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Das Gedicht “Gedanken über die Dauer des Exils” von Bertolt Brecht wurde im Jahre 1937 veröffentlicht

und handelt von dem Vergleich zwischen den Erwartungen und Hoffnungen des berühmten
Dichters,Bertolt Brecht, in seiner Exilzeit und den wirklichen bzw. eigentlichen Geschehnissen.
Erwähnenswert ist, dass Brecht der einflussreichste Dramatiker und Dichter des 20. Jahrhunderts war
und während der Zeiten des nationalsozialistichen Regime in Deutschland er ins Exil getrieben wurde.
Das Gedicht ist der Epoche Exilliteratur zuzuordnen.

Die formale Struktur des Gedichts betrachtend kann man sagen, dass das Gedicht aus sechs Strophen
besteht und in zwei Teile untergliedert ist. Durch die Nummerierung der jeweiligen Teile wird auch klar,
dass es bei diesem Gedicht um einen Vergleich verschiedener Perspektiven bzw. Zeiträumen geht.
Während die bei dem ersten Teil enthaltenden vier Strophen je mit 4 bzw. 5 Versen vorkommen,
besteht die erste Strophe beim zweiten Teil aus 3 Versen und die zweite aus 6 Versen. Die Verslängen
sind unregelmäßig und es gibt kein eindeutliches Metrum. Bemerkenswert ist auch, dass es an einigen
Stellen Enjambements auftreten, die das Gedicht fließend machen und dazu beitragen, dass das
Gedicht flüssig verläuft. Die Tatsache, dass die Versen über keine bestimmten Grenzen verfügen und
allgemein bei diesem Gedicht keine feste Struktur vorliegt, weist darauf hin, dass der Literat, Brecht,
dieses Gedicht unter schweren Bedingungen in der Fremde verfasst hat und allmählich mit seiner
Hoffnung auch seine Vernunft verliert.

In der ersten Strophe ist zu sehen, dass ein ungewöhnlicher Schreibstil für ein Gedicht in Form von
einem Selbstgespräch vorkommt. Das lyrische Ich stellt sogar eine rhetorische Frage zu dem lyrischen
Du und beantwortet diese Frage selbst: “ Warum versorgen für vier Tage? / Du kehrst morgen zurück “
(V. 4-5). Anhand dieser Frage kann man interpretieren, dass das lyrische Ich vermutet, dass sein
Aufenthalt nicht so lange dauern wird und deshalb es nicht benötigt wird, Vorbereitungen zu machen
und sich dazu zu bestreben, die Neuheiten in dem übersiedelten Land zu akzeptieren. Durch die
Verwendung der Imperativ-Verbformen an den Versanfängen, “ Schlage (V. 1), Wirf (V. 2) “ wird die
Bedeutung verstärkt, dass es für das lyrische Ich absolut kein Bedarf ist, sich an die neu kennengelernte
Kultur anzupassen und einheimische Einrichtungen für sein neues Haus zu besorgen. Mit dem letzten
Vers der ersten Strophe wird deutlich, auf welcher Basis das lyrische Du seine Gedanken entwickeln
muss: “ Du kehrst morgen zurück “ (V.5)

Die zweite Strophe führt die Hoffnungen des lyrischen Ichs auf sein zukünftiges Leben und seine
Vorstellungen mithilfe eines konkreten Beispiels vor den Augen des Lesers: “ Laß den kleinen Baum
ohne Wasser “ (V. 6 ). Der Baum wird hier als ein Symbol genutzt und bedeutet, dass in einem kurzen
Zeitraum er nicht wachsen kann, sondern für seinen Zuwachs eine lange Weile gebraucht wird. Der
Fakt, dass das lyrische Ich daran glaubt, dass die Nationalsozialisten ihr Regime nicht auf so eine Weise
führen können, dass dies für eine lange Zeit dauert, hilft ihm Motivation zu haben, zu jedem Moment
bereit zu sein, sein Exilland zu verlassen und heimzukehren. “ Bevor er (der Baum ) so hoch wie eine
Stufe ist” (V.8), wird hoffentlich die Zeit kommen, in der das lyrische ich Freude darüber fühlen wird,
seine Freiheit wieder zu erlangen und sein Heimatland wiederzusehen.

Das lyrische ich bekommt das Gefühl so vom Inneren seines Herzen , dass die Sehnsucht nach seinem
Heimatland bald aufhören wird, dass er nicht nötig sieht, eine neue fremde Sprache zu erlernen: “ Wozu
in einer fremden Grammatik blättern? “ (V. 11). Diese rhetorische Frage hat eine elliptische Form, was
darauf wieder hinweist, dass bald das lyrische Ich in der Lage sein wird sein vergangenes Leben
wiederzuhaben und mit seinen vergangenen Gewohnheiten weiterzuleben. Um den Grundgedanken bei
dem ersten Teil des Gedichts klarer darstellen zu können, wird eine Personifikation verwendet: “Die
Nachricht, die dich heimruft / Ist in bekannter Sprache geschrieben. “ Nach der Vorstellung des lyrischen
Ichs wird das verdorbene Regime scheitern und eine Einladung zu der Rückkehr wird von ihm erhalten
werden.

In der letzten Strophe des Gedichts ist ein Vergleich zu sehen, was den Prozess klarmacht, der den
Zusammenbruch des chaotischen Systems in Deutschland beschreibt : “So wie der Kalk vom Gebälk
blättert / Wird der Zaun der Gewalt zermorschen. “ (V. 14-16). In Klammern wird ein zusätzlicher
Ausdruck hinzugefügt, weswegen in die vierte Strophe die Anzahl der Versen im Vergleich zu den
anderen Strophen um eins mehr ist. Der in Klammern in die vierte Strophe gesetzte Ausdruck (vgl. V. 15
) deutet eine passive Haltung des Lyrischen Ichs, wobei mit dem Neologismus “zermorschen” eine
aktive Beteiligung an der vorhandenen Situation hervorgehoben wird. “ Der Zaun der Gewalt” kann eine
Bezeichnung für die damals vorgekommene Regierung gelten und der verwendete Neologismus kann
dementsprechend die Zerstörung der Regierung meinen.

In dem zweiten Teil des Gedichts wird der Eindruck von Resignation und Hoffnungslosigkeit
hintergelassen. Diese Gefühle stehen im Gegensatz zu den durch Erwartungen geprägten Gefühlen im
ersten Teil. Während im ersten Teil das lyrische Ich für ein permanentes Umziehen nicht bereit war,
zwingt die äußeren Einflüsse ihm, ein neues Heim zu haben : “Sieh den Nagel in der Wand, den du
eingeschlagen hast” (V. 20). Die rhetorischen Fragen dienen dazu, dass das lyrische ich mit sich selbst
konfrontiert. (vlg. V. 21-22).

Das Gespräch in der letzten Strophe des zweiten Teils mit dem lyrischen Du verstärkt die Bedeutung,
dass es unerlässlich ist, damit anfangen zu sollen, neue Gewohnheiten zu haben und die Situation als
unveränderlich anzunehmen. Die letzten zwei Versen verdeutlichen die unerwartete Entwicklungen der
Situationen, die vom lyrischen Ich erlebt werden, indem “ (eine) Kanne voll Wasser ” (V. 28) dem Leser
präsentierte wird und das lyrische Ich dieser Kanne sich bedient, damit der ständig wachsende Baum
gegossen werden kann. Der Zuwachs des Baumes weist wieder darauf hin, dass das Leben des lyrischen
Ichs gleichgeblieben ist und bald keine Veränderung erwartet wird.

Mithilfe der vorangegangenen Interpretation lässt sich das Gedicht zweifelsfrei der Epoche Exilliteratur
zuzuordnen. In der Zeit der Nationalsozialismus wurden viele Literaten verbannt und dazu gezwungen,
ihr Heimatland zu verlassen und mit ihrer Arbeit in fremden Ländern weiterzumachen. Brecht war einer
dieser Literaten, der ins Exil getrieben wurde. Bei ihm herrschte aber noch Zuversicht, dass das Regime
an der Unfähigkeit seiner Führung und seinen Widersprüchen rasch scheitern würde und es problemlos
wäre, bald nach Deutschland zurückzukehren und sein Leben wie vorher weiterzuführen. Gleich zu
Beginn stellt er die Frage an sich “ Warum versorgen für vier Tage? “ (V.4 ) und macht seine Gedanken
deutlich, dass er die Möglichkeit der Rückkehr nicht für unmöglich hält. Im Laufe des Gedichts ändert
sich aber seine Ansicht: “ Sieh den Nagel in der Wand, den du eingeschlagen hast “ (V. 20 ). Er gibt auf
und nimmt den Zustand, in dem er sich befindet, so an, als ob dies sich nie verändern und ewig lang
gleichbleiben wird.

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