Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
KATHARINA
PAL-HANDL
KLINISCHE PSYCHOLOGIE
200155 EC ANWENDUNGSFELDER DER PSYCHOLOGIE
WINTERSEMESTER 2016/2017 | EC
Prüfung FR 24.4.2017, Audimax
28 MC-Prüfung, 5 Antwortoptionen
LITERATUR: BERKING, M. / REIF, W. (2012). KLINISCHE PSYCHOLOGIE UND PSYCHOTHERAPIE. BAND I UND II. GRUNDLAGEN
UND STÖRUNGSWISSEN. THERAPIEVERFAHREN. BERLIN: SPRINGER-VERLAG
Positionierung der KP
- PSYCHOLOGIE – ist die wiss. Untersuchung des Verhaltens und der mentalen Prozesse von
Individuen
- Klinisch – auf eine Störung (med. Krankheit) bezogen, eine Störung betreffend – auch:
durch eine medizinische, psychologische Untersuchung festgestellt, klinisch bedeutet nicht
zwingend, dass es in einer Klinik/Krankenhaus/Spital behandelt wird. Es ist nur ein Hinweis für
die Diagnose
- 450 Mio. Menschen leiden an psych. Störungen, die meisten davon, werden nicht behandelt,
abhängig von physischen, sozialen, psychologischen und ökonomischen Faktoren, weniger
„wichtig“ als physische Gesundheit, Stigma und Diskrimination, behandelbar
- fast jeder 2. Mensch erkrankt zumindest einmal im Leben an einer psych. Störung, die in
schwerwiegender Form in die berufliche Leistungsfähigkeit, die soz. Bezüge und die psychosoz.
Entwicklung eingreift. Fast jeder 4. Mensch, der einen Allgemeinmediziner aufsucht, leidet
an einem psychischen Gesundheitsproblem. Jedes 5. Kind leidet heutzutage an einer psych.
Störung, z.B. ADHS
The 10 leading causes of years lived with disability in 1990 according to the Global Burden of
Disease Study:
• Unipolar major depression, Iron deficiency anemia, falls, alcohol use, chronic
obstructive pulmonary disease, bipolar disorder, congenital anomalies, osteoarthritis,
schizophrenia, obsessive-compulsive disorder (bipolar = manisch depressiv)
Mittelalter: Rückkehr der Dämonen und Gottesstrafen, Glaube an den Teufel und
Besessenheit – Mischung aus altem Aberglaube und christlicher Mythologie, Exorzismus –
Gebete, Beschwörungen, Magie, Lärm, Schläge, Narrenschiffe
Renaissance: Aufkommen der Irrenhäuser und Asyle – Verwahrung und zur Schaustellung
psychisch gestörter Personen – erste Irrenhäuser waren Abwandlungen von Strafanstalten (bis
zu diesem Zeitpunkt wurden Menschen einfach ausgesetzt, vertrieben,
loszuwerden/behinderte Kinder), in die Renaissance nicht mehr erlaubt, „Stein der
Verrücktheit“
Bedlam: „Custody Care and Cure“ (1247-1997): Bethlem is the World’s oldest institution
caring for people with mental disorders. It has been a part of London since 1247 and many
people, rich and poor, have played a part in its history
Extracting the Stone of Madness: in the 16th Century it was widely believed that a stone in the
brain was the cause of madness (hence the old cliché “rocks in the head”). A quack surgeon,
toward the end of his “operation” would exhibit a stone supposedly removed from the patient’s
skull
„Die erfolgreiche Anwendung ausschließlich eines moralischen Systems gibt der Vermutung
großes Gewicht, dass in der Mehrzahl der Fälle das Gehirn nicht organisch geschädigt ist“
(Pinel, 1806)
Karl JASPERS, dt. Psychiater und Philosoph: Begründete mit dem Terminus
„Phänomenologie“ seinen Ruf als Arzt und mit der geisteswiss. Orientierten „Psychopathologie“
eine neue Grundlegung der Psychiatrie-Psychopathologie beschäftigt sich mit den Formen
eines (krankhaft) veränderten Gefühls- bzw. Seelenlebens = Lehre vom seelisch Abnormen
- Behandlungsansätze: Zahnextraktion, Tonsillektomie, Insulinschock, Lobotomie = erste
Forschungserkenntnisse mit wirksamen Psychopharmaka
Wilhelm WUNDT – gilt als Begründer der Psychologie als eigenständiger Wiss. Er war Prof.
für Philosophie an der Uni Leipzig, gründete dort 1879 das 1. Institut für experimentelle
Psychologie, erster der Experimente an menschlichen Leichen durchgeführt hat
- Compedium der Psychiatrie (Dr. Emil KRAEPELIN): Postulat der Krankheitseinheiten &
Psychopathologisches Klassifikationssystem (Krankheiten klassifizieren, heute ICT 10)
Sigmund FREUD – Entwicklung der Psychoanalyse (Fokus auf Kind): normale und gestörte
psychische Funktionsweisen; psychogen gestörtes Erleben und Verhalten: Folge innerpsych.
Konflikte
- Behandlungsansätze: Hypnose, Psychoanalyse
Erste Hälfte des 20. Jh.: Nach wie vor Verwahrung psychisch
gestörter Menschen
- A Mind That Found Itself (1908): An Autobiography by Clifford WHITTINGHAM BEERS:
Weiterentwicklung bei der Unterbringung psychisch kranker Personen, war selbst krank
Behandlung:
- Aufkommen der 1. wirksamen Psychopharmaka in den 50er Jahren (Behandlung durch
Mediziner), aber nach wie vor pädagogische Maßnahmen, Hypnose und spirituelle Kräfte im
Einsatz
- Verhaltenstherapeutische Ansätze geben klinischen Psychologen erstmals nachweislich
wirksame Behandlungen an die Hand
Psychische Gesundheit:
➢ „‘Mental health‘ as a positive state of psychological well-being“ (WHO,
1951)
➢ “ein Zustand des Wohlbefindens, in dem der Einzelne seine Fähigkeiten ausschöpfen,
die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv und fruchtbar arbeiten kann
und imstande ist etwas zur Gemeinschaft beizutragen“
Das Vulnerabilität-Stress-Modell
Krankheit gilt als Abweichung vom Normalzustand. Was normal ist, hängt nicht zuletzt von
der Definition des Begriffs „Norm“ ab
1. Statische Norm:
• Grundlage ist die Häufigkeit oder Auftretenswahrscheinlichkeit einer Verhaltens- und
Erlebensweise
• „normal“ ist, was innerhalb eines bestimmten Bereichs um den Modalwert variiert
• „abweichend“ ist, was extrem abweicht
2. Soziale Norm
• Die Erwartungen, die von sozialen Gruppen an das Verhalten des Einzelnen in einer
bestimmten sozialen Rolle und Situation gerichtet sind (z.B. ethnische Gruppen,
religiöse Gruppierungen)
• Beeinflusst durch formelle und informelle Regeln
• Frage der sozialen Toleranz gegenüber bestimmten Formen der Abweichung (z.B.
Süchte)
„Each civilisation defines its own diseases. What is sickness in one might be chromosomal
abnormality, crime, holiness, or sin in another” (Ivan ILLICH)
3. Idealnorm
• Erstrebenswerter Zustand der Vollkommenheit
• = existiert losgelöst von realem Vorkommen
4. Subjektive Norm
• Wenn sich jemand selbst als gestört beurteilt (Problem der Vergleichbarkeit)
• = die Selbstbewertung steht im Vordergrund
• Ich-synton (etwas wird als zu sich selbst gehörig empfunden)
• Ich-dyston (etwas wird als NICHT zu sich selbst gehörig wahrgenommen und beurteilt
– Leidensdruck!)
5. Funktionale Normen
• Basieren auf erwarteten Regelmäßigkeiten im Hinblick auf Leistungen, Handlungen und
Fähigkeiten, die den Ressourcen und dem jeweiligen Zustand der Person angemessen
sind
• Damit werden bestimmte Beziehungen zwischen dem Zustand einer Person und der
von ihr gesetzten Aktivitäten angenommen (z.B. Prüfungssituation)
- die psychische Störung wird als Abweichung von einer „psychischen Homöostase“ gesehen
Zusammenfassend…
• Psychische Gesundheit, normales vs. abnormales Verhalten und psych. Störungen sind
unmöglich zu definieren
• Die Einflüsse aller Normen und Werte sind zu berücksichtigen
• Normales und gestörtes Verhalten unterliegt weitgehend ähnlichen
Veränderungsbedingungen
• Übergänge zwischen normalen und gestörten Verhalten sind oft fließend
= das bedeutet, dass die Definition „psychische Störung“ sich ändern kann, wenn neue wiss.
Erkenntnisse verfügbar werden, die eine bessere Klassifikation und Nomenklatur ermöglichen
Meist treten diese Kriterien gemeinsam auf und stehen miteinander in Wechselwirkung.
Wichtig dabei ist der Kontext, in dem dieses Verhalten gezeigt wird: Devianz – Leidensdruck
– Beeinträchtigung – Gefährdung
Unter dem Oberbegriff Essstörungen werden zwei wichtige und eindeutige Syndrome
beschrieben: Anorexia nervosa und Bulimia nervosa. Weniger spezifische bulimische
Störungen wie übermäßiges Essen bei anderen psychischen Störungen werden ebenfalls
erwähnt.
Ausschluss:
• Fütterungsstörung im Kleinkind- und Kindesalter (F98.2)
• Fütterschwierigkeiten und Betreuungsfehler (R63.3)
• Nicht näher bezeichnete Anorexia und Appetitverlust (R63.0)
• Pica im Kindesalter (F98.3)
• Polyphagie (R63.2)
Gesundheitsberufe
- unter einem Gesundheitsberuf ist ein auf Grundlage des Kompetenztatbestandes
„Gesundheitswesen“ gesetzlich geregelter Beruf zu verstehen, dessen Berufsbild die
Umsetzung von Maßnahmen zur Obsorge für den allgemeinen Gesundheitszustand der
Bevölkerung umfasst
- darunter sind Tätigkeiten zu verstehen, die unmittelbar am bzw. unmittelbar oder mittelbar
für die Menschen zum Zwecke der Förderung, Erhaltung, Wiederherstellung oder Verbesserung
der Gesundheit im ganzheitlichen Sinn und in allen Phasen des Lebens erbracht werden
Facts:
- Liste klinischer PsychologInnen: http://ipp.bmgf.gv.at
- Stand 2012: 8.127 klinische PsychologInnen in Österreich (GÖG/ÖBIG) – knapp 25% der
klinischen PsychologInnen sind auch ausgebildete PsychotherapeutInnen
- klinisch-psych. Diagnostik wird seit 1995 von den Krankenkassen bezahlt. PatientInnen
können mit einer ärztlichen Überweisung eine psychologische Untersuchung bei in freier Praxis
tätigen Vertragspsychologen für klinisch-psychologische Diagnostik in Anspruch nehmen.
Teilweise Kostenrefundierung bei WahlpsychologInnen
DIAGNOSE: DEPRESSION
Gegenstand und Struktur der KP – die KP ist ein Teilgebiet der Psychologie, das sich mit
der Beschreibung, Erklärung, Vorhersage und Behandlung von gestörtem Erleben und
Verhalten des Menschen auseinandersetzt
- in der KP stellt sich weniger die Frage, ob das Verhalten abnorm ist, als vielmehr, ob es sich
dabei um eine Fehlanpassung handelt, die zu Leiden und sozialen Beeinträchtigungen für die
betroffene Person führt
➢ Min. 2 dieser und min. 2 der übrigen oben für Kategorie F32 genannten Symptome
vorhanden
➢ Kein Symptom sollte besonders ausgeprägt sein
➢ Mindestdauer für die gesamte Episode beträgt etwa 2 Wochen
Epidemiologische Kennzahlen
Prävalenz – gibt die Anzahl der erkrankten Individuen in einer definierten Population an
- nach Checkoway kann man genauer unterscheiden zwischen „Prävalenz zu einem Zeitpunkt“
(point prevalence) und „Prävalenz über einen Zeitraum“ (period prevalence). Auf Grund
der problematischen Interpretation der „Prävalenz über einem Zeitraum“ konzentriert man sich
meist auf die PZEZ, was auch meist gemeint ist, wenn man nur von Prävalenz spricht
- die Prävalenz wird meistens als Prävalenzrate dargestellt – nämlich die Anzahl der jetzigen
Fälle in einer Population (z.B. Erkrankte, Verstorbene, Unterernährte usw. unabhängig von der
Dauer) dividiert durch die Anzahl aller Mitglieder dieser Population
- Bsp.: Zum 1.1.2008 waren im Unternehmen XYZ 1.024 MitarbeiterInnen an Rückenleiden
erkrankt. Bei einer Belegschaft von insgesamt 15.000 MitarbeiterInnen liegt die
Prävalenz(rate) somit bei 0,068
„DALY“ (Disability Adjusted Life Year) – Maß zur Einschränkung der Lebensqualität
- wurde entwickelt, um auf den Beitrag der psychischen Erkrankungen zum Global Burden of
Disease aufmerksam zu machen – bis dahin wurden die Folgen psychischer Erkrankungen nur
anhand der Mortalität gemessen
- ein DALY ist im Bezug zur Lebenserwartung ein verlorenes Jahr gesunden Lebens; die Anzahl
an DALYs drückt die Anzahl verlorener Lebensjahre aufgrund von frühzeitigem Tod oder
Krankheit aus. Die DALYs für Depression nehmen kontinuierlich zu: es wird geschätzt, dass
weltweit ein Verlust von beinahe sechs Lebensjahren bei von Depression betroffenen Personen
zu erwarten ist (WHO, 2002)
Beispiel: Depression
- Schätzung: Lebenszeitrisiko für ein depressives Syndrom bei Frauen 20-26%, bei Männern
8-12%
- 5-23% der PatientInnen beim praktischen Arzt leiden an einem depressiven Syndrom
Klinisch-psychologische Diagnostik
ANAMNESE – Fakten aus der Vergangenheit, Vorgeschichte eines Symptoms oder Problems
EXPLORATION – auch Aspekte der Gegenwart und Zukunft, Erwartungen und Vorstellungen
➢ 70% der Diagnosen bereits aufgrund von Anamnese und Exploration
➢ Schriftlich – mündlich
➢ Selbst-/Fremdanamnese
1. Sprachverständnis
• Gemeinsamkeiten finden
• Wortschatz-Test
• Allgemeines Verständnis
• Allgemeines Wissen
• Begriffe erkennen
3. Arbeitsgedächtnis
• Zahlen nachsprechen
• Buchstaben-Zahlen-Folgen
• Rechnerisches Denken
4. Verarbeitungsgeschwindigkeit
• Zahlen-Symbol-Test
• Symbol-Suche
• Durchstreich-Test
Klinisch-psychologische Interventionen
• Klinisch-psychologische Behandlung
• Klinisch-psychologische Beratung
• Evaluation
- je nach Zeitpunkt spricht man von Prävention, Therapie oder Rehabilitation
Mögliche Maßnahmen:
• Einsicht in die Entstehung der depressiven Erkrankung
• Aufstellen von realistischen Aufgaben und Zielen für den Alltag
• Kontakt zu Menschen, in deren Gegenwart sich der Patient so wohl wie möglich fühlt
• Entspannung und Teilnahme an angenehmen Aktivitäten (Spannungsreduktion)
• Leichte körperliche Bewegung mehrmals pro Woche
Häufige falsche Vorstellungen, Mythen und Vorurteile
• Schizophrenie ist unbehandelbar oder unheilbar
• Schizophrenie ist eine geistige Behinderung
• Schizophrene Patienten sind gefährlich und unberechenbar
• Ein schizophrener Patient kann nicht arbeiten gehen
• Die Schizophrenie wird durch Erziehungsfehler verursacht
Ausdruck der Unwissenheit ist auch, dass knapp 1/3 der Bevölkerung bei dem Begriff
Schizophrenie als erstes an eine Form der psychischen Spaltung denkt, meistens in Form einer
Bewusstseins- oder Persönlichkeitsspaltung
- die stigmatisierte Person weicht mit einem Merkmal negativ von den (normenorientierten)
Erwartungen der Umwelt ab. Dem Stigmatisierten werden weitere negative und positive
Eigenschaften zugeschrieben, die mit dem tatsächlich wahrgenommenen Merkmal
objektiv nichts zu tun haben
- Menschen mit psychischen Störungen werden als unverständlich, asozial und gefährlich
von der Allgemeinbevölkerung wahrgenommen
„Diese Zuschreibung weiterer Eigenschaften kennzeichnen Stigmatisierungen als
Generalisierungen, die sich auf die Gesamtperson in allen ihren sozialen Bezügen erstrecken.
Das Stigma wird zu einem ‚master status‘, der wie keine andere Tatsache die Stellung einer
Person in der Gesellschaft sowie den Umgang anderer Menschen mit ihr bestimmt.“ (BRUSTEN
/ HOHMEIER, 1988)
- auch wenn das Gewaltrisiko von psychisch Kranken etwas höher liegt als in der
Durchschnitssbevölkerung, so ist es doch nicht höher als bei anderen Risikogruppen. Dazu
zählen allgemein Männer im 3. Lebensjahrzehnt und junge Leute, sowie arbeitslose
Jugendliche und Personen den Alkohol oder Drogen missbrauchen
- die jährliche Inzidenzrate von Gewalttaten gg. Menschen, die an psychischen Störungen
leiden, ist 4x höher als in der Allgemeinbevölkerung (USA)
Epidemiologie
- Prävalenz 0,5 – 1%:
• Männer und Frauen gleich oft betroffen
• Bei enger Definition in allen Ländern und Kulturen gleich
- Auftretensalter:
• Haupterkrankungsalter zwischen der Pubertät – 30. Lebensjahr
• Unterscheide bei der Ersterkrankung je nach Subtypen der Schizophrenie
• Geschlechtsspezifischer Unterschied beim Auftretensalter (Frauen später betroffen als
Männer)
- Starke Heterogenität der Verläufe
- Zusammenhang zwischen sozialer Schicht und Häufigkeit der Schizophrenie
• Social-Causation-Hypothese vs. Social-Drift-Hypothese
- Suizidrisiko: ca. 30% Suizidversuch, ca. 15% Suizid
- generell erhöhtes Risiko eines frühzeitigen Todes!
- Lebenszeitprävalenz: 1% (geschlechtsunabhängig)
- Beginn: häufig akut, aber auch schleichend
• Männer: häufig 20-25 Jahre, Frauen: häufig 25-30 Jahre, selten auch
Spätschizophrenien
- Verlauf: entweder kontinuierlich episodisch mit zunehmenden oder stabilen Defiziten; oder
eine/mehrere Episode/n mit vollständiger oder unvollständiger Remission ca. 1/3 Remission;
1/3 wiederholte Episoden und geringe Behinderung; 1/3 chronisch mit starker Behinderung
Positivsymptome
• Störungen des Denkinhalts: Wahnwahrnehmung, Kontrollwahn, Beeinflussungswahn
• Gedankenlautwerden, Gedankeneingebung oder Gedankenentzug,
Gedankenausbreitung
• Formale Denkstörungen: desorganisiertes Denken, Zerfahrenheit, Denkziel wird nicht
erreicht
• Halluzinationen, häufig Stimmen, die in der 3. Person den/die PatientIn kommentieren
oder über ihn/sie sprechen
• Sprache: Neologismen („Neuwörter“), Stereotypen (Verhaltensanomalien in Form von
wiederholten und ständig gleichbleibenden Handlungen ohne Ziel oder Funktion)
• Desorganisiertes Verhalten, psychomotorische Erregung
• Übermaß bzw. eine Verzerrung von eigentlich normalen psychischen
Funktionen
Negativsymptome:
• Spracharmut
• Flacher oder inadäquater Affekt
• Katatonie (Verlust der spontanen Bewegungen, veränderte Mimik oder Gestik)
• Sozialer Rückzug
• Verminderung bzw. Verlust normaler psychischer Funktionen
„Aufschrieben-Können“
• Die Fähigkeit, kurzfristig auf etwas Verlockendes für die Erreichung langfristiger Ziele
zu verzichten
• Phänomenologische Ausgestaltung der Fähigkeit zur Selbstkontrolle
• „Geduld“ als Mischung von Selbstkontrolle, Frustrationstoleranz und Ausdauer
➢ Belohnungsaufschub wird als stabiles Persönlichkeitsmerkmal verstanden
➢ Damit wurde die Bedeutung der Impulskontrolle für akademischen, sozialen und
beruflichen Erfolg belegt
„Pseudoscience“
- Astrologie (griech. Astron, „Stern“, logos: „Lehre“)
- unterschiedliche Lehren, denen der Anspruch gemeinsam ist, aus den Positionen von
Himmelskörpern Ereignisse, Schicksal und Persönlichkeitsmerkmale von Menschen deuten
- z.B. Horoskop, Tierkreiszeichen usw.
Phrenologie
- griech. „Geist“, „Gemüt“, „Zwerchfell“; Beginn des 18. Jh., Franz Josef GALL
- topologisch ausgerichtete Lehre
- geistige Eigenschaften und Zustände werden bestimmten, klar abgegrenzten Hirnarealen
zugeordnet
- Zusammenhang zwischen Schädel und Gehirnform und Charakter und Geistesgaben
Francis GALTON
- Begründer der Differenzialpsych., die sich auf die Unterschiede zwischen Personen auf nicht
allgemeinem Niveau bezieht, wobei er Testverfahren zur Erfassung psychischer Eigenschaften
entwickelte. „Gestalt und Wachstum der Persönlichkeit“)
- Zusammenarbeit von Psychologie und Religion zur „Verbesserung“ des Charakters
- Messung von Emotionen mittels Herzschlag und Pulsfrequenz; Methode der
Verhaltensbeobachtung von Personen in bestimmten sozialen Situationen
Psychodynamische Beiträge:
• Sigmund FREUD – Traumdeutung
• Carl G. JUNG – Persönlichkeitsstruktur – das Ich als Zentrum des Selbst, in ihm
werden alle gegenläufigen Teile der Persönlichkeit zusammengefasst und vereinigt
• „psychologische Typen“: Extraversion und Introversion
The Big Five Personality Theory – psycholexikalischer Ansatz; Auffassung, dass sich
Persönlichkeitsmerkmale in der Sprache niederschlagen. Auf der Basis von Listen mit über
10.000 Adjektiven wurden durch Faktorenanalyse 5 sehr stabile, unabhängige und weitgehend
kulturstabile Faktoren, die Big Five, gefunden = zusammen machen diese eine „normale“
Persönlichkeit aus
THE BIG 5:
• EXTRAVERSION – Warmherzigkeit, Geselligkeit, Durchsetzungsvermögen, Aktivität,
Erlebnishunger, positive Emotionalität / Frohsinn
• NEUROTIZISMUS – Ängstlichkeit, Reizbarkeit, Depressivität, Befangenheit,
Impulsivität und Verletzlichkeit
• VERTRÄGLICHKEIT – Vertrauen, Freimütigkeit, Hilfsbereitschaft, Kooperativität,
Bescheidenheit und Gutherzigkeit
• GEWISSENHAFTIGKEIT – Kompetenz, Ordentlichkeit, Pflichtbewusstsein, Ehrgeiz,
Selbstdisziplin, Besonnenheit
• OFFENHEIT FÜR ERFAHRUNGEN – Phantasievermögen, Sinn für Ästhetik,
Offenheit für Gefühle, Offenheit für Handlungen, für Ideen und für das Reflektieren
über Werte und Normen
Interventionen:
- allen Therapiekonzepten ist gemeinsam:
• Es soll nicht die PS selbst behandelt werden, sondern die sich daraus ergebenden
komplexen Interaktionsstörungen, die Störungen des emotionalen Erlebens, die
Störungen der Realitätswahrnehmung, der Selbstwahrnehmung oder Selbstdarstellung
sowie die Störungen der Impulskontrolle
• Auffälligkeiten können auch maladaptiv eingesetzte persönliche Stile sein, auch
überlebenswichtige funktionale Kompetenzen tarnen oder überlagern. Für
konfliktträchtige Interaktionsmuster kann es akzeptierbare Motive geben (z.B.
Selbstschutz, Kontrollbehalt)
- Traumatische Erfahrungen sind existentielle Erfahrungen, die eine Konfrontation mit dem
Tod bedeuten – die Zerstörung der „alten“ Existenz
- Trauma: UNTERBRICHT!
- Nichts ist mehr so wie vorher … das gewohnte Leben, das Selbst- und Weltverständnis, die
Illusion „uns kann nichts passieren“, Werte und Regeln verlieren an Bedeutung,
Lebenseinstellungen
Epidemiologie – kleine Zusammenfassung
- die meisten Menschen erleben in ihrem Leben mindestens ein nach DSM-IV definiertes
traumatisches Erlebnis
- von der Gesamtpopulation 10-20% eine chronische PTBS – allerdings Unterschiede bei den
verschiedenen Traumata
Verlauf:
- Annahme, dass traumatische Erfahrung einen dynamischen Verlauf nimmt:
Symptome:
• Intrusionen
- aufdrängende + belastende Gedanken und Erinnerungen
- das Trauma wird nicht erinnert, sondern so erlebt, als wäre es gerade erst passiert
(„Flashbacks“, Alpträume)
• Vermeidungsverhalten
• Emotionale Taubheit
• Erinnerungslücken
• Übererregung
- z.B. Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, Schreckhaftigkeit
Interventionen
- Vorbedingung für eine psychologische, psychotherapeutische Intervention ist die Schaffung
einer sicheren und geschützten Umgebung
• Psychoedukation
• Expositionsverfahren
• Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR)
• Pharmakotherapie
Gefahren:
• Erschütterung des Selbst- und Weltverständnisses
• Erschütterung von Grundannahmen, Veränderung des Selbstgefühls
• Verlust von Selbstvertrauen, Erschütterung der Sicherheit
• Verlust oder Einschränkung der Handlungskompetenz
• Mangelnde Distanzierungsmöglichkeit zum traumatischen Ereignis – Identifikation mit
dem Opfer – „Retterphantasien“
• Erleben von Hilflosigkeit, Ohnmacht, Schuldgefühle, Traurigkeit, Depressionen
• Verlust von Vertrauen in die menschlichen und technischen Möglichkeiten
• Entwicklung von Vorurteilen, Zynismus, Aggressionen und Intoleranz
• Das Rollenbild des Helfers zeigt emotionale Stärke, Kontrolliertheit und
Kompetenz. Dieser Rolle immer gerecht zu werden kann Belastungsgrenzen
überschreiten und zu chronischer Stress-Belastung führen
Krisenintervention
Verlauf:
• 40% der Betroffenen unternehmen mehr als einen Suizidversuch (WHO)
• Bei ca. 50% dieser Personen weniger als 1 Jahr zwischen aufeinanderfolgenden
Versuchen
• Frühes suizidales Verhalten als starker Prädiktor für weiteres suizidales Verhalten =
Abklärung im Erstgespräch unbedingt notwendig
• Suizidversuche meist Kurzschlussreaktionen
• Ca. 80% der Überlebenden sind im Nachhinein froh über Rettung
• Ansteigende Suizidgefährdung mit zunehmendem Lebensalter
Diagnostik:
• ICD-10 bietet Möglichkeit der Spezifikation der Art (des Versuchs) der Selbsttötung
als Zusatzsymptom (X60-X84 Vorsätzliche Selbstbeschädigung)
• Abklärung v. Suizidgefahr: verbindlicher Bestandteil diagnost. Erstgesprächs
• Zudem: Abklärung v. Suizidgefahr als Symptom im Rahmen d. Diagnostik psychischer
Störungen
• Wiederholte Abklärung im Falle von Krisen, Befindesverschlechterung
Problematik:
• Fehlen eindeutiger Kriterien zur Risikoabschätzung
• Stattdessen eher Kontinuum, innerhalb dessen Therapeut d. individuelle Risiko
subjektiv (i.S. v. Kurzzeitprognose) bestimmen muss
• Möglichkeit d. validen Risikoeinschätzung stark abhängig v. Kooperationsbereitschaft
u. Offenheit der Patienten
Das BASIS-Modell, welches aus der Notfallpsychologie stammt, bietet eine gute
Orientierung für Ersthelfer:
• B = Beziehung aufbauen – wertschätzende Haltung + echtes Interesse an der
Person, um eine vertrauensvolle Atmosphäre aufzubauen
• A = Anerkennen – Akzeptanz des Ereignisses, der „Realität ins Auge blicken“ und
das Gegebene annehmen – auch wenn es schwerfällt; nicht „schönreden“
• S = Struktur – Menschen in Krisen brauchen Halt; einleiten erster Schritte z.B.
Kontakt zum jeweiligen Notfallpsychologischen Dienst oder Hilfe bei der Formulierung
des „Problems“
• I = Information – nächste Schritte besprechen, thematisieren von etwaigen damit
verbundenen Ängste und Sorgen
• S = Soziales – Einbeziehung der Umgebung: Wer kann helfen, wer unterstützt? Am
besten vertraute Personen; Menschen in Ausnahmesituationen brauchen
Geborgenheit. Zudem sollten sie nicht allein gelassen werden.
DYSLEXIE – Probleme mit dem Lesen und Verstehen von Wörtern oder Texten
ALEXIE – völliges Unvermögen zu Lesen
LEGASTHENIE – Leseschwäche
Prävalenz:
DSM-5 – 5-15% bei Schulkindern in unterschiedlichen Sprachräumen und Kulturen
BMB – 4-9% in Österreich = im Schnitt sitzen in jeder österr. Schulklasse 1-2 Kinder
mit LRS
- Buben:Mädchen = 2:1 bis 3:1 schwankend
Diagnosemerkmale:
• Das Hauptmerkmal ist eine umschriebene und bedeutsame Beeinträchtigung in der
Entwicklung der Lesefertigkeiten, die nicht allein durch das Entwicklungsalter,
Visusprobleme oder unangemessene Beschulung erklärbar ist
• Das Leseverständnis, die Fähigkeit, gelesene Worte wieder zu erkennen, vorzulesen
und Leistungen, für welche Lesefähigkeit nötig ist, können sämtlich betroffen sein
• Bei umschriebenen Lesestörungen sind Rechtschreibstörungen häufig und
persistieren oft bis in die Adoleszenz, auch wenn einige Fortschritte im Lesen gemacht
werden. UE des Lesens gehen Entwicklungsstörungen des Sprechens oder der Sprache
voraus
• Während der Schulzeit sind begleitende Störungen im emotionalen und
Verhaltensbereich häufig
• Charakteristisch ist, dass Kinder trotz adäquater Beschulung sowie normaler oder
überdurchschnittlicher Intelligenz und Fehlen von Sinnesbehinderungen
oder Organerkankungen, welche die Leistungsstörung erklären, in den Bereichen
Lesen, Schreiben oder Rechnen in Bezug zur Altersnorm versagen, bzw. extrem
niedrige Leistungen aufweisen
- häufig verzögerte oder gestörte Sprachentwicklung im Vorfeld (z.B. Probleme beim Bilden
von Reimen oder beim Zählen)
- Vorschulalter: Vermeiden von Sprachspielen, es kann schwerfallen, zählen zu lernen…
- Grundschulalter: lautes Lesen ist langsam und fehlerhaft; Probleme beim Auswendiglernen
von Daten, Namen und Telefonnummern;
- Jugendliche: Lesen ist insgesamt verlangsamt; Probleme beim mathematischen
Schlussfolgern; Probleme beim Aussprechen mehrsilbiger Worte
Differenzialdiagnose:
• Intelligenzminderung
• Mangelnder Unterrichtung (Fehlzeiten, häufige Schul- und Klassenwechsel,
Fremdsprachlichkeit)
• Neurologischer Erkrankungen (komplexe Hirnschädigung nach frühen Unfällen,
schwerwiegende nicht ausreichend behandelbare Seh- und Hörstörungen)
• Lese- und Rechtschreibhemmung als Folge einer anderen psychischen Störung
(Depression, Angststörung)
• Verlustes bereits erworbener Lese- und Rechtschreibfähigkeit (z.B. Gehirnentzündung
oder Hirnverletzung)
Diagnostik:
Komorbide Störungen:
• PRIMÄRE KS – die bereits vorschulisch vorhanden waren, z.B. ADHS oder gestörte
zentrale Hörverarbeitung und teilweise als Risikoindikatoren für LRS gelten und
zusätzlich einer spezifischen Behandlung bedürfen
• SEKUNDÄRE KS – die infolge der psychischen Belastungen die mit der LRS
einhergehen, entwickelt werden, z.B. Ängste, Depressionen und expansive
Verhaltensstörungen wie Aggressivität