Schema eines Nahwärmenetzes am Beispiel der
Papierfabrik Salach (D) im Jahr 2004 •
• Heizkraftwerk 0 1 km
B 2.42
sorgung bei der Beheizung von Wohngebäu- sowohl auf die Dimension des Netzes als auch speicher erfolgen. Bei hohem und gleichmäßi-
den in Deutschland bei 14 %, die Leitungs- auf die Art der Energieerzeugung, d. h. zentral gem Warmwasserbedarf wie bei Mehrfamilien-
länge betrug ca. 50 000 km (Abb. B 2.41). oder dezentral. Bei der dezentralen Erzeugung häusern, Hotels, Wohnheimen, Krankenhäusern
Wärmenetze bestehen nur örtlich, sind nicht von Biogas wird deutlich, wo die sinnvolle oder Wohnsiedlungen ab 30 Wohneinheiten
weiträumig ausgebaut oder miteinander ver- Grenze zwischen Gas- und Wärmenetzen liegt eignen sich Systeme mit Kurzzeitwärmespei-
bunden. 84 % der Energie aus Wärmenetzen (Abb. B 2.50). cher. Ähnlich wie bei der klassischen Trinkwas-
wird durch Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) Wärmenetze sind deshalb besonders bei serbereitung wird die Wärme dabei in Warm-
erzeugt. Verschiedene Studien zur künftigen hohen Energieabnahmen im zu versorgenden wasserspeichern vorgehalten. Die Anlagen
Energieversorgung gehen von einer Zunahme Gebiet interessant. Die nicht universell einsetz- werden heute zumeist auf einen Deckungs-
der effizienteren dezentralen Stromerzeugung bare Energieform Wärme reduziert dabei das anteil von ca. 50 % optimiert. Auf den EnEV-
auf KWK-Basis aus (Abb. B 2.43). Die dauer- Abnehmerpotenzial und dient hauptsächlich Standard bezogen, kann so bei Wohnge-
hafte Produktion von Strom erzeugt konstant zur Gebäudebeheizung, in Einzelfällen auch bäuden ca. 20 % des Primärenergiebedarfs
Wärme als »Abfallprodukt« der Stromerzeu- zur Gebäudekühlung (Abb. B 2.41). Sinkende gedeckt werden (Abb B 2.48).
gung (Abb. B 2.39). Energiebedarfe durch bessere thermische Hül- Bei solar unterstützten Anlagen mit Langzeit-
Die Energieverluste eines Wärmenetzes sind len verringern das Absatzpotenzial. Gleichzei- wärmespeicher werden Wasser oder Erdreich
abhängig von der Länge des Netzes und sei- tig stehen für das Wärmeaufkommen im Som- verwendet (Abb. B 2.47). Sie verfügen über ein
ner Betriebstemperatur. Je geringer die Tem- mer oft keine entsprechenden Abnehmer zur Deckungspotenzial von 40 bis 60 % des Pri-
peratur des Trägermediums, desto geringer Verfügung. Viele Netze benötigen daher eine märenergiebedarfs und eignen sich aufgrund
sind auch die thermischen Verluste dieses Verdichtung der Versorgungsstruktur und eine des höheren technischen Aufwands erst ab
Systems. Gleichzeitig sinkt jedoch auch die Kopplung an neue Energiebezieher. Zur Regu- 100 bis 250 Wohneinheiten (Abb B. 2.46; siehe
maximal übertragbare Energiemenge bzw. die lierung des Wärmebedarfs über den Jahresver- auch Technik, S. 124).
Pumpleistung im System muss erhöht werden. lauf bieten sich Möglichkeiten wie die Integra-
Daher werden viele Wärmenetze mit hoher tion von industriellen Abnehmern zur Abnahme Kältenetze
Temperatur (> 100 °C) betrieben, wobei die von Prozesswärme und die verstärkte Kältever- Kältenetze besitzen im Verhältnis zu Wärmenet-
Energieträger zumeist Wasser oder Wasser- sorgung über Sorptionskältemaschinen, z. B. zen geringere Verluste, da ihre Betriebstempe-
dampf sind. Die maximale Transportlänge vom durch verbilligte Tarife für die Abnahme von ratur meist eine geringere Temperaturdifferenz
Erzeuger zum am weitesten gelegenen Ver- Wärme im Sommer (siehe Technik, S. 130). zur Umgebungstemperatur aufweist. Die mittle-
braucher beträgt selten mehr als 20 km. ren Leistungsbedarfe von Kälte sind bei vielen
Dennoch können Fernwärmenetze system- Solar unterstützte Nahwärmenetze Gebäuden geringer als die von Wärme. Aus-
bedingt Verluste von bis zu 40 % aufweisen. Die Speisung von Nahwärmenetzen kann nahmen stellen z. B. bestimmte Produktions-
Dabei besteht terminologisch keine klare Tren- neben der Wärmeerzeugung durch Verfeue- stätten, Laborgebäude oder Einkaufszentren
nung zwischen Nah- und Fernwärme (Abb. rung von Brennstoffen auch durch solar unter- dar. Bisher entstanden nur wenige öffentliche
B 2.42 und 44). Die Begriffe beziehen sich stützte Anlagen mit Kurz- oder Langzeitwärme- Kältenetze, z. B. in Chemnitz (Abb B 2.45). Ihre
Papierfabrik Salach
Nutzenergiebedarf (Nah- / Fernwärme) [PJ / a]

450
400 Netzlänge: 1,35 km (inkl. Hausanschlussleitungen)
Wärmeproduktion: k.A.
350 Netzverlust: k.A.
Vorlauftemperatur: 70 –90°C •
300 Spitzenleistung: ca. 1 MW, 610 kW Papierfabrik
251,1 245,0 Anschlussstellen: ca. 150 Wohneinheiten
250 168,2 ( Endausbau 2010)

200
27,2
150 41,9 41,3 40,9 39,6

100

50
134,8 127,7 124,8 122,7 118,9 •
0
2000 2005 2010 2015 2020
Bestand Anschlussverdichtung Netzerweiterung • Wärmequelle 0 50 m
B 2.43 B 2.44

73
Stadtraum und Infrastruktur

Wasser Nieder-
temperatur- thermischer
Strom, Kühlturm wärme Energiespeicher
Hilfsenergie Absorptions-
kältemaschinen
Kaltwasser-Tank-
Abwärme speicher

Wärme
Fernwärmenetz Abwärme Fernkältenetz
Kühlenergie

Strom, Kompressions-
Braunkohle Hilfsenergie kältemaschinen
Heizkraftwerk

Kraft-Wärme-Kopplung zentrale Kälteerzeugung Fernkälte

B 2.45
Langzeitspeicher-Dimensionierung
bisherige Leitungslänge beträgt in Deutschland und Abwassermengen sollten daher durch
Heißwasser-Wärmespeicher 43 km [5]. Kältenetze funktionieren entweder geeignete bauliche und technische Maßnah-
• 1,5 – 2,25 m3 pro m2 Kollektorfläche als abgeschlossenes System oder als Sekun- men (z. B. wassersparende Amaturen)
Kies / Wasser-Wärmespeicher därnetz von Wärmenetzen. Sorptionskältema- begrenzt werden. Zusätzlich empfiehlt sich
• 2,5 – 4,0 m3 pro m2 Kollektorfläche schinen verknüpfen dabei die Energieerzeu- vielerorts die Nutzung von Regen- und Grau-
Erdsonden-Wärmespeicher gung von Wärme und Kälte. Sie ermöglichen wasser (einmal genutztes, nicht stark ver-
mittelfristig nicht nur hohe Effizienz in Kälte-, schmutztes Wasser).
• 8,0 – 10,0 m3 pro m2 Kollektorfläche
• Sondenabstand: 1,5 – 2,5 m, in Fels bis zu 3 m sondern auch in Wärmenetzen.
• Sondentiefe: 20 – 80 m Innerhalb der Netze können kurzzeitig hohe Wasseraufbereitung
Aquifer-Wärmespeicher Wärmelasten auftreten – z. B. bei Großveran- Der Trinkwasserverbrauch pro Kopf ist in den
staltungen –, die eine entsprechend starke letzten Jahren durch wassersparende Techno-
4,0 – 6,0 m3 pro m2 Kollektorfläche
B 2.46 Dimensionierung der Anlagentechnik voraus- logien sowie ein verändertes Nutzerverhalten
setzen. Die Integration von Kältespeichern im in Deutschland stetig gesunken, differiert lokal
Nahwärmenetz-Dimensionierung mit Langzeitspeicher
System reduziert diese Anforderungen deutlich aber deutlich. Auch international gibt es große
und kann zu einer besseren Auslastung der Unterschiede (Abb. B 2.51). Lag der tägliche
Mindestanzahl Wohneinheiten
Kältemaschinen beitragen. Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland im Jahr
• ca. 200 – 500 WE mit je 70 m2 Wohnfläche bzw. 1990 noch bei 147 l, wurden 2005 täglich nur
100 – 120 Einfamilienhäuser
Wasser noch 128 l Wasser genutzt.
Kollektorfläche Obwohl die Erdoberfläche zu ca. zwei Dritteln Rohwasser kann aus Grund-, Quell- und Ober-
• 0,14 – 0,20 m2 Kollektorfläche pro m 2 Wohnfläche von Wasser bedeckt ist, ist dieser Grundstoff flächenwasser, durch Auffangen von Nieder-
• 1,25 – 2,5 m2 Kollektorfläche pro MWh Jahresgesamt-
des Lebens eine wertvolle und als Trinkwasser schlag (z. B. Zisternen) oder in küstennahen
wärmebedarf (kleinere Werte gelten für sonnenreiche
Standorte und hocheffiziente Kollektoren) von Knappheit bedrohte Ressource. Gleichzei- Trockengebieten auch durch Meerwasserent-
• jährlicher solarer Energieertrag: 300 – 450 kWh / m2 a tig ist Wasser im Klimasystem ein entscheiden- salzung gewonnen werden. Zur Qualitätssiche-
Speichervolumen (Wasseräquivalent) der Energieträger. rung sind spezielle Grundwasserschutzgebiete
Das humide Klima mitteleuropäischer Breiten ausgewiesen. In Deutschland wird zur Trink-
• 1,5 – 2,25 m3 pro m2 Kollektorfläche (kleinere Werte
gelten für ein größeres Verhältnis zwischen Solar- bietet die Möglichkeit, Oberflächen- oder wassergewinnung am häufigsten Grundwasser
energieangebot und Heizwärmebedarf) Grundwasservorräte anzureichern und Trink- genutzt (65 %), gefolgt von Uferfiltrat, das aus
• Der Speichertyp hängt in erster Linie von den örtlichen wasser bereitzustellen – entsprechende Rah- Grund- und Oberflächenwasser besteht. Der
Gegebenheiten, insbesondere von den lokalen geolo- menbedingungen sind jedoch nicht überall sandige Uferbereich befördert die mechani-
gischen und hydrologischen Verhältnissen ab.
gegeben. Eine überhöhte Wasserentnahme sche Vorreinigung des Wassers.
solarer Deckungsanteil führt zu einer Absenkung des Grundwasser- Um aus Rohwasser Trinkwasser zu erzeugen,
• ca. 40 – 50 % am Jahreswärmebedarf spiegels, was lokale Ökosysteme erheblich wird es gemäß DIN 2000 zentral gereinigt und
• bis ca. 60 % bei Niedrigenergiehäusern
beeinträchtigen kann. Trinkwasserverbrauch sterilisiert, ggf. werden auch gelöste Ionen
B 2.47
Grauwasser
Toiletten-
(z.B. Wasch-, Dusch-,
Nahwärmenetz-Dimensionierung mit Kurzzeitspeicher spülung
Badewannenwasser)
Kollektorfläche
• 0,7 –1,0 m2 Kollektorfläche pro Person (ca. 0,02 – 0,03 m2
Kollektorfläche pro m2 Wohnfläche) Abmessungen h•b•t
• 0,4 – 0,5 m2 Kollektorfläche pro Person für solare [m] 1,5 • 1,1 • 0,6 UV-Licht
Vorwärmanlagen (solarer Deckungsanteil 25 – 40 %)
• jährlicher solarer Energieertrag: 300 – 450 kWh / m2 a Gewicht ca. 130 kg
Kapazität insgesamt Überlauf
Speichervolumen Trinkwasser-
500 l
• 0,05 – 0,06 m3 pro m2 Kollektorfläche (Flachkollektor) nachspeisung
• 0,06 – 0,08 m3 pro m2 Kollektorfläche (Vakuumröhren- Druck [bar] max. 4,7
kollektor) min. 1,7

solarer Deckungsanteil Netzanschluss 230 V / 50 Hz

• ca. 50 – 60 % am Energiebedarf zur TWW- Bereitung max. Leistung 1 kW


Druckluft
• ca. 10 –15 % am Jahreswärmebedarf, bis ca. 20 % bei Strom- 0,6 kWh / d
Niedrigenergiehäusern verbrauch Abwasserkanal

B 2.48 B 2.49

74
Stadtraum und Infrastruktur

B 2.45 Schema eines Kältenetzes am Beispiel von Entfernung effizienteste Transportart Land Trinkwasserverbrauch
Chemnitz (D) von Energie aus Biogas pro Kopf und Tag
B 2.46 überschlägige Dimensionierung verschiedener [l]
Langzeitwärmespeicher
bis 1,5 km Nahwärmenetz Grundbedarf nach WHO 50
B 2.47 überschlägige Auslegung von solar unterstützten
Nahwärmenetzen mit Langzeitspeichern ab 1,5 km eigene Gasleitung Europa
B 2.48 überschlägige Auslegung von solar unterstützten über 5 km Gasaufbereitung, Einspeisung Belgien 122
Nahwärmenetzen mit Kurzzeitspeichern in das Gasnetz Deutschland 128
B 2.49 schematische Darstellung einer Grauwasser-
nutzungsanlage Österreich 145
B 2.50 alternative Lösungen für den Transport gewon- Frankreich 151
nener Energie aus Biogas nach Entfernung Schweden 188
B 2.51 Trinkwasserverbrauch pro Kopf und Tag im Jahr Italien 213
2005
Schweiz 237
B 2.52 Nutzungsmöglichkeiten verschiedener Gebäude-
wasserströme Indien 25
Japan 278
USA 295

B 2.50 B 2.51
(z. B. Eisen oder Salze) entfernt oder ergänzt. Grauwasser nutzt man insbesondere für die regen kann der Volumenstrom das 100-fache
Die Einstellung von pH-Wert und Leitfähigkeit Toilettenspülung. Da der tägliche Wasserver- der Schmutzwassermenge bei Trockenheit
sowie die Zugabe von Chlor bedingen sich brauch zum Baden und Duschen etwa dem ausmachen. Selten sind Kanalisationen und
neben der zu erreichenden Wasserqualität Wasserverbrauch zur Toilettenspülung ent- Kläranlagen in der Lage, solche großen Was-
auch durch die Qualität des vorhandenen spricht, kann der Wasserbedarf damit um ca. sermengen zu bewältigen, was dazu führen
Rohrleitungsnetzes. 30 % reduziert werden. Grauwasseranlagen fil- kann, dass das Abwasser dann nicht richtig
Um den Druck innerhalb des Leitungssystems tern und reinigen das Wasser, zusätzlich wird gereinigt wird. Deshalb wird in der Regel
aufrechterhalten zu können, werden Hochbe- es durch UV-Lichtbehandlung entkeimt. Die das so genannte Trennsystem genutzt, das
hälter, Pump- und Druckerhöhungsstationen Anlagen benötigen ein eigenes Grauwasserlei- Schmutz- und Regenwasser in zwei getrennten
genutzt, die wiederum einen hohen finanziellen tungsnetz innerhalb des Gebäudes und einen Rohrsystemen führt (Abb. B 2.72). Dadurch
und technischen Aufwand für Bau und Instand- Grauwasserspeicher (Abb. B 2.49). wird eine knappere Dimensionierung der Rohr-
haltung nach sich ziehen. Die Betreiber haben Neuartig sind technische Lösungen, die über leitungen möglich und der Betrieb von Kläran-
dabei einen ständigen Wasserdurchfluss im die Stoffstromanalyse nutzbare Teilströme des lagen optimiert.
Netz zu gewährleisten. Jedes Wassernetzwerk Wassers isolieren. Möglich ist etwa die Nut-
weist Undichtigkeiten auf; innerhalb der EU zung des Regenwassers innerhalb der Gebäu- Abwasserbehandlung
betragen die Verluste in der Wasserversor- detechnik, z. B. zur Kühlung, wobei ebenso Um das Abwasser zu reinigen, unterscheidet
gung zwischen 8 % in Deutschland und 27 % Low-Tech-Lösungen für offene Wasserflächen man drei Reinigungsstufen:
in Italien [6]. als auch High-Tech-Nutzungen für Klimaanla-
gen verfügbar sind. Ebenso auf der Stoffstrom- • mechanische Reinigung (erste Reinigungs-
Abwassernutzung betrachtung basieren Vakuumtoiletten, die stufe): Große Verunreinigungen werden
Um Wasser als vorhandene Ressource effi- konzentriertes Schwarzwasser sammeln – ggf. durch Rechen entfernt; im Sandfang und Vor-
zient nutzen zu können, kann es für einzelne getrennt in Braun- und Gelbwasser –, es in klärbecken lagern sich durch Verringerung
Bedarfe mehrfach verwendet werden (Abb. B Tanks speichern und als Rohstoff für weitere der Fließgeschwindigkeit zunächst schwere,
2.52). Aus Regenwasser kann z. B. zunächst Nutzungen bereitstellen (Abb. B 2.52). Damit später auch leichte Schwebstoffe ab.
Grauwasser und später Schwarzwasser (fäkal- wird auch Upcycling möglich. Solche Systeme • biologische Reinigung (zweite Reinigungs-
haltiges Wasser) werden, was einem verlang- können Gebäude nahezu oder sogar vollstän- stufe): Das Wasser wird zur Stickstoffelimi-
samten Downcycling-Prozess entspricht. dig abwasserlos gestalten. nation mit Mikroorganismen in Verbindung
Regenwasser eignet sich z. B. zur Toiletten- gebracht, die aufgrund des hohen Nährstoff-
spülung, zur Gartenpflege, aber auch als tech- Abwasserabführung angebots wachsen und selbst Schwebstoffe
nisches Betriebsmittel zu Kühlzwecken. Die Erfolgt der Abwassertransport durch eine bilden. Das Belebtschlammverfahren benö-
vor der Nutzung notwendige Filterung kann »Mischkanalisation«, werden alle Abwässer tigt dazu viel Sauerstoff. Der entstehende
durch eine Flächenbegrünung der Regenwas- in einem Kanalsystem gesammelt und der Klärschlamm wird im Nachgang wieder
sersammelflächen unterstützt werden. Abwasserbehandlung zugeführt. Bei Stark- mechanisch entfernt.
Stoffstrom Aufbereitung Nutzungsmöglichkeiten Weiternutzung

Regenwasser einfache Filtration (Kiesschicht) Bewässerung Grundwasserergänzung


Filtration Kühlung (technisches Betriebsmittel) –
Dusche, Waschmaschine Grauwasser
Toilettenspülung Gelb- und Schwarzwasser
biologische Aufbereitung Wasserversorgung
Grauwasser Sterilisierung Waschmaschine Grauwasser
Toilettenspülung Gelb- und Schwarzwasser
Filtration, biologische Aufbereitung Bewässerung Grundwasserergänzung
biologische Aufbereitung Wasserversorgung
Gelbwasser Sterilisierung durch Speicherung und Trocknung Düngerproduktion
Speicherung Rohstoff chemische Industrie
Schwarzwasser anaerobe Gärung Biogasproduktion Humus- und Düngerproduktion
Küchen- und Bioabfälle Kompostierung Humus- und Düngerproduktion
B 2.52

75
Stadtraum und Infrastruktur

mechanische Reinigung biologische Reinigung


Mechanische und biologische Reinigung
Rechen Sandfang Vorklärbecken Belüftungsbecken Nachklärbecken Faulturm
ermöglichen den Entzug von etwa 90 % der
biologisch abbaubaren Verschmutzungen
Biogas des Abwassers (Abb. B 2.53).
• chemische Reinigung (dritte Reinigungs-
Trocknung stufe): Eine nur selten eingesetzte dritte
Zulauf Reinigungsstufe kann über verschiedene,
energetisch wie ressourcentechnisch auf-
wendige Verfahren nahezu jede gewünschte
Ablauf
Impfschlamm Chemikalie aus dem Abwasser entfernen.
Faulturm
Abwasserbehandlungsanlagen haben einen
Input Mikroorganismen, Flächenbedarf von 0,5 bis 2 m2 pro Einwohner
Sauerstoff (Abb B 2.57). Ein reduzierter Wasserverbrauch
Output Sand Klärschlamm Klärschlamm Biogas Biomasse in Verbindung mit der Verringerung von Haus-
haltsgrößen und der Erhöhung der Wohnfläche
B 2.53 pro Person senkt den Abwasserstrom.
Dadurch entstehende Rückstände führen zu
Durchströmungsproblemen und steigenden
Wartungs- und Reinigungsstückkosten für zen-
trale Abwasseranlagen. Die Kosten für die
Abwasseraufbereitung über großtechnische
Anlagen übersteigen in Deutschland die Trink-
Zulauf wasseraufbereitungskosten deutlich. Mit
Zulauf
4400 GWh / a verbrauchen Abwasseranlagen
sogar mehr Energie als alle deutschen Schu-
len zusammen [7]. Der Energieaufwand ent-
steht insbesondere durch die notwendige
Belüftung, Umwälzung und den Transport des
zu reinigenden Wassers. Die biologische Rei-
Zulauf
nigungsstufe erzeugt dabei zwei Drittel des
Flächenaufwands einer Abwasseraufberei-
tungsanlage.
Ablauf Ablauf O2 Ablauf
Wegen der hohen Kosten solcher zentralen
Anlagen bietet sich als Alternative die dezen-
trale Abwasserbehandlung an. Für die biolo-
Tropfkörperverfahren Tauchkörperverfahren Membranfilterverfahren
gische Reinigung stehen neben dem auch
B 2.54 großtechnisch eingesetzten Belebtschlamm-
verfahren folgende weitere Verfahren zur Ver-
fügung (Abb. B 2.54):

• Beim Tropfkörperverfahren wird das Abwas-


Vorreinigung Reinigung durch Wurzelraumentsorgung
ser über Füllkörper aus Kunststoff oder
mineralischem Material verrieselt. Die reini-
geeignete Pflanzen
z.B. Rohrkolben, Flatterbinse, Schwertlilie, Schilf, Flechtbinse genden Mikroorganismen befinden sich auf
der vergrößerten Oberfläche der Füllkörper,
die gleichzeitig eine gute Belüftung gewähr-
leisten.
Mehrkammer- Pumpen- Stau- und
ausfaulgrube schacht Kontroll- • Beim Tauchkörperverfahren befindet sich ein
schacht Tauchkörper immer zur Hälfte im zu reinigen-
den Abwasserstrom, die Sauerstoffzufuhr für
die Mikroorganismen erfolgt durch dauerhaf-
Sand und Kies te Rotation.
Zulauf grober Kies bzw. bindiger Boden Abdichtung Gefälle 2% Ablauf • Als kleinräumige Variante des Belebt-
schlammverfahrens bedarf das Membran-
B 2.55
filterverfahren im Gegensatz zu anderen
Techniken keiner Nachklärung. Die Reini-
gung der Membran erfolgt durch Rotation,
Spülung und aufsteigende Luftbläschen.
Mehrkammer- Pumpen- Stau- und
ausfaulgrube schacht Kontroll- Oft werden heute biologische Reinigungsver-
schacht
fahren bevorzugt, mit denen das Abwasser in
Abwasserteichen oder Pflanzenkläranlagen
nach DIN 4261 naturnah geklärt wird. Die
meist kleineren Anlagen eignen sich insbeson-
Zulauf grober Kies Abdichtung Gefälle 2% Ablauf dere für häusliche oder vergleichbare Abwäs-
ser bei einem typischen Einsatzgebiet bis ca.
B 2.56

76
Stadtraum und Infrastruktur

B 2.53 Funktionsschema einer klassischen Kläranlage


mit mechanischer und biologischer Reinigungs-
stufe
B 2.54 schematische Darstellung alternativer Belüf-
tungstechniken biologischer Klärstufen
B 2.55 Funktionsschema einer horizontalen Pflanzen-
kläranlage
B 2.56 Funktionsschema einer vertikalen Pflanzenklär-
anlage
B 2.57 Luftbild einer Kläranlage im Ruhrgebiet
B 2.58 funktionell gestalteter Eingangsbereich mit Müll-
sammelstation, Siedlung Ochsenanger, Bam-
berg (D) 2000, Melchior Eckey Rommel
B 2.59 Ablagerungsquoten verschiedener Abfallarten
in Deutschland
B 2.60 ökologische Bewertung und Prognose der Ent-
wicklung der Abfallwirtschaft in Deutschland
B 2.61 Stoffströme und ihre Weiternutzung innerhalb
der Abfallwirtschaft

B 2.57 B 2.58
200 Einwohner. Die Klärung kann dabei hori- fährdende Stoffe (wie schwermetallhaltige Bat- und Gestaltung des Abfallplatzes als Kriterium
zontal wie vertikal erfolgen. terien oder Farben und Lacke) entzogen wer- herangezogen (Abb. B. 2.58). Einzelne Nut-
Bei einer horizontalen Pflanzenkläranlage wer- den. zungen können spezielle Abfallströme generie-
den bei 60 bis 80 cm tiefen Beeten 3 bis10 m2 Die getrennte Sammlung ermöglicht schon bei ren, die differenzierte Maßnahmen erfordern
pro Person für die Klärung benötigt, je nach- der abfallproduzierenden Stelle die Trennung (z. B. Gastronomie).
dem, ob nur Grauwasser oder das gesamte von Stoffströmen. Allerdings sind einzelne
Abwasser geklärt werden soll (Abb. B 2.55). Stoffströme anfällig für Verunreinigungen, die Abfallbehandlung
Die vertikale Pflanzenkläranlage erreicht eine durch Nachsortierung entfernt werden müs- Belastungen des Klimas entstehen vor allem
höhere wirksame Tiefe von 80 bis 120 cm sen, wodurch ein zusätzlicher Energiebedarf durch die anaerobe Zersetzung biologischer
bei gleichmäßigerer Volumenauslastung und für den Transport entsteht. Ob eine zentrale Anteile des abgelagerten Abfalls, bei der kli-
reduziert den Flächenbedarf. Dabei sind zwi- mechanische Sortierung oder eine lokale maschädliches Deponie- bzw. Methangas ent-
schen 1,5 und 5 m2 pro Person erforderlich Vorsortierung die energetisch vorteilhaftere steht. Dieses lässt sich jedoch sammeln und in
(Abb. B 2.56). Lösung darstellt, ist ortsabhängig. Blockheizkraftwerken energetisch nutzen.
Durch eine leicht zugängliche Lage und eine Um die Methanproduktion von Deponien zu
Abfälle aus Betrieb und Nutzung gute Gestaltung von Abfallsammelplätzen sind reduzieren, ist seit 2005 eine Behandlung des
Abfall gilt als Rohstoff. Daher ist eine möglichst die Funktionsfähigkeit und das Nutzerverhalten Mülls in Deutschland zwingend vorgeschrie-
hohe Recyclingquote erstrebenswert. Nach entscheidend beeinflussbar. ben: Die biologisch-mechanische Vorbehand-
dem Kreislaufwirtschaftsgesetz sollte Abfall Die Abfallsammlung im öffentlichen Raum eig- lung, auch »Kaltes Verfahren« genannt, bear-
möglichst verwertet, nur wenn unumgänglich net sich für hochwertige, masseintensive oder beitet den Abfall zunächst mechanisch, wobei
eine Beseitigung in Betracht gezogen werden. gesundheitlich bedenkliche Abfälle. Getrennte weiter verwendbare Rohstoffe abgetrennt wer-
Schon heute wird ein Großteil der in Deutsch- Sammelsysteme gibt es z. B. für Papier, Glas, den (Abb. B. 2.61). Die Mechanismen der Sor-
land anfallenden Abfälle recycelt; die Ablage- Biomasse, Kunststoffe, Textilien, Metalle, Elek- tierungsanlagen basieren z. B. auf Größe,
rungsquoten sind, bis auf Bauabfälle, stark trogeräte oder Altöl. Die Sammelstellen lassen Farbe, Magnetismus oder Gewicht des zu
rückläufig (Abb. B 2.59). Energetisch bietet sich ober- oder unterirdisch anordnen. Unterir- behandelnden Abfalls (Abb. B. 2.62). Die bio-
insbesondere die stoffliche Verwertung – Wie- dische Sammelstellen sind zwar teurer, dafür logischen Restmassen können kompostiert
der-, Weiterverwendung oder Wiederverwer- aber besser zu integrieren und verringern den oder wie Klärschlamm anaerob vergoren wer-
tung – das größte Einsparungspotenzial (siehe Flächenverbrauch. Andererseits besteht eine den, wobei zugleich eine Hygienisierung der
Material, S. 174). erhöhte Missbrauchs- und Vandalismusgefahr. Restmassen erfolgt und nutzbares Biogas ent-
Die Lage an nutzerbezogenen Wegen begüns- steht.
Abfallsammlung tigt die private Abfallsammlung. Die lokale Unter die thermische Behandlung fallen alle
Siedlungsabfall ist der heterogenste Abfalltyp. Bedeutung des Themas »Abfall« zeigt sich Arten der Verbrennung. Die dabei entstehende
Über gesonderte Schadstoffsammelstellen in der Immobilienbewertung: Dort wird zur Wärme wird über Generatoren in Strom umge-
können dem Abfall besonders gesundheitsge- Bewertung der Umfeldqualität auch die Lage wandelt oder kann für Nah- und Fernwärme-
Ablagerungsquote [%]

Treibhauspotenzial [Mio. t CO2-eq]

60 30 Papier Sortier- verschiedene


25 Papierqualitäten
anlage
50 20
15
40 Aluminium
10
Weißblech
5
30 Verbunde
0
Leichtver- Sortier-
-5 packungen anlage Folien
20
-10 Kunststoffarten
10 -15 Kunststoffflaschen
-20
XPS
0 -25
1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 1990 2004 2020 Mischkunststoffe

produzierendes Gewerbe Gesamtbilanz Sortierreste


Deponie Energiegewinn
Sonderabfälle
Verbrennung Verbrennung Glas Glasauf- verschiedene
Siedlungsabfälle stoffliche Verwertung Energiegewinn
Bauschutt Sammlung stoffl. Verwertung bereitung Glasscherben
B 2.59 B 2.60 B 2.61

77
Stadtraum und Infrastruktur

Transport- Arbeit W / km typische typische Ein- typische Verkehrsmittelnutzung [%]


mittel Auslastung zugsradien Weglängen
[%] [%] [km] [km] [min] [km / h] gesamt ländlicher Ballungs-
Raum raum

zu Fuß 100 100 – 1,4 21,1 4,3 22 21 24

Fahrrad 30 100 – 3,3 22,3 10,6 9 11 9

Bus und 420 20 – 25 1 2


12,6 39,6 18,1 8 5 12
Bahn

Auto 930 – 25 – 30 14,1 20,7 32,8 3 61 63 55


(überland) (F: 45 (F: 46 (F: 40
2700 (Stadt) – MF: 16) MF: 18) MF: 15)

Flugzeug 830 60 > 200 km k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. k. A.


1
Reisebus: 60 %; Hochgeschwindigkeitszug: 45 %
2
Bus und Straßenbahn: 400 m, S-Bahn: 500 –1000 m F = Fahrer
3
angegebene Werte für Fahrer; Mitfahrer: 15,4 km / 22,0 km / 31,6 km MF = Mitfahrer
B 2.62 B 2.63
netze genutzt werden. Bei der Pyrolyse, der Verkehrsinfrastruktur z. B. bei 250 bis 300 km / h. Die Senkung
Abfallverschwefelung, wird durch hohe Tem- Flächendeckende Verkehrsinfrastrukturen sind der Geschwindigkeit führt dabei in der Regel
peraturen unter Ausschluss von Sauerstoff die Straßen- und Schienennetze. Das öffentliche zu einer Energieeinsparung. Im städtischen
chemische Zusammensetzung des Abfalls ver- deutsche Straßennetz umfasst etwa 626 300 km öffentlichen Schienennahverkehr reduziert
ändert. Es entsteht z. B. Gas, das ins Gasnetz und bedeckt ca. 1,2 % der gesamten Landes- sich z. B. der Energiebedarf durch die Verrin-
eingespeist werden kann, aber auch Schla- fläche. 63,1 % hiervon entfallen auf die lokale gerung der Maximalgeschwindigkeit von 70
cken als Restmasse. Erschließung durch Gemeindestraßen (Abb. auf 50 km / h um 50 %. Effizienz, Zugänglich-
Die durch das Bundesministerium für Umwelt, B 2.64). Das deutsche Schienennetz umfasst keit und Geschwindigkeit ergeben so
Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) auf- ca. 43 800 km. technologietypische Einzugsradien (Abb.
gestellten Zielvorgaben bis 2020 sehen eine Ermittelt man den Flächenbedarf der beste- B 2.63).
Deckung von 1 % des deutschen Energiebe- henden Infrastrukturen für Verkehr pro Kopf, so Innerhalb des Güterverkehrs sind Bahn und
darfs durch thermische Abfallbehandlung vor ist dieser mit etwa 50 m2 höher als die durch- Schiff besonders energieeffiziente Transport-
(Abb. B 2.60). schnittliche Wohnfläche pro Kopf (siehe Archi- systeme. Der Transport über die Straße
tektur und Nachhaltigkeit – eine schwierige gewährleistet demgegenüber eine optimier-
Verkehr Beziehung, S. 18). Bezogen auf Flächenver- te Verteilung der Güter, die jedoch deutlich
Mobilität stellt in einer arbeitsteiligen Gesell- brauch und Verkehrsleistung ist das Schienen- energieaufwendiger ist (Abb. B 2.65).
schaft eine notwendige Voraussetzung für die netz dabei etwa doppelt so leistungsfähig wie Auch im motorisierten Personenverkehr stellt
Wirtschaft und das Individuum dar. Da Verkehr das Straßennetz. Mit der Schifffahrt greift der die Bahn die energieeffizienteste Technolo-
besonders zwischen Gebäuden stattfindet, ist Güterverkehr auf Seen, Flüsse und Kanäle zu. gie dar. Der hohe Energiebedarf beim moto-
seine Struktur und sein Energieverbrauch eng Der geringe Landschaftsverbrauch beim Flug- risierten Individualverkehr (MIV) bedingt sich
verknüpft mit städtebaulichen und architektoni- verkehr wird durch flächendeckende Lärm- insbesondere durch die geringe Auslastung
schen Gegebenheiten und wird letztlich durch und Umweltbelastungen relativiert. (25 – 30 %) und geringe Energieausnutzung
diese ausgelöst. In Deutschland stellt der Ver- sowie hohe Gesamttransportgewichte im
kehr den Sektor mit dem zweitgrößten Energie- Transportmittel Verhältnis der zu transportierenden Menschen.
verbrauch dar (Abb B. 2.2). Bauliche Maßnah- Drei zentrale Faktoren beeinflussen den Ener- Um die Auslastung im Personenverkehr weiter
men und Anreizsysteme schaffen die Voraus- giebedarf von Transportsystemen: Effizienz zu steigern, eignen sich z. B. ein verstärktes
setzung, den Individualverkehr auf effizientere des Transportmittels, Geschwindigkeit und Angebot an öffentlichem Personennahverkehr,
öffentliche Verkehrsmittel zu verlagern und auf Auslastung. Während bei der Effizienz und Car-Sharing oder Automietstationen.
Eigenkraft basierende Techniken wie z. B. der Auslastung immer möglichst hohe Werte Die effizienteste Fortbewegung erfolgt durch
Fahrrad fahren umzusteigen. erforderlich sind, ist die optimale Geschwin- eigene Körperkraft. Die Fortbewegung mit
Grundsätzlich lässt sich das Verkehrsaufkom- digkeit abhängig von der zurückzulegenden dem Fahrrad verlangt dabei um 70 % weniger
men in Personen- und Güterverkehr unterteilen Entfernung. Eine ideale Systemgeschwindig- Körperkraft wie das Zufußgehen.
(Abb. B 2.66). keit für Fernreisen durch Mitteleuropa liegt Wichtig zur Bewertung der unterschiedlichen
Arbeit Linienverkehr 8662 Straßen Länge Anteil
Ausbildung [km] [%]
Wirtschafts- Schienenverkehr 2131
verkehr Bundesautobahnen 11 786 1,9
Luftverkehr 146 Bundesstraßen 41 228 6,6
bringen
und holen motorisierter 163,6
Landesstraßen 86 838 13,9
Individualverkehr 56140
private Er- Kreisstraßen 90 996 14,5
15% transportierte Personen [Mio. /a]
ledigungen
Gemeindestraßen 395 400 63,1
31% Einkauf
6% Schienenverkehr 317,3
Freizeit B 2.66
Binnenschifffahrt 236,8 Transportmittel im Güterverkehr Transport-
8%
Seeschifffahrt 281,0 kilometer
[t km / MJ]
9% Luftverkehr 2,9
Flugzeug 0,3
19% 12% Rohölleitungen 95,5 LKW 1,7
Straßengüter- 2765,0 Bahn 3,3
verkehr transportierte Güter [Mio. t/a] Schiff 4,3
B 2.64 B 2.65 B 2.67

78
Stadtraum und Infrastruktur

B 2.62 Windsichter: Separierung von Leichtverpackun-

[1000EUR /a]
Grundstücks- und Mobilitätskosten 1
10

780 EUR

931 EUR

4225 EUR
gen und Folien per Luftdruck innerhalb einer 8
Sortieranlage
6
B 2.63 Kennwerte unterschiedlicher Transportmittel
B 2.64 Verkehrsaufkommen nach Nutzung in Deutsch- 4
land 2
B 2.65 beförderte Personen und Güter in Deutschland 0
im Jahr 2005
B 2.66 Anteile verschiedener Straßen am deutschen -2
Straßennetz im Jahr 2004 -4
B 2.67 Effizienz von Transportmitteln im Güterverkehr -6
mittlerer günstiger günstiger
B 2.68 Mehrkosten für die Finanzierung eines inner-
Grundst.-Preis, Grundst.-Preis, Grundst.-Preis,
städtischen Grundstücks sowie Einsparungen große Entf. sehr große Entf.
mittlere Entf.
durch geringeren Mobilitätsbedarf am Beispiel
von Hamburg Grundstückskosten2 Summe (Mehrkosten)
B 2.69 autofreies Quartier, Siedlung Thalmatt 1, Heren-
Mobilitätskosten
schwanden (CH) 1974, Atelier 5
B 2.70 serielle Straßenbahnhaltestellen, Hannover (D) 1
Grundstücksgröße: 200 m2, pro Haushalt je ein Auto
2
2000, Despang Architekten Kostendifferenz im Verhältnis zu einem innerstädtischen
Grundstück
B 2.68 B 2.69
Transportarten ist auch ihre Klimawirkung. Der Stadtverkehr und damit verbundenen Energieaufwand (Abb.
bei einer Verbrennung entstehende Wasser- Bezieht man in die Betrachtung der Mobilität B 2.69).
dampf ist z. B. in Bodennähe von geringer mit ein, dass Menschen ca. 90 % ihrer Zeit in In urbanen Räumen ist im Verhältnis zu länd-
Bedeutung, in hochgelegenen atmosphä- Gebäuden verbringen, so kann Verkehr als Be- lichen Siedlungen zum einen ein erhöhter
rischen Schichten ausgestoßen, trägt er wegung zwischen Bauten beschrieben wer- Anteil an öffentlichem Personennahverkehr,
jedoch deutlich zum Klimawandel bei. So ist den. zum anderen an rad- und fußläufiger Mobilität
der Flugverkehr die mit Abstand klimabelas- Einer der häufigsten Wege ist der zwischen zu verzeichnen. Anreizsysteme können eine
tendste Transportform. Wohnung und Arbeitsplatz (Abb. B 2.67). Am weitere Umschichtung des motorisierten Indivi-
Innerhalb des Stadtverkehrs wird zum Klima- Beispiel von Hamburg lässt sich nachweisen, dualverkehrs auf die öffentlichen Verkehrsmit-
schutz mitunter die Nutzung von Elektroautos dass eine innerstädtische Wohnlage trotz der tel leisten. Hierzu tragen insbesondere leichte
gefördert, da sie im Stadtbereich weitgehend bis zu siebenfach höheren Kosten für ein Zugänglichkeit, enge Taktraten und subjektiv
umweltneutral sind. Die Primärenergiebilanz Grundstück über eingesparte Mobilitätskosten erhöhtes Sicherheitsempfinden bei. Für Quar-
und damit die Umweltwirkung lässt sich jedoch wirtschaftlicher ist als eine gleichwertige tiere lassen sich je nach Zugänglichkeit durch
nur auf Basis der Energieerzeugung für den Wohnlage im Umland (Abb B 2.68). Dieser Individualverkehr unterschiedliche Quartiers-
Strom bewerten. Bezug kann als weitgehend allgemeingültig formen bilden, die den Nutzer in seinem Ver-
betrachtet werden. Hinzu treten Einsparungen halten mehr oder weniger stark einschränken
Mobilitätsbedarf durch eine ggf. geringere Anzahl zu betreiben- (Abb. B 2.73).
Täglich wendet ein Mensch durchschnittlich der Autos oder den Zeitgewinn (bis zu Faktor In der Standortwahl wird die gute ÖPNV-
75 – 85 Minuten für Mobilität auf, wobei uner- fünf). Im energetischen Vergleich ist so z. B. Anbindung zu einem entscheidenden Faktor.
heblich ist, zu welchen Verkehrsformen er ein Altbau mit einem Energieverbrauch von In der Raumgestaltung treten die Aspekte der
Zugang hat und in welchem nationalen oder 200 kWh / m2a und 150 m2 Nutzfläche in etwa Über- und Einsichtlichkeit der entsprechenden
regionalen Kontext er sich befindet [8]. einem Passivhaus zuzüglich 10 000 km / a indu- Verkehrsknotenpunkte für Nutzer hinzu. Grund-
Während der Zeitaufwand für Mobilität also ziertem motorisierten Individualverkehr gleich- sätzlich werden dabei ebenerdige Situationen
offensichtlich geringen Veränderungen unter- wertig. Die Energiebilanz einer Familie kann in durch den Menschen positiver eingeschätzt
liegt, vergrößern sich hingegen die Bewe- Städten bis zum Faktor vier geringer sein als (Abb. B 2.70 a – c). Eine helle Gestaltung der
gungs- bzw. Einzugsradien und damit die im ländlichen Raum. Räume insbesondere bei geringen Personen-
durch den Verkehr erreichbaren Ziele. Gleich- Damit ist die beste Vermeidungsstrategie von aufkommen und bei Nacht bieten für unter-
zeitig steigt das Verkehrsaufkommen. Beides Verkehr eine verdichtete Bauweise, gepaart irdische Standorte einen gewissen Ausgleich.
ist Ausdruck der immer stärkeren Flexibilisie- mit einem lokalen Angebot an interessanten Letztere reduzieren den Verbrauch an nutz-
rung unserer Lebensgewohnheiten [9]. Plätzen, vielfältigen räumlichen Situationen baren Flächen im Stadtraum, benötigen aller-
Der Mensch legt im Mittel 3,5 Wege pro Tag und der Nähe von Bedarf und Angebot. Kurze dings einen hohen Energieeinsatz für Belüf-
zurück. 50 % dieser Wege sind kürzer als Distanzen zu Einkauf, Schule, Arbeit, Erholung tung und Belichtung, soweit keine unmittel-
3 km. und anderen Funktionen ersparen Verkehr bare Licht- und Luftversorgung durch den

a b c B 2.70

79
Stadtraum und Infrastruktur

Regenwasser
Schmutzwasser

Strom, Straßen-
beleuchtung Regen- Straßen-
etc. wasserkanal wasser
Fern- Gas
heizung Hochdruck-
Telefon- und Datenleitungen
wasserleitung
Ferngasversorgung
Schmutzwasserkanal
mit Kontrollschacht

B 2.71 B 2.72
Außenraum herstellbar ist (Abb. B 2.71). potenziale darstellen. Die Sicherheit kann Am Gebäude entstehen unter Berücksichti-
Zur Erschließung der näheren Umgebung durch das Angleichen der verschiedenen gung von Ausrichtung und Zugänglichkeit
sollten attraktive Fuß- und Radwege mit einer Geschwindigkeiten oder die Trennung der Ver- des Objekts zum Straßenraum sowie zur
sicheren, vorrangigen Wegführung und leicht kehrsformen erhöht werden. Letzteres ist aller- Lage und Gestaltung der Eingangsbereiche
erreichbaren Fahrradabstellplätzen in einem dings mit erheblichem Flächenaufwand ver- Flächen für den ruhenden Verkehr. Die Ein-
Mobilitätskonzept vorgesehen werden. bunden und kann einen Verlust urbaner Quali- richtung von Fahrradstellplätzen, die möglichst
täten bewirken. kompakte Anordnung von Pkw-Stellplätzen
Straßenraum Durch entsprechende Gestaltungsmaßnahmen sowie die Reduktion von Parkplätzen zuguns-
Innerhalb von Siedlungsgebieten belegen wird bei Geschwindigkeitsübergängen eine ten einer Umlagerung auf ÖPNV unterstützen
öffentliche Verkehrsbauwerke durchschnittlich erhöhte Aufmerksamkeit des Verkehrsteilneh- den Wechsel auf energieeffiziente Formen der
39 % der Flächen. Angesichts dieses hohen mers erzielt. Die Entschleunigung des Raum- Fortbewegung. Hierzu tragen auch Anreiz-
Flächenaufwands erscheinen Maßnahmen zur verkehrs, z. B. eine verkehrsberuhigte Platzge- systeme wie z. B. integrierte ÖPNV-Tickets bei.
effizienten Flächennutzung, zur Verringerung staltung, trägt gleichzeitig zur Erhöhung der
des Flächenverbrauchs sowie zur Umwand- Aufenthaltsqualität im Straßenraum bei (Abb. Ruhender Verkehr
lung gering genutzter Verkehrsflächen sinnvoll B 2.73). Mobilität ist immer auch mit Stillstand ver-
(Abb. B 2.72). Schnell und dicht fließender Verkehr erzeugt knüpft. Ein Pkw wird im Durchschnitt nur zu
Durch verschiedene Verkehrsformen entstehen negative Wirkungen auf das soziale Umfeld. ca. 1 % seiner Lebensdauer bewegt [1]. Pkw
innerhalb des Straßenraums unterschiedliche Mit der Zunahme segregierender Verkehrs- erzeugen neben dem Bedarf an Mobilitätsinfra-
Bewegungsgeschwindigkeiten. Diese können ströme geht nachweislich die Abnahme lokaler struktur einen hohen Raumbedarf durch Park-
sich gegenseitig behindern oder Gefahren- Kontakte von Anwohnern einher. und Stellflächen. Der Flächenbedarf für Stell-

• angestrebte
Verdrängung von
Fremdverkehr
Verringerung der
Geschwindigkeit
Verdeutlichung
der Wohnfunktion
mehr Sicherheit für
Fußgänger und Kinder
mehr Bewegungsraum
für Fußgänger
Verringerung
von Verkehrslärm
Appell zur Rücksicht
»positive Motivation«
Kfz-Besitz Straßengestaltung
Wirkung
• wahrschein-
liche Wirkung
Abnahmne des KFZ-Besitzes

Zunahme der MIV-Beschränkungen

autonormales Quartier verkehrsgerechte Gestaltung • mögliche Wir-


überdurchschnittlicher Besitz von ungehinderter MIV-Verkehr, kung
KFZ pro Person, meist gesetz- Tempo 50 km / h
liche Förderung, hohe Anzahl Maßnahme
Zweitwagen Sackgasse
Verkehrsleitung

• • • •
Beispiel: Stadtrandgebiete und volle Bedarfsdeckung für Park-
Umland flächen, lokale Garagen
Schleifenstraße • •

Einbahnstraße • •
autoreduziertes Quartier verkehrsberuhigte Gestaltung
unterdurchschnittlicher Besitz von eingeschränkter MIV-Verkehr,
Detailgestaltung

KFZ pro Person, Anreize für Auto- Tempo 30 km / h, Wohn- und Materialwechsel •
freiheit (z. B. speziellen Zugang zu Spielstraßen bei Fahrbahnen
ÖPNV, Car-Sharing)
eingeschränkte Parkflächen, Profilverengung • • • •
Beispiel: Französisches Viertel, zentrale Parkeinrichtungen
Tübingen (D) (z. B. Tiefgaragen)
optische Umgestaltung • • • • • •
des Straßenraums

autofreies Quartier MIV-freie Gestaltung fahrdynamische • • •


Hindernisse
kein Besitz von KFZ, Anreize für Fußgängerzonen, Radwege-
alternative Transportmittel (z. B. erschließung, Lieferverkehr frei Neuordnung des • •
Fahrräder) ruhenden Verkehrs
Parkflächen am Rand des Quar-
Aufpflasterung • • • • • • •
Beispiel: GWL Terrain, Amsterdam tiers in Paletten oder Parkhäusern,
(NL) spezielle Besucherparkplätze
B 2.73 B 2.74

80
Stadtraum und Infrastruktur

Luftströmung
warme Luft
Solarstrahlung
B 2.71 natürliche Belichtung in der Stadtbahnstation Rat-
haus-Süd, Bochum (D) 2006, Pahl + Weber-Pahl
B 2.72 schematischer Schnitt durch einen Straßenraum
B 2.73 Abhängigkeiten von Kfz-Besitz, Stellplatzbedarf
und Nutzereinschränkung
B 2.74 Maßnahmen und Wirkungen im Straßenverkehr
B 2.75 schematische Darstellung der Tiefgaragen eines
Verwaltunggebäudes, Wiesbaden (D) 2001,
Thomas Herzog
B 2.76 Luftbild der Innenstadt von Houston, Texas (USA)
B 2.77 Flächenbedarf verschiedener Stellplatzsituationen
B 2.78 schematische Darstellung verschiedener Park-
systeme:
a Parksafe
b Flurparker
c Doppelparker
d Tripelparker
B 2.75 B 2.76
plätze aller in Deutschland angemeldeten Pkw kann. Da die Stellplätze keine Fahrerschlie-
entspricht etwa 20 % der deutschen Wohnflä- ßung benötigen, ergibt sich gegenüber direkt
che. Dies erzeugt bei ebenerdigen Parkmög- anfahrbaren Stellplätzen ein deutlich verrin-
lichkeiten Konflikte zwischen hochwertiger gerter Flächen- und Raumbedarf, allerdings
Nutzung und niederwertigem Parkraum (Abb. bei erhöhten Betriebskosten (Abb. B 2.78).
mögl. Stell- 34 40 68 80
B 2.76). Daher sind in diesem Zusammenhang
platzanzahl
besonders flächensparende Parkmöglichkei- Energetisch stellen parkende Autos unaus- auf 100
ten zu bedenken: gelastete Kraftwerke mit äußerst geringem Weglänge
Wirkungsgrad für die Fortbewegung (ca. 18 %) mögl. Stell- 4,4 3,2 4,4 5
• Parkflächen: dar. Der Deutsche Pkw-Bestand verfügt mit platzanzahl
Über die Anordnung der Stellplätze lässt ca. 46 Mio. Fahrzeugen und einer geschätzten auf 100 m 2
sich der notwendige Flächenbedarf um bis durchschnittlichen Motorleitung von 60 kW Fläche
zu 35 % reduzieren (Abb. B 2.77). Im Wohn- über eine mechanische Leistung von 2,8 Ter- Flächenbe- 22,5 30,8 22,5 20
bereich besteht über so genannte Doppel- rawatt. Als motorgetriebene Objekte beinhalten darf pro Stell-
platz inkl.
und Dreifachparker die Möglichkeit, die sie prinzipiell alle notwendigen Bestandteile Erschl. m 2
Stellplatzfläche zu reduzieren. Die höhenver- für eine dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung. Bei
stellbaren Plattformen benötigen als Doppel- einer jährlichen Standzeit von ca. 8600 Stun- B 2.77
parker dazu eine Stellplatzhöhe von 3,50 bis den könnten damit 24 000 TWh Strom erzeugt
4,95 m. werden. Die Bruttostromerzeugung in Deutsch-
• Hochgaragen: land beträgt etwa 550 TWh, was ca. 2 % die-
Durch die Stapelung von Stellplatzflächen ses theoretischen Potenzials entspricht.
kann der Flächenbedarf im Stadtraum verrin- Zudem entstünde bei diesem Prozess Wärme-
gert werden. Die Fahrerschließung benötigt energie in Höhe von ca. 50 000 TWh, was dem
jedoch nochmals etwa die gleiche Fläche ca. 20-fachen des jährlichen Endenergiebe-
wie der Stellplatz selbst (Abb. B 2.78). darfs oder dem 575-fachen der jährlichen
In Wohngebieten tragen Quartiersgaragen in Fernwärmeerzeugung in Deutschland ent-
Form von Hoch- oder Tiefgaragen dazu bei, spricht.
den öffentlichen Raum vom Verkehr zu ent-
lasten, schaffen zusätzliche Treffpunkte in
Anmerkungen:
einem Quartier (soziale Wirkung) und bewir- [1] Knoflacher, Herrmann: Stehzeuge. Wien / Köln / Wei-
ken ein hohes Sicherheitsempfinden bei den mar 2001 a Querschnitt Längsschnitt
Nutzern. [2] Hauff, Volker: Unsere gemeinsame Zukunft. Der
• Tiefgaragen: Brundtland Bericht der Weltkommission für Umwelt
und Entwicklung. Greven 1987
Tiefgaragen sind in Bau und Betrieb beson-
[3] Mehr Wert für die Fläche: Das »Ziel-30-ha« für die
ders aufwendig. Mit dauerhaft notwendiger, Nachhaltigkeit in Stadt und Land. Rat für Nachhal-
künstlicher Belichtung und Belüftung kann tige Entwicklung (Hrsg.). Berlin 2004
ihr Energiebedarf über dem Heizwärmebe- [4] Energiewirtschaftliche Planung für die Netzintegra-
darf eines Gebäudes liegen. Natürliche tion von Windenergie in Deutschland an Land und
Offshore bis zum Jahr 2020 (denaNetzstudie). Deut-
Belichtung und Belüftung müssen daher ent- sche Energieagentur (Hrsg.). Köln 2005
sprechend berücksichtigt werden, zumal sie [5] Meyer, Franz: Kältespeicher in großen Kältenetzen.
zugleich das Sicherheitsempfinden der Benut- In: Projektinfo 10/05. Bine Informationsdienst 2005
[6] Wasser-Wissen, RWE AG b Querschnitt Längsschnitt
zer positiv beeinflussen (Abb. B 2.74). Im
[7] Steigerung der Energieeffizienz von Kläranlagen.
Gegenzug ermöglicht ihre unterirdische Lage
Vortrag zum BMU / UBA Fachgespräch Energieeffizi-
ein erhöhtes Angebot an hochwertigen, eben- enz auf Kläranlagen, Ingenieurberatung für Abwas-
erdigen Nutzflächen in dichter Bebauung. sertechnik Bernd Haberkern. Bonn 2007
• automatische Parksysteme: [8] Steierwald, Gerd: Stadtverkehrsplanung. Berlin / Hei-
Sie basieren auf dem Grundprinzip, Autos delberg / New York 2005
[9] Tully, Claus J.; Baier, Dirk: Mobiler Alltag – Mobilität
wie in einem Regal im Stadtraum mecha- zwischen Option und Zwang. Vom Zusammenspiel
nisch abzustellen, was oberirdisch, unter- biographischer Motive und sozialer Vorgaben. Wies-
irdisch oder gebäudeintegriert geschehen baden 2006 c Querschnitt d Querschnitt
B 2.78

81
Gebäudehülle

B 3.1
Die Hülle eines Gebäudes definiert die Tren- Nutzung
nung zwischen innen und außen, sie prägt Aufgabe der Gebäudehülle ist es, für die je-
das äußere Erscheinungsbild des Bauwerks weilige Nutzung sichere, gesunde und behag-
und kommuniziert mit ihrem Umfeld. In der liche Innenraumverhältnisse zu schaffen, wobei
Entwicklungsgeschichte der Gebäudehülle sich die Rahmenbedingungen zum Teil erheb-
stehen daher gestaltprägende Merkmale, lich unterscheiden. Für Wohngebäude beste-
Proportion, Materialität und kulturelle Bedeu- hen prinzipiell andere Anforderungen als für
tungen im Vordergrund. Ihr funktionaler Nutzen Büroräume oder Museen, Theaterräume und
besteht primär darin, das Bauwerk vor Wind, Produktionshallen. Allein aufgrund der Nutzung
Niederschlag und Sonneneinstrahlung zu können rechtliche Vorgaben, z. B. ein hoher
schützen. Mit zunehmenden Behaglichkeits- Luftaustausch oder Beleuchtungsstärken, eine
anforderungen übernimmt die Gebäudehülle entsprechende Ausbildung der Gebäudehülle
jedoch auch eine komplexere klimaregulie- bewirken.
rende Funktion. Die angestrebte Behaglichkeit umschreibt eine
Durch die steigende Bedeutung des Energie- subjektive Wahrnehmung, die von einer Viel-
verbrauchs von Bauwerken rückt die Gebäude- zahl unterschiedlicher Einflussfaktoren be-
hülle – und hierbei besonders die Fassade – stimmt wird (siehe Grundlagen, S. 55). Bei allen
verstärkt in den Mittelpunkt gestalterischer und Überlegungen zur Energieoptimierung von
technischer Überlegungen. Die Außenflächen Gebäudehüllen sind die nutzerspezifischen
eines Bauwerks prägen wesentlich dessen Anforderungen sowohl elementare Bedingung
energetisches Verhalten. Das gilt sowohl für die als auch zugleich Ziel. Ein tragfähiges Konzept
Optimierung des Wärmetransports zwischen beinhaltet die Synthese aller relevanten Para-
innen und außen als auch für die dezentrale meter und stellt den Nutzer in den Mittelpunkt
Energieerzeugung über die Gebäudehülle der Betrachtung. Gerade bei Gebäuden, deren
(Abb. B 3.1). Energiekonzept auf ein enges Zusammenwir-
Parallel hierzu nimmt das Bewusstsein einer ken mit den äußeren Einflüssen basiert, ist es
nachhaltigen Verwendung von Ressourcen zu. erforderlich und auch zulässig, die subjektiven
Die Wahl der Hüllmaterialien definiert in erheb- Anforderungen des Nutzers zu hinterfragen. So
lichem Maße sowohl den Energieaufwand für ist eine zeitlich begrenzte Abweichung von den
die Erstellung des Gebäudes als auch die Fol- idealen Kennwerten oftmals sinnvoll, wenn
geaufwendungen, z. B. für Betriebsenergie, dadurch die unterstützende Klimatechnik redu-
Reinigung oder Instandhaltung (siehe Material, ziert werden kann. Zudem stellen statische,
S. 165). Weitere Aspekte der Nachhaltigkeit unabhängig vom Wetter herrschende Innen-
sind Lärm- und Sichtschutz, die Dauerhaftigkeit raumbedingungen nicht zwingend ein Opti-
der Materialien und die Rückbaufähigkeit. mum für das menschliche Wohlbefinden dar.

Entwurfsbestimmende Faktoren Klimatische Aspekte


An die Gebäudehülle als energetische Schnitt- In der frühen baugeschichtlichen Entwicklung
stelle zwischen Umweltbedingungen und raum- haben sich in den unterschiedlichen Klima-
klimatischen Bedürfnissen der Nutzer werden zonen der Erde Bauformen und Konstruktionen
zahlreiche Anforderungen gestellt (Abb. B 3.2). entwickelt, die in engem Zusammenhang mit
Die daraus abzuleitenden Aufgaben führen in den ortsspezifischen klimatischen Gegebenhei-
vielen Fällen zu Zielkonflikten, wie z. B. zwi- ten stehen. Im Gegensatz dazu ist die Architek-
schen Ausblick, Tageslichtnutzung und Son- tur des »International Style« vielfach dadurch
nenschutz. Neben gestalterischen Vorstellun- geprägt, dass umfangreiche technische Syste-
gen und ökonomischen Kriterien unterliegt die me die gewünschten Innenraumbedingungen
B 3.1 semitransparente Solarzellen in der Fassade, Entwicklung von Gebäudehüllen komplexen an jedem beliebigen Standort mit entsprechen-
Seilbahnstation, Lech am Arlberg (A) 2002,
Hans Riemelmoser
Bedingungen, die jeweils objektspezifisch zu dem energetischen Aufwand gewährleisten.
B 3.2 Gebäudehülle: Einflussfaktoren, Eigenschaften optimieren sind. Allgemein lassen sich hierfür Die Planung energieeffizienter Gebäude erfor-
und Funktionen folgende Themenfelder beschreiben: dert einen sensiblen Umgang mit den spezifi-

82
Gebäudehülle

schen makro- und mikroklimatischen Bedin- Ein zunehmend wichtiger Aspekt ist die Inte- hier die Energieeinsparverordnung (EnEV), die
gungen. Neben Einsparungen bei technischen gration dezentraler Haustechnik in die Gebäu- auf dem Gesetz zur Einsparung von Energie in
Systemen und reduziertem Energiebedarf steht dehülle. Hier steht inzwischen eine umfangrei- Gebäuden (EnEG) basiert und konkrete Vorga-
insbesondere die erhöhte Behaglichkeit im Mit- che Auswahl zur Verfügung, die von Stellmoto- ben zum maximal zulässigen Primärenergiebe-
telpunkt. Die technischen und materialbezoge- ren für die automatische Nachtluftkühlung über darf von Gebäuden umfasst (siehe Strategien,
nen Eigenschaften der Außenflächen überneh- vollautomatisch regulierte Sonnenschutzsyste- S. 183). Die für die Gebäudehülle wesentlichen
men dabei eine Schlüsselfunktion. Eine genaue me bis hin zu Fassadenlüftungsgeräten und gesetzlichen Regelungen sind im Anhang auf-
Analyse der klimatischen Kennwerte ist daher aktiven Solarelementen reicht. Hierbei sind geführt (siehe S. 268)
eine wichtige Voraussetzung für die Entwick- unterschiedliche Dauerhaftigkeiten von Hüll-
lung einer standortgerechten Gebäudehülle. systemen und technischen Komponenten zu Historische Entwicklung
beachten. Eine nachträgliche Verbesserung In warmen Klimazonen wurden Bauten von
Konstruktion der energetischen Eigenschaften ist bei der Beginn an konstruktiv in Tragwerk (z. B. Holz-
Die Ausbildung der Hülle kann durch die Art Gebäudehülle zudem mit hohem Aufwand ver- stützen) und Gebäudehülle (z. B. Tierfelle) auf-
der Gebäudekonstruktion beeinflusst sein. bunden. Es macht deshalb Sinn, bei Neubau- geteilt. In den gemäßigten und kalten Klima-
Hierbei ist entscheidend, ob die Außenhaut wie Sanierungsmaßnahmen die weitere Ent- zonen überwogen demgegenüber massive
eine tragende Funktion übernimmt oder ob sie wicklung von Komfortansprüchen und der Außenwände, die zugleich statische Funktionen
frei von primären statischen Anforderungen ist. Energiebereitstellung abzuschätzen und mög- übernahmen (z. B. Mauerwerk). Diese beein-
Materialwahl und Konstruktion bedingen sich lichst entsprechend hohe Standards zu rea- flussten durch konstruktiv bedingte kleine Öff-
dementsprechend gegenseitig. Überwiegen lisieren. nungen und ihre hohe Speichermasse maß-
im Wohnungsbau weitgehend massive Außen- geblich das Innenraumklima.
wände mit klimaregulierender Wirkung, sind bei Rechtliche Anforderungen Insbesondere Naturwissenschaftler trugen im
vielen zeitgenössischen Verwaltungsgebäuden Die Planung wird zunehmend durch rechtliche 19. Jahrhundert über bauphysikalische Erklä-
Trag- und Hüllfunktion getrennt, oftmals in Ver- Grundlagen beeinflusst. Zahlreiche Dokumente rungen der Funktionsweise von Gebäudehüllen
bindung mit großflächiger Verwendung von beinhalten Vorgaben und Empfehlungen be- zur weiteren Entwicklung bei. Der Franzose
Glas. Transparente Flächen bedürfen beson- züglich der energetischen Eigenschaften der Jean Fourier stellte um 1820 eine Theorie über
derer Sorgfalt bei der Planung, weil sie in der Gebäudehülle. Die entsprechenden Gesetze die Wärmeleitung in festen Körpern auf und
Regel vielfältige Funktionen zu erfüllen haben werden von Bundes- oder Landesregierungen prägte mit den Begriffen »Wärmefluss«, »Tem-
und unerwünschte Nebenwirkungen entfalten erlassen und bilden oftmals die Grundlage für peraturgefälle« und »Wärmeleitfähigkeit« unse-
können. Um diese zu bewältigen, sind sie darauf aufbauende Verordnungen oder Richt- ren heutigen Sprachgebrauch. Im Jahre 1828
daher meist ergänzt durch unterstützende Sys- linien. Verordnungen dienen der Präzisierung führte dann der ebenfalls aus Frankreich stam-
teme wie öffenbare Elemente, Sonnenschutz, von Gesetzen und verweisen zudem auf zahl- mende Physiker Jean Claude Eugène Péclet
Blendschutz etc. reiche Normen. Ein Beispiel für Deutschland ist den k-Wert (heute U-Wert in W / m2K, siehe

äußere Einflussfaktoren Gebäudehülle innere Einflussfaktoren

Licht Eigenschaften thermisch

Solarstrahlungsintensität Transparenz Raumlufttemperatur


Solarstrahlungswinkel Transluzenz mitt. Raumumschließungstemperatur
Beleuchtungsstärke Opazität Oberflächentemperaturen
Horizont Wärmeleitfähigkeit Zulufttemperatur
umgebende Bebauung Gesamtenergiedurchlassgrad Zuluftgeschwindigkeit
Vegetation Gewicht Raumluftfeuchte, Zuluftfeuchte
Schalldämmmaß Luftbewegung
Speicherfähigkeit
Dampfdiffusionswiderstand
Luft
akustisch
Lufttemperatur
Schutzfunktionen Geräuschpegel
Luftfeuchtigkeit
Luftgeschwindigkeit Schallbelastung
Windrichtung Wasserschutz Nachhallzeiten
Luftqualität Windschutz
Schall winterlicher Wärmeschutz
Niederschlag sommerlicher Wärmeschutz visuell
Sonnenschutz
Blendschutz
Direktstrahlung
Erde Lärmschutz
Lichtwinkel
Sichtschutz
Beleuchtungsstärke
Erdreichtemperatur Einbruchschutz
Leuchtdichteverteilung
Erdreichfeuchtigkeit Kontrast, Blendung
Erdreichspeichermasse Tageslichtquotient
Versorgungsfunktionen
Tageslichtautonomie
Farbwiedergabe, Außenbezug
Beleuchtung Ausblick
Belüftung
Ausblick
Einblick olfaktorisch
passive Wärmegewinne
aktive Wärmegewinne Luftwechsel
solare Stromgewinne Luftqualität
B 3.2

83
Gebäudehülle

1800
Material, S. 150, Abb. B 5.12) als Koeffizient für ben nach großflächigen Verglasungen zur Opti-
• Einführung der Begriffe Wärmefluss, Tem- die Durchlässigkeit von Wärme eines Körpers mierung der Tageslichtverhältnisse im Innen-
peraturgefälle und Wärmeleitfähigkeit ein [1]. Im energetischen Sinn besteht die raum bewirkte aufgrund der damals unzurei-
• Einführung des k-Werts als Kennwert für die Gebäudehülle im einfachsten Fall aus sechs chenden physikalischen Eigenschaften der
Wärmeleitfähigkeit (heute U-Wert) Flächen. Diese sind entsprechend ihrer jewei- Verglasung jedoch überwiegend eine Ver-
ligen inneren und äußeren Anforderungen dif- schlechterung der thermischen Behaglichkeit.
ferenziert zu betrachten. Waren Dach und Zudem führten hohe Transmissionswärmever-
Bodenplatte fast ausschließlich funktional luste in der Heizperiode und übermäßige Wär-
1850
bestimmt, wurde die Fassade als »kommuni- meeintragungen im Sommer zu hohem Ener-
• Kristallpalast in London (GB)
zierendes« System schon immer auch unter gieverbrauch. Die unzureichend gedämmten
• Einführung des Begriffs Wärmeverlust durch gestalterischen Gesichtspunkten entwickelt. opaken Außenbauteile trugen zusätzlich zum
Transmission und Lüftung
Für die europäische Architektur waren in die- hohen Heizwärmedarf bei. Als Folge daraus
sem Zusammenhang vor allem die Entwick- wurde in den 1970er-Jahren in Deutschland
• Patent für Isolierverglasung
lungen in der Glastechnologie und Eisenher- das »Gesetz zur Einsparung von Energie in
• erste solare Luftkollektorfassade (USA) stellung von Bedeutung. Bereits Mitte des Gebäuden (EnEG)« verabschiedet. Dies war
19. Jahrhunderts entstand mit dem Kristallpa- die Grundlage für die 1977 inkraftgetretene
1900 • erste Doppelfassade: Produktionshalle Steiff (D) last in London einer der Höhepunkte der Glas- Wärmeschutzverordnung (WSVO), in der erst-
• Patent für Dämmelemente aus Kork architektur. Fast zeitgleich wurde in den USA mals verbindlich definierte maximale k-Werte
• erste vorgehängte Glasfassade das erste Patent für Isolierverglasungen erteilt. für Außenbauteile beheizter Gebäude gefordert
Halladie Building, San Francisco (USA) Auch vielfach unbeachtete Teile der Gebäude- wurden.
• Marktreife von Isolierglas hülle sind in diesem Zusammenhang von gro- Parallel hierzu rückte der Wunsch wieder ins
ßer Bedeutung: die Flächen gegen Erdreich. Blickfeld, die Energie der Sonne verstärkt für
• Erfindung des Sonnenschutzglases
Für die Außenwirkung unbedeutend, überneh- die Raumbeheizung heranzuziehen. Die ele-
men sie in der Wärmebilanz eines Bauwerks mentaren Regeln zur passiven Nutzung der
1950 • Entwicklung von mineralischen Dämmstoffen eine wichtige Funktion. Solarstrahlung mündeten im Wohnungsbau der
• Entwicklung Wärmedämmverbundsystem Im Sinne der thermischen Behaglichkeit wurde 1980er-Jahre in eine Epoche von Experimental-
• Einführung des Begriffs Bauphysik der Wärmeschutz über Außenwände schon im bauten, die, nach Süden orientiert und mit
19. Jahrhundert thematisiert. Die bauphysikali- hohem Verglasungsanteil und Speichermasse
• Entwicklung der Trombewand sche Funktion als Bauteilschutz wurde mit der ausgestattet, den Begriff »Solararchitektur«
Entwicklung mehrschichtiger Gebäudehüllen manifestierten. Es zeigte sich jedoch bald,
• Passivhaus aus unterschiedlichen Materialien relevant. Erst dass eine Maximierung der passiven Solarge-
• Plusenergiehaus später erhielten im Zusammenhang mit dem winne allein nicht die gewünschten Ergebnisse
2000 Energieverbrauch wirtschaftliche und dann erzielte. Deutlich größere Erfolge verzeichneten
B 3.3 auch ökologische Aspekte ihren heutigen Stel- Maßnahmen zur Minimierung der Wärmeverlus-
lenwert (Abb. B 3.3). te durch die Gebäudehülle, die schließlich den
Heizwärmebedarf zum kleinsten Posten in der
Das 20. Jahrhundert Nutzenergiebilanz schrumpfen ließen, wie es
Die Architekturentwicklung zu Beginn des z. B. beim ersten Passivhaus in Deutschland
20. Jahrhunderts war geprägt durch das Stre- bereits zu Beginn der 1990er-Jahre demons-
ben nach filigranen Konstruktionen und dem triert wurde (Abb. B 3.5).
großflächigen Einsatz von Glas, wie es z. B.
Walter Gropius bei den Fagus-Werken ein- Aktuelle Tendenzen
drucksvoll demonstrierte (Abb. B 3.4) und Lud- Parallel zu den realisierten Forschungsbauten
wig Mies van der Rohe in seiner Vision für ein wurden bereits seit den 1980er-Jahren Soft-
gläsernes Hochhaus in Berlin formulierte. Eine wareprogramme entwickelt, die von der Erstel-
differenzierte Betrachtung der Gebäudehülle lung einfacher Energiebilanzen bis zur komple-
wurde Anfang des 20. Jahrhunderts durch den xen Energie- und Strömungssimulation den
Ingenieur Ludwig Dietz ermöglicht, der für gesamten Entwicklungsprozess begleiten und
mehrschichtige und inhomogene Bauteile beeinflussen können. Wärmeleitung, -strahlung
einen mittleren k-Wert definierte [1]. Das Stre- und -konvektion sind dreidimensional und mit

B 3.4 B 3.5 B 3.6

84
Gebäudehülle

mehreren Zonen abbildbar, unter Berücksichti- Ziel Teilziel Konzept Maßnahmen


gung dynamischer Veränderungen der äußeren
und inneren Randbedingungen. Dies hat ent-
scheidend dazu beigetragen, das thermodyna-
mische System »Gebäudehülle« mit hoher Pla- Flächenoptimierung und Kompaktheit, Zonierung,
nungssicherheit entwickeln und gestalten zu Hüllengeometrie thermische Hülle
können (Abb. B 3.6). Eine besondere Bedeu-
tung erlangen diese Möglichkeiten bei energe-
Wärmedämmung Materialwahl, Dämmung,
tischen Sanierungsmaßnahmen im Gebäude-
opaker Bauteile Wärmebrücken
bestand, für die erheblicher Nachholbedarf
besteht. Die energetische Verbesserung beste-
hender Gebäudehüllen stellt im Sinne einer Wärme erhalten Wärmedämmung Verglasungsanteil,
nachhaltigen Entwicklung eine herausragende und gewinnen transparenter Bauteile Glasqualität
Aufgabe dar. Hier ist kurzfristig das größte Ein-
sparpotenzial erschließbar, da wenige Neubau-
ten einer große Masse an Bestandsgebäuden passive Nutzung der Pufferzonen, TWD,
Solarstrahlung Speichermasse
gegenüberstehen, die maßgeblich den Ener-
giebedarf der nächsten Jahrzehnte bestimmen
wird. (siehe Stadtraum und Infrastruktur, S. 63, Luftwechselrate,
Minimierung der Lüftungs-
Abb. B 2.2) wärmeverluste Wärmerückgewinnung,
Luftvorerwärmung,
Energieeffiziente Gebäudehüllen Luftdichtheit
Eine energieeffiziente Planung der Gebäude- aktive solarthermische Dachkollektor,
hülle zeichnet sich dadurch aus, dass die Energiegewinnung Fassadenkollektor
geforderten klimatischen Innenraumbedingun-
gen ganzjährig mit geringem Energiebedarf
und möglichst weitgehend ohne aufwendige
Energieversorgungstechnik sicherzustellen
sind. Sie setzt eine genaue Analyse der klima- Wärmedämmung,
Reduktion der
tischen Rahmenbedingungen und des Nut- Wärmetransmission Oberflächentemperatur,
zungsprofils im Zusammenspiel aller o. g. Teil- Phasenverschiebung
aspekte voraus. Eine energetisch optimierte
Gebäudehülle verfügt über eine maximierte Reduktion der solaren konstruktive Maßnahmen,
Überhitzung vermeiden Spezialverglasungen,
passive Leistungsfähigkeit und stellt somit die Einstrahlung
Sonnenschutzsysteme
Basis zukunftsfähiger Energiekonzepte dar.
Darüber hinaus kann sie durch eine Integration
Speichermasse thermische Entspeicherung,
aktiver Solartechnologie einen wichtigen Bei- Luftvorkonditionierung
Gebäudehülle und Lüftung
trag zur Energieversorgung des Gebäudes
optimieren
leisten. Die Gebäudehülle ist daher auch in
enger Verflechtung mit der Energieversor-
gungstechnik zu entwickeln.
Für eine energieeffiziente Planung von Gebäu- Fensterlüftung,
dehüllen steht heute eine große Anzahl von freie Lüftung Windnutzung,
Materialien, Hüllsystemen und Technologien thermischer Auftrieb
zur Verfügung. Angelehnt an die zehn Bau- dezentral Lüften
steine des energieoptimierten Bauens (siehe maschinelle Brüstungselemente
Grundlagen, S. 61) sind im Folgenden die ein- Fassadenlüftung Unterflurkonvektoren
Zargenlüftung
zelnen Ziele, Konzepte und Maßnahmen erläu-
tert (Abb. B 3.7). Diese gliedern sich nach den
fünf Energiethemen – Wärme, Kälte, Licht, Luft,
Baukörper- und Raumgeo-
Strom – und geben somit einen strukturierten geometrische Optimierung metrie, Verglasungsanteil,
Überblick zu den prinzipiell möglichen Optimie- Verglasungsanordnung
rungsansätzen. Tageslicht nutzen
Transparenz, Transluzenz,
Tageslichtsysteme Reflexion, Umlenkung, Licht-
streuung, Lichttransport

Gebäudehüllen mit Photovoltaikfassade,


B 3.3 energetisch relevante Aspekte der Gebäudehülle Photovoltaik Photovoltaikdach, solarer
im zeitlichen Kontext Sonnenschutz
B 3.4 Fagus-Werke, Alfeld / Leine (D) 1911, Walter
Gropius Entflechtung, Verflechtung,
Solartechnik und
B 3.5 erstes Passivhaus in Deutschland, Darmstadt (D) Strom gewinnen Verschmelzung
Gebäudehülle
1991, Bott, Ridder, Westermeyer
B 3.6 Wohngebäude Mühlheim (D) 2005, Pfeifer
Roser Kuhn
Solartechnik und Addition, Integration,
B 3.7 Ziele, Konzepte und Maßnahmen zur energeti-
Entwurfskonzeption Adaption
schen Optimierung von Gebäudehüllen
B 3.7

85
Gebäudehülle

Transmissions- Heizwärmebedarf Wärme erhalten und gewinnen Flächenoptimierung und Hüllengeometrie


wärmeverluste z.B. aktive Bereits in der Vorentwurfsphase werden ins-
Dämmung Nutzung der Besonders in gemäßigten und kalten Zonen der besondere mit der Gebäudeform und der
opaker Bauteile Solarstrahlung Erde ist es erforderlich, bei niedrigen Außen- Anordnung der Nutzflächen entscheidende
Dämmung trans- temperaturen durch geeignete Maßnahmen Kriterien für eine energetische Optimierung
parenter Bauteile passive behagliche Innenraumbedingungen sicherzu- festgelegt.
solare Gewinne
stellen. Vorrangiges Ziel ist, durch eine opti-
mierte Hülle die im Gebäude vorhandene Kompaktheit
Wärme möglichst weitgehend zu erhalten. Zur Die Formfindung eines Baukörpers hat einen
Lüftungswärme- Analyse des Wärmeflusses kann eine Wärme- wesentlichen Einfluss auf dessen Energiebe-
verluste interne
Gewinne bilanz für das Gebäude erstellt werden. Sie darf. Die Größe des Gebäudevolumens ist in
dokumentiert das Verhältnis von Wärmeverlus- der Regel weitgehend vom Raumprogramm
ten und -gewinnen über den Nutzungszeitraum und von wirtschaftlichen Erwägungen be-
Verluste Gewinne eines Jahres (Abb. B 3.8). stimmt. Zudem sind meist bau- und planungs-
Möglichkeiten der Einflussnahme Bei den Verlustfaktoren wird unterschieden rechtliche Vorgaben bezüglich der Grund-
durch die Gebäudehülle zwischen Transmissions- und Lüftungswärme- flächenzahl (GRZ) und der Geschossflächen-
B 3.8 verlusten. Auf der Gewinnseite sind die inter- zahl (GFZ) zu beachten, die das zulässige Ge-
nen Wärmequellen (Abwärme durch Beleuch- samtvolumen definieren. Bei der Gestaltung
UDach tung, Personen und elektrische Geräte) sowie der Hüllfläche bestehen jedoch in der Regel
H'T = flächengewichtete der Energieeintrag durch die Solarstrahlung Spielräume. Unterschiedlich große Gebäude-
mittlere Wärmeleit- über transparente Hüllflächen verzeichnet hüllflächen wirken sich unmittelbar auf die
fähigkeit der Gebäu-
dehülle [W / m2K] (passive Nutzung der Solarstrahlung). Die Wärmeverluste aus: Je geringer die erforder-
UVerglasung
U = bauteilspezifische Gebäudehülle sollte mit ihren Eigenschaften liche Hüllfläche bei vorgegebenem Volumen
Wärmeleitfähigkeit dazu beitragen, diese Bilanz möglichst aus- ist, desto geringer ist auch der Heizwärmebe-
[W / m2K]
UAußenwand geglichen zu gestalten. Die Differenz dieser darf des Gebäudes. Umgekehrt gilt: Je größer
A = Bauteilfläche [m2]
UBoden Bilanzposten bestimmt den erforderlichen die Hüllfläche bei vorgegebenem Volumen
Fxi = Korrekturfaktor
(siehe Abb. B 3.13) Heizwärmebedarf, der über Gebäudetechnik ist, desto stärker ist der erforderliche bauliche
WBZ = bauteilspezifischer zugeführt werden muss. Dieser bildet die Wärmeschutz zu dimensionieren. Dieser Zu-
Wärmebrücken- Grundlage für die Berechnung des Primär- sammenhang wird am Entwurf visuell unmittel-
zuschlag [W / m2K]
ht energiebedarfs im Sinne der Energieeinspar- bar ablesbar. Er kann über das Maß der Kom-
H'T= H'T = Σ (U· A ·Fxi ) +WBZ · A
A verordnung (siehe Strategien, S. 185, Abb. paktheit quantifiziert werden. Als Größe zur
B 6.26). Bewertung der Kompaktheit wird das Verhältnis
B 3.9 Da die internen Wärmequellen vor allem durch von wärmeübertragender Umfassungsfläche
die Nutzungsart bestimmt werden, liegt in der (A) zum beheizten Gebäudevolumen (V) an-
Primärenergiebedarf [kWh / m2 a]

250 Altbau Minimierung der Verluste und der Maximierung gegeben (»A / V-Verhältnis«, auch »Formfak-
der Solargewinne das Optimierungspotenzial tor«). In geometrischer Hinsicht stellt die Kugel
200 der Gebäudehülle. Als Zielgröße (oder Kenn- die Idealform dar, als orthogonale Struktur der
wert) zur Bewertung der passiven thermischen Würfel. Abweichungen von diesen optimalen
Leistungsfähigkeit des Gebäudes über seine Formen erzeugen Unterschiede hinsichtlich
150 Hülle kann der mittlere Wärmedurchlasswider- des Wärmebedarfs eines Gebäudes (Abb.
stand der wärmeübertragenden Umschlie- B 3.10).
EnEV ßungsflächen H'T in W / m2K dienen (Abb. B Unbeheizte Erschließungszonen, Abstell- und
100
3.9). Er gibt Aufschluss über die Größe der zu Lagerräume, Garagen etc. zählen nicht zum
erwartenden Transmissionswärmeverluste. beheizten Volumen und müssen daher ther-
50 Ergänzend stellt auch die Außenluftversorgung misch abgegrenzt werden. Aus energetischer
Passivhaus
bei niedrigen Lufttemperaturen einen Verlust- Sicht ist daher nicht die Kompaktheit des
faktor dar, der mit zunehmender Luftwechsel- »Bruttovolumens«, sondern des beheizten
0 rate an Bedeutung gewinnt. Schließlich doku- Gebäudevolumens relevant (Abb. B 3.11).
0,2 0,4 0,6 0,8 0,9 1,0
mentiert der Verglasungsanteil in Abhängigkeit Eine geringe Fassadenfläche wirkt sich auch
A/V-Verhältnis [1/m]
von der Orientierung das mögliche Potenzial auf die Baukosten positiv aus. Das Streben
B 3.10 für die passive Nutzung der Solarstrahlung. nach hoher Kompaktheit findet seine Gren-
Neben dem direkten thermischen Energiefluss ze, wo Tageslichtbedingungen und Sichtkon-
über die Gebäudehülle gewinnen zunehmend takte nach außen beeinträchtigt werden (siehe
aktive solarthermische Systeme zur Wärmever- S. 102).
sorgung an Bedeutung. Hierfür eignen sich Prinzipiell verbessert sich das Maß der Kom-
Bauteile der Gebäudehülle in besonderem paktheit mit zunehmendem Gesamtvolumen.
Maße (siehe S. 93). So entstehen bei großen Geschosswohnungs-
Zur Verbesserung des winterlichen Wärmever- bauten deutlich geringere Transmissionswär-
haltens der Gebäudehülle sind folgende Ele- meverluste als bei frei stehenden Einfamilien-
mente aufeinander abzustimmen: häusern mit gleicher Wohnfläche (siehe Stadt-
raum und Infrastruktur, S. 70, Abb. B 2.33).
• Flächenoptimierung und Hüllengeometrie
• Wärmedämmung opaker Bauteile Thermische Zonierung
• Wärmedämmung transparenter Bauteile Auch bei der Grundrissgestaltung lassen sich
• passive Nutzung der Solarstrahlung energetische Optimierungspotenziale über
• Minimierung der Lüftungswärmeverluste eine thermische Zonierung nutzen. Dies be-
Gebäudevolumen beheiztes Volumen • aktive solarthermische Energiegewinnung deutet, die Nutzflächen gezielt in Bereiche
B 3.11

86
Gebäudehülle

1 2 3

5 Bauteil Temperatur-Korrekturfaktor [Fxi]


1 opake Decke gegen außen 1,0
6 2 opake Decke gegen unbeheizt 0,8
A1 A2
3 transparente Decke gegen außen 1,0
U1 U2 7
A 4 transparente Wand gegen außen 1,0
U effektiv 5 opake Wand gegen außen 1,0
8 6 transparente Wand gegen Glasvorbau –
7 opake Wand gegen Glasvorbau –
A1 A 9 8 opake Wand gegen unbeheizt 0,5
effektiv=U
Ueffektiv 1
• + U2• 2
A A 9 opake Wand gegen Erdreich 0,6

12 11 10 10 Boden gegen Erdreich 0,6


11 Boden gegen unbeheizt 0,6
12 Boden gegen außen 1,0
B 3.12 B 3.13
mit unterschiedlichen Temperaturanforderun- telt als Wärmeleistung pro Quadratmeter Flä- lich. Alternativ sind bei der Kombination von
gen zu gliedern. Hierbei sind die klimatischen che bei einer Differenz von einem Kelvin zwi- tragendem Kalksandstein und dämmendem
Ausgangsbedingungen für unterschiedlich ori- schen den beiden Oberflächen des Bauteils, Porenbeton bei gleicher Wandstärke U-Werte
entierte Flächen zu berücksichtigen. Dement- meist also zwischen innen und außen. Je bis ca. 0,12 W / m2K erreichbar. Auch massi-
sprechend ist es sinnvoll, Bereiche mit hohem geringer dieser Wert, desto besser verhält ve Betonwände können in Blähbeton ausge-
Wärmebedarf auf der Südseite zu platzieren, sich ein Bauteil in wärmetechnischer Hinsicht führt werden und erzielen bei einer Stärke
niedrig- oder unbeheizte Flächen sowie Räume (siehe Material, S. 149). Bei hochwärmege- von 40 cm U-Werte bis zu 0,3 W / m2K (Abb.
mit hohen internen Wärmelasten als Wärmepuf- dämmten Gebäuden, wie z. B. beim Passiv- B 3.16). Mit Verringerung der Wärmeleitfähig-
fer an der Nordseite. haus, sind für die opaken Bauteile im Mittel keit reduziert sich jedoch auch die Tragfähig-
Darüber hinaus kann durch eine gezielte An- U-Werte < 0,15 W / m2K erforderlich. Bei der keit von Bauteilen. In vielen Fällen sind die
ordnung von Zonen ohne Wärmeanforderun- Planung ist zwischen unterschiedlichen Bau- Anforderungen an Außenwände so hoch,
gen das Gebäude thermisch optimiert werden. teilen und deren Anforderungen zu differen- dass ein monolithischer Aufbau bei vertret-
Dies lässt sich sowohl mit unbeheizten Neben- zieren. Da bei der energetischen Bewertung barer Materialstärke keinen hinreichenden
räumen als auch insbesondere mit ergänzen- auch der Wärmeübergang vom Bauteil nach Wärmeschutz bietet.
den Hüllen aus Glas erreichen. Der klassische außen berücksichtigt wird, ergeben sich bei Bei einem mehrschichtigen Aufbau werden
Wintergarten bewirkt diesen Effekt ebenso wie gleichen Wandaufbauten je nach Einbausitu- zusätzliche Wärmedämmschichten verwendet.
moderne Doppelfassaden oder Atrien. Übertra- ation (z. B. gegen Außenluft oder Erdreich) Das Spektrum an geeigneten Materialien reicht
gen auf einen größeren Maßstab können als unterschiedliche Größen für den U-Wert von Naturprodukten wie Kork oder Hanf über
konsequente Weiterentwicklung eigene Klima- (Abb. B 3.13). Mineralwolle bis zu extrudierten Schäumen
hüllen realisiert werden (siehe S. 92). und Vakuumdämmungen. Die Wahl des rich-
Außenwände tigen Dämmstoffs hängt vom Einsatzbereich
Wärmedämmung opaker Bauteile Die Außenwände bilden in den meisten Fällen und von den spezifischen Anforderungen wie
Die Höhe der Transmissionswärmeverluste die größte Fläche der Gebäudehülle, deren z. B. Druckfestigkeit, Feuchteresistenz oder
opaker Gebäudehüllen wird maßgeblich von Bedeutung mit der Höhe des Baukörpers Brandschutz ab (siehe Material, S. 151). In
der Wärmeleitfähigkeit der das beheizte Volu- zunimmt. Die thermische Qualität der opaken Abb. B 3.16–23 sind unterschiedliche Wand-
men umfassenden Bauteile bestimmt. Diese ist Außenwände hat daher einen großen Einfluss aufbauten beispielhaft gegenübergestellt.
abhängig von den spezifischen Eigenschaften auf die Transmissionswärmeverluste des Darüber hinaus gibt es zahlreiche konstruktive
der Materialien und dem konstruktiven Aufbau Gebäudes. Bei einschaligen massiven Außen- und materialspezifische Varianten zur Ausbil-
der entsprechenden Bauteile. Als Kennwert wänden erreichen hochporöse Ziegel bereits dung einer Fassade. Bei Außenwänden mit
für die thermische Qualität eines Bauteils dient materialspezifische Werte für die Wärmeleit- hohen thermischen Anforderungen lassen sich
der Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert) in fähigkeit ¬ bis 0,08 W / mK (Abb. B 3.14). prinzipiell folgende Dämmtypologien unter-
W / m2K. Er ist ein Maß für den Wärmefluss Dadurch sind bei Wandstärken von 360 mm scheiden: Außendämmung, Kerndämmung,
unter statischen Bedingungen und wird ermit- spezifische U-Werte bis ca. 0,2 W / m2K mög- Innendämmung und Skelettbauweise.
Konstruktionsmaterial Wärmeleit-
fähigkeit λ
[W / mK]
Holz 1 Mauerwerk
Konstruktionsholz, Laubholz, ρ = 700 kg 0,18
B 3.8 Wärmebilanz eines Gebäudes 2 Baukleber
Konstruktionsholz, Nadelholz, ρ = 500 kg 0,13
B 3.9 Ermittlung des mittleren Wärmedurchlasswider- 3 Steinwoll-
stands H'T mineralische Bindemittel
platte
B 3.10 Einfluss der Kompaktheit eines Gebäudes auf Normalbeton, armiert (1 % Stahl) 2,30
den Primärenergiebedarf Leichtbeton mit Blähtonzuschlag, ρ = 500 kg 0,16 4 Ausgleichs-
B 3.11 Kompaktheit und thermische Hülle Porenbeton, ρ = 500 kg 0,16 mörtel
B 3.12 Ermittlung des mittleren Wärmedurchlasswider- Porenbeton, ρ = 350 kg, LM 0,09 5 Glasfaser-
stands bei inhomogenen Bauteilen Mauerwerk (inkl. Mörtelfugen) gewebe
B 3.13 Übersicht über die energetisch zu differenzieren- Kalksandstein, ρ = 1600 kg 0,79 6 WDVS-Putz
den Bauteile der Gebäudehülle mit Abminde- Vollziegel, ρ = 1600 kg 0,68
rungsfaktor Fx nach EnEV Hochlochziegel, HLzW, ρ = 550 kg, LM 0,27 6
B 3.14 Wärmeleitfähigkeit ausgewählter Konstruktions- Wärmedämmziegel, ρ ≤ 600 kg, Perlitefüllung, LM 0,08 4
materialien 5
Metall 4
B 3.15 Aufbau eines Wärmedämmverbundsystems
Baustahl, FE 360 BFN 56,90 1 2 3
(WDVS)
B 3.14 B 3.15

87
Gebäudehülle

Für eine bauphysikalisch ideale Schichtfolge Ebene statisch verbunden werden. Dies führt Dächer
sollte das wärmedämmende Material auf der zwangsläufig zu Durchstoßpunkten in der Wär- Das Dach ist insbesondere bei niedrigen Ge-
Außenseite massiver Außenwände (z. B. Mauer- medämmebene. Der Abstand zwischen den bäuden eine bedeutende Verlustfläche durch
werk, Betonwände) angebracht sein. Dadurch Schalen und damit die mögliche Dämmschicht- Wärmetransmission. Zu unterscheiden sind
ist die Wandkonstruktion im warmen Bereich dicke ist bei Standardsystemen auf ca. 150 mm Massivdecken, Sparren- bzw. Pfettendächer
und kann mit ihrer Masse das Innenraumklima begrenzt. Erhöhte Dämmstoffdicken erfordern und Leichtkonstruktionen. In Abb. B 3.24 bis 26
günstig beeinflussen. Ein weitverbreitetes Sonderlösungen. sind unterschiedliche Dachaufbauten beispiel-
System zur Wärmedämmung massiver Außen- Ist eine Außendämmung nicht möglich (z. B. haft gegenübergestellt.
wände ist das Wärmedämmverbundsystem bei der Sanierung von denkmalgeschützten
(WDVS, auch »Thermohaut«). Dieses Prinzip Fassaden), kann sie auch innenseitig ange- • Flachdächer sind meist als Massivdächer
ermöglicht eine effiziente und thermisch hoch- bracht werden (Abb. B 3.21). Hierbei wird ausgebildet und werden in der Regel als
wertige Optimierung von Außenwänden und jedoch die Speichermasse der Wand thermisch Betondecken ausgeführt. Sie sind hinsichtlich
kombiniert Wärme- und Witterungsschutz vom Innenraum entkoppelt. Zudem sind nach- der wärmetechnischen Optimierung ver-
(Abb. B 3.15 und 18). Wärmedämmverbund- trägliche Wandmontagen nur eingeschränkt gleichbar mit massiven Außenwänden. Bei
systeme werden flächig auf der massiven möglich, da die zum Raum gerichtete Schale in der Materialwahl von Dämmstoffen ist die
Wand verklebt und bei hohen statischen Anfor- der Regel weich ist und Durchdringungen der erhöhte Druckbelastung zu beachten, ins-
derungen zusätzlich verdübelt. Sie lassen sich dahinter meist zwingend anzubringenden besondere bei begehbaren Flächen oder
auf nahezu jedem Untergrund einsetzen und Dampfbremse bauphysikalisch problematisch Dachbegrünungen (Abb. B 3.24). Verwen-
eignen sich auch sehr gut für eine nachträg- sind. Große Sorgfalt ist bei der Innendämmung dung finden meist Hartschaumelemente, je
liche Dämmung bei der Gebäudesanierung. auf den Feuchteschutz zu legen. Mit zuneh- nach Dachaufbau als Warm- oder Kaltdach
Alternativ kann der Witterungsschutz losgelöst mender Innendämmung verringert sich die ausgeführt. Für U-Werte < 0,15 W / m2K sind
von der Dämmebene ausgeführt werden. Die Oberflächentemperatur der tragenden Wand- Dämmstärken von über 20 cm erforderlich.
äußere Schicht wird dabei hinterlüftet, um konstruktion auf der Innenseite. Um Kondensat- Der daraus resultierende Dachaufbau ist bei
Feuchtigkeit abzuleiten. Dieser Aufbau ermög- bildung zu vermeiden, ist bei der Planung dar- der Planung der Gebäudehöhe (Attika) zu
licht ein breites Spektrum an Fassadenmateria- auf zu achten, dass in Luft gelöster Wasser- beachten.
lien und Gestaltungsmöglichkeiten (Abb. B dampf an keiner Stelle – insbesondere in der • Geneigte Dächer werden im Wohnungsbau
3.20). Die Verankerung der äußeren Schicht an Dämmebene – die Taupunkttemperatur unter- meist als Sparren- bzw. Pfettendächer aus-
der tragenden Wand verursacht in der Regel schreitet. Die Dämmstärke der Innendämmung gebildet. Hier gelten prinzipiell die gleichen
eine Schwächung der Dämmebene, die bei der ist daher auf ca. 60 bis100 mm beschränkt. Bedingungen wie bei Holzständer-Wandkon-
Ermittlung des Wärmedurchgangskoeffizienten Zusätzlich ist eine Dampfsperre (wasserdampf- struktionen. Zu beachten ist insbesondere
zu berücksichtigen ist. undurchlässige Folie) auf der Innenseite der eine fehlerfreie Ausführung der Dampfsperre
Bei zweischalig-massivem Wandaufbau (bei- Dämmung anzubringen, um den Feuchtigkeits- auf der Innenseite. Zusätzlich zu einer durch-
spielsweise Sichtmauerwerk, Sichtbeton) be- transport vom Innenraum in die Dämmebene gehenden Dämmebene kann auch der Spar-
steht die Möglichkeit einer Kerndämmung zu verhindern. Alternativ können Dämmmateri- renzwischenraum für die Einbringungen von
(Abb. B 3.17). Die Wandkonstruktion wird in alien eingesetzt werden, die Wasserdampf in Dämmstoffen genutzt werden (Abb. B 3.25).
der Regel ohne Hinterlüftung ausgeführt. Als großen Mengen aufnehmen und wieder abge- Wird auf eine Zwischensparrendämmung
Dämmmaterial werden Mineralfaser und Hart- ben können (z. B. Mineralschaumplatten aus verzichtet (z. B. aus gestalterischen Gründen
schaumplatten oder auch Schüttstoffe verwen- Kalziumsilikat). Hier ist da-rauf zu achten, dass für eine sichtbare Konstruktion), ist die durch-
det. Die äußere Schale muss analog zur hinter- durch Luftaustausch im Innenraum die Feuch- gängige Dämmebene entsprechend stark
lüftete Fassade mit der inneren tragenden tigkeit abgeführt werden kann. auszubilden, was zu einem hohen Dachauf-
Bei der Skelettbauweise übernehmen stabför- bau führt. Bei hochgedämmten Konstruktio-
mige vertikale Elemente (Ständer bzw. Pfosten nen werden beide Prinzipien kombiniert, der
aus Holz oder Metall) die statische Funktion. Im hohe Dachaufbau ist bei der Gestaltung von
Wohnungsbau werden meist Holzständerkons- Überständen zu berücksichtigen.
truktionen eingesetzt. Diese ermöglichen eine • Bei Stahltragwerken werden vielfach beson-
Verflechtung von Trag- und Dämmebene in ders leichte Flächenelemente (z. B. Trapez-
einer Schicht und erreichen bei geringer Wand- blech) eingesetzt. Diese sind analog zu Mas-
stärke gute U-Werte (Abb. B 3.19). Durch den sivdächern mit außen liegender Dämmung
inhomogenen Wandaufbau ist der mittlere auszustatten (Abb. B 3.26). Alternativ zum
U-Wert entsprechend den Flächenverhältnis- schichtweisen Aufbau können gedämmte
sen von dämmenden und tragenden Bauteilen Sandwich-Kassettenelemente direkt auf der
B 3.16 Massivwand aus Porenbeton, Wohnhaus in Chur zu ermitteln (Abb. B 3.12). Im Nichtwohnungs- Tragkonstruktion befestigt werden.
(CH) 2003, Patrick Gartmann bau wird die statische Funktion meist durch
B 3.17 Sichtbeton mit Kerndämmung, Haus der Stille, Stahlbeton- oder Stahltragwerke realisiert. Bei Bauteile zu Räumen mit Temperaturdifferenz
Meschede (D) 2001, Peter Kulka mit Konstantin der davon losgelösten Gebäudehülle werden Auch Bauteile zu unbeheizten oder niedrig-
Pichler
B 3.18 Wärmedämmverbundsystem, Wohnhaus, Zwei-
überwiegend Pfosten-Riegel-Systeme einge- beheizten Räumen sind hinsichtlich der Wär-
brücken (D) 2006, dd1 Architekten setzt. Auf eine gute thermische Trennung des metransmission zu beachten. Dies betrifft z. B.
B 3.19 Holzständerwand, Wohnhaus, Seekirchen (A) Fassadensystems ist zu achten. Die Flächen- oberste Geschossdecken zu unbeheizten
2003, Ebner Grömer elemente können im opaken Bereich als Kalt- Dachräumen, Böden gegen Kellerräume,
B 3.20 hinterlüftete Metallfassade, Forschungszentrum,
fassade mit Dämmung massiver Bauteile (z. B. Decken oder Wände zu angrenzenden Gara-
Bonn (D) 2002, BMBW Architekten + Partner
B 3.21 Sanierung mit Innendämmung, Wohnhaus, Kon- Betonbrüstung) oder als hochgedämmte gen und unbeheizten Treppenhäusern. Auf-
stanz (D) 2003, Schaller + Sternagel Paneele ausgeführt werden (Abb. B 3.22). Mit grund der geringeren Temperaturdifferenzen
B 3.22 Pfosten-Riegel-Fassade mit Dämmpaneelen, der Verwendung von Vakuumisolationspanee- gelten hier reduzierte Anforderungen an den
Verwaltungsgebäude, Düsseldorf (D) 2005, len sind sehr gute Dämmwerte bereits bei Ele- Wärmeschutz. Bei der Altbausanierung erwei-
Gatermann + Schossig
B 3.23 Holzständer-Fassade mit Vakuumdämmpanee-
mentstärken zu erreichen, die nur geringfügig sen sich diese Dämmungen in der Regel als
len, Experimentierfassade, Würzburg (D)1999, über denen von Verglasungselementen liegen sehr wirtschaftlich, da mit geringem Aufwand
Michael Volz (Abb. B 3.23). ein hoher Einspareffekt zu erzielen ist.

88
Gebäudehülle

Stahlbeton
Kerndämmung
Dämmbeton Stahlbeton
B 3.16 B 3.17

Schalung
Luftschicht
Holzständerwand/
WDVS Dämmung
Massivwand Schalung
B 3.18 B 3.19

Fassadenpaneel Putz
Luftschicht Fachwerk
Dämmung Innendämmung
Massivwand Gipsplatte
B 3.20 B 3.21

Pfosten-Riegel-
Konstruktion/ Glaspaneel
Dämmpaneel Vakuumdämmung
Glas Hartfaserplatte
B 3.22 B 3.23

89
Gebäudehülle

Bauteile gegen Erdreich Hilfreich ist hierbei eine frühzeitige konzeptio- Wärmedämmung transparenter Bauteile
Bauteile mit direktem Kontakt zum Erdreich nelle Festlegung der Lage der Dämmschichten Bei der Planung transparenter Bauteile müssen
haben aufgrund dessen geringer Temperatur- und der wärmedämmenden Verglasungen. Bei zahlreiche Anforderungen wie Tageslichtnut-
schwankungen ein günstigeres thermisches Neubauten ist bei sorgfältiger Planung eine zung, Durchblick, Blendfreiheit etc. berücksich-
Verhalten als Bauteile gegen Außenluft. Die wärmebrückenfreie Ausführung realisierbar. tigt werden. Bei gut gedämmten Bauwerken
Wärmedämmung im Erdreich wird als Perime- Bei nicht zu vermeidenden Wärmebrücken und weisen transparente Flächen materialbedingt in
terdämmung bezeichnet und in der Regel insbesondere beim Bauen im Bestand sind die der Regel einen schlechteren Wärmeschutz auf
außerhalb der Bauwerksabdichtung angeord- entsprechenden Schwachstellen bauphysika- als opake Bauteile. Die Größe und Anordnung
net. Hierfür sind Materialien erforderlich, die für lisch kritisch zu bewerten und in der Berech- der Verglasungsanteile hat daher großen Ein-
hohe Feuchte- und Druckbeanspruchungen nung des Wärmebedarfs als Verlustquellen zu fluss auf die Transmissionswärmeverluste.
geeignet und verrottungsfrei sind (siehe Mate- berücksichtigen. Eine Analyse thermischer Diesbezüglich steigt die Bedeutung transpa-
rial, S. 151). Aufgrund der günstigeren Tempe- Schwachstellen kann durch Thermografieauf- renter Bauteile mit den Verglasungsanteilen.
ratur-Rahmenbedingungen genügen meist nahmen unterstützt werden. Die Ergebnisse Von einem hohen Verglasungsanteil spricht
geringere Dämmstärken als bei Wandelemen- solcher Bilder geben Informationen über die man bei einem transparenten Flächenanteil an
ten gegen Außenluft. Bei der Festlegung der Oberflächentemperaturen und lassen damit der Fassade von > 30 % bei Wohngebäuden
Dimensionen ist jedoch zu beachten, dass eine Rückschlüsse auf die Wärmeleitfähigkeit zu und > 50 % bei Gebäuden anderer Funktionen.
nachträgliche Verbesserung der thermischen (Abb. B 3.27). Die Berücksichtigung von Wär- Mit zunehmender Bauhöhe der Verglasungen
Qualität bei erdberührenden Bauteilen in der mebrücken kann in bestimmten Fällen über verstärkt sich generell der Kaltluftabfall entlang
Regel nicht mehr möglich ist. pauschale Zuschläge erfolgen oder über der kühleren Glasfläche nach unten und kann
detaillierte Berechnungen nachgewiesen wer- zu Zugerscheinungen führen. Dem muss dann
Wärmebrücken den [2]. Die Bedeutung von Wärmebrücken mit einer Wärmeabgabe über die Gebäude-
Bei der Wärmedämmung von Bauteilen ist der nimmt mit steigender energetischer Qualität technik entgegengewirkt werden.
Vermeidung von Wärmebrücken besondere der Gebäudehülle zu. Bei sehr gut gedämmten
Beachtung zu schenken. Dies sind lokale Stö- Bauten können auch geringe konstruktiv be- Glasqualität
rungen der thermischen Hülle, über die im Ver- dingte Wärmebrücken hohe Wärmeverluste Analog zu opaken Bauteilen gibt es auch bei
gleich zu umliegenden Flächen ein erhöhter verursachen. Zudem bewirken sie im Innenbe- Verglasungen große Unterschiede in der ther-
Wärmestrom an die Umgebung stattfindet, wie reich eine verminderte Oberflächentemperatur mischen Qualität. Je nach Klimazone und Nut-
z. B. bei auskragenden Balkonplatten, Wand- gegenüber den angrenzenden Bauteilen. Dies zung können Systeme von der Einfachvergla-
verankerungen oder Rolladenkästen (Abb. B birgt die Gefahr von Kondenswasserbildung sung bis hin zu hoch entwickelten Isolierglas-
3.29). Zu unterscheiden sind geometrische und mit entsprechenden Feuchteschäden. Eine elementen mit unterschiedlichen Beschichtun-
konstruktiv bedingte Wärmebrücken. Grund- sorgfältige Planung gefährdeter Bereiche ist gen und Gasen verwendet werden (siehe
sätzlich ist unter thermischen Aspekten eine daher vor allem im Sinne des Bauteilschutzes Material, S. 152 und 155). Als Standard werden
möglichst homogene Hüllfläche anzustreben. von großer Bedeutung. in gemäßigten Klimazonen heute überwiegend
1
1
1 2
2 3 2
4
3 5 3
6
7
4 4
5 5

6
6

1 Zinkblech
1 Gründach, Dachabdichtung 2 Trennlage 1 Photovoltaikmodule
2 Holzwerkstoffplatte 3 Schalung 2 Dachabdichtung, Holzwerkstoffplatte
3 Wärmedämmung 4 Wärmedämmung / Sparren 3 Wärmedämmung
4 Dampfbremse 5 Dampfbremse 4 Dampfbremse
5 Stahlbetondecke 6 Lattung 5 Trapezblech
6 Putz 7 Gipskartonplatte 6 Stahlträger

B 3.24 B 3.25 B 3.26

90
Gebäudehülle

Zweischeiben-Wärmeschutzverglasungen ein- Temporärer Wärmeschutz


gesetzt. Der U-Wert der Fenster [Uw] setzt sich Da in den Nachtstunden die Tageslichtnutzung
aus den spezifischen Werten für das Glas [UG] entfällt und die Durchsicht meist unbedeutend
und den Rahmen [UF] zusammen. Im Woh- ist, besteht bei transparenten Bauteilen die
nungsbau kommt zunehmend die Dreifach- Möglichkeit einer zeitlich variablen Verringe-
verglasung zum Einsatz, auch Vierfachvergla- rung der Wärmetransmission mithilfe verschie-
sungen mit U-Werten bis 0,3 W / m2K sind auf dener Arten wärmedämmender Elemente, die
dem Markt verfügbar. In der Entwicklung sind temporär vor oder hinter den Glasflächen
Vakuumverglasungen, die bei sehr geringer angebracht werden. Typische Elemente sind
Bauteiltiefe einen extrem hohen Wärmeschutz Klapp- und Schiebeläden, gedämmte Rollläden
gewährleisten sollen. oder vertikale bzw. horizontale Lamellen, die
In Abhängigkeit von dem Verglasungsanteil und sich vollständig schließen lassen (Abb. B 3.33).
der Orientierung sowie der angestrebten Leis-
tungsfähigkeit der Gebäudehülle kann auf Basis Passive Nutzung der Solarstrahlung
einer Wärmebedarfsberechnung die optimale Die so genannte Solararchitektur ist bislang
Glasqualität bestimmt werden. Der Einfluss der gekennzeichnet durch zur Sonne orientierte
Verglasungsqualität auf den Heizwärmebedarf Gebäude mit großen Öffnungen nach Süden B 3.27
ist beispielhaft in Abb. B 3.30 dargestellt. und weitgehend geschlossenen Flächen nach
Norden, Dachüberstände, die im Sommer vor
Mehrschaligkeit Überhitzung schützen und im Winter die flach
Weitere Optimierungspotenziale bieten mehr- einfallende Sonne tief in den Raum eindringen
schalige Aufbauten. Diese reichen vom Kasten- lassen, sowie eine darauf ausgerichtete Zonie-
fenster bis zu Doppelfassaden. Der thermische rung des Grundrisses. Der Baustoff Glas spielt
Aspekt ist bei diesen Systemen jedoch in der in diesem Zusammenhang eine entscheidende
Regel von untergeordneter Bedeutung. Wirt- Rolle. Das transparente Material ermöglicht
schaftlich sinnvoll kann ihr Einsatz sein, wenn eine thermische Trennung bei gleichzeitiger
weitere Leistungsanforderungen – wie z. B. Nutzung von Tageslicht und Durchsicht. Darü-
Schallschutz oder natürliche Lüftung hoher ber hinaus kann es durch seine speziellen phy-
Gebäude – bei der Planung im Vordergund ste- sikalischen Eigenschaften gezielt als »Wärme-
hen (siehe S. 99). Vor allem bei Doppelfassa- falle« zur Beheizung von Innenräumen einge-
den ist durch ausreichende Hinterlüftung setzt werden.
sicherzustellen, dass die gewünschte puffern- Grundsätzlich basiert dieser Ansatz auf folgen-
de Wirkung in der Heizperiode nicht zu einer dem Effekt: Die kurzwellige Solarstrahlung (IR-
B 3.28
thermischen Belastung in den Sommermonaten Strahlung) der Sonne wird durch Materie
führt. absorbiert und in langwellige Wärmestrahlung
Das Prinzip der Doppelschaligkeit kann auch (UV-Strahlung) umgewandelt. Glas besitzt die
bei der energetischen Sanierung von Bestands- Eigenschaft, für kurzwellige Strahlung durch-
bauten eine sinnvolle Alternative sein. Durch die lässig zu sein, für langwellige Wärmestrahlung
Kombination der bestehenden Hüllflächen mit jedoch nicht. Diese als »Treibhauseffekt« be-
einer zweiten Haut aus Glas verbessert sich kannte Eigenschaft kann durch Kombination B 3.24 begrüntes Massivdach, Wohn- und Bürohaus,
deren thermische Qualität erheblich. Die Maß- von transparenten Flächen und absorbieren- Wien (A) 2002, Delugan Meissl
nahme bietet die Möglichkeit, die vorhandenen den Materialien eine optimierte thermische Nut- B 3.25 Sparrendach mit Blecheindeckung, Mehrfami-
lienhaus, Dortmund (D) 2005, ArchiFactory.de
Verglasungen und Rahmen weiterzuverwenden. zung der Solarstrahlung bewirken. Solch einfa-
B 3.26 Flachdach auf Stahltragwerk, Wohnhaus R128,
Vorhandene Wärmebrücken werden auf diese che Form der Energiegewinnung ist besonders Stuttgart (D) 2000, Werner Sobek
Weise ebenfalls deutlich abgeschwächt. Zu- positiv zu bewerten, da die Wärmeabsorption B 3.27 Thermografieaufnahme des Centre Pompidou
dem können auch erhaltenswerte Fassaden ohne bewegliche Teile sowie emissions- und B 3.28 beispielhafter Isothermenverlauf einer konstruk-
durch Anwendung dieses Prinzips vor Witte- geräuschfrei über meist ohnehin erforderliche tiven Wärmebrücke (Gebäudesockel)
B 3.29 typische Wärmebrücken
rungseinflussen geschützt werden und erhalten Bauteile erfolgt. Diesem Energiepotenzial sind a im Bestand
eine neue Gestalt, ohne die alte Struktur zu jedoch aufgrund nicht beeinflussbarer Kon- b Beispiel Sanierung: Wärmebrücken reduzieren
verlieren. stanten des Sonnenverlaufs (und der daraus c Beispiel Neubauten: Wärmebrücken vermeiden

1 Wärmedämm- 1 1 durchgängige
verbundsystem Dämmebene
1

2
2 vorgestellter Balkon 2 thermisch getrennte
2 Konstruktionen
Wärmebrückenzuschläge (z.B. Isokorb)
nach Energieausweis
bei Einhaltung von DIN 4108-6 3 3 außenliegende
WBZ = 0,05 W/m2K Funktionselemente
(z.B. Schiebeläden)
ohne Einhaltung von DIN 4108-6
WBZ = 0,1 W/m2K 3 Perimeterdämmung
bei Innendämmung 3 4 Dämmung unter 4 4 Perimeterdämmung
WBZ = 0,2 W/m2K 4 Kellerdecke
a b c B 3.29

91
Gebäudehülle

TWD Außenwand
Primärenergiebedarf [kWh/m2 a]

120 Nordwest Nord Nordost


So
Ug =1,8 lar
100 str
ah
lun
g

80 Verluste
Wärmegewinne
60 West 0,00 Ost
Ug =1,1

40 0,05
Ug =0,7
0,10
Ug =0,4 Reflexion
20 50 °C
• 0,15

0 0,20
0 20 40 60 80 100 • 20 °C Südwest Süd Südost
mittlerer U-Wert dynamisch [W/ m2K]
Verglasungsanteil der Fassade [%] 0 °C • mittlerer U-Wert statisch [W/m2K]
B 3.30 B 3.31 B 3.32
resultierenden »Passivität«) Grenzen gesetzt. Ausrichtung der für den Außenbezug und die möglichkeit verbunden sein (Abb. B 3.34).
So sind Energiebedarf und Energieangebot Tageslichtversorgung erforderlichen transpa- Neben Glas sind auch Folienkonstruktionen
in vielen Fällen gegenläufig. In diesem Zusam- renten Flächen in der Gebäudehülle. Zu beach- einsetzbar. In dreilagiger Ausführung erreichen
menhang spielen Sonnenschutz und Speicher- ten ist bei allen Ansätzen zur verstärkten Nut- diese U-Werte ≥ 1,7 W / m2K. Über spezielle
massen eine wichtige Rolle. Speichermassen zung der Solarstrahlung jedoch, dass die Vor- Ventile kann zudem die Lage der mittleren Folie
können kurzzeitige Schwankungen im Tag- teile während der kalten Jahreszeit nicht zu manuell verändert werden. Bei einer invertier-
und Nachtrhythmus effizient ausgleichen. negativen Konsequenzen in warmen Perioden ten Bedruckung der äußeren und der mittleren
Eine passive Nutzung der Solarstrahlung über führen dürfen (siehe S. 95). Das nutzbare Folien lässt sich damit der g-Wert des Folien-
Fensterflächen ist prinzipiell immer vorhanden, Solarpotenzial differiert zudem stark in Abhän- dachs je nach Anforderung in zwei Stufen vari-
selbst bei Nordausrichtung durch diffuse Solar- gigkeit von der Funktion des Gebäudes. So ist ieren (Abb. B 3.35).
strahlung. Der Wärmeeintrag durch die Vergla- z. B. in Wohngebäuden eine passive Solaropti- Im großen Maßstab bietet eine transparente
sungen wird bei der Wärmebedarfsberechnung mierung in der Regel sinnvoll, während bei Klimahülle neue Möglichkeiten der energeti-
als »solarer Gewinn« entsprechend berück- Bürobauten infolge der höheren internen Las- schen Optimierung, die zudem einen beson-
sichtigt. Der Umfang dieser Energieerträge ist ten meist die Überhitzungsproblematik im deren Raum entstehen lässt, der insbesondere
entscheidend beeinflussbar durch die Gestal- Sommer überwiegt. an kühlen Tagen große Aufenthaltsqualitäten
tung des Baukörpers sowie die Größe und gegenüber den Freiflächen außerhalb der
Anordnung der transparenten Flächen. Bei Solare Pufferräume Klimahülle schafft (siehe Beispiel 11). Die
transparenten Flächen spielt insbesondere die Neben der direkten Gewinnung der Solarstrah- Investitionen in die zusätzliche Hülle können
Ausrichtung der Bauteile zur Solarstrahlung lung ist ein weiterer konzeptioneller Ansatz die kompensiert werden durch geringere Anfor-
eine zentrale Rolle. Die thermische Wirkung Anordnung von sogenannten solaren Puffer- derungen an die Gebäudehüllen im Inneren.
einer Verglasung wird in der Heizperiode ermit- räumen. Ihre Palette reicht vom klassischen Auch bei der Sanierung von Bestandsgebäu-
telt als Differenz zwischen Transmissionswär- Wintergarten und verglasten Atrien bis zu kom- den kann dieser Ansatz eine interessante
meverlusten und solaren Gewinnen. Bei son- pletten Klimahüllen. Der Grundgedanke hierbei Alternative zur konventionellen energetischen
nenabgewandten Seiten überwiegen die Ver- ist stets, einen ausschließlich solar erwärmten Sanierung sein.
luste, während zur Sonne orientierte Verglasun- Zwischenraum zwischen innen und außen zu
gen in der Bilanz Wärmegewinne erzeugen schaffen, der höhere Temperaturen als die Transparente Wärmedämmung
können. Dementsprechend sollte zur energe- Außenluft aufweist. Dadurch lassen sich Trans- Für die Gebäudehülle wurden in den vergan-
tischen Optimierung sowohl der Verglasungs- missionswärmeverluste der Innenräume redu- genen Jahrzehnten verschiedene Materialien,
anteil als auch die thermische Qualität differen- zieren, was über Simulationsberechnungen Bauelemente und Fassadensysteme wie z. B.
ziert in Abhängigkeit von der Ausrichtung verifiziert werden muss. Die äußere Glashaut die transparente Wärmedämmung (TWD) ent-
bestimmt werden. Eine optimierte passive wird in der Regel als Einfachverglasung reali- wickelt, die unter bestimmten Voraussetzungen
Nutzung der Solarstrahlung beginnt damit bei siert. Der Pufferraum ist nicht beheizt, sollte eine Nutzung der Solarstrahlung auch über
der Bestimmung der Größe, Geometrie und jedoch immer mit einer erweiterten Nutzungs- opake Bauteile ermöglicht (Abb. B 3.31). Das
B 3.30 beispielhafter Einfluss von Verglasungsanteil und
Glasqualität auf den Primärenergiebedarf eines
Wohnhauses (S : W / O : N= 3 : 2 : 1)
B 3.31 Funktionsschema transparenter Wärmedämmung
B 3.32 dynamischer U-Wert einer Holzständerwand
(180 mm Dämmung und 50 mm TWD)
B 3.33 Klappläden als temporärer Sonnen- und Wärme-
schutz, Wohngebäude, Innsbruck (A) 2000,
Baumschlager & Eberle
B 3.34 Doppelfassade, Aschrott Altenheim, Kassel (D)
1931, Otto Haesler
B 3.35 Atriumüberdachung mit Folienelementen, Kinder-
tagesstätte, Wismar (D) 2005, Institut für Gebäu-
detechnik + Energie + Licht Planung (IGEL)
B 3.36 Lucido-Fassade, Wildhaus (CH) 1999, Architheke
B 3.37 massive Holzwand mit Glaselementen, Schreine-
rei, Ehrenkirchen (D) 1999, Pfeifer Kuhn
B 3.38 TWD-Element mit integrierter Speichermasse
B 3.39 TWD-Fassade, Alterswohnungen in Domat / Ems
(CH) 2004, Dietrich Schwarz
B 3.33 B 3.34

92
Gebäudehülle

B 3.35 B 3.36 B 3.37


Grundprinzip ist, in der Heizperiode durch eine Minimierung der Lüftungswärmeverluste ein Öffnungsflügel ohne Kippstellung z. B.
für Solarstrahlung durchlässige Dämmebene Bei guter Qualität der Gebäudehülle ist den eine Dauerlüftung während der Heizperiode,
die äußere Oberflächentemperatur der massi- Lüftungswärmeverlusten erhöhte Aufmerksam- die zum Auskühlen von Speichermassen und
ven Wand zu erwärmen. Entspricht diese der keit zu schenken. Dies gilt vor allem für Bauten, erheblichem Energiebedarf führt (siehe S.
Innentemperatur, so entstehen keine Transmis- bei denen nutzungsbedingt hohe Luftwechsel- 100, Abb. B 3.70).
sionswärmeverluste. raten zu gewährleisten sind. Zur Minimierung • Bei natürlich angetriebenen Lüftungskonzep-
Alternativ zu opaken Systemen sind auch trans- von Lüftungswärmeverlusten sind im Wesent- ten (freie Lüftung) kann die Zuluft über ver-
luzente Elemente mit integrierten Speicherma- lichen vier Aspekte relevant: schiedene Systeme wie Doppelfassaden,
terialien einsetzbar (Abb. B 3.38 und 39). Zum Atrien oder spezielle Luftkollektoren vorge-
Einsatz kommen verschiedene Formen von • Bei der Ausführung der Gebäudehülle ist eine wärmt werden (Abb. B 3.40).
latenten Wärmespeichersystemen (z. B. PCM, hohe Luftdichtheit sicherzustellen, um einen • Wärmetauscher in Verbindung mit maschinell
siehe Material, S. 158). Darüber hinaus können unkontrollierten Luftaustausch zu verhindern. unterstützten Lüftungssystemen können bis
Glaselemente mit kostengünstigen Waben- Hierfür ist eine sorgfältige Detailplanung der zu 90 % der Wärmeverluste vermeiden helfen
oder Lamellenstrukturen verwendet werden. zahlreichen Anschlüsse erforderlich. Zur (siehe Technik, S. 135). Für die Realisierung
Prinzipiell wird bei diesen Systemen durch spe- Überprüfung der Dichtheit des Gebäudes sehr effizienter Gebäude (z. B. Passivhaus)
zielle Gläser oder die geometrische Struktur dient der sogenannte Blower-Door-Test (Abb. ist eine maschinelle Lüftung mit Wärmerück-
eine Überhitzung vermieden, indem die einfal- B 3.41). Hierbei wird über die Herstellung von gewinnung erforderlich, um den geringen
lende Solarstrahlung in den Wintermonaten bis Über- oder Unterdruck ermittelt, welche Venti- Heizwärmebedarf zu ermöglichen.
zur Absorberfläche durchdringen kann, bei latorleistung aufgewendet werden muss, um
steilen Einfallswinkeln der hochstehenden Som- einen bestimmten Druckkennwert (50 Pa) im Aktive solarthermische Gebäudehüllen
mersonne jedoch reflektiert wird (Abb. B 3.36). Gebäude aufrechtzuerhalten. Aus diesem Die aktive Nutzung thermischer Solarenergie
Realisierbar sind auch Kombinationen von Wert kann dann die bei diesem Zustand über Kollektoren ist im Gegensatz zur passiven
Massivholzwänden mit einer davorgestellten bestehende Luftwechselrate pro Stunde (1 / h) Solarenergienutzung unabhängig vom Klima
Glasebene (Abb. B 3.37). Diese Anordnung ermittelt werden. Eine hohe Luftdichtigkeit ist des Innenraums. Über aktive Solartechniksyste-
bietet zusätzlich zur passiven Funktion die insbesondere bei Gebäuden mit maschineller me kann in Verbindung mit effizienter Speicher-
Möglichkeit einer solaren Zulufterwärmung. Lüftung zu gewährleisten, um deren Funkti- technologie Solarenergie weitgehend entkoppelt
Eine solche »dynamische Dämmung« weist onsfähigkeit und die Effizienz der Wärmerück- von den aktuellen Einstrahlungsbedingungen
unter statischer Betrachtung in der Regel einen gewinnung sicherzustellen. Hier sind Kenn- genutzt werden. Die hierfür notwendigen Tech-
geringeren U-Wert auf als eine hochwertige werte < 0,6 / h üblich. nologien und Konzepte stehen in ausgereifter
opake Dämmung. Ob sie in der Jahresbilanz • Bei Gebäuden mit reiner Fensterlüftung kann Form zur Verfügung (siehe Technik, S. 118).
Vorteile bietet, lässt sich nur durch eine dyna- durch Wahl und Anordnung der öffenbaren Im Zentrum der Planung steht der Kollektor zur
misch-thermische Gebäudesimulation und Elemente ein energetisch optimiertes Nutzer- Wandlung der solaren Einstrahlung in thermi-
Monitoring ermitteln (Abb. B. 3.32). verhalten unterstützt werden. So verhindert sche Energie zur Wärmeerzeugung. Er ist Be-

B 3.38 B 3.39

93
Gebäudehülle

B 3.40 Luftkollektorfassade, Gründerzentrum Hamm (D)


1998, Hegger Hegger Schleiff
B 3.41 Funktionsschema Blower-Door-Test
B 3.42 Reihenhäuser mit fassadenintegrierten Flachkol-
lektoren, Batschuns (A) 1997, Walter Unterrainer
B 3.43 Sanierung eines Wohngebäudes mit Flachkollek-
Differenzdruckmessung toren, Karlsruhe (D) 2005, Hinrich Reyelts
B 3.44 Vakuumröhrenkollektoren als Brüstung, Mehr-
familienhaus, Zürich (CH) 2001, Beat Kämpfen
Tür Δ p=50 Pa
B 3.45 beispielhafter Aufbau von Fassadenkollektoren:
(0,5mbar)
a hinterlüftet b nicht hinterlüftet
B 3.46 Sheddach mit Kollektorfeldern, Sporthalle, Groß-
ostheim (D) 2000, Dierks Blume Nasedy
. B 3.47 Kollektordächer für ein solares Nahwärmenetz,
V= m 3/ h Wohnanlage, Rostock (D) 1999, Carewicz AP
Ventilator Volumenstrommessung Rostock
.
B 3.48 Wohnanlage mit Luftkollektoren, Kolding (DK)
Volumenstrom V 1998, 3XNielsen
n 50 = [1/h] B 3.49 Vakuumröhrenkollektoren als Sonnenschutz, So-
Gebäudevolumen V
larcafé Kirchzarten (D) 1999, Roland Rombach
B 3.40 B 3.41
standteil der Haustechnik und zugleich eine Temperaturen hinter dem Absorber entstehen,
Komponente der Gebäudehülle. Seine techni- die einen Wärmefluss nach außen reduzieren.
sche und gestalterische Integration stellt eine Dies kann gegebenfalls wie bei der transparen-
besondere Herausforderung dar, gleichzeitig ten Wärmedämmung zu Außenwänden ohne
bietet der Synergieeffekt wirtschaftliche Vorteile. Wärmeverluste führen. Zu beachten ist bei
nicht hinterlüfteten Kollektoreinbindungen, dass
Solarfassaden die Wärmeleitung in der Sommerperiode von
Solarthermische Kollektoren werden heute außen nach innen nicht zu erhöhten Wärmebe-
überwiegend als Standardprodukte mit fixen lastungen im Innenraum führt, Kollektor und
Abmessungen und technischen Daten produ- Wand also über eine hinreichend gute Dämm-
ziert. Die solare Aktivierung von Gebäudehüllen qualität verfügen. Zudem ist der gesamte
erfordert jedoch individuell gefertigte Lösun- Wandaufbau mit besonderer Sorgfalt hinsicht-
gen, die bislang nur von wenigen Herstellern lich Feuchtediffusion bzw. Kondensation zu
angeboten werden. Insbesondere Flachkollek- überprüfen. Die Integration solarthermischer
toren eignen sich als flächige Bauelemente Flachkollektoren ist auch bei der Bestandssa-
sehr gut für eine Fassaden- oder Dachintegrati- nierung möglich (Abb. B 3.43). Bei nicht hinter-
B 3.42 on. Sowohl die Formate als auch die horizonta- lüftetem Einbau verbessert die Kollektorfläche
le und vertikale Gliederung der Kollektorfläche ebenfalls die passive thermische Leistungsfä-
können individuell auf das Raster des Gebäu- higkeit und kann damit andere Dämmmaßnah-
deentwurfs abgestimmt werden (Abb. B 3.40 men ersetzten. Bei Holzständerkonstruktionen
und 42). Auch die Absorberfarbe und die opti- ohne massive Bauteile kann die Außenwand
schen Eigenschaften der Glasabdeckung sind direkt als Kollektor ausgebildet werden (Abb. B
beeinflussbar. Solarthermische Flachkollekto- 3.42 und 45). Dadurch entsteht bei geringem
ren werden aus Gründen der Effizienz fast aus- Wandaufbau eine sehr leistungsfähige Außen-
schließlich mit einer Abdeckung aus hochtrans- wand. Hier gelten aus bauphysikalischer Sicht
parentem Glas eingesetzt. Prinzipiell bestehen bezüglich Wärmetransmission und Feuchtigkeit
hier Gestaltungsfreiheiten durch Verwendung die Anforderungen eines nicht hinterlüfteten
optisch veränderter Gläser (z. B. strukturiertes Kollektors.
Glas, farbiges Glas etc.). Kollektoren können Bei großem Bedarf an Wärme niedriger Tempe-
weitgehend vorgefertigt werden und sind in ratur (< 40 °C, z. B. als Wärmequelle für Wärme-
Größen bis 30 m2 erhältlich. Bei der Fassaden- pumpen) können auch Metallelemente ohne
integration muss zwischen Flachkollektor, Luft- Glasabdeckung als thermische Kollektoren
kollektor und Vakuumröhrenkollektor differen- ausgebildet werden. Hierfür wird ein rückseitig
B 3.43 ziert werden. durchflossener Wärmetauscher angebracht,
Bei massiven Außenwänden kann der Flachkol- der eine solare Aktivierung von Metalldächern
lektor als hinterlüftete Außenwandbekleidung und -fassaden ermöglicht.
angebracht werden (Abb. B 3.45). Er ersetzt Bei Energiekonzepten mit Luftheizung besteht
damit bislang übliche Fassadenbekleidungen die Möglichkeit, die Zuluft über fassadeninteg-
und übernimmt die Funktion des Witterungs- rierte Luftkollektoren solar vorzuwärmen. Dies
schutzes. Bei einer hinterlüfteten Montage wird kann über einen entsprechenden Fassaden-
der Wandaufbau nicht beeinflusst, es sind aufbau selbst erfolgen, z. B. durch die Kom-
lediglich Wärmebrücken bei der Wandmontage bination einer massiven Außenwand mit Glas-
zu vermeiden. Alternativ kann der Kollektor elementen. Alternativ sind vorgefertigte Luft-
auch ohne Hinterlüftung in den Wandaufbau kollektoren einsetzbar. Sie entsprechen im
integriert werden. Bei dieser Anordnung wird konstruktiven Aufbau prinzipiell wasserdurch-
ein hoher Grad an Synergie erzeugt, da die strömten Flachkollektoren, wobei hier der
ohnehin erforderliche Dämmung des Kollektors Absorber als flache Schachtstruktur ausgebil-
zugleich als Wärmedämmung der Außenwand det ist, die von Außenluft durchströmt wird. Die
fungiert. Ein weiterer positiver Effekt ist, dass Einbindung kann analog zu Flachkollektoren
auch bei diffuser solarer Einstrahlung hohe erfolgen, zu berücksichtigen sind die Öffnun-
B 3.44

94
Gebäudehülle

1
2
3
4
5

1 1 Solarglas
2 2 Absorber
3 3 Kollektordämmung
4 4 Kollektorrückwand
5 Hinterlüftung
7
6 Wand
7 Dämmung
8 8 OSB-Platte
b
B 3.45 B 3.46
gen für die Luftansaugung (Abb. B 3.48). Überhitzung vermeiden
Die konstruktive und gestalterische Integration
von Vakuumröhrenkollektoren ist bislang von Wie beim winterlichen Wärmeschutz vor unbe-
untergeordneter Bedeutung. Sie besitzen zwar haglich niedrigen Temperaturen ist auch in
eine hohes ästhetisches Potenzial, die geomet- warmen Perioden ein Schutz vor zu hohen
rischen und gestalterischen Möglichkeiten sind Temperaturen in Gebäuden zu gewährleisten.
jedoch stark eingeschränkt. Abb. B 3.44 zeigt Angesichts der globalen Erwärmung, der gesi-
eine Variante, bei der Röhrenkollektoren zur cherten Erkenntnis über den Zusammenhang
Absturzsicherung eingesetzt wurden. Darüber von operativer Raumtemperatur und Leistungs-
hinaus sind Synergieeffekte im Bereich des fähigkeit sowie der erhöhten Ansprüche an den
Sonnenschutzes möglich. Klimakomfort gewinnt der sommerliche Wärme-
schutz zunehmend an Bedeutung. Die Abwei-
Solardächer chungen von der Idealtemperatur sind im Som-
Dächer eignen sich in den meisten Fällen sehr mer zwar in der Regel geringer als im Winter,
gut für eine solarthermische Aktivierung. Bei der Mensch kann sich jedoch wesentlich bes-
Flachdächern werden bislang Kollektoren meist ser gegen zu geringe als gegen zu hohe Tem-
aufgeständert, Vakuumröhrenkollektoren kön- peraturen schützen (Abb. B 3.50). Zudem ist B 3.47
nen bei entsprechender Ausrichtung des die Erzeugung von Wärme, physikalisch be-
Absorbers in der Röhre ohne Ertragsminderung trachtet, mit geringerem Aufwand verbunden
auch horizontal verlegt werden. Eine konstrukti- und kann auf ein breiteres technologisches
ve und gestalterische Integration der Flachkol- Spektrum zugreifen als die Kühlung, die letzt-
lektoren ist insbesondere bei Schrägdächern lich immer nur durch einen Wärmeabtransport
möglich. Diese können hier analog zur Fassa- erfolgen kann (siehe Technik, S. 128).
de die Funktion der Dachhaut übernehmen Gebäude müssen als klimatisch regulieren-
(Abb. B 3.46 und 47). Sie können für große des System auch im Sommer möglichst behag-
Dachflächen als komplette Dachelemente vor- liche Innenraumtemperaturen sicherstellen.
gefertigt werden. Prinzipiell gelten die techni- Im Mittelpunkt steht dabei die Gebäudehülle,
schen und bauphysikalischen Voraussetzun- deren Konstruktion und Materialien so abge-
gen wie bei solarthermischen Fassadenkollek- stimmt werden können, dass eine Überhitzung
toren. Eine konstruktive und gestalterische Inte- auch ohne aufwendige technische Systeme
gration von Vakuumröhrenkollektoren ist im vermieden wird. Bei Gebäuden mit einem
Dachbereich z. B. bei der Verwendung als Son- Fensterflächenanteil > 30 % wird in der Ener-
nenschutz möglich (Abb. B 3.49). gieeinsparverordnung ein Nachweis zum
Aufgrund unterschiedlicher Einstrahlungsver- sommerlichen Wärmeschutz gefordert. Dieser B 3.48
hältnisse unterscheiden sich Dach- und Fassa- basiert auf statisch ermittelten Sonnenein-
denkollektoren in ihren solaren Erträgen. Fas- tragskennwerten, die einen zulässigen Wert
sadenkollektoren müssen in Europa gegenüber nicht überschreiten dürfen (Abb. B 3.66). Bei
ideal ausgerichteten Dachkollektoren etwa 20 Gebäuden mit sehr hohem Verglasungsanteil
bis 25 % größer dimensioniert werden, um die ist es empfehlenswert, über eine dynamische
gleiche jährliche Energiemenge zu erzeugen. Simulation das thermische Verhalten hochbe-
Bei der thermischen Solarenergienutzung ist lasteter Räume detailliert zu untersuchen.
jedoch in erster Linie nicht der Jahresertrag Neben der Ermittlung der Kühllast und des
von Bedeutung, sondern der solare Deckungs- Kühlenergiebedarfs kann damit auch der
grad (siehe Technik, S.119). Dieser ist abhän- Temperaturverlauf im Tages- und Jahresgang
gig vom Nutzlastprofil. Werden Kollektoren zur ermittelt werden. Ein verbreiteter Kennwert
Heizwärmeerzeugung eingesetzt, kann eine zur Bewertung des sommerlichen Wärme-
vertikale Ausrichtung günstiger sein, da die schutzes ist eine sich hieraus ergebende Stun-
Erträge während der Heizperiode größer sind denanzahl, in der die maximal zulässige opera-
und die Gefahr der sommerlichen Überhitzung tive Raumtemperatur überschritten wird (Über-
der Kollektorflüssigkeit vermindert wird. temperatur).
B 3.49

95
Gebäudehülle

Bereich Einflussgröße Relevanz


Standort Lufttemperatur +
Strahlungsintensität ++
Bauart Raumgeometrie +
3 Wärmedurchgang (U-Wert) ++
6 Wärmespeicherfähigkeit der
Raumoberflächen +++
clo (clothing) Wärmespeichervermögen der
Faktor 5 externe Lasten: Dämmstoffe +
1 4
1 solare Temperaturamplitudenverhältnis +
0,1 0,1 0,1 0,3 0,5 0,8 1,0 1,5 3,0 Einstrahlung
2 Transmission Lüftung Lüftungsart +
Temperatur- 3 Lüftung Lüftungsintensität ++
bereich
interne Lasten: Verglasung Flächenanteil +++
40 °C 35 °C 28 °C 26 °C 23 °C 20 °C 15 °C 10 °C -10 °C 2 4 Personen Ausrichtung ++
5 Bürogeräte Gesamtenergiedurchlassgrad
6 Beleuchtung (g-Wert) ++
typischer Temperatur-
bereich in Gebäuden Sonnenschutz Wirksamkeit (fc-Wert) +++

B 3.50 B 3.51 B 3.52


Wärmelasten meleitfähigkeit der Gebäudehülle auf den Wär- Reduktion der solaren Einstrahlung
Die Raumtemperatur wird beeinflusst durch die meeintrag in den Raum. Von Bedeutung ist hier Die Wärmeeinträge durch transparente Bautei-
wirksamen Wärmelasten. Hierbei unterscheidet neben der Wärmedurchlassfähigkeit auch die le stellen in den meisten Fällen den größten
man zwischen internen und externen Wärme- Oberflächentemperatur der äußersten Schicht. Anteil in der sommerlichen Wärmebilanz eines
lasten (Abb. B 3.51). Die internen Wärmelasten Eine geringe Wärmeabsorption (z. B. durch Raums dar. Die Planung verglaster Flächen
sind nutzungsabhängig und werden in der helle Farben) oder eine Hinterlüftung der äuße- muss daher mit besonderer Sorgfalt erfolgen.
Regel durch Personen, Beleuchtung und elek- ren Schichten wirkt sich günstig auf den Wär- Zur qualitativen Erfassung solarer Wärmeeinträ-
trische Geräte hervorgerufen. Effiziente Tech- mefluss durch Transmission aus. Besondere ge sind der Sonnenverlauf und die Strahlungs-
nologie (z. B. Energiesparlampen, energiespa- Beachtung muss dieser Aspekt bei der Pla- intensität wichtige Grundlagen. Auf der Basis
rende Computer etc.) ermöglicht eine geringe nung von Räumen finden, die über einen ho- einer Verschattungsanalyse können projektspe-
Abwärme. hen Anteil an Dachflächen verfügen. Sie sind zifisch thermisch belastete Flächen der Gebäu-
Die durch die Gebäudehülle beeinflussbaren zusätzlich zur Fassade mit einem oftmals dehülle ermittelt werden. Aufgrund von Ver-
Faktoren betreffen die äußeren Wärmelasten. erheblichen Anteil an Wärmetransmission schattungen durch die umgebende Bebauung
Diese lassen sich gliedern in Wärmetransmis- durch das Dach bzw. die oberste Geschoss- kann sich die Situation in einer Fassade auch
sion, solare Einstrahlung und Wärmeeintrag decke belastet. Einen positiven Effekt haben in geschossweise oder sogar raumweise unter-
durch Lüftung. Zur Optimierung der sommer- diesem Zusammenhang auch Dachbegrünun- scheiden.
lichen Raumtemperaturen stehen für die Pla- gen, die über lokale Verdunstungskühlung die Für eine vereinfachte Abschätzung des Schat-
nung zahlreiche Einflussgrößen zur Verfügung Oberflächentemperaturen gering halten. tenverlaufs ist es ausreichend, die solare Ein-
(Abb. B 3.52). Ein weiterer Kennwert zur Beurteilung des som- strahlung für die drei Tage 21. Dezember, 21.
merlichen Wärmeschutzes opaker Bauteile ist März und 21. Juni zu betrachten. Bei Berech-
Reduktion der Wärmetransmission das Temperaturamplitudenverhältnis (TAV). Es nungen des sommerlichen Wärmeschutzes ist
Sind die Temperaturen im Außenbereich höher gibt an, über welchen Zeitraum eine Tempera- die lntensität der solaren Einstrahlung am 21.
als die Raumtemperatur, findet eine Wärme- turerhöhung an der Außenseite einer Wand an Juni von Bedeutung. Hierbei ist zu beachten,
transmission von außen nach innen statt. Zur die Innenseite abgegeben wird (Phasenver- dass in Mitteleuropa aufgrund der Sonnenlauf-
Vermeidung dieser Art des Wärmetransports schiebung, Abb. B 3.54). Das TAV verbessert bahn die Ost- und Westfassaden deutlich grö-
gelten dieselben Grundlagen wie für den win- sich mit zunehmender Wärmedämmung, der ßere Einstrahlungswerte erreichen als die Süd-
terlichen Wärmeschutz. Eine hinsichtlich Mini- Zeitraum der Phasenverschiebung hängt von fassade, die höchste Strahlungsintensität erhal-
mierung von Transmissionswärmeverlusten der Speichermasse ab. Über eine Optimierung ten horizontale Flächen (Abb. B. 3.58 und
optimierte Gebäudehülle (= geringer U-Wert) dieser Kennwerte kann die Temperaturabgabe B 3.59). Zudem ist bei Ost- und Westfassaden
bietet damit zugleich einen guten Schutz vor an den Innenraum dann erfolgen, wenn andere eine Verschattung aufgrund der niedrigen Son-
sommerlicher Überhitzung. Dies gilt sowohl für Wärmelasten nicht mehr wirksam sind oder ein- nenstandswinkel meist mit einem erheblichen
opake wie auch für transparente Flächen. Abb. fach abgeführt werden können (z. B. über Lüf- Verlust an Tageslichteintrag und Ausblick ver-
B 3.55 zeigt beispielhaft den Einfluss der Wär- tung mit kühler Nachtluft). bunden. In Abb. B 3.53 sind beispielhaft die
B 3.50 Schutz vor Über- und Untertemperaturen durch
Kleidung
5,

B 3.51 interne und externe Wärmelasten in Bürobauten Fläche Sommertag Wintertag


5
W

B 3.52 Einflussgrößen auf die sommerlichen Raum-


3,0 Horizontal
temperaturen und deren Relevanz 3,5 Azimutwinkel 55 – 305 ° 130 – 230 °
B 3.53 beispielhafte Solarstrahlungswerte für verschie-
Horizontalwinkel 0 – 63 ° 0 – 17 °
dene Flächen der Gebäudehülle am Standort
Besonnungsdauer 16 h 8h
Stuttgart (D)
O

Sommertag
S

B 3.54 Temperaturamplitudenverhältniss und Phasen- Sonnenbahn Energiemenge [kWh/m 2] Ost / West


verschiebung Δ t Azimutwinkel 55 – 180 ° / 130 – 180 ° /
B 3.55 Einfluss der Glasqualität auf den Wärmeeintrag 180 – 305 ° 180 – 230 °
durch Transmission Horizontalwinkel 0 – 63 ° 0 – 17 °
B 3.56 Einfluss der Fassadenqualität auf den Wärme- Besonnungsdauer 7,5 h 3,5 h
11

0,
40

eintrag durch Strahlung Süd


B 3.57 Möglichkeiten zur Reduktion der solaren Strah- 880 1,2 Azimutwinkel 90 – 270 ° 130 – 230 °
lung 750 0,5 Horizontalwinkel 33 – 63 ° 0 – 17 °
B 3.58 typische Strahlungsleistung bei Tag- und Nach- Besonnungsdauer 9h 8h
Gleiche am Standort Stuttgart (D)
B 3.59 typische Strahlungsleistung bei Sommersonnen- Jahreseinstrahlung Wintertag
wende am Standort Stuttgart (D) Energiemenge [kWh/m2 ] Energiemenge [kWh/m 2 ]
B 3.53

96
Gebäudehülle

θ se θ si

U-Wert [W/m 2 K]
3,0

Verglasungsanteil [%]
Δt a b c 90 a b c
80
θ i,m 2,5
θ si, Amp 70
θ se, Amp t
2,0 60
50
θ a,m 1,5
t 40
1,0 30

Temperaturverlauf an Temperaturverlauf an 20
0,5
der Außenoberfläche der Innenoberfläche 10

θ si, Amp 0 0
TAV = 5 10 15 20 25 30 35 40 50 100 150 200 250 300
θ se, Amp Wärmeeintrag durch Transmission [W/ m 2Fassade] Wärmeeintrag durch Strahlung [W/m 2Fassade]
TAV = Temperaturamplitudenverhältnis Raumtemperatur: 24 C Verglasung g-Wert: 0,6
θ se = Oberflächentemperatur außen Außentemperatur: a: 28° b: 32° c: 36° Einstrahlung auf Fassade: 500 [W/m 2 ]
θ si = Oberflächentemperatur innen Abminderungsfaktor für Sonnenschutz fc:
B 3.54 B 3.55 b B 3.56
Sonnenbahnen und Solarstrahlungskennwerte Neigungswinkel können transparente Flächen sehr gute Werte, die mit außen liegendem Son-
für verschieden ausgerichtete Flächen der während der Sommermonate vor direkter Son- nenschutz nahezu vergleichbar sind. Gleich-
Gebäudehülle dargestellt. neneinstrahlung geschützt werden. Große hori- zeitig sind sie vor Verschmutzung und Wind
zontale und vertikale Laibungen haben sich geschützt. Solche Produkte stellen jedoch sehr
Verglasungsanteil z. B. für Südfassaden als »Brise Soleil« bewährt hohe Ansprüche an die Steifigkeit der Fassade,
Transparente Flächen bilden hinsichtlich des (Abb. B 3.60). Die baulichen Maßnahmen kön- zudem ist bei Funktionsstörungen ein Aus-
sommerlichen Wärmeschutzes immer eine nen sehr gut für extreme Sonnenstände opti- tausch der gesamten Glasscheibe erforderlich.
Schwachstelle. Auch bei optimiertem Sonnen- miert werden, eine eingeschränkte Wirkung Varianten dieses Prinzips können in mehrscha-
schutz ist der Wärmeeintrag gegenüber einer ergibt sich jedoch oftmals in den Übergangs- ligen Systemen (Kastenfenster) realisiert wer-
opaken Wand in der Regel um ein vielfaches zeiten. Um den Strahlungseintrag von Vergla- den, bei denen der Sonnenschutz zwischen
höher. Ein großer Verglasungsanteil bewirkt sungen zu reduzieren, können spezielle Son- äußerer und mittlerer Scheibe angebracht ist.
daher immer eine Erhöhung der Wärmelasten. nenschutzgläser eingesetzt werden (siehe Eine weitere Art des Sonnenschutzes über das
In Abb. B 3.56 sind für drei exemplarische Ver- Material, S. 157). Sie erreichen durch optimier- Verglasungssystem bieten in der Entwicklung
glasungsqualitäten die maximalen solaren Wär- te Beschichtungen oder Bedruckungen einen befindliche schaltbare Gläser, die über elektri-
meeinträge in Abhängigkeit vom Verglasungs- geringen Energiedurchlassgrad (g-Wert), bei sche oder chemische Prozesse unterschied-
anteil dargestellt. Die Planung transparenter dem im günstigsten Fall nur noch etwa 20 % liche g-Werte erreichen.
Flächen sollte aus energetischer Sicht in Bezug der einstrahlenden Wärmeenergie in den Neben konstruktiven Aspekten und speziellen
auf ihre Ausrichtung erfolgen. In Abwägung Innenraum abgegeben wird. Das hat jedoch Verglasungsprodukten stellen Sonnenschutz-
aller Funktionen der Verglasung wie passive einen erhöhten Reflexionsgrad und einen Ver- systeme die dritte Gruppe zur Optimierung des
Solarenergiegewinnung, Durchsicht, Tages- lust an Farbneutralität der Verglasung zur sommerlichen Wärmeschutzes dar. Das Spek-
lichtnutzung etc. haben sich für Südfassaden Folge, die Transparenz vermindert sich damit trum an verfügbaren Systemen ist sehr groß
Flächenanteile von maximal 50 % als sinnvoll (Abb. B 3.61). Dies gilt auch für Gläser, deren und kann nach verschiedenen Kriterien wie
erwiesen. Bei Ost- und Westfassaden gelten Zwischenraum mit reflektierenden oder absor- starr oder beweglich, einachsig oder zweiach-
bereits Anteile > 30 % als kritisch. Die Nordfas- bierenden Materialien gefüllt ist. Zudem führen sig nachführbar, opak oder transluzent, hori-
sade ist für den sommerlichen Wärmeschutz die fixen Kennwerte solcher Bauteile im Winter zontal oder vertikal etc. eingeteilt werden. Aus
von untergeordneter Bedeutung. zu reduzierten Solarenergiegewinnen. Energe- energetischer Sicht ist jedoch vor allem die
tisch zu bevorzugen ist daher ein Verglasungs- Lage des Sonnenschutzes von Bedeutung.
Sonnenschutz system, das flexibel auf unterschiedliche Ein- Hierbei wird unterschieden zwischen innen und
Zur Optimierung der thermischen Qualität von strahlungswerte und Innenraumbedingungen außen liegenden Systemen. Grundsätzlich bie-
transparenten Flächen gibt es zahlreiche Mög- reagieren kann, beispielsweise mit bewegli- ten außen liegende Verschattungssysteme die
lichkeiten (Abb. B 3.57). Eine erste Gruppe bil- chen Jalousien im Scheibenzwischenraum, höchste Sonnenschutzwirkung (Abb. B 3.62).
det die bauliche Fassadengestaltung. Durch die bereits bei Zweifach-Isolierverglasungen Von Vorteil ist zudem, dass sich Fenster auch
Überstände, Rücksprünge oder günstige angeboten werden. Diese Systeme erreichen bei aktiviertem Sonnenschutz nach innen öff-
Strahlungsintensität [W/m2]

1000
Strahlungsintensität [W/m2]

1000

Element Sonnenschutz durch horizontal


S
Konstruktion Überstände 800
SO SW
800
Vertiefungen
hori- O W
Neigung O W
zontal
Verglasung Beschichtung 600 600
Bedruckung SO SW
S
starre Elemente im Scheibenzwischen-
raum 400 400
bewegliche Elemente im Scheiben-
zwischenraum
schaltbare Gläser N N
200 200
Sonnenschutz innen liegend
außen liegend, starr und flexibel
in Doppelverglasung, starr und flexibel diffuse u. reflektierte Strahlung diffuse u. reflektierte Strahlung
0 0
4 6 8 10 12 14 16 20 4 6 8 10 12 14 16 18
Uhrzeit [h] Uhrzeit [h]
B 3.57 B 3.58 B 3.59

97
Gebäudehülle

nen lassen. Eine typische Bauart ist die Lamel-


lenjalousie, die sich sehr flexibel auf unter-
schiedliche Einstrahlungssituationen einstellen
lässt. Bei geschlossenen Lamellen können in
50%
Verbindung mit Isolierverglasungen effektive
g-Werte von unter 0,1 erreicht werden. Lamel-
lenjalousien sind allerdings windanfällig und
daher bei hohen Gebäuden oftmals nicht ein-
setzbar. Um die Funktion dennoch zu gewähr-
leisten, wird in vielen Fällen eine zusätzliche
ρ = 15% α = 12% τ =23% Glasschicht zur Windabschottung realisiert
ε = 6% ε =6% (Doppelfassade). Alternativ besteht die Mög-
ρ = Reflexionsgrad lichkeit, den Sonnenschutz im Innenraum hinter
g = 29%
α = Absorptionsgrad der Verglasung anzubringen. Dadurch ist das
τ = Transmissiongrad System vor Verschmutzung und Wind ge-
ε = Emissivität schützt. Durch eine hochreflektierende Ausfüh-
B 3.60 rung ist es möglich, einen gewissen Anteil der
eintreffenden Solarstrahlung wieder nach
außen zu führen. Die vom Sonnenschutz absor-
bierte Wärmeenergie führt allerdings zu einer
Erwärmung des Raums. Zudem werden Teile
100%
der reflektierten Solarstrahlung von der Vergla-
sung absorbiert und wieder in den Raum
reflektiert. Daher erreichen innen liegende Son-
nenschutzsysteme meist deutlich ungünstigere
Werte als außen liegende. Durch die Wechsel-
wirkung mit der Glasscheibe ist ihre Wirksam-
keit besonders abhängig von den Verglasungs-
ρ = 50% α = 20% τ = 20%
kennwerten (Abb. B 3.63).
ε =15% ε = 15%
g = 35% Sonneneintragskennwert
Eine überschlägige Ermittlung der Effektivität
eines Sonnenschutzsystems kann über den
B 3.61 Sonneneintragskennwert erfolgen (Abb. B
3.66). Dieser wird ermittelt als Summe der Wär-
100% meeinträge durch Verglasungen bezogen auf
die Grundfläche des Raums. Der entscheiden-
de Faktor ist hierbei der effektive g-Wert des
Gesamtsystems (gtotal). Dieser ist das Produkt
τ =14% aus dem g-Wert der Verglasung und dem Min-
derungsfaktor fc des Sonnenschutzsystems
2% (Abb. B 3.64). In Abb. B 3.65 sind Minderungs-
faktoren nach DIN 4108 angegeben, die ohne
ρ = 58% α = 22% α = 4% τ = 8%
genauere Kenntnis des Produkts bei der
2% Berechnung angesetzt werden können. Die
2%
4% meisten Bauprodukte erreichen jedoch wesent-
ε =15% 7%
g = 14% lich bessere Werte, sodass eine Berechnung
nach Herstellerangaben zu empfehlen ist. In
Abb. B 3.67 sind beispielhaft für verschiedene
Verschattungssituationen die Kennwerte zur
B 3.62 Kühllast bezogen auf die Nutzfläche angege-
100% ben. Dabei zeigt sich die große Bedeutung der
τ = 7%
solaren Einstrahlung über Verglasungen auf die
8% Kühllast und die daraus resultierende Anforde-
τ =46% 6% rung einer Optimierung der transparenten
4% Gebäudehülle.
g = 25%
Speichermasse und Lüftung
ρ = 30% α= 24% ρ = 27 % τ =7% Die Wärmespeicherfähigkeit der raumum-
ε =12% schließenden Bauteile und die Gebäudelüftung
α = 12% sind weitere wichtige Parameter zur Vermei-
ε =6
6% dung sommerlicher Überhitzung. Bei fehlender
ρ = 8% ε=6
Speichermasse führt der Wärmeeintrag direkt
τ =11% α = 8% zu einer unbehaglichen Erhitzung der Raumluft
ε =7% (»Barackenklima«). Ist ausreichend Speicher-
ε =4 ε =4 masse vorhanden, beispielsweise durch
massive Decken, Wand- und Bodenbauteile,
B 3.63

98
Gebäudehülle

Sonnenschutzsystem fc [%]

ohne Sonnenschutzsystem 1,0

innen liegend oder zwischen den Scheiben


weiß / reflekt. Oberfläche mit geringer Transparenz 0,75
helle Farben oder geringe Transparenz 0,8
100 % 20 % 100% 20% dunkle Farben oder höhere Transparenz 0,9
g = 0,8 g to ta l =0,2
Σ j (A W, j • g total,j )
außen liegend S=
drehbare Lamellen, hinterlüftet 0,25 AG
g total 0,2
fc = = = 0,25 Jalousien / Stoffe geringer Transparenz, hinterlüftet 0,25
g 0,8 Jalousien, allgemein 0,4 S [-] Sonneneintragskennwert
Rollläden, Fensterläden 0,3 A W,j [m 2] Fensterfläche des Raumes
fc = Abminderungsfaktor Sonnenschutz g total [-] Gesamtenergiedurchlassgrad Vergla-
Vordächer, Loggien, freistehende Lamellen 0,5
g = Gesamtenergiedurchlassgrad (Vergl.) sung inkl. Sonnenschutz (gtotal = g ¤fC )
gtotal = Gesamtenergiedurchlassgrad Markisen, oben und seitlich ventiliert 0,4 fC [-] Minderungsfaktor infolge Sonnenschutz
(inkl. Sonnenschutz) Markisen, allgemein 0,5 AG [m 2] Grundfläche des Raumes
B 3.64 B 3.65 B 3.66
kann ein Teil der Wärmeenergie in den Bautei- Sinnvoll ist eine Kombination von natürlicher Windbewegungen erfolgt. Eine elektrische
len zwischengelagert werden. Dieser ist jedoch und maschineller Lüftung. Die maschinelle Ventilation verursacht erheblichen Energiebe-
zeitversetzt abzuführen. Es ist daher durch Lüftung wird nur in extremen Kälte- und Hitze- darf, pro Kubikmeter Luft je Sekunde ist
geeignete Maßnahmen eine thermische Ent- perioden eingesetzt (in Europa ca. 30 % des durchschnittlich eine spezifische elektrische
speicherung sicherzustellen (z. B. Lüftung mit Jahres), in der übrigen Zeit ist das Gebäude Leistung von ca. 2500 Watt erforderlich. Auf-
kühler Nachtluft). Entscheidend für die Wirk- natürlich belüftbar, ohne den Innenraum ther- grund der hohen Betriebszeit von Lüftungssys-
samkeit von Speichermassen ist deren direkte misch zu belasten. Die maschinelle Lüftung ist temen bestehen hier weitreichende Einsparpo-
thermische Verbindung mit dem Innenraum. zudem für eine Leistungssteigerung bei der tenziale im Energiebedarf und in den Betriebs-
Aufgeständerte Böden, abgehängte Decken Nachtlüftung einsetzbar. Abb. B 3.68 zeigt kosten, wenn auf eine maschinelle Luftführung
oder Vorsatzschalen an Wänden unterbinden einen typischen Tagesverlauf für ein Büroge- verzichtet werden kann. Zudem beanspruchen
den Wärmefluss zwischen Raumluft und Spei- bäude an einem Sommertag. In der schemati- viele Belüftungssysteme sowohl für die vertika-
chermasse, so-dass diese ihre Funktion nicht schen Darstellung sind die wesentlichen Rand- le als auch für die horizontale Luftkanalführung
erfüllen kann. Die thermische Aktivierung von bedingungen für den sommerlichen Wärme- erheblichen Flächenbedarf. Kann auf Zu- und
Speichermassen hat oftmals Konsequenzen für schutz aufgeführt. Abluftkanäle verzichtet werden, sind insbeson-
die Raumgestaltung und die Raumakustik, bei- dere bei hohen Bauwerken deutliche Einspa-
spielsweise bei Sichtbetondecken und -wän- rungen in der Gebäudehöhe erzielbar.
den. Bei der Innenraumgestaltung müssen Dezentral Lüften
diese Parameter entsprechend berücksichtigt Freie Lüftung
werden. Eine gute Luftqualität in Gebäuden erfordert Die Planung von Systemen zur natürlichen
Neben Transmission und solarer Einstrahlung einen regelmäßigen Luftaustausch in Abhän- Lüftung erfordert eine genaue Analyse der
kann eine unerwünschte Wärmezufuhr auch gigkeit von Nutzung und Personenanzahl. Heu- klimatischen und nutzungsspezifischen Anfor-
über den erforderlichen Luftaustausch erfol- tige Bauweisen ermöglichen eine hohe Luft- derungen. Eine natürliche Luftbewegung resul-
gen. Dies ist dann der Fall, wenn die Außenluft dichtheit, ein unkontrollierter Luftaustausch tiert immer aus Druckunterschieden infolge
über der Raumtemperatur liegt und direkt dem durch Fugen und Ritzen ist weitgehend unter- von Temperaturdifferenzen. Makroklimatisch
Raum zugeführt wird. Bei doppelschaligen bunden. Dies verlangt eine sorgfältige Planung steht diese Energie als Wind zur Verfügung,
Fassaden kann die Luft im Zwischenraum von Lüftungssystemen, die sowohl über die mikroklimatisch als thermischer Auftrieb (Abb.
thermisch besonders belastet sein. Eine Opti- Gebäudehülle als auch über Gebäudetechnik B 3.72). Grundsätzlich kann eine natürliche
mierung des Luftaustauschs kann über eine realisiert werden können (siehe Technik, S. Lüftung durch einen direkten Luftaustausch
thermische Vorkonditionierung (z. B. Erdkanal, 133). Unter nachhaltigen Aspekten ist ein mög- über die Gebäudehülle (freie Lüftung) erfolgen
Verdunstungskühlung, Wärme- bzw. Kälterück- lichst hoher Anteil an natürlicher Lüftung anzu- oder über spezielle Systeme, die durch kon-
gewinnung) erfolgen. In den meisten Fällen streben. Dies bedeutet, dass der Luftaustausch zentrierte thermische bzw. windinduzierte
ist dafür eine maschinelle Unterstützung mit für die Nutzräume durch thermische Auftriebs- Druckunterschiede eine natürliche Luftströ-
entsprechendem Energiebedarf erforderlich. kräfte oder durch Druckkräfte aufgrund von mung erzeugen.
[W/m2]

[W/m2]

[W/m2]
Energieeintrag

Energieeintrag

Energieeintrag

100 100 100 Energieeintrag


Solar
Energieeintrag
Beleuchtung
Energieeintrag B 3.60 Brise Soleil, Unité d’Habitation, Berlin (D) 1958,
Personen Le Corbusier
0 0 0 B 3.61 Verwaltungsgebäude, Frankfurt / Main (D) 2003,
Schneider + Schumacher
B 3.62 Verwaltungsgebäude, Stuttgart (D) 1998,
Behnisch, Behnisch & Partner
Raum- B 3.63 Firmenzentrale, Senden (D) 2007, Gerken Archi-
dimension: tekten + Ingenieure, Braun-Gerken
3m Breite B 3.64 Ermittlung des Abminderungsfaktors für Sonnen-
5m Tiefe schutzsysteme
B 3.65 Abminderungsfaktoren für Sonnenschutzsyste-
me nach DIN 4108
Verglasungsanteil: 30 % Verglasungsanteil: 60% Verglasungsanteil: 90% B 3.66 Berechnung des Sonneneintragskennwerts S
g-Wert Verglasung: 0,6 g-Wert Verglasung: 0,6 g-Wert Verglasung: 0,3 nach DIN 4108
Sonnenschutz: Sonnenschutz: Sonnenschutz: B 3.67 beispielhafte grundflächenbezogene Kühllasten
außenliegende Jalousie fc =0,2 Innenliegende Jalousie fc =0,5 keiner für unterschiedliche Fassadenkonstellationen
B 3.67

99
Gebäudehülle

Lüftungswärmeverluste [kWh /m2 a]


N 30 150

Luftwechsel [1/ h]
a 1 2 3
0:00
[°C] 25 125
21:00 30 3:00 4
26 20 100
22
18 15 75
14
Energieverschwendung
W 18:00 6:00 O 10 50
ausreichende Lüftung
5 25
b
erforderlicher Bereich
0 0
2 4 6 8 10 12 4 8 12 16 20 24
15:00 9:00
Temperaturdifferenz zwischen Innen- und Außenluft [K] mittlere tägliche Lüftungsdauer [h]

Nutzungszeit (Sonnenschutz 12:00 Besonnungszeit Fenstergröße: 1,2 m 2 1 Fenster ganz geöffnet


muss Ausblick gewähren) S Außenlufttemperatur Raumgröße: 30 m 2 2 Fenster halb geöffnet
komplette Ver- Außenlufttemp. >26 °C a: geöffnetes Fenster 3 gekippt mit Querlüftung
schattung möglich Außenlufttemp. <26 °C b: gekipptes Fenster (10 cm) 4 gekippt ohne Querlüftung
B 3.68 B 3.69 B 3.70
Fensterlüftung gen. Im Winter genügen infolge des hohen kann das direkte Einströmen kalter Außenluft
Mit dem Öffnen eines Fensters kann der Nutzer Temperatur- und damit Druckunterschieds unbehaglich sein. In Mitteleuropa sind jedoch
den Luftwechsel nach Bedarf selbst regulieren. wenige Minuten Fensteröffnung, um die Luft zu über 70 % des Jahres die Temperaturen
Durch den direkten Kontakt zur Außenluft wer- komplett einmal auszutauschen (Abb. B 3.70). für eine freie Lüftung geeignet.
den neben der Frischluftzufuhr auch weitere Sind Innen- und Außentemperatur jedoch • hohen Winddrücken auf den Fassaden. Dies
Empfindungen ausgelöst, wie das Wahrneh- ähnlich, ermöglicht die einseitige freie Lüftung kann zu stark erhöhten Luftwechselraten mit
men der ungefilterten Strahlungswärme der nur einen geringeren Luftwechsel. Eine Verbes- Zuglufterscheinungen führen. Des Weiteren
Sonne, von Gerüchen und akustischen Reizen, serung der Luftströmung kann über Querlüf- besteht die Gefahr, dass Druck- oder Sog-
die sich positiv auf die Aufenthaltsqualität tung erzielt werden, bei der auch Windbewe- kräfte auf Innenbauteile übertragen werden
auswirken können. Freie Raumlüftungssyste- gungen eine hohe Antriebswirkung auslösen. und dadurch z. B. das Öffnen einer Tür
me sind daher unter emotionalen Gesichts- Hier können bei guten Strömungsverhältnissen erschweren. Davon sind insbesondere hohe
punkten besonders nutzerfreundlich. Deshalb sehr hohe Luftwechselraten von bis zu 50 / h Gebäude betroffen. Eine freie Lüftung kann
sollte für Aufenthaltsräume grundsätzlich die erreicht werden. Prinzipiell ist es sinnvoll, Abluft- hier durch zusätzliche windabschottende
Möglichkeit einer Öffnung der Fassade vorge- öffnungen möglichst hoch, Zuluftöffnungen Schichten vor den öffenbaren Elementen
sehen sein. In vielen Fällen sind Verglasungen möglichst niedrig im Raum zu positionieren, ermöglicht werden (z. B. Kastenfenster, Dop-
zu Reinigungszwecken als öffenbare Elemente um die nutzbare thermische Höhe zu maximie- pelfassade etc.). Bei diesen Systemen ist in
ausgebildet und erfüllen die Funktionen Tages- ren. Voraussetzung für eine freie Lüftung sind den Sommermonaten auf eine ausreichende
lichtnutzung, Ausblick und Lüftung über ein eine günstige Raumgeometrie und genügend Hinterlüftung zu achten, um eine thermische
und dasselbe Bauteil. Darüber hinaus kann große Öffnungselemente. Für Bürogebäude Belastung der Zuluft zu vermeiden (Abb.
unabhängig von der Verglasung über sichtbare gibt in Deutschland die Arbeitsstättenrichtlinie B 3.74).
oder verdeckt angeordnete Lüftungsklappen Grenzwerte für Raumtiefen und Öffnungsflä- • hoher Lärmbelastung aus der direkten Um-
gelüftet werden (Abb. B 3.75). Die Art des Öff- chen vor, bei denen eine Fensterlüftung prinzi- gebung. Hier verbessern ebenfalls zusätz-
nungselements sollte generell möglichst viele piell ausreichend ist (Abb. B 3.71). Eine freie liche Glasschichten eine freie Lüftung. Alter-
unterschiedliche Einstellungen zulassen, um Lüftung kann jedoch unbehagliche Auswirkun- nativ können schallgedämmte Luftdurchlässe
die Lüftung individuell regulieren zu können. gen haben bei: in die Fassade integriert werden. Diese erfor-
Der Luftaustausch erfolgt bei einseitiger Öff- dern aufgrund des hohen Druckwiderstands
nung durch aneinander vorbeiströmende • thermisch besonders belasteter Außenluft. in der Regel eine maschinelle Unterstützung
Luftbewegungen (Abb. B 3.73). Die Luftbewe- Dies ist im Winter bei extrem tiefen Tempera- (Abluftventilation).
gung und damit der erzielbare Luftwechsel dif- turen und im Sommer bei sehr hohen Tempe- • Belastung der Außenluft durch Schadstoffe,
feriert stark in Abhängigkeit von der Tempera- raturen der Fall. Bei freier Lüftung ist eine z. B. an verkehrsreichen Straßen. In solchen
turdifferenz zwischen Innen- und Außenluft. Wärmerückgewinnung nicht möglich. Dies Situationen ist es sinnvoll, die Zuluft maschi-
Abb. B 3.69 zeigt für einen Beispielraum den führt in der Heizperiode zu unerwünschten nell aus weniger belasteten Bereichen anzu-
Luftwechsel bei verschiedenen Fensterstellun- Wärmeverlusten durch die Lüftung. Zudem saugen und den Räumen zuzuführen. Über

B 3.68 Einflussfaktoren auf sommerlichen Wärmeschutz


in einem Bürogebäude im Tagesverlauf
B 3.69 Luftwechsel bei Fensterlüftung in Abhängigkeit System max. zul. Zuluft - /Abluft -
von der Temperaturdifferenz Raum - quer schnitt pro Lüftung durch Lüftung durch Lüftung durch
B 3.70 Lüftungswärmeverluste in Abhängigkeit von der tiefe [m ] m2 Bodenfläche Wind Thermik Wind und Thermik
Lüftungsart und -dauer nach VDI 2067 [cm2]
B 3.71 Lüftungsquerschnitte für freie Lüftung nach
einseitige Lüftung 2,5 ≈ H 200 cp =0,6
Arbeitsstättenrichtlinie
mit Öffnungen in
B 3.72 Prinzip der Luftbewegung durch Wind und ther-
einer Außenwand
mischem Auftrieb
B 3.73 Fensterlüftung, Wohn- und Geschäftshaus, Berlin Querlüftung mit 2≈H 120
(D) 2001, Grüntuch Ernst Öffnungen in
B 3.74 Horizontallamellen, Verwaltungshochhaus, Außenwänden
cp =0,8

cp =0,5

raumeigene Druck
Hannover (D) 1999, Herzog + Partner Querlüftung mit 2≈H 80 Thermik
B 3.75 Lüftungsklappen, Bürogebäude, Senden (D) Sog
Öffnungen in
2007, Gerken Architekten + Ingenieure, Braun- Außenwänden
Gerken und einem Schacht
B 2.76 Vertikallamellen, Verwaltungsgebäude, Kronberg
(D) 2000, Schneider + Schumacher H = Raumhöhe
B 3.71 B 3.72

100
Gebäudehülle

Filter kann hier die Zuluftqualität zusätzlich


verbessert werden.

Bei Elementen zur freien Lüftung besteht neben


der rein manuellen Bedienung auch die Mög-
lichkeit einer elektronischen Steuerung. Hier-
durch kann neben der Schutzfunktion (z. B.
Schließung bei Regen oder Rauchabzug im
Brandfall) und Klimafunktionen (z. B. automa-
tische Lüftung mit kühler Nachtluft) auch eine
Komfortsteigerung mittels temperatur- und
winddruckabhängiger Regelung der Zuluft-
öffnungen realisiert werden (Abb. 3.76).

Natürliche Lüftung durch Windkräfte


Die Windkräfte an Gebäuden entstehen durch
die Strömungsverhältnisse, die wesentlich von B 3.73
klimatischen Bedingungen, Topografie und
umgebender Bebauung beeinflusst werden
und eine individuelle Analyse erfordern. Die
Windanströmung verursacht bei Gebäuden
immer Winddruck- und Windsogkräfte. Die
Höhe und Verteilung dieser Kräfte wird durch
die Höhe und Geometrie des Baukörpers
beeinflusst. Bei hohen Gebäuden lassen sich
über eine Doppelfassade mit entsprechenden
Öffnungselementen die Windkräfte so steuern,
dass über die innere Fassade eine freie Lüf-
tung ermöglicht wird. Auch speziell geformte
Bauteile können über Windbewegung Unter-
druck erzeugen. Durch die Einbindung des
Raumvolumens kann dadurch eine natürliche
Entlüftung auch von großvolumigen Räumen
(z. B. Ausstellungshallen, Atrien etc.) erfolgen. B 3.74
Werden die Sogkräfte gezielt in einen Abluft-
schacht übertragen, sind darüber mehrere
angrenzende Räume ausreichend zu entlüften.
Bei Anwendung dieser Prinzipien ist eine sorg-
fältige Planung der Nachströmöffnungen wich-
tig. Um Schwankungen von Temperatur- und
Windverhältnissen auszugleichen, können
Abluftschächte mit einer maschinellen Ventila-
tion ergänzt werden, um einen dauerhaften
Betrieb sicherzustellen.

Natürliche Lüftung über Thermik


Neben Windbewegung wird auch über den
thermischen Auftrieb eine Sogwirkung hervor-
gerufen, die als Antriebsenergie zur Entlüftung
eingesetzt werden kann. Die Stärke dieser Sog-
wirkung ist abhängig von der Temperaturdiffe- B 3.75
renz und der wirksamen Höhe (Abb. B 3.78).
Daher eignen sich besonders hohe Gebäude
für ein Lüftungskonzept über thermischen Auf-
trieb. Die bauliche Umsetzung kann dabei über
drei Grundprinzipien erfolgen:

• Bei Gebäuden mit Doppelfassade kann der


durch erhöhte Lufttemperatur im Zwischen-
raum induzierte thermische Auftrieb in das
Lüftungskonzept eingebunden werden. Die
Doppelfassade kann so z. B. im Sommer als
Abluftfassade zur Raumentlüftung dienen.
• Nach demselben Prinzip können verglaste
Atrien für die Abluftführung eingesetzt wer-
den. Aufgrund der entstehenden hohen Luft-
temperaturen unter der Atriumverglasung
B 3.76

101
Gebäudehülle

B 3.77 über Dach geführte Abluftschächte, Bürogebäu-


de, Solihull (GB) 2000, Arup Associates (Wärmestau) ist eine Überhöhung des Atri- Tageslicht nutzen
B 3.78 freie Lüftung über Venturiflügel, Messehalle, ums erforderlich, um eine thermische Belas-
Hannover (D) 1999, Herzog + Partner tung der oberen Räume zu reduzieren. Tageslicht ist für die Behaglichkeit in Innen-
B 3.79 Solarkamin, Wohnhaus, Boston (USA) 2003, • Des Weiteren ist der thermische Auftrieb räumen von zentraler Bedeutung. Natürliches
Office dA
alternativ oder ergänzend als Antriebsener- Licht regt den menschlichen Kreislauf an und
B 3.80 prinzipielle Systeme für eine dezentrale maschi-
nelle Lüftung: a Fassadengerät, b Brüstungs- gie für eine Schachtentlüftung einsetzbar. steuert eine Vielzahl von Körperfunktionen. Es
gerät, c Zargengerät, d Bodengerät Dieses System wird auch als »Solarkamin« ist entscheidend für die visuelle Wahrnehmung
B 3.81 typische fassadenspezifische Temperaturerhö- bezeichnet und wirkt durch die Integration und beeinflusst erheblich die Leistungsfähig-
hungen der Zuluft gegenüber der Außenluft bei in Dach oder Fassade mit seinen dunklen keit am Arbeitsplatz.
hoher Solareinstrahlung in Europa
B 3.82 Vor- und Nachteile dezentraler maschineller
Absorptionsflächen gestaltprägend (Abb. Zur Nutzung von Tageslicht sind transparente
Lüftung gegenüber zentralen Lüftungssystemen B 3.79). oder transluzente Bauteile erforderlich. Diese
B 3.83 Fassadenelemente mit integrierten Lüftungsge- verursachen jedoch immer auch einen solaren
räten, Capricorn Haus Medienhafen, Düsseldorf Maschinelle Fassadenlüftung Wärmeeintrag in den Raum, der im Sommer
(D) 2006, Gatermann + Schossig
Systeme der freien Lüftung sind in ihrer Funk- unerwünscht ist. Wird durch Tageslicht jedoch
tion und ihrer Leistungsfähigkeit von den klima- der Kunstlichtbedarf verringert, reduziert dies
tischen Verhältnissen im Außenraum abhängig. neben dem Strombedarf für die Beleuchtung
Es kommt daher zu erheblichen Schwankun- auch die internen Wärmelasten, da Kunstlicht
gen im Volumenstrom und in der Luftwech- bei gleicher Leistung mehr Wärme erzeugt als
selrate. Ist ein konstanter Luftaustausch er- Tageslicht.
wünscht, erfordert dies zusätzlich eine maschi- Da verglaste Flächen in der Regel eine höhe-
nelle Ventilation. Hierfür stehen zahlreiche re Wärmeleitfähigkeit als opake Wände haben,
Systeme mit unterschiedlichen Arten der Luft- schwächt ein großer Verglasungsanteil den win-
förderung und Luftbehandlung zur Verfügung terlichen Wärmeschutz von Gebäudehüllen. Die
(siehe Technik, S. 133). Eine dezentrale ma- Tageslichtplanung ist daher immer eng mit dem
schinelle Lüftung über die Gebäudehülle er- sommerlichen und winterlichen Wärmeschutz
möglicht eine konstante Luftwechselrate ohne abzustimmen. Insbesondere ist zwischen dem
Lüftungskanäle. Sie bietet die zusätzlichen Vor- Energieaufwand für die Abführung der durch
teile der Raumersparnis für vertikale und hori- übermäßigen Tageslichteinfall entstehenden
zontale Schächte, der höheren Flexibilität bei Wärmelasten und den Energieeinsparungen
einem Nutzungswechsel und eine hohe Effizi- durch die verringerte Betriebsdauer von Kunst-
enz durch eine individuelle bedarfsabhängige licht abzuwägen (Abb. B 3.84).
Betriebsweise (Abb. B 3.82). Als Ergänzung
zur freien Lüftung kann sie neben der Volumen- Tageslicht
B 3.77 stromsicherung weitere Nachteile der freien Tageslicht besitzt einen gerichteten und einen
Lüftung ausgleichen: ungerichteten (diffusen) Anteil. Je nach Stand-
ort differieren diese Anteile erheblich (siehe
• Bei hoher Lärmbelastung kann die Lüftung Grundlagen, S. 54, Abb. B 1.48). Tageslicht
bei geschlossenem Fenster mit entsprechen- kann transmittiert, absorbiert, reflektiert und
dem Schallschutz erfolgen. gebrochen werden. Grundsätzlich gilt, dass
• Durch die Verwendung von Luftfiltern wird diffuse Strahlung eine bessere Ausleuchtung
die Zuluftqualität verbessert. von Räumen bewirkt, gerichtete Strahlung hin-
• Bei Systemen mit Zu- und Abluftführung gegen über additive Elemente gezielt in die
können über eine integrierte Wärmerückge- Tiefe des Raums gelenkt werden kann. Ein
winnung Lüftungswärmeverluste in der Heiz- wichtiger Kennwert für die quantitative Tages-
periode deutlich verringert werden. lichtbewertung eines Raums ist der Tageslicht-
• Die Einbindung von Heiz- bzw. Kühlregistern quotient (Daylight Factor). Er beschreibt das
ermöglicht die Erwärmung oder Kühlung der Verhältnis zwischen der Beleuchtungsstärke
Zuluft. Diese Systeme können daher auch zur einer horizontalen unverschatteten Fläche im
Bereitstellung von Heiz- und Kühlleistungen Freien bei bewölktem Himmel zur Beleuch-
herangezogen werden. tungsstärke einer horizontalen Fläche im Raum,
B 3.78 meist 0,85 m über dem Fußboden. Von Bedeu-
Fassadenlüftungsgeräte saugen die Zuluft tung für die visuelle Behaglichkeit ist neben der
direkt an der Fassade an, wobei auf gute Luft- Höhe der Beleuchtungsstärke auch die Vermei-
qualität zu achten ist. Eine sommerliche Fassa- dung von Blendung durch hohe Kontraste. Die
denaufheizung wirkt sich dabei für den Betrieb Beurteilung über eine gleichmäßige Ausleuch-
ungünstig aus (Abb. B 3.81). Die Elemente tung eines Raums kann durch das Verhältnis
können im Doppelboden oder im Deckenbe- der maximalen und minimalen Werte des
reich integriert werden. Darüber hinaus besteht Tageslichtquotienten erfolgen. Ihr Wert sollte
die Möglichkeit einer Integration in Brüstungs- bei Fassadenbelichtung nicht größer als 1: 6,
oder Zargenelemente (Abb. B 3.80). Die Leis- bei Dachverglasungen nicht höher als 1: 2 sein.
tungsfähigkeit von Fassadenlüftungssystemen Für Gebäude mit konkreten Anforderungen an
ist bezüglich des Volumenstroms begrenzt. Ihr die Beleuchtungsstärke (z. B. Büroarbeitsplät-
Einsatz bietet sich insbesondere bei Büroräu- ze) kann über den Tageslichtquotienten für
men mit geringer Raumtiefe an. Des Weiteren einen bestimmten Punkt das Maß an »Tages-
können Fassadenlüftungssysteme auch nach- lichtautonomie« bestimmt werden (Abb. B
träglich z. B. im Rahmen von Gebäudesanie- 3.90). Dieser Wert beschreibt in Prozent den
rungen installiert werden. Anteil eines typischen Nutzungszeitraums, in
B 3.79

102
Gebäudehülle

Temperaturerhöhung

typisch maximal
fassadennahe Luftschicht
ohne Wind 5K 10 K
fassadennahe Luftschicht
mit Wind 2K 5K
Zuluft Zuluft Zuluft Zuluft absorbierende Fassadenfläche 10 K 15 K
Kastenfenster 5 – 15 K 20 K
Kastenfenster schalloptimiert 5 – 20 K 30 K
unsegmentierte Doppelfassade 5 – 20 K 30 K
steuerbare Doppelfassade 5 – 10 K 20 K
Sonnenschutzlamellen 2–5 K 10 K

a b c d Markise 5 – 10 K 15 K
B 3.80 B 3.81
dem die Beleuchtungsanforderung ausschließ- situation. Die Tageslichtplanung beginnt damit gleichmäßigere Leuchtdichteverteilung (Abb. B
lich über Tageslicht sichergestellt ist. Obwohl bereits bei der Freiraumgestaltung. So erhöhen 3.87). Die Dimension des Atriums, die Ausbil-
allgemeingültig einsetzbar, findet dieser Quo- etwa helle bzw. reflektierende Oberflächen im dung der Dachkonstruktion und die Art der Ver-
tient fast nur im Bürobau Anwendung und Außenraum (z. B. Wasserflächen) das Licht- schattung können den Lichteintrag jedoch
bezieht sich dort auf die typische Arbeitszeit angebot an der Fassade. auch soweit verringern, dass der für Büronut-
(wochentags, 8–18 Uhr). Bürogebäude sollten Die wesentlichen Einflussgrößen für die geo- zung minimale Tageslichtquotient in den unte-
im Mittel über einen Tageslichtquotienten von metrische Tageslichtoptimierung lassen sich ren Räumen unterschritten wird.
3 % verfügen (ergibt ca. 50 % Tageslichtauto- in drei Bereiche gliedern: Baukörper, Raum Bei großflächigen, eingeschossigen Baukör-
nomie für Büroarbeitsplätze). Da für Wohnräu- und Verglasung. pern, wie z. B. Produktionsgebäuden oder
me keine definierten Vorgaben für Beleuch- Sporthallen, ist eine Belichtung über die Dach-
tungsstärken vorliegen, ist die Ermittlung einer Baukörper fläche möglich. Hier genügen zudem bereits
Tageslichtautonomie hierfür nicht möglich. Eine Die Form des Baukörpers beeinflusst wesent- geringe Öffnungsflächen, da in Mitteleuropa
ausreichende Beleuchtung liegt für einen ein- lich den Umfang der möglichen Tageslichtnut- die horizontale Beleuchtungsstärke etwa drei-
seitig belichteten Wohnraum dann vor, wenn zung. Vorteilhaft ist ein hoher Anteil an Hüllflä- mal so hoch ist wie bei vertikalen Flächen.
der Tageslichtquotient in der Raummitte und che im Verhältnis zum Bauvolumen. Die Tages-
1 m vor den beiden Seitenwänden im Mittel lichtoptimierung steht damit in direktem Ziel- Raum
mindestens 0,9 % erreicht. konflikt zum winterlichen Wärmeschutz, bei Auch die Raumanordnung und -geometrie
dem eine möglichst große Kompaktheit von beeinflusst das Tageslichtpotenzial. Räume mit
Geometrische Optimierung Vorteil ist. Eine geringe Kompaktheit bietet hin- hohem Beleuchtungsbedarf oder intensiver
Tageslicht ist aufgrund des Sonnenverlaufs gegen ein hohes Flächenpotenzial für transpa- Nutzung am Tag sind entsprechend fassaden-
sowohl im Tages- wie auch im Jahresgang eine rente bzw. transluzente Bauteile. Baukörper mit nah anzuordnen, Räume mit geringen Licht-
dynamische Größe. Die Gebäudeplanung ist kompakten Gesamtvolumen können durch die anforderungen im Inneren des Baukörpers.
entsprechend auf die ortsspezifische Situation Einbindung eines Innenhofs oder eines Atriums Bei der Raumform wirken sich große Raum-
abzustimmen. So ist eine Analyse des Sonnen- hinsichtlich der Tageslichtnutzung optimiert höhen und geringe Raumtiefen günstig aus.
laufs und der Abschattung durch umgebende werden. Diese Maßnahmen ermöglichen in Dies gilt ebenso für helle Oberflächen mit
Bebauung oder Vegetation eine wichtige vielen Fällen eine zweiseitige Belichtung der hohem Reflexionsanteil.
Grundlage. Zur Bewertung des Tageslichtpo- Räume, die für eine gleichmäßige Ausleuch- Eine natürliche Belichtung von Erschließungs-
tenzials eines Baukörpers lassen sich die drei tung von Vorteil ist. zonen kann über transparente bzw. transluzen-
geometrischen Kennwerte »Horizontwinkel«, Die Lichtintensität, die über das Atrium in te Innenwände, Türverglasungen oder Fenster-
»seitlicher Abschattungswinkel« und »Über- angrenzende Räume fällt, nimmt geschosswei- bänder in Innenwänden erfolgen.
hangwinkel« heranziehen (Abb. B 3.88). Auch se deutlich ab, zugleich steigt jedoch der pro-
die Oberflächenqualität der Nachbargebäude zentuale Anteil diffuser Strahlung. Fassaden Verglasung
und der Freiflächen beeinflusst die Tageslicht- der unteren Etagen verfügen daher über eine Entscheidend für die Tageslichtnutzung ist die
dezentrale Lüftungssysteme
Vorteile Nachteile

• geringerer Flächenbedarf für Schächte, Technikräume • spezifische Investitionskosten gleich oder leicht über
und abgehängte Decken Investitionskosten für eine zentrale Lüftungsanlage mit
• niedriger Energiebedarf für die Außenluftförderung konstantem Volumenstrom
(z. B. < 1Wel / (m3 / s) • keine Befeuchtung
• niedriger Energiebedarf für die Außenluft-Nachbe- • bei fehlender Entfeuchtung Kühlleistung durch Kon-
handlung durch bedarfsgerechte Lüftung (z. B. drei densatgrenze eingeschränkt
schaltbare, fest eingestellte Zuluftströme) • höhere Wartungskosten
• variable Zuluftströme • Nutzungskonflikt bei Wartung der Geräte im Büroraum
• Nachrüstbarkeit und hohe Anpassbarkeit an variable • erhöhte Betriebsgeräusche bei großen Zuluftströmen
Raumnutzung
• erhöhter Regelungsaufwand für Winddruckkompen-
• hohe Nutzerakzeptanz durch individuelle Bedien- sation, Begrenzung der Zulufttemperatur und Frost-
barkeit schutz
• Ansaugung an der Fassade führt ggf. zu erhöhten Luft-
temperaturen
B 3.82 B 3.83

103
Gebäudehülle

20
Kosten [£ / m2 a]

Sonstige
Gestaltung der Gebäudehülle. Sie definiert Raumeindruck erheblichen Einfluss auf die
Serverraum
durch den Verglasungsanteil prinzipiell das positive Raum- und Tageslichtwahrnehmung.
Arbeitshilfen
15 nutzbare Lichtpotenzial. Fensterflächenanteile Schließlich ist die Glasqualität von großer
Beleuchtung
und Tageslichtautonomie verhalten sich jedoch Bedeutung für die Tageslichtnutzung. Der
Lüftung
nicht linear zueinander. Ab etwa 50 % Vergla- wichtigste Kennwert zur Beurteilung von trans-
10 Kühlung
sungsanteil der Fassade sinken beispielsweise parenten Bauteilen ist der Lichttransmissions-
Catering-
strom die Auswirkungen auf die Tageslichtautomie grad (τ-Wert). Er beschreibt den prozentualen
5 Catering- erheblich. So bewirkt eine Erhöhung des Ver- Anteil des durchdringenden Lichts. Dieser Wert
gas glasungsanteils von 70 % auf 90 % keine nen- steht in engem Zusammenhang mit der Son-
Heizung und nenswerte Verbesserung der Tageslichtqua- nenschutzwirkung von Glas (g-Wert, siehe
0 Warmwasser
Typ 1 Typ 2 Typ 3 Typ 4
lität. Bei Wohngebäuden sind Fensterflächen- Material, S. 154) und hat einen nahezu linearen
anteile zwischen 20 und 30 % der Raumgrund- Einfluss auf den Tageslichtquotienten: Eine
Typ 1: natürlich belüftete Bürozellen fläche notwendig, um das Grundbedürfnis Verglasung mit einem τ-Wert von 0,4 erreicht
Typ 2: natürlich belüftetes durchgehendes Großraumbüro nach Licht und den Außenraumbezug sicher- über die gesamte Raumtiefe nur 50 % des
Typ 3: klimatisiert, Standard
zustellen. In DIN 5034 wird ein vereinfachtes Tageslichtquotienten einer Verglasung mit
Typ 3: klimatisiert, hoher Standard
Verfahren zur Bestimmung von Mindestfenster- τ-Wert 0,8.
B 3.84 größen für die einseitige Belichtung von Wohn- Allgemein gilt, dass bei einseitiger Beleuchtung
räumen beschrieben. Bürobauten zur Einhaltung der Anforderungen
100 Neben dem Verhältnis der Verglasungsfläche der Arbeitsstättenrichtlinie (300 / 500 lx) ohne
Tageslichtautonomie [%]

zum Raumvolumen ist ihre Ausrichtung von lichttechnische Systeme bis zu einer Raumtiefe
80 Bedeutung. In Mitteleuropa erhalten Südfassa- von 5 m2 natürlich belichtet werden können.
den hohe Beleuchtungsstärken, die durch steil
einfallendes Licht im fassadennahen Bereich Tageslichtsysteme
60
zu hohen Leuchtdichtedifferenzen führen kön- Lichtlenkende Systeme können das Tages-
nen. Bei Ost- und Westfassaden ist der niedri- lichtangebot erheblich verbessern. Sie bewir-
40 ge Sonnenstand mit flachen Einstrahlungswin- ken bei seitlicher Beleuchtung auch bei großer
keln zu berücksichtigen. In beiden Fällen muss Raumtiefe eine gleichmäßige und erhöhte
20 auf eine ausreichende Blendfreiheit geachtet Tageslichtausbeute. Einige Systeme ermögli-
Büro Flur werden. Günstig für die Tageslichtnutzung ist chen zudem bei sehr hohen oder engen Räu-
l min 500 Lux lmin 50 Lux
das fast ausschließlich diffuse Licht von Nord- men (z. B. Atrien) die Lichtlenkung über Dach-
0
0 1 2 3 4 5 6 7 fassaden. Als weiterer Aspekt ist zu beachten, verglasungen.
Abstand zur Fassade [m] in welcher Etage der Raum liegt. So ist z. B. bei Die Vielzahl der unterschiedlichen Lösungen
dichter und hoher Nachbarbebauung das kann in Bezug auf ihre Veränderbarkeit in stati-
Raumpotenzial Apertur
eff. Apertur Tageslichtangebot über die Fassadenhöhe sche und regelbare Systeme unterteilt werden
Raum mit Fassade
B 3.85 sehr unterschiedlich. Dies kann eine geschoss- (Abb B 3.93). Darüber hinaus unterscheidet
weise Anpassung des Verglasungsanteils zur man nach Einbausituation (Dach, Oberlicht,
Folge haben. Fenster und Brüstung) sowie der Lage zur Ver-
Darüber hinaus beeinflusst die Anordnung der glasung (außerhalb, im Scheibenzwischenraum
1,9:1
1,6:1
f : h=1,5:1

Verglasung die Effizienz der Tageslichtnut- oder raumseitig). Das Funktionsspektrum der
h f zung. Verglasungen im oberen Bereich der nachfolgend beschriebenen Lichtlenksysteme
A
B Fassade – im Idealfall auch im Sturzbereich – umfasst:
bewirken eine Verbesserung der Raumaus-
C leuchtung, verglaste Brüstungsflächen haben • Lichtstreuung: Licht wird diffus in den Raum
D hingegen kaum Auswirkungen auf den Tages- eingebracht und bewirkt eine gleichmäßige
D C B A lichtquotienten. Eine Aufteilung der Glasele- Ausleuchtung.
B 3.86
mente auf mehrere Einzelflächen verbessert • Lichtlenkung: Über reflektierende Oberflä-
die Raumausleuchtung gegenüber einer zen- chen wird Licht in die Raumtiefe gelenkt.
tralen Fläche. Sind Räume mehrseitig belichtet, • Lichttransport: Über lichtleitende Elemente
8
ist die Raumausleuchtung deutlich gleichmäßi- wird Licht in dunkle Außenbereiche oder fens-
ger, zudem hat der verbesserte subjektive terferne bzw. fensterlose Räume transportiert.
7
6 45
Verbauungs- süd ost / nord Überhang- süd ost / nord Seiten- süd ost / nord
5 winkel [°] west winkel [°] west winkel [°] west
4 0 1,00 1,00 1,00 0 1,00 1,00 1,00 0 1,00 1,00 1,00
3 10 0,94 0,92 0,99 30 0,93 0,91 0,91 30 0,94 0,91 0,99
2 20 0,68 0,75 0,95 45 0,80 0,79 0,80 45 0,86 0,83 0,99
30 0,49 0,62 0,92 60 0,60 0,61 0,65 60 0,74 0,75 0,99
1 > 45
40 0,40 0,56 0,89

8 evtl. Fenster im 1.–5.OG

7
Horizont-
6 winkel
5 Überhang-
4
3 winkel
Seiten-
2
1 winkel

B 3.87 B 3.88

104
Gebäudehülle

B 3.84 beispielhafte Kostenstruktur des Energiebedarfs 100 100

Tageslichtautonomie [%]

Strombedarf [%]
in Bürogebäuden (GB) Tageslicht
B 3.85 Einfluss der Fassadengestaltung auf die Tages- 80 80
lichtversorgung in einem Büroraum und die
anschließende Verkehrsfläche mit Glasoberlicht
B 3.86 Tageslichtangebot in Abhängigkeit von der Brüs- 60 60
tungshöhe geographische Lage
B 3.87 Tageslichtangebot für an ein Atrium grenzende 40 40
Räume in Abhängigkeit von der vertikalen Lage
B 3.88 Horizont-, Überhang- und Seitenwinkel
B 3.89 Einflussmöglichkeiten zur Tageslichtoptimierung 20 20
B 3.90 Zusammenhang zwischen Tageslichtautonomie, geometrische Bauteil-
Optimierung Optimierung
Tageslichtquotient und Strombedarf 0 0
B 3.91 Tageslichtquotient für verschiedene Dachver- 5 10 15 20 25 30
glasungen [%] Verbauung / Verschattung Art der Verglasung
Tageslichtquotient [%]
B 3.92 Lichtqualität im Büroraum: Orientierung Selektivität
a hoher Tageslichtquotient (3,8 %) Proportion des Raums Reflexionsgrade der Ober-
b niedriger Tageslichtquotient (1,6 %) Größe und Proportion des flächen im Inneren
Lichteinlasses Sonnenschutzsystem Tageslichtautonomie
Tageslichtsystem Strombedarf Kunstlicht
B 3.89 B 3.90
Lichtstreuende Gläser Lichtlenkende Gläser Lamellen
Lichtstreuende Gläser nutzen die Scheiben- Durch wartungsfrei integrierte Lichtlenkprofile Horizontale Lamellen und Jalousien dienen
oberfläche oder den Scheibenzwischenraum im Scheibenzwischenraum von Verglasungen primär dem Sonnenschutz, lassen sich jedoch
von Isolierverglasungen mit unterschiedlichen eignen sich lichtlenkende Gläser gleicherma- zugleich zur Tageslichtlenkung einsetzen.
Füllungen, um direkte Sonnenstrahlung zu ßen für Fassaden und Dächer. Bei Vertikalver- Aus der Vielzahl verfügbarer Systeme und
streuen und somit eine blendfreie Ausleuch- glasungen werden die flach einfallenden Son- Ausführungen (außerhalb oder im Scheiben-
tung zu ermöglichen (Abb. B 3.95 e und f). nenstrahlen an die Decke reflektiert, was eine zwischenraum starr, drehbar, raffbar, Jalousi-
Lichtstreuende Füllungen aus TWD (transluzen- erhöhte Lichttransmission ermöglicht, die mit en, Großlamellen, Aluminium- oder Glasprofile
te Wärmedämmung) erzielen eine ähnliche steigendem Einfallswinkel abnimmt. Horizontal etc.) sind insbesondere folgende Arten von
Wirkung. Auch sie gewährleisten eine gleich- eingebaut, wird direkte Strahlung reflektiert und Bedeutung:
mäßigere Lichtverteilung im Raum und weisen diffuse Strahlung transmittiert (Abb. B 3.95 c).
im Vergleich zur transparenten Verglasung • Einachsig verstellbare Lamellen im Oberlicht-
durch Absorption eine höhere Leuchtdichte an Light Shelves bereich vor Verglasungen blenden im Som-
der Fassade auf. Direkte Sonnenstrahlung kann mit Lichtschwer- mer die Direktstrahlung aus und reflektieren
tern, sogenannten Light Shelves, gegen die im Winter das Tageslicht in die Tiefe des
Holographisch-optische Elemente (HOE) Deckenunterseite von Räumen reflektiert Raums (Abb. B 3.96 c und d).
Transmissionshologramme können als trans- werden. (Abb. B 3.94 und 96 a). Sie sind • Raffbare Lamellenjalousien können im Über-
parente Folie in Verbundglas eingebettet im oberen Drittel außer- oder innerhalb von kopfbereich Licht an die Decke des Innen-
werden. Um bei der Tageslichtlenkung die transparenten Fassadenelementen montiert raums lenken und durch einen anderen
störende spektrale Farbzerlegung zu vermei- und schützen in Fensternähe gleichzeitig vor Anstellwinkel der Lamellen in Fenster- bzw.
den, verwendet man Weißlichthologramme, direkter Sonneneinstrahlung. Brüstungshöhe einen wirksamen Sonnen-
die diffuses Licht ungehindert passieren las- schutz gewährleisten (Abb. B 3.95 a).
sen, während sie direktes Sonnenlicht in Ab- Laser-Cut-Panels (LCP) • Spezielle Lichtlenklamellen (retroreflektie-
hängigkeit von der Wellenlänge beugen LCP bestehen aus Acrylglasscheiben mit dün- rende Lamellen) verfügen über selektive
und in die vorgegebene Richtung umlenken nen, parallelen Einschnitten oder Lufteinschlüs- Eigenschaften: Eine W-förmige Kantung
(Abb. B 3.96 b). sen (Abb. B 3.95 d). In Abhängigkeit vom Son- der Lamelle im nach außen orientierten
Der holographische Effekt ermöglicht aufgrund nenstand wird das Licht an den horizontalen Bereich blendet das steil einfallende Sonnen-
seiner vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten Einschnitten einfach oder mehrfach reflektiert licht aus, während die raumseitige Ausfor-
auch eine Kombination von Tageslichtlenkung, und an die Deckenunterseite gelenkt bzw. in mung das flach einfallende Licht an die
Sonnenschutz (Totalreflexion) und Energiege- die Raumtiefe gestreut. Da Laser-Cut-Panels Decke umlenkt. Die Jalousie ermöglicht
winnung (Konzentration und Umlenkung auf den Sichtkontakt nach außen einschränken, durch ihre Formgebung auch in der Sonnen-
PV-Module). kommen sie überwiegend bei Überkopfvergla- schutzfunktion die Sichtbeziehung nach
sungen und Oberlichtern zum Einsatz. außen (Abb. B 3.95 b).

10 10
5 5
0 0

10
10
5 5
0 0

10 10
5 5
0 0

B 3.91 a b B 3.92

105
Gebäudehülle

Tageslichtsysteme

statische nachführbare wegfahrbare schaltbare


Systeme Systeme Systeme Gläser

Lichtstreuung lichtstreuende Gläser photochrom


HOE thermochrom
gasochrom
Lichtlenkung Prismenplatte drehbare Licht- raffbare Licht-
fest stehende Lamellen lenklamellen lenklamellen
Light Shelves
lichtlenkende Gläser
HOE
Lichttransport Lightpipes Heliostate
Glasfaser
B 3.93
Heliostate und Lightpipes merkmale auf. Die Beantwortung folgender taik zunächst im Bereich der Energietechno-
Heliostate bestehen aus ein- oder zweiach- Fragestellungen unterstützt die Auswahl des logie entwickelt. Erst seit den frühen 1980er-
sig nachgeführten Parabolspiegeln, die Tages- geeigneten Systems [3]: Jahren wird eine Integration von Photovoltaike-
licht, insbesondere direkte Strahlung, aus lementen in die Gebäudehülle in Betracht
verschattungsfreien Flächen in tief liegende • Wird die Durchsicht eingeschränkt bzw. gezogen. Photovoltaikmodule stehen als aus-
Höfe oder unterirdische Bauwerke transpor- unterbrochen? gereifte Produkte in einer großen Bandbreite
tieren (Abb. B 3.97). Bei konstanter Nachfüh- • Unter welchem Lichteintrittswinkel wird das zur Verfügung (siehe Technik, S. 138). Zuneh-
rung der Heliostaten im Tagesverlauf lässt Tageslicht in den Innenraum gelenkt? mend übernehmen diese Module neben der
sich bei entsprechender Direktstrahlung, ggf. • Wie stark verbessert sich die Raumtiefen- Energiegewinnung auch Zusatzfunktionen
mit zusätzlichen starren Spiegeln zur Unter- ausleuchtung? und nutzen damit zahlreiche Synergieeffekte:
verteilung, in den inneren Nutzungszonen • Ist Blendfreiheit gewährleistet? Photovoltaikelemente können als Witterungs-,
annähernd Tageslichtqualität erreichen. In • Können thermische Probleme auftreten, Sonnen-, und Sichtschutz eingesetzt werden
Kombination mit hochreflektierend ausgeklei- z. B. infolge Mehrfachreflexion und Absorp- oder als Isolierglasmodule sogar die thermi-
deten Rohren, sogenannten Lightpipes, oder tion von Elementen im Scheibenzwischen- sche Hülle übernehmen. Darüber hinaus
lichtleitenden Glasfaserelementen können raum? können sie gestaltprägend wirken (Abb.
Heliostate Tageslicht über weite Entfernungen • Reagieren die Systeme auf Veränderung des B 3.102).
in innen liegende, fensterlose Raumzonen Einstrahlungswinkels »gutmütig« oder sind
lenken (Abb. B 3.98). Nachführungen erforderlich? Gebäudehüllen mit Photovoltaik
• Welche Eingriff- und Regulierungsmöglich- Photovoltaikmodule stehen überwiegend als
Schaltbare Gläser keiten bestehen für den Nutzer? Verbundglas- oder Kunststoffelemente zur
Elektrochrome Verglasungen sind je nach Verfügung und sind entsprechend wie Ver-
angelegter elektrischer Spannung transparent glasungsbauteile einsetzbar. Für spezielle
(gerichtete Flüssigkeitskristalle) oder translu- Strom gewinnen Anwendungen sind zahlreiche Sondermodule
zent (ungeordnete Kristalle) und somit licht- verfügbar (z. B. Solardachziegel, Solarmem-
streuend (Abb. B 3.95 g und h). Weitere schalt- Die Photovoltaiktechnologie ermöglicht eine branen etc.). Prinzipiell können nahezu alle
bare Gläser sind im Kapitel Material, S.157 Stromerzeugung über die Gebäudehülle üblichen flächigen Bauteile mit photovoltai-
beschrieben. ohne mechanischen Verschleiß, Luftemissio- scher Funktion versehen werden und ermög-
nen oder Geräuschentwicklungen. Sie stellt lichen damit eine Stromgewinnung über die
Auswahlkriterien neben der Solarthermie die zweite Möglichkeit Gebäudehülle, sofern die Flächen entspre-
Die zahlreichen, auf dem Markt verfügbaren einer aktiven Nutzung der Solarstrahlung dar chender Solareinstrahlung ausgesetzt sind.
Tageslichtsysteme unterscheiden sich erheb- (siehe S. 93). Während solarthermische Syste- Bei der Photovoltaik können jedoch im Ver-
lich hinsichtlich ihrer Investitions- und War- me von Beginn an eng mit der Gebäudepla- gleich zur Solarthermie auch geringe Ab-
tungskosten und weisen spezifische Leistungs- nung verbunden waren, hat sich die Photovol- schattungen der Solarzellen den Energie-

a b c d

e f g h
B 3.94 B 3.95

106
Gebäudehülle

a b

c d
B 3.96 B 3.97 B 3.98
ertrag erheblich reduzieren (siehe Technik, Montage auf dem freiem Feld zu installieren. B 3.93 systematische Darstellung von Systemen zur
S. 140 Abb. B 4.113). Eine verschattungsfreie Dies erlaubt eine optimale Ausrichtung und Tageslichtlenkung
B 3.94 Lichtoptimierung mit Light Shelves, Verwal-
Fläche ist daher eine wesentliche Vorausset- damit hohe Effizienz der Module. Bei den tungsgebäude, Schweinfurt (D) 1998, Kuntz +
zung. Deshalb ist für die Planung eine genaue Solarstrahlungsbedingungen in Europa müs- Manz
Standort-und Gebäudeanalyse erforderlich sen jedoch aufgrund der starken gegensei- B 3.95 schematische Darstellung von lichtlenkenden
(Abb. B 3.103). tigen Abschattung diese mit entsprechend Verglasungselementen:
a raffbare Jalousien
Ergänzend dazu ist auch die Kabelführung großen Abständen verlegt werden, was die
b Lichtlenklamellen
sorgfältig zu planen. Dies ist vor allem bei zur Energiegewinnung verfügbare Dach- c Spiegelprofile
transparenten Bauteilen von Bedeutung und fläche erheblich reduziert. Die Module kön- d Laser-Cut-Panels
kann meist in entsprechenden Fassadenpro- nen daher auch flächendeckend mit sehr e, f lichtstreuende Gläser
filen erfolgen. Die Module müssen hier abwei- flachem Winkel nahezu horizontal angeordnet g, h elektrochrome Verglasung
B 3.96 schematische Darstellung von Lichtlenk-
chend von der üblichen rückseitigen Kabel- werden. Dadurch verringert sich zwar der systemen
dose mit einem seitlichen Kabelanschluss spezifische Ertrag der Module, die erzielbare a Light Shelves
versehen sein (siehe Technik, S. 140). Gesamtenergiemenge bezogen auf die b holographisch-optische Elemente
Zudem ist die Lage und Anordnung der Gebäudehüllfläche wird jedoch maximiert c, d einachsig verstellbare Lamellen
erforderlichen Wechselrichter in die Planung (Abb. B 3.99). B 3.97 Funktionsprinzip Heliostat
B 3.98 Funktionsprinzip Heliostat mit Lightpipe
einzubinden. Anzustreben sind kurze Wege Bei opaken Flachdächern können solar B 3.99 Solarertrag von Photovoltaiksystemen bei hori-
von den Photovoltaikmodulen zu den Wechsel- aktivierte Dachabdichtungselemente zum zontalen Flächen in Abhängigkeit vom Nei-
richtern, die für Wartungszwecke zugänglich Einsatz kommen. Auch gekrümmte Flächen gungswinkel (Standort: Frankfurt / Main)
sein müssen. Zu berücksichtigen ist bei der wie gebogene Metalldächer oder Membran- B 3.100 Photovoltaikmodule als Dachdeckung: Solar-
siedlung am Schlierberg, Freiburg (D) 2000,
Anordnung der Wechselrichter auch deren bauwerke lassen sich mit Photovoltaik aus- Rolf Disch
Wärmeentwicklung im Betrieb. statten. B 3.101 drehbar montierte Photovoltaiklamellen als Son-
nenschutz: Verwaltungsgebäude, Schwerin (D)
Photovoltaikdächer Photovoltaikfassaden 1999, Roland Schulz
Bei geneigten Dächern können Photovoltaik- Fassadenflächen stellen ein weiteres Poten-
module direkt als wasserführende Schicht zial für die aktive Solarenergienutzung dar.
verwendet werden und ersetzen dadurch Auf vertikale Flächen trifft zwar eine geringere
konventionelle Materialien wie z. B. Dachziegel Einstrahlung als auf geneigte. Im Gegenzug
(Abb. 3.100). Als besonders geeignet erwei- bieten sich bei Fassaden jedoch erhebliche
sen sich südgeneigte Pultdächer oder Shed- energetische und wirtschaftliche Potenziale,
dächer. wenn konventionelle hochwertige Bauteile
Bei Flachdächern besteht die Möglichkeit, wie beispielsweise Metallpaneele oder Natur-
eine Aufständerung der Module analog zur steine durch Photovoltaikelemente ersetzt
Neigung nutzbare spezifische nutzbare
Modulfläche Solarfläche Einstrahlung Einstrahlung
[°] [%] [ %] [%]
0 100 100 100

10 75 106 80

20 61 111 68

30 53 113 60

40 48 113 54

B 3.99 B 3.100 B 3.101

107
Gebäudehülle

B 3.102 mögliche Mehrfachfunktionen aktiver Solar- Anforderungen an die Einfluss aktiver


technik in der Gebäudehülle Gebäudehülle Solarenergienutzung
B 3.103 typische Abschattungssituationen
thermische Trennung o
B 3.104 Betriebshof, Konstanz (D) 1996, Schaudt
Architekten Witterungsschutz +
B 3.105 PV-Module als Witterungsschutz, Tü-Arena, Sichtschutz + Umgebende Bebauung
Tübingen (D) 2004, Allmann Sattler Wappner
B 3.106 PV-Module als Dachhaut, Lehrter Bahnhof, Sonnenschutz +
Berlin 2006, von Gerkan Marg und Partner Blendschutz o
B 3.107 Ökologisches Gemeindezentrum, Ludesch (A)
Lärmschutz o
2006, Hermann Kaufmann
B 3.108 Sporthalle Burgweinting, Regensburg (D) 2004, Sicherheit o
Tobias Ruf Tageslichtnutzung – Gebäudegeometrie
B 3.109 Technikgebäude Solarsiedlung, Emmerthal (D)
2000, Niederwöhrmeier + Wiese Blickbeziehungen –
B 3.110 Konstruktions- und Entwurfsstrategien mit Gestaltung +
aktiver Solartechnik
passive Solarenergienutzung –
B 3.111 Büro- und Fertigungsgebäude SMA, Kassel (D)
2001, Hegger Hegger Schleiff
o neutral + Symbiose – Konkurrenz Bepflanzung Dachaufbauten
B 3.102 B 3.103
werden. Ihre Verwendung als gestalterisch Gebäudes. Sie beeinflussen sich in ihren Wir- klar vom Subsystem Hülle absetzen. Die weit-
prägendes Element und die Übernahme von kungen gegenseitig und können auf verschie- verbreitete Methode der entflochtenen Ver-
Mehrfachfunktionen einschließlich der Energie- dene Arten miteinander verknüpft sein, die knüpfung von Solarkomponenten mit ziegel-
erzeugung rechtfertigen ihren Einsatz in Fassa- mit den Begriffen Entflechtung, Verflechtung gedeckten Wohngebäuden ist als sogenannte
den, auch wenn sie nicht die maximale Effizi- und Verschmelzung zu charakterisieren sind Aufdachmontage bekannt. Gründe für eine
enz erreichen. [4] (Abb. B 3.110). Am Beispiel möglicher Entflechtung sind in der Regel der Wunsch
Verknüpfungen zwischen Gebäudehülle nach einer kostengünstigen, meist nachträg-
Solarer Sonnenschutz und Tragwerk wird dies anschaulich: Bildet lichen Montage und eine klare Gewerketren-
Verschattungselemente sind aufgrund ihrer die massive, tragende Außenwand eine ein- nung mit entsprechenden Gewährleistungen.
Funktion in der Regel einer direkten Solar- deutige Verschmelzung von Tragwerk und Die möglichen Mehrfachfunktionen der Solar-
strahlung ausgesetzt und eignen sich daher Hülle, so wird eine Fachwerkwand zwar eben- komponenten beschränken sich hierbei auf
besonders für eine Photovoltaikintegration. falls als ein Element wahrgenommen, die Verschattung und optische Gestaltung (Abb.
Dies gilt sowohl für starre wie bewegliche Ele- Funktionen Tragwerk und Hülle lassen sich B 3.104).
mente, bei denen Solarmodule opake oder jedoch den einzelnen Komponenten Fach-
teiltransparente Materialien wie z. B. Metall- werk und Ausfachung zuordnen. Es handelt Verflechtung
paneele oder bedruckte Gläser ersetzen sich dabei um eine Verflechtung der Funk- Werden Solarelemente als äußere Schicht
(Abb. B 3.101). Photovoltaikmodule sind auch tionen. Die dritte Stufe bildet der Skelettbau in die Gebäudehülle integriert, bei der sie
direkt als abschattendes Verglasungselement mit vorgehängter Fassade, in der eine klare konventionelle Materialien ersetzen und da-
einsetzbar. Durch den Grad an aktiver Zellen- Entflechtung der Funktionen stattfindet. mit den Witterungsschutz bilden, findet eine
fläche lässt sich der gewünschte g-Wert des Diese Einteilung ist auch hinsichtlich der Verflechtung der Subsysteme Technischer
Bauteils beeinflussen. Zu berücksichtigen ist möglichen Formen des Umgangs mit Photo- Ausbau und Gebäudehülle statt. Die Ge-
hier jedoch die hohe Wärmeabstrahlung nach voltaikmodulen oder solarthermischen Kollek- bäudehülle würde in diesem Fall nicht ohne
innen durch die Wärmeentwicklung der Solar- toren und Gebäudehülle sinnfällig. Im Folgen- die Solarelemente funktionieren, da diese
zellen. Bei hoher Belegungsdichte sind den- den werden diese Strategien am Beispiel der eine notwendige Funktion der Gebäudehülle
noch sehr gute Kennwerte erreichbar. Dadurch Photovoltaik erläutert. Sie gelten in gleicher übernehmen. Diese Art der Einbindung er-
ist z. B. bei Dachverglasungen trotz Tageslicht- Weise auch für solarthermische Systeme fordert eine sorgfältige, maß- und und detail-
nutzung ein hoher Abschattungseffekt zu erzie- (siehe S. 93). genaue Abstimmung von Photovoltaikmodu-
len (Abb. B 3.107). len und Fassadensystem sowie eine exakte
Entflechtung Koordination der Gewerke (Abb. 3.105).
Solartechnik und Gebäudehülle Eine konstruktive Entflechtung von Solarele-
Gebäudehüllen bilden zusammen mit dem ment und Gebäudehülle liegt dann vor, wenn Verschmelzung
Tragwerk und dem Technischen Ausbau die Solarkomponenten als eigenständige Eine Verschmelzung ist gegeben, wenn die
energetisch wirksame Subsysteme eines Elemente wahrgenommen werden und sich Solarelemente sämtliche geforderte Funk-

B 3.104 B 3.105 B 3.106

108
Gebäudehülle

tionen der Gebäudehülle erfüllen können. Integration


Ein Beispiel hierfür ist das Photovoltaikmodul Die Solarelemente werden hier in bewusster
in Isolierglasausführung, das neben der gestalterischer Absicht in die Konzeption der
Stromerzeugung auch die thermische Tren- Gebäudehülle und des Baukörpers einbezogen
nung sowie den Sonnen-, Sicht-, Schall- und korrespondieren mit Proportionen, horizon-
und Witterungsschutz übernehmen kann talen und vertikalen Fugenbildern und Flächen.
und dazu ein hohes gestalterisches Potenzial Die Solarelemente werden dementsprechend
besitzt. Im Solarelement verschmelzen dann an die Gebäudekubatur angepasst. Dies kann
Technischer Ausbau und Gebäudehülle eine Verringerung der solaren Ausbeute zur
(Abb. B 3.106). Folge haben. Gerechtfertigt ist dies jedoch
durch die Zusatzfunktionen und hohe optische
Solartechnik und Gestaltung Prägnanz (Abb. B 3.107 und 108).
Über die Art der konstruktiven Einbindung
hinaus ist für die zukünftige Entwicklung der Adaption
Solararchitektur der gestalterische Umgang Wirken Komponenten zur aktiven Nutzung
mit aktiven Solarkomponenten bis hin zur Bau- der Solarstrahlung mit ihren spezifischen
körperform von besonderer Bedeutung. Letzt- Anforderungen bezüglich Ausrichtung und B 3.107
endlich entscheidet die Harmonie zwischen Verschattungsfreiheit in einer dominierenden
Gebäude und Solartechnik und die Attraktivität Art und Weise auf die Entwurfskonzeption
der entstehenden Architektur über die Akzep- ein, erfolgt vielfach eine Adaption der Planung,
tanz und den Erfolg dieser Technologien auf die zum Teil Veränderungen in der Baukörper-
breiter Ebene. form und der Gebäudehülle nach sich zieht.
In diesem Zusammenhang können die drei Baukörper oder Gebäudeteile werden in
Entwurfsstrategien Addition, Integration und hohem Maße an den Anforderungen der Solar-
Adaption unterschieden werden (Abb. B 3.110). elemente orientiert und unterstützen damit
Dabei ist unerheblich, auf welche Weise die eine Optimierung der energetischen Effizienz.
Solarelemente konstruktiv in Bezug auf die Die Solarenergienutzung wird dann zu einem
Gebäudehülle eingebunden sind. tragenden formalen Kriterium des gesamten
Gebäudes (Abb. B 3.109 und 111). Gebäude
Addition und Solarelemente stehen in gegenseitiger
Das Prinzip der Addition steht für eine Ent- Abhängigkeit. Bei dieser Art der Einbindung
wurfshaltung, bei der das Gebäude prinzipiell besteht ein hohes Potenzial, aus der aktiven
ohne Berücksichtigung einer solartechnischen solaren Nutzung heraus neue architektonische
Nutzung geplant wurde. Entsprechend bleibt Ausdrucksformen zu entwickeln. B 3.108
bei der Verknüpfung mit der Solartechnik die
gestalterische und geometrische Ordnung
der Gebäudehülle unberücksichtigt. Das Anmerkungen:
Gebäude liefert lediglich den Träger für die [1] Usemann, Klaus: Entwicklung von Heizung und
Lüftung zur Wissenschaft, Oldenbourg-Verlag,
Solartechnik. Durch fehlende formale Einbin- München 1993
dung können die solartechnischen Komponen- [2] ohne Nachweis ist für die Berechnung nach
ten wie Fremdkörper am Gebäude wirken und Energieeinsparverordnung EnEV ein Wärme-
einen negativen Einfluss auf das Erscheinungs- brückenzuschlagskoeffizient von 0,1 W / m2K
anzusetzen. Bei Ausführung der Planung nach
bild haben. Dies wird besonders bei der nach-
Beiblatt 2 der DIN 4108 kann dieser Wert auf
träglichen Installation von solartechnischen 0,5 W / m2K halbiert werden. Alternativ ist ein
Komponenten an bereits bestehenden Gebäu- verminderter Nachweis nach DIN EN 10211
den deutlich. Eine Realisierung im additiven möglich.
Sinne führt in aller Regel zu einer unbefriedi- [3] nach: Köster, Helmut: Tageslichtdynamische
Architektur. Grundlagen, Systeme, Projekte,
genden Lösung, auch wenn die Elemente mit S. 96, Basel 2004
hohem Aufwand mit der Gebäudehülle ver- [4] Systematik entwickelt am Institut für Baukonstruktion
flochten sind. und Entwerfen, Lehrstuhl 2, Universität Stuttgart
B 3.109

Solartechnik

konstruktive Einbindung formale Einbindung

Entflechtung Addition
Verflechtung Integration
Verschmelzung Adaption

Gebäudehülle Gestaltung

Architektur

B 3.110 B 3.111

109
Technik

B 4.1
Im Mittelpunkt des energieeffizienten Bauens der Technik. Neben der gebundenen Primär-
steht das Bemüh en, durch bauliche Maßnah- energie sind auch weitere ökologische Auswir-
men mit minimalem Energiebedarf eine komfor- kungen der verwendeten Materialien zu beach-
table Nutzung des Gebäudes zu erzielen. Dies ten. Nicht zuletzt induziert ein hoher Verbrauch
wird in erster Linie durch die klimaoptimierte an Energieträgern entsprechende logistische
Konzeption von Baukörper, Gebäudehülle und Aufwendungen, wie etwa bei der Nutzung von
Materialwahl erreicht. Der Gebäudebetrieb Biomasse.
erfordert darüber hinaus in vielen Klimaregio- Zum anderen prägt die Gebäudetechnik in vie-
nen eine regelbare Zufuhr von Energie. Die len Bereichen zugleich die Architektur. Sie
hierfür notwendigen Technologien beeinflussen interagiert mit dem Entwurf und sollte präzise
wesentlich den Nutzerkomfort, aber auch die auf die baulichen Randbedingungen und nut-
Umweltwirkungen des Objekts. Letztere kön- zerspezifischen Vorgaben eingehen. Unter
nen durch eine Energiebilanzierung aller wäh- nachhaltigen Gesichtspunkten ist sie nicht
rend des Betriebs anfallenden Bedarfsposten allein auf Basis von Gesetzen und Normen
ermittelt werden, wie sie inzwischen im Rah- unter Verwendung technischer Bauteile aus
men der EU-Richtlinie zur Gesamtenergieeffizi- dem Katalog zu bewältigen. Entsprechend kön-
enz von Gebäuden für Heizwärme, Trinkwarm- nen die Systemkomponenten nicht als additive
wasser, Kühlenergie, Lüftung, Beleuchtung so- Elemente betrachtet werden, die im Sinne des
wie für die jeweiligen Hilfsenergien gefordert »technischen Ausbaus« ein Gebäude nutzbar
wird. Durch die Erweiterung des Bilanzierungs- machen. Vielmehr wird zusammen mit dem
bereichs auf den Primärenergiebedarf werden Entwurf ein integriertes technisches Konzept
auch energieträgerspezifische und technolo- nötig, das für die spezifische Aufgabe den
gisch bedingte Umweltauswirkungen erfasst. optimalen Lösungsvorschlag bereithält. Ener-
Die Gebäudetechnik wird somit als integraler getische Gebäudesimulation ermöglicht eine
Bestandteil des energetischen Gesamtkonzepts technische Planung ohne überzogene Sicher-
eines Gebäudes verstanden. heitszuschläge, die zudem das Potenzial birgt,
wesentlicher Impulsgeber für den Entwurf zu
sein. Dies ist insbesondere bei der Photovoltaik
Nachhaltige Gebäudetechnik und Solarthermie bedeutsam. Zudem beein-
flusst die Technik das Nutzerverhalten. Weit-
Für eine nachhaltige Gebäudetechnik sind vor gehende Regelungsmöglichkeiten und eine in-
allem drei Aspekte entscheidend. Zum einen tuitive Steuerung fördern hier eine nachhaltige
gilt besondere Aufmerksamkeit den ökologi- Nutzung.
schen Folgewirkungen der technischen Syste- Letztlich bindet die Gebäudetechnik immer
me. Bei der Nutzung fossiler und atomarer auch Kapital. Dies trifft sowohl auf die Herstel-
Energiequellen müssen knappe Ressourcen lung als auch auf die Aufwendungen zu, die
möglichst schonend eingesetzt werden, um die sich aus dem Betrieb ergeben (Kosten für
durch ihren Gebrauch entstehenden Umwelt- Energieträger sowie Wartungs- bzw. Instand-
probleme zu minimieren. Es ist daher notwen- haltungskosten). Eine Optimierung kann daher
dig, neben der Gewährleistung hoher Energie- nur im Betrachtungsrahmen des Lebenszyklus
effizienz eine weitreichende Nutzung erneuer- erfolgen. Ein wesentlicher Aspekt ist hierbei die
barer Energiequellen für die Energieversor- sorgfältige Planung mit Bauteilen, deren techni-
B 4.1 solaraktive, holografisch-optische Verschattungs-
gung von Gebäuden zu erzielen. Im Idealfall sche Nutzungsdauern stark differieren können.
elemente, Reihenhaus, Stuttgart (D) 1993, Hegger
Hegger Schleiff erfolgt diese vollständig CO2-neutral, wobei die Bei technischen Komponenten ist deren einfa-
B 4.2 Beispiel für passive Luftführung und Verdunstungs- Bilanzierungsgrenze sowohl auf das Einzelge- che Austauschbarkeit ein wichtiges Planungs-
kühlung im arabischen Raum, 2. Jh. n. Chr. bäude, als auch auf das Gebäudeensemble, kriterium.
B 4.3 Hypokaustenheizung eines römischen Bads, Gemeinden bis hin zu regionalen oder landes- Erneuerbare Energiequellen versprechen eine
ca. 3. Jh. n. Chr.
B 4.4 Solarkraftwerk auf der Weltausstellung in Paris (F)
weiten Strukturen bezogen sein kann. Der Ein- umweltverträgliche Energienutzung. Bei einer
1878, Augustin Mouchot satz erneuerbarer Energiequellen erfordert vollständigen Energieversorgung mit erneuer-
B 4.5 Meilensteine der Gebäudeenergietechnik jedoch Aufwendungen für die Bereitstellung baren Quellen könnte man daher schlussfol-

110
Technik

1 Aufenthaltsraum Winter Lochsteine (Tubuli)


2 Wasserbecken
3 Aufenthaltsraum Sommer
4 kühlender Wind

1 3
2

B 4.2 B 4.3 B 4.4


1700 • erste Berechnungen zum Wärmebedarf von
gern, dass der Energieverbrauch dann nicht zeigt die Präsentation der ersten solarthermi- Gebäuden
mehr von Bedeutung wäre. Die Nutzung dieser schen Kraftmaschine durch Augustin Mouchot
Quellen wird jedoch immer mit einem hohen auf der Weltausstellung in Paris 1878 (Abb.
Aufwand verbunden sein, der sich insbesonde- B 4.4). Die Motivation für die Entwicklung die-
re in den Kosten zur Energieumwandlung (z. B. ser Maschine war ein Aufruf des französischen
• Energiekrise in Europa aufgrund von Kohle-
Erdwärme) zeigt. Verlustreduzierung, Effizienz- Königs zur Erforschung alternativer Energie- mangel
steigerung und Nutzung erneuerbarer Energie- quellen aufgrund des zunehmenden Kohle-
quellen stellen so sich gegenseitig ergänzen- mangels. Man kann hier durchaus bereits von
1750
de Ziele dar. Neben Maßnahmen zur Bedarfs- einer frühen globalen Energiekrise reden. Dass • erstes solarthermisches Hochleistungssystem
vermeidung müssen in der Planung gleichwer- man sich bereits zu Beginn des fossilen Zeit-
tig die Wahl der Energiequelle und die daraus alters der Endlichkeit dieser Energiequellen
resultierende Gebäudetechnik beachtet wer- bewusst war, zeigt ein Zitat des Physikers
den (siehe Strategien, S. 176). Claudius aus dem Jahre 1885: »Wir haben
gefunden, dass unter der Erde Kohlenvorräte
Historische Entwicklung aus alten Zeiten liegen, welche sich im Laufe
Die Gebäudetechnik hat sich erst im 20. Jahr- so langer Zeiträume abgelagert haben, dass
hundert zu einer eigenständigen Disziplin ent- alle historischen Zeiten dagegen verschwin- 1800
• Einführung der Begriffe Wärmefluss, Tempera-
wickelt, wobei jedoch die meisten Prinzipien dend klein sind (…). Diese verbrauchen wir turgefälle und Wärmeleitfähigkeit
und viele Technologien auf eine lange Entwick- nun, und verhalten uns dabei wie lachende • Einführung des k-Werts als Kennwert für die
lung zurückblicken können. Zahlreiche Beispie- Erben, welche eine reiche Hinterlassenschaft Wärmeleitfähigkeit (heute U-Wert)
le aus früherer Zeit aus dem arabischen Kultur- verzehren. Es wird aus der Erde heraufge- • Erfindung der Wärmepumpe
raum dokumentieren bereits eine intelligente schafft (…) und verbraucht, als ob es uner-
• Entdeckung des Photoeffekts
Verknüpfung technischer Systeme mit den na- schöpflich wäre (…). Wenn dieser Vorrat ver-
türlichen klimatischen Randbedingungen, um braucht sein wird, (…) werden die Menschen • Entdeckung des Sorptionsprinzips
ein behagliches Innenraumklima sicherzustel- darauf angewiesen sein, sich mit der Energie 1850 • Kristallpalast in London
len. Abb. B 4.2 zeigt exemplarisch die Nutzung zu behelfen, welche die Sonne ihnen im Verlauf • Einführung des Begriffs »Wärmeverlust« durch
des Windes über Verdunstung von Wasser und der ferneren Zeit noch fortwährend durch ihre Transmission und Lüftung
des thermischen Auftriebs zur Realisierung Strahlen liefert.«[2] • Patent für Isolierverglasung
einer Kühlung der Zuluft von Gebäuden. In der Nach der Gründung des Vereins Deutscher
römischen Baukunst ist bemerkenswert, wie Ingenieure (VDI) 1856 wurden durch den Phy- • erste Überlegungen zur Integration von Photo-
durch intelligente Kanalsysteme bereits vor siker Schinz in Deutschland weitergehende voltaik in die Gebäudehülle
Christi Geburt in Badeanlagen Zentralheizun- Berechnungen zum Wärmebedarf von Gebäu- • zahlreiche Patente zu solarthermischen
gen installiert wurden, bei denen die Wärme- den durchgeführt, deren Ergebnisse in der Ein- 1900 Kollektoren
abgabe über den Fußboden und die Wände führung der Bezeichnung »Wärmeverlust durch • Fagus-Werke (Gropius)
erfolgte (Abb. B 4.3). Konkrete Überlegungen Transmission und Lüftung« mündeten. Gegen • Boom in den USA für thermische Solaranlagen
zur Wärmeversorgung von Gebäuden und zur Ende des 19. Jahrhunderts legte Hermann • Vision Glashochhaus (Mies van der Rohe)
Sicherstellung behaglicher Bedingungen in ge- Rietschel durch seine zahlreichen praktischen • MIT-Solarhäuser
schlossenen Räumen datieren allerdings erst Arbeiten die Grundlage für die heutige Berech-
• Marktreife der Isolierverglasung
um das 18. Jahrhundert. Eines der frühesten nung des Wärmebedarfs von Gebäuden fest
Dokumente stammt überraschenderweise von und erarbeitete das erste Hand- und Lehrbuch
einem deutschen Pfarrer, der 1720 eine Abhand- für Heizungsingenieure. Parallel zu den wissen- 1950
• Marktreife von ersten Photovoltaikmodulen
lung zur »Wärmebedarfsrechnung in Gebäu- schaftlichen Untersuchungen und Erkenntnis-
den« schrieb. Darin stellte Johann Georg Leut- sen haben nahezu alle heute üblichen techno- • Solarhaus mit Trombewand
mann fest, dass sich »die Größe des Ofens logischen Systeme im 19. Jahrhundert ihren Ur- • weltweite Ölkrisen
richten muss nach dem Gemach, welches sprung. So wurde bereits 1839 durch den Phy- • Renaissance der passiven Solararchitektur
damit erwärmt werden soll« [1]. siker Alexandre Edmond Bequerell der photo- • erste Photovoltaikfassade
voltaische Effekt entdeckt, der die Grundlage • erste Passivhäuser
19. Jahrhundert aller heutigen Systeme zur Erzeugung von So-
• energieautarkes Solarhaus in Freiburg
Dass erneuerbare Energietechnologie bereits larstrom darstellt. Beachtlich ist in diesem Zu- 2000
im 19. Jahrhundert eine wichtige Rolle spielte, sammenhang, dass auch die Notwendigkeit
B 4.5

111
Technik

B 4.6 B 4.7 B 4.8


solar aktivierbarer Flächen und die daraus ab- wonnenen Erkenntnisse in der neu erschiene- zahlreiche Forschungs- und Pilotprojekte im
geleitete Nutzung von Fassaden und Dächern nen DIN 4701 »Regeln für die Berechnung Wohnungsbau eine möglichst weitreichende
von Gebäuden für die großmaßstäbliche Ent- des Wärmebedarfs von Gebäuden und für die Wärmeversorgung durch solarthermische Sys-
wicklung der Photovoltaik bereits im 19. Jahr- Berechnung der Kessel und Heizkörpergrö- teme an. Dabei wurden sowohl passive wie die
hundert erkannt wurde. Dies belegt ein Zitat ßen von Heizungsanlagen« dokumentiert. Das Trombewand als auch aktive solarthermische
des amerikanischen Physikers Charles Fritts 47-seitige Schriftstück war mit Klimatafeln des Systeme mit Langzeitspeicherung wie das MIT-
aus dem Jahr 1880: »Die Photovoltaik hat nur Preußischen Meteorologischen Instituts, Hin- Solarhaus entwickelt (Abb. B 4.8). Es konnte
eine Chance, wenn sie sich harmonisch in die weisen zum natürlichen Luftwechsel durch Un- jedoch kein großer Durchbruch erzielt werden,
Architektur integrieren lässt.« Auch im Bereich dichtigkeiten von Fenstern und Türen sowie da sich zu dieser Zeit die Kosten der konventi-
der Thermodynamik wurden um diese Zeit einer Liste mit Wärmedämmwerten (damals onellen Energieversorgung auf einem sehr
erste Prototypen realisiert, bei denen durch k-Werte) verschiedener Bauteile ausgestattet. niedrigen Niveau befanden. Das für die weitere
Kompression und Dekompression Wärme- 1940 fand die Energiethematik einen systemati- Entwicklung entscheidende Ereignis stellte die
potenziale über ein Trägermedium gezielt schen Eingang in die Ausbildung von Architek- erste Ölkrise 1973 dar. Neben den ökologi-
beeinflusst wurden. Die überwiegende Mehr- ten, indem das Fach »technischer Ausbau« schen Aspekten waren jetzt auch vor allem
heit unserer heutigen Kältemaschinen und zur Pflichtveranstaltung im Grundstudium der Bestrebungen zur Verringerung der Abhängig-
Wärmepumpensysteme basiert auf diesen Architekturhochschulen wurde [1]. Mit zuneh- keit von unsicheren Energielieferungen die trei-
Entwicklungen. Ebenso hat im 19. Jahrhundert mender Industrialisierung im Bauwesen und bende Kraft. Seit den 1980er-Jahren wurden in
die Technologie der Ab- und Adsorption ihren zahlreichen technischen Entwicklungen in den der Effizienz der Gebäudetechnik wichtige
Ursprung. Sie erlebt in aktuellen Entwicklungen Bereichen Baustoff, Konstruktion und System- Fortschritte vorangetrieben. So wurden Heiz-
zur solaren Kühlung eine Renaissance. technik waren Gebäude in hoch industrialisier- kessel durch die Brennwerttechnik und die
ten Ländern zusehends gekennzeichnet durch Wärmepumpe als Alternative zu den konventio-
20. Jahrhundert sehr anspruchsvolle und von äußeren Bedin- nellen Heizsystemen in ihren Wirkungsgraden
Bereits Ende des 19. Jahrhunderts gab es gungen unabhängige Einrichtungen zur Raum- entscheidend verbessert. Ebenso entwickelte
zahlreiche Patente für solarthermische Kollek- konditionierung. Diese erforderten einen deut- man die solarthermischen Systeme z. B. im Be-
toren. In den USA kam es in dünn besiedelten lich steigenden Technikbedarf für die Nutzung reich der Betriebssicherheit oder Regelungs-
Gebieten sogar zeitweise zu einem regelrech- der Gebäude, was sich auch 1967 in der Er- technik weiter, sodass heute ein breites Spekt-
ten Solarboom (Abb. B 4.6 und 7). Inzwischen weiterung der VDI-Fachguppe »Technische rum an ausgereiften Komponenten zur Verfü-
beschäftigten sich auch Architekten mit der Gebäudeausrüstung« um den Begriff »Klima- gung steht. Weiterhin wurde die Photovoltaik
Energietechnik, woraufhin der deutsche Archi- technik« zeigte. Zu dieser Zeit waren Photovol- zur elektrischen Energieerzeugung seit den
tekturprofessor Richard Schachner 1926 das taikmodule bereits im Weltall im Einsatz, eine 1980er-Jahren in die Gebäudehülle integriert
erste »umfassende Buch für Baufachleute über Integration in die Architektur jedoch noch nicht (Abb. B 4.9). 1992 gelang es schließlich, ein
das Gebiet der Haustechnik« veröffentlichte absehbar. vollständig energieautarkes Gebäude zu reali-
[1]. Bereits drei Jahre später wurden die ge- In den 1940er- und 1960er-Jahren strebten sieren (Abb. B 4.10). Vor allem der solare Was-

B 4.6 Werbung für den Climax Solar-Water Heater,


Baltimore (USA) 1892
B 4.7 privates Wohnhaus mit solarthermischen Kollek-
toren, Pamona Valley (USA) um 1910
B 4.8 MIT-Solarhaus, Forschungsgebäude mit inte-
griertem Kollektordach, USA 1939
B 4.9 erstes Gebäude mit integrierter Photovoltaik,
Wohnanlage, München (D) 1982, Herzog +
Partner
B 4.10 energieautarkes Solarhaus, Forschungsprojekt
des Fraunhofer ISE, Freiburg (D) 1992, Planer-
werkstatt Hölken & Berghoff
B 4.11 Ziele und Technologien zur energetischen Opti-
mierung der Gebäudetechnik
B 4.9 B 4.10

112
Technik

serstoffkreislauf über Photovoltaikelemente und Ziel Teilziel Planungsgegenstand technische Systeme


Brennstoffzellen ermöglichte dessen Betrieb.

Aktuelle Tendenzen
Spätestens seit den 1990er-Jahren hat sich bei fossile / atomare Brennwerttechnik,
den fossilen Brennstoffen in Europa das Erd- Energieträger Stromheizung
gas durchgesetzt. Hier ist die Brennwerttech-
nologie inzwischen als Standard etabliert. Die
Stückholz-, Hackschnitzel-,
wesentlichen Entwicklungen vollziehen sich Biomasse Holzpelletkessel
nun in den Technologien zur Nutzung erneuer-
barer Energie. Die thermische Nutzung von
Biomasse – allen voran in Form von Holzpellets Wärme gewinnen offene Absorber, Flach-,
– hat sich durch effiziente Techniken durchge- solare Wärme Luft-, Vakuumröhrenkollektor
und verteilen
setzt. Solarthermische Systeme zur Trinkwasser-
erwärmung und Heizungsunterstützung sind
inzwischen Standardprodukte, Photovoltaikmo- Außenluft-, Abwärme-, Erd-
Umgebungswärme reich-, Wasserwärmepumpe
dule können projektspezifisch hergestellt wer-
den. Wärmepumpen und die dezentrale Kraft-
Wärme-Kopplung sind marktgängig. sensible Speicher, Latent-,
Wärmespeicher,
In der aktuellen Entwicklung befinden sich ins- Verteilung und Übergabe Sorptionsspeicher, Flächen-
besondere neue Speichertechnologien, Kon- heizung, Konvektor
zepte für die Gebäudeautomation, die Brenn-
stoffzellen-Technik sowie Systeme zur solaren natürliche Erdreichwärmetauscher,
Kühlung und thermischen Stromerzeugung. Wärmesenken adiabate Kühlung,
Nachtluftspülung
In technischer Hinsicht stehen somit heute für
eine effiziente Energieverwendung und die Nut-
elektrische Kompressionskältemaschi-
zung erneuerbarer Energie eine große Anzahl ne, reversible Wärmepumpe
Kälteerzeugung
ausgereifter Technologien bereit. Durch den
Kälte gewinnen und
Einsatz von Biomasse, Systemen zur Kraft- Wärme abführen
Wärme-Kopplung, individuell gefertigten Photo- thermische Ab-, Adsorptionskältema-
voltaikmodulen, solarthermischen Kollektoren Kälteerzeugung schine, solare Kühlung
sowie effizienten Speichersystemen und Rege-
lungstechniken ist es inzwischen ohne großen Gebäudetechnik
Kältespeicher, Wasserspeicher, Eisspei-
Mehraufwand möglich, ein Gebäude CO2-neu- optimieren
Verteilung und Übergabe cher, Kühlsegel, Bauteil-
tral zu betreiben. Angelehnt an die zehn Bau- aktivierung
steine zur Energieoptimierung von Gebäuden
werden im Folgenden die einzelnen Techno- Heiz-, Kühlregister, Be-,
Anforderungen und
logien erläutert (siehe Grundlagen, S. 61). Abb. Entfeuchter, Luftkanal
Dimensionierung
B 4.11 gibt einen strukturierten Überblick über
die fünf Energiethemen und die prinzipiell nutz-
baren Systeme. Die einzelnen Techniken wer- maschinelle Lüftung Luftkanal, Quellluftauslass,
Luftführung und Antrieb Weitwurfdüse, Venturiflügel,
den in ihrer Funktionsweise erläutert und sollen optimieren
Solarkamin, Ventilator
mit Hinweisen zu relevanten Planungskriterien
als Grundlage für die Entwicklung eines Ge- Kreuz-, Gegenstrom, Rota-
Wärme-, Kälte und
samtenergiekonzepts dienen (siehe Strategien, tionswärmetauscher
Feuchterückgewinnung
S. 177).

Geräte, Leuchtmittel
Lichttechnik
Wärme erzeugen

Die Wärmeversorgung gehört zu den wichtigs-


direkte / indirekte, arbeits-
ten Aufgaben der Gebäudetechnik. Sie ge- Kunstlicht optimieren Beleuchtungskonzept bereichsbezogene Beleuch-
währleistet behagliche Innnenraumtemperatu- tung, Oberflächenbeschaf-
ren, wenn die passive Leistungsfähigkeit des fenheit
Gebäudes dies nicht sicherstellen kann. Da für Anwesenheitssensor,
Automatisierung tageslichtabhängige
die meisten bewohnten Gebiete der Erde eine
Regelung
solche notwendig ist, liegt in der Wärmetechnik
ein erhebliches Potenzial zur Vermeidung ne-
Modularten, konstruktive
gativer Umweltauswirkungen. Die Höhe und Photovoltaik Integration, Mehrfachfunk-
Dauer der Wärmeversorgung wird im Wesent- tionen
lichen beeinflusst von den klimatischen Rand-
bedingungen, den nutzerspezifischen Anforde- Strom gewinnen und Kraft-Wärme- Motorgenerator, Stirling-
rungen sowie der thermischen Qualität der Ge- effizient nutzen Kopplung motor, Turbine, Brennstoff-
bäudehülle. Grundlage der Planung von Wär- zelle, Kraft-Wärme-Kälte-
Kopplung
meerzeugungssystemen ist die so genannte
(Norm-)Heizlast (früher: Wärmebedarf). Sie gibt Akkumulator,
Stromspeicher Wasserstoffkreislauf
an, welche Wärmeleistung dem Gebäude bzw.
B 4.11

113
Technik

Gebäudehülle (thermische Qualität) den einzelnen Räumen im ungünstigsten Fall sichtspunkten kritisch zu betrachtenden Um-
Nutzung (Raum-Solltemperatur)
zugeführt werden muss, um die geforderten weltwirkungen Schwächen wie etwa CO2-Emis-
Klima (z. B. minimale Lufttemperatur, Windanfall)
Innenraumtemperaturen gewährleisten zu kön- sionen auf, an deren Grundproblematik auch
nen (Abb. B 4.12). Die Berechnung basiert eine äußerst effiziente Umwandlung nichts
prinzipiell auf der gleichen Methode wie die ändert.
Transmissions- Lüftungs- Ermittlung des Jahresheizwärmebedarfs nach
wärmeverluste wärmeverluste
der Energieeinsparverordnung (EnEV). Wäh- Wärme aus elektrischer Energie
rend bei dieser jedoch die jährliche Energie- Ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
menge ermittelt wird, ist für die Heizlast nur der wurde Strom als Energieträger verstärkt auch
Normheizlast [kW]
ungünstigste Fall relevant. Daher werden hier für die Wärmeversorgung von Gebäuden ein-
variable Energiegewinne wie interne Wärme- gesetzt. Bei kleinen Energiemengen (z. B. de-
B 4.12 quellen oder solare Einstrahlung nicht berück- zentrale Trinkwassererwärmung) dient hierzu
sichtigt. Mit zunehmender Optimierung der Ge- ein elektrischer Durchlauferhitzer; Wasserspei-
bäudehülle verringert sich nicht nur die Heiz- cher werden bei höherem Energiebedarf einge-
überschlägige Heizlastermittlung
last, auch die Dauer der Heizperiode verkürzt bunden. Dadurch ist ein zeitlicher Puffer mög-
Q [W] ~ Qspez · BGF beheizt · ftemp sich erheblich (Abb. B 4.14). Die Heizlast bildet lich, der den Strombezug vom Wärmebedarf
die Grundlage für die Dimensionierung der entkoppelt (z. B. für die Nutzung von günstigem
spezifische Heizlast Qspez [W/ m 2BGF beheizt ]

175 Wärmeerzeuger (Heizkessel, Wärmepumpe Nachtstrom). Stromheizungen benötigen weder


Altbau
etc.) und der Wärmeübergabesysteme (Heiz- einen Kamin noch einen speziellen Heizraum,
150
körper, Zuluftheizregister etc.). Zur genauen weil keine Verbrennung erfolgt. Bei Strom als
Berechnung dient die Norm DIN EN 12831. sekundärem Energieträger ist zur Beurteilung
125
Eine überschlägige Ermittlung kann für Wohn- der ökologischen Qualität wichtig, aus welchen
WSVO ’77 gebäude über die Nutzfläche durch spezi- Energiequellen die Stromgewinnung erfolgt.
100 fische Heizlastkennwerte und Zuschläge ge- Diese lassen sich jeweils länderspezifisch er-
WSVO ’84
macht werden (Abb. B 4.13). Im Folgenden mitteln. In Deutschland besteht der Strommix
75 werden die wichtigsten Systeme zur Wärme- zu 88 % aus fossilen und atomaren Energie-
WSVO ’95
EnEV
erzeugung, nach ihren Energieträgern geord- trägern (Stand 2006). Durch die Abhängigkeit
50 net, erläutert. Systeme zur kombinierten Wär- vom Rohstoff Uran besteht auch bei der Kern-
me- und Stromerzeugung finden sich in einem energie das Problem, nicht dauerhaft verfügbar
25 eigenen Abschnitt auf S. 143. zu sein. Bezüglich CO2-Emissionen ist die Kern-
Passivhaus
energie in der laufenden Energieerzeugung
0 Nutzung fossiler und atomarer Energieträger günstiger; die problematische und international
0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4
A / V-Verhältnis [1/m]
Die weltweite Energieversorgung wird überwie- bislang ungelöste Entsorgung der radioaktiven
gend durch fossile Energieträger in Form von Abfallstoffe konterkariert diesen Vorzug jedoch
Korrekturfaktor ftemp[-]

1,4 Kohle, Erdöl und Erdgas sichergestellt. Bereits ebenso wie die Sicherheitsproblematik (siehe
1,3 zu Beginn des »fossilen Zeitalters« wurde die Grundlagen, S. 45).
Endlichkeit dieser Energieressourcen richtig Bei hohen Umwandlungsverlusten in der Strom-
1,2 erkannt, nicht aber die ebenso schwerwiegen- erzeugung aus fossilen Energiequellen schlägt
1,1 de Problematik schädlicher Treibhausgase und sich eine direkte Wärmeerzeugung aus Strom
der daraus resultierenden globalen Klimaverän- besonders ungünstig in der Primärenergie-
1,0 derung beachtet (siehe Grundlagen, S. 39). bilanz eines Gebäudes nieder (Abb. B 4.15).
-18 -16 -14 -12 -10
Norm-Außentemperatur [°C] Das technologisch einfache Prinzip der Ver- Die Wärmeerzeugung aus Strom ist generell
brennung und seine Entwicklungszeit machen nur dann sinnvoll, wenn zum einen effiziente
sehr ausgereifte Heizsysteme für Gebäude ver- Systeme wie z. B. Wärmepumpen eingesetzt
Beispiele Norm-Außentemperatur / Jahresmittel fügbar. Die ursprünglich einfachen Heizkessel werden. Hier kann die Nutzung von Umge-
ermöglichen inzwischen durch Niedertempera- bungswärme gegenüber einer fossilen Wär-
Hamburg -12 °C / 8,5 °C Hof -18 °C / 3,0 °C turtechnik und elektronisch gesteuerte, modu- meerzeugung ökologische Vorteile erzielen
Berlin -14 °C / 9,5 °C Stuttgart -12 °C / 10,2 °C lierende Systeme eine sehr effiziente Verbren- (Abb. B 4.48). Zum anderen bietet sich Strom
Köln -10 °C / 8,1 °C München -16 °C / 7,9 °C nung. Durch die fortschrittliche Brennwerttech- an, wenn der Wärmebedarf äußerst gering ist,
B 4.13 nologie kann inzwischen der Energiegehalt von wie z. B. zur dezentralen Warmwasserbereitung
Erdöl oder Erdgas nahezu vollständig in nutz-
bare Wärme umgewandelt werden. Die Effizienz Erdöl
Heizleistung

Normheizlast verbessert sich durch die zusätzliche Nutzung


nach DIN EN 12831 Erdgas
(max. Leistung in kW)
der im Wasserdampf des Abgases gespeicher-
ten latenten Wärmeenergie. Der Wasserdampf
Jahresheizwärme- Strom N
bedarf nach EnEV wird über den kühleren Rücklauf aus dem Heiz-
(jährliche Energiemenge kreis kondensiert. Die dabei frei werdende A
in kWh)
Wärme hebt die Temperatur des Rücklaufs an.
a J A S O N D J F M A M J CH
Das saure Kondensat wird entsprechend aufbe-
reitet und abgeführt. Da sich der Wirkungsgrad S
Heizleistung

Altbau eines Heizkessels auf den Heizwert (ohne


NL
Abgaswärme) bezieht, sind bei der Brennwert-
EnEV
technik einschließlich Abgaswärmenutzung D
Werte über 100 % realisierbar (Abb. B 4.18).
Passivhaus FIN
Prinzipiell weisen Systeme zur Nutzung fossiler
Energiequellen – abgesehen von ihrer Verfüg- 0 1 2 3 4
b J A S O N D J F M A M J barkeit – aufgrund der unter nachhaltigen Ge- Primärenergiefaktor [- ]
B 4.14 B 4.15

114
Technik

Biomasseaufkommen für
eine energetische Nutzung

B 4.12 Ermittlung der Normheizlast für Gebäude


B 4.13 überschlägige Ermittlung der Heizlast für Wohn-
organische organische Energiepflanzen auf land-
Ernterückstände gebäude in Deutschland mit Richtwerten, Kor-
Nebenprodukte Abfälle wirtschaftl. Brachflächen
rekturfaktoren und Beispielen
Waldrestholz Industrierestholz Dung Raps B 4.14 a Zusammenhang zwischen Normheizlast und
Stroh Gülle Klärschlamm Chinaschilf Jahresheizwärmebedarf
Großküchenabfälle b Zusammenhang zwischen Gebäudequalität
und Heizlast bzw. Dauer der Heizperiode
B 4.15 Primärenergiefaktoren im Vergleich
B 4.16 energetisch nutzbares Biomasseaufkommens in
Deutschland mit prozentualer Verteilung
B 4.17 CO2-Kreislauf für Biomasse
B 4.18 Brennwerttechnologie
Potenzial 30 % Potenzial 25 % Potenzial 5 % Potenzial 40 % a Energieflussschema
b technische Umsetzung im Heizkessel
B 4.16
in Verwaltungsgebäuden. Aufgrund einfacher krete Definitionen und Grenzwerte sowie wei- nicht generell zutrifft. Zum anderen besteht
Technologie und der Vermeidung von Lei- terentwickelte Technologien erforderlich sind, eine Abgrenzung zum Nahrungsmittel. Für die
tungsverlusten wird so im Gesamtsystem eine um Emissionen zu reduzieren und gesundheit- energetische Verwertung von Biomasse liegt
effiziente Erzeugung ermöglicht. liche Risiken zu vermeiden. der Fokus auf dem Aspekt der »gespeicherten
Prinzipiell gilt, dass Strom vollständig aus er- Der Begriff »Biomasse« beschreibt ein sehr Solarenergie«, die über entsprechende Kon-
neuerbaren Energien gewonnen werden sollte, breites Spektrum von Energieträgern: Biolo- versionsanlagen nutzbar ist. Welche konkreten
was sowohl zentral als auch dezentral erfolgen gisch umfasst er grundsätzlich alle Stoffe orga- Stoffe sich dafür eignen, ist nicht zuletzt auch
kann. nischer Herkunft (kohlenstoffhaltige Materie) eine Frage der Ethik, die z. B. über eine ener-
und damit alle Pflanzen und Tiere, deren Rück- getische Nutzung von Getreide oder Tierkada-
Nutzung von Biomasse stände (z. B. tierische Exkremente), die abge- vern entscheiden muss.
Pflanzliche Biomasse birgt als nachwachsen- storbene, aber noch nicht fossile Pflanzenmas-
der Rohstoff das Potenzial, in der Energiebe- se sowie im weitesten Sinne alle Stoffe, die Biomasseaufkommen
reitstellung einen CO2-neutralen Kreislauf zu durch eine Umwandlung bzw. stoffliche Nut- Biomasse tritt in verschiedenen Formen auf
gewährleisten, da bei einer Verbrennung nur zung daraus entstehen (z. B. Papier, organi- und wird durch zahlreiche Faktoren wie Was-
die Menge an CO2 entweicht, die während des scher Hausmüll, Pflanzenöle, Biogas etc.). Die servorkommen, Temperatur, Bodenart, Nähr-
Wachstums von den Pflanzen aufgenommen Abgrenzung zu fossilen Energieträgern beginnt stoffe etc. beeinflusst. Die Solarstrahlung und
wurde (Abb. B 4.17). Biomasse wird daher als beim Torf. Biomasse lässt sich aus energeti- der Photosyntheseprozess sind für das Wachs-
»CO2-neutraler« Energieträger bezeichnet – scher Sicht in Primär- und Sekundärprodukte tum von organischen Stoffen verantwortlich, wes-
vorausgesetzt Wachstum und Nutzung der Be- unterteilen. Primärprodukte entstehen in erster halb pflanzliche Biomasse auch als gespeicher-
wirtschaftung sind nachhaltig gestaltet. Berück- Linie durch direkte photosynthetische Um- te Sonnenenergie bezeichnet wird. Die durch
sichtigt werden muss in der Gesamtbilanz der wandlung der Solarstrahlung (z. B. Holz, Grä- die Photosynthese entstehenden Stoffe sind,
Primärenergieaufwand, der innerhalb der Be- ser, Stroh etc.). Als Sekundärprodukte werden ganzheitlich betrachtet, Zellulose (ca. 65 %),
reitstellungskette investiert wird. Der fossile Pri- energetisch aufbereitete Energieträger (z. B. Hemizellulose (ca. 17 %) und Lignin (ca. 17 %),
märenergiekennwert von Biomasse ist deshalb Hackschnitzel, Holzpellets, Pflanzenöl etc.) so- die zusammen etwa 99 % des weltweiten jährli-
nicht null. Da durch die dauerhafte Verfügbar- wie durch Ab- oder Umbau organischer Subs- chen Zuwachses an Biomasse abdecken. Die
keit jedoch gute Bedingungen vorherrschen, tanzen in Organismen entstandene Stoffe (z. B. holzartigen Pflanzen bilden hierbei das größte
besteht das Optimierungspotenzial vor allem Gülle, Klärschlamm etc.) bezeichnet. In der Li- Potenzial. Hinsichtlich des energetisch nutzba-
darin, Energieträger verfügbar zu machen, teratur wird Biomasse oft synonym als »nach- ren Aufkommens kann die Biomasse in Europa
hocheffizient umzuwandeln und die Schadstof- wachsender Rohstoff« verwendet. Auch hierfür insgesamt in folgende vier Bereiche eingeteilt
fe bei der Verbrennung zu minimieren. Hier ist gibt es keine allgemeingültige Definition. Eine werden (Abb. B 4.16):
vor allem die Feinstaubproblematik zu nennen, Differenzierung kann in der Weise erfolgen,
da in der künftigen Entwicklung sowohl gene- dass das Wort »Rohstoff« der menschlichen • Ernterückstände: Hierunter fallen insbeson-
rell als auch bei Biomasse im Speziellen kon- Nutzung unterstellt wird, was für Biomasse dere feste biogene Energieträger, die aus

Brennwertkessel VL 55 °C Abgas
z.B. 4 0 °C

CO2 CO2
1. Wärmetauscher 1. WT 160 °C 2. WT
Brennwert Heizwert (100 %) Nutzwärme
(Verbrennungsenergie) 106 % (Öl)
111 % (Gas)

Wasser- π +6 % (Öl) RL 3 5 °C
dampf π +11 % (Gas)
Kondensat
Gas

2. Wärmetauscher Luft
Verrottung Biomasse Heizung Ventilator
Kondensation Abgas
(latente Wärme)
Kondensatablauf

B 4.17 a b B 4.18

115
Technik

12

11

1 Füllraum 1

2 Förderschnecke 11
3 Brennkammer
11
4 Brennteller 7
8
5 Elektrozündung
10 7
6 Aschenbox 3
9 5
7 Ventilator 2
3
8 Primärluft 2
9 Sekundärluft 4 4
10 Sekundärluftblende 6 6
11 Wärmetauscher 12 12 12
12 Revisionsöffnung
a b c B 4.19
der direkten Bewirtschaftung von Wäldern Biomasse durchläuft von der Entstehung bis die Möglichkeit, das Rapsöl über den Prozess
(Waldrestholz, Schwachholz), der Land- zur thermischen Nutzung mehrere Phasen. Der der Umesterung zu Rapsmetylester (RME) zu
schafts- und Straßenpflege sowie aus land- Anbau bildet zusammen mit der Ernte bzw. veredeln. Mit diesem als »Biodiesel« bekann-
wirtschaftlichen Nutzflächen als Rückstände Bergung die so genannte Phase der Produk- ten Energieträger lassen sich herkömmliche
anfallen. tions- und Verfügbarmachung. Anschließend Dieselmotoren betreiben. Von untergeordneter
• organische Nebenprodukte: Dabei handelt erfolgt die Bereitstellungsphase, die die Zeit- Bedeutung für die energetische Nutzung sind
es sich um Rückstände, die durch einen pri- spanne zwischen dem Anfall der Biomasse und in Europa bislang Alkohole, die meist aus zu-
mären Verarbeitungsprozess entstehen. der energetischen Verwertung überbrückt, in cker- oder stärkehaltigen Pflanzen (z. B. Zucker-
Typische Beispiele hierfür sind Resthölzer der Transport, Lagerungs- und vor allem Auf- rohr, Mais, Kartoffeln etc.) durch Gärungspro-
aus der industriellen Holzverarbeitung oder bereitungsprozesse stattfinden. Biogene Ener- zesse gewonnen werden. Neue Entwicklungen
Gülle aus der landwirtschaftlichen Nutztier- gieträger können wie folgt differenziert werden: sind vor allem durch das »Biomass-to-liquid-
haltung für eine Produktion von Biogas. Bei Festbrennstoffen unterscheidet man zwi- Verfahren« zu erwarten. Hier können vielfältige
• organische Abfälle: Als organische Abfälle schen holzartiger und halmgutartiger Biomas- Biomassearten zu einem sehr hochwertigen
werden biogene Sekundärenergieträger be- se. Die Produktionsorte und Bezugsmöglich- und universell einsetzbaren Öl umgewandelt
zeichnet, die nach einer Endnutzung als keiten für Holzbrennstoffe sind sehr vielfältig. werden, das in seinen Eigenschaften den be-
Rückstände übrig bleiben, z. B. Klärschlamm Typisch für biogene Festbrennstoffe sind Wald- kannten Erdöl-Produkten entspricht. Statt einer
oder Deponiegas. restholz, Be- und Verarbeitungsresthölzer so- direkten Verfeuerung über Ölkessel werden Öle
• Energiepflanzen: Das größte Potenzial einer wie Holz aus Kurzumtriebsplantagen. Die Auf- fast ausschließlich als Treibstoff für Motoren zur
energetischen Nutzung von Biomasse ist bereitung zur energetischen Nutzung erfolgt Kraft-Wärme-Kopplung und im Fahrzeugbe-
mit dem Anbau von Energiepflanzen zu erzie- primär durch Zersägen und Spalten von Stäm- reich eingesetzt (siehe S. 143).
len. Landwirtschaftliche Stilllegungsflächen men (Stückholz), mechanisches Zerhacken Durch Gärungsprozesse unter Luftabschluss
werden speziell bewirtschaftet und so aus- von Hölzern aller Art (Holzhackschnitzel) oder kann unter günstigen Randbedingungen aus
schließlich energetisch genutzt. Sie reichen hoch verdichtetes Pressen von Holzmehl (Holz- Biomasse Methangas gewonnen werden. Ge-
vom Anbau ölhaltiger Pflanzen (Raps, Son- pellets, Abb. B 4.20 und 26). eignete Substrate sind z. B. Gülle aus der Tier-
nenblume, Soja etc.) über schnell wachsen- Die wesentlichen flüssigen Energieträger aus haltung, organische Abfälle aus Industrie und
de Gräser mit hoher Zellulosemasse bis zu Biomasse sind Pflanzenöle und Alkohole. Bei Gewerbe, Bio-Hausmüll, Grünschnitt aus der
Hecken- und Baumgewächsen mit sehr den Pflanzenölen ist Soja und insbesondere Landschaftspflege oder Klärschlamm. Für eine
geringem Pflegebedarf. Raps von Bedeutung. Das Korn der Rapspflan- großmaßstäbliche Nutzung wird in Pilotprojek-
ze besitzt bei Vollreife einen Rohfettanteil von ten eine Einspeisung von Biogas in vorhandene
Bereitstellung biogener Energieträger etwa 44 % und kann über Pressung oder bei Versorgungsnetze erprobt.
Um Biomasse für die Wärmeversorgung von großtechnischen Verfahren durch zusätzliche
Gebäuden technisch nutzen zu können, ist ihre Extraktion als Energieträger (Rapsöl) bereitge- Verfeuerungssysteme für Gebäude
Aufbereitung zu Energieträgern erforderlich. stellt werden. In einem weiteren Schritt besteht Zur Verbrennung biogener Energieträger ste-

a b c B 4.20

116
Technik

max. 30 m bis
Befüllstutzen
zur Straße
DN 100
Absaugstutzen
Kessel Kessel Sacksilo DN 100

Lagerraum
Förderschnecke Saugrohr Anprallmatte
Kessel
a c

Saugrohr Saugrohr

Kessel Kessel

Lagerraum Erdtank
b d
B 4.21 B 4.22
hen in Abhängigkeit von der verwendeten Ener- und Beschickungsaufwands primär für größere
gieform eine Vielzahl von Feuerungsprinzipien Heizzentralen sinnvoll.
bereit, von denen die für eine dezentrale Ver- Die Verwendung von Holzpellets ermöglicht
sorgung von Gebäuden wichtigsten erläutert eine besonders hochwertige Verbrennung von
werden (Abb. B 4.19 und 23): Biomasse. Der Energieträger ist hinsichtlich
Die Verbrennung von Holz (Scheitholzfeuerung) seiner wesentlichen Eigenschaften, wie Länge
ist die älteste Technik zur energetischen Nut- und Durchmesser (Länge 40 mm, Durchmes-
zung von Biomasse. In Form einer offenen Feu- ser 6 mm), Dichte, Wasser- und Aschegehalt
erstelle werden allerdings nur sehr geringe etc. in DIN 51731 definiert. Dadurch ist eine
Wirkungsgrade erzielt; die unkontrollierte Zu- exakte Anpassung der Systemtechnik möglich,
luft bewirkt einen hohen Schadstoffgehalt der was zu Wirkungsgraden von deutlich über 90 %
Rauchgase. Inzwischen gibt es spezielle Scheit- bei sehr geringen Emissionen führt. Bei der
holzkessel, die einen automatisierten Verbren- Herstellung sind jedoch zusätzliche Arbeits-
nungsvorgang mit Wirkungsgraden von bis zu schritte erforderlich, deren Aufwand primär- B 4.19 Verfeuerungsanlagen für holzartige Energie-
90 % ermöglichen. Von Vorteil ist die einfache energetisch betrachtet 10 bis 20 % des Ener- träger (Auswahl):
Aufbereitung des Brennstoffs. Die Beschickung giegehalts ausmachen. Pelletanlagen gibt es a Stückholzkessel
b Hackgutkessel
erfolgt manuell. Eine regelmäßige Entaschung mit Handbeschickung oder automatischer
c Pelletkessel
des Kessels ist erforderlich. Pelletzuführung über Förderschnecken bzw. B 4.20 Energieträger aus Holz:
Mit der Aufbereitung des Holzes zu Hackschnit- Saugrohre. Die Lagerung ist auch über mehre- a Stückholz
zel wird die automatische Beschickung einer re Monate problemlos möglich, wodurch bei b Holzhackschnitzel
entsprechenden Heizanlage ermöglicht. Der geringen Heizleistungen (z. B. Einfamilien- c Holzpellets
B 4.21 Möglichkeiten der Lagerung von Biomasse-
Brennstoff darf aufgrund der Minimierung des haus) der Brennstoff einer kompletten Heizperi- schüttgut:
Feuchtegehalts (große Oberfläche) nicht zu ode gelagert werden kann (Abb. B 4.21 und a Lagerraum mit Förderschnecke
lange im Lager verbleiben, weshalb kurze Zu- B 4.25). Mit Ausnahme der Entaschung ist eine b Lagerraum mit Saugförderung
lieferungsintervalle – normalerweise zwei Wo- automatisch beschickte Pelletanlage hinsicht- c Sacksilo mit Saugförderung
d Erdtank mit Saugförderung
chen – angestrebt werden (Abb. B 4.24). lich Platzbedarf und Komfortanforderungen
B 4.22 typische Anordnung eines Holzpelletlageraums
Neben der entsprechenden Lagergröße ist eine vergleichbar mit einer konventionellen Ölhei- mit Schneckenaustragung
Logistikplanung für die Anlieferung notwendig, zung. Aufgrund der starken Verbreitung von B 4.23 Anbieterspektrum und typische Leistungsberei-
die in der Regel per Lkw mit Kipplader erfolgt. Pelletheizanlagen ist inzwischen eine wirt- che von Verfeuerungsanlagen für Biomasse
Der Einsatz von Hackschnitzelanlagen erreicht schaftliche Versorgung mit Holzpellets in Euro- B 4.24 Heizwert für holzartige Energieträger in Abhän-
gigkeit vom Wassergehalt
aufgrund des kostengünstigen Rohstoffs (ge- pa flächendeckend gewährleistet. Die Anliefe- B 4.25 Abschätzung des benötigten Lagervolumens bei
ringe Aufbereitung) gute ökonomische Kennwer- rung erfolgt analog zum Heizöl durch Tankwa- definiertem Jahresenergiebedarf
te. Er ist wegen des relativ hohen Wartungs- gen. Über ein Saugrohr können die Pellets bis B 4.26 Pelletiermaschine
Heizwert [kWh/ kg]

Hackschnitzel- 6 a b c d
1
kessel 2
Holzpellet- 4 3
kessel
Stückholz- 2
kessel
0 10 100 1000 0
Nennleistung [kW ] 10 20 30 40 50 60
Angebotsspektrum Wassergehalt [%]
1 Holzpellets
typischer Leistungsbereich 2 Stückholz a lufttrocken c feucht
3 Holzhackschnitzel b lagerbeständig d waldfrisch
B 4.24
Energieträger Einheit Heizwert
[kWh] überschlägige Dimensionierung
Erdöl 1 m3 = 1000 l 10 000 ¤pro 1 kW Heizlast = 0,9 m3 Raum (inkl. Leerraum)
Stückholz 1 m3 (Raummeter / Ster) 1700
¤nutzbarer Lagerraum = 2 / 3 des Lagerraumvolumens
Holzhackschnitzel 1 m3 (Schüttraummeter) 800
Holzpellets 1 m3 (Schüttraummeter) 3200 ¤1 m3 Pellets = 650 kg
B 4.23 B 4.25 B 4.26

117
Technik

transparente zu einer Länge von 30 m in den Lagerraum hat inzwischen einen hohen technologischen
Gebäudehülle geführt werden (Abb. B 4.21 und 22). Stand erreicht. Die Entwicklung ist durch ste-
tige Verbesserungen einzelner Komponenten
Wärmeabgabe
(unkontrolliert) Nutzung solarer Wärme und insbesondere durch optimierte Systemkon-
Die Umwandlung von Solarstrahlung in Wärme- zepte und elektronische Regelungsstrategien
Speicher- energie wird als »Solarthermie« bezeichnet. gekennzeichnet. Im Mittelpunkt der künftigen
masse Alle Körper, die einer Sonneneinstrahlung aus- Anwendung steht jedoch die konstruktive und
a
gesetzt sind, absorbieren diese in unterschied- gestalterische Integration von thermischen
lich hohem Grad und wandeln sie durch den Solarkollektoren in die Gebäudehülle (siehe
photothermischen Effekt in Wärmestrahlung um Gebäudehülle, S. 94).
Kollektor Wärmeabgabe (Abb. B 4.33). Dieser Effekt wird im Bauwesen
(kontrolliert) prinzipiell als »passive Solarenergienutzung« Funktionsweise
Speicher in die Planung einbezogen. Im Folgenden wird Das Grundprinzip der solarthermischen Nut-
(intern /extern)
die so genannte aktive Solarenergienutzung zung ist die Umwandlung von kurzwelliger
beschrieben; die Abgrenzung zur passiven Solar- in langwellige Wärmestrahlung. Dieser
Nutzung ist dabei nicht immer eindeutig mög- Prozess erfolgt beim Auftreffen von Licht auf
Kollektorkreis Heizkreis
b lich. Materie und ist bezüglich der Intensität abhän-
B 4.27 Aktive solarthermische Energiesysteme sind gig von der Absorptionsfähigkeit des Materials
dadurch gekennzeichnet, dass die Funktionen (siehe Material, S. 158). Beim idealen Absorber
Solarenergieabsorption, Umwandlung und sind Reflexion und Transmission minimiert,
Speicherung nicht ausschließlich durch das zugleich soll die absorbierte Wärmeenergie
Gebäude oder Bauteile übernommen werden nicht abgestrahlt, sondern möglichst weitge-
(Abb. B 4.27). Sie bestehen in der Regel aus hend über Wärmeleitung an das Trägermedi-
den Systemkomponenten Kollektor, Wärmeträ- um übertragen werden. Das führte zur Entwick-
germedium, Transporteinrichtung und Wärme- lung von selektiven Absorbermaterialien, die
speicher, sodass über eine Regelungstechnik technisch bedingt meist dunkelblau bis schwarz
maßgeblich Einfluss auf den Wärmefluss aus- sind. Auch andere Farben sind möglich, da-
geübt werden kann. Das Ziel der meisten ak- durch wird die Leistungsfähigkeit jedoch ver-
tiven Systeme zur Wärmeversorgung ist eine mindert (Abb. B 4.30). Die absorbierte Wärme-
möglichst weitreichende zeitliche Entkopplung leistung entspricht infolge verschiedener Ver-
Systemeffizienz der nutzbaren Wärmemenge von der Solar- lustströme nicht der gesamten auf den Absor-
strahlung (Abb. B 4.29). Hier kommt dem Spei- ber auftreffenden Globalstrahlung (Abb. B 4.31).
cher in Kombination mit der Regelungstechnik Um die konvektiven Verluste an die Umgebung
eine entscheidende Funktion im Gesamtsystem zu verringern, werden sie zu Kollektoren erwei-
zu (siehe S. 124). Die Effizienz einer Solaranla- tert, die auf der sonnenabgewandten Seite
Systemkosten ge wird neben dem Nutzlastprofil und der Kol- gedämmt und auf der sonnenzugewandten
lektorausrichtung hauptsächlich vom örtlichen Seite mit einer hochtransparenten Abdeckung
0 20 40 60 80 100
solarer Deckungsanteil [%]
Solarstrahlungsangebot beeinflusst. Dieses dif- aus speziellen Solargläsern versehen sind. Der
feriert in Europa erheblich und erreicht für hori- Kollektor wird von einem Wärmeträgermedium
B 4.28
zontale Flächen Werte von ca. 850 bis 1750 durchströmt, um die nutzbare Wärme abzu-
kWh / m2 a (siehe Grundlagen, S. 53). Da das führen. Die Differenz zwischen der Energie
solare Strahlungsangebot zeitlich begrenzt ist, des eintretenden und austretenden Trägerme-
für Heizzwecke Wärmebedarf wird ein entsprechend hoher Materialaufwand diums stellt dabei den abgeführten Wärme-
nicht nutzbare für die Anlagentechnik zur Energiewandlung strom dar. Ein wichtiges Kriterium für die Güte
Wärme
und -speicherung erforderlich. Emissionen ent- eines Kollektors ist der Wirkungsgrad, der sich
stehen bei solarthermischen Anlagen nur durch als Quotient aus dem vom Wärmeträgermedi-
Solarertrag
die Herstellung und den zum Betrieb nötigen um abgeführten Wärmestrom zu der auf den
Strombedarf für Pumpen (Hilfsenergie), sofern Kollektor eingestrahlten Globalstrahlung ergibt.
J F M A M J J A S O N D sie nicht mit dem Schwerkraftprinzip arbeiten. Er hängt stark von der Temperaturdifferenz
B 4.29 Die aktive solarthermische Wärmeerzeugung von Außenluft und Absorber ab (Abb. B 4.34).
Energieertrag [%]

100 % solare Strahlungsenergie 100

90

7 % Reflexion
80

Glas 2 % Absorption
70

60
15 % 5 % Reflexion
Konvektion 8 % Wärmeabstrahlung 50
-20 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90
60 % absorbierte Energie Neigungswinkel [°]
Absorber
vom Kollektorfeld an den Strahlung auf die
Speicher abgegebene Kollektorebene
Dämmung 3 % Wärmeleitung Energie [kWh/a] [kWh / m2a]
B 4.30 B 4.31 B 4.32

118
Technik

Prozesswärme
Heizung jährliche Solarstrahlung auf die Kollektorfläche
– + Anregen des Elektrons
Trinkwassererwärmung
durch Lichtenergie
Freibaderwärmung Umwand-
Umwandlung in Wärme Größe des lungsver-
Speichers

Wirkungsgrad [%]
100 luste

80 Leitung Leitungsverluste
– + angeregtes Elektron springt
auf ein höheres Energieniveau
60 Vakuumröhrenkollektor
Speiche- Qualität des Speicherverluste
rung Speichers
40

20
– – angeregtes Elektron kehrt
auf die Bahn mit niedrigem offener Absorber Flachkollektor
– + 0 solarer
Energieniveau zurück und
20 40 60 80 100 120 140 Deckungs- Jahresgesamtwärmebedarf
emittiert Wärmeenergie
Temperaturdifferenz Außenluft/Absorber [K] anteil
B 4.33 B 4.34 B 4.35
Neben der Kollektoreffizienz ist im Gesamt- Planung besondere Anforderungen, da die • Bei Vakuumröhrenkollektoren befindet sich
system insbesondere der »solare Deckungs- Ausrichtung der solarthermisch aktiven Flächen der flächige oder runde Absorber in einer
anteil« von Bedeutung, der den prozentualen einen hohen Einfluss auf die Effizienz hat (Abb. evakuierten Glasröhre (Abb. B 4.41).
Anteil der vom Solarsystem nutzbar abgegebe- B 4.32). In technischer Hinsicht werden solar- Dadurch werden Wärmeverluste durch Kon-
nen Energie zum gesamten Wärmeenergiebe- thermische Kollektoren in verschiedene Kate- vektion nahezu vollständig verhindert. Je
darf des Gebäudes darstellt. Er wird insbeson- gorien eingeteilt: nach Bauart kann bei Röhrenkollektoren
dere beeinflusst von der zeitlichen Diskrepanz durch integrierte oder externe Spiegelflä-
zwischen Solarstrahlungsangebot und Nutzen- • Offene Absorber stellen die einfachste Art chen der flächenbezogene Nutzungsgrad
ergienachfrage mit daraus resultierender nicht der solarthermischen Wandler dar. Aufgrund erhöht werden. Vakuumröhrenkollektoren
nutzbarer Solarstrahlung (Speicher auf Maxi- hoher Wärmeverluste bleibt ihr Wirkungsgrad erreichen die besten Wirkungsgrade und die
maltemperatur) sowie von Leitungs- und Spei- jedoch gering. Sie werden bei der solaren höchsten Betriebstemperaturen. Die einzel-
cherverlusten (Abb. B 4.35). Aufgrund der Schwimmbaderwärmung eingesetzt oder die- nen Röhren können bei vielen Produkten
oben beschriebenen Randbedingung gilt all- nen als Wärmequelle für Wärmepumpen. durch Drehung der solaren Einstrahlung an-
gemein, dass bei zunehmendem solaren • Bei Flachkollektoren wird der Absorber rück- gepasst werden, sodass der Kollektor auch
Deckungsanteil die Anlagengröße (Absorp- seitig gedämmt und erhält auf der sonnenzu- bei flachen oder sehr steilen Neigungswin-
tionsfläche und Speichervolumen) überpropor- gewandten Seite eine spezielle Solarglas- keln eine hohe Effizienz aufweist.
tional steigt, während die flächenspezifische abdeckung. Flachkollektoren sind die meist • Durch spezielle Linsen oder Spiegelflächen
Effizienz des Systems sinkt (Abb. B 4.28). verwendete Kollektorart für die Wärmeversor- können Kollektoren bei hoher Direktstrahlung
gung von Gebäuden. Durch ihren Aufbau sehr hohe Temperaturen (> 300 °C) errei-
Systemtechnische Komponenten lässt sich eine Integration in die Gebäudehül- chen. Konzentrierende Kollektoren werden
Ein solarthermisches System besteht aus meh- le sehr gut realisieren (Abb. B 4.37). Zur Ver- für die Wärmeversorgung von Produktions-
reren Komponenten, die sich aus den primären minderung der Konvektionswärmeverluste prozessen und zur solarthermischen Strom-
Funktionen Wärmeabsorption, Wärmetransport wird in seltenen Fällen der Luftraum mit Edel- erzeuung eingesetzt (siehe S. 144).
und Wärmespeicherung ergeben. gas gefüllt.
Die in der Regel als Kollektoren bezeichneten • Alternativ zum wasserdurchströmten Flach- Prinzipiell kommen als Wärmeträgermedien
solarthermischen Wandler sind das zentrale kollektor können in Kombination mit Luftheiz- Gase und Flüssigkeiten in Betracht. Verwendet
Element einer thermischen Solaranlage. In der systemen auch Luftkollektoren zur solaren werden meistens flüssigkeitsdurchströmte Sys-
Praxis kommen unterschiedliche Kollektortypen Vorerwärmung eingesetzt werden. Diese sind teme. Zur Vermeidung von Frostschäden wird
zum Einsatz, von denen in Abb. B 4.36 gängi- im Aufbau mit Flachkollektoren vergleichbar. der Kollektorkreis vom Nutzwasserkreis ge-
ge Varianten dargestellt sind. Das Kollektorfeld Die Aufnahme der absorbierten Wärme er- trennt und mit einem Wasser-Glykol-Gemisch
bildet im Gesamtsystem den äußerlich sichtba- folgt hier jedoch nicht über einen Flüssig- durchströmt. Kollektoren und Speicher werden
ren Teil der Gebäudetechnik ab. Die gestalte- keitskreislauf, sondern über die an den Ab- mit Leitungen verbunden, die das Wärmeträ-
rische und funktionale Integration stellt an die sorberblechen vorbeiströmende Luft. germedium transportieren; typische Materialien
B 4.27 solare Nutzung im Gebäude: Bezeichnung offener Absorber Luftkollektor Flachkollektor Vakuumröhrenkollektor
a passiv b aktiv Querschnitt
B 4.28 Zusammenhang zwischen Systemeffizienz und
Systemkosten in Abhängigkeit vom solaren
Deckungsanteil
B 4.29 Problematik von Angebot und Nachfrage bei Energieträgerfluss
solarthermischer Wärmenutzung in Wohnbauten
B 4.30 farbige selektive Lacke für solarthermische
Absorber
B 4.31 Verlustfaktoren bei der Wärmeabsorption am
Beispiel eines Flachkollektors
B 4.32 Einfluss des Neigungswinkels auf den Ertrag
einer typischen solarthermischen Anlage zur
Heizungsunterstützung bei Südorientierung in
Deutschland
B 4.33 Prinzip des photothermischen Effekts Wirkungsgrad 40 % 60–65 % 65–70 % 80–85 %
B 4.34 Wirkungsgradkennlinien von Kollektortypen typische Betriebstemperatur 30–40 °C 40–50 °C 60–90 °C 70–130 °C
B 4.35 wesentliche Verlustfaktoren bei solarthermischen typische Anwendung Freibadheizung Luftheizung Trinkwassererwärmung Trinkwassererwärmung
Systemen Wärmepumpe solare Kühlung Heizung, solare Kühlung Heizung, solare Kühlung,
B 4.36 typische Kollektorarten und Anwendungsgebiete Prozesswärme
B 4.36

119
Technik

B 4.37 Wohnhaus mit integrierten Flachkollektoren,


Satteins (A) 2002, Walter Unterrainer
B 4.38 solarthermische Anlagenkonzepte:
a Freibaderwärmung
b Trinkwassererwärmung
c Trinkwassererwärmung / Heizungsunterstützung
d Nahwärmeversorgung
e Luftheizung
B 4.39 Monatsbilanzen und jährlicher Deckungsanteil
einer solaren Trinkwassererwärmung für einen
4-Personen-Haushalt in Deutschland
B 4.40 beispielhafter Zusammenhang von Kollektorflä-
che, Speichervolumen und solarem Deckungs-
anteil für ein Einfamilienhaus in Mitteleuropa
B 4.41 Vakuumröhrenkollektor, Bürogebäude, Hannover
(D) 2002, Behnisch, Behnisch & Partner
B 4.42 Wirkungsprinzip von Wärmepumpen
B 4.43 typischer Temperaturverlauf ungestörter Wärme-
quellen in Mitteleuropa im Vergleich zum Wärme-
bedarf
B 4.37
Solarkollektorfeld
sind Kupfer oder Polyethylen. Vakuumröhren- hundert Quadratmetern Kollektorfläche mit ent-
kollektoren können entweder analog zu Flach- sprechend größeren Speichervolumina reali-
kollektoren direkt durchströmt werden oder ent- siert. Zum Einsatz kommen meist Flachkollek-
Schwimmbecken halten in den Röhren eine vom Solekreis ent- toren, aber auch Röhrenkollektoren mit höheren
Pumpe
koppelte Flüssigkeit, die über Verdampfung Wirkungsgraden.
und Kondensierung den Wärmetransport vom Zur Beheizung öffentlicher und privater Frei-
a Kollektor an den Solekreis bewirkt (»Heat-Pipe- bäder bietet die solarthermische Wärmeerzeu-
Prinzip«). Luftkollektoren werden in der Regel gung ideale Voraussetzungen, da die Wärme
direkt in das Luftkanalnetz eingebunden. insbesondere über das Sommerhalbjahr benö-
Speicher für thermische Solarenergie (Solar- tigt wird. An das Anlagenkonzept und die ver-
Solarkollektorfeld Warmwasser- speicher) ermöglichen eine Entkopplung des wendeten Systemkomponenten – in der Regel
entnahme
nutzerabhängigen Energiebedarfs von der ein- offene Absorber – werden nur geringe Anfor-
Standard-
Solarspeicher strahlungsabhängigen Energieerzeugung. Sie derungen gestellt. Da ein Pufferspeicher auf-
Wärmeerzeuger beeinflussen wesentlich die Grenzen der sola- grund des vorhandenen Wasservolumens im
ren Nutzung. Für die einfache Warmwasserver- Schwimmbecken nicht erforderlich ist, wird ein
sorgung können sie bei geringer Frostgefahr sehr wirtschaftlicher Betrieb möglich. Generell
Pumpe
Kaltwasserzulauf als integrierter Bestandteil des Kollektors aus- kann bei Inkaufnahme gewisser Temperatur-
b geführt werden (Speicherkollektor). In den schwankungen auf einen zusätzlichen Wär-
meisten Anwendungen kommen jedoch exter- meerzeuger verzichtet werden. Die Absorber-
ne Wärmespeicher zum Einsatz (siehe S. 124). fläche sollte in Mitteleuropa etwa 50 bis 80 %
Solarkollektorfeld Warmwasser- Regelungstechnik hat in erster Linie die Funk- der Beckenoberfläche entsprechen.
entnahme tion, den Betrieb des Kollektorkreislaufs zu Soll die solare Wärme neben der Trinkwasser-
Kombi-
Vorlauf Heizung steuern. In gängigen Varianten werden über erwärmung auch zur Unterstützung der Raum-
speicher
Temperaturfühler an Kollektoren und Speicher heizung verwendet werden, ist die Anlage
Wärmeerzeuger die Pumpen in Abhängigkeit der Temperatur- entsprechend dem gewünschten solaren De-
differenz geregelt. Daneben überwacht die ckungsanteil größer zu dimensionieren. Typi-
Rücklauf Heizung Steuerung die Temperaturgrenzwerte in Sole- sche Werte für ein Einfamilienhaus in Deutsch-
Pumpe
Kaltwasserzulauf kreis und Speicher. land mit vier Personen sind eine Kollektorfläche
c von 10 bis 20 m2 und ein Speichervolumen von
Solare Systemkonzepte für Gebäude 0,7 bis 2,0 m3. Damit lassen sich bei energie-
Dezentral solarerzeugte Wärmeenergie wird in effizienten Gebäuden zwischen 20 und 30 %
Solarkollektorfelder Langzeitwärmespeicher Europa vor allem im Temperaturbereich bis ca. des Gesamtwärmebedarfs über solarthermische
120 °C genutzt. Einsatzbereiche sind: Trink- Energie abdecken. Der Pufferspeicher für den
wassererwärmung, Schwimmbaderwärmung, Heizkreis wird additiv zum Trinkwasserspeicher
Heizung und über entsprechende Kältemaschi- oder als Kombispeicher konzipiert. Durch eine
Heiz-
zentrale Wärmeerzeuger Vorlauf
nen auch Kühlung (Abb. B 4.38; siehe auch entsprechende Dimensionierung der Kollektor-
Nahwärmenetz S. 131). fläche und des Speichervolumens, das inner-
Rücklauf Solarthermische Anlagen werden bislang in der halb der thermischen Hülle angeordnet wird,
Pumpe Nahwärmenetz
Trinkwassererwärmung am häufigsten verwen- sind bei Einfamilienhäusern solare Deckungsan-
d det. Die Dimensionierung wird durch den Trink- teile für den Gesamtwärmebedarf bis zu 100 %
warmwasserbedarf und den gewünschten erreichbar (Abb. B 4.40). Die Effizienz der Anla-
solaren Deckungsanteil beeinflusst. Typische ge setzt einen niedrigen Heizwärmebedarf und
Außenluft Bypass
Anlagengrößen im Einfamilienhausbereich mit ein niedriges Temperaturniveau im Heizkreis
vier Personen sind ca. 5 m2 Kollektorfläche bei voraus. In Kombination mit einer Lüftungsanlage
einem Solarspeichervolumen von 0,3 bis 0,4 m3 ist ebenso die Einbindung eines Luftkollektors
Fortluft Ventilator
Zuluft
und einem Deckungsanteil im Jahresdurch- zur Erwärmung der Zuluft möglich.
Abluft
schnitt von ca. 50 – 60 % (Abb. B 4.39). Bei grö- Nahwärmeversorgungen können von solarther-
Solarkollektorfeld Wärmerückgewinnung ßerem ganzjährigen Trinkwarmwasserbedarf, mischen Anlagen mit Langzeitwärmespeicher
wie in Mehrfamilienhäusern, Krankenhäusern gespeist werden. Die zeitliche Verschiebung
e oder Hotels, werden Anlagen bis zu mehreren zwischen hohem Strahlungsangebot im Som-
B 4.38

120
Technik
solare Deckung [%]

100

solare Deckung [%]


100
Speichervolumen: 20 m3
80 80
10 m3

5 m3
60 60

2 m3
40 40
1 m3

20 20

0 0
J F M A M J J A S O N D 10 15 20 25 30 40 50 60 70 80 90
6 m2 Kollektorfläche 4m2 Kollektorfläche Kollektorfläche [m2]
B 4.39 B 4.40 B 4.41
merhalbjahr und maximalem Wärmebedarf im Nutzung von Umgebungswärme über Wärmepumpen erschlossen wird
Winter kann über die saisonale Wärmespei- Der Begriff »Umgebungswärme« umfasst so- • Grundwasser oder Oberflächenwasser
cherung zu einem großen Teil (etwa 50 % so- wohl die erdnahe Atmosphärenschicht bis zu • Abwärme in Form von Kühlwasser, Abgasen,
lare Deckung vom Gesamtwärmebedarf) aus- einer Höhe von etwa 100 m als auch die ober- Abluft etc.
geglichen werden. Sinnvolle Größenordnun- flächennahen Erdschichten (Erdreich, Grund-
gen für ein solar unterstütztes Nahwärmenetz wasser und Oberflächenwasser) bis zu einer Die Außenluft steht jederzeit und unbegrenzt
mit Langzeitwärmespeicher sind Wohngebiete Tiefe von ca. 200 m. Beide Medien beziehen als Wärmequelle bereit. Über Ventilatoren wird
ab etwa 100 Wohneinheiten. Die in den Kollek- ihren Energiegehalt primär aus der Absorption sie entweder direkt zum Verdampfer der Wär-
toren gewonnene Wärme wird über entspre- der Solarstrahlung und stehen somit als Ener- mepumpe geführt oder über einen externen
chende Leitungen in die Heizzentrale trans- giespeicher für eine indirekte Nutzung der Son- Luftwärmetauscher indirekt auf ein flüssiges
portiert und bei Bedarf direkt an die Gebäude nenenergie zur Verfügung. Die dritte Art von Wärmeträgermedium übertragen. Die Außenluft
verteilt. Die sommerliche solare Überschuss- Umgebungswärme stellt Abwärme aus Produk- wird am Verdampfer um wenige Kelvin abge-
wärme wird in den Langzeitwärmespeicher tionsprozessen, Abwasser oder Fortluft dar. kühlt. Auch sehr kalter Luft (unter dem Gefrier-
eingespeist (siehe S. 125). In der Heizperiode Das Temperaturniveau dieser Wärmequellen ist punkt) kann auf diese Weise noch Wärme ent-
wird die Wärmeenergie dem Speicher wieder in der Regel für eine direkte Wärmeversorgung zogen werden. Die geringe Energiedichte er-
entnommen und je nach Bedarf durch einen von Gebäuden zu gering. Um den Energie- fordert einen hohen Luftumsatz, was zu einer
weiteren zentralen Wärmeerzeuger ergänzt. gehalt dennoch nutzen zu können, wird die deutlichen Abkühlung in der Umgebung des
Die Kollektorfelder können zentral angeordnet Umgebungswärme über das technische Hilfs- Luftwärmetauschers führt und die Gefahr birgt,
oder auf Gebäudedächer bzw. - fassaden auf- mittel der Wärmepumpe aufbereitet (Abb. dass sich störende Geräusche entwickeln. Ein
geteilt werden. Hier ist neben der Gebäude- B 4.42). Das Prinzip lässt sich sowohl physika- wesentlicher Nachteil der Außenluft als Wärme-
planung auch die städtebauliche Gestaltung lisch als auch technisch umkehren und kann quelle sind die starken tages- und jahreszeit-
des zu versorgenden Gebiets von Bedeutung. entsprechend auch zur Kühlung herangezogen lich bedingten Temperaturschwankungen. Ins-
Die Dimensionierung solcher Anlagen hängt werden (siehe S. 130). Trotz dieser doppelten besondere der gegenläufige Charakter von
von individuellen Gegebenheiten ab wie Ge- Anwendungsmöglichkeit spricht man im Allge- jahreszeitlichem Temperaturverlauf und Heiz-
samtgröße der Siedlung, spezifischer Wärme- meinen von der Wärmepumpe. wärmebedarf wirken sich ungünstig auf die
bedarf, Art des Langzeitwärmespeichers, energetische Effizienz des Gesamtsystems
Temperaturniveau etc. Als Anhaltspunkt kön- Wärmequellen aus. In den Phasen hohen Wärmebedarfs ist
nen etwa 1,5 m2 Kollektorfläche und 3 m3 Man unterscheidet bezüglich der technischen der Energiegehalt der Außenluft sehr gering,
Speichervolumen pro MWh jährlichem Heiz- Erschließung folgende Wärmequellen: während er in den Sommermonaten weitge-
wärmebedarf angesetzt werden. Weitere Hin- hend ungenutzt bleibt (Abb. B 4.43). Dieser
weise zur Dimensionierung sind im Kapitel • Außenluft in unmittelbarer Umgebung der Umstand hat zur Folge, dass Wärmepumpen
Stadtraum und Infrastruktur dokumentiert Wärmepumpe bzw. des Gebäudes mit dem Quellenmedium Luft in der Regel nur
(siehe S. 74). • Erdreich, das durch die bauliche Maßnahme im Bereich kleiner Leistung Verwendung fin-
den oder bivalent mit einem weiteren Wärme-
Temperatur

Temperatur [°C]

Exergie: 35 Außenluft
Hochtemperatur
erzeuger betrieben werden.
30 Zur Erschließung der Wärmequelle Erdreich
Strom
Kraftstoff 25 gibt es prinzipiell zwei praxisrelevante Ansät-
ze: Erdwärmekollektor und Erdsonde. Für den
20 Erdwärmekollektor werden in einer Tiefe von
15 Erdreich 5 m > 1,5 m horizontal soledurchflossene Rohr-
Nutzenergie: schlangen verlegt. Bei der aufgenommenen
Raumheizung 10 Wärme handelt es sich überwiegend um zwi-
Erdreich 50 m/
Trinkwasser-
5 Grundwasser schengespeicherte Sonnenenergie mit entspre-
erwärmung
chenden saisonalen Schwankungen, die aller-
0 dings weitaus geringer sind als bei der Außen-
Anergie: erforderliches
-5 luft (Abb. B 4.43). Der aus der Erde kommende
Luft Temperaturniveau Wärmebedarf
Wärmestrom ist in der Regel kleiner als 1 W pro
Erdreich -10
Wasser
Quadratmeter, die Entzugsleistungen variieren
Abwärme -15 in Abhängigkeit der Erdreichfeuchte von ca. 20
J F M A M J J A S O N D bis 40 W pro Quadratmeter Kollektorfläche.
B 4.42 B 4.43

121
Technik

Sole Heizung
Verfüllung 30 °C 40 °C
Doppel-U-Sonde
Kondensator
Kältemittel
flüssig
150–200 mm
45 °C 50 °C Energie
(z.B. Strom)
Expansions- Kompressor
ventil
Sondenabstand

Verdampfer
min. 6 m

Kältemittel
0 °C 5 °C
gasförmig

5 °C 10 °C
3m

thermisch Wärmequelle
aktivierter Bereich (z.B. Erdreich, Wasser, Luft)
B 4.44 B 4.45 B 4.46
Diese Erschließungsmethode lässt sich im Zu- Gewässern oder oberflächennahen Grundwas- wassernutzung bei großen Leistungen eine
ge von Neubaumaßnahmen kostengünstig serschichten kann das im Wasser gebundene sehr wirtschaftliche Methode. Zudem kann
umsetzen, erfordert allerdings große Flächen. Wärmepotenzial für den Betrieb von Wärme- das Grundwasser analog zu Erdsonden auch
Alternativ können die Wärmepotenziale tieferer pumpen herangezogen werden. Hierbei wird als leistungsstarke Wärmesenke im Kühlfall
Erdschichten über vertikal gebohrte Erdwärme- das Wasser über Brunnen direkt abgepumpt eingesetzt werden (siehe S. 128). Generell
sonden erschlossen werden. Im Erdreich ver- und somit selbst zum Wärmeträgermedium. ist bei der Nutzung von Grundwasser eine
ringern sich die jahreszeitlichen Temperatur- Bei der Grundwassernutzung werden über besondere Sorgfalt geboten, um Verunreini-
schwankungen mit zunehmender Entfernung einen Förderbrunnen (Tiefe ca. 15 m) entspre- gungen dieses wertvollen Grundnahrungs-
von der Erdoberfläche. Ab einer Tiefe von ca. chende Wassermengen zum Verdampfer der mittels zu vermeiden.
30 m herrscht ganzjährig eine annähernd kon- Wärmepumpe geleitet und über einen separa- Bei Produktionsprozessen entsteht vielfach Ab-
stante Temperatur, die der Jahresmitteltempe- ten Schluckbrunnen an anderer Stelle dem wärme, die für die Gebäudeheizung sinnvoll
ratur entspricht (in Mitteleuropa etwa 12 °C). Erdreich wieder zugeführt – vorausgesetzt es sein kann. Ist das Temperaturniveau für eine
Die Bohrungen für Wärmesonden werden üb- besteht eine kontinuierliche Grundwasserströ- direkte Einbindung in den Heizkreis zu gering,
licherweise in Tiefen von ca. 100 m ausgeführt. mung. Bei der direkten thermischen Nutzung kann das Energiepotenzial als Wärmequelle für
Die soledurchflossenen Kunststoffrohre in Dop- von Grundwasser kann es aufgrund von che- den Wärmepumpenprozess genutzt werden.
pel-U- oder Rohr-in-Rohr-Ausführung werden mischen und mikrobiologischen Prozessen zu Ein weiteres Einsatzgebiet für Abwärmenut-
über geeignetes Verfüllmaterial thermisch voll- ungünstigen Erscheinungen wie Korrosion von zung im kleinen Leistungsbereich bieten Sys-
flächig an das Erdreich angebunden (Abb. Anlagenteilen oder Ablagerungen im System teme zur kontrollierten Be- und Entlüftung mit
B 4.44). Die Entzugsleistungen variieren in kommen. Entsprechend müssen im Vorfeld der Wärmerückgewinnung. Bei sehr geringem
Abhängigkeit von der Erdreichbeschaffenheit Planung die geologischen Rahmenbedingun- Heizwärmebedarf – vor allem bei Passivhäu-
und dem Grundwasserfluss in Mitteleuropa zwi- gen und die Wasserqualität analysiert werden. sern – kann der Wärmebedarf des Gebäudes
schen ca. 40 und 80 W pro Meter Sondenlän- Das Grundwasser hat in Europa eine im Jah- durch eine in die Lüftungsanlage integrierte
ge. Der Sondenabstand sollte 6 m nicht unter- resverlauf relativ konstante Temperatur von ca. Wärmepumpe erfolgen (siehe S. 135). Hier wird
schreiten, um die Gefahr einer gegenseitigen 7 bis 12 °C, die Entzugsleistungen betragen in die Fortluft, die auch nach der Wärmerückge-
Beeinflussung zu minimieren. Eine Alternative der Heizperiode etwa 5 bis 6 kW pro Kubikme- winnung ein gegenüber der Außenluft erhöhtes
zu Erdsonden sind so genannte Massivabsor- ter Grundwasser und Stunde. Bei Oberflächen- Temperaturniveau hat, direkt als Wärmequelle
ber – in der Regel statisch erforderliche mas- gewässern kann das Wasser in der Regel für den Wärmepumpenprozess genutzt.
sive Betonelemente (z. B. Pfahlgründungen), direkt abgepumpt werden. Hier sind höhere
die über Rohrleitungen mit einem Solekreislauf Temperaturschwankungen von ca. 2 bis 25 °C Wärmepumpentechnologie
thermisch aktiviert werden. möglich. Die Entzugsleistungen betragen in Wärmepumpen ermöglichen unter dem Einsatz
Auch die in Wasservorkommen gespeicherte der Heizperiode typischerweise 3 bis 4 kW von Antriebsenergie (Exergie) über einen ther-
thermische Energie ist für die Gebäudeheizung pro Kubikmeter Wasser und Stunde. Aufgrund modynamischen Kreisprozess eine Tempera-
nutzbar. An geeigneten Standorten mit offenen des effektiven Wärmeentzugs ist eine Grund- turerhöhung der Wärmequelle (Abb. B 4.42).
Dadurch wird das als »Anergie« vorliegende
Energiepotenzial für die Gebäudeheizung nutz-
Erdwärme- Erdwärme- Grund- Luft Massiv- bar gemacht (siehe Grundlagen, S. 43). Aus
kollektor sonde wasser absorber technologischer Sicht gibt es prinzipiell zwei
Verfügbarkeit vorzugsweise überall nach örtlicher überall im Neubau Möglichkeiten, diesen Prozess umzusetzen:
bei Freiflächen Verfügbarkeit Bei Sorptionswärmepumpen wird der thermo-
Platzbedarf hoch gering gering gering gering
dynamische Prozess durch Zufuhr von Wärme-
energie angetrieben. Diese Technologie ist für
die Gebäudeheizung von untergeordneter Be-
Durchschnittstemp. - 5 bis +5 °C 0 bis 10 °C 8 bis 12 °C - 25 bis +15 °C - 3 bis +5 °C
im Winter
deutung und wird bei vorhandener Abwärme
(auch Fernwärme) oder bei der Kälteerzeu-
wasserrechtlich nein fast immer immer nein nein
gung genutzt (siehe S. 130). Alternativ zum
genehmigungs-
Sorptionsprozess kann über Kompression die
pflichtig
erforderliche Temperaturerhöhung erfolgen.
typische Jahres- 4,0 4,5 4,5 3,3 –
Als Antriebseinheit sind prinzipiell alle Arten
arbeitszahl ß der
von Motoren einsetzbar. Für die Wärmeversor-
Wärmepumpe
gung von Gebäuden werden fast ausschließ-
B 4.47

122
Technik

lich elektrisch betriebene Kompressionswärme- System. Neben einer geeigneten Wärmequelle B 4.44 Doppel-U-Sonden zur Erschließung der Erd-
pumpen verwendet. spielt daher auch die Vorlauftemperatur des wärme
B 4.45 Funktionsschema einer elektrisch betriebenen
Heizungssystems eine Rolle. Günstig wirken Kompressionswärmepumpe
Funktionsprinzip der Kompressionswärmepumpe sich hierbei Flächenheizungen wie z. B. Fuß- B 4.46 kaskadenartig gekoppelte Wärmepumpen für
Grundlage für den Wärmepumpenprozess ist boden- oder Wandheizungen aus, die nur nied- hohe Leistung und Grundwassernutzung
eine als Arbeits- oder Kältemittel bezeichnete rige Vorlauftemperaturen benötigen. Das we- B 4.47 Vergleich unterschiedlicher Wärmequellen für
Wärmepumpen
Flüssigkeit mit einem sehr niedrigen Siede- sentliche Kriterium zur ökologischen Beurtei-
B 4.48 Vergleich beispielhafter Energie- und CO2-Bilan-
punkt. Sie durchläuft während eines Kreislaufs lung von Wärmepumpensystemen ist die Höhe zen (Annahmen: Erdgas 0,2 kg / kWh, CO2-Emis-
vier Stufen (Abb. B 4.45): Im Verdampfer befin- einer möglichen Primärenergieeinsparung ge- sionen Strom 0,57 kg / kWh, Jahresarbeitszahl
det sich das Arbeitsmittel zunächst in flüssigem genüber fossil befeuerten Heizsystemen. Da- Wärmepumpe 3,5):
Zustand. Durch die Zuführung von Energie aus bei ist ausschlaggebend, aus welcher Quelle a Erdgasheizung mit Brennwerttechnik
b Kompressionswärmepumpe, mit konventionel-
der Wärmequelle steigt die Umgebungstempe- der Strom für die Antriebsenergie stammt. In lem Strom betrieben, FKW-haltiges Kältemittel
ratur des Verdampfers über die dem Druck ent- Abb. B 4.48 ist beispielhaft der Energiefluss c Kompressionswärmepumpe, mit regenerati-
sprechende Siedetemperatur des Arbeitsmit- eines Heizsystems mit Gasbrennwertkessel der vem Strom betrieben, FKW-freies Kältemittel
tels an. Die Wärmequelle wird dabei um ca. 4 einer Wärmepumpenanlage gegenübergestellt. B 4.49 Kennwerte für Wärmepumpen
bis 6 K abgekühlt. Das nun dampfförmige Ar- Beim Gaskessel treten durch Aufbereitung und
beitsmittel wird im nächsten Schritt über einen Transport des Energieträgers und den Jahres-
Kompressor verdichtet. Für diesen Prozess ist nutzungsgrad des Heizkessels nur geringe
eine erhebliche Energiemenge erforderlich, die prozentuale Verluste der eingesetzten Primär-
2 t CO2
dem System zugeführt werden muss. Bei elek- energie auf. Bei der Wärmepumpe hingegen
Erdgasheizung
trisch angetriebenen Kompressoren schlägt kommen zwar etwa 60 bis 80 % der Endener-
sich die dafür benötigte Strommenge in der Pri- gie aus der regenerativen Wärmequelle (z. B. 10 MWh 10 MWh
Primärenergie Heiz-
märenergiebilanz entsprechend nieder. Durch Erdwärme), die erforderliche elektrische An- (Erdgas) wärme
die enorme Druckerhöhung steigt auch die triebsenergie bewirkt jedoch z. B. in Deutsch-
a
Temperatur des Arbeitsmittels um bis zu 70 K. land durch den hohen Aufbereitungsaufwand
Das hochverdichtete und hochtemperierte Ar- von Strom einen entsprechend großen Primär-
beitsmittel gelangt nun zum Kondensator, wo energieverbrauch. Zusätzlich emittieren bei der 1,65 t CO2 0,65 t CO2
es über einen zweiten Wärmetauscher mit dem Verwendung von fluorkohlenwasserstoffhalti-
Kraftwerk 2,9 MWh 2,9 MWh Wärmepumpe
Wasserkreis für die Wärmeabgabe (Heizkreis) gen (FKW) Kältemittel CO2-äquivalente Stoffe. 7,6 MWh Elektrizität Elektrizität
10 MWh
in Kontakt gebracht wird. Die Temperatur die- Für eine deutliche CO2-Reduktion gegenüber Primärenergie
Heiz-
(Kohle, Gas,
ses Wasserstroms ist niedriger als die dem einem Gasbrennwertkessel müssen daher Uran) Kraftwerks-
wärme
Druck entsprechende Verflüssigungstempera- günstige Betriebsbedingungen vorausgesetzt abwärme
7,1 MWh
4,7 MWh
tur des Arbeitsmittels, wodurch es abgekühlt werden (z. B. eine hohe Jahresarbeitszahl). Es Umgebungswärme
wird und kondensiert. Die frei werdende Kon- bietet sich daher an, neben einem effizienten b
densationswärme wird dabei an den Heizwas- Wärmepumpensystem auch eine dezentrale
serkreis abgegeben. Damit der Kreislauf erneut regenerative Stromerzeugung in die Planung
0 t CO2 0 t CO2
durchgeführt werden kann, muss das Arbeits- einzubeziehen (siehe S. 138).
Sonne / Wind etc. 2,9 MWh 2,9 MWh Wärmepumpe
mittel über ein Expansionsventil druckentlastet Elektrizität Elektrizität
werden, wodurch die Temperatur wieder sinkt. Typische Anlagenkonzepte 10 MWh
Heiz-
Beim Wiedereintritt in den Verdampfer sind An- Die Leistung von Wärmepumpen reicht von wärme
fangsdruck und -temperatur wieder erreicht, Kleinstanlagen ab 1 kW bis zu mehreren hun-
7,1 MWh
der Prozess beginnt von Neuem. dert Kilowatt. Je nach Wärmequelle unterschei- Umgebungswärme
det sich das System bezüglich Art und Anord- c
Kenngrößen nung der Komponenten (Abb. B 4.52). Über B 4.48
Entsprechend den Wirkungsgraden von Heiz- 90 % der neu installierten Wärmepumpen be-
kesseln gibt es auch bei Wärmepumpen Kenn- finden sich bislang in Wohngebäuden, zuneh-
werte für die energetische Beurteilung (Abb. mend kommen sie auch in anderen Bauten
B 4.49). Die häufig durch Herstellerangaben do- zum Einsatz. Für größere Leistungsanforde-
kumentierte Leistungszahl einer Wärmepumpe rungen wie in Bürogebäuden können mehrere
bezeichnet das Verhältnis von der am Konden- Wärmepumpen gekoppelt betrieben werden.
sator abgegebenen Energie zu der aufgenom- Da sie sich auch für die Kälteerzeugung eig- Bedeutung Aussage
menen elektrischen Leistung des Antriebmo- nen, bieten sie gerade bei Gebäuden mit ho- Leistungs- Das Verhältnis von ange- Effizienz der
tors für die Verdichtung. Sie bewertet damit nur hem Kühlbedarf eine interessante Alternative. zahl ε gebener Wärmeleistung Wärmepumpe
zu aufgenommener, elektri- bei Prüfbe-
die Qualität des Wärmepumpenkreisprozesses Wärmepumpen können prinzipiell wie Heizkes-
scher Antriebsleistung zu dingungen
und ist jeweils auf eine bestimmte Betriebssitu- sel eingebunden werden, wobei in der Regel einem bestimmten Zeitpunkt
ation bezogen. Daher wird sie immer zusam- Pufferspeicher zum Einsatz kommen, um hohe und für bestimmte Tempera-
men mit den wesentlichen Randbedingungen Taktraten zu vermeiden und die Überbrückung turverhältnisse
genannt (z. B. S5W35 = Soletemperatur 5 °C, von Sperrzeiten bei speziellen Wärmepumpen- Jahres- Das Verhältnis der pro Jahr Effizienz der
Heizungsvorlauf 35 °C). Entscheidend für die tarifen für den Strombezug zu ermöglichen arbeits- gelieferten Heizwärme (Q) gesamten
Beurteilung des Gesamtsystems ist die Jahres- (siehe S. 125). Da keine besonderen Anforde- zahl β zur benötigten Antriebs- Wärmepum-
energie (W), u.a. zur Er- pen Heizungs-
arbeitszahl, bei der über ein ganzes Jahr die rungen an einen Heizraum bestehen, können mittlung betriebsbedingter anlage
komplette, zur Nutzung abgegebene Wärme- Wärmepumpen an beliebigen Orten aufgestellt Schwankungen.
energie im Verhältnis zur gesamten aufgenom- werden. Auch ein Kamin ist nicht erforderlich, Jahres- Der Kehrwert der Jahres- Effizienz der
menen elektrischen Energie bilanziert wird. zu beachten ist lediglich die Geräuschentwick- aufwands- arbeitszahl bezeichnet das gesamten WP-
Grundsätzlich gilt für Wärmepumpen: Je gerin- lung beim Betrieb. zahl Verhältnis der Antriebs- Anlage nach
ger die Temperaturdifferenz von Wärmequelle Für den Einsatz von Wärmepumpen zur Ge- energie zur gelieferten VDI 4650
Heizwärme.
und -nutzung, desto effizienter arbeitet das bäudeheizung und Trinkwassererwärmung gibt
B 4.49

123
Technik

Wärmespeicher

Entzugsleistung einer Wärmequelle


thermische Energie chemische Energie
φi
φQuelle = · ( ß – 1)
ß
sensible Wärme latente Wärme Reaktionswärme
φQuelle = Entzugsleistung [ kW ]
φi = Norm- Heizlast [ kW ]
ß = Jahresarbeitszahl Speichermedien Wasser Beton Salzhydrate Paraffine Silicagele Zeolithe
(Beispiele)
überschlägige Dimensionierung pro kW φQuelle
Energiedichte
Erdkollektor 30 m2 [kWh / m3] 60 ≤ 30 ≤ 120 ≤ 120 200 – 500 200 – 500
Erdsonde 20 m
Außenluft 300 m3 / h Arbeitstemperatur
Grundwasser 0,15 m3 / h [°C] < 100 0 – 500 30 – 80 10 – 60 40 – 100 100 – 300
B 4.50 B 4.51
es verschiedene Betriebskonzepte. Wird die wickelt sich seit den 1990er-Jahren mit hohen rung wird zusätzlich zur sensiblen Erwärmung
Wärmepumpe als alleiniger Wärmeerzeuger Zuwachsraten; der Gesamtbestand in Europa eine Änderung des Aggregatzustands im Spei-
benutzt, spricht man von monovalenter Be- spielt aber bislang mit Ausnahme weniger Län- chermedium (fest zu flüssig oder flüssig zu
triebsweise. Das ist in der Regel nur bei Wär- der (z. B. Schweiz) auf dem Heizungsmarkt gasförmig) genutzt. Während dieser Phase
mequellen möglich, die auch an extremen Ta- immer noch eine untergeordnete Rolle. Die wird Wärmeenergie ohne eine Temperaturerhö-
gen der Heizperiode ein ausreichend hohes Wärmequellendimensionierung kann über hung aufgenommen, was folglich zu einer sehr
Temperaturniveau zur Verfügung stellen kön- Kennwerte abgeschätzt werden (Abb. B 4.50). hohen Speicherdichte auf niedrigem Tempera-
nen (z. B. Erdreich, Grundwasser). Zusätzlich turniveau führt und sich günstig auf die Spei-
kann ein elektrischer Heizstab den Wärmepum- Wärmespeicher, Verteilung und Übergabe cherverluste auswirkt (Abb. B 4.53). Zudem
penbetrieb bei sehr kalten Außentemperaturen Speicher für thermische Energie ermöglichen kann bei der Herstellung Einfluss auf den Tem-
unterstützen. Da nur Strom als Energieträger eine Entkopplung der nutzerabhängigen Ener- peraturbereich des Phasenübergangs genom-
eingesetzt wird, entspricht dies einer mono- gieabnahme von der Energieerzeugung und men werden. Latente Wärmespeicher werden
energetischen Betriebsart. Schließlich lässt lassen vor allem bei solarthermischen Anlagen aufgrund ihrer Funktion als »Phase-Change-
sich die Wärmepumpe auch bivalent in Kombi- eine ganzjährige Nutzung zu. Durch eine Wär- Materials« (PCM) bezeichnet; typische Materia-
nation mit einem zweiten Wärmeerzeuger (z. B. mespeicherung ist zudem eine Reduzierung lien sind Paraffine oder Salzhydrate. Sie wer-
Heizkessel) betreiben. Hier werden die Wärme- der installierten (Kraftwerks-)Leistung realisier- den bislang vor allem zur Optimierung der
pumpen zur Deckung der Grundlast und der bar, da die Nutzwärme allmählich »angesam- Speicherfähigkeit in Innenräumen als Wand-
ergänzende Wärmeerzeuger zur Spitzenlast- melt« werden kann. Ebenso lässt sich durch oder Deckenelemente verwendet. Künftig wer-
abdeckung eingesetzt. die Pufferung eine Taktung (An- und Abschal- den sie auch in der Speichertechnologie zur
Bei der Bezeichnung von Wärmepumpen unter- ten in kurzen Zeitabständen) des Wärmeerzeu- Erhöhung der Speicherdichte (z. B. für Solar-
scheidet man neben Verfahren und Betriebsart gers verringern. anlagen) eingesetzt.
auch hinsichtlich der verwendeten Wärmequel- Bei der thermochemischen Wärmespeicherung
len- und Wärmeübergabemedien. So werden Speicherprinzipien werden reversible chemische Reaktionen zur
eine erdgekoppelte Wärmepumpe mit einge- Wärmespeicher können prinzipiell in thermi- Steuerung des Wärmeflusses nutzbar gemacht.
bundenem Warmwasserheizkreis als Sole / sche und chemische Speicher unterteilt wer- Als Arbeitsmittel dienen z. B. Silikagel und Was-
Wasser-Wärmepumpe und eine mit Außenluft den (Abb. B 4.51). Bei der sensiblen (fühlba- ser. Durch Adsorption und Desorption wird
betriebene Wärmepumpe zur Raumluftheizung ren) Wärmespeicherung bewirkt die Energie- Wasser gebunden und ausgetrieben. Bei die-
als Luft / Luft-Wärmepumpe bezeichnet. Sie zufuhr eine proportionale Temperaturerhöhung sen Reaktionen kann entweder Wärme aufge-
speist je nach Bedarf den Pufferspeicher für beim Speichermedium. Sie ist die gebräuch- nommen oder freigesetzt werden (Abb. B 4.54).
den Heizkreis oder den Trinkwasserspeicher. lichste Form der Wärmespeicherung (z. B. sola- Im Gegensatz zur sensiblen oder latenten Wär-
Weltweit kommen fast ausschließlich elektrisch rer Wasserspeicher, Nutzung massiver Beton- mespeicherung kann der Zeitpunkt der Reak-
betriebene Pumpen zum Einsatz, deren War- wände als Speichermasse etc.). tion frei bestimmt werden. Zudem entstehen im
tungsaufwand sehr gering ist. Der Markt ent- Durch die latente (versteckte) Wärmespeiche- getrennten Zustand der Materialien keine Wär-

Außenluft Außenluft Solarabsorber


kompakt Splitgerät

WP WP WP WP

Massivabsorber

Oberflächen- Abwärme
wasser

WP WP WP WP WP

Erdkollektoren Erdsonden Grundwasser

B 4.52

124
Technik

Temperatur
Wärme Wärme
hohe Wasser- niedrige
Temperatur dampf Temperatur
Desorption Kondensation
latente Wärme
l
ibe
ns
se

B 4.50 Richtwerte für eine überschlägige Dimensionie-


rung von Wärmequellen
B 4.51 systematische Darstellung von Wärmespeichern Silicagel Wasser
Speicherung
mit Materialien und Kenndaten trocken flüssig
B 4.52 Nutzung unterschiedlicher Wärmequellen durch
l
Wärmepumpensysteme ibe
Temperatur ns
B 4.53 Prinzip der Latentwärmespeicherung des Phasen- se
B 4.54 Prinzip der thermochemischen Speicherung übergangs latent
B 4.55 Langzeitwärmespeicher für ein solares Nah-
l
wärmenetz ibe Adsorption Verdampfung
ns
B 4.56 Bauarten verschiedener Langzeitwärmespeicher se Wärme Wärme
B 4.57 typische Kurzzeitwärmespeicher: solarer Trink- hohe Wasser- niedrige
wasserspeicher und Tank-in-Tank-System gespeicherte Wärme Temperatur dampf Temperatur
B 4.53 B 4.54
meverluste. Daher bietet sie prinzipiell sehr den Heizkreis z. B. bei Wärmepumpen oder und bei Konzepten für eine solare Nahwärme-
gute Bedingungen für eine saisonale Wärme- Blockheizkraftwerken (BHKW), bei der Trink- versorgung angewendet (Abb. B 4.55 und
speicherung. Die eingesetzten Materialien wassererwärmung oder als Baustein bei solar- B 4.58; siehe auch Stadtraum und Infrastruktur,
müssen hinsichtlich ökologischer Verträglich- thermischen Systemen. Im einfachsten Fall ent- S. 74). Neben Wasserspeichern mit einem Vo-
keit geprüft werden. sprechen diese konventionellen Speichern, in lumen von bis zu 12 000 m3 werden auch natür-
denen ein zusätzlicher Wärmetauscher für den lich vorkommende, abgeschlossene Grund-
Speichertypologien Solarkreis integriert ist. Eine verbesserte Nut- wasserschichten als Aquifer-Wärmespeicher,
Für die praktische Anwendung von Wärmespei- zung wird erreicht, wenn durch gezielte Spei- zum Erdreich abgedichtetes Kies / Wasser-
chern ist neben der Menge an Wärmeenergie cherbe- und -entladung eine vertikale Tempe- Gemisch sowie über vertikale Sonden erschlos-
und dem Temperaturniveau insbesondere der raturschichtung entsteht. Ein weiterer, häufig senes Erdreich als Langzeitwärmespeicher
Zeitraum entscheidend, über den die Wärme verwendeter Speichertyp ist das Tank-in-Tank- aktiviert (Abb. B 4.56). Da bei der wasser-
gespeichert werden soll. Entsprechend unter- Prinzip, bei dem der Trinkwasserspeicher in basierten Langzeitspeicherung die Wärme-
scheidet man zwischen Kurzzeit- und Langzeit- einen Pufferspeicher für den Heizkreis inte- verluste sehr hoch sind, werden verlustarme
wärmespeichern. griert ist. Dadurch kommen die Wärmeverluste thermochemische Speicher in der künftigen
Zur Kurzzeitwärmespeicherung dienen Syste- in der Heizperiode dem Heizwasser zugute. Entwicklung eine große Rolle spielen.
me, mit denen Wärmeenergie von wenigen Bei der Trinkwasserspeicherung ist prinzipiell
Stunden bis über mehrere Tage hinweg ge- auf eine legionellensichere Betriebsweise zu Wärmeverteilung
speichert werden kann. Üblich ist die Kurzzeit- achten. Die Wärmeerzeugung für die Gebäudebehei-
speicherung über Bauteile bei der passiven Um solare Wärme über einen Zeitraum von zung erfolgt heutzutage fast ausschließlich in
Solarenergienutzung sowie zum sommerlichen mehreren Monaten zu speichern, können Lang- eigenen Technikräumen. Die Wärmeenergie
Wärmeschutz (z. B. thermische Aktivierung von zeitwärmespeicher eingesetzt werden, die muss daher über ein geeignetes System an die
Speichermassen, Nachluftkühlung etc.). Die auch als saisonale Wärmespeicher bezeichnet verschiedenen Nutzungsbereiche verteilt wer-
am häufigsten verwendeten technischen Spei- werden. Hier wird die physikalische Gege- den. Für den Transport von Wärme ist ein Wär-
chertypen sind Kurzzeitwärmespeicher mit Was- benheit genutzt, dass sich das Verhältnis von meträgermedium erforderlich. Hierfür haben
ser als Speichermedium (Abb. B 4.57). Es han- Oberfläche zu Volumen eines Körpers mit zu- sich folgende Systeme bewährt:
delt sich dabei um Pufferspeicher mit einem nehmendem Volumen überproportional verbes-
Volumen von etwa 0,2 bis 2,0 m3. Zum Einsatz sert. Dies führt zu deutlich geringeren Wärme- • Die Wärmeverteilung über Rohrleitungen mit
kommen in der Regel Behälter aus korrosions- verlusten und ermöglicht in Kombination mit temperiertem Wasser als Medium (Warmwas-
beständigen Materialien wie Edelstahl oder aus entsprechender Wärmedämmung einen jahres- serheizung) ist die überwiegend zur Gebäu-
emailliertem bzw. temperaturfest beschichte- zeitlichen, saisonalen Versatz von Wärmeer- deheizung eingesetzte Methode. Hierbei wird
tem Stahl. Die Speicher sind wärmegedämmt zeugung und -nutzung. Der Langzeitwärme- das vom Wärmeerzeuger erhitzte Wasser
und mit internen Wärmetauschern ausgestattet. speicher wird vor allem bei Einzelgebäuden mit über Rohrleitungen an wärmeabgebende
Verwendung finden sie als Pufferspeicher für sehr hohem solaren Deckungsanteil (> 50 %) Heizflächen geführt (Vorlauf), kühlt dort ab

solarer Tank-in-Tank-System
Trinkwasserspeicher
Vorlauf
Warm- Heizung
wasser Warm-
Wasserlangzeit- Kies-Wasser-Speicher
wasser
wärmespeicher
Nach- Nach-
heizung heizung
Warmwasser-
behälter
Solaranlage
Solaranlage
Kalt-
wasser
Kalt- Rücklauf
wasser Heizung
Erdsondenspeicher Aquiferspeicher
B 4.55 B 4.56 B 4.57

125
Technik

Vor- / Rücklauf-
temperatur
Differenz
B 4.58 Mehrfamilienhaus mit integriertem Langzeit-
wärmespeicher und hundertprozentiger solarer
Wärmeversorgung, Oberburg (CH) 2007, Fläche
Aeschlimann + Willen Niedertemperaturheizung Hochtempera-
B 4.59 Größe der Heizfläche in Abhängigkeit von der turheizung
Vorlauftemperatur
B 4.60 Funktionsweise verschiedener Wärmeübergabe-
systeme
B 4.61 Temperaturprofil im Raum in Abhängigkeit vom Temp. 50°C 90 °C
Wärmeübergabesystem
B 4.62 systematische Darstellung von Wärmeübergabe-
systemen Tm= 40°C Tm= 80°C
B 4.63 Prinzip der ganzjährigen Nutzung von Bauteil-
aktivierung
B 4.64 typische Konstruktionen für die thermische Temp. 30°C 70 °C
Aktivierung einer Massivdecke
B 4.58 B 4.59
und fließt zurück zum Wärmeerzeuger (Rück- gen der Heizungsverteilung gedämmt werden, die Absenkung der Raumtemperatur um weni-
lauf). um Wärmeverluste während des Transports zu ge Kelvin reduziert.
• Der Wärmebedarf eines Raums kann über minimieren. Für die horizontale und vertikale Drittens wird das Temperaturniveau der Wär-
die Zuluft eingebracht werden. Durch die Anordnung der Leitungen ist eine Verteilung meverteilung wesentlich durch die Konfigura-
geringe spezifische Wärmespeicherkapazität innerhalb der beheizten Hülle anzustreben, um tion des Gesamtsystems beeinflusst. Übliche
von Luft sind hierbei allerdings günstige bau- die unvermeidlichen Wärmeverluste nutzen zu Werte für Vor- und Rücklauf sind (in °C): 90 / 70
liche Voraussetzungen für minimierte Wärme- können. Das gilt auch für die Verteilung des (Altbau), 70 / 40, 50 / 30 und 35 / 28. Ein niedri-
verluste zu schaffen. Anderenfalls werden Trinkwarmwassers. In Wohngebäuden werden ges Temperaturniveau (Niedertemperaturhei-
hohe Temperaturen oder ein großer Luftvolu- häufig zusätzliche Zirkulationsleitungen instal- zung, maximal 50 / 30 °C) ermöglicht oft eine
menstrom erforderlich. Eine komplette Wär- liert, die eine Abkühlung des Warmwassers in höhere Effizienz bei der Wärmeerzeugung (z. B.
meverteilung über Luft kann sinnvoll sein, Phasen ohne Zapfleistung verhindern und da- Brennwerttechnik, Wärmepumpen, solare Wär-
wenn ohnehin eine raumlufttechnische Anla- durch die Wartezeit bei der erneuten Wasser- me). Zudem können die Leitungsverluste der
ge vorgesehen ist und durch geringe Heiz- entnahme verkürzen. Durch zusätzliche Lei- Rohrleitungen reduziert werden. Dabei ist je-
lasten niedrige Zulufttemperaturen realisiert tungsverluste und Pumpenleistung erhöht sich doch zu beachten, dass die wärmeübertragen-
werden können oder bei flexibler Nutzung jedoch auch der Energiebedarf. Dieser Nach- de Fläche mit abnehmender Vorlauftemperatur
eine schnelle Aufheizung – z. B. bei Industrie- teil muss dabei mit dem Vorteil abgewogen und geringer Temperaturspreizung bei gleicher
oder Sporthallen – erfolgen soll. In diesen werden, da sich der Wasserverbrauch bei vor- Heizleistung größer dimensioniert werden muss
Fällen wird die Zuluft über ein integriertes handener Zirkulationsleitung in der Regel ver- (Abb. B 4.59).
Heizregister erwärmt, das über einen Warm- ringert.
wasserkreis mit dem Wärmeerzeuger verbun- Zweitens werden für den bedarfsgesteuerten Wärmeübergabesysteme
den ist. Alternativ sind in speziellen Wand- Transport des Warmwassers elektrisch betrie- Für die Übergabe der Wärmeenergie an den
oder Deckenelementen mit Umluftventilation bene Pumpen eingesetzt. Die erforderliche Raum sind Heizkörper oder Heizflächen erfor-
Gasbrenner integriert. Leistung der Umwälzpumpe steigt mit dem zu derlich (Abb. B 4.60 und 62). Sie bilden die
• Wasserdampf als Wärmeträgermedium erbringenden Volumenstrom, der durch die Dif- Schnittstelle zwischen Gebäudetechnik und
ermöglicht den Transport von Wärmeener- ferenz zwischen Vor- und Rücklauf (Spreizung) Architektur. Art sowie Anordnung von Heizele-
gie auf sehr hohem Temperaturniveau bestimmt wird. Je größer die Speizung, desto menten beeinflussen die thermische Behaglich-
(> 100 °C). Angewendet wird dieses Verfah- geringer ist der Volumenstrom. Wichtig ist keit im Raum. Bei der Planung ist darauf zu
ren in der Regel in der Industrie bei Produk- neben der Nutzung effizienter Elektropumpen achten, dass in Abstimmung mit der Gebäude-
tionsprozessen (z. B. Beheizung von Säure- eine bedarfsgerecht modulierende Regelung. hülle möglichst homogene Oberflächentempe-
bädern). Eine weitere Möglichkeit bietet die automati- raturen entstehen (siehe Grundlagen, S. 56).
Für eine energetische Bewertung der Wärme- sche Nachtabsenkung des Heizbetriebs: Über Der Wärmeübergang findet immer parallel über
verteilung sind im Wesentlichen drei Aspekte eine Zeitschaltuhr werden während der Nacht- Wärmeleitung, -strahlung und -konvektion statt.
von Bedeutung: Erstens müssen die Rohrleitun- stunden Transmissionswärmeverluste durch Während die Wärmeleitung vernachlässigbar

Fußbodenheizung Wandheizung Deckenheizung Betonkernaktivierung

Radiator Konvektor Unterflurkonvektor


B 4.60

126
Technik

ideale Wand- Fußboden- Decken-


Temperatur- heizkörper heizung heizung
schichtung 2,70 m

Wärmeübergabesysteme

1,70 m

Heizkörper Flächenheizung

Flachheiz- Fußboden- thermoaktive Decken- Wand-


Radiatoren Konvektoren
körper heizung Bauteile heizung heizung

20 24 16 20 24 16 20 24 16 20 24 [°C]
B 4.61 B 4.62
ist, differieren die Verhältnisse von Strahlung Konvektoren stehen in verschiedenen Bauarten Zur thermischen Aktivierung des Fußbodens
und Konvektion je nach Wärmeübergabesystem zur Verfügung. Als Heizkörper können sie wie werden im Estrich Rohrleitungen – in der Regel
erheblich. Dabei unterscheidet man zwischen Radiatoren an den Außenwänden, Wandni- aus Kunststoff – verlegt, wodurch sich der Est-
Heizkörpern (Einzelelemente) und Flächenhei- schen (auch mit Verblendung) oder im Sockel- rich erwärmt. Durch die große Übertragungsflä-
zungen (bauteilintegriert). bereich angebracht werden. Durch ihren hohen che genügen bei der Fußbodenheizung sehr
Als Radiatoren werden Heizkörper bezeichnet, Konvektionsanteil eignen sie sich bei hohen, geringe Vorlauftemperaturen (meist 35 / 28 °C),
bei denen die Wärmeabgabe mit einem hohen bodentiefen Verglasungen und können – ins- um die Heizlast abzudecken. Über geringe
Anteil über Strahlung erfolgt (> 30 %). Der me- besondere bei niedrigen Wärmedämmqualitä- Rohrabstände kann die Leistungsfähigkeit ört-
tallische Hüllkörper wird vom warmen Wasser ten – einen möglichen Kaltluftabfall verhindern. lich (z. B. im Bereich von bodentiefen Vergla-
durchflossen und gibt über die Oberfläche Bei sehr hohen Verglasungen (z. B. Atrien, sungen) erhöht werden. Die große Speicher-
Wärme an den Raum ab. Radiatoren werden Schwimmhallen) können zusätzliche Konvekto- masse bewirkt jedoch, dass die Regulierung
meist als segmentierte Rippenheizkörper her- ren auf entsprechender Höhe in der Fassade träger als bei Heizkörpern ist. Aufgrund des
gestellt, deren Größe an die geforderte Leis- platziert werden. sehr hohen Strahlungsanteils und der Raum-
tung angepasst werden kann. Bei der Variante Eine Variante dieser Bauart ist der Unterflur- erwärmung von unten nach oben stellt sich ein
als Plattenheizkörper sind zwei flache, ebene konvektor. Er wird im Bereich großer Vergla- besonders behagliches Temperaturprofil im
Metallkörper mit dünnen Blechen verbunden. sungen flächenbündig mit dem Fußboden ver- Raum ein (Abb. B 4.61). Zu beachten ist, dass
Radiatoren zeigen über einen breiten Tempera- legt und ist auch in sehr niedriger Bauhöhe (ab die Materialien für den Bodenbelag den Wär-
turbereich gute Werte beim Wärmeübergang ca. 75 mm) erhältlich. Zur Erhöhung der Leis- meaustausch nicht behindern. Insbesondere
und lassen sich universell einsetzen. Sie wer- tung kann der Unterflurkonvektor mit einem elek- bei Holzoberflächen sind eine ausreichende
den in der Regel an Außenwänden in unmittel- trischen Umluftgebläse ergänzt werden. Hier Wärmeleitfähigkeit und Beständigkeit bei
barer Nähe von Verglasungen angeordnet, bei müssen allerdings die Geräuschentwicklung dynamischen Temperaturschwankungen (Riss-
guter Wärmedämmung der Gebäudehülle sind und der Hilfsenergiebedarf bei der Planung be- bildung) zu berücksichtigen.
auch andere Plätze möglich. rücksichtigt werden. Gebläseunterflurkonvekto- Analog zur Fußbodenheizung können auch
Bei Konvektoren erfolgt die Wärmeabgabe fast ren mit Außenluftanschluss können auch für ei- Wandflächen für die Wärmeübergabe heran-
ausschließlich durch Konvektion. Diese wird ne dezentrale Fassadenlüftung eingesetzt wer- gezogen werden. Warme Wandflächen werden
durch zahlreiche Blechlamellen erreicht, die mit den (siehe S. 132 und Gebäudehülle, S. 103). als besonders behaglich empfunden und be-
dem Heizungsrohr verbunden sind. Aufgrund Bei Deckenstrahlungselementen wird durch die nötigen ebenfalls nur sehr geringe Vorlauftem-
ihrer großen Oberfläche erwärmen sich die Luft- Anbindung von Rohrleitungen ein metallisches peraturen. Die (sehr dünnen) Rohrleitungen
zwischenräume und erzeugen einen thermi- Plattenelement thermisch aktiviert. Dieses wirkt aus Kunststoff werden im Putz verlegt oder
schen Auftrieb. Das System benötigt eine deut- im Raum als Wärmestrahler und kann mit weite- durch spezielle Wandelemente angebracht.
lich höhere Temperatur gegenüber der Raum- ren Funktionen (optische Gestaltung, Schall- Zu beachten ist die eingeschränke Nutzung,
luft. Daher sind Vorlauftemperaturen von min- schutz) in eine abgehängte Decke integriert da die Wandflächen nicht abgedeckt werden
destens 50 °C erforderlich. werden. dürfen (z. B. durch Schrankmöbel) und Wand-
Sommer Winter

+ 26°C +20 °C Decken- Betonkern- Fußboden- Zwei-Flächen Bau-


kapillarrohrsystem temperierung temperierung teiltemperierung
Fußbodenbelag
Estrich

Dämmung

+ 22°C +22 °C
Decke mit Bewehrung

kühlen heizen Deckenputz

B 4.63 B 4.64

127
Technik

Personen bohrungen praktisch ausgeschlossen sind. temperatur (z. B. für Bürogebäude 26 °C) ein
Eine Variante der Wandheizung ist die Fassa- wesentlicher Einflussfaktor. Durch abgeschwäch-
Beleuchtung 1 denheizung. Bei Systemen mit Pfosten- und te Anforderungen – z. B. Vereinbarung über
intern Riegel-Konstruktion können bei entsprechen- eine jährliche Stundenanzahl, in denen die
Arbeitshilfen der Modifikation die Hohlräume der Profile mit Maximaltemperatur überschritten werden darf –
Heizwasser durchströmt werden. Von Vorteil ist sind erhebliche Einsparungen der Systemleis-
Produktion
die nicht sichtbare Einbindung des Heizsys- tung möglich (Abb. B 4.68). Im Sinne einer
Wärmelast tems in ohnehin erforderliche Bauteile. Bei ge- nachhaltigen Entwicklung ist anzustreben,
ringer Dämmwirkung der Profile kann die Wär- diese Energiedienstleistung mit hoher Effizienz
Solarstrahlung 1
meabstrahlung nach außen jedoch sehr hoch unter weitestgehender Nutzung regenerativer
sein. Energiequellen bereitzustellen. Die hierfür zur
extern Transmission 1
Bei der Bauteilaktivierung (BTA) – auch »Beton- Verfügung stehenden Systeme und Konzepte
kernaktivierung« genannt – werden statisch werden im Folgenden erläutert (Abb. B 4.66).
1
großes Einflusspotenzial Außenluft
über die Gebäudehülle
erforderliche Massivbauteile (z. B. die Stahlbe-
tondecke) durch integrierte Rohrleitungen ther- Natürliche Wärmesenken
B 4.65 misch aktiviert (Abb. B 4.63 und 64). In Verbin- Im Idealfall kann die Wärmelast in Gebäuden
dung mit der hohen Speichermasse kann durch über natürlich vorkommende Kühlpotenziale
Außenluft dieses System eine Grundtemperierung wäh- bzw. Wärmesenken ohne aktive Kälteerzeu-
rend der Heizperiode mit Vorlauftemperaturen gung abgeführt werden. Hierbei bieten sich
natürliche
Erdreich erzielt werden, die nur gering über der Raum- günstige Temperaturniveaus in den Medien
Wärmesenken
solltemperatur liegen. Daher eignet sich die Luft, Erdreich und Wasser an.
Wasser
BTA sehr gut, um die Umgebungswärme zu
nutzen. Die hohe Trägheit und die geringe spe- Außenluft
zifische Wärmeleistung erfordern in der Regel In den meisten Fällen deckt sich der Kühlbe-
direkte adiabate ein ergänzendes, schnell regelbares Wärme- darf zeitlich mit hohen Außenlufttemperaturen.
Kühlung
Gebäude- Verdunstungs- übergabesystem (z. B. Konvektoren). Dabei Dennoch entstehen im Tages- und Jahresver-
kühlung kühlung
indirekte adiabate muss beachtet werden, dass die Bauteilober- lauf Situationen, bei denen die Außenluft als
Kühlung flächen in einem störungsfreien Austausch mit Wärmesenke in das Technikkonzept integriert
der Raumluft stehen. So wirken sich abgehäng- werden kann.
Kompressions- te Decken oder aufgeständerte Bodensysteme Zum einen entsteht bei bestimmten Nutzungen
kälte
Kälte- ungünstig auf die Leistungsfähigkeit aus. Ins- (z. B. Theatersaal) aufgrund hoher interner
maschine besondere bei der Deckengestaltung ist eine Wärmelasten auch bei geringen Außentempe-
Sorptions-
kälte thermische Aktivierung mit weiteren Funktionen raturen Kühlbedarf. In diesen Fällen kann die
B 4.66 wie z. B. der Raumakustik abzustimmen. Außenluft direkt (direkte Kühlung) oder über
flächenbezogene Wärmeleistung [W / m 2]

25
Personen einen Luftwärmetauscher (z. B. Rückkühlwerk)
Beleuchtung zur Abführung der Wärmelasten genutzt wer-
Arbeitshilfen
20 Kälte erzeugen den.
Zum anderen stehen in Zeiträumen mit hoher
Für die thermische Behaglichkeit in Gebäuden Außenlufttemperatur in den meisten Klimaregio-
15 ist neben der Wärmeversorgung auch die Be- nen während der Nachtzeit potenzielle Wärme-
grenzung hoher Temperaturen ein wichtiger senken zur Verfügung, die für eine thermische
Aspekt. Bei den unerwünschten Wärmequellen, Entspeicherung von Gebäuden nützlich sind
10 den so genannten Kühllasten, unterscheidet (Nachtluftkühlung, Abb. B 4.69); vorausgesetzt
man zwischen internen und externen Ursachen es gibt genügend thermisch aktivierbare Spei-
(Abb. B 4.65). Die wichtigsten internen Kühllas- chermasse, die eine zeitliche Phasenverschie-
5 ten werden durch Personen (hohe Belegungs- bung ermöglicht (Abb. B 4.70). Der Energie-
dichte), Beleuchtung und elektrische Arbeits- transport kann sowohl direkt über einen Luft-
hilfen (z. B. Computer) hervorgerufen. Die ex- austausch (natürlich oder maschinell) als auch
0 ternen Energiequellen lassen sich unterteilen in über ein wassergeführtes System (z. B. Bau-
6:00 12:00 18:00 24:00 Solarstrahlung, Wärmetransmission von außen teilaktivierung) mit freier Rückkühlung erfolgen.
B 4.67 nach innen sowie Wärmepotenziale, die über Eine rein natürliche Nachtlüftung ist sehr effizi-
100
erforderliche Kühlleistung [%]

den Luftaustausch den Innenraum belasten. ent, jedoch schwierig zu kontrollieren und aus
In den meisten Fällen können Gebäude vor al- Sicherheitsgründen oft nicht realisierbar. Je
80 lem in kalten und gemäßigten Zonen bei ener- höher die standortspezifische Spreizung zwi-
gieoptimierter Planung ohne aktive Kühlung schen Maximaltemperatur am Tag und Mini-
betrieben werden. Eine entsprechende Gestal- maltemperatur in der Nacht ist, umso höher ist
60 tung der Gebäudehülle hinsichtlich einer Mini- die erreichbare Kühlleistung. Für eine effektive
mierung externer Kühllasten hat daher erste Abkühlung durch Nachtluft sollte gewährleistet
Priorität (siehe Gebäudehülle, S. 195). Zum Teil sein, dass die maximal zulässige Raumtempe-
40 erfordern jedoch besondere Arbeitsprozesse, ratur in der Nacht für mehrere Stunden um min-
spezifische klimatische Randbedingungen destens 5 K unterschritten wird [3].
oder besonders hohe, nutzungsbedingte Kühl-
20
lasten eine Bereitstellung von »Kälteleistung«, Erdreich
physikalisch korrekt als »Wärmesenke« zu be- Das Temperaturniveau im Erdreich ist mit zu-
0
zeichnen. Die erforderliche Kälteleistung wird nehmender Tiefe konstant und entspricht ab
26 27 28 29 30 31 32 33 analog zur Heizlast für den ungünstigsten Fall einer Tiefe von ca. 30 m der mittleren Jahres-
zulässige Raumtemperatur [°C] ermittelt. Hier ist die maximal zulässige Raum- lufttemperatur. Zur Nutzung des Temperatur-
B 4.68

128
Technik

B 4.65 Wärmelasten eines Gebäudes

Temperatur [°C]
35
Temperatur [°C]

35
B 4.66 Möglichkeiten zur Gebäudekühlung
B 4.67 typisches Profil interner Wärmelasten eines Büro-
30 30 gebäudes im Tagesverlauf
B 4.68 beispielhafter Zusammenhang zwischen zuläs-
siger Raumtemperatur und erforderlicher Kühl-
25 25 leistung
B 4.69 qualitatives Potenzial für eine Nachtluftkühlung
B 4.70 Einfluss der Speichermasse auf die Temperatur-
amplitude der Raumluft bei Nachtluftkühlung
20 20 B 4.71 Funktionsprinzip eines Erdkanals
B 4.72 Einfluss der Jahresmitteltemperatur auf die Leis-
tung eines Erdkanals
15 15 B 4.73 Leistung eines Erdkanals in Abhängigkeit von
28.Juli 29. Juli 30. Juli 31.Juli 28.Juli 29.Juli 30.Juli 31.Juli Rohrlänge und -durchmesser
Speichermasse 200 kg/m2
Speichermasse 500 kg/m2
Kühlpotenzial der Nachtluft Speichermasse 1000 kg/m2
Außenlufttemperatur ta Außenlufttemperatur ta
B 4.69 B 4.70
niveaus des Erdreichs als Wärmesenke gibt es größeren Objekten sind entsprechend große Kühlung um nur wenige Kelvin unter der Raum-
im Wesentlichen zwei Konzepte. Bei Gebäuden Rohrquerschnitte oder eine Aufteilung in meh- temperatur erforderlich macht (z. B. Bauteil-
mit maschineller Zuluftführung kann die Außen- rere, parallel verlegte Leitungen erforderlich. aktivierung). Über einen Luft/Wasser-Wärme-
luft über ein Erdkanal (auch Erdregister) gelei- Empfehlenswert ist die Verwendung von Mate- tauscher kann der Solekreis auch in eine
tet werden. Dadurch wird die Luft um mehrere rialien mit glatten Oberflächen, um den Strö- Lüftungsanlage eingebunden werden. Die
Kelvin abgesenkt, wodurch in vielen Fällen auf mungswiderstand zu reduzieren und die hy- Kühlleistung von Erdsonden beträgt in Mittel-
eine weitere Kühlung verzichtet werden kann gienischen Verhältnisse zu optimieren. Ist der europa ca. 20 bis 40 W/m. In Fällen, in denen
(Abb. B 4.71). Durch den Erdkanal erfolgt zu- Erdwärmetauscher nicht begehbar, müssen die passive Kühlung nicht ausreicht, ist die
dem bei niedrigen Temperaturen im Heizfall geeignete Revisionsöffnungen eine Reinigung Wärmepumpe auch als aktives Kälteaggregat
eine Vortemperierung, wodurch das System ermöglichen. Aufgrund einer eventuellen Kon- einsetzbar (siehe S. 130). Die große Verbrei-
bei einer ganzjährigen Nutzung wirtschaftlich denswasserbildung sind ein entsprechendes tung erdgekoppelter Wärmepumpen in Nord-
betrieben werden kann. Das Prinzip der thermi- Gefälle und die Möglichkeit eines Abflusses amerika liegt in dieser Anwendungsmöglichkeit
schen Nutzung des Erdreichs für die Gebäude- empfehlenswert. Inzwischen gibt es zahlreiche begründet.
lüftung ist sehr alt. Ein »Verfahren zur Kühlung Erfahrungswerte mit Erdwärmetauschern. Es
und Vorerwärmung der Luft mit Hülfe der Erd- hat sich jedoch gezeigt, dass die Wirtschaft- Wasser
wärme« wurde bereits 1877 beim kaiserlichen lichkeit solcher Systeme (unter Berücksichti- Auch Wasservorkommen (Grundwasser, Ober-
Patentamt angemeldet [4]. Die Kühlleistung ist gung der Luftvorerwärmung in der Heizperio- flächenwasser) bieten neben der Nutzung als
abhängig von der Jahresmitteltemperatur und de) projektspezifisch nachgewiesen werden Wärmequelle für Wärmepumpen ein großes
der Dimensionierung des Erdkanals (Abb. B muss. In Kombination mit einer Nachtluftküh- Potenzial für die Kühlung von Gebäuden. Steht
4.72 und 73). Das Spektrum an Materialien und lung (Bypass, bei dem durch Umschalten der das Wasser in ausreichender Menge mit einem
Querschnitten ist dabei sehr breit und reicht Erdkanal umgangen wird) können auf passi- Temperaturniveau < 20 °C zur Verfügung, kann
von Kunststoffrohren mit einem Durchmesser vem Weg bereits hohe Wärmelasten abgeführt es direkt als Wärmesenke in das Technikkon-
von 150 mm bis zu begehbaren Betonröhren werden. zept integriert werden (Abb. B 4.74). Durch
und kompletten Untergeschossen, die über Alternativ zum Erdkanal sind analog zur Nut- die hohe Speicherkapazität von Wasser ist die
Wandscheiben als Luftlabyrinth ausgeführt zung als Wärmequelle Erdsonden bzw. als Leistungsdichte für eine thermische Entspei-
sind. Kunststoffrohre mit ca. 300 mm Durch- Wärmesenke im Erdreich installierte Massivab- cherung sehr hoch. Wird das Wasser auch als
messer bei einer Verlegetiefe von 2 bis 4 m sorber im Kühlfall einsetzbar. Diese Mehrfach- Wärmequelle für Wärmepumpen genutzt, lässt
haben sich als besonders wirtschaftlich erwie- nutzung beschleunigt die Regeneration des sich eine wirtschaftliche Energieversorgung für
sen [4]. Zur technischen Umsetzung eines Erd- Erdreichs und führt zu einer verbesserten Wirt- hohe Leistungsanforderungen realisieren.
wärmetauschers gibt es mehrere Möglichkei- schaftlichkeit des Gesamtsystems. Vorausset-
ten. Bei kleinen Luftvolumenströmen, wie z. B. zung hierfür ist ein flüssiges Wärmeträgerme- Verdunstungskühlung
für Einfamilienhäuser, erfolgt dies in der Regel dium mit entsprechenden Absorptionsflächen Die Kühlung durch Wasserverdunstung ist
über im Erdreich verlegte flexible Rohre. Bei und eine Wärmeübergabe im Raum, die eine ein sehr altes Prinzip – erfahrbar z. B. bei der
Außentemperatur [°C]

Temperaturabsenkung bei ta = 25 ± 5 °C [K]

Sommerbetrieb: 14
Kühlleistung [W/ m]

1200
35 ¤Luftabkühlung Samedan ø 30cm
Extrem- ¤Klimaanlage 12
temperatur kann entfallen 1000
Sommer:
+35 °C 10
Gebäude- Kopenhagen ø 25cm
z.B. +22 °C 800
20 solltemperatur: Hamburg
+20 °C Zürich
+20 °C 8 London
Paris
600 ø 20cm
Heizen

6
z.B. +5 °C Rom
400 ø 15cm
0 4
Winterbetrieb: Luftmenge: 250 m3 Klima: Zürich
Extrem- Rohrdurchmesser: 0,2 m 200 Luftgeschwindigkeit: 2m /s
¤Luftvorwärmung 2
temperatur Rohrlänge: 30 m Verlegetiefe: 2,5m
¤Temperaturan-
Winter: Verlegetiefe: 2,5 m Bodentyp: naturfeucht
hebung über
-15 °C Bodentyp: Erde feucht
-15 den Nullpunkt 0 0
2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 10 20 30 40 50 60 70 80
Erdkanal Jahresmitteltemperatur tm [°C] Rohrlänge [m]
B 4.71 B 4.72 B 4.73

129
Technik

B 4.74 Gebäudekühlung über Grund- oder Ober- Transpiration über die Haut. Für den Übergang einen weiteren Wasserkreislauf durch Verduns-
flächenwasser vom flüssigen in den gasförmigen Zustand wird tungskühlung die Wärme direkt nach außen
B 4.75 indirekte adiabate Kühlung über eine raumluft-
technische Anlage
Energie benötigt, die der Umgebung entzogen abgeleitet wird. Daher müssen beide im freien
B 4.76 direkte adiabate Kühlung über Pflanzen in einem wird (adiabate Kühlung). Auf gleiche Weise ist Luftstrom angeordnet sein.
Atrium, Institutsgebäude, Wageningen (NL) auch eine Temperaturabsenkung der Zuluft
1998, Behnisch, Behnisch & Partner von Gebäuden direkt oder indirekt erzielbar. Reversible Wärmepumpe
B 4.77 zeitliche Übereinstimmung von Solarstrahlung
Bei der direkten adiabaten Kühlung wird die Wird für die Gebäudeheizung ein Wärmepum-
und Kühlbedarf aus externen Lasten
B 4.78 Schema einer solarthermischen Kühlung mit Zuluft direkt mit Feuchtigkeit angereichert, wo- pensystem eingesetzt, kann dieses gleich-
Sorptionskältemaschine durch sich die Lufttemperatur absenkt. Eine zeitig für die Kältebereitstellung verwendet
B 4.79 Simulation zur Dimensionierung einer solaren solche Kühlung lässt sich z. B. über offene werden, da es sich bei Wärmepumpen und
15 kW-Absorptionskältemschine für ein Büro- Wasserflächen und Pflanzen oder eine Sprüh- elektrischen Kältemaschinen im Prinzip um
gebäude in Madrid
B 4.80 solare Kühlung mit Sorptionsrad (DEC)
vernebelung von Wasser in der Zuluft erzielen dieselbe Technologie handelt. Die Doppelnut-
B 4.81 Kennwerte zur überschlägigen Ermittlung des (Abb. B 4.76). Generell sollte beachtet werden, zung als »reversible Wärmepumpe« kann eine
Platzbedarfs für elektrische Kompressionskälte- dass durch die Verdunstung immer auch die wirtschaftliche Lösung darstellen, sofern Wär-
maschinen Luftfeuchtigkeit steigt und eine zunehmende me- und Kälteenergie nicht parallel benötigt
B 4.82 Kennwerte für luft- und wassergeführte Kühlver-
Luftfeuchtigkeit auch einen Anstieg der »ge- werden.
teilung im Vergleich
fühlten« Temperatur bewirkt (siehe Grundla- Die elektrische Kälteerzeugung ist bereits aus-
gen, S. 57). Die direkte adiabate Kühlung ist gereift und in vielen Leistungsstufen einsetz-
daher vor allem in trocken-heißen Klimazonen bar; der Bedarf an Technikfläche für Kompres-
sinnvoll. sionskältemaschinen lässt sich über Kenn-
Um eine Temperaturabsenkung ohne Erhöhung werte abschätzen (Abb. B 4.81). Die erforder-
der Luftfeuchtigkeit zu erreichen, kann die adi- liche elektrische Energie schlägt sich in der
abate Kühlung indirekt über eine Befeuchtung Primärenergiebilanz eines Gebäudes bei die-
der Abluft umgesetzt werden (Abb. B 4.75). sen Technologien ungünstig nieder. Hinsicht-
Voraussetzung ist eine maschinelle Zu- und lich einer CO2-neutralen Energieversorgung ist
Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung. Die deshalb beim Einsatz einer elektrischen Kälte-
Zuluft gibt dabei einen großen Teil des Wärme- erzeugung analog zur Wärmepumpe eine
potenzials über den Wärmetauscher an die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energie-
abgekühlte (und feuchte) Abluft ohne Verände- quellen erforderlich. In Kombination mit einer
rung der absoluten Feuchte ab. Die Leistungs- Photovoltaikanlage kann so z. B. eine solare
fähigkeit ist jedoch eingeschränkt und hängt Kühlung realisiert werden. Hohe solare Erträge
insbesondere vom Feuchtegehalt der Außen- bei gleichzeitig steigendem Kältebedarf durch
B 4.74 bzw. Abluft ab. Eine Steigerung der Leistungs- externe Lasten machen dieses Prinzip sinnvoll
fähigkeit durch Kombination von direkter und (Abb. B 4.77).
Wärme- bzw. Luftbefeuchtung
indirekter adiabater Kühlung ist durch die Ein-
Kälterückgewinnung bzw. Verdunstung bindung einer Zulufttrocknung möglich (Abb. Thermische Kälteerzeugung
B 4.80). Bei der Kälteerzeugung können wie bei Wär-
Wasser
mepumpen thermisch angetriebene Verfahren
Elektrische Kälteerzeugung eingesetzt werden. Dabei wird ein reversibler
Bei Gebäuden mit hohen Anforderungen an die chemischer Prozess genutzt.
Fortluft 30 °C 20 °C 26 °C
Leistungsfähigkeit bzw. Steuerbarkeit der Küh-
lung können Kältemaschinen eingesetzt wer- Sorptionskältemaschine
den. Je nach Technikkonzept sind sie entwe- Sorptionskältemaschinen sind, historisch be-
der über ein wassergeführtes Kühlsystem trachtet, älter als die heute überwiegend ge-
(Bauteilaktivierung, Kühlsegel etc.) oder über nutzten elektrischen Systeme. Zum Einsatz
Frischluft 32 °C 22 °C Kühlregister in Lüftungsanlagen eingebunden. kommen sie vor allem in der Industrie zur Nut-
Kältemaschinen können sehr niedrige Tempe- zung von Abwärme. In den USA und Japan
raturen erzeugen, wodurch bei Bedarf auch sind Sorptionskältemaschinen bereits weit ver-
Raum eine Entfeuchtung der Zuluft über Klimaan- breitet, um die sommerlichen freien Kapazitä-
B 4.75 lagen ermöglicht wird. ten des Gasnetzes zu nutzen. Zur Kaltwasser-
erzeugung in einem geschlossenen Kältemittel-
Kompressionskältemaschine umlauf gibt es Sorptionskältemaschinen, die
Die elektrisch betriebene Kompressionskälte- bei festen Sorptionsmitteln (z. B. Wasser / Silica-
maschine stellt die gebräuchlichste Form der gel) über das Prinzip der Adsorption (Anlage-
Kälteerzeugung dar. Sie wird vereinfacht als rung) oder bei flüssigen Sorptionsmitteln (z. B.
Kältemaschine bezeichnet und sowohl im klei- Ammoniak / Wasser) über das Prinzip der Ab-
nen Leistungsbereich (z. B. Kühlschrank, Ge- sorption (Vermischung) verfahren. Diese kön-
friertruhe etc.) wie auch zur Gebäudekühlung nen prinzipiell wie die stärker verbreiteten elek-
oder in der Industrie genutzt. Die Technologie trisch betriebenen Kompressionskältemaschi-
entspricht dem Prinzip der Wärmepumpe (sie- nen eingesetzt werden (Abb. B 4.78). Das we-
he S. 122). Aufgrund der umgekehrten Nutzung sentliche Qualitätsmerkmal von Sorptionskälte-
wird bei der Kältemaschine dem Gebäudekühl- prozessen ist das Verhältnis von erzielter Käl-
kreis über den Verdampfer Wärme entzogen. teenergie pro Einheit Wärmeenergie für den
Die am Kondensator entstehende Abwärme Antrieb (COP = Coeffizient of Performance).
muss entsprechend abgeführt werden. Dieser Typische Werte liegen zwischen 0,7 und 1,3.
Prozess erfolgt in der Regel über ein Rückkühl- Ein ökologischer Vorteil thermisch angetriebe-
werk oder einen Kühlturm, bei denen über ner Kühlprozesse gegenüber elektrischen Sys-
B 4.76

130
Technik
Kühlbedarf

Solarstrahlung

solarer Deckungsgrad [%]


100

90

Kollektorfeld 80

70
0:00 4:00 8:00 12:00 16:00 20:00 24:00 Kühlelement
Wärme-
Speicher 60
erzeuger
Kühlbedarf

Solarstrahlung
50
Antriebs-
wärme
40
Sorptions- 40 50 60 70 80
Rück- Kollektorfläche [m 2]
kälte-
kühlung
maschine Beispiel für 20 MWh Kühlenergiebedarf
J F M A M J J A S O N D Raum Speichergröße: 2 m3 4 m3 8 m3
B 4.77 B 4.78 B 4.79
temen wird vor allem dann erreicht, wenn rege- Kühlung eignen sich alle Kollektorarten bis Sorptionsmittels wird Wärme benötigt, die
nerativ erzeugte Wärme direkt als Antriebsener- auf die offenen Absorber (siehe S. 119). Eine durch Solarstrahlung bereitgestellt werden
gie genutzt werden kann. pauschale Dimensionierung von Systemen zur kann (Abb. B 4.80). Die solarthermische Küh-
solaren Kühlung ist aufgrund geringer Erfah- lung befindet sich zurzeit in einem Stadium
Abwärmenutzung rungswerte nicht möglich; ökonomisch empfoh- der fortgeschrittenen technischen Entwicklung.
Ein interessantes Einsatzgebiet für Sorptions- lene solare Deckungsanteile liegen bei ca. 75 % Bislang wurden in Europa ca. 100 Anlagen
kältemaschinen ist die Abwärmenutzung bei der thermischen Antriebsenergie. gebaut. Standardisierte Auslegungsverfahren
dezentraler Kraft-Wärme-Kopplung über Block- Ein wichtiger Aspekt bei der solaren Kühlung und ausgereifte Regelungskonzepte werden
heizkraftwerke (BHKW) oder Fernwärmenut- ist die Deckung der erforderlichen Restwärme. derzeit in Pilotprojekten mit wissenschaftlicher
zung. Im Idealfall werden für die BHKWs als Wird diese mit fossilen Energieträgern bereit- Begleitforschung erarbeitet.
Treibstoff regenerative Energieträger (z. B. gestellt werden, ergibt sich ein ökologischer
Pflanzenöl) verwendet, dann spricht man von Vorteil gegenüber elektrischen Kompressions- Kältespeicher
einer regenerativen Kraft-Wärme-Kälte-Kopp- kältemaschinen – in Abhängigkeit des Primär- Analog zur Wärmeenergie ist auch potenzielle
lung. Die Kombination mit einer Kraft-Wärme- energiekennwerts für Strom – erst bei sehr Kälteleistung speicherbar. In Situationen mit
Kopplung mit zusätzlicher thermischer Kühlung hohen solaren Deckungsraten (z. B. Deutsch- hohem Kühlbedarf und stark schwankender
ermöglicht einen ökonomisch günstigen ganz- land > 70 %, Abb. B 4.79). Nachfrageleistung oder entsprechendem Käl-
jährigen Betrieb. Um Kühlleistung zu erzeugen, können alterna- teangebot kann das zu einer wesentlichen
tiv Verfahren mit offenem Kältemittelkreis ein- Optimierung des Gesamtsystems führen. Eine
Solare Kühlung gesetzt werden, bei denen in Kombination mit wichtige Größe für die Speicherdichte und
Wird die Antriebswärme überwiegend von so- einer raumlufttechnischen Anlage die Zuluft damit für die Wirtschaftlichkeit stellt die reali-
larthermischen Systemen erzeugt, spricht man direkt konditioniert wird. Bislang wurden vor sierbare Temperaturdifferenz zwischen Nutz-
von einer solaren Kühlung. Treten Kühllasten allem Systeme mit festem Sorptionsmittel (Sili- und Speichertemperatur dar. Bei Kaltwasser-
und solare Gewinne zeitgleich auf, lässt sich cagel) realisiert. Im Einsatz sind überwiegend speichern ist die Abkühlung auf minimal 0 °C
Kälte ohne hohen Speicherbedarf erzeugen. Anlagen mit rotierenden Sorptionsrädern, die begrenzt, was z. B. bei einer Kaltwasservorlauf-
Ein typisches Anlagenschema für eine solar nach dem Prinzip der sorptiven Luftentfeuch- temperatur für eine Klimaanlage von 6 °C ledig-
unterstützte Kühlung mit geschlossener tung und Verdunstungskühlung funktionieren lich eine Differenz von 6 K darstellt. Bewährt
Adsorptionskältemaschine ist in Abb. B 4.78 (Desiccant and Evaporative Cooling, DEC). haben sich daher Eisspeicher, bei denen
dargestellt. Künftig sollen auf diese Weise auch Sie stellen damit eine Weiterentwicklung der zusätzlich zur sensiblen Wärme die bei der Eis-
im kleinen Leistungsbereich (< 100 kW) und reinen Verdunstungskühlung dar, bei der die bildung entstehende latente Wärme gespei-
mit niedriger Antriebstemperatur (< 100 °C) Zuluft über das Sorptionsmittel zunächst ge- chert wird und die somit ca. zehnfach höhere
Kühlleistungen erbracht werden, um eine effi- trocknet wird. Dadurch kann die Zuluft neben Speicherdichten aufweisen. Die Einbindung in
ziente Nutzung der Solarstrahlung sicherzu- der Wärmerückgewinnung zusätzlich direkt das System erfolgt analog zum Wärmespeicher
stellen. Zur solaren Energieerzeugung für die befeuchtet werden. Zur Regeneration des über ein Kaltwassernetz.
Mindest-Platzbedarf bei
Luftwechsel Zuluftkühlung [ 1/h]

Fläche Kühldeckensegel [m2]


Nenn- Raum- 10 15
kälte Kolben- Turbo- höhe
Erhitzer Wasser leistung verdichtern verdichtern 8 12
(solar) [kW] [m2] [m2] [m]
+ 20 8 – 2,20
6 9
Fortluft 50 °C 20°C 26°C 50 12 – 2,50
100 20 – 3,00
250 30 50 3,50 4 6
40°C
500 45 60 4,00
70°C Wasser
750 – 70 4,20
1000 – 80 4,50 2 3
1500 – 100 4,80
Frischluft 32°C 45°C 24°C 17°C 2000 – 110 5,00
0 0
Außer der allseitigen Zugänglichkeit für Wartungsarbeiten 10 20 40 60 80 100
Sorptions- Wärme- Be- ist neben der Kältemaschine die etwa 0,8-fache Länge spez. Kühlleistung [W/m 2Bürofläche]
rad tauscher feuchter Raum als Platz zum Ausziehen der Rohrregister frei zu halten.
Randbedingungen: Grundfläche 15 m2
Volumen 45 m3
Temperaturdifferenz ΔT 10 K
B 4.80 B 4.81 B 4.82

131
Technik

Kühlleistung [kW]
70

60
Abluft Zuluft
50

Fortluft 1 4 40
2
1 2 3 30
Außen-
luft
20

10

0
1 Filter
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
2 Ventilator
Zeit [d]
3 Wärmetauscher
4 Heiz- / Kühlregister total Lüftung Bauteilkühlung
B 4.83 B 4.84
Verteilung Übergabe Bei geringen durch die Zuluft abzuführenden
Um die Raumtemperatur zu reduzieren oder Auch wenn physikalisch gesehen bei der Küh- Kühllasten (< 30 W / m2) kann auch eine Quell-
aufrecht zu erhalten, muss die im Raum vor- lung von Gebäuden Wärme abgeführt wird, lüftung eingesetzt werden. Diese Art der Zuluft-
handene Wärme abgeführt werden, was so- spricht man bei der Schnittstelle zum Raum einbringung ermöglicht die Einhaltung hoher
wohl über luft- als auch über wassergeführte von Kälteübergabe. Analog zur Wärmevertei- Behaglichkeitsanforderungen. Die Zuluft wird
Systeme möglich ist (Abb. B 4.82). lung ist darauf zu achten, dass keine großen hier in Bodennähe mit sehr geringer Geschwin-
Bei der Regulierung der Temperatur durch Strahlungsasymmetrien oder Zuglufterschei- digkeit (geringer Luftvolumenstrom) zugeführt.
einen gesteuerten Austausch der Raumluft nungen auftreten, die einen behaglichen Auf- Sie erwärmt sich aufgrund der Wärmelast im
wird in die raumlufttechnische Anlage ein enthalt beeinträchtigen. Die Kälteübergabe Raum und steigt sanft nach oben, wo sie abge-
Kühlregister integriert. Durch die Einbringung kann je nach Art der Verteilung durch Luft- saugt wird. Bei höheren Kühllasten ist die Quell-
gekühlter Zuluft und Absaugung der erwärm- oder Wasserkühlung erfolgen. luftkühlung mit wassergeführten Systemen
ten Abluft kann das Raumklima gesteuert wer- kombinierbar.
den. Dabei ist insbesondere bei hohen Kühl- Luftkühlung
lasten ein großer Luftvolumenstrom erforder- Beim Einbringen gekühlter Zuluft in den Raum Wasserkühlung
lich und zieht entsprechende Konsequenzen ist wegen möglicher Zugerscheinungen von Für wärmeübertragende Flächen bei der Was-
bei der Dimensionierung (Antriebsenergie, Kaltluft besondere Sorgfalt auf die Luftführung, serkühlung gelten prinzipiell die gleichen An-
Kosten und Platzbedarf) nach sich. -verteilung und -geschwindigkeit zu legen. Bei forderungen wie bei der Wärmeübergabe. Bei
Eine Luftkühlung ist sinnvoll, wenn aus hygie- der Luftkühlung haben sich vor allem zwei Kon- der Kühlung müssen die Oberflächentempera-
nischen Gründen ohnehin hohe Luftwech- zepte bewährt: Misch- und Quelllüftung (Abb. turen (ca. 15 –18 °C) immer über dem Taupunkt
selraten benötigt werden (z. B. Theaterraum). B 4.93). der Raumlufttemperatur liegen, um Kondensa-
Zudem ermöglicht die Einbindung von Kälte- Bei der Mischlüftung (auch Strahllüftung) wird tion zu vermeiden. Dadurch ist die mögliche
leistung in die Luftführung eine Entfeuchtung die Zuluft über hochinduktive Lufteinlässe (z. B. Kälteleistung eingeschränkt. Folgende gängige
der Zuluft sowie die Nutzung von adiabater Deckenauslässe, Weitwurfdüsen) in den Raum Kälteübergabesysteme gibt es:
Kälteerzeugung. eingebracht, wo sie durch hohe Eintrittsge-
Alternativ oder ergänzend kann die Kältever- schwindigkeiten mit der vorhandenen Raumluft • Kühlsegel
teilung über ein wassergeführtes Rohrsystem durchmischt wird. Anordnung und Einblasele- • Gebläsekonvektoren
erfolgen, wie es auch für die Heizwärme ver- mente sind so zu wählen, dass über sanfte Luft- • Fußbodenheizung
wendet wird. Die Rohrleitungen müssen eben- verwirbelungen die gesamte Raumluft bewegt • Bauteilaktivierung
falls gedämmt werden, um Kondensatbildung wird, ohne dass es zu unangenehmen Zuger-
durch niedrige Temperaturen zu verhindern. scheinungen kommt. Die Absaugung erfolgt Kühlsegel werden sehr häufig zur Abführung
Dieses System ist vor allem bei Büro- und meist in Bodennähe. Bei diesem System sind von Kühllasten über wassergeführte Leitungen
Verwaltungsgebäuden üblich. sehr hohe Kühlleistungen von über 60 W / m2 eingesetzt. Sie bestehen meist aus flächigen
möglich. Metallplatten, die mit dem Kaltwasserrohrnetz
Nutzung Beispiel Außenluftstrom Nutzung Luftwechsel [1 / h]
pro Pers. pro m2 Büroräume 4–8
[m3 / h] [m3 / h] EDV-Zentralen > 30
Gaststätten - Raucher 6 – 12
Luftbehandlung Arbeitsräume Einzelbüro 40 4 - Nichtraucher 4–8
reduzieren Großraumbüro 60 6 Hallenbäder - Schwimmhalle 3–6
- Duschräume 10 – 15
Versammlungs- Konzertsaal
Luftmengen - Umkleideräume 8 – 10
räume Theater 20 10 – 20
minimieren Hörsäle, Vortragsräume 6–8
Konferenzraum
Kantinen 6–8
Wohnräume Wohnungen k. A. k. A. Kinos, Theater 4–8
maschinelle Lüftung Luftführung
Hotelzimmer k. A. k. A. Krankenhäuser - Krankenzimmer 3–5
optimieren optimieren
- OP-Saal 5 – 20
Unterrichts- Klassenzimmer 30 15
Küchen (gewerblich) 15 – 30
Luftantrieb räume Hörsaal 30 15
Läden, Verkaufsräume 4–8
optimieren Lesesaal 20 12
Museen 4–6
Räume mit Verkaufsraum 20 3 – 12 Schulen (Klassenzimmer) 4–5
Wärme (Kälte) Publikums- Gaststätte 30 8 Sporthallen 2–3
rückgewinnen verkehr Wohnräume 0,5
B 4.85 B 4.86 B 4.87

132
Technik

B 4.83 Funktionsweise eines dezentralen Unterflur-Fas-


sadenlüftungsgeräts mit Wärmerückgewinnung
B 4.84 Beispiel für eine kombinierte Kühlleistung aus Zuluft Abluft Zuluft
Bauteilaktivierung und Lüftung
B 4.85 Möglichkeiten für die energetische Optimierung
von maschinellen Lüftungsanlagen
B 4.86 personen- und flächenbezogener Mindest-
Außenluftstrom nach DIN 1946-2 (heute DIN EN
13779) Außenluft
B 4.87 empfohlener Luftwechsel für unterschiedliche
Nutzungen
Fortluft
B 4.88 Möglichkeiten der kontrollierten Wohnraum-
lüftung für Mehrfamiliengebäude Luft/ Luft-
B 4.89 kontrollierte Be- und Entlüftung für Wohnge- Wärmetauscher
bäude
B 4.90 überschlägige Ermittlung des Platzbedarfs von EK EK Erdkanal
Lüftungszentralen sowie Bemessung von Rohr-
querschnitten nach VDI 3803 Lüftungsgerät mit WRG Aussenluft / Zuluft
EK: Erdkanal Abluft / Fortluft
B 4.88 B 4.89
verbunden sind. Die kühle Oberfläche steht ausreichend sein. Zudem kann das System lungsarten vorkommen, spricht man von einer
im Strahlungsaustausch mit dem Raum und bei hohen Lasten z. B. mit lokalen Kühlsegeln Klimaanlage. Da jede Aufbereitung von Luft mit
ermöglicht eine Wärmeabfuhr ohne Luftbewe- oder einer Zuluftkühlung ergänzt werden (Abb. Energiebedarf verbunden ist, muss im Sinne
gung. Kühlsegel werden in der Regel im De- B 4.84). der Bedarfsoptimierung in erster Linie das An-
ckenbereich angebracht und können in abge- forderungsniveau mit dem Nutzer unter Aufzei-
hängte Deckensysteme integriert werden. gen der entsprechenden Konsequenzen kri-
Auch Konvektoren können für die Raumkühlung Maschinelle Lüftung tisch diskutiert werden. Eine Erwärmung der
eingesetzt werden. Bei Anbringung in Boden- Zuluft ist in den meisten Fällen sinnvoll, bei ent-
nähe (z. B. Unterflurkonvektoren) ist ein Geblä- Lüftungsanlagen werden geplant, um eine op- sprechenden Vorgaben auch eine Kühlung.
se erforderlich, um die im Konvektor abgekühl- timale Luftqualität in Gebäuden mit möglichst Energetisch bedeutend ist insbesondere die
te Luft in den Raum einzubringen. Dies kann geringem technischen und energetischen Auf- Feuchtigkeitsregulierung, da diese in konven-
sowohl im Umluftbetrieb als auch mit Außenluft- wand sicherzustellen. Wo möglich, sollte in Ab- tionellen Systemen durch elektrische Verdamp-
anschluss erfolgen (Abb. B 4.83). stimmung mit den Bedürfnissen des Nutzers fung bzw. elektrische Kühlung unter den Tau-
Die Fußbodenheizung kann im Sommer auch eine natürliche Lüftung erfolgen können (siehe punkt zu einem erheblichen Stromverbrauch
für die Wärmeabfuhr genutzt werden. Sie hat Gebäudehülle, S. 99). Die Gründe für eine führt. Eine eingeschränkte Befeuchtung der
dann prinzipiell den gleichen Effekt wie Kühl- raumlufttechnische Anlage (RLT-Anlage) sind Zuluft ist zudem mit geringem Energieaufwand
segel, wobei die Leistungsfähigkeit deutlich vielfältig und reichen von gesetzlichen Anforde- über eine Feuchterückgewinnung möglich.
geringer ist. Zudem ist eine Abkühlung des rungen über Komfortansprüche bis zu energe- Wird daher auf die strikte Einhaltung festge-
Bodens für die Behaglichkeit ungünstiger als tisch motivierten Systemen zur Wärmerückge- setzter Grenzwerte für die Luftfeuchtigkeit ver-
im Deckenbereich. winnung. Hinsichtlich einer energetischen zichtet – und dies ist in vielen Fällen möglich
Die Bauteilaktivierung hat sich in den letzten Optimierung von maschinellen Lüftungsanlagen (und auch aus hygienischer Sicht von Vorteil) –,
Jahren vor allem bei Büro- und Verwaltungs- gibt es mehrere Ansatzpunkte (Abb. B 4.85): sind erhebliche Einsparpotenziale nutzbar. Die
gebäuden als Standard etabliert. Duch die Ein- zentrale Fragestellung ist hier vor allem die Art
bringung von Rohrschlangen in Massivbauteile • Luftbehandlung reduzieren der Wärme- bzw. Kältebereitstellung. Das Ziel
(meist Betondecken) wird eine sehr hohe Spei- • Luftmengen minimieren ist, die nicht vermeidbaren Energiedienstleis-
chermasse für die Raumkonditionierung akti- • Luftführung optimieren tungen möglichst vollständig über regenerative
viert (siehe S. 127). Die Kühlleistung ist aller- • Luftantrieb optimieren Energiequellen bereitzustellen.
dings begrenzt (< 50 W / m2), zudem ist dieses • Wärme bzw. Kälte rückgewinnen
System aufgrund der großen Speichermasse Luftvolumenstrom
sehr träge. Bei optimierter Planung der Gebäu- Anforderungen und Dimensionierung Zur Ermittlung des erforderlichen Volumen-
dehülle und niedrigen internen Lasten kann Prinzipiell gibt es vier Arten der technischen stroms gibt es nach DIN EN 13779 verschiede-
eine alleinige Kühlung über Bauteilaktivierung Luftbehandlung: Erwärmen, Kühlen, Befeuch- ne Methoden. Die Sicherstellung guter Raum-
jedoch in Verbindung mit Nachtluftspülung ten und Entfeuchten. Nur wenn vier Behand- luftqualität kann über Kennwerte für den
Volumen Raum- Zuluft- und Abluftanlage 1 Abluft Ermittlung des Kanalquerschnitts max. Luftgeschwindigkeit am Zuluftgitter
strom höhe H HK HKB 2 O3 Lage der Luftgeschwindigkeit v [m / s] 4
[m2] [m2] [m3 / h] [m] [m2] [m2] Luftauslässe
Vh
10 000 3,00 30 50–60 65–75 20 A= in Bodennähe 0,2 – 0,3
25 000 3,50 35–40 65–80 85–100 25 w · 3600
in Kopfhöhe ≤ 0,15
50 000 4,00 50–60 90–110 120–140 35–40 Deckenluftauslässe
75 000 4,50 65–80 120–145 155–180 40–55 A = Kanalquerschnitt [m2 =10 000 cm2] Raumhöhe = 3,0 m ≤ 2,0
100 000 5,00 80–100 150–180 190–220 50–70 w = Luftgeschwindigkeit im Kanal [m / s] Raumhöhe = 3,5 m ≤ 2,5
150 000 6,30 110–140 210–250 260–300 70–100 Vh = Luftvolumenstrom (Luftmenge) [m3 / h] Raumhöhe = 4,0 m ≤ 3,0

Luftgeschwindigkeiten in Kanälen
1
Die höheren Werte für den Flächenbedarf gelten, wenn nur ein d2 · π
A= Niederdruck- Luftgeschwindigkeit w [m / s] 4
Gerät im Raum steht; bei mehreren Geräten in einem gemein- d
4 anlagen Komfortanlagen Industrieanlagen
samen Raum gelten die niedrigeren Werte.
2
H =Heizen; K = Kühlen; B =Befeuchten Außenluft 2– 3 4–6
3
O = ohne thermodynamische Luftbehandlung Hauptkanäle 4– 8 8 –12
4
verwendete Bezeichnungen für die Luftgeschwindigkeiten: h A=b·h Abzweigkanäle 3– 5 5–8
im Raum: v [m / s], im Kanal: w [m / s] Abluft- / Umluftgitter 2–3 3–4
b
B 4.90

133
Technik

Wind
Außenluftvolumenstrom erfolgen (Abb. B 4.86). Luftführung und Antrieb
Die stündlich auszutauschende Luftmenge Ein wesentliches Merkmal maschineller Lüftung
Unterdruck bezieht sich auf die Anzahl der Personen bzw. ist die vorgegebene Luftführung, die in geeig-
auf die Nutzfläche. Alternativ kann ein auf das neten Kanälen erfolgt. Prinzipiell muss durch
Raumvolumen bezogener stündlicher Luft- das System ein festgelegter Luftwechsel sicher-
wechsel angegeben werden (Abb. B 4.87). Es gestellt werden, was auf verschiedene Arten
handelt sich hierbei nicht um Vorgaben, son- mit unterschiedlichem technischen und bau-
dern um Erfahrungswerte, die sich als sinnvoll lichem Aufwand geschehen kann.
erwiesen haben. Ein weiteres Kriterium zur Im einfachsten Fall wird eine reine Abluftanlage
Bestimmung des Volumenstroms ist die emp- installiert, bei der über den entstehenden Un-
fundene Luftqualität in decipol bzw. die Schad- terdruck im Gebäude durch Nachströmöffnun-
stoffkonzentration der Raumluft (AGW-Werte). gen in der Fassade der Luftwechsel sicherge-
Durch eine gezielte Planung der Innenflächen stellt ist (z. B. Badentlüftung). Durch sinnvoll
und Ausstattungsgegenstände kann der erfor- geplante Nachströmöffnungen in der Fassade
derliche Luftvolumenstrom reduziert werden. kann bei Abluftanlagen eine gute Luftverteilung
Windlüftung Ebenso ist der CO2-Gehalt der Raumluft ein gewährleistet werden, eine Vortemperierung
wichtiger Kennwert für den Luftvolumenstrom. der Zuluft z. B. durch Erdkanal ist jedoch nicht
Insbesondere bei flexibler Nutzung mit hoher möglich. Umgekehrt ist auch eine reine Zuluft-
Personendichte (z. B. bei Schulräumen) kann anlage denkbar, bei der der Luftaustausch
eine CO2-abhängige Lüftungsregelung sinnvoll durch einen Überdruck erzeugt wird, wie etwa
sein. bei der PKW-Lüftung. Bei Konzepten mit ma-
Mit zunehmender Leistungsfähigkeit der Lüf- schineller Zuluftführung ist der Einbau von Fil-
tungsanlage steigt auch der Platzbedarf. Eine tern möglich, was zu einer verbesserten Luft-
überschlägige Dimensionierung der aus dem qualität führt, aber eine regelmäßige Wartung
Luftvolumenstrom resultierenden Kanalquer- und Filterreinigung bzw. einen Filterwechsel
schnitte und der Platzbedarf für die Lüftungs- erfordert.
zentrale lässt sich über Kennwerte abschätzen In den meisten Fällen wird eine kontrollierte
(Abb. B 4.90). Zu- und Abluftanlage installiert. In Wohngebäu-
den wird bei diesen Systemen die Zuluft nur in
Konditionierung die Aufenthaltsräume (Wohnen, Schlafen, Ar-
Eine RLT-Anlage kann neben dem Luftaus- beiten etc.) eingebracht (Abb. B 4.89). Die Luft
tausch auch zur Einhaltung von Grenzwerten strömt über Tür- oder Wandöffnungen in die
bezüglich Temperatur und Feuchtigkeit einge- Sanitär- und Küchenbereiche, wo die Abluft
B 4.91 setzt werden. Die daraus abgeleitete Dimen- entzogen wird. Lüftungsgeräte für Wohnungen
sionierung ergibt sich über die zu erbringen- oder kleine Einfamilienhäuser können in Wand-
de Heiz- bzw. Kühlleistung. Unter Berücksich- schrankelementen oder unter einer abgehäng-
thermischer Auftrieb tigung der spezifischen Wärmespeicherka- ten Decke im Flurbereich untergebracht wer-
pazität von Luft wird aus den thermischen den. In Mehrfamiliengebäuden lassen sich
Anforderungen der benötigte Luftvolumen- unterschiedliche Konzepte bezüglich Anzahl
strom ermittelt. Dies kann je nach Anforde- und Lage der Lüftungsgeräte realisieren (Abb.
rung zu einem sehr hohen Luftvolumenstrom B 4.88).
führen, was sich in der Größe der Anlagen- Bei Nichtwohngebäuden gibt es zahlreiche
technik und dem entsprechenden Energie- Möglichkeiten zur Luftführung, die sich über
verbrauch niederschlägt. Daher sollte eine ein breites Spektrum von zentralen Einzelanla-
Minimierung des Luftvolumenstroms auf gen bis hin zu dezentralen Fassadensystemen
das hygienisch erforderliche Maß angestrebt erstrecken (Abb. B 4.93). Für die Entschei-
werden. Hiermit nicht abzudeckende Heiz- dungsfindung spielen neben den Nutzungsan-
und Kühllasten sind dann über ergänzende forderungen auch konzeptionelle Rahmenbe-
Systeme zu leisten (z. B. Heizkörper, Kühl- dingungen wie Gebäudetiefe, Atrium oder Dop-
Solarkamin segel etc.). pelfassade eine große Rolle (siehe Gebäude-

Mischlüftung tangential Mischlüftung radial Quelllüftung

Fassadenlüftung mit zentraler Abluft Fassadenlüftung mit dezentraler Abluft Verdrängungslüftung


B 4.92 B 4.93

134
Technik

Energie-
einsparung
1 1 8 9
Hilfsenergie 2
Lüftung 12

3 4 10 11

Lüftung Lüftung

1 Lüfter
5 2 Luftkondensator
3 Verdampfer
7 4 Kompressor
Transmission Transmission 5 Zusatzheizung
6 Wasserkondensator
7 Spirale (Wärmetauscher)
8 Fortluft
9 Abluft
10 Außenluft
Fensterlüftung maschinelle Lüftung 6 11 Zuluft
mit WRG 12 Luftwärmetauscher
B 4.94 B 4.95 B 4.96
hülle, S. 101). Ein dezentrales Lüftungskonzept Bei hohen Gebäuden kann die natürliche Wind- deutlich unterscheiden: Radial- bzw. Tangen-
über die Fassade minimiert z. B. den Aufwand bewegung für die Gebäudelüftung genutzt tial-, Axial- und Querstromventilatoren. Am
für die Luftführung. Ein dadurch möglicher Ver- werden. Erforderlich ist ein geeigneter Baukör- gebräuchlichsten ist der Radialventialtor, der
zicht auf vertikale Luftschächte kann vor allem per oder die Ausformung von Elementen, die mit hoher Effizienz eine hohe Leistungsfähigkeit
bei hohen Gebäuden zu einer deutlich erhöh- einen Unterdruck durch Windsog erzeugen. und vielfältige Anschlussmöglichkeiten bietet.
ten Flächeneffizienz führen. Werden horizontale Hierfür haben sich verschiedene Prinzipien Einen großen Einfluss auf die erforderliche
Luftkanäle vermieden, sind u. U. bei gleicher bewährt, z. B. Windtürme oder Venturiflügel Ventilatorleistung haben die strömungstechni-
Gebäudehöhe zusätzliche Geschosse möglich. (Abb. B 4.91). schen Eigenschaften des Kanalsystems.
Ungünstig wirkt sich hingegen eine hohe An- Die Nutzung des thermischen Auftriebs ist eine Große, möglichst runde Querschnitte, glatte
zahl an Einzelgeräten und der damit verbunde- historisch betrachtet sehr alte Methode, um Oberflächen und wenige Richtungsänderungen
ne Wartungsaufwand aus. Ebenso kann bei eine Luftbewegung umzusetzen. Durch Druck- lassen einen geringen Strömungswiderstand
dezentralen Systemen kein Erdwärmetauscher unterschiede von kalter und warmer Luft kommt zu. Der Energiebedarf für die Ventilation kann
eingebunden werden. Die Anordnung der es zu einer Ausgleichsströmung, die gezielt einen erheblichen Faktor in der Gesamtbilanz
Außenluftansaugung erfordert eine sorgfältige für die Gebäudelüftung genutzt werden kann. darstellen, da die Volllaststunden einer Lüf-
Planung. Sie sollte in Bereichen mit dauerhaft Der Effekt verstärkt sich mit zunehmendem tungsanlage hohe Werte erzielen. Die Ver-
guter Luftqualität erfolgen und zur Minimierung Temperaturgefälle und Höhe. Für eine effektive wendung effizienter Motoren, Bypassschaltun-
solarer Kühllasten im Sommer verschattet sein. Nutzung des thermischen Auftriebs eignen gen und eine bedarfsgerechte Steuerung
Ebenso ist beim Fortluftauslass zu beachten, sich hohe Räume, wie z. B. Atrien oder Doppel- sind daher wichtige Optimierungsparameter.
dass Geräusch- und Geruchsbelästigungen fassaden, in denen im oberen Bereich hohe
vermieden werden und ein strömungstechni- Lufttemperaturen entstehen können. Die Ein- Wärme-, Kälte- und Feuchterückgewinnung
scher Kurzschluss zur Luftansaugung unter- bindung in ein Luftkanalsystem erfordert In der Energiebilanz von Gebäuden stellen
bunden wird. einen hohen, konstanten Unterdruck, der Lüftungswärmeverluste meist einen bedeuten-
z. B. mit Solarkaminen erreicht wird (Abb. den Posten dar. Bei Fensterlüftung oder Abluft-
Lüftungsantrieb B 4.92). Die Integration von Speichermassen anlagen gehen in der Heizperiode über die
Zur Induzierung eines Luftstroms können ver- ermöglicht auch eine zeitliche Phasenver- Fortluft hohe Wärmepotenziale verloren; bei
schiedene Antriebsarten eingesetzt werden, schiebung von Solarstrahlung zu thermischem hoch gedämmten Gebäuden stellen sie in
die sich bezüglich Energiebedarf und archi- Auftrieb und damit eine verlängerte Nutzungs- der Regel den überwiegenden Anteil der Ver-
tektonischer Konsequenzen erheblich unter- dauer. luste dar (Abb. B 4.94). Daher bedingt eine
scheiden: Um eine konstante und voll steuerbare Luft- energieeffiziente Lüftung eine kontrollierte
bewegung sicherzustellen, werden im Allge- Zu- und Abluftanlage mit integriertem Wärme-
• Wind meinen elektrisch betriebene Ventilatoren ver- tauscher (Abb. B 4.96). Mit Wirkungsgraden
• thermischer Auftrieb wendet. Hier sind mehrere Arten einsetzbar, bis über 90 % können die Lüftungswärmever-
• Ventilation die sich hinsichtlich der Effizienz zum Teil luste fast vollständig vermieden werden. In
Bezeichnung Kreuzstrom- Gegenstrom- Kreisverbund- Rotationswärme-
wärmetauscher wärmetauscher wärmetauscher tauscher mit und
ohne hygroskopische
Speichermasse B 4.91 Nutzung von Windenergie für die Gebäude-
lüftung, Bürogebäude, Hertfordshire (GB) 1996,
Aufbau
Feilden Clegg Architects
B 4.92 fassadenintegrierte Solarkamine für die Gebäu-
delüftung, Oeste de San Fermin, Madrid (E)
2003, Mario Muelas Jimenez y Agustin Mateo
Ortega
B 4.93 maschinelle Lüftungsarten für Büroräume
B 4.94 Einsparpotenzial durch Wärmerückgewinnung
bei Wohngebäuden
B 4.95 Kompaktlüftungsgerät für Wohngebäude mit
Wärmerückgewinnung, integrierter Luftwärme-
Wärmerück- bis 60 % bis 90 % bis 50 % bis 80 % pumpe und Trinkwasserspeicher
gewinnung B 4.96 Zu- und Abluftgerät mit Kreuzstromwärme-
tauscher
Feuchterück- kein Feuchte- kein Feuchte- kein Feuchte- bis 70 %
B 4.97 Prinzipien der Wärmerückgewinnung bei
gewinnung austausch austausch austausch
Lüftungsanlagen
B 4.97

135
Technik

Gebäude- Größe Bezeichnung Einheit Deckenreflexion


geometrie Formelzeichen Zusammenhang Abkürzung
Lichtstrom Lichtleistung Lumen
Φ lm
Lichtausbeute Lichtstrom Lumen / Watt
Tageslicht- η=Φ/P elektrische Leistung lm / W Wandreflexion
quotient Lichtstrom (Φ)
Lichtmenge Lichtstrom · Zeit Lumenstunde
Q=Φ·t lm · h Leucht- Lichtstärke (I) vertikale
Lichtstärke Lichtstrom Candela dichte (L) Beleuchtungs-
l = Φ /ω Raumwinkel cd stärke
installierte Betriebszeit /
Leistung Anwesenheit Beleuchtungs- Lichtstrom Lux
stärke E Größe der Fläche lx = lm / m2
Beleuchtungs-
energie Leuchtdichte Lichtstärke Candela / m2
L gesehene Fläche cd / m2 horizontale
Kontroll- Tageslicht- Beleuchtungs-
strategie angebot Reflexionsgrad Lichtreflexion % Bodenreflexion stärke

B 4.98 B 4.99
Nichtwohngebäuden ist bei hohen Luftwechsel- chermasse, die sich abwechselnd in den Beleuchtungstechnik
zahlen eine Wärmerückgewinnung besonders Zuluft- und Fortluftkanal dreht. Bei Verwen- Die menschliche Wahrnehmung erfolgt über-
wichtig. Im Kühlfall übernimmt sie auch eine dung hygroskopischer Materialien ist bei wiegend auf visuellem Weg und wird ideal
»Kälterückgewinnung« aus der Abluft. Zur diesem System auch eine Feuchterückge- durch das Sonnenlicht unterstützt. Die Beleuch-
technischen Umsetzung einer Wärmerückge- winnung möglich. tungstechnik verfolgt daher das Ziel, diese
winnung gibt es verschiedene Möglichkeiten Qualität so weit wie möglich nachzubilden, in-
(Abb. B 4.97): dem elektrische Energie in elektromagnetische
Kunstlicht optimieren Schwingungen umgewandelt wird, die beim
• Beim Kreuzstromwärmetauscher werden Auftreffen auf die Materie über die Reflexion
Zu- und Fortluft durch ein spezielles Kanal- Das Ziel der Lichtplanung ist, durch eine kon- zum menschlichen Auge als Licht wahrnehm-
system mit großer Oberfläche aneinander zeptionelle Optimierung des Gebäudes eine bar ist.
vorbeigeführt. Dadurch kommt es zu einem möglichst hohe Tageslichtautonomie zu errei-
Wärmefluss von der kalten zur warmen chen (siehe Gebäudehülle, S. 102). Darüber Kennwerte
Luftströmung, ohne dass diese sich ver- hinaus muss eine Gebäudenutzung unabhän- Zur Beschreibung und Bewertung von Beleuch-
mischen. gig vom Tageslichtangebot gewährleistet sein. tungssystemen sind insbesondere folgende
• Im Wirkungsgrad etwas höher ist der Gegen- In manchen Fällen ist eine Tageslichtnutzung Kennwerte von Bedeutung (Abb. B 4.99):
stromwärmetauscher, da über größere Be- gar nicht möglich oder nicht erwünscht. Hier
rührungsflächen ein längerer Wärmeaus- besteht auf technischer Seite der Anspruch, • Der Lichtstrom beschreibt die Effektivität
tausch zustande kommt. eine funktionsadäquate künstliche Beleuchtung einer Lichtquelle und gibt die gesamte, in alle
• Lässt sich eine Zusammenführung von Zu- mit möglichst geringem Energieverbrauch um- Richtungen abstrahlende Lichtleistung an.
und Fortluft nicht realisieren, kann das Wär- zusetzen (Abb. B 4.98). Dieser Wert bildet die Basis für alle weiteren
mepotenzial der Abluft auch indirekt über Für die Planung stehen zahlreiche Softwarepro- Kennwerte.
einen Kreisverbundwärmetauscher oder eine gramme zur Verfügung, mit denen die Tages- • Die Lichtausbeute gibt das Verhältnis des
Abluftwärmepumpe zurückgewonnen wer- und Kunstlichtverhältnisse im Gebäude mit gro- Lichtstroms zur aufgewendeten elektrischen
den. Alternativ kann der Wärmetransport ßer Genauigkeit simuliert werden können. Leistung wieder und beschreibt somit die
mittels eines zusätzlichen Solekreislaufs über Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Effizienz der Lichtquelle.
große Distanzen erfolgen. Der Wirkungsgrad Berücksichtigung der Farbneutralität, der Blend- • Die Lichtmenge stellt den über einen definier-
ist jedoch aufgrund der doppelten Wärme- freiheit sowie guter Kontrastverhältnisse (siehe ten Zeitraum abgegebenen Lichtstrom dar.
tauscher (Luft / Sole bzw. Sole / Luft) deutlich Grundlagen, S. 58). Zur energetischen Optimie- • Die Beleuchtungsstärke gibt den auf eine
geringer als bei einer direkten Wärmerück- rung des Beleuchtungskonzepts sind im We- definierte Fläche (z. B. Schreibtischplatte)
gewinnung. sentlichen drei Planungsebenen relevant: Be- auftreffenden Lichtstrom an.
• Beim Rotationswärmetauscher erfolgt der leuchtungstechnik und -konzept sowie Auto- • Die Lichtstärke ist der anteilige, winkelabhän-
Wärmetransport über eine rotierende Spei- matisierung der Beleuchtung. gige Lichtstrom bezogen auf eine definierte
Raumnutzung, Tätigkeit Em [lx] Raumnutzung, Tätigkeit Em [lx]
Glühbirne
Verkehrszonen und allgemeine Bereiche Verkaufsräume
innerhalb von Gebäuden Verkaufsbereich 300 NV-Halogen
Verkehrflächen und Flure 100 öffentliche Bereiche
Kantinen, Teeküchen 200 Park- / Abstellflächen 75 HV-Halogen
Sanitärräume 500 Eingangshallen 100
Vorrats- und Lagerräume 100 Leuchtstoff-
Küchen 500
lampen 26 mm
Büronutzung Konferenzräume 500
Ablegen und Kopieren, Verkehrszonen 300 Leuchtstoff-
Ausbildungseinrichtungen lampen 16 mm
Schreiben, Lesen, Datenverarbeitung 500 Spielzimmer, Krippenräume 300
technisches Zeichnen 750 Kompakt-LL
Unterrichtsräume in Grund- und 300
(Stecksockel)
Büroräume weiterführenden Schulen Kompakt-LL
Lagerräume 50 – 200 Hörsäle, Unterrichtsräume für Abendklassen 500 (Energiespar-
Büroräume, tageslichtorientiert 300 und Erwachsenenbildung lampe)
Büroräume, standard 500 Bibliotheken: Bücherregale 200 LED (weiß)
Großraumbüros 750 – 1000 Bibliotheken: Lesebereiche 500
0 20 40 60 80 100 120 0 10 20 30 40 50 60
Lichtausbeute [lm / W] Lebensdauer [1000 h]
B 4.100 B 4.101

136
Technik

Strahlungsrichtung. Er hängt daher vom lierte Lichtleistung einen hohen Einfluss auf B 4.98 Einflussgrößen auf den Energiebedarf für
Aufbau der Lichtquelle und ggf. von beein- den Energiebedarf. Eine Minimierung auf das Kunstlicht
B 4.99 Kennwerte der Beleuchtungstechnik
flussenden Schichten (z. B. Lichtlenkung zwingend erforderliche Maß verringert nicht B 4.100 empfohlene Beleuchtungsstärken für unter-
etc.) ab. Zur Beurteilung kann die Leucht- nur den Energieverbrauch, sondern auch schiedliche Nutzungen nach DIN EN 12 464-1
stärkenverteilung einer Lichtquelle, grafisch die Baukosten. Hierbei ist zu differenzieren B 4.101 Lichtausbeute und Lebensdauer verschiedener
auf eine Fläche projiziert, herangezogen zwischen: Lampen im Vergleich
B 4.102 Schema zur überschlägigen Ermittlung der Voll-
werden.
laststunden für die Beleuchtung von Büroge-
• Die Leuchtdichte beschreibt als Kennwert • Flächenbeleuchtung für eine homogene bäuden
den Helligkeitseindruck des Betrachters Ausleuchtung von Nutzungsbereichen ohne B 4.103 beispielhafte Messergebnisse zum Einfluss der
von einer Lichtquelle bzw. beleuchteten besondere Anforderung (z. B. Erschließungs- Automatisierung der Beleuchtung auf den Ener-
Fläche. Er wird ermittelt als flächenbezo- bereiche, Grundbeleuchtung für variabel gieverbrauch
B 4.104 Bürosituation mit indirekter Raumausleuchtung
gener Quotient der Lichtstärke. genutzte Flächen) und direkter Lichtquelle für den Arbeitsplatz,
• Zonenbeleuchtung bei spezifischer Raum- Bürogebäude, Stockholm (S) 1998, Jakob
Lampen nutzung mit definierten Anforderungen (z. B. Zeilon Architekten
Künstliche Lichtquellen werden als Lampen Arbeitsplätze)
(auch Leuchtmittel) bezeichnet. Die Wahl der • Akzentbeleuchtung, die oftmals keine licht-
Leuchtmittel hat einen entscheidenden Einfluss technisch notwendige Lichtleistung erbringt,
Fenster- zu Bodenfläche [%] Nutzungsstunden pro Tag [h]
auf den Strombedarf. Die Effizienz (Lichtaus- sondern zur Beeinflussung der Raumstim-
0 10 20 30 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22
beute) in Lumen pro Watt Anschlussleistung mung oder zur Betonung von Einzelberei-
unterscheidet sich zum Teil erheblich (Abb. chen eingesetzt wird.
B 4.101). Hinzu kommt, dass eine geringe
Lichtausbeute zugleich eine große Wärme- Direkte und indirekte Beleuchtung
entwicklung mit entsprechendem Einfluss auf Bei der Beleuchtungsart wird zwischen direk-
die internen Wärmelasten eines Gebäudes ter und indirekter Beleuchtung sowie einer
zur Folge hat. Des Weiteren ist für eine ökolo- Kombination aus beiden unterschieden. Die
gische und ökonomische Bewertung die tech- indirekten Beleuchtung hat eine positive räum-
nische Nutzungsdauer von Bedeutung. liche Wirkung und wird häufig als angenehm
empfunden, da eine Lichtsituation mit gerin-
Leuchten gem Schattenwurf und Blendung entsteht.
0 4 8 12 16 20 24
Als Leuchten werden Systeme bezeichnet, Dabei ist, um die gewünschte Beleuchtungs- Volllaststunden pro Tag [h]
die zur Aufnahme von Lampen konzipiert sind. stärke zu erreichen, jedoch eine deutlich grö-
Neben ihrer Funktion als elektrische Schnitt- ßere installierte Lichtleistung erforderlich als manuelle Steuerung mit Präsenzmelder: -20 % 750
Tageslichtregelung Arbeitstage pro Jahr: 200 h/a
stelle beeinflussen Leuchten zum Teil erheblich bei direkter Beleuchtung, was zu einem ent-
die lichttechnischen Eigenschaften der Lampe. sprechend höheren Energieverbrauch führt. B 4.102
Für komplette Leuchtsysteme gibt es bislang An Arbeitsplätzen kann daher eine Aufteilung
Wandschalter (Referenz)
keine genormten Energieeffizienzklassen. Zur in indirekte Raumbeleuchtung und dezentrale
Bewertung dient der Leuchteneffizienzfaktor. direkte Arbeitsplatzbeleuchtung sinnvoll sein
Wandschalter mit
Er gibt analog zur Lichtausbeute bei Leuchten (Abb. B 4.104). Dadurch wird zudem eine abschaltenden
an, welchen Lichtstrom (in Lumen) das Ge- spannungsvolle Lichtsituation geschaffen Anwesenheitssensoren
samtsystem pro Watt elektrischer Leistung und die mit gleichförmiger Ausleuchtung ver-
ab gibt. Alternativ kann der Leuchtenbetriebs- bundenen Ermüdungserscheinungen reduziert. ein/aus
Anwesenheitssensor
wirkungsgrad zur Bewertung herangezogen
werden, der ein Indiz für die energetische Raumoberflächen Wandschalter mit
Qualität einer Leuchte ist und Lampe, Elektro- Eine Gestaltung der Innenräume mit hellen tageslichtabhängiger
Dimmung
nik, Fassung, Reflektoren sowie Gehäude- und / oder reflektierenden Oberflächen unter-
Wandschalter mit
eigenschaften umfasst. Die Aussagekraft ist stützt die Beleuchtungssituation der Innenräu- tageslichtabhängiger
jedoch dahingehend eingeschränkt, dass die me. Der Anteil an Reflexion bzw. der Verlust Dimmung und
Richtung der Lichtstrahlung nicht berücksich- an Leuchtdichte durch Absorption der Ober- Anwesenheitssensor

tigt wird. Eine Lampe mit hohem Leuchtenbe- flächen variiert sehr stark in Abhängigkeit von 0 25 50 75 100 125

triebswirkungsgrad kann z. B. bei rein indirekter Material und Farbe. Durch entsprechende jährlicher Beleuchtungsenergiebedarf [%]

Beleuchtung energetisch ineffizient sein. Um Planung kann die erforderliche Beleuchtungs- B 4.103
dies zu bewerten, sollte der Quotient der instal- stärke mit geringerer installierter Lichtleistung
lierten Leistung mit der Beleuchtungsstärke erreicht werden, was insbesondere bei einem
verglichen werden. hohen Anteil an indirektem Licht von Bedeu-
tung ist.
Beleuchtungskonzept
Die Beleuchtung von Gebäuden hat einen Nutzungsspezifische Beleuchtung
großen Einfluss auf die Behaglichkeit in Räu- Ein differenziertes Kunstlichtangebot mit Berei-
men (Abb. B 4.100). Insbesondere bei Arbeits- chen unterschiedlicher Beleuchtungsstärke
plätzen wirkt sich ein gutes Beleuchtungs- wird vielfach als nutzungsadäquat und in sei-
niveau positv auf die Sehschärfe und die ner Wirkung als weniger ermüdend empfunden.
Leistungsfähigkeit aus. Ein wichtiger Kenn- Eine nutzungsspezifische Lichtplanung ermög-
wert für den Energiebedarf der künstlichen licht zudem eine Minimierung der zu installie-
Beleuchtung ist die installierte Lichtleistung renden Lichtleistung und beeinflusst damit
im Bezug zur Nutzfläche (in W / m2). Hier gibt den Energieverbrauch. Die hohe Spezifikation
es in der Praxis deutliche Unterschiede. Durch sollte dabei aber mit den Anforderungen zur
die meist hohen Volllaststunden hat die instal- Nutzungsflexibilität abgestimmt werden.
B 4.104

137
Technik

Automatisierung der Beleuchtung gie in den letzten Jahrzehnten zu einer weite-


Das Ziel der Automation ist in erster Linie, den ren Säule der Stromproduktion entwickelt, was
Komfort für den Nutzer zu erhöhen. Darüber insgesamt zu einem Strukturwandel in der
hinaus lässt sie hohe Einsparpotenziale beim Energiewirtschaft in Richtung auf eine zuneh-
Stromverbrauch für die Beleuchtung durch eine mend dezentrale Energieerzeugung führte.
Reduktion der Volllaststunden zu (Abb. B. 4.102 Eine auf erneuerbare Energien basierende
und 103). Das Maß an Automation muss zwi- Stromwirtschaft verfügt daher über eine Viel-
schen den beiden Zielgrößen Energieeinspa- zahl von kleinen, unterschiedlichen Energie-
rung und Nutzerzufriedenheit abgewogen wer- erzeugern. Das Stromnetz erhält über seine
den. Eine optimierte Steuer- und Regelungs- bisherige Verteilungsfunktion eine Manage-
technik reagiert sensibel auf die Bedürfnisse mentaufgabe und koordiniert den Ausgleich
der Nutzer und verhindert den Eindruck eines zwischen Erzeugung und Verbrauch (Abb.
Kontrollorgans. Sinnvoll ist die Differenzierung B 4.107).
zwischen verstärkt öffentlich genutzten Flächen In diesem Kontext spielt die Gebäudeplanung
(z. B. Erschließung, Sanitärbereich etc.) und eine entscheidende Rolle: Neben der Minimie-
individueller Nutzung mit einem Anspruch auf rung des Strombedarfs ist bei jedem Gebäude
B 4.105 manuelle Regelbarkeit (z. B. Einzel- oder Dop- zu prüfen, ob und in welchem Umfang durch
B 4.105 Farbbeispiele für polykristalline Solarzellen
B 4.106 Primärenergiebedarf von Wohn- und Büro- pelbüros). das Gebäude selbst Strom erzeugt werden
gebäuden kann. Es wird dadurch vom reinen Verbraucher
B 4.107 Schema Stromerzeugung Personenbezogene Automation zu einem Energie produzierenden Element der
a zentral Die Lichtsteuerung kann in Abhängigkeit von Energiewirtschaft. Im Idealfall kann das Gebäu-
b dezentral
der Nutzerpräsenz geregelt werden, z. B. durch de den gesamten Strombedarf dezentral erzeu-
B 4.108 Funktionsweise einer kristallinen Solarzelle
B 4.109 Aufbau und mögliche Schichtenfolge von Photo- Bewegungsmelder. Insbesondere bei rein tem- gen. Dabei steht nicht im Vordergrund, das
voltaikmodulen porär genutzten Bereichen (z. B. Erschließungs- Gebäude unabhängig vom Netz zu betreiben,
B 4.110 marktgängige Solarzellen und Kenndaten flächen, Sanitärräume, Klassenräume) bietet sondern über das Jahr betrachtet eine ausge-
diese Technologie erhebliche Einsparpoten- glichene Energiebilanz zu ermöglichen (Abb.
ziale. B 4.118). Für eine dezentrale Stromerzeugung
in unmittelbarem Zusammenhang mit der Ge-
Primärenergiebedarf [kWh/m2a]

300
250 Helligkeitsbezogene Automation bäudeplanung stehen mit der Photovoltaik und
Alternativ oder ergänzend kann die Lichtsteu- der Kraft-Wärme-Kopplung ausgereifte Syste-
200
erung in Abhängigkeit von der Tageslichtsitu- me bereit. Daneben gibt es weitere, wichtige
150 ation automatisiert werden. Die Lichtleistung Technologien, die zwar bislang in Gebäude
100 kann hierbei sowohl absolut (An / Aus-Schal- noch nicht integriert wurden, aber für die künf-
50 tung) als auch gleitend (Dimmung, Tageslicht- tige Entwicklung über wertvolle Potenziale ver-
ergänzungsbeleuchtung) geregelt werden. fügen (siehe S. 144).
0
Standard optimiert Standard optimiert Bei Arbeitsplätzen mit sehr hohem Tageslicht-
Wohngebäude Bürogebäude anteil und in Bereichen ohne Tageslicht ist die Photovoltaik
Strom, Geräte Strom, TGA Wärme Wirkung stark eingeschränkt, bei solchen mit Photovoltaik bezeichnet den Vorgang einer
mittlerem Tageslichtangebot jedoch sehr hoch. direkten Stromerzeugung aus Sonnenlicht.
B 4.106
Der Begriff leitet sich von dem griechischen
Wort phos, photos (dt.: Licht) und dem italie-
Strom erzeugen nischen Physiker Alessandro Graf von Volta,
Stromerzeugung
Stromverbrauch
dem Namensgeber für die Einheit der elek-
Strom ist physikalisch gesehen die hochwer- trischen Spannung, ab. Die Entdeckung des
tigste Energieform, da er in alle anderen Ener- »photovoltaischen Effekts« reicht bis in das
gieformen (Kraft, Wärme etc.) umgewandelt 19. Jahrhundert zu den Arbeiten des Physikers
werden kann. Seine vielfältige Anwendung Alexandre Edmond Becquerel zurück. Den-
macht ihn heute in nahezu allen Bereichen des noch wurden erst Mitte des 20. Jahrhunderts
Lebens unentbehrlich. Dies gilt in besonderem anwendungsreife Photovoltaiksysteme ent-
Maß für den Gebäudebetrieb (Abb. B 4.106). wickelt, die zunächst für den Einsatz im Welt-
Sein rationeller Einsatz wird in Europa durch raum konzipiert waren. In den 1970er-Jahren
die Ermittlung der Gesamtenergieeffizienz wurden die ersten terrestrischen Pilotanlagen
eines Gebäudes überprüft – bislang bei Wohn- installiert. Im Mittelpunkt der Photovoltaikan-
gebäuden als Hilfsenergie für die Wärmebereit- wendung im Gebäudekontext steht die bau-
a b stellung, bei Nichtwohngebäuden auch für Be- konstruktive und gestalterische Integration
B 4.107 leuchtung, Lüftung und Kühlung (siehe Strate- in die Gebäudehülle. Ziel der Entwicklung
gien, S. 184). sind harmonische Gesamtkonzepte, bei
Die Stromerzeugung wird weltweit fast vollstän- denen der nach außen verlagerte Teil der
dig über zentrale Kraftwerke realisiert, die mit Gebäudetechnik (Photovoltaikmodul) als

fossilen und atomaren Energiequellen betrie- Bauelement wichtige funktionale und ästhe-
ben werden. Die Verteilung erfolgt über ent- tische Funktionen übernimmt (siehe Gebäu-
Vorderseiten-
sprechende Netze mit unterschiedlichen Span- dehülle, S. 108).
kontakt + nungsniveaus. Die Stromwirtschaft befindet
P / N- N-Zone sich vor allem in Europa in einem Wandel, der Funktionsprinzip
Übergang im Sinne einer nachhaltigen Energieerzeugung Die photovoltaische Stromerzeugung basiert
Rückseiten- P-Zone den Ausbau erneuerbarer Energien vorantreibt. auf dem so genannten Photoeffekt. Darunter
kontakt
Neben der Wasserkraft hat sich die Windener- versteht man die Übertragung der Energie,
B 4.108

138
Technik

Solarglas Solarglas Solarglas Solarglas


Zellenverbund Zellenverbund Zellenverbund Zellenverbund
rückseitiger rückseitiges VSG Glasscheibe / Glasscheibe /
Folienverbund Folienverbund Folienverbund
Luftzwischenraum Luftzwischen-
Solarglas innere raum
PVB-Folie/Gießharz Isolierglasscheibe innere Isolier-
Zellenverbund – glasscheibe
PVB-Folie/Gießharz VSG
Rückseitenglas von außen nach innen
B 4.109
die in Photonen des Sonnenlichts enthalten Solarzellen 10 ≈ 10 cm und 15 ≈ 15 cm bewährt. Durch
ist, auf in Materie gebundene Elektronen. Solarzellen werden in verschiedene Kategori- Veränderungen in der Antireflexbeschichtung
Dabei entsteht in speziell präparierten Halb- en eingeteilt und nach ihrer Struktur sowie den sind bei kristallinen Solarzellen neben der er-
leitermaterialien ein Spannungspotenzial, das verwendeten Basismaterialien bezeichnet tragsoptimierten blauen und schwarzen Farb-
über einen Stromkreis genutzt werden kann. (Abb. B 4.110). Ein für Solarzellen geeignetes gebung weitere Farbtöne realisierbar (Abb.
Die elektrische Leitfähigkeit eines Materials Material ist Silizium (Si), aus dem die meisten B 4.105).
wird durch die Größe des Bandabstands zwi- heute verwendeten Zellen bestehen. Man Mit Solarzellen aus amorphem Silizium wurde
schen Valenz- und Leitungsband definiert, unterscheidet grundsätzlich zwischen kristal- in den 1970er-Jahren die Dünnschichttechno-
der ein Kriterium dafür ist, welche äußere Ener- linen Zellen, wie sie bereits seit den 1950er- logie entwickelt. Hier wird das Material direkt
gieeinwirkung für einen Elektronenfluss im Jahren hergestellt werden, und neueren Dünn- auf eine Trägerschicht aus Glas, Metall oder
Körper benötigt wird. Bei leitenden Materialien schichtzellen. Die klassische Herstellung mo- Kunststoff aufgetragen, wodurch erhebliche
(z. B. Kupfer) ist entweder das Leitungsband nokristalliner Zellen erfolgt im Ziehverfahren Material- und Energieeinsparungen bei der
nur teilweise besetzt (Elektronen können sich über eine Siliziumsäule, die in dünne kreisrun- Herstellung möglich sind. In jüngster Zeit wer-
frei im Körper bewegen) oder Valenz- und de Flächen aufgeschnitten wird. Um die Zellen den weitere Halbleiterverbindungen – wie z. B.
Leitungsbänder überlappen sich. Beträgt der effektiver auf einer Fläche zu verlegen, werden Cadmium-Tellurid (CdTe) oder Kupfer-Indium-
Bandabstand mehr als 5 eV (Elektronenvolt), sie meist besäumt und auf eine quadratische Selen (CIS) – verwendet. Größe und Form der
ist der spezifische elektrische Widerstand so Form zugeschnitten. Andere Herstellungsme- Zellen können in der Dünnschichttechnologie
groß, dass man von Isolatoren spricht. Im thoden, bei denen das Silizium in Blöcken abhängig von den Maßen des Trägermaterials
Bereich dazwischen sind die Halbleitermate- gegossen wird, erzeugen direkt quadratische und den gewünschten elektrischen Eigenschaf-
rialien für Solarzellen angesiedelt. Es handelt Formate. Da hier bei der Auskühlung viele Ein- ten frei gewählt werden; es besteht hier eine
sich dabei also um potenzielle Leiter, die zelkristalle entstehen, nennt man die Zellen große Gestaltungsfreiheit. Kristalline Solarzel-
jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen poly- oder multikristallin. Die Größe kristalliner len werden aufgrund der vorhandenen Ferti-
die Fähigkeit zum Elektronenfluss entwickeln Zellen ist von der Dicke abhängig. Bei Minimie- gungskapazitäten weiterhin eine dominierende
(Abb. B 4.108). rung der Zelldicke haben sich Maße zwischen Rolle spielen, wobei die Dünnschichttechnolo-

Solarzellen

kristalline Solarzellen Dünnschicht-Solarzellen

monokristallines Silizium polykristallines Silizium amorphes Silizium Kupfer-Indium-Selen (CIS) Cadmium-Tellurid (CdTe)

Wirkungs- 15 –17 % 13 –15 % 6 –10 % 8 –12 % 8–10 %


grad

Marktanteil ca. 30 % ca. 60 % ca. 10 % <1% <1%

B 4.110

139
Technik

+
1 m2 P [Watt] + – ohne
– Abschattungs-
verluste
+
2 m2 2 P [Watt]
ohne Bypass-Dioden

+ – ca. 90 %
West 85 Ost Abschattungs-
verluste

+
500 Watt P [Watt] mit Bypass-Dioden
Süd

+ – ca. 2 0 %
+ Abschattungs-
1000 Watt 2 P [Watt] verluste

B 4.111 B 4.112 B 4.113
gie aufgrund des geringen Materialbedarfs und liche Energie, um den Bandabstand zu über- Temperatur zu geringeren Wirkungsgraden
des hohen Kosteneinsparpotenzials verstärkt winden, während andere Photonen über mehr führt.
an Bedeutung gewinnen wird (Abb. B 4.114 Energiepotenziale als nötig verfügen, die Da Solarzellen immer zu entsprechend leis-
und 116). dann ebenfalls ungenutzt bleiben. Es kann tungsstarken Modulen zusammengefasst sind,
also aus physikalischen Gründen nicht die zählt in der Praxis nur der Modulwirkungsgrad.
Kennzahlen gesamte Sonnenenergie in Strom umgewan- Dieser hängt wiederum neben der Zellentech-
Ein wesentliches Auswahlkriterium für Solar- delt werden. Je nach Zellenmaterial und nologie insbesondere von der Belegungsdichte
zellen ist ihr elektrischer Wirkungsgrad, der Bandabständen ergeben sich theoretische mit Zellen ab. Zur Beurteilung des Gesamtsys-
angibt, wie viel Prozent der auf die Solarzelle maximale Wirkungsgrade, bei Silizium z. B. tems wird der »Performance Ratio« angege-
auftreffenden Sonnenenergie in elektrischen ca. 30 %. Bei einem mehrschichtigen Aufbau ben, bei dem die erzeugte Energie ins Verhält-
Strom umgewandelt wird. Der Wirkungsgrad sind auch höhere Wirkungsgrade erreichbar. nis zur einstrahlungsspezifischen Nennleistung
ist stark abhängig vom Material und Zellen- Handelsübliche Solarzellen erzielen Werte der Module gesetzt wird.
struktur. Da sich die Energieinhalte der Photo- von etwa 8 % (amorphes Silizium) bis zu 17 %
nen im Spektrum des Sonnenlichts in Abhän- (monokristallines Silizium). Der Wirkungsgrad Photovoltaikmodule
gigkeit von der Frequenz stark unterscheiden, im Betrieb ist zudem abhängig von der Tem- Die Leistung einer einzelnen Solarzelle ist für
besitzen manche Photonen nicht die erforder- peratur der Solarzellen, wobei eine erhöhte die meisten Anwendungen zu gering. Um pra-
xisrelevante Größenordnungen zu erhalten,
werden sie – analog zu Batterien – seriell und
parallel verschaltet sowie zur Überbrückung
eventuell (teil-)abgeschatteter Bereiche mit so
genannten Bypass-Dioden ausgestattet. Zum
Schutz vor mechanischer Beschädigung und
Witterungseinflüssen werden die Solarzellen
zwischen einer vorder- und rückseitigen Ab-
deckung eingebettet (Abb. B 4.109). Dieser
Glas-Glas- oder Glas-Kunststoff-Verbund wird
dann als Photovoltaikmodul bezeichnet. Ent-
sprechend der Herstellungsverfahren unter-
scheiden sich die Solarzellen in ihrer Hand-
habung: Kristalline Zellen können als einzelne
Scheiben nahezu beliebig im Modul angeord-
net werden. Aus Isolationsgründen müssen sie
mit einem Mindestabstand zueinander verlegt
B 4.114 B 4.115 werden. Dünnschichtzellen sind produktions-
bedingt fest mit dem Trägermaterial verbunden
und vom optischen Erscheinungsbild in der
Regel vollflächig angeordnet. Die notwendige
Zellenstruktur und die elektrische Verschaltung
erfolgt direkt beim Beschichtungsprozess.
Die meisten Modulhersteller fertigen Standard-
module in Größen von etwa 0,5 bis 1,5 m2 mit
jeweils festen Abmessungen und Leistungsda-
ten, welche auf maximale Energieausbeute pro
Fläche konzipiert sind. Allerdings eignen sie sich
für eine Verwendung als Bauteil in Gebäude-
hüllen aufgrund der festgelegten Abmessungen
und Gestalt nur bedingt. Für anspruchsvolle
architektonische Integrationen bieten spezia-
lisierte Firmen Module an, die nach geometri-
schen und gestalterischen Vorgaben des
B 4.116 B 4.117

140
Technik

B 4.111 Solarertrag von Photovoltaikanlagen in Abhän-


gigkeit von Einstrahlung und Fläche
B 4.112 Einfluss der Ausrichtung auf den Ertrag einer
Photovoltaikanlage Photovoltaikanlage in Deutschland
12 kWp
bilanzierte solare B 4.113 Bedeutung der Verschattungsfreiheit von Photo-
Deckung: 100 % voltaikanlagen
B 4.114 flexibles Photovoltaikmodul: amorphes Silizium
Netz- auf Metallfolie
einspeisung B 4.115 Solarzellen in einer Isolierglaseinheit
Haushaltsstrom 4 500 kWhel / a 9 500 kWhel / a
B 4.116 Verbundglasmodul mit CIS-Dünnschichtzellen
Trinkwasserwärme 4 500 kWhth / a Netzbezug
B 4.117 polykristalline Solarzellen im Glasverbund
Heizwärme 13 200 kWhth / a 9 500 kWhel /a
B 4.118 Energiekonzept mit bilanzierter solarer De-
ckung des Energiebedarfs durch Photovoltaik,
Wohnhaus, Hegenlohe (D) 2005, Tina Volz,
Strom für Wärmepumpe 5 000 kWhel / a Michael Resch
B 4.119 überschlägige Dimensionierung von Photo-
voltaikanlagen:
a Verlustkette
2 Erdsonden je 99 m b solarer Stromertrag bei horizont. Anordnung
12 700 kWhth / a
c Korrekturfaktoren für geneigte Anordnung
B 4.118
Architekten hergestellt werden (Abb. B 4.115). Solarzellen können damit Biegeradien bis zu transparent werden. Der Lichtdurchlass er-
Prinzipiell sind hierbei Formen, Größen und 1,5 m realisiert werden. Die Dünnschichttech- folgt diffus durch die Zellen.
technische Kenndaten wie bei üblichen Glä- nologie ermöglicht eine direkte Beschichtung • Dünnschichtmodule aus amorphem Silizium
sern im Gebäudebereich möglich. Technolo- von Zellenmaterial auf Metall- oder Kunststoff- können durch feine Linien oder Punkte ohne
gisch bedingt beschränken sich die maximalen folien, wodurch sehr flexible Module realisier- Zellenmaterial als semitransparente Ausfüh-
Außenabmessungen eines Photovoltaikmoduls bar sind (Abb. B 4.114). rung hergestellt werden. Der übliche Licht-
mit kristallinen Solarzellen derzeit auf ca. 6 m2. Ein besonderer optischer Effekt lässt sich mit transmissionsgrad beträgt ca. 20 %. Optisch
Einzelne Dünnschichtmodule können zurzeit semitransparenten Modulen erzielen. Durch wirkt dies in wenigen Metern Abstand wie eine
bis zu einer Größe von etwa 1 m2 hergestellt Kombination mit farbigem Rückseitenglas oder vollflächige, einheitlich stark getönte Scheibe.
werden und lassen sich als Glasverbund zu lichtstreuenden bzw. lichtlenkenden Gläsern
größeren Bauteilen zusammenfügen. können mit solchen Elementen auch Lichteinfall Wechselrichter
Photovoltaikmodule können als Bauteil eine und -streuung beeinflusst werden. Semitrans- Der Wechselrichter – auch Inverter genannt –
Vielfalt zusätzlicher Funktionen übernehmen parente Module haben zwangsläufig eine ge- hat in einem netzgekoppelten photovoltaischen
und eröffnen in ihrem optischen Erscheinungs- ringere Leistung, die mit zunehmender Licht- System die Funktion, den vom Generatorfeld
bild eine breite Palette an Gestaltungsmöglich- durchlässigkeit abnimmt. Generell gibt es drei erzeugten Gleichstrom in netzkonformen Wech-
keiten. Auch die Farbe der Solarzellen lässt Methoden für die Herstellung semitransparen- selstrom umzuwandeln. Geometrie und Anord-
sich beeinflussen. Ertragsoptimierte kristalline ter Module: nung der Photovoltaikmodule bestimmen die
Standardzellen sind dunkelblau bis schwarz, Wahl des Wechselrichterkonzepts. Zentrale
um eine möglichst große Absorption des Son- • Kristalline Solarzellen werden in einem ver- Wechselrichter sind nur bei verschattungsfrei-
nenlichts zu erreichen. Durch Verändern der größerten Abstand im Modul so angeordnet, en Anlagen mit homogener Ausrichtung sinn-
Antireflexschicht können bei kristallinen Zellen dass Licht durch die Zellenzwischenräume voll. Heute üblich sind modulare Wechselrich-
auch andere Farbtöne erzeugt werden (Abb. fallen kann. Der gewünschte Lichteinfall tersysteme, bei denen im Extremfall jedes
B 4.105). Generell gilt: Je heller der Farbton, kann über die Zellenabstände variiert wer- Modul einen eigenen Wechselrichter hat und
desto ungünstiger wirkt sich dies auf die Leis- den. Durch die Teilbelegung der Modul- ein Ausfall keinen Einfluss auf die Leistung der
tung aus. Bei Dünnschichtzellen ist die Varianz fläche wird mit solchen Verglasungen anderen Module nimmt. Je nach Wechselrich-
in der Farbgebung noch eingeschränkt: Amor- sowohl Tageslicht genutzt als auch Strom tersystem unterscheiden sich die Längen der
phes Silizium hat einen rotbraunen Farbton, erzeugt (Abb. B 4.117). Der Schattenwurf Gleichstromkabel im Gebäude und der Platz-
das CIS-Modul erscheint schwarz, CdTe-Modu- im Innenraum ist entsprechend der Zellen- bedarf für den oder die Wechselrichter mit
le schwarzgrün (Abb. B 4.110). form und -belegung strukturiert und kontrast- Zugang für Wartungsarbeiten. Die Umwand-
Weitere Möglichkeiten für eine architektonische reich. lung der Energie durch Wechselrichter ist mit
Integration eröffnen flexible Module. Als Träger- • In kristalline Solarzellen wird über ein mecha- Verlusten behaftet, die im Optimalfall 5 %, im
material dienen Metall- und Kunststofffolien nisches Verfahren eine Vielzahl kleiner Löcher ungünstigsten bis zu 15 % betragen können.
oder transparente Kunstharze. Mit kristallinen eingebracht, sodass die Zellen selbst semi- Die Montageorte der Wechselrichter sollten
Korrekturfaktor gegenüber
horizontaler Ausrichtung [-]

jährliche Solarstrahlung auf die Horizontale solare Stromerzeugung 1,4


[ kWh / m2Modulfläche a] Oslo
1,3
Solarzellentechnik Oslo Berlin Thessaloniki
Berlin
kristallin 90 - 100 95 - 110 125 - 140 1,2
Einstrahlung auf Modulfläche monokristallin Thessaloniki
Ausrichtung polykristallin 1,1
Dünnschicht 60 - 75 65 - 80 90 - 110
Cis 1,0
Strom- CdTe
Modul-
eintrag 0,9
wirkungsgrad Dünnschicht 35 - 55 40 - 60 55 - 80
Module
amorphes
Silizium 0,8
Strom-
eintrag Systemtechnik transluzente Module: Minderung entsprechend Licht- 0,7
Anlage durchlass
0,6
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90
Netzeinspeisung Neigungswinkel gegen die Horizontale [°]
a b c B 4.119

141
Technik

Ottomotor Dieselmotor Stirlingmotor Brennstoffzelle Gasturbine

elektr. Leistung [kW] 1– 5000 5 – 20 000 1 – 40 1 – 250 30 – 250 000 1


100 % Blockheiz- 62 % Heizwärme 65 °C Gesamtwirkungsgrad [%] bis 90 bis 90 bis 85 bis 90 bis 85
Energie- kraftwerk Eigennutzung,
träger Wärmenetzeinspeisung
elektr. Wirkungsgrad [%] 25 – 42 28 – 44 10 – 30 30 – 47 25 – 30
Erdgas
Heizöl
Stromkennzahl [-] 0,4 – 1,1 0,5 – 1,1 0,4 0,3 – 0,7 0,3 – 0,6
Bio- und
Klärgas
Pflanzenöl 28 % Strom Teillastverhalten gut gut weniger gut sehr gut weniger gut
Eigennutzung,
Stromnetzeinspeisung Stand der Technologie bewährt bewährt Kleinserien Pilotanlagen bewährt

üblicher Brennstoff Biogas, Pflanzenöl, Solar, Wasserstoff, Biogas,


10 % Verluste
Erdgas Diesel Holz Gas Erdgas
1
Mikrogasturbine bis ca. 200 kW

B 4.120 B 4.121
frühzeitig festgelegt werden, um ihre spätere die Photovoltaikanlage mehr Energie als im pro Quadratmeter und Jahr möglich. Die Ver-
Zugänglichkeit für Wartung und Austausch zu Gebäude benötigt, fließt der überschüssige lustkette eines photovoltaischen Systems und
gewährleisten. Strom in das Netz. Das Gebäude wird dann Kennwerte für eine überschlägige Ermittlung
zum Energielieferanten. Im Bedarfsfall wird des Solarertrags zeigt Abb. B 4.119. Einen
Anlagenkonzepte die benötigte Stromdifferenz wie üblich vom besonders hohen Stellenwert hat neben der
Für die Anlagenkonzeption spielt es eine we- Netz bezogen. Die Versorgungssicherheit ist Ausrichtung die Verschattungsfreiheit der
sentliche Rolle, ob das Gebäude an die öffent- somit jederzeit gewährleistet. In Fällen hoher Module. Durch die serielle Verschaltung von
liche Stromversorgung angeschlossen ist. Nach finanzieller Vergütung für solarerzeugten Strom Solarzellen und Modulen kommt es auch bei
diesem Kriterium unterscheidet man zwischen (z. B. in Deutschland durch das Erneuerbare- Teilabschattung in der Regel immer zu einer
Inselsystemen und netzgekoppelten Systemen. Energien-Gesetz) wird meist der gesamte Strom- überproportionalen Ertragsminderung (Abb.
Während das Inselsystem ganzjährig eine aut- ertrag eingespeist. Die Dimensionierung der B 4.113).
arke Stromversorgung gewährleisten sollte, wird Photovoltaikanlage muss dann nicht unbedingt
das Gebäude beim netzgekoppelten System an den Verbrauch des Gebäudes angepasst Ökologische Aspekte
zusätzlich aus dem öffentlichen Stromnetz ver- werden, sondern kann auch nach geometri- Da die Herstellung von Photovoltaikelementen
sorgt. Je nach System unterscheiden sich die schen, wirtschaftlichen oder gestalterischen einen hohen Energiebedarf erfordert, ist die
benötigten Anlagenteile und der Planungsauf- Kriterien erfolgen. Ein Vergleich von Erzeugung energetische Amortisationszeit ein wichtiges
wand. In einem Inselsystem ist zur Gewährleis- und Verbrauch – und damit die erzielbare sola- ökologisches Kriterium. Den dominierenden
tung der Versorgungssicherheit eine Speiche- re Deckungsrate – erfolgt hier nicht physika- Anteil an Materialien zur Herstellung von Mo-
rung des zeitlich schwankenden Energieertrags lisch, sondern über eine Jahresbilanzierung dulen mit Zellen aus Silizium bilden Glas und
und -vebrauchs nötig. Zudem muss die Photo- (Abb. B 4.118). Quarzsand, wobei Anlagen mit kristallinen Zel-
voltaikanlage eventuell durch weitere Energie- len bei gleicher Energieerzeugung wesentlich
erzeuger ergänzt werden. Erträge mehr benötigen als Dünnschichtmodule. Kunst-
Ist ein öffentliches Stromnetz vorhanden, kann Der flächenbezogene Ertrag hängt in erster stoffe spielen bislang eine untergeordnete Rol-
eine Speicherung entfallen. Der solar erzeugte Linie von der Einstrahlung (Standort und Aus- le. Die eingesetzten Materialien lassen sich
Strom wird dann in das Netz eingespeist und richtung der Module) und dem Systemwir- aufgrund der Verbundbauweise insgesamt
vergütet, der Verbrauchsstrom wie üblich vom kungsgrad der Photovoltaikanlage ab. Je nach nur mit sehr hohem Aufwand recyceln. Bei
Netz bezogen. In Europa werden fast aus- Zellentypologie und Belegungsdichte ergeben der Energiebilanzierung wird der kumulierte
schließlich netzgekoppelte Photovoltaikanlagen sich in Mitteleuropa spezifische Erträge bei Energieaufwand für Herstellung und Betrieb
installiert, wodurch sich der Systemaufbau auf verschattungsfreier Installation mit idealer Aus- den nutzbaren Energieerträgen von Anlagen
zwei Komponenten vereinfacht: Generatorfeld richtung von etwa 40 kWh pro Quadratmeter gegenübergestellt. Hier ergeben sich in
(= Summe der Photovoltaikmodule) und Wech- und Jahr bei semitransparenten Dünnschicht- Abhängigkeit der Zellentypologie, der Ein-
selrichter, um die erzeugte Energie in netzkon- modulen. Bei monokristallinen Zellen mit maxi- bausituation und dem Standort energetische
formen Wechselstrom umzuwandeln. Erzeugt maler Belegungsdichte sind bis zu 130 kWh Amortisationszeiten von sechs Monaten

gedämmtes Gehäuse
BHKW 62 kWh Wärme
100 kWh Schall-
ηth = 62 %
28 kWh Strom dämpfer
ηel = 28 %
Abgas-
10 kWh Verluste wärme-
Vorlauf
tauscher Heizungs-
wärme-
tauscher
73 kWh Heizkessel Rücklauf
62 kWh Wärme Kraftstoff Motor Gene-
ηth = 85 % rator
153 kWh
11 kWh Verluste

80 kWh Kraftwerk schallentkoppelte


28 kWh Strom = Aufstellung
ηel = 35 %
~
öffentliches
52 kWh Verluste Stromnetz Hausnetz
B 4.122 B 4.123 B 4.124

142
Technik

Luftzufuhr Abgas
thermische Leistung [%]

100
H2O / CO2

Haus-
80 zentrale
Brennstoff- Steuerung
zelle
Spitzenlast-Wärmeerzeuger Spitzen-
60
brenner

Vorreformer
40
Wärme-
speicher Befeuchter Strom-

20
= netz
+
BHKW 2 –
Erdgas
Entschwefler ~
BHKW 1
0
Erdgas Luft
2 000 4000 6000 8000 kaltes Wasser Wärme
Benutzungsstunden [h/a] warmes Wasser Abgas
B 4.125 a b B 4.126
(Dünnschichttechnologie, hohe Erträge) bis Technologien zur Verfügung (Abb. B 4.121). werke mit hohen Investitionen verbunden sind,
zu 48 Monaten (kristalline Technologie, mittlere Aus ökologischer Sicht sollten möglichst erneu- sind lange jährliche Betriebszeiten anzustre-
Erträge). Emissionen entstehen bei photovol- erbare Energiequellen verwendet werden, z. B. ben. Aus diesem Grund werden sie meist nicht
taischen Anlagen nur durch die Herstellung. Biomasse, Wasserstoff oder Abwärme bzw. als alleiniger Erzeuger auf die Spitzenlast aus-
Bei einer Integration von Photovoltaikmodulen Solarstrahlung. gelegt, sondern als Grundlast-Wärmeerzeuger.
in die Gebäudehülle kann die Herstellungsen- Sie benötigen dann einen weiteren Wärmeer-
ergie der ersetzten Materialien als energetische Strom aus Biomasse zeuger, der flexibel auf Lastschwankungen rea-
»Gutschrift« berücksichtigt werden. Für die dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung mit gieren kann (Abb. B 4.125). Aufgrund ihrer
Biomasse werden überwiegend Strom erzeu- Funktionsweise als Stromerzeuger kann in
Kraft-Wärme-Kopplung gende Geräte mit einem motorisch betriebe- manchen Fällen durch ein BHKW ein aus
Die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) verbindet nen Generator eingesetzt. Die dabei entstehen- sicherheitstechnischen Gründen erforderliches
Strom- und Wärmeerzeugung in einem Vor- de Wärme ist über einen Wärmetauscher in Notstromaggregat ersetzt werden, was die
gang (Abb. B 4.120 und 122). Entwickelt hat den Heizkreis eingebunden (Abb. B 4.123). Wirtschaftlichkeit erheblich verbessert.
sich dieses Prinzip aus der Stromerzeugung, Diese Geräte werden als Blockheizkraftwerke
bei der durch den Umwandlungsprozess (BHKW) bezeichnet. Bei kleiner Leistungs- Strom aus Wasserstoff
zwangsläufig große Mengen an Abwärme frei- größe (< 50 kWel) spricht man von »Mini- Neben den aus der Automobilindustrie ent-
gesetzt werden. Diese können in Großkraftwer- BHKW« (Abb. B 4.124). Als Antrieb sind sowohl lehnten Motoren wird künftig die Brennstoff-
ken nur selten genutzt werden und erzeugen Otto-, Diesel- als auch Gasmotoren einsetzbar. zelle als System zur Kraft-Wärme-Kopplung an
zusätzlichen Kühlbedarf mit entsprechenden Für den Einsatz von Biomasse haben sich bis- Bedeutung gewinnen. Sie erzeugt über einen
ökologischen Negativauswirkungen wie Auf- lang Raps- und Sojaöl als Treibstoff für modi- elektrochemischen Prozess aus dem Energie-
heizung von Flüssen etc. Nur unter günstigen fizierte Dieselmotoren etabliert. Ein wichtiger träger Wasserstoff Strom. Die dadurch ent-
Rahmenbedingungen kann eine Einspeisung Kennwert ist bei der Kraft-Wärme-Kopplung stehende Wärme lässt sich beim dezentralen
der Wärme in ein Fernwärmenetz erfolgen. neben dem Gesamtwirkungsgrad die so Einsatz analog zum Blockheizkraftwerk in den
Alternativ wird derzeit das Ziel verfolgt, die genannte Stromkennzahl. Sie gibt an, welcher Heizkreislauf einbinden. Zum Betrieb einer
Stromerzeugung dezentral direkt beim Ver- Anteil elektrischer Energie pro abgegebener Brennstoffzelle ist Wasserstoff erforderlich,
braucher zu realisieren. Auf diese Weise lässt Kilowattstunde Wärme erzeugt wird. Typische der im Idealfall aus erneuerbaren Energien
sich die Strom- und Wärmeproduktion direkt Werte dezentraler BHKWs liegen bei 0,5, d. h. erzeugt wird und gespeichert werden muss.
in das Energiekonzept des Gebäudes oder pro Kilowattstunde Wärme werden 0,5 kWh Da hierfür noch keine geeignete Infrastruktur
einer Nachbarschaft integrieren. Nicht benötig- Strom produziert. Prinzipiell kann ein BHKW zur Verfügung steht, werden Brennstoffzellen
ter Strom wird analog zur Photovoltaik in das strom- oder wärmegeführt eingebunden wer- bislang überwiegend mit aus Erdgas gewonne-
öffentliche Stromnetz eingespeist. Für eine den. Um den Gesamtwirkungsgrad zu erhöhen, nem Wasserstoff betrieben (Abb. B 4.126).
dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung stehen auf wird meist eine Regelung umgesetzt, die sich Die Wirkungskette ist bei der Wasserstoffpro-
unterschiedlichen Energieträgern basierende am Wärmebedarf orientiert. Da Blockheizkraft- duktion, -speicherung und -verwendung zudem
B 4.120 Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung
B 4.121 marktgängige Systeme zur Kraft-Wärme- 1
0,58 kWh 1,3 kWh
Kopplung Abwärme am Abwärme am
B 4.122 dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung und Kühlturm Rückkühler
getrennte Energieerzeugung im Vergleich
0,3 kWh 1 kWh
B 4.123 Einbindung dezentraler KWK in die Gebäude- 0,9 kWh PE Strom elektr. Nutzkälte
Kraft-
heizung werk KM
B 4.124 Mini-BHKW für den Betrieb mit Pflanzenöl
B 4.125 beispielhafte Einbindung dezentraler KWK zur a
Deckung der Grundlast
B 4.126 Brennstoffzellenheizgerät
a Funktionsschema 0,2 kWh 2,5 kWh
b Prototyp mit Erdgasreformer Abgasverlust Abwärme am
Kühlturm
B 4.127 Heizkessel mit integriertem Stirlingmotor
B 4.128 dezentrale Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung und 3,0 kWh PE (Strom) 1,6 kWh 1 kWh
getrennte Energieerzeugung im Vergleich Wärme therm. Nutzkälte
2,7 kWh PE (Gas) BHKW
a Energiefluss bei elektrischer Kälte- KM
erzeugung
b Energiefluss bei thermischer Kälteerzeugung 1 Stirlingmotor 2 KM: Kältemaschine
mit BHKW und Absorptionskältemaschine 2 Holzpelletkessel b BHKW: Blockheizkraftwerk
B 4.127 B 4.128

143
Technik

a Receiver / b Absorberrohr
Motor Turm

500 –1000 m
Receiver B 4.129 Möglichkeiten der Konzentrierung von Solar-
Parabolrinne strahlung für die Stromerzeugung:
a Dish-Konzentrator
b Parabolrinnenkollektor
c Zentral-Receiver-System
B 4.130 Funktionsschema eines Aufwindkraftwerks
B 4.131 Dish-Konzentratorsystem
Stromgenerator B 4.132 Solarkraftwerk mit Parabolrinnenkollektoren
Glasabdeckung
c B 4.133 Kleinwasserkraftwerk Jacobi, Sarmigstein (A)
Heliostaten 2005, Designstudio Juland
B 4.134 Kenndaten unterschiedlicher Stromspeicher
B 4.129 B 4.130
mit sehr hohen Verlusten behaftet. Brennstoff- verbesserte Auslastung des Blockheizkraft- • Beim so genannten Dish-Konzentrator wird
zellenheizgeräte zeigen ein sehr gutes Teillast- werks möglich, was seine Wirtschaftlichkeit ein ideal konzentrierendes, parabolförmiges
verhalten. Bisher sind aber lediglich Prototypen erheblich erhöht. Aus energetischer Sicht zeigt Element zur punktgenauen Fokussierung auf
im Einsatz, eine Markteinführung wird in den die Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung gegenüber einem Empfänger (Absorber) eingesetzt
nächsten Jahren erwartet. einer elektrischen Kälteerzeugung erhebliche (Abb. B 4.131). Dieses System muss komplett
Vorteile (Abb. B 4.128). zweiachsig der Sonne nachgeführt werden.
Strom aus Abwärme / Solarstrom • Alternativ kann zur Realisierung großer Leis-
Eine weitere Möglichkeit zur dezentralen Kraft- Sonstige Technologien zur Stromerzeugung tungen ein zentraler Empfänger (Receiver)
Wärme-Kopplung bietet der Stirlingmotor, der Zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen für installiert werden, auf den zahlreiche Helio-
ein Wärmepotenzial in Strom umwandeln kann. die Stromerzeugung gibt es neben der Photo- staten konzentrisch fokussiert sind. Durch die
Da die Wärmebereitstellung extern erfolgen voltaik und der dezentralen Kraft-Wärme-Kopp- bis zu 1000-fache Konzentration entstehen
kann, ist die Kombination mit unterschiedlichen lung zahlreiche weitere Technologien. Ein Temperaturen bis weit über 1000 °C.
Wärmeerzeugern möglich. Für eine regenera- direkter Zusammenhang mit der Gebäudepla- • Eine einfachere Bauform ist der Parabolrin-
tive Kraft-Wärme-Kopplung bieten sich Biomas- nung oder gar eine architektonische Integration nenkollektor. Er kann durch eine etwa 100-
sesysteme an, deren Abwärme durch die Kopp- ist bei diesen Systemen meist nicht gegeben. fache Konzentration des Sonnenlichts Tem-
lung mit einem Stirlingmotor zusätzlich energe- Dennoch bieten die Technologien interessante peraturen bis ca. 400 °C erzielen (Abb. B
tisch nutzbar wird (Abb. B 4.127). Alternativ Aspekte für die künftige Entwicklung. 4.132), was für den Betrieb von Dampfkraft-
kann auch die Solarstrahlung als Antriebswär- werken zur Erzeugung von solarem Strom
me eingesetzt werden. Da sinnvolle Wirkungs- Solarthermische Stromerzeugung ausreicht. Dieses System wird bereits seit
grade ein hohes Temperaturniveau erfordern Neben der photovoltaischen Stromerzeugung über 20 Jahren in der kommerziellen Strom-
(> 600 °C), sind allerdings nur konzentrierende ist es möglich, über eine thermische Nutzung erzeugung eingesetzt.
thermische Systeme an Standorten mit hoher der Solarstrahlung elektrische Energie zu er-
Solarstrahlung verwendbar. zeugen. Um sinnvolle Wirkungsgrade zu errei- Die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Konzepte
chen, sind sehr hohe Temperaturen erforder- muss individuell ermittelt werden und hängt
Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung lich. Bislang wurden vor allem konzentrierende entscheidend vom Standort ab. Das Potenzial
Wird die Kraft-Wärme-Kopplung durch eine Solarsysteme und das Aufwindkraftwerk tech- für die weltweite Stromerzeugung ist enorm
Maschine ergänzt, die aus Abwärme Kälte er- nisch realisiert. und der relativ geringe Materialaufwand führt
zeugen kann, so spricht man von einer Kraft- An Standorten mit sehr hoher Direktstrahlung im Verhältnis zur Energieleistung zu besonders
Wärme-Kälte-Kopplung. Hier werden in der Re- erreichen konzentrierende Solarkollektoren guten Kennwerten.
gel Sorptionskältemaschinen wie bei der sola- über Linsen oder Spiegel sehr hohe Betriebs-
ren Kühlung verwendet (siehe S. 130). Durch temperaturen. Insgesamt haben sich drei Kon- Aufwindkraftwerk
die Ergänzung des Systems mit einem Wärme- zepte zur Konzentrierung der Solarstrahlung Ein Aufwindkraftwerk wurde bereits 1989 erst-
abnehmer außerhalb der Heizperiode ist eine bewährt (Abb. B 4.129): mals im Süden Spaniens als Forschungsprojekt

B 4.131 B 4.132 B 4.133

144
Technik

Kondensator supraleitende Schwungrad Akkumulator Pump- Druckluft- Wasserstoff-


(Supercaps) Spulen (SMES) (status quo) (Batterie) speicher speicher speicher
Leistungszahl [s] ≤1 1 – 20 10 – 30 > 1000 ≥ 1000 ≥ 1000 ≥ 1000
Energiedichte [kWs / kg] 5 – 20 <5 15 – 200 100 – 800 – – –
mechanische Speicherdichte [kWh / m3] – – – – 0,22 1,59 1,82
chemische Speicherdichte [kWh / m3] – – – – 0,00 0,00 69,72
Gesamtspeicherdichte [kWh / m3] – – – – 0,22 1,59 71,54
Leistung [kW] ≤ 10 ≤ 7000 ≤ 15 000 ≤ 500 ca. 500 000 ca. 500 000 ≤ 10
Lebensdauer [Zyklenzahl] > 1 000 000 ca. 1 000 000 ca. 1 000 000 ≤ 1000 k. A. k. A. k. A.
Effizienz [%] > 95 ca. 90 85 – 90 70 – 85 ca. 81 ca. 72 27
Stand-by-Verluste [%] 0,1 – 0,2 / h Kühlleistung 3 – 20 / h < 0,01 / h < 0,01 / h < 0,01 / h k. A.
B 4.134
realisiert und soll in naher Zukunft auch kom- erforderlich. Es ist nicht das Ziel, Gebäude stellen. Die Brennstoffzelle macht die gespei-
merziell zur Stromerzeugung eingesetzt wer- künftig vermehrt autark zu betreiben, sondern cherte elektrische Energie wieder nutzbar.
den (siehe Grundlagen, S. 49, Abb. B 1.35). vielmehr den Netzverbund auszubauen, was Wasserstoff erfordert jedoch aufgrund seiner
Das Konzept nutzt den Effekt des thermischen eine erhöhte Flexibilität bei der Stromerzeu- chemischen und physikalischen Eigenschaften
Auftriebs für den Antrieb einer Strom erzeu- gung und eine bessere Versorgungssicher- (hochexplosiv in Verbindung mit Luft) einen
genden Turbine (Abb. B 4.130). Um ausrei- heit ermöglicht. Dennoch kann es in bestimm- sorgfältigen Umgang bei der Speicherung.
chende Strömungskräfte zu erhalten, ist ein ten Fällen sinnvoll sein, Strom über einen Die Herausforderung besteht daher darin,
abgestimmtes System an Erwärmungsfläche längeren Zeitraum zu speichern – vor allem künftig insbesondere geeignete Lagerungs-
(Glasdach) und Kaminabzug (Röhrenturm) dann, wenn durch den Ausbau erneuerbarer möglichkeiten von Wasserstoff sowie die
nötig. Energie zur Stromerzeugung die zeiltlich vari- Umsetzung eines ineinandergreifenden
able Leistungsbereitstellung eine Pufferung Gesamtkonzepts (Wasserstoffkreislauf) zu
Windenergie erfordert. In Gebieten ohne Stromnetz ist eine entwickeln.
Die enorme Entwicklung bei der Windenergie- Speicherung für eine dauerhafte Stromver-
nutzung zur Stromerzeugung hat inzwischen sorgung unumgänglich, besonders bei der Schwungradspeicher
sehr ausgereifte Technologien in nahezu allen Stromerzeugung aus Solarstrahlung oder Eine weitere Möglichkeit der Stromspeicherung
Leistungsklassen hervorgebracht. Insbesonde- Windenergie. ist die Umwandlung in kinetische Energie. Hier
re bei hohen Gebäuden und an Standorten mit Zur Stromspeicherung gibt es mehrere Mög- bieten vor allem so genannte Schwungradspei-
guten Windverhältnissen kann eine Stromer- lichkeiten (Abb. B 4.134). In Kondensatoren cher eine interessante Option. Mit der elektri-
zeugung durch Windgeneratoren über Gebäu- kann Strom mit sehr hoher Effizienz direkt ge- schen Energie wird eine magnetisch gelagerte
de oder Infrastruktureinrichtungen eine interes- speichert werden. Die erzielbare Speicherdich- Schwungmasse in Rotation versetzt. Durch
sante Option sein. Realisiert wurde bislang ein te ist bei diesem System allerdings gering. eine extrem hohe Umdrehungszahl (> 50 000
maßstäblicher Versuchsaufbau eines Entwurfs Kondensatoren werden vor allem in elektro- Umdrehungen pro Minute) und eine nahezu rei-
an der Universität Stuttgart. Dabei hat sich nischen Bauteilen eingesetzt. Alternativ gibt bungsfreie Lagerung kann die kinetische Ener-
gezeigt, dass durch eine optimierte Form des es die Möglichkeit, Strom indirekt über eine gie über längere Zeiträume gespeichert wer-
Gebäudes die Windgeschwindigkeit im Bereich Umwandlung in eine andere Energieform in den. Über einen Dynamo wird durch Abbrem-
der Konverter erheblich verstärkt werden kann. größeren Energiemengen und über längere sen der Schwungmasse die elektrische Energie
Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Be- Zeiträume zu speichern. wieder genutzt.
rücksichtigung möglicher Lärmentwicklung.
Akkumulator Druckluftspeicher
Wasserkraft Bei der auch als »Batterie« bekannten Spei- Alternativ kann Strom über Druckluftspeicher
Die Wasserkraft hat seit Langem eine wichtige cherform wird eine chemische Umwandlung gelagert werden. Dazu wird die elektrische
Bedeutung in der Stromerzeugung. In der Re- zur Speicherung genutzt. Akkumulatoren ha- Energie genutzt, um in einem abgeschlosse-
gel ist die Nutzung an besondere geologische ben die weiteste Verbreitung und werden mit nen Volumen Luft zu komprimieren. Die da-
Randbedingungen gebunden (Laufwasser, zahlreichen Stoffen betrieben. Während in durch entstehende Druckluft kann bei der Ent-
Wasserfall) oder erfordert großmaßstäbliche der Elektroindustrie effiziente Materialien ver- spannung wiederum in Strom umgewandelt
Eingriffe in die Landschaft (Speicherkraftwerke). wendet werden (z. B. Lithium-Ionen-Akku), werden. Dieses Prinzip ist einfach zu realisie-
Im kleinen Leistungsbereich ist an geeigneten sind im Bereich der netzfernen Gebäudever- ren, kostengünstig und wartungsarm. Da die
Standorten jedoch auch eine Verknüpfung von sorgung überwiegend Blei-Gel-Akkumulatoren bei der Kompression erzeugte Wärme in der
Architektur bzw. baulicher Infrastruktur und der verbreitet, die eine hohe Zuverlässigkeit und Regel nicht genutzt werden kann, sind die Wir-
Nutzung von Wasser zur Stromerzeugung Wirtschaftlichkeit bieten. Die geringe Lebens- kungsgrade jedoch recht gering (ca. 50 %).
denkbar. Bislang sind Wasserkraftwerke rein dauer und die Entsorgungsaufwendungen
technische, zweckorientiert geplante Bauwer- sind aus ökologischer Sicht jedoch unbefrie-
Anmerkungen:
ke. Die Verbindung ohnehin erforderlicher bau- digend.
[1] Usemann, Klaus: Entwicklung von Heizung- und
licher Maßnahmen mit der Schaffung zusätzli- Lüftungstechnik zur Wissenschaft. München 1993
cher Nutzungsangebote ermöglicht neue Pers- Wasserstoff [2] Mener, Gerhard: Bemühungen um die Sonnen-
pektiven (Abb. B 4.133). Wasserstoff hat als Energieträger das Poten- energie in Frankreich und Deutschland 1860 – 1924.
zial, eine zentrale Funktion in der Energiespei- München 1997
[3] Zimmermann, Mark: Handbuch der passiven Küh-
Stromspeicher cherung zu übernehmen. Über das Elektrolyse- lung. Stuttgart 2003
In Ländern mit gut ausgebautem Stromnetz ist verfahren lässt sich Wasserstoff aus Wasser [4] BINE Projektinfo 2/2000: Raumluftkonditionierung mit
eine Speicherung der Elektrizität meist nicht durch Verwendung elektrischer Energie her- Erdwärmetauschern

145
Material

B 5.1
Gebaute Welt ist materielle Welt. Sie bindet zu verbauen. Viele namhafte Architekten ha-
einen Großteil erneuerbarer wie nicht erneuer- ben hierzu ihren eigenen Standpunkt entwi-
barer Ressourcen, die der Erde zum Wohl des- ckelt. Alvar Aalto, Carlo Scarpa oder Peter
Menschen entnommen werden. Bei heute üb- Zumthor, um nur einige zu nennen, prägen
lichen Bauweisen geht man davon aus, dass über den Umgang mit Material entscheidend
ein Kubikmeter umbauter Raum im Massivbau ihre Architektur.
etwa 650 kg Material erfordert, ein Leichtbau
immer noch ca. 450 kg. So verwundert es Geschichtliche Entwicklung
nicht, dass das Bauwesen weltweit den höchs- Historische, autochthone Bauweisen jenseits
ten Ressourcenverbrauch aller Sektoren hat repräsentativer und kultureller Baumaßnahmen
(siehe Die Dinge richtig tun – über Effizienz und waren immer auf einen effizienten Umgang mit
Nachhaltigkeit, S. 27). dem knappen Energie- und Ressourcenange-
Die Entscheidung für bestimmte Materialien ist bot angewiesen. Neben dem verantwortungs-
von vielen Gesichtspunkten abhängig (Abb. bewussten Umgang mit dem typischen, örtlich
B 5.5). Zum großen Teil tragen objektiv be- verfügbaren Materialangebot (z. B. Naturstein
schreibbare Aspekte, wie z. B. physikalische oder Holz) war zumeist Knappheit die Voraus-
oder chemische Eigenschaften, Maße oder setzung für den bewussten Umgang mit Ma-
Kosten zur Entscheidungsfindung bei. Die terial.
Wahrnehmung von Material geschieht jedoch Der entscheidende Umbruch ereignete sich
im Wesentlichen individuell und subjektiv. Ma- mit der industriellen Revolution, Energie und
terial interagiert über seine Oberfläche mit dem Rohstoffe schienen nun unbegrenzt verfügbar.
Betrachter und wird jeweils auf ganz eigene Architektur löste sich daraufhin im Sinne von
Weise erfahren und bewertet (Abb. B 5.1). Hier »alles ist machbar« zusehends von natürlichen
steht der Mensch und sein Wohlbefinden im Gegebenheiten und Einflüssen ab. Anderer-
Mittelpunkt der Betrachtung (siehe Grundla- seits brachte der technologische Fortschritt
gen, S. 55). auch Neuerungen, z. B. in der Materialentwick-
Technisch-funktionale Leistungen bestimmen lung oder in der konstruktiven und baupro-
hingegen, ob der Materialeinsatz tatsächlich zessbezogenen Optimierung des Bauens. Die
die gestellten Ansprüche sowie die Forderung volle Leistungsfähigkeit des Materials wurde
nach einer sicheren und dauerhaften Nutzung zunächst bei Ingenieurbauwerken genutzt, wie
erfüllt. Die notwendigen Eigenschaften eines z. B. bei Bahnhöfen und im Brückenbau. Der
Baustoffs ergeben sich etwa aus den Anforde- technisch bis ins Detail optimierte Kristallpalast
rungen an Brand-, Schall- oder Feuchteschutz von Joseph Paxton läutet eine Revolution des
als Teil der Bauphysik, bei tragenden Bauteilen Bauens ein (Abb. B 5.4). Ingenieurtechnische
aus der Statik. Oft kann ein Material allein nicht und materialbezogene Innovation in der Archi-
alle an ein Bauteil gestellten Anforderungen tektur vollzieht sich nun auf breiter Basis, be-
leisten; dann kommen mehrlagige Aufbauten sonders gut sichtbar in den schnell wachsen-
zum Einsatz, deren einzelne Schichten jeweils den Städten Nordamerikas. Hier gewinnt Stahl
besondere Funktionen übernehmen. als Konstruktionswerkstoff eine zentrale Be-
Im Laufe der Lebensdauer können weitere, bei deutung, der hohe Materialleistungen mit
der Planung noch nicht absehbare Anforde- schnellen Bauzeiten vereint.
rungen hinzukommen. Zunehmend wird aner- Zu Beginn der Moderne ist im Bauwesen zur
kannt, dass Materialentscheidungen gesund- Befriedigung eines erheblichen Neubaube-
heitliche Rahmenbedingungen für die Nutzer darfs, aber auch durch das Streben nach
B 5.1 Experimental House, Muuratsalo (FIN) 1954, definieren, erhebliche Auswirkungen auf den Transparenz, Licht, Luft und Sonne, ein Ent-
Alvar Aalto Energiebedarf und die Umwelt haben sowie wicklungsschub in der Materialforschung zu
B 5.2 Handzeichnung Le Corbusiers zum »Brise-Soleil« eine Nachnutzung behindern oder unterstützen verzeichnen. Sie mündet in Ideen der kon-
B 5.3 Prototyp »Dymaxion-Haus«, 1928, Richard Buck-
minster Fuller
können. Bei vielen Nutzungen geht es darum, struktiven Vorfertigung, wie etwa in Le Corbu-
B 5.4 Glaspalast, London (GB) 1851, Joseph Paxton für den Lebenszyklus eines Gebäudes Varian- siers »System Domino« von 1917. Le Corbu-
B 5.5 Aspekte der Materialwahl ten offenzuhalten und Optionen nicht unnötig sier integriert in den 1930er-Jahren durch

146
Material

B 5.2 B 5.3 B 5.4


seine Beschäftigung mit der traditionellen Dymaxion-Haus (DYnamic-MAXimum-tensION) ungewöhnlicher Materialien im Hochbau unter-
Architektur Nordafrikas auch wieder überliefer- entstehen 1928 (Abb. B 5.3). Er konzentriert stützen: Stahlseil und Kunststoff, wie etwa beim
te Elemente in Konstruktion und Architektur. sich dabei auf Eigenschaften wie industriell Dach des Olympiastadions in München.
Mitdem »Brise-Soleil« als Sonnenschutz- und herstellbar, leicht, kostengünstig, variabel ein- Fritz Haller entwickelt die modulare Bauweise
Tragelement führt er konstruktiv und energe- satzfähig, wiederverwendbar, transportfähig weiter. Er schafft streng rationale Systeme, de-
tisch optimierte Low-Tech-Lösungen ein (Abb. und auch in extremen Klimaverhältnissen nutz- ren vorgefertigte Module auf räumliche, z. B.
B 5.2). bar. Fuller integriert unter dem Begriff »Raum- über die Integration der Leitungsführung, sowie
Stärker aus der sozialen und ökologischen schiff Erde« eine globale Betrachtungsweise technische Forderungen eingehen. Die Kons-
Fragestellung heraus nähert sich etwa Martin des Bauens, aber auch den Gebäudebetrieb truktionen können ebenso leicht verbunden wie
Wagner dem Thema: Das »wachsende Haus« im Sinne eines Service-Dienstleistungskonzepts problemlos getrennt und wiederverwendet wer-
vereint Aspekte wie Selbstversorgung und in seine Überlegungen. den. Die präzise Definition der Anforderungen
Energieeffizienz in einem Bau. Zur passiven Ingenieure wie Pier Luigi Nervi widmen sich und ihre lösungsorientierte Umsetzung schafft
Gebäudebeheizung nutzt er große Glasflächen; dem Konstruktionswerkstoff Beton und seiner eine eigenständige, konstruktive Ästhetik.
die modulare Erweiterbarkeit des Hauses ba- Optimierung; so verringern seine mehrfach Im weiteren Verlauf der Entwicklung treten Um-
siert auf familiärem Wandel. gebogenen Tragschalen den Materialeinsatz weltaspekte in den Vordergrund. Thomas Her-
Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgt in vielen (Abb. B 5.7). Frei Otto und Günter Behnisch zog stellt die »Entwicklung baulicher Systeme
Ländern eine signifikante, technische Weiter- entwickeln die Konstruktionstechniken weiter, mit Einsatz erneuerbarer Energien« und »Pro-
entwicklung, z. B. modulare Stahlbaulösungen. indem sie die funktionalen Anforderungen wie duktentwicklungen« in den Mittelpunkt seiner
Die Leistungsoptimierung steht u. a. bei Jean »Tragen« und »Abdichten« getrennt voneinan- Arbeit. Sein Ziel ist es, Energieeffizienz im
Prouvé oder Richard Buckminster Fuller im Mit- der betrachten. Es entstehen noch leichter wir- Bauen aktiv voranzutreiben und insbesondere
telpunkt ihrer Arbeit. Erste Entwürfe zu Fullers kende Tragsysteme, die den Einsatz bislang für die Gebäudehülle gestaltgebend zu nutzen

Materialverwendung in der Architektur

technisch-funktionale
Wahrnehmung Material im Lebenszyklus
Leistungen

gesundheitliche nutzungsbezogene ökologische ökonomische


visuell
Unbedenklichkeit Anforderungen Anforderungen Anforderungen

taktil Nutzungseignung Herstellungsorientierung Investitionskosten

thermisch Brandschutz Pflegeaufwand Betriebskosten

akustisch Schallschutz Lebenszyklusbezug Lebenszykluskosten

Materialkreislauf-
olfaktorisch Wärmeschutz
gerechtigkeit

Feuchteschutz
B 5.5

147
Material

Wärmeleitfähigkeit ¬ [W/mK]
B 5.6 Wärmeleitfähigkeit verschiedener Baustoffe in 10 Ablagerungsgesteine Erstarrungsgesteine
Bezug zur Rohdichte
Sand, Kies, Ziegel
B 5.7 Palazetto dello Sport, Rom (I) 1958, Pier Luigi
Nervi Eis
B 5.8 »Eden Project«, St. Austell (GB) 2001, Nicholas
Grimshaw & Partners
1
B 5.9 Wohnungserweiterung »Symbiont Friedrich«, lose Füllstoffe, Wasser Fensterglas
Merzig (D) 2004, FloSundK Architektur + Urba- Bimskies, Schlacke
nistik Leichtbeton
B 5.10 Strategien zur Senkung der Wärmeleitfähigkeit
glasfaserverstärkter Kunststoff
und jeweils geeignete Materialien
a Korkdämmplatte faserige Isolierstoffe, mineralisierte Holzwolle, Holzwolle, Wärmedämmziegel
0,1
b Vakuumisolationspaneel (VIP)
c infrarotreflektierendes Polystyrol Kunstharzschaumstoffe, Korkplatten, Polystyrolschaum
d transparente Wärmedämmung (TWD) (Luft)
B 5.11 Wirkung von Dämmstoffen in Abhängigkeit von mikroporöse Kieselsäure
der Schichtdicke
0,01
500 1000 1500 2000 2500 3000
Rohdichte ρ [kg/ m3]
B 5.6
(siehe Solare Architektur, S. 28). Der experimen- rung bei geringerer Umweltwirkung, erzielt
telle Umgang mit Baustoffen schafft die Grund- und die Effizienz des Gebäudes gesteigert
lagen für industrielle Holz- und Holzwerkstoff- werden.
verwendung, Speichermassenkonzepte sowie • Herstellung, Instandhaltung oder Rückbau
viele Low-Tech-Materiallösungen. des Materials binden Energie, die als »graue
Als besonders materialeffiziente Interpretation Energie« bezeichnet und in Form des Primär-
dieser Strömung gilt z. B. das »Eden Project« energieinhalts (PEI) quantifiziert wird. Beson-
– materialsparend konstruierte Leichtbauten, ders die Herstellung hat eine Vielzahl von irre-
deren Hülle aus pneumatisch stabilisierten, versiblen Umweltwirkungen zur Folge. Es ist
mehrlagigen Kunststofffolien besteht. Für die möglich etwa durch rationelle Materialverwen-
dreilagigen Luftkissen werden extrem dünne, dung oder die Bildung von Materialkreisläu-
dennoch langlebige, leichte und transparente fen diese zu reduzieren.
ETFE-Folien eingesetzt. Mehr und mehr ver- • Letztlich können Materialien während der
schwimmen dabei die Grenzen zwischen Tech- Nutzung, besonders durch ihre Pflege, sekun-
nik und Architektur (Abb. B 5.8). däre energetische Prozesse auslösen, die
Des Weiteren entstehen neue Lösungen zur über die gesamte Lebensdauer erhebliche
B 5.7 Vorfertigung von Bauteilen. Insbesondere der energetische, ökologische und wirtschaftliche
Holzbau macht mit Rahmen- und Tafelbauwei- Auswirkungen haben. Sie lassen sich erst
sen einen großen Entwicklungsschub. Über dann analysieren, wenn eine Materialbetrach-
neue, leichte Bautechniken erschließen sich tung nicht, wie bisher üblich, in Bezug auf den
neue Bauplätze wie z. B. bestehende Dachland- Einbauzustand, sondern über den ganzen
schaften (Abb. B 5.9). Lebenszyklus des Gebäudes erfolgt.

Material und Energie In Bezug auf Energie, Umwelt und Nachhaltig-


Bei der Materialwahl überlagern sich energe- keit wird somit eine differenzierte Betrachtung
tische und nachhaltigkeitsbezogene Erwägun- der Wirkungen des Materialeinsatzes notwen-
gen. Eine Betrachtung der energetischen Pro- dig. Die Lebenszyklusbetrachtung analysiert
zesse stellt also keine Reduktion auf ein Teilge- Stoffketten, deckt energetische wie ökologi-
biet dar, sondern ist immer eingebunden in eine sche Effekte von Materialien auf und schafft
Gesamtbetrachtung zum Thema Nachhaltigkeit somit die Voraussetzung für eine verantwor-
(Abb. B 5.5). Über physikalische Prozesse be- tungsvolle Baustoffwahl.
stimmt das Material die energetischen Gebäu-
deleistungen entscheidend mit. Grundsätzlich
B 5.8 sind dabei drei Themen relevant: Wärmefluss

• Baustoffe minimieren den Wärmefluss. So er- Von zentraler Bedeutung für die Reduktion des
möglichen sie eine deutliche Reduktion des Energiebedarfs eines Gebäudes ist der Wärme-
Energieverbrauchs des Gesamtgebäudes, schutz. Je besser der Wärmeschutz, desto ge-
sparen Betriebsenergie und tragen zu erhöh- ringer sind die Energieverluste bei Temperatur-
ter Wirtschaftlichkeit bei. Energieverbrauch differenzen zwischen innen und außen und
geht meist mit ökologischen Folgen einher, desto stärker nähern sich die jeweilige Ober-
z. B. mit dem Ausstoß von CO2, saurem Re- flächen- und Lufttemperatur einander an. Ne-
gen, Überdüngung oder Sommersmog. Re- ben der Reduzierung der Transmissionswär-
duzierter Verbrauch verringert diese Umwelt- meverluste im Winter dient der Wärmeschutz
wirkungen. Weiterhin reguliert das Material durch das Material weiterhin:
den Wärmefluss, überträgt oder speichert
Energie. Es erhält Energie, wo sie gebraucht • als Wärmeschutz im Sommer
wird, oder führt sie bei einem Energieüber- • zum Schutz der Baukonstruktion vor Konden-
schuss ab. Dadurch können ökonomische satfeuchte und Frost
wie ökologische Vorteile, z. B. Geldeinspa- • ggf. auch zum Schallschutz
B 5.9

148
Material

Wärmeleitfähigkeit Transmission sperre (innen) und Dichtungsbahn (außen) ge-


Im Mittelpunkt der energetischen Materialopti- Die Transmission eines Materials ist abhängig gen Feuchtigkeit geschützt sein. Materialien
mierung steht die Wärmeleitfähigkeit λ [W / mK] von seiner Masse und inneren Struktur. Abb. wie Glas oder einige Kunststoffe besitzen eine
(Abb. B 5.6). Sie beschreibt den Wärmefluss, B 5.6 zeigt die Wärmeleitfähigkeit von Materia- amorphe Struktur, die die Wärmeleitung inner-
der als Bewegung von Atomen oder als Welle lien in Abhängigkeit zu ihrer Rohdichte: Je halb des Baustoffs reduziert.
von einem Wärmeüberschuss zu einer Wär- geringer die Dichte eines Baustoffs, desto ge-
mesenke strömt. Wärme bewegt sich mittels ringer ist auch die Wärmeleitfähigkeit. Dies Konvektion
Transmission, Strahlung und Konvektion (Abb. ergibt sich aus dem erhöhten volumenbezoge- Unabhängig von der Dämmfähigkeit ist das
B 5.11). Bei der Transmission stoßen die Atome nen Luftanteil im Material. Als Dämmstoffe wer- Gasgemisch Luft bei Konvektionsprozessen
sich gegenseitig an und geben so ihre Energie den daher leichte Materialien mit hohem Poren- Energieträger. Die Wärmedämmleistung einer
weiter. Über Strahlungsprozesse emittieren sie anteil wie etwa Kork benutzt (Abb. B 5.10 a). Luftschicht ist nicht linear, sondern erreicht ihr
Energie, die ohne Trägermaterial vom nächsten Luft ist einer der besten bekannten Wärme- Maximum bei etwa 60 mm (Abb. B 5.11).
Atom aufgenommen werden kann. Bei der Kon- dämmstoffe mit einer Wärmeleitfähigkeit von Sowohl dickere als auch dünnere Luftschichten
vektion werden die inneren Temperatur- und 0,024 W / mK. Allerdings wirkt Luft nur dann haben eine geringere Dämmwirkung. Um die
Dichteunterschiede in Bewegung umgesetzt. als Dämmung, wenn die Konvektion gering Konvektion zu reduzieren, können dämmende
Der nur in flüssigen oder gasförmigen Träger- bleibt. Dies wird durch die Bildung kleiner Volumina mit Edelgasen gefüllt werden. Diese
medien mögliche Prozess vollzieht so den Wär- Hohlräume wie z. B. in Schäumen gewährleis- sind schwerer als Luft und gehen daher lang-
metransport. tet. Edelgase besitzen eine noch geringere samer in einen Konvektionsprozess über.
Es sind immer alle drei Prozesse, wenn auch in Wärmeleitfähigkeit als Luft. Argon (0,016 W / mK) Im Vakuum erfolgt keine Konvektion. Vakuum-
unterschiedlichem Umfang, am Wärmetrans- wird beispielsweise standardmäßig im Schei- isolationspaneele (VIP) nutzen diese Eigen-
port beteiligt. Für jeden dieser Prozesse bieten benzwischenraum von Wärmeschutzgläsern schaft durch die gasdichte Verbundfolienum-
sich eigene Möglichkeiten der Optimierung verwendet. hüllung eines druckstabilen Kerns, der aus
(Abb. B 5.10). Allgemein gilt: Je niedriger die Feuchtigkeit im Bauteil erhöht hingegen grund- Fasern, offenporigen Schäumen oder pyroge-
Wärmeleitfähigkeit eines Materials, desto gerin- sätzlich die Transmission, da Wasser über eine ner Kieselsäure besteht (Abb. B 5.10 b). Letzte-
ger ist der durch das Bauteil entstehende Ener- Wärmeleitfähigkeit von 0,6 W / mK verfügt. Es re stellt aufgrund der sehr feinen offenen Hohl-
gieverlust. Die früher übliche Einteilung in Wär- dringt typischerweise in der Luft als Wasser- räume die geringsten Anforderungen an die
meleitgruppen, die auf 0,05 W / mK genau die dampf gebunden in die Dämmung ein und kann Reißfestigkeit und Dichtigkeit der Hülle. Trotz
Wärmeleitfähigkeit beschrieben haben, wurden dort aufgrund des Temperaturunterschieds aus- dieser vorsorglichen Maßnahme erhöht sich
mittlerweile durch den so genannten Bemes- fallen. Daraus resultieren Verluste in der Dämm- der Gasdruck innerhalb des VIP kontinuierlich
sungswert der Wärmeleitfähigkeit abgelöst (z. B. wirkung, in der Folge auch Schimmelpilzbefall, um ca. 2 mbar pro Jahr, womit wieder Konvek-
WLG 040 – λ = 0,04 W / mK). Dieser ermöglicht Korrosion, Dämmstoffzersetzung oder Frost- tionsprozesse zur Wärmeleitung auftreten. Da-
eine genauere Klassifizierung der Dämmstoffe schäden. Dämmstoffe sollten daher grundsätz- durch steigt auch der Wärmedurchgangskoeffi-
auf 0,001 W / mK. lich feuchtigkeitsabweisend oder mittels Dampf- zient allmählich an:
Anteil der Wärmefluss-
prozesse (qualitativ)
Reduktion der Transmission

geringe Wärmeleitfähigkeit
geringe Rohdichte rahlung
amorphe Materialstruktur Wärmest
itung
Wärmele
tion
Konvek
a
Wärmedurchlasswiderstand 1 / ◊LZR[m2K / W]

0,7 4
Reduktion der Wärmeleitung in einer Dämmung

Reduktion der Konvektion


0,6
Verkleinerung des Gasvolumens
Erhöhung der Trägheit des Gasvolumens 0,5 1
Vakuum

0,4

5
b 0,3

Reduktion der Wärmestrahlung 2


0,2
3
Reduzierung der Emissivität
selektiv reflektierende Materialschichten 0,1
(Low-E)
0
20 40 60 80 100 120 140
Luftschichtdicke [mm]
c
1 Luftschicht senkrecht zwischen Metall und
dynamische Dämmung Baustoff
2 Luftschicht senkrecht zwischen Baustoffen
hoher Gesamtenergiedurchlassgrad (Wärmestorm horizontal)
hoher Transmissionsgrad 3 Luftschicht waagerecht zwischen Baustoffen
Konvektionsbegrenzung (Wärmestrom von unten nach oben)
4 Wärmedämmstoff Mineralfaser
(¬ = 0,04 W/mK)
5 Ziegel (¬=0,4 W/mK)
d B 5.10 B 5.11

149
Material

1 1 1 • 0,004 W / mK dampfdicht (< 5 mbar Gas- dass ihre dämmende Wirkung nicht über den
U= + + druck) Materialkennwert λ, sondern über den Wärme-
Rsi sn · λn Rse • 0,01 W / mK mit geringer Druckdifferenz durchgangskoeffizienten bzw. den U-Wert
(< 100 mbar Gasdruck) (U = Unit of Heat Transfer) der gesamten Kons-
U Wärmedurchgangskoeffizient [W / m2K] • 0,025 W / mK ohne Druckdifferenz truktion beschrieben wird (Abb. B 5.12). Sie
Rsi Wärmeübergangswiderstand innen [W / m2K] werden nach ihrem Funktionsprinzip in drei
sn Schichtdicke Material [m] Am Ende des Prozesses bleibt immer noch Kategorien unterteilt:
λn Wärmeleitfähigkeit Material [W / mK] eine geringere Wärmeleitfähigkeit als bei kon-
Rse Wärmeübergangswiderstand außen [W / m2K] ventionellen Dämmstoffen erhalten. Nach heu- • Direktgewinnsysteme:
B 5.12 tigem Standard – bei Verwendung von Alumi- Fenster und in die Fassade integrierte TWD-
nium oder mehrlagigen, metallbedampften Elemente lassen das Tageslicht in den Raum,
Kunststofffolien – nimmt man für VIP eine Dau- verteilen die Energie in die Raumtiefe und
Bauteil max. min. Dämm-
U-Wert schichtdicke 1
erhaftigkeit von 30 bis 50 Jahren an. aktivieren dort vorhandene Speichermassen.
[W / m²K] [mm] • Massivwandsysteme:
Außenwand 0,45 82
Wärmestrahlung Sie kombinieren das Direktgewinnsystem mit
Erneuerung Außenwand 2 0,35 106 Über die Verringerung des Infrarotstrahlungs- einer dahinter liegenden Speichermasse. Die-
Fenster 1,70 20 durchgangs, der so genannten Emissivität, se zur Erhöhung des Wirkungsgrads meist
Steildach 0,30 126 lässt sich der Strahlungsdurchgang beeinflus- dunkel gestaltete Fläche absorbiert die auf-
Flachdach 0,25 152 sen. Dazu werden selektiv reflektierende Schich- treffende Energie und gibt sie phasenver-
Decken und Wände gegen
unbeheizt oder Erdreich 0,40 94 ten auf Materialien aufgebracht – meist aufge- schoben als Wärme an den Raum ab. Je
dampfte, unsichtbar dünne Metallschichten. nach Ausrichtung und System lassen sich so
1
Annahme einer Wärmeleitfähigkeit des Dämmmaterials Die Wirkung bleibt dabei unabhängig vom energetische Gewinne von 50 bis 150 W / m2a
von ¬ = 0,04 W / mK bei alleiniger energetischer Wirk- sichtbaren Strahlungsanteil und eignet sich erreichen. (Abb. B 5.15)
samkeit der Dämmschicht
2
verschiedene Ausnahmen nach EnEV Anhang 3 möglich
besonders für transparente Bauteile. Die Tech- • gekoppelte / schaltbare Systeme:
nik stammt aus der Glasindustrie und hat dort Direkt- und Massivwandsysteme besitzen
B 5.13
zu einer Verbesserung der U-Werte um etwa den Nachteil, dass sie dauerhaft Energie
25 % geführt. Da sie weitgehend unabhängig eindringen lassen – auch dann, wenn das
vom Trägermaterial funktioniert, findet diese Gebäude eigentlich Wärme abführen soll.
Bauteil erforderliche Baustoffklasse nach
DIN 4102 1
Technologie auch Eingang in die Standard- Deshalb werden gerade gekoppelte oder
dämmstoffproduktion, etwa in Form eines mo- schaltbare Dämmungen entwickelt, die den
Gebäudetypus 1 – 2 Ge- mehr als 2 ab 22 m
schosse Geschosse Höhe
difizierten expandierten Polystyrols (EPS), das Wärmestrom zwischen TWD-Element und
bis 22 m Höhe gegenüber normalem EPS mit λ = 0,04 W / mK Speichermasse über Wasser oder Luft als
eine Wärmeleitfähigkeit von 0,032 W / mK auf- Trägermedium sowie ggf. über weitere funk-
Vorhangfassade B2 B1 A
weist (Abb. B 5.10 c). tionale Schichten regulieren sollen. Sie schaf-
Unterkonstruktion B2 B1 B1
Verankerung A A A fen im Dämmzustand einen U-Wert von 0,2
Wärmedämmung B2 B2 B1 Solare Gewinnsysteme bis 0,3 W / m2K, können jedoch im »Abwärme-
Über die drei beschriebenen Reduktionsmög- betrieb«, z. B. zur nächtlichen Gebäudeaus-
1
gemäß Musterbauordnung Deutschland; Abweichungen lichkeiten lässt sich die Wärmeleitfähigkeit auf kühlung, einen U-Wert von bis zu 10 W / m2K
länderspezifischer Regelungen sowie neue Normierun-
gen sind zu beachten; anderweitige Lösungen bedingen
sehr geringe Werte absenken. Berücksichtigt erlangen.
eine Prüfung im Einzelfall man auch die Solarstrahlung, so kann die
Dämmwirkung bei opaken wie bei transparen- Dämmende opake Bauteile
B 5.14
ten Bauteilen bis hin zu temporären Gewinnen Nach DIN 4108 gelten Baustoffe mit einer Wär-
B 5.12 Ermittlung des U- Werts einer Konstruktion nach steigen. Für die Maximierung solarer Gewinne meleitfähigkeit < 0,1 W / mK als Dämmstoffe.
DIN 4108
bedarf es transparenter Materialien mit einem Damit können auch leichte Vollhölzer in die
B 5.13 Anforderungen der EnEV an den U-Wert eines
Bauteils und daraus theoretisch resultierende hohen Gesamtenergiedurchlasskoeffizienten g Gruppe der Dämmstoffe fallen, z. B. Fichten-
Mindestdämmschichtdicken [%], der z. B. bei speziellen Gläsern wie Quarz- holz. Insgesamt steht dem Planer eine Vielzahl
B 5.14 erforderliche Baustoffklassen (Brandschutz) von glas oder transparenter Wärmedämmung (TWD) an Materialien zur Verfügung. Abb. B 5.16 zeigt
Fassadenteilen nach Musterbauordnung gegeben ist. Die g-Werte von Kunststoffen und eine Auswahl mit typischen Kennwerten. Diese
B 5.15 schematischer Wandaufbau einer transparenten
Wärmedämmung als Massivwandsystem
typischem Floatglas entsprechen sich weitge- müssen in der Praxis mit den tatsächlichen Pro-
B 5.16 physikalische Kennwerte ausgewählter Dämm- hend; eine Polycarbonatplatte liegt bei 87 bis duktkennwerten abgeglichen werden.
stoffe 89 %. Transluzente Kunststoffe (z. B. PMMA,
Polycarbonat) sind jedoch mit einer deutlich Produktbezeichnung von Dämmstoffen
0 °C

50 °C

20 °C

geringeren Wärmeleitfähigkeit um 0,18 W / mK Generell bestimmen weniger energetische Ma-


ausgestattet, leichter formbar und meist kos- terialqualitäten, sondern baukonstruktive Rah-
1 tengünstiger. Horizontale Kapillarröhrchen oder menbedingungen die Wahl eines Dämmstoffs.
2 Wabenstrukturen lassen die Solarstrahlung Dabei sind u. a. zu berücksichtigen:
3 nahezu ungehindert durch den Dämmstoff hin-
4 durch. Gleichzeitig verringert die Struktur der • allgemeine Anforderungen: Produktabmes-
Platten bzw. die Form des Querschnitts eine sungen, Produktästhetik
Konvektion (Abb. B 5.10 d). Annähernd gleiche • Festigkeit: Druckspannung bei 10 % Stau-
Leistungen bieten Konstruktionen mit Stegplat- chung, Dauerdruckfestigkeit, Zugfestigkeit,
ten oder Kartonwaben. Auch Trombewände – Scherfestigkeit
massive Speicherwände hinter transparenten • Formbeständigkeit: bei auftretender Feuchte
Flächen – folgen diesem Prinzip. Sie sind kos- und Temperaturwechsel
1 Glasscheibe Wärmestrahlung
2 TWD Solarstrahlung
tengünstig herstellbar, erreichen jedoch gerin- • Feuchteschutz: Wasserdampfdiffusion, Was-
3 Glasscheibe gere Wirkungsgrade. seraufnahme, Hydrophobie
4 Absorber Allen dynamischen Dämmungen ist gemein, • Brandschutz: Baustoffklasse / Brennbarkeits-
B 5.15

150
Material

klasse (Abb. B 5.14) einen Dämmstandard vor, der bei einer Wärme- teverlaufs im Bauteil. Meist führt dies zu einer
• Schallschutz: dynamische Steifigkeit, Strö- leitfähigkeit von 0,04 W / m K des Dämmstoffs innen liegenden Dampfsperre, die auch wäh-
mungswiderstand einer Schichtdicke von 82 mm entsprechen rend der Nutzungsphase nicht in ihrer Funktion
• Gesundheits- und Umweltschutz: Volatile würde. beeinträchtigt werden darf.
Organic Compounds (VOC) und künstliche Bei der Berechnung nach EnEV fließen zusätz- Neue innen liegend anwendbare Dämmstoffe
mineralische Fasern (KMF) (Abb. B 5.83) lich auch die Wärmebrücken – d. h. leitende, aus Kalzium-Silikat können eine Dampfsperre
• Dauerhaftigkeit: Alterungsbeständigkeit, meist konstruktiv bedingte Bauteile – in den vermeiden. Ihr hohes Feuchteabsorptionsver-
UV-Beständigkeit U-Wert mit ein (siehe Gebäudehülle, Abb. mögen lässt eine kurzfristige Speicherung der
• Wirtschaftlichkeit B 3.29). Dabei gilt: Feuchtigkeit im Bauteil zu, allerdings liegen
noch keine dauerhaften Erfahrungen zur Ver-
Die Produktbezeichnungen der Dämmstoffe • bei Verwendung der Regeldetails nach wendung vor.
nach DIN 4108-10 beziehen sich auf die Pro- DIN 4108 Beiblatt 2: +0,05 W / m2K Energetische Probleme entstehen bei inhomo-
dukteigenschaften sowie auf die Anwendungs- • bei nicht dem Stand der Technik entspre- genen Bauteilen wie etwa einer mit Dämmstoff
gebiete (Abb. B 5.20 und 22). chenden Konstruktionen: +0,1 W / m2K ausgefachten Holzwand. Die Wärmeleitfähig-
• bei innen liegender Dämmung: +0,2 W / m2K keit differiert innerhalb des Bauteils, denn die
Anforderungen an dämmende Bauteile konstruktiven Baustoffe erzeugen einen ver-
Die thermischen Mindestanforderungen für Konstruktion des Wärmeschutzes stärkten Energieverlust; zusätzlich kann der
Deutschland sind in der Energieeinsparverord- Um einen Tauwasserausfall innerhalb der Kon- Feuchteverlauf innerhalb des Materials negativ
nung (EnEV) und in DIN 4108 - 9 geregelt (Abb. struktion zu vermeiden, sollte er durch einen beeinflusst werden. Die Berechnung eines zu-
B 5.13). Sie beziehen sich auf komplette Bau- Dampfdiffusionsnachweis geprüft werden und sammengefassten U-Werts einer solchen Kon-
teile und nicht auf einzelne Dämmstoffschich- der Wärmeschutz auf der Kaltseite einer Kon- struktion erfolgt nach DIN EN ISO 6946 (siehe
ten. In Abb. B 5.12 wird der Wärmedurch- struktion angebracht sein. Nicht immer, wie z. B. Gebäudehülle, Abb. B 3.31). Konstruktionen
gangskoeffizient, die abfließende Wärmemen- bei der energetischen Sanierung von Altbau- aus Holzwerkstoffen können, etwa über die Ver-
ge durch ein Bauteil auf einer Fläche von 1 m2 ten, ist konstruktiv eine außen liegende Dämm- wendung eines Å-Profils oder innen gedämm-
bei einem Temperaturunterschied von 1 K in- schicht möglich. Hier kommen innen liegende ten Kastenprofils, den Wärmedurchgang redu-
klusive der Verluste für den Übergang der Ener- Dämmungen zum Einsatz, die allerdings mit zieren. Sie ermöglichen gleichzeitig höhere
gie in die umgebende Luft [W / m2K], definiert. einem deutlichen Raumverlust einhergehen. Spannweiten bei Deckenträgern bzw. einen
Ein geringer Wärmestrom durch das Bauteil Unvermeidlich auftretende Wärmebrücken et- geringeren Materialverbrauch.
drückt sich dabei durch einen niedrigen U-Wert wa bei Decken- und Wandanschlüssen redu- Die Leistungsfähigkeit des Wärmeschutzes
aus. Die vorgegebenen U-Werte lassen sich zieren den erreichbaren U-Wert zusätzlich um bietet Komfort- und Raumgewinn bei geringem
für die Dämmstoffe in entsprechende Mindest- 30 bis 50 % und beeinträchtigen die Behag- Materialeinsatz. Eine verbesserte Wärmeleit-
schichtdicken umrechnen. Standardmäßig lichkeit. Die erhöhte Gefahr des Tauwasseraus- fähigkeit der Dämmung reduziert die notwendi-
schreibt die EnEV für Fassaden in Neubauten falls bedingt eine sorgfältige Analyse des Feuch- ge Schichtdicke und damit auch den Flächen-

Dämmmaterial Rohdichte Bemessungswert Dampfdiffusions- Baustoffklasse / Produktnorm Produktform


der Wärmeleit- widerstandszahl µ Brennbarkeits-
fähigkeit λB klasse1
[kg / m3] [W / mK] [-] [-]
anorganisch
2
Kalziumsilikat 115 – 290 0,045 – 0,070 2 / 20 A1 – A2 / bis A1 Platte
Glaswolle / Steinwolle 12 – 250 0,035 – 0,050 1/2 A1 – B1 / bis A1 DIN EN 13162 Platte, Vlies, Stopfwolle
Schaumglas (CG) 100 – 150 0,040 – 0,060 prakt. dampfdicht A1 / A1 DIN EN 13167 Platte, Schüttung
expandierte Perlite (EPB) 60 – 300 0,050 – 0,065 2/5 A1 – B2 / bis A1 DIN EN 13169 Platte, Schüttung
Blähton 260 – 500 0,100 – 0,160 2 A1 / A1 DIN EN 14063 Schüttung
2
Vermikulite (Blähglimmer) 60 – 180 0,065 – 0,070 2/3 A1 / A1 Schüttung

organisch
2
Polyesterfaser 15 – 45 0,035 – 0,045 1 B1–2 / bis B Vlies
Polystyrol-Hartschaum (EPS) 15 – 30 0,035 – 0,040 20 / 100 B1 / bis B DIN EN 13163 Platte
Polystyrol-Extruderschaum (XPS) 25 – 45 0,030 – 0,040 80 / 250 B1 / bis B DIN EN 13164 Platte
Polyurethan-Hartschaum (PUR) ≥ 30 0,020 – 0,035 30 / 100 B1 – 2 /bis B DIN EN 13165 Platte, Ortschaum
2
Baumwolle 20 – 60 0,040 – 0,045 1/2 B1 / bis B Matte, Filz, Stopfwolle, Einblasware
2
Flachs 25 0,040 – 0,045 1/2 B1 / bis B Platte, Matte, Filz, Stopfwolle
2
Hanffasern 20 – 70 0,040 – 0,045 1/2 B2 / bis D Platte
Holzfaserdämmplatte (WF) 45 – 450 0,040 – 0,070 1/5 B2 / bis D DIN EN 13171 Platte
Holzwollplatte (WW) 360 – 570 0,065 – 0,090 2/5 B1 / bis B DIN EN 13168 Platte
Kokosfaser 50 – 140 0,045 – 0,050 1/2 B1– B2 / bis B DIN 18165-1/-2 Matte, Filz, Stopfwolle
expandierter Kork (ICB) 80 – 500 0,040 – 0,055 5 / 10 B1– B2 / bis B DIN EN 13170 Schüttung, Platte
2
Schafwolle 20 – 80 0,035 – 0,040 1/2 B1– B2 / bis B Matte, Filz, Stopfwolle
2
Zellulosefaser 30 – 100 0,035 – 0,040 1/2 B1– B2 / bis B Einblasware, Platte

»innovative« Dämmstoffe
IR-Absorber-modifiziertes EPS 15 – 30 0,032 20 / 100 B1/ bis B DIN EN 13163 Platte
4
transparente Wärmedämmung (TWD) 0,02 – 0,13 prakt. dampfdicht 4 2
Paneel
Vakuumisolationspaneel (VIP) 150 – 300 0,004 – 0,008 prakt. dampfdicht B2 2 2
Paneel

1
Die angegebenen Brennbarkeitsklassen stellen Richtwerte dar. Sie sind mit den tatsächlichen Produktdaten abzugleichen.
2
bauaufsichtlich zugelassen
3
Das Dämmmaterial nutzt die statische Dämmwirkung sowie solare Gewinne. Die hier dargestellten Werte sind inklusive solaren Gewinnen über eine Heizperiode in Deutschland
gemittelt. Es kann je nach Klima und Ausrichtung der Dämmung zu deutlichen Unterschieden kommen.
4
stark produktabhängig
B 5.16

151
Material

6
Kosten [EUR /m2a]

Energie- und Dämmstoffkosten


5 bezogen auf die Wandfläche
4 B
3
2 A
1
0
100 200 300 400 500 600
1 Massivholz Fichte 80 mm
Energie [kWh /m2a]

100
Heizenergie 2 Holzfaserdämmplatte 22 mm
75 bezogen auf die Wandfläche 3 Vakuumdämmung 40 mm
50 4 Kompriband umlaufend
5 Lattung Schichtholz 40/45 mm
25 6 Holzfaserdämmplatte 22 mm
0 7 Dreischichtplatte 22 mm
100 200 300 400 500 600 U-Wert: 0,14 W / m2K
Dämmstoffdicke [mm] Gesamtdicke Konstruktion: 190 mm
B 5.17 B 5.18 B 5.19
verbrauch. Zum Erreichen des Passivhaus- schicht, zu nicht wärmegedämmten Hohlräu- EnEV geforderte Materialeinsatz für den Neu-
standards sind U-Werte von ≤ 0,15 W / m2K men führen, die daher nachträglich zugäng- bau das Minimum wirtschaftlicher Dämmstär-
erforderlich, die mit Standarddämmstoffen Ge- lich sein sollten. ken dar. Danach ergeben sich in der Regel
samtwandstärken von über 500 mm ergeben. • punktuelle mechanische Befestigung: Die Schichtstärken von Standarddämmstoffen
Demgegenüber erzielen Vakuumisolationspa- vlies- oder plattenartigen Dämmstoffe wer- (Wärmeleitfähigkeit λ = 0,04 W / mK) von 12 bis
neele (VIP) ähnliche Leistungen mit nur 190 mm den genagelt, geschraubt, gedübelt oder 16 cm. Geht man davon aus, dass bei einer
(Abb. B 5.18). Ihre Anwendung hat bei dem in punktuell geklebt. Insbesondere durchdrin- energetischen Sanierung Gerüstbau- und Ar-
Abb. B 5.19 gezeigten Wohnhaus das Rauman- gende Metallteile, z. B. Befestigungen einer beitsaufwendungen den Großteil der entste-
gebot bei gleichbleibendem Bauvolumen um Vorsatzschale, wirken sich hier negativ aus. henden Kosten ausmachen, sollte auch hier
etwa 5 % erhöht. Auch im Altbaubestand kann Anhang D der DIN EN ISO 6946 regelt die eine Lösung mit Neubaustandard in Betracht
der Einsatz von VIP sinnvoll sein, z. B. um bei genaue Berechnung des dadurch entstehen- gezogen werden.
der Dämmung der Bodenplatte eine nutzbare den Wärmeverlusts.
Raumhöhe von Kellerräumen zu erhalten. • flächige mechanische Befestigung: Die vlies- Wärmeschutzgläser
oder plattenartigen Dämmstoffe werden voll- Mit dem Einsatz lichtdurchlässiger Bauteile ver-
Befestigung flächig und kraftschlüssig mit dem Unter- bindet sich der Wunsch nach Tageslichtnut-
Die notwendige Befestigung trägt zur Wärme- grund verbunden, z. B. durch Klebemörtel zung, Energieeintrag in das Gebäude und Au-
leitung bei und stellt somit eine konstruktive oder Bitumen. ßenraumbezug. Daher sind lichtdurchlässige
Wärmebrücke dar. Produktformabhängig las- Bauteile überwiegend transparent und aus Glas
sen sich drei Befestigungsarten unterscheiden Amortisation oder Kunststoff, seltener transluzent.
(Abb. B 5.16): Selbst sehr energieaufwendige Dämmstoffe Die Glasindustrie hat ihre Produkte in den letz-
wie Schaumglas amortisieren sich innerhalb ten Jahrzehnten enorm verbessert. Seit den
• keine mechanische Befestigung: Die losen weniger Jahre, biologische Dämmstoffe wie 1970er-Jahren haben sich die U-Werte verfüg-
Dämmstoffe werden geschüttet, gestopft Stroh oder auch mineralische Faserdämmstoffe barer Isoliergläser von etwa 3,6 W / m2K um den
oder eingeblasen. Sie benötigen eine feste meist nach weniger als zwölf Monaten. Ausge- Faktor zehn verbessert.
Auflage oder ein zu beiden Seiten abge- hend von dieser Amortisationsrechnung wer- Rechnet man die solaren Gewinne von Glasflä-
schlossenes Volumen. Diese Verlegeart ver- den Forderungen von Dämmstärken bis zu chen mit ein, so verfügen Wärmeschutzisolier-
meidet konstruktive Wärmebrücken, kann 500 mm für Deutschland erhoben (Abb. B 5.17). gläser bei energiebewusstem Einsatz über
aber, z. B. durch Stauchung der Dämm- Zur wirtschaftlichen Amortisation stellt der nach gleichwertige oder sogar bessere Dämmqua-

Produkteigenschaft Kurzzeichen Beschreibung Anwendungsbeispiele

Druckbelastbarkeit dk keine Druckbelastbarkeit Hohlraumdämmung, Zwischensparrendämmung


dg geringe Druckbelastbarkeit schwimmender Estrich
dm mittlere Druckbelastbarkeit nicht genutztes Dach mit Abdichtung
dh hohe Druckbelastbarkeit genutzte Dachflächen, Terrassen
ds sehr hohe Druckbelastbarkeit Industrieböden, Parkdeck
dx extrem hohe Druckbelastbarkeit hochbelastete Industrieböden, Parkdeck

Wasseraufnahme wk keine Anforderungen an die Wasseraufnahme Innendämmung im Wohn- und Bürobereich


wf Wasseraufnahme durch flüssiges Wasser Außendämmung von Außenwänden und Dächern
wd Wasseraufnahme durch flüssiges Wasser oder Diffusion Perimeterdämmung, Umkehrdach

Zugfestigkeit zk keine Anforderungen an die Zugfestigkeit Hohlraumdämmung, Zwischensparrendämmung


zg geringe Zugfestigkeit Außendämmung der Wand hinter Bekleidung
zh hohe Zugfestigkeit Außendämmung der Wand unter Putz, Dach mit verklebter Abdichtung

schalltechnische Eigenschaften sk keine Anforderungen an schalltechnische Eigenschaften alle Anwendungen ohne schalltechnische Anforderungen
sg Trittschalldämmung, geringe Zusammendrückbarkeit schwimmender Estrich, Haustrennwände
sm mittlere Zusammendrückbarkeit schwimmender Estrich, Haustrennwände
sh Trittschalldämmung, erhöhte Zusammendrückbarkeit schwimmender Estrich, Haustrennwände

Verformung tk keine Anforderungen an die Verformung Innendämmung


tf Dimensionsstabilität unter Feuchte und Temperatur Außendämmung unter Putz, Dach mit Abdichtung
zl Verformung unter Last und Temperatur Dach mit Abdichtung
B 5.20

152
Material

Optimierung einer Wärmeschutzverglasung

B 5.17 Verhältnis von Dämmstoffdicke zu Kosten und


Energieverbrauch bei einem Wohnhaus Optimierung des
B 5.18 schematischer Fassadenaufbau mit Vakuum- Reduktion der Konvektion Reduktion der Transmission
Strahlungsdurchgangs
isolationspaneelen, Wohnhaus, München (D)
2002, Lichtblau Architekten
B 5.19 Wohnhaus, München (D) 2002, Lichtblau Archi- Edelgasfüllung des Schei-
tekten Verringerung einfallswinkel- Optimierung des Scheiben-
bedingter Strahlungsreflexion abstands benzwischenraums
B 5.20 Produkteigenschaften und Anwendungsbei-
spiele von Wärmedämmmaterialien nach DIN hoher Gesamtenergiedurch- Edelgasfüllung des Scheiben- thermische Trennung des
4108-10 lassgrad zwischenraums Randverbunds (»warm edge«)
B 5.21 Strategien zur Optimierung einer Wärmeschutz- Dämmung des Rahmens
Reduzierung der Emissivität Erhöhung der Anzahl der
verglasung
mit selektiv reflektierenden Mate- Scheibenzwischenräume Verringerung des Rahmen-
B 5.22 Anwendungsgebiete und -beispiele von
rialschichten (Low-E) Vakuum und Randverbundanteils
Wärmedämmmaterialien nach DIN 4108-10
B 5.21
litäten als Standarddämmstoffe (Abb. B 5.29). Ziel der Optimierung (Abb. B 5.21 und 23). • Einfachverglasungen besitzen Ug-Werte von
Dies bewirkt der so genannte Treibhauseffekt: Neben Energieverlusten und -gewinnen durch 3,6 bis 5,2 W / m2K. Sie sind nur für unbeheiz-
Die Strahlung dringt in den Raum ein, trifft auf die Glasfläche ist der Umfang des Tageslicht- te Räume, als Fassadenmaterial oder zur
eine Oberfläche und wird dort in langwelligere eintrags in das Gebäude entscheidend für den Nutzung im Innenraum geeignet.
Wärmestrahlung umgewandelt. Für diese be- Einsatz von Glas. Die Erhöhung des Tages- • Eine Isolierverglasung besteht aus zwei oder
sitzt das Glas eine geringere Durchlässigkeit lichtanteils im Raum führt zu einem geringeren mehr Glasscheiben, die zusammen mit dem
als für Licht. Die in der Summe erhöhte Strah- Energiebedarf für elektrische Beleuchtung und Randverbund eine Gasschicht dicht um-
lungsbilanz führt zu einer Erwärmung. Der Ener- so zu einer signifikanten Energieeinsparung. schließen. Isolierverglasungen verbessern
giegewinn durch diese »Wärmefalle« kann den Nicht immer aber ist ein Energieeintrag über sowohl die Wärme- als auch die Schalldämm-
Transmissionsverlust der Glasfläche bei güns- transparente Bauteile gewünscht. Mit der Ver- eigenschaften.
tiger Ausrichtung sogar übersteigen – sie wird besserung des Wärmeschutzes muss die sola- • Verfügen Isolierverglasungen über mindes-
zu einem passiven Energiegewinnsystem für re Einstrahlung insbesondere bei Gebäuden tens eine Wärmeschutzbeschichtung, be-
das Gebäude. mit hohen internen Lasten wie Büros reduziert zeichnet man sie als Wärmeschutz-Isolier-
Glasproduzenten können eine Vielzahl syste- werden oder es müssen zumindest bessere gläser. Standard für ein Zweischeiben-Wär-
mischer Vorteile innerhalb der Schichtenfolge Regulierungs- und Steuerungsmöglichkeiten meschutz-Isolierglas ist ein Ug-Wert von
für die energetische Effizienz ihrer Produkte gegeben sein. Sonnen- und Blendschutz las- 1,1 W / m2K. Edelgasgefüllte Dreischeiben-
nutzen. Hochwertige Wärmeschutzgläser sen sich materialimmanent oder durch additive Wärmeschutz-Isoliergläser mit zwei Wärme-
verhalten sich entsprechend den Prinzipien Bauteile regeln (siehe Gebäudehülle, S. 102). schutzbeschichtungen erreichen aktuell
dynamischer Dämmung. Wie bei Dämmstoffen Ug- Werte von bis zu 0,4 W / m2K. Die wich-
trägt auch bei den Verglasungen grundsätzlich Verglasungsarten tigsten Kennwerte marktgängiger Verglasun-
die systematische Verringerung von Trans- Die möglichen Einsatzbereiche unterscheiden gen sind in Abb. B 5.30 zusammengestellt.
mission, Konvektion und Wärmestrahlung zur sich nach der Art der Verglasung. Kennwerte • Gläser, deren Ug-Wert 0,8 W / m2K oder we-
energetischen Leistung des Bauteils bei. für Verglasungen werden immer mit Bezug auf niger beträgt, werden nach europäischer
Allerdings birgt die Eigenschaft der Trans- das definierte System oder die Systemteile Normung (DIN EN 10077) auch als »Warm-
parenz beim Strahlungsdurchgang Beson- ausgewiesen. Sie können für das gesamte Bau- fenster« bezeichnet. Mit dem verringerten
derheiten, z. B. Reflexion und Transmission. teil (window, w), den Rahmen (frame, f) sowie Transmissionswärmeverlust stellen sich
Die Lichttransmission in Abhängigkeit von die Verglasungsfläche (glasing, g) angegeben Oberflächentemperaturen ein, die den ge-
Strahlungseintrag und Wärmeverlusten ist werden. wünschten Lufttemperaturen im Innenraum

Anwendungsgebiet Kurzzeichen Anwendungsbeispiele

Decke, Dach DAD Außendämmung von Dach oder Decke, vor Bewitterung geschützt, Dämmung unter Deckungen
DAA Außendämmung von Dach oder Decke, vor Bewitterung geschützt, Dämmung unter Abdichtungen
DUK Außendämmung des Daches, der Bewitterung ausgesetzt (Umkehrdach)
DZ Zwischensparrendämmung, zweischaliges Dach, nicht begehbare aber zugängliche oberste Geschossdecken
DI Innendämmung der Decke (unterseitig) oder des Daches, Dämmung unter Sparren / Tragkonstruktion, abgehängte Decke usw.
DEO Innendämmung der Decke oder Bodenplatte (oberseitig) unter Estrich ohne Schallschutzanforderungen
DES Innendämmung der Decke oder Bodenplatte (oberseitig) unter Estrich mit Schallschutzanforderungen

Wand WAB Außendämmung der Wand hinter Bekleidung


WAA Außendämmung der Wand hinter Abdichtung
WAP Außendämmung der Wand unter Putz
WZ Dämmung von zweischaligen Wänden, Kerndämmung
WH Dämmung von Holzrahmen- und Holztafelbauweise
WI Innendämmung der Wand
WTH Dämmung zwischen Haustrennwänden mit Schallschutzanforderungen
WTR Dämmung von Raumtrennwänden

Perimeter PW außen liegende Wärmedämmung von Wänden gegen Erdreich (außerhalb der Abdichtung)
PB außen liegende Wärmedämmung unter Bodenplatte gegen Erdreich (außerhalb der Abdichtung)

B 5.22

153
Material

Randverbund Rand WBK Ψ U-Wert bzgl.

konvektiver Wärmedurchlass-
koeffizient h [W/m2K]
außen Lichtdurchlässigkeit innen 5 ˙ Minimumpositionen Glasrandlänge
12 3 21 Luft
a b [mm] [W / mK] [W / m2K]
Argon
4 1,0 m 2,0 m
Krypton
Xenon Aluminium frei 0,5 0,115 0,999 0,883
Transmission
Stahl 0,5 0,112 0,991 0,879
3
Edelstahl 0,5 0,105 0,973 0,867
g-Wert Edelstahl 0,2 0,2 0,096 0,950 0,853
Reflexion
2 Kunststoff frei 1,0 0,068 0,877 0,808
Abstrahlung ˙ Aluminium PU10 0,5 0,056 0,846 0,789
+ Konvektion Edelstahl 0,2 PU10 0,2 0,049 0,827 0,778
˙
1 ˙ ˙ Aluminium PU30 0,5 0,035 0,791 0,756
Abstrahlung
+ Konvektion 90 % Edelstahl 0,2 PU30 0,2 0,031 0,781 0,749
Emissivität Kunststoff PU30 1,0 0,024 0,762 0,738
1 Glasscheibe 2a Low-E-Besch. Wärmeschutz 0 5 10 15 20 25 Der Wärmebrückenkoeffizient (WBK) wird auf die Glas-
3 Gaszwischenraum 2b Low-E-Besch. Sonnenschutz Abstand Glasscheiben ds [mm] verbandlänge der Wärmebrücke bezogen.
B 5.23 B 5.24 B 5.25
B 5.23 schematische Darstellung des Strahlungsdurch-
gangs durch eine Verglasung nahekommen. Die im Verhältnis zu anderen gabe Ra nach DIN EN 410 angegeben. Bei der
B 5.24 Wärmedurchlasskoeffizienten verschiedener Verglasungen erhöhte Wärmeabstrahlung der prozentualen Größe bedeuten Werte > 90 %
Füllgase von Scheibenzwischenräumen Oberfläche ergibt so einen höheren Wohn- eine sehr gute, Werte > 80 % eine gute Farb-
B 5.25 verfügbare Randverbundsysteme sowie ihre komfort. wiedergabe. Allerdings kann es auch bei Wer-
Auswirkungen auf den U-Wert einer Verglasung
ten über 90 % aufgrund der erhöhten Lichtbre-
B 5.26 Ug-Wert in Abhängigkeit vom g-Wert einer Ver-
glasung Optimierung des Strahlungsdurchgangs chung an Kanten des Glases zu Farbverfäl-
B 5.27 Verglasung mit pyrogener Kieselsäurefüllung, Transparenz ist, wie auch bei einigen Kunststof- schungen kommen. Bei Sondernutzungen wie
Bürogebäude, München (D) 1994, Herzog + fen, die herausragende Eigenschaft von Glas. etwa tagesbelichteten Museen sollte die Farb-
Partner Wie alle Materialien absorbiert es Strahlung. wiedergabe über 97 % liegen (Abb. B 5.28).
B 5.28 Kennwerte des Lichtdurchlasses verschiedener
Verglasungen
Diese Absorption findet jedoch im für den Men- Der Gesamtenergiedurchlassgrad g bezeich-
B 5.29 Darstellung des dynamischen U-Werts verschie- schen nicht sichtbaren Bereich statt. Die drei net die Summe aus direkter Transmission, so-
dener Verglasungen nach Ausrichtung Koeffizienten Absorption (A), Reflexion (R) und larer Strahlung und Wärmeabgabe ins Innere
B 5.30 Kennwerte ausgewählter transparenter Bauteile Transmission (T) treten in einen materialspe- durch Strahlung und Konvektion. Einfaches
zifischen Zusammenhang und ergeben in der Floatglas verfügt über einen Transmissions-
Summe 100 %. Wichtige Kennwerte sind in die- grad von ca. 90 % und hat einen g-Wert von
U-Wert [ W/m2 K] sem Zusammenhang (Abb. B 5.23): 85 bis 87 % (Abb. B 5.30). Steigt die Anzahl
0 1 2 3 4 5 6
der Scheiben, reduziert sich der g-Wert ent-
1-fach Verglasung
(Floatglas) • Transmissionsgrad τ sprechend. Dreifach-Isoliergläser verfügen so
U-Wert
2-fach Verglasung • Gesamtenergiedurchlassgrad g nur über Energiedurchlassgrade von 40 bis
(Luft)
2-fach Verglasung • Emissivität ε 50 %. Gleichzeitig sinkt jedoch der Ug-Wert
(Luft /IR) Tages- (Abb. B 5.26).
licht-
2-fach Verglasung trans- Bei der Absorption wird die Strahlung in Wärme Neben dem Energieeintrag von außen findet
(Argon / IR) mission
2-fach Verglasung g-Wert umgewandelt und in der Materialstruktur wei- an der Verglasung auch ein Energiefluss in
(Krypton / IR) tergeleitet. Die Materialoberfläche gibt sie dann umgekehrter Richtung statt. Der Teil der phy-
3-fach Verglasung
(Krypton / IR) wieder als langwellige Strahlung ab. Bei der sikalischen Transmission, der sich im Spek-
90 80 70 60 50 40 30
TL bzw. g-Wert[ %]
Reflexion wird die Strahlung an der Oberfläche tralbereich der Infrarotstrahlung (Wärme) be-
zurückgeworfen. Je flacher dabei der Einfalls- wegt, wird in Form der Emissivität ε gemessen.
B 5.26
winkel der Strahlung, desto höher ist der reflek- Sie beschreibt das Verhältnis der den Körper
tierte Anteil – bei Glas meist ab etwa 60 ° signi- durchdringenden thermischen Strahlung zur
fikant. auftreffenden Wärmestrahlung. Bei einfachen
Ein Großteil der Strahlung durchquert das Mate- Floatglasscheiben liegt die Emissivität bei 89 %.
rial ohne physikalische Veränderung. Dieser Metallische Glasbeschichtungen aus Silber oder
Prozess entspricht der Transmission (T), die mit Titan reduzieren die Emissivität einer Vergla-
dem Transmissionsgrad τ angegeben wird; sie sung. Als Bedampfungen hauchdünn aufge-
lässt das Glas besonders transparent wirken. bracht, werfen sie einen Großteil der aus dem
Im Gegensatz zum Verständnis der Wärmelehre Gebäudeinneren abgestrahlten Infrarotstrah-
bezeichnet der Transmissionsgrad hier also die lung wieder ins Innere zurück. Diese selektiven
Strahlungsdurchlässigkeit und nicht den Ener- und gerichteten Schichten haben nur einen
gieübergang mittels Wärmeleitung. geringen Einfluss auf den g-Wert, sie verringern
Bei Sondergläsern (z. B. für Solarmodule) kann jedoch die Emissivität deutlich, je nach Produkt
der Transmissionsgrad bis zu 98 % betragen. bis auf 2 %. Silberbeschichtete Wärmeschutz-
Auch bei Fensterglas wird versucht, Absorption gläser werden daher auch als Low-E-Gläser
und Reflexion gering zu halten und die Trans- (Low-Emissivity = niedrige Emissivität) bezeich-
mission zu erhöhen. Hier spielen jedoch weitere net und stellen den heutigen Stand der Technik
Faktoren wie die Farbwiedergabe eine zusätz- dar. Sie können praktisch farbneutral herge-
liche Rolle. Glas ist nicht in jedem Spektralbe- stellt werden. Eine Low-E-Beschichtung redu-
reich gleich transparent. Natürlicher Lichteinfall ziert den U-Wert einer Zweifachverglasung von
und - farbe bedingen jedoch Raumwirkung und 3,0 auf etwa 1,6 W / m2K. Da die Lage der Be-
Behaglichkeit. Daher wird für Gläser neben der schichtung die Wirkung der Isolierverglasungen
Tageslichttransmission TL auch die Farbwieder- beeinflusst, sollte bei ihrem Einbau auf die Aus-
B 5.27

154
Material

technische Werte verschiedener Wärmeschutzverglasung Sonnenschutzverglasung


Isolierglasscheiben Zweischeiben-Isoliervergl. Dreischeiben-Isoliervergl. Vierscheiben-Isoliervergl. Zweischeibenverglasung
eine Scheibe beschichtet zwei Scheiben beschichtet vierfach beschichtet eine Scheibe beschichtet
Maße (Scheibe / Zwischenraum / Scheibe) [mm] 4 - 15 - 4 4 - 12 - 4 - 12 - 4 6 - 12 - 6 - 12 - 6 - 12 - 6 6 - 16 - 4 6 - 16 - 4 6 - 16 - 4
ε ≤ 0,05 ε ≤ 0,05 ε = 0,02 farbneutral1 blau1 grün1
Art des Glaszwischenraums (Gaskonzentration ≥ 90 %) Luft Argon Krypton Argon Krypton Krypton Argon Argon Argon
Ug-Wert nach EN ISO 10077-1 Ug [W / m2K] 1,5 1,2 1,1 0,8 0,5 0,31 1,1 1,1 1,1
Gesamtenergiedurchlasskoeffizient1 g [%] 64 64 64 52 52 381 37 24 28
Lichtdurchlässigkeit1 TL [%] 81 81 81 72 72 591 67 40 55
Lichtreflexion1 RL [%] 12 12 9 14 14 181 11 / 122 10 / 332 9 / 122
Farbwiedergabe1 Ra [%] 98 98 98 96 96 k. A. 96 / 942 95 / 702 86 / 882
1
exemplarische Herstellerangaben
2
Werte gelten für innen / außen
B 5.28
richtung entsprechend ihrer Kennzeichnung mehrere Schichten kann die Konvektion weiter Baustoffen wie z. B. Beton reduzierte Transmis-
geachtet werden. Es gibt auch Einfachver- vermindern und die Dämmeigenschaften der sion. Dennoch liegt aufgrund der Rohdichte
glasungen mit einer Low-E-Beschichtung, Gläser verbessern. Bei der Dreischeiben-Iso- dieser Wert mit etwa 0,8 W / mK relativ hoch, im
die allein einen U-Wert von ca. 3,6 W / m2K lierverglasung wird das innen liegende Glas Gegensatz zu Beton mit ca. 2,1 W / mK (Abb.
besitzen. gleichzeitig als Träger einer zweiten Wärme- B 5.6).
»Hard-coating«-Beschichtungen zeichnen sich schutzbeschichtung genutzt. Mit Krypton- oder Um die Leitfähigkeit des Aufbaus zu verringern,
durch ihre Unempfindlichkeit aus und lassen Xenon-Füllung des Zwischenraums sind Ug- werden im Glaszwischenraum anstelle getrock-
sich daher auch ungeschützt zum Raum hin Werte von bis zu 0,4 W / m2K möglich. Dabei neter Luft noch geringer leitende Edelgase wie
orientieren, was die energetische Wirksamkeit sinkt jedoch der g-Wert der Scheibe auf etwa Argon, Xenon oder Krypton verwendet (Abb.
erhöht. Dies ist vor allem bei der Sanierung 0,4 ab. Mittlerweile sind Vierscheiben-Isolier- B 5.24). Gegenüber einer Luftfüllung verbes-
interessant. So lassen sich bestehende Fens- verglasungen erhältlich; Dicke und Gewicht sern sie die U-Werte bei Zweischeibenkon-
terflächen mit addierten Elementen oder als der Scheibe steigen jedoch erheblich. struktionen um etwa 0,3 W / m2K. Argon wird
Kastenfenster optimieren und damit alte Bau- Alternativ gibt es Aufbauten, die die innen lie- wegen seiner hohen Verfügbarkeit und somit
teile erhalten. genden Glasscheiben durch Kunststofffolien leichteren Gewinnung am häufigsten verwen-
ersetzen (Abb. B 5.33). Die Dicke eines sol- det. Xenon und Krypton besitzen bessere ther-
Konvektion bei Wärmeschutzgläsern chen Bauteils redutziert sich dann auf bis zu mische Eigenschaften, kommen jedoch nur
Das Maß für den Scheibenzwischenraum (SZR) 23 mm; der g-Wert beträgt 0,43, der U-Wert begrenzt in der Luft vor, was ihren Produktions-
liegt in der Regel zwischen 8 und 20 mm, um 0,45. prozess sehr aufwendig und kostenintensiv
Konvektionsprozesse des Gases zu reduzieren. macht.
Diese sind abhängig vom verwendeten Gas Transmission bei transparenten Bauteilen Durch ein Vakuum im Scheibenzwischenraum
(Abb. B 5.24). Glas besitzt eine amorphe Struktur und da- lässt sich die Wärmeleitung weiter reduzieren.
Eine Aufteilung des Scheibenzwischenraums in durch eine im Verhältnis zu gleich schweren Die Dämmwirkung des Vakuums ist unabhän-
gig vom Abstand der Scheiben, was technisch
Gläser Lichttransmission Süd Ueq Ost / West Ueq Nord Ueq Scheibenabstände von unter 1 mm ermöglicht.
Zweifach-Isolierglas, Ug-Wert = 1,8, g-Wert = 0,70 0,81 0,12 0,540 0,960
Dann herrscht im Glaszwischenraum ein Unter-
druck von etwa 10-3 bar. Da sich die Glasschei-
Zweifach-Isolierglas, Ug-Wert = 1,3, g-Wert = 0,62 0,77 - 0,188 0,184 0,556
ben bei Unterdruck durchbiegen und sich da-
Zweifach-Isolierglas, Ug-Wert = 1,1, g-Wert = 0,58 0,76 - 0,292 0,056 0,404 bei entweder berühren oder zerbrechen wür-
Dreifach-Isolierglas, Ug-Wert = 0,7, g-Wert = 0,40 0,60 - 0,260 - 0,020 - 0,020 den, sind Abstandhalter zwischen den Glas-
Vierfach-Isolierglas, Ug-Wert = 0,3, g-Wert = 0,38 0,59 - 0,612 - 0,384 - 0,156 scheiben notwendig. Sie können punktuell
B 5.29 oder flächig, z. B. aus pyrogener Kieselsäure
oder durch einen Klebstoff, ausgebildet wer-
transparente Bauteile Ug-Wert Tageslicht- g-Wert den. Flächige Abstandhalter erzielen durch
nach trans- nach ihre transluzente Wirkung auch einen spezifi-
DIN EN 673 mission DIN EN 410 schen optischen Effekt (Abb. B 5.27). Eine
Einfachglas Floatglas 5,8 0,90 0,85 Zweischeiben-Isolierverglasung mit Vakuum
Floatglas mit Low-E-Beschichtung 3,8 0,67 0,62 kann Ug-Werte von bis zu 0,5 W / m2K erreichen,
Weißglas 5,8 0,92 0,92
Dreifachverglasungen erzielen sogar Werte von
Verbund-Einfachglas mit einlaminierter Sonnenschutzfolie 5,8 0,75 0,52
0,3 W / m2K. Noch bessere Werte lassen sich
Zweifach-Isolierglas Wärmeschutzglas, luftgefüllt 1,4 0,80 0,63
bisher nicht erreichen, da der dichte, stabilisie-
Wärmeschutzglas, argongefüllt 1,1 0,80 0,63
neutrales Sonnenschutzglas, argongefüllt 1,1 0,70 0,41 rende Randverbund immer eine Wärmebrücke
neutrales Sonnenschutzglas, argongefüllt 1,1 0,62 0,34 darstellt.
neutrales Sonnenschutzglas, argongefüllt 1,1 0,51 0,28 Der am häufigsten verwendete, geklebte metal-
neutrales Sonnenschutzglas, argongefüllt 1,1 0,40 0,24 lische Randverbund besteht aus einer doppel-
neutrales Sonnenschutzglas, argongefüllt 1,1 0,30 0,19
ten Dichtung, einem metallischen Abstandhal-
Dreifach-Isolierglas Wärmeschutzglas mit 2 Beschichtungen, argongefüllt 0,7 0,72 0,50 ter und einem integrierten Feuchtigkeitsabsorp-
Wärmeschutzglas mit 2 Beschichtungen, kryptongefüllt 0,5 0,72 0,50
tionsmittel (Abb. B 5.25). Der lineare Wärme-
Vierfach-Isolierglas Wärmeschutzglas mit 4 Beschichtungen, kryptongefüllt 0,3* 0,59* 0,38*
durchlasskoeffizient Ψ einer solchen Konstruk-
Stegplatte Polycarbonat 1,5* 0,70 0,60* tion liegt zwischen 0,9 und 2,2 W / mK. Deshalb
*Herstellerangabe kann am Scheibenrand Tauwasser ausfallen.
B 5.30

155
Material

B 5.31 Kennwerte klassischer Fensterrahmenmaterialien


B 5.32 thermisch getrennte Fensterprofile aus:
a Holz
b Holz / Kunststoff
c Kunststoff
d Kunststoff / Metall
B 5.33 beispielhafte Isometrie einer Glas-Folien-Kombi-
nation
B 5.34 Ermittlung des Uw-Werts nach CEN / TC89 / W67
B 5.35 Berechnung der Strahlungsbilanz einer Vergla- Material Wärmeleitfähigkeit Uf-Wert [W / m2K] 1 Uw-Wert [W / m2K] 1
sung mit und ohne Berücksichtigung der Ver- [W / mK] typisch möglich typisch möglich
schattung Holz 0,12 1,5 1,3 2 1,1 0,9 2
B 5.36 Auswirkung von Fensterproportionen auf den 2
Aluminium 220 1,5 1,2 1,1 1,0 2
Uw-Wert
B 5.37 Dach mit lichtlenkenden Hologrammen, Univer- Kunststoff 0,16 1,3 1,0 1,0 0,8
sität Bremen (D) 2001, Jan Störmer Architekten 1
ausgehend von einer Dreifach-Isolierverglasung, bezogen auf einen durchschnittlichen Rahmenanteil von 25 %
B 5.38 Sonnenschutz durch Bedruckung, Museum, 2
Geringere Werte lassen sich nur durch zusätzliche Dämmschichten als Verbundfenster ermöglichen. Damit sind für
Stuttgart (D) 2004, Hascher Jehle alle Materialien Uf-Werte bis 1,0 und Uw-Werte bis 0,8 erreichbar. Als Verbundmaterial für Aluminium stehen Holz,
B 5.39 elektrochromes Glas in transparentem und tief- Holzwerkstoffe oder Kunststoff zur Verfügung. Holzrahmen sind als Verbund mit Kunststoff möglich.
blauem Zustand
B 5.31
Je besser die eigentliche Dämmwirkung der PUR-Schaum gedämmte Konstruktionen er-
Verglasung und je kleiner das Scheibenmaß, möglichen so die Verwendung besser tragen-
desto größer sind die negativen Wirkungen des der und aussteifender Rahmenmaterialien aus
Randverbunds. Bei einem 2 ≈ 2 m großen Fens- Stahl oder glasfaserverstärkten Polyolefin-Pro-
ter mit einem U-Wert in der Scheibenmitte von filen (Abb. B 5.32). Die thermische und kons-
0,4 W / m2K verschlechtert sich der Ug-Wert der truktive Bauteiloptimierung kann später das
Konstruktion bei einem Aluminium-Randverbund Recycling einschränken.
auf 0,58 W / m2K, d. h. um 45 %. Ein thermisch Ist der U-Wert des Rahmens schlechter als die
getrennter Randverbund dagegen führt nur zu Verglasung, ermöglicht eine erhöhte Glasein-
einer Verschlechterung des Kennwerts um ca. standtiefe bzw. Glasfalztiefe eine Verbesse-
22 %, was einem Ug-Wert von 0,49 W / m2K ent- rung des Uw- Werts. Eine thermisch getrennte
spricht (Abb. B 5.36). Verklotzung der Scheiben im Rahmen verrin-
Da die Oberflächentemperaturen der Vergla- gert den Uw-Wert eines Fensters weiter. Warm-
sung bei einem solchen Verbund zum Rand fenster, wie sie z. B. in Passivhäusern verwen-
a b und in den Ecken nicht mehr wie sonst üblich det werden, erreichen so Uf-Werte von deutlich
stark abfallen, spricht man hierbei auch von unter 1,0 W / m2K.
einer »warm edge«. Sie verhindert damit einen Durch die Ausbildung größerer Fensterflächen
sonst möglichen Tauwasserausfall am Schei- und verringerter Rahmenanteile ergibt sich ein
benrand. Die hierzu erforderlichen Abstandhal- weiteres energetisches Optimierungspotenzial.
ter bestehen aus UV-resistentem, gasdichten
Kunststoff. Strahlungsbilanz einer Verglasung
Der Rahmen eines Fensters ist ein bedeutender Die Errechnung des Gesamtwärmedurchgangs-
energetischer Verlustfaktor. Er weist typischer- koeffizienten Uw für eine Verglasung erfolgt
weise einen schlechteren U-Wert als die Ver- nach EU-Norm CEN / TC89 / W67 (Abb. B 5.34).
glasung auf und verringert die für den Eintrag Dieser Kennwert berücksichtigt jedoch nur den
solarer Strahlung verfügbare Fläche. Energieverlust durch ein Fenster.
Fensterrahmen bestehen aus Holz, Kunststoff Aus Ug-Wert und g-Wert lässt sich der dyna-
c d oder Metall (Abb. B 5.31). Holz als Grundstoff mische Ueq-Wert errechnen. Dieser von Gerd
B 5.32
besitzt zunächst die besten thermischen Kenn- Hauser und Lothar Rouvel eingeführte Kenn-
werte, die Uf-Werte liegen hier zwischen 1,5 wert versucht überschlägig, das Potenzial des
und 2,1 W / m2K. Die Möglichkeit der einfachen Energieeintrags über die Verglasung im U-Wert
Produktion thermisch optimierter Strangprofile zu berücksichtigen. Er ist somit einstrahlungs-
lässt jedoch in Bezug auf den Energiedurchlass und damit standortspezifisch und bezieht sich
1 2 3 1 Isolationszone
Kunststoffrahmen heutzutage meist besser ab- auf Deutschland. Darüber lässt sich für mittel-
2 Flügelfalz- scheiden. Metallische Fensterrahmen sind ther- europäische Breiten nachweisen, dass eine
dichtung misch ungünstig, können aber durch beson- Dreifachverglasung im Verhältnis zu einer Zwei-
3 Aluminium ders schlanke Profile und damit geringere ther- fachverglasung mit höherem g-Wert auf der
4 4 Trockenmittel
5 mische Verlustflächen ihre Nachteile in gewis- Südseite eines Gebäudes kaum zu einem hö-
5 Folie
6 sem Maße aufwiegen. Sie sind besonders witte- heren Energieeintrag führt. Auf den Ost- und
6 Glas
rungsbeständig und besitzen so eine hohe Dau- Westseiten und insbesondere auf der Nordsei-
erhaftigkeit. te besitzt jedoch die Dreifachverglasung deut-
innen
Mit der Notwendigkeit energetischer Verbesse- liche Vorteile (Abb. B 5.29). Reichert man die
rungen erscheinen mehr und mehr thermisch Gleichung zusätzlich mit den Verschattungs-
optimierte Verbundrahmen aus Holz oder faktoren (F) nach DIN 4108-6 an, so lässt sich
Kunststoff auf dem Markt. Die dämmende auch die Auswirkung der tatsächlichen Ge-
Schicht wird entweder auf der Außenseite des bäudeumgebung in der Betrachtung berück-
Rahmens aufgebracht, wobei das äußere Er- sichtigen (Abb. B 5.35).
außen scheinungsbild durch eine Blende bestimmt
ist, oder die Dämmschicht befindet sich in der Lichtlenkende Gläser
Glasebene zwischen den beiden Halbschalen. Auftretende Blendeffekte werden durch Diffu-
B 5.33

156
Material

Ueq = Ug - (g · S)
Ag · Ug + U · Ψ + Af · Uf
Uw = Ug U-Wert der Verglasung [W / m2K]
bei UScheibenmitte [W / m2K]
Ag + Af g g-Wert der Verglasung [-]
1,3 0,9 0,4
S Strahlungsgewinne in Abhängigkeit von der
Orientierung: Maße Material Uw-Wert inkl.
Uw Gesamtwärmedurchgangskoeffizient der Verglasung Abstandhalter Randverbund
[W / m2K] Süd 2,4 W / m2K
2 Ost / West 1,8 W / m2K 0,6 ≈ 0,6 m Aluminium 1,61 1,27 0,76
Ag Fläche der Verglasung [m ] thermisch getrennt 1,48 1,12 0,58
Nord 1,2 W / m2K
2
Ug U-Wert der Verglasung [W / m K] 1,0 ≈ 1,0 m Aluminium 1,56 1,21 0,70
U Umfang der Glasfläche [m] Ueq = Ug - (g · S · Fh· Fo · Ff) thermisch getrennt 1,45 1,08 0,55
Ψ linearer Wärmedurchlasskoeffizient des Randverbun- 2,0 ≈ 2,0 m Aluminium 1,46 1,09 0,58
des [W / mK] Fh Teilbeschattungsbeiwert Horizontwinkel thermisch getrennt 1,39 1,01 0,49
Af Fläche des Rahmens [m2] Fo Teilbeschattungsbeiwert Überhangwinkel 3,0 ≈ 3,0 m Aluminium 1,41 1,03 0,53
thermisch getrennt 1,36 0,98 0,46
Uf U-Wert des Rahmens [W / m2K] Fs Teilbeschattungsbeiwert Seitenwinkel
B 5.34 B 5.35 B 5.36
soren verhindert. Als einfache Konstruktion er- temen auch Sonnenschutzgläser zur Verfügung etwa 1 mm starken Polymerfolie, die durch An-
höhen mattierte Gläser die diffuse Abstrahlung (siehe Gebäudehülle, S. 98, Abb. B 3.61). legen einer elektrischen Spannung den Ge-
des Lichts im Raum. Kammerstrukturen, wie sie Einfache Konstruktionen nutzen Emaillierung samtenergiedurchlass des Glases reguliert.
bei transparenter Wärmedämmung verwendet oder Bedruckung der Glasflächen zur Verrin- Das Glas wechselt dabei zwischen transparen-
werden, erzeugen einen ähnlichen Effekt. gerung des Energieeintrags. Reflektierende tem und tiefblauem Zustand. Durch die Schicht
Eine gezielte Lichtlenkung kann die Ausleuch- Beschichtungen der äußeren Scheibe können ist eine Reduzierung des Energiedurchlasses
tung des Raums ebensfalls verbessern. Pris- ebenso zum Sonnenschutz eines Gebäudes auf maximal 20 % erzielbar. Elektrochrome Glä-
menplatten aus Acryl innerhalb des Scheiben- beitragen. Damit geht jedoch die transparente ser eignen sich daher als Sonnen- und Blend-
zwischenraums nutzen die materialbedingt hö- Wirkung der Verglasung verloren (Abb. B 5.38). schutz (Abb. B 5.39).
here Winkelselektivität. Die direkte Einstrahlung Selektive Beschichtungen, z. B. nach außen Ähnlich verhalten sich Schichten aus mikrover-
reflektiert in Abhängigkeit vom Einstrahlungs- wirkende Low-E-Beschichtungen, ermöglichen kapselten Flüssigkristallen (Liquid Crystal, LC).
winkel entweder nach außen oder an die Raum- die Eingrenzung des Energieeintrags ohne Ver- Sie variieren die Transmission zwischen 76 %
decke; die diffuse Strahlung kann jedoch unge- lust der Transparenz. Wie aus Abb. B 5.28 her- im transparenten und 48 % im diffus streuen-
hindert passieren. Für eine bessere Sichtbezie- vorgeht, ist jedoch gerade bei der Verwendung den Zustand, in dem sie milchig wirken.
hung nach außen bei gleichzeitig reduziertem von Sonnenschutzbeschichtungen die Farbwie- Gasochrome Verglasungen verfärben sich
Blendschutz sorgt die Verkleinerung der Pris- dergabe der Gläser zu prüfen. durch Einlagerung von katalytisch erzeugtem
men. Sie sind als »Laser Cut Panels« (LCP) auf Wasserstoff blau und entfärben sich, wenn Luft
dem Markt erhältlich und müssen spezifisch für Adaptive Verglasungen zugeführt wird. Die Lichttransmissionswerte dif-
den Einsatzort und den Einstrahlungswinkel Gläser mit veränderbaren Eigenschaften er- ferieren dabei zwischen 15 und 60 %. Für de-
hergestellt werden. schließen neue Anwendungsbereiche. Die ren Steuerung ist pro 10 m2 Fläche ein regulie-
Optische Linsen lenken Licht gezielt in die Tie- wichtigsten Produkte sind: rendes Gasversorgungsgerät notwendig.
fe des Raums. Da solche Bauteile teuer und – Ohne Steuerung kommen photo- und thermo-
soweit beweglich – wartungsanfällig sind, kön- • elektrochrome Gläser trope Gläser aus. Die Veränderung phototroper
nen an ihrer Stelle »holografisch-optische Ele- • Flüssigkristallgläser Gläser basiert auf Metallionen (z. B. Silber-
mente« (HOE) eingesetzt werden, die sich ne- • gasochrome Gläser ionen), die Regulation findet in Abhängigkeit
ben der Lichtlenkung auch für den Einsatz als • photo- oder thermotrope Gläser von der UV-Strahlung statt. Thermotrope Gläser
Sonnenschutz oder oder zur Lichtkonzentration basieren auf einer Zweistoffschicht, die sich
für PV-Module eignen (Abb. B 5.37; siehe auch Selbstständig oder durch Steuerung reagieren ab einer bestimmten Temperatur entmischt.
Gebäudehülle, S. 104). die so beschichteten Verglasungen auf Umwelt- Das Glas streut dann diffus die einfallende
einflüsse und wechseln vom licht- und strah- Lichtstrahlung und erscheint transluzent.
Sonnenschutzgläser lungsdurchlässigen in einen lichtstreuenden,
Um den Energieeintrag über die Glasflächen verdunkelnden oder reflektierenden Zustand. Regulierung des Wärmeflusses
zu reduzieren, stehen neben Sonnenschutzsys- Elektrochrome Schichten bestehen aus einer Überwärmungseffekte entstehen entweder

B 5.37 B 5.38 B 5.39

157
Material

Wärmestrom [W m 2]
Oberfläche Wärmeabsorptionsgrad 12 1 Dämmung
1
[%]
i a
Aluminium, poliert 0,20 10
2
Asphalt 0,93
Blätter, grün 0,71 − 0,79 8 3 2 Putz, Dämmung
Dachpappe, schwarz 0,82 4 Mauerwerk, Putz
Eisen, verzinkt 0,38 i a
Eisen, rau 0,75 6
Gold, poliert 0,29
3 Putz, Mauerwerk
Kupfer, poliert 0,18 4 Dämmung, Luftraum
Kupfer, oxidiert 0,70 i a
Mauerwerk, Putz
Marmor, weiß 0,46
Schiefer 0,88 2
Schnee, sauber 0,20 − 0,35 4 Putz, Hochlochziegel, Putz
Silber, poliert 0,13 0
i a
Ziegel, rot 0,75
Zink, weiß 0,22
-2
4 8 12 16 20 24
Tageszeit [h]
B 5.40 B 5.41
infolge von hohem Energieeintrag durch Trans- Die darüber erzielbare Energieeinsparung kann gang von Baustoffen (fest zu flüssig bzw. flüs-
mission und Lüftung oder durch hohe innere in mitteleuropäischen Breiten bis zu 8 % des sig zu gasförmig) in chemische Energie umge-
Wärmelasten. Grundsätzlich wird der sommer- Heizenergiebedarfs betragen. Ist ein Energie- wandelt. Das Material verändert dabei seine
liche Wärmeschutz durch DIN 4108-2 raumwei- eintrag nicht gewünscht, sind die Oberflächen innere Struktur. Die so erzeugte erhöhte Spei-
se geregelt (siehe Gebäudehülle, S. 95). möglichst hell zu gestalten, wie z. B. im Mittel- cherfähigkeit steht allerdings nur am Phasen-
Materialien bieten über die drei physikalischen meerraum üblich. übergang und damit in einem begrenzten Tem-
Prozesse Absorption, Wärmespeicherfähigkeit peraturspektrum zur Verfügung. Paraffin, ein
und Phasenverschiebung die Möglichkeit, den Wärmespeicherfähigkeit langkettiger Kohlenstoff, ist der Grundstoff für
Wärmefluss zu regulieren. Sie können so zur Je geringer die Speichermasse eines Gebäu- die meisten im Bauwesen verwendeten Latent-
Glättung der Temperaturamplitude beitragen, des ist, desto eher stellt sich ein »Baracken- speichermaterialien (Abb. B 5.42). Er verhin-
was eine erhöhte thermische Behaglichkeit im klima« ein – ein Innenraumklima mit hohen dert insbesondere sommerliche Überhitzung,
Innenraum bedeutet (Abb. B 5.41). Temperatur- und Feuchteschwankungen, das kann aber bei spezifischer Einstellung der Tem-
Je nach Nutzungstypus kann es jedoch auch oft als unbehaglich empfunden wird. Materia- peratur des Phasenübergangs auch das kurz-
sinnvoll sein, Speichermassen zu reduzieren. lien mit hoher Wärmespeicherfähigkeit ermög- zeitige Auskühlen eines Gebäudes vermeiden.
Die entsprechende Leistung ist dann mit tech- lichen, Überwärmungseffekte zeitweise abzu- PCM kann als eigenes Volumen in ein Gebäu-
nischen Systemen bereitzustellen. Diese Strate- puffern. Die Wärmespeicherfähigkeit hängt von de eingebracht werden. Meist wird es jedoch
gie kann etwa bei Versammlungsräumen mit der spezifischen Wärmekapazität und der Roh- mikroverkapselt als Zuschlag anderer Bau-
hohen und schnell auftretenden internen Las- dichte des Bauteils ab. Nach DIN V 4108-6 stoffe verwendet, z. B. von Gips- oder Holz-
ten sinnvoll sein. kann die wirksame Wärmespeicherfähigkeit faserplatten.
berechnet werden (Abb. B 5.46).
Absorption und Reflexion Schwere Materialien wie Naturstein oder Beton Phasenverschiebung
Über Absorption nimmt das Material Wärme- besitzen aufgrund ihrer hohen Rohdichte gute Gespeicherte Wärme wird nach einer gewis-
energie auf; der Rest wird in den Raum reflek- Speichereigenschaften, aber auch Holz bietet sen Zeit vom Material weitgehend in Form von
tiert. Je dunkler die Farbe des Materials, desto sich zur Speicherung von Wärme an. Organi- Strahlungswärme emittiert. Als Bestandteil der
stärker absorbiert und emittiert es Strahlungs- sche Materialien verfügen über eine höhere gefühlten Temperatur ermöglicht dies u. U. eine
wärme. Je nach Farbwahl verändern sich so spezifische Wärmekapazität als massive mine- Senkung der Raumlufttemperatur.
die Geschwindigkeiten der Energieaufnahme ralische Baustoffe, d. h. sie können in der Der Zeitraum zwischen Energieabsorption und
und -abgabe. Auf einen definierten Zeitraum Regel pro Kilogramm Gewicht mehr Wärme- -emission wird als Phasenverschiebung be-
bezogen steigt hierdurch die aufnehmbare energie aufnehmen. (Abb. B 5.49). zeichnet. Insbesondere dort, wo die Energie-
Wärmemenge, die im Baustoff gebunden wer- Weitgehend unabhängig von der Masse kann bilanz vor allem durch äußere Einflüsse (z. B.
den kann. So lassen sich Oberflächen über eine erhöhte Speicherfähigkeit durch Integrati- im Wohnungsbau) bestimmt wird, lässt sich die
ihren Absorptionsgrad und damit auch ihre Far- on von »Phase Change Material« (PCM) erzielt Phasenverschiebung durch das Material gut
bigkeit energetisch optimieren (Abb. B 5.40). werden. In PCM wird Wärme am Phasenüber- nutzen. Bauteile wie massive Wände oder De-
B 5.40 Wärmeabsorptionsgrade verschiedener Ober-
flächen
B 5.41 Wärmestrom durch verschiedene Wandaufbau-
ten
B 5.42 PCM-Fassade, Altenwohnanlage, Domat / Ems
(CH) 2004, Dietrich Schwarz
B 5.43 Lehmspeicherwand, Informationszentrum, Wan-
gelin (D) 2002, Günter zur Nieden
B 5.44 Feuchteabsorption verschiedener Wandbe-
schichtungen bei einem Feuchtesprung von
50 % auf 80 %
B 5.45 Wasserdampfadsorptionspotenzial unterschied-
licher Lehmputze in Abhängigkeit ihrer Schicht-
dicke
B 5.46 Berechnung der wirksamen Wärmespeicherfä-
higkeit nach DIN V 4108-6
B 5.47 »ökologische Rucksäcke« (durch Material
erzeugte Stoffströme) verschiedener Materialien
B 5.48 Berechnung der Temperaturleitzahl
B 5.49 technischer Vergleich speichernder Baustoffe
B 5.42 B 5.43

158
Material

Wasserdampfsorption [g/ m2]

Wasserdampfadsorption [g / m2]
70 60
Lehmputz 25mm Cwirk = Σ (ci · ρi · di · Ai)
60
50 50
Cwirk wirksame Speicherfähigkeit
40
c spez. Wärmespeicherkapazität [J / kgK]
40
30 Lehmputz 15mm
ρ Rohdichte [kg / m3]
20 d Schichtdicke [m]
30
10 A Fläche des Bauteils zum Raum [m2]
0 Lehmputz 5mm
2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 20
i beinhaltet alle Schichten mit der Schichtdicke d bis zu
Zeit [h] 10 cm Gesamtdicke über die Fläche A, die nicht durch
stark sorbierender Lehmputz,
Putz auf Lehmbauplatte (20 mm) 10 eine Dämmschicht (¬ < 0,1 W / mK und R ≥ 0,25 m2K / W)
Mittelwert aus 7 unter- Kalziumsilikat-Platte Lehmputz 2mm vom Raum getrennt sind.
suchten Lehmputzen Kalkputz Von beiden Seiten aktivierte Bauteile werden zur Hälfte
gering sorbierender Maschinengipsputz 0 angerechnet.
Lehmputz (3 mm) gipsgebundener 2 4 6 8 10 12
Kalkzementputz Haftputz Zeit [h]
B 5.44 B 5.45 B 5.46
cken leisten die Aufnahme und zeitversetzte Stunden bis zum Erreichen der Gleichgewichts- 1:0,65
Abgabe solarer Energie an den Raum und er- feuchte, eine Schicht von 15 mm kann hinge-
möglichen das Konzept der Nachtauskühlung gen über 12 Stunden regulierend wirken (Abb. 10Mrd. t
Sand und Kies 1: 1,2 1: 6
(Abb. B 5.43). B 5.45).
1 : 0,1 1: 11
Die Phasenverschiebung ist besonders hoch, Natur- Stein-
Erdöl
steine kohle
wenn ein Material über eine hohe wirksame Gebundene Energie
Speicherfähigkeit bei gleichzeitig geringer Wär- 1000Mio. t 1: 2 Braun-
meleitung verfügt. Eine geringe Temperatur- Um den Gebäudebetrieb vor zu hohem Ener- Zement kohle
1: 14
leitzahl zeigt dabei eine hohe Phasenverschie- gieverbrauch zu schützen oder den Wärme- 1:0,3 Eisen 1: 10
bung des Materials an (Abb. B 5.48). Dämm- fluss zu regulieren, bedarf es Materie. Sie wird, Phosphat Tonsteine,
und Speicherwirkung in einem Material schlie- unter Verwendung von Energie, in einen Bau- 1: 34 Steinsalz
Lehme 100 Mio. t
ßen sich jedoch weitgehend aus. Eine Ausnah- stoff oder ein Bauteil umgewandelt. Die Bau- Gips
Bauxit 1:0,9
me bilden Holzfaserdämmplatten. Diese bieten stoffherstellung und der Bau binden einen er- Schwefel
sich entsprechend für die Dämmung zwischen heblichen Anteil am Gesamtenergiebedarf Manganerz
Kalisalze Kaolin
temperierten und energiegewinnenden Gebäu- eines Gebäudes (siehe Strategien, S. 187, Abb.
10Mio. t 1 : 420 Magnesit
dezonen z. B. Atrien oder Wintergärten an. Des B 6.29). Auch wenn das Bauwesen in der Regel Kupfer
Chromit Talk, Pyrophyllit
Weiteren können sie in Bereichen mit geringen langlebige Produkte erzeugt, bleibt es dennoch Zink
Bentonit Baryt
Produktion [t] im Jahr 1983
vorhandenen Speichermassen eingesetzt wer- der mit Abstand größte Ressourcenverbrau- Asbest Fluorit
Feldspat
Titandioxid
den, wie z. B. in ausgebauten Dachgeschossen. cher. In diesem Zusammenhang drängen sich Blei 1: 19
Fragen nach einer geeigneten Materialwahl 1Mio. t
Sorptionsfähigkeit unter Gesichtspunkten des Energieverbrauchs
Je nach Material wird nicht nur der Wärmestrom und der Umweltwirkungen auf. Damit verbun- Rohstoffe
1 :7500
beeinflusst, sondern auch der Feuchtehaushalt den sein sollte eine deutliche Verringerung der Silber Rucksäcke
Gold
reguliert. Da die Luftfeuchte Auswirkungen auf Materialmengen und damit der Massenströme Platin 1 : 350 000
die gefühlte Raumtemperatur des Menschen für das Bauen. B 5.47
hat – im Behaglichkeitsbereich erhöht sich mit
je 10 % höherer Luftfeuchte die gefühlte Raum- Entropie
temperatur um 0,3 °C –, spielt die Sorption auch Die Entropie stellt die Schnittstelle zwischen
energetisch eine Rolle. Ihr Hauptnutzen liegt Ressourcen- und Energieverbrauch dar. Sie a = λ/ρ⋅c
jedoch in der höheren Behaglichkeit. entsteht, wenn sich Rohstoffkomponenten und
Jeder Baustoff verfügt über eine eigene Gleich- Stoffströme während der Produktionsprozesse a Temperaturleitzahl
gewichtsfeuchte, die in Abhängigkeit von Tem- vermengen und nur mit hohem Energieaufwand λ Wärmeleitfähigkeit [W / mK]
peratur und Luftfeuchte üblicherweise über wieder voneinander getrennt werden können ρ Rohdichte [kg]
Sorptionsisothermen dargestellt wird. Die Sorp- (siehe Grundlagen, S. 43). c spez. Wärmespeicherkapazität [J / kgK]
tion von Wasserdampf aus der Luft ist bei ei- Ziel ist daher, wenige Stoffströme zu generie-
B 5.48
nem Baustoff besonders ausgeprägt, wenn die- ren und sie im Sinne einer geringen Entropie
ser eine große innere Oberfläche, d. h. einen möglichst wenig miteinander zu vermischen.
hohen Anteil von sehr feinen Poren aufweist Zur Herstellung von Aluminium beispielsweise,
(Abb.B 5.44). einer der energiereichsten Baustoffe, ist neben
Der Prozess der Adsorption kann bei Lehm, einem hohen Energie- auch ein hoher Wasser- Werkstoff Roh- Wärme-
Holz oder Gips fließend in Kapillarprozesse verbrauch zur Aufbereitung und Anreicherung dichte ρ kapazität c
3
[kg / m ] [kJ / kgK]
übergehen, die auch tiefere Baustoffschichten des Bauxits notwendig. Das Abwasser enthält
zur Sorption aktivieren (Abb. B 5.44). Die Aus- wiederum stark toxische Schwermetalle. Ande- Naturstein 2700 1,0
rerseits verfügt Aluminium über eine hohe Dau- Beton 2300 1,0
wahl sorptiver Materialien sollte klimatische
Holzbeton 1100 1,2
(z. B. typische Klimaumschwünge) und nut- erhaftigkeit und lässt sich gut recyceln. Konstruktionsholz 500 1,6
zungsbedingte Faktoren (z. B. ein stoßartiger Innerhalb der Produktion gibt es verschiedene PCM – mikroverkapselter Wachs ca. 6001 2,12
Feuchteeintrag durch große Menschenmengen) Möglichkeiten, die Entropie zu verringern: Wasser, flüssig 1000 4,2
berücksichtigen. So benötigt eine Lehmputz- 1
Schüttdichte (Rohdichte ca. 1000 kg / m3)
schicht von 2 mm bei einer Erhöhung der relati- • lokale Gewinnung oder Verarbeitung 2
zzgl. Schmelzenthalpie 110 kJ / kg in einem Temperatur-
ven Luftfeuchte von 50 auf 80 % nur etwa zwei • Wiederverwertung von Altmaterial oder Her- bereich von 3 – 4 °C
B 5.49

159
Material

Werkstoffauswahl
Lebensdauer maximieren
Werkstoffmenge minimieren
Werkstoffe mit günstiger Ökobilanz
homogen, unbehandelt

Stoffflüsse minimieren
Konstruktive Gestaltung
Werkstoffdeklarationen
Differenzierung nach Lebensdauer
B 5.50 Themenfelder der lebenszyklusgerechten Pla- Standardmaße
nung zur Reduktion der grauen Energie Integration von Revisionsmöglichkeiten Weiterverwendbarkeit
B 5.51 Primärenergieinhalt verschiedener Transport- ermöglichen
arten
B 5.52 Primärenergieinhalt von Konstruktionswerk- Ausführung
stoffen in Abhängigkeit von verschiedenen Last- reversible Verbindungen
fällen konstruktive Fugen Rückbaumöglichkeit
B 5.53 energetische Kennwerte typischer im Bauwesen Vorfabrikation maximieren
verwendeter Materialien
B 5.50
stellungsabfällen gieverbrauch über die gesamte Lebensdauer gieinhalt liefert der Produkttransport (Abb.
• klare Trennung von Prozessketten, etwa des Gebäudes steigt jedoch erheblich. Bei B 5.51).
durch Produktion von recycelbaren, sorten- einem Passivhaus bleibt in den Materialien,
reinen Nebenprodukten über 50 Jahre betrachtet, bis zu 50 % des ge- Funktionsäquivalent
• minimierte Verpackung samten Energieverbrauchs gebunden (siehe Hinsichtlich des Primärenergieinhalts muss
• kurze Transportwege Strategien, S. 187, Abb. B 6.29). Der Effizienz- stets beachtet werden, dass Baustoffe unter-
steigerung im Gebäudebetrieb muss daher schiedliche Leistungsfähigkeiten besitzen.
Auch die Art des Materialeinsatzes bzw. der immer eine Effizienzsteigerung im Materialein- Polytetrafluorethylen (PTFE), auch Teflon ge-
Baukonstruktion beeinflusst die Entropie. Bei satz folgen (Abb. B 5.50). nannt, ist einer der energieaufwendigsten
heutigen Wärmedämmverbundsystemen ist Kunststoffe. Er wird wegen seiner Oberflächen-
häufig die dämmende Schicht mit dem Unter- Primärenergieinhalt von Baustoffen beschaffenheit als Dichtstoff und Beschich-
grund verklebt und wird durch eine ebenso Der Primärenergieinhalt (PEI) weist die graue tung, etwa alternativ für eine deutlich energie-
vollflächige, kraftschlüssige Oberflächenbe- Energie eines Baustoffs aus (siehe Grundlagen, ärmere Bitumenbahn, genutzt. Der hohe Ener-
schichtung geschützt. Die sortenreine Tren- S. 50). Diese Kenngröße, die für verschiedene gieeinsatz relativiert sich jedoch aufgrund der
nung der einzelnen Materialschichten ist da- Bezugsgrößen angegeben wird (typischerwei- geringeren Materialstärke, die im Verhältnis zu
durch nicht mehr möglich. se in kg oder m3), unterscheidet zwischen er- anderen Baustoffen erforderlich ist. Das Funk-
neuerbarem und nicht erneuerbarem Energiever- tionsäquivalent erleichtert die Vergleichbarkeit
Graue Energie brauch. Die Einheit ist Megajoule [MJ]; 100 MJ von Baustoffen, da es die Materialschichtdicke
Die innerhalb der Herstellung verwendete und entsprechen einem Heizwert von 2,8 l Öl und bei gleicher Leistungsfähigkeit angibt (siehe
damit im Material gebundene Energie bezeich- 3,6 MJ einer Kilowattstunde. Anhang, S. 262).
net man auch als »graue Energie«. Sie definiert Der für die Herstellung eines Baustoffs notwen- Ein besonders gutes Beispiel für die Betrach-
die Energiemenge, die für Herstellung, Trans- dige Energieverbrauch kann sich, auf das Ge- tung des Funktionsäquivalents bieten die typi-
port, Lagerung sowie Entsorgung eines Pro- wicht eines Materials bezogen, um mehr als schen Konstruktionswerkstoffe Holz, Beton,
dukts benötigt wird. den Faktor 2000 unterscheiden. Energieauf- Stahl und Aluminium. Sie werden dimensioniert
Absolut betrachtet, entspricht die im Gebäu- wendige Materialien sind z. B. Metalle, Glas nach den Kräften im Bauteil; die Aufnahme-
debestand in Deutschland gebundene graue oder Kunststoffe; als energiearm gelten bei- fähigkeit von Druck- oder Zugkräften sowie das
Energie – grob geschätzt – dem 20-fachen spielsweise Lehm oder Gips. E-Modul stellen somit die maßgebliche Dimen-
des für den Gebäudebetrieb notwendigen, Der Architekt kann auf Basis der Informationen sionierungsgrundlage dar (Abb. B 5.52).
jährlichen Energieeinsatzes. Mit fortschreiten- zum Primärenergieinhalt Baustoffalternativen
der energetischer Verbesserung der Gebäu- prüfen und bei gleicher Leistungsfähigkeit be- Environmental Product Declaration (EPD)
dehülle und -technik steigt die Menge der im vorzugt solche mit geringem Anteil an grauer Daten zum Primärenergieinhalt eines Produkts
Material vorhandenen grauen Energie nur ge- Energie einsetzen. Einen variablen und nicht zu werden künftig als Teil der Typ-III-Umweltde-
ring an. Ihr prozentualer Anteil am Gesamtener- unterschätzenden Beitrag zum Primärener- klarationen (Environmental Product Declaration,
Werkstoff PEI PEI / Druck PEI / Zug PEI / E-Modul
[MJ / m3] [J / kNm] [%] [J / kNm] [%] [J / kNm] [%]
Beton
C 35 / 40 Beton 1764 50 83 % 551 100 % 0,05 76 %
Stahlbeton (2 % Stahlanteil) 4098 60 100 % 551 100 % 0,07 100 %
Transportart PEI PEI Ziegel, Werksteine
nicht ern. ern. Kalksandstein 2030 169 280 % – – – –
[MJ / t km] [MJ / t km] Mauerziegel 1663 139 229 % – – – –
LKW, 22 t zul. GGW, Holz
14,5 t Nutzlast, Konstruktionsholz, Kiefer 609 72 118 % 87 16 % 0,06 80 %
85 % Auslastung 1,50 0,00031 Brettschichtholz 3578 358 592 % 421 76 % 0,33 469 %
Binnenschiff, ca. 1250 dwt, Metalle
ohne Strömung 0,47 0,001 Stahl (FE 360 B) 188 400 554 916 % 554 101 % 0,89 1281 %
Güterzug 0,40 0,053 wetterfester Stahl (WT St 27-2) 204 100 454 750 % 498 90 % 0,96 1388 %
Edelstahl (V2A) 411 840 824 1362 % 824 149 % 1,96 2827 %
Containerschiff,
Aluminium (EN AW-7022) 753 380 1838 3038 % 1838 333 % 10,76 15 513 %
ca. 27 500 dwt,
Hochsee 0,17 0,00004 Floatglas 35 000 50 83 % 1167 212 % 0,50 721 %
B 5.51 B 5.52

160
Material

Material Bezugs- Heiz- PEI PEI GWP


wert wert nicht ern. Treibhaus-
ern. effekt
[MJ] [MJ] [MJ] [kg CO2eq]
Naturstein
Granit (große Transportentfernung), poliert, ρ = 2750 kg / m3 1 m3 9837 332 626
Marmor (mittlere Transportentfernung), poliert, ρ = 2700 kg / m3 1 m3 6749 249 422
Schiefer (ortsnah), ρ = 2700 kg / m3 1 m3 4608 165 286
Sandstein (ortsnah), gesägt, ρ = 2500 kg / m3 1 m3 4099 153 253
Lehmbaustoffe
Stampflehm, ρ = 2200 kg / m3 1 m3 158 1 9,7
Lehmsteine (Grünlinge), ρ = 1200 kg / m3 1 m3 1257 4 74,0
Baustoffe mit mineralischen Bindemitteln
Mörtel und Estriche
Anhydritmörtel / -estrich, Druckfestigkeitsklasse 20, 2350 kg / m3 1 m3 655 11,0 43
Magnesiamörtel / -estrich, Druckfestigkeitsklasse 20, 2000 kg / m3 1 m3 2439 9,9 348
Zementmörtel / -estrich, Druckfestigkeitsklasse 20, 2250 kg / m3 1 m3 2161 27,0 389
Gipsmörtel, Putzmörtelklasse P IV a, ρ = 1300 kg / m3 1 m3 1477 9,6 177
Kalk-Zementmörtel, Putzmörtelklasse P II a, ρ = 1500 kg / m3 1 m3 2675 28,0 448
Werksteine
EPD) angegeben. Diese Information bezieht Kalksandstein, ρ = 1800 kg / m3 1 m3 2030 117 247
sich auf ISO 14 025 »Umweltkennzeichnungen Betonstein (Pflaster), ρ = 2500 kg / m3 1 m3 1990 46 310
und -deklarationen« und wird auf Basis von Porenbetonstein, ρ = 400 kg / m3 1 m3 1484 81 186
Herstellerangaben durch unabhängige Dritte Leichtbetonstein, ρ = 600 kg / m3 1 m3 787 35 97
erstellt. Die Norm definiert standardisiert aus- Beton
zuweisende, umweltbezogene Aussagen und Ortbeton (C 25 / 30), ρ = 2340 kg / m3 1 m3 1549 17 251
Ortbeton (C 35 / 45), ρ = 2360 kg / m3 1 m3 1764 23 320
stellt so sicher, dass alle relevanten Umwelt- Betonfertigteil, 2 % Stahl (FE 360 B, C 35 / 45), ρ = 2500 kg / m3 1 m3 4098 86 455
wirkungen eines Baustoffs nachvollziehbar
Platten
dargestellt werden. Um eine Vergleichbarkeit Faserzementplatte, ρ = 1750 kg / m3 1 m3 26839 116 2200
untereinander zu gewährleisten, wurden Pro- Gipsplatte (Typ A), ρ = 850 kg / m3 1 m3 2655 251 150
duktgruppen gebildet. Für Deutschland sind keramische Baustoffe
bisher folgende Gruppen eingerichtet: Hochlochziegel, Außenwand, ρ = 670 kg / m3 1 m3 1485 638 95
Mauerziegel, Innenwand, ρ = 750 kg / m3 1 m3 1663 715 107
• Baumetalle Vollklinker (KMz), ρ = 1600 kg / m3 1 m3 4776 39 301
• Mineralwolle-Dämmstoffe Steinzeug glasiert, ρ = 2000 kg / m3 1 m3 6322 0,060 393
• Holzwerkstoffe Steinzeug unglasiert, ρ = 2000 kg / m3 1 m3 7160 0,070 445
• Kalksandstein bitumenhaltige Baustoffe
• Porenbeton reines Destillationsbitumen (B 100-B 70) 1 kg 45,6 0,010 0,37
polymermodifiziertes Bitumen (PmB 65 A) 1 kg 35,3 0,020 0,50
• Ziegel
• Leichtbeton Holz und Holzwerkstoffe
Schnittholz
• Kalziumsilikat-Dämmstoffe Kiefer, 12 % Holzfeuchte (HF) (ortsnah), Darrdichte 450 kg / m3 1 m3 8775 609 9512 - 7921
• Leichtzuschläge Western Red Cedar, 12 % HF (Nordamerika), Darrdichte 630 kg / m3 1 m3 12285 4485 14359 - 9071
• mineralischer Werkmörtel Teak, 12 % HF (Brasilien), Darrdichte 660 kg / m3 1 m3 12870 3217 13435 - 10131
• Metall-Installationsrohre Holzwerkstoffe
Brettschichtholz (BSH), 12 % HF, Darrdichte 465 kg / m3 1 m3 9300 3578 13870 - 6621
Nachwachsende Rohstoffe Dreischichtplatte, 12 % HF, Darrdichte 430 kg / m3 1 m3 8618 2617 9387 - 6481
Bau-Furniersperrholz (BFU), 5 % HF, Darrdichte 490 kg / m3 1 m3 10175 4729 15041 - 6361
Ein Vergleich der Kennwerte aus Abb. B 5.53 Spanplatte (P 5, V 100), 8,5 % HF, Darrdichte 690 kg / m3 1 m3 13998 5818 12614 - 8211
zeigt deutlich, dass nachwachsende Rohstoffe Oriented Strand Board (OSB), 4 % HF, Darrdichte 620 kg / m3 1 m3 12555 4593 16479 - 8391
wie Holz im Verhältnis zu allen anderen Bau- mitteldichte Faserplatte (MDF), 7,5 % HF, Darrdichte 725 kg / m3 1 m3 15843 9767 12495 - 5151
produkten über einen hohen Heizwert verfü- Metall
gen. Einen Großteil dieser Energie bindet der Eisenmetalle
Baum während seines Wachstums. Zur Bewer- Gusseisen, Guss (GG 20; sekundär), GJL 1 kg 10 0,49 0,97
Baustahl, Warmwalzprofil (FE 360 B) 1 kg 24 0,54 1,70
tung muss daher der Primärenergieinhalt nach
Betonstahlmatten (sekundär) 1 kg 13 0,24 0,83
erneuerbaren und nicht erneuerbaren Energie- wetterfester Stahl, Kaltband (WT St 37-2), 2 mm 1 kg 26 0,56 2,00
quellen und der Heizwert ausgewiesen werden. Edelstahl (V 2 A, X 5 CrNi 18-10), 2 mm 1 kg 54 6,30 4,80
Effizienzsteigerung bedeutet in diesem Fall, Nichteisenmetalle
hohe Anteile des PEI aus erneuerbaren Ener- Aluminiumlegierung (EN AW-7022 [AlZn5Mg3Cu]), Blech, 2 mm 1 kg 271 38 22,0
giequellen zu decken. Diese gebundene Ener- Blei, Blech, 2 mm 1 kg 34 1,9 2,3
gie kann nach der Nutzung des Baustoffs wie- Titanzink (Reinzink Z1, 0,003 % Titan), Blech, 2 mm 1 kg 45 3,8 2,6
Kupfer, Blech, 2 mm 1 kg 37 4,6 2,5
der in Energie umgesetzt werden, indem das
Holz verbrannt wird. Da erst die Verbrennung Glas
Floatglas, ρ = 2500 kg / m3 1 kg 14 0,08 0,88
klimaschädliches CO2, das zuvor im Wachs-
tumsprozess gebunden wurde, wieder freigibt, Kunststoff
Polyethylen (PE-HD), Folie 1 kg 41 75 0,09 1,82
bezeichnet man nachwachsende Rohstoffe
Polyvinylchlorid (PVC-P), Compound für Dachbahn 1 kg 17 61 2,10 2,28
auch als CO2- Speicher. Ihr verstärkter Einsatz Polymethylmethacrylat (PMMA »Plexiglas«), Platte 1 kg 24 87 0,29 3,39
ist unter diesem Gesichtspunkt positiv zu be- Polytetrafluorethylen (PTFE »Teflon«), Beschichtung 1 kg 8,3 295 2,50 16,20
werten. Polyesterharz (UP) 1 kg 32 115 0,45 4,68
Holz oder Holzwerkstoffe durchlaufen heutzu- Epoxidharz (EP) 1 kg ca. 30 137 0,78 6,47
tage jedoch meist nicht mehr einen natürlichen, Chlor-Butadien-Kautschuk (CR »Neopren«), Lager 1 kg ca. 25 96 0,96 3,65
Silikon (SI), Dichtungsmasse 1 kg ca. 25 91 30,0 4,07
sondern einen künstlich durch Beheizung her-
B 5.53

161
Material

Primärenergieinhalt n. ern. [MJ/m2]


Treibhauseffekt – GWP [kg CO2-eq]

Primärenergieinhalt [MJ/m2EBFO ]
120 6000 2000
100
80 5000 10% Haustechnik 1600
60 20% Ausbau
4000
40
1200
20 14% Fassade
3000
0
Rohbau 800
-20
2000
-40 56%
-60 400
1000
-80
-100 0 0

Wand- / Decken-

Beschichtungen
Mosaik- 10-mm- Stab- Mehr- Massiv- Holz-

massive Wände
Haustechnik Außenwände

Abdichtungen
bekleidungen

bekleidungen
Bodenbeläge
parkett Massiv- parkett schicht- holz- pflaster

Putze / WDVS
Dämmungen
transparente
Außenwand-

Dachbeläge
Ausbau Decke
parkett parkett diele
Innenwände Stützen

Bauteile

Estriche
Holzwachstum Renovierung Dächer Untergeschoss
Produktion thermische Verwertung Fenster Aushub
Einbau Bilanzwert Glasfassaden
B 5.54 B 5.55 B 5.56
beigeführten Trocknungsprozess. So werden denbekleidung kann z. B. ohne die Berücksich- • Wand- und Deckenbekleidungen
Lagerzeiten reduziert und mikroökonomisch die tigung ihrer Befestigung und der notwendigen • Putze
Ressourcenproduktivitäten erhöht. Der dadurch Unterkonstruktion nicht entsprechend bewertet • Beschichtungen
erzeugte CO2-Ausstoß kann die positive Wir- werden. Im Gegensatz zur baustoffbezogenen
kung in der Gesamtbilanz aufheben (Abb. Betrachtung lassen sich bei der funktionalen Ohne Einschränkungen des ästhetischen Er-
B 5.54). Der energetische Wert nachwachsen- Betrachtung pro Quadratmeter »nur noch« Dif- scheinungsbildes bestehen Optimierungspo-
der Rohstoffe steigt durch rohstoffnahe Pro- ferenzen bis zu einem Faktor 100 ausmachen. tenziale, sobald der Materialbedarf reduziert
duktformen und wenige technische Bearbei- Grundsätzlich werden funktionale Schichten in wird. Auf den Einbauzustand bezogen, bilden
tungsschritte. zwei Gruppen unterteilt: nicht sichtbare Bautei- hier zumeist funktionale Bestandteile der Schicht
Das Problem der Verfügbarkeit und der Bewer- le, die aufgrund spezifischer Anforderungen in wie z. B. Befestigungsmittel die größten Opti-
tung der Rohstoffgewinnung bleibt jedoch be- das Gebäude eingebracht werden müssen, mierungschancen.
stehen und wird bei Holz, Holzwerkstoffen oder und sichtbare Bauteile, die neben den funktio- Beispielhaft lässt sich dies an Bodenbelägen
Zellulose besonders deutlich. Man geht davon nalen Anforderungen auch die Ästhetik und die veranschaulichen, bei denen der Verzicht auf
aus, dass diese nachwachsenden Rohstoffe wahrgenommene Wertigkeit des Objekts beein- eine Verklebung mit dem Untergrund entschei-
dauerhaft neu generiert werden können. In Be- flussen. Nicht sichtbare funktionale Schichten dende energetische Einsparungen bringt (Abb.
zug auf gemäßigte Klimata wie in Mitteleuropa sind durch eine vergleichende Primärenergie- B 5.60).
ist dieser Schluss richtig, weil humides Klima betrachtung optimierbar. Dazu gehören im
eine hohe Produktivität an Biomasse pro Fläche Bereich des Ausbaus: Bauteilgruppen
ermöglicht. Aber selbst bei nachwachsenden Die verschiedenen Bauteilgruppen eines Ge-
Rohstoffen ergibt sich eine maximale Produk- • Dämmungen bäudes binden unterschiedlich viel Primär-
tionsgeschwindigkeit, die das Marktangebot • massive Wände energie (Abb. B 5.56; siehe auch Anhang,
begrenzt. Sie ist besonders relevant bei gering • Estriche S. 262). Bei nahezu allen Bauten ist der Primär-
vorkommenden oder langsam wachsenden • Dachabdichtungen energieinhalt für die Tragkonstruktion am größ-
Bioressourcen, wie z. B. die stark ausgebeute- • Abdichtungen ten. Als weitere große Bauteilgruppen folgen
ten Vorkommen der Red Cedar in Nordamerika Fassaden und Innenausbau. Diese Aussage
belegen. Aber auch bei sichtbaren Bauteilen wie etwa lässt sich am »Forum Chriesbach« verdeutli-
Fassaden bestehen erschließbare Potenziale. chen (siehe Beispiel 15, S. 240 ff.): Hier bindet
Primärenergieinhalt von Bauteilen Solche Bauteile sind: der Rohbau 56 % der grauen Energie, 14 %
Baustoffe stehen immer in einem funktionalen werden für die Erstellung von Fassaden und
Zusammenhang. Sie werden gefügt und viel- • Außenwandbekleidungen 20 % für den Innenausbau benötigt (Abb.
fach kraftschlüssig verbunden. Dadurch bilden • transparente Bauteile B 5.55).
sich funktionale Schichten, die untereinander • Dachdeckungen Die Konstruktionsoptimierung wirkt sich beson-
eine Vergleichbarkeit ermöglichen. Eine Fassa- • Bodenbeläge ders positiv auf die Reduzierung der grauen

kumulierter kumulierter kumulierter


Aufwand Aufwand Aufwand
Jahre
15
0, 30, Differenz
rt
ulie us 6 ca. 30 %
kum hythm kumuliert im Jahre
im R , 20 Differenz
100 % 100 % Rhyt hmus 60, 40 100 %
ca. 70 %
95 % kumu
90 % 90 % mus 6 liert im Rhyth
85 % 0
mit we , 40, 20 Ja -
75 % 75 % niger B hre
auteile
n
60 %
50 % 50 %
70 %

15 30 45 60 75 90 105 120 Jahre 20 40 60 80 100 120 Jahre 20 40 60 80 100 120 Jahre


a b c B 5.57

162
Material

Energie aus. Langlebige leichte Bauweisen Wert bezieht sich auf optimierte Planungs- und
sind in der Regel massiven vorzuziehen. Jedes Nutzungszusammenhänge.
zusätzliche Kilogramm eingesetzten Baustoffs
erhöht den Ressourcenbedarf, die damit ver- Sägezahnmodell
bundene Umweltbelastung sowie den Energie- Eine Darstellungsform für die Dauerhaftigkeit
verbrauch. von Baustoffen und Bauteilen bietet das so
genannte Sägezahnmodell, das die unter-
Primärenergieinhalt im Lebenszyklus schiedlichen Dauerhaftigkeiten von Bauteilen
Innerhalb des Lebenszyklus verändert sich die abbildet. Das Modell geht davon aus, dass
Gewichtung der Bauteile hinsichtlich des Ener- Bauteile jeweils bis zum Ende ihrer Dauerhaf-
gieaufwands, weil sie unterschiedlich lange im tigkeit verwendet und erst dann ausgetauscht
Gebäude verbleiben, also unterschiedliche werden. Der dazu notwendige Aufwand wird
Lebensdauern besitzen. Die notwendigen Aus- zusätzlich kumuliert (Abb. B 5.57 a). Erreichen
tauschprozesse ziehen während der Nutzungs- die Bauteile in ihrer Nutzung eine höhere Dau-
phase erneut energetische Aufwendungen erhaftigkeit und können so länger im Gebäude
nach sich. verbleiben, reduziert sich der kumulierte Auf-
Abb. B 5.61 zeigt den Primärenergieaufwand wand deutlich (Abb. B 5.57 b). Verwendet man B 5.58

Schadens-
häufigkeit [ n ]
eines exemplarischen Deckenaufbaus. Im Ein- weniger unterschiedliche Baustoffe, zieht dies
bauzustand sind 37 % der grauen Energie in zumeist eine bessere Gesamtbilanz nach sich,
der Konstruktion gebunden, 40 % im Boden- da hier häufiger die materialbedingten Aus-
belag. Betrachtet man das Bauteil jedoch über tauschzyklen übereinstimmen.
einen definierten Zeitraum von 100 Jahren, wie Das Sägezahnmodell legt so das energetische
er als Lebensdauer für ein Gebäude durchaus wie wirtschaftliche Potenzial von Materialopti- 50 %
üblich sein kann, so wird der Bodenbelag im mierungen in Bezug auf die Dauerhaftigkeit 90 %

Bauteilwert [%]
100
Gegensatz zur tragenden Konstruktion über offen. Es gibt drei generelle Aussagen zur Ge-
diesen Zeitraum mehrfach ausgetauscht. Die staltung und Planung: 75
kumulierten Aufwendungen des Bodenbelags
über 100 Jahre machen daher ein Vielfaches • Schichtentrennung nach Dauerhaftigkeit 50
der Aufwendungen des Ersteinbaus aus. Er • Materialsynergie
bindet über den Lebenszyklus etwa 80 % der • Wartungszugriff 25
gesamten aufgewendeten grauen Energie. Je 0
häufiger der Austausch eines Bauteils notwen- Erstens sollten technische, funktionale Bauteile 20 40 60 80
dig wird, desto signifikanter ist sein Beitrag zur oder Ausbauschichten unterschiedlicher Le- Zeit [a ]
grauen Energie des gesamten Gebäudes. bensdauern so gefügt sein, dass ihr Austausch B 5.59
Dies stellt einen Ansatzpunkt für geringere ohne Beeinträchtigung und Beschädigung
Energieaufwendungen im Lebenszyklus dar. benachbarter Bauteile möglich bleibt. Solche 70 GWP 100 (Global Warming Potential) [kg CO2eq]
AP (Acidification Potential) [g SO2eq]
Art und Ablauf des Lebenszyklus nehmen so Konstruktionen verringern in der Regel den Pri- 60
PEI nicht erneuerbar [MJ]
neben den Materialeigenschaften hinsichtlich märenergieinhalt; beispielhaft belegt an einem
50
der Optimierung der Materialwahl eine zentrale Vergleich von Bodenbelägen (Abb. B 5.60 und
Rolle ein. Ziel ist es, die Materialwahl und das 62). Daher sind die besonders dauerhaften 40
konstruktive Gefüge auf die geplante Lebens- Schichten im Inneren der Konstruktion anzu- 30
dauer, die Nutzungsart und die zu erwartenden ordnen. Moderne Fassadenkonstruktionen ver-
Nutzungsprozesse abzustimmen. Energetische deutlichen die Problematik der Schichtentren- 20
Optimierungsprozesse gehen dann meist mit nung. Nicht immer ist es möglich, alle Schich-
10
finanziellen Einsparungen einher. ten nach gestaffelter Dauerhaftigkeit auszufüh-
ren. So können Dämmebenen im Verhältnis zur 0
kleber lösemittel-

Dauerhaftigkeit wasserführenden Schicht eine deutlich kürzere


lösemittelhaltig
Dispersions-
Dispersions-

lösemittelfrei

Theoretisch beschreibt die Dauerhaftigkeit als Dauerhaftigkeit aufweisen. Diese sollten dann
Polyurethan
arm (< 5%)

Stahlnagel
Klebstoff

Potenzial den Zeitraum, in dem ein Baustoff entsprechend leicht zugänglich bleiben. Für
(> 30%)

Kleber
kleber

seine ihm zugeordnete Funktion aufrechterhal- einzelne Schichten wie verklebte Dampf- und 4cm
ten kann. Windsperren sind bisher keine zuverlässigen
Zur Ermittlung der Dauerhaftigkeit wird der Dauerhaftigkeitswerte verfügbar. Hier lassen B 5.60
Zeitraum, den Bauteile in einem definierten lösbare Verbindungen Revision und ggf. Aus-
Nutzungszusammenhang unbeschadet über- tausch der Schichten zu.
stehen, miteinander verglichen. Dieser ist z. B Zweitens können einzelne Bauteile u. U. nicht
von spezifischen Risikopotenzialen oder vom nur die ihnen zugedachte Leistung, sondern B 5.54 CO2-Bilanz verschiedener Holzbeläge über den
Gebäudekontext abhängig. Als Ergebnis ent- auch Teilleistungen anderer Schichten erfüllen; Lebenszyklus
steht eine Gauß’sche Kurve, die bei Wahr- so kann der Primärenergieinhalt weiter gesenkt B 5.55 Primärenergieinhalt des »Forum Chriesbach«
scheinlichkeiten von 50 bis 90 % in Zeitfenster werden (Abb. B 5.57 c). Ein Bitumenheißestrich nach Bauteilgruppen
B 5.56 Primärenergieinhalt verschiedener funktionaler
unterteilt und so die unteren sowie die oberen lässt sich etwa auch als Terrazzoestrich aus-
Schichten
Grenzen eines üblichen Nutzungszeitraums führen und gewährleistet dabei zusätzlich eine B 5.57 Dauerhaftigkeiten verschiedener funktionaler
abbildet (Abb. B 5.59). sehr dauerhafte Nutzoberfläche. Reduziert sich Schichten als Sägezahnmodell
Entsprechend der Nutzungseinflüsse und zu- die Anzahl der notwendigen Schichten, erge- B 5.58 Wohnhaus aus Holz, Bregenzerwald (A) 1999,
geordneten Risikofaktoren wird die Dauerhaf- ben sich meist energetische und wirtschaftliche Dietrich Untertrifaller
B 5.59 Ermittlung von Dauerhaftigkeiten aus der Wahr-
tigkeit deshalb als Zeitspanne angegeben. Der Vorteile. Abb. B 5.66 zeigt das ESO-Hotel in scheinlichkeit eines Materialschadens
niedrigere Wert beschreibt die Dauerhaftigkeit Chile – ein Gebäude, dessen Nutzoberflächen B 5.60 energetische Kennwerte verschiedener Boden-
bei üblicher Planung und Nutzung, der höhere als qualifizierter Rohbau weitgehend aus der belagsbefestigungen

163
Material

100
Treibhauseffekt – GWP [%]

PEI n. ern. [MJ]


2500 100

Austausch [ % ]
Teppich Teppich
90 PVC
Zementestrich Fliesen
80 40% 2000 80
Linoleum
Mineralwolle
70 Naturstein
Beton
60 80 % 1500 60
Gipsputz
50

40 1000 40

30

20 37% 500 20

10 7%

0 0 0
Einbauzustand nach 100 Jahren 20 40 60 80 100 20 40 60 80 100
Zeit [a] Zeit [a]
B 5.61 B 5.62 B 5.63
Tragkonstruktion besteht. dort als grobe Zielrichtungen formuliert und stimmten Zyklen, die einen Zeitgeschmack
Drittens müssen wartungsintensive Bauteile – anschließend konkret in nationales Recht um- ausdrücken: Über die Analyse der Anzahl von
besonders auch Technikelemente – leicht zu- gesetzt. Ein Überblick über aktuelle Tenden- Austauschprozessen eines WCs lässt sich etwa
gänglich sein (Abb. B 5.88). Folgt die Technik zen, insbesondere die technische Ausrüstung nachweisen, dass ein Austausch nach 25 Jah-
als offene Leitungsführung, ist eine optimale und energetische Qualität von Gebäuden be- ren primär aus modischen Gründen und erst
Zugänglichkeit gegeben. Ansonsten ermög- treffend, ist nützlich, um Planungen zukunfts- nach ca. 55 bis 70 Jahren primär aus funktio-
lichen Schächte, eine systematische Trassie- fähig zu machen. nalen Gründen erfolgt (Abb. B 5.63).
rung und raumzonenbezogene Übergaben Die Nutzungsintensität ist planerisch nicht im- Der Austausch vieler Bauteile ergibt sich aus
eine unkomplizierte Montage neuer Technolo- mer vorab definierbar und kann deutlich gerin- der Notwendigkeit einer Modernisierung. Diese
gieträger und bieten die notwendige Flexibilität. ger oder höher sein als vorhergesehen. Gerade wird weniger lebenszyklusbedingt als durch
Häufig wird die Lebensdauer der technischen bei öffentlichen Nutzungen empfiehlt es sich Sanierungs- und Förderprogramme, Nutzer-
Gebäudeausrüstung überschätzt und über- daher, auf robuste Konstruktionen und erhöhte wechsel, Vermarktungsprobleme oder andere
sehen, dass Nachrüstung und technologische Bauteilqualitäten zu achten. Ereignisse hervorgerufen. Dabei werden in der
Runderneuerung innerhalb weniger Jahre er- Marktnachfrage und Trend waren und sind Regel einzelne Maßnahmen an Bauteilen unter-
forderlich werden können. Alte technische Bau- Grundlage der Bautätigkeit. Planer befriedigen schiedlicher Lebensdauder zu größeren Moder-
teile verlieren dann häufig ihren Nutzen, kön- nicht allein die Nachfrage, sondern erzeugen nisierungspaketen zusammengefasst.
nen aber ggf. auch in einem neuen Kontext in über ihre Tätigkeit Bedarf, setzen Trends und
die Gebäudetechnik eingebunden werden, wie bilden Stile aus. Die Bewertung ist dabei stark Das erwähnte Sägezahnmodell veranschaulicht
etwa alte, nicht mehr genutzte Schornsteine in zeitabhängig. Soll die hohe Dauerhaftigkeit von als theoretisches Modell die Austauschprozes-
Altbauten zur Steigleitungsführung neuer Elek- Bauteilen tatsächlich genutzt werden, kann se von Baustoffen und -teilen, liefert aber nur
tro- oder Heiztechnik. eine allzu modische, trendgerechte Gestaltung geringe Aussagen über sinnvolle Vorgehens-
leicht zu einem vorzeitigen Austausch der Bau- weisen zur Instandhaltung und -setzung. Es
»Störfaktoren« des Sägezahnmodells teile schon vor Ablauf ihrer technischen Lebens- sollte hier lösbare Verbindungen und eine kla-
Nicht immer lösen technische oder material- dauer wegen »optischen Verschleißes« führen. re Trennung von Bauteilschichten geben, die
bedingte Mängel Austauschprozesse aus. Oft Andererseits genießt eine klare und qualitätvol- einen möglichst zerstörungsfreien Austausch
sind es auch technische, sicherheitstechnische le, dennoch zeitgebundene architektonische gewährleisten.
und ästhetische Faktoren oder der Funktions- Aussage auf Dauer hohe Wertschätzung. So
wechsel, die einen Austausch notwendig ma- erfreut sich etwa der von 1973 bis 1985 errich- Optimierung der Instandsetzungszyklen
chen. tete Wohnpark Alt-Erlaa in Wien trotz seiner Um die Instandsetzung zu optimieren, lassen
Veränderungen bei Gesetzen und Vorschriften heute vielfach als kritisch bewerteten Entste- sich zwei gegensätzliche Strategien heraus-
sowie technischer Fortschritt lassen sich nur hungszeit bei seinen derzeitigen Bewohnern arbeiten. Die Instandsetzung kann über lange
bedingt vorhersehen. Für Europa ist die EU- großer Beliebtheit (Abb. B 5.64). Auch auf Bau- Zyklen mit möglichst großen einmaligen Maß-
Gesetzgebung richtungsweisend. Sie werden teilebene unterliegt die Lebensdauer oft be- nahmen oder über kurze Zyklen mit vielfältigen

B 5.64 B 5.65 B 5.66

164
Material

B 5.61 Treibhauseffekt eines Deckenaufbaus im Einbau-


zustand und nach 100 Jahren
B 5.62 Primärenergieinhalt verschiedener Bodenbeläge
über eine Dauer von 100 Jahren
B 5.63 kumulierte Austauschwahrscheinlichkeit eines
Sanitärobjekts
B 5.64 Wohnpark Alt-Erlaa, Wien (A) 1985, Harry Glück,
Requat & Reinthaller & Partner, Kurt Hlaweniczka
B 5.65 auf Gebäude- und Materiallebensdauer abge-
stimmte Planung, Info-Box, Berlin (D) 1995,
Schneider + Schumacher
B 5.66 Lebensdauer-Optimierung durch reduzierte Bau-
teilanzahl, Hotel, Cerro Paranal (RCH) 2002,
Auer + Weber
B 5.67 Innenausbau eines Kosmetikgeschäfts, New
York (USA) 2000, Architecture Research Institute
B 5.68 Innenausbau eines Wohnhauses, Vila Nova de
Famalicão (P) 1994, Alvaro Siza Vieira

B 5.67 B 5.68
kleinen Maßnahmen erfolgen. mehrt langanhaltender Raumbedarf, wie meist daraus Wettbewerbsvorteile ab. Ohne neue
Wenige Bauteile zusammenfassende Austausch- bei Wohnbauten, so ist eine hohe Dauerhaftig- brancheninterne Impulse, Neuentwicklungen
zyklen bedeuten zu definierten Zeiten einen keit meist in Verbindung mit kleineren Maß- oder Selbstverpflichtungen wird eine politische
vorausplanbaren hohen Investitions- und Ener- nahmepaketen sinnvoll. Hier hebt der Ausstat- Einforderung ähnlicher Ziele im Bauwesen wohl
giebedarf. Dabei werden innerhalb der Instand- tungsgrad und die kleinteilige Nutzung den nur noch eine Frage der Zeit sein. Um Material
setzung auch Umbaumaßnahmen im Sinne Material- und Energieaufwand zusätzlich an dauerhaft bereitzustellen, sind offene Stoffket-
einer Anpassung an bereits bekannte und ab- (Abb. B 5.68). ten, insbesondere für nicht nachwachsende
sehbare Anforderungen möglich. Bei Gebäuden mit variablerem Bedarf, wach- Rohstoffe, in weitestgehend geschlossene um-
Eine kurzfristig angelegte Strategie der Instand- senden Nutzungsanforderungen und entspre- zuwandeln.
setzung kann ggf. zu einer höheren Wirtschaft- chend hoher technischer Ausstattung werden
lichkeit des Gebäudes über den Lebenszyklus lange Dauerhaftigkeiten nicht ausgenutzt. Hier Lebenszyklusbetrachtung
beitragen. Die Dauerhaftigkeit der verwendeten sollte die Planung Austauschprozesse und ggf. Die Lebenszyklusbetrachtung von Materialien
Materialien wird dann z. B. für den Innenausbau Folgenutzungen für Bauteile und Materialien ist eine neue und teilweise noch nicht umfas-
gering gehalten, um Anpassungen auch markt- berücksichtigen (Abb. B 5.67). send definierte Sichtweise. Sie führt Wissen
gerecht realisieren zu können. aus verschiedenen gesellschaftlichen und wirt-
Nutz- und Marktwert des Gebäudes werden schaftlichen Bereichen zusammen. Der gesam-
durch die Strategie allerdings beeinflusst und Materialien im Lebenszyklus te Lebenszyklus lässt sich jedoch nicht in vol-
verhalten sich zyklisch. Einer Investitionsphase lem Umfang vorhersehen und planen. Oft gilt
folgt eine langsame Abnutzung bzw. ein Verfall Die Betrachtung des Primärenergieinhalts von es daher, Optionen, etwa ein Anpassen an den
der Bauteile, was sich auch im Gebäudewert Materialien macht die Bedeutung des Lebens- tatsächlichen Nutzungsverlauf, zu gewährleis-
oder der Mieterzusammensetzung abzeichnet. zyklusmodells deutlich. Neben dem Energie- ten. Hierzu eignen sich »Flexibilisierungsstrate-
Umfangreiche Modernisierungen sichern die verbrauch löst jeder Materialeinsatz durch den gien«: Eine erhöhte Dauerhaftigkeit verlängert
dauerhafte Nutzbarkeit, ggf. auch durch die resultierenden Ressourcenstrom Umweltwir- den potenziellen Nutzungszeitraum, ein leichter
Änderung der Nutzung. kungen aus. Diese lassen sich ausgehend von Innenausbau ermöglicht Änderungen im Raum-
Zeitlich versetzte, auf kleinteilige Funktionszo- einem notwendigen Gebäudebedarf nur redu- gefüge, reversible Verbindungen der Bauteile
nen abgestimmte Austauschzyklen machen es zieren (Abb. B 5.70). lassen einen vereinfachten Rückbau und den
hingegen möglich, graue Energie einzusparen Rückgewinn der Materialien für den Baustoff-
und ökologische Folgen zu reduzieren, da die- Ressourcenverbrauch kreislauf zu.
se genauer an den jeweiligen Instandsetzungs- Die Verfügbarkeit von Rohstoffen war ausschlag- Schon über die Primärenergiebetrachtung be-
bedarf des Bauteils angepasst werden können gebend für die Entwicklung von Wohlstand in steht die Möglichkeit, grundsätzlich eine Re-
(Abb. B 5.68). Der Wert eines Objekts bleibt so den Industrieländern. Ihre Ausbeutung und Ver- duktion des Materialeinsatzes zu forcieren
auf konstantem Niveau, was auch eine gleich- arbeitung hat die industrielle Prosperität erst (Abb. B 5.50). Das Einhalten des konstruktiv
bleibende Rendite des Objekts sichert. Die ermöglicht. Notwendigen, etwa durch umfassende Nut-
Bauteile können dazu auf besonders lange Die Verknappung von Ressourcen machen zung der Materialleistung, leichte Konstruktio-
Dauerhaftigkeiten optimiert und in jeweils klei- diese entsprechend den Regeln des Marktes nen, Anpassung der Dauerhaftigkeit, sowie der
nen Maßnahmepaketen instandgesetzt werden. teuer; für andere ist die Zugänglichkeit nicht Einsatz erneuerbarer Materialien führen zu
Der so entstehende dauerhafte Austausch ver- dauerhaft gesichert, wie heute schon Ausein- einem deutlich reduzierten Energie- wie Res-
ringert jedoch die Nutzungsflexibilität eines Ge- andersetzungen um Gas, Öl und Wasser be- sourcenverbrauch.
bäudes. Bei einem umfassenden Nutzungs- legen. Innerhalb der Lebenszyklusbetrachtung treten
wechsel müssen auch eine Vielzahl eigentlich Gebäude verbrauchen in Erstellung und Betrieb jedoch weitere Faktoren hinzu – etwa sekundä-
noch tauglicher Bauteile ausgetauscht werden. global etwa 50 % aller Ressourcen. Sie stellen re Emissionen durch Pflege oder Veränderung
Setzt die Bauaufgabe für die Planung ein defi- den maßgeblichen Faktor für die Ressourcen- der Raumluft durch Ausdünstungen aus dem
niertes, kurzes Zeitfenster voraus, wie bei tem- verknappung und Umweltprobleme dar. Ande- Material. Viele dieser Faktoren lassen sich nur
porären Bauten oder Innenausbauten von Ge- rerseits sind Baustoffe aufgrund ihres meist als Potenziale erfassen und beschreiben. Sie
schäften, lässt sich die Dauerhaftigkeit der Ma- niedrigen technischen Entwicklungsstands und müssen nicht zwangsläufig negativ ausgelöst
terialien an die beabsichtigte Lebensdauer des ihres hohen Materialverbrauchs für erhebliche oder positiv genutzt werden, sind jedoch zen-
Objekts anpassen (Abb. B 5.65). Effizienzsteigerungen prädestiniert. Andere traler Bestandteil für eine tragfähige, zukunfts-
Je länger die zu erwartende Nutzungsdauer Branchen, wie die Automobil- oder Elektronik- sichernde Planung. Gerade hierin liegt das In-
eines Gebäudes ist, desto wichtiger wird die industrie, haben sich zu Ressourcenschonung novationspotenzial, das eine Vorplanung des
Betrachtung der Nutzungsphase. Besteht ver- und Effizienzsteigerung verpflichtet und leiten Lebenszykus erschließt.

165
Material

B 5.69 Prozessablauf zur Erstellung einer Ökobilanz


B 5.70 Lebenszyklus eines Gebäudes und damit ver-
knüpfte planerische Aktivitäten Rahmen der Ökobilanz Anwendung
B 5.71 Input- / Output-Verknüpfung innerhalb der Pro- Auswertung
duktionskette eines Baustoffs
B 5.72 schematische Darstellung und Berechung eines Zieldefinition und
Baustoffs nach dem MIPS-Konzept Untersuchungsrahmen Überprüfung der Entwicklung und
B 5.73 Verrechnung von Emissionen am Beispiel des Vollständigkeit, Verbesserung
Treibhauspotenzials Sensitivität, Bewertung von Produkten
B 5.74 länderspezifische Verrechnung von Ökobilanz- Konsistenz
kennwerten zu einem addierten Einzelwert Schlussfolgerungen strategische
Sachbilanz Planung
Empfehlungen
öffentliche
Ermittlung der Ergebnisdarstellung Entscheidungs-
Kernaussagen prozesse
Wirkungsbilanz
Marketing

B 5.69
Methoden der Lebenszyklusanalyse sich so über die Zeit Baustoffeim Bauwesen. • In der Sachbilanz wird ermittelt, welche
Das Mittel zur Bewertung der komplexen Ein- Dadurch werden weitgehend in sich geschlos- Stoff- und Energieumwandlungsprozesse
flüsse ist die Lebenszyklusanalyse. Sie bilan- sene Kreisläufe realisierbar und die Kreislauf- für das Produkt und seine Herstellung erfor-
ziert den gesamten Lebensweg eines Bau- wirtschaft unterstützt. derlich sind. Die Grenzen für die Bilanzie-
stoffs, Bauelements oder Gebäudes. Dazu wer- Die Stoffstromanalyse verfügt allerdings nur rung, die so genannten Abschneidekriterien,
den die Stadien von der Rohstoffgewinnung, begrenzt über Optionen, nachteilige Umwelt- setzt man üblicherweise bei mindestens
Herstellung, Verarbeitung über Transport, Nut- wirkungen einzelner Prozesse auszuweisen. 1 % Stoffmasse und Primärenergiever-
zung, Nachnutzung und Entsorgung beurteilt. Sie trennt nicht nach unterschiedlichen Aus- brauch an. Für ökologisch bedenkliche
Grundsätzlich gibt es zwei unterschiedliche wirkungen wie etwa Klimawandel, Reduktion Stoffe (z. B. Weichmacher in Kunststoffen)
Betrachtungsweisen: Entweder wird der benö- der Biodiversität oder Humantoxizität. sind diese Abschneidekriterien im Einzelfall
tigte Material-Input oder die daraus resultieren- zu prüfen.
den Umweltwirkungen bilanziert (Abb. B 5.71). Ökobilanzierung • Die Wirkungsbilanz erfasst die Emissionen
Die im Jahr 2000 eingeführte DIN EN ISO aller Stoff- und Energieumwandlungsschritte.
Stoffstromanalyse 14040-44 definiert die Ökobilanzierung »Life Zur Auswertung werden die verschiedenen
Das im Jahr 1994 durch Friedrich Schmidt- Cycle Assessment« (LCA). Auf Basis der Ma- Emissionen zu Gruppen mit gleicher Umwelt-
Bleek eingeführte MIPS-Konzept (Material-Input terialströme rechnet sie diese in Auswirkungen wirkung (z. B. Beitrag zum Treibhauseffekt)
Pro Serviceeinheit) summiert den zur Herstel- (z. B. Emissionen) um. Sie bezieht sich zu- zusammengefasst und als Äquivalente eines
lung und Verwendung eines Produkts oder nächst nicht nur auf Bauprodukte, sondern maßgeblich an der Wirkung beteiligten
Bauteils aufgewendeten Material-Input. Alle kann auf jeden Prozess, etwa auch auf Dienst- Schadstoffs ausgewiesen (Abb. B 5.73).
Naturmaterialien, die für die Herstellung not- leistungen, Produktionsverläufe oder eine Wirt- • Die Auswertung gliedert sich in die Schritte
wendig sind, werden als »Materialintensitäten« schaftseinheit wie ein Unternehmen allgemein, Ermittlung der Kernaussagen sowie Bewer-
zusammengefasst. Sie bilden den auf das Ei- angewendet werden. Eine Ökobilanz umfasst tung und Ergebnisdarstellung. Auch nicht
gengewicht des Materials bezogenen MateriaI- generell drei Teile, die über definierte Iterati- bilanzierte, relevante Daten wie z. B. Aus-
Input, gemessen in Kilogramm Input pro Kilo- onsschleifen aneinander gekoppelt sind (Abb. gasungen in der Nutzungsphase oder
gramm Output. Bei Energie wird die Einheit B 5.69): Dauerhaftigkeit lassen sich darstellen.
Kilogramm pro Megajoule [kg / MJ] verwendet.
Nach den Ressourcenquellen unterteilen sich
die Materialintensitäten in: Betrieb Rückbau Projektentwicklung

Energiebedarf Recycling Standort


• abiotische Ressourcen [kg]
Facility Management Entsorgung Nutzung
• biotische Ressourcen [kg] Wartung vorhandene Bausubstanz
• Boden [kg] Instandhaltung / Pflege Finanzierung
• Wasser [l] Instandsetzung Nutzungszeitraum
• Luft [m3]
Modernisierung
Der Gesamtmaterial-Input, auch »ökologischer
Rucksack« genannt, ergibt sich aus der Sum- Nachrüstung
Anpassung /Ausbau
me des Eigengewichts des Produkts und des- Umnutzung
Planung
sen Materialintensitäten (Abb. B 5.72). Sanierung
Vorentwurf
Die Vorgehensweise legt Stoffströme offen und
weist die hauptsächlich verwendeten Ressour- Entwurf
Inbetriebnahme • Energieminimierung
cen massenbezogen aus (Abb. B 5.47).
Das MIPS-Konzept berücksichtigt alle zur Her- Abnahme Materialauswahl
Dokumentation • Materialherstellung
stellung notwendigen Umwandlungsschritte • Schadstoffe
Gebäudeausweis
und bietet im Planungsablauf die Möglichkeit, • Dauerhaftigkeit
bestehende Stoffströme miteinander zu ver- • Rückbaubarkeit
Ausführung
knüpfen. Möglichst wenige, wiederverwend- Werkplanung
bare und flexibel einsetzbare Materialien im Bauüberwachung • Materialminimierung
Materialkonzept erhöhen das Potenzial der Abfallrecycling Leistungsbeschreibung
Nachnutzung. Global gesehen kumulieren Qualitätskontrolle Vergabe
B 5.70

166
Material

Input Output
Zusätzlich werden Empfehlungen für die (Abb. B 5.78). Darüber hinaus lassen sich auf-
Produktnutzung abgeleitet. grund der Ökobilanz etwa Konstruktions- und Stoff aus Emissionen
Rohstoffgewinnung
Materialentscheidungen treffen. Ressourcen in Luft
Der »Runde Tisch nachhaltiges Bauen«, initi-
iert durch das Deutsche Bundesministerium für Material und Herstellung Naturraum Aufbereitung Emissionen
Verkehr, Bauwesen und Stadtentwicklung Bis 2020 soll in Deutschland die Energie- und in Wasser
(Vor-)Produkte
(BMVBS), hat für den Nachweis von baustoff- Ressourcenproduktivität so weit erhöht werden, Produktherstellung
Emissionen
bedingten Umweltwirkungen in Deutschland dass der heutige Lebensstandard ohne zusätz- Hilfs- und
Betriebsstoffe in den Boden
allgemein folgende Kategorien festgelegt: lichen Naturverbrauch auch zukünftig gesichert
Nutzung
ist. Neben der Erhöhung des Anteils nach- Nebenprodukte
Energieträger
• Primärenergieinhalt erneuerbar / nicht erneu- wachsender Rohstoffe im Bauwesen kann zur
erbar, PEI [MJ] herstellungsorientierten Optimierung zwischen Strom Recycling / Entsorgung Abfälle
• Treibhauspotenzial (Global Warming Poten- zwei Strategien unterschieden werden:
Berechnung des Berechnung
tial – GWP 100) [kg CO2 eq] Zum einen bietet die Nutzung lokal produzierter
Ressourcen- der Emissionen
• Ozonzerstörungspotenzial (Ozone Depletion Materialien den Vorteil der Schaffung von loka- verbrauchs (MIPS) (Ökobilanz)
Potential – ODP) len Arbeitsplätzen, erzeugt aber mitunter höhe-
[kg CCL3F eq] re Kosten. Die Reduktion von Transportwegen B 5.71
Berechnung eines MIPS
• Versauerungspotenzial (Acidification Poten- und die meist bessere Kontrollierbarkeit der
tial – AP) [kg SO2 eq] Umweltauswirkungen kann zu einer hohen Res- Σ (Mi ·MIMi) =MI=MIPS · S
• Entrophierungspotenzial (Entrophication sourceneffizienz beitragen und zu einer gerin-
Potential – EP) [kg PO43- eq] geren Schadstoffbelastung führen.
• photochemisches Oxidanzienbildungspo- Zum anderen stehen bei Verwendung von Ma- eingesetzte Material- Gesamt- Material- Service-
tenzial (»Sommersmogpotenzial«, Photo- terialien aus dem globalen Baustoffmarkt nicht Materialien intensität material- inputs per einheit
(z.B. Stahl, der Mate- input Serviceunit
chemical Ozone Creation Potential – POCP) einzelne Konstruktionen, sondern die Steige- Glas) rialien
[kg C2H4 eq] rung der Leistungsfähigkeit der verwendeten (Rucksäcke)
Materialien im Vordergrund. Diese sollten dann
Die Ergebnisse der Ökobilanz eines Baustoffs in besonders optimierte, ressourcenschonende M1 · MIM1 z.B. Stahl plus Rucksack
werden künftig in der Typ-III-Umweltdeklaration Konstruktionsweisen münden. Ihr verbesserter + M2 · MIM2 z.B. Glas plus Rucksack
(European Product Declaration – EPD) als Ar- Einsatz müsste dann die erhöhte Umweltbelas-
+ M3 · MIM3 z.B. PVC plus Rucksack
beitshilfen ausgewiesen (siehe S. 161). Im Ge- tung, z. B. durch Transporte, mindestens auf-
gensatz zum MIPS-Konzept lassen sich jedoch wiegen. + ...
die Wirkungen der einzelnen Kategorien nicht
allgemeingültig zu einem Gesamtwert kumulie- Rohstoffgewinnung Endprodukt (1 Einheit z. B. ein Auto)
ren. Daher ergibt sich allgemein das Problem Die Abbaustätten von mineralischen und metal- B 5.72
Treib- Verweil- Zunahme der
der Gewichtung der Einzelkennwerte; eine zu- lischen Rohstoffen erzeugen Landschaftsver- hauswirk- dauer in Konzentration
sammenfassende Interpretation ist nur schwer brauch oder Setzungen, deren negative ökono- samkeit- der Atmo- seit Industria-
möglich. Einige europäische Länder haben mische wie ökologische Folgewirkungen mög- [CO2-eq] sphäre [a] lisierung
Standards entwickelt, die die Auswertung von lichst gering gehalten werden sollten. Die Zu- Kohlendi- 1 50 – 200 28 %
Ökobilanzen in einem zusammengefassten sammenhänge lassen sich besonders deutlich oxyd (CO2)
Kennwert ermöglichen. Die Modellbildung und im Tagebau aufdecken, z. B. anhand der Stein- Methan 21 9 – 15 146 %
die Gewichtung der Kenngrößen sind hierbei brüche von Carrara. Aber auch der tiefste deut- (CH4)
politisch festgelegt und somit nicht zwangsläu- sche Braunkohletagebau in Hambach zeigt Lachgas 310 120 13 %
fig naturwissenschaftlich präzise (Abb. B 5.74). beispielhaft die ökologischen Folgewirkungen: (N2O)
Für Deutschland hat das Umweltbundesamt Dort besteht ein Verhältnis des bewegten Bo- FKW 6500 50 000 von 0 ppt 2
eine Methode zur Einordnung und Rangbil- denmaterials zu gewonnener Kohle von 7,2 zu (CF4 u. a.) auf 72 ppt
dung der Wirkungskategorien entwickelt. 1. Für den Abbau im Tagebau ist eine Absen- H–FKW 11 700 264 k. A.
Dabei werden die Dimension der Wirkung (glo- kung des Grundwasserspiegels erforderlich. (CHF3 u. a.)
bal – lokal; dauerhaft – temporär), der derzei- Auf 1 t Braunkohle kommen 4 bis 7 t Wasser. Schwefelhexa- 23 900 3200 von 0 ppt
tige Umweltzustand im Bereich der Wirkungs- Im Mittel müssen so für 1 t Braunkohle 11 t Ma- fluorid (SF6) auf 3 – 4 ppt
2
kategorie (bedrohlich – unbedenklich) sowie terial bewegt werden. In der Nähe des Abbau- ppt = parts per trillion

der Beitrag der Wirkungskategorie an der gebiets verändern sich Flora und Fauna, eben- B 5.73
Gesamtbelastung in Deutschland (groß – klein) so wird die Standsicherheit des Bodens, insbe-
zur Bewertung herangezogen. sondere von Böschungen, beeinträchtigt. Ecoindikator NL Ökopunkte CH
Je nach gewählter Bilanzgrenze verändern Die Bewertung solcher Folgen ist ökologisch
sich die Ergebnisse einer Lebenszyklusanaly- wie ökonomisch zwiespältig. So bieten offene
se sowie die Schlussfolgerungen, die daraus Kiesgruben z. B. seltenen Tieren neue Lebens- »Resources« Emissionen
gezogen werden können. Der schon beschrie- räume. Ganze Landstriche erhalten durch den Luft
bene Primärenergieinhalt ist dabei ein zentraler Abbau ein neues Gesicht, wie die ehemalige
Bestandteil der Lebenszyklusanalyse. Hier Industrielandschaft innerhalb der IBA Fürst-
Ressourcen

ergeben sich drei Betrachtungsebenen: Bau- Pückler-Land in der Niederlausitz. Allerdings Emissionen
»Ecosystems« Oberflächen-
stoffe, funktionale Schichten und Gebäude- sollte für eine Abbaufläche die Nachnutzbarkeit gewässer
elemente. immer sichergestellt werden und darüber hin-
Fasst man die Aussagen der Ökobilanz zu- aus ein Konzept für die Rekultivierung und Re-
sammen, zeigt sich, welche Bauteile die größ- naturierung vorliegen. Emissionen
ten Emissionen verursachen. Es werden die Nur die Ökobilanz erfasst sekundäre Schad- »Human Health« Boden
Felder deutlich, in denen planerisches Handeln stoffemissionen und ihre Umweltrelevanz –
besonders große Wirksamkeit entfalten kann z. B. schwermetallhaltige Schlämme beim Bau-
B 5.74

167
Material

xitabbau mit daraus folgender Anreicherung besitzen spezifische Vor- und Nachteile, die
im Wasser- und im Nahrungskreislauf. Sie eine generelle Vorabentscheidung nicht zulas-
bewertet also nicht nur den Abbau selbst, sen. Massivbauten benötigen etwa 20 % mehr
sondern auch die Art der Abbaumethode. Bei graue Energie als Leichtbauten (Abb. B 5.77).
Naturstein ist der ökologische Rucksack nach Aber auch die Gebäudeform spielt dabei
MIPS mit einem Verhältnis von 1:1,2 gering eine Rolle (siehe Stadtraum und Infrastruktur,
(Abb. B 5.47). Eine Ökobilanz kommt zu einem S. 69).
ähnlichen Ergebnis, allerdings nur, wenn Um die Vorteile beider Konstruktionsarten zu
mechanische Prinzipien wie Sägen zur Gewin- nutzen, bieten sich zuweilen Mischbauweisen
nung des Steins (z. B. bei den meisten Kalkstei- an – z. B. ein Holztragwerk mit massiven, aus-
nen) genutzt werden können. Muss ein Natur- steifenden Betonkernen.
stein (z. B. Granit) abgesprengt werden, so ent- Für nahezu jeden Baustoff gilt: Je weniger
steht durch den Sprengstoff ein hoher Energie- davon bei definiertem Leistungsstandard ein-
einsatz, dessen Emissionen kaum kontrollierbar gesetzt werden muss, desto geringer ist die
sind (Abb. B 5.75). Aus Sicht der Ökobilanz ist gebundene graue Energie über den gesamten
daher die Verwendung von Kalkstein nicht mit Lebenszyklus. Einsparungspotenziale liegen
B 5.75 Granit vergleichbar, da letzterer etwa das Vier- häufig auch in überzogenen Sicherheitsauf-
fache der Umweltwirkungen erzeugt (siehe schlägen weit oberhalb der ohnehin hohen
Anhang, S. 262). rechtlichen Anforderungen. Bautechnisches
Denken und gestalterische Kreativität können
Produktionsprozesse dazu beitragen, Bauten Gewicht und damit
Baustoffe entstehen in der Regel über lange vielfach auch optische Behäbigkeit zu nehmen.
Prozessketten. Im Sinne einer geringen Entro- Die Ressourceneffizienz einer Konstruktion
pie versucht man daher die Herstellung mög- steigt meist mit dem Grad der Vorfertigung. Die
lichst effizient zu gestalten. Bei Glas entstehen Produktion von Bauteilen im Werk ermöglicht
z. B. aus nahezu 100 % des zu verarbeitenden geringere Bautoleranzen, schlankere Dimensio-
Rohstoffs am Ende Halbzeuge. Fehlerhaftes nierung von Bauteilen, höhere Qualität und grö-
Material wird in den Herstellungskreislauf ßere Mängelfreiheit für das Gebäude. Durch
zurückgeführt, wodurch sich die notwendige die sorgfältigere Planung und bessere Qua-
Herstellungsenergie um bis zu 25 % reduziert. litätskontrolle ergeben sich deutlich weniger
Der ökologisch bedingten Forderung der En- Produktionsfehler und geringere Produktions-
tropieverringerung stehen zuweilen noch wirt- abfälle (Abb. B 5.79). Auf diese Weise sind
schaftliche Aspekte wie hohe Lohndifferenzen z. B. auch energetisch unerwünschte Wärme-
B 5.76 zwischen einzelnen Ländern sowie unter- brücken zuverlässiger vermeidbar (siehe Ge-
schiedliche nationale Umweltauflagen entge- bäudehülle, S. 90). Die höhere Präzision der
gen. Arbeitsintensive Innenausbaumaterialien Bauteile reduziert im Lebenszyklus die not-
werden vielfach in Billiglohnländern produziert. wendigen Prozesse zur Pflege und Wartung
Einem marktgängigen Produktpreis stehen hier und kann zu einer verlängerten Lebensdauer
B 5.75 Sprengung von Naturstein
B 5.76 Wohnhaus, Moledo (P) 2000, Eduardo Souto de
allerdings deutlich erhöhte Emissionen durch führen.
Moura den zusätzlichen Transportaufwand gegenüber Gelingt es, Details möglichst einfach, bauphy-
B 5.77 Vergleich der grauen Energie von kompakten (Abb. B 5.51). sikalisch regelgerecht und funktional zu gestal-
und nicht kompakten Passivhäusern Die Ressourceneffizienz ist in hohem Maße ab- ten, so ergibt sich neben verringerten Betriebs-
B 5.78 Einzel- und Gesamtbewertung der über den
hängig von der Produktionsweise des Bauens. kosten über die architektonische Gestaltung
Lebenszyklus relevanten Planungsfelder sowie
ihre Bearbeitungsmöglichkeit in Bezug auf die Sie beeinflusst – wesentlich mitbestimmt durch eine Werterhaltung, die in der Architektur ab-
Leistungsphasen des Architekten die Qualität der Planung und der Arbeitsvorbe- lesbar ist (Abb. B 5.82). Positiv wirkt sich dabei
B 5.79 typische Schadensfälle im Bauwesen in reitung – einen intelligenten Materialeinsatz, aus, wenn die Anforderungen an Material und
Deutschland und ihre Ursachen den Umfang, die Lebensdauer und Weiterver- Detail klar definiert und die Anzahl der dabei zu
B 5.80 Abfallschlüssel nach Gewerbeabfallverordnung
B 5.81 Abfallfraktionen nach Kreislaufwirtschaftsgesetz
wendbarkeit von Baustoffen, aber auch den erbringenden Leistungen limitiert sind. Eine re-
B 5.82 Aussichtsplattform, Helsinki (FIN) 2002, Helsinki bewussten Umgang mit Materialien im Baupro- duzierte Materialvielfalt hat ebenfalls oft einen
University of Technology, Prof. Jan Söderlund zess, um Fehler, Abfall und Verschnitt zu mini- positiven Effekt – ökologisch wie für den Ge-
mieren. Heutige Methoden ermöglichen neben bäudeentwurf selbst. Der Verzicht auf Bauteile
der Großserienproduktion auch die »Custo- und Bauteilschichten reduziert nicht zuletzt die
mised Production«, d. h. die individualisierte Notwendigkeit komplexer und aufwendiger
Produktion von Baukomponenten entspre- Bauunterhaltungsprozesse. Auch der Nutzer
kompakt, nicht kompakt, chend den Vorgaben der Planung, die auf be- empfindet einfach konstruierte Minimallösun-
8 Einheiten 8 Einheiten
sondere Rahmenbedingungen des Grund- gen häufig als im Wortsinn »entlastend«.
+30% stücks, der Geometrie von Bestandsbauten Wenngleich bisher kaum üblich, erscheint es
oder auf andere Anforderungen reagieren sinnvoll, schon werkseitig gewerkeübergreifend
Leichtbau 20 kWh/ m2EBFa 26kWh/m2EBFa kann. Das Spektrum der Vorfertigung reicht zu produzieren. Kleinteilig gestückelt und an
von einzelnen Materialien über Komponenten Gewerkegrenzen orientiert, verursachen ver-
+15 % +19% bis hin zu Bausystemen und kompletten Bau- schiedene Bauprozesse viele Transportwege,
werken. die einen zusätzlichen Ressourcenverbrauch
+52% nach sich ziehen.
23 kWh/ m2EBFa 31 kWh/m2EBFa
Konstruktionsweisen
Massivbau
Die Diskussion um Leicht- oder Massivbau- Bauprozess und Verarbeitung
+35% weisen wird gerade im Wohnungsbau immer Eine materialgerechte, effiziente Verarbeitung
wieder aufgeworfen. Beide Konstruktionsarten reduziert die anfallenden Abfälle. Durch eine
B 5.77

168
Material

Anzahl der Fälle [n]


Bauteilzyklus Bearbeitung im Planungsprozess PEI über den Einzelbewertungen für Gebäudeteile 400
Materialwahl Schwinden/Quellen
Lebenszyklus
Grundlagenermittlung
Einbaufeuchte Planung

Ausführungsplanung
350
Abdichtung Ausführung

Gebäudetechnik,

Gebäudetechnik,

Gebäudetechnik,
Ausschreibung
300

nicht tragende

Innenausbau
Konstruktion
Vorentwurf 250

Fassade
Entwurf

Wärme

Sanitär
Elektro
Dach
200

150
Herstellung + + + o ++ + + -
100
Bau - o o + - - - -
50
Nutzung + o ++ - - ++ ++ o
0

Sicherh.-
+

Feuchte-
++ + -

schaden
Instandhaltung o ++ - -

Passge-

bildung
mangel

nauigk.
optisch

Verfor-

Fugen
mung

Riss-
Nachnutzung - ++ + + + - - -
B 5.78 B 5.79
passgenaue Produktion – etwa mit Fertigteilen, schaffen Materialien den besonderen Orts- an Kanten ausbruchsfest sein, anfallenden
durch Rückgriffe auf materialbedingte Raster- bezug und unterstützen die Identifikation des Flüssigkeiten aus Reinigung oder Nutzung
maße oder durch sich vor Ort anpassende Ma- Nutzers und Betrachters. Der gezielte Einsatz widerstehen, farbecht sein und vieles mehr.
terialien wie eingeblasene Dämmstoffe – ver- von Baustoffen kann das Gebäude mit seiner Eine hohe Dauerhaftigkeit bedeutet langfristig
ringert sich der Verschnitt. Umgebung verschmelzen (Abb. B 5.76) – oder einen geringen Wartungsaufwand – vorausge-
Zur Reduktion der »inerten Massen« kann es herausheben und vom Ort ablösen. Die setzt, dass mit den gewählten Materialien auch
nicht kontaminierter Bauaushub auf dem Gestaltungsabsicht kann sich jedoch nicht frei eine gewisse Unabhängigkeit von kurzzeitigen
Grundstück etwa zur Terraingestaltung wieder- machen von Aspekten der Nachhaltigkeit der Modetrends und / oder eine hohe gestalteri-
verwendet werden, wobei die Verdichtungs- verwendeten Materialien, ihrer Langlebigkeit sche Qualität erreichbar sind / ist. Sie wird
fähigkeit weitgehend die weitere Nutzbarkeit und Wartungsfreundlichkeit, des Energieein- unterstützt durch eine klare Trennung zwi-
bestimmt. Die Kosten sinken, da die Abfälle satzes, der Umweltwirkungen und der gesund- schen langlebiger Konstruktion, kurzlebigem
nicht in Deponien gelagert werden müssen; heitlichen Auswirkungen auf ihre Benutzer. Ausbau und nachrüstbarer Technik.
Emissionen aufgrund von Transportprozessen Baustoffe stellen physisch die beabsichtigte Wie Moden sind auch Anforderungen einem
entfallen zusätzlich. Nutzung sicher und sind dabei häufig hohen zeitlichen Wandel unterworfen – etwa durch
Damit Abfall zu neuen Rohstoffen oder Energie Beanspruchungen ausgesetzt. Aus den Nut- sich ändernde Vorschriften zum Wärme-
werden kann, ist eine erhöhte Sorgfalt gefor- zungsanforderungen leiten sich für Baustoffe schutz und Energieeinsparung. Weitsichtige
dert. Seit Februar 2007 müssen nach dem komplexe Leistungsprofile ab, die konstruktive, Planung kann zuweilen erhöhte Anforderun-
Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrW / AbfG) alle funktionale, physikalische und gestalterische gen wie z. B. zur Energieeinsparung und
Abfälle recycelt werden, sofern dies wirtschaft- Dimensionen berühren. Materialien erbringen zum Klimaschutz vorwegnehmen. In anderen
lich tragbar ist (siehe S. 174). dazu technische wie funktionale Leistungen, Fällen lassen sich jedoch Änderungen nicht
Die Aktion »Saubere Baustelle« stützt sich auf um dauerhaft sicheren menschlichen Lebens- vorhersehen; hier unterstützen die leichte
die Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV). Um raum zu schaffen sowie Gebäude als Wert Austauschbarkeit von Elementen und die
eine möglichst hochwertige Verwertung zu ge- oder als Kulturgut zu erhalten. Die unter- klare Trennung von Gebäude-Subsystemen
währleisten, müssen Erzeuger und Besitzer schiedlichen Anforderungen lassen sich dabei unterschiedlicher Lebensdauer und Funktion
von Bau- bzw. Abbruchabfällen Abfallfraktio- nicht immer von einem Baustoff allein erfüllen. auch unvorhersehbare Veränderungen. Im
nen, soweit diese getrennt anfallen, auch je- Die physikalischen Eigenschaften des Bau- Folgenden werden die wichtigsten Anforde-
weils getrennt halten, lagern, einsammeln, stoffs bestimmen, ob dieser schwerpunktmä- rungen an Baustoffe zur Sicherstellung der
befördern und einer Wiederverwertung zu- ßig nur einer Anforderung genügt oder gleich- Nutzung beschrieben.
führen (Abb. B 5.80 und 81). zeitig mehrere Anforderungen wie etwa Schall-,
Brand- und Wärmeschutz erfüllen kann. Gesundheitliche Unbedenklichkeit
Material und Gebäudenutzung Bodenbeläge müssen z. B. eine auf die zu Während der Herstellungs-, Einbau-, Nut-
Ein Gebäude wird in der Regel auf einen spe- erwartende Frequentierung des Gebäudes zungs- und Nachnutzungsphase können Bau-
zifischen Nutzer und Ort zugeschnitten. Dabei abgestimmte Abriebfestigkeit gewährleisten, stoffe Schadstoffe emittieren. Ihre gesundheit-
Materialgruppen mit Beispiel Abfallschlüssel Gruppe Definition nach Kreislaufwirtschaftsgesetz
Beton, Ziegel, Fliesen, Keramik 17 01 Q1 nachstehend nicht näher beschriebene Produk-
• Beton 17 01 01 tions- oder Verbrauchsrückstände
Holz, Glas, Kunststoff 17 02 Q2 nicht den Normen entsprechende Produkte
• Kunststoff 17 02 03 Q5 infolge absichtlicher Tätigkeiten kontaminierte
Bitumengemische, Kohlenteer und oder verschmutzte Stoffe (z. B. Reinigungsrück-
teerhaltige Produkte 17 03 stände, usw.)
• kohlenteerhaltige Bitumengemische 17 01 01 Q6 nicht verwendbare Elemente (z. B. verbrauchte
Metalle (einschl. Legierungen) 17 04 Batterien, Katalysatoren usw.)
• Eisen, Stahl 17 04 05 Q7 unverwendbar gewordene Stoffe (z. B. kontami-
Boden, Steine, Baggergut 17 05 nierte Säuren, Lösungsmittel, Härtesalze usw.)
• kontaminierter Boden, Steine 17 05 01 Q10 bei maschineller und spannender Formgebung
Dämmmaterialien und asbest- anfallende Rückstände (z. B. Fräsespäne usw.)
haltige Baustoffe 17 06 Q12 kontaminierte Stoffe (z. B. mit PCB verschmutz-
• Dämmaterial, das Asbest enthält 17 06 01 tes Öl usw.)
Baustoffe auf Gipsbasis 17 08 Q13 Stoffe oder Produkte aller Art, deren Verwen-
• verunreinigte Stoffe auf Gipsbasis 17 08 01 dung gesetzlich verboten ist
sonstige Baustoffe 17 09 Q15 kontaminierte Stoffe oder Produkte, die bei der
• Abfälle, die Quecksilber enthalten 17 09 01 Sanierung von Böden anfallen
B 5.80 B 5.81 B 5.82

169
Material

Substanz typischer Auf- Wirkungsart typischer typische empfehlenswerte Grenz- oder Richtwerte
nahmeweg des Verwendungs- Emissionsquellen Maßnahmen
Menschen zeitraum
Asbest Atemluft fibrogen (Narbenbildung), bis 1980 (D) Bauplatten, Rohre und Formstücke, Austausch vorläufige Maßnahmen1:
kanzerogen Mörtel und Putze, Dämmstoffe, 1000 F / m3 (EU); Sanie-
Dichtstoffe, Bodenbeläge, Textilien rung1: 500 F / m3 (EU)
künstliche mineralische Atemluft fibrogen (Narbenbildung), bis 1995 (D) mineralische Dämmstoffe (Stein- oder Austausch, luft- k. A.
Fasern (KMF) kanzerogen, hautreizend Glaswolle ohne Gütezeichen) dichter Abschluss
Dichlordiphenyl- Nahrung, organ- und nervensystem- bis 1972 (D) Holzschutzmittel Entfernung 10 μg / kg (WHO)2
trichlorethan Hausstaub schädigend 1 μg / kg (D)2
(DDT) 0,5 μg / kg (USA)2
Dioxine, Furane Nahrung kanzerogen – Brandrückstände, Schlacken Entfernung k. A.
3
Flammschutzmittel k. A. k. A. bis heute
Formaldehyd Atemluft Augen- und Schleimhaut- Begrenzung Holzwerkstoffplatten Entfernung, 0,1 mg / m3 (WHO)1
reizungen, Kopfschmerzen seit 1996 (D) Kunstharze, Beschichtungen luftdichter Abschluss 0,12 mg / m3 (D)1
kanzerogen chem. Zusätze (z. B. von Fließestrich) chem. Bindung Sanierungszielwert:
0,06 mg / m3 (D)1
Total Volatile Organic Atemluft Augen- und Schleimhaut- bis heute Lacke, Kleber und Abbeizer, Kunststoff- luftdichter Abschluss 0,3 mg / m3 (D)4
Compounds reizungen, neurotoxisch, produkte, Holzwerkstoffe, Teppiche, von Quellen, Ent-
(TVOC) (Sick-Buildung-Syndrome) Textilien fernung
1
Richtwerte für Raumluft
2
pro kg Körpergewicht und Tag
3
differenziert zu betrachten (z. B. nach UBA-Text 25 / 01): Verzicht insbesondere auf Decabromdiphenylether und Tetrabrombisphenol A, additiv; Minderung von Tetrabrombis-
phenol A, reaktiv und Tris(chlorpropyl)phospat
4
In Neubauten sollte die TVOC Konzentration im ersten Jahr 1 – 2 mg / m3 nicht überschreiten. Ausgenommen werden dabei solche Stoffe (z. B. Formaldehyd), für die spezifische
Regelungen vorliegen.

B 5.83

Label Lizenzgeber lizensierte Produkte überprüfte Sachverhalte Prüfzeitraum


Blauer Engel Umweltbundesamt / Dämmstoffe, Lacke / Lasuren, Wandfarben, produktgruppenabhängig, hohe Umweltverträglichkeit (z. B. geringer unbefristet
RAL Deutsches Institut Tapeten, Bodenverlegewerkstoffe, Boden- Schadstoffgehalt oder hoher Recyclinganteil), Gebrauchstauglichkeit,
für Gütesicherung e.V. beläge, Holz / Holzwerkstoffe, Zemente / Vergabebasis sind Vorgaben durch eine neutrale »Jury Umweltzeichen«
Putze / Mörtel, Mauer- / Dachsteine
Eco-Zertifikat Produkt eco-Umweltinstitut Dämmstoffe, Lacke / Lasuren, Boden- Ergänzung zum »Natureplus«-Label, Produktprüfung auf Inhaltsstoffe 14 Monate
emissionsarm GmbH werkstoffe, Bodenbeläge, Holzwerkstoffe und Emissionen ausschließlich synthetischer Materialien
EMI Code Gemeinschaft Bodenverlegewerkstoffe Emissionen, Klassen EC 1 – 3 von »sehr emissionsarm« bis »nicht unbefristet
Emissionskontrollierte emissionsarm«, keine Vergabe bei humantoxischen Inhaltsstoffen
Verlegewerkstoffe e.V.
Euroblume Kommission der Lacke / Lasuren, Wandfarben, Bodenbeläge produktgruppenabhängig, Umweltauswirkungen über den Lebens- unbefristet
Europäischen (Fliesen) zyklus (z. B. Energieverbrauch, Wasser-, Luftverschmutzung, Abfall,
Gemeinschaften ggf. Lärm- oder Bodenbelastung), Gebrauchstauglichkeit
FSC Zertifikat Forest Stewardship Holz / Holzwerkstoffe, Endprodukte müssen Zertifikat von Produktionsbetrieben, Rohstoffbewertung nach 10 lokal an- max. 5 Jahre
Council A.C. zu min. 70 %, Papier zu min. 30 % aus passbaren Kriterien im Bereich Gesetzes- und Rechtskonformität, Bewirt-
FSC-zertifizierten Betrieben stammen schaftung, Ressourcenschutz, Umweltwirkungen, soziologische Aspekte
GuT - Teppichboden Gemeinschaft umwelt- Bodenbeläge (Teppiche) Schadstoffinhalt, Emissionen und Gerüche, unbefristet
schadstoffgeprüft fr. Teppichboden e.V. jährliche Stichproben
IBR-Prüfsiegel Institut für Baubiologie siehe Blauer Engel produktabhängig, vorrangig gesundheitliche, aber auch umwelt- 2 Jahre
Rosenheim (IBR) GmbH bezogene Kriterien, Vergabe bei Erreichen einer Mindestpunktzahl
Korklogo Deutscher Korkbodenbeläge (Deckschicht aus Emissionen, Normgerechtigkeit, Gebrauchstauglichkeit 1 Jahr
Kork-Verband e.V. Kunststoff max. 0,15 mm)
Natureplus natureplus e.V. Dämmstoffe, Lacke / Lasuren, Wandfarben, »Naturprodukte« aus mindestens 85 % nachwachsenden und / oder 3 Jahre
Holz / Holzwerkstoffe, Bodenbeläge, mineralischen Rohstoffen, Basiskriterien (z. B. Volldeklaration der Inhalts-
Zemente / Putze / Mörtel, Mauer- / Dachsteine stoffe); weitere Kriterien: produktgruppenabhängig, »Gebrauchstauglich-
keit«, »Gesundheitsverträglichkeit« und »Umweltverträglichkeit« über
den Lebenszyklus, Verifizierung der Prüfung
Naturland Verband für natur- Holz / Holzwerkstoffe, Naturland-Betriebe Zertifikat von Betrieben, umweltschonender und nachhaltiger Um- min. jährliche
gemäßen Landbau e.V. dürfen auch das FSC - Siegel nutzen gang mit den genutzten Ökosystemen, Minderung von Schadstoff- Prüfung der
gehalt, Gebrauchstauglichkeit Betriebe
PEFC Deutscher Forst- Bodenbeläge (aus Holz), Holz / Holzwerk- Zertifikat von Betrieben, Stärkung der forstlichen Ressourcen sowie der unbefristet
Pan European Forest Zertifizierungsrat stoffe von Holz europäischen Ursprungs Kohlenstoffkreisläufe, Erhaltung und Förderung der Produktionsfunktion
Certification (DFZR) sowie der biologischen Vielfalt und Schutzfunktionen des Waldes,
Erhaltung sonstiger sozioökonomischer Funktionen
Rugmark RUGMARK / Bodenbeläge (Teppiche) keine Kinderarbeit, Mindestlöhne, Offenlegung ihrer Aufträge, auftrags-
Transfair e.V. Zulassung unangekündigter Kontrollen bezogen
Toxproof TÜV Produkt und Dämmstoffe, Lacke / Lasuren, Wandfarben, produktgruppenabhängig, Schwerpunkt Gesundheitsverträglichkeit, befristet oder
Umwelt GmbH Bodenverlegewerkstoffe, Bodenbeläge, insbesondere Emissionsminderung unbefristet,
Holzwerkstoffe, Dichtstoffe / Folien, min. 1 Jahr
Zemente / Putze / Mörtel
B 5.84

170
Material

B 5.83 gesundheitsschädliche Substanzen im Bau- 300

Lebenszykluskosten [CHF/m2GF a]
Abfall
wesen (Auswahl) Betrieb
B 5.84 Auswahl der in Deutschland verfügbaren Typ-I- 250 Rückbaukosten
Umweltdeklarationen (Baustofflabel)
Kapitalkosten
B 5.85 typische Kostenverteilung im Lebenszyklus (CH)
200 Instandhaltung
B 5.86 zerstörte Strommasten nach extremer Wetterlage
Bau
(D) 2004
Instandhaltung
150
Haustechnik
Reinigungskosten
100 Stromversorgung
Heizgas / Heizöl /
50 Meteorgebühren
Wasser, Abwasser

0 Verwaltungskosten

Verwaltungs-
Pflegeheim
gebäude

Wohnge-

gebäude
bäude
Schul-
B 5.85 B 5.86
liche Unbedenklichkeit ist daher eine grund- zieht sich auf den gesamten Bauprodukt- Betriebssicherheit
sätzliche Anforderung. markt. Es empfiehlt sich deshalb, die zer- Die Baustoffwahl wird weiterhin begrenzt
Von den ca. 20 000 Stoffen, die in Deutschland tifizierten Produktgruppen, die untersuchten durch verschiedene Sicherheitserwägungen
standardmäßig verwendet werden (d. h. Jah- Sachverhalte und die Vorgehensweise der für den Gebäudebetrieb. Diese leiten sich
resproduktion > 1 t), sind bei nur wenigen die zertifizierenden Stelle bei Analyse und Ver- großenteils aus rechtlichen Anforderungen und
Wirkungen auf den Menschen umfassend be- gabe des Labels genau zu prüfen (Abb. Vorschriften ab. Hier sind in jedem Einzelfall
kannt. Für eine Vielzahl von Materialien werden B 5.84). Die ermittelten Eigenschaften des Aspekte der Betriebssicherheit und des Nut-
negative Folgen vermutet, diese sind jedoch Materials können dann bei der Ausschrei- zungskomforts mit energetischen und ökolo-
nicht belegt. Solche potenziellen Schadstoffe bung als Anforderung deklariert werden. gischen Eigenschaften von Materialien in Ein-
werden ggf. von öffentlichen Stellen schon als Als Typ-II-Umweltdeklaration (DIN EN ISO klang zu bringen.
problematisch klassifiziert. Hinzu kommt, dass 14 021) geben Hersteller solche Informatio-
Schadstoffe untereinander in Wechselwirkung nen auch selbst heraus. Hierbei gibt es • Standsicherheit:
treten und sich in der Wirkung gegenseitig ver- allerdings weder eine feste Deklarationsvor- Die Sicherung und Erhaltung der Tragfähig-
stärken können. schrift noch eine definierte Untersuchungs- keit ist seit Vitruv eine der drei Säulen der
Sind Schadstoffe in ein Gebäude eingebracht, methodik. Architektur (lt.: firmitas). Die statische Be-
steigen die Folgekosten für die spätere Besei- • Schadenspotenzialermittlung über Konstruk- rechnung integriert Sicherheiten, die auch
tigung meist unverhältnismäßig hoch an. Einer tionen (bei schon verbauten Baustoffen): einer möglichen Überlastung, etwa aus un-
groben Ermittlung zufolge betragen z. B. die Meist finden sich im Altbaubestand in ihrer sachgemäßer Nutzung, Rechnung tragen.
Kosten für die bis 2002 durchgeführte Asbest- Wirkung bekannte Schadstoffe. Dazu ist Mit dem einsetzenden Klimawandel können
sanierung des Palasts der Republik in Berlin es nützlich, den zur Bauzeit eines Gebäu- sich besonders die klimatischen Anforderun-
35 bis 40 % eines gleichwertigen Neubaus. des aktuellen Stand der Technik im ent- gen wie Windlasten, Niederschlagsmengen
Für die nachhaltige Baustoffwahl ist deshalb sprechenden Land zu kennen. Häufig treten von Starkregen oder Schneelasten verschär-
zu prüfen, inwieweit sie allergische oder toxi- Schadstoffe länder- und bauzeitspezifisch fen (Abb. B 5.86).
kologische Folgewirkungen bei Mensch und auf, z. B. Phenole oder Kresole, die in den • Brandschutz:
Umwelt auslösen können. Ländern des ehemaligen Ostblocks als Baulicher Brandschutz dient dazu, im Notfall
Schadstoffe haben dabei sehr unterschied- Reststoffe der chemischen Industrie zu Leben zu retten und die Bausubstanz als
liche Wirkungen. Einige, z. B. Schwermetalle, Bindemitteln von Bodenbeschichtungen Wirtschafts- und Kulturgut zu erhalten. Re-
reichern sich über Haut oder Nahrung auch und Leichtestrichen verarbeitet wurden. geln zum Brandschutz sind im Bundesge-
bei geringen Belastungen im menschlichen Weitere Beispiele sind Asbest und künst- setzbuch (BGB), im Strafgesetzbuch (StGB),
Körper an. Andere sind flüchtig, beeinträch- liche mineralische Fasern (KMF), Schwer- durch Verordnungen wie die Bau- oder Ge-
tigen aber dauerhaft das Nervensystem. Wei- metalle wie Blei oder Arsen, polychlorierte werbeordnung (BauO, GewO), durch Nor-
tere sind nicht abbaubar, lungengängig und Biphenyle (PCB), Biozide wie Dichlordiphe- men wie DIN EN 18 230 oder DIN 4102 und
wirken dort kanzerogen. Über den Aufnahme- nyltrichlorethan (DDT) oder polyzyklische Feuerversicherungen erlassen. Der vorbeu-
weg des Stoffes durch den Menschen lässt aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) gende Brandschutz begrenzt die Wahl ge-
sich ermitteln, ob über lokale Maßnahmen (Abb. B 5.83). eigneter Baustoffe und beschränkt damit in
ein Schutz des Menschen möglich ist oder • Schadstoffpotenziale nach Anwendung vielen Fällen auch die Auswahl unter energe-
der Baustoff generell ausgetauscht werden (bei neuen Baustoffen): tischen wie ökologischen Aspekten. Grund-
muss. Dabei sind immer die länderspezifi- Bestimmten Baustoffgruppen wird ein lage ist die Bauteilklassifizierung nach DIN
schen Richtlinien für die Bewertung und erhöhtes Schadstoffpotenzial zugeschrie- 4102 in Form von Feuerwiderstandsklassen
Beseitigung zu beachten. Im Notfall sollte ben. Darunter fallen besonders Beschich- (F für tragende Bauteile, W für nicht tragen-
ein Sachverständiger hinzugezogen werden. tungen, Klebstoffe, Abbeizer, Holzschutz- de Bauteile) oder der europäischen Norm
Die Untersuchung des Schadstoffpotenzials mittel, Teppiche, elastische Bodenbeläge DIN EN 13 501.
kann durch drei Vorgehensweisen erfolgen: und Dämmstoffe. Innerhalb der Ausschrei- • Schallschutz:
bung lassen sich hier präzise Material- Schallschutz dient dem Erhalt der Privat-
• Umweltkennzeichnung und Label: anforderungen – maximale Emissionsvor- sphäre, Gesundheit und Leistungsfähigkeit
Nach DIN EN ISO 14024 sind Typ-I-Umwelt- gaben oder Label – formulieren. Ein Ver- des Menschen. Regeln zum Schallschutz
deklarationen verfügbar, die Label an Pro- weis auf mögliche Abschlussmessungen sind u. a. in DIN 4109 und DIN EN 12 354
dukte bei Einhaltung definierter Anforderun- zu Prüfzwecken verbunden mit Hinweisen festgelegt. Vielfach wird davon ausgegan-
gen vergeben. Nicht jedes Label steht für zu entsprechenden Vorgehensweisen bei gen, dass sich wirksamer Schallschutz, ins-
eine umfassende Qualitätsprüfung oder be- Überschreitung von Zielwerten ist anzuraten. besondere gegen Luftschall, nur durch Ein-

171
Material

satz von Masse bewerkstelligen lässt. Über und Hygiene, Werterhaltung, Gebrauchseigen- Türen, Innenwände und Bekleidungen hohe
leichte, mehrschichtige und schwingungs- schaften (Schalldämpfung, Rutschhemmung Kosten (Abb. B 5.88). In Ländern mit hohen
entkoppelte Konstruktionen lässt sich Luft- bei Bodenbelägen etc.) und Erscheinungsbild. Personalkosten (z. B. in Deutschland) stehen
schallschutz jedoch ebenso bewältigen. Hierbei ist vor allem ein effizienter Einsatz daher Reinigungskosten beim Gebäude-
Schalldämpfende Materialien, speziell leich- finanzieller Mittel für Reinigungstechnik und betrieb oft noch vor den Heizkosten (siehe
te und poröse Absorber, bekämpfen uner- Organisation zu verfolgen. Der Pflegeaufwand Planen und Bauen in Lebenszyklen, S. 33,
wünschte Schallwirkungen lokal. berührt jedoch auch Aspekte des Energiever- Abb. A 6.3). Wirtschaftliche Gestaltung be-
• Feuchteschutz: brauchs, des Umweltschutzes und des gesun- deutet u. a., Oberflächen leicht und mit ma-
Die in Materialien oder der Luft gebundene den Raumklimas. schinell unterstützten Reinigungsarten be-
Feuchte beeinflusst die thermische Behag- arbeiten zu können. Hier sind besonders
lichkeit des Menschen und damit die wahr- Schmutzeintrag glatte, fugenfreie und an ihrer Oberfläche
nehmbare Gebäudequalität erheblich (sie- Abrasive Partikel wie Gestein, Sand oder unempfindliche Baustoffe empfehlenswert
he Grundlagen, S. 55). Die relative Luft- Glassplitter wirken sich negativ auf die Wert- (Abb. B 5.87).
feuchte sollte ganzjährig etwa zwischen erhaltung von Nutzoberflächen aus. Haupt- Dauerhafte Beschichtungen wirken den an
40 und 60 % betragen. Deutlich erhöhte eintragsquelle in das Gebäude ist an Schuhen der Oberfläche stattfindenden pysikalischen
Luftfeuchte kann Probleme nach sich haftender Schmutz, erst in zweiter Linie und chemischen Prozessen entgegen und
ziehen, insbesondere aber Schimmelbil- Schwebstoffe aus der Luft. Pflegeaufwands- können den Wartungsaufwand verringern.
dung, wenn Feuchtigkeit durch Bauteile orientierte Planung beginnt daher mit der Sie dienen u. a. zur besseren Schmutz- und
hindurchdiffundiert und sich dabei nieder- Verminderung des Partikeleintrags aus dem Wasserableitung (z. B. Lotuseffekt, selbst-
schlägt. Dampfbremsen, Dämmstoffe und Außenraum durch entsprechende Ober- reinigendes Glas), als Katalysator (z. B.
sorptionsfähige Materialien tragen zum flächengestaltung. Barrierefreies Bauen Raumluftverbesserung, Zersetzung organi-
Feuchteschutz bei. erleichtert die Reinigung, da Bewegungs- scher Stoffe) oder als Träger chemischer
räume von Reinigungsmaschinen und Roll- Stoffe (z. B. Biozide zum Fassadenschutz).
Pflege und Instandhaltung stühlen ähnlich dimensioniert sind. Beschichtungen können jedoch nach Ab-
Für Architekten besteht eine allgemeine Ver- Positiv wirkt sich die klare Trennung von Flä- schluss ihrer Lebensdauer nur selten vom
pflichtung, wirtschaftlich zu planen. Der Werk- chen mit hohem und niedrigem Reinigungs- Untergrund getrennt oder zurückgewonnen
vertrag des Architekten bedingt als Zielfin- aufkommen aus (Abb. B 5.90). Der Reini- werden. Reduzierte Kosten in Betrieb, War-
dungsvertrag die Abstimmung der Leistung gungsbedarf reduziert sich deutlich, z. B. tung und Instandhaltung stehen ggf. erhöhten
mit dem Bauherrn – nicht nur in Bezug auf bei Gitterrosten, Sauberlaufzonen im Ein- Kosten in der Instandsetzung gegenüber.
die Baukosten, sondern auch auf die Folge- gangsbereich oder in der Vorzone eines Die Reinigung kann durch spezielle Material-
kosten. Letztere können die Baukosten ein- Gebäudes. Etwa zehn Schrittmaße führen eigenschaften unterstützt werden, wie etwa
zelner Bauteile um ein Vielfaches übersteigen zu einer Senkung des Schmutzeintrags um die antibakterielle Wirkung von Edelstahl in
(Abb. B 5.85). Dem Architekten fällt somit 80 % (Abb. B 5.89). Küchen.
die Aufgabe zu, sie in seine Betrachtung mit- Ökologisch betrachtet bedeutet pflegeleicht,
einzubeziehen und Lösungen für ihre Redu- Pflegeleichte Oberflächen dass die Reinigung effizient und ressourcen-
zierung zu benennen. Der Aufwand während Reinigung und Pflege sind arbeitsintensiv. schonend erfolgt. In aufsteigender Folge las-
der Nutzungsphase basiert auf dauerhaft zu Neben technischen Anlagen verursachen sen sich Reinigungsarten nach Aufwand wie
erfüllenden Ansprüchen bezüglich Sauberkeit insbesondere Bodenbeläge, Fenster und folgt sortieren:

Fassadenmaterial Haustyp zweigeschossig Haustyp zehngeschossig Beleuchtungskörper Investitionskosten


Reinigungszykl. [a] Index1 [%] Reinigungszykl. [a] Index1 [%] Stützen
Gebäudegestaltung Lebenszykluskosten
Aluminium-Bekleidungen
Oberfläche anodisch oxidiert (geschliffen) 2 700 1 1600 Beschilderung
Oberfläche stückbeschichtet 2 310 2 400 Gebäudeautomation
Oberfläche bandbeschichtet 2 310 2 400 Außenwände UG
Kupfer-Bekleidungen k. A. k. A. k. A. k. A. Kanalisation
nutzungsspezif. Möbel
Zink-Bekleidungen 3 470 k. A. k. A.
Innenwände (Rohbau)
emaillierte Stahlblech-Bekleidungen 1 310 1 400 Decken, Treppen
Naturwerkstein-Bekleidungen Küchen
mit offener oder geschlossener Fuge 20 100 20 100 Fundamente
Glas-Bekleidungen Sicherheitsanlagen
Transportanlagen
rückseitig emailliert 1 440 1 240
Grünflächen
rückseitig emailliert und metalloxidbeschichtet 0,25 1750 0,25 960
Deckenbekleidungen
Betonwerkstein-Bekleidungen mit Vorsatz 12 680 12 1280
Außenwände EG, OG
großformatige Betonfertigteile 12 680 12 1280 Dächer
Klinkervorsatzschale, zweischaliges Mauerwerk 20 420 20 620 Einbauten
Holz- oder Holzwerkstoff-Bekleidungen2 Heizungsanlagen
lufttechnische Anlagen
Massivholzschalung, deckend beschichtet 5 170 – –
Massivholzschalung, Kernholz, unbeschichtet 10 20 – – Wandbekleidungen
Fassadenplatten aus Holzwerkstoffen 10 100 – – Trennwände, Innentüren
Starkstromanlagen
Faserzementplatten
Bodenbeläge
großformatig 2 310 2 200
Fenster, Außentüren
kleinformatig 10 380 k. A. k. A.
(Ab)Wasseranlagen
1
im Verhältnis zu Naturstein (= 100 %)
2
0 300 000 600 000 900 000
nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Holzforschung (DGfH)
Kosten [CHF / a]
B 5.87 B 5.88

172
Material

• trocken, mechanisch Pflegeleichte Fassaden


• feucht, mechanisch Reinigungsintensive Fassadenelemente stellen
• feucht, chemisch vor allem Fenster und Türen dar. Wichtig ist
• saugen eine gute Zugänglichkeit für Reinigungszwe-
cke, bei großflächigen und vielgeschossigen
Der größte Posten zur Reinigung in der Stoff- Fassaden ggf. über Befahranlagen. Glas kann
strombetrachtung ist Wasser. Insbesondere hydrophil beschichtet werden, um den Reini-
dort, wo Wasser als Ressource knapp ist, gungsaufwand zu reduzieren. Dabei bildet
können ökologische Aspekte auch wirtschaft- sich ein flächiger Wasserfilm auf dem Glas,
lich bedeutsam werden. Emissionsbezogen der Schmutzpartikel besser abführt und so
haben die Reinigungsmittel den größten Anteil die notwendigen Reinigungszyklen minimiert.
an der Umweltbelastung. Daher sollten biolo- Solche auf organischen Verbindungen basie-
gisch abbaubare Reinigungsmittel verwendet rende Beschichtungen sind jedoch kratz-
und ihr Einsatz nicht durch verfehlte Material- anfällig. Einmal beschädigt, lässt sich die
wahl und schwer zu reinigende Details behin- Beschichtung nach heutigem Stand der Tech-
dert werden (Abb. B 5.90). nik nur schwer erneuern. Aus diesem Grund
gelten spezielle Vorschriften für Reinigungs- B 5.89
Pflegeleichte Bodenbeläge arten und - mittel, deren Einhaltung die Kosten
Aspekte der Reinigung und Pflege lassen sich erhöhen kann.
an Bodenbelägen gut verdeutlichen. Bei der Eine andere Belastung kann bei Wärme-
Auswahl sind Farbgebung und Musterung zu dämmverbundsystemen durch Algenbe-
beachten: unifarbene, helle und kalte Materia- wuchs auftreten. Hochgedämmte Bauteile
lien zeichnen Schmutz leichter ab, dagegen verringern die winterliche Fassadenoberflä-
wird er bei erdfarbenen oder gemusterten Be- chentemperatur, die sich der Außenraumtem-
lägen geringer sichtbar. peratur annähert. Die dadurch bedingte, im
Unter Reinigungsgesichtspunkten schneiden Verhältnis zum bisherigen Baustandard höhere
harte Natur- oder Werksteinbeläge wirtschaft- Luftfeuchte und langsamere Oberflächenab-
lich am besten ab. Ihre Langlebigkeit macht trocknung fördert das Algenwachstum. Ein
sie wirtschaftlich wie ökologisch vorteilhaft. erhöhter Feuchteabtransport, biozide oder
Auch keramische Fliesenbeläge wie glasierte photokatalytische Wirkungen spezifischer
Fliesen lassen sich leicht reinigen, da sie kaum Oberflächenbeschichtungen können zu einer
Feuchtigkeit aufnehmen. Sie verlieren aber im Reduktion dieses Effekts beitragen. Über die
Nutzungszeitraum, besonders bei hohen Belas- Dauerhaftigkeit ist jedoch noch wenig bekannt.
tungen, mit der Zeit durch Beschädigung der B 5.90
B 5.87 Reinigungskosten für unterschiedliche Fassaden-
Oberfläche ihre Ansehnlichkeit. Instandhaltung der Oberfläche bekleidungen nach Leitfaden »Nachhaltiges
Elastische Bodenbeläge schneiden – speziell Zur Instandhaltung der Oberfläche gibt es Bauen« (D)
in Büros – bei den Investitions- und Betriebs- zwei gegenläufige Materialstrategien. Einer- B 5.88 Lebenszyklus- und Investitionskosten pro Jahr
kosten meist geringfügig schlechter ab als seits kann das Material über eine besonders nach Bauteilen (CH)
B 5.89 Steg als Sauberlaufzone, Wohnhaus, Overijse
harte Bodenbeläge. Dafür reduzieren sie belastungsresistente Struktur und Oberfläche
(B) 2002, Buelens Vanderlinden Architects
durch ihre schallabsorbierenden Eigenschaf- verfügen, die eine hohe Dauerhaftigkeit ge- B 5.90 nach Reinigungsbedarf differenzierte Ober-
ten das Schallaufkommen am Arbeitsplatz. währleistet und durch die sich generell Kosten flächengestaltung, Wohnungsumbau, Pavia (I)
Linoleum und Naturkautschukbeläge sind öko- für Pflege und Instandhaltung reduzieren. Im 1998, Massimo Curzi
logisch sinnvoll. Teppichböden lassen sich Schadensfall ist jedoch meist mit hohen Kos- B 5.91 Reinigungsaufwand unterschiedlicher Bodenbe-
läge nach Leitfaden »Nachhaltiges Bauen« mit
gut reinigen, ihr Pflegeaufkommen wird aller- ten für die Instandsetzung zu rechnen. Defizite Granit als Bezugsgröße
dings stark durch Zugänglichkeit und Vorga- in der Bauunterhaltung zeichnen sich in Form
ben des Gebäudebetreibers bestimmt. Bei eines sichtbaren Verfalls des gesamten Ge-
hohen Belastungen mit häufiger Grundreini- bäudes ab, sofern das Material keine optische
gung und bei geringer Dauerhaftigkeit sind Robustheit (wie etwa bei Ziegeln) besitzt oder Belagsmaterial tägliche Intensiv-
Teppichbeläge wirtschaftlich und ökologisch keine als angenehm empfundene Patina aus- Reinigung reinigung
nachteilig. gebildet wird. [%] [%]
Holzböden weisen im Verhältnis zu elastischen Andererseits kann die Oberfläche des Materi- polierter Granit (Bezugsgröße) 100 100
Bodenbelägen höhere Pflegekosten auf. Dafür als nutzungsbedingt einen höheren Verschleiß Betonwerkstein 102 105
können sie, in Abhängigkeit der Nutzschicht- aufweisen, wie etwa bei Holzböden, der wie-
kunstharzgebundener Stein 102 100
dicke, mehrfach abgeschliffen werden und derum aufgrund einer kräftigen Textur nicht
Naturwerkstein, poliert 102 100
verfügen so über eine hohe Dauerhaftigkeit. als unangenehm empfunden wird und zudem
Ein pflegeleichter Bodenbelag kann die jähr- leicht durch Abschleifen saniert werden kann. Fliesenboden, glasiert 110 125
lichen Reinigungskosten um bis zu 30 % sen- Setzt man solche Instandsetzungsprozesse Fliesenboden, unglasiert 120 135
ken (Abb. B. 5.91). Die höheren Investitions- bewusst ein, kann über die wiederkehrende Naturwerkstein, rau 120 125
kosten solcher Beläge korrespondieren in der Erneuerung der Eindruck eines sich immer Linoleum 105 130
Regel mit einer längeren Dauerhaftigkeit und wieder aktualisierenden, PVC 105 130
ermöglichen über den Lebenszyklus Kosten- »frischen« Gebäudes entstehen. Unter der
glatter Gummiboden 120 115
einsparungen. Dauerhafte Beläge lohnen sich Voraussetzung kleinteiliger Bauteile und re-
daher vor allem bei entsprechend fest definier- paraturfreundlicher Oberflächen lassen sich genoppter Gummiboden 150 150
ten Raumzonen. Bei geplanter späterer Nut- zudem Schadensfälle lokal beheben. Die In- versiegelter Holzboden 120 –1
zungsänderung muss ermittelt werden, ob standhaltung stützt sich dabei besonders Teppichboden 90 – 140 2
200
ein Belag auch für die neue Raumfunktion auf die Dauerhaftigkeit von Baustoffen (siehe 1
Abschleifen und Neuversiegelung
und -gliederung geeignet ist. S. 163). 2
Mittelwert 110
B 5.91

173
Material

Baustellenabfälle 11,8 verwendet /


14,4 % recycelt direkt verwertet, 1,9
1,7
Verfüllmaterial
recycelt
22,3 11,9 Mio.t Raumabschluss Tragstruktur
Straßenaufbruch
85,7 % recycelt 19,1 2,0 gesamt
5,1 Mio.t

Bauschutt 54,5
74,5 % recycelt 40,6
42,5 Mio.t

Bodenaushub 163,6
6,8 % recycelt 11,2 126,5
sonstige Zwecke
0 40 80 120 160 Erdbau nicht tragender Rohbau Ausbau, Gebäudetechnik
Menge [Mio. t] Betonzuschlag
Straßenbau
B 5.92 B 5.93 B 5.94
Nachnutzung Wiederverwendung bezeichnet die Nachnut- »neuen Materialien« besitzen – zeichnet sich
Jeder Materialeinsatz sollte in einen geschlos- zung kompletter Bauprodukte, die dazu nicht ihre Herstellung deutlich ab – eine ganz eige-
senen Materialkreislauf münden, also Abfälle oder nur geringfügig – etwa mechanisch ge- ne Ästhetik und zeigen so die Umsetzung der
wiederverwertet werden. Das Bauwesen ist säubert – verändert werden. Da die schad- zeitgemäßen Aufgabenstellung (Abb. B 5.97),
davon jedoch noch weit entfernt. Ansätze haften Bauteile in der vorangehenden Nutzung etwa als »altglasbewehrter Beton«. Die Pro-
sind z. B. in der Metall verarbeitenden Indus- bereits ausgetauscht wurden und somit eine duktion neuer Baustoffe bietet immer auch die
trie vorhanden, allerdings auf wenige Metalle Optimierung des Produkts stattgefunden hat, herstellerbezogene Gewährleistung, die die
und dort nur auf einzelne Metalllegierungen steigt bei wiederverwendeten Bauteilen die Nutzung solcher Produkte erleichtert (Abb. B
beschränkt. durchschnittliche Materialqualität. Im ersten 5.95).
Anwendungszyklus laufend durchreparierte Auch die Kompostierung ist eine Art der Wie-
Abfallbehandlung Bauteile, wie z. B. geneigte Dachdeckungen derverwertung. Hier werden organische Bau-
Seit Februar 2007 müssen durch das Kreis- aus Dachziegeln, können daher durchaus eine stoffe wieder zu Humus und gelangen damit
laufwirtschaftsgesetz (KrW / AbfG) bei wirt- höhere Dauerhaftigkeit besitzen als neu produ- als Rohstoff zurück in die Produktionskette
schaftlicher Tragbarkeit alle Abfälle wieder- zierte. Eine hohe Dauerhaftigkeit bei einfacher organischer Naturprodukte.
verwertet werden (Abb. B 5.81). Die Wirt- Demontage fördert die Wiederverwendung, Bei der Weiterverwendung isoliert man die
schaftlichkeit definiert sich neben der Art der z. B. bei Natursteinpflaster. Grundlage für die Grundstoffe des Materials aus den Produkten
Verwertung und dem daraus resultierenden Möglichkeit der Nachnutzung gesamter Bau- und nutzt sie für die Herstellung neuer. Vor-
Produkt auch aus dem Abfallmanagement, teile ist ein weiterer Bedarf am Bauteil. Stan- ausgesetzt ist, dass die Inhaltsstoffe bekannt,
das z. B. notwendige Transportprozesse dardisierte Produkte erhöhen dabei die Vor- die Abfälle in sortenreinen Chargen vorliegen
berücksichtigt. planbarkeit, u. U. verfügbare Bauelemente zu und schadstofffrei sind. Solches stoffliches
Der Architekt gibt durch die Materialwahl die integrieren. Eine wirtschaftliche, bauteilbezo- Recycling eignet sich besonders bei standar-
Grundstoffe vor, die dem Abfallmanagement gene Nachnutzung sollte deshalb insbesonde- disierten Materialzusammensetzungen, einer
später einmal zur Verfügung stehen. Er kann re in Bezug auf schon industriell produzierte großindustriellen Produktion und einer heute
damit mittelfristig auf die Ausbildung von Mate- Bauteile durchführbar sein. Ein Beispiel sind schon wirtschaftlichen Verwertung des Bau-
rialkreisläufen einwirken oder durch bewusstes die Plattenbauten der DDR-Zeit. Aus nicht stoffs, z. B. bei Kunststoffen und Metallen, die
Einsetzen wiederverwerteter Produkte beste- mehr benötigten Bauplatten ließen sich neue mit hohem Energieeinsatz hergestellt wurden
hende Kreisläufe stärken (siehe Stadtraum Gebäude mit geringen Baukosten und ener- und knappe Rohstoffe verbrauchen (Abb.
und Infrastruktur, Abb. B 2.61). Nicht jeder getischen Folgewirkungen erstellen (Abb. B 5.96). Bei der energetischen Verwertung
Kreislauf ist gleichwertig, daher beschreiben B. 5.99). Ein Bauteil kann allerdings nur dann werden organische Baustoffe verbrannt und
die Begriffe »Downcycling«, »Recycling« und wiederverwendet werden, wenn es nicht zu ihr Energieinhalt in Form des Heizwerts [MJ]
»Upcycling« die Art der Rückführung in den stark auf seinen ersten Lebenszyklus optimiert genutzt. Als Emission entsteht insbesondere
Stoffkreislauf. Recycling bedeutet dabei im wurde, sondern über eine gewisse technisch- Kohlendioxid. Mit diesem Prozess wird der
Gegensatz zu Downcycling, dass theoretisch funktionale Neutralität verfügt. Halbzeuge, positive CO2-bindende Effekt erneuerbarer
ein dauerhafter Kreislauf über die vollständige aber auch standardisierte Baustoffe wie Ziegel Materialien wieder aufgehoben. Man spricht
Wiederverwertung ermöglicht wird. Upcycling oder Bauplatten, lassen ebenfalls eine Wieder- auch von »thermischem Recycling«, aller-
heißt, dass das Material im nächsten Zyklus verwendung zu. Da die Kosten für den materi- dings handelt es sich im Wortsinn nicht um
optimiert, z. B. sortenreiner, wird. algerechten Rückbau den Produktwert deutlich einen Recyclingprozess, da der Materialkreis-
übersteigen können, Rückbau häufig in engen lauf nicht weitergeführt wird. Mit dem aktuel-
Verwertungsarten Zeitfenstern durchgeführt wird und gebrauchte len Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz
Das Vorgehen bei der Verwertung ist Produkte Probleme bei der Gewährleistung ist für Deutschland aufgrund des begrenzt
ausschlaggebend für den ökologischen Wert, bedingen, findet eine Wiederverwendung aller- zur Verfügung stehenden Deponierungs-
den Erhalt des Grundstoffs und der im Material dings oft nicht statt. Bei Bauteilen mit hohem volumens für alle Bauteile aus organischen
gespeicherten Energie. Unabhängig von den oder historischem Wert wird das Verfahren Rohstoffen mindestens die thermische Ver-
oben genannten Rückführungsmöglichkeiten häufiger angewendet (Abb. B 5.98). wertung vorgeschrieben. Eine weitere typi-
unterscheidet man nach der Art der Verwer- Als Wiederverwertung wird die Wiedergewin- sche Form der Weiterverwendung ist der
tung (Abb. B 5.93): nung chemischer Grundstoffe zur Neuproduk- heute bereits weitverbreitete Umgang mit
tion desselben Materials bezeichnet, die auch mineralischen Baurestmassen. Sie werden
• Wiederverwendung ein Upcycling ermöglicht. Produkte mit nied- zu etwa 75 % über Downcycling als Straßen-
• Wiederverwertung riger Wertigkeit werden zu hochwertigen baumaterial oder Füllmasse verwendet (Abb.
• Weiterverwendung Produkten umgearbeitet. Die entstandenen B 5.93).

174
Material

B 5.92 Masseaufkommen und Recycling von Bauresten


in Deutschland
B 5.93 Nutzungsgebiete von Baurestmassen in
Deutschland
B 5.94 schematische Darstellung der Trennung einzel-
ner Gebäudeausbauschichten
B 5.95 Zellulosedämmung aus Altpapier
B 5.96 Regalsystem Montana aus Recycling-Kunststoff
B 5.97 Leuchtwandinstallation »Farben des Konsum«,
Berlin (D) 2003, Bär und Knell
B 5.98 historisches Fenster in einem Neubau
B 5.99 Wohngebäude aus wiederverwendeten Fertig-
bauteilen ehemaliger Plattenbauten, Chemnitz
(D) 2002, Zimmermann + Partner

B 5.95 B 5.96
Deponierung unmöglich gemacht (siehe Stadtraum und In- die Recyclingtechnologien einem Wandel.
Die generellen positiven Einflüsse einer frastruktur, S. 77). Eine Optimierung auf heute vorhandene Tech-
Verwertung lassen sich durch die Stoff- nologien erscheint daher aufwendiger und
stromanalyse darlegen. Nur wenn eine Ver- Rücknahmeverpflichtung weniger sinnvoll als eine möglichst umfassen-
wertung nicht möglich ist, erfolgt die Depo- Die EU-Gesetzgebung bereitet die generelle de Trennbarkeit und Sortenreinheit aller
nierung. und umfassende Rücknahmeverpflichtung für Schichten. Die Materialzusammensetzung
Die zur Ablagerung bereitstehenden Flächen Bauprodukte vor. Eine solche Verpflichtung sollte zudem bekannt und nachvollziehbar
sind in Deutschland, wie in fast allen Indus- soll sich zunächst auf Produkt- oder Gebäude- dokumentiert sein. Sind, wie beim Betonbau,
trieländern, stark begrenzt. Diese Form der hersteller beschränken. Die Qualität der Pla- Bauteile miteinander vergossen, lassen sie
Abfallbehandlung ist daher ebenso kosten- nung und die Betrachtung von alternativen sich nach Beendigung des Lebenszyklus nur
wie flächenintensiv; außerdem beeinträch- Austausch- und Abbruchprozessen wird durch Zerstörung voneinander trennen. Zwar
tigt sie Landschaftsbild und -nutzung. Bei jedoch die Möglichkeiten und die notwendigen lässt sich die sortenreine Wiedergewinnung
unsachgemäßer Handhabung können Schad- Aufwendungen für eine Rücknahme bestim- der Grundmaterialien durchführen, der
stoffe unkontrolliert in die Umwelt gelangen, men oder zumindest beeinflussen. Die daraus energieaufwendige Formgebungsprozess
Luft-, Wasser- und Bodenkontaminationen resultierenden rechtlichen Folgen für Architek- des Bauteils geht jedoch unwiederbringlich
verursachen und sich in der Nahrungskette ten und Bauherrn sind zurzeit noch unklar. verloren.
anreichern. Hinzu kommt die Gefahr der Eine vorausschauende Planung nimmt daher Daher sind gerade bei energiereichen Trag-
»wilden Deponierung« von Abfallstoffen, schon heute Bezug auf zu erwartende Ver- werkskonstruktionen die Möglichkeiten der
insbesondere bei mangelnder Überwachung. änderungen im Umgang mit Baustoffen und Nachnutzung zu beachten. Hier mündet die
Seit 2005 dürfen abgelagerte Abfälle in Bauteilen, etwa durch eine reversible Bauteil- Betrachtung industrieller Vorfertigungstech-
Deutschland aus Sicherheitsgründen nicht struktur. niken direkt in die Gestaltung demontage-
mehr »reaktiv« sein, d. h. sie dürfen sich in gerechter Konstruktionen. (Teil)demontage
ihrer Struktur nicht mehr verändern. Damit Materialkreislaufgerechte Konstruktionen und eine folgende Transformation können an
soll verhindert werden, dass innerhalb von Sind alle Möglichkeiten für die weitere Nutzung vielen Stellen wertvolle Bausubstanz oder Bau-
Deponien unkontrollierte chemische Prozesse eines Gebäudes ausgeschöpft, wird ein Ab- teile erhalten und durch planerische Leistung
ablaufen. Dies erfordert jedoch in den meisten bruch notwendig. Dann sollten die eingeführ- u. U. einen weiteren Nutzungszyklus ermög-
Fällen eine thermische Vorbehandlung des - ten Materialkreisläufe wieder getrennt werden lichen, sofern er nicht schon durch eine
Abfalls, die einen zusätzlichen Ressourcen- können. Dazu muss jede funktionale Schicht nutzungsneutrale Grundstruktur gegeben
verbrauch nach sich zieht. Der zuvor häufig und jedes Bauelement voneinander lösbar sein ist. Der Erhalt und der kreative Umgang mit
energie- wie ressourcentechnisch hochwer- (Abb. B 5.94). Eine Mindestanforderung be- dem Bestand sichert in aller Regel den lang-
tige, jedoch unsortierte Abfall wird dabei ver- steht in der Trennung von Materialschichten, fristig schonenden Umgang mit grauer Ener-
schmolzen. Eine spätere Rückgewinnung die für unterschiedliche Verwertungsarten gie und schafft für das Bauwesen eine
der Ressourcen wird damit erschwert oder vorgesehen sind. Allerdings unterliegen auch erhöhte Umweltverträglichkeit.

B 5.97 B 5.98 B 5.99

175
Strategien

B 6.1
Architekten und Planer sind der Qualität unse- Der Fortschrittsglaube der Moderne, die Bereit-
rer Umwelt in besonderer Weise verpflichtet. stellung komfortabler Lebensbedingungen
Kaum ein anderer Berufszweig greift so tief in durch beinahe beliebig großen Energie- und
die Sinnes- und Lebenswelt der Menschen und Ressourceneinsatz zu gewährleisten – unab-
zugleich in die weltweiten Energie- und Stoff- hängig von äußeren Bedingungen und inneren
ströme ein. Daher tragen Architekten in der Anforderungen –, hat zuweilen isolierte, von
Entwicklung nachhaltigen Wirtschaftens eine den vielfältigen Wechselbeziehungen abge-
entscheidende Verantwortung. löste Architekturen mit enormem Energiever-
Von der Notwendigkeit höherer Energie- und brauch hervorgebracht. Vor diesem Hinter-
Ressourceneffizienz sowie dem ganzheitlichen grund proklamierte Reyner Banham bereits
Denkansatz einer nachhaltigen Entwicklung 1967 die Notwendigkeit einer neuen Denkweise
werden voraussichtlich ähnlich wirksame in der Architektur, da die herkömmlichen Her-
Impulse ausgehen wie von den sozialpolitisch angehensweisen nicht ausreichen, um die
motivierten Veränderungen der Moderne. Diese zunehmenden Umweltprobleme zu lösen. Am
könnten eine Neudefinition von Architektur und Vergleich zwischen Motorboot und Segelboot
Bauen bewirken, sodass auch dieser Wirt- verdeutlicht er gegensätzliche Entwurfskonzep-
schaftszweig den erforderlichen Beitrag für te: »Mit einem Motor lässt sich praktisch jedes
eine nachhaltige und zukunftsfähige Entwick- schwimmende Objekt in ein steuerbares Schiff
lung liefern kann. verwandeln. Ein kleines, konzentriertes Maschi-
nenpaket verwandelt ein undifferenziertes
Bestehende Leitbilder hinterfragen Gebilde in einen Gegenstand mit Funktion und
Städtebau und Architektur entwickelten sich Zweck« [1]. Banham zufolge sollten Architekten
aus dem Kontext lokaler Klimabedingungen ein Haus nicht mehr als ein mit technischen
sowie vorhandener Material- und Energieres- Apparaturen ausgestattetes Gehäuse auffas-
sourcen. Erst seit wenigen Generationen hat sen, sondern zu einem »Klimagerät« weiterent-
sich das Bauen durch die Möglichkeit der Nut- wickeln, das wie ein Segelboot dynamisch auf
zung fossiler Energieträger von diesen Rah- die Umwelteinflüsse reagiert und sich durch
menbedingungen gelöst (Abb. B 6.6). In der die Ausnutzung des lokalen Energieangebots
Folge betrachtete man einen hohen Energie- versorgt (Abb. B 6.1).
verbrauch als Ausdruck überlegener Kultur.
Statistiken verwiesen auf die Fähigkeit entwi- Vision 2000-Watt-Gesellschaft
ckelter Länder, mehr Energie erzeugen und Während noch vor wenigen Jahrzehnten dis-
verbrauchen zu können als andere. kutiert wurde, Materie und Architektur weit-

Randbedingungen energieoptimiertes Gebäudekonzept Bewertung

Ökologie
(CO2-Belastung)
Klima Minimierung des
Energiebedarfs
Ökonomie
Nutzung (Lebenszykluskosten)

Recht Gesellschaft
(Akzeptanz)

Gestaltung Optimierung der


Energieversorgung Architektur
(Gestaltqualität)

B 6.2

176
Strategien

Mobilität 100 heute Primärenergie- Primärenergie-


6000 Watt / Person verbrauch verbrauch
(ÖV) 140
Neubau Umbau
Mobilität 180
(Flugzeug) 230 [MJ / m2a] [kWh / m2a] [MJ / m2a] [kWh / m2a]
Ziel
Mobilität 140
2000 Baumaterial 100 27,8 60 16,7
(Auto) 480
Watt / Person SIA Effizienzpfad Raumklima
Strom- 210 Büro
verbrauch 570 • PEh 45 12,5 85 23,6
Schule
Infra- 340 • PEhil,lü 25 7,0 25 7,0
sonstige
struktur 900
Wohnen Sektoren Warmwasser 40 11,1 40 11,1
Güter und 500 Licht / Apparate 130 36,1 130 36,1
Nahrung 1140
Bau- Raumklima Mobilität 100 27,8 100 27,8
Wohnen und 450
material
Arbeiten 1500 Zielwert A
Warmwasser
Energiebedarf [W] Wohnen 440 122 440 122
Mobilität
in der 2000-Watt-Gesellschaft
Schweizer Familie mit 4 Personen heute Licht und Apparate
B 6.3 B 6.4 B 6.5
gehend durch Energie zu ersetzen (z. B. Warm- schnittsdauerverbrauch in Westeuropa beträgt effizientes Bauen in einer 2000-Watt-Gesell-
luftschleier, pneumatische Konstruktionen), demgegenüber derzeit ca. 6000 Watt und in schaft erfolgreich zur Anwendung (siehe Bei-
werden heute die Grenzen des ungezügelten der Schweiz etwa 5000 Watt. spiel 15, S. 240ff.).
Energieeinsatzes offenbar. Begrenzte Verfüg- Als dauerhaft »klimaverträglich« beziffert der
barkeit und schädliche Umweltwirkungen ver- Weltklima-Rat einen CO2-Ausstoß von rund 1 t
langen nach neuen, positiven Zielsystemen. pro Person bzw. einer Dauerleistung von ledig- Energiekonzepte
Einer Studie des Wuppertal-Instituts für Klima, lich 500 Watt. Die Lücke von etwa 1500 Watt
Umwelt und Energie zufolge werden Gesell- müssen somit erneuerbare Energieträger ab- Die frühe Entwicklung eines Energiekonzepts
schaften erst wirklich zukunftsfähig, wenn decken. Das Modell strebt für die unterschied- ist ein zentraler Baustein für eine zukunfts-
»auch ihre Verfahren, Systeme, Rhythmen und lichen Sektoren wie z. B. Wohnen und Arbeiten, fähige Entwurfsplanung von Gebäuden. Wie
Ordnungsprinzipien in natürliche Ordnungs- Güter und Nahrung oder Mobilität entspre- Abb. B 6.2 zeigt, lässt sich das Vorgehen in
prinzipien eingebunden« sind und somit nicht chende Richtwerte in Watt an, um den Durch- einen analytischen Teil (Randbedingungen),
der Mensch als Zweck des Seins im Mittel- schnittsverbrauch in der Schweiz in den kom- einen prozessorientierten Teil (Konzeptent-
punkt steht, für den alles Übrige zur dienenden menden Jahrzehnten drastisch zu senken wicklung) und einen quantitativen Teil (Bewer-
Peripherie wird [2]. (Abb. B 6.3). tung) gliedern. Analog zur architektonischen
Um die Umsetzung von Forschungserkenntnis- Da etwa die Hälfte des derzeitigen Energiever- Formfindung ist das Erarbeiten eines solchen
sen in die Praxis nachhaltiger Gesellschafts- brauchs auf Erstellung, Betrieb und Unterhalt Konzepts ein kreativer Prozess, der nicht
und Stadtentwicklung zu ermöglichen, entwi- von Gebäuden entfällt, hat der Schweizer Inge- standardisiert werden kann. Diese Fähigkeit
ckelte die Eidgenössische Technische Hoch- nieur- und Architektenverein (SIA) mit dem stellt eine der Schlüsselqualifikationen für Pla-
schule Zürich 1998 im Rahmen des Projekts »SIA Effizienzpfad Energie« [3] speziell für das ner dar.
»Novatlantis« das Konzept einer 2000-Watt- Bauwesen geeignete Strategien und Referenz-
Gesellschaft. Dieses Modellprojekt geht davon größen entwickelt (Abb. B 6.4). Für die Nutzun- Analyse der Randbedingungen
aus, dass der Pro-Kopf-Energieverbrauch den gen Wohnen, Büro und Schulen wurden in den Grundlage für die Entwicklung eines Energie-
maßgeblichen Indikator zur Beurteilung von Bereichen Baumaterial (graue Energie), Raum- konzepts ist die Ermittlung der Randbedingun-
Nachhaltigkeit darstellt und basiert auf der klima, Warmwasser, Licht und Apparate sowie gen, die sich in vier Themengruppen untertei-
Annahme, dass 2000 Watt erforderlich sind, um Mobilität spezifische Zielwerte für den Weg zur len lassen (Abb. B 6.9).
wirtschaftlichen Wohlstand zu gewährleisten. 2000-Watt-Gesellschaft festgelegt (Abb. B 6.5).
Aufgrund der fossilen Energieversorgung trägt Die Primärenergie bildet die gemeinsame Klimatische Randbedingungen
derzeit im globalen Mittel jeder Mensch jährlich Bezugsgröße für alle Zielwerte, die in der Ein- Im Mittelpunkt stehen die standortspezifischen
mit über 4 t CO2 zum Treibhauseffekt bei, was heit MJ / m2a oder Watt / Person angegeben Temperatur- und Witterungsbedingungen
einer kontinuierlichen Leistung von 2000 Watt werden. Bei ersten Pilotprojekten wie dem sowie das Energiepotenzial. Der Jahrestempe-
oder 17 000 Kilowattstunden pro Jahr ent- Forum Chriesbach kam der »Effizienzpfad raturverlauf mit den jeweiligen Extremwerten
spricht (siehe Grundlagen, S. 42). Der Durch- Energie« bereits als Instrument für energie- bildet die Voraussetzung für die Definition der

B 6.1 »Klimagerät« Segelboot: Yachten Alinghi und


Oracle
B 6.2 Einflüsse auf die Entwicklung von energieopti-
mierten Gebäudekonzepten
B 6.3 durchschnittlicher Energiebedarf nach Sektoren in
Watt – heute und in der 2000-Watt-Gesellschaft
B 6.4 Rahmenbedingungen nach »SIA Effizienzpfad
Energie«
B 6.5 Zielwerte für 2000-Watt-kompatibles Bauen bei
Neubau und Umbau (Wohnnutzung)
B 6.6 schwimmende Insel von einem Pneu überdacht,
Zeichnung von Frei Otto 1967/68
B 6.6

177
Strategien

Mensch
Sonne Luft

Behag-
lichkeit
Nutz Minimierung

Bedarfshin-
u

terfragung/
Ausla ng Klim
a

Bedürfnis/
stun des Bedarfs
g Ort

Bedarf
und t
Baub gie- gebo
edar
f Ener urcenan
o
Ress
Syne
und rgien
gie- darf
Ener urcenbe

erneuerbar/
Wasser Flora / Fauna o
Ress

nicht ern.
deckung
Bedarfs-
Akze
klus it pt
Optimierung der Image anz
nszy e
Lebe haftlichk
c Bedarfsdeckung
Wärme Wirts

Effizienz
Umwelt-
wirkung
Kälte
Strom
Erdreich Grundwasser
B 6.7 B 6.8
thermischen Qualität der Gebäudehülle. Die raum), an sommerlichen Wärmeschutz (z. B. Gasanschluss, Anschlusszwang etc.) sowie
Temperaturdifferenz zwischen Tag- und Nacht- inBüroräumen maximale Temperaturen) oder sich aus der Nutzung ergebende rechtliche
lufttemperaturen gibt Auskunft über das Poten- an die Luftqualität (z. B. Luftwechselrate in Forderungen (z. B. Lüftung bei Konzertsälen)
zial einer passiven, freien Kühlung über die einem Klassenraum) wichtige Randbedingun- weitere wichtige Einflussgrößen.
Nachtluft. Die Jahresdurchschnittstemperatur gen für die Entwicklung eines Energiekon-
beeinflusst das Temperaturniveau des oberflä- zepts vor. Gestalterische Randbedingungen
chennahen Erdreichs und damit die mögliche Bei der Entwicklung von Energiekonzepten bil-
Nutzung der oberflächennahen Geothermie. Technische und rechtliche Randbedingungen den die lokal verfügbaren Umweltenergiepo-
Die Luftfeuchtigkeit bildet die Grundlage für die Vorgaben des Bauplanungs- und Bauord- tenziale – und somit die vielfältigen Wechsel-
Festlegung der Be- und Entfeuchtung und zeigt nungsrechts (z. B. Bebauungsplan, Gestal- beziehungen zwischen dem Gebäude und sei-
die Möglichkeiten direkter adiabater Kühlung tungssatzung etc.) sowie zur Energieeinspa- ner unmittelbaren Umgebung – wesentliche
auf. Jahreszeitlich vorherrschende Windge- rung bilden ein immer dichter geflochtenes gestalterische Randbedingungen (Abb. B 6.7).
schwindigkeiten und -richtungen geben Hin- Regelwerk. Daraus leiten sich Bebauungsdich- Aus dem jeweiligen solaren Strahlungsangebot
weise zur natürlichen Be- und Entlüftung oder te, Kubatur, Dachformen, Materialvorgaben unterschiedlicher Himmelsrichtungen resultie-
zur Stromerzeugung aus Windkraft. Nieder- etc. ab. Ergänzend bieten Informationen zur ren z. B. spezifische Anforderungen an trans-
schlagsmengen und ihre Verteilung stellen das technischen Infrastruktur (z. B. Fernwärme, parente Außenwandflächen oder an Sonnen-
Potenzial einer Verdunstungskühlung über
RLT-Anlagen dar. Eine genaue Kenntnis der
geologischen Randbedingungen ist erforder- Randbedingung Information Handlungsfeld
lich für Maßnahmen zur Nutzung des Erdreichs Klima Temperatur Extremwerte thermische Qualität der Gebäudehülle
bzw. des Grundwassers für die Gebäudehei- Temperaturdifferenz Tag / Nacht Potenzial für freie Kühlung durch Nachtluft
Jahresmitteltemperatur Leistungspotenzial für Luft-Erdregister
zung oder -kühlung. Die solare Strahlungsleis- relative Luftfeuchtigkeit Sommer / Winter Möglichkeit für direkte adiabate Kühlung
tung auf die Gebäudehülle und die Analyse der mittlere Windgeschwindigkeiten Stromerzeugung durch Windenergie
Sonnenbahnen bilden die Grundlage für die Verteilung der Windrichtungen natürliche Be- und Entlüftung durch Windbewegung
passive Solarnutzung, den sommerlichen Wär- Niederschlagsmenge und -verteilung technischer Einsatz von Verdunstungskühlung
geologische Erdschichten Erschließung des Erdreichs über Erdsonden
meschutz sowie die Ermittlung der Effizienz
Grund- und Oberflächenwasser Nutzung als Wärmequelle und für passive Kühlung
solarthermischer Systeme und photovoltaischer Energiemenge Solarstrahlung passive und aktive solare Wärme- und Stromerzeugung
Anlagen. Sonnenbahnverlauf Optimierung des sommerlichen Wärmeschutzes
Nutzung Anforderung an beheizte Flächen minimale und maximale Temperatur
Nutzungsspezifische Randbedingungen Zielvorgaben für sommerlichen Raumtemperatur und Temperaturspreizung
Die erforderlichen Energiedienstleistungen Wärmeschutz (z. B. 22 °C ± 2 °C; 21 – 28 °C)
ergeben sich aus der Analyse der nutzungs- Anforderung an Luftqualität AGW-Werte; CO2-max.-Werte
Anforderung an Luftfeuchtigkeit relative Luftfeuchte und Spreizung (z. B. 50 % ± 10 %)
spezifischen Randbedingungen, die in vielen Anforderung an Beleuchtung – Luxwerte Sonnen- und Blendschutzsystem
Fällen aus der Gebäudenutzung entstehen. Sie
Recht B-Plan Optimierung der Flächennutzung bis maximal
werden jedoch auch durch die individuellen zulässiger Bebauungsdichte
Vorstellungen des Bauherrn bzw. Nutzers EnEV maximaler Primärenergieverbrauch
beeinflusst. So geben die Anforderungen an DIN 18599 Wärmequellen und -senken
Raumtemperaturen (z. B. Wohn-, Schlaf-, Büro- Anschlusszwang Infrastrukturnutzung und Erhöhung der Auslastung
wasserrechtliche Vorgaben Nutzung des Erdreichs und des Grundwassers als
Energieträger
rechtliche Vorgaben aus Nutzung z. B. Wärmerückgewinnung bei erforderlicher
B 6.7 schematische Darstellung lokaler Energiepoten- maschineller Lüftung
ziale Denkmalschutz Erhaltung der Raumwirkung z. B. durch Innendämmung
B 6.8 Prozessschema zur Entwicklung von Energie-
Gestaltung umgebende Bebauung und mikro- architektonische Gestaltung in Verbindung mit der
konzepten
klimatische Randbedingung Nutzung von Umweltenergien
B 6.9 Randbedingungen und Handlungsfelder zur Ent-
Verhältnis von Grundstücksgröße Nutzbarkeit primärer und sekundärer Solarenergie
wicklung von Energiekonzepten
zu Bauvolumen -
B 6.10 Möglichkeiten zur Abstimmung von Energie-
Verhältnis Nutzfläche zu pot. Solarfläche Anteil transparenter Wandflächen nach Himmels-
angebot und -bedarf
richtungen
B 6.11 Bauteile und ihre energetische Nutzbarkeit

B 6.9

178
Strategien

Angebot Gebäudetechnik Bedarf

Energiesammlung Energiewandlung Energiespeicherung Energieverteilung Energieübergabe

Erdöl Erdgasanschluss Gasbrennwertkessel Trinkwasserspeicher raumlufttechnische Heizkörper Raumwärme


Erdgas Erdöltank Ölkessel Pufferspeicher Anlage Fußbodenheizung Raumkälte
Netzstrom Fernwärme- Elektroerhitzer Solarspeicher Warmwasserkreis Wandheizung Trinkwasserwärme
Fernwärme übergabestation Wärmepumpe Kombispeicher Kaltwasserkreis Fassadenheizung Befeuchtung
Nahwärme Holzpelletlager solartherm. Anlage Langzeitwärme- Warmluft Bauteilaktivierung Entfeuchtung
Fernkälte Hackschnitzellager Photovoltaikanlage speicher Kaltluft Quellluftauslass Außenluft
Solarstrahlung Pflanzenöltank Pelletkessel Erdsondenspeicher Elektroleitung Weitwurfdüse Licht
Holzpellets Erdsonden Hackschnitzelkessel Latentwärmespeicher Gasleitung Entnahmestelle Strom
Holzhackschnitzel Grundwasserbohrung Blockheizkraftwerk Sorptionsspeicher Heizkreis Prozesswärme
Pflanzenöl Wärmetauscher Kompressionskälte- Batterien Kühlwasserkreis Prozesskälte
Erdwärme Wärmerück- maschine Druckluftspeicher
Grundwasser gewinnung Sorptionskälte- Schwungrad
Oberflächenwasser maschine Wasserstoff
Außenluft Verdunstungskühlung
Wind Brennstoffzelle
B 6.10
schutzvorrichtungen. Zudem sind geometri- nen und Materialien sollten bei Planungsbeginn Energieversorgung. Dazu muss die Kette von
sche Aspekte wie z. B. das Verhältnis von so aufeinander abgestimmt werden, dass das den Energiequellen bis zur gewünschten Ener-
Grundstücksgröße zu Bauvolumen, von Nutz- Gebäude in einem möglichst langen Zeitraum giedienstleistung nachvollzogen und auf eine
fläche zu potenzieller Solarfläche, die Verschat- ohne umfangreiche technische Unterstützung möglichst hohe Effizienz und Zukunftsfähigkeit
tung durch umgebende Bebauung oder beson- ein behagliches Raumklima bereitstellen kann. untersucht werden (Abb. B 6.10). Der Flächen-
dere Anforderungen des Bauherrn wesentliche Hierzu sind Komponenten und Bauteile eines bedarf zur Energiesammlung ist ebenso früh-
Entwurfsparameter. Darüber hinaus sollte dies Gebäudes nicht nur auf ihre konstruktiven, zeitig zu berücksichtigen wie die Bereitstellung
alles unter Energie- und Nachhaltigkeitsge- funktionalen und gestalterischen Eigenschaften geeigneter Technikflächen.
sichtspunkten kritisch hinterfragt werden. auszurichten, sondern mit diesen zugleich Beginnen sollte jede Überlegung zum Energie-
einen energetischen Zusatznutzen anzustreben konzept mit der Frage, ob und in welchem
Konzeptentwicklung (Abb. B 6.11). Dabei liegt die Herausforderung Umfang spezifische Energiedienstleistungen
Die Entwicklung des Energiekonzepts sollte neben der Nutzung von Synergieeffekten auch ohne Qualitätsverluste für den Nutzer vermeid-
zwei sich ergänzende Ziele umfassen (Abb. B in der kreativen Lösung von Zielkonflikten (Abb. bar sind. Die systematische Behandlung dieser
6.8). Zum einen ist darauf zu achten, den Ener- B 6.31). »Nulloption« kann zur Entdeckung einfacher
giebedarf durch geeignete bauliche Maßnah- Der zweite konzeptionelle Schwerpunkt betrifft technischer Lösungen und neuer Raumerfah-
men gering zu halten. Baukörper, Konstruktio- eine nachhaltige Gestaltung der technischen rungen führen.

Bereich, Bauteil Primärfunktion erweiterte Funktionen

Außenbereich funktionale Erschließung, Stellplatz- Erdreich als Wärmetauscher, mikroklimatische Verbesserung durch gezielte Bepflanzung und Wasserflächen, Son-
fläche, Erholungsfläche nenschutz, Windschutz, minimierte Versiegelung, Regenwassernutzung

Fundamente Gründung des Gebäudes Speichermasse als durchlüftete Konstruktion zur Frischluftkonditionierung, Pfahlgründung zur geothermischen
Energienutzung

Bodenplatte Abdichtung und Statik, unterer hohe thermische Qualität durch hoch belastbare, multifunktionale Dämmmaterialien, integrierte Installation von
Bauwerksabschluss, Gründung Wärmeträgermedien (Luft / Wasser)

Außenwände Schutzfunktion gegenüber Witterung, hohe Wärmedämmqualität und Luftdichtheit zur Reduktion der technischen Anlagen für Heizen und Kühlen, Inte-
Schall, Wärme und Kälte gration von Lufteinlässen, Integration solarer Energiegewinnsysteme für Strom und Wärme

Fenster natürliche Raumbeleuchtung und hohe Wärmedämmqualität und Luftdichtheit zur Reduktion der technischen Anlagen zum Heizen, Tageslicht- und
Belüftung, Außenbezug Energieoptimierung durch Anordnung, Größe und Selektivität von Verglasungen, solare Kontrolle mit Sonnen- und
Blendschutz für minimale Kühllasten, Integration von Lufteinlässen, verglasungsintegrierte Solarstromanlagen

Dach Schutzfunktion gegen Witterung, hohe Wärmedämmqualität und Luftdichtheit zur Reduktion der technischen Anlagen für Heizen und Kühlen, mikro-
Regenentwässerung, klimatische Wirkung bei Gründächern, Temperaturamplitudendämpfung, Tageslichtversorgung, Integration solarer
oberer Gebäudeabschluss Energiesysteme

Atrium witterungsgeschützter Nutz- Wärmequelle oder Wärmesenke im Rahmen passiver Heiz- / Kühlstrategien für angegliederte Räume, Klimapuffer,
raum, interne Erschließung Tageslichtversorgung bei entsprechender Optimierung, Bestandteil von Lüftungskonzepten als Luftverteiler oder
Luftsammler (freier Auftrieb), Synergie von Abluft- und RWA-Klappen

Treppenhaus interne vertikale Erschließung, Fluchtweg Gebäudeentlüftung über freien Auftrieb

Innenwand Grundrissorganisation, Raumtrennung, Erhöhung der thermischen Speicherkapazität zur Temperaturamplitudendämpfung, Materialwahl (transparent / opak)
Brandschutz, Statik und Oberflächeneigenschaften (Absorption / Reflexion) in Abstimmung mit der Tageslichtoptimierung und der
Akustik, Integration von Überströmöffnungen zur Lüftung und zur nächtlichen Erwärmung der Speichermassen

Decke Verkehrslast, Trittschallschutz, Akustik, Nutzung der thermischen Pufferwirkung zur Temperaturamplitudendämpfung durch Verzicht auf Deckenabhängung,
Aufnahme elektrischer Leuchten, Oberflächeneigenschaften in Abstimmung mit Tageslichtoptimierung (Lichtreflexion) und Akustik, thermische Bau-
Installationsraum teilaktivierung zum Heizen und Kühlen über bauteilintegrierte Rohrregister

Fußboden Nutzflächen mit entsprechendem Boden- Heizen und Kühlen im Niedertemperaturbereich, Optimierung thermischer und akustischer Anforderungen
belag, Hohlraum für Installationsleitungen

B 6.11

179
Strategien

Grundlagenermittlung verglichen werden. Erneuerbare Energieträ-


Die Basis des Energiekonzepts wird bereits im ger und eine effiziente Anlagentechnik sollten
Zuge der Grundlagenermittlung gelegt (Abb. die Basis einer nachhaltigen Energieversor-
B 6.13). Dabei muss zum einen der Zielkonflikt gung sein.
zwischen niedrigen Investitions- und geringen
Betriebskosten geklärt werden. Eine einseitige Mit Abschluss der Vorentwurfsplanung ist erst-
Sicht auf möglichst niedrige Erstkosten kann mals einschätzbar, ob mit dem bisherigen
a b hohe Betriebskosten zur Folge haben, die Ansatz die geforderten Benchmarks oder
sich gesamtwirtschaftlich gesehen ungünstig Werte nach EnEV eingehalten werden können.
auswirken und die langfristige Benutzbarkeit Um das Konzept später nicht grundlegend
beeinträchtigen können. Zum anderen bildet ändern zu müssen, sollten in dieser Phase
die Setzung von Benchmarks die Grundlage für angemessene Sicherheiten in Höhe von 20 bis
die energetische Entwurfsstrategie sowie den 30 % eingeplant werden.
zu erreichenden Standard der Gebäudehülle
und der Anlagentechnik. In der Regel ist es Entwurfs- und Genehmigungsplanung
sinnvoll, die sich bietenden Möglichkeiten sys- In der Phase der Entwurfsplanung werden auf
c d B 6.12 tematisch auszuschöpfen, bevor in aufwendige der Grundlage des Vorentwurfs die energe-
Technik investiert wird. tischen Eigenschaften des Gebäudeentwurfs
verfeinert und mit der Anlagentechnik abge-
B 6.12 Studien zum Energiebedarf für einen Wettbe- Vorplanung stimmt.
werbsbeitrag zur HafenCity Hamburg (D) 2003, In der Vorplanung werden die Fundamente für
Hegger Hegger Schleiff
ein energieeffizientes und nachhaltiges Gebäu- • Haus- und Anlagentechnik: Solartechnik,
a Variante 1: 100 %
b Bebauungsplan: 102 % de gelegt. In dieser Phase können einfache Heizraum, Brennstoffvorrat, Speicher, Schorn-
c Variante 2: 105 % Simulationsverfahren dazu beitragen, den Ent- stein und Heizflächen prägen je nach Ener-
d Variante 3: 109 % wurf in Bezug auf seine energetischen Qualitä- giekonzept das Bild des Hauses und der
B 6.13 Themen und Bearbeitungsschritte bei der Ent- ten zu prüfen und zu optimieren. Folgende Innenräume entscheidend mit.
wicklung von Energiekonzepten nach Leistungs-
phasen (Lph) der HOAI Ziele sollten Beachtung finden: • thermische Qualität der Gebäudehülle:
B 6.14 etablierte Energiestandards für Gebäude und Festlegung des detaillierten Schichtenauf-
ihre Definitionen • A / V-Verhältnis: Auch wenn hüllflächenopti- baus der Hüllkonstruktionen unter Berück-
B 6.15 Galerie für das 21. Jahrhundert, Entwurfsskizze, miertes Bauen keineswegs zwingend vorge- sichtigung der Minimierung von Transmis-
Future Systems 1993
schrieben ist, so sind die Auswirkungen auf sionswärmeverlusten. Zudem müssen die
B 6.16 Green Building, Entwurfsskizze, Future Systems
1990 den Energiebedarf im Betrieb nicht zu unter- U-Werte der jeweiligen Aufbauten ermittelt
schätzen. Bei kleineren Bauvorhaben lassen werden.
sich zwischen 15 und 20 %, bei größeren • Wärmebrücken: Ein Blick auf die Wärmebrü-
immerhin noch bis zu 10 % der Heizenergie cken zeigt, dass sich hier ein großes bauphy-
einsparen (Abb. B 6.12). Gutes Tageslicht- sikalisches, technisches und energetisches
Lph 1: Grundlagenermittlung
angebot und natürliche Lüftung stellen aller- Optimierungspotenzial verbirgt. Ziel ist eine
• Energiestandard / Benchmark definieren
dings Grenzen der Kompaktheit dar. wärmebrückenfreie, in der Bestandsmoder-
• effiziente Gebäudehülle und / oder Anlagentechnik • Gebäudeausrichtung und solare Gewinne: nisierung möglichst wärmebrückenarme
abwägen
Fenster spielen als »Energiekollektoren« für Bauweise.
energetische Entwurfsstrategie die energetische Optimierung eine wichtige
Lph 2: Vorplanung Rolle. Fremd- und Eigenverschattungen müs- Mit Abschluss der Entwurfs- und Genehmi-
• A /V-Verhältnis optimieren sen analysiert und bewertet werden, wobei gungsphase wird ein Nachweis der energeti-
• Ausrichtung optimieren jedem Fenster ein eigener Verschattungsfak- schen Qualität als notwendiger Bestandteil des
• solare Gewinne optimieren
tor zugeordnet wird. Somit lassen sich die Bauantrags erstellt. Für den Anwender von
»energetisch aktiven« Flächen genau bestim- EnEV-Berechnungsprogrammen sind die
• Gebäudehülle konkretisieren
men und optimale Positionen und ermitteln. erforderlichen Formulare gleichzeitig Grund-
• Wärmebrücken überprüfen »Verschattungsfaktoren« machen in Bezug lage der energetischen Entwurfsoptimierung.
• Energieträger / Heiztechnik wählen auf die Anordnung der Fenster die Energie-
erste Schätzung des Energiebedarfs nach EnEV gewinne quantifizierbar. So kann ggf. ein im Ausführungsplanung, Ausschreibung, Vergabe
Lph 3 – 4: Entwurfs- und Genehmigungsplanung Hinblick auf das A / V-Verhältnis nicht optima- und Objektüberwachung
• Haus- und Anlagentechnik gestalterisch integrieren les Gebäude dennoch die energetischen Die energetischen Eigenschaften der Entwurfs-
Gewinne erhöhen, weil es an den entschei- planung sollten gewissenhaft in die Ausfüh-
• Hüllkonstruktion detailliert festlegen
denden Stellen die Solarstrahlung nutzt. rungsplanung übernommen und detailliert aus-
• U-Werte aller Außenbauteile ermitteln
• Gebäudehülle: Der erforderliche Wärme- gearbeitet werden. Das gilt für Qualitäten,
• Wärmebrücken reduzieren schutz und die bauphysikalischen Eigen- Schichtdicken sowie für eine luftdichte und
EnEV-Nachweis erstellen schaften einzelner Wandaufbauten sind früh- wärmebrückenfreie Ausbildung von Details.
Lph 5 – 8: Ausführungsplanung, Ausschreibung, zeitig zu bestimmen und lassen sich mithilfe Bei der Ausschreibung und Vergabe sollte
Vergabe, Objektüberwachung von Energie-Softwareprogrammen schnell besonders auf dauerhafte und austauschbare
• A / V-Verhältnis optimieren untersuchen. Ein Vergleich von energeti- Materialien geachtet werden. Änderungen wäh-
• Qualifizierung der ausführenden Baufirmen schen und wirtschaftlichen Eigenschaften rend der Bauzeit dürfen die energetischen
• Dämmqualität eingebauter Baustoffe überwachen
verschiedener Aufbauten kann dabei helfen, Eigenschaften und die Ergebnisse des EnEV-
sich bereits im Entwurf einer optimalen Nachweises nicht gefährden.
• Dichtheit überwachen
Lösung zu nähern. Entscheidend wirkt sich die plangetreue
• energetische Qualität überprüfen • Heiztechnik: Unterschiedliche Heiztechniken Umsetzung auf der Baustelle aus, was u. a. die
EnEV-Nachweis fortschreiben, Energiebedarfs- und Brennstoffe sollten frühzeitig analysiert präzise und lückenlose Verlegung der Wärme-
ausweis ausstellen und hinsichtlich ihrer Effizienz miteinander dämmung sowie die Vermeidung von Wärme-
B 6.13

180
Strategien

Standard Bilanzierungsebene Grenzwerte Bemerkungen


brücken betrifft. Erfahrungsgemäß kommt der
Qualität der Anschlüsse von Dächern, Fens- EnEV-Wohn- D Primärenergiebedarf für Heizung, in Abhängigkeit von gesetzliche Mindestanforderung
gebäude Lüftung und Trinkwarmwasser der Kompaktheit in Deutschland
tern, Türen und Verglasungen eine besonders
EnEV-Nicht- D Primärenergiebedarf für Heizung, Lüf- in Abhängigkeit von gesetzliche Mindestanforderung
hohe Bedeutung zu. Gerade dort können aus
wohngebäude tung, Trinkwasser, Kälte, Beleuchtung Referenzgebäuden in Deutschland
mangelnder Luftdichtheit hohe Lüftungswärme-
KfW-60-Haus D Primärenergiekennwert nach EnEV max. 60 kWh / m2a Nachweis für Fördermittel
verluste entstehen. Entsprechend des Baufort-
schritts ist die Ausführungsqualität der jewei- KfW-40-Haus D Primärenergiekennwert nach EnEV max. 40 kWh / m2a Nachweis für Fördermittel
ligen Gewerke mit geeigneten Messungen Minergiehaus CH gewichtete Energiekennzahl (End- max. 42 kWh / m2a weitere Anforderungen:
wie z. B. dem »Blower-Door«-Test oder die energie): Heizung, Lüftung, Trink- z. B. Gebäudehülle, mechanische
warmwasser, Klimatisierung Lüftung, Kosten
Thermografie zu überprüfen.
Zum Bauabschluss stellt der Planer einen Ener- Minergie-Plus- CH gewichtete Energiekennzahl (End- 25 – 30 kWh / m2a weitere Anforderungen:
Haus energie): Heizung, Lüftung, Trink- Luftdichte, installierte Wärmeleis-
giebedarfsausweis auf Grundlage der tatsäch- warmwasser, Klimatisierung tung, Heizwärmebedarf, Strombedarf
lich im Bau erreichten Kennwerte aus.
Klimahaus I Heizenergiebedarf max. 50 kWh / m2a Klimahaus A: max. 30 kWh / m2a
Klimahaus Gold: max. 10 kWh / m2a
Bewertung
Passivhaus D Heizwärmebedarf max. 15 kWh / m2a Nebenanforderung:
Energiekonzepte machen schon in frühen Primärenergiebedarf für Heizung,
Planungsphasen eine objektivierte Bewertung Trinkwarmwasser und Haushalts-
möglich. Energiebedarf, Behaglichkeit und strom max. 120 kWh / m2a
Emissionen können über Kennwerte und
Maßnahmenbeschreibungen mit vertretbarem B 6.14
Aufwand recht präzise ermittelt und bewertet
werden. Im Sinne einer Gesamtbetrachtung bedeutende Einflussgrößen für die Zufrieden- Betrachtungsebene
sind vier Dimensionen – ökologische, ökono- heit der Nutzer dar. Für die Aussagekraft eines Energiekonzepts ist
mische, soziale und architektonische Bewer- dessen Bilanzierungsgrenze entscheidend. Es
tung – wichtig: Architektonische Bewertung muss geklärt werden, ob lediglich die Energie-
Energiekonzepte können das Erscheinungsbild aufwendung für die Wärmebereitstellung eines
Ökologische Bewertung von Gebäuden und Räumen entscheidend Gebäudes während der Nutzungsphase im
Sie betrachtet mögliche negative Folgewirkun- beeinflussen. Sie sollen die Architektur im posi- Blickpunkt steht, alle Energiedienstleistungen
gen der Energienutzung und -gewinnung auf tiven Sinn prägen und damit einer Baukultur im Betrieb oder gar sämtliche Energieaufwen-
die Umwelt. Die primäre Bewertungsgröße ist sichtbaren Ausdruck verleihen, die sich den dungen von der Herstellung über den Betrieb
die Emission von CO2 bzw. äquivalenter Stoffe. großen gesellschaftspolitischen Herausforde- bis zum Rückbau eines Bauwerks (Abb. B
Die Bilanzierung erfolgt nach allgemein aner- rungen unserer Zeit stellt. 6.19). Im Zuge der EU-Gebäuderichtlinie und
kannten Methoden. Vorab sind die Bilanzie- der Novellierung der Energieeinsparverordnung
rungsgrenzen zu bestimmen (Abb. B 6.19). Zielvereinbarung fließen bei Nichtwohngebäuden neben der Wär-
Als Grundlage für die Entwicklung eines Ener- mebereitstellung auch die Energiedienstleistun-
Ökonomische Bewertung giekonzepts ist eine klar formulierte Vereinba- gen für Beleuchtung, Kühlung und Lüftung ein
Hier steht die Gesamtwirtschaftlichkeit von rung über die energetischen Ziele für das (siehe S. 185). Hinsichtlich der Betrachtungs-
Maßnahmen zur Optimierung der Energieeffi- Gebäude zweckmäßig. Eine Orientierung kön- ebene gibt es prinzipiell drei Ansätze:
zienz, zur Nutzung regenerativer Energiequel- nen energetische Standards bieten, die durch
len und zur Ökoeffizienz von Projekten auf dem eindeutige Definitionen bezüglich der energe- • Energieerzeugung und -verbrauch erfolgen
Prüfstand. In diesem Zusammenhang geht die tischen Anforderungen, Berechnungsmethoden vollständig dezentral, d. h. das Gebäude ist
immer noch weit verbreitete alleinige Betrach- und Nachweisverfahren beschrieben sind energieautark. Das führt in der Regel zu
tung der Investitionskosten und ihrer Minimie- (Abb. B 6.14). Darüber hinausgehende Zielset- hohen Speicheraufwendungen und ist nur in
rung am Ziel vorbei. Nur in Verbindung mit zungen können auf Basis solcher Definitionen isolierten Lagen ohne Anschluss an vorhan-
einer Analyse der laufenden Kosten, von För- erfolgen. So lässt sich z. B. die Zielvereinba- dene technische Infrastruktur sinnvoll.
dermaßnahmen und ggf. zu erwirtschaftenden rung nach einem »CO2-neutralen Gebäude« • Die Energieerzeugung erfolgt dezentral, der
Einnahmen aus der Nutzung erneuerbarer umsetzen, indem der gesamte Energiebedarf Energieverbrauch ist jedoch über den Netz-
Energien lässt sich ein Gesamtbild der Öko- während der Betriebsphase oder auch im verbund abgesichert. Dabei wird z. B. das
nomie einer Maßnahme erreichen. Ziel ist die gesamten Lebenszyklus durch erneuerbare Stromnetz als verlustarmer Speicher genutzt,
Betrachtung der Kosten über den gesamten Energien bereitgestellt wird. um Energieüberschüsse einzuspeisen und
Lebenszyklus eines Gebäudes.

Gesellschaftliche Bewertung
Bei der Beurteilung von Energiekonzepten
müssen insbesondere die Auswirkungen auf
die Nutzer berücksichtigt werden, denn die
Nutzerakzeptanz ist für das Wohlbefinden und
für einen planungsgemäßen Betrieb letztlich
die entscheidende Vorausetzung. Neben dem
thermischen Komfort beeinflussen vor allem
der visuelle, akustische und olfaktorische Kom-
fort (z. B. Empfindungstemperatur, Raumluft-
feuchte und Luftbewegung) das Behaglich-
keitsempfinden. Zudem stellen die Möglichkei-
ten, auf das Raumklima einwirken zu können
(z. B. öffenbare Fenster, individuell regelbarer
Sonnen- bzw. Blendschutz etc.), weitere B 6.15 B 6.16

181
Strategien

EnEV 2007
Wohnbau

EnEV 2007
Nichtwohnbau

Passivhaus

»Ökobilanz-
haus«1
Gewinnung Rohstoffe •
Herstellung Baustoffe •
Herstellung Gebäude •
Heizwärme • • • •
Trinkwasserwärme • • • •
Lüftung • • • •
Kühlung • •
Beleuchtung • •
Haushaltsstrom • •
elektr. Arbeitshilfen •
Aufwand Rückbau •
Aufwand Entsorgung •
1
möglicher Bilanzierungsumfang
B 6.17 B 6.18 B 6.19
bei Bedarf Fremdenergie zu beziehen. Im die Leistungsfähigkeit eines Gebäudes zu unterscheidet man statische und dynamische
Idealfall wird in jedem Gebäude in der Jah- optimieren und damit eine maximale Behag- Berechnungsmethoden.
resbilanz die Menge Energie erzeugt, die lichkeit bei minimalem Energiebedarf zu errei- Statische Simulationen setzen einfache Berech-
auch verbraucht wird. chen. Für den gesamten Entwicklungsprozess nungsalgorithmen um. Sie dienen zur punktuel-
• Energieerzeugung und Energieverbrauch eines Energiekonzepts stehen unterstützende len Berechnung von Extremwerten (z. B. Heiz-
eines Gebäudes sind in einem Netzverbund Softwaresysteme zur Verfügung. Umfangreiche und Kühllast) oder zur vereinfachten Ermittlung
zusammengefasst. Die gebäudespezifische thermodynamische Prozesse innerhalb eines von Jahresenergiesummen (z. B. Heizwärme-
Energieerzeugung ist vollständig vom Ver- Gebäudes werden im Zusammenspiel mit den bedarf nach Passivhausprojektierung oder Jah-
brauch entkoppelt, der Energiebedarf wird dynamischen Umweltbedingungen als virtuel- resprimärenergiebedarf nach EnEV).
durch geeignete externe Energiequellen les Modell abgebildet. Das ermöglicht, sowohl Dynamische Simulationen dagegen bilden die
abgedeckt (z. B. »Ökostrom«). Es erfolgt eine den spezifischen Energiebedarf von Gebäuden Energieströme in Gebäuden unter den verän-
Gesamtbilanzierung über einen definierten als auch die energetischen Auswirkungen alter- derlichen inneren und äußeren Lasten realitäts-
Raum (z. B. Stadt, Region, Land). Die Ener- nativer Planungsentscheidungen im architekto- nah nach. Unter Einfluss variabler Parameter
giebilanz des Gebäudes wird über formale nischen Entwurf quantitativ zu ermitteln (Abb. ermitteln sie in definierten Zeitschritten den
Hilfsmittel (z. B. Zertifikate) erstellt und B 6.17 und 18). Energiefluss und berücksichtigen so z. B. die
ermöglicht beispielsweise eine direkte Die Vielzahl der verfügbaren Softwareprogram- Speicherfähigkeit von Bauteilen, ein sich
Anrechnung von Windenergieerträgen auf me bietet für alle energetisch relevanten Frage- änderndes Nutzerprofil oder den Tages- und
den Energieverbrauch eines räumlich ent- stellungen spezialisierte Anwendungen (Abb. Jahresverlauf der Solarstrahlung. Neben Analy-
fernten Objekts. B 6.20), z. B. Analyse des Energiebedarfs, sen zum thermischen Verhalten des Gebäudes
Komfortbetrachtungen in Innenräumen, strö- können über dynamische Simulationen auch
Planungshilfen mungstechnische Berechnungen oder Ertrags- die Beleuchtungssituation und Luftbewegun-
Simulationsprogramme unterstützen das Ziel, prognosen technischer Systeme. Prinzipiell gen in Räumen simuliert werden.

Auslegung
Bewertung
Nachweis
CAD-Ver-
knüpfung
bildgebend
filmgebend
Berechnung / Simulation Anwendung Ergebnisse

statische Planungshilfen
Heizlast Ermittlung der maximalen Heizleistung im ungünstigsten Fall zur Normheizlast [W] • •
Dimensionierung der Nutzenübergabe und Wärmeerzeugung
Kühllast Ermittlung der maximalen Kühllast im ungünstigsten Fall zur Kühllast [W] • •
Dimensionierung der Nutzenübergabe und Kälteerzeugung
Jahresenergiebedarf Ermittlung der Jahresenergiemengen für verschiedene Heizwärmebedarf [kWh / m2 a] • • •
Energiedienstleistungen nach definierten Rechenmethoden Primärenergiebedarf [kWh / m2 a] für Heizung,
Trinkwarmwasser, Lüftung, Beleuchtung, Kühlung
dynamische Planungshilfen
thermische Simulation Ermittlung des thermodynamischen Verhaltens von Bauteilen und Heizlast [W], Kühllast [W] • • • •
Gebäuden zur Bewertung von Komfortbedingungen, Lufttemperaturen [°C]
Jahresenergiemengen und Energieleistungen Oberflächentemperaturen [°C]
Tageslichtsimulation Ermittlung der Beleuchtungssituation von Räumen und Verschattungs- / Besonnungsdauer • • • •
Gebäuden zur Tages- und Kunstlichtoptimierung Leuchtdichteverteilung
Beleuchtungsstärken
Strömungssimulation Ermittlung der Raum- und Gebäudedurchströmung zur lokale Luftgeschwindigkeiten • • • •
Bewertung von Komfortbedingungen, d. h. Schadstoff- dynamische Luftwechselraten
konzentrationen und Luftgeschwindigkeiten
Anlagensimulation Ermittlung des Energieertrags der Gebäudetechnik zur Stromertrag von Photovoltaikanlagen • •
energetischen Bewertung und Auslegung der Komponenten Erträge von solarthermischen Anlagen
sowie zur Optimierung der Regelungstechnik Effizienz von Wärmepumpen
Effizienz von Kraft-Wärme-Kopplung
Verschattungssimulation Ermittlung der Fremd- und Eigenverschattung in Stadträumen Licht- und Schattenverläufe im Tages- und • • •
für Einzelgebäude und Innenräume Jahresverlauf
B 6.20

182
Strategien

1 Kombispeicher
2 Wärmepumpe
3 Lüftungsgerät mit UD= 0,15 W / m2 K natürliche
Wärmerückgewinnung taik Lüftung
Photovol Zuluft

B 6.17 Strömungssimulation im Windkanal, Fortbildungs- U = 1,0 W /m2 K

außenliegender
F

Sonnenschutz
akademie, Herne (D) 1999, Jourda et Perraudin,

Solarthermie
Hegger Hegger Schleiff U = 0,2 W /m2 K
AW
B 6.18 thermische Simulation und Strömungssimulation,
Wettbewerbsstand (Querschnitt), Fortbildungs-
akademie, Herne (D) 1999, Jourda et Perraudin, Fort- Außen-
Fußboden-
Hegger Hegger Schleiff Heizwärmebedarf Q = 40 kWh / m2 a (8000 kWh /a) luft luft
H heizung
B 6.19 Bilanzierungsumfang verschiedener Gebäude- Trinkwasserwärmebedarf QTWW= 12,5 kWh / m2 a (2500 kWh /a )
energiestandards Haushaltsstrombedarf = 2800 kWh el
B 6.20 Übersicht Planungshilfen Erdkollektor
B 6.21 beispielhafte Darstellung eines Gebäude- 2
UKW= 0,3 W / m K 1
energiekonzepts 2
UB= 0,3 W / m K
B 6.22 beispielhafte Darstellung eines Energiefluss- 2 3 Erdkanal
diagramms
B 6.21
Beim Einsatz dieser Planungshilfen steigt die quellen nachvollziebar darstellen (Abb. B 6.21 EU-Gebäuderichtlinie über die Gesamtenergie
Aussagekraft der Ergebnisse mit zunehmen- und 22). Die Dokumentation kann zudem Vor- effizienz von Gebäuden
dem Detaillierungsgrad der Randbedingungen, aussetzungen für eine kontinuierliche Erfas- Im Zuge der europäischen Harmonisierung von
was im Planungsprozess einen entsprechen- sung und Auswertung der Energieflüsse im Normen verpflichteten sich die EU-Mitglieds-
den Informationsstand erfordert. Statische Gebäude schaffen. staaten die Anforderungen der Richtlinie
Simulationen ermöglichen über pauschale 2002 / 91 / EG des Europäischen Parlaments
Angaben einen schnellen Einstieg und eine über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäu-
grobe Abschätzung des energetischen Verhal- Politik, Gesetze und Verordnungen den bis Januar 2006 in nationales Recht umzu-
tens. Bei konkreten Fragestellungen können setzen. Diese EU-Richtlinie – häufig auch mit
dann dynamische Simulationen eingesetzt wer- Berichte und Dokumente zu den Themenkom- EPBD (Energy Performance of Building Directi-
den: z. B. Verschattungsanalyse durch umge- plexen Energie und Materialien beziehen sich ve) abgekürzt – verfolgt insbesondere folgende
bende Bebauung, Einfluss der Öffnungsgrößen auch auf internationaler Ebene zunehmend Ziele:
auf die Tageslichtnutzung, Einfluss des Son- auf den Schlüsselbegriff »Nachhaltigkeit«.
nenschutzes auf die Kühllast, Einfluss der Kühl- 1987 veröffentlichte die Brundtland-Kommis- • eine ganzheitliche Beurteilung der Energie-
leistung auf die sommerliche Raumtemperatur, sion in ihrem Abschlussbericht erstmals eine effizienz von Gebäuden
Temperaturschichtung in einem Atrium etc. umfassende Definition dieses Begriffs in Ver- • die Forcierung der energetischen Moderni-
Je nach Fragestellung und Berechnungsme- bindung mit dem neuen Leitbild der »nach- sierungsmaßnahmen bei Bestandsbauten
thode werden Simulationsprogramme für die haltigen Entwicklung«. Die Kommission • transparente Informationen hinsichtlich der
Bewertung von Einzelbauteilen, Gebäuden und bezeichnet damit eine Entwicklung, »die den Energieeffizienz von Gebäuden für Verbrau-
Planungsalternativen eingesetzt. Darüber hin- Bedürfnissen der heutigen Generation ent- cher
aus dienen die Ergebnisse der Auslegung bzw. spricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Gene- • energetische Verbesserung der Anlagen-
Dimensionierung von Komponenten der Ge- rationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnis- technik
bäudetechnik oder auch der Erstellung von se zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wäh-
Nachweisen. len« [4]. Ursprünglich stammt dieser Begriff Ein Großteil dieser Anforderungen – wie z. B.
Die Anwenderfreundlichkeit von Simulations- aus der Forstwirtschaft und bedeutet, dass die nationalen Energiestandards für Neu- und
programmen wird wesentlich durch die Ober- dem Wald nicht mehr Holz entnommen werden Bestandsbauten, die ganzheitliche Bewertung
flächenstruktur und Dateneingabe bestimmt. darf als nachwächst. der Gebäudehülle und Anlagentechnik sowie
Insbesondere die Einbindung in CAD-Systeme Aspekte des Leitbilds Nachhaltigkeit sind auf die Außerbetriebnahme alter Heizanlagen – ist
bietet Synergiepotenziale. Die Datenausgabe europäischer oder nationaler Ebene erst ver- in der deutschen Energieeinsparverordnung
ermöglicht unterschiedliche Kennwertausga- einzelt in normativen Regelungen umgesetzt (EnEV) umgesetzt. Die Forderungen nach
ben (z. B. Heizlast, Kühllast, Jahresprimärener- worden. Bestehende Gesetze und Verordnun- regelmäßigen Inspektionen von Heizkesseln
giebedarf etc.), grafische Ergebnisdarstellun- gen konzentrieren sich derzeit noch überwie- werden durch das erste Bundesimmissions-
gen (z. B. Tagesverlauf der Raumtemperatur, gend auf die Dimension Umwelt (Abb. B 6.23). schutzgesetz (BImSchG) erfüllt. Da die EU-
Jahresverlauf der solaren Energieerzeugung
Quelle Energietechnik Übergabe Energiedienst-
etc.) und bildhafte Ergebnisdarstellung (z. B. und Verteilung leistung
Leuchtdichteverteilung an den Oberflächen, Netzstrom 2800 kWhel Haushaltsstrom
Temperaturschichtung im Raum, Isothermen- 2800 kWhel
verlauf in Bauteilen, lokale Luftgeschwindig-
keiten im Raum etc.).
Sonne Photovoltaik Fußboden- Raumheizung
50 m2 heizung 8000 kWhth
Dokumentation
Eine aussagekräftige Dokumentation bildet die
Solarthermie Kombispeicher Trinkwarmwas-
Grundlage für die Kommunikation unter den 10 m2 1000 l ser 2500 kWhth
Planungsbeteiligten und dient der Information
für Externe. Anstelle reduzierter Systemskizzen,
abstrakter Berechnungen und Tabellen treten Erdreich Erdkollektor Wärmepumpe
210 m2 7 kW
zunehmend selbsterklärende grafische Doku-
mentationen, die sowohl das Maßnahmenkon-
zept erläutern als auch den Weg von den Außenluft Erdkanal Lüftungsgerät
Luftkanal
Außenluftversor-
30 m mit Wärmerückgew. gung 250 m3 / h
Energiedienstleistungen bis zu den Energie-
B 6.22

183
Strategien

Gebäuderichtlinie jedoch in einigen Punkten spielraum, die vorgeschriebenen Effizienzziele Transport der Energieträger unterschiedliche
über die bisherigen Verordnungen in Deutsch- zu erreichen. Zudem bietet die EnEV den Nut- Werte auf. In Deutschland beträgt derzeit
land hinausging, trat 2005 die Novellierung des zern bezüglich der prognostizierten Energie- beispielsweise der Primärenergiefaktor fp für
Energieeinsparungsgesetz (EnEG) mit folgen- aufwendungen eine größere Transparenz. Strom 3,0 (dieser Faktor wird allerdings in den
den Änderungen in Kraft: Die EnEV begrenzt für alle neu zu errichtenden kommenden Jahren aufgrund der steigenden
Gebäude mit normalen Innenraumtemperatu- Einspeisung erneuerbarerer Energie bei der
• Einbeziehung des Energiebedarfs für ren in Abhängigkeit vom A / Ve-Verhältnis den Stromerzeugung sinken), für Öl bzw. Gas 1,1
Beleuchtung, Raumlufttechnik und Klima- maximal zulässigen Jahres-Primärenergiebe- und Holzpellets 0,2. Des Weiteren definiert die
anlagen bei Nichtwohngebäuden darf Qp. Sie erweitert die bisherige Bilanzierung EnEV durch eine Nebenanforderung einen
• Einführung von Energieausweisen bei Ver- um folgende Einflussfaktoren (Abb. B 6.26): »Mindestwärmedämmstandard«, nämlich den
mietung und Verkauf von Bestandsbauten spezifischen, auf die wärmeübertragende
oder Wohnungen • Verluste in der Vorkette bei Förderung, Umfassungsfläche bezogenen Transmissions-
• Aushang von Energieausweisen in öffent- Umwandlung und Transport der Energie- wärmeverlust H'T. Dieser Wert bildet den
lichen und stark frequentierten Gebäuden träger mittleren U-Wert aller Hüllbauteile unter Berück-
• regelmäßige Inspektion von Klimaanlagen • Wärmebedarf für die Warmwasserbereitung sichtigung von Wärmebrückenverlusten ab.
(pauschal) Dabei gibt es für Neu- bzw. Altbauten unter-
Während gegenüber der bis dato gültigen • Verluste der Anlagentechnik bei der Wärme- schiedliche Berechnungsverfahren und Anfor-
EnEV für Wohngebäude nur wenig Änderungs- bereitstellung derungen:
bedarf besteht, wurde für Nichtwohngebäude • elektrischer Hilfsenergiebedarf der Anlagen-
die neue DIN 18 599 »Energetische Bewertung technik (z. B. Pumpen, Brenner, Regler) • Neubauten mit normalen Innentemperaturen
von Gebäuden« entwickelt, um die wesentlich • Energiebedarf von mechanischen Lüftungs- ≥19 °C müssen nach dem Monatsbilanzver-
umfangreicheren Berechnungs- und Bilanzie- anlagen fahren Höchstwerte für Qp und H'T einhalten.
rungsverfahren abzubilden. • Nutzung erneuerbarer Energien (z. B. Solar- • Neubauten mit normalen Innentemperaturen
kollektoren) ≥19 °C mit einem Fensterflächenanteil ≤ 30 %
Energieeinsparverordnung können nach dem so genannten vereinfach-
Bei Einführung der EnEV wurden die vorherige Der Jahresprimärenergiebedarf eines Gebäu- ten Verfahren für Wohngebäude berechnet
Wärmeschutz- und die Heizanlagenverordnung des berücksichtigt mit der Wahl des Energie- werden.
zusammengefasst, um die erhöhten Anforde- trägers (z. B. Erdgas, Biomasse etc.) dessen • Bei Neubauten mit niedrigen Innentempera-
rungen an den baulichen Wärmeschutz bzw. Umweltbelastungen und die vorgelagerten Pro- turen ≤ 19 °C oder kleinen Gebäudevolumen
die Anlagentechnik mit einem gemeinsamen zessketten durch so genannte Primärenergie- ≤ 100 m3 ist lediglich die Einhaltung der
Nachweisverfahren und einer Nachweisgröße faktoren. In den EU-Ländern weisen diese Pri- Höchstwerte für H'T zu gewährleisten, zudem
abzubilden. Diese ganzheitliche Betrachtung märenergiefaktoren entsprechend den Aufwen- gelten hierbei geringere Anforderungen.
erlaubt Planern einen erweiterten Gestaltungs- dungen für Förderung, Umwandlung und • Altbauten, bei denen Sanierungsmaßnahmen

Welt Europa Deutschland

1970 1972 1974


UNO-Konferenz »Umwelt« Bundesimmissionsschutzgesetz
1975 Stockholm (BImSchG)

1980 1976 1977


Energieeinsparungsgesetz Wärmeschutzverordnung
1985 (EnEG) (WSVO)
1987 1988
1990 Brundtland-Bericht EU-Richtlinie Bauprodukte
1990 Novellierung 1984
1992 Stromeinspeisungsgesetz
1992 1992 5. Umweltprogramm
UNO-Konferenz der Kommission der Euro- 1994 Grundgesetz, Artikel 20a
1994 Rio de Janeiro päischen Gemeinschaften 1992 1994
Bauproduktegesetz Heizungsanlagenverordnung
1996 1994 Abschlussbericht der (BauPG) (HeizAnlV)
1997 Enquete-Kommission »Schutz
1998 Kyoto-Protokoll des Menschen u. der Umwelt« Novellierung 1995
2000 2001
2000 Erneuerbare-Energien-Gesetz Energieeinsparverordnung
(EEG) (EnEV)
2001
2002 2002 EU-Richtlinie 2002
2002 UNO-Konferenz Gesamtenergieeffizienz Biomasseverordnung
Johannesburg von Gebäuden (BiomasseV)
2003

2004 2004
Verwaltungsvorschrift zu §13
2005 EnEV

2006 2007
Energieeinsparverordnung
2007 (EnEV)

2008
2008 / 2009
2009 Energieausweise
2010

B 6.23

184
Strategien

220

Heizwärmebedarf [kWh / m2a]


Teil 10
mindestens 20 % der Bauteilfläche gleicher 1. WSVO Randbedingungen
200
Orientierung betreffen, müssen nach dem Teil 1
Gesamtbilanz
Bauteilnachweis bestimmte Mindest-U-Werte 180
einhalten. 160 Teil 7 Teil 6 Woh-
• Altbauten mit umfangreicheren Sanierungs- 2 . WSVO RLT und Kälte nungslüftung
140
maßnahmen berechnet man nach dem
Monatsbilanzverfahren, wobei die für Neu- 120 Teil 3 Nutz-
bauten geltenden Grenzwerte um nicht mehr 100
3 . WSVO energie RLT
als 40 % überschritten werden dürfen.
• Bei Altbauten mit einer Erweiterung des 80
EnEV EnEV Teil 2 Teil 4
beheizten Gebäudevolumens um mehr als 60 Raumbilanz Beleuchtung
30 m3 gelten für den neuen Gebäudeteil die- 40
selben Nachweisverfahren und Anforderun-
20 Teil 5 Teil 9 Teil 8 Trink-
gen wie für Neubauten. Heizung BHKW warmwasser
0
Unabhängig von den Anforderungen bei Sanie- 1977 1984 1995 2002 2007
rungsmaßnahmen fordert die EnEV bei nicht B 6.24 B 6.25
selbst genutzten Altbauten innerhalb bestimm- des Gebäudes. Energetisch einbezogen und Gebäude wird nach Nutzungsart und Nut-
ter Übergangsfristen die Dämmung der obers- bewertet wird künftig auch die gesamte Anla- zungsgrad, installierter Anlagentechnik und
ten Geschossdecke, den Austausch von Öl- gentechnik zur Klimatisierung und Kühlung des raumabschließender Gebäudehülle zoniert.
oder Gaskesseln, die vor dem 1.10.1978 einge- Raumes sowie dessen Beleuchtung mit Kunst- Jede Zone wird für sich berechnet, Wärmeströ-
baut wurden sowie die Dämmung von Wärme- licht. Der Energiebedarf und die Hilfsenergien me zwischen Zonen werden dabei beachtet
verteilungs- und Warmwasserleitungen in werden gemeinsam mit den Wärmeströmen und iterativ angepasst. In der Summe ergibt
unbeheizten Räumen. über die Gebäudehülle und dem Energiebedarf sich der Energiebedarf des Gebäudes.
der Anlagentechnik zur Raumheizung, Trink- Um neutrale Randbedingungen für die Nut-
DIN 18 599 warmwasserbereitung und Lüftung bilanziert. zungsvielfalt im Bereich des Nichtwohnungs-
Die EU-Gebäuderichtlinie wird für Nichtwohn- Anstelle von Wärmegewinnen und - verlusten baus zu erzielen, sind im abschließenden Teil
gebäude in Deutschland durch die Einführung rechnet man nun mit Wärmequellen und -sen- der Norm Standardnutzungsprofile eingeführt.
der DIN 18 599 umgesetzt. Sie ist der DIN 4108 ken. Die Richtung des Wärmestroms ist damit Hierfür wurden Gebäude mit ihrer Nutzung bei-
gleichgestellt und übernimmt für Neubau- und nicht mehr pauschal vorweggenommen und spielhaft erfasst und hinsichtlich Belegungs-
Bestandsmaßnahmen im Bereich des Nicht- auf die Bilanzierung des Energiebedarfs in der dichten, Betriebszeiten, internen Wärmequellen
wohnungsbaus deren Aufgabe als Berech- Heizperiode beschränkt. Eine Wärmequelle bzw. -senken, Nutzenergiebedarf und Luft-
nungsgrundlage. Die Hauptanforderung bleibt stellt folgerichtig je nach Nutzung und Zeit- wechsel analysiert.
der Jahresprimärenergiebedarf. Die Berech- punkt einen Gewinn oder eine Last dar. Diese Als Ergebnis der Berechnung wird der Gesamt-
nung folgt dabei dem bewährten Schema Änderung trägt der Tatsache Rechnung, dass primärenergiebedarf des Gebäudes ausgewie-
von der Nutzenergie über die Endenergie hin im Bereich der Nichtwohngebäude die Kühlung sen. Im so genannten Referenzgebäudeverfah-
zur Primärenergie. Letztere wird allerdings einen erheblichen Energiebedarf erzeugt. ren wird dieser Istwert einem Sollwert gegen-
nicht mehr nur in Abhängigkeit von Fläche Die DIN 18 599 setzt sich aus zehn Teilen übergestellt, den das berechnete Gebäude
und Volumen bewertet, sondern die Nutzung zusammen, die jeweils einen Themenschwer- nicht überschreiten darf.
des Gebäudes und die Randbedingungen punkt behandeln (Abb. B 6.27). Diese Struktur
gehen maßgeblich in die Betrachtung ein gewährleistet, dass jederzeit relevante Teiler- Energieausweise
(Abb. B 6.25). gebnisse für den Entwurfsprozess zur Verfü- Die wesentlichen Instrumente der Politik zur
Mit DIN 18 599 ist ein überschaubares Bewer- gung stehen. Die Norm berücksichtigt hierfür Effizienzsteigerung im Gebäudesektor bestan-
tungsverfahren eingeführt worden, mit dem Wechselwirkungen der verschiedenen Teile den bisher aus ordnungsrechtlichen Mitteln
bereits in frühen Leistungsphasen der Energie- bzw. Themenschwerpunkte untereinander, (in Deutschland z. B. Bundesimmissionsschutz-
verbrauch für den Betrieb abgeschätzt und die sodass sich am Ende genaue Aussagen über Verordnung (BImSchV), EnEV) sowie aus För-
weitere Planung positiv beeinflusst werden die Gesamteffizienz treffen lassen. derprogrammen. Um die Reduktionsverpflich-
kann. Um diesen umfassenden und ganzheitli- Die Einführung eines Mehrzonenmodells ist tungen des Kyoto-Protokolls zu erfüllen, haben
chen Anspruch zu leisten, erweitert sich mit der dabei eine entscheidende Neuerung gegen- die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union
DIN 18 599 die Bilanzierungsgrenze innerhalb über vorherigen Berechnungsmethoden. Das beschlossen, zusätzliche Maßnahmen zur
HT
Primärenergiefaktor Energieformen
Qi HV Strom: 3,0 / 2,7 1
Qs Nah-/ Fernwärme aus KWK:
Qw Qh ern./ nicht erneuerbar: 0,0 / 0,7
Nah-/ Fernwärme aus Heizwerk:
ern./ nicht erneuerbar: 0,1 /1,3
Primärenergie

Primärenergiefaktor fossile Energieträger


Endenergie

Erdöl, Erdgas, Flüssiggas: 1,1


Steinkohle: 1,1
Qp = (Qh + Qw) · ep = (HT + HV - Qi - Qs + Qw) · ep Braunkohle: 1,2

Qp = Primärenergiebedarf
B 6.23 zeitliche Entwicklung der Anforderungen zur Qh = Energiebedarf Heizung Primärenergiefaktor erneuerbare Energieträger
Nachhaltigkeit und Energieeffizienz von Gebäu- Qi = interne Wärmegwinne Holz: 0,2
Qs = solare Wärmegewinne Wind: 0
den
Qw = Energiebedarf Warmwasser Wasser: 0
B 6.24 durchschnittliche Werte für den Heizwärme- Sonne: 0
bedarf ep = Anlagenaufwandszahl
B 6.25 Bilanzierungsumfang der DIN 18 599 HT = Transmissionswärmeverlust
B 6.26 Bilanzierungsumfang der EnEV HV = Lüftungswärmeverlust 1
nach EnEV 2007
B 6.26

185
Strategien

Steuerung der Energienachfrage zu entwickeln. für ein Standardklima und die Nutzungsbedin- sie jedes Gebäude gemäß den neuen energeti-
Die EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) erweitert gungen (z. B. Raumtemperatur 19 °C, Länge schen Anforderungen zu planen. Aufgrund des
infolgedessen die klassischen Instrumente der der Heizperiode, durchschnittlicher Luftwech- ganzheitlichen Bilanzierungsverfahrens und
Politik um eine marktorientierte Strategie. Sie sel) und wird daher auch als »rechnerischer der Verrechnungsmöglichkeit zwischen opti-
verpflichtet zur verbindlichen Einführung von Verbrauch« bezeichnet. Verbrauchsorientierte mierter Gebäudeform, baulichen Wärmedämm-
Energieausweisen bei Errichtung, Verkauf oder Energieausweise basieren hingegen auf der maßnahmen und energetischer Qualität der
Neuvermietung von Gebäuden, Wohnungen Heizkostenabrechnung und bilden somit neben Anlagentechnik ist die architektonische Gestal-
bzw. sonstigen Nutzungseinheiten. Bei Gebäu- der energetischen Qualität des Gebäudes vor tung des Gebäudes im Zusammenhang mit der
den mit einer Gesamtnutzfläche von über allem das individuelle Nutzerverhalten sowie energetischen Effizienz zu betrachten.
1000 m2, die von Behörden oder Einrichtungen ggf. extreme Klimaeinflüsse ab. Da diese Ein- Nehmen Architekten diese Aufgabe an, können
mit öffentlichem Publikumsverkehr genutzt wer- flüsse die tatsächliche energetische Qualität sie mit ihren planerischen Mitteln ganz wesent-
den, müssen diese Ausweise an gut sichtbarer deutlich überlagern können (im Extrem hätte ein lich den Energiebedarf sowie Bau- und
Stelle ausgehängt werden. leer stehendes Haus die höchste Energieeffizi- Betriebskosten reduzieren. Für kleinere Projek-
Die Energieausweise sollen die Markttranspa- enz), lässt sich die Energieeffizienz von Gebäu- te können Architekten die Aufgaben mit ent-
renz sowie das Verbraucherbewusstsein hin- de auf Grundlage von Bedarfsrechnungen aus- sprechenden Softwareprogrammen überneh-
sichtlich des Energieverbrauchs von Gebäu- sagekräftiger beurteilen und vergleichen. men und damit ihr Handlungsfeld erweitern.
den erhöhen und somit Innovations- und Inves- Die Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie in Bei komplexeren Bauaufgaben werden sie
titionsanreize für Neubau und Bestand auslö- Deutschland wird durch die Novellierung der diese meist in Zusammenarbeit mit einem Inge-
sen. Folgende Regelungen sind zu beachten: EnEV 2007 geregelt. Die verbindliche Einfüh- nieur für Gebäudetechnik oder einem Energie-
rung von Energieausweisen ist wie folgt vor- berater lösen. Sie sollten jedoch über ausrei-
• Die Energieausweise müssen einen Kenn- gesehen: chende Kenntnisse auf diesem Gebiet verfü-
wert angeben, der die Gesamtenergieeffizi- gen, um das fachliche Potenzial der Fachpla-
enz des Gebäudes repräsentiert. Dabei sind • für Wohngebäude der Baujahre vor 1965 ab ner sowie die technischen und gestalterischen
zur besseren Transparenz auch Vergleichs- 1.07.2008 Möglichkeiten voll ausschöpfen zu können.
kennwerte anzugeben. • für später errichtete Wohngebäude ab Aufgrund der politisch initiierten Marktanreizpro-
• Zusätzlich sind Empfehlungen zur kosten- 1.01.2009 gramme (z. B. Energiepass) geht die Deutsche
günstigen Verbesserung der Energieeffizienz • für Nichtwohngebäude ab 1.07.2009 Energie Agentur (dena) davon aus, dass sich
beizufügen. bei konsequenter Ausschöpfung aller wirtschaft-
• Die Gültigkeitsdauer darf zehn Jahre nicht Prinzipiell besteht die Wahlmöglichkeit, ver- lichen Einsparpotenziale im Wohngebäudesek-
überschreiten. brauchs- oder bedarfsorientierte Ausweise aus- tor bis 2020 das jährliche Investitionsvolumen im
• Die Energieausweise dienen lediglich der zustellen. Lediglich Wohngebäude mit bis zu Bereich der energetischen Gebäudesanierung
Information, es besteht kein einklagbarer vier Wohneinheiten, die vor Inkrafttreten der etwa verdreifachen wird. Die Ausstellung von
Rechtsanspruch oder Sanierungsverpflich- ersten Wärmeschutzverordnung von 1977 Energieausweisen könnte bei rund 30 % der pri-
tungen. errichtet wurden, müssen bedarfsorientierte vaten Immobilieneigentümer Sanierungsmaß-
• Es ist den EU-Ländern freigestellt, ob Aus- Energieausweise vorweisen. nahmen auslösen [5]. Die Schaffung von Inno-
weise auf Bedarfsberechnungen oder Ver- vations- und Investitionsanreizen zur Effizienz-
brauchsmessungen basieren. Neue Tätigkeitsfelder für Architekten steigerung für Neubau und Bestand vermag
Mit der EU-Gebäuderichtlinie und den daraus somit einen bedeutenden Beitrag zur Sicherung
Der Informationsgehalt und die Aussagekraft entwickelten Instrumentarien kommt auf Archi- von Beschäftigung im Bauwesen sowie den ver-
von bedarfs- oder verbrauchsorientierten tekten nicht nur ein erweitertes Wirkungsfeld, wandten Planungsberufen zu leisten.
Energieausweisen sind nicht identisch. Die sondern auch neue Verantwortung zu. Als
Bedarfsberechnung trifft normative Annahmen Schlüsselfiguren im Planungsprozess haben
Planungsprozess
Bilanzierungsschritte DIN 18599
Die Anforderungen an Gebäude nehmen an
Zonierung des Gebäudes nach Nutzung, Anlagentechnik und Gebäudehülle Teil 1
Komplexität zu. Neben steigenden Ansprüchen
Bestimmung der nutzungsabhängigen Randbedingungen und der notwendigen Eingangsdaten Teil 1 und 10
an Komfort, Energieeffizienz und Umweltfreund-
für die Bilanzierung
lichkeit stellen Sicherheitsanforderungen und
Ermittlung der Wärmequellen und -senken der einzelnen Zonen und überschlägige Bilanzierung des Teil 2
Nutzenergiebedarfs für Wärme und Kälte
allgemein erhöhte technische Standards neue
Herausforderungen dar, die von Projektbeginn
Ermittlung des notwendigen Eintrags von Wärme und Kälte durch die Anlagentechnik auf Basis des Teil 2
überschlägigen Bedarfs in der Zone
an die Kooperation mit Spezialisten vorausset-
zen. Nutzer erwarten ein schadstofffreies
Ermittlung des Nutzenergiebedarfs für die energetische Luftaufbereitung Teil 3
Raumklima, gute Belichtungs- und Belüftungs-
endgültige Bilanzierung des Nutzenergiebedarfs für Wärme und Kälte sowie Zuteilung zu den Teil 2 bis 8 konzepte, einen angemessenen Außenraum-
verschiedenen Übergabesystemen
bezug sowie anpassungsfähige und flexible
Ermittlung der Verluste für Übergabe, Verteilung und Speicherung für Grundrisse bei gleichzeitig niedrigen Betriebs-
• die Heizungsanlage Teil 5
• das luftführende System Teil 6 kosten. Bauherrn bzw. Investoren verlangen
• die Kälteversorgung Teil 7 zuverlässige Kostenpläne für Bau und Betrieb
• die Trinkwarmwasserbereitung Teil 8 und streben an, schon in der Planungsphase
Aufteilung der notwendigen Wärme- und Kälteabgabe auf die verschiedenen Erzeugungssysteme Teil 5 bis 8 einen reibungslosen Gebäudebetrieb sicherzu-
und Ermittlung der absoluten Verluste stellen. Behörden haben Anspruch auf Sicher-
Ermittlung des Nutz- und Endenergiebedarfs für die Beleuchtung Teil 4 heits- und Umweltschutznachweise. All diese
Ermittlung der notwendigen Hilfsenergie, Zusammenstellung der Endenergie nach Energieträger Teil 5 bis 9 Anforderungen sollen möglichst innerhalb kür-
und Berechnung des Primärenergieaufwands zester Zeit und unter Einhaltung des Kostenrah-
Anwendung der Gutschriftenmethode für den Stromertrag aus KWK Teil 9 mens mit oftmals im Planungsprozess unvoll-
Soll-Ist-Vergleich des Gesamtprimärenergiebedarfs im Referenzgebäudeverfahren Teil 10
ständigen oder sich ändernden Rahmenbedin-
gungen in hoher Architektur- und Bauqualität
B 6.27

186
Strategien

B 6.27 Bilanzierungsschritte nach DIN 18 599

Gesamtkosten [%]
Grad der Beeinflussung der
Erst- und Folgekosten [%]
500 100 100

Lebenszykluskosten [%]
de

e
user

äde

ud
B 6.28 lineare, iterative und integrative Planungsabläufe
bäu


ge

lenb
ä
B 6.29 Lebenszykluskosten unterschiedlicher Nutzun-

ge
80 80

kenh
ro
gen 400 Bü

ns
Beeinflussbarkeit

Hal

tio
B 6.30 Verlauf und Beeinflussbarkeit der Gesamtkosten

Kran
der Kosten

uk
60 60

od
Pr
300
40 40
Kosten-
verlauf
linear 200 aus)
assivh 20 20
ebä ude (P
Wohng
Betrieb 0 0
iterativ 100

Bedarfsplanung

Ausschreibung
Projektplanung

Ausführung
Erstellung

Abbruch
Nutzung
Bau
integrativ 0
10 20 30 40 50 60
Jahre
B 6.28 B 6.29 B 6.30
umgesetzt werden. Dazu ist es erforderlich, Fachdisziplinen sowie die Betrachtung des typischen Zielkonflikte bestehen können. Die
nicht wie bisher üblich »nur« das Objekt, son- Gebäudes und seiner Eigenschaften über die konsequente Analyse trägt dazu bei, die
dern auch verstärkt den Prozess zu planen. gesamte Lebensdauer gleichermaßen einbe- Schnittstellenprobleme zu minimieren und
Darüber hinaus wird den Bauherrn bzw. Nut- zogen werden. Zusammenfassend liegen der die Planungsziele zu konkretisieren [8].
zern zunehmend bewusst, dass die Kosten für Integralen Planung folgende Potenziale und Integrale Planung bedingt eine frühzeitige Ver-
den Betrieb und Unterhalt von Gebäuden für Vorteile zugrunde [7]: tragsbindung der erforderlichen Akteure (Abb.
die Gesamtwirtschaftlichkeit von Objekten eine B. 6.32). Denn die ganzheitliche Lösung von
zentrale Rolle spielen und je nach Nutzung • Integration: Ingenieurwissen und Spezialisten- Nachhaltigkeitsanforderungen gelingt wirksam
schon innerhalb weniger Jahre die Investitions- erfahrung fließen bereits mit Planungsbeginn nur in den ersten Planungsphasen. Sie ist ein
kosten übersteigen können (Abb. B 6.29). Nur in das Projekt ein. arbeitsteiliger sozialer Prozess. Die Projektbe-
in der frühen Phase von Projektentwicklungen • Komplexität: Aspekte des nachhaltigen Bau- teiligten handeln und entscheiden dabei nicht
kann darauf wirksam Einfluss genommen wer- ens werden umfassend betrachtet. isoliert, sondern im Rahmen sozialer Interakti-
den (Abb. B 6.30). Daher ist von Projektbeginn • Iteration: Entwurfsoptionen bleiben so lange on. Sie sind geprägt durch verschiedene Inter-
an die Zusammenarbeit eines kompetenten offen, bis die optimale Lösung durch inter- essen und Motivationen, spezifische Fach-
und vollständigen Planungsteams mit einem disziplinäre Entwicklung und Bewertung von kenntnisse, aber auch durch eingeschliffene
hohen Bewusstsein um seine Verantwortung Alternativen gefunden ist. Wahrnehmungsmuster. Diese im Sinne eines
von entscheidender Bedeutung. • Optionen: Bauherrn treffen Festlegungen lernenden Systems aufzulösen und zu einem
nicht nur aufgrund primär visueller Lösungs- gemeinsamen Ganzen zu führen, ist die große
Prinzipien Integraler Planung vorschläge. Chance der Integralen Planung.
Integrale Planung (lt. integer: ein Ganzes bil- • Teamwork: Architekten sind verantwortlich
dend, vollständig) zielt auf eine ganzheitliche für die Leitung des Planungsteams, jedoch Projektkonstellation
Betrachtung einzelner, für sich bestehende Pla- nicht die alleinigen Impulsgeber während Das durch den Bauherrn vertraglich bestimmte
nungsaspekte (Abb. B 6.28). Architekt Niklaus der Entwurfsplanung. Beziehungsgefüge prägt die Projektstruktur.
Kohler zufolge erlaubt Integrale Planung • lernendes System: Fachplaner erhalten Ein- Die traditionelle Einzelbeauftragung von Pla-
»sowohl eine horizontale (fachübergreifende), blick in die Komplexität des architektoni- nern und Baufirmen hat sich bei unterschied-
als auch eine vertikale (lebenszyklusbezogene) schen Entwurfs. Architekten gewinnen lichen Projektgrößen bewährt – erfordert aller-
Integration. Es wird dadurch möglich, neue zusätzliche Anregungen für den Gebäude- dings einen hohen organisatorischen Aufwand
Kenntnisse und Anforderungen von Anfang entwurf aus wachsenden Kompetenzen in und verstärktes Engagement des Bauherrn. Die
an in den Planungsprozess einzubringen und technischen Planungsdisziplinen. Auftragsvergabe an Generalplaner und Gene-
leistungsfähige Optimierungstechniken (Rück- • Konflikte: Transparenz von Entscheidungen ralunternehmer oder Totalunternehmer redu-
kopplungen, Simulation von Varianten etc.) und die rechtzeitige Einbindung der Akteure ziert die Koordinations- und Managementleis-
einzusetzen« [6]. minimieren Spannungen und Reibungsver- tungen des Auftraggebers. Allerdings erfordert
Um Synergien einzelner Anforderungen und luste. dies ein frühzeitiges Einfrieren der Planung;
Planungsaspekte frühzeitig zu erkennen und Änderungen sind nur unter Inkaufnahme erhöh-
aufeinander abzustimmen, reicht es künftig Der gestiegene Komplexitätsgrad sowie die ter Kosten möglich. Die primär wirtschaftlichen
nicht aus, Raumklima, Energie und Masse als Spezialisierung in allen technischen Sparten Interessen von General- oder Totalunterneh-
rein physikalische Größen zu betrachten: Sie des Bauwesens fordert heute die Einbindung mern können dazu führen, dass die ökologi-
stellen vielmehr Dimensionen dar, die im von Experten verschiedener Fachrichtungen in schen und gesellschaftlichen Dimensionen des
Zusammenhang mit den klassischen Mitteln den Entwurfsprozess; diese Spezialisierung nachhaltigen Bauens unzureichend Berück-
der Architektur (z. B. Form, Textur, Transparenz bietet Potenziale für immer leistungsfähigere sichtigung finden.
etc.) zu gestalten sind und bei geschickter Gebäude. Übergeordnete Zielsetzungen,
Nutzung eben dieser Mittel Technik ersparen Zusammenarbeit und Kommunikation sind Integrales Bauen und Betreiben
können. Quantifizierbare Größen wie z. B. Ener- erforderlich, um das Wissen zusammenzufüh- Um öffentliche Bauvorhaben wirtschaftlicher zu
giebedarf, Temperaturniveau oder Investitions- ren und neue Lösungen zu entwickeln. Zielkon- gestalten, etablieren sich seit einiger Zeit Pro-
kosten können eindeutig definiert werden. Sie flikte lassen sich dabei nicht vermeiden. Für jektkonstellationen, bei denen die öffentliche
sind jedoch oft eng verknüpft mit qualitativen den Projekterfolg ist es daher von entscheiden- Hand und die private Wirtschaft bei Finanzie-
Aspekten wie etwa Gestaltung, Wohlbefinden der Bedeutung, Hemmnisse früh zu erkennen rung, Planung, Erstellung, Betreiben oder Ver-
oder Imagewert. Der integrale Planungspro- und sie im Sinne eines qualitätsvollen und wertung von Gebäuden partnerschaftlich ko-
zess soll sicherstellen, dass quantitative wie nachhaltigkeitsorientierten Gesamtkonzepts zu operieren. Bei der so genannten Public Private
qualitative Aspekte, die Beiträge verschiedener lösen. Aus Abb. B 6.31 geht hervor, welche Partnership (PPP) werden bislang staatliche

187
Strategien

Leistungen der Immobilienbereitstellung (z. B. Akteure scheidend in Bezug auf den Energieverbrauch
Schulen, Krankenhäuser etc.) von privaten Die im Planungsteam zusammengeführten Dis- und ihre Nachhaltigkeit. Stadtplaner gehen ver-
Bauherrn bzw. Betreibern erbracht und über ziplinen und viele weitere Akteure tragen die mehrt dazu über, im Rahmen von Bauleitpla-
einen definierten Zeitraum zu Beginn des Le- Gesamtverantwortung für das Bauen und damit nungen auch Energie- und Nachhaltigkeits-
benszyklus, meist 15 bis 30 Jahre, betreut. Der für den Erfolg energieeffizienten und nachhal- standards festzuschreiben. Über weitere Maß-
Auftraggeber zahlt als Nutzer über diesen Zeit- tigen Wirtschaftens im Bauwesen. Im Folgen- gaben der Bauleitplanung wie Dachneigung,
raum ein Nutzungsentgeld für die Gesamt- den werden diese Akteure und ihre Aufgaben Abstandsflächen oder Ausrichtung definieren
aufwendungen (Planungs-, Errichtungs-, Be- beschrieben. sie die Möglichkeiten von Architekten, lokale
triebs- und Instandhaltungskosten). Dies macht Umweltenergien (z. B. Solarstrahlung) für
eine ganzheitliche Betrachtung aller Kostenele- Politiker Gebäude nutzen zu können und über gute
mente über den Vertragszeitraum zwingend er- Legislative und Exekutive haben ein zuneh- Besonnung zugleich angenehme Lebensbe-
forderlich und führt zwangsläufig zu veränder- mendes Problembewusstsein in Bezug auf die dingungen zu schaffen.
ten Anforderungen an die Planung, die die lau- hohen Umweltwirkungen von Gebäuden ent-
fenden Kosten und damit auch einen niedrigen wickelt, auch im Hinblick auf übergeordnete Finanzierungsträger und Banken
Energieverbrauch in den Mittelpunkt der Be- Nachhaltigkeitsziele. Allerdings mangelt es Die Interessen von Banken an Projektentwick-
trachtung stellt. Die prognostizierten Kostenvor- trotz Kyoto-Protokoll an verbindlichen globalen lungen sind ausschließlich auf wirtschaftliche
teile von 10 bis 25 % ergeben sich also durch Zielen. Positiv zu bewerten sind die Zielsetzun- Aspekte ausgerichtet. Projektbeurteilungen
eine umfassende Untersuchung aller Phasen gen der EU; ihre rechtliche Umsetzung erfolgt beziehen aber zunehmend Nachhaltigkeits-
und Prozesse, insbesondere jedoch der Be- jedoch in vielen Ländern äußerst zögerlich. aspekte in ihre Betrachtungen ein, weil erkannt
triebsphase. Das wachsende Bewusstsein um die Not- wird, dass eine dauerhaft gesicherte höhere
Unabhängig vom PPP-Modell wird die Gesamt- wendigkeit, definierte Schutzziele zu erreichen, Wertschöpfung von nachhaltigkeitsorientierten
betrachtung der Lebenszyklusanalyse zu und um die positiven ökonomischen Wirkun- Immobilien auch eine bessere ökonomische
einem Instrument, das nachhaltiges Bauen för- gen nachhaltigen Wirtschaftens verändert das Performance von Gebäuden bedeutet.
dert und die wirtschaftlichen Risiken deutlich Handeln dieser Akteurgruppe.
senkt. Sie trägt auch dazu bei, die ökologi- Bauherrn / Betreiber
schen Risiken des Bauens zu minimieren und Stadt- und Regionalplaner Der Bauherr als Einzelperson wird insbesonde-
die Gesamtqualität des Objekts zu steigern. Stadt- und Regionalplaner beeinflussen mit re bei größeren Projekten durch Institutionen
Voraussetzung dafür ist, das übliche Investor- ihren Planungen maßgeblich den Verbrauch oder Bauherrnvertretungen ersetzt. Als
Nutzer-Dilemma, die Trennung der Welten der von Siedlungs- und Verkehrsflächen. Sie »Kunde« löst der Auftraggeber den Prozess
Errichtung und des Betriebs von Gebäuden, zu bestimmen zudem Dichte, Nutzungsmischung, der Bautätigkeit aus und kann entsprechend
lösen. Lebenszyklusgerechte Prinzipien setzen Integration und Durchmischung, Mobilität die Ausrichtung eines nachhaltigkeitsorientier-
integrale Planungsansätze und eine intensive sowie die technische und soziale Infrastruktur ten Planungs- und Bauprozesses einfordern.
Zusammenarbeit aller Akteure voraus. von Räumen und beeinflussen sie damit ent- Übernimmt der Bauherr nicht allein die Aufga-
Zielkonflikt Erläuterung Akteur

Bauherr
Nutzer
Architekt
Energieberater
Fachingenieur TGA
Lichtplaner
Tragwerksplaner
Akustikplaner
Brandschutzplaner
Facility Manager
Kompaktheit versus Tages- Die Baukörperform ist unter Abwägung der Kompaktheit, die sich maßgeblich auf den Heizwärmebedarf und die • • • •
lichtnutzung und freie Lüftung Investitionskosten auswirkt, sowie einer guten Tageslichtversorgung und freier Lüftung zu entwickeln.
Nutzungsdynamik versus Gebäudebereiche mit veränderlicher oder nicht vorausbestimmbarer Nutzung (z. B. Atrien) können durch Nutzungs- • • •
Energiekonzept änderungen und somit vom Energiekonzept abweichenden Komfortanforderungen (z. B. Heizen oder Kühlen) einen
deutlich höheren Energieverbrauch auslösen.
passive Kühlung versus Auf aktive Kühlung zu verzichten, reduziert den Energieverbrauch in der Betriebsphase erheblich, erfordert aller- • • •
Normkomfortanforderungen dings im Sommer einen temporären Komfortverzicht durch zeitweilige Raumtemperaturen über 26 °C.
freie Lüftung und passive Freie Taglüftung und passive Kühlung durch Nachtlüftung erfordern oftmals eine entsprechende Grundrisszo- • • • •
Kühlung versus nierung. Um eine technische Nachrüstung bei veränderten Nutzungsanforderungen zu vermeiden, sind flexible
Grundrissflexibilität Grundrissvarianten bereits in der Planung zu berücksichtigen.
Tageslichtnutzung und Eine anforderungsgerechte Systemwahl und Kombination von Sonnen- und Blendschutz kann Fehlfunktionen • • •
Ausblick versus Sonnen- ausschließen und einen (partiellen) Außenraumbezug gewährleisten.
und Blendschutz
freie Lüftung versus Überströmöffnungen zwischen unterschiedlichen Nutzungsbereichen müssen bei freien Lüftungskonzepten unter • • • • • •
Schall- und Brandschutz Berücksichtigung von Schallschutz- und Brandschutzanforderungen entwickelt werden.
Nutzung von Speichermas- Die Nutzung von thermischen Speichermassen zur Dämpfung von Temperaturspitzen erfordert eine enge Abstim- • • • • •
sen versus Raumakustik mung mit Schalldämpfungs- bzw. Akustikmaßnahmen.
hochgedämmte Gebäude- Thermisch hochgedämmte Gebäudehüllen reduzieren die Nutzfläche aufgrund der dicken Wandaufbauten und be- • • •
hülle versus Transparenz schränken den Anteil transparenter Flächen. Nutzungsqualität, Bezug zum Außenraum, Flächeneffizienz und Ener-
und Flächeneffizienz gieverbrauch sind durch das Entwurfs- und Energiekonzept in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen.
Gebäudeautomation versus Hochautomatisierte Gebäuderegelungssysteme, Einzelraum- bzw. Zonenregelungen oder manuell regulierbare Sys- • • • • • •
Individualität und teme sind unter Abwägung von Investitions-, Wartungs-, und Betriebskosten sowie der Nutzerakzeptanz zu ent-
Nutzerakzeptanz wickeln.
innovatives Planungsteam Routinierte Projektbeteiligte sind in die Abläufe und Anforderungen einer Integralen Planung einzubinden. Die Ziele • • • • • • • •
versus Umsetzungsroutinier eines nachhaltigkeitsorientierten Bauvorhabens (z. B. Komfort, Energieeffizienz) sollten in den Vorbemerkungen
von Ausschreibungen für die jeweiligen Gewerke enthalten sein. Besondere Nachweise wie Materialdeklarationen,
Test- oder Prüfungsverfahren müssen eindeutig beschrieben und eingefordert werden.
B 6.31

188
Strategien

Grundlagen- Vorentwurfs- Entwurfs- Genehmi- Aus- Aus- Objekt- Nutzung Moderni- B 6.31 typische Zielkonflikte energieoptimierter Planung
ermittlung planung planung gungs- führungs- schreibung über- Wartung sierung B 6.32 Akteure im Planungs- und Nutzungsprozess,
Bedarfs- planung planung und Vergabe wachung Betrieb Umnutzung heute und zukünftig
planung Betrieb

Architekt

Fachingenieur (Tragwerk, Haustechnik, Elektro etc.)

Nutzer

Bauherr

Facility Management

Energiekonzept

heute zukünftig
B 6.32
be der Errichtung und Weiterveräußerung eines lich zur Verbesserung des Mikrokimas (z. B. Forderungen nach erweiterten Formen der
Objekts, wird er ein unmittelbares Interesse an Wasserflächen, Regenwasser, Verschattung, Partizipation gingen in den vergangenen
einer nachhaltigen Gebäudeentwicklung zei- Reflexion und Temperaturen von Oberflächen) zehn Jahren von verschiedenen Dokumenten
gen. Für Betreiber sind Kriterien wie Langlebig- beitragen. zur nachhaltigen Entwicklung aus (z. B. Agen-
keit, Anpassungsfähigkeit sowie geringe lau- da 21, Habitat II). Die Berücksichtigung der
fende Betriebskosten von zentraler Bedeutung. Fachingenieure spezifischen Bedürfnisse unterschiedlich
Vielen Bauherrn ist bewusst, dass ein nachhal- Ingenieure verfügen als Spezialisten über ein Betroffener und insbesondere die Einbezie-
tiges Gebäude, über die Lebensdauer betrach- hohes Fachwissen zu Einzelthemen des nach- hung der Interessen benachteiligter Bevölke-
tet, nicht nur umweltbezogene und soziale Vor- haltigen Bauens. Richtig verknüpft kann dieses rungsgruppen stehen für das Ideal der Verant-
züge aufweist, sondern darüber hinaus über spezialisierte Wissen ganz wesentlich zur wortungsteilhabe der Zivilgesellschaft am
handfeste ökonomische Vorteile verfügt (Abb. Lösungsfindung beitragen und die Kreativität Gemeinwesen. Sie gilt demnach als eine der
B. 6.33). bezüglich material- und energieeffizienter Kon- zentralen Voraussetzung zur Implementierung
zepte fördern. Eine enge Vernetzung der ein- von Nachhaltigkeit [9].
Architekten zelnen Disziplinen gelingt am besten im engen Während die klassische Bürgerbeteiligung sich
Aufgrund der wachsenden Anforderungen Diskurs aller Beteiligten zu Beginn des Pla- überwiegend auf Informations- und Erörte-
und der steigenden Nachfrage an ganzheit- nungsprozesses. rungstermine beschränkt, beabsichtigt die
lichen Gebäudekonzepten wandelt sich das erweiterte Partizipation, die Selbstregulierung
Berufsbild des Architekten zunehmend vom Baufirmen und Ausführende von Prozessen durch ein vielseitiges Metho-
Universalisten zum koordinierenden Team- Baufirmen und Handwerker sind bei gewerke- denangebot zu fördern. Dazu zählen beispiels-
leiter. Da der Architekt bei den meisten pla- weiser Vergabe nur für Teilleistungen von Bau- weise: runde Tische, Mediation, Zukunftswerk-
nungsrelevanten Aspekten unmittelbar betei- projekten beauftragt. Der Bauprozess löst sich stätten oder Planungszellen. Aufgrund der
ligt ist, kann er den Bauherrn maßgeblich auf in verschiedene Einzelaufträge; entspre- Vielzahl an Beteiligungsformen ist zunächst
unterstützen, die richtigen Entscheidungen chend der jeweiligen Gewerke verfügen die zu klären, wann, zu welchem Thema, mit wel-
zum richtigen Zeitpunkt zu treffen. Ein allge- Akteure über ein teilweise stark detailbezoge- chem Ziel und mit welchem Verfahren die
meines Bewusstsein zur Notwendigkeit inte- nes Problembewusstsein. Dieses Wissen kann, Partizipation erfolgen soll. Die relevanten Pha-
gralen und nachhaltigkeitsorientierten Bauens positiv entwickelt und eingesetzt, die Nachhal- sen diskursiver Projekte stellen sich für kommu-
ist bei vielen Planern vorhanden, es mangelt tigkeit von Bauten günstig beeinflussen. nale Planungen und Hochbauprojekte gleicher-
allerdings oft an handlungsrelevantem Detail- Gleichzeitig ist allerdings auch die Betrachtung maßen dar:
wissen und manchmal auch an Durchsetzungs- des Ganzen und der Schnittstellen zu den
vermögen. Ein Gestaltungsprimat behindert Nachbargewerken erforderlich. • Projektierungs- und Konzeptionierungsphase
zuweilen den unverstellten Zugang zum Thema • Verhandlungsphase des Diskursangebots
»Nachhaltigkeit«, dessen gestalterisches Inno- Facility Management • Diskursphase
vationspotenzial derzeit erst in Ansätzen Mit steigenden Energiepreisen und dem Ziel • Transferphase
erkannt wird. einer nachhaltigen Gebäudebewirtschaftung
verbreitet sich auch das Steuerungsinstru- Partizipation kann maßgeblich dazu beitragen,
Landschaftsarchitekten und Ökologen ment Facility Management. Aufgrund der die Legitimation und Akzeptanz von Planungs-
Das nachhaltige Wirtschaften hat seinen Ur- engen Beziehung zum Gebäudenutzer und vorhaben zu steigern, Widerstände abzubauen
sprung in der Forstwirtschaft. Es sollte ent- somit der Kenntnis über seine Anforderun- sowie die Qualität von Entscheidungen zu
sprechend in den verwandten Disziplinen Öko- gen und Bedürfnisse lassen sich durch eine erhöhen.
logie und Landschaftsarchitektur verankert umfassende Betrachtung aller betrieblichen Der Nutzer übt zudem durch seine Komfort-
sein. In vielen Themenbereichen (z. B. Altlas- Abläufe die Nutzungskosten dauerhaft sen- ansprüche sowie sein Benutzerverhalten
tenbewältigung, Regenwassermanagement, ken sowie der Wert von Immobilien langfristig hinsichtlich Innenraumtemperatur, Warm-
Oberflächengestaltung) sind noch erhebliche erhalten. wasserbedarf, Lüftungsverhalten und interne
Entwicklungsreserven in Richtung auf eine bzw. solare Gewinne maßgeblichen Einfluss
nachhaltige und energieeffiziente Landschafts- Nutzer und Betroffene auf den Energiebedarf von Gebäuden aus.
planung festzustellen. Darüber hinaus müssen Bei der Stadt- und Landschaftsplanung sowie Dabei kann der durchschnittliche Verbrauch
neue Themen wie lokale Bioenergiewirtschaft bei Großprojekten gehört die Beteiligung je nach Nutzerprofil rund 15 % unterhalb
und Energiegewinnung aus Wind und Sonne von Bürgern an relevanten Planungs- und (»Extremsparer«) oder etwa 60 % überhalb
besetzt werden. Auf der Ebene der Gebäude- Entscheidungsprozessen bereits seit einigen (»Extremverschwender«) der Richtwerte nach
planung können Landschaftsarchitekten erheb- Jahrzehnten zur gängigen Planungspraxis. EnEV liegen (Abb. B 6.34).

189
Strategien

Gebäudeeigenschaften (Beispiele) wirtschaftliche / finanzielle Vorteile

Energieeffizienz geringere Bewirtschaftungskosten

Marketing- und Imagevorteile, geringeres


geringe Umwelteinflüsse / Leerstandrisiko, stabiler Cash-flow
Risiken
höheres Mietsteigerungspotenzial
gesteigerte Funktionalität, Betriebsfähigkeit,
Lebensdauer, Flexibilität geringeres Risiko des Ausfalls von
technischen Gebäudesystemen
B 6.33 Gebäudeeigenschaften und daraus resultie-
rende wirtschaftliche Vorteile unkomplizierte Durchführung von gesteigerte Produktivität
B 6.34 Einfluss des Nutzerverhaltens auf den Energie- Instandhaltungs- und Wartungsaktivitäten der Gebäudenutzer
bedarf von Wohngebäuden
B 6.35 Kriterien des nachhaltigen Bauens nach »Emp- Vermeidung des »Sick-Building-Syndroms«,
fehlung SIA 112/1, Nachhaltiges Bauen – Hoch- gesteigertes Wohlbefinden vermindertes Prozess-, Kosten-
bau« der Gebäudenutzer und Kompensationsrisiko
B 6.33
Nachhaltige Architektur die Bereiche Bauen und Wohnen in Deutsch- Gesellschaft
land zu operationalisieren, erarbeitete die Die Qualität der gebauten Umwelt spiegelt
Oft wird nachhaltiges Bauen mit den Begriffen Enquête-Kommission in ihrem Abschlussbe- menschliche Wertvorstellungen wider und
»ökologisches Bauen«, »energieeffizientes richt 1998 »Schutz des Menschen und der verleiht generellen Vorstellungen von Kultur
Bauen« oder »bioklimatische Architektur« Umwelt« das so genannte Drei-Säulen-Modell Ausdruck. Gebäude und alles, was zur ge-
gleichgesetzt; es handelt sich hierbei jedoch mit ökonomischen, ökologischen und sozio- bauten Umwelt gehört, sind so wirksam und
lediglich um Teilaspekte einer zukunftsfähigen kulturellen Zielen. Basierend auf den Vorar- allgegenwärtig, dass sie unsere Lebens-
Entwicklung. Der Ansatz des nachhaltigen beiten der Kommission wurde im Jahr 2001 qualität in vielfältiger Weise beeinflussen.
Bauens stellt sich komplexer dar. Die Gesamt- vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Die entsprechenden Kriterien lassen sich
heit der architektonischen Produktion steht Wohnungswesen der »Leitfaden Nachhaltiges jedoch oft nicht quantifizieren, sie können
zur Diskussion, d. h. ökonomische, ökologi- Bauen« als Empfehlung für öffentliche Bauten nur qualitativ bzw. beschreibend beurteilt
sche und gesellschaftliche Aspekte sind in eingeführt, um Schutzziele beim Planen, Errich- werden. Doch gerade die immateriellen
wechselseitigen Abhängigkeiten zu betrach- ten und Betreiben von Gebäuden weiter zu gesellschaftlichen Werte wie z. B. Integration,
ten. Dabei sind die einzelnen Dimensionen konkretisieren und Planungsleitlinien aufzu- räumliche Identität, Partizipation oder Ge-
bekannt und prägten die Architektur seit ihren zeigen [11]. In Anlehnung an das Drei-Säulen- sundheit stellen wesentliche Schlüsselfakto-
Anfängen. Modell bietet der Leitfaden eine erste wertvolle ren für eine nachhaltige, friedliche und die
Wie aus Abb. B 6.33 hervorgeht, weist nach- Hilfestellung, Nachhaltigkeitskriterien für die Umwelt schonende Entwicklung der Gesell-
haltiges Bauen zahlreiche wirtschaftliche Vor- Architektur und das Bauwesen zu verdeut- schaft dar.
teile bei der Wertentwicklung von Immobilien lichen.
auf [10]. Dennoch bleibt die alltägliche Praxis Einen vergleichbaren Ansatz stellt die »Emp- Wirtschaft
derzeit noch weit hinter den sich bietenden fehlung SIA 112/1, Nachhaltiges Bauen – Die Investitionskosten stehen bei Planungs-
Möglichkeiten zurück. Nachhaltiges Bauen Hochbau« [12] des Schweizerischen Inge- entscheidungen oftmals im Zentrum der
eröffnet die Chance, das gestalterische Reper- nieur- und Architektenvereins (SIA) aus dem Betrachtung. Aus vornehmlich ökonomie-
toire der Architektur zu bereichern und wieder Jahre 2004 dar. Den Zieldimensionen des Drei- getriebenem Handeln resultieren häufig ein-
stärker mit gesellschaftlichen Schlüsselthemen Säulen-Modells entsprechen die drei Bereiche dimensionale Projektentwicklungen, die
zu verknüpfen. Um nachvollziehbare, für viele Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt, die hier einem langfristigen Denken widerstreben.
Bereiche auch quantifizierbare Sachverhalte in mehrere Themen untergegliedert und denen Die Kosten für den Betrieb und Unterhalt
zu verdeutlichen, werden im Folgenden Leit- wiederum mehrere Kriterien zugeordnet sind von Gebäuden können schon nach wenigen
kriterien sowie Instrumente des nachhaltigen (Abb. B 6.35). Die SIA-Empfehlung unterstützt Jahren die Investitionskosten übersteigen.
Bauens erläutert. Bauherrn und Planer zu Projektbeginn, die Eine künftige Planungspraxis sollte jedoch
objektspezifischen Kriterien im Sinne einer die Baukosten über den gesamten Lebens-
Leitkriterien Zielvereinbarung auszuwählen und zeigt Maß- zyklus (Erstellung, Betrieb, Rückbau) betrach-
In der Absicht, das Leitbild »Nachhaltigkeit« für nahmen für die weitere Umsetzung auf. ten. Abwägungen zwischen höheren Investi-
Nutzerverhalten Innenraum- Energiebedarf Luftwechsel- Abweichungen Haushaltsstrom- anrechenbare
temperatur für Warmwasser rate von der EnEV 1 bedarf (inkl. Licht) Wärmeenergie
elektr. Geräte

Extremsparer 17,0 °C 5,0 kW / m2a 0,4 / h -14,5 % 10 kWh / m2a 2,3 kWh / m2a
10 %-Quantil

Sparer 18,5 °C 10,1 kW / m2a 0,6 / h -2,5 % 15 kWh / m2a 3,4 kWh / m2a
30 %-Quantil

Durchschnitt 19,5 °C 15,1 kW / m2a 1,1 / h 14,2 % 20 kWh / m2a 4,5 kWh / m2a
50 %-Quantil

Verschwender 21,0 °C 25,2 kW / m2a 1,5 / h 34,7 % 30 kWh / m2a 6,8 kWh / m2a
70 %-Quantil

Extremverschwender 23,0 °C 35,3 kW / m2a 2,0 / h 59,4 % 40 kWh / m2a 9,0 kWh / m2a
90 %-Quantil
1
Abweichungen bei einem Niedrigenergiegebäude (An = 363,52 m2) mit einem Jahresprimärenergiebedarf von 63,1 kWh / m2a
B 6.34

190
Strategien

Bereich Thema Kriterium


tions- sowie niedrigeren Betriebs- und Unter-
haltskosten müssen in die Planungsent- Gesellschaft Gemeinschaft Integration / Durchmischung
soziale Kontakte
scheidungen einbezogen werden. Hohe Solidarität / Gerechtigkeit
gestalterische Qualität hat seinen Preis, stei- Partizipation
gert allerdings langfristig den Wert einer
Gestaltung räumliche Identität / Wiedererkennung
Immobilie. individuelle Gestaltung / Personalisierung
Nutzung, Erschließung Grundversorgung / Nutzungsmischung
Umwelt Langsamverkehr und öffentlicher Verkehr
Bei der Herstellung von Gebäuden und beim Zugänglichkeit und Nutzbarkeit für alle
Austausch von Bauteilen definiert primär der
Wohlbefinden, Gesundheit Sicherheit
Stofffluss von Baumaterialien die ökologi- Licht
schen Wirkungen. Im Betrieb sind es dem- Raumluft
gegenüber der Energiebedarf, insbesondere Strahlung
für Heizung, Kühlung, Licht und Geräte, so- sommerlicher Wärmeschutz
Lärm / Erschütterungen
wie Reinigung und Instandhaltung. Gebäude
sind langlebig; bei einer für Mitteleuropa an- Wirtschaft Gebäudesubstanz Standort
Bausubstanz
genommenen Neubaurate von ca. 1 % würde Gebäudestruktur / Ausbau
die energetische und ökologische Erneuerung
des Bestands 100 Jahre und mehr dauern. Anlagenkosten Lebenszykluskosten
Finanzierung
Deshalb liegen die größten CO2-Reduktions- externe Kosten
potenziale in der Sanierung des Gebäude-
Betriebs- und Unterhaltskosten Betrieb und Instandhaltung
bestands; die fortdauernde Nutzung bestehen-
Instandsetzung
der Gebäude trägt im Vergleich zur Herstel-
Umwelt Baustoffe Rohstoffe: Verfügbarkeit
lung von Neubauten durch die Reduktion
Umweltbelastung
von Stoffströmen deutlich zur Ressourcen- Schadstoffe
schonung bei. Rückbau
Betriebsenergie Wärme (Kälte) für Raumklima
Instrumente Wärme für Warmwasser
Schutzziele und Leitindikatoren bilden die Elektrizität
Voraussetzung zur Überwindung des Nach- Deckung Energiebedarf
haltigkeitsdefizits. Um daraus konkrete Hand- Boden, Landschaft Grundstücksfläche
lungsstrategien ableiten zu können, sind Freianlagen
jedoch Instrumente erforderlich, die es dem Infrastruktur Mobilität
Planungsteam ermöglichen, Auswirkungen Abfälle aus Betrieb und Nutzung
und Wechselbeziehungen von gesellschaft- Wasser
lichen, wirtschaftlichen und ökologischen B 6.35
Dimensionen zu erkennen und im Planungs-
bzw. Bauprozess zu behandeln. Zur Beurtei- Evaluationswerkzeuge bilden ein breites die Bereiche Management, Gesundheit und
lung der Nachhaltigkeit von Gebäuden exis- Spektrum von sehr einfachen, qualitativen Wohlbefinden, Energie, Transport, Wasser-
tiert eine Vielzahl von Instrumenten und Hilfs- Bewertungsinstrumenten bis zu präzisen, verbrauch, Baustoffe, Nutzung des Grund-
mitteln wie Checklisten, EDV-Tools oder auch quantifizierte Daten umfassenden Werk- stücks, ökologische Standorterschließung
Gebäudelabels. zeugen ab. Die Auswahl des geeigneten sowie Luft- und Wasserverschmutzung. Das
Das breite Spektrum verfügbarer Instrumente Instruments muss deshalb immer in einer Verfahren ist besonders auf Architekten und
resultiert gerade im Bauwesen aus vielen unter- Abwägung zwischen objektivierter Genauig- Planer ausgerichtet. BREEAM zählt derzeit
schiedlichen Aufgabenstellungen (z. B. Wett- keit, die jedoch zwangsläufig mit aufwendi- zu den am weitesten verbreiteten Gebäude-
bewerbe, Vor-, Entwurfs- bzw. Werkplanung, ger Ermittlung verbunden ist, und der Ver- labels.
die Beurteilung fertiggestellter Gebäude etc.), lässlichkeit subjektiver Bewertungen erfolgen.
die kein Instrument allein abzudecken vermag. Eine kleine Auswahl der verfügbaren Eva-
Abb. B 6.37 zeigt eine Übersicht von verfüg- luationswerkzeuge wird im Folgenden vor- LEED
baren Instrumenten bzw. Hilfsmitteln nach gestellt. Der US Green Building Council führte LEED
Typologie und Betrachtungsgegenstand (Leadership in Energy and Environmental
[13, 14]. BREEAM Design) 1995 zunächst für den amerikani-
Ein bedeutender Fortschritt bei der Nach- Das Gebäudelabel BREEAM (Building Research schen Immobilienmarkt ein. Inzwischen hat
haltigkeitsbeurteilung basiert auf der Ent- Establishment Environmental Assessment sich das Bewertungssystem aber auch zuse-
wicklung von Gebäudelabels. Sie erlauben Method) wurde zu Beginn der 1990er-Jahre hends in Europa und insbesondere in Asien
eine umfassende Bewertung von Bau- und als erstes Bewertungsverfahren für Büroge- verbreitet. Ähnlich wie bei BREEAM existieren
Planungsqualität auf unterschiedlichen bäude in Großbritannien entwickelt und liegt spezifische Versionen für unterschiedliche
Präzisionsstufen.In frühen Leistungsphasen mittlerweile in verschiedenen Versionen für Nutzungstypen, z. B. Büro- und Verwaltungs-
vermitteln sie Planenden und Auftraggebern weitere Gebäudetypen (z. B. Warenhäuser, gebäude, Bestandsbauten, gewerbliche
eine Projektbewertung, woraus sich auch Supermärkte, Schulen, Industriegebäude und Innenraumprojekte oder Eigenheime. Auch
Hinweise zur planungsbegleitenden Ver- Wohnhäuser) und für unterschiedliche Konti- bei diesem Label basiert die Gebäudebe-
besserung der Nachhaltigkeitseigenschaften nente wie Europa, Nordamerika und Asien wertung (»zertifiziert«, »Silber«, »Gold«,
ableiten lassen. Für fertiggestellte Projekte vor. Das Instrument vergibt für ausgewählte »Platin«) auf der erreichten Gesamtpunkt-
dienen Gebäudezertifikate dazu, Nutzern Indikatoren Punktbewertungen; je nach zahl des entsprechenden Kriterienkatalogs.
und Betreibern einen nachvollziehbaren Be- Gesamtpunktzahl wird ein Zertifikat »ausrei- Die Indikatoren unterteilen sich in die Berei-
leg bezüglich der nachhaltigen Qualität chend«, »gut«, »sehr gut« oder »ausgezeich- che nachhaltige Landschaftsplanung, effizien-
ihres Gebäudes zu liefern. Die verfügbaren net« erteilt. Die Indikatoren gliedern sich in ter Wasserhaushalt, Energie und Atmosphäre,

191
Strategien

Sicherheit Licht
soziale Kontakte Grundversorgung/Nutzungsmischung
Material und Ressourcen, Innenraum und
Zugänglichkeit und Nutzbarkeit für alle Integration, Durchmischung Luftqualität sowie Innovation und Planungs-
individuelle Gestaltung / Personalisierung sommerlicher Wärmeschutz prozess.
räumliche Identität / Wiedererkennung Gesellschaft
Raumluft Langsamverkehr und öffentlicher Verkehr
MINERGIE-ECO
Lärm / Erschütterungen Strahlung
In Abstimmung mit den Kriterien der SIA-
Partizipation Empfehlung 112/1 »Nachhaltiges Bauen –
Solidarität / Gerechtigkeit Hochbau« wird in der Schweiz seit 2006 das
Nachweisverfahren MINERGIE-ECO für Ver-
Freianlagen
Schadstoffe waltungsbauten, Schulen und Mehrfamilien-
häuser angewandt. Eine Erweiterung für
Umweltbelastung Einfamilienhäuser und Sanierungen ist in
Gebäudestruktur / Ausbau Deckung Energiebedarf
Vorbereitung. Das Gebäudelabel ergänzt
Grundstücksfläche
Standort Mobilität den vorherigen MINERGIE-Standard mit
Lebenszykluskosten Ökonomie Ökologie Wasser dem Schwerpunkt Komfort und Energieeffi-
externe Kosten zienz um die Themen Gesundheit und Bau-
Bausubstanz Wärme (Kälte) für Raumklima ökologie. Zu den Beurteilungskriterien gehö-
Wärme für Warmwasser
Finanzierung Elektrizität
ren Licht, Lärm, Raumluft, Rohstoffe, Her-
Abfälle aus Betrieb und Nutzung stellung und Rückbau. Zudem wird in Bezug
Betrieb und Instandhaltung Rohstoffe: Verfügbarkeit auf die Energieeffizienz vorgegeben, dass
Instandsetzung Rückbau der Energieverbrauch des Gebäudes um
B 6.36 mindestens 25 % und der fossile Energiever-
brauch um mindestens 50 % unter dem durch-
schnittlichen Stand der Technik liegen muss.
Typologie Instrument (Beispiele) Land Lph (HOAI) Um den Anforderungen des Labels zu ge-
Betrachtungsgegenstand nügen, müssen Gebäude Ausschlusskriterien
Produktdeklaration • Typ I-III Umweltdeklaration (siehe Material, S. 171) D 5–7 für Einzelanforderungen erfüllen (z. B. Verzicht
Bauprodukte und -hilfsstoffe auf Biozide und Holzschutzmittel in Innen-
Empfehlungs- und Ausschlusskriterien • Schwarz, Jutta: Ökologie im Bau. Bern, Stuttgart, 5–7 räumen) und Mindesterfüllungsgrade er-
Bauprodukte und -hilfsstoffe Wien 1998 reichen. In der Summe der Ergebnisse müs-
Elementkataloge • SIA D 0123: Hochbaukonstruktionen nach CH 2–5 sen mindestens zwei Drittel der Kriterien den
Bauteile (Funktionseinheiten) im ökologischen Gesichtspunkten Vorgaben entsprechen.
eingebauten Zustand
Ausschreibungshilfen • ECOBIS / WINGIS: Ökologische Baustoff-/ D 3–7
ökologisch orientierte Leistungs- Gefahrstoff-Informationssysteme Diagnosesystem Nachhaltige Gebäude-
beschreibung • BKP: Merkblätter nach Baukostenplan für CH 3–7
qualität (DNQ)
Ausschreibungen
• ECO-DEVIS: Ökologische Leistungs- CH 5–7
beschreibungen Auf der Grundlage der zuvor beschriebenen
Energieausweise • Energieausweis und Energiebedarfsausweis D 2–8 Bewertungssysteme wurde im Rahmen der
Beschreibung (und Bewertung) der nach EnEV Bearbeitung des Energie Atlas ein System
Energieeffizienz von Gebäuden zur Beurteilung der Nachhaltigkeit von Ge-
Checklisten • Preisig, Hansruedi (u. a.): Der ökologische CH / D 2–8 bäuden entwickelt. Das Diagnosesystem
entsprechend Verwendungszweck Bauauftrag. München, 2001 soll anstelle der bislang üblichen Beschrei-
(z. B. energiesparendes Bauen etc.) • Checklisten für energiegerechtes, ökologisches CH 2–8
bung von Teilaspekten eine nachvollzieh-
Planen und Bauen des Schweizerischen
Bundesamts für Energiewirtschaft bare und alle wesentlichen Parameter von
Nachhaltigkeit umfassende Darstellung treten
Objektbeispiel (best practice) • SolarBau: MONITOR: Projektdatenbank D 2–4
Gebäude mit vorbildlichen Lösungen »Energie-optimiertes Bauen« des Bundes- [15].
ministeriums für Wirtschaft und Technologie Das Diagnosesystem orientiert sich in seiner
Wettbewerbe (best practice) • SIA D 0200 / SNARC: Systematik zur Beurteilung CH 1–2 hierarchischen Struktur, seinen Themenfel-
Entwürfe mit Energie- und der Nachhaltigkeit von Architekturprojekten dern und Erläuterungen an den Vorgaben
Nachhaltigkeitsbewertungen für den Bereich Umwelt der SIAEmpfehlung 112/1. Es ordnet jedoch
Leitlinien • Leitfaden Nachhaltiges Bauen D 1–9 die Themen neu, erweitert die Erläuterungen
Formulierung von Zielen, Grundsätzen • SIA D 0216: SIA Effizienzpfad Energie CH 1–8 und bezieht zusätzliche Kriterien und Indi-
und Leitbildern • SIA E 112 / 1: Nachhaltiges Bauen – Hochbau CH 1–8 katoren ein. Darüber hinaus sind den Kriteri-
ganzheitliche Planungs- und • LEGEP: Lebenszyklusbezogene Planung und D 2–6 en jeweils Indikatoren, qualitative Merkmale
Bewertungshilfsmittel (Tools) ökologisch-ökonomische Bewertung
und Quellenangaben zugeordnet, die das
interaktive Werkzeuge zur Entscheidungs- • OGIP: Planungswerkzeug für die Optimierung CH 2–6
findung für unterschiedliche Anwendungs- von Kosten, Energieverbrauch und Umwelt- Erfassen und Bewerten erleichtern.
gebiete (z. B. Wettbewerbe, Ökobilan- belastung von Bauten Eine wesentliche Änderung erfolgte in der
zierung etc.), teilweise mit Datenbank- • VITRUVIUS: Kostenplanung, Immobilien- CH 2–9 Gliederung der Themen nach Bereichen.
verknüpfung bewertung, Projektentwicklung, Portfolio- Während die SIA-Empfehlung 112/1 wie
management
auch andere Quellen die Nachhaltigkeits-
Gebäudelabel, -evaluationen bzw. • BREEAM: Building Research Establishment GB 2–8 aspekte gemäß Drei-Säulen-Modell unter
-zertifikate Environmental Assessment Method
Gebäudebewertung • GBC (GBTool): Green Building Challenge CAN 2–8
den Überschriften »Gesellschaft«, »Wirt-
• LEED: Leadership in Energy USA 2–8 schaft« und »Umwelt« gliedern, ordnet das
and Environmental Design Diagnosesystem Nachhaltige Gebäude-
• MINERGIE-ECO: Nachweisverfahren CH 2–8 qualität (DNQ) nach den planungsbezogenen
• TQB: Total Quality Building A 2–8
Kategorien Standort-, Objekt- und Prozess-
B 6.37

192
Strategien

qualität (Abb. B 6.38). Zum einen soll dies Anmerkungen: [8] Löhnert, Günter (u. a.): Zielkonflikte. In: Bürogebäude
den Zugang für Architekten und Planer [1] Banham, Reyner, zit. nach Oswalt, Phillip: Wohltem- mit Zukunft. Köln 2005, S. 154f.
perierte Architektur: neue Techniken des energie- [9] Jörissen, Juliane (u. a.): Zukunftsfähiges Wohnen
erleichtern; zum anderen vermeidet diese
sparenden Bauens. Heidelberg 1995, S. 9 und Bauen. Herausforderungen, Defizite, Strategien.
Gliederung Zuordnungsprobleme von Kriterien, [2] BUND/Misereor (Hrsg.): Zukunftsfähiges Deutsch- Berlin 2005, S. 195f.
die alle drei Nachhaltigkeitssäulen berühren, land. Ein Beitrag zu einer global nachhaltigen Ent- [10] Lützkendorf, Thomas (u. a.): Nachhaltigkeitsorientier-
wie z. B. Umweltbelastung oder Standort wicklung (Wuppertalstudie). Basel, Boston, Berlin te Investments im Immobilienbereich. Trends, Theo-
(Abb. B 6.36). 1996 rie und Typologie. 2005, S. 11f.
[3] Preisig, Hansruedi; Pfäffli, Katrin (u. a.); Schweizeri- [11] Bundesamt für Verkehr, Bauen und Wohnen (Hrsg.):
Dass DNQ zunächst als System zur Beur- scher Ingenieur- und Architektenverein (Hrsg.): SIA Leitfaden Nachhaltiges Bauen. 2001
teilung der Nachhaltigkeit fertiggestellter D 0216. SIA Effizienzpfad Energie. Zürich 2006 [12] Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein
Gebäude entwickelt wurde, resultierte primär [4] Hauff, Volker: Unsere gemeinsame Zukunft. Der (Hrsg.): Empfehlung SIA 112/1. Nachhaltiges Bauen
aus dem Ziel, die in Teil C vorgestellten, Brundtland Bericht der Weltkommission für Umwelt – Hochbau. Zürich 2006
und Entwicklung. Greven 1987 [13] Lützkendorf, Thomas (et al.): Nachhaltiges Planen,
gebauten Beispiele einer für den Leser ver-
[5] Gruber, Edelgard (u. a.): Energiepass für Gebäude. Bauen und Bewirtschaften von Bauwerken. Ziele,
gleichbaren Beurteilung unterziehen zu kön- Evaluation des Feldversuchs. Untersuchung im Auf- Grundlagen, Stand und Trends. Bewertungsmetho-
nen. Über diese Erstanwendung hinaus trag der Deutschen Energie-Agentur. 2005 den und -hilfsmittel. Kurzstudie für das BMVBW.
eignet sich das Diagnosesystem auch zur [6] Kohler, Niklaus: Zit. n. Forgber, Uwe: Teamorientierte 2002
ganzheitlichen Gebäudebeurteilung. Es ver- Bauplanung. Die Vernetzung von Kompetenzdomai- [14] Steiger, Peter: Der kritische Weg zur nachhaltigen
nen in virtuellen Projekträumen. Dissertation der Uni- Bauweise. In: Baustoff Atlas. München 2005, S. 19
mittelt einen verdichteten und umfassenden versität Karlsruhe 1999 [15] Die Entwicklung des Diagnosesystems Nachhaltige
Eindruck der Nachhaltigkeit von Gebäuden. [7] Löhnert, Günter: Der integrale Planungsprozess, Gebäudequalität (DNQ) wurde von der Deutschen
Die mit den Kriterien verbundenen Zieldefini- Teil I Grundlagen. In: EnergieEffizientes Bauen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert.
tionen und die Erläuterungen können dabei 01/2002, S. 31f.
ebenso gut auch als Planungsinstrument
und zur vergleichenden Beurteilung von Pla-
nungen dienen.
Mit DNQ tritt neben die bislang übliche,
Bereich Thema Kriterium
nicht formalisierte verbale Beschreibung
und die grafisch-visuelle Veranschaulichung Standortqualität Energieangebot
Grundverorgung / Nutzungsmischung
von Objekten eine objektivierende und Ver- Integration / Durchmischung
gleichbarkeit herstellende Beurteilung. Dabei Solidarität / Gerechtigkeit
sind zwei Kategorien von Kriterien zu unter- Nutzung
scheiden: Mobilität
Lärm / Erschütterungen
Strahlung
• Die qualitativen Kriterien als umfassendes
»Rückgrat« des Diagnosesystems sprechen Objektqualität Erschließung / Kommunikation Verkehr
soziale Kontakte
alle Bereiche und Themen der Nachhaltigkeit Zugänglichkeit und Nutzbarkeit
an. Auf der Grundlage der Kriterien und der
Grundstück Grundstücksfläche
Erläuterungen hierzu sind sie stichwortartig Freiflächen
beschrieben und weitestgehend objektiv
Gestaltung Baukultur
nachvollziehbar. Personalisierung
• Ergänzend hierzu sind quantifizierte Indi-
Wohlbefinden / Gesundheit Sicherheit
katoren hinterlegt (z. B. Primärenergiebedarf Schall
in KWh/m2a), soweit diese verfügbar sind. Licht
Raumluft
Da wichtige Indikatoren zurzeit selbst für Raumklima
Modellprojekte kaum abrufbar sind, ist zu- Gebäudesubstanz Bausubstanz
künftig eine bessere Verfügbarkeit dieser Gebäudestruktur / Ausbau
Kennwerte wünschenswert, die als Planungs- Baukosten Investitionskosten
daten und/oder durch Monitoring verifizierte Finanzierung
Objektdaten Aufschluss über Energie- und Betriebs- und Unterhaltskosten Betrieb und Instandhaltung
Materialeffizienz von Gebäuden geben. Sie Instandsetzung
können ganz wesentlich dazu beitragen, die Baustoffe Rohstoffe / Verfügbarkeit
laufende fachliche Diskussion zu objektivieren Umweltbelastung
Schadstoffe
und Anreize zu mehr Sorgfalt im Umgang Rückbau
mit Ressourcen und Energie im Bauwesen
Betriebsenergie Gebäudeheizung
schaffen. Rechtlich verbindliche Energie- Gebäudekühlung
und Nachhaltigkeitsnachweise, wie sie z. B. Warmwasserbereitung
durch die EnEV, den Energieausweis oder Luftförderung
die Ökobilanzierung verlangt werden, schaffen Beleuchtung
mittelfristig die notwendige Datengrundlage. sonstige elektrische Verbraucher
Energiebedarfsdeckung
Infrastruktur Abfälle aus Betrieb und Nutzung
Wasser
B 6.36 Überschneidungen der Nachhaltigkeitskriterien
Prozessqualität nachhaltiges Bauen
nach »Empfehlung SIA 112/1, Nachhaltiges
Bautradition
Bauen – Hochbau«
Partizipation
B 6.37 Instrumente zur Bewertung der Nachhaltigkeit
integrale Planung
von Planungen und Gebäuden
Analysen
B 6.38 Kriterien des nachhaltigen Bauens nach
Monitoring
»Diagnosesystem Nachhaltige Gebäudequalität«
Facility Management
(DNQ)
B 6.38

193
Strategien

Kriterium: Ziel Erläuterung Quellen qualitative Indikatoren


Merkmale Kennwerte

Standortqualität
Energieangebot: Eine dauerhaft zukunftsfähige Energieversorgung mit hoher Versorgungssicherheit in Angaben des ört- standortspezifi- ¤Globalstrah-
lokal verfügbare Energie- der Betriebsphase erfordert die effiziente Nutzung des lokal verfügbaren Energie- lichen Energie- sches Energie- lung [kWh / m2a]
träger und Umweltenergien angebots. Hierzu ist sowohl die technische Infrastruktur vor Ort (z. B. Gasanschluss, versorgers, Klima- angebot ¤standortrele-
effizient nutzen Fernwärme, BHKW) als auch das Angebot an Umweltenergien (z. B. Globalstrahlung, daten vante Klima-
Grundwasser, Windgeschwindigkeiten) auf ihre Eignung hinsichtlich einer nach- daten
haltigen und effizienten Gestaltung des Energiekonzepts zu analysieren.
Grundversorgung / Nutzungs- Die Förderung des Quartierslebens sowie eine stete Nahversorgung im urbanen Raum Bebauungsplan, Nutzungsmischung, ¤Dichte
mischung: sind notwendige Voraussetzungen einer nachhaltigen Stadtentwicklung. Gemischte Strukturkonzepte Maßnahmen für [EW / km2]
kurze Distanzen, attraktive Nutzungen tragen dazu bei, Verkehr (und somit die »induzierte Energie«) zu redu- flexible Strukturen
Nutzungsmischung im Quar- zieren.
tier erreichen
Integration / Durchmischung: Sozial, ethnisch und demografisch durchmischte Quartiere erweisen sich als beson- Entwicklungs- Politische und pla-
optimale Voraussetzungen ders stabil und anpassungsfähig. Geeignete bauliche Maßnahmen können die Inte- pläne, Bebau- nerische Maßnah-
für soziale, kulturelle und gration verschiedener Bevölkerungsgruppen unterstützen. Dazu zählen: vielfältiges ungsplan men zur sozio-
altersmäßige Integration und Wohnungsangebot, unterschiedliche Wohnungsgrößen und Ausbaustandards, Mehr- demografischen
Durchmischung schaffen zweck- und Gemeinschaftsräume, zumietbare Wohn- und Arbeitsräume, gemeinsam Durchmischung
nutzbare Infrastrukturen.
Solidarität / Gerechtigkeit: Eine gerechte und solidarische Gesellschaft setzt voraus, dass die räumlichen Bedürf- unmittelbare An- Vitalität des Quar-
benachteiligte Personen nisse von sozial oder finanziell schwächer Gestellten verstärkt wahrgenommen werden schauung, tiers, Durchmi-
unterstützen und in die Planung einfließen. Programme, schung
Statistiken
Nutzung: Der Standort sollte den Interessen von Bauherrn bzw. Investoren und Nutzern glei- Stadtkarte, Standort und
eine langfristige, dem Stand- chermaßen entgegenkommen. Zu berücksichtigen sind Faktoren wie Image, land- Lageplan, Standortentwick-
ort entsprechende wirtschaft- wirtschaftliche Qualität und Zugang zu Freiräumen, Erreichbarkeit mit öffentlichen Objektbeschrei- lung im Zusam-
liche Nutzung gewährleisten Verkehrsmitteln, Nähe zu Bildungs-, Versorgungs- und Kultureinrichtungen. bung menhang mit dem
Nutzungskonzept
Mobilität: Bauliche Maßnahmen und Anreizsysteme tragen dazu bei, den Individualverkehr auf Lageplan mit Maßnahmen zur ¤Entfernung
Mobilität umweltverträglich öffentliche Verkehrsmittel (ÖPNV) zu verlagern. Die Reduktion und kompakte An- ÖPNV-Anbindung umweltverträgli- ÖPNV (Ver-
gestalten ordnung von PKW-Stellplätzen im öffentlichen Raum sowie die Förderung des ÖPNV chen Abwicklung kehrsmittel)
unterstützen diese Entwicklung. der Mobilität [m]
Lärm / Erschütterungen: Beeinträchtigungen durch Außenlärm und Erschütterungen lassen sich durch Anord- Baubeschreibung, Schallschutzmaß-
vor Immissionen durch Lärm nung der Räume, Ausrichtung der Fenster und geeignete technische Schallschutz- Schallschutzgut- nahmen im Außen-
und Erschütterungen schüt- maßnahmen minimieren. achten raum und am Ge-
zen bäude
Strahlung: In Radongebieten sind geeignete bautechnische Maßnahmen zu treffen. Hohe Inten- Radonkarte, Bau- standortspezifische
vor Immissionen durch ioni- sität von nicht ionisierender Strahlung (Elektrosmog) erfordert im Sinne der Vorsorge, beschreibung, Belastungen sowie
sierende und nicht ionisie- empfohlene Maximalwerte (z. B. World Health Organisation: 5 kV / m) einzuhalten. Messungen Strahlenschutzmaß-
rende Strahlung schützen nahmen

Objektqualität
Erschließung / Kommunikation
Verkehr: Das Wege- und Verkehrsnetz setzt den Rahmen zur Entwicklung des Gebäude- und Erschließungskon- Erschließungs- ¤Fahrradab-
gute und sichere Erreichbar- Erschließungskonzepts. Eine gute Wegevernetzung mit der Nachbarschaft, gute und zept, Lageplan, konzept, Stellplatz- stellplätze [m2]
keit und Vernetzung ermög- unverwechselbare Orientierungsmöglichkeiten sowie Übersichtlichkeit schaffen indivi- Erdgeschoss- organisation, Fuß-
lichen duelle und kollektive Sicherheit. grundriss, Außen- weganbindung,
raumplanung mit Lage und Gestaltung
Fahrradabstell- der Eingangs-
plätzen bereiche
Soziale Kontakte: Die Pflege von sozialen Kontakten unterstützt Verantwortungsbewusstsein, Kreativität Lageplan, Außen- Qualität der Erschlie-
kommunikationsfördernde und den Aufbau sozialer Netze. Dies wird gefördert durch halböffentliche Bereiche, raumplanung, ßungszonen, Ge-
Begegnungsorte schaffen kommunikationsfördernde Erschließungs- und Begegnungsflächen sowie ein gut Grundrisse meinschafts- und
abgestimmtes Zusammenwirken der privaten, halböffentlichen und öffentlichen Außenräume
Bereiche von Gebäuden und ihrem Umfeld.
Zugänglichkeit und Nutzbar- Gute Zugänglichkeit und übersichtliche Gestaltung sind wertvoll und attraktiv für Baubeschreibung, Barrierefreiheit ¤barrierefrei
keit: alle – besonders diejenigen, die in ihrer Bewegungsfreiheit dauerhaft oder zeitweilig Erschließungskon- (Gebäude und (ja / nein)
Gebäude und Umgebung eingeschränkt sind. Barrierefreie Gestaltung verbessert die Kommunikation im zept, Lageplan, Außenanlagen),
übersichtlich und barrierefrei Gebäude und erhöht – richtig eingesetzt – die räumlichen Qualitäten von Architektur Grundrisse, Nutzbarkeit (z. B.
gestalten und Freiraum. Schnitte, Leit- automatische Türen,
system Behinderten-WCs
etc.)
Grundstück
Grundstücksfläche: Der Verzicht auf Nutzung unbebauter Fläche durch Flächenrecycling, wirtschaftliche Baubeschreibung planerische Maß- ¤GFZzul., GFZvorh.
Bedarf an Grundstücksfläche Grundstücksausnutzung und bauliche Verdichtung ermöglicht einen sinnvollen Um- Lageplan, Grund- nahmen zur Reduk- ¤BGF Be-
gering halten gang mit der knappen Ressource Boden. Die Weiternutzung bestehender Bauten hat risse tion des Grund- stand / BGF
Vorrang vor Neubaumaßnahmen. flächenbedarfs Neubau [m2]
Freifläche: Bei der Außenraumgestaltung ist die Erhaltung bzw. Schaffung natürlicher Lebens- Baubeschreibung Maßnahmen zur Er- • unvers. Fläche
Versiegelung minimieren, räume (extensive Wiesen und Rasenflächen, roh belassene unversiegelte Flächen, Lageplan, Außen- haltung bzw. Schaf- [% Grundstück]
Artenvielfalt sichern Retentionsflächen und Biotope, Bäume und Hecken, Dach- und Fassadenbegrünung) raumplanung fung natürlicher • Dachbe-
anzustreben. Dachbegrünung schafft Ersatz für baulich versiegelte Flächen. Lebensräume grünung
[% überbaute Fläche]

194
Strategien

Kriterium: Ziel Erläuterung Quellen qualitative Indikatoren


Merkmale Kennwerte

Gestaltung
Baukultur: Wiedererkennung von gebauten Strukturen und von Landschaften dient der mensch- Entwurfskonzept, räumliche Struktu- ¤Wettbewerb
Orientierung und räumliche lichen Orientierung im Raum und vermittelt das Gefühl von Sicherheit, Zugehörigkeit Baubeschrei- ren, spezifische (ja / nein)
Identität durch Wiedererken- und Geborgenheit. Räumliche Identität fördert die Verantwortung gegenüber Umwelt bung, Lageplan, Identität des Orts
nung verbessern und Mitmenschen. Gute Architektur schafft den besonderen Bezug zum Ort, hohe Ge- Ansichten
staltqualität, eine spezifische Identität und sinnfällige Wechselbeziehungen zwischen
Gebäude und seiner Umgebung.
Personalisierung: Der Mensch benötigt Identifikation und Markierungen seines Territoriums. Architektur Entwurfskonzept, Innovation, Gestal-
Identifikation herstellen, per- und Freiraum leisten dabei den entscheidenden Beitrag. Innovation ist notwendig zur Baubeschreibung, tungsspielräume
sönliche Gestaltungsmög- Schaffung der Unverwechselbarkeit des Orts und zur Lösung aktueller gesellschaftli- Lageplan, und Möglichkeiten
lichkeiten eröffnen cher Fragestellungen. Als Beitrag zur Baukultur sollten jedoch gleichzeitig Gestaltungs- Grundrisse zur Personalisierung
spielräume zur Selbstdarstellung und Identifikationsbildung belassen bleiben.
Wohlbefinden / Gesundheit
Sicherheit: Sicherheit trägt zur sozialen und wirtschaftlichen Stabilität bei. Benutzer sollen sich so- Baubeschreibung, Schutz vor Natur-
Gefahrenpotenziale vermin- wohl im Gebäude selbst (Unfall, Einbruch, Brand, Arbeitssicherheit), als auch in dessen Brandschutzkon- gefahren, Brand-
dern, Sicherheitsempfinden Umgebung (Überfall, Naturgefahren) sicher fühlen und weitestgehend abgesichert zept, Lageplan, schutz, Absturz-
fördern sein. Entsprechend sind objektive Gefahrenpotenziale (z. B. standortspezifische Natur- Außenanlagen, sicherung, Rutsch-
gefahren, Rutschsicherheit, Stolperfallen, Brand etc.) möglichst auszuschalten, Beiträ- Grundrisse, An- sicherheit, Beleuch-
ge zum subjektiven Sicherheitsempfinden (z. B. Übersichtlichkeit, gute Beleuchtung, sichten, Schnitte, tung, Übersicht-
soziale Kontrolle, Belebung, gute Sichtverbindung etc.) sind zu leisten. Nutzerbefragung lichkeit, soziale
Kontrolle, Belebung,
Sichtverbindung
Schall: Unerwünschte Schallbelästigungen und akustische Verhältnisse beeinflussen das Wohl- raumakustisches bauliche Schall- ¤Schallschutz
angenehme akustische Be- befinden und können die Gesundheit beeinträchtigen. Lärmbelästigungen zwischen Gutachten schutzmaßnahmen, [dB (A)]
dingungen schaffen Nutzungseinheiten ( z. B. Luft- und Trittschall ) sowie Störungen (Immissionen haustech- raumakustische ¤Nachhallzeit [s]
nischer Anlagen, ungünstige Raumakustik ) sind durch entsprechende bauphysik- Maßnahmen
alische und raumakustische Vorkehrungen zu vermeiden.
Licht: Tageslicht beeinflusst über den Tagesgang des Lichts den Hormonhaushalt und syn- Baubeschreibung passive und tech- ¤Tageslicht-
optimale Tageslichtverhält- chronisiert unsere »innere Uhr«. Dementsprechend sind Tageslichtstrategie, Ausrich- (ggf. Tageslicht- nische Maßnahmen autonomie
nisse, gute Beleuchtung her- tung des Gebäudes, Fensterflächenanteil, Raumtiefe, Blendschutz, die Gestaltung von simulation), zur optimalen Ta- [%]
stellen Reflexionsflächen und die Farbgebung der umschließenden Bauteile (Boden, Wand, Schnitte, Grund- geslichtnutzung,
Decke) zu gestalten. risse, Ansichten, Blendschutz
Fassadenschnitt
Raumluft: Schlechtes Raumklima kann zahlreiche körperliche Symptome und Leistungsminde- Baubeschreibung, Lüftungskonzept ¤Lüftung:
hohe Raumluftqualität an- rung zur Folge haben. Eine möglichst geringe Belastung der Raumluft (z. B. CO2- Be- Lüftungskonzept, und sonstige Maß- natürlich
streben lastung, Reinigungsmittel, Tabakrauch, Schimmelpilze und Milben etc.) ist durch ein Nutzerbefragung, nahmen zur [%NF],
geeignetes Lüftungskonzept und unterstützendes Nutzerverhalten sicherzustellen. Raumluft- Sicherstellung der maschinell
messungen Raumluftqualität [%NF]
Raumklima: Die thermische Behaglichkeit beeinflusst wesentlich den menschlichen Wärmehaushalt Baubeschreibung, Beschreibung der ¤U -Werte
hohe thermische Behag- und wirkt sich unmittelbar auf den Energieverbrauch von Gebäuden aus. Sie ist mög- Entwurfspläne, Maßnahmen zur Gebäudehülle
lichkeit gewährleisten lichst weitgehend durch bauliche, passive Maßnahmen zu optimieren: z. B. allgemein Sonnenschutz, Optimierung des [W / m2K]
durch Bauweise, Wärmeschutz, Feuchteregulierung, abgestimmter Fensterflächenanteil Grundrisse, An- Raumklimas ¤Betriebsstun-
und speicherfähigeBauteile; gegen Überwärmung durch Sonnenschutzvorrichtungen sichten, Detail- den [h über
und Möglichkeiten zur Nachtkühlung. pläne 26 ˚C / a]
¤wirks. Spei-
cherkapazi-
tät [Wh / m2NF]
Gebäudesubstanz
Bausubstanz: Bauliche Standards und Ressourceneinsatz sollten auf die beabsichtigte wirtschaftliche Baubeschreibung, Maßnahmen zum ¤projektierte
auf die Lebensdauer bezo- Lebensdauer Bezug nehmen. Die Qualität der Bausubstanz und ihre sachgemäße Detailpläne mit Erreichen einer auf wirtschaftli-
gene Wert- und Qualitäts- Erhaltung sind entscheidend für den Erhalt des wirtschaftlichen Werts eines Bauwerks Materialangaben die Lebensdauer che Nutzungs-
beständigkeit erreichen und seiner Lebensdauer. bezogenen Wert- dauer [a]
und Qualitäts- ¤Dauerhaftig-
beständigkeit keit von Bau-
teilen [a]
Gebäudestruktur / Ausbau: Ausbau- bzw. Anpassungsmöglichkeiten steigern die Werthaltigkeit von Gebäuden, Baubeschreibung, Nutzungskonzept ¤alternative
hohe Flexibilität für verschie- um diese mit geringem Aufwand wandelnden Bedürfnissen entsprechend gestalten zu Nutzungskonzept, unter Einbeziehung Nutzungs-
dene Raum- und Nutzungs- können. Das Raumprogramm sollte über die Bildung standardisierter Flächenmodule Raumprogramm, der Anpassungs- konzepte
bedürfnisse sicherstellen sowie neutraler Grundstrukturen Veränderungen erleichtern und ggf. alternative Nut- Grundrisse, Detail- und Ausbaufähig- (ja / nein)
zungsszenarien vorsehen. Bei der Detailplanung ist das Prinzip einer möglichst weitrei- pläne keit, anpassungs-
chenden Trennung von Tragsystem und Ausbau anzustreben. fähige Installationen,
Trennung von Trag-
struktur und Ausbau
Baukosten
Investitionskosten: Niedrige Investitionskosten können die Zugänglichkeit baulicher Angebote für breite Baukostenermitt- Maßnahmen zur ¤Baukosten (KG
Investition unter Berücksich- Bevölkerungsschichten verbessern, dürfen bei langlebigen Gebäuden allerdings nicht lung, Lebens- Reduktion der In- 300 – 400)[EUR]
tigung der Lebenszyklus- auf Kosten der Dauerhaftigkeit, Wartungsfreundlichkeit und des Energiebedarfs im zykluskosten- vestitionskosten, ¤Verhältnis
kosten tätigen Betrieb gehen. berechnung Vertragsverhältnis KG 300 / 400
Investor / Nutzer ¤Baukosten
(Mieter, Selbst- [EUR / m2BGF]
nutzer etc.)

195
Strategien

Kriterium: Ziel Erläuterung Quellen qualitative Indikatoren


Merkmale Kennwerte

Baukosten
Finanzierung: Das Kostengerüst sollte eine dauerhafte Finanzierung von Liegenschaften bis zu Kostenermittlung, Investitions-, In-
langfristig Finanzierung von ihrem Rückbau sicherstellen. Es sind für Instandhaltung, Instandsetzung und Rück- Verträge standsetzungs-
Betriebs-, Instandsetzungs- führung in den Stoffkreislauf angemessene Rücklagen zu bilden. Gebäude müssen und Rückbau-
und Rückbaukosten sichern sich über ihre Nutzungsdauer amortisieren, damit am Ende die Mittel zur Verfügung kosten, Förder-
stehen, um die Immobilie einem neuen Lebenszyklus zuführen bzw. sie ersetzen zu programme
können.
Betriebs- und Unterhaltskosten
Betrieb und Instandhaltung: Über die Lebensdauer eines Gebäudes betrachtet übersteigen die Betriebs- und Baubeschreibung, Maßnahmen zur ¤Betriebskosten
niedrige Instandhaltungskos- Instandhaltungskosten meist die Investitionskosten. Sorgfältige Planung, die Wahl Materialkonzept, Reduktion der Be- [EUR / m 2NFa]
ten durch frühzeitige Planung langlebiger und unterhaltsfreundlicher Materialien und Konstruktionen sowie Maß- Benchmarks, triebs- und Instand- ¤Bauunterhalt
und kontinuierliche Instand- nahmen zur Senkung des Energieverbrauchs können zur Verringerung der Betriebs- Lebenszyklus- haltungskosten [EUR / m2NFa]
haltung sichern kosten beitragen. Die Lebenszykluskostenbetrachtung unterstützt die integrale Be- kostenberechnung ¤Energiekosten
trachtung aller Kostenelemente und kann zu niedrigen Betriebs- und Unterhaltskosten [EUR / m 2NFa]
beitragen.
Instandsetzung: Die Qualität und die Lebensdauer der einzelnen Bauteile sind möglichst auf die beab- Grundrisse, Zugänglichkeit und
niedrige Instandsetzungs- sichtigte Nutzungsdauer abzustimmen. Bauteile, Haustechniksysteme, Fügungen und Fassadenschnitt, Austauschbarkeit
kosten durch gute Zugäng- Anschlussdetails sollten eine gute Zugänglichkeit und einfache Austauschbarkeit bei Detailpläne, von Bauteilen,
lichkeit und Qualität gewähr- späteren Instandsetzungsmaßnahmen ermöglichen. Installationspläne Reparaturfreund-
leisten lichkeit, Fügungen
und Anschluss-
details

Baustoffe
Rohstoffe / Verfügbarkeit: Bei der Auswahl von Baustoffen sollten vermehrt gut verfügbare, bevorzugt nachwach- Baubeschrei- Materialkonzept • Anteil nach-
gut verfügbare Primärroh- sende Rohstoffe (z. B. Holz), gut recycelbare Stoffe und Bauteile sowie Sekundärroh- bung, Material- sender Roh-
stoffe, vornehmlich jedoch stoffe (recycelte Baustoffe) berücksichtigt werden. konzept, Aus- stoffe [Vol.-%]
nachwachsende und Se- schreibung • Anteil Sekun-
kundärrohstoffe einsetzen därrohstoffe
[Vol.-%]
Umweltbelastung: Die Herstellung von Baustoffen sollte mit möglichst geringen Umweltwirkungen erfolgen. Baubeschreibung, Maßnahmen zur • PEI Rohbau
geringe Umweltbelastung Dies betrifft die einzusetzende graue Energie, die CO2-Belastung aber auch viele an- Materialkonzept, Gewährleistung [MJ / m2 NF]
bei der Herstellung anstre- dere Faktoren (z. B. Ozonabbau, Versauerung, Überdüngung, Sommersmog), die Ge- Ökobilanzierung, geringer Umwelt-
ben genstand der Ökobilanzierung sind. Ausschreibung belastungen bei
der Herstellung
Schadstoffe: Durch eine sorgfältige Auswahl von emissionsarmen bzw. -freien Baustoffen und Baubeschreibung, Maßnahmen zur • emissionsarme
auf geringe Schadstoffge- Einrichtungen lässt sich die Schadstoffbelastung in Innenräumen wie in Außen- Materialkonzept, Reduktion von bzw. -freie Bau-
halte in Baustoffen achten bereichen deutlich reduzieren. Insbesondere Anstrichstoffe, Fugendichtstoffe, Holz- Ausschreibung, Schadstoffemis- stoffwahl
werkstoffplatten, Klebstoffe und Metalle bedürfen erhöhter Aufmerksamkeit. Nutzerbefragung, sionen aus Bau- (ja / nein)
Raumluftmessun- stoffen • Baustoffka-
gen taster (ja / nein)
• Raumluft-
messung
(ja / nein)
Rückbau: Die Wiederverwendung und -verwertung (Recycling) von Baustoffen spart Rohmaterial Baubeschreibung, Baustoffauswahl • Rückbau-
einfach trennbare Verbund- und Energie. Recycling setzt voraus, dass sich die Konstruktionen und Systeme in ihre Materialkonzept, Recycelbarkeit konzept
stoffe und Konstruktionen ursprünglichen Komponenten auftrennen lassen. Fügungen sollten unter dem Aspekt Detailpläne Ausführung von (ja / nein)
zur Wiederverwendung bzw. von guter Auswechselbarkeit, guter Trennbarkeit und guter Recycelbarkeit geplant Fügungen und
-verwertung einsetzen sein. Konstruktionen mit mechanischer Befestigung sind Verbundkonstruktionen vorzu- Konstuktionen
ziehen.

Betriebsenergie
Gebäudeheizung: Der Heizwärmebedarf lässt sich durch passive Maßnahmen (Kompaktheit, Gebäude- Baubeschreibung, passive und tech- • Heizwärme-
minimierten Heizenergie- geometrie, Gebäudetiefe, Ausrichtung, Minimierung der Verschattung, luftdichte Ge- Haustechnikkon- nische Maßnahmen bedarf
bedarf anstreben bäudehülle, Wärmedämmung etc.) und effiziente Gebäudetechnik maßgeblich zept, Grundrisse, zur Reduzierung [kWh / m2a]
reduzieren. Ansichten, Detail- des Heizenergie- • Primärener-
schnitte der Hüll- bedarfs giebedarf
bauteile mit [kWh / m2a]
U-Werten • Endenergie-
verbrauch
[kWh / m2a]
Gebäudekühlung: Durch passive Maßnahmen (z. B. Speichermassen, abgestimmter Fensterflächenanteil, Baubeschreibung, Beschreibung • Primärener-
technischen Kältebedarf Bauweise, Speicherfähigkeit von Innenbauteilen etc.) und baulich-technische Vorkeh- Haustechnikkon- der passiven und giebedarf
durch bauliche und haustech- rungen (z.B. Sonnenschutzvorrichtungen, Nachtauskühlung etc.) kann einer Überhitzung zept, Sonnen- technischen Maß- [kWh / m2 a]
nische Maßnahmen vermei- des Gebäudes vermieden werden. Eine aktive Kühlung sollte bei Gebäuden mit ge- schutzkonzept, nahmen zur Re- • Endenergie-
den oder minimieren ringen inneren Wärmelasten möglichst vermieden werden. Ist sie erforderlich, sollte sie Ansichten duzierung des verbrauch
möglichst effizient erfolgen. Kältebedarfs [kWh / m2a]
Warmwasserbereitung: Ein geringer Energiebedarf für Warmwasser lässt sich durch mengenbegrenzende Ar- Baubeschreibung, Maßnahmen zur • Primärener-
Wärme- und Energiebedarf maturen, konzeptionelle Maßnahmen wie konzentrierte Nasszonenbereiche und mini- Haustechnikkon- Reduzierung des giebedarf
senken mierte Leitungsführung erreichen. Der tatsächliche Verbrauch wird maßgeblich durch zept, Installations- Warmwasserbe- [kWh / m2a]
das Nutzerverhalten beeinflusst. pläne darfs • Endenergie-
verbrauch
[kWh / m2a]

196
Strategien

Kriterium: Ziel Erläuterung Quellen qualitative Indikatoren


Merkmale Kennwerte

Betriebsenergie
Luftförderung: Als optimierte Lüftungsstrategie ist eine natürliche Lüftung zu bevorzugen. Wird eine Baubeschreibung, bauliche und • Primärener-
Strombedarf für Luftförderung maschinelle Luftförderung erforderlich, sollte diese mit Wärme - bzw. Kälterückge- Haustechnikkon- technische Maß- giebedarf
minimieren winnung, günstigen Kanalquerschnitten und energieeffizienten Motoren ausgestattet zept, Installations- nahmen zur Re- [kWh / m2a]
sein. pläne duzierung des • Endenergie-
Strombedarfs verbrauch
[kWh / m2a]
Beleuchtung: Durch eine tageslichtoptimierte Gebäudeplanung lässt sich der Energiebedarf für Kunst- Baubeschreibung, bauliche und • Primärener-
Strombedarf für Beleuchtung licht minimieren. Darüber hinaus sollten energieeffiziente Beleuchtungssysteme, auf die Beleuchtungs- technische Maß- giebedarf
gering halten Tätigkeit abgestimmte Beleuchtungskonzepte sowie tageslicht - und präsenzabhängige konzept nahmen zur Re- [kWh / m2a]
Steuerungstechnik eingesetzt werden. duzierung des • Endenergie-
Strombedarfs verbrauch
[kWh / m2a]
Sonstige elektr. Verbraucher: Wichtige Faktoren sind sinnvolle Komfortansprüche, eine angemessene Ausstattung Baubeschreibung Auswahl energie- • Primärener-
geringen Elektrizitätsbedarf mit Betriebseinrichtungen sowie energieeffiziente Geräte und Anlagen. effizienter Geräte giebedarf
durch konzeptionelle und be- und Anlagen Verbraucher
triebliche Vorkehrungen ver- [kWh / m2a]
folgen • Endenergie-
verbrauch
[kWh / m2a]
Energiebedarfsdeckung: Zur Deckung des Energiebedarfs sollte ein möglichst hoher Anteil an erneuerbarer Ener- Baubeschreibung, Energiekonzept, • Deckungsrate
Anteil an erneuerbarer Ener- gie genutzt werden. Möglichkeiten zur Nutzung von lokal verfügbaren erneuerbaren Energiekonzept Nutzung erneuer- erneuerbare
gie für die Bedarfsdeckung Ressourcen (z. B. Geothermie) sowie zur Integration von Solartechnik in die Gebäude- barer Energien Energien [%]
steigern hülle sind bereits in der Vorplanung zu berücksichtigen. • Solarfläche:
Solarthermie
[m2], PV [m2]

Infrastruktur
Abfälle aus Betrieb und Bauliche Vorkehrungen bilden die Voraussetzung, um durch getrenntes Sammeln und Baubeschreibung, Qualitäten der Infra-
Nutzung: Verwerten von Betriebs- und Haushaltsabfällen Stoffkreisläufe zu schließen. Neben der Grundrisse struktur für Abfall-
Infrastruktur für Abfall- funktionalen Qualität von Entsorgungssystemen und einer geregelten Betreuung übt trennung
trennung herstellen das Nutzerverhalten maßgeblichen Einfluss aus.
Wasser: Absenkung des Grundwasserspiegels kann Ökosysteme einschneidend verändern. Sanitärplanung, Maßnahmen für ge- • Wasserver-
Trinkwasserverbrauch Die Aufbereitung von Trink- und Abwasser macht hohe Aufwendungen erforderlich. Außenraum- ringen Trinkwasser- brauch
senken Durch geeignete Maßnahmen z. B. wassersparende Armarturen, Haushaltsgeräte und planung verbrauch und ge- [m3 / Person • a]
WCs, Nutzung von Regen- und Grauwasser und verändertes Nutzerverhalten sind er- ringe Abwasser- • Regen- / Grau-
hebliche Verminderungen der Umweltwirkung erzielbar. mengen wassernutzung
(ja / nein)

Prozessqualität
Nachhaltiges Bauen: Jedes Gebäude, ob neu erreichtet oder saniert, kann durch seine besonderen Eigen- Programmatik, Maßnahmen zur • nachhaltig-
Beitrag zur nachhaltigen Ent- schaften und seine Ausstrahlung zur Verbreitung des nachhaltigen Wirtschaftens bei- Veröffentlich- Umsetzung eines keitsorientier-
wicklung und zur Stärkung tragen. Auf diese Weise sollte sich eine neue Planungskultur entwickeln. Ihre besonde- ungen nachhaltigkeits- te Bench-
des öffentlichen Bewusst- ren Eigenschaften und ihre Erfolge sollten öffentlich kommuniziert werden. orientierten marks (ja / nein)
seins leisten Planungsprozesses
Bautradition: Zeugnisse guter Baukultur, handwerkliche Traditionen und intelligente Bauweisen sind Baubeschreibung Maßnahmen zum
Arbeit, Wissen und Baukultur im Zuge der Planung zu pflegen und weiterzuentwickeln. Die Bewahrung gestalteri- Detailpläne, eige- Erhalt des kulturel-
erhalten scher oder geschichtlicher Werte von Gebäuden trägt zum Erhalt und zur Fortentwick- ne Anschauung len Erbes
lung der regionalen Baukunst bei.
Partizipation: Die Mitwirkung von Nutzern und Betroffenen im Planungsprozess unterstützt die Ak- Erfahrungs- Partizipations- • Partizipations-
hohes Maß an Akzeptanz zeptanz und kann die Nutzungsqualität von Baumaßnahmen verbessern. Die kritisch berichte konzept konzept
durch Partizipation anstreben begleitete Berücksichtigung von Wünschen und Bedürfnissen späterer Nutzer kann (ja / nein)
soziale wie finanzielle Vorteile erzeugen. Ziele, Methoden, Umfang und Zeitpunkt der
Partizipation von Interessengruppen sind frühzeitig festzulegen.
Integrale Planung: Die frühzeitige Bildung eines integralen Planungsteams und seine Ausrichtung auf Baubeschreibung, Projektbeteiligte und
projektspezifische Nachhal- nachhaltigkeitsorientierte Planungsgrundsätze tragen wesentlich zur Sicherung des Liste der Projekt- ihre Aufgabenberei-
tigkeitspotenziale optimieren Projekterfolgs bei. Die rechtzeitige und kollegiale Einbeziehung von Fachplanern beteiligten, Bench- che, Beschreibung
sowie integrale Planungsgrundsätze sind zwischen Bauherr und Architekt abzu- marks des integralen Pla-
stimmen. Bereits in der Vorplanung sind entsprechende Benchmarks und Zielvor- nungsprozesses
gaben zu definieren.
Analysen: Stoffstromanalysen und Gebäudesimulationen können maßgeblich zur Senkung von Gebäudebeschrei- Simulationsver- • Simulations-
Stoffströme, Energieaufwen- Umweltwirkungen und der Betriebskosten beitragen. Die Gesamt- und Detailanalyse bung, Simulations- fahren, Optimie- verfahren
dungen und Betriebskosten müssen frühzeitig mit geeigneten Simulationstools bewertet und entsprechend weiter- ergebnisse rungsebenen ja / nein)
verringern entwickelt werden.
Monitoring: Beim Gebäudemonitoring unterliegen raumklimatische Einflüsse und technische Monitoringkonzept Monitoringkonzept • Monitoring
Gebäudeüberwachung und Systeme einer kontinuierlichen Überwachung, um die Wirksamkeit geplanter Systeme (z. B. Messgrößen (ja / nein)
-optimierung einplanen zu prüfen und daraus Schlüsse für weitere Planungen ziehen zu können. Monitoring und Monitoring-
trägt dazu bei, Störeinflüsse frühzeitig zu erkennen und somit die Betriebskosten zu dauer)
reduzieren.
Facility Management: Als Steuerungselement für den Gebäudebetrieb trägt Facility Management (FM) dazu FM-Konzept Konzept zur Opti- • FM-Konzept
den Betrieb vorausplanen bei, betriebliche Aufwendungen und den Energiebedarf zu minimieren, Wartungs- und FM-Vertrag mierung der Auf- (ja / nein)
und organisieren Instandhaltungsprozesse zu steuern sowie das Gebäude sich wandelnden Anfor- wendungen wäh-
derungen der Nutzung anzupassen. Damit sorgt FM für einen wirtschaftlichen Betrieb, rend der Nutzungs-
die Langlebigkeit des Gebäudes und seine nachhaltige Nutzbarkeit. phase

197
Teil C Gebaute Beispiele im Detail

01 Buzzi e Buzzi; Wohnhaus in Gerra Gambarogno (CH)

02 Walter Unterrainer; Wohnhaus in Satteins (A)

03 Brendeland & Kristoffersen; Wohnbebauung in Trondheim (N)

04 Thomas Hillig; Sanierung eines Wohnhauses in Berlin (D)

05 pos architekten, Treberspurg & Partner; Schutzhütte am Hochschwab (A)

06 Siegfried Delueg; Fernheizwerk in Sexten (I)

07 Felix Jerusalem; Strohhaus in Eschenz (CH)

08 Dietger Wissounig; Altenwohn- und Pflegeheim in Steinfeld (A)

09 Kränzle + Fischer-Wasels, Klotz + Knecht; Mehrgenerationenhaus in Darmstadt (D)

10 Allmann Sattler Wappner; Sporthalle in Tübingen (D)

11 Jourda et Perraudin, Hegger Hegger Schleiff; Fortbildungsakademie in Herne (D)

12 Arup Associates; Schule in Ladakh (IND)

13 Lapointe Magne & AEdifica; Hotel- und Tourismusinstitut in Montreal (CDN)

14 pfeifer. kuhn. architekten; Institutsgebäude in Freiburg (D)

15 Bob Gysin + Partner; Institutsgebäude in Dübendorf (CH)

16 Hascher Jehle Architektur; Bürogebäude in Landshut (D)

17 Behnisch, Behnisch & Partner; Verwaltungsgebäude in Cambridge (USA)

18 Herzog + Partner; Konferenz- und Ausstellungsgebäude in Osnabrück (D)

19 Bill Dunster architects; Wohn- und Büroanlage in London (GB)

20 sauerbruch hutton; Umweltbundesamt in Dessau (D)

Abb. D Luftbild eines Schulhofs in Cornwall (GB)

199
Beispiel 01

Wohnhaus

Gerra Gambarogno, CH 1998

Architekten:
Buzzi e Buzzi, Locarno
Britta Buzzi-Huppert, Francesco Buzzi
Mitarbeiter:
Gabriella Beusch
Tragwerksplanung:
Genazzi & Stoffel e Giacomazzi, Locarno

In dem kleinen, dicht bebauten Ort am Ostufer


des Lago Maggiore wurden die beiden alten
steinernen Ställe durch ihre besondere Art der
Sanierung wieder bewohnbar gemacht. Den
Tessiner Architekten war wichtig, den histori- b
schen Kontext und die bestehende Struktur
hervorzuheben und sensibel zu behandeln.
Um einen zusammenhängenden Raum herzu- a b a
stellen, wurde die Trennwand zwischen den
beiden Gebäudeteilen abgebrochen. Das
Dach des alten Gebäudes wurde entfernt und
nach dem »Haus-im-Haus-Prinzip« eine geo-
metrisch präzise zweite Hülle von oben wie ein aa
Möbel in den bestehenden Mauerring einge-
setzt. Die ruinenartigen Granitmauern dienen
gleichzeitig als Speichermasse und Schutz
der neuen Schale vor Witterung. Da das neue
Dach keinen Vorsprung aufweist, um die Ge-
stalt des Lärchenholzkubus als einziges Stück
aus einem Guss zu erhalten, ist die entstehen-
de Fuge ungeschützt; eine geneigte Beton-
platte unter dem neuen Einsatz führt das anfal-
lende Regenwasser ab. Die Holzkonstruktion
besteht aus 28 vorgefertigten Elementen, die
mit einem Hubschrauber angeliefert und inner-
halb von sechs Stunden montiert wurden.
Die Außenverkleidung aus Lärchensperrholz-
platten unterstreicht die Einheitlichkeit des
Volumens. Die Lage und Größe der fertig mon-
tierten Lärchenholzfenster mit Rollos als Sicht-
und Sonnenschutz weicht ein wenig von den
bestehenden Öffnungen im Bruchsteinmauer-
werk ab, sodass die Fensterrahmen von außen
nur teilweise sichtbar sind und die ursprüng-
liche Struktur erhalten bleibt. Im Inneren er-
zeugt die weiß grundierte Verkleidung aus
Gipsfaserplatten eine helle, freundliche Atmo-
sphäre und verbirgt gleichzeitig den Installa-
tionshohlraum. Bad und Schlafraum sind im
Untergeschoss untergebracht; die weiß ge-
bleichte Treppe aus Fichtenholz mit Ganzglas-
brüstung dient hier als Schrankelement. Im
Erdgeschoss befindet sich der Wohn- und Ess-
bereich mit der Küche; die niedrige Brüstung
der Galerie unterstützt den offenen Raumein-
druck.

º A+U 05 / 2001
db 09 / 2001
DBZ 01/ 2002

200
Wohnhaus

Grundriss Erdgeschoss
Schnitt 1
Maßstab 1:200
Vertikalschnitt
Maßstab 1:20

1 Ziegeldeckung
Konterlattung 30/50 mm
Lattung 50/50 mm
Unterdachbahn diffusionsoffen,
fugenlos verklebt
Schalung Nut und Kamm 18 mm
Sparren 60/240 mm, Firstgelenk
mit seitlichen Laschen biegesteif
verbunden, dazwischen Wärme-
dämmung Steinwolle 2≈ 120 mm
Dampfbremse PE-Folie,
fugenlos verklebt
Verkleidung Gipsfaserplatte
2≈ 12,5 mm
2 Schalung Dreischichtplatte Lärche
20 mm
Holzrahmenelement Fichte / Tanne
120 mm, dazwischen Wärme-
dämmung Steinwolle 120 mm
PE-Folie
OSB-Platte 12 mm,
Installationshohlraum 62 mm
Gipsfaserplatte 12,5 mm bb

Thema Qualitative Merkmale Kennwert / Indikator


Standortqualität Grundversorgung / Nutzungsmischung: regionaltypisches Bergdorf • Globalstrahlung: 1300 kWh / m2a
Integration / Durchmischung: Wohngebiet; hoher Tourismusanteil • Dichte: 134 EW / km2
Solidarität / Gerechtigkeit: kostengünstiges Wohnen für Einheimische • Entfernung ÖPNV: 40 m (Bus)
Nutzung: ganzjährige Wohnnutzung
Mobilität: zentrale Lage im Ortskern; Tourismusfernstraße
Objektqualität
Erschließung / Soziale Kontakte: hohe Bebauungsdichte; halböffentlicher Vorplatz • GFZvorh.: ca. 2,5
Kommunikation Zugänglichkeit und Nutzbarkeit: nur zu Fuß erreichbar; Anbindung an enges Wegenetz • BGF Bestand / Neubau: ca. 150 m2
Grundstück Grundstücksfläche: Nutzung bereits überbauter Fläche • unversiegelte Fläche: ca. 15 % Grundstück
Freifläche: unversiegelt • Schallschutz Gebäudehülle: 35 dB (A)
• Schallschutz Geschossdecken: 45 dB (A)
Gestaltung Baukultur: respektvoller Umgang mit Bestand durch Weiternutzung der historischen Außenmauer;
• Lüftung: natürlich 100 %NF
Erhalt des ortstypischen einheitlichen Erscheinungsbildes
• U-Werte Gebäudehülle [W/m2K]:
Wohlbefinden / Sicherheit: hohe soziale Kontrolle; rutschfester Bodenbelag Dach 0,2; Außenwand 0,3; Fenster 1,6
Gesundheit Licht: maximale Nutzung der äußeren Wandöffnungen durch rahmenfreie Verglasung; Innenräume mit • projekt. wirtschaftl. Nutzungsdauer: 40 a
hellen Oberflächen; offene Innenräume mit mehrseitiger Belichtung; Energiesparlampen • Baukosten KG 300 – 400: ca. 250 000 ™
Raumklima: Speichermasse des Bestands wirkt als Klimapuffer • Baukosten: 1660 ™ / m2BGF
Gebäudesubstanz Bausubstanz: Weiternutzung der alten Bausubstanz als Witterungsschutz; hohe Präzision des Neubaus • Anteil nachw. Rohstoffe: ca. 80 Vol.-%
durch Vorfertigung • Deckungsrate ern. Energien: ca. 60 %
Gebäudestruktur / Ausbau: Öffnung der Raumstrukturen für hohe Variabilität
Baukosten Investitionskosten: Kosteneinsparung durch Verzicht auf Witterungsschutz (Bestand) • emissionsarme bzw. -freie Baustoffwahl
Betriebs- und Betrieb und Instandhaltung: innere und äußere Fassade wartungsfrei • Rückbaukonzept
Unterhaltskosten Instandsetzung: minimierte Technikausstattung; einfache Details
Baustoffe Rohstoffe / Verfügbarkeit: nahezu ausschließliche Verwendung von Holz
Umweltbelastung: Verwendung regional verfügbarer Materialien
Schadstoffe: Verzicht auf Formaldehyde
Rückbau: Gebäude sortenrein trennbar und vollständig recyclingfähig
Betriebsenergie Gebäudeheizung: kompaktes Gebäude; gute Dämmung der Neubauhülle
Energiebedarfsdeckung: Holzofen; elektr. Trinkwassererwärmung
Prozessqualität Nachhaltiges Bauen: umfangreicher Anforderungskatalog mit bauphysikalischen und ökologischen • nachhaltigkeitsorientierte Benchmarks
Vorgaben
Bautradition: Konservierung historischer Architektur; Förderung der lokalen Handwerkstradition
Integrale Planung: enge Zusammenarbeit mit Bauphysiker und Holzbauunternehmen

201
Beispiel 02

Wohnhaus

Satteins, A 2002

Architekt:
Walter Unterrainer, Feldkirch
Mitarbeiter:
Sabine Tschohl
Tragwerksplanung:
Merz Kaufmann, Dornbirn

Das Einfamilienhaus hebt sich durch seine


rechtwinklige Kubatur und seine Kunststoff-
fassaden deutlich von der umgebenden Be-
bauung der Vorarlberger Gemeinde ab. Der
Baukörper besteht aus zwei gegeneinander
verschobenen unterschiedlich hohen Kuben.
Der zweigeschossige Teil bildet das Haupt-
haus mit großzügigem Wohn- und Essbereich
im Erdgeschoss und Schlaf- und Arbeitszim-
mern im Obergeschoss; in dem flachen Ge-
bäudeteil sind der Windfang mit Kellertreppe
und die Garage untergebracht. Der Eingangs- aa
bereich dient als Bindeglied und ermöglicht
eine Erschließung der Garage, des Kellers
und Gartens, ohne den Wohnbereich betreten
zu müssen. Eine Umnutzung der Garage als
Büro oder eine Aufstockung des flachen Bau-
körpers für eine seperate Kleinwohnung ist
gegeben. Die Öffnungen sind gemäß Nutzung A
und Himmelsrichtung gestaltet. Zwei schmale
Fenster zeigen sich zurückhaltend zur Straße
hin, während sich die Südwestfassade zum
Garten hin großzügig öffnet.
Der aus überwiegend vorgefertigten Elementen
bestehende Holzbau wurde auf eine allseits
gedämmte Bodenplatte montiert und erfüllt
mit einer Energiekennzahl von 14,7 kWh / m2 a
die Vorgaben des Passivhausstandards.
Decken und Dach sind hochgedämmte Holz-
kastenkonstruktionen. Vor die 4 cm dicken
Holzfaserdämmplatten wurden mit Klemmleis-
ten Stegplatten aus Polycarbonat gesetzt, da
diese pflegeleicht sind und mit Hochdruck
gereinigt werden können, was ausdrücklich
vom Bauherrn gewünscht war. Ein kontrolliertes
Lüftungssystem mit Erdvorwärmung und Wär-
merückgewinnung dient der Beheizung der
Räume. Bei besonders niedrigen Temperaturen
kann ein Miniofen zugeschaltet werden, der mit
Stückholz oder Pellets beheizt wird. Die Warm-
wasserbereitung übernimmt eine thermische
Solaranlage, die durch eine Wärmepumpe
unterstützt wird.
a a
º Graf, Anton: Neue Passivhäuser.
München 2003
c c
b

202
Wohnhaus

A 4 5 6

Schnitt • Grundrisse
1 Maßstab 1:250
Horizontalschnitt Kollektorfassade
Vertikalschnitte
Maßstab 1:20

bb cc

1 Fassadenaufbau: U = 0,133 kWh/m2K Riemenboden Douglasie 21 mm


Stegplatte Polycarbonat 16 mm auf Lattung 80/60 mm, dazwischen
Gummi 4 mm Dämmung Zellulose 60 mm
Lattung 100/30 mm Dämmung Zellulose 65 mm
Holzfaserplatte 40 mm Ausgleichsschicht 34 mm
OSB-Platte 18 mm Bodenplatte Stahlbeton 250 mm
Holzkonstruktion, dazwischen Perimeterdämmung PU-Schaumplatten 150 mm
Dämmung 280 mm 4 Wandaufbau Kollektorfassade:
OSB-Platte 18 mm, Dampfbremse Dämmung und Kollektor 120 mm
Lattung 50/30 mm, dazwischen Holzfaserplatte 40 mm
Dämmung Flachs 50 mm OSB-Platte 18 mm
Gipsfaserplatte 12,5 mm Holzkonstruktion, dazwischen
2 Deckenaufbau: Vakuumdämmung 26 mm
Dreischichtplatte Fichte 26 mm OSB-Platte 40 mm
BSH 250 mm, dazwischen Dampfsperre
Wärmedämmung 40 mm Gipsfaserplatte 12,5 mm
OSB-Platte 18 mm 5 Streifen Faserzement 10 mm
Splitt 60 mm Dichtung 4 mm
Dreischichtplatte Fichte 26 mm 6 Holz-Aluminium-Fenster mit
3 Bodenaufbau: Dreifachverglasung, Ug = 0,7 kWh/m2K

203
Beispiel 02

Thema Qualitative Merkmale Kennwert / Indikator


Standortqualität Energieangebot: hohe solare Globalstrahlung Grundversorgung / Nutzungsmischung: reines Wohngebiet; • Globalstrahlung: 1400 kWh / m2a
Anbindung an Ortskern Integration / Durchmischung: verschiedene Wohnformen Solidarität / Gerechtigkeit: • Dichte: 198 EW / km2
hohe Vitalität und Sicherheitsempfinden vorhanden Nutzung: Wohnen, Büro Mobilität: ländlicher Raum mit • Entfernung ÖPNV: 250 m (Bus)
geringem öffentlichen Nahverkehr
Objektqualität
Erschließung / Verkehr: Wohnstraße, zwei Garagenstellplätze; Fahrradraum Soziale Kontakte: gute nachbarschaftliche Ver- • GFZvorh.: 0,25
Kommunikation hältnisse Zugänglichkeit und Nutzbarkeit: EG vorgesehen für rollstuhlgerechtes Wohnen • BGF: 190 m2
Grundstück Grundstücksfläche: einfamilienhaustypischer Flächenbedarf Freifläche: unversiegelte Freiflächen • unversiegelte Fläche: 80 %Grundstück
• Lüftung: maschinell 100 % NF
Gestaltung Baukultur: Gebäudevolumen wie traditionelle Umgebung, weiterentwickelter hocheffizienter Holzbau mit
• U-Wert Gebäudehülle [W/m2 k]:
innovativer Polycarbonatfassade Personalisierung: flexible Grundrissgestaltung und Raumnutzung
Dach 0,12; Außenwand 0,13; Fenster 0,83;
Wohlbefinden / Schall: erhöhter Schallschutz, Absenkdichtungen in den Türen; hohe Masse in den Holzbalkendecken; Boden 0,12
Gesundheit schallgedämmte Überströmöffnungen Licht: hoher Fensteranteil, mehrseitige Belichtung der Wohnräume • Baukosten KG 300 – 400: 320 000 ™
Raumluft: konstant gute Luftqualität durch maschinelle Lüftungsanlage, individuelle Fensterlüftung möglich • Baukosten: 1680 ™ / m2BGF
Raumklima: hohe Oberflächentemperaturen durch sehr gut gedämmte Gebäudehülle; außen liegender • Anteil nachw. Rohstoffe: 80 Vol.-%
Sonnenschutz • Heizwärmebedarf: 14,7 kWh / m2a
Gebäudesubstanz Baubstanz: hohe Bauqualität durch Vorfertigung; dauerhafte Außenhaut Gebäudestruktur / Ausbau: Haus in • Primärenergiebedarf (Q) Wärme :
zwei Wohnungen teilbar; Garage optional aufstockbar; Teileinheiten als Büro nutzbar 25,5 kWh / m2a
Baukosten Investitionskosten: Selbstnutzer Finanzierung: Privatfinanzierung, ökologische Wohnbauförderung • Deckungsrate ern. Energien: ca. 75 %
Betriebs- und Betrieb und Instandhaltung: wartungsfreie Gebäudehülle Instandsetzung: zugängliche Dachabdichtung; • solaraktive Flächen: Solarthermie 10 m2
Unterhaltskosten Revisionsschächte für TGA; horizontale Kabelführung hinter abnehmbaren Sockelleisten
• barrierefrei
Baustoffe Rohstoffe / Verfügbarkeit: Holzbau mit witterungsbeständiger Polycarbonatfassade Umweltbelastung: kom-
• alternative Nutzungskonzepte
plette Vorfabrikation für optimierten Bauprozess Schadstoffe: Verwendung risikoarmer Materialien
• emissionsarme bzw. -freie Baustoffwahl
Rückbau: Verzicht auf Verbundmaterialien; Gebäude sortenrein trennbar und recycelbar
• Rückbaukonzept
Betriebsenergie Gebäudeheizung: sehr gute Dämmung der Gebäudehülle; Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung; hohe • Regen- / Grauwassernutzung
passive solare Gewinne (Passivhausstandard) Warmwasserbereitung: Erwärmung durch Solarthermie und
Abluftwärmepumpe Luftförderung: kurze Kanalwege; effiziente Ventilatoren; Erdkanal (Länge 50 m, Durch-
messer 18 cm) Beleuchtung: hoher Tageslichtanteil; Energiesparlampen Sonstige elektr. Verbraucher: tech-
nische Ausstattung mit bestmöglicher Energieeffizienz Energiebedarfsdeckung: Heizung über Lüftungsan-
lage mit Wärmerückgewinnung; Solarthermie; Abluftwärmepumpe; Holzofen als Notheizung
Infrastruktur Abfälle aus Betrieb und Nutzung: separater Müllraum, Kompostierung auf dem Grundstück
Wasser: kurze Leitungswege; Regenwasserzisterne für Gartenbewässerung
Prozessqualität Nachhaltiges Bauen: hohe Fachkenntnis des Architekten; umfangreiche Beratung des Bauherrn • nachhaltigkeitsorientierte Benchmarks
Bautradition: Förderung der Holzbautradition durch Weiterentwicklung; Zielvorgabe: solarbeheiztes • Simulationsverfahren
Passivhaus Integrale Planung: frühe Einbindung des Tragwerkplaners und des TGA-Installateurs
Analysen: Wärmebedarfsrechnung nach dem Passivhausprojektierungspaket (PHPP); Simulation der
solarthermischen Anlage durch Fachfirma

204
Wohnbebauung

Wohnbebauung

Trondheim, N 2004

Architekten:
Brendeland & Kristoffersen arkitekter,
Trondheim
Geir Brendeland, Olav Kristoffersen
Tragwerksplanung:
Reinertsen Engineering, Trondheim

Der Stadtteil Svartlamoen wurde im 19. Jahr-


hundert als Arbeiterviertel in Trondheim ge-
gründet. 1947 kamen industrielle Nutzungen
hinzu und das Viertel verwahrloste im Laufe der
Zeit, bis in den 1980er-Jahren die ersten Punks
die Häuser besetzten. Die Stadt Trondheim
reagierte auf diese Entwicklung, indem sie die
Pläne zum Ausbau der industriellen Nutzung
aufgab und durch eine ökologisch ausgerich-
tete Wohnbebauung ersetzte. Nachhaltigkeit,
geringe Kosten und eine innovative Anwen-
dung des Baustoffs Holz waren die Zielset- 6
zungen des dafür ausgeschriebenen Wett-
bewerbs. aa bb
Es entstanden zwei massive Holzhäuser mit
einer für Norwegen ungewöhnlich geringen
Wohnfläche von 22 bis 29 m2 pro Person –
im Gegensatz zu den üblichen 50 m2. Im hö-
heren Gebäude bewohnen Gemeinschaften 2
von fünf bis sechs Personen je ein Geschoss, 3 5
5 2
5 4
im niedrigeren sind sechs Ein-Zimmer-Einhei- 2
ten untergebracht. Die Treppen sind als stäh- 3
lerne Vorbauten ausgelagert, um den Brutto-
3 2
rauminhalt gering zu halten. Alle tragenden
Bauteile sind Massivholzelemente, die vor- 4
2
gefertigt und in zehn Tagen vor Ort montiert
4 3
wurden. Die ca. 15 cm starken Außenwände
wurden durch eine Mineralwolldämmung und
eine unbehandelte hölzerne Verkleidung er- 2 3 2
gänzt. Für die Außenwände wurde ein k-Wert 2
von 0,17 W / m2 K ermittelt; für die Fenster
wurde spezielles Isolierglas verwendet. Die
31 Bewohner können die unfertig belassenen
Innenräume nach eigenem Ermessen gestal-
ten, Oberflächen bearbeiten und Möbel inte- b
grieren.

2 3
º Arch+ 167 / 177, 2006 5
5
5 4
Architectural Review 12 / 2005
Japan Design 06 / 2005
2 4
a a b Schnitte • Grundrisse
Maßstab 1:500
3
1 Eingang
2 2 Privatbereich
3 Gemeinschaftsbereich
4 Küchenzone
1 5 Studio-Wohnung
6 Gewerbenutzung

205
Beispiel 03

Vertikalschnitt Maßstab 1:20

1 Dachaufbau:
1 Schalung Kernholz Kiefer,
unbehandelt 22/148 mm
bzw. 22/73 mm
Lattung 36/48 mm
Bitumenpappe
Konterlattung 23/36 mm
Sperrholzplatte 22 mm
Hinterlüftung 40 mm
Abdichtung
Holzsparren 48/198 mm,
dazwischen Mineralwolle
Fertigteil Massivholz 208 mm
2 Bodenaufbau:
Bretterboden 22 mm
Zementspanplatte 20 mm
Holzbalken 48/125 mm,
dazwischen Mineralwolle 125 mm
Massivholzdecke 218 mm
3 Isolierverglasung, U = 1,1 W/m2K
4 Fassadenaufbau:
Schalung Kernholz Kiefer,
unbehandelt 22/148 mm
bzw. 22/73 mm
Konterlattung 36/48 mm
Lattung 26/36 mm
Dichtung
Gipskartonplatte 9 mm
Dichtung
Holzständer 48/200 mm,
dawischen Mineralwolle 200 mm
Dampfsperre
Wandelement Massivholz 144 mm

206
Wohnbebauung

Thema Qualitative Merkmale Kennwert / Indikator


Standortqualität Energieangebot: Strom aus erneuerbaren Energiequellen Grundversorgung / Nutzungsmischung: ehemaliges • Globalstrahlung: 600 kWh / m2a
Arbeiterviertel in der Nähe eines Industriegebiets Integration / Durchmischung: Konversion (Industrienut- • Dichte: 476 EW / km2
zung), Aufwertung und Neudefinition des Standorts; Auftakt für langfristige Etablierung der Wohnnutzung • Entfernung ÖPNV: 200 m (Bus)
Solidarität / Gerechtigkeit: Schaffung von kostengünstigem Wohnraum Nutzung: unterschiedliche Wohn-
formen, Kinderbetreuung, Läden, Cafeteria
Objektqualität
Erschließung/ Verkehr: Grundstück eingebunden in vorhandenes Erschließungssystem, Fahrradabstellplätze im Außen- • GFZvorh.:1,7
Kommunikation raum und im Gebäude Soziale Kontakte: sehr hoher Anteil an Gemeinschaftsflächen; gemeinschaftliche • BGF 1 015 m2
Nutzung von Küchen und Sanitäreinrichtungen Zugänglichkeit und Nutzbarkeit: Erschließung der Wohn- • unversiegelte Fläche: ca. 60 %Grundstück
räume über gemeinsamen Innenhof, offene Treppensysteme und Laubengänge • Lüftung: natürlich 100 % NF
Grundstück Grundstücksfläche: kompakte Bauweise und außen liegende Erschließung zur Minimierung der Grundstücks- • U-Werte Gebäudehülle [W / m2K]:
versiegelung Freifläche: Außenraum komplett unversiegelt Außenwand 0,17; Verglasung 1,1
• Baukosten KG 300 – 400: 1 071 000 ™
Gestaltung Baukultur: markantes Gebäude, konstruktive Innovationen im Holzbau Personalisierung: Innenausbau und
• Baukosten: 1055 ™ / m2BGF
Gestaltung der Gemeinschaftsflächen erfolgen durch Bewohner
• Verhältnis KG 300 / 400: 80 / 20
Wohlbefinden / Sicherheit: gute Übersichtlichkeit; hohe soziale Kontrolle Schall: hoher Schallschutz über massive Holz- • Anteil nachw. Rohstoffe: ca. 90 Vol.-%
Gesundheit wände Licht: gute Ausleuchtung durch geringe Raumtiefen Raumklima: hohe thermische Behaglichkeit • elektr. Wärmebedarf (Heizung und Trink-
durch unbehandelte Massivholzflächen im Innenraum wassererwärmung): 130 kWh / m2a
Gebäudesubstanz Bausubstanz: Massivholzkonstruktion mit hoher Qualität durch Vorfertigung • Strombedarf Beleuchtung und sonst.
Gebäudestruktur / Ausbau: flexible Wohngrundrisse; unterschiedliche Wohnungsgrößen und Standards; elektr. Verbraucher: 45 kWh / m2a
Erschließungsflächen als Freiflächen nutzbar • Deckungsrate ern. Energien: ca. 90 %
Baukosten Investitionskosten: sehr geringe Investitionskosten; minimiertes Bauvolumen durch Auslagerung der (Strom aus Wasserkraft)
Erschließung; geringer spezifischer Flächenverbrauch pro Person (22 m2), Verzicht auf Innenausbau
Finanzierung: Gründung einer Stiftung mit öffentlicher Unterstützung, Organisation durch Bewohner, • Wettbewerb
Finanzierung durch Mieteinnahmen • emissionsarme bzw. -freie Baustoffwahl
Betriebs- und Betrieb und Instandhaltung: unbehandelte Holzoberflächen; minimierte Technikausstattung Instandsetzung:
Unterhaltskosten sehr einfache Gebäudekonstruktion und Detaillösungen zur Reduktion der Instandsetzungskosten
Baustoffe Rohstoffe / Verfügbarkeit: fast ausschließliche Verwendung von Holz Umweltbelastung: hoher Vorfertigungs-
grad Schadstoffe: Verzicht auf künstliche Materialien im Innenbereich – Wände, Böden und Decken aus
unbehandeltem Lärchenholz Rückbau: Gebäude sortenrein trennbar
Betriebsenergie Gebäudeheizung: Stromdirektheizung Warmwasserbereitung: elektrische Trinkwassererwärmung
Sonst. elektr. Verbraucher: technische Minimalausstattung Energiebedarfsdeckung: Wärmeerzeugung über
Elektrosysteme (Stromerzeugung fast vollständig aus Wasserkraft)
Infrastruktur Abfälle aus Betrieb und Nutzung: gesetzlich vorgeschriebene Mülltrennung; Kompostierung
Prozessqualität Nachhaltiges Bauen: ökologisch-soziales Pilotprojekt, Entwicklung in enger Abstimmung mit Stadtentwick- • Partizipationskonzept
lungsplan Bautradition: Projekt eingebunden in Forschungsprojekte zur Weiterentwicklung der traditionellen
Holzbauweise Partizipation: enge Einbindung und Mitspracherecht der zukünftigen Nutzer

207
Beispiel 04

Sanierung eines Wohnhauses

Berlin, D 2003

Architekt:
Thomas Hillig, Berlin
Mitarbeiter:
Thomas Kaiser
Tragwerksplanung:
Michael Grimm, Bischofsgrün / Berlin

Das leicht abfallende Grundstück liegt am


Ostufer des Obersees in Berlin-Hellersdorf in
unmittelbarer Nähe der wiederentdeckten Villa
Lemke von Ludwig Mies van der Rohe. Das Schnitt • Grundrisse
Maßstab 1:250
Endhaus einer Reihenhauszeile aus dem Jahr
Vertikalschnitt
1978 wurde ehemals als Gäste- und Jugend- Maßstab 1:20
haus genutzt. Anfangs dachte der Bauherr
daran, das Gebäude vollständig abzureißen
und durch einen Neubau zu ersetzten. Da aber
der Grundriss funktional und durchaus modifi-
zierbar war, entschied er sich schließlich für
einen Umbau des bestehenden Baukörpers.
Die Betoninnenwände wurden aufgrund ihrer
tragenden Funktion nicht versetzt. Bis auf die aa
Küche, die von der Straßen- zur Gartenseite
in den Wohnbereich verlagert wurde, wurden
die Nutzungen der einzelnen Räume beibe-
halten. Ein wichtiger Bestandteil des Umbau-
konzepts war, die rigide Raumstruktur aufzu-
lockern und den Wohnbereich großzügiger zu
gestalten. Wände wurden geöffnet und mit
Schiebeelementen versehen, geschosshohe
Schlitze für Fenster und Türöffnungen verstär-
ken die Offenheit.
Die Fassaden, bestehend aus Betonelementen a a
mit einer 4 cm dicken Styroporkerndämmung,
wurden im Zuge der Sanierung mit einem mine-
ralischen Wärmedämmverbundsystem und
teilweise mit einer Lärchenholzschalung ver-
sehen. Durch die komplette Erneuerung der
Elektrik, den Einbau einer Gasbrennwerttherme
mit Warmwasserspeicher und Röhrenradiato-
ren konnte der Energieverbrauch erheblich ge-
senkt werden. Die neuen Holzisolierglasfenster
erzielen einen U-Wert von 1,3 kWh / m2 a. Der im
Eingang und Treppenhaus vorhandene Marmor
wurde erhalten, der Teppichboden in den übri-
gen Räumen gegen Parkett aus geräucherter
Eiche ausgetauscht.

º Architektenkammer Berlin: Architektur


Berlin 04. Berlin 2004

208
Sanierung eines Wohnhauses

1 Dachaufbau: Außenschale Waschbeton 75 mm


Dichtungsbahn bituminös Kerndämmung 50 mm
Wärmedämmung Polystyrol- Innenschale Stahlbeton tragend
hartschaum 160 mm 150 mm
Gefälleestrich als Leichtestrich 3 Bodenaufbau:
Stahlbetondecke 140 mm Stabparkett Eiche geräuchert 22 mm
2 Wandaufbau: Ausgleichsspachtelung
Wärmedämmverbundsystem 80 mm Verbundestrich 30 mm
mit mineralischem Außenputz Stahlbetondecke 140 mm

Thema Qualitative Merkmale Kennwert / Indikator


Standortqualität Energieangebot: Erdgasanschluss Grundversorgung / Nutzungsmischung: Stadtrandlage; Wohngebiet • Globalstrahlung: 1000 kWh / m2a
Solidarität / Gerechtigkeit: Schaffung von kostengünstigem Wohnraum für Familien • Dichte: 3817 EW / km2
Nutzung: nach Verwendung als Gästehaus und Jugendclub Revitalisierung als Wohnnutzung • Entfernung ÖPNV: 600 m (Straßenbahn,
Mobilität: Erschließungsstraße Wohngebiet Bus)
Objektqualität
Erschließung / Verkehr: Garage im UG; Pkw-Stellplatz Zugänglichkeit und Nutzbarkeit: Erschließung über großzügige Trep- • GFZvorh.: 0,3
Kommunikation penanlage; Terrasse auf EG-Niveau Soziale Kontakte: Erhöhung der Blickbeziehungen zum Außenraum • BGF Bestand : 280 m2
Grundstück Grundstücksfläche: keine Erhöhung der überbauten Fläche durch Verzicht auf Anbau / Erweiterung • unversiegelte Fläche: ca. 80 %Grundstück
Freifläche: Außenbereich weitgehend unversiegelt • Lüftung: natürlich 100 %NF
• Baukosten KG 300 – 400: 286 000 ™
Gestaltung Baukultur: sensibler Umgang mit Bestand; energetische und architektonische Aufwertung mit geringem
• Baukosten: 885 ™ / m2BGF
Kapitaleinsatz
• Anteil nachw. Rohstoffe: ca. 20 Vol.-%
Wohlbefinden / Sicherheit: hohe soziale Kontrolle im gewachsenen Wohngebiet Licht: Stärkung der Tageslichtnutzung
Gesundheit durch Vergrößerung der Fensterflächen Raumklima: Erhöhung der Oberflächentemperaturen durch ergän- • emissionsarme bzw. -freie Baustoffwahl
zende Dämmung; hohe wirksame Speichermasse; außen liegender Sonnenschutz
Gebäudesubstanz Bausubstanz: Weiternutzung der hochwertigen Tragstruktur und Bodenbeläge; Erhalt und Aufwertung der
Außenwände durch Dämmung und neuen Witterungsschutz Gebäudestruktur / Ausbau: Öffnung der Grund-
rissstruktur für mehr Flexibilität
Baukosten Investitionskosten: Minimierung der Investitionskosten durch Verzicht auf Abriss und Neubau
Betriebs- und Betrieb und Instandhaltung: Verwendung von pflegeleichten Oberflächen im Innenraum
Unterhaltskosten
Baustoffe Rohstoffe / Verfügbarkeit: Verlängerung des Lebenszyklus der Betonkonstruktion sowie der hochwertigen
Bodenbeläge Umweltbelastung: Minimierung des Ressourcenbedarfs durch Bestandserhaltung
Schadstoffe: Verwendung natürlicher Materialien im Innenbereich; gewachstes Massivparkett
Betriebsenergie Gebäudeheizung: deutliche Reduzierung des Wärmebedarfs durch energetische Verbesserung der Gebäu-
dehülle Beleuchtung: Minimierung des Kunstlichtbedarfs durch Vergrößerung der Fensteröffnungen
Energiebedarfsdeckung: Gasbrennwerttherme
Prozessqualität Nachhaltiges Bauen: Ressourcenoptimierung durch Bestandsnutzung Bautradition: Erhalt von kulturellem
Erbe (Plattenbauweise) Integrale Planung: Einbindung eines Landschaftsplaners

209
Beispiel 05

Schutzhütte

St. Ilgen, A 2005

Architekten:
pos architekten, Wien
Treberspurg und Partner Architekten, Wien
Mitarbeiter:
Florian Dorninger, Jutta Leitner, Fritz Oettl,
Marie Rezac, Christian Wolfert
Tragwerksplanung:
Robert Salzer, Hohenberg
Gerald Gallasch, Wien
Energiekonzept und Bauphysik:
Wilhelm Hofbauer, Wien

In der österreichischen Alpenregion Hoch-


schwab befindet sich in 2154 m Höhe eine
energieautarke Schutzhütte in Passivhausqua-
lität. Lage, Gebäudeform und innere Organisa-
tion sind auf die extremen klimatischen Verhält-
nisse abgestimmt. Durch die Positionierung auf
dem Hochplateau verhindern die Nordwestwin-
de mit Windgeschwindigkeiten bis zu 200 km / h,
dass die Hütte einschneit. Die genaue Lage
wurde durch Analysen des Sonnenverlaufs er-
mittelt. Alle Baustoffe wurden per Hubschrau-
ber angeliefert. Daher durften die vorgefertig-
ten Wandelemente 1400 kg, die Dachelemente
600 kg nicht überschreiten. Der Bau besteht
aus einem Sockelgeschoss aus Stahlbeton und aa
zwei Obergeschossen in Holzbauweise und
kann sich inklusive Trinkwasseraufbereitung
und Abwasserentsorgung mit 100 % erneuer-
barer Energie selbst versorgen. Die Südfassa-
de dient der Nutzung passiver und aktiver Son-
5
nenenergie durch großzügige Fensterflächen,
Photovoltaikelemente und Sonnenkollektoren.
1 2 1 3 6
Die anderen Fassaden hingegen sind weit-
gehend geschlossen, um thermische Verluste
6
möglichst gering zu halten. Die konsequente
solare Ausrichtung spiegelt sich auch in der 5
Zonierung der Raumfunktionen wider. Aufent- 4 5 5
halts- und Schlafräume richten sich nach
Süden, während Nebenräume und Verkehrs-
flächen auf der Nordseite angeordnet sind.
Fassadenintegrierte Solarkollektoren auf einer
Fläche von 64 m2 dienen der Bereitstellung von
Warmwasser. Die Wärmerückgewinnung der a
Lüftungsanlage ermöglicht den thermisch aut-
arken Betrieb. Rund 65 % des Strombedarfs
kann durch den Einsatz von Photovoltaikmodu-
len auf 70 m2 gedeckt werden, ein pflanzenöl-
8
betriebenes Blockheizkraftwerk wird bei Bedarf 7
zugeschaltet. In einer Zisterne im Kellerge-
schoss wird Regenwasser gesammelt und zu 11 2 9
Brauch- und Trinkwasser aufbereitet. Das
Abwasser kann nach der Behandlung durch
eine biologische Reinigungs- und Entsorgungs-
anlage bedenkenlos in das Erdreich geleitet 10 12
werden, Trockentoiletten verhindern einen b
unnötigen Verbrauch von Nutzwasser.
b

º Bauen mit Holz 9 / 2005


DBZ 06 / 2006
Intelligente Architektur 04, 2006
a

210
Schutzhütte

13

14

17

15

1 Waschraum Schnitt • Grundrisse


2 Trockenraum Maßstab 1:250
3 Dusche Vertikalschnitt
4 Wohnung Pächter Maßstab 1:20
5 Gästezimmer
6 Personalzimmer
7 Garderobe / Depot
8 Windfang 18
9 Trockentoilette
10 Küche
11 Ausschank
12 Gaststube

13 Dachaufbau, U = 0,10 W/m2K:


Stehfalzdeckung Edelstahl
Trennlage diffusionsoffen
Rohschalung Bauholz 30 mm
Hinterlüftung / Lattung 100 mm,
Winddichtung
Holzfaserplatte diffusionsoffen,
hydrophobiert 16 mm
Winddichtung
Wärmedämmung Steinwolle 300 mm
zwischen Holzträgern 16
OSB-Platte 18 mm
Dampfbremse,
PE-Folie luftdicht
Wärmedämmung Steinwolle
zwischen Lattung 60 mm
Rieselschutzvlies
Dreischichtplatte Fichte,
geölt / gewachst 15 mm 17
14 thermischer Kollektor 19
15 Photovoltaikpaneel transluzent
16 Dreifach-Isolierverglasung 52 mm,
beschichtet, argongefüllt,
Ug = 0,6 W/m2K in Holz-Alu-Rahmen
Fenster gesamt: Uw = 0,8 W/m2K
17 Fassadenaufbau, U = 0,10 W/m2K:
Schalung Lärche 19 mm
Hinterlüftung / Lattung 30 mm 20
Winddichtung
Holzfaserplatte diffusionsoffen,
hydrophobiert 16 mm,
Winddichtung
Wärmedämmung Steinwolle
346/240 mm (Stube / Regel) zwischen
Holzständern
OSB Platte 18 mm
Dampfbremse PE-Folie luftdicht
Wärmedämmung / Lattung 80 mm
Dreischichtplatte Fichte geölt,
gewachst 15 mm
18 Schiffsboden Fichte geölt / gewachst
19 Industrieparkett Esche geölt /
gewachst
20 Photovoltaikpaneel auf Stahlkonstruk-
tion verzinkt
bb

211
Beispiel 05

Außentemperatur Temperatur Abwasseraufb. Temperatur Lager

Temperatur Personalraum Temperatur Gastraum Temperatur Gang

Globalstrahlung horizontal Globlalstrahlung PV-Paneele

50,0 1200
45,0
A Messdaten November 2006
1100
40,0 B Raumzonen passiv solar
1000
35,0 C Warmwasser, Strom
900 D Lüftung / Wärmerückgewinnung

Einstrahlung [W/m²]
30,0
Temperatur [°C]

25,0 8 00
20,0 700 1 solare Energie
15,0
600 2 Warmwasserspeicher
10,0
500 3 BHKW Rapsöl
5,0
0,0 4 00 4 Batterie
-5,0 300
5 Abluft
-10,0 6 Zuluft 20°
2 00
-15,0 7 Fortluft
-20,0 1 00
8 Frischluft
-25,0 0
9 Passivhaus-Lüftungsgerät mit
Abluftwärme-Rückgewinnung
06

06

06

06

06

06

06
20

20

20

20

20

20

20
ov

ov

ov

ov

ov

ov

ov
.N

.N

.N

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.N

.N
21

22

23

24

25

26

27
A

1
5
6

5 8
6

2 3 9
B C D

Thema Qualitative Merkmale Kennwert / Indikator


Standortqualität Energieangebot: Lage 2154 m ü. NN; hohe Temperaturschwankungen (min. - 25 °C, max. + 23 °C); keine • Globalstrahlung: 1300 kWh / m2a
öffentliche Infrastruktur Grundversorgung / Nutzungsmischung: autarke Schutzhütte, Betriebszeit Mai bis • standortrelevante Klimadaten: Jahresmit-
Oktober Solidarität / Gerechtigkeit: kostengünstige Übernachtungsmöglichkeit Nutzung: Pension mit Restau- teltemp. - 0,2 °C; Wind bis zu 200 km / h
rant; Veranstaltungen Mobilität: nur fußläufig erreichbar; alle 8 Wochen Ver- und Entsorgung per Helikopter • Dichte: < 1 EW / km2
Lärm / Erschütterung: sehr winddichte Bauweise und hohe Schalldämmwerte minimieren Windgeräusche • Entfernung ÖPNV: 12 km (Bus)
Objektqualität
Erschließung / Soziale Kontakte: zentraler Gemeinschaftsraum; Mehrbettzimmer; unterschiedliche Schlafraumgrößen; • GFZvorh.: 0,24
Kommunikation gemeinsame Sanitärbereiche Zugänglichkeit und Nutzbarkeit: Gebäude mit Vorplatz; Erschließung auf wind- • BGF Bestand: ca. 490 m2
abgewandter Seite und über Terrasse; gemeinschaftlich nutzbarer Balkon • BGF Neubau: 626 m2
Grundstück Grundstücksfläche: Grundfläche wie Bestandsgebäude; Rückbau der alten Hütte nach Fertigstellung des • unversiegelte Fläche: 90 %Grundstück
Neubaus Freifläche: keine Versiegelung des Außenraums; große aufgeständerte Terrasse • Schallschutz: Wände > 55 dB(A),
Fenster > 35 dB(A)
Gestaltung Baukultur: Neuinterpretation der Schutzhüttenarchitektur in traditioneller Holzbauweise; Baukörper optimiert
• Lüftung: maschinell 100 %NF
für solare Energiegewinnung; Lage und Fassadengestaltung maximieren Außenbezug (Fernblick)
• U-Werte Gebäudehülle [W / m2K]:
Wohlbefinden / Schall: gute Raumakustik durch absorbierende Holzoberflächen; hoher Schallschutz bei der Geschoss- Dach 0,1; Außenwand 0,1; Fenster 0,8;
Gesundheit decke, schallgedämmtes Lüftungssystem Licht: Verglasungsqualität ermöglicht großzügige Panoramafens- Kellerdecke 0,2 W / m2K
ter mit optimierter Tageslichtnutzung Raumluft: konstant gute Luftqualität durch kontrollierte, vorerwärmte • projekt. wirtschaftl. Nutzungsdauer:
Zuluft Raumklima: hohe Aufenthaltsqualität durch sehr hohe Luftdichtheit und Oberflächentemperaturen > 100 a
Gebäudesubstanz Bausubstanz: für Transport und kurze Bauzeit optimierte vorgefertigte Holz-Leichtbau-Struktur Gebäude- • Baukosten KG 300 – 400:
struktur / Ausbau: solar orientierte Zonierung der Nutzung, Aufenthaltsräume im Süden, Nebenräume und ca. 2 000 000 ™
Erschließung im Norden; beheizte Fläche flexibel in Abhängigkeit vonder Belegungsdichte • Baukosten: 3200 ™ / m2BGF (Prototyp)
Baukosten Investitionskosten: aufwendiger Materialtransport im Gebirgsumfeld Finanzierung: öffentliche Förderung • Anteil nachw. Rohstoffe: ca. 80 Vol.-%
Betriebs- und Betrieb und Instandhaltung: wartungsfreie Fassade (Lärchenholz) und Dachfläche (Edelstahl); niedrige • Heizwärmebedarf: 11 kWh / m2a
Unterhaltskosten Energiekosten • Deckungsrate ern. Energien: 100 %
• solaraktive Flächen: Solarthermie 64 m2,
Baustoffe Rohstoffe / Verfügbarkeit: überwiegend heimische Hölzer Schadstoffe: Holzoberflächen nur geölt und
PV 70 m2
gewachst Rückbau: Fertigteilbauweise; Gebäude sortenrein trennbar
Betriebsenergie Gebäudeheizung: Kompaktheit; passive Solarnutzung (Verglasung); Wärmedämmung / Passivhausstandard; • emissionsarme bzw. -freie Baustoffwahl
Abluftanlage mit WRG Beleuchtung: Energiesparlampen Sonst. elektr. Verbraucher: höchstmögliche Ener- • Baustoffkataster
gieeffizienzklasse Energiebedarfsdeckung: fassadenintegrierte Solarthermie und PV; Blockheizkraftwerk • Rückbaukonzept
(Pflanzenöl) als Backup; Festholzkessel für Küche; Verwertung des Bestandshüttenholzes nach Rückbau • Regen- / Grauwassernutzung
Infrastruktur Abfälle aus Betrieb und Nutzung: hocheffiziente Fettabscheidung; Abfallreduzierung durch waschbare Filter
im Abluftsystem der Küche Wasser: Regenwassersammlung in Zisterne (38 m3); Aufbereitung zu Trinkwas-
ser; hochwertige biologische Abwasserreinigung, Versickerung auf dem Grundstück; Trockentoiletten
Prozessqualität Nachhaltiges Bauen: Pilotprojekt einer Passivhaus-Schutzhütte Integrale Planung: seit Projektbeginn; Projek- • nachhaltigkeitsorientierte Benchmarks
tierung im Rahmen eines Forschungsprogramms Analysen: Standortwahl nach Sonnenlaufanalyse; • Simulationsverfahren
umfangreiche Simulationen Monitoring: Fernüberwachung des Gebäudezustands, Stromlastmanagement • Monitoring
zur Vermeidung hoher Leistungsanforderungen und Maximierung der Lebensdauer der Batterien

212
Fernheizwerk

Fernheizwerk

Sexten, I 2005

Architekt:
Siegfried Delueg, Brixen
Mitarbeiter:
Thomas Malknecht, Igor Comploi
Tragwerksplanung:
Team 4, Bruneck

Der Tourismus und die daraus entstehende


Industrie prägen das Gebiet um den kleinen
Ort Sexten in Südtirol. Um das ländlich-alpine
Gefüge der Region zu bewahren, war die har-
monische und schonende Einbindung in die
Landschaft eine wichtige Anforderung bei dem
für das Fernheizwerk ausgelobten Wettbewerb. aa
Das ebene Grundstück liegt in einem Gewer-
begebiet und ist im Nordwesten und Süden
durch einen Waldhang sowie den Sextnerbach
gefasst. Die Erschließung erfolgt über eine
bereits vorhandene Brücke im Norden. Die
zwei schräg zueinander gestellten Baukörper
beherbergen Heizhaus und Hackgutlager und
bb
umspannen einen sich zum Wald hin öffnenden
Zwischenraum, der als offene Lagerfläche
genutzt wird. Standort und Anordnung der Bau-
körper ermöglichen eine reibungslose Anliefe-
rung und kurze Wege. Als Brennmaterial für
das Biomasse-Fernheizwerk werden aus-
schließlich unbehandeltes Hackgut, Säge-
nebenprodukte und Waldhackgut aus der a
Umgebung verwendet. Die erzeugte Wärme
mit Wasser als Trägermedium wird dann über
b
das 36 km lange Fernwärmenetz an die über
300 Kunden in der Umgebung transportiert.
Die isolierten Stahlrohre sind thermisch vorge-
spannt und unterliegen einer ständigen elektro-
nischen Kontrolle. Rohrreibungsverluste und
eine hydrostatische Höhe von 105 m wird
durch Umwälzpumpen kompensiert. Jährlich
können somit 2 400 000 l Heizöl eingespart
werden.
Verschweißte Stahlrahmen in biegesteifer Ver-
bindung bilden das Tragwerk des Heizhauses.
Die großformatigen Brettschichtholzplatten der
Außenhaut übernehmen gleichzeitig Ausstei-
fung, tragenden Raumabschluss und Wärme- b
dämmung; eine zusätzliche, innen liegende
a
Dämmung ist nur im Bereich der Büros nötig.
Die leichten Neigungen der Außenhüllen erzeu-
gen perspektivische Verzerrungen, die die
Gebäude optisch verkürzt erscheinen lassen.
Senkrechte Lärchenholzlatten, die auch über
Fenster- und Lüftungsöffnungen hinweggeführt
werden, unterstützten das homogene Erschei-
nungsbild.

º Architektur Aktuell 10 / 2006 Schnitte • Grundriss


db 05 / 2006 Maßstab 1:1000

213
Beispiel 06

1 1

2
2

Vertikalschnitte • Horizontalschnitt
Maßstab 1:20

214
Fernheizwerk

1 Schalung Lärche sägerau 120/30 mm


Stahlprofil | 60/40/2 mm feuerverzinkt
Stahlprofil Z 60/40/5 mm
Abdichtung Bitumenbahn zweilagig,
winddicht diffusionsoffen
Schalung Fichte 25 mm, Kantholz 80/80 mm
Massivholzdecke Lärche 128 mm,
U = 1,3 W/m2K
2 Insektenschutzgitter
3 Stahlprofil Å 300/550 konisch verlaufend
4 Schalung Lärche sägerau 120/30 mm
Distanzklötze 40/60/60 mm
Kantholz 50/80 mm
Stahlprofil ∑ 90/60/5 mm feuerverzinkt
Abdichtung Bitumenbahn zweilagig,
winddicht diffusionsoffen
Wärmedämmung Mineralwolle 50 mm
Massivholzwand Lärche 95 mm
Luftschicht 40 mm
Holzverkleidung Mehrschichtplatte Fichte 20 mm
5 Verkleidung Lärche 25/90 mm
6 Stahlrohr Ø 30 mm feuerverzinkt
7 Auflager Neopren

Thema Qualitative Merkmale Kennwert / Indikator


Standortqualität Energieangebot: umfangreiche regionale Waldflächen Grundversorgung / Nutzungsmischung: Ortsrandlage; • Globalstrahlung: 1400 kWh / m2a
Gewerbegebiet Nutzung: Neuinstallation einer zentralen Wärmeversorgung auf Basis von Biomassehack- • Dichte: 23 EW / km2
schnitzeln ersetzt bisherige Einzelfeuerungen Mobilität: Lage an Hauptverkehrsstraße • Entfernung ÖPNV: 10 m (Bus); 15 km
(Regionalbahn)
Objektqualität
Erschließung/ Zugänglichkeit und Nutzbarkeit: Gebäudestellung bildet Vorplatz und verdeckt Holzlager im Innenhof; mini- • Grundstück: 6500 m2
Kommunikation mierte Wege im Betriebsablauf Soziale Kontakte: öffentlich zugängliche Ausstellungsflächen im Eingangs- • überbaute Fläche: 2230 m2
bereich; geführte Besichtigungen; Versammlungsraum mit hoher Aufenthaltsqualität • unversiegelte Fläche: 0 %Grundstück
Grundstück Grundstücksfläche: Minimierung der überbauten Fläche durch Aufstockung nichttechnischer Nutzung (Asphaltierung für Lagerung erforderlich)
Freifläche: Freifläche dient der Holzlagerung • U-Wert Wände Kesselhaus: 1,3 W / m2K
• projekt. wirtschaftl. Nutzungsdauer: 50 a
Gestaltung Baukultur: sensible Einpassung in die Landschaft; leichte Fassadenneigungen zur optischen Verkürzung
• Baukosten KG 300 – 400: 2 500 000 ™
der Hüllflächen; homogenes Erscheinungsbild durch einheitliche Verkleidung der Fassaden und Dach-
• Anteil nachw. Rohstoffe: ca. 70 Vol.-%
flächen aus Lärchenholzlattung mit unterschiedlichen Abständen Personalisierung: Innenausbau durch
• Deckungsrate ern. Energien: 100 %
Nutzer gestaltbar
Wohlbefinden / Raumklima: Wärmedämmung der Kesselräume über massive Holzfassaden; Büroeinheit zusätzlich mit • Wettbewerb
Gesundheit Innendämmung • emissionsarme bzw. -freie Baustoffwahl
Gebäudesubstanz Bausubstanz: Materialwahl unter Berücksichtigung lokaler Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit
Gebäudestruktur / Ausbau: Dachbereich ausbaubar; Versammlungsraum flexibel nutzbar
Baukosten Investitionskosten: nutzungsübliches Baubudget Finanzierung: Kraftwerk in Gemeindebesitz
Betriebs- und Betrieb und Instandhaltung: Fassaden aus unbehandeltem Lärchenholz, wartungsfrei
Unterhaltskosten Instandsetzung: Fassaden in Elementbauweise, einfach austauschbar
Baustoffe Rohstoffe / Verfügbarkeit: Verwendung heimischer Hölzer; Fassaden aus statisch aktiven großformatigen
Brettschichtholzelementen; Stahlrahmen bei großen Spannweiten; Stahlbeton gegen Erdreich
Umweltbelastung: Biomassekraftwerk ersetzt Einzelheizungen mit einem bislang jährlichen Energie-
verbrauch von 2,4 Mio. Liter Heizöl Schadstoffe: zentrale Wärmeerzeugung ermöglicht hochwertige
Rauchgasreinigung mit Wärmerückgewinnung für geringstmögliche Luftbelastung im Tal
Rückbau: Holztafelbauweise; Gesamtanlage sortenrein trennbar
Betriebsenergie Gebäudeheizung: beheizte Flächen minimiert; Erwärmung der Betriebsräume über Heizkörper aus Fern-
wärmeleitung Warmwasserbereitung: kein Warmwasserbedarf Energiebedarfsdeckung: Biomasse
Infrastruktur Abfälle aus Betrieb und Nutzung: separate Aschesammlung und Entsorgung
Wasser: minimierter Wasserverbrauch für die Reinigung
Prozessqualität Nachhaltiges Bauen: umfangreiche Wettbewerbsanforderungen zu ökologischen Aspekten; harmonische • nachhaltigkeitsorientierte Benchmarks
Einbindung in die Umgebung gefordert Bautradition: Förderung der lokalen Holzbauindustrie Partizipation: • Partizipationskonzept
umfangreiche Bürgerbeteiligung bei der Projektentwicklung Integrale Planung: enge Zusammenarbeit mit • Simulationsverfahren
Kraftwerksplaner Analysen: umfangreiche Untersuchungen bei der Projektentwicklung Monitoring: detail- • Monitoring
lierte Überwachung durch Kraftwerksbetreiber Facility Management: durch Kraftwerksbetreiber • FM-Konzept

215
Beispiel 07

Strohhaus

Eschenz, CH 2005

Architekt:
Felix Jerusalem, Zürich
Tragwerksplanung:
SJB.Kempter.Fitze, Frauenfeld
Konstruktionsplanung:
Création Holz, Herisau

Mit knappem Budget errichtete der Architekt


ein einfaches, aber durchdachtes Haus für eine
vierköpfige Familie. Wegen des feuchten Unter-
grunds steht es auf Pfählen; nur der massive
Betonkern reicht bis in den Erdboden. Dieser
beherbergt Bäder, Küchenzeile, Garderobe
sowie den über eine Klappe im Boden zugäng-
lichen Keller. Gleichzeitig teilt er das längliche
Gebäude in zwei Teile: Auf der Südseite sind
die beiden Kinderzimmer angeordnet, im
Norden das Wohnzimmer, das Elternschlafzim-
mer und darüber – die Neigung des Pultdachs
ausnutzend – eine Galerie als Arbeitsplatz. Die
Räume besitzen den Charme eines veredelten
bb
Rohbaus: Der versiegelte Estrich dient als Fuß-
boden, die Leitungen sind sichtbar geführt und
die Wände wurden teilweise roh belassen. Die
eigentliche Besonderheit des Gebäudes liegt in
seiner Konstruktion: Das Haus wurde – bis auf
den Kern – aus gepressten Strohfaserplatten Schnitte • Grundrisse
Maßstab 1:200
gebaut, einem emissionsfreien und recycel- Vertikalschnitt
baren Baustoff. Böden, Decken und Wände Maßstab 1:20
bestehen aus Sandwichelementen, die nach
1 Schlafzimmer
demselben Prinzip aufgebaut sind: Die äußere 2 Wohnzimmer
Schicht aus hochverdichteten Strohfaserplatten 3 Eingang
übernimmt die tragende Funktion, die Füllung 4 Bad
5 Küche
aus leichten Strohfaserplatten die Wärmedäm- 6 Kinderzimmer
mung. Alle Elemente wurden vorgefertigt und aa 7 Galerie
auf der Baustelle montiert. In nur vier Monaten 8 Luftraum
wurde das komplette Gebäude fertiggestellt.

º Detail 06 / 2006
Werk, Bauen und Wohnen 11/ 2006
b

3
6

4
7 8 a
1 2

6 a
5

216
Strohhaus

9
14

15 10

16 11

9 Dachaufbau: Estrich versiegelt 50 mm


Dacheindeckung Chromnickelstahlblech 0,5 mm Trittschalldämmung 2≈ 20 mm / Installationsebene
Dreischichtplatte 27 mm Bodenelement:
Lattung / Hinterlüftung 80 mm Strohfaserplatte hochverdichtet 40 mm
Dachbahn diffusionsoffen Rippen Strohfaserplatte hochverdichtet 200 mm,
Dachelement: dazwischen Dämmung Strohfaserplatte leicht
Strohfaserplatte hochverdichtet 40 mm Strohfaserplatte hochverdichtet 40 mm
Dämmung Strohfaserplatte leicht 200 mm 13 Bodenaufbau Badezimmer:
Strohfaserplatte hochverdichtet 40 mm Estrich versiegelt 50 mm
10 Holzfenster mit Isolierverglasung VSG 4 mm + Trittschalldämmung 2≈ 20 mm / Installationsebene
SZR 16 mm + VSG 4 mm Dämmung 160 mm
11 Wandaufbau: Bodenplatte Stahlbeton 200 mm
GFK-Wellplatte 20 mm 14 Träger BSH 100/240 mm
Befestigung Z-Profil Aluminium gelocht / 15 Auflager Hartholz Eiche 20 mm
Hinterlüftung 20 mm 16 Bodenaufbau Galerie:
Wandelement: Strohfaserplatte hochverdichtet 2≈ 80 mm
Strohfaserplatte hochverdichtet 40 mm 17 Verstärkung BSH 80/200 mm
Dämmung Strohfaserplatte leicht 170 mm 18 Kantholz Eiche 60/100 mm
Strohfaserplatte hochverdichtet 40 mm 19 Stahlprofil HEB 200,
12 Bodenaufbau Wohnräume: an den Enden konisch zulaufend

13 17 12

18 19

217
Beispiel 07

Horizontalschnitt
Maßstab 1:20

1 Holzfenster mit Isolierverglasung


VSG 4 mm + SZR 16 mm + VSG 4 mm
2 Wandaufbau:
GFK-Wellplatte 20 mm
Befestigung Z-Profil Aluminium gelocht /
Hinterlüftung 20 mm
Wandelement:
Strohfaserplatte hochverdichtet 40 mm
Dämmung Strohfaserplatte leicht 170 mm
Strohfaserplatte hochverdichtet 40 mm
3 Stahlblech 2 mm
Dämmung Steinwolle 60 mm
Strohfaserplatte hochverdichtet 40 mm,
weiß gestrichen

Thema Qualitative Merkmale Kennwert / Indikator


Standortqualität Energieangebot: Erdgasanschluss • Globalstrahlung: 1300 kWh / m2a
Grundversorgung / Nutzungsmischung: reines Wohngebiet • Dichte: 134 EW / km2
Solidarität / Gerechtigkeit: Pilotprojekt zur Entwicklung kostengünstiger Bauweise und -teile • Entfernung ÖPNV: 300 m (Bus); 700 m
für den Wohnungsbau (Regionalbahn)
Objektqualität
Erschließung / Verkehr: Anbindung an Wohnstraße, zwei Pkw-Stellplätze auf dem Grundstück; gute Einsehbarkeit • GFZvorh.: 0,2
Kommunikation Zugänglichkeit und Nutzbarkeit: Erschließung über vier Steigungen, Rampe nachrüstbar • BGF: 173 m2
Grundstück Grundstücksfläche: minimale Versiegelung durch Aufständerung des Gebäudes, Erhalt des natürlichen • unversiegelte Fläche: 98 %Grundstück
Geländeverlaufs Freifläche: unversiegelte Außenflächen, Vegetation unter dem Gebäude • Lüftung: natürlich 100 %NF
• U-Werte Gebäudehülle: [W / m2K]
Gestaltung Baukultur: experimentelle Architektur mit innovativen nachwachsenden Materialien, Kubatur an Umgebung
Dach 0,2 1; Außenwand 0,18 1;
angepasst, Fassade mit hohem Wiedererkennungswert
Fenster 1,1 (g-Wert 0,6); Boden 0,17 1
Personalisierung: Innen- und Außenraumgestaltung durch Nutzer
• projekt. wirtschaftl. Nutzungsdauer: 50 a
Wohlbefinden / Sicherheit: hohe soziale Kontrolle, vielfältige Sichtverbindungen Schall: hoher Schallschutz durch neue • Baukosten KG 300 – 400: 370 000 ™
Gesundheit Sandwichfassade mit Ebenen unterschiedlicher Dichte Licht: sehr hoher Verglasungsanteil, mehrseitige • Baukosten: 2140 ™ / m2BGF (Prototyp)
Raumbeleuchtung, weiße Innenflächen Raumluft: Querlüftung möglich Raumklima: hoher Dämmstandard; • Anteil nachw. Rohstoffe: ca. 90 Vol.-%
sorptionsfähige Raumoberflächen; Fußbodenheizung • Heizwärmebedarf: 15 kWh / m2a
Gebäudesubstanz Bausubstanz: neuartige Bauteile aus nachwachsendem Rohstoff (Prototypen)
Gebäudestruktur / Ausbau: offene Leitungsführung für einfachen Austausch oder Erweiterung • barrierefrei 2
Baukosten Investitionskosten: hoher Vorfertigungsgrad, minimierte Erdarbeiten • emissionsarme bzw. -freie Baustoffwahl
Betriebs- und Betrieb und Instandhaltung: wartungsfreie Fassadenbekleidung; Metalldach • Rückbaukonzept
Unterhaltskosten Instandsetzung: minimierter Innenausbau und Technikausstattung
Baustoffe Rohstoffe / Verfügbarkeit: schnell nachwachsender, lokal verfügbarer Rohstoff (nachwachsend in ca.
3 Monaten) Umweltbelastung: Baumateriel überwiegend kompostierbar Schadstoffe: Stroh formaldehydfrei
Rückbau: Gesamtgebäude sortenrein trennbar
Betriebsenergie Gebäudeheizung: kompakte Bauweise, Minergiestandard, passive Solarenergienutzung über transluzente
GFK-Verkleidung Energiebedarfsdeckung: Gasbrennwerttherme, Holzofen
Infrastruktur Abfälle aus Betrieb und Nutzung: Kompostierung von Bioabfällen auf dem Grundstück
Wasser: kurze Leitungsführung
Prozessqualität Nachhaltiges Bauen: Zielsetzung »Ökologisches Haus« Bautradition: Weiterentwicklung der traditionellen • nachhaltigkeitsorientierte Benchmarks
Bauweise mit nachwachsenden Rohstoffen durch neue Materialtechnologien Analysen: umfangreiche bau- • Simulationsverfahren
physikalische und statische Vermessung von 1:1-Muster
1
durch Produkthersteller dynamisch berechnet
2
bei Nachrüstung einer Erschließungsrampe

218
Altenwohn- und Pflegeheim

Altenwohn- und Pflegeheim

Steinfeld, A 2005

Architekt:
Dietger Wissounig, Graz
Tragwerksplanung:
Kurt Pock, Gerolf Urban, Spittal / Drau

Das leicht geneigte Grundstück des Alten-


wohn- und Pflegeheims liegt am westlichen
Ortsrand der kleinen Kärntner Gemeinde Stein-
feld. Der Baukörper zeigt sich kompakt und
zurückhaltend. Mit seiner Ost-West-Orientie-
rung reagiert das Gebäude auf die Umgebung:
Servicebereiche bilden einen Puffer nach Nord-
westen zur Bundesstraße, während sich die
Wohnungen und Aufenhaltsbereiche weitge-
aa
hend zum Grün Richtung Südosten orientieren.
Im Inneren erleichtern Sichtverbindungen und
eine einfache Wegeführung die Orientierung.
Großzügige und flexible Räume ermöglichen
ein kommunikatives Miteinander. Die im Erdge-
schoss befindlichen Versorgungs- und Verwal-
tungseinrichtungen sowie der Fest- und Speise-
saal, die Bibliothek und eine Kapelle stehen
auch der Öffentlichkeit zur Verfügung.
Über dem massiven, leicht zurückversetzten
Erdgeschoss aus Beton sitzen die beiden als
reine Holzbauten ausgebildeten Obergeschos-
se. Vorgefertige und vorinstallierte Holzriegel-
wände und Brettschichtholzstützen leiten die
Lasten in den Betonsockel ab. Die kompakte,
hochgedämmte Gebäudehülle senkt die Trans-
missionswärmeverluste auf das Niveau eines
Passivhauses. Die Be- und Entlüftung des
Gebäudes erfolgt über das zentral angeordne-
te, mit Glas überdachte Atrium: Im Winter wird
durch die Vorwärmung der Luft in Erdregistern b
und durch die zusätzlichen solaren Energieein-
träge eine durchschnittliche Lufttemperatur von
ca. 20 ˚C erzielt. Im Sommer dagegen wird die b
Temperatur der zugeführten Außenluft durch
die Erdregister abgekühlt. Verschattungsele-
mente über dem Glasdach verhindern eine
a a
Überhitzung im oberen Bereich. Die Individual-
räume werden über eine Quelllüftung mit Frisch-
luft versorgt. Durch zahlreiche Einzelmaßnah-
men wie die Nutzung von Regenwasser für
Toilettenanlagen und Gartenbewässerung,
eine separate Steuerung der Heizgruppen,
Fernwärme und elektronische Vorschaltgeräte
zur Belichtung verbraucht das Gebäude ins-
gesamt rund 50 % weniger Energie als andere
Alten- und Pflegeheime.

º Architektur Aktuell 6 / 2006 Schnitt • Grundrisse Erdgeschoss • 1. Obergeschoss


Baumeister 5 / 2006 Maßstab 1:500

219
Beispiel 08

8 3

Vertikalschnitt
Maßstab 1:20
Energieschema
A Winter: passive Wärmegewinnung
B Sommer: Lüftung / Kühlung

11

20°

-10°
10 13 12

15 14

11

25°

30°
10 12

bb

220
Altenwohn- und Pflegeheim

1 Dachaufbau:
Kies 50 mm
Dichtungsbahn 5 mm
Wärmedämmung PUR 2≈ 110 mm
Dampfsperre 2 mm
OSB-Platte 18 mm
Gefällekeil Holz 20 –175 mm
Brettstapeldecke 140 mm
2 Bodenaufbau Einzelzimmer:
Parkett Eiche 22 mm
Heizestrich 70 mm
Trennlage PE-Folie
Trittschalldämmung 25 mm
Schüttung 63 mm
Trennlage PE-Folie
Brettstapeldecke 140 mm
3 Glaswand Flur ESG 20 mm,
eingespannt in BSH Lärche 75/170 m
4 Führungsschiene Stahlprofil fi 30/30 mm
5 Schiebeelelement:
Lamellen Lärche vertikal 80/20 mm,
an Rahmen Aluminiumrohr ¡ 25/100/2 mm
6 Vorhangschiene
7 Brüstung / Regal Lärche 50/255 mm
8 Isolierverglasung, U = 0,9 W/m2K
9 Wandaufbau:
Nut- und Federschalung
Lärche vertikal 80/20 mm
Konterlattung 35/50 mm
Dichtung diffusionsoffen
Lattung 35/50 mm,
dazwischen Wärmedämmung 35 mm
Holzfaserplatte 36 mm
Wärmedämmung Steinwolle 50 mm
10 Frischluft Erdregister
11 Frischluftspeicher
12 Quelllüftung
13 Fortluft mit Wärmerückgewinnung
14 Sonnenschutz
15 natürliche Entlüftung / Abluft

Thema Qualitative Merkmale Kennwert / Indikator


Standortqualität Energieangebot: Fernwärmeanschluss (Energiequelle Biomasse) Grundversorgung / Nutzungsmischung: • Globalstrahlung: 1300 kWh / m2a
Ortsrandlage; Stadtzentrum fußläufig erreichbar Integration / Durchmischung: Mischnutzung; generationen- • Dichte: 27 EW / km2
übergreifende Einrichtungen Solidarität / Gerechtigkeit: öffentlich zugängliche Bereiche Nutzung: Alten- • Entfernung ÖPNV: 20 m (Bus); 1 000 m
wohnheim, Stadtbibliothek, Kirche, Räume für öffentliche Veranstaltungen Mobilität: gute Anbindung an (Regionalbahn)
bestehende Infrastruktur Lärm / Erschütterung: Anordnung der Nebenräume zur Straße
Objektqualität
Erschließung/ Verkehr: Fußweg durch den Park; Pkw-Stellplätze Soziale Kontakte: Lobby im Erdgeschoss, Café, zentraler • GFZvorh.: 0,5
Kommunikation Wintergarten; zwei Gemeinschaftsräume pro Geschoss, Loggia, Terrassen Zugänglichkeit und Nutzbarkeit: • BGF: ca. 3730 m2
gesamte Anlage barrierefrei befahrbar • unversiegelte Fläche: 85 %Grundstück
Grundstück Grundstücksfläche: Verdichtung durch dreigeschossiges Gebäude; unversiegeltes Wintergarten-Atrium • Lüftung: maschinell 100 %NF
Freifläche: Parkanlage mit Rundwegen, Befestigung mit Rasengittersteinen • U-Werte Gebäudehülle [W / m2K]:
Dach 0,13; Wände 0,18; Verglasung 0,9;
Gestaltung Baukultur: Anlehnung an traditionelle Holzbauweise mit massivem Sockelgeschoss Personalisierung: saiso-
Boden 0,18
nale Gestaltung der Innenräume; eigene Möbel der Nutzer auch im Gemeinschaftsbereich
• projekt. wirtschaftl. Nutzungsdauer
Wohlbefinden / Sicherheit: hohe Transparenz nach außen und innen; zentrale Pflegestützpunkte; rutschfester Boden; Rund- Fassade: 65 a
Gesundheit wege im Innen- und Außenbereich Schall: schallabsorbierende Holzoberflächen Licht: hoher Verglasungs- • Baukosten KG 300 – 400:
anteil; Zenitlicht über Wintergarten; Kunstlichtsteuerung über Präsenzmelder Raumluft: konstant sehr hohe ca. 4 100 000 ™
Luftqualität durch kontrollierte Zu- und Abluft in den Zimmern, Fensterlüftung möglich; Zuluft über Winter- • Verhältnis KG 300 / 400: ca. 75 / 25
garten mit Erdkollektor Raumklima: hohe thermische Behaglichkeit; Luftgeruch je nach Jahreszeit und • Baukosten: ca. 1100 ™ / m2BGF
Bepflanzung im Wintergarten; in den Zimmern Holzgeruch • Anteil nachw. Rohstoffe: ca. 80 Vol.-%
Gebäudesubstanz Bausubstanz: hohe Bauqualität durch Vorfertigung Gebäudestruktur / Ausbau: offene Raumstruktur mit viel- • Heizwärmebedarf: 14 kWh / m2a
fältigen Blickbeziehungen für gute Orientierung; variabel nutzbare Gemeinschaftsflächen • Deckungsrate ern. Energien: Wärme 100 %
Baukosten Investitionskosten: Amortisation der erhöhten Investitionskosten für Dämmstandard und Lüftungsanlage
durch Einsparung im Energieverbrauch Finanzierung: öffentliche Hand • barrierefrei
Betriebs- und Betrieb und Instandhaltung: sehr pflegeleichte Oberflächen, Epoxidharzboden mit spezieller Beschichtung • Wettbewerb
Unterhaltskosten für optimierte maschinelle Reinigung Instandsetzung: systematische Trassenführung, Wartungsklappen • emissionsarme bzw. -freie Baustoffwahl
• Rückbaukonzept
Baustoffe Rohstoffe / Verfügbarkeit: sehr hoher Anteil an Holzwerkstoffen; heimische Hölzer Umweltbelastung: hoher
• Regen- / Grauwassernutzung
Vorfertigungsgrad; unbehandelte Holzoberflächen Rückbau: Gebäudestruktur nach Kartenhausprinzip,
sortenrein trennbar
Betriebsenergie Gebäudeheizung: sehr hoher Dämmstandard; Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung; solare Gewinne
über Wintergarten Gebäudekühlung: Zuluft für Wintergarten über Erdkanal (Länge 500 m, Ø 80 cm)
Energiebedarfsdeckung: Biomasse über Fernwärme
Infrastruktur Wasser: Nutzung von Regenwasser für WCs und Gartenbewässerung
Prozessqualität Nachhaltiges Bauen: Wettbewerbsziel Pilotprojekt Altenwohn- und Pflegeheim in moderner Holzbauweise • nachhaltigkeitsorientierte Benchmarks
mit nachhaltiger Gebäudetechnolgie; erreichter Standard Passivhaus Bautradition: Förderung des lokalen • Simulationsverfahren
Bauhandwerks Integrale Planung: enge Einbindung der Fachplaner, externer Projektsteuerer
Analysen: Wärmebedarfsberechnung

221
Beispiel 09

Mehrgenerationenhaus

Darmstadt, D 2003

Architekten:
Kränzle + Fischer-Wasels, Karlsruhe
Klotz + Knecht, Darmstadt
Jürgen Ludwik, Reinheim (Bauleitung)
Tragwerksplanung:
ISG Gesellschaft für Ingenieurbau und
Systementwicklung, Darmstadt

Am Stadtrand von Darmstadt bildet der flache,


kubische Baukörper den Abschluss einer offe-
nen Straßenrandbebauung und orientiert sich
zum weitläufigen Parkgelände, welches über-
gangslos an das Grundstück anschließt. Der
zweigeschossige Ziegelbau besteht aus drei
separaten, in sich abgeschlossenen Maiso-
nettewohnungen – jede mit Küche und Bad
ausgestattet –, sodass die verschiedenen
Generationen der Bauherrenfamilie zwar
zusammen unter einem Dach leben, aber aa
getrennt wohnen können. Unter einer einheit-
lichen Hülle zusammengefasst, weden die
individuell gestaltenen Wohnungen über eine
gemeinsame interne Halle erschlossen. Zwi-
schen die einzelnen Häuser schieben sich
haushohe Lufträume, die als Wintergärten,
Lichthöfe und gemeinschaftliche Aufenthalts-
bereiche dienen. Wie bei einem Baukasten 4
lassen sich die Räume bei Bedarf horizontal
und vertikal addieren oder unterteilen. Möglich 2
sind bis zu sechs Geschosswohnungen bzw.
Gäste- oder Büroeinheiten. Einheitliche Materi- 3
al- und Farbfestlegungen in Bezug auf Wand, 3 3
Boden und Decke, konzentrierte Installations-
4
kerne und neutrale Raumproportionen verein-
fachen nachträgliche Umbauten. Das Gebäude
ist dreiseitig in einen Steinmantel aus dunkel-
grauem Klinker gehüllt. Zur Straße und zu den
Seiten hin zeigt sich das Wohnhaus eher ver-
schlossen; nach Süden zum Park hin dagegen
öffnen sich die Wohneinheiten mit raumhohen
Fenstern und geben den Blick auf die Park-
landschaft frei. Massive Innenwände speichern
anfallende Wärme und strahlen sie zeitverzö-
gert an die Innenräume ab. Ein außen liegen-
der Sonnenschutz an den Glasdächern ver-
hindert ein Überhitzen der Räume. Die Fenster- 2
front auf der Gartenseite ist mit neutralen Son-
nenschutzgläsern ausgestattet, wird durch
Balkone bzw. das extensiv begrünte Flach-
dach verschattet und kommt so ohne weitere a
a
Sonnenschutzelemente aus. 1
1 b
º db 03 / 2005 1
4
DBZ 08 / 2006
b

222
Mehrgenerationenhaus

Schnitt • Grundrisse
Maßstab 1:500
Vertikalschnitt
Maßstab 1:20
10
1 Wohnung
2 Gemeinschaftsbereich
3 Luftraum
4 Terrasse / Balkon

5 Mauerwerk 115 mm im Läuferverband


Hinterlüftung 30 mm
Wärmedämmung Mineralfaser 120 mm
Stahlbeton 200 mm
6 extensive Begrünung 50 mm
Substrat
Filtervlies
11 9 8 Drainagematte
Wurzelschutzbahn
Dichtungsbahn
Gefälledämmung Hartschaum 250 mm
Dampfsperre
7 Voranstrich
Stahlbeton 200 mm
Innenputz 15 mm
7 Aufkantung Stahlbetonfertigteil
8 Abdeckplatte Stahl 20 mm
9 Holzrost Bangkirai 144/28 mm
10 Schiebetür Aluminium
Wärmeschutzverglasung, U = 1,1 W/m2K,
Float 6 mm + SZR 16 mm + Float 4 mm
11 Bodenaufbau Obergeschoss:
Parkett Eiche 15 mm
Heizestrich 70 mm
Trennlage
Trittschalldämmung 35 mm
Stahlbetondecke 220 mm
Innenputz 15 mm
12 Bodenaufbau Erdgeschoss:
10
Jura-Marmor grau 25 mm
Mörtelbett 30 mm
Heizestrich 80 mm
Trennlage
Dämmung 60 mm
Trennlage
Stahlbetondecke 240 mm
Innenputz 15 mm

12 9 8

bb

223
Beispiel 09

Thema Qualitative Merkmale Kennwert / Indikator


Standortqualität Energieangebot: Erdgasanschluss Grundversorgung / Nutzungsmischung: Wohngebiet; Stadtrandlage • Globalstrahlung: 1100 kWh / m2a
Integration / Durchmischung: gemischte Altersstruktur, Studentenwohnheim, Altersheim Nutzung: Mehrgene- • Dichte: 1156 EW / km2
rationenhaus Mobilität: Tiefgaragenzufahrt von Hauptstraße; vier behindertengerechte Pkw-Stellplätze auf • Entfernung ÖPNV: 200 m (Bus); 3000 m
dem Grundstück Lärm / Erschütterung: hohe Grundstücksmauer als Schallschutzwand gegen Hauptstraße (Fernbahn)
Objektqualität
Erschließung / Verkehr: Tiefgarage unter dem Gebäude Soziale Kontakte: gemeinsame Erschließungshalle; Lichthöfe zwi- • GFZvorh.: 1,0
Kommunikation schen den Wohneinheiten als Gemeinschaftsfläche; gemeinsam nutzbare Freiflächen Zugänglichkeit und • BGF: 1 490 m2
Nutzbarkeit: Fußweg zum gemeinsamen Eingang; zwei separate Eingänge sind erweiterbar; schwellenfreie • unversiegelte Fläche: ca. 70 %Grundstück
Übergänge der Innen- und Außenräume; Aufzug im Lichthof nachrüstbar • Dachbegrünung: ca. 70 %überbaute Fläche
Grundstück Freifläche: Außenfläche unversiegelt; Fußweg und Tiefgaragenzufahrt mit offenen Pflastersteinen befestigt • Lüftung: natürlich 100 %NF
• U-Werte Gebäudehülle [W / m2K]:
Gestaltung Baukultur: Einbindung in historische bauliche Umgebung; reduzierte geometrische Formen in Anlehnung an
Dach 0,26; Außenwand 0,24; Fenster 1,4;
die klassische Moderne; Neuinterpretation des generationenübergreifenden Wohnens durch flexible Raum-
Boden 0,35
struktur Personalisierung: private Einheiten individuell gestaltbar; Gemeinschaftsflächen nach Absprache
• Heizwärmebedarf: 70 kWh / m2a
Wohlbefinden / Sicherheit: hohe soziale Kontrolle durch offene Baustruktur; Gemeinschaftsräume und zahlreiche Sichtver- • Endenergieverbrauch Erdgas:
Gesundheit bindungen Schall: akustische Entkopplung der Individualräume durch Lichthöfe Licht: gute Raumaus- ca. 58 500 kWh / a
leuchtung durch hohen Verglasungsanteil sowie Lichthöfe mit Dachverglasung Raumklima: hohe Oberflä-
chentemperaturen, sehr hohe wirksame Speichermasse; außen liegender Sonnenschutz im Bereich der • barrierefrei1
Dachverglasung • emissionsarme bzw. -freie Baustoffwahl
Gebäudesubstanz Bausubstanz: statisch minimiertes Grundraster aus Stahlbetonwandscheiben; Fassade mit hinterlüftetem
Vollklinker Gebäudestruktur / Ausbau: Wohnkonzept mit hoher Flexibilität bei der Raumzuordnung; Gebäude
mit drei bis sechs Wohneinheiten nutzbar, Gemeinschaftsräume können den Individualräumen flexibel
zugeordnet werden, dadurch schrittweise individuelle Anpassung an veränderte Bedürfnisse möglich
Baukosten Investitionskosten: Nutzung hochwertiger Materialien im Hinblick auf hohe Dauerhaftigkeit und niedrigen
Instandhaltungsaufwand; minimierte Technikinstallation; Synergieeffekte durch Haus-in-Haus-Konzept
Betriebs- und Betrieb und Instandhaltung: wartungsfreie Fassade, pflegeleichte Bodenbeläge aus Naturstein und Massiv-
Unterhaltskosten holz; Fensterrahmen aus Metall; extensive Dachbegrünung Instandsetzung: geringer Verschleiß durch hohe
Bauqualität mit sehr dauerhaften Materialien
Baustoffe Rohstoffe / Verfügbarkeit: Naturstein und Klinker aus regionalem Abbau Umweltbelastung: Dachbegrünung
als Ausgleichsfläche für die Bodenversiegelung Schadstoffe: Holzböden gewachst; Innenwände mit Mine-
ralfarbe gestrichen
Betriebsenergie Gebäudeheizung: hohe passive Solargewinne; Wohn- und Schlafräume im Süden; Erschließungsbereich
und Lichthöfe als Klimapuffer; Fußbodenheizung Beleuchtung: minimierter Kunstlichtbedarf durch sehr
hohe Tageslichtversorgung Energiebedarfsdeckung: Gasbrennwerttechnik
Prozessqualität Nachhaltiges Bauen: Wahl des Grundstücks und der Gebäudestruktur im Hinblick auf alters- und familien- • nachhaltigkeitsorientierte Benchmarks
gerechtes Wohnen Partizipation: Mitwirkung der Nutzer als Projektentwickler, Architekt und Bauherr • Partizipationskonzept
1
EG-Wohnungen bei Nachrüstung einer Rampe im Eingangsbereich, Gesamtwohnfläche bei Nachrüstung eines Aufzugs (vorgesehen)

224
Sporthalle

Sporthalle

Tübingen, D 2004

Architekten:
Allmann Sattler Wappner, München
Mitarbeiter:
Dirk Bauer, Birgit Bader, Eva Hartl, Kai Homm,
Christof Kilius, Thomas Meusburger, Martin
Plock, Ulf Rössler, Steffen Schwarz
Tragwerksplanung:
Werner Sobek Ingenieure, Stuttgart
Energiekonzept:
Transsolar Energietechnik, Stuttgart

Die Multifunktionshalle befindet sich in unmittel-


barer Nachbarschaft zum Sportgelände der
Stadt Tübingen und zum großzügigen Freibad-
areal entlang der Auenlandschaft des Neckars.
Der monolithische Kubus markiert hier den
Endpunkt des Sportgeländes. Da die Halle viel-
fältig nutzbar sein soll – für den Profi- und Leis-
tungssport ebenso wie für den Schulsport aa
sowie für den Trend- und Breitensport –, wurde
nicht nur das innere Volumen voll ausgenutzt,
sondern auch die Außenwände so weit wie
möglich in das Raumprogramm integriert. Alle
vier Fassaden übernehmen neben der Funktion
der Wetterhaut weitere Aufgaben, etwa als voll-
flächige Solarfassade, Outdoor-Kletterwand
oder Halfpipe. Innen bildet das um ein
Geschoss abgesenkte Sportfeld den Mittel-
punkt der Halle, die ringsherum angeordneten bb
Zuschauertribünen nehmen den Höhenver-
sprung der Eingangsebene auf. Diese dient als b
Verteiler- und Servicezone, während sich im
Untergeschoss die Umkleideräume befinden
und das Obergeschoss für besondere Veran-
staltungen genutzt wird. Überspannt wird die
Sporthalle von Stahlfachwerkbindern, die sich
auf Sichtbetonaußenwände und drei Kerne
stützen. Ein möglichst geringer Einsatz von Pri-
märenergie und die Nutzung natürlicher Res-
sourcen sind die Kernpunkte des Energiekon-
zepts. Die Kühlung der Frischluft im Sommer
erfolgt über einen Erdkanal, welcher auch die
Zuluft im Winter erwärmt. Bei Großveranstaltun-
gen mit bis zu 3000 Personen wird eine Kälte-
maschine zugeschaltet. Mittels Wärmetau-
schern im Dachbereich wird die Wärme der
Abluft zurückgewonnen. Die grünlich schim-
mernden Solarmodule mit weißem Randver-
bund nehmen die gesamte Fläche der Süd-
westfassade ein; der erzeugte Strom wird in
das öffentliche Netz eingespeist. Das extensiv
begrünte Flachdach dient u. a. der Luftreini-
gung und Temperaturregulierung. Per Nahwär-
menetz wird das Wasser zur Heizungsversor-
gung aus dem benachbarten Schwimmbad
a a
bezogen und die Halle damit in den kalten
Monaten über die Deckenstrahlungsheizung
erwärmt.
b
º Baumeister 3 / 2005 Schnitte • Grundriss EG
GLAS 2 / 2005 Maßstab 1:1000

225
Beispiel 10

226
Sporthalle

5
8
9

Vertikalschnitt Stahlbeton 300 bzw. 360 mm


Maßstab 1:20 3 Wandaufbau:
Energie- und Lüftungsschema Festverglasung
Sonnenschutzverglasung mit
1 Dachaufbau: innen liegendem Blendschutz,
extensive Begrünung SZR mit Argonfüllung,
Substrat Außenscheibe Siebdruck 50 %
Drainage- und Filtermatte 4 Bodenaufbau:
Abdichtung Elastomerbitumen Zementestrich 50 mm
Wärmedämmung Steinwolle PE-Folie
bitumenkaschiert 140 mm Trittschalldämmung 20 mm
Dampfsperre Elastomerbitumen Hartschaum 30 mm
Akustiksickenfüller, Vlieskaschierung PE-Folie
Stahltrapezblech 100/275/0,75 mm Stahlbeton 250 mm
2 Wandaufbau: 5 Frischluftansaugung über Erdkanal
Photovoltaikfassade: 6 Wärmetauscher
ESG-Laminatverbund an Auflagerwinkel, 7 Quelllüftung
Unterkonstruktion Wandhalter (Gleit-Festlager) 8 Wärmerückgewinnung mittels
Luftschicht 85 mm Kreislaufverbundsystem
Mineralwolle mit Vlieskaschierung 100 mm 9 Deckenstrahlheizung

Thema Qualitative Merkmale Kennwert / Indikator


Standortqualität Energieangebot: Deckung Heizwärmebedarf durch Nahwärmeverbund mit benachbartem Schwimmbad • Globalstrahlung: 1120 kWh / m2a
Nutzung: Standortwahl ergänzt sinnfällig vorhandene Freizeiteinrichtungen (Schwimmbad, Sportvereine, • Dichte: 775 EW / km2
Festplatz); Nutzung durch ortsnahe Ganztagsschulen Mobilität: kompakte Anordnung der Stellplätze im • Entfernung ÖPNV: 30 m (Bus); 1000 m
Verbund mit angrenzenden Einrichtungen Lärm / Erschütterung: Ausrichtung des Gebäudes sowie Lage (Regional- und Fernbahn)
der Öffnungen berücksichtigt Lärmemissionen der nördlichen Hauptverkehrsstraße
Objektqualität
Erschließung / Verkehr: Haupteingang orientiert sich zur verkehrsberuhigten Nebenstraße; auskragendes Obergeschoss • Fahrradabstellplätze: 25 m2
Kommunikation erzeugt wettergeschützten Vorplatz Soziale Kontakte: Ausprägung der Außenfassaden eröffnet ganztägige • GFZvorh.: 1,4
Freizeitmöglichkeiten (Skaten, Streetball, Kletterwand) Zugänglichkeit und Nutzbarkeit: klare, übersichtliche • BGF Neubau: 6500 m2
Gebäudestruktur; Absenkung der Halle ermöglicht schwellenlosen Zugang; Rampentreppe EG / UG • unversiegelte Fläche: 20 %Grundstück
Grundstück Grundstücksfläche: Reduktion des Grundflächenbedarfs durch Überlagerung unterschiedlicher Sportarten • Dachbegrünung: 60 %überbaute Fläche
und Mehrfachnutzungen Freifläche: extensive Dachbegrünung • Tageslichtautonomie: 4 %
• Lüftung: maschinell 100 %NF
Gestaltung Baukultur: öffentlicher Bau markiert Stadteinfahrt; Signalwirkung der vollflächigen PV-Südfassade; differen-
• U-Werte Gebäudehülle1 [W / m2K]:
zierte Grüntöne der unterschiedlichen Fassaden schaffen spezifische Identität und stellen Bezüge zur
D: 0,27 / A: 0,36 / F: 1,5 / O: 2,5 / B: 0,38
Auenlandschaft her; gestaltete Dachlandschaft aufgrund der Topografie sichtbar
• Baukosten KG 300 – 400: 7 150 000 ™
Wohlbefinden / Sicherheit: Prallwände im Bereich der Sportarena; Brandgasventilator mit 10-fachem Luftwechsel Schall: • Verhältnis KG 300 / 400: ca. 80 / 20
Gesundheit geräuscharme Lüftungsanlage Licht: optimierte Flächenanteile der Dach- und Fassadenöffnungen; Aus- • Baukosten: 1100 ™ / m2BGF
leuchtung über transluzente Oberlichter gewährleistet blendfreie und gleichmäßige Ausleuchtung; Kunst- • solaraktive Flächen: PV 525 m2
lichtkonzept erzeugt 1000 Lux auf Spielfläche (fernsehtauglich); helle Oberflächengestaltung der Decke
und Fachwerkträger (Reflexionsgrad > 70 %) Raumluft: Querlüftung möglich; zugluftfreie Quelllüftung • Wettbewerb
Raumklima: offene Speichermassen; max. Sommertemperaturen 27 °C; VIP-Breiche teilklimatisiert (Kühlung)
Gebäudesubstanz Bausubstanz: robuste Materialien im Innen- und Außenbereich Gebäudestruktur / Ausbau: Nutzungsflexi-
bilität durch ausfahrbare Tribünen; multifunktionale, teilbare Arena
Betriebs- und Betrieb und Instandhaltung: niedrige Energiekosten; Lüftungskonzept reduziert jährliche Betriebskosten um
Unterhaltskosten ca. 36 % (im Vergleich mit konv. Systemen) Instandsetzung: klare Trennung von Tragwerk und Ausbau
Betriebsenergie Gebäudeheizung: kompakter Baukörper; Windfang; vorkonditionierte Zuluft; Abluftanlage mit WRG; effiziente
Deckenstrahlungsheizung Gebäudekühlung: Erdkanal für Grundversorgung (normaler Sportbetrieb);
zusätzliche Kältemaschine mit 180 KW zur Spitzenlastabdeckung (Großveranstaltungen) Luftförderung:
minimierter Luftwechsel durch Quelllüftung (2,5-fach); Reduktion von Ventilatoren – Abluftsystem nutzt
Thermik Beleuchtung: sehr gute Tageslichtversorgung; Kunstlichtkonzept basiert auf Leuchtstofflampen
(Grundausleuchtung) sowie zusätzlichen Halogenmetalldampflampen (1000 Lux) Energiebedarfsdeckung:
4 Erdkanäle à 50 m – Kühlleistung ca. 70 kW, Heizleistung ca. 90 kW; Stromertrag PV-Fassade mind.
24 000 KWh / a; Reduktion der CO2-Emissionen durch Energiekonzept um ca. 40 t / a
Prozessqualität Integrale Planung: interdisziplinäres Planungsteam seit Wettbewerb • Simulationsverfahren
Analysen: umfangreiche Tageslicht- und Kunstlichtsimulation; thermisch-dynamische Simulation
1
D: Dach (massiv) / A: Außenwände / F: Fenster / O: Oberlichter / B: Boden gegen Erdreich

227
Beispiel 11

Fortbildungsakademie

Herne, D 1999

Architekten:
Jourda et Perraudin, Lyon / Paris
Hegger Hegger Schleiff, Kassel
Tragwerksplanung:
Ove Arup and Partners, London
Schlaich Bergermann und Partner, Stuttgart
Energiekonzept:
Ove Arup and Partners, London
HL-Technik, München

Mit der Fortbildungsakademie Mont-Cenis


wurde ein ganzer Stadtteil neu gestaltet: Das
Areal von 25 ha umfasst auch einen Land-
schaftspark und ein 5 ha großes Wohngebiet.
Die Glashalle der Akademie wurde mit einer
überbauten Grundfläche von 16 000 m2 als
»mikroklimatische Hülle« zur passiven Solar-
energienutzung entwickelt, unter der die ver-
3 3
schiedenen Gebäudeteile als eigenständige 3
Baukörper untergebracht sind. Photovoltaik- 1 2
a
Glas-Module bedecken etwa die Hälfte der
a
Dach- und Fassadenfläche und sind integraler 8
Bestandteil des Gestaltungskonzepts; sie über-
nehmen außer der Energiegewinnung auch 9
6
Aufgaben des Sonnenschutzes und der Tages- 5 6 7
6
lichtkontrolle. Um den Wolkeneffekt erlebbar zu 4
machen, wurden die Module in unterschiedli-
cher Dichte verlegt. Öffnungsflügel im Mittel-
bereich des Daches sorgen für Entlüftung. Der
Witterungsschutz und die solaren Energieein-
träge bewirken ein mildes Klima, welches die
Halle als Außenraum nutzbar macht und den
Energiebedarf der in ihr befindlichen Gebäude
senkt. Die Hüllflächen der eingestellten Bau-
körper müssen weder wind- noch regendicht
sein und können in einfacher Bauweise erstellt
werden. Beheizte Fläche wird eingespart, da
große Teile der Erschließung in die Halle ver-
legt werden. Die Nutzung warmer Luft, die sich
unter dem Glasdach staut, spart im Winter
zusätzlich Heizenergie. Tragwerk und Fassa-
denkonstruktion bestehen aus Holz als nach-
wachsender Rohstoff. Zum Energiekonzept
gehört auch ein Blockheizkraftwerk: Dort wird
Grubengas, das aus den ehemaligen Berg-
werksschächten strömt, zur Stromerzeugung
genutzt. Da bei einer sonnenlosen Tiefdruck-
wetterlage besonders viel Gas anfällt, gleicht
die Anlage dann die geringeren Erträge des
Solarkraftwerks aus. Der Gesamtenergiebedarf
beträgt bei optimaler Steuerung der Anlagen
ca. 32 kWh/m2a.

º Architectural Review 10 / 1999


Hagemann, Ingo: Gebäudeintegrierte
Photovoltaik. Köln 2002

228
Fortbildungsakademie

10

11

12

13

14

14

15

16

17

18

18

bb

Grundriss Maßstab 1:1500


Vertikalschnitt • Horizontalschnitt
Maßstab 1:20
b b
14 19 1 Bibliothek
2 städtische Verwaltung
3 Hotel / Wohnungen
4 Bürgersaal
5 Casino, Freizeitbereich
6 Fortbildungsakademie
7 Verwaltung Akademie
8 Wasserfläche
9 Holzterrasse

10 Dachverglasung VSG aus:


Weißglas TVG 6 mm
Photovoltaikzellen in Gießharz 2 mm TVG 8 mm
11 Wechselrichter
12 Stahlrinne verzinkt
13 Regenwasser Schnellablaufsystem
14 Fassade Einfachverglasung:
Structural Sealant Glazing auf
Fassadenpfosten BSH 160/60 mm;
einzelne Scheiben in Teilbereichen
aus Photovoltaikmodulen
15 Randträger BSH 300/400 mm
16 Öffnungsflügel
17 Dachträger Holzfachwerk
18 Holzfachwerk zur Aufnahme der Windkräfte
19 Fassadenriegel BSH

229
Beispiel 11

Schema Klimakonzept Schnitt


A Sommer Maßstab 1:1000
B Übergangszeit
C Winter

aa

Thema Qualitative Merkmale Kennwert / Indikator


Standortqualität Energieangebot: Grubengas Grundversorgung / Nutzungsmischung: Akademie, Hotel, Restaurant, Sportein- • Globalstrahlung: 960 kWh / m2a
richtung, Bürgerzentrum, öffentliche Bibliothek, Stadtteilverwaltung Integration / Durchmischung: Landes- • Dichte: 3231 EW / km2
bildungseinrichtung sowie öffentliche Einrichtungen für den Stadtteil in einkommensschwachem Umfeld • Entfernung ÖPNV: 100 m (Bus)
Nutzung: Zeichen für den Strukturwandel einer Region Mobilität: Fahrradstellplätze, Leihräder im Haus
Lärm / Erschütterung: Schallimmissionsschutz durch Klimahülle Strahlung: Abdichtung gegen Grubengas
Objektqualität
Erschließung / Verkehr: Haupteingang über städtischen Platz Soziale Kontakte: Klimahülle als zentraler und öffentlicher • Fahrradabstellplätze: 80 m2
Kommunikation Kommunikationsraum; Akademiegäste und lokale Bevölkerung mischen sich; Vernetzung über zugeordne- • GFZvorh.: 0,48
te Treppen und Laubengänge Zugänglichkeit und Nutzbarkeit: Rezeption; 24 h öffentliche Zugänglichkeit • BGF Klimahülle: 12 326 m2
Grundstück Grundstücksfläche: Flächenrecycling; ehem. Zechen- und Kokereigelände Freifläche: flächige, elliptische Innenhäuser: 14 346 m2
Niederschlagsversickerung »Pappelellipse« mit Überlauf in Vorfluter (Bach) als gestalterisches Element • unversiegelte Fläche: ca. 40 %Grundstück
• Lüftung: natürlich 100 %NF Klimahülle
Gestaltung Baukultur: Endpunkt eines regionalen Grünzugs; hohe Signifikanz schafft lokale Identität im Stadtteil
maschinell 100 %NF Innenhäuser
Wohlbefinden / Sicherheit: übersichtliche Gestaltung von Außenraum und Klimahülle; behindertengerechte Orientierung • Betriebsstunden über 26 °C / a: ca. 80 h
Gesundheit Schall: absorbierende Innenfassaden Licht: optimierte Fensterflächenanteile; Light Shelves und HOE zur • projekt. wirtschaftl. Nutzungsdauer: 50 a
Tageslichtlenkung Raumluft: Erdkanäle zur Lüftung der Innenhäuser; nat. Lüftung von Büros und Seminar- • Baukosten KG 300 – 400: 41 500 000 ™
räumen Raumklima: hohe Raumlufthygieneforderungen; offene Speichermasse; Zwischenklima in Klimahülle Innenhäuser (KG 300: 15,5 Mio. ™; KG
Gebäudesubstanz Bausubstanz: dauerhafte Materialien und Details 400: 5 Mio. ™)
Gebäudestruktur / Ausbau: Trennung von Rohbau, Ausbau und Installationen Klimahülle (KG 300: 11,5 Mio. ™; KG 400:
Baukosten Investitionskosten: nutzungsübliche Baukosten trotz zusätzlichen Baus der Klimahülle Finanzierung: Finan- 9,5 Mio. ™ inkl. PV)
zierung des gebäudeintegrierten Photovoltaik-Kraftwerks durch lokales Energieversorgungsunternehmen • Verhältnis KG 300 / 400: 65 / 35
Betriebs- und Betrieb und Instandhaltung: planungsbegleitende Variantenanalyse von Investitions- und Betriebskosten, • Baukosten: 2896 EUR / m2BGF
Unterhaltskosten niedrige Energiekosten Instandsetzung: Einsatz dauerhafter und alterungsfreundlicher Materialien • Anteil nachw. Rohstoffe: ca. 50 Vol.-%
• Heizwärmebedarf: 56 kWh / m2a
Baustoffe Rohstoffe / Verfügbarkeit: Konstruktion / Ausbau in unbehandeltem Holz Umweltbelastung: Planung gemäß
• Deckungsrate ern. Energien: 100 %
Ökobilanz-Daten Schadstoffe: Schadstoffprüfung von Ausbaumaterial Rückbau: elementierte Konstruktion
(Plusenergiehaus)
Betriebsenergie Gebäudeheizung: reduzierter Energiebedarf durch unbeheizte Klimahülle, hohe Dämmqualität der Innenfas- • solaraktive Flächen: PV 8400 m2
saden, Heizung über Nahwärmenetz, Lüftungsanlagen mit WRG Gebäudekühlung: Speichermasse in dau-
erhaft genutzten Gebäuden, Nachtauskühlung Warmwasserbereitung: zentral über Nahwärmenetz Luft- • barrierefrei
förderung: dezentral je Baukörper, natürliche Lüftung (außer Küche) Beleuchtung: Regelung über Präsenz- • Wettbewerb
und Tageslichtsensoren Energiebedarfsdeckung: dach- und fassadenintegrierte Photovoltaik 1 MWpeak mit • emissionsarme bzw. -freie Baustoffwahl
Batteriespeicher 1200 kWh zur Spitzenlastabdeckung, Grubengas-BHKW 2,9 MW (1150kWel +1740 kWtherm) • Regen- / Grauwassernutzung
Infrastruktur Abfälle aus Betrieb und Nutzung: Wertstoff-Sammelstelle im UG Wasser: wassersparende Armaturen
Prozessqualität Nachhaltiges Bauen: Modellprojekt des Landes NRW für nachhaltiges Bauen, energieeffizientes Bauen und • nachhaltigkeitsorientierte Benchmarks
behindertengerechtes Bauen Bautradition: Holztragwerk assoziiert ehem. Anwendung als Stützwerk im • Partizipationskonzept
Bergbau Partizipation: prozessbegleitende Information der lokalen Öffentlichkeit; »offene Baustelle« • Simulationsverfahren
Integrale Planung: interkulturelles und -disziplinäres Planungsteam mit Nutzerbeteiligung während des Pla- • FM-Konzept
nungs- und Bauprozesses Analysen: thermische Simulation, Strömungs-, Energiebedarfs- und Tageslicht-
simulation, Windkanaluntersuchungen Facility Management: planungsbegleitende Einführung

230
Schule

Schule

Ladakh, IND 2001

Architekten:
Arup Associates, London
Tragwerksplanung:
Arup & Arup Associates, London
Energiekonzept:
Arup & Arup Associates, London

Weitläufige Gebirgsketten und tibetisch-


buddhistische Kultur prägen den Distrikt
Ladakh im indischen Himalaya. Das Gebiet
liegt im Durschnitt 3500 m über dem Meeres-
spiegel. Das Klima ist äußerst trocken, auch 5
in heißen Monaten kann es durch die Nacht-
abkühlung bis auf -10 C zu extremen Tempe-
raturgefällen kommen. In dieser Umgebung
eine Schulanlage für 750 Jungen und Mädchen
zu entwickeln, die neben Religion und Kultur
auch auf traditionelle Bauweisen mit lokalen 4
Materialien und die klimatischen Bedingungen
eingeht, war das Ziel der Londoner Architekten.
a

Der Grundriss des Schulkomplexes basiert auf


3 2 4
der Form eines Mandalas und orientiert sich in 4
Größe und Form an den umgebenden Dorf- 2
b b
und Klosterstrukturen.
a

Mithilfe von Computersimulationen und Analy-


sen wurde die Wirtschaftlichkeit traditioneller 1
Baustoffe und die Nutzung des Solarangebots
optimiert. Durch den Einsatz von solarbetriebe-
nen Wasserpumpen zur Bewässerung, blend-
freier Lichtführung, natürlicher Querlüftung
und passiver Verschattung konnte eine weit-
gehend autarke Wasser- und Energieversor- Lageplan 1 Hauptzugang 5 zentrale Energieversorgungsstelle
gung erreicht werden. Die Internatsräume im Maßstab 1:4000 2 Schulbereich mit Wasserbohrstelle und
3 zentraler Versammlungsplatz Solarpumpe
Norden der Gesamtanlage werden durch 4 Internatsbereich
Trombewände erwärmt – vor der schwarzen
Oberfläche der massiven Wände befindet sich
im Abstand von 10 bis 15 cm eine Isoliervergla-
sung. Die tagsüber absorbierte Strahlung wird
langsam in das Innere abgegeben, Lüftungs-
öffnungen im oberen und unteren Bereich sor-
gen für Konvektion. Alle Wasch- und Toiletten-
räume wurden ausgelagert und die traditionelle
Form der Trockentoilette weiterentwickelt. Es
handelt sich um ein Zweikammernsystem mit
einer Trockengrube, einer Sickerfläche und
einem vorgelagerten, solarunterstützten Lüf-
tungsschacht. Mauern aus Stein, innen mit
Lehm verputzt, bilden die Außenwände der
Gebäude; die inneren Trennwände bestehen
aus Lehmziegeln. Aus Gründen der Erdbeben-
sicherheit trägt das Dach eine von den Wän-
den unabhängige Holzkonstruktion. Granitstei-
ne, Weiden- und Pappelholz stammen aus der
näheren Umgebung.

º Architectural Review 05 / 2002


Casabella Dez / Jan 2006 / 2007

231
Beispiel 12

c
8

1
1
9 10
12

6 4
12 11

13 11 13
3

14 14
a
5 b b
14 14
16
a 6
2 14 14

15 15

aa bb

232
Schule

30
Klassenzimmer Grundrisse • Schnitte
25
Schule, Internat
20 Maßstab 1:500
15 Schnitt Wasch- und
10
Toilettenanlage
Maßstab 1:100
5
Außenraum
Temperaturdiagramm
0ºC Klassenraum
-5

Tag 1 2 3 4 5 6 7
Uhrzeit 9h/16h 9h/16h 9h/16h 9h/16h 9h/16h 9h/16h 9h/16h

1 Zugang
2 Unterrichtsraum im Freien
3 Spielplatz mit Brunnen
4 Kinderkrippe
5 Kindergarten
6 Klassenraum
7 Lehrerzimmer
8 Wasch- und Toilettenräume
17 9 Luftschleuse mit
Schließfächern
21 10 beheizter Ruheraum
11 Eingangsbereich
18 12 Wohnraum
13 Schlafzimmer Lehrer
14 Schlafzimmer Schüler
15 Waschraum
17 16 Innenhof
19
17 Stahlblech verzinkt,
dunkel gestrichen
18 Waschrinne
20 19 Trockengrube
20 Sickerfläche
cc 21 Lüftungsschacht

Thema Qualitative Merkmale Kennwert / Indikator


Standortqualität Energieangebot: Lage 3500 m ü. NN; hohe Temperaturschwankungen (auch in Sommernächten bis - 10 °C); • Globalstrahlung: ca. 1800 kWh / m2a
sehr trocken und windig; kaum öffentliche Infrastruktur (kein Strom, Wasser oder Abwasser) Grundversor- • standortrelevante Klimadaten: Außenluft-
gung / Nutzungsmischung: Masterplan umfasst neben Schule und Internat auch berufsbildende Workshops, temperatur im Winter bis - 30 °C
Computerarbeitsplätze, Küche, Krankenstation Integration / Durchmischung: Unterricht für alle Bevölke- • Dichte: 3 EW / km2
rungsschichten und Altersstufen von Kindergarten bis High-School; Unterkünfte für Schüler aus entfernten
Dörfern Solidarität / Gerechtigkeit: Entwicklungshilfeprojekt; Unterstützung und Berufsqualifikation der ein-
kommensschwachen Landbevölkerung Mobilität: Nähe zur Hauptverkehrsverbindung; Bushaltestelle
Objektqualität
Erschließung / Soziale Kontakte: zentraler Versammlungsplatz; Sportplatz; Bibliothek; Unterrichtsräume im Außenbereich; • BGF Neubau: 4445 m2
Kommunikation Spielplatz; Ruheräume; Gemeinschaftswohnbereiche • unversiegelte Fläche: ca. 40 %Grundstück
Grundstück Freifläche: Vegetation gewährleistet Wind- und Sonnenschutz; befestigte Flächen überwiegend unversiegelt • Lüftung: natürlich 100 %NF
• Baukosten KG 300 – 400: 1 900 000 ™
Gestaltung Baukultur: Orientierung des Baukörpers am Erscheinungsbild der ortsnahen Klöster- und Dorfstrukturen;
• Verhältnis KG 300 / 400: ca. 93 / 7
unmittelbarer Ortsbezug durch Verwendung von Granitstein der direkten Umgebung Personalisierung:
• Baukosten: 430 ™ / m2BGF
Innovationen im Kontext von »Low-Tech« (Bautradition) und »High-Tech« (Optimierung durch Simulation)
• Anteil nachw. Rohstoffe: 40 Vol.-%
Wohlbefinden / Sicherheit: erdbebensichere Dachkonstruktion Licht: großflächige Südverglasung; gleichmäßige und blend- • Deckungsrate ern. Energien: 100 %
Gesundheit freie Tageslichtausleuchtung der Klassenräume durch zusätzliches Nordlicht; helle Oberflächen von Wän-
den und Decken Raumluft: Querlüftung der Klassenräume; solar unterstützte Entlüftung der Sanitärräume • emissionsarme bzw. -freie Baustoffwahl
Raumklima: passive Verschattung, windgeschützte Innenhöfe • Baustoffkataster
Gebäudesubstanz Bausubstanz: Auswahl robuster und alterungsfähiger Materialien und Konstruktionen Gebäudestruktur / Aus- • Regen- / Grauwassernutzung
bau: Massivbau; flexible Klassenräume; kaum Installationen; Sanitäranlagen in separatem Gebäude
Baukosten Investitionskosten: geringe Baukosten; Minimierung des Kapitaleinsatzes Finanzierung: ca. 40 % Spenden
Betriebs- und Betrieb und Instandhaltung: geringe Betriebs-, Unterhalts- und Energiekosten Instandsetzung: reparatur-
Unterhaltskosten freundliche und austauschfähige Konstruktions- und Detailausbildung; minimale Anlagentechnik
Baustoffe Rohstoffe / Verfügbarkeit: überwiegend erneuerbare bzw. lokal verfügbare Baustoffe wie Holz, Lehm, Natur-
stein Umweltbelastung: geringer Primärenergiegehalt Rückbau: z. T. lösbare Verbindungen
Betriebsenergie Gebäudeheizung: maximale Ausnutzung der solaren Gewinne; Klassenräume süd-ost-orientiert; Windfang;
Trombewand; Holzöfen Gebäudekühlung: Speichermassen; Dachüberstände Beleuchtung: Klassenräume
ohne Kunstlicht Energiebedarfsdeckung: PV für Wasserpumpe und elektr. Geräte; Biomasse (Holz)
Infrastruktur Wasser: Wasserversorgung aus Grundwasser (30 m Tiefe); Vorratstank; wasserlose Komposttoiletten;
Bewässerung der Vegetation durch Grauwassernutzung
Prozessqualität Nachhaltiges Bauen: Modellprojekt zur nachhaltigen Entwicklung; autarke Energieversorgung; Vermittlung • nachhaltigkeitsorientierte Benchmarks
von Nachhaltigkeit als Bestandteil des Schulunterrichts Bautradition: Materialwahl, Konstruktions- und • Partizipationskonzept
Detailausbildungen auf Basis lokaler Bautraditionen und -techniken; Wissenstransfer Partizipation: Selbst- • Simulationsverfahren
hilfe; Einbindung ortsansässiger Handwerker und Tagelöhner in den Bauprozess Integrale Planung: zwei-
jährige Studien der spezifischen Standortbedingungen; interdisziplinäres Vor-Ort-Planungsteam aus Inge-
nieuren und Architekten Analysen: Trombewand; Tageslicht- und thermisch-dynamische Simulation

233
Beispiel 13

Hotel- und Tourismusinstitut

Montreal, CDN 2005

Architekten:
Lapointe Magne & Ædifica, Montreal
Michel Lapointe, Robert Magne
Mitarbeiter:
Guy Favreau, Jean-Luc Vadeboncoeur
Tragwerksplanung:
Les Consultants Géniplus, Montreal

Der 21 000 m2 Geschossfläche umfassende


Gebäudekomplex des Instituts für Tourismus
und Hotelwesen des kanadischen Staates
Quebec, kurz ITHQ, wurde 1970 erbaut. Das
blockfüllende viergeschossige Sockelgeschoss
mit aufgesetztem, siebengeschossigem Hoch-
haus setzt eine wichtige Landmarke innerhalb
der Stadtstruktur Montreals. Mit einer integrier-
ten U-Bahn-Station im Erdgeschoss nimmt
die renommierte internationale Ausbildungs-
einrichtung des Tourismus-, Hotel- und Gastro-
nomiewesens zudem einen Teil der öffentlichen
Infrastruktur auf. Um die Bedeutung und Funk-
tion der Einrichtung der Öffentlichkeit zeitge- 12
mäß zu vermitteln, wurde die Bausubstanz 15
im Inneren grundlegend saniert und dem
ursprünglich, hermetisch abgeschlossenen 17
Baukörper aus Stahlbeton durch eine vorge- 16
hängte zweite Fassade aus Glas mehr Trans-
15
parenz und Tiefe verliehen. Außerdem ist der
14
Baukörper nun durch farblich und strukturell
variierende Glaselemente entsprechend den 10
unterschiedlichen Gebäudefunktionen geglie-
dert: Die öffentlich zugänglichen Einrichtungen 18 11
wie Restaurant, Foyerbereich und Lobby im
12
Erdgeschoss sind durchgängig verglast und 10
rund um die Uhr einsehbar. Die großformatig
aa
aufgedruckten Lettern des glatt umlaufenden
Glasbands im Sockelgeschoss transportieren
die Gebäudefunktionen nach außen. Die
Längsfassaden des Hochhauses werden im
Hotel- und im darüberliegenden Verwaltungs-
bereich durch hervortretende Balkonelemente
plastisch gestaltet. Dagegen produziert der a
Wechsel zwischen klarem und grün gefärbtem
Glas der geschuppten Fassade zur Rue Saint-
Denis je nach Standpunkt des Betrachters
unterschiedliche Farbeffekte. Durch die Dop- 6 7
4
pelfassade wird der Energiehaushalt des
Gebäudes optimiert: Im Winter werden die
Luftmassen im Fassadenzwischenraum durch 5
solare Energieeinträge erwärmt und dem Heiz- 9
system zugeführt. Im Sommer wird die erwärm-
te, verbrauchte Luft durch die natürliche Ther-
mik über Fassadenöffnungen im Attikabereich 1 2 3 8
abgeführt.

º Canadian Architect 05 / 2006


a

234
Hotel- und Tourismusinstitut

Schnitt 1 Foyer 18 Fassadenelement Aluminiumrost Stahlprofil ¡ 100/200/5 mm


Grundrisse 2 Lobby Hotel kalt gekantet 475/40/5 mm, 28 Rost Streckmetall 700/5 mm
Erdgeschoss 3 Lobby Schule befestigt an 29 Glastür zur thermischen Trennung
10. Obergeschoss 4 Restaurant 19 Stahlwinkel ∑ 50/50/3 mm 30 Einfachverglasung Balkon zur
Maßstab 1:1000 5 Küche 20 Klarglas 200 ≈ 340 mm klimatischen Trennung
Horizontalschnitt • Vertikalschnitt 6 Zufahrt Parkhaus 21 Grünglas 55 ≈ 340 mm 31 Brüstung Balkon VSG 2≈ 10 mm,
Doppelfassade 7 Anlieferung 22 Pressleiste Aluminium eingespannt in Stahlprofil
Maßstab 1:20 8 Lounge Studenten ¡ 20 ≈ 60 mm 32 Rost Streckmetall 1350/5 mm
9 Zugang U-Bahn 23 Profilleiste Aluminium schwarz 33 Bodenplatte Balkon Stahlblech
10 offene Büroeinheiten galvanisiert fi 65/30/3mm 650/5 mm
11 Büro 24 Fassadenträger Stahlprofil schwarz 34 Stahlträger Balkon IPE-Profil 310
12 Verwaltung galvanisiert ¡ 100/65/5mm 35 Verkleidung Innenfassade
13 Unterrichtsräume 25 Halterung Fassadensteg Metall grau lackiert 5 mm
14 Büro Lehrer Stahlrohr | 50/50/3 mm 36 Dämmung 140 mm
15 Technik 26 Tragkonstruktion Stahlprofil 37 Stahlbeton 550 mm
16 Bankettsäle schwarz ¡ 150/75/5 mm 38 Doppelverglasung zur thermischen
17 Hotelzimmer 27 Träger Fassadensteg Trennung

18 19

20 29

21 35
30

26 36
37
24 27 31

23
22 25

28 33 38
32

bb

b b

20 24 26 29 31 32 33 35

34 34
28
25

27

235
Beispiel 13

Energieschema Doppelfassade
A Sockelgebäude Winter / Sommer
B Turmgebäude Winter / Sommer

Thema Qualitative Merkmale Kennwert / Indikator


Standortqualität Energieangebot: Erdgasanschluss Grundversorgung / Nutzungsmischung: zentrale, innerstädtische Lage; • Globalstrahlung: 1200 kWh / m2a
Angebote für unterschiedliche Nutzergruppen Integration / Durchmischung: Trainingshotel, Hörsaal, Multi- • Dichte: 4439 EW / km2
media-Dokumentationszentrum Nutzung: Repräsentations-, Forschungs- und Ausbildungsstätte des Touris- • Entfernung ÖPNV: 0 m (U-Bahn)
mus-, Hotel- und Gaststättengewerbes, öffentlichkeitswirksame Neuprägung des Standorts
Mobilität: gebäudeintregrierte U-Bahn-Station im Erdgeschoss
Objektqualität
Erschließung / Verkehr: hohe Einbindung in das öffentliche Wegennetz durch zahlreiche Zugänge, nach Himmelsrichtun- • GFZvorh.: 5,9
Kommunikation gen unterschiedliche Fassadengestaltung Soziale Kontakte: öffenlich zugängliche Flächen im Erdge- • BGF Bestand : 27 000 m2
schoss, Kommunikationsflächen, Workshopangebote (z. B. in Demonstrationsküchen) • Lüftung: mechanisch 100 %NF
Zugänglichkeit und Nutzbarkeit: großzügige Verkehrs- und Bewegungsfläche • unversiegelte Fläche: 0 %Grundstück
Grundstück Grundstücksfläche: Weiternutzung und Revitalisierung des Gebäudebestands • Baukosten KG 300 – 400: 25 000 000 ™
• Baukosten: 930 ™ / m2BGF
Gestaltung Baukultur: verlängerte Nutzungsdauer des Bestands durch Umgestaltung, Erhöhung von Transparenz ver-
• Energieverbrauch (2002 – vor Sanierung)
stärkt die Wechselbeziehungen (z. B. Kommunikation der Nutzung) zum Umfeld
Betriebsstunden: 8 108 h / a
Wohlbefinden / Schall: reduzierte Schallimmissionen durch Doppelfassade Licht: gute Tageslichtversorgung durch hohen Gasverbrauch: 3 407 580 kWh / a
Gesundheit Verglasungsanteil Raumluft: maschinelle Lüftung; Fensterlüftung im Hotelbereich möglich; Zuluftvorerwär- Stromverbrauch: 8 873 794 kWh / a
mung durch Doppelfassade Raumklima: Steigerung des thermischen Komforts durch erhöhte Oberflächen- Endenergieverbrauch (Heizen, Kühlen,
temperaturen der Bestandsfassade Licht, Geräte): 455 kWh / m2a
Gebäudesubstanz Bausubstanz: Substanznutzung eines Gebäudes aus den 1970er-Jahren • Energieverbrauch (2005 – nach Sanierung)
Baukosten Investitionskosten: Sanierungskosten entsprechen ca. 50 % der Kosten eines vergleichb. Neubaus; reduzierte Betriebsstunden: 16 712 h / a
Betriebskosten ermöglichen verdoppelte Öffnungszeiten mit erhöhtem Dienstleistungsangebot bzw. Umsatz Gasverbrauch: 2 871 690 kWh / a
Betriebs- und Betrieb und Instandhaltung: langlebige Materialwahl (Fassade); leicht zu reinigende Oberflächen Stromverbrauch: 8 100 000 kWh / a
Unterhaltskosten Instandsetzung: modularer Stahlbau; einfache Regeldetails Endenergieverbrauch (Heizen, Kühlen,
Licht, Geräte): 406 kWh / m2a
Baustoffe Schadstoffe: schadstoffreduzierte Beschichtungen und Bodenbeläge (z. B. Linoleum)
• Energiekosten:
Rückbau: modulare, rückbaufähige Stahlkonstruktion
2002: 1 810 ™ / m2a
Betriebsenergie Gebäudeheizung: energetische Sanierung durch Doppelfassade als Klimapuffer; Lüftung mit WRG; Energie- 2005: 1 755 ™ / m2a
bedarf < 40 % unter nationalem Standard Gebäudekühlung: effiziente Kompressionskältemaschinen • Deckungsrate ern. Energien:
Luftförderung: strombedarfsreduzierte Ventilatoren Sonst. elektr. Verbraucher: alternativ betriebene Küchen- Strombedarf 100 %
geräte (Gas) Energiebedarfsdeckung: Strom (100 % Wasserkraft)
Infrastruktur Abfälle aus Betrieb und Nutzung: Recyclingstation pro Etage; nachgeschaltete Sortierung im Gebäude • barrierefrei
Wasser: vorbereitende Planung von Regen- und Grauwassernutzung • emissionsarme Baustoffwahl
Prozessqualität Nachhaltiges Bauen: energetische Sanierung; Erhöhung der Akzeptanz des Gebäudes durch deutliche • Simulationsverfahren
Umprägung; Anregung einer Architekturdiskussion durch eine Ausstellung in ortsnaher Galerie • FM-Konzept
Bautradition: Weiterentwicklung industrieller Vorfertigungsprozesse zur Bauzeitverkürzung
Integrale Planung: interdisziplinäres Planungsteam (z. B. Beteiligung von Restaurationsberatung)
Analysen: thermisch-dynamische Simulation Monitoring: Vorbereitung von Messpunkten
Facility Management: extern

236
Institutsgebäude

Institutsgebäude

Freiburg, D 2006

Architekten:
pfeifer. kuhn. architekten, Freiburg
Mitarbeiter: Alwin Neuss (Projektleitung),
Achim Schneider, Wolfgang Stocker, Johannes
Abele, Bendix Pallesen-Mustikai, Dominic Ikic,
Marcus Hannemann, Sebastian Fiedler
Tragwerksplanung:
Mohnke Bauingenieure, Denzlingen
Energiekonzept:
Ingenieurbüro Kuder, Flein (technische
Gebäudeausrüstung),
Delzer Kybernetik, Lörrach (Simulation)

Das Institut für Umweltmedizin und Kranken-


haushygiene ist das zweite von sechs geplan-
ten Neubauten der medizinischen Fakultät und
gliedert sich im Südwesten an das Gesamt-
ensemble des Klinikums an. Sie orientieren
sich entlang der sogenannten Forscherstraße
und können später über Stege miteinander ver-
bunden werden. Die Grundrissorganisation
richtet sich nach der Nutzung und den damit
verbundenen energetischen Anforderungen.
Die Versorgungsschächte der Labore wurden Schnitt • Grundriss 1. Obergeschoss
als begehbare Zellen mit Wartungsloggien in Maßstab 1:500
die Nordostfassade integriert, wodurch eine fle-
1 Versorgungsschacht
xible und offene Grundrissstruktur erreicht wird. 2 Labor
Der nach Südwesten ausgerichtete offene 3 Büro
Bürobereich wird durch dreigeschossige Win- 4 Wintergarten
tergärten gegliedert. Die Mittelzone des Drei-
bundriegels ist Erschließung und Lüftungs-
schächten vorbehalten.
Die optmierte Nutzung regenerativer Energien
steht im Vordergrund des Energiekonzepts. aa
Wesentlicher Bestandteil ist dabei die Luftkol-
lektorfassade sowie die Wintergärten auf der
Südseite, die gleichzeitig der Gewinnung sola-
rer Energie sowie der natürlichen Belüftung der
Bürobereiche dienen. Im Winter wird die in der
Kollektorfassade vorgewärmte Luft in die Büro-
räume geführt und strömt durch die innenlie-
genden Schächte über Dach ab, wo eine Wär- a
merückgewinnung erfolgt. Im Sommer wird
umgekehrt über die innenliegenden Luft-
schächte die über Erdregister gekühlte Außen- 1
luft in die Bürobereiche geführt und durch die
in der Kollektorfassade entstehende Thermik 2
über gesteuerte Klappen in der Fassade nach
außen transportiert.
In Abstimmung mit den Behörden wurde für die
mechanische Belüftung der Laborräume eine
Lösung erarbeitet, die eine Grundbelüftung mit
vierfachem Luftwechsel anstatt der vorgeschrie- 3 4
b c
benen achtfachen Wechselrate erlaubt; nach
Erfordernis kann der Luftwechsel punktuell b c
erhöht werden. Dadurch konnte eine erheb-
liche Energieeinsparung und eine Verkleine- a
rung der Lüftungsanlage erreicht werden.

237
Beispiel 14

2
1

12

13

7
8

10

4 4

bb

1 Dachaufbau: 4 Deckenaufbau:
Vegetationsschicht 100 mm Beschichtung PU–Harz 2 mm
5
Filtervlies, Drainschicht Verbundstrich 50 mm 6
Speichermatte, Wurzelschutz Stahlbeton 350 mm mit
Abdichtung Polymerbitumenbahn, Betonkernaktivierung
zweilagig 5 Bodenaufbau:
Wärmedämmung Schaumglas 200 mm Beschichtung PU–Harz 2 mm
Bitumenvoranstrich Estrich auf Trennlage 50 mm
Stahlbetondecke 300 mm Bodenplatte Stahlbeton 250 mm 9
2 Lüftungsklappe Dämmung 100 mm
3 Wandaufbau: Filterkies 4/8 Ø 100 mm 10
Pfosten-Riegel-Konstruktion mit 6 Lüftungsgitter (Insektenschutz)
ESG 8 mm 7 Blende Dreischichtplatte 15 mm
Zwischenraum für Luftströmung 260 mm 8 Lüftungsklappe (mit Stellmotor)
11
Brettstapelwand 180 mm 9 Lüftungsklappe
OSB-Platte 12 mm 10 Konvektor
Zwischenraum für Luftströmung 210 mm 11 Filter
Metallständerkonstruktion 50 mm 12 Holz-Aluminium-Fenster
Aufhängung 25 mm Isolierverglasung 2≈ ESG 4 mm
Dreischichtplatte 20 mm 13 Dreischichtplatte geschlitzt cc

238
Institutsgebäude

2
A

Vertikalschnitte
Maßstab 1:20
Energieschema
A Sommer
3 B Winter

1 Wärmetauscher
2 Erdregister
3 Kollektorfassade
2
B

Thema Qualitative Merkmale Kennwert / Indikator


Standortqualität Energieangebot: Fernwärme KWK; zentrales Kältenetz Nutzung: Standortwahl im Kontext des Neuordnungs- • Globalstrahlung: 1160 kWh / m2a
konzepts der klinisch-theoretischen Institute Mobilität: zentrale Tiefgarage für alle Institutsgebäude • Dichte: 1411 EW / km2
(geplant) Lärm / Erschütterung: Anordnung der Nutzungen gemäß akustischen Anforderungen, Labore • Entfernung ÖPNV: 50 m (Bus); 150 m
straßenseitig orientiert (Straßenbahn)
Objektqualität
Erschließung / Verkehr: Erschließung über autofreie »Forscherstraße«; gute Vernetzung mit den benachbarten Nutzungen • Fahrradabstellplätze: 40 m2
Kommunikation Soziale Kontakte: Verkehrs- und Erschließungsbereiche als Kommunikationszonen ausgebildet (z. B. Biblio- • BGF Neubau: 5076 m2
thek, offene Teeküchen) • Dachbegrünung: 90 %überbaute Fläche
Grundstück Grundstücksfläche: kompakter Baukörper Freifläche: minimierter Versiegelungsanteil; Versickerungsmulden • Lüftung: nat. 56 %NF , masch. 44 %NF
• U-Werte Gebäudehülle: H'T 0,55 W / m2K
Gestaltung Baukultur: gestaltprägende Kollektorfassade; Mehrfachcodierung aller Bauteile und -systeme (funktional,
• Betriebsstunden über 26 °C / a: 160 h
energetisch, konstruktiv, visuell)
• wirks. Speicherkapazität: 218,5 Wh / m2NF
Wohlbefinden / Sicherheit: gute Orientierung durch klare Grundrisszonierung; Sichtverbindung zu den Laboren (Glastrenn- • Baukosten KG 300 – 400: 7 084 000 ™
Gesundheit wände); im Brandfall achtfacher Luftwechsel Schall: partiell abgehängte Akustikelemente Licht: optimierte • Verhältnis KG 300 / 400: 61 / 39
Fensterflächenanteile; gute Tageslichtversorgung Raumluft: Erdkanal; Büros natürlich, Labore maschinell • Baukosten: 1395 ™ / m2BGF
belüftet Raumklima: offene Speichermassen; Sommertemperaturen max. 26,7 °C; »Energiegärten« • Betriebskosten: 20,26 ™ / m2aNF
Gebäudesubstanz Bausubstanz: Materialwahl unter Berücksichtigung der Dauerhaftigkeit Gebäudestruktur / Ausbau: Skelett- • Energiekosten: 22,77 ™ / m2aNF
bau mit aussteifenden Kernen; flexible Grundrisszonierung; außenseitige, gut revisionierbare Schächte • Heizwärmebedarf: 47,6 kWh / m2a
Baukosten Investitionskosten: Lebenszykluskostenbetrachtung Finanzierung: Förderung durch Innovationsfond • Primärenergiebedarf (Q) Heizung und
Betriebs- und Betrieb und Instandhaltung: sehr geringe Betriebs-, Unterhalts- und Energiekosten Instandsetzung: war- Warmwasser: 26,8 kWh / m2a
Unterhaltskosten tungsarme Oberflächen; gute Zugänglich- und Austauschbarkeit von Bauteilen und Installationen • Q Kühlung: 7,5 kWh / m2a
• Q Luftförderung: 12,0 kWh / m2a
Baustoffe Rohstoffe / Verfügbarkeit: bevorzugte Baustoffe sind Holz (18 cm Brettstapelfassade), Beton, Glas
• Q Beleuchtung: 31,0 kWh / m2a
Betriebsenergie Gebäudeheizung: kompaktes Volumen; passive solare Gewinne aus Kollektorfassade und »Energiegärten«; • solaraktive Flächen: PV 145 m2
vorkonditionierte Zuluft; Abluftanlage mit WRG; Wärmepumpe; Bauteilaktivierung; zusätzliche Heizkörper
nur für extreme Kälteperioden Gebäudekühlung: Nord-Süd-Ausrichtung mit abgestimmtem Fensterflächen- • barrierefrei
anteil; hohe Speicherkapazität; Nachtauskühlung; Wärmepumpe; Sorptionskältemaschine; Bauteilaktivie- • Wettbewerb
rung Warmwasserbereitung: nur Kaltwasser in den WCs Luftförderung: minimierter Luftwechsel (vierfach • Regen- / Grauwassernutzung
statt achtfach); Luftkollektor reduziert Anzahl an Abluftventilatoren durch thermischen Auftrieb
Beleuchtung: Tageslichtsensoren; Präsenzmelder Energiebedarfsdeckung: Erdkanal; Luftkollektor; Strom-
bedarfsdeckung durch »Ökostrom«; Ertrag PV ca. 20 000 kWh / a
Infrastruktur Abfälle aus Betrieb und Nutzung: Anbindung an unterirdische Klinikum-Versorgungsstraße, automatisches
Ver- und Entsorgungssystem, zentrale Abfallsammelstelle Wasser: Zisterne; Grauwassernutzung für WC-
Spülung und Bewässerung der Außenanlagen; wasserlose Urinale
Prozessqualität Nachhaltiges Bauen: Modellprojekt; ökologisch orientierte Wettbewerbsvorgaben: Ressourenschonung • nachhaltigkeitsorientierte Benchmarks
(Material und Energie), Regenwassernutzung Integrale Planung: seit Wettbewerb Analysen: kybernetischer • Simulationsverfahren
Entwurfsansatz; Tageslichtsimulation, thermisch-dynamische Simulation Monitoring: 12 Monate (relative • Monitoring
Feuchte, Temperatur)

239
Beispiel 15

Institutsgebäude

Dübendorf, CH 2006

Architekten:
Bob Gysin + Partner, Zürich
Mitarbeiter:
Rudolf Trachsel, Marco Giuliani,
Daniel Leuthold, Reto Vincenz
Tragwerksplanung:
Henauer Gugler, Zürich
Energiekonzept:
3-Plan Haustechnik, Winterthur

Auf dem Forschungsgelände der ETH Zürich


hebt sich der Kubus des Instituts für Wasserfor-
schung durch seine Hülle aus siebbedruckten,
blauen Glaslamellen ab. Unterbrochen wird
seine homogene Struktur von einem einge-
schobenen Vorbau aus Sichtbeton, der den
Eingang markiert. Mit einem Gebäudevolumen
von 38 500 m3 gilt das kompakte Verwaltungs-
gebäude als eines der größten Nullenergiehäu-
ser in Europa. Mithilfe zahlreicher dynamischer
Simulationen (Lüftung, Thermik, Beschattung,
Rauch) gelang es, die Temperatur ohne aktive
Kühlung und konventionelle Heizung zwischen
aa
20 und 26,5 C zu halten.
Den Kern bildet das innen liegende, überhöhte
Atrium, um das sich Büros, eingeschobene
Sitzungszimmer und Vortragssäle gruppieren.
Über sein Glasdach lässt das Atrium Tageslicht
in das Gebäudeinnere und fungiert als Klima-
puffer. In den warmen Monaten wird nachts die
in den Massivbauteilen wie Betondecken,
Steinholzböden und Lehmwänden gespeicher-
te Wärme über geöffnete Lüftungsklappen in
den Büros an das Atrium abgegeben und über
das Dach abgeführt. In den Wintermonaten
wird die Speicherwärme in den Bauteilen
genutzt und langsam an das Gebäude abge-
geben. Die Glaslamellen der äußeren Hülle
steuern den Strahlungseinfall; die innere, dich-
te Gebäudehülle aus vorfabrizierten, hoch
wärmegedämmten Holzelementen verhindert
unerwünschtes Durchdringen von Wärme und
Kälte. Die Frischluftzufuhr, das Ableiten von
Schadstoffen und der Wärmeausgleich wird
über die zentrale Lüftungsanlage geregelt. Die
Außenluft durchläuft dabei die Stationen Erdre-
gister, Wärmerückgewinnung und Luftfilter. Ein
Drittel des Strombedarfs wird durch die Photo-
voltaikanlage auf dem Dach gedeckt, weitere
elektrische Energie wird über das Gesamtnetz
des Areals bezogen. Über die extensiv begrün-
ten Dachflächen wird Regenwasser gesammelt
und als WC-Spülung verwendet.
a a

º Werk, Bauen und Wohnen 11 / 2006

240
Institutsgebäude

Schnitt • Grundrisse
Erdgeschoss
1. Obergeschoss
Maßstab 1:750
Vertikalschnitt
Maßstab 1:20

1 Bodenaufbau:
5 Hartsteinholz 10–12 mm
Zementüberzug mit
Glasfaserarmierung 70–68 mm
Trittschalldämmung 20 mm
Stahlbetondecke schlaff armiert
360 mm
2 Wandaufbau, U = 0,114 W/m2K:
Faserzementplatte 8 mm
Lattung 40/60 mm
Konterlattung 40/60 mm / Hinterlüftung 40 mm
Dichtungsbahn diffusionsoffen
Wärmedämmung Mineralwolle 180 mm
Holzfaserplatte diffusionsoffen 15 mm
Dämmung Mineralwolle 120 mm
Gipsfaserplatte 15 mm
Dampfbremse PE-Folie
Mineralfaserdämmplatte 30 mm
Akustikplatte MDF-Platte gerillt 17 mm
3 Fensterelemente:
Holzrahmen Fichte
Isolierverglasung Float 6 + SZR 12 + ESG 5+
SZR 12 + Float 4 mm, U = 0,5 W/m2K
4 Flachstahl ¡ 150/10 mm feuerverzinkt
5 Glaslamelle mit Siebdruck
6 Photovoltaikelement
3
1

241
Beispiel 15

1
2

Raumluftschema 1 Frischluftspeicher 3 Fortluft mit Wärme-


A Lüftung Erdregister rückgewinnung
B Nachtauskühlung 2 Lüftungszentrale 4 Natürliche Entlüftung / Abluft

Thema Qualitative Merkmale Kennwert / Indikator


Standortqualität Energieangebot: Fernwärme KWK (Energiebezug nur bei sehr niedrigen Außentemperaturen); zentrales • Globalstrahlung: 1300 kWh / m2a
Kältenetz Grundversorgung / Nutzungsmischung: Tagesstätte für Kinder von Beschäftigten auf dem Grund- • Dichte: 1671 EW / km2
stück Nutzung: Standortwahl ergänzt sinnfällig bestehendes Forschungsareal der EAWAG und EMPA • Entfernung ÖPNV: 200 m (Straßenbahn,
Mobilität: Reduktion von Pkw-Stellplätzen (sechs Besucherparkplätze, keine Neuausweisung) geplant); 700 m (S-Bahn)
Objektqualität
Erschließung / Verkehr: Areal öffentlich zugänglich; gute Wegevernetzung mit benachbarten Gebäuden; markanter Haupt- • Fahrradabstellplätze: 60 m2
Kommunikation eingang Soziale Kontakte: Atrium bietet Orientierung und Raum für informelle Gespräche; Restaurant; • BGF Neubau: 8533 m2
Bibliothek; Seminar- und Vortragsräume Zugänglichkeit und Nutzbarkeit: alle Geschosse barrierefrei • Dachbegrünung: 55 %überbaute Fläche
erschließbar, mit Behinderten-WCs • Lüftung: maschinell 100 %NF
Grundstück Grundstücksfläche: kompakter Baukörper Freifläche: naturnah gestalteter Freiraum, heimische Vegetation; • U-Werte Gebäudehülle1 [W / m2K]:
geplante Renaturierung des angrenzenden Chriesbach; geringer Versiegelungsanteil; offene Wasserfläche D: 0,10 / A: 0,11 / F: 0,7 / B: 0,13
• Baukosten KG 300 – 400 2: 13 430 000 ™
Gestaltung Baukultur: zukunftsweisendes Nachhaltigkeitskonzept, Reduktion Primärenergie um Faktor 4 (entsprechend
• Baukosten: 1575 ™ / m2BGF
Vision 2000-Watt-Gesellschaft) Personalisierung: identitätsstiftender, offener Innenraum für Kommunikation
• Heizwärmebedarf: 14,4 kWh / m2a
Wohlbefinden / Sicherheit: gute Sichtverbindungen; umlaufende Fluchtbalkone; Sprinkleranlage Schall: Schallschutzgläser • Primärenergiebedarf (Q) Heizung und
Gesundheit zwischen Büros / Atrium, schallabsorbierende Bürotrennwände (perforiert) Licht: lichtlenkende Glaslamel- Warmwasserbereitung: 2,7 kWh / m2a
len; separater Blendschutz; Büros zweiseitig belichtet Raumluft: Erdkanal; maschinelle Zu- und Abluft • Q Kühlung: 1,2 kWh / m2a
Raumklima: außen liegender Sonnenschutz; offene Speichermassen; z. T. Lehmtrennwände; Nachtlüftung • Q Elektroenergiebedarf: 48,6 kWh / m2a
Gebäudesubstanz Bausubstanz: sehr dauerhafte Bodenbeläge (Steinholz) und Wetterschutzschicht (Glaslamellen) Gebäude- • Deckungsrate ern. Energien: 46 %
struktur / Ausbau: Skelettbau; flexible Bürogrundrisse; konsequente Trennung von Tragwerk / Ausbau / TGA • solaraktive Flächen: Solarthermie 50 m2,
Betriebs- und Betrieb und Instandhaltung: sehr niedrige Energie- und Betriebskosten Instandsetzung: gut zugängliche PV 459 m2
Unterhaltskosten Schächte, flexible Installationen; Auswahl wartungsarmer Materialien und Oberflächen
Baustoffe Rohstoffe / Verfügbarkeit: Recyclingbeton; elementierte Holzaußenwände; Lehmtrennwände Umweltbelas- • barrierefrei
tung: geringer Primärenergiegehalt (43 201 GJ); Vorgabe 5000 MJ / m2BGF Schadstoffe: Einzelprüfung aller • Wettbewerb
Baustoffe; Verzicht auf Lösemittel Rückbau: Rückbaukonzept Bestandteil der Entwurfsplanung • emissionsarme bzw. -freie Baustoffwahl
• Baustoffkataster
Betriebsenergie Gebäudeheizung: minimierte Transmissionswärmeverluste durch Kompaktheit, hohen Dämmstandard, luft-
• Rückbaukonzept
dichte Hülle, thermische Zonierung (Büros 20 °C, Verkehrsflächen 18 °C); Pufferzonen; keine konventionelle
• Regen- / Grauwassernutzung
Heizanlage (Zulufterwärmung, Nutzung der Serverabwärme); Abluftanlage mit WRG Gebäudekühlung:
nachgeführter Sonnenschutz; Nachtauskühlung; hohe Speicherkapazität; vorkonditionierte Zuluft; Kühl-
decken in Seminarräumen Luftförderung: minimierter Luftwechsel Beleuchtung: Tageslichtsensoren;
Präsenzmelder Sonst. elektr. Verbraucher: energieeffiziente Geräte Energiebedarfsdeckung: 80 Erdkanäle
à 20 m; Ertrag Vakuumröhrenkollektoren 24 000 kWh / a, PV 60 300 kWh / a
Infrastruktur Wasser: Gründach; Wassergarten; wasserlose Urinale; No-Mix-Toiletten (Regenwassernutzung)
Prozessqualität Nachhaltiges Bauen: Modellprojekt; vorbildliche Wettbewerbsvorgaben: Ressourcenschonung, »Nullener- • nachhaltigkeitsorientierte Benchmarks
giegebäude«, Strombedarfsdeckung PV 33 %, Regenwassernutzung Integrale Planung: seit Wettbewerb; • Simulationsverfahren
frühzeitige Einbindung Generalunternehmer Analysen: umfangreiche Simulationen Monitoring: 2 Jahre • Monitoring
1
D: Dach (im Mittel) / A: Außenwände (im Mittel) / F: Fenster / B: Boden gegen Erdreich; 2 Angaben entsprechen 22 070 000 CHF (BKP 2)

242
Bürogebäude

Bürogebäude

Landshut, D 2003

Architekten:
Hascher Jehle Architektur, Berlin
Mitarbeiter:
Thomas Weber, Thomas Breunig, Carsten
Burghardt, Andreas Dalhoff, Matthias Rempen,
Friedrich Rohdich, Ulrike von Schenk
Tragwerksplanung:
Seeberger, Friedl und Partner, München
Energiekonzept:
Climaplan GmbH, München

Am Stadtrand von Landshut erwarb die Land-


und Forstwirtschaftliche Sozialversicherung
(LSV) ein 30 000 m2 großes Grundstück, um
seine vier Körperschaften Alterskasse, Kran-
kenkasse, Pflegekasse und Berufsgenossen-
schaft in einem neuen Verwaltungsbau zu
vereinen. Der weitläufige Gebäudekomplex
umfasst im Wesentlichen drei Elemente: den
konvex geformten Kopfbau im Osten mit Sit-
zungssälen und Bibliothek, den 120 m langen,
a a
sich zum Eingang hin aufweitenden gläsernen
Verbindungsgang und die im rechten Winkel
angelagerten ost-west-orientierten Büroriegel.
Während das Tragwerk der Bürotrakte aus
einem flexibel aufteilbaren Stahlbetonskelett
besteht, ist die Erschließungshalle aus regional
verfügbarem Holz konstruiert. Die geschwun-
genen Brettschichtholzbinder der Südfassade
werden von bis zu 17 m hohen, baumartigen
Stützen aus verleimtem Brettschichtholz getra-
gen; Holzstege in jedem Geschoss verbinden
die Büroriegel miteinander. Als Lärmschutz-
schild und thermische Pufferzone konzipiert,
bilden die natürliche Be- und Entlüftung des
Gebäudevolumens und eine Aktivierung der
Speichermassen die wesentlichen Grundlagen
des sommerlichen Klimakonzeptes der Glas-
halle. Der thermische Auftrieb wird durch Zuluft-
öffnungen am Fußpunkt der Südfassade und
Abluftöffnungen im nördlichen Dachbereich
unterstützt. Die Eigenverschattung durch den
Kopfbau reduziert die Erwärmung, und eine
gezielte Hinterlüftung des innen liegenden Son-
nenschutzes verhindert das weitere Eindringen
der Stauwärme in die Aufenthaltsbereiche. Um
im Winter an der Fassade extremem Kaltluftab-
fall und dadurch erhöhten Strömungsgeschwin-
digkeiten entgegenzuwirken, sind Deckenheiz-
strahlplatten unterhalb der Verkehrsstege, Fuß-
bodenheizung und Heizkonvektorenbänder
integriert. Insgesamt unterschreiten die Ener-
giekennwerte des Gebäudekomplexes die Vor-
gaben der Energieeinsparverordnung deutlich.

º AIT 12 / 2003
db 04 / 2005
aa

Grundriss Erdgeschoss • Schnitt Maßstab 1:1000

243
Beispiel 16

9
3 8

2
7
10

11

Vertikalschnitte
Maßstab 1:20

1 Sonnenschutzverglasung 6 Attikablech Aluminium gekantet


400 ≈ 165 cm, zweiseitig oben und 7 Wärmeschutzverglasung
unten gehalten, seitlicher Glasstoß mit 8 Pfosten-Riegel-Konstruktion Stahl, mit
Auflagerprofil ohne Pressleiste Stegen an Zugstab Stahlrohr
2 Riegel BSH 80/140 mm, Ø 101,6 mm angeschlossen
mit 11  Neigung auf Bindern 9 Auskreuzung Stahlrohr Ø 44 mm
3 Binder BSH 14/360 mm, unterer Teil 10 Stützenkopf mit 4 Kragarmen,
als Kreisbogenabschnitt mit bogen- BSH 140/280–840 mm
förmiger Verleimung 11 Stütze BSH Ø 300 mm
4 Aluminium-Stehfalzprofildeckung 12 Stahllasche 300–350/600/10 mm,
1,5 mm eingeschlitzt in Binder, mit Schlaufen-
Gefälledämmung 180–260 mm bewehrung in Sichtbeton-Sockel ein-
Dampfsperre betoniert 15
Brettstapeldecke 100 mm 13 Lüftungskasten
Träger 2≈ Flachstahl ¡ 6/330 mm 14 Wetterschutzgitter Edelstahl
5 Dach-Randträger BSH 140/240 mm 15 Gitterrost Stahl
12

13

14

244
Bürogebäude

Thema Qualitative Merkmale Kennwert / Indikator


Standortqualität Nutzung: landschaftlich reizvolle Umgebung mit angrenzenden städtischen, kommerziellen und ehemals • Globalstrahlung: 1100 kWh / m2a
militärischen Nutzungen; Flächenangebot ermöglicht Zusammenlegung aller Unternehmensteile • Dichte: 944 EW / km2
Lärm / Erschütterung: Erschließungshalle (Magistrale) entlang der Haupteinfahrtstraße nach Landshut • Entfernung ÖPNV: 200 m
schirmt die Büronutzungen vor Lärmimmissionen ab
Objektqualität
Erschließung / Verkehr: kompakte Stellplatzorganisation unter Einbeziehung der vorhandenen Vegetation; markante • Fahrradabstellplätze: 80 m2
Kommunikation Gestaltung des Eingangsbereichs Soziale Kontakte: lärmgeschützte Innenhöfe; Magistrale dient als Foyer, • GFZvorh.: 0,6
Haupterschließungsachse, Kantine und bietet Raum für informelle Kontakte Zugänglichkeit und Nutzbarkeit: • BGF Neubau: 18 000 m2
klare Baukörperstruktur – gute Übersichtlichkeit, Nutzbarkeit sowie Organisation der Aufzugsanlagen • unversiegelte Fläche: 65 %Grundstück
Grundstück Grundstücksfläche: Revitalisierung eines ehemaligen Kasernengeländes Freifläche: die Positionierung des • Lüftung: natürlich 95 %NF, masch. 5 %NF
Baukörpers sichert den Erhalt des straßenseitigen Baumbestands; Förderung der Artenvielfalt durch • U-Werte Gebäudehülle1 [W / m2K]:
Wasserflächen und vielschichtige Bepflanzungen; spezifisch gestaltete Themenhöfe zwischen Büroriegeln D: 0,23 / A: 0,27 / F: 1,4 / B: 0,44
• Baukosten KG 300 – 400: 24 500 000 ™
Gestaltung Baukultur: Kopfbau und Magistrale erzeugen signifikante Landmarke; kammartig angelagerte Büroriegel
• Verhältnis KG 300 / 400: 73 / 27
stellen Bezüge zum Raster der benachbarten Kasernenbauten her; komplexe Geometrie der Südfassade
• Baukosten: 1360 ™ / m2BGF
und ausgereiftes Hallentragwerk durch umfangreichen Formfindungsprozess
• Heizwärmebedarf: 60,0 kWh / m2a
Wohlbefinden / Sicherheit: trotz Holzkonstruktion der Halle durch entsprechende Dimensionierung der Profilquerschnitte
Gesundheit Verzicht auf Brandabschnitte möglich Schall: Akustikdecken in Sitzungssaal und Besprechungsräumen • barrierefrei
Licht: gute Tageslichtversorgung; Ost-west-Ausrichtung der Büroriegel; Zellenbüros mit Oberlichtern zum • Wettbewerb
Flur Raumluft: natürliche Querlüftung der Magistrale; Fensterlüftung in den Büros; Sitzungsbereiche, Kan- • Regen- / Grauwassernutzung
tine und Küche maschinell belüftet Raumklima: Büros mit außen liegendem Sonnenschutz; umfangreiche
Maßnahmen gewährleisten Behaglichkeit der Magistrale – innen liegender, hinterlüfteter Sonnenschutz;
Wintertemperaturen > 18 °C; Vermeidung von Kaltluftabfall ( u. a. Fußbodenheizung, Deckenheizstrahlplat-
ten); Teich erzeugt angenehmes Mikroklima im Restaurantbereich
Gebäudesubstanz Gebäudestruktur / Ausbau: funktional autarke Riegel; flexible Nutzung möglich
Baukosten Investitionskosten: wirtschaftlicher Bürogrundriss (Zweibund); effiziente Tragstruktur; baugleiche Riegel
Betriebs- und Betrieb und Instandhaltung: Reduktion der Energiekosten um etwa 15 % (im Vergleich zu konventionellen
Unterhaltskosten Bürogebäuden) Instandsetzung: zugängliche Schächte
Baustoffe Rohstoffe / Verfügbarkeit: regionale Hölzer (z. B. Dachstühle, Tragwerk Erschließungshalle, Fenster, Parkett)
Umweltbelastung: Reduktion CO2-Emissionen um 110 t (Vergleich: Holz- zu Stahlkonstruktion / Halle)
Betriebsenergie Gebäudeheizung: thermische Zonierung, Pufferzone, solare Gewinne der Magistrale Gebäudekühlung: Be-
rücksichtigung von Eigenverschattung und Baumbestand; offene Speichermassen; natürliche Lüftung der
Halle; Verdunstungskühlung Teich; Sonnenschutzverglasung; effektiver Sonnenschutz; Nachtauskühlung
Infrastruktur Wasser: Regenwassernutzung zur Gartenbewässerung
Prozessqualität Bautradition: Förderung der regionalen Holzbautradition Integrale Planung: interdisziplinäre Entwicklung der • Simulationsverfahren
Magistrale – Formfindung, Thermodynamik, effizientes Tragwerk Analysen: Tageslicht-, Verschattungs- und
Strömungssimulation; thermisch-dynamische Simulation
1
D: Dach (im Mittel) / A: Außenwände (im Mittel) / F: Fenster (Büroriegel und Magistrale) / B: Boden gegen Erdreich

245
Beispiel 17

Verwaltungsgebäude

Cambridge, USA 2003

Architekten:
Behnisch, Behnisch & Partner,
Stuttgart / Venice
Mitarbeiter:
Martin Werminghausen (Projektleitung),
Maik Neumann; Tim Krebs, Claus Mihm,
Sarah Straubenmueller
Tragwerks- und Haustechnikplanung:
Buro Happold, Bath / New York
Lichtplaner:
Bartenbach Lichtlabor, Aldrans

Die neue Hauptverwaltung des Biotechnologie-


unternehmens soll einen Identifikationspunkt für
die 920 Mitarbeiter und die Besucher bilden, 12
11
Funktionalität und Flexibilität mit angenehmer, 13
kommunikativer Arbeitsatmosphäre und moder-
ner Umwelttechnik verbinden. Strikte städte-
bauliche Vorgaben führten zu einer zurückhal-
tend ausgebildeten Gebäudehülle. Elementier- 14 9
te, einschichtige Vorhangfassaden im Wechsel
mit Doppelfassaden mit begehbaren
»Loggien« als Klimapuffer und Erlebnisraum,
manuell wie elektronisch zu öffnende Fenster 19 15 21
für freie Nachtlüftung, bewegliche Sonnen-
schutzelemente und farbige Vorhänge kombi- 19
nieren energetische Aspekte mit gestalteri-
scher und räumlicher Differenzierung. 17
Das Zentrum des Gebäudes bildet ein komplex
durchgestuftes, lichtdurchflutetes Atrium, das
sich über alle Geschosse erstreckt. Sieben
computergesteuerte Heliostaten auf dem Dach 18
9
lenken über eine Fixspiegelbrücke Licht in die
Halle. Drehbare prismatische Lamellen streuen
das einfallende Tageslicht und verhindern 21
16 17
durch vollständige Reflexion des direkten Son-
20
nenlichts einen übermäßigen Hitzeeintrag. Im
Innern zerlegen Mobiles aus frei beweglichen,
lichtstreuenden Plättchen das Licht in seine
15
spektralen Bestandteile, Vertikallamellen vertei-
len das Licht in der Halle. Weitere Reflexions-
flächen wie Edelstahlpaneele und Wasserbe-
cken in der großzügigen Lobby bringen Tages-
licht tief ins Gebäude.
aa
Das Atrium dient ebenso als riesiger Entlüf-
tungsraum. Frischluft wird über Fenster in der
Klimafassade oder über Lüftungsgitter in der
Decke in die Büroräume eingeblasen, dann
durch den Luftdruckunterschied in den Lichthof
geleitet und über die Entlüftungsventilatoren im 1 Lesezone und Entlüftungsventilatoren
Glasdach abgeführt. Die Heiz- und Kühlanlage 2 Atrium 14 prismatische Lamellen Acrylglas,
3 Wasserbecken drehbar, sonnenstandgesteuert
wird mit Abwärme aus einem zwei Blocks ent- 4 Garten 15 »Lichtwand« aus hochglanzver-
fernten, mit modernen Emissionsfiltern ausge- 5 Empfang spiegelten, computergesteuerten
statteten Kraftwerk betrieben. Regenwasser- 6 Arbeitsplätze Vertikallamellen
tanks decken einen Teil des Bedarfs für Kühl- 7 Vortragssaal 16 Edelstahlpaneele
8 Anlieferung 17 »Kronleuchter« aus 16 Mobiles mit
wasser und die Bewässerung des Gründachs. 9 Loggia insgesamt 768 frei beweglichen,
10 Teeküche lichtstreuenden Plättchen
º Architectural Review 04 / 2004 11 Heliostat sonnenstandgesteuert, 18 Entlüftung durch Kamineffekt
Spiegelfläche 1600 ≈ 1600 mm 19 Lüftungsöffnungen
Steele, James: Genzyme Center. 12 Fixspiegelbrücke 20 öffenbare Fenster
Stuttgart 2004 13 Oberlicht mit Wärmeschutzverglasung 21 Doppelfassade

246
Verwaltungsgebäude

11
Schnitt
Maßstab 1:500
Schnitt Atriumdach 12
Maßstab 1:250
Grundrisse
1. Obergeschoss
4. Obergeschoss 13
Maßstab 1:1000

14

4
8 6

4 7
10 6 4

5
4 9
6 3
4 6 4
2 a
a

1
6
6
6

247
Beispiel 17

Lichtlenklamellen
Maßstab 1:20

1 prismatische Lamellen Acrylglas drehbar,


sonnenstandgesteuert
2 Antrieb Lamellen
3 Stahlträger Å zwischen Lamellen
3
2

Thema Qualitative Merkmale Kennwert / Indikator


Standortqualität Energieangebot: Fernwärme KWK Grundversorgung / Nutzungsmischung: öffentliche Nutzungen im Erd- • Globalstrahlung: ca. 1450 kWh / m2a
geschoss vorgehalten (z. B. Läden, Café) Nutzung: Standortwahl befördert Entwicklung eines neuen • Dichte: 6086 EW / km2
Subzentrums; Harvard University und Massachusetts Institute of Technology (MIT) fußläufig erreichbar • Entfernung ÖPNV: ca. 500 m (U-Bahn)
Mobilität: firmeneigener Fuhrpark mit vier Hybrid-Pkw, Stromtankstelle für Elektroautos
Objektqualität
Erschließung / Verkehr: Pkw-Tiefgarage mit Fahrradabstellplätzen (inkl. Umkleiden, Duschen) Soziale Kontakte: vielfältige • Fahrradabstellplätze: ca. 70 m2
Kommunikation Kommunikations- und Begegnungsbereiche: unternehmensinterne Kantine im 12. OG; Gärten; Bibliothek; • GFZvorh.: 11,2
Konferenzbereich; Ruhezonen; Cafébar pro Geschoss Zugänglichkeit und Nutzbarkeit: gute Orientierung • BGF Neubau: 32 500 m2
und Nutzbarkeit; großzügige Verkehrs- und Bewegungsflächen • unversiegelte Fläche: 0 %Grundstück
Grundstück Grundstücksfläche: Flächenrecycling einer ehemaligen Industriebrache, hohe Ausnutzung der Grundfläche • Dachbegrünung: 20 %
(12 Geschosse) Freifläche: versiegelt, vereinzelte Straßenbäume; z. T. Dachbegrünung als Ausgleich • Tageslichtautonomie1: 2 %
• Lüftung: maschinell 100 %NF
Gestaltung Baukultur: entsprechend den strikten städtebaulichen Vorgaben ausgeformtes Bauvolumen; differenzierte
• Baukosten KG 300 – 400 2:
Fassadengestaltung; Ausbildung des Innenraums als vertikale Stadt, Atrium erzeugt horizontale und verti-
ca. 107 500 000 ™
kale Nachbarschaften Personalisierung: vielfältige, flexible Bürolandschaft (Einzel-, Kombi-, Grossraum-
• Baukosten2: ca. 3300 ™ / m2BGF
büros); hohe Identifikation der Beschäftigten
• solaraktive Flächen: PV 30 m2
Wohlbefinden / Sicherheit: gute Übersichtlichkeit; Zugangskontrolle ab 1. OG Schall: Akustikdecken und Teppichböden in
Gesundheit den Büros Licht: alle Büroarbeitsplätze mit Außenbezug; lichtlenkende Jalousien; Atrium mit sehr guter • barrierefrei
Tageslichtversorgung, sieben Heliostaten mit zusätzlichen Lichtlenkelementen (»Lightwall«, »Mobile«) • Wettbewerb
Raumluft: Büros mit maschineller Zuluft (vollklimatisiert), Abluft über Atrium; Fenster individuell öffenbar; • emissionsarme bzw. -freie Baustoffwahl
CO2-Sensoren Raumklima: seit Neubezug 5 % geringerer Krankenstand • Regen- / Grauwassernutzung
Gebäudesubstanz Gebäudestruktur / Ausbau: Skellettbau; alle Geschosse mit unterschiedlichen, z. T. flexiblen Grundrissen
Baukosten Investitionskosten: Abwägung von Investitions- und Betriebskosten (Lebenszykluskostenbetrachtung)
Betriebs- und Betrieb und Instandhaltung: Reduktion der Energiekosten um 42 % (im Vergleich zum amerikanischen Stan-
Unterhaltskosten dard); pflegeleichte Bodenbeläge in den Verkehrszonen
Baustoffe Rohstoffe / Verfügbarkeit: Minimierung der Transportdistanz (50 % innerhalb 800 km-Radius); zertifiziertes
Holz Umweltbelastung: Baustoffe mit erhöhtem Recyclinganteil Schadstoffe: zertifizierte Baustoffe (Label)
Betriebsenergie Gebäudeheizung: solare Gewinne aus Doppelfassade, Klimapuffer Gebäudekühlung: Atriumdach mit Pris-
men-Sonnenschutzsystem; innen liegender Sonnenschutz in den Büros; Nachtauskühlung; Kühldecken;
dezentrale Absorptionskühlgeräte Luftförderung: Minimierung von Ventilatoren durch thermischen Auftrieb
im Atrium Beleuchtung: hohe Tageslichtautonomie; Tageslichtsensoren; Spiegelrasterleuchten (Büros),
Halogenmetalldampfleuchten (Atrium) Energiebedarfsdeckung: Strombedarfsdeckung durch »Öko-Strom«
Infrastruktur Abfälle aus Betrieb und Nutzung: Recycling von 90 % der Bauabfälle Wasser: Reduktion des Wasserver-
brauchs um 32 %; wasserlose Urinale; Regenwassernutzung (Bewässerung, Vegetation, Kühlwasser)
Prozessqualität Nachhaltiges Bauen: höchste Zertifizierung nach US Green Building Council (»LEED Platinum«) • Simulationsverfahren
Integrale Planung: seit Wettbewerb Analysen: Tageslicht, thermisch-dynamische Simulation • Monitoring
1
bezogen auf mindestens 75 % der Bürogeschossfläche; 2 Angaben entsprechen 140 000 000 US-Dollar brutto, einschließlich Innenausstattung

248
Konferenz- und Ausstellungsgebäude

Konferenz- und Ausstellungsgebäude

Osnabrück, D 2001

Architekten:
Herzog + Partner, München
Thomas Herzog + Hanns Jörg Schrade
Mitarbeiter:
Stefan Sinning, Kirsten Braun, Patrick Bröll,
Peter Gotsch, Matthias Lettau, Sybille Fries
Gebäudetechnik:
NEK Ingenieurgruppe, Braunschweig
Energietechnik:
ZAE Bayern, Garching

a
Für das Konferenz- und Ausstellungsgebäude
der Deutschen Bundesstiftung Umwelt waren
neben optimaler Tageslichtnutzung ein nach-
haltiges und Ressourcen schonendes Energie-
konzept, flexible Nutzbarkeit und die Verwen-
dung naturnaher Materialien entwurfsbestim-
mende Kriterien. Den Mittelpunkt des als Holz-
skelett konstruierten Gebäudes bildet der
6,50 m hohe Konferenzraum, an den sich ein
Bürotrakt sowie Verkehrs- und Ausstellungs-
flächen anschließen. Ein dreigeschossiger,
aussteifender Stahlbetonkern, auf dem eine
Photovoltaikanlage und Vakuumröhrenkollek-
toren installiert sind, enthält die sanitären und Grundrisse
technischen Einrichtungen. a Maßstab 1:1000
Das transparente, durchlüftete Membrandach
bildet den äußeren Wetterschutz. Die einlagige,
vorgespannte ETFE-Folie ist vollständig wie-
derverwendbar und durch ihre antiadhäsiven
Eigenschaften selbstreinigend. Jedes Dachfeld
kann durch den mehrlagigen Aufbau den kli-
matischen Anforderungen an die darunterlie-
gende Raumnutzung angepasst werden. Wäh-
rend über Bürobereich und Lager die innen
liegende Schicht aus einer stark gedämmten
opaken Ebene besteht, ist der Aufbau über
Konferenz- und Ausstellungsräumen translu-
zent. Durch die Ausleuchtung mit Zenitlicht
wird eine erheblich höhere Leuchtdichte im
Vergleich zu Seitenlicht erzielt. Sonnenschutz,
Verdunklung und Tageslichtsteuerung erfol-
gen über lenkbare Lamellen, die zwischen
Membran und Verglasung angeordnet sind.
Der Dachaufbau trägt nicht nur wesentlich zur
Einsparung elektrischer Beleuchtungsenergie
bei, sondern ermöglicht auch einen hohen pas-
siven Wärmeeintrag. Trotzdem entsteht im
Sommer aufgrund effektiver Verschattungs-
möglichkeiten kein großer Kühlenergiebedarf.
Im Winter versorgt ein Blockheizkraftwerk den
Neubau und das bestehende Verwaltungsge-
bäude mit Heizenergie. Im Sommer senkt eine
mit der Fußbodenheizung kombinierte Grund-
wasserkühlung die Raumtemperaturen. Ein
Wärmetauscher kühlt die über die Lüftungs-
anlage einströmende Außenluft bzw. erwärmt
sie in der Heizperiode.

º Archicreation 06 / 2003
Rassegna 12 / 2006

249
Beispiel 18

Schnitt Maßstab 1:750


A Schema Lüftung
B Schema Grundwasserkühlung
Vertikalschnitte Maßstab 1:20

1 ETFE-Folie einlagig, vierseitig vorgespannt


2 Stahlrohr verzinkt ¡ 120/80 mm
3 Lamellen Aluminium drehbar für Sonnenschutz /
Tageslichtsteuerung / Verdunkelung
4 Abdeckblech zur Abdunkelung
5 Dreifach-Isolierverglasung
ESG 6 mm Low-E-beschichtet + SZR 12 mm
Argonfüllung + Float 5 mm + SZR 12 mm Argon-
füllung + VSG 10 mm Low-E-beschichtet
6 Wärmedämmung weiß kaschiert 160 mm
Furnierschichtholzplatte 39 mm
7 Fliegenschutzgitter Textilglasgewebe weiß
8 Zweifach-Isolierverglasung ESG 10 mm +
SZR 16 mm Argonfüllung + ESG 6 mm
Low-E-Beschichtung
9 Sonnenschutz feststehend Aluminiumblech
gekantet 3 mm an Edelstahlseil Ø 8 mm 8

aa

26 °C

16 °C
B

250
Konferenz- und Ausstellungsgebäude

4 6
3

Lüftung Teil des großen Volumens muss konditioniert werden. Die die direkte Sonneneinstrahlung auf die Fassade und vor
Neben der individuellen Lüftung über Fenster gibt es für Anlage dient im Brandfall zur Entrauchung. Die Zuluftrate allem das Dach. Durch effektive Verschattungsmöglich-
die Büros, Konferenz- und Ausstellungsräume eine entspricht der hygienisch notwendigen Frischluftmenge, keiten entsteht im Sommer kaum Bedarf an Kühlenergie.
mechanische Lüftungsanlage. Ein Wärmetauscher senkt die Zuluft wird zentral gefiltert. Umluftbetrieb und Be- und Eine Grundwasserkühlung erbringt die nötige Kühlleis-
mithilfe der Grundwasserkühlung auch an heißen Tagen Entfeuchtung erfolgen nicht. Technischer Aufwand und tung: Wasser wird durch Schläuche im oberflächennahen
die zugeführte Außenluft auf ca. 23 °C ab. Über lange Zeit Energiebedarf sind dadurch gering, allerdings entspricht Grundwasser unterhalb der Sohlplatte gepumpt und über
des Jahres ermöglicht ein kombinierter Zu- und Abluftka- so die relative Luftfeuchte im Innern derjenigen der die Rohrleitungen der Fußbodenheizung im Gebäude ver-
nal eine Wärmerückgewinnungsrate von über 80 %. In die Außenluft – im Winter ist sie sehr niedrig, im Sommer rela- teilt. Wassertemperaturen um 20 °C kühlen die Raumluft-
Konferenz- und Ausstellungsräume wird die Zuluft mit tiv hoch. temperatur auf ca. 26 °C ab. Bei der nächtlichen Wärme-
geringer Geschwindigkeit von unten eingeblasen. Über abfuhr müssen im Vergleich zu einer Luftkühlung wesent-
dem Boden befindet sich so immer frische, im Sommer Heizung und Kühlung lich geringere Volumenströme bewegt werden, auch in
auch relativ kühle Luft. Verbrauchte, erwärmte Luft steigt Ein Blockheizkraftwerk beheizt Neubau und bestehendes längeren Hitzeperioden können die Raumtemperaturen
auf und wird unter der Decke abgesaugt – nur der untere Verwaltungsgebäude; erhebliche Wärmegewinne bringt relativ niedrig gehalten werden.

Thema Qualitative Merkmale Kennwert / Indikator


Standortqualität Energieangebot: Versorgungsstruktur der Bestandsgebäude der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU); • Globalstrahlung: 960 kWh / m2a
oberflächennahes Grundwasser Integration / Durchmischung: Veranstaltungen für unterschiedliche Bevölke- • Dichte: 1364 EW / km2
rungsgruppen Solidarität / Gerechtigkeit: Veranstaltungen zu Umweltgerechtigkeit Nutzung: Standortwahl • Entfernung ÖPNV: 200 m (Bus); 900 m
ergänzt den DBU-Gebäudebestand; Nähe zu städtischem Park Mobilität: gute Verkehrs- und ÖPNV-Anbin- (Regionalbahn)
dung; fußläufig durch Park erschlossen Lärm / Erschütterung: Orientierung der Haupträume zu Freiflächen
Objektqualität
Erschließung / Verkehr: Areal öffentlich zugänglich; Pkw-Stellplätze an einer Einfallstraße; gut sichtbarer Eingangsbereich • Fahrradabstellplätze: ca. 25 m2
Kommunikation Soziale Kontakte: kommunikationsfördernde Erschließungs-, Versammlungs- und Ausstellungsflächen; defi- • GFZvorh.: 0,4
nierter Übergang zu Büronutzung; Terrasse mit direktem Zugang zum Park, der als Ruhebereich mitgenutzt • BGF Neubau: 3000 m2
werden kann Zugänglichkeit und Nutzbarkeit: barrierefreie Gestaltung aller Innen- und Außenräume • unversiegelte Fläche: ca. 40 %Grundstück
Grundstück Grundstücksfläche: kompakte Bauweise, Verdichtung im Areal der DBU Freifläche: differenzierte Grünflä- • Lüftung: maschinell 100 %NF
chen für hohe Artenvielfalt; Wasserbecken zur Mikroklimaregelung; wasserdurchlässige Pkw-Stellplätze • U-Werte Gebäudehülle: [W / m2K]
Dach 0,20; Außenwand (Holzständerbau)
Gestaltung Baukultur: markantes »Leuchtturmprojekt« für ökolog. und energieeffizientes Bauen; Holzbau durch farbige
0,23; Außenwand (Beton) 0,20; Boden 0,25
Holzlasur herausgestellt; Innovation Dach weithin sichtbar; Eingliederung des Baukörpers in die Landschaft
U-Werte dynamisch berechnet:
Wohlbefinden / Schall: guter Schallschutz Licht: hoher Tageslichtanteil, Beleuchtung über transluzente Dach-Verglasung, Pfosten-Riegel-Fassade : N 0,53, O / W 0,11,
Gesundheit hohe und gleichmäßige Leuchtdichteverteilung Raumluft: maschinelle, bedarfsgesteuerte Lüftungsanlage S 0,34; opakes Membrandach 0,25
Raumklima: außen liegender, tageslichtgesteuerter Sonnenschutz, mechanische Nachtlüftung • Baukosten KG 300 – 400: 6 750 000 ™
Gebäudesubstanz Bausubstanz: dauerhafte Holzskelettkonstruktion; konstruktiver Holzschutz Gebäudestruktur / Ausbau: nut- • Baukosten: 2250 ™ / m2BGF
zungsflexible Raumanordnung innerhalb der Skelettkonstruktion, Umnutzbarkeit und Teilrückbau möglich • Heizwärmebedarf: 29 kWh / m2a
Baukosten Investitionskosten: nutzungsübliche Investitionskosten • Kühlenergiebedarf: 8 kWh / m2a
Betriebs- und Betrieb und Instandhaltung: Kostenreduktion in Betrieb und Instandhaltung durch effiziente Gebäudetechnik • Strombedarf: 18 kWh / m2a
Unterhaltskosten Instandsetzung: bewusste Umsetzung bekannter und innovativer Elemente mit einfacher Austauschbarkeit • solaraktive Flächen: Solarthermie ca. 5 m2,
PV ca. 38 m2
Baustoffe Rohstoffe / Verfügbarkeit: hoher Anteil an ern. Rohstoffen mit naturnaher Verwendung Umweltbelastung: Holz-
baustoffe mit CO2-Bindung Rückbau: Rückbaufähigkeit durch Modulbauweise; Verzicht auf Verbundwerkstoffe
• barrierefrei
Betriebsenergie Gebäudeheizung: minimierte Transmissionswärmeverluste, thermische Zonierung, Blower-Door-Test; Wär- • Wettbewerb
meerzeugung mit KWK (Gas); Wärmeübergabe durch Zuluft- und Fussbodenheizung; Abluftanlage mit • Regen- / Grauwassernutzung
WRG Gebäudekühlung: energieeintragsgesteuerter Sonnenschutz; mech. Nachtlüftung; Sohlplattenaktivie-
rung zur Grundwasserkühlung Warmwasserbereitung: solarthermisch unterstützte Warmwasserbereitung
Luftförderung: minimierter Luftwechsel Beleuchtung: Sonnenschutz zur Sicherstellung eines bedarfsgerechten
Tageslichtangebots Energiebedarfsdeckung: Grundwasser; BHKW fossil (Gas); Photovoltaik; Solarthermie
Infrastruktur Abfälle aus Betrieb und Nutzung: Sammlung in funktional gelegener Abfallbucht, Standard- und Sonderfrak-
tionen (z. B. Toner, Batterien, Paletten) Wasser: Mulden-Rigolen-System zur Niederschlagsversickerung
Prozessqualität Nachhaltiges Bauen: Programmatik der DBU; Unterschreitung von Energiebenchmarks Bautradition: Fortent- • nachhaltigkeitsorientierte Benchmarks
wicklung des Holzbaus Integrale Planung: interdisziplinäres Planungsteam Analysen: dynamische Simulati- • Simulationsverfahren
on (z. B. Heizwärme, Kühllast, Behaglichkeit); Heiztechniksystemvergleich; Dachstudie am 1:7 Modell Moni- • Monitoring
toring: Heizwärme- sowie Luftqualitätsmonitoring (z. B. CO2) Facility Management: Betreibermanagement • FM-Konzept

251
Beispiel 19

Wohn- und Büroanlage

London, GB 2002

Architekten:
Bill Dunster architects, ZEDfactory, Surrey
Tragwerksplanung:
Ellis & Moore, London
Energiekonzept:
Ove Arup & Partners, London

aa

»BedZED«, Beddington Zero Energy Develop-


ment, befindet sich im südlichen Stadtbezirk
Londons und gilt mit 82 Wohnungen und Büros
als erste Nullenergiesiedlung Großbritanniens.
Auf der brachliegenden Fläche eines ehema-
ligen Klärwerks entstanden acht Gebäude,
deren Lage, Form und Nutzung auf die äußeren
klimatischen Bedingungen abgestimmt sind.
Das Grundmodul bildet ein dreigeschossiges
Reihenhaus, das sich auf der Nordwestseite
nach oben hin verjüngt und je nach Bedarf in
unterschiedlich große Wohneinheiten gesplittet
werden kann. Die Organisation im Inneren glie-
dert sich in drei Zonen: im Südosten vorgela-
gerte Wintergärten, die als thermischer Puffer
fungieren, daran anschließende Wohnräume
sowie Büroflächen und Sondernutzungen im
Nordwesten. Die Materialien der in Massivbau-
weise ausgeführten Baukörper wurden über-
wiegend aus der näheren Umgebung bezogen;
natürlich nachwachsende Rohstoffe wie Holz
und Naturstein fanden bevorzugt Verwendung.
Die optimale Ausnutzung der Sonne als Licht-
und Wärmequelle wird durch die vollständig
verglaste Südfassade gewährleistet. Eine Drei-
fachverglasung und Außenwände mit einem
U-Wert von 0,1 W / m2 K sorgen für eine gute
Dämmung, ein natürliches Ventilationssystem
mit Wärmerückgewinnung sichert einen ständi-
gen Luftaustausch. Über 700 m2 Photovoltaik
versorgen die Siedlung zu 11 % mit Strom. Der
Restenergiebedarf wird durch ein Blockheiz-
kraftwerk gedeckt, das Holzabfälle aus der 4 4
Umgebung verbrennt. Es sichert gleichzeitig
die Warmwasserversorgung. Das Abwasser
wird in einer eigenen Pflanzenkläranlage mikro-
biologisch aufbereitet und für die Toilettenspü-
lungen sowie zur Bewässerung der Außenan-
lagen verwendet. Gegenüber herkömmlichen a a
Wohnbauten konnte der Energiebedarf um
60 % gesenkt werden. Um das umweltschonen- 1 4
de Grundkonzept konsequent weiterzuführen, b b
wurde eine eigene kleine Infrastruktur geschaf- 3
fen: Ein Kindergarten, Clubräume, ein Sport- c c
zentrum, Cafès und Car-Sharing ersparen 2
unnötig weite Wege.

º Architectural Review 11 / 2003


A+U 8 / 2004

252
Wohn- und Büroanlage

7
6

Schnitt Gesamtanlage
Maßstab 1:500 bb
Grundriss Erdgeschoss
Maßstab 1:1000
Schnitte Reihenhaus
Maßstab 1:200

1 Kindergarten
2 Sportzentrum
3 Cafè
4 Büro

5 Dachaufbau:
extensive Begrünung
Substrat
Drainage- und Filtermatte
Abdichtung Elastomerbitumen
Wärmedämmung Hartschaum 300 mm
Dampfsperre Elastomerbitumen
Betonfertigteil 225 mm
Anstrich
6 Wandaufbau:
Blendmauerwerk 102 mm
Wärmedämmung Steinwolle 300 mm
Betonwerkstein 100 mm
Innenputz 15 mm
7 Bodenaufbau:
Bodenbelag, Estrich 60 mm
Bodenplatte Stahlbeton 200 mm cc
Wärmedämmung Hartschaum 300 mm

253
Beispiel 19

1 4

B
Energieschema
A Technik Elektroautos
B Lüftung / Kühlung 3 natürliche Ventilation mit
1 Sammelstelle Regenwasser Wäremrückgewinnung
2 Photovoltaikelemente für 4 Blockheizkraftwerk

Thema Qualitative Merkmale Kennwert / Indikator


Standortqualität Grundversorgung / Nutzungsmischung: 82 Wohnungen, 2400 m2 Gewerbe, Kindergarten, Clubraum, Sport- • Globalstrahlung: ca. 800 kWh / m2a
zentrum, Café, Supermarkt Integration / Durchmischung: vielfältiges Wohnungsangebot: Stadthäuser, Maiso- • Dichte: 787 EW / ha (Metropolregion;
nett-, 1- und 2- Zimmerwohnungen; anmietbare Flächen für Kleinunternehmen Solidarität / Gerechtigkeit: London / Stadt 4784 EW / ha)
23 Wohnungen staatlich teilfinanziert, 10 Wohnungen mit vergünstigten Mieten, 15 Sozialwohnungen • Entfernung ÖPNV: 100 m
Nutzung: standortkonform; gute Anbindung an städtische Nutzungen Mobilität: umfassendes Mobilitäts-
konzept: Reduktion der Personenkilometer um 65 %, Car-Sharing-Pool, Stromtankstelle für 40 Elektroautos
Objektqualität
Erschließung / Verkehr: Konzentration der Stellplätze, autofreie Erschließung über Wohnwege Soziale Kontakte: hohe Qua- • Fahrradabstellplätze: 115 m2
Kommunikation lität der Außen- und Erschließungszonen, viele Gemeinschaftsbereiche und Treffpunkte, differenzierte Aus- • GFZvorh.: 0,6
bildung halböffentlicher und privater Bereiche, gemeinsame Homepage aller BedZED-Bewohner • BGF Neubau: 10 388 m2
Grundstück Grundstücksfläche: Flächenrecycling ehemaliges Klärwerk Freifläche: private Gärten, Dachbegrünung • Dachbegrünung: ca. 20 %überbaute Fläche
• Lüftung: natürlich 100 %NF
Gestaltung Baukultur: größte CO2-neutrale Wohnsiedlung in GB; signifikante Lüftungskamine Personalisierung: Vor-,
• U-Werte Gebäudehülle1 [W / m2K]:
Winter- und Dachgärten bieten individuelle Gestaltungsspielräume; hohe Identifikation der Bewohner
D: 0,10 / A: 0,11 / F: 1,20 / B: 0,10
Wohlbefinden / Sicherheit: gute Übersichtlichkeit; soziale Kontrolle Licht: Tageslichtoptimierung, Gewerbe mit Nordlicht • projekt. wirtschaftl. Nutzungsdauer: 120 a
Gesundheit Raumluft: maschinelle Zu- und Abluft Raumklima: hoher baulicher Wärmeschutz, offene Speichermassen • Baukosten KG 300 – 400: 10 200 000 ™
Gebäudesubstanz Bausubstanz: Auswahl von alterungsfähigen und dauerhaften Materialien (z. B. Klinker, unbehandelte • Baukosten: 1620 ™ / m2BGF
Eichenschalung) Gebäudestruktur / Ausbau: flexible Grundrisse und Wohnungsgrößen möglich • Anteil Sekundärrohstoffe: 15 Vol.-%
Betriebs- und Betrieb und Instandhaltung: Minimierung der Anlagentechnik, sehr geringe Betriebs-, Unterhalts- und Ener- • Deckungsrate ern. Energien: 100 %
Unterhaltskosten giekosten Instandsetzung: Haustechnik gut zugänglich; reparaturfreundliche Materialien • solaraktive Flächen: PV 777 m2
Baustoffe Rohstoffe / Verfügbarkeit: hoher Anteil an Recyclingbaustoffen und wiederverwendeten Bauteilen; überwie-
gend regional verfügbare Baustoffe (52 % innerhalb 55 km-Radius); zertifiziertes Holz Umweltbelastung: • emissionsarme bzw. -freie Baustoffwahl
Verzicht auf Unterkellerung; Reduktion der CO2-Emissionen auf 675 kg / m2 (< 20 – 30 % gegenüber Ver- • Baustoffkataster
gleichsbauten) Schadstoffe: Einzelprüfung aller Baustoffe Rückbau: keine Verbundbaustoffe • Raumluftmessung
• Regen- / Grauwassernutzung
Betriebsenergie Gebäudeheizung: Ausrichtung; thermische Zonierung; Wintergarten; geschosshohe Südverglasung; hoher
baulicher Wärmeschutz; Dreifachverglasung; keine konventionelle Heizanlage (Zulufterwärmung); Abluftan-
lage mit WRG Gebäudekühlung: Ost-West-Fassaden überwiegend geschlossen; Nachtauskühlung Luftför-
derung: Windfänger erzeugen Überdruck, keine Ventilatoren Beleuchtung: gute Tageslichtversorgung Ener-
giebedarfsdeckung: BHKW nutzt Holzabfälle der Kommunalverwaltung; 11 % Strombedarfsdeckung aus PV
Infrastruktur Abfälle aus Betrieb und Nutzung: Zielvorgabe – Reduktion der Haushaltsabfälle um 60 %; zentrale
Recyclingstation Wasser: Grauwassernutzung für Toilettenspülung und Dachgärten; Reduktion des
Trinkwasserverbrauchs um 50 % durch wassersparende Armaturen und WCs, Pflanzenkläranlage
Prozessqualität Nachhaltiges Bauen: Passivhausstandard; Reduktionsziele: Personenkilometer 50 %, Heizung 90 %, Warm- • nachhaltigkeitsorientierte Benchmarks
wasser 33 %, Elektrizität 33 %, Wasserverbrauch 33 % Integrale Planung: interdisziplinäre Planung zwischen • Simulationsverfahren
Architekt, Ingenieur, örtlicher Umweltorganisation und Wohnungsbaugesellschaft Analysen: umfangreiche • Monitoring
Simulationen Monitoring: fünfjähriges Monitoringkonzept, ausführliche Projektdokumentation
1
D: Dach (im Mittel) / A: Außenwände (im Mittel) / F: Fenster / B: Boden gegen Erdreich

254
Umweltbundesamt

Umweltbundesamt

Dessau, D 2005

Architekten:
sauerbruch hutton, Berlin
Matthias Sauerbruch, Louisa Hutton,
Jens Ludloff, Juan Lucas Young
Projektleiter:
Andrew Kiel, René Lotz
Tragwerksplanung:
Krebs und Kiefer, Berlin
Energiekonzept:
Zibell, Willner & Prtner, Köln / Berlin

Als Modellprojekt für innovatives Bauen schlän- Schnitte • Grundriss Erdgeschoss


gelt sich das 460 m lange Gebäude des 3. Obergeschoss
Maßstab 1:2000
Umweltbundesamts in Dessau, kurz UBA
genannt, demonstrativ dynamisch und farben-
froh auf dem innenstadtnahen Gelände des
ehemaligen Wörlitzer Bahnhofs. In seiner Groß-
maßstäblichkeit und Kontinuität setzt der zwei-
aa
hüftige Verwaltungsbau einen klaren Akzent
innerhalb der heterogenen, kleinteiligen Umge-
bung. Mit seinen Windungen reagiert der Bau,
der auf vier Geschossen rund 800 Arbeitsplät-
ze beherbergt, auf die verschiedenen städti-
schen Situationen und erzeugt differenzierte
Raumqualitäten im Außen- und Innenbereich.
bb
Ein halbrundes Forum öffnet sich mit einer
Glasfassade zur Umgebung. Hier finden öffent-
liche Veranstaltungen und Ausstellungen statt.
Daran schließt ein begrünter Innenhof an, über-
spannt von einem vollverglasten Dachtragwerk
mit integriertem Sonnenschutz. Die Außenfas-
sade unterstreicht in Material und Farbgestal-
tung das Konzept des langen Bandes: 33 Far-
ben aus sieben Farbfamilien gliedern in chro-
matischer Abstufung das Gebäude. Durchlau-
fende, vorgefertigte Brüstungselemente mit
Lärchenholzschalung alternieren mit zurück-
gesetzten Fenstern und bündigen, farbig
bedruckten Glasflächen. Die Fensterlaibungen
sind mit pulverbeschichteten Stahlblechen
bzw. mit lackierten Aluminiumlamellen verklei-
det. Über motorisch gesteuerte Klappen hinter
opakem Glas erfolgt die Nachtlüftung der Büro-
räume. Atrium und Forum dienen neben der
Belichtung innen liegender Büroräume der
Optimierung des Energie- und Klimahaushalts:
b

Das gesamte Gebäude wird über die Dache-


bene des zentralen Falttragwerks entlüftet, der a
Innenhof fungiert als thermische Pufferzone. b
Durch hoch wärmegedämmte Außenwände, ?
Photovoltaikanlagen zur Stromerzeugung und
einen großen Erdwärmetauscher erreicht der
Verwaltungsbau fast den Energiestandard
eines Passivhauses. Den Anspruch, umweltge-
rechtes Bauen mit zeitgemäßer Gestaltung zu
verbinden, erfüllt das Umweltbundesamt damit
gleichermaßen.
a
º Architecutral Review 02 / 1999
Intelligente Architektur 18, 1999

255
Beispiel 20

c c

1 Abdeckblech Kupfer verzinnt 0,8 mm Lärchenfurnier lasiert 340/25 mm


Dichtung Bitumenbahn zweilagig 10 ESG farbig emailliert 10 mm in
Dämmung Mineralfaser 72 mm Aluminiumprofil fi 20 mm
Dampfsperre Hinterlüftung 52 mm
Stahlbeton 200/650 mm 11 Lüftungslamellen
2 Lärchenholz 20/150 mm Aluminium lackiert
Holzunterkonstruktion 40/40 mm 12 Lüftungsklappe motorisch
Hinterlüftung 40 mm gesteuert:
9
3 Paneel: Gipsfaserplatte 15 mm Sperrholz beschichtet 14 mm
Rahmen BSH 100/160 mm Dampfsperre
Zellulosefaser 160 mm Zellulose 70 mm
Holzzementfaserplatte 29 mm Sperrholz Lärche furniert 14 mm
4 Kantblech Kupfer verzinnt 1 mm 13 Gipsfaserplatte 2≈ 12,5 mm
5 Blendschutzlamellen 25 mm Dämmung Zelluloseplatte 90 mm 10
6 Isolierverglasung in Holzrahmen Federschiene 27 mm
Lärche lasiert, U = 0,8 W/m2K Holzunterkonstruktion 63 mm,
ESG 4 + SZR 16 + ESG 4 mm 14 Auflager Edelstahl L 240/500/20 mm 11 12
7 Stahlblech pulverbeschichtet 1,5 mm 15 Verkleidung Holzwerkstoffplatte
8 Vorsatzscheibe ESG 8 mm Lärchenfurnier lasiert 23 mm
9 Fensterlaibung Holzwerkstoffplatte, Dämmung Zelluloseplatte 40 mm

9
13

6 15

8 12
7 11

14

10 3
4
cc

256
Umweltbundesamt

Schnitte Außenfassade
Maßstab 1:20
Raumluftschema
A Sommetag
B Wintertag

Thema Qualitative Merkmale Kennwert / Indikator


Standortqualität Energieangebot: Fernwärme KWK (z. T. Deponiegas) Grundversorgung / Nutzungsmischung: öffentliche Ein- • Globalstrahlung: 1000 kWh / m2a
richtungen, z. B. Informationszentrum, Bibliothek, Hörsaal, Cafeteria Nutzung: Standortwahl als Zeichen für • Dichte: 423 EW / ha
den Strukturwandel der Region; Revitalisierung innerstädtischer Flächen Mobilität: ÖPNV-Anreizsystem für • Entfernung ÖPNV: 100 m (Bus); 350 m
Beschäftigte Lärm / Erschütterung: Verbundfenster; maschinelle Lüftung schallexponierter Büros (Regional- und Fernbahn)
Objektqualität
Erschließung / Verkehr: Anbindung des Haupteingangs zum Park; rückseitige Besucherstellplätze mit Zufahrt zur Tiefgara- • Fahrradabstellplätze: 120 m2
Kommunikation ge; Forum dient als Foyer Soziale Kontakte: öffentlich zugänglicher Park; Atrium bildet internen Kommunikati- • GFZvorh.: 1,5
onsraum – gute Vernetzung der Nutzungsbereiche durch Brücken; prägnantes Gebäudeleitsystem • BGF Bestand: 522 m2
Grundstück Grundstücksfläche: Flächenrecycling – Austausch kontaminierter Böden; Bestandsnutzung Freifläche: • BGF Neubau: 39 265 m2
heimische Kulturpflanzen in Kombination mit exotischen Gehölzen; Wasserflächen; hohe Artenvielfalt • unversiegelte Fläche: 40 %Grundstück
• Dachbegrünung: 30 %überbaute Fläche
Gestaltung Baukultur: Außenraumgestaltung markiert ehemaligen Eingang zum Wörlitzer Gartenreich; Integration denk-
• Lüftung: nat. 10 %NF , masch. 90 %NF
malgeschützter Industriebauten; hohe Gestaltqualität und räumliche Identität; Gebäudeform erzeugt vielfäl-
• U-Werte Gebäudehülle1 [W / m2K]:
tige Raumqualitäten; prägnantes Farbkonzept Personalisierung: hohe Identifikation der Mitarbeiter
H'T: 0,49 / D: 0,13 / A: 0,23 / F: 1,2 / B: 0,35
Wohlbefinden / Sicherheit: Rezeption; Sicherheitskontrolle Licht: tageslichtoptimierte Fensterflächenanteile; Tageslichtlen- • Betriebsstunden über 26 °C / a: 200 h
Gesundheit kung; reflektierende Oberflächen im Atrium Raumluft: Erdkanal; Fensterlüftung aller Büroräume möglich • Baukosten KG 300 – 400: 56 500 000 ™
Raumklima: außen liegender Sonnenschutz; Nachtlüftung; offene Speichermassen; z. T. Lehmtrennwände • Verhältnis KG 300 / 400: ca. 68 / 32
Gebäudesubstanz Bausubstanz: Materialwahl unter Berücksichtigung hoher Dauerhaftigkeit Gebäudestruktur / Ausbau: flexible • Baukosten: 1420 ™ / m2BGF
Grundrisszonierung der Fachbereiche möglich, z. T. Doppelböden, Trennung von Rohbau und Ausbau • Heizwärmebedarf: 38,5 kWh / m2a
Betriebs- und Betrieb und Instandhaltung: niedrige Energiekosten; planungsbegleitende Variantenuntersuchung von • Primärenergiebedarf gesamt:
Unterhaltskosten Investitions- und Betriebskosten Instandsetzung: Auswahl wartungsarmer Materialien und Oberflächen 76,6 kWh / m2a
Baustoffe Rohstoffe / Verfügbarkeit: Holzelementfassade; Zellulosedämmung Umweltbelastung: Berücksichtigung von • Deckungsrate ern. Energien2: 11 %
Ökobilanzdaten; hoher Vorfertigungsgrad der Fassade und Dachkonstruktion Schadstoffe: Vermeidung • solaraktive Flächen: Solarthermie 354 m2,
von Risikostoffen; planungsbegleitende Einzelprüfung aller Baustoffe; sehr hohe Raumhygiene PV 228 m2
Betriebsenergie Gebäudeheizung: kompakter Baukörper (A / V-Verhältnis 0,34); Unterschreitung H'Tmax 53 %; Atrium als Kli-
• barrierefrei
mapuffer; Abluftanlage mit WRG Gebäudekühlung: effektiver Sonnenschutz; Nachtauskühlung; hohe Spei-
• Wettbewerb
cherkapazität; solargestützte Adsorptions- (EDV-Räume) bzw. Kompressionskältemaschine (Hörsaal)
• emissionsarme bzw. -freie Baustoffwahl
Warmwasserbereitung: dezentral (Teeküchen, Putzräume) Beleuchtung: Tageslichtsensoren; Präsenzmel-
• Baustoffkataster
der Sonst. elektr. Verbraucher: effiziente Geräte und Anlagen Energiebedarfsdeckung: Vakuumröhrenkollek-
• Raumluftmessung
toren; dachintegrierte PV (Forum); Erdkanal mit 86 000 kWh / a Wärme- bzw. 125 000 kWh / a Kälteleistung
Infrastruktur Abfälle aus Betrieb und Nutzung: Wertstoffsammelstelle Wasser: Gründach; Zisterne; Rigolen
Prozessqualität Nachhaltiges Bauen: Modellprojekt; vorbildliche Wettbewerbsvorgaben: Unterschreitung WSVO 1995 um • nachhaltigkeitsorientierte Benchmarks
50 %, Heizwärmebedarf < 30 kWh / m2a, ökologische Baustoffwahl Integrale Planung: interdisziplinäres • Simulationsverfahren
Expertenteam während der gesamten Planungsphase Analysen: Strömungs-, Tageslicht- und thermisch- • Monitoring
dynamische Simulation; Ökobilanzierung Monitoring: drei Jahre, Teilnahme »SolarBau: MONITOR«
1
H'T: mittlerer U-Wert / D: Dach (im Mittel) / A: Außenwände (im Mittel) / F: Fenster (Außenfassade) / B: Boden gegen Erdreich
2
In den ersten fünf Jahren beträgt die Deckungsrate erneuerbarer Energien 20 %, aufgrund der »Ausgasung« der Deponie reduziert sich der Anteil ab dem sechsten Jahr auf 11 %.

257
Glossar: Kennwerte

Größe Einheit weitere Einheiten Beziehung zwischen den Einheiten


Kennwerte
Energie Joule [J] Wattsekunde [Ws] 1 J = 1 Ws
Kilowattstunde [kWh] 1 J = 2,778 • 10-7 kWh
Kalorie [cal] 1 J = 0,239 cal
Steinkohleeinheit [SKE] 1 J = 3,412 • 10-7 SKE
Druck Pascal [Pa] Bar [bar] 1 Pa = 10-5 bar
Atmosphäre [atm] 1 Pa = 9,87 • 10-6 atm
Volumen [cm3] Liter [l] 1000 cm3 = 1 Liter
US-Barrel [US-bbl] 1 Liter = 0,00611 US-bbl
UK-Barrel [UK-bbl] 1 Liter = 0,008386 US-bbl
US-Gallone [US-gal] 1 Liter = 0,264 US-gal
UK-Gallone [UK-gal] 1 Liter = 0,220 UK-gal
Fläche [m2] Square inch [in2] 1 m2 = 1550 in2
Square foot [ft2] 1 m2 = 10,764 ft2
Hektar [ha] 1 m2 = 0,0001 ha
Temperatur Grad Celsius [° C] Kelvin [K] ° C = K - 273,15
Grad Fahrenheit [° F] ° C = (° F - 32) / 1,8

Übergeordnete Energiebegriffe Der Endenergiebedarf Qe ist dabei ein nach EnEV rech- Wärmedurchgangskoeffizient U (U-Wert) [W / m2K]
nerisch ermittelter Wert. Berücksichtigt werden Verluste Der U-Wert ist ein Maß für den Wärmestrom durch ein
Energieträger / Energiequelle bei Übergabe, Verteilung, Speicherung und Umwandlung Bauteil. Er gibt den Wärmestrom an, der bei einem Tem-
Der Begriff Energieträger umfasst im eigentlichen Sinn im Gebäude. Er wird für genormte Bedingungen (z. B. peraturunterschied von 1 K je Sekunde durch eine 1m2
Rohstoffe der Natur, die aufgrund ihrer gespeicherten, definiertes Nutzerverhalten, Innenraumtemperatur etc.) große Fläche des Bauteils von der einen zur anderen
chemisch oder nuklear umsetzbaren Energie zur Energie- ermittelt und getrennt nach verwendeten Energieträgern Seite fließt. Der U-Wert berücksichtigt dabei die Wärme-
gewinnung einsetzbar sind (Biomasse, fossile und nukle- angegeben. Sie wird an der Systemgrenze des betrach- leitfähigkeiten und Schichtdicken der Baustoffe sowie die
are Brennstoffe). Im Sprachgebrauch werden aber auch teten Gebäudes bestimmt. Wärmeübergangswiderstände zwischen Bauteil und Luft.
Energiequellen wie Solarenergie, Geothermie, Wind- oder Bei inhomogenen Bauteilen sind je nach Aufbau einzelne
Wasserkraft dazugerechnet, die physikalisch Träger ther- Endenergieverbrauch [kWh / a] U-Werte zu errechnen und diese flächenproportional zu
mischer, potenzieller oder kinetischer Energie sind. Der Endenergieverbrauch bezeichnet im Gegensatz zum mitteln. Je niedriger der U-Wert, desto geringer ist der
Endenergiebedarf Qe eine tatsächliche, am Gebäude Transmissionswärmeverlust.
Primärenergie [J] gemessene Energiemenge. Er berücksichtigt z. B. auch
Primärenergie ist die in den auf der Erde natürlich vor- das Nutzerverhalten und klimatische Schwankungen. Ug-Wert der Verglasung [W / m2K]
kommenden Energieträgern enthaltene Energie. Zu die- Physikalisch gesehen ist jedoch dieser Begriff nicht kor- Der Ug-Wert bezeichnet als spezifischer U-Wert den Wär-
sen Energieträgern gehören die fossilen Brennstoffe wie rekt. Nach dem Energieerhaltungssatz kann Energie in mestrom durch eine Verglasung (g = »glazing«). Dabei
Kohle, Erdöl, Erdgas oder Mineralien wie Uranerz und die einem geschlossenen System nicht verbraucht, sondern werden Anzahl der Scheiben, Art und Anzahl der Glasbe-
regenerativen Energieträger wie Sonne, Wind, Wasser, nur in eine andere Energieform umgewandelt werden. schichtungen sowie die Füllung des Scheibenzwischen-
Biomasse und Geothermie. Durch Transformation von raums (z. B. Edelgas) berücksichtigt.
Primärenergie in die vom Verbraucher letztlich verwen- Nutzenergie [J]
dete Nutzenergie treten Verluste durch Umwandlungs- Die Nutzenergie ist die vom Endverbraucher letztendlich Uf-Wert des Fensterrahmens [W / m2K]
und Übertragungsprozesse auf. genutzte Energie. Dazu muss die Endenergie meist ver- Neben dem Ug-Wert steht als spezifischer U-Wert für
lustbehaftet umgewandelt werden. Formen der Nutzener- Fensterrahmen der Uf-Wert zur Verfügung (f = »frame«). In
Primärenergiefaktor fp [-] gie sind Wärme, Kälte, Licht, Bewegung oder Schall- der Regel sind die Wärmeschutzeigenschaften des Fens-
Der Primärenergiefaktor drückt das Verhältnis von einge- wellen. Die Nutzenergie definiert die Grundlage für die terrahmens schlechter als die der Verglasung. Durch die
setzter nicht erneuerbarer Primärenergie (inklusive der Berechnung des Primärenergiebedarfs nach EnEV. Wahl der Werkstoffe, der Materialstärken und die Qualität
bei Erzeugung, Verteilung und Speicherung entstehen- der Dichtungen kann der Uf-Wert verbessert werden.
den Verluste) zu abgegebener Endenergie aus. Typische Heizwärmebedarf QH [kWh / a]
Primärenergiefaktoren sind z. B. bei Heizöl und Erdgas Der Heizwärmebedarf ist die rechnerisch ermittelte Ener- UW-Wert von Fenstern [W / m2K]
1,1, bei Strom 2,7 oder bei Holz 0,2. Je niedriger der Pri- giemenge, die in der Heizperiode dem Gebäude zuge- Kennwert zur Beurteilung des Wärmedurchgangs durch
märenergiefaktor, desto effizienter ist die Energieerzeu- führt werden muss, um bei der geforderten Innenraum- ein Fenster ist der Uw-Wert (w = »window«). Er setzt sich
gung auf Basis der entsprechenden Primärenergieträger. temperatur die Wärmeverluste zu decken. Sie ergibt sich flächenproportional aus Ug- und Uf-Wert sowie den Ver-
aus den Transmissions- und Lüftungswärmeverlusten Qv lusten infolge des Randverbunds der Verglasung und der
Primärenergiebedarf Qp [kWh / a] abzüglich der solaren und internen Gewinne. Fensteranschlüsse zusammen.
Bei der Berechnung des Primärenergiebedarfs eines
Gebäudes nach EnEV wird zunächst der Endenergiebe- Energieausweis spezifischer Transmissionswärmeverlust HT [W / K]
darf ermittelt. Die Umwandlungsverluste finden durch den Nach EnEV 2007 besteht ab Juli 2008 in Deutschland Transmissionswärmeverluste entstehen infolge von Wär-
Primärenergiefaktor fp Berücksichtigung. Der Zusammen- die Pflicht für Hausbesitzer, neuen Mietern und Eigen- meleitung durch die Umschließungsflächen beheizter
hang zwischen Endenergiebedarf Qe, Primärenergiebe- tümern Energieausweise für ihr Bestandsgebäude vorzu- Räume (Dach, Außenwände, Fenster, Türen und Keller-
darf Qp und Primärenergiefaktor fp ist Qp = Qe • fp. legen. Der verbrauchsorientierte Ausweis bezieht sich auf decke) sowie aufgrund von Wärmebrücken. Dieser Wert
den gemessenen Energieverbrauch, der vom Verhalten beschreibt somit die energetische Qualität der thermi-
Sekundärenergie [J] des jeweiligen Nutzers und von Klimaschwankungen schen Hülle. Die Geometrie des Baukörpers und die U-
Sekundärenergie ist die nach der Umwandlung der Pri- abhängig ist. Der bedarfsorientierte Ausweis basiert auf Werte der Bauteile beeinflussen maßgeblich die Höhe der
märenergieträger in sogenannte Nutzenergieträger wie einem berechneten, theoretischen Energiebedarf, um Transmissionswärmeverluste.
Strom, Heizöl, Fernwärme oder Holzpellets verbleibende somit objektive und vergleichbare Aussagen zur Qualität
Energie. Sie bezieht sich auf den Entstehungsort des und Energieeffizienz von Gebäuden und ihrer Anlagen- Spezifischer Transmissionswärmeverlust H'T[W / m2K]
Nutzenergieträgers. technik machen zu können. Der Energieausweis bleibt – Die EnEV definiert mit H'T einen über alle Gebäudehüll-
außer bei vorgenommenen Sanierungen – zehn Jahre flächen gemittelten und auf 1 m2 Hüllfläche bezogenen
Endenergie [J] gültig. Wert für Transmissionswärmeverluste. In Abhängigkeit
Durch den Transport der Sekundärenergie zum Verbrau- von der Kubatur des Gebäudes wird dabei auch ein
cher entstehen Verluste. Die Endenergie bezeichnet die maximal zulässiger Wert ausgewiesen.
Energiemenge, die nach Abzug aller Umwandlungs- Dämmung und Dichtung
und Verteilungsverluste dem Endverbraucher am Ver- Lüftungswärmeverluste Qv [kWh / a]
brauchsort zur Verfügung steht, z. B. in Form von Strom, Wärmeleitfähigkeit λ [W / mK] Wird warme Raumluft gegen kältere Außenluft ausge-
Holzpellets, Heizöl oder Fernwärme. Die Endenergie ist Die Wärmeleitfähigkeit gibt als materialspezifischer Kenn- tauscht, entstehen Lüftungswärmeverluste. Dieser
zumeist die Basis für die Energiekostenabrechnung. wert die Wärmemenge an, die bei einer Temperaturdiffe- Luftaustausch ist aus hygienischen Gründen erforderlich,
renz von 1 K pro Sekunde durch einen 1 m3 großen Wür- um die verbrauchte Raumluft abzuführen. Durch undichte
Endenergiebedarf Qe [kWh / a] fel des Materials strömt. Niedrige Werte zeigen hohe Bauteil- und Anschlussfugen können zusätzlich unkontrol-
Der Endenergiebedarf ist die erforderliche Energiemenge Wärmedämmeigenschaften des Materials an. Da Feuch- lierte Lüftungswärmeverluste den Heizenergiebedarf
zur Bereitstellung der Nutzenergie (z. B. Beheizung, Trink- tigkeit einen negativen Einfluss auf die Wärmeleitung hat, deutlich erhöhen. Kontrollierte Lüftung und Wärmerück-
wassererwärmung, Beleuchtung etc.) eines Gebäudes. bezieht sich der Kennwert auf trockene Baustoffe. gewinnung kann die Lüftungswärmeverluste reduzieren.

258
Glossar: Kennwerte

SI - Vorsätze Zeichen Faktor wird Strahlung teilweise an den Grenzflächen reflektiert, verwendet. Bezogen auf den Wärmepumpenprozess
transmittiert oder beim Durchgang absorbiert. Der Licht- beschreibt der Wert das Verhältnis von abgegebener
nano n 10-9 transmissionsgrad gibt das Verhältnis von auftreffendem nutzbarer Wärmeleistung zur aufgewendeten (z. B. elek-
Licht der Wellenlängen 380 – 780 nm zum durchgelasse- trischen) Antriebsleistung inklusive Hilfsenergie unter
mikro μ 10-6
nen Licht an. Je höher der Wert, desto mehr Tageslicht genormten Bedingungen. Ein COP von 2,0 bedeutet,
milli m 10-3 steht im Inneren zur Verfügung. Er ist u. a. abhängig von dass doppelt soviel Nutzenergie zur Verfügung gestellt
zenti c 10-2 Material, Materialstärke und Beschichtungssystemen. wird wie Antriebsenergie eingesetzt werden muss. Der
dezi d 10-1 Wert ist nur als Bewertung der Effizienz des Geräts zu
deka da 10 Tageslichtautonomie [%] verstehen. Eine energetische Betrachtung der Gesamt-
Die Tageslichtautonomie gibt den prozentualen Anteil der anlage ist damit nicht möglich.
hekto h 102
Nutzungszeit eines Raums an, in der das zur Verfügung
kilo k 103 stehende Tageslicht im Innenraum die Beleuchtungsan- Jahresarbeitszahl β [-]
mega M 106 forderungen für die vorgesehene Nutzung vollständig Zur Bewertung der Energieeffizienz von Wärmepumpen
giga G 109 erfüllt. In dieser Zeit ist, z. B. für die Ausleuchtung eines wird die Jahresarbeitszahl herangezogen. Sie beschreibt
tera T 1012 Arbeitsplatzes, kein Kunstlicht erforderlich. Raumgeo- das Verhältnis von abgegebener Kälte- bzw. Wärmeleis-
metrie, Anteil an opaken und transparenten Fassadenflä- tung (Heizwärme) zur aufgewendeten Antriebsleistung
peta P 1015 chen, Rahmenanteile der Fenster und auch die Glasart (z. B. elektrische Energie) einer Wärmepumpe innerhalb
exa E 1018 beeinflussen die Tageslichtautonomie. eines Jahres. Somit ist die Jahresarbeitszahl ein Maßstab
zetta Z 1021 für den Gesamtwirkungsgrad einer Wärmepumpe über
einen Jahreszyklus.
Speicherung
Einstrahlung und Licht Anlagenaufwandszahl ep [-]
Spezifische Wärmespeicherkapazität c [J / kgK] Die Anlagenaufwandszahl ist ein Kennwert für die
Globalstrahlung [W / m²hor] Die Wärmespeicherkapazität ist eine materialspezifische Gesamteffizienz von gebäudetechnischen Anlagen
Die Globalstrahlung ist die Menge solarer Energie, die Größe. Sie bezeichnet die Wärmemenge, die benötigt (z. B. Heizsystem). Sie weist das Verhältnis von Nutzener-
bezogen auf eine horizontale Fläche auf die Erdoberflä- wird, um 1 kg Material um 1 K zu erwärmen. Die spezi- gie zur aufzuwendenden Primärenergie aus. Da in die
che trifft. Sie besteht aus direkter und diffuser, ungerich- fische Wärmespeicherkapazität ist insbesondere abhän- Errechnung des Werts erneuerbare Energieträger mit
teter Strahlung und ist abhängig vom Sonnenstand (je gig von der Struktur eines Stoffes. ihren entsprechenden Primärenergiefaktoren einfließen,
nach Breitengrad und Jahreszeit) und von atmosphäri- kann die Anlagenaufwandszahl unter 1 sinken.
schen Störungen (Bewölkung, Partikel). An stark bewölk- Wärmespeicherfähigkeit Qsp [Wh / m2K]
ten Tagen erreicht nahezu nur der diffuse Anteil die Erd- Die Wärmespeicherfähigkeit bezeichnet die Wärmespei-
oberfläche. Die Globalstrahlung sinkt dann in Mitteleuro- cherkapazität eines im Gebäude eingebauten Bauteils. Materialkennwerte
pa unter 100 W / m2. Bei wolkenlosem Himmel werden Sie errechnet sich aus dem Produkt der spezifische Wär-
etwa 700 W / m2 erreicht. Die Gobalstrahlung kann auch mespeicherfähigkeit, der Rohdichte ρ und der Schicht- Primärenergieinhalt PEI [MJ]
als Jahressumme angegeben werden [kWh / m2hora]. Sie dicke d des betrachteten Bauteils: Qsp= c • ρ • d. Der Primärenergieinhalt, auch als »Graue Energie«
eignet sich dann z. B. zur Berechnung von Energieerträ- bezeichnet, umfasst den Energieaufwand, der zur Her-
gen aktiver Solartechnik. In Deutschland liegt die Jahres- Schmelzenthalpie [kJ / kg] stellung und Nutzung eines Produkts aufgewendet wer-
summe zwischen 900 und 1200 kWh / m2a. Die Schmelzenthalpie bezeichnet die Wärmemenge, die den muss. Dabei werden alle Energiemengen eingerech-
benötigt wird, damit ein Stoff von einem festen in einen net, die für Herstellung, Transport und Lagerung (inklusive
Gesamtenergiedurchlassgrad g (g-Wert) [-] flüssigen Aggregatszustand übergehen kann. Die aller Vorprodukte) notwendig sind. Er dient als Indikator
Der Gesamtenergiedurchlassgrad ist das Maß für den Schmelzenthalpie wird durch Phase Change Materials für eine mögliche Umweltbelastung durch das Produkts
Energiefluss durch transparente Bauteile. Er bezieht sich (PCM) genutzt, die beim Wechsel zwischen den Aggre- sowie zur Beurteilung der technischen und ökologischen
auf das gesamte Strahlungsspektrum, d. h. den Wellen- gatszuständen Energie ohne eigene Temperaturände- Effizienz des Herstellungs- und Nutzungsprozesses. Je
längenbereich zwischen 300 und 2500 nm. Trifft Strah- rung speichern können. Die potenzielle Energieaufnahme kleiner der Wert, desto besser ist das betrachtete Mate-
lung auf ein transparentes Bauteil, dringt ein Teil der durch Schmelzenthalpie entspricht in einem Temperatur- rial ökologisch zu bewerten. Der PEI wird gemäß den zur
Energie durch Transmission unmittelbar in den Innen- bereich von 4 °C z. B. 90 kg PCM einem 1 m3 Beton. Herstellung genutzten Energiequellen getrennt nach
raum ein (primärer Energiedurchlass). Ein weiterer Teil erneuerbaren und nicht erneuerbaren Energieträgern
wird vom Bauteil absorbiert und in der Folge als Infrarot- angegeben. Er kann für Materialien auf Gewicht oder
strahlung emittiert (sekundärer Energiedurchlass). Der Gebäudetechnik Volumen bezogen ausgewiesen werden, sich jedoch
g-Wert ergibt sich aus der Addition des primären und auch auf Bauteile oder komplette Gebäude beziehen.
sekundären Energiedurchlasses. Bei der Kombination Heizlast φhl [kW]
von Verglasung und Sonnenschutzsystemen müssen zum Die Heizlast ist die Leistung, die gebäudespezifisch zur Treibhauspotenzial (Global Warming Potential – GWP
Teil gegenseitige Einflüsse berücksichtigt werden. Aufrechterhaltung der geforderten Innenraumtemperatur 100) [kg CO2-eq]
unter ungünstigsten Bedingungen notwendig ist. Die Die Anreicherung von Treibhausgasen in der Troposphä-
Solare Gewinne Qs [kWh / a] Berechnung der Heizlast wird in der Regel für jeden re führt über eine erhöhte Reflexion der Infrarotstrahlung
Wärmemengen, die aufgrund der Einstrahlung von Solar- Raum des Gebäudes einzeln vorgenommen. Hierfür wer- zur Erderwärmung. Das Treibhauspotenzial fasst alle
energie auf transparente und opake Gebäudeteile zur den der Transmissionswärmebedarf (Verluste über die Treibhausgase im Verhältnis zur Wirkung von CO2 zusam-
Erwärmung des Gebäudeinneren und zur Reduzierung Umfassungsflächen des Gebäudes) und der Lüftungs- men. Da die schädlichen Gase unterschiedlich lange in
des Heizwärmebedarfs beitragen, werden als solare wärmebedarf ermittelt. Interne und solare Wärmegewinne der Troposphäre bleiben, muss der betrachtete Zeithori-
Gewinne bezeichnet. Standort des Gebäudes, Orientie- bleiben rechnerisch unberücksichtigt. Die Heizlast ist die zont mit ausgewiesen werden; üblicherweise wird ein
rung, Neigung und Größe der Bauteile und die Strah- Grundlage für die Dimensionierung der Heizkörper und Zeitraum von 100 Jahren betrachtet.
lungsabsorption des Fassadenmaterials beeinflussen die- Wärmeerzeuger.
sen Energieeintrag. Solare Gewinne entstehen an allen Dauerhaftigkeit von Bauteilen [a]
Bauteilen. Bei transparenten Bauteilen sind sie im Ver- Wirkungsgrad [-] Die Dauerhaftigkeit beschreibt als Potenzial den Zeit-
hältnis zu anderen Bauteilen um ein Vielfaches höher. Der Wirkungsgrad bezeichnet das Verhältnis von abge- raum, in dem ein Baustoff bei der ihm zugeordneten Nut-
Hohe solare Gewinne können wesentlich zur Reduktion gebener Leistung (Nutzen) zu zugeführter Leistung (Auf- zung seine Funktion aufrechterhalten kann, z. B. tragfähig
des Heizwärmebedarfs QH beitragen, im Sommer wand) unter genormten Bedingungen. Der Wirkungsgrad und gebrauchstauglich bleibt. Meist wird eine Zeitspanne
aber auch zur Überwärmung des Gebäudes führen. ist somit das Maß für die Effizienz von Energieumwand- angegeben, in der der niedrigere Wert die Dauerhaftig-
lung und Energieübertragungen und gibt für Energie- keit bei üblicher Nutzung angibt, der höhere eine opti-
Äquivalenter U-Wert von Fenstern [W / m2K] erzeugungsanlagen das Verhältnis zwischen nutzbarer mierte Planung voraussetzt.
Solare Energiegewinne während der Heizperiode werden und aufgewendeter Energie wieder. Während theoretisch
bei der energetischen Beurteilung von Fenstern durch nur Wirkungsgrade unter 100 % möglich sind, werden in Heizwert [J / kg oder J / m³]
den sogenannten äquivalenten U-Wert einbezogen. Dabei der Praxis, z. B. bei Brennwertkesseln, Wirkungsgrade Der Heizwert ist die Maßeinheit für die bei der Verbren-
wird der g-Wert der Verglasung und der Strahlungsge- über 100 % ausgewiesen. Die zugeführte Leistung wird nung eines Stoffs freigesetzte Wärmeenergie. Dabei wird
winn in Abhängigkeit von der Orientierung berücksichtigt. auf den Heizwert des Brennstoffs bezogen; zusätzlich nur die nutzbare Wärmemenge berücksichtigt, d. h. ohne
Bei Wärmeschutzverglasungen ist ein äquivalenter wird die Kondensationswärme des Abgasstroms (Brenn- die Kondensationswärme des entstehenden Wasser-
U-Wert im negativen Bereich möglich, d. h. im Tagesmittel wert) beim Umwandlungsprozess genutzt. dampfs. Zum Vergleich mit den Heizwerten von Baustof-
wird mehr Energie durch solare Einstrahlung in den Innen- fen können folgende Werte von Brennstoffen dienen: Holz
raum eingetragen als durch Transmission verloren geht. Leistungszahl / Coefficient of Performance COP [-] 7 – 16 MJ / kg, Braunkohlekoks 29,9 MJ / kg, Erdöl (bei 25
Der COP ist analog zum Wirkungsgrad ein Kennwert zur °C) 42,8 MJ / kg und Erdgas (bei 25 °C) 35 – 45 MJ / m3.
Lichttransmissionsgrad τ [-] Bewertung der Effizienz bei der Energieumwandlung und Wird die Kondensationswärme hinzugerechnet, ergibt
Je nach Stoffeigenschaften eines transparenten Bauteils wird vor allem bei Wärmepumpen und Kältemaschinen sich der »Brennwert« eines Stoffs.

259
Glossar: Klimadaten

Klimadaten

• Berlin
• Chicago
• Tokio
• Kairo

• Dakar
Äquator
• Jakarta

• Rio de Janeiro
feucht-warm
trocken-heiß • Sydney
gemäßigt
kalt
Niederschlag [mm]

Chicago Min. Monat Max. Monat Jahresmittel


Temperatur [°C]

30 125
Lufttemperatur [°C] - 3,3 Jan 27,3 Jul 10,5
mittlere tägliche Höchsttemperatur [°C] 0 Jan 27,2 Jul 13,9
20 100 mittlere tägliche Tiefsttemperatur [°C] - 7,7 Jan 18,9 Jul 5,6
absolute Höchsttemperatur [°C] 18,3 Jan 40,6 Jul 40,6
absolute Tiefsttemperatur [°C] - 30,6 Dez 9,4 Jul - 30,6
10 75 mittlere relative Luftfeuchtigkeit [%] 66,0 Mai 76,0 Dez 71,0
mittlerer Niederschlag [mm] 41,0 Feb 103,0 Jun 843,0
max. Niederschlag [mm] 85,0 Feb 228,0 Jul k.A.
0 50 min. Niederschlag [mm] 8,0 Feb 34,0 Jul k.A.
max. täglicher Niederschlag [mm] 39,0 Feb 159,0 Jul 159,0
Niederschlagstage [d] 7,0 Okt 13,0 Apr 120,0
Verdunstung [mm] 118,0 Dez 333,0 Jul 2611,0
-10 25
mittlere Sonnenscheindauer [h] 76,0 Dez 473,0 Jul 273,0
Strahlung 1 [Wh / m2d] 884,0 Dez 5501,0 Jul 3175,0
mittlere Windgeschwindigkeit [m / s] 3,0 Jul, Aug 5,0 Nov – Mai 4,0
-20 0
J F M A M J J A S O N D 1
Jahreseinstrahlungssumme horizontal 1158 kWh / m2a
Niederschlag [mm]

Dakar Min. Monat Max. Monat Jahresmittel


Temperatur [°C]

30 125
Lufttemperatur [°C] 21,3 Jan 28,0 Okt 24,7
mittlere tägliche Höchsttemperatur [°C] 26,0 Jan 32,0 Okt 29,0
20 100 mittlere tägliche Tiefsttemperatur [°C] 17,0 Feb 26,0 Mai 21,0
absolute Höchsttemperatur [°C] 37,0 Jul 43,0 Mär 43,0
absolute Tiefsttemperatur [°C] 12,0 Dez 21,0 Jul 12,0
10 75 mittlere relative Luftfeuchtigkeit [%] 64,0 Dez 82,0 Sep 76,0
mittlerer Niederschlag [mm] < 1,0 Apr 254,0 Aug 540,0
max. Niederschlag [mm] 6,0 Mär 476,0 Aug 901,0
0 50 min. Niederschlag [mm] 0 Jan 56,0 Sep 273,0
max. täglicher Niederschlag [mm] 2,0 Jan 213,0 Aug 213,0
Niederschlagstage [d] 0 Jan 13,0 Aug 38,0
Verdunstung [mm] 58,0 Jan 164,0 Jul 1370,0
-10 25
mittlere Sonnenscheindauer [h] 181,0 Aug 295,0 Apr 2719,0
Strahlung 1 [Wh / m2d] 4931,0 Dez 7164,0 Apr 5815,0
mittlere Windgeschwindigkeit [m / s] 1,9 Jan 6,1 Apr 3,9
-20 0
J F M A M J J A S O N D 1
Jahreseinstrahlungssumme horizontal 2122 kWh / m2a
Niederschlag [mm]

Jakarta Min. Monat Max. Monat Jahresmittel


Temperatur [°C]

30 125
Lufttemperatur [°C] 26,1 Jan 27,2 Mai 26,8
mittlere tägliche Höchsttemperatur [°C] 28,9 Jan, Feb 31,1 Sep 30,0
20 100 mittlere tägliche Tiefsttemperatur [°C] 22,8 Jul, Aug 23,9 Apr, Mai 23,3
absolute Höchsttemperatur [°C] 33,3 Feb, Mär, Jul 36,7 Okt 36,7
absolute Tiefsttemperatur [°C] 18,9 Sep 20,6 Jan 18,9
10 75 mittlere relative Luftfeuchtigkeit [%] 71,0 Sep 85,0 Jan 80,0
mittlerer Niederschlag [mm] 43,0 Aug 300,0 Jan 1799,0
max. Niederschlag [mm] 135,0 Jul 779,0 Jan k. A.
min. Niederschlag [mm] 0 Jun – Sep 91,0 Feb k. A.
0 50
max. täglicher Niederschlag [mm] 20,0 Aug 71,0 Feb 71,0
Niederschlagstage [d] 4,0 Aug 18,0 Jan 125,0
Verdunstung [mm] 115,0 Feb 144,0 Okt 1590,0
-10 25 mittlere Sonnenscheindauer [h] 182,0 Feb 295,0 Aug 2975,0
Strahlung [Wh / m2d] k. A. k. A. k. A. k. A. k. A.
mittlere Windgeschwindigkeit [m / s] 1,5 Mär 1,8 Jul 1,6
-20 0
J F M A M J J A S O N D

260
Glossar: Klimadaten

Niederschlag [mm]
Temperatur [°C]

30 125 Kairo Min. Monat Max. Monat Jahresmittel


Lufttemperatur [°C] 13,3 Jan 28,3 Jul, Aug 21,7
mittlere tägliche Höchsttemperatur [°C] 19,0 Jan 35,0 Jun, Aug 28,0
20 100 mittlere tägliche Tiefsttemperatur [°C] 9,0 Jan, Feb 22,0 Jul, Aug 16,0
absolute Höchsttemperatur [°C] 30,0 Jan 47,0 Mai 47,0
absolute Tiefsttemperatur [°C] 1,0 Feb 18,0 Jul 1,0
10 75 mittlere relative Luftfeuchtigkeit [%] 34,0 Mai 56,0 Dez 47,0
mittlerer Niederschlag [mm] 0 Jun – Sep 8,0 Dez 24,0
max. Niederschlag [mm] 0 Jun, Jul, Sep 54,0 Dez 63,0
0 50 min. Niederschlag [mm] 0 Jan, Dez k. A. k. A. 3,0
max. täglicher Niederschlag [mm] 0 Jun, Jul, Sep 44,0 Dez 44,0
Niederschlagstage [d] 0 Jul – Sep 3,0 Jan, Dez 10,0
Verdunstung [mm] 22,0 Jan 184,0 Jul 1170,0
-10 25
mittlere Sonnenscheindauer [h] 236,0 Dez, Jan 391,0 Jul 3717,0
Strahlung 1 [Wh / m2d] k. A. k. A. k. A. k. A. 5592,0
mittlere Windgeschwindigkeit [m / s] 3,0 Jun – Dez 4,0 Jan – Mai 3,0
-20 0
J F M A M J J A S O N D 1
Jahreseinstrahlungssumme horizontal 2041 kWh / m2a
Niederschlag [mm]

Rio de Janeiro Min. Monat Max. Monat Jahresmittel


Temperatur [°C]

30 125
Lufttemperatur [°C] 20,2 Jul 25,6 Feb 22,7
mittlere tägliche Höchsttemperatur [°C] 23,9 Jul, Sep 29,4 Feb 26,1
20 100 mittlere tägliche Tiefsttemperatur [°C] 17,2 Jul 22,8 Jan, Feb 20,0
absolute Höchsttemperatur [°C] 32,6 Jun 39,1 Jan 39,1
absolute Tiefsttemperatur [°C] 10,2 Sep 17,6 Mär 10,2
10 75 mittlere relative Luftfeuchtigkeit [%] 75,0 Aug 81,0 Mär 78,0
mittlerer Niederschlag [mm] 40,0 Aug 157,0 Jan 1039,0
max. Niederschlag [mm] 91,0 Jul 318,0 Jan k. A.
0 50 min. Niederschlag [mm] 2,0 Aug 41,0 Nov, Dez k. A.
max. täglicher Niederschlag [mm] 51,0 Aug 223,0 Apr 223,0
Niederschlagstage [d] 7,0 Jul 14,0 Nov, Dez 131,0
Verdunstung [mm] 61,0 Jul 137,0 Jan 1130,0
-10 25
mittlere Sonnenscheindauer [h] 151,0 Okt 222,0 Jan 2350,0
Strahlung 1 [Wh / m2d] k. A. k. A. k. A. k. A. 4630,0
mittlere Windgeschwindigkeit [m / s] 2,7 Apr, Jun, Jul 3,9 Okt 3,2
-20 0
J F M A M J J A S O N D 1
Jahresseinstrahlungssumme horizontal 1690 kWh / m2a
Niederschlag [mm]

Sydney Min. Monat Max. Monat Jahresmittel


Temperatur [°C]

30 125
Lufttemperatur [°C] 11,8 Jul 22,0 Jan 17,4
mittlere tägliche Höchsttemperatur [°C] 15,6 Jul 25,6 Jan, Feb 21,1
20 100 mittlere tägliche Tiefsttemperatur [°C] 7,8 Jul 18,3 Jan, Feb 13,3
absolute Höchsttemperatur [°C] 25,7 Jul 45,3 Jan 45,3
absolute Tiefsttemperatur [°C] 2,1 Jun 10,6 Jan 2,1
10 75 mittlere relative Luftfeuchtigkeit [%] 62,0 Okt 76,0 Jun 69,0
mittlerer Niederschlag [mm] 72,0 Sep 141,0 Jun 1205,0
max. Niederschlag [mm] 282,0 Okt 643,0 Jun 2102,0
0 50 min. Niederschlag [mm] 1,0 Aug 11,0 Mär 546,0
max. täglicher Niederschlag [mm] 121,0 Dez 281,0 Mär 281,0
Niederschlagstage [d] 11,0 Aug 14,0 Jan, Mär, Apr 152,0
Verdunstung [mm] 25,0 Jul 122,0 Jan 838,0
-10 25
mittlere Sonnenscheindauer [h] 180,0 Mai 229,0 Okt, Dez 2463,0
Strahlung 1 [Wh / m2d] 2919,0 Jul 6792,0 Nov 4675,0
mittlere Windgeschwindigkeit [m / s] 3,2 Apr, Mai 4,1 Jan 3,7
-20 0
J F M A M J J A S O N D 1
Jahresseinstrahlungssumme horizontal 1706 kWh / m2a
Niederschlag [mm]

Tokio Min. Monat Max. Monat Jahresmittel


Temperatur [°C]

30 125
Lufttemperatur [°C] 3,7 Jan 26,4 Aug 14,7
mittlere tägliche Höchsttemperatur [°C] 8,3 Jan 30,0 Aug 18,9
20 100 mittlere tägliche Tiefsttemperatur [°C] - 1,7 Jan 22,2 Aug 10,0
absolute Höchsttemperatur [°C] 21,3 Jul 38,4 Aug 38,4
absolute Tiefsttemperatur [°C] - 9,2 Dez, Jan 15,4 Aug - 9,2
10 75 mittlere relative Luftfeuchtigkeit [%] 60,0 Feb 80,0 Jul, Sep 72,0
mittlerer Niederschlag [mm] 48,0 Jan 217,0 Sep 1562,0
max. Niederschlag [mm] k. A. k. A. k. A. k. A. k. A.
0 50 min. Niederschlag [mm] k. A. k. A. k. A. k. A. k. A.
max. täglicher Niederschlag [mm] 48,0 Jan 393,0 Sep 393,0
Niederschlagstage [d] 5,0 Dez 13,0 Sep 115,0
Verdunstung [mm] 4,0 Jan 161,0 Jul 809,0
-10 25
mittlere Sonnenscheindauer [h] 136,0 Sep, Okt 204,0 Aug 2020,0
Strahlung [Wh / m2d] k. A. k. A. k. A. k. A. k. A.
mittlere Windgeschwindigkeit [m / s] 3,0 Dez 4,3 Mär, Apr 3,7
-20 0
J F M A M J J A S O N D

261
Glossar: Ökobilanzdaten

Außenwandbekleidungen pro m2 PEI PEI GWP Dauer-


Ökobilanzdaten Schichtaufbau Primärenergie Primärenergie Klimagase haftigkeit
n. erneuerbar erneuerbar
[MJ] [MJ] [kg CO2eq] [a]
Naturstein
angemörtelte Natursteinplatten, Kalkstein 71 3,5 5,4 80 – 100
Kalksteinplatte geschnitten, 20 mm
Kalkzementmörtel MG II, 15 mm
vorgehängte Natursteinfassade, Kalkstein 168 17 10 80 – 100
Kalksteinplatte geschnitten, 30 mm
Edelstahlanker (V4A), 140 mm

Baustoffe mit mineralischen Bindemitteln


Faserzementplatten 88 38 3,4 40 – 60
Faserzementplatten, 8 mm
Holzunterkonstruktion, 30 mm
Kalksandstein, hinterlüftet 320 10 33 60 – 80
Außenwandbekleidungen Kalksandstein (KS Vb 20 / 1,8), Mörtel MG II, 115 mm
Maueranker Stahl, 80 mm
Die Haut eines Gebäudes prägt das äußere Erschei-
nungsbild. Sie übernimmt vielfältige Austauschfunktionen Ortbeton 680 36 55 ≥ 80
zwischen innen und außen und bietet Schutz, insbeson- Ortbeton armiert, 2 % Stahlanteil (FE 360 B), 100 mm
dere vor Witterungseinflüssen. Eingerechnet in die funk- Betonanker Stahl hochlegiert, 120 mm
tionale Bauteilschicht ist neben der schützenden Fläche
auch die notwendige Haltekonstruktion. An die Sicherheit Keramische Baustoffe
und Dauerhaftigkeit des gesamten Aufbaus bestehen
hohe Anforderungen. In Bezug auf den Primärenergie- Keramikplatten, hinterlüftet 285 50 21 ≥ 80
inhalt und die daraus resultierenden Umwelteinflüsse VFH-Keramikplatten, 30 mm
weisen Außenwandbekleidungen große Unterschiede auf Aluminiumprofil, 60 mm
(siehe Material, S. 162, Abb. B 5.56). Hinsichtlich des
Gesamtgebäudes sind der prozentuale Anteil an grauer Verblendmauerwerk, hinterlüftet 400 9 51 60 – 80
Energie der Fassade (siehe Material, S. 162, Abb. B 5.55) Vollziegel (VMz 28 / 1,8), Mörtel MG II, 115 mm
wie auch sein Kostenanteil in der Regel sehr hoch; ent- Maueranker Stahl, 80 mm
sprechend hohe Aufmerksamkeit sollte der Planung
gewidmet werden. Metall
Gerade vorgehängte, massive Außenwandbekleidungen Titanzinkblech 416 43 25 70 – 100
enthalten einen Großteil der grauen Energie in Unterkon-
struktion und Befestigung (siehe Material, S. 163, Abb. Titanzinkblech Winkelstehfalz, 0,7 mm
B 5.60). Eine optimierte Materialstärke und das Gewicht Spanplatte, P5, 22 mm
verringern den Primärenergieinhalt des Bauteils. Erhöhte Aluminium-Wellblechprofil 832 168 55 70 – 100
Dauerhaftigkeit kann ggf. den Einsatz energiearmer
Metallwerkstoffe rechtfertigen. Holzkonstruktionen er- Aluminium-Wellblechprofil, 1 mm
möglichen die Bindung von CO2 und reduzieren so un- Unterkonstruktion Aluminium, 30 mm
erwünschte Klimawirkungen.
Holz
Holzschindeln 41 226 - 21 40 – 70
Holzschindeln Red Cedar gespalten, zweilagig, 16 mm
Holzunterkonstruktion, 48 mm
Sperrholzplatten 189 613 - 29 40 – 70
BFU-Platte, 16 mm
Holzunterkonstruktion, 30 mm

Transparente Bauteile Transparente Bauteile pro m2 PEI PEI GWP Dauer-


Schichtaufbau Primärenergie Primärenergie Klimagase haftigkeit
Transparente Bauteile bestehen aus einem transparenten n. erneuerbar erneuerbar
Element und seiner zwängungsfreien Lagerung. Sie stel- [MJ] [MJ] [kg CO2eq] [a]
len flächenbezogen die energetisch aufwendigste Funk- Glas
tionsschicht dar (siehe Material, S. 162, Abb. B 5.56). Ihr
Einsatz sollte daher möglichst Zusatzfunktionen erfüllen, Wärmeschutzglas Ug = 1,1 547 65 29 50
wie z. B. eine verbesserte Tageslichtversorgung oder die Zweischeiben-Wärmeschutzglas, Argonfüllung, 24 mm
Erschließung von solaren Energieerträgen (siehe Gebäu- Klemmpressprofil Aluminium, EPDM-Dichtung, 40 mm
dehülle, S. 83, Abb. B 3.2).
Das Glas wird dabei nur selten tragend, selbsttragend Wärmeschutzglas Ug = 0,7 837 70 40 50
oder aussteifend ausgebildet, wodurch die Bedeutung Dreischeiben-Wärmeschutzglas, Argonfüllung, 36 mm
der Unterkonstruktion steigt. Eine hohe Rohdichte sowie Klemmpressprofil Aluminium, EPDM-Dichtung, 40 mm
erhöhte Anforderungen an Dämmung und Dichtung wir-
ken sich zusätzlich negativ aus. Doppelfassade 2162 353 131 50
ESG, 6 mm
Tragkonstruktion Aluminium, 250 mm
Zweischeiben-Wärmeschutzglas, Argonfüllung, 24 mm

Kunststoff
Stegplatten 1099 63 52 25
Dreikammer-Stegplatte Polycarbonat, 40 mm
Klemmpressprofil Aluminium, EPDM-Dichtung

262
Glossar: Ökobilanzdaten

Putze und WDVS pro m2 PEI PEI GWP Dauer- Putze und WDVS
Schichtaufbau Primärenergie Primärenergie Klimagase haftigkeit
n. erneuerbar erneuerbar Putze und Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) stellen
[MJ] [MJ] [kg CO2eq] [a] eine Sondergruppe der Außenwandbekleidungen dar. Je
nach Anforderungen können sie eine Vielzahl an Einzel-
Kalkzementputz innen, zweilagig 110 1,8 7,2 80 schichten umfassen.
Kalkzementmörtel P II gerieben, 15 mm Putze sind eine effiziente Alternative zu Außenwandbe-
Grundierung kleidungen. Dämmputze und Wärmedämmverbundsyste-
me erfüllen die Funktion von Außenwandbekleidung und
Gipsputz innen, zweilagig 97 1,5 5,9 80 Dämmung in einem Bauteil. Sie lassen sich durch die
Gipsputz glatt, 15 mm Addition beider Schichten mit anderen Aufbauten verglei-
Grundierung chen. Hinsichtlich Revisionsfähigkeit weisen sie jedoch
wegen ihrer Verbundeigenschaften gewisse Nachteile auf.
Wärmedämmputz 237 3,4 16 60
Kalkzementputz mit Blähperlitezuschlag, 50 mm
Grundierung
Wärmedämmverbundsystem (WDVS) 561 24 31 30
Kalkzementputz mit Glasvliesarmierung, 3 mm
EPS, ¬ = 0,035 W / m2K, ρ = 30 kg / m3, 100 mm
Kleber UF-Basis, 3,2 mm
Lehmputz innen, zweilagig 61 0,9 3,8 80
Grundlehmputz, 10 mm
Feinlehmputz, 5 mm

Dämmungen pro m2 PEI PEI GWP Dauer- Dämmungen


Schichtaufbau Primärenergie Primärenergie Klimagase haftigkeit
n. erneuerbar erneuerbar Dämmschichten bestehen aus einem Dämmstoff und sei-
[MJ] [MJ] [kg CO2eq] [a] ner Befestigung am Untergrund (z. B. durch Verklebung
oder Verdübelung). Der Primärenergieinhalt von Dämm-
Platten
stoffen kann bei gleicher Dämmwirkung um mehr als den
expandiertes Polystyrol (EPS) 511 17 28 30 Faktor zehn differieren. Der Einsatz von Dämmungen
EPS-Platte, ¬ = 0,04 W / mK, ρ = 25 kg / m3, 120 mm reduziert jedoch generell die Energieaufwendungen für
Kleber Polyvinylacetat (PVAC) den Betrieb eines Gebäudes und erhöht den Komfort für
den Gebäudenutzer. So amortisieren sich alle Dämmstof-
extrudiertes Polystyrol (XPS) 405 12 21 30 fe in typischen Dämmstoffdicken energetisch innerhalb
XPS-Platte, ¬ = 0,04 W / mK, ρ = 20 kg / m3, 120 mm kurzer Zeiträume (siehe Material, S. 152).
Kleber Polyvinylacetat (PVAC) Die Auswahl eines Dämmstoffs bestimmt sich auch durch
die weiteren an ihn gestellten Anforderungen (z. B. Druck-
Polyurethan PUR 349 13 17 30 festigkeit im Erdbereich). Erscheint z. B. extrudiertes Poly-
PUR-Platte, ¬ = 0,035 W / mK, ρ = 20 kg / m3, 100 mm styrol (XPS) generell als energieaufwendig, so stellt es in
Kleber Polyvinylacetat (PVAC) der Gruppe der druckfesten Dämmungen ein energetisch
vergleichsweise günstige Lösung für die Aufgabenstel-
Backkork ICB 15 0,24 1,1 40 – 60 lung dar.
Backkorkplatte, ¬ = 0,04 W / mK, 120 mm
Klebemörtel
Holzwollemehrschichtplatte WW-C, verlorene Schalung 89 68 0,8 30 – 50
WW-C-Platte, ¬ = 0,04 W / mK, ρ = 30 kg / m3, 125 mm
magnesiagebunden, innenseitig Mineralfaser
Holzfaserdämmplatte WF 436 79 19 20 – 50
WF-Platte, ¬ = 0,04 W / mK, ρ = 160 kg / m3, 120 mm
Klebemörtel

Schaumglas CG, Perimeterdämmung 1030 29 49 100


Schaumglas, ¬ = 0,04 W / mK, ρ = 100 kg / m3, 120 mm
Kleber Bitumen
Kalziumsilikatplatte 96 3,7 16 40
Kalziumsilikat, ¬ = 0,04 W / mK, ρ = 20 kg / m3, 120 mm
Tellerdübel Polyamid

Vliese
Mineralwollevlies 74 1,4 5,4 30 – 50
Mineralwollevlies, ¬ = 0,04 W / mK, ρ = 20 kg / m3, 120 mm
Tellerdübel Polyamid

Schüttungen
Perliteschüttung 187 2,1 11 k. A.
Blähperlite, ¬ = 0,065 W / mK, ρ = 100 kg / m3, 160 mm
(auf Bodenplatte)
Zelluloseschüttung 33 1,7 1,8 35 – 50
Zellulose, ¬ = 0,04 W / mK, ρ = 50 kg / m3, 120 mm
(zwischen TJI-Holzträgern)

263
Glossar: Ökobilanzdaten

Dachbeläge Dachbeläge pro m2 PEI PEI GWP Dauer-


Schichtaufbau Primärenergie Primärenergie Klimagase haftigkeit
Die funktionale Schicht der Dachbeläge besteht aus der n. erneuerbar erneuerbar
Dachhaut (Deckung oder Dichtung) und der dazu erfor- [MJ] [MJ] [kg CO2eq] [a]
derlichen Unterkonstruktion. Als Teil der Gebäudehaut Dachdeckungen
sind Dachbeläge ähnlich energieaufwendig wie Fassa-
den. Wegen der hohen Anforderungen des Witterungs- Flachdachpfanne, Anschlüsse Titanzink 331 180 11 50
schutzes ist besonders auf eine hohe Dauerhaftigkeit Ziegelflachdachpfanne, 20 mm
Wert zu legen, andernfalls entstehen durch Austausch- Holzlattung, 24 / 48 mm, Spannbahn PE-HD 0,5 mm
und Reparaturprozesse über den Lebenszyklus erhöhte
Energieaufwendungen und Kosten. Bei komplizierten Betonstein, Anschlüsse Titanzink 288 155 4 50
Dachformen sind hohe Energiemengen in den Anschluss- Betondachstein, 20 mm
elementen gebunden; geometrisch einfache Konstruktio- Holzlattung, 24 / 48 mm, Spannbahn PE-HD 0,5 mm
nen verringern diesen Aufwand.
Die besonders bei Metalldeckungen in der Unterkon- Titanzinkblech 458 143 17 70
struktion eingesetzten Holzschichten können den CO2- Titanzinkblech Doppelstehfalz, 0,7 mm
Ausstoß für die Metallschicht nicht aufwiegen, sie verfü- Holzschalung Bretter, 24 mm
gen dafür über eine vergleichsweise hohe Dauerhaftig-
keit. Bei Flachdächern binden extensiv begrünte Dächer Kupferblech 830 130 35 80
mit PVC- oder EPDM-Dichtbahnen in der Regel weniger Kupferblech Doppelstehfalz, 0,7 mm
graue Energie als Bitumenbahnen und verfügen gleich- Holzschalung Bretter, 24 mm
zeitig über eine höhere Dauerhaftigkeit.
Faserzementplatte, Anschlüsse Titanzink 689 197 26 40
Faserzement-Wellplatte, 8 mm
Holzlattung, 24 / 48 mm, Spannbahn PE-HD 0,5 mm
MDF-Platte, 18 mm
Schieferschindel, Anschlüsse Kupfer 999 138 24 70
Schieferschindel altdeutsche Deckung, 5 mm
Bitumendachbahn V 13, 5 mm
Holzschalung Bretter, 24 mm
Holzschindel, Anschlüsse Kupfer 501 708 - 44 40
Holzschindel dreifach, 24 mm
Holzlattung, 24 / 48 mm, Spannbahn PE-HD 0,3 mm
Holzschalung Bretter, 24 mm

Dachabdichtungen
Bitumenbahn, bekiest 1355 38 40 25 – 30
Kies, 50 mm
Polyestervlies (PES), 2 mm
Dachabdichtung Bitumenbahn (PYE PY200 S5), 5 mm
Dachabdichtung Bitumenbahn (G200 S4), 4 mm
EPDM, bekiest 394 28 17 25 – 35
Kies, 50 mm
Dachabdichtung EPDM-Bahn, 1,2 mm
Lochglasvliesbahn, 3 mm, Dampfsperre PE-HD 0,4 mm

Wände
Wände pro m2 PEI PEI GWP Dauer-
Die funktionale Schicht der Wände betrachtet die Wand Schichtaufbau Primärenergie Primärenergie Klimagase haftigkeit
ohne ihre Oberflächengestaltung. Auf die Gesamtbilanz n. erneuerbar erneuerbar
bezogen binden Wände nach dem Tragwerk zumeist den [MJ] [MJ] [kg CO2eq] [a]
zweithöchsten Anteil der grauen Energie (siehe Material, Massive Wände
S. 162, Abb. B 5.55). Die Primärenergieaufwendungen
Stahlbeton 650 83 45 70 – 100
korrespondieren weitgehend mit dem in das Gebäude
eingebrachten Gewicht. Leichte Konstruktionen sollten Stahlbeton (C 25 / 35),
bevorzugt werden, soweit dies die weiteren Anforderun- 2 % Stahlanteil (FE 360 B), 200 mm
gen an die Wand (z. B. Schallschutz) zulassen.
Lehmstein 96 1,2 4,2 70 – 90
Holz- und Metallständerwände bieten dabei neben gerin-
ger gebunderer Energie auch leichtere Austauschmög- Lehmstein luftgetrocknet, ρ = 1400 kg / m3, 240 mm
lichkeiten und gestatten eine einfache Technikintegration. Lehmmörtel
Metallständerwände verfügen dabei im Vergleich zu
Porenbetonstein 410 14 65 70 – 90
Holzständerwänden über einen geringeren Primärener-
gieinhalt (320 MJ / m2), der jedoch zu großen Teilen aus Porenbetonstein (PPW 4-0,6 NuF), 240 mm
nicht erneuerbaren Quellen gedeckt wird (307 MJ / m2). Mauermörtel MG III
Holzständerwände binden demgegenüber CO2.
Bims-Leichtbetonstein 247 5,1 26 80 – 90
Bims-Leichtbetonstein (VBL 2), 240 mm
Mauermörtel MG III
Kalksandstein 517 14 56 90 – 100
Kalksandstein (KSL 12 / 1,4), 240 mm
Mauermörtel MG II
Gipsdiele 186 2,5 8,9 90
Gipsdiele, 100 mm
Gipsmörtel MG IV

264
Glossar: Ökobilanzdaten

Wände pro m2 PEI PEI GWP Dauer-


Schichtaufbau Primärenergie Primärenergie Klimagase haftigkeit
n. erneuerbar erneuerbar
[MJ] [MJ] [kg CO2eq] [a]
Massive Wände
Hochlochziegel 599 12 79 90 – 100
Hochlochziegel (HLz 12 / 1,2), 240 mm
Mauermörtel MG II

Ständerwände
Holzständerwand 182 179 - 5,9 40 – 60
Gipsplatte (Typ A), 12,5 mm
Holzständer, 80 / 40 mm, Mineralwolle, 40 mm
Gipsplatte (Typ A), 12,5 mm

Wandbekleidungen pro m2 PEI PEI GWP Dauer- Wandbekleidungen


Schichtaufbau Primärenergie Primärenergie Klimagase haftigkeit
n. erneuerbar erneuerbar Wandbekleidungen variieren hinsichtlich ihres Primär-
[MJ] [MJ] [kg CO2eq] [a] energieinhalts weniger als andere Bauteilgruppen, wobei
die Bekleidung immer einschließlich des notwendigen
Mineralische Bekleidungen
Befestigungsmaterials bilanziert ist. Übliche Materialien
Gipsplatte 97 50 1,2 40 – 60 wie Holzwerkstoff- oder Gipsplatten stellen aus Sicht des
Primärenergieinhalts besonders günstige Optionen dar.
Gipsplatte (Typ A), 12,5 mm
Die wahrgenommene Wertigkeit des Materials und der
geschraubt, Randanschluss Nadelschnittholz
Primärenergieinhalt korrespondieren weitgehend mitein-
Lehmbauplatte 84 2 - 0,2 k. A. ander; allerdings verfügen hochwertigere Oberflächen
meist auch über eine dauerhafte Nutzbarkeit.
Lehmfeinputz, Jutegewebe, 4 mm
Lehmbauplatte, 20 mm
Holzunterkonstruktion geschraubt, 24 mm

Holzbekleidungen
Holzverschalung 40 281 - 26 50 – 90
Holzverschalung (Fichte NuF), 19,5 mm
geschraubt
Furniersperrholz 177 540 - 23 50 – 90
Furniersperrholz, 22 mm
geschraubt
Spanplatte (vergleichbar zu OSB) 40 87 - 9,7 50 – 60
Spanplatte P1, 19 mm
geschraubt

Unterdecken pro m2 PEI PEI GWP Dauer- Unterdecken


Schichtaufbau Primärenergie Primärenergie Klimagase haftigkeit
n. erneuerbar erneuerbar Der Primärenergieinhalt von Unterdecken wird neben
[MJ] [MJ] [kg CO2eq] [a] ihrer Oberfläche ganz wesentlich durch die Unterkon-
Holzwolleplatte 110 381 - 28 30 – 50 struktion beeinflusst. Unterschiedliche Systeme und
Anforderungen erzeugen hier im Gegensatz zu den
Holzwolleplatte mineralisch gebunden, 25 mm Wandbekleidungen stark differierende Primärenergie-
Unterkonstruktion Holzlattung, 24 mm aufwendungen. Klassische Materialien des Innenaus-
Flachpressplatte 136 109 - 5,8 50 baus wie z. B. Putz stellen primärenergetisch effiziente
Optionen dar.
Flachpressplatte Eiche furniert, 19 mm Abgehängte Decken erzeugen durch einen erhöhten
Unterkonstruktion U-Profile Stahl verzinkt, 40 mm Materialeinsatz im Allgemeinen einen deutlich höheren
Mineralfaservlies, 40 mm Primärenergieeinsatz als flächig aufgebrachte oder direkt
Kalziumsilikatplatte 56 1,3 4,5 40 montierte Unterdecken.

Kalziumsilikatplatte, 20 mm
Unterkonstruktion U-Profile Stahl, 50 mm
Gipsfaserplatte 97 50 1,2 40 – 60
Gipsfaserplatte, 12,5 mm
Unterkonstruktion Holzlattung, 24 mm
Putzdecke 56 0,8 3,3 80
Gipsputz, 15 mm
Unterkonstruktion Schilfrohrmatte, 5 mm
Paneeldecke, Stahl 375 14 22 40 – 70
Stahlblechkassette gelocht, 0,88 mm
Stahlträger U-Profil Bandraster 840 mm, 7,5 mm
Mineralfaserplatte, 40 mm
kaschierte PE-Folie

265
Glossar: Ökobilanzdaten

Schwimmende Estriche Schwimmende Estriche pro m2 PEI PEI GWP Dauer-


Schichtaufbau Primärenergie Primärenergie Klimagase haftigkeit
Die funktionale Schicht der Estriche bedingt sich ins- n. erneuerbar erneuerbar
besondere durch die Auflastverteilung und den Schall- [MJ] [MJ] [kg CO2eq] [a]
schutz. Sie besteht aus dem Estrich, einer Trennschicht Nass- / Mörtelestriche
und einer Trittschalldämmung. Dabei ist die Dauerhaftig-
keit der Schallschutzschicht meist geringer als die der Zementestrich 203 3,8 18 50 – 80 1
Tragschicht.
Zementestrich (CT 20-S50), 50 mm
Der Einsatz von Zement-, Gussasphaltestrich oder OSB-
Bitumenpapier, 0,2 mm
Platten kann mit einem funktionalen Mehrwert einherge-
Mineralfaserdämmung, 20 / 15 mm
hen, wenn diese gleich als nutzfertige Oberflächen die-
nen oder, wie Gussasphaltestrich, Vorteile in der Schall- Kalziumsulfatestrich 71 2,2 5,8 40 – 60 1
dämmung aufweisen.
Kalziumsulfatestrich (CA 20-S50), 50 mm
Bitumenpapier, 0,2 mm
Mineralfaserdämmung, 20 / 15 mm
Gussasphaltestrich 443 5,1 11 k. A. 1
Gussasphaltestrich, 25 mm
Bitumenpapier, 0,2 mm
Kokosplatte, 10 mm

Trockenestriche
Gipsfaserplatte 138 10 8,2 k. A. 1
Gipsfaserplatte, zweilagig, 20 mm
Mineralfaserdämmung, 25 / 20 mm
Spanplatte 71 88 - 8,3 k. A. 1
Spanplatte (P1) verleimt, 19 mm
Mineralfaserdämmung, 20 / 15 mm
Polyethylenvlies (PE), 1 mm
1
Die Dauerhaftigkeit von Trittschalldämmungen liegt bei 50 Jahren

Bodenbeläge
Bodenbeläge pro m2 PEI PEI GWP Dauer-
Bodenbeläge bestehen aus der eigentlichen Nutzschicht Schichtaufbau Primärenergie Primärenergie Klimagase haftigkeit
sowie ihrer Befestigung am Untergrund. Starke Bean- n. erneuerbar erneuerbar
spruchung und häufige Reinigungsprozesse (siehe Mate- [MJ] [MJ] [kg CO2eq] [a]
rial, S. 172) belasten die Bodenbeläge intensiv und kön- Platten
nen einen hohen Primärenergieverbrauch bewirken. Aber
Kalkstein 16 0,7 1 70 – 100
auch der Primärenergieinhalt der Bodenbeläge selbst dif-
feriert stark, zudem kann er sich über geringe Dauerhaf- Kalksteinplatten 305 / 305 mm, verfugt MG III, 10 mm
tigkeiten schnell kumulieren. Natursteinbeläge bieten die Dünnbettmörtel, 3 mm
höchsten Dauerhaftigkeiten bei gleichzeitig niedrigem
Schiefer 43 1,1 3,5 70 – 100
Primärenergieinhalt.
Die Befestigungsart der Bodenbeläge innerhalb des Schieferplatten 300 / 300 mm, verfugt MG III, 20 mm
Gebäudes ist dabei mit ausschlaggebend für den Primär- Mörtelbett MG II, 12 mm
energieinhalt. Dies zeigt sich insbesondere bei elasti- Cotto 137 3,2 14 40 – 80
schen Bodenbelägen und Teppichen, bei denen Kaut-
schuk als synthetisches Produkt einen sehr hohen Primär- Cotto-Platten geölt 300 / 300 mm, verfugt MG III, 15 mm
energieinhalt besitzt. Mörtelbett MG II, 12 mm
Bei Vollholzprodukten (z. B. Langstabparkett oder Mosaik-
parkett) zeigt sich, dass sich eine Vielzahl von Arbeits- Vollholzprodukte und Holzwerkstoffe
schritten und ein damit verbundener erhöhter Verschnitt Langstabparkett 66 447 - 42 20 – 50
deutlich auf die CO2-Bilanz auswirken.
Langstabparkett Buche geölt, 22 mm
Kleber Alkydharzbasis
Mosaikparkett 79 174 - 13 20 – 50
Mosaikparkett Eiche versiegelt, 8 mm
Kleber Alkydharzbasis
Fertigparkett 74 311 - 27 20 – 50
Fertigparkett Buche, 15 mm
Kleber PUR-Basis
Laminat 91 54 - 2,6 10 – 15
Laminat Melaminharzbeschichtung, 8 mm
Kleber PUR-Basis
Polyethylenvlies

Elastische Bodenbeläge
Linoleum 24 29 - 0,4 15 – 40
Linoleumbahn, 2,5 mm
Kleber Polyvinylacetat (PVAC)
Kautschuk 702 15 21 15 – 40
Kautschukbahn ohne Einlage synthetisch, 4,5 mm
Kleber PUR-Basis

266
Glossar: Ökobilanzdaten

Bodenbeläge pro m2 PEI PEI GWP Dauer-


Schichtaufbau Primärenergie Primärenergie Klimagase haftigkeit
n. erneuerbar erneuerbar
[MJ] [MJ] [kg CO2eq] [a]
Elastische Bodenbeläge
Kork gewachst 22 54 - 5,2 15 – 40
Korkplatten gewachst, 6 mm
Kleber Latexbasis

PVC 118 23 9,9 15 – 30


PVC-Bahn, 2 mm
Kleber Polyvinylacetat (PVAC)

Textile Bodenbeläge
Teppich, Sisal natur 164 33 3,3 5 – 15
Teppich Sisal natur, Naturlatexrücken, 6 mm
Kleber Alkydharzbasis
Teppich, Schurwolle 39 27 - 1,1 5 – 12
Teppich Schurwolle, Schlinge, 6 mm
Jutefilz
Kleber Polyvinylacetat (PVAC)
Teppich, vollsynthetisch 225 5,2 7,3 5 – 12
Teppich Schnittflor, Schaumrücken, 7 mm
Mörtelbett MG II, 12 mm

Beschichtungen pro m2 PEI PEI GWP Dauer- Beschichtungen


Schichtaufbau, Schichtdicken gemäß EN 1062 Primärenergie Primärenergie Klimagase haftigkeit
n. erneuerbar erneuerbar Beschichtungen bestehen aus der eigentlichen Be-
[MJ] [MJ] [kg CO2eq] [a] schichtung sowie einer zumeist notwendigen Vorbe-
handlung des Untergrunds. Die energetischen Wirkun-
Mineralische Beschichtungen, außen gen von Beschichtungen bestimmen sich insbesondere
aus ihrer Dauerhaftigkeit. Als »Nulloption« bietet der
Kalkbeschichtung 2 0,01 0,22 5
Verzicht auf Beschichtungen eine äußerst effiziente
Kalkhydratbeschichtung Optimierungsmöglichkeit. Weitere Optimierungsansätze
Grundierung bestehen im Bereich der gesundheitlichen Unbedenk-
lichkeit (siehe Material, S. 171).
Silikatbeschichtung 1K 7,3 1,4 0,26 20 – 25
Andererseits lassen Beschichtungen Bauteile dauerhaft
1K-Silikatdispersion werden oder qualifizieren diese zusätzlich, indem sie
Grundierung weitere Funktionen übernehmen (wie z. B. Schallschutz
oder Brandschutz). Eine Estrichversiegelung stellt z. B.
Organische Beschichtungen, außen eine energieeffiziente Alternative zu Bodenbelägen dar.
Alkydharzbeschichtung 4,8 1,4 0,13 15
Alkydharzlack
Grundierung
Acrylbeschichtung 4,6 0,14 0,15 10
Dickschichtlasur Acrylbasis
Grundierung
PUR-Beschichtung (Estrichversiegelung) 36 1,5 1,9 15 – 35
2K-Polyurethanbeschichtung (PUR)
Grundierung

Abdichtungen pro m2 PEI PEI GWP Dauer- Abdichtungen


Schichtaufbau Primärenergie Primärenergie Klimagase haftigkeit
n. erneuerbar erneuerbar Als Funktionsschicht aus Dichtebene und Untergrundvor-
[MJ] [MJ] [kg CO2eq] [a] behandlung bieten Abdichtungen mit ihren hohen Diffe-
renzen in der grauen Energie verschiedene Möglichkei-
Reaktionsharzabdichtung 94 3,4 5,8 80
ten zur energetischen Optimierung, die jedoch stark vom
Epoxidmörtel, 2 mm Anforderungsprofil (z. B. drückendes Wasser) abhängen.
Voranstrich Epoxid
kunststoffmodifizierte Bitumendickbeschichtung (KMB) 373 1,1 6,4 80
Schutzbahn Kunststoffnoppenbahn (HDPE)
Bitumenemulsion, 3 mm
mineralische Dichtungsschlämme 10 0,2 0,8 k. A.
Dichtungsschlämme Zementbasis, 2 mm
Voranstrich Wasserglas
Bitumenbahn, einlagig 294 5,6 7,4 80
Bitumenbahn (G 200 S4), 4 mm
Bitumenvoranstrich

267
Verordnungen, Richtlinien, Normen

Teil A Positionen Beleuchtung. 2007-02


Verordnungen, Richtlinien, DIN 44 576 Elektrische Raumheizung; Fußboden-Spei-
Normen DIN EN ISO 9000: 2000 Qualitätsmanagementsysteme –
Grundlagen und Begriffe. 2005-12
cherheizung; Gebrauchseigenschaften. 1987-03
DIN EN 307 Wärmeaustauscher – Anleitung für die Anfer-
tigung von Einbau- und Betriebsanleitungen und War-
tungsanweisungen zum Erhalt der Leistung von Wärme-
Teil B Planung austauschern jeglicher Bauart. 1998-12
DIN EN 1264 Fußbodenheizung – Systeme und Kompo-
Grundlagen nenten. 1997-11
DIN EN 1946-2 Wärmetechnisches Verhalten von Baupro- DIN EN 12 097 Lüftung von Gebäuden – Luftleitungen –
dukten und Bauteilen – Technische Kriterien zur Begut- Anforderungen an Luftleitungsbauteile zur Wartung von
achtung von Laboratorien bei der Durchführung der Luftleitungssystemen. 2006-11
Messungen von Wärmeübertragungseigenschaften – DIN EN 12 098 Mess-, Steuer- und Regeleinrichtungen für
Teil 2: Messung nach Verfahren mit dem Plattengerät. Heizungen. 1996-09
Die EU hat für eine Anzahl von Produkten Richtlinien 1999-04 DIN EN 12 464 Licht und Beleuchtung – Beleuchtung von
erlassen, um insbesondere Sicherheit und Gesundheit CEN-Bericht CR 1752 Anforderungen für die Innenraum- Arbeitsstätten. 2003-03
der Anwender zu gewährleisten. Diese Richtlinien müs- qualität und die Verfahren zur Darstellung der Innen- DIN EN 12 665 Licht und Beleuchtung – grundlegende
sen in den Mitgliedsstaaten in verbindliche Gesetze und raumqualität hinsichtlich Auslegung, Inbetriebnahme, Begriffe und Kriterien für die Festlegung von Anforde-
Verordnungen umgesetzt werden. Betrieb und Regelung der raumlufttechnischen Anla- rungen an die Beleuchtung. 2002-09
Die Richtlinien selbst enthalten keine technischen Details, gen. 1998 DIN EN 12 792 Lüftung von Gebäuden – Symbole, Termi-
sondern nur verbindliche grundlegende Anforderungen. DIN EN ISO 7730 Ergonomie der thermischen Umgebung nologie und grafische Symbole. 2004-01
Die technischen Werte dafür sind in zugeordneten techni- – Analytische Bestimmung und Interpretation der ther- DIN EN 12 828 Heizungssysteme in Gebäuden – Planung
schen Regeln und in Form von europaweit harmonisierten mischen Behaglichkeit durch Berechnung des PMV- von Warmwasser-Heizungsanlagen. 2003-06
Normen (EN-Normen) festgelegt. und des PPD-Indexes und Kriterien der lokalen thermi- DIN EN 12 831 Heizungsanlagen in Gebäuden – Verfah-
Allgemein stellen technische Regeln Arbeitshinweise und schen Behaglichkeit. 2007-06 ren zur Berechnung der Norm-Heizlast. 2003-08
Hilfsmittel für den Arbeitsalltag dar. Sie sind keine Arbeitsplatzgrenzwert (AGW). 2005 DIN EN 13 141 Lüftung von Gebäuden – Leistungsprüfun-
Rechtsvorschriften, sondern geben Entscheidungshilfen, Biologischer Grenzwert (BGW). 2005 gen von Bauteilen / Produkten für die Lüftung von Woh-
bilden eine Richtschnur für einwandfreies technisches DIN EN 200 Sanitärarmaturen – Auslaufventile und Misch- nungen. 2004-09
Vorgehen und / oder konkretisieren Inhalte von Verord- batterien (PN 10) – allgemeine technische Spezifikation. DIN EN 13 465 Lüftung von Gebäuden – Berechnungs-
nungen. Grundsätzlich steht die Anwendung der techni- 2005-06 verfahren zur Bestimmung von Luftvolumenströmen in
schen Regeln jedermann frei. Erst wenn diese in Geset- DIN 4261 Kleinkläranlagen. 2002-12 Wohnungen. 2004-05
zen, Verordnungen oder Vorschriften vorgesehen sind, DIN EN 13 779 Lüftung von Nichtwohngebäuden – allge-
werden sie rechtsverbindlich (z. B. im Baurecht) – oder Stadtraum und Infrastruktur meine Grundlagen und Anforderungen für Lüftungs-
wenn vertraglich die Verbindlichkeit einzelner Normen DIN 1986 Entwässerungsanlagen für Gebäude und und Klimaanlagen und Raumkühlsysteme. 2005-05
zwischen den Vertragspartnern festgelegt wird. Grundstücke. 2004-11 DIN EN 14 134 Lüftung von Gebäuden – Leistungsprü-
Zu den technischen Regeln gehören u.a. DIN-Normen, fung und Einbaukontrollen von Lüftungsanlagen von
VDI-Richtlinien und die als Regeln der Technik bezeich- Gebäudehülle Wohnungen. 2004-04
nenten Werke (z. B. Technische Regeln für Gefahrstoffe DIN 4108 Wärmeschutz und Energieeinsparung in DIN EN 14 336 Heizungsanlagen in Gebäuden – Installa-
TRGS). Gebäuden. 2006-03 tion und Abnahme der Warmwasser-Heizungsanlagen.
Die Normen unterscheiden sich in Produkt-, Anwen- Energieeinsparungsgesetz (EnEG) – Gesetz zur Einspa- 2005-01
dungs- und Prüfnormen. Oftmals beziehen sie sich nur rung von Energie in Gebäuden. 2005-09 DIN EN 14 337 Heizungssysteme in Gebäuden – Planung
auf eine spezifische Material- oder Produktgruppe. Die- VDI 2067 Wirtschaftlichkeit gebäudetechnischer Anlagen. und Einbau von elektrischen Direktraumheizungen.
sen Normen liegen entsprechende Prüf- und Rechen- 2000-09 2006-02
methoden für die jeweiligen Materialien zugrunde. DIN 5034 Tageslicht in Innenräumen. 1999-10 DIN EN 14 511 Luftkonditionierer, Flüssigkeitskühlsätze
Grundsätzlich gilt immer die neueste Version einer Norm, Arbeitsstättenrichtlinien (ASR), gemäß: Verordnung über und Wärmepumpen mit elektrisch angetriebenen Ver-
die dem Stand der Technik entsprechen soll. Eine neue Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung – ArbStättV). dichtern für die Raumbeheizung und Kühlung. 2004-07
oder überarbeitete Norm wird in Form eines Norment- 2004-12 DIN EN 14 706 Wärmedämmstoffe für die Haustechnik
wurfs öffentlich zur Diskussion gestellt, um später als und für betriebstechnische Anlagen – Bestimmung der
Norm verabschiedet zu werden. Technik oberen Anwendungsgrenztemperatur. 2006-03
Welchen Ursprung und Einflussbereich eine Norm hat, DIN 1946 Raumlufttechnik. 1999-03 DIN 5035 Beleuchtung mit künstlichem Licht. 1994-05
lässt sich aus ihrer Bezeichnung ersehen: DIN plus Zähl- DIN 1988 Technische Regeln für Trinkwasserinstallatio- DIN 51 731 Prüfung fester Brennstoffe – Presslinge aus
nummer (z. B. DIN 4108) besitzt überwiegend nationale nen (TRWI). 1988-12 naturbelassenem Holz – Anforderungen und Prüfung.
Bedeutung (Entwürfe werden mit »E« und Vornormen mit DIN V 4701 Energetische Bewertung heiz- und raumluft- 1996-10
»V« gekennzeichnet). Bei DIN EN plus Zählnummer (z. B. technischer Anlagen. 2003-08 VDI 3803 Raumlufttechnische Anlagen – bauliche und
DIN EN 572) handelt es sich um die deutsche Ausgabe DIN 4702 Heizkessel. 1990-03 technische Anforderungen. 2002-10
einer europäischen Norm, die unverändert von der euro- DIN 4703 Raumheizkörper. 1999-12
päischen Normungsorganisation CEN übernommen DIN 4708 Zentrale Wassererwärmungsanlagen. 1994-04 Material
wurde. Bei DIN EN ISO (z. B. DIN EN ISO 18 064) spiegelt DIN 4725 Warmwasser-Fußbodenheizungen. 2001-03 DIN 4102 Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen.
sich der nationale, europäische und weltweite Einflussbe- DIN 4726 Warmwasser-Fußbodenheizungen und Heiz- 1998-05
reich wider. Auf Grundlage einer Norm der internationa- körperanbindungen. 2000-01 DIN EN ISO 6946 Bauteile – Wärmedurchlasswiderstand
len Normungsorganisation ISO wurde eine europäische DIN 4747 Fernwärmeanlagen. 2003-11 und Wärmedurchgangskoeffizient – Berechnungsver-
Norm erarbeitet, die als DIN-Norm übernommen wurde. DIN V 4759 Wärmeerzeugungsanlagen für mehrere Ener- fahren. 2003-10
Bei DIN ISO (z. B. DIN ISO 21 930) handelt es sich um giearten. 1986-05 DIN EN 10 077 Wärmetechnisches Verhalten von Fens-
eine unveränderte Übernahme einer Norm der ISO als DIN 5035 Beleuchtung mit künstlichem Licht. 1990-09 tern, Türen und Abschlüssen – Berechnung des Wär-
nationale Norm. DIN 6280 Stromerzeugungsaggregate – Unterbrechungs- medurchgangskoeffizienten. 2006-12
Die nachfolgende Zusammenstellung ist eine Auswahl freie Stromversorgung. 1994-12 DIN EN 410 Glas im Bauwesen – Bestimmung der licht-
von Verordnungen, Richtlinien und Normen, die den DIN 8901 Kälteanlagen und Wärmepumpen – Schutz von technischen und strahlungsphysikalischen Kenngrößen
Stand der Technik wiedergibt (August 2007). Erdreich, Grund- und Oberflächenwasser – Sicherheits- von Verglasungen. 1998-12
technische und umweltrelevante Anforderungen und DIN 4108-2 Wärmeschutz und Energie-Einsparung in
Allgemein Prüfung. 2002-12 Gebäuden – Teil 2: Mindestanforderungen an den Wär-
DIN 18012 Hausanschlusseinrichtungen in Gebäuden – meschutz. 2003-07
Energieeinsparverordnung (EnEV) – Verordnung über Raum- und Flächenbedarf – Planungsgrundlagen. Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV). 2003-01
energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende 2000-11 Kreislaufwirtschaftsgesetz KrW / AbfG. 1996-10
Anlagentechnik bei Gebäuden. 2004-12 DIN 18 015 Elektrische Anlagen in Wohngebäuden. DIN EN ISO 14 024 Umweltkennzeichnungen und -dekla-
Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2002 – Gesetz zur 2004-08 rationen (Umweltkennzeichnung Typ I) – Grundsätze
Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im DIN 18 017 Lüftung von Bädern und Toilettenräumen und Verfahren. 2001-02
Strombereich. 2004-07 ohne Außenfenster. 1987-02 DIN EN ISO 14 021 Umweltkennzeichnungen und -dekla-
Wärmeschutzverordnung (WSVO) – Verordnung über DIN V 18 160 Abgasanlagen. 2006-01 rationen – umweltbezogene Anbietererklärungen
einen energiesparenden Wärmeschutz. 1987 DIN V 18 599 Energetische Bewertung von Gebäuden – (Umweltkennzeichnung Typ II). 2001-12
Novellierung Wärmeschutzverordnung. 1984 Berechnung des Nutz-, End- und Primärenergiebedarfs DIN EN ISO 14 040 Umweltmanagement – Ökobilanz –
Novellierung Wärmeschutzverordnung. 1995 für Heizung, Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser und Grundsätze und Rahmenbedingungen. 2006-10

268
Verordnungen, Richtlinien, Normen / Literatur

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Abbildungsnachweis

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Abbildungsnachweis Extreme Houses. München / Berlin / London / B 3.111 Constantin Meyer, Köln
New York 2002, S.13
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München / New York 1996, S. 188 B 4.1 Manfred Hegger, Kassel
B 1.31 Marine Current Turbines Ltd, Bristol B 4.4 aus: Mouchot, Augustin: Die Sonnenwärme und
B 1.34 Richard Davis, London ihre industriellen Anwendungen. Oberbözberg
B 1.35 Schlaich Bergermann und Partner, Stuttgart 1987, S. 199
B 4.6 – 8 aus: Butti, Ken; Perlin, John: A Golden
Stadtraum und Infrastruktur Thread. Palo Alto 1980, S. 119
B 2.1 Margherita Spiluttini, Wien B 4.9 Richard Schenkirz, Leonberg
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A 2.1 Curtis Morton, AUS-Adelaide B 3.25 Christian Richters, Münster B 5.1 Alvar Aalto Museum, FIN-Jyväskylä
A 2.5 Till Leeser, Hamburg B 3.26 Roland Halbe / artur, Essen B 5.2 aus: Curtis, William J.R.: Le Corbusier – Ideen
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Architektur und Nachhaltigkeit – eine schwierige B 3.28 Ibewert, Tröstau B 5.3 The Estate of R. Buckminster Fuller, Santa
Beziehung B 3.33 Eduard Hueber, New York Babara
A 3.2 Jan Bitter, Berlin B 3.34 Manfred Hegger, Kassel B 5.4 aus: Werner, Ernst: der Kristallpalast zu London.
A 3.3 Damjan Gale, Ljubljana B 3.35 Institut für Gebäude + Energie + Licht Planung, 1851, Düsseldorf 1970
A 3.4 Frank Kaltenbach, München Wismar B 5.7 Francis Jonckheere, Brüssel
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Die Dinge richtig tun – über Effizienz und Nach- B 3.43 Hinrich Reyelts, Karlsruhe B 5.37 Andreas Keller, Kirchentellinsfurt
haltigkeit B 3.44 Beat Kämpfen, Zürich B 5.38 Hugo Jehle, Stuttgart
A 4.1 a Burgess / SPL / Agentur Focus, Hamburg B 3.46 Frank Dierks, Darmstadt B 5.39 Gesimat GmbH, Berlin
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A 4.3 b Constantin Meyer, Köln B 3.48 Ivar Mjell, Århus B 5.43 Foto Claytec, Duisburg
A 4.5 a Tobias Bindhammer, Ulm B 3.49 Jörg Lange, Freiburg B 5.58 Ignacio Martinez, A-Hard
B 3.60 Klaus Frahm / artur, Essen B 5.64 Herbert Schwingenschlögl, Wien
Solare Architektur B 3.61 Waltraud Krase, Frankfurt B 5.65 Christian Schittich, München
A 5.1 Dieter Leistner / artur, Essen B 3.62 Christian Kandzia, Stuttgart B 5.66 Roland Halbe / artur, Essen
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B 3.92 a – b fbta, Universität Karlsruhe B 5.96 – 97 Christiane Sauer, Berlin
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Teil B Planung B 3.100 Georg Nemec, Freiburg
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B 5.52 – 53 nach Daten von Hegger, Manfred; Fuchs, B 6.35 Schweizerischer Ingenieur- und Architektenver-
Matthias; Zeumer, Martin: Forschungsbericht ein (Hrsg.): Empfehlung SIA 112/1. Nachhalti-
Vergleichende Nachhaltigkeitskennwerte von ges Bauen – Hochbau. Zürich 2006
Baustoffen und Bauteilschichten. Darmstadt B 6.37 Lützkendorf, Thomas u. a.: Nachhaltiges Pla-
2005 nen, Bauen und Bewirtschaften von Bauwerken.
B 5.54 in Anlehnung an Nebel, Barbara: Ökobilanzie- Ziele, Grundlagen, Stand und Trends. Bewer-
rung von Holzfußböden. Eine repräsentative tungsmethoden und -hilfsmittel. Kurzstudie für
Studie nach ISO 14040-14043 für die deutsche das BMVBW. Karlsruhe 2002
Holzfußbodenindustrie. München 2003
B 5.55 in Anlehnung an die EAWAG: Forum Chries-
bach – Ein Neubau für die Wasserforschung.
Dübendorf 2006 Der Fachbereich Architektur der Technischen Universität
B 5.56 siehe B 5.52 Darmstadt ist um Richtigkeit und Aktualität der im Energie
B 5.57 siehe B 3.14 Atlas bereitgestellten Informationen bemüht. Die Inhalte
B 5.59 Gesellschaft für ökologische Bautechnik mbh: des Energie Atlas wurden mit größter Sorgfalt erstellt.
Instrumente für eine qualitätsabhängige Trotzdem können Fehler und Unklarheiten nicht vollstän-
Abschätzung der Dauerhaftigkeit von Materia- dig ausgeschlossen werden. Der Fachbereich Architektur
lien und Konstruktionen. Berlin 2005 der Technischen Universität Darmstadt übernimmt des-
B 5.60 in Anlehnung an das Österreichische Institut für halb keine Gewähr für die Aktualität, Richtigkeit, Vollstän-
Baubiologie und -ökologie (IBO): IBO-Daten- digkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen.
bank. Wien 2005 Für Schäden materieller oder immaterieller Art, die durch
B 5.61 nach Daten von Graubner, Carl-Alexander; die Nutzung oder Nichtnutzung der dargebotenen Infor-
Hüske, Katja: Nachhaltigkeit im Bauwesen. mationen bzw. durch die Nutzung fehlerhafter und unvoll-
Berlin 2003 ständiger Informationen unmittelbar oder mittelbar verur-
B 5.63 nach Daten der TU Darmstadt, Fachgebiet Ent- sacht werden, haftet der Fachbereich Architektur der
werfen und Energieeffizientes Bauen: e-life – Technischen Universität Darmstadt nicht, sofern ihr nicht
Lebenszyklusbetrachtung und Optimierung von vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verschulden nach-
Instandsetzungsprozessen im Wohnungsbau. gewiesen werden kann.
Darmstadt 2007
B 5.72 siehe B 5.47
B 5.77 in Anlehnung an Preisig, Hansruedi: Massiv-
oder Leichtbauweise? Zürich 2002
B 5.78 siehe B 1.47 Autoren und Verlag danken den nachfolgend genannten
B 5.79 siehe B 5.59 Personen für ihre fachliche Beratung und Unterstützung:
B 5.80 Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV). 2003
B 5.81 Kreislaufwirtschaftsgesetz KrW / AbfG. 1996 Jens Hornung, Darmstadt
B 5.83 nach Daten von Zwiener, Gerd; Mötzl, Hilde- Martin Huber, Stuttgart
gund: Ökologisches Baustoff-Lexikon. Baupro- Verena Klar, Tübingen
dukte, Chemikalien, Schadstoffe, Ökologie, Jörg Lange, Freiburg
Innenraum. Heidelberg 2006 Dirk Mangold, Stuttgart
B 5.84 nach Daten des Ministeriums für Umwelt und Thomas Rühle, München
Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucher- Jürgen Schreiber, Ulm

275
Sachregister

Baustoff ∫ 169, 196 Coeffizient of Performance ∫ 130 Energiebedarfsdeckung ∫ 197


Sachregister Baustoffklasse ∫ 150f. Cosmic Conceptioning ∫ 19 Energiebereitstellungkette ∫ 14, 50
Bausubstanz ∫ 39, 171, 195 Customised Production ∫ 168 Energiebilanz ∫ 43, 182
Bauteilaktivierung ∫ 128, 132 D Energiebilanzierung ∫ 110
Bauteilgruppe ∫ 162 Dachabdichtung ∫ 162 Energiedienstleistung ∫ 60, 179
Bauteilzyklus ∫ 169 Dachbegrünung ∫ 88 Energiedurchlassgrad ∫ 97
2000-Watt-Gesellschaft ∫ 177 Bautradition ∫ 197 Dachdeckung ∫ 162 Energieeffizienz ∫ 26, 41, 110
A Bautypologie, traditionelle ∫ 66 Dachkollektor ∫ 95 Energieeinsparungsgesetz (EnEG)
Abbaumethode ∫ 168 Bauweise ∫ Dampfdiffusionsnachweis ∫ 151 ∫ 184
Abbaustätte ∫ 167 autochton ∫ 146 Dampfdiffusionswiderstandszahl ∫ 151 Energieeinsparverordnung (EnEV)
Abbruch ∫ 175 inhomogen ∫ 151 Dämmebene ∫ 163 ∫ 25, 183f.
Abdichtung ∫ 162 leicht ∫ 163, 168 Dämmmaterial ∫ 151 Energieerhaltungssatz ∫ 43
Abfall ∫ 169, 197 lichtdurchlässig ∫ 152 Dämmpaneel ∫ 88f. Energieerzeugung ∫ 64, 181f.
Abfallbehandlung ∫ 174 massiv ∫ 168 Dämmstoff ∫ 150ff. dezentral ∫ 181
Abfallsammlung ∫ 77 modular ∫ 147 Dämmung ∫ 162 Energieformen ∫ 43f.
Abfallverschwefelung ∫ 78 Bauxit ∫ 160 Dauerhaftigkeit ∫ 20, 33, 163ff., Energieinfrastruktur ∫ 42, 71
Abflussbeiwert ∫ 67f. bedingte Nutzungsdauer ∫ 33 169, 173 Energiekonzept ∫ 177ff., 181
Abluftanlage ∫ 134 Behaglichkeit ∫ 54f., 59 Daylight Factor ∫ 102 Energiekosten ∫ 49
Abluftfassade ∫ 101 Belagsmaterial ∫ 173 DDT ∫ 170 Energiekrise ∫ 25
Abriebfestigkeit ∫ 169 Belebtschlammverfahren ∫ 76 Deckenbekleidung ∫ 162 Energienetzwerk ∫ 71
Abschattungswinkel ∫ 103 Beleuchtung ∫ 103, 137, 197 Deckenheizung ∫ 127 Energiepflanze ∫ 116
Absorber ∫ 118f. Beleuchtungskonzept ∫ 137 Dematerialisierung ∫ 26 Energiepreis ∫ 41
Absorption ∫ 118, 130, 154, 158 Beleuchtungsstärke ∫ 58, 103, 136 demografischer Wandel ∫ 11, 34 Energiequelle ∫ 12, 43, 179
Absorptionsgrad ∫ 158 Beleuchtungstechnik ∫ 136 demontagegerechte Konstruktion ∫ 175 Energiereserven ∫ 41, 43f.
Absorptionskältemaschine ∫ 74, 130 Beschichtung ∫ 171f. Deponiegas ∫ 116 Energiesystem ∫ 15
absolute Luftfeuchtigkeit ∫ 54 Bestandssanierung ∫ 20 Deponierung ∫ 175 Energieträger ∫ 16, 25, 44, 71
Abwärmenutzung ∫ 131 Betonkernaktivierung ∫ 128 dezentrale Fassadenlüftung ∫ 127 erneuerbar ∫ 46f.
Abwasserbehandlung ∫ 75ff. Betreiber ∫ 189 dezentrale Lüftung ∫ 134 fossil ∫ 114
Abwasserbehandlungsanlagen ∫ 76 Betrieb ∫ 196 dezentrale Stromerzeugung ∫ 138 nicht erneuerbar ∫ 41
Abwassernutzung ∫ 75 Betriebskosten ∫ 22, 27, 32f., 180, 196 Dezentralisierung ∫ 16, 70ff. solar ∫ 16
Abwasserteich ∫ 77 Betriebskostensenkung ∫ 39 Dezipol ∫ 60 speicherfähig ∫ 71
Abwindfahne ∫ 66 Betriebsenergie ∫ 196 Diagnosesystem Nachhaltige Gebäude- Energieverbrauch ∫ 23, 25, 32f., 39,
Adaption ∫ 109 Betriebssicherheit ∫ 171 qualität ∫ 192f. 43ff., 148, 182
adaptive Verglasung ∫ 157 Bevölkerungsdichte ∫ 11 Dichte ∫ 18, 27, 31, 63 Energieversorgung ∫ 14, 61, 64, 179
Addition ∫ 109 Bevölkerungsrückgang ∫ 34 Diffusstrahlung ∫ 53 Energiewende ∫ 14
adiabate Kühlleistung ∫ 68 Bevölkerungswachstum ∫ 41f. DIN 18 599 ∫ 185 Energiewirtschaft ∫ 45, 50
adiabate Kühlung ∫ 130 Bewegungsmelder ∫ 138 Dioxin ∫ 170 Energy Performance of Building Directive
Adsorption ∫ 130, 159 Bewertung ∫ 181 Direktgewinnsystem ∫ 150 (EPBD) ∫ 183
Akkumulator ∫ 145 Bilanzierungsgrenze ∫ 181, 185 direkte Kühlung ∫ 128 Entaschung ∫ 117
aktive Solarenergienutzung ∫ 118 Bilanzierungsumfang ∫ 183 Direktstrahlung ∫ 53 Entflechtung ∫ 108
aktive Solartechniksysteme ∫ 93 Biodiesel ∫ 116 Dish-Konzentrator ∫ 144 Entropie ∫ 22, 43, 159f., 168
akustischer Komfort ∫ 59 Biodiversität ∫ 64 Dokumentation ∫ 183 Entsiegelung ∫ 67
Albedo ∫ 66 Biogas ∫ 71, 116 Doppelfassade ∫ 91, 98 Entwicklungsländer ∫ 38, 42
Algenwachstum ∫ 173 biologische Reinigung ∫ 75f. Doppelparker ∫ 81 Entwurfsplanung ∫ 180
Altbau ∫ 171 biologische Restmasse ∫ 77f. Downcycling ∫ 35, 174 Environmental Product Declaration
Altlasten ∫ 63 biologischer Grenzwert ∫ 60 Drei-Säulen-Modell ∫ 190 ∫ 161
Amortisation ∫ 152 biologisch-mechanische Vorbehand- Druckluftspeicher ∫ 145 Erdgas ∫ 71
Analyse ∫ 197 lung ∫ 77 Dünnschichtmodul ∫ 141 Erdgasreserven ∫ 41
Anergie ∫ 43, 121f. Biomasse ∫ 47, 115 Dünnschicht-Solarzelle ∫ 139 Erdkanal ∫ 129
Anpassungsfähigkeit ∫ 27 Biomasseaufkommen ∫ 115 Dünnschichttechnologie ∫ 139 Erdkollektor ∫ 124
Aquifer ∫ 45 Biomass-to-liquid-Verfahren ∫ 116 Durchlauferhitzer ∫ 114 Erdölreserven ∫ 41
Aquiferspeicher ∫ 125 Blauer Engel ∫ 170 Durchmischung ∫ 194 Erdregister ∫ 129
Arbeitsplatzgrenzwert ∫ 60 Blendfreiheit ∫ 104 dynamische Dämmung ∫ 93, 149f. Erdreich ∫ 68, 122
Arbeitsstättenrichtlinie ∫ 100 Blendung ∫ 58 dynamischer U-Wert ∫ 154 Erschütterung ∫ 194
Architekt ∫ 189 Blockheizkraftwerk ∫ 131, 143 E Erdsonde ∫ 121, 129
architektonische Bewertung ∫ 181 Blockstruktur ∫ 62 Eco-Zertifikat ∫ 170 Erdsondenspeicher ∫ 125
Argon ∫ 155 Boden ∫ 166 Effektivität ∫ 24f. Erdwärme ∫ 43, 48, 123
Asbest ∫ 170 Bodenbelag ∫ 169, 173 Effizienz ∫ 24f., 50 Erdwärmekollektor ∫ 121
Atmosphärenwärme ∫ 48 Bower-Door-Test ∫ 93 Einfachverglasung ∫ 153 Erdwärmesonde ∫ 122
Atrium ∫ 65 Brandschutz ∫ 171 Einflussfaktoren ∫ 83 Erdwärmetauscher ∫ 129, 135
Aufstockung ∫ 64 Brandungsenergie ∫ 48 Eisspeicher ∫ 131 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)
Aufwindkraftwerk ∫ 144 Braunkohletagebau ∫ 167 elektrische Energie ∫ 114 ∫ 17, 72
Ausbau ∫ 195 Braunwasser ∫ 75 elektrische Kälteerzeugung ∫ 130 Ernterückstand ∫ 116
Ausführende ∫ 189 Brennbarkeitsklasse ∫ 151 elektrochrome Schichten ∫ 157 Erschließung ∫ 195
Ausführungsplanung ∫ 180 Brennstoffzelle ∫ 143, 145 Empfindungstemperatur ∫ 57 Erweiterung ∫ 64
Ausschreibung ∫ 180 Brennwerttechnik ∫ 114 EMI Code ∫ 170 ETFE-Folie ∫ 148
Austauschzyklus ∫ 33, 163, 165 Brennwerttechnologie ∫ 114 Emission ∫ 25, 167 Estrich ∫ 162
Auswertung ∫ 167 Brise Soleil ∫ 97, 146 Emissionsquelle ∫ 170 EU-Gebäuderichtlinie ∫ 186
Außendämmung ∫ 87 Brundtland-Kommission ∫ 183 Emissivität ∫ 154 EU-Richtlinie ∫ 183
Außenwandbekleidung ∫ 162 Bruttoinlandsprodukt ∫ 12, 41, 49 Endenergie ∫ 50 Euroblume ∫ 170
autogerechte Stadt ∫ 20 Bruttosozialprodukt ∫ 45 energetische Amortisationszeit ∫ 142 Europäische Bauproduktenrichtlinie
automatische Parksysteme ∫ 81 BREEAM ∫ 191 energetische Bewertung ∫ 184 ∫ 27
Automatisierung ∫ 137 Bundesimmissionsschutzgesetz ∫ 184 energetische Sanierung ∫ 152 Evaluationswerkzeug ∫ 191
A / V-Verhältnis ∫ 65, 86, 180 Bürogebäude ∫ 27, 32 energetisches Ziel ∫ 181 Exergie ∫ 43, 121f.
B C Energie ∫ 43ff., 63f. externe Kosten ∫ 40, 46ff.
Barackenklima ∫ 98, 158 Cadmium-Tellurid (CdTe) ∫ 139 atomar ∫ 14 externe Wärmelast ∫ 96
barrierefreies Bauen ∫ 172 Car-Sharing ∫ 78 gebunden ∫ 160 F
Barrierefreiheit ∫ 64 Charta von Athen ∫ 30, 62 erneuerbar ∫ 13f., 110 Fachingenieur ∫ 189
Baufirma ∫ 189 chemische Reinigung ∫ 76 fossil ∫ 14 Facilitymanagement ∫ 34, 189, 197
Bauherr ∫ 189 chemischer Speicher ∫ 124 Energieangebot ∫ 194 Faktor-4-Modell ∫ 26
Baukosten ∫ 27, 196 CO2-Konzentration ∫ 40 Energieausweis ∫ 185f. Farbgestaltung ∫ 59
Baukultur ∫ 194 CO2-neutral ∫ 113, 115 energieautark ∫ 181 Farbwiedergabe ∫ 59, 154
Bauprozess ∫ 169 CO2-neutrales Gebäude ∫ 181 Energiebedarf ∫ 28, 60f. Fassadenheizung ∫ 128

276
Sachregister

Fassadenkollektor ∫ 94f. in Gebäuden (EnEG) ∫ 84 Instandsetzung ∫ 164f., 173, 196 Kühlsegel ∫ 132
Fassadenlüftung ∫ 102 gespeicherte Solarenergie ∫ 115 Instandsetzungszyklen ∫ 33 Kühlturm ∫ 130
Fassadenlüftungsgerät ∫ 102, 133 Gesundheit ∫ 39 Intensivreinigung ∫ 172f. Kunstlicht ∫ 102, 136
Feinstaub ∫ 67, 115 gesundheitliche Unbedenklichkeit intelligente Gebäude ∫ 29 künstliche mineralische Fasern
Fensterflächenanteil ∫ 95, 104 ∫ 171 Integrale Planung ∫ 187, 197 (KMF) ∫ 170
Fensterlüftung ∫ 93, 100, 135 Gezeiten ∫ 48 Integration ∫ 65, 109, 194 Kupfer-Indium-Selen (CIS) ∫ 139
Fensterrahmen ∫ 156 Gezeitenkraftwerk ∫ 48 interne Wärmelast ∫ 96 Kurzzeitspeicher ∫ 75
Fernkältenetz ∫ 74 Gewerbeabfallverordnung ∫ 169 Inversionswetterlage ∫ 67 Kurzzeitwärmespeicher ∫ 125
Fernwärme ∫ 73f. Glas ∫ Investitionskosten ∫ 22, 32, 180 kybernetisches System ∫ 61
Fernwärmenetz ∫ 73f. lichtlenkend ∫ 157 IPPC-Bericht ∫ 39f. Kyoto-Protokoll ∫ 42
Feuchteabsorption ∫ 151 phototrop ∫ 157 Isolierverglasung ∫ 152f., 155 L
Feuchterückgewinnung ∫ 135 schaltbar ∫ 106 J Label ∫ 171
Feuchteschaden ∫ 90 thermotrop ∫ 157 Jahresarbeitszahl ∫ 123 Lamellen ∫ 105
Feuchteschutz ∫ 172 Glasfalztiefe ∫ 156 Jahresaufwandszahl ∫ 123 Lamellenjalousien ∫ 98, 105
Feuerwiderstandsklasse ∫ 172 Glasqualität ∫ 90 Jahresbilanz ∫ 182 Lampe ∫ 137
Finanzierung ∫ 196 Glaszwischenraum ∫ 155 Jahresheizwärmebedarf ∫ 114 ländlicher Raum ∫ 63ff.
Finanzierungsträger ∫ 188 Glaswolle ∫ 151 Jalousien ∫ 97, 105 Lärm ∫ 194
Flachheizkörper ∫ 127 Gleichgewichtsfeuchte ∫ 159 K Landschaftsarchitekt ∫ 189
Flachkollektor ∫ 94, 119 globale Erwärmung ∫ 38 Kälteerzeugung ∫ 130f., 143 Landverbrauch ∫ 31, 167
Flächenheizung ∫ 123, 127 Global Governance ∫ 10, 12 Kälteleistung ∫ 128 Langzeitspeicher ∫ 74f.
Flächennutzung ∫ 62ff. Globalstrahlung ∫ 47, 51, 53, 68 Kältemittel ∫ 123 Langzeitwärmespeicher ∫ 73f., 121,
Flächenoptimierung ∫ 86 Graue Energie ∫ 148, 160 Kältemittelkreis ∫ 131 125
Flächenverbrauch ∫ 31, 63 Grauwasser ∫ 75 Kältenetz ∫ 73f. Laser-Cut-Panels (LCP) ∫ 105, 157
Flammschutzmittel ∫ 170 Gravitation ∫ 43 Kälterückgewinnung ∫ 136 Latentspeichermaterial ∫ 158
Flexibiltät ∫ 27 Großklima ∫ 52 Kältespeicher ∫ 131 latente Wärmespeicher ∫ 93
Flexibilisierunsstrategien ∫ 165 Grubengas ∫ 71 kaltes Verfahren ∫ 77 Laufwasser ∫ 48
Flugverkehr ∫ 79 Grüngürtel ∫ 67 Kälteübergabe ∫ 132 Lebensdauer ∫ 27, 32ff., 160
Förderschnecke ∫ 117 Grundlagenermittlung ∫ 180 Kälteverteilung ∫ 132 Lebenszyklus ∫ 20, 27, 32ff., 163, 165ff.
Folgekosten ∫ 18, 32, 34 Grundrisszonierung ∫ 69f. Kaltwasserspeicher ∫ 131 Lebenszyklusanalyse ∫ 166, 188
Formaldehyd ∫ 170 Grundstück ∫ 27 Kastenfenster ∫ 91, 97, 155 Lebenszyklusbetrachtung ∫ 165
Formfaktor ∫ 86 Grundstücksfläche ∫ 194 Kaverne ∫ 71 lebenszyklusgerechtes Planen ∫ 32f.
fossile Energie ∫ 30 Grundversorgung ∫ 194 Kerndämmung ∫ 87ff. Lebenszykluskostenberechnung ∫ 32
fossile Energiewirtschaft ∫ 41 Grundwasser ∫ 66, 129 Kernenergie ∫ 45, 114 LEED ∫ 191
fossile Rohstoffe ∫ 41 Grundwassernutzung ∫ 122 Kernfusion ∫ 45 Leichtbauweise ∫ 168
Freianlage ∫ 194 Grundwasserspiegel ∫ 66, 167 Kies-Wasser-Speicher ∫ 75ff. Leistungszahl ∫ 123
freie Lüftung ∫ 93, 99f. Güterverkehr ∫ 78 Kläranlage ∫ 75ff. Leitfaden Nachhaltiges Bauen ∫ 190
Freiraum ∫ 62 g-Wert ∫ 28, 92, 97f. Klima ∫ 51ff., 65 Leitkriterien ∫ 190
Frischluftzufuhr ∫ 67 H Klimadaten ∫ 54 Leitungsverlust ∫ 126
Frischluftschneise ∫ 67 Halbwertszeit ∫ 45 Klimaanlage ∫ 133 Leuchten ∫ 137
ESC Zertifikat ∫ 170 Halbzeuge ∫ 174 Klimaelemente ∫ 52 Leuchtenbetriebswirkungsgrad ∫ 137
funktionale Schichten ∫ 162 Hackschnitzelanlage ∫ 117 Klimafaktoren ∫ 52 Leuchteneffizienzfaktor ∫ 137
Funktionsäquivalent ∫ 160 Handwerker ∫ 189 Klimahülle ∫ 52 Leuchtdichte ∫ 105, 137
Furan ∫ 170 Hard-Coating ∫ 155 Klimakomfort ∫ 25, 57 Leuchtdichteverhältnis ∫ 58
Fußbodenheizung ∫ 127, 132 Heat-Pipe-Prinzip ∫ 120 Klimaschutz ∫ 38 Leuchtdichteverteilung ∫ 103
G Heizanlagenverordung ∫ 184 Klimaschutzpolitik ∫ 42 Leuchtmittel ∫ 137
Gartenstadt ∫ 62 Heizfläche ∫ 126 Klimawandel ∫ 18, 39ff., 171 Licht ∫ 195
Gasnetz ∫ 71f. Heizkessel ∫ 39 Klimazonen ∫ 52f., 65ff. Lichtausbeute ∫ 137
gasochrome Beschichtung ∫ 157 Heizkörper ∫ 126f. Kohlendioxidsequestierung ∫ 45 Lichtdurchlass ∫ 154
gasochrome Verglasung ∫ 157 Heizkosten ∫ 39 Kollektor ∫ 93f. Lichtfarbe ∫ 59
Gebäudeausrichtung ∫ 180 Heizlast ∫ 114 Kollektorkreis ∫ 120 Lichtleistung ∫ 137
Gebäudebestand ∫ 26 Heizperiode ∫ 114 Komfort ∫ 39, 51, 56ff. lichtlenkende Systeme ∫ 104
Gebäudeheizung ∫ 196 Heizregister ∫ 102, 126 Kompaktheit ∫ 86, 103 Lichtlenklamellen ∫ 105
Gebäudehülle ∫ 83ff. Heiztechnik ∫ 180 Kompaktlüftungsgerät ∫ 135 Lichtlenkung ∫ 104ff.
Gebäudelabel ∫ 191 Heizwärmebedarf ∫ 84, 86 Komplexität ∫ 19 Lichtplanung ∫ 136
Gebäudeleittechnik ∫ 28 Heizwert ∫ 117 Kompostierung ∫ 174 Lichtschwert ∫ 105
Gebäudekühlung ∫ 196 Heliostat ∫ 106 Kompressionskältemaschine ∫ 74, 130 Lichtstreuung ∫ 104, 106
Gebäudesanierung ∫ 88 Herstellungskreislauf ∫ 168 Kompressionswärmepumpe ∫ 123 Lichtstrom ∫ 137
Gebäudestruktur ∫ 195 Hightech ∫ 61 Kondensator ∫ 130 Lichttransmission ∫ 59
Gebäudesubstanz ∫ 195 Hochgarage ∫ 81 Konditionierung ∫ 134 Lichttransmissionsgrad ∫ 104
Gebäudetechnik ∫ 28, 110 Hochspannung ∫ 72 Kondratieff-Zyklen ∫ 25 Lichttransport ∫ 105f.
Gebäudetypologie ∫ 70 holographisch-optische Elemente Konsistenz ∫ 50 Lightpipe ∫ 106
Gebläsekonvektor ∫ 132 (HOE) ∫ 105, 156 kontrollierte Be- und Entlüftung ∫ 122 Light Shelve ∫ 105
Gegenstromwärmetauscher ∫ 136 Holzgas ∫ 71 Konvektion ∫ 149 Life Cycle Assessment (LCA) ∫ 166ff.
gekoppelte Systeme ∫ 150 Holzhackschnitzel ∫ 117 Konvektor ∫ 127 Life Cycle Costing (LCC) ∫ 27, 32
Gelbwasser ∫ 75 Holzpellet ∫ 117 Konversion ∫ 64 Liquid Crystal ∫ 157
gemäßigte Zone ∫ 52, 65 Holzwolleplatte ∫ 151 konzentrierende Solarkollektoren ∫ 144 Lizenzgeber ∫ 170
Gemeinschaft ∫ 194 Horizontwinkel ∫ 103 Konzeptentwicklung ∫ 176, 179 lösbare Verbindungen ∫ 33
Genehmigungsplanung ∫ 180 Hüllgeometrie ∫ 86 Körperschall ∫ 59 Lokalklima ∫ 52, 66
Gerechtigkeit ∫ 194 I Korklogo ∫ 170 Low-E-Beschichtung ∫ 153, 155, 157
Geruchssinn ∫ 60 IBR-Prüfsiegel ∫ 170 Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) ∫ 72f., Low-E-Glas ∫ 154
Gesamtenergie ∫ 43 Identifikation ∫ 169 81, 116, 131, 143 Lowtech ∫ 61
Gesamtenergiedurchlassgrad Identitätsbildung ∫ 64 Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung ∫ 131, Luftaustausch ∫ 99
∫ 28, 153f. Indikator ∫ 193 143f. Luftbewegung ∫ 57f.
Gesamtenergiedurchlasskoeffizient Industriealisierung ∫ 26 Kreislaufwirtschaft ∫ 23 Luftdichtheit ∫ 93
∫ 150 Industrielandschaft ∫ 168 Kreislaufwirtschaftsgesetz ∫ 169, 174 Lüften ∫ 99f.
Gesamtenergieeffizienz ∫ 183 Infeldleuchtendichte ∫ 58 Kreisverbundwärmetauscher ∫ 136 Luftfeuchte ∫ 54, 172
Gesamtkosten ∫ 33 inerte Masse ∫ 169 Kreuzstromwärmetauscher ∫ 136 Luftfeuchtigkeit ∫ 133
Gesamtwärmedurchgangskoeffizient Infrastruktur ∫ 197 kristalline Solarzelle ∫ 139 Luftfilter ∫ 102
∫ 156 Infrastrukturkosten ∫ 31 Krypton ∫ 155 Luftförderung ∫ 197
Gestaltqualität ∫ 194 inhomogener Wandaufbau ∫ 88 Kühlbedarf ∫ 128 Luftführung ∫ 99, 134
Gestaltung ∫ 194 Innendämmung ∫ 87ff. Kühlenergiebedarf ∫ 95 Luftgeschwindigkeit ∫ 133
Gesellschaft ∫ 191f., Instandhaltung ∫ 172f., 196 Kühllast ∫ 95, 128 Luftheizung ∫ 94, 120
Gesetz zur Einsparung von Energie Instandhaltungskosten ∫ 33 Kühlregister ∫ 102, 132 Luftkollektor ∫ 94, 119

277
Sachregister

Luftkollektorfassade ∫ 94 Nutzer ∫ 189 Plattenheizkörper ∫ 127 Rohstoffreserven ∫ 16


Luftkühlung ∫ 132 Nutzerakzeptanz ∫ 181 PMV-Wert ∫ 57 Rohwasser ∫ 74f.
Luft/Luft-Wärmepumpe ∫ 124 Nutzerverhalten ∫ 23 Polarzone ∫ 52, 65 Rotationswärmetauscher ∫ 136
Luftschall ∫ 59 Nutzoberfläche ∫ 164 Politiker ∫ 188 Rückbau ∫ 174, 196
Lüftung ∫ 93, 98ff., 133ff. Nutzung ∫ 194f. Polystyrol-Extruderschaum (XPS) Rückkühlwerk ∫ 130
Lüftungsanlage ∫ 133 Nutzungsdauer ∫ 165 ∫ 150f. Rücknahmeverpflichtung ∫ 175
Lüftungsantrieb ∫ 135 bedingte ∫ 33 Polystyrol-Hartschaum (EPS) ∫ 151 Rugmark ∫ 170
Lüftungswärmeverluste ∫ 86, 93, 135 technische ∫ 33 Polyurethan-Hartschaum (PUR) ∫ 151 ruhender Verkehr ∫ 80
Lüftungszentrale ∫ 133 wirtschaftliche ∫ 34 Porenbeton ∫ 87 Runder Tisch nachhaltiges Bauen
Luftvolumenstrom ∫ 133f. Nutzungsflexibilität ∫ 165 poröser Absorber ∫ 172 ∫ 167
Luftwärmetauscher ∫ 121 Nutzungsintensität ∫ 164 Potenzial ∫ 46 S
Luft/Wasser-Wärmetauscher ∫ 129 Nutzungskonzept ∫ 34 PPD-Wert ∫ 57 Sachbilanz ∫ 166
Luftwechsel ∫ 100, 132, 134 Nutzungskosten ∫ 189 Primärenergie ∫ 28, 50 Sacksilo ∫ 117
Luftwechselraten ∫ 60 Nutzungsmischung ∫ 64, 194 Primärenergiebedarf ∫ 49 Sägezahnmodell ∫ 163ff.
M Nutzungszeitraum ∫ 35 Primärenergiebilanz ∫ 114 Sammelstelle ∫ 77
Makroklima ∫ 52, 65f. O Primärenergiefaktor ∫ 114, 184 Sanierung ∫ 64
MAK-Werte ∫ 60 Oberfläche ∫ 103 Primärenergieinhalt (PEI) ∫ 148, 160, Saubere Baustelle ∫ 169
Manipulation ∫ 29 Oberflächenbeschichtung ∫ 173 167 Sauberlaufzone ∫ 172
Marktanreizprogramm ∫ 186 Oberflächenwasser ∫ 129 Primärenergieträger ∫ 165 Saugförderung ∫ 117
maschinelle Fassadenlüftung ∫ 102 Objektqualität ∫ 193f. erneuerbar ∫ 44 Schacht ∫ 164
maschinelle Lüftung ∫ 93, 133ff. Objektüberwachung ∫ 180 Primärenergieverbrauch ∫ 41, 44ff., 49 Schadstoff ∫ 171, 196
Massivabsorber ∫ 122, 129 offener Absorber ∫ 119 Prismenplatten ∫ 157 Schadstoffemission ∫ 60
Massivbauweise ∫ 168 öffentlicher Personennahverkehr ∫ 78f. Projektentwicklung ∫ 166 Schadstoffpotenzial ∫ 171
Massivwandsystem ∫ 150 Ökobilanz ∫ 166ff. Projektkonstellation ∫ 187 Schall ∫ 59, 195
Material ∫ 146ff. Ökologie ∫ 24f., 192 Pro-Kopf-Energieverbrauch ∫ 12, 177 Schalldruckpegel ∫ 59
Materialintensität ∫166 ökologische Bewertung ∫ 181 Pro-Kopf-Wohnfläche ∫ 20 Schallleistung ∫ 59
Materialkreislauf ∫ 175 ökologischer Rucksack ∫ 166 Prozesskette ∫ 168 Schallschutz ∫ 172
Materialvielfalt ∫168 ökologisches Bauen ∫ 19 Prozessqualität ∫ 193, 197 schaltbare Gläser ∫ 97
mechanische Reinigung ∫ 75f. Ökonomie ∫ 25, 192 Prozesswärme ∫ 73 schaltbare Systeme ∫ 150
Meeresströmung ∫ 48 ökonomische Bewertung ∫ 181 Public Private Partnership (PPP) ∫ 32, Schaumglas ∫ 151f.
Meereswärme ∫ 49 Ökopunkte ∫167 188 Scheibenzwischenraum ∫ 155
Meereswärmekraftwerk ∫ 49 Ökosystem ∫ 19, 40 Pufferspeicher ∫ 120, 125 Scheitholzkessel ∫ 117
mehrschichtiger Aufbau ∫ 87 olfaktorischer Komfort ∫ 60 Pufferung ∫ 124 Schichtentrennung ∫ 163, 175
Mehrzonenmodell ∫ 185 Ölfördermaximum ∫ 41 Pumpspeicherwerk ∫ 72 Schienennahverkehr ∫ 78
Membranfilterverfahren ∫ 76 Ölkrise ∫ 39 Putz ∫ 162 Schimmelpilze ∫ 59
Mesoklima ∫ 52, 66ff. operative Temperatur ∫ 57ff., 95 pyrogene Kieselsäure ∫ 155 Schmelzenthalpie ∫ 159
Methan ∫ 71 ÖPNV-Anbindung ∫ 79 Pyrolyse ∫ 78 Schmutzeintrag ∫ 172
Mikroklima ∫ 52, 68f. optische Linsen ∫ 157 Q Schneckenaustragung ∫ 117
Minderungsfaktor ∫ 98f. optischer Verschleiß ∫ 164 Quartiersgarage ∫ 81 Schwarzwasser ∫ 75
Mindestwärmedämmstandard ∫ 184 Ortsbezug ∫ 169 Quelllüftung ∫ 132 Schwellenländer ∫ 26, 38, 42
MINERGIE-ECO ∫ 192 Ozonzerstörungspotenzial (ODP) ∫ 167 Querlüftung ∫ 99 Schwermetall ∫ 171
MIPS-Konzept ∫ 166 P R Schwungradspeicher ∫ 145
Mischbauweise ∫ 168 Pan European Forest Certifikation (PEFC) Randverbund ∫ 155 Seeklima ∫ 66
Mischkanalisation ∫ 75 ∫ 170 Radiatoren ∫ 127 Seewind ∫ 66
Mischlüftung ∫ 132 Parabolrinnenkollektor ∫ 144 Randbedingungen ∫ 177f. Sekundärenergie ∫ 50
Mitbestimmung ∫ 65 Parabolspiegel ∫ 106 Rapsöl ∫ 116 selektiver Absorber ∫ 118
Mittelspannung ∫ 72 Parafin ∫ 158 Rauigkeit ∫ 66 semitransparentes Modul ∫ 141
Mobilität ∫ 20, 78f., 194 Park ∫ 67 Raum ∫ 63f., 103 sensible Wärmespeicherung ∫ 124
Mobilitätsbedarf ∫ 79 Parkfläche ∫ 81 Raumausleuchtung ∫ 104 SIA Effizienzpfad Energie ∫ 177
Mobilitätskosten ∫ 79 Partizipation ∫ 189, 197 Raumgeometrie ∫ 103 SIA-Empfehlung 112 / 1 ∫ 190
Modernisierung ∫ 64, 164f. passive Solarenergienutzung ∫ 118 Raumklima ∫ 55, 195 Sicherheit ∫ 195
Modulwirkungsgrad ∫ 140 Passivhaus ∫ 25, 69 Raumkonditionierung ∫ 133 Sick-Building-Syndrom ∫ 27, 39, 58
Monitoring ∫ 197 Passivhausstandard ∫ 63 räumliche Identität ∫ 194 Sickerfläche ∫ 67
motorisierter Individualverkehr Peak-Oil ∫ 41 Raumluft ∫ 60, 195 Silizium ∫ 139
∫ 78 Pelletanlage ∫ 117 Raumluftfeuchte ∫ 56f. Simulation ∫ 29
N Performance Ratio ∫ 140 Raumluftgeschwindigkeit ∫ 56 Simulationsverfahren ∫ 180
Nachhallzeit ∫ 59f. Perimeterdämmung ∫ 90 raumlufttechnische Anlage ∫ 133 Sogkraft ∫ 101
nachhaltige Architektur ∫ 190 Personalisierung ∫ 194 Raumprogramm ∫ 27 Solarabsorber ∫ 124
nachhaltige Entwicklung ∫ 19, 26 Pflanzenkläranlage ∫ 77 Raumumschließungstemperatur ∫ 56ff. Solararchitektur ∫ 84, 91
nachhaltiges Bauen ∫ 19ff., 197 horizontal ∫ 77 Recycling ∫ 35, 77, 174 Solardach ∫ 95
Nachhaltigkeit ∫ 19f., 23, 27, 35, 177, vertikal ∫ 77 Reflexion ∫ 118, 158 solare Absorption ∫ 66
183 Pflanzenöl ∫ 115 Regionalplaner ∫ 188 solare Deckungsrate ∫ 142
Nachnutzung ∫ 35, 175 Pflege ∫ 172 Reinigung ∫ 75f., 172f. solare Exponiertheit ∫ 68
Nachströmöffnung ∫ 101, 134 Pflegeaufwand ∫ 172 Reinigungsarten ∫ 173 solare Kühlung ∫ 131
Nachtabsenkung ∫ 126 pflegeleichte Öberfläche ∫ 172 Reinigungskosten ∫ 172 Solarenergie ∫ 28, 93, 115
Nachtluftkühlung ∫ 68 pflegeleichte Fassade ∫ 173 Reinigungsmittel ∫ 173 Solarenergienutzung ∫ 118
Nachverdichtung ∫ 64 pflegeleichter Bodenbelag ∫ 173 Reinigungszyklus ∫ 172f. solare Pufferräume ∫ 92
nachwachsender Rohstoff ∫ 115, 161f. Phase Changing Materials (PCM) Regenwasser ∫ 75 solares Kühlsystem ∫ 28
Nachweisverfahren ∫ 184 ∫ 124, 158 Regenwasserrückhaltebecken ∫ 67 solarer Deckungsanteil ∫ 119
Nahwärme ∫ 73 Phasenverschiebung ∫ 159 Rekultivierung ∫ 168 solarer Deckungsgrad ∫ 95
Nahwärmenetz ∫ 73ff., 121 photochemisches Oxidanzienbildungs Renaturierung ∫ 168 solarer Gewinn ∫ 28, 65, 150, 180
Natureplus ∫ 170 potenzial (POCP) ∫ 167 Ressourcen ∫ 24, 166 solarer Sonnenschutz ∫ 108
Naturland ∫ 170 Photoeffekt ∫ 138 Ressourceneffizienz ∫ 26f., 168 Solarertrag ∫ 141f.
natürliche Lüftung ∫ 68, 99, 101 Photosynthese ∫ 115 Ressourcennutzung ∫ 39 solarer Trinkwasserspeicher ∫ 125
Negawatt ∫ 50 phototermischer Effekt ∫ 118 Ressourcenproduktivität ∫ 26f. Solarfassade ∫ 94
Netzverbund ∫ 1f.81 Photovoltaik ∫ 106ff., 138 Ressourcenschonung ∫ 38 Solarkamin ∫ 102
Netzwerk ∫ 70f. Photovoltaikdach ∫ 107 Ressourcenverbrauch ∫ 33, 165, 167 Solarkonstante ∫ 44
Niederschlag ∫ 67 Photovoltaikfassade ∫ 107 reversible Wärmepumpe ∫ 130 Solarstrahlung ∫ 43f., 53f., 86, 91, 118
Niederspannung ∫ 72 Photovoltaikmodul ∫ 106, 140f. Rigole ∫ 67 Solarthermie ∫ 118
Niedrigenergiestandard ∫ 63 Planung ∫ 166 Rohdichte ∫ 148 solarthermische Anlage ∫ 120
Normheizlast ∫ 114 Planungshilfe ∫ 182f. Rohstoff ∫ 196 solarthermische Energiegewinnung
Nutzbarkeit ∫ 195 Planungsprozess ∫ 169, 186 Rohstoffgewinnung ∫ 167 ∫ 86
Nutzenergie ∫ 50, 121 Planungsteam ∫ 187 Rohstoffquellen ∫ 25 solarthermischer Kollektor ∫ 94, 108

278
Sachregister

solarthermische Stromerzeugung Tageslichtnutzung ∫ 136 Umspannwerk ∫ 72 Wärmequelle ∫ 121, 124


∫ 144 Tageslichtoptimierung ∫ 103 Umwandlunsprozess ∫ 50 Wärmerückgewinnung ∫ 102, 122,
solarthermische Wärmeerzeugung Tageslichtquotient ∫ 102 Umwälzpumpe ∫ 126 135
∫ 120 Tageslichtsystem ∫ 104 Umwelt ∫ 24, 191 Wärmeschutz ∫ 95, 148ff., 158
Solarzelle ∫ 139f. Tageslichttransmission ∫ 154 Umweltbelastung ∫ 196 Wärmeschutzbeschichtung ∫ 153
Sole/Wasser-Wärmepumpe ∫ 124 Taktung ∫ 124 Umweltbewusstsein ∫ 18 Wärmeschutz-Isolierglas ∫ 153
Solidarität ∫ 194 Tank-in-Tank-System ∫ 125 Umweltenergie ∫ 21, 28 Wärmeschutzverglasung ∫ 91, 155
Sommersmogpotenzial ∫ 167 Tauchkörperverfahren ∫ 76 Umweltkennzeichnung ∫ 171 Wärmeschutzverordnung ∫ 63, 84
Sonne ∫ 13, 43, 53f. Taupunkt ∫ 132 Umweltkurve von Kuznets ∫ 26 Wärmesenke ∫ 128
Sonnenbahn ∫ 96 Tauwasserabfall ∫ 151 Umweltwirkung ∫ 165ff. Wärmespeicher ∫ 124f.
Sonneneintragskennwert ∫ 95, 98f. technische Gebäudeausrüstung ∫ 33 UN-Weltklimarat ∫ 39 Wärmespeicherfähigkeit ∫ 98, 158
Sonnenlaufbahn ∫ 96 technische Infrastruktur ∫ 70ff. Unterflurkonvektor ∫ 127 Wärmespeicherung ∫ 119, 124f.
Sonnenschutz ∫ 97, 108, 157 technische Lebensdauer ∫ 34 Unterhaltskosten ∫ 33, 196 Wärmestrahlung ∫ 118 , 150
Sonnenschutzbeschichtung ∫ 157 technische Nutzungsdauer ∫ 33 Unterkomplexität ∫ 19 Wärmetauscher ∫ 93, 136
Sonnenschutzglas ∫ 97, 157 technischer Ausbau ∫ 110 Upcycling ∫ 75 Wärmetechnik ∫ 113
Sonnenschutzsystem ∫ 98 Technisierungsgrad ∫ 32 urbaner Raum ∫ 63ff., 79 Wärmeträgermedium ∫ 119, 121, 125
Sonnenschutzverglasung ∫ 155 Technologieniveau ∫ 61 Urbanität ∫ 30 Wärmetransmission ∫ 96
Sonnenstandsdiagramm ∫ 54 Temperatur ∫ 54 U-Wert ∫ 28, 83, 87, 150f., 184 Wärmetransport ∫ 119
Sonnenstandsmodell ∫ 68 Temperaturamplitude ∫ 158 V Wärmeübergabesystem ∫ 126f.
Sonnenverlauf ∫ 54 Temperaturamplitudenverhältnis ∫ 96 Vakuum ∫ 155 Wärmeübergang ∫ 87
Sorption ∫ 159 Temperaturleitzahl ∫ 159 Vakuumdämmpaneel ∫ 88 Wärmeübergangskoeffizient ∫ 156
Sorptionsfähigkeit ∫ 159 temporärer Wärmeschutz ∫ 91 Vakuumisolationspaneel (VIP) ∫ 88, Wärmeverlust ∫ 86
Sorptionskältemaschine ∫ 73f., 130 Terrazzoestrich ∫ 164 149, 151 Wärmeversorgung ∫ 113
Sorptionsmittel ∫ 130 Thermik ∫ 101f. Vakuumröhrenkollektor ∫ 94f., 119 Wärmeverteilung ∫ 125
Sorptionsrad ∫ 131 thermische Abfallbehandlung ∫ 78 Vegetationszonen ∫ 53 Warmfenster ∫ 154, 156
Sorptionswärmepumpe ∫ 122 thermische Baukörperzonierung ∫ 69 Ventilation ∫ 102 Warmwasserbereitung ∫ 196
Speicher ∫ 124 thermische Behaglichkeit ∫ 55 Ventilator ∫ 135 Wartungsaufwand ∫ 172
Speicherfähigkeit ∫ 66 thermische Entspeicherung ∫ 99 Venturiflügel ∫ 135 Wartungszugriff ∫ 163
Speicherkollektor ∫ 120 thermische Hülle ∫ 87 Verbrennung ∫ 114 Wasser ∫ 68, 74ff., 166, 197
Speichermasse ∫ 65f., 69f., 92, 98, 158 thermischer Auftrieb ∫ 101, 135 Verdunstung ∫ 67f. Wasseraufbereitung ∫ 74
Speicherprinzipien ∫ 124 thermischer Kreisprozess ∫ 122 Verdunstungskühlung ∫ 66, 130 Wasserkreislauf ∫ 67
spezifische Wärmekapazität ∫ 134, 158 thermischer Komfort ∫ 56f. Verflechtung ∫ 108 Wasserkraft ∫ 48, 145
Stadtatmosphäre ∫ 66 thermischer Speicher ∫ 124 Verfügbarkeit ∫ 162, 196 Wasserkraftwerk ∫ 145
Stadtdurchlüftung ∫ 67 thermische Trennung ∫ 88 Vergabe ∫ 180 Wasserkühlung ∫ 132
Stadtökologie ∫ 18 thermische Verwertung ∫ 174 Verglasung ∫ 104, 153ff. Wasserlangzeitwärmespeicher ∫ 125
Stadtplaner ∫ 188 thermische Zonierung ∫ 23, 86 Verglasungsanteil ∫ 90, 92, 97 104 Wasserrückhaltung ∫ 67f.
Stadtraum ∫ 62ff. thermoaktive Bauteile ∫ 127 Verkehr ∫ 78ff., 195 Wasserstoff ∫ 145
Stadtstruktur ∫ 62 thermochemischer Speicher ∫ 125 Verkehrsaufkommen ∫ 79 Wasserversickerung ∫ 68
Stadtverkehr ∫ 79 thermochemische Wärmespeiche- Verkehrsinfrastruktur ∫ 78 Wasserversorgung ∫ 75
Städtebau ∫ 18 rung ∫ 124 Verluste ∫ 72 Wechselrichter ∫ 141
Städtewachstum ∫ 13 Thermodynamik ∫ 22, 43 Versauerungspotenzial ∫ 167 Weiterverwendung ∫ 174
standardisierte Produkte ∫ 174 Thermografieaufnahme ∫ 90 Verschattungsanalyse ∫ 96 Wellenenergie ∫ 48
Standort ∫ 27 Thermohaut ∫ 88 Verschattungssystem ∫ 97 Wellenkraftwerk ∫ 49
Standortqualität ∫ 193f. Tiefgarage ∫ 81 Verschmelzung ∫ 108 Weltbevölkerung ∫ 27
Standsicherheit ∫ 171 Torf ∫ 115 Versorgungssicherheit ∫ 12, 38, 71, 142 Werkstoffauswahl ∫ 160
Steinwolle ∫ 151 Total Volatile Organic Compounds (TVOC) Verwertungsarten ∫ 174 Werterhaltung ∫ 39
Stellfläche ∫ 81 ∫ 170 visuelle Behaglichkeit ∫ 58 Wetter ∫ 52
Stellplatzfläche ∫ 81 Toxproof ∫ 170 visueller Komfort ∫ 58 Wiedererkennung ∫ 194
Stern-Report ∫ 40f. Tragsystem ∫ 147 Vorkonditionierung ∫ 99 Wiederverwendung ∫ 174
Stirlingmotor ∫ 144 Transformator ∫ 72 Vorlauftemperatur ∫ 123 Wiederverwertung ∫ 174
stoffliche Verwertung ∫ 77 transluzent ∫ 158 Vorplanung ∫ 180 Wind ∫ 54
Stoffstromanalyse ∫ 166, 175 Transmission ∫ 118, 149, 153f. Vortemperierung ∫ 129 Winddruckkraft ∫ 101
Strahllüftung Lüftung ∫ 132 Transmissionsgrad ∫ 154 Vorfertigung ∫ 168 Windenergie ∫ 48, 145
Strahlung ∫ 102, 149, 194 Transmissionswärmeverlust ∫ 86, 148f. W Windexponiertheit ∫ 68
diffus ∫ 102, 105 transparente Bauteile ∫ 162 Wachstumsgrenze ∫ 25, 39 Windgenerator ∫ 145
direkt ∫ 105 transparente Wärmedämmung (TWD) Wahrnehmungsebene ∫ 55 Windkraft ∫ 71, 101
gerichtet ∫ 102 ∫ 92f., 105 Wandbekleidung ∫ 162 Windkraftanlage ∫ 72
Strahlungsbilanz ∫ 157 Transparenz ∫ 97, 153f. Wandheizung ∫ 127 Windsogkraft ∫ 101
Straßennetz ∫ 78 Transportarten ∫ 79 Wandkonstruktion ∫ 162 Windturm ∫ 135
Straßenraum ∫ 80 Transportmittel ∫ 78 Wärmeabsorption ∫ 119 Windwiderstand ∫ 65
Strömungswiderstand ∫ 135 Trassierung ∫ 164 Wärmebedarf ∫ 86, 114 Winkelselektivität ∫ 157
Strom ∫ 72 Treibhauseffekt ∫ 91, 153 Wärmebilanz ∫ 86f., 96 Wirkungsgrad ∫ 114
Strombedarf ∫ 138 Treibhausgas ∫ 38, 40, 42, 114 Wärmebrücke ∫ 90, 151f., 180 Wirtschaft ∫ 191
Stromheizung ∫ 114 Treibhauspotenzial ∫ 167 Wärmedämmung ∫ 86, 150 wirtschaftliche Nutzungsdauer ∫ 34
Stromkennzahl ∫ 143 Trinkwasser ∫ 74f. Wärmedämmverbundsystem ∫ 88 Wirtschaftlichkeit ∫ 27
Stromleitungen ∫ 72 Trinkwassererwärmung ∫ 120 Wärmedurchgangskoeffizient ∫ 87, 151, Wirtschaftswachstum ∫ 49
Strommix ∫ 114 Trinkwasserspeicherung ∫ 125 154 Witterung ∫ 52
Stromnetz ∫ 72 Trinkwasserverbrauch ∫ 74 Wärmedurchlasswiderstand ∫ 86 Wohlbefinden ∫ 55, 195
Stromspannung ∫ 72 Trombewand ∫ 112, 150 Warm Edge ∫ 156 Wohnflächenbedarf ∫ 20, 38
Stromspeicherung ∫ 145 Tropen ∫ 52, 66 Wärmeeintrag ∫ 96 Wohnraumlüftung ∫ 133
Stromstärke ∫ 72 Tropfkörperverfahren ∫ 76 Wärmeerzeuger ∫ 114 X
Stromversorgung ∫ 72 Typ-I-Umweltdeklaration ∫ 171 Wärmeerzeugung ∫ 113 Xenon ∫ 155
Stückholz ∫ 117 Typ-II-Umweltdeklaration ∫ 171 Wärmefalle ∫ 91, 153 Z
Subtropen ∫ 52, 65 Typ-III-Umweltdeklaration ∫ 161 Wärmefluss ∫ 158 Zellulosefaser ∫ 151
Suffizienz ∫ 50 U Wärmegewinn ∫ 86 Zielkonflikt ∫ 180, 189
Superglazing ∫ 155 Überdüngunspotenzial ∫ 167 Wärmehaushalt ∫ 55f., 61 Zirkulationsleitung ∫ 126
Synergieeffekt ∫ 179 Überhangwinkel ∫ 103 Wärmelast ∫ 96f. Zisterne ∫ 67
T Überhitzung ∫ 92, 95, 98 Wärmeleitfähigkeit ∫ 87, 149ff. Zonierung ∫ 69, 86
Tageslicht ∫ 28, 102 Übertemperatur ∫ 95 Wärmeleitung ∫ 118 Zugänglichkeit ∫ 195
Tageslichtangebot ∫ 104 Uferfiltrat ∫ 75 Wärmenetzversorgung ∫ 72 Zuluft ∫ 132
Tageslichtautonomie ∫ 103, 136 Umfeldleuchtendichte ∫ 58 Wärmepuffer ∫ 87 Zuluftanlage ∫ 134
Tageslichtergänzungsbeleuchtung Umgebungswärme ∫ 121 Wärmepumpe ∫ 48, 114, 121, 130 Zuluftöffnungen ∫ 101
∫ 138 Umnutzung ∫ 64 Wärmepumpentechnologie ∫ 122 Zwischensparrendämmung ∫ 88

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Die Erarbeitung des Diagnosesystems Nachhaltige Gebäudequalität (DNQ) war nur durch eine Unterstützung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt möglich.

Autoren und Verlag danken den folgenden Sponsoren für die Förderung der Publikation:

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