10 | Nachrichten
Mai 2019
VIELFLIEGERPROGRAMM
Coop zofft sich mit
Swiss wegen
Miles & More
Die Schweizer sind
ein einig Volk von
Punkte-, Märkli- und
Meilensammlern.
Gibt es ein Goodie
zu ergattern, wird ge-
sammelt und ge-
hamstert, offline wie
Thomas Klühr online. Detailhändler
heizen das Fieber
gerne an. «Die Party
kann beginnen», titel-
te die «Coopzeitung»
am 12. März und an-
noncierte ein neues
«Trophy-Sammel-
programm», das bis
20. Juli 2019 läuft. Der
Hansueli Loosli Deal: Wer emsig ein-
kauft bei Coop, erhält
dafür Marken, die sich etwa für Tupper-
ware-Produkte und – besonders begehrt
in der Schweiz – für Flugmeilen des
Swiss-Vielfliegerprogramms Miles & More
einsetzen lassen. Doch nun ist die Party
vorbei, wie der Basler Grossverteiler die
Sammler-Nation auf seiner Website mit
deutlichem Fingerzeig wissen lässt:
«Nachdem Lufthansa/Swiss kurzfristig
und trotz laufendem Vertrag ihr Meilen-
programm angepasst hat, war Coop ge-
«Lufthansa/Swiss hat
kurzfristig und trotz
laufendem Vertrag ihr
Meilenprogramm angepasst.»
Coop
zwungen, den Verkauf und das Einlösen
von Trophy-Meilen am 23. Mai umge-
hend zu stoppen.» Eine ungewöhnliche
Aktion für eine Partnerschaft, die schon
über 15 Jahre läuft. Zwischen Coop-Präsi-
dent Hansueli Loosli und Swiss-Chef Tho-
mas Klühr scheint der Flugfunk zusätzlich
gestört zu sein: «Aufgrund technischer
Übermittlungsprobleme zu Miles & More
können die Miles-&-More-Prämien aktu-
ell nicht bestellt werden», teilt Coop auf
seiner Supercard- Website mit. Während
Coop nichts Konkretes sagen will und ei-
nen Zusammenhang der beiden Fälle ver-
neint, vermutet der Schweizer Flugmei-
len-Experte Ravindra Bhagwanani hinter
der Coop-Aktion ein Druckmittel und ei-
nen grundsätzlichen Konflikt: «Die jüngs-
ten moderaten Preiserhöhungen von Mi-
les & More haben möglicherweise das Fass
zum Überlaufen gebracht, da das Meilen-
Geschäft Coop-intern eventuell schon län-
ger als nur bedingt lohnend eingeschätzt
wird.» Was dem europäischen Meilen-
Papst und Chef der Firma Global Flight
zusätzlich auffällt: «Miles & More hat
Coop auf seiner Website komplett von der
Partnerliste ausgeschlossen.» Swiss bestä-
tigt, «dass Miles & More die Konvertie-
rungsmöglichkeit mit Coop und die Coop
Trophy eingestellt hat». Doch die Airline
gibt sich ebenfalls zugeknöpft und nennt
nur «regulatorische Gründe». (ag/tim)
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MIKROMOBILITÄT
E-Scooter-Boom: Sie machen die
Arbeit hinter den Kulissen
Sie tragen unterschiedliche Namen, sie
kommen in unterschiedlichen Farben –
aber sie sind alle im gleichen Business:
Voi, Bird, Lime, Flash, Hive oder Wind, so
heissen die Verleiher von Elektrorollern,
die jetzt fette Beute wittern. Seit der deut-
sche Bundesrat vor zwei Wochen grünes
Licht für die Zulassung der E-Scooter in
deutschen Städten gab, machen sich alle
Scootersystemer startklar. Branchen-In-
sider prophezeihen einen Boom, der zu
vergleichen ist mit der Welle von 2013, als
erstmals Fernbusse in Deutschland zuge-
lassen wurden. Mit dabei beim Scooter-
start in Deutschland ist auch ein Schwei-
zer Startup. Doch die Unternehmerinnen
Aike Festini und Maite Mihm, Gründerin-
nen des Winterthurer Logistik-Jungunter-
nehmens Luckabox, steigen nicht als Ver-
leiher von Elektro-Trottis ein. Sie machen
die rückwärtige Arbeit. Mit dem Lucka-
box-Spin-off Sweeep sorgen Festini und
Mihm für das Flottenmanagement der
Das Google-Duell
DER VERGLEICH: WONACH SUCHTEN SCHWEIZER HÄUFIGER?
7:23
Dieselauto
Entwertungsalarm I
DURCHSCHNITTSWERT DER LETZTEN 90 TAGE/QUELLE: GOOGLE
SCHMUCK
Elle Fanning: Überall –
und immer in Chopard
Nein, «Cinderella» wurde am Filmfes-
tival in Cannes nicht gezeigt. Aber für
US-Schauspielerin Elle Fanning (Bild)
waren die Tage an der Côte dennoch
ein Erlebnis, wie es sonst bestenfalls
Prinzessinnen erfahren. Das 21-jährige
Küken der Filmjury wurde Premiere für
Premiere von den angesagten
Designern eingekleidet – und
von Chopard-Chefin Caro-
line Scheufele mit
Schmuck ausgestattet,
dessen Wert selbst Fan-
nings Gagen in den Schat-
ten stellen dürfte. Für das
Schweizer Schmuckhaus
dürfte sich der Aufwand
gelohnt haben: Kein
Star wurde in Cannes
mehr fotografiert als
die omnipräsente
Fanning. (spm)
Verleiher: «Sweeep stellt die maximale
Verfügbarkeit der E-Scooter sicher», sagt
Festini; die Firma repariert, wartet, lädt,
und postiert die Elektroroller. In Europa
ist Sweeep aktuell mit drei Sharing-Syste-
men im Geschäft, darunter auch mit Voi,
das als europaweit grösster Anbieter gilt.
Mit Voi wird Sweeep auch in Berlin star-
ten. Getreu dem Motto: Wenn der Gold-
rausch losgeht, musst Du nicht schürfen.
Sondern den Schürfern die Schaufeln
verkaufen. (ag)
83
Millionen Dollar
sammelte Voi bisher an
Investorengeldern ein.
Gründungsdatum: 2018.
Huawei-Smartphone
Entwertungsalarm II
PATRICK HOHMANN
Schweizer Bio-Pionier
in neuem Buch geehrt
Es läuft in der Fair-Trade-Welt so
wie überall: Die führenden Kräfte, die
lieber am Thema arbeiten, statt sich
öffentlich permanent den Bio- und
Fairtrade-Heiligenschein aufzusetzen,
kennt man kaum. Zu diesen Pionieren
gehört der Schweizer Patrick Hoh-
mann. Der Gründer der Zuger Firma
Remei, welche die Produktion nach-
haltiger Textilien aus Bio-Baumwolle
koordiniert, setzt sich seit Jahren für
faire Löhne und Naturschutz in Indien
und Tansania ein. 1995 lancierte Hoh-
mann mit Coop das Bio-Label Natura-
line. Jetzt wird der Vordenker und
Vorreiter gewürdigt: im Buch «Patrick
Hohmann – Der Bio-Baumwollpi-
onier» aus der Edelfeder der
Schweizer Literatin Nicole
Müller («Denn das ist das
Schreckliche an der
Liebe»). (ag)
HANDELSZEITUNG | Nr. 22 | 29.
DURCHBLICK
Visilab türmt
Verluste in der
Nordwestschweiz
Visilab muss sparen. Das Unterneh-
men überarbeitet die Struktur der
Gruppe, um Kosten einzudampfen,
wie aus einem Eintrag des Luzerner
Handelsregisters hervorgeht. In die-
sem Zusammenhang wurden 41 Fili-
alen vorwiegend aus der Deutsch-
schweiz in eine Luzerner Muttergesell-
schaft fusioniert. Die Unterlagen
zeigen, dass noch lange nicht jede Fili-
ale profitabel ist. Ein Fünftel war per
Ende 2018 überschuldet, wie die von
PwC geprüften Abschlüsse beweisen.
Das grösste Defizit sammelte sich in
Basel an. Das Minus: 526 000 Franken.
Rechnet man den Verlust der Filiale
im Basler St. Jakob-Park dazu, sum-
miert sich das Loch auf über 800 000
SANDRA MARUSICH
Franken. Kaum besser sieht es aus im
solothurnischen Langendorf, 70 Kilo-
meter von Basel entfernt. Unterm
Maite Mihm (links) und Aike Festini: Lieber Strich bleibt hier ein Verlust von
Schaufeln verkaufen als selber schürfen. 516 000 Franken. (ise)
EINFLUSS AM ABFLUSS
Twistout knackt dm
und holt Preis
Z
u jeder guten Unternehmerin gehört
ein Merkspruch. Das Motto von
Jutta Jertrum (Bild) lautet: «Für
jede Tür, die zugeht, öffnet sich
eine neue.» Das Phänomen der
zuknallenden Tür lernte die Rapperswiler
Twistout-Gründerin früh kennen. Letztes
Jahr trat sie in einer deutschen TV-Grün-
dershow auf, die nie ausgestrahlt wurde.
Eigens dafür hatte Jertrum ein Lager an-
gelegt mit ihrer Erfindung: biologisch ab-
baubare Rohrreinigungsstäbe aus Holz,
mit denen sich Rückstände, beispielswei-
se Haare, in Abflussrohren entfernen
lassen. Nun sass sie auf zu viel Ware.
Doch dann gingen die Türen gleich
reihenweise auf. Nach der Teilnah-
me am Innovationswettbewerb
dmStart gelangten Jertrums Stäbe
ins Sortiment des Drogeriemarktes
dm, «flächendeckend, in allen 2000
Märkten in Deutschland». Dank
ihrem Lager konnte sie sofort lie-
fern. Dieser Tage folgt der Ritter-
schlag: Twistout holt den German
Innovation Award in der Kategorie
Heating and Bathroom. «Coole
Sache», findet Jertrum. Noch
cooler: Nach der Pleite mit der
deutschen Gründershow öffnet
sich jetzt in der Schweiz nicht nur
eine Tür, sondern ein Tor: Jertrum
tritt in der sechsten Folge
von «Höhle der Löwen
Schweiz» auf. (ag)
ZVG