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Iz WACHSTUMSINSELN SÜHNE i

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IM KRISENMEER NICHT IRGENDEIN FILM
Zs
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1917-1987
Die beiden Aufnahmen
wurden 1920 fast gleich­
zeitig im Norden und Sü­
den Rußlands gemacht.
Der britische Panzer war
gegen die Rote Armee
eingesetzt, wurde von ihr
erbeutet und bekam (was
damals bei uns nicht nur
bei Schiffen üblich war)
einen Namen: „Moskauer
Proletarier". Die Rote Rei­
terei — das waren namen­
lose Komsomolzen, drei
von fünf Millionen Rot-
gardisten, die während
der Intervention und im
Bürgerkrieg die Freiheit
verteidigten.
Wer waren sie? Die
Jugend der Revolution.
Der Bürgerkrieg, einer
der größten der Geschich­
te, überzog die So­
wjetrepublik mit den
Klassengefechten, in de­
nen von der Ostsee bis
zum Pazifik Millionen
konfrontiert waren. Er
dauerte drei Jahre. Wir
kennen seinen letzten Tag.
Welcher aber war der er­
ste?
Die Sowjetmacht hatte
den Widerstand der von
der Revolution gestürzten
Klassen schon 1917 ge­
brochen. Da „intervenier­
te" der internationale Im­
perialismus. Sein Einfall in
Rußland gab den konter­
revolutionären Kräften
Oberwasser, und bis zum
Sommer 1918 gerieten
drei Viertel des Landes
unter die Macht vieler
weißgardistischer und bür­
gerlich - nationalistischer

land, in der Ukraine und


im Baltikum.

Ir
und bis Ende 1922 wur­
*- VV den die letzten Unruhe-
• ■
Die Interventen wüteten.
I Mit ihrer Hilfe entstanden herde der Interventen und
■ Vv“ konterrevolutionäre Regi- Weißgardisten in Mittel­
mes: in Sibirien das von asien und im Fernen Osten
ausgeräumt.
mm Koltschak und in Südruß-
land das von Denikin. Die Volksmassen stell-
1 e Diese erhielten von ihnen sten sich hinter die neue
• ■-V Riesensummen und mo- Staats- und Gesellschafts­
derne Technik. Ein halbes Ordnung und führten das
Jahr später die Befreiung Land trotz Kriegsmüdig-
„Regierungen". Es kam zu kommunismus für die Ver- Sibiriens, dann der Sturz keit, Hunger und Entbeh-
Unruhen. Mit sechs Fron­ teidigung auf. Schon im Dcnikins und im Herbst rungen zum Sieg.
ten kesselten weißgardi- Herbst erste Siege an der 1919 die Niederwerfung Die Feinde wollten
stische Armeen die So­ Ostfront, die Befreiung der Armee Judenifschs erdrosseln. Um den Preis
wjetrepublik ein. des Wolgagebiets und vor Petrograd. Die letzten zahlloser Menschenleben
Sie machte mobil und eines Teils des Ural. Dann Angriffe der Weißgardi- erkämpften wir uns das
bot die Wirtschaft und die Wiedererrichtung der sten, Kulaken und bürger- Recht auf Eigenständig-
das System des Kriegs­ Sowjetmacht in Beloruß- lichen Nationalisten wur- keit.

L
V

MOSKAUER HEFTE/ EUE


EIT
Februar 1987
FÜR POLITIK Gründungsjahr 1943

IN DIESEM HEFT:
i DAS PLENUM DES ZK DER KPdSU: 22
RESONANZ
> Terrorismus
2
W. Baranowski, S. Kissin
Wort des Redakteurs
GEGEN DEN DOLCHTERRORISMUS
DEN UMBAU BESCHLEUNIGEN
3 24
UdSSR-Minister N. Lemajew Polemik
UMBAU UND KADER W. Rogers —A. Troizki

Chefredakteur der Zeitung ABC SAGT EINE ENERGIEKRISE VOR­
. AUS
"Trybuna Ludu" J. Majka (Polen)
HERAUSFORDERUNG DER ZEIT AN­ 26
GENOMMEN Die Eureka-Konferenz
Weltwirtschaft
Prof. H. Kimura (Japan) N. Markow
EIN SELBSTBEWUSSTER NACHBAR IM TEUFELSKREIS
) 4 28
I Eine Frage der "Neuen Zürcher Zei­ N. Sorkaja
tung" "NIRGENDWO UND OBERALL.
"GÖRBATSCHEW HELFEN!” NIEMALS UND IMMER..."
Bemerkungen von L. Besymenski Gespräch mit dem Filmregisseur Tengis
f 6 Abuladse
Panorama
■ 30
12
I Diskussion mit dem Leser
ASPEKTE EINES WAHNSINNS
A. Jewstafjew
Befrachtungen von R. McNamara
PARITÄT AUCH IM ÄTHER
14
Wie den Terrorismus bekämpfen!
j MEILENWEIT GEHEN 31
Interview mit dem Verteidigungsmi­ A. Oksanin
nister Norwegens KULTURBROCKE
15 32
; Albanien Sport
PRIORITÄTEN, PLÄNE, KONTAKTE B. Lewin
16 DER LEADER
Fortführung des Themas
Titelbild:
G. Bashenow
Plakat von Frantisek Kraus
GEMEINSAME UNTERNEHMEN
'S (Tschechoslowakei)
iS 18
ja WIE WEIT IST EUREKA* Szene aus dem Film "Die Sühne"
:a

t ln Moskau beginnt
das internationale Forum

r "Für eine kernwaffenfreie Welt,
k für das Oberleben der Menschheit".
< Namhafte Politiker, Persönlichkeiten Chefredakteur
des öffentlichen Lebens, Y. IGNATENKQ-
i religiöse Würdenträger, Wissen­
Redakfionskollegium:
schaftler und Kulturschaffende sind
L. BESYMENSKI,
die Teilnehmer. Wie kann die Zivi­
S. GOUAKOW,
lisation vor der Gefahr der
J. GUDKOW
nuklearen Vernichtung bewahrt
(verantw. Sekretär),
werden! Ist eine kernwaffenfreie
A. LEBEDEW,
Welt möglich! In der Rubrik
A. PIN,
"NZ-Umfrage" äußern der sowje­
B. PISTSCHIK
tische Philosoph Valentin
(stellv. Chefredakteur),
Tolstych und der belgische
A. PUMPJANSKI
Politiker Jean Verstappen
(stellv. Chefredakteur),
ihre Meinung
V. TSCHERNJAWSKI
10 (stellv. Chefredakteur),
V. ZOPPI
"NEUE ZEIT" 6.87

:
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VI
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POST
m UMBAU BESCHLEUHIGEH
gis7h7ülTuch"nichtd|ch7TrÄ'

Ich bin mit dem der KPdSU gesagt wurde, vom Gang Für den verknöcherten Beamten, der
Kiischcebild des des Umbaus ab, das Schicksal des es gewohnt ist, mit habem Einsatz
Durchschnittsamerikaners,
Umbaus aber vom Zustand der zu arbeiten und Augenwischeret zu
das Sic Ihren Lesern ver­
mitteln, nicht einverstan­ Kader, Fortschritte sind ohne den betreiben, macht dse Transparenz
den. Viele von uns erken­ menschlichen Faktor, ohne das le~ das Leben komplizierter, Die
nen die Notwendigkeit des bendige Schöpfertum der Massen, Transparenz wendet sich gegen
Moratoriums der Sowjetre­
ohne die Entwicklung der sozia- Unorganisiertheit, Schlamperei uno
gierung für Nukleartests,
das schon zum fünften Mal listischen Selbstverwaltung, ohne Ungerechtigkeit. Gewisse Leute r bl­
verlängert wurde, und Volksinitiative und Selbständigkeit, fen auch heute noch dazu^ auf,
schätzen es richtig ein.
ohne feste Disziplin und Ordnung, vorsichtiger über die Mangel und
Nicht alle Amerikaner set­
zen Reichtum und mate­ ohne Respekt vor dem Wert und der Unterlassungen, über die Schwierig-
rielle Werte höher als alles Würde des Menschen undenkbar, keilen, dis bei einer beliebigen
andere, vor allem aber ist lebendigen Arbeit unausweichlich
einigen von uns klar, daß Die tiefgreifende, umfassende De­
sind, zu sprechen. Die Antwort kann
der Kampf für Frieden und mokratisierung unserer gesamten
allgemeine Sicherheit das hier nur sein: Die Kommunisten
Gesellschaft ist der Hebel, der es
Wichtigste ist. brauchen siets und unter
Michael E. EBERT erlauben wird, ihre entscheidende
Peru, US-Bundesstaai Umständen die Wahrheit, in einem
Kraft, das Volk, in den Umbau
Indiana einzubeziehen. Ohne die Teilnahme Staat der Arbeiter und Bauern e; hf
des ganzen Volkes wird der Umbau alles das Volk an. Wir fürchten das
Einige von jenen, die Licht nicht. Möge es stärker schei­
nicht gelingen.
noch gestern davon nen, damit es keine dunklen Ecken
sprachen, d i e Nicht aus Büchern, sondern aus mehr gibt, wo sich erneut Schimms»
Rüstungsbegrenzung sei
eine Angelegenheit der eigener langjähriger Praxis wissen ausbreiten kann. Die Transparenz ist
Politiker und der Militärs, wir: Die Leitung kann und darf nicht eine treue Verbündete des Umbaus,
sie selbst aber seien damit das Privileg eines engen Kreises von Sie ist im Zentrum und vor Ort nötics.
überiordert, diskutieren
Berufsleitern sein. Die sozialistische ihr Licht ist überall erforderlich wo
heute darüber und sind
bemüt, den Sinn der Politik Ordnung erlangt nur dann Lebens- v Menschen leben und arbeiten. Die
der friedlichen Koexistenz krofi, wenn das Volk seiest sicn sich im Lande entwickelnde At~
der unterschiedlichen Ge­ voll engagiert, wenn Millionen poli- mösphäre der Transparenz und der
sellschaftssysteme tiefer zu
begreifen. Angesichts ei­ tisch aktiv werden. Demokratie wirkt sich bereits positiv
nes so leidenschaftlichen Die Demokratie ist die gesunde fooz tP'u br9e°nisse des Jahres
Friedensstrebens, wie es
die Sowjetunion und die und reine Luft, in der allein die . , n f e? 9eze»gt: im enfschei-
anderen sozialistischen sozialistische Gesellschaft bestehen enaen Bereich, in der Wirtschaft,
Länder demonstrieren, .und sich entwickeln kann. Und wenn ‘S ®,n ’ prrscnritt eingetreten,
müssen die Erklärungen
wir davon sprechen, daß das Poten- . ur , e ®rs*en Schritte wurden
von Präsident Reagan nach
dem Treffen in Reykjavik tial des Sozialismus bei uns noch ?e'an< s’nc* Taten und nochmals
jeden, der noch etwas nicht vollständig genutzt wird, be- ö ^.n ^er ^mbau ist eine
denken kann, enttäuschen. deutet dies, daß unser Voranschrei- ?r? , jc^u,e* Jeder muß diese
L. SARKISJAN
Zilina, CSSR ten unmöglich ist ohne die allseifige c . “^ehlaufen. Muß es lernen,
Entwicklung der Demokratie in all e"?r^SC"r schöpferisch, kom-
ihren Erscheinungsformen. Unsere Re*en:.zu aroeiten, es lernen, unter
In Ihrer Rubrik "Post,
Echo" jHeft 42/861 las Ich Aufgabe ist es, ihre reinigende Kraft en. 8e^*ngungen der sich ent-
mit großem Interesse einen voll aufzudecken. wickelnden Demokratie tätig zu
Brief aus der DDR, in dem sein.
von der Freundschaft der Die eigentliche Grundlage der Die Dynamik dpr i *• -
Arbeiter der Kraftwerke in Demokratie ist die Transparenz. Die Erneuerung unserer Gese krhnfT
Weißwasser mit der Familie Parte» setzt sich entschieden dafür von inneren wie von -
von Leutnant A. Naganow, ein, daß das Volk alles weiß, gungen 4tieH C ^ "
. einem Verteidiger der hel­
so stark in
denhaften Brestcr Festung, Transparenz, Kritik und Selbstkritik, der Welt, wie wir
berichtet wird. Das Beispiel die Kontrolle durch die Massen sind stark sind. * uns zu Hause
des Großvaters des Verfas- die Gewähr für die Gesundheit der , ,. , D,es( ab«r bedeutet, daß
. sers dieses Briefes bestä­ de umbau auch die vorderste Linie
tigt, daß auch damals. Im Gesellschaft, sind Vorzüge der so­
zweiten Weltkrieg, nicht zielistischen Lebensweise. Da das heiL s abUe^T0'"6,,5'^^
alle Deutschen auf der Volk sie braucht, brauchen sie Welt ist ’ k6rnwa«enfre,e
Seite der Nazis standen.
folglich alle, wurde auf dem Plenum Es qibt kein o ,
Roger LESIEUR des ZK der KPdSU erklärt. unabwendbar ' °er Umbau ist
Saint-Queniin, I
Frankreich I
2
"NEUE ZEIT" 6.87

L
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Das Plenum des ZK der KPdSU:


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ECHO IM IN- UND AUSLAND
wenn man die Initiative entwickelt, soll dafür bezahlen. Anders können *die
man keine Angst davor haben, daß ehrlich Menschen nicht dazu erzogen werden,
UdSSR-Minister viel Geld verdient werden kann; wenn ihre Pflichten und die Wahl der Leiter
N. W. lemajew man die Transparenz ausweitet, darf man ernst zu nehmen.
nicht auf halbem Weg sfehenbleiben... Der französische Autor Michel de Saint

Umbau Doch es gibt auch einen anderen Aspekt,


Wie soll man die erhaltenen Rechte
Pierre schrieb in seinem Buch über die
Geschichte Rußlands, die Russen wunder­
einsetzen? Theoretisch sind sich alle einig, ten sich immer über die Folgen Ihrer
und Kader daß Rechte vor allem Verantwortung Handlungen...
voraussetzen. Sagen wir, für die Journa­ Ich bin mir nicht sicher, daß sich nur die
listen gibt es keine verbotenen Themen Russen über die Folgen wundern müssen.
mehr. Heißt das, daß man einfach nach Doch bei uns kommt das vor. Besonders,
Wir sprachen mit dem Minister für Gutdünken schreiben kann? Nicht wie, wenn wir das eine denken, das andere
erdölverarbeitende und petrolchemische sondern was man will? Nicht alle Journa­ sagen und das dritte tun. Gerade das
Industrie der UdSSR, Nikolai Lemajew, listen, mit denen ich in letzter Zeit zu tun geschah mit der Wirtschaftsreform der
über das Januar-Plenum des ZK der hatte, beherzigen diesen Unterschied: 60er Jahre. Sie war sehr radikal gedacht,
KPdSU. Das Plenum war der Kaderpolitik Ohne sich über die Fakten die erforder­ doch dann wurde sie zu Gerede über
gewidmet, und wir erinnerten uns un­ liche Klarheit verschafft zu haben, bringen Veränderungen gebremst. Meiner Mei­
willkürlich an die populäre Losung der sie die Tatsachen durcheinander, entstel­ nung nach ist das schlechter, als einfach
ersten Fünfjahrplane "Die Kader entschei­ len die Situation, geben sogar die Namen alles beim alten zu belassen.
den alles". Ist sie auch heute gültig? falsch wieder, wodurch sie die Leser Alexander GUBER
Im Prinzip gilt diese Wahrheit für alle verwirren. Das gilt nicht nur für Journa­
Zeiten. Der Erfolg einer beliebigen Sache listen. Nehmen wir die Wirtschaftsleiter.
hängt letztlich von den Menschen ab. Das Lange Zeit klagten wir über den Mangel Chefredakteur
dürfte wohl kaum jemand bezv/eifeln. an Rechten und über zu drastische Norma­
der Zeitung
Doch von wem eben? Viele meinen immer tive. Uns fehlte die Möglichkeit, so die
erhaltenen Gewinne zu nutzen, wie wir es
"Trybuna Ludu"
noch naiv, von den Leitern. Man brauche
nur einen ehrlichen, energischen, kompe­ wollten. Seit dem 1. Januar d. J. sind alle Jerzy Majka
tenten Mann zu finden, und alles werde in Betriebe unseres Ministeriums zur vollen
Ordnung sein. Wie viele Artikel haben wirtschaftlichen Rechnungsführung und Die Herausforde­
Ihre Journaiistenkollegen nicht über einen
neuen Kolchosvorsitzenden, Werksdirek­
zur Selbstfinanzierung übergegangen.
Kurz gesagt, kann jeder Betrieb für die
rung
tor und Sekretär des Rayonparteikomitees
geschrieben, mit deren Kommen sich die
materielle Stimulierung, den
nungsbau u. a. beliebig viel ausgeben.
Woh­
der Zeit ange­
Situation schlagartig zum Besseren wen­ Doch diese Mittel müssen erarbeitet nommen
det. Und wirklich, das gibt es. Werden wir werden. Nicht erbettelt oder erpreßt,
also nicht Zehntausende, ja Hunderttau­ sondern eben erarbeitet. Sind alle dazu
sende dieser Leute finden? bereit? Das ist noch die Frage... Seit dem April-Plenum (1985) des ZK
Wenn aber das Erarbeitete nicht aus- der KPdSU, das den Prozeß des Umbaus
Andere ziehen das Ganze von der
anderen Seite her auf: Die Kader werden reicht für Prämien, ja nicht einmal für und der Beschleunigung einleitete, sind
durch gewisse Bedingungen formiert, die Löhne} fast zwei Jahre vergangen. Die neuen
folglich schafft nur die erforderlichen Daran eben dachte ich, als ich sagte, programmatischen Ideen, der neue Stil
Bedingungen, und wir werden zeigen, daß wer A sagt, auch B sagen muß. Die des Denkens und Handelns, den die
was wir können. Doch die Frage sei volle wirtschaftliche Rechnungsführung KPdSU vorbrachte, fanden die breite
gestattet, wer wird denn die Bedingungen setzt auch volle Verantwortung voraus. Unterstützung des ganzen Sowjetvolkes.
für uns schaffen? Betriebe, die mit Verlust arbeiten, werden Der Umbau wird zu einer Realität,
Wir sind tief verwurzelt in dieser die Löhne nicht zahlen können. Man wird obgleich, wie auf dem jetzigen Plenum
Psychologie der "kleinen Leute". Ich sie schließen, ihr Profil ändern müssen... des ZK der KPdSU unterstrichen wurde,
würde von einer Sklavenpsychologie Und natürlich sind fähige Leiter zu suchen. das erst der Anfang eines langen Weges
sprechen: Der Chef wird kommen und Das müssen wir tun, wenn wir das Ganze ist. Doch bereits jetzt sind auf diesem Weg
alles machen, von uns aber hängt nichts zu Ende führen wollen. Wichtig ist es, sich auch Hindernisse objektiver wie subjekti­
ab. nicht durch Behauptungen irreführen zu ver Art aufgetaucht. Die Probleme sollen
I Die Kader entscheiden wirklich alles — lassen, der Bankrott unrentabler Betriebe komplizierter gev/esen sein, als man
’ die Kader, also die Menschen. Und die widerspreche den Prinzipien des Sozialis­ anfangs gedacht hatte.
Bedingungen, in die sie gestellt sind. mus, führe zur Arbeitslosigkeit. Übrigens Michail Gorbatschow legte das Wesen
Ebendeshalb ist es von. prinzipieller Be­ klagen wir bis heute ständig über einen des Umbaus dar, wobei er den engen
deutung, daß das Plenum die Kaderfrage Mangel an Arbeitskräften, zahlen aber für Zusammenhang zwischen der Beschleuni­
im engen dialektischen Zusammenhang die Herstellung bewußt untauglicher Er­ gung der sozialökonomischen Ent­
mit dem Umbau behandelte. Der Umbau zeugnisse. wicklung des Landes und der Festigung
braucht Kader, die auf neue Weise Die Gegner einer solchen extremen der sozialistischen Demokratie betonte. In
arbeiten, ohne den Umbau aber wird Maßnahme haben auch folgenden Ein­ seinem Bericht wurde die Konzeption
deren Zahl uns nicht genügen. wand: Schuld seien die Chefs, die einer dynamischen Entwicklung der Insti­
Ein Teufelskreis... Vereinfachen Sie das Arbeiter aber würden ohne Lohn bleiben. tute der sozialistischen Demokratie in der
Problem nicht] Die Arbeiter haben das reale Recht, an Produktion sowie im Leben der Partei, des
Hören Sie. Gerade, um nicht in die der Beschlußfassung teilzunehmen und Staates und der Gesellschaft insgesamt
Sackgasse zu geraten, muß man, wenn den Leiter zu wählen. Man wird also nicht dargestellt. Die zutiefst humane Haftung
man A sagt, auch B sagen, nicht wahr? mehr behaupten können, sie hätten die gegenüber allen berührten Fragen ver-
Wenn den Betrieben Rechte gegeben Ergebnisse nicht zu verantworten. Wenn dient Aufmerksamkeit. Das spürt man
| v/urden, soll man nicht jeden Versuch, man sich geirrt und den falschen Mann besonders, wenn es darum geht, daß der

t eigene Schritte zu tun, verhindern wollen;


"NEUE ZEIT" 6.S7
zum Direktor gewählt hat, muß man eben Umbau die Sache des ganzen Volkes ist,

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!
DAS PLENUM DES ZK DER KPdSU: RESONANZ

daß der Erfolg des Umbaus von den Sozialismus, führ! zu neuen Ufern. Und so
Menschen, von deren bewußter Einstel­ bereichert es alle kommunistischen und Professor der
lung zur Arbeit bestimmt wird. Arbeiterparteien, die gesamte internatio­ Universität Hokkaido
Ich meine, daß die Bedeutung der auf nale Arbeiterbewegung. Hiroshi Kimura
dem Januar-Plenum des ZK der KPdSU Als Politiker der PVAP möchte ich noch
geäußerten Thesen weit über die Grenzen etwas sagen. Das Studium der Materialien
der Sowjetunion hinausgeht. Die vom
Plenum gestellten Aufgaben zeugen von
des Plenums des ZK der KPdSU wird auch
für uns in Polen nützlich sein. Denn trotz
Ein selbstbe­
der enormen Kraft des Sozialismus. Sie
bekräftigen die Fähigkeit unserer Ge­
des unterschiedlichen Entwicklungsstan­
des stellen wir ebenfalls schwierige
wußter
sellschaftsordnung, ihre gesellschaftlichen
Institute auf weiteren Entwicklungsstufen
Probleme und lösen sie, reagieren wir auf
die dringenden Forderungen der Zeit.
Machbar
zu vervollkommnen und mit neuen histo­ Wir sprechen die gleiche politische
rischen Aufgaben fertig zu werden. Sie Sprache, wenn wir an der allgemeinen
zeugen von der Lebenskraft der Ideen der Erneuerung teilnehmen, die neue Hori­ Unser Tokioter Korrespondent Juri Taw-
Oktoberrevolution und von den riesigen zonte des sozialistischen Schöpfertums in rowski spricht mit dem namhaften japa­
Reserven, die das sozialistische unseren Ländern, in unserer ganzen Ge­ nischen Sowjetunion-Experten und Direk­
Weltsystem besitzt. Das Erfassen der meinschaft eröffnet. tor des Slav/ischen Zentrums der Universi­
Erfahrungen bereichert die Praxis des Warschau tät Hokkaido.

Meine erste Regung beim Lesen


war — als Journalist hat mich die Position
der "Neuen Zürcher" schon ofi em­
pört —, den Autor und all jene in
zornigen Worten anzuprangern, die über
die Entwicklung in unserem Lande so
arrogant urteilen. Was auch immer
geschieht, sie beginnen damit, uns
Bedingungen zu stellen, und greifen zu
ihrem bewährten Rezept: "Vorschuß an
Mißtrauen".
Ich ließ mich jedoch von meiner ersten
Regung nicht beirren und hielt inne. Was
wird sich schließlich ändern, wenn wir
unsere Kollegen aus der "Neuen
Zürcher" wieder einmal unverbesserliche
Antikömmunisten nennen? Nur daß wir
nachher mit uns selbst zufrieden sind?

„Gorbatschew helfen?" Betrachten wir also den Artikel mal


anders. Was ist an ihm bemerkenswert?
Die Zeitung bleibt auf ihren antikommu­
nistischen Positionen — und bestätigt
Zu einem Artikel in der "Neuen Zürcher Zeitung" trotzdem das ausschließliche, ja beispiel­
lose Interesse der westlichen öf-
fentlichkeit für alles, was jetzt in der
UdSSR, in ihrem wirtschaftlichen, ge­
sellschaftlichen, politischen und mora­
Die "Neue Zürcher Zeitung", eine der solidesten in Westeuropa, bekannt sowohl lischen Leben, vor sich geht. Das war
für ihre journalistischen Traditionen als auch für ihre unverhohlene Feindseligkeit nicht immer so. Und wenn die Leute in
gegenüber der UdSSR, brachte einen Leitartikel unter diesem Titel. Stimmen würden Zürich sich Gedanken machen, dann
ln Westeuropa laut, "Gorbatschew zu helfen", nämlich "ihm den Weg, den er geschieht wohl wirklich etwas Wichtiges
eingeschlagen hat, nach besten Kräften zu ebnen". Ob das wirklich getan werden un Ernsthaftes, darunter auch in jenen
solle, fragt sich das Blatt. reisen der Öffentlichkeit, die dem
Bei der Beantwortung werden drei Kriterien aufgestellt. Erstens: Inwiefern hat sich owjetstaat mit feindseligem Mißtrauen
und ohne viel Interesse gegenüberste-
der Kurs in den vergangenen zwei Jahren ausgeprägt, wohin führt er! Zweitens habe hen.
man darüber nachzudenken,"unter welchen Umständen ein allfälliger Erfolg des von
Ein anderer bemerkenswerter Punkt ist
Gorbatschew verkündeten Kurses zur Modernisierung der Sowjetunion in westlichem
Interesse läge". Drittens schließlich, "ob westliches Verhalten sich überhaupt dazu Erk "erk®nnun9 oder, genauer, die
™?.'S e“en' daB der Westen seine
eignet, die innere Entwicklung im Sowjetreich in irgendeiner Weise zu beeinflussen".
Spekulationen längst aufgeben sollte, die
Der Leitartikel meint dann, daß "auf Vorschuß gewährtes (Vertrauen) innersowjetische
im Entwicklung auch nur
im Umgang mit der Sowjetunion zu den historisch wenig bewährten Rezepten gehört.
^eringsten zu beeinflussen. Der Leser
Was aber das geduldige Verhalten angeht, so sollten wir uns in dieser Tugend in der wird3 vielleicht einwenden, daß sich
Tat ebenso üben wie die Russen selber. Dies um so mehr, als westliche Politik zur diese Erkenntnis spät genug einstellt.
Zeit kaum eine Möglichkeit besitzt, auf das innersowjetische Geschehen Einfluß zu Nun, lieber
Pc -u Spaler als nie.
nehmen. Der neue Kurs, den Gorbatschew selber offenbar für mehrere Generationen kurzernb/,uhlimmere Posi«°nen. Erst vor
plant, muß, sofern der Parteichef es vermag, von ihm und den Seinen durchgesetzt
Reaoa" r namhafte US-Politiker aus
werden. Auf unserer Seite besteht kein Grund zur Euphorie; wir haben aber jede
dinguog Tü^el^96^"9 di° V°rbe_
Ursache, die Vorgänge in der Sowjetunion in den kommenden Jahren neugierig und
mit der UdSS^ v!b‘9! Verhandlun9en
sehr aufmerksam zu beobachten."
4 ÄÖSS,*' in unse-
"NEUE ZEIT" 6.87
j

Ehrlich gesagt, habe ich anfangs die schnell und jäh. Ihre Verlangsamung Eindruck gewonnen, daß Moskau nach
Tiefe der Veränderungen, die sich in der zeugt von einer Stabilisierung der Füh­ Reykjavik, wo es mit der starren Haltung
Sowjetunion vollziehen, unterschätzt und rung, was sich auf die Verwirklichung der Reagans konfrontiert v/urde, mehr Auf­
Ihr politisches System scharf kritisiert. weitreichenden Pläne auswirken wird. merksamkeit inneren Fragen zu widmen
Jetzt aber v/ird die Dimension der Tä­ Selbst von Hokkaido aus sieht man, daß begann. Nach dem Plenum ist eine
l
tigkeit der neuen Generation der sowje­ die Reformen auf den Widerstand konser­ Aktivierung der sowjetischen Außenpoli­
tischen Führung deutlich. Die Verände­ vativer Kräfte stoßen, die nicht von ihren tik zu erwarten. Wir rechnen auch mit
rung des Wahlprozesses in Partei und Privilegien Abschied nehmen wollen, bis­ Initiativen in den japanisch-sowjetischen
Staat wird die demokratischen Rechte weilen auch einfacher Menschen, die es Beziehungen. Wir hoffen weiterhin auf
stark ausweiten. Offenbar wird es interes­ gewohnt sind, auf alte Weise zu leben. Es einen Japan-Besuch Michail Gor­
santer, in der UdSSR zu leben. Früher ist deutlich, daß die Anhänger der Refor­ batschows in diesem Jahr.
waren fünf oder zehn Minuten genug, um men in der Mehrzahl sind und energischer Einigen unserer amerikanischen Kolle­
all Ihre zentralen Zeitungen und handeln. Doch selbst eine Minderheit gen wären ein Andauern der
Zeitschriften durchzusehen, da ihr Inhalt vermag bisweilen, sich der Mehrheit Wirtschaftsflaute in der UdSSR und die
gleich war. Jetzt aber reichen mir nicht erfolgreich zu v/idersetzen. Schwächung der welfpolitischen Rolle
einmal zwei Stunden. Dadurch, daß sie für Ordnung im Ihres Landes lieber. Doch wir meinen, daß
Wir konstatierten die Begrenztheit der eigenen Haus sorgt, wird die Sowjetunion eine starke und selbstbewußte Sowjet­
Kaderumbesetzungen. Bis vor kurzem großen Einfluß auf das Kräfteverhältnis in union ein attraktiver Partner für Ver­
noch erfolgten diese Umstellungen sehr der Welt ausüben. Wir haben den handlungen, für Zusammenarbeit ist.
I
rem Staat. Geäußerte und stumme Forde­ Interessant, daß in einigen Stel­ ten Bekannten Christian Kind geleitet
rungen, den inneren Charakter unserer lungnahmen der seriösen westeuro­ werden, mich mit allen möglichen "Ob­
Gesellschaftsordnung zu verändern, hört päischen Presse heute folgendes Motiv jekten" für die Oberv/indung überschüt­
I man aus vielen Äußerungen des US-Prä- miischwingt: Was jetzt in der UdSSR vor ten könnten: Und dies? Und jenes? Und
sidenten und seiner nächsten Mitarbeiter sich gehe, stärke sie. Offen gestanden noch das da?.. Ja, lassen Sie uns ade
heraus. Die gleiche Meinung ist auch in war es für mich überraschend, wie die Streitpunkte, alle "Objekte" in der
konservativen westeuropäischen Kreisen "Neue Zürcher" die Diskussion unter den sowjetischen und der westlichen Position
verbreitet. Sowjetbürgern um die Demokratie be­ nacheinander klären. Hierzu fordern die
leuchtet. So schreibt sie, in der UdSSR sowjetischen außenpolitischen Initiativen
Nach der "Neuen Zürcher" zu urteilen,
. gebe es Menschen, die die neuen auf. Hierzu trägt auch die innere
I gibt es jedoch auch einen realistischeren
Standpunkt. In der Tat v/ird man jetzt in
Maßnahmen als "Schwächezeichen" und
als "Kapitulation vor dem Westen"
Umgestaltung in unserem Lande bei, mit
deren Problemen sich das jüngste
soliden westlichen Zeitungen kaum noch
auslegen. Die Zeitung gibt aber zu ZK-Plenum der KPdSU beschäftigte.
die Hoffnung finden, die UdSSR werde
verstehen, daß sie mit ihnen nicht Zur Frage des "Vertrauensvorschus­
"zum Kapitalismus zurückkehren". Alle,
einverstanden ist. ses". Ob wir Vertrauen brauchen?
auch die "Neue Zürcher", sind sich
Damit steht die "Neue Zürcher" nicht Gewiß, wenn es sich um gegenseitiges
darüber einig, daß die heutigen
allein. Viele Organe der bürgerlichen Vertrauen handelt. Der internationale
Wirtschafts- und sonstigen Veränderun­
Presse bezeugen, daß die Umgestaltung Kurs des Sowjetstaates war in den
gen in der UdSSR im Rahmen des
die UdSSR und ihre internationalen letzten Jahren und Monaten, besonders
Sozialismus und zu seiner Entwicklung
Positionen stärkt, das Vertrauen zu ihr nach der Unterbreitung des Programms
vorgenommen werden.
festigt und einen umfassenderen poli­ der nuklearen Abrüstung bis zum Ende
Allerdings ist eine andere Variante tischen Dialog ermöglicht. Die des 20. Jahrhunderts, kein "Vorschuß",
der westlichen Beeinflussungspolitik auf- einflußreiche Wochenschrift "Die Zeit", sondern praktiziertes Vertrauen.
geiaucht: der Versuch, unsere Ent­ deren Herausgeber Ex-Bundeskanzler Und wie wir zur "Hilfe" stehen?
wicklung zu bremsen, insbesondere Helmut Schmidt und Gräfin von Dönhoff Niemand in der UdSSR denkt daran, daß
durch die Einbeziehung der UdSSR ins sind, meint, daß die von Gorbatschow unsere Umgestaltung vom Westen ab-
Wettrüsten. Noch immer hoffen einige verkündete Publizität Signale seien, "die hängen könnte und daß wir unsere
Militaristen, uns totzurüsten. Dazu ein die Völker hören sollten". Und weiter: Umgestaltung ohne seine Hilfe
bekannter US-Politologe (ich darf seinen "Der Westen kann es nur begrüßen, wirtschaftlich und technologisch nicht
Namen nicht nennen, das gehörte zu den wenn kommunistische Führer freiere bewältigen. Die Geschichte hat alle, die
"Spielregeln" jener internationalen Kon­ Wege suchen, um ihre Länder zu solche naiven Ansichten vertraten, ein­
ferenz, auf der wir miteinander diskutier­ stärken." In einem anderen Artikel fragt deutig genug Lügen gestraft.
ten): "Die Zeit" besorgt: "Doch die Unfähig­ Selbstverständlich werden wir auch al­
l
"Die Politik der USA besteht darin, die keit zu trauen, die stets ein Ausdruck der lein auskommen. Wir meinen etwas
Wirtschaftsschwierigkeiten der UdSSR als Schwäche ist, wird sie den Westen dar­ anderes, was nicht nur in unserem
I Hebel zu benutzen, um Ihr Land in der an hindern, die Bedeutung der Anstren­ Interesse, sondern auch im Interesse der
notwendigen Richtung zu beeinflussen." gungen Gorbatschows zu erkennen?" westlichen Länder ist, nämlich den
Natürlich möchten die Anhänger einer Das ist uralt: zu erschrecken, wenn Ausbau gutnachbarlicher Beziehungen in
solchen Position die UdSSR maximal man von seinem Feind gelobt wird. Wie Politik und Wirtschaft. Gerade sie
geschwächt sehen. lange kann man sich mit einer Binsen- könnten das im Gefolge haben, was die
Das ist nicht nur kurzsichtig. Das ist die ' Wahrheit zufriedengeben? Es geht ja Schweizer Zeitung "ein etwas zivileres
Logik jener Kräfte, die die Konfrontation nicht darum, uns endgültig zu zerstreiten Verhalten" nennt. Eine solche Hilfe
zu verewigen trachten. Mir geht es gut, und die Welt in den Strudel der würde niemandem Abbruch tun, viel­
weil es mein Nachbar schlecht hat: Eine Konfrontation zu reißen. Die Rede ist von mehr der UdSSR helfen und außerdem
solche Spießerlogik taugt nicht einmal für der historischen Chance, Wege zu ihrer die friedliche Zukunft der Bürger im
das übliche Nebeneinanderbestehen in Oberwindung zu finden. Folglich auch Westen gewährleisten. Der Frieden ist
der Gesellschaft, geschweige denn für uns selbst und die alten Denkmuster zu nicht gegeneinander, sondern nur in
vernünftige internationale Beziehungen. überwinden. einem miteinander zu schützen. Das wäre
Von den Erfolgen des Sowjetvolkes Ich ahne schon, daß Kollegen aus der das Maximalprogramm. |_. BESYMENSKI
innerhalb des Landes werden andere Abteilung Ausland der "Neuen Zürcher", Politischer Beobachter
Völker nur profitieren. die von meinem alten und sehr geachte­ der "Neuen Zeit"
"NEUE ZEIT" 6.87 S
PANORAMA

ASIATISCH­
PAZIFISCHE
REGION

Diplomatie
der Stärke und
eine starke ;

Diplomatie .
• DIE ENTSCHEIDUNG
JAPANS, DIE BUDGETGRENZE
FÜR ROSTUNGSAUSGABEN
ZU BESEITIGEN, IST EIN
EREIGNIS, DEM DIE
WELTPRESSE ZU WENIG
AUFMERKSAMKEIT GE-
WIDMET HAT.
Der Schritt Tokios kann für
die gesamte Region viel be­
deutsamere Folgen haben,
als man heute denkt.
Die Regierung Yasuhiro Na-
kasones hat alles getan, um ihre
Entscheidung nicht ins Rampen­
licht rücken zu lassen. Der
politische Skandal in Wa­
shington, die Meldungen über
die Europa-Reise des Mi­
nisterpräsidenten und die Pazi­
fik-Reise des Außenministers
füllten die Nachrichtenspalten
der Zeitungen und nahmen die
Zeit der TV-Nachrichten in An-
spruch. Auch im kommenden
Finanzjahr wird die Steigerung
der Rüstungsausgaben gegen­
über der einstigen Obergren­
ze 0,004 Prozent betragen.Und
nicht diese abstrakt erschei­
nende Zahl, sondern die
Möglichkeit bedeutenderer Melde Dislozierung iranischer
und durchaus realer Summen, und gib Teheran noch ein paar Waffen!” Einheiten I
die Millionen Japaner verlieren
können, wenn die von der g^^goBgma^gm^ma^^mm^s Zeichnung: W. Arssenjew
Regierung geplante Steuerre­
form verwirklicht wird, ließ die Das Gleichgewicht dabei ist einen Tag später mit einigen
i
Oppositionsparteien die Arbeit instabil, was nicht nur in Mos- gungskräfte" im Interesse der
Veränderungen von der "Wa­
des Parlaments boykottieren. kau und Peking, sondern über- USA liegt, und drängen die
shington Post" nachgedruckt.
Natürlich blieb der auf lange all bemerkt wurde, wo die japanischen Partner zu weiterer
Japan, das diese Haushaltsbar­
Sicht angelegte Beschluß To- Dynamik der Rüstungspolitik Aufrüstung. In Tokio hat man
riere beseitigte, "wird unaus-
kios nicht unbemerkt für die Japans beobachtet wird. weichlich zu einer bedeuten­ nichts dagegen und jagt seinen
Militärs in allen Nachbarstaa­ Bürgern mit der "Bedrohung
den Militärmacht", schrieb Kis-
ten, die jetzt das strategische Die wohlwollende Reaktion aus dem Norden" Angst. Kis-
singer. "Das verlangt von den
Kräftegleichgewicht in der Re­ des Pentagon wurde von einer USA eine, wenn auch späte singer ist entschieden gegen
gion unter Berücksichtigung besorgten Äußerung des ehe­ dieses Argument: Selbst die
Neueinschätzung ihrer Sicher-
der neuen Komponente zu kal­ maligen US-Außenministers eher
heifsinteressen in Asien." bescheidenen Selbst­
kulieren haben. Die Gleichung Henry Kissinger in den Hin­ verteidigungskräfte reich-
Warum ist Kissinger unzufrie­
ist nicht einfach: Die neue tergrund gedrängt. Sein umfas­ Jen aus, um einen potentiel-
den? Die amerikanischen Politi­
Komponente ist keine konstan­ sender Beitrag über die Um­ len Aggressor in die Schranken
ker und Militärs gehen ge-
te, sondern eine variable Größe rüstung Japans erschien in der weisen. Japan mit seinen
wohnlich davon aus, daß die
mit tendentieller Steigerung. Zeitung "Newsday" und wurde Streitkräften wolle eben die
Stärkung der "Selbstverteidi-
Rolle ei nerr zumindest regiona-
6
*'NEUE ZEIT" 6.87
PANORAMA

len, Supermacht spielen. "Die japanische Zeitung "Asahi", ist Von den Ersatzteillieferungen Lebensmittel und Waren dort
Begeisterung für schnelle Be­ die Aufnahme diplomatischer aus den Vereinigten Staaten waren überhöht. Die Preise
schlüsse", konstatierte der Ex- Beziehungen MVR—USA zu se­ hängen bis heute einige Be­ auch in einigen Verkaufsstellen
Außenminister, "ist eine ge­ hen. triebe ab. Victor Tirado Lopez, für Bier und Erfrischungsgeträn­
fährliche Tendenz der Außen­ Bei den Gesprächen des Mitglied der Nationalleitung ke schnellen in die Höhe. Die
politik. Die großangelegte Um­ MVR-Außenministers M. Du- der Sandinistischen Nationalen Journalisten entdeckten eine
rüstung wird zu Entwicklungen guersuren in Moskau wurden Befreiungsfront, führte kürzlich ungleichmäßige Verteilung der
und Versuchungen führen, neue Schritte beider Länder zur in Mexiko auf der Tagung der Waren auf Bars und Restau­
über die sich den heutigen Förderung der gesamtasia­ UNO-Wirtschaftskommission rants. Wie sich herausstellte,
Erklärungen nach schwer urtei­ tischen Sicherheit erörtert. Die­ für Lateinamerika und die Kari­ werden nur jene, die den Ge­
len läßt... Die Verstärkung der se Region braucht besonders bik Angaben über den mate­ tränkespediteuren Schmiergel­
Macht eines Landes wird zu heute eine dynamische und riellen Schaden an, den die der geben, gut versorgt.
einer fast automatischen Kräfte- vielseitige Diplomatie, die frü­ Republik durch den nichterklär­ Presse und Rundfunk enthül­
korrekiur durch alle anderen her hier fehlte. Doch das darf ten Krieg der USA genommen len in letzter Zeit aktiv die
Staaten, die für ihre Sicherheit nicht eine Diplomatie sein, die hat: Er liegt bei über Spekulanten, und die revolutio­
I sorgen können, führen." auf Stärke setzt, ähnlich dem 2,8 Md. Dollar — mehr als 50 nären Behörden ergreifen ent­
i Die militärischen Schritte To­ kurzsichtigen Beschluß Tokios, Prozent der gesamten Aus­ schiedene Maßnahmen gegen
kios beschleunigen das regio­ eine unbeschränkte Verstär­ landsverschuldung Nikaraguas. die Spekulation. So wurde im
nale Wettrüsten. In China wer­ kung der "Selbstverfeidi- Unter den bewaffneten Über­ Januar in A^anagua eine Reihe
den die Handlungen Japans gungskräfte" zu erlauben. fällen der Coniras leidet beson­ von Operationen gegen Speku­
aufmerksam verfolgi. Die Län­ L. MLETSCHIN ders die Landwirtschaft im Nor­ lanten durchgeführf, bei denen
der Südosiasiens werden ge­ den. Die Somozistas zerstören eine große Menge von Medika­
i
genüber der Verstärkung der landwirtschaftliche Betriebe, menten, Getreide, Zucker und
japanischen Streifkräfte nicht Genossenschaftsbauten, Speiseöl, bestimmt für
gleichgültig bleiben können. Brücken und Hochspan- Schwarzmarktgeschäfte, konfis-
Die militärischen Korr.pensa- NIKARAGUA nungsleitungen, stören die Kaf- ziert wurde. Im Wohnviertel
ticnsmaSnanmen eines dieser fee- und Baumwollernte. "Oscar Benavides" versuchten
Staaten werden ihrerseits des­ Die jetzigen Schwierigkeiten Spekulanten Widerstand gegen
sen Nachbarn zum Handeln haben auch subjektive Gründe. die Handlungen der Polizei zu
zv/ingen: Ali das wird die Kampf den Die Produktionsdisziplin ist un­ leisten. Sie schrien Beleidi-
Interessen vieler Staaten — zureichend, unregelmäßig ar- gungen und zettelten sogar
von Australien bis zur KDVR, beiten viele Versor- eine Schlägerei an.
von Indien und der Mongolei Spekulanten gungsbetriebe und -ämter. Nichtsdestoweniger wurde die
bis zu den Philippinen und Die in Managua erschei­ Operation "Mit eiserner Faust
Indonesien — berühren. Hier, ODIE VERTEIDIGUNG DER nende Zeitung "Nuevo Diario" gegen die Spekulanten" fortge­
: in Asien, mangelt es nicht an REVOLUTION, DEREN meint, daß am Erscheinen von setzt, da sie die volle Unterstüt­
alten Konflikten, die jeden Au­ WEITERENTWICKLUNG VER­ Waren auf dem Schwarzmarkt zung der werktätigen Bevölke­
genblick wieder akut werden LANGEN VON DEN in vielem die schlechte rung, die die Errungenschaften
können... NIKARAGUANERN ENORME Kontrolle über die Güterlage- der Revolution verteidigt, hat.
Den Ex-Außenminister beun­ ANSTRENGUNGEN — UND rungsbedingungen, über die W. DOLGOW
ruhigt allerdings nicht die NICHT NUR IN DEN Versorgungszentren der NZ-Korrespondent
j Wahrscheinlichkeit neuer Tra­ KAMPFHANDLUNGEN GEGEN Werktätigen sowie ^'e Managua
gödien, sondern die für die DIE VON DEN USA BE­ zahlreichen kleinen Geschäfte
USA durchaus reale Aussicht, WAFFNETEN CONTRAS. EINE und Läden, die meist in Privat-
ihren Einfluß in der Region zu DER WICHTIGSTEN besitz sind, schuld ist.
verlieren. So kritisiert Kissinger AUFGABEN DER BEHÖRDEN Mit Staatssubventionen ver­ USA—SÜDAFRIKA
seine Regierung, sie besitze IST DIE ÜBERWINDUNG DER suchte die Regierung niedrige
keine Asienpolitik. Wl RTSCHAFTSPROBLEME. Preise für die Bedarfsgüter zu
gewährleisten. Doch nicht sel­
Die aktive Ost-Diplomatie
Moskaus kam für Washington
Sehr akut stellt sich in diesem
Zusammenhang die Frage des ten führte diese Maßnahme zur Alte
wie für Tokio überraschend. Sie Kampfes gegen die weit­ Bereicherung der Händler, die
müssen sich umstellen. Die USA
gaben bekannt, sie wollten den
verbreitete Spekulation in Nika­
ragua, die verschiedene Ur­
billige Waren versteckten, sie
dann aber auf dem
Positionen
kleinen Staaten des Südpazi­ Schwarzmarkt absetzten. Allein
fiks, die in ihrem Streben nach
sachen hat. Das Land macht
schwere Zeiten durch. An vie- in Managua gibt es 28 000 neue bekräftigt
Selbständigkeit in der interna­ lern mangelt es. Die Inflation Händler, die an ungesetzlichen
tionalen Praxis übliche Kon­ wütet. Der chronische Devisen- Handelsoperationen profitie- • IN WASHINGTON TRAFEN
takte mit der Sowjetunion her- mangel wirkt sich auf die ren. AM 28. JANUAR DER
stellen, schnellstmöglich Kre­ Wirtschaft aus, führt zu einem Kürzlich nahmen Journalisten PRÄSIDENT DES
dite geben. Japan seinerseits akuten Mangel an Roh- und der Zeitung "Nuevo Diario", AFRIKANISCHEN
legte das erste wirtschaftliche Werkstoffen, Ersatzteilen und die eine umfassende Kampagne NATIONALKONGRESSES(ANC)
Hilfsprogramm der Anlagen, die für die einfache gegen die Spekulanten führt, VON SÜDAFRIKA, OLIVER
Nachkriegszeit für die Länder Reproduktion erforderlich sind. eine Kontrolle der Geschäfte, TAMBO, UND US-AUS-
des Pazifikraums vor. Verhängnisvoll wirkt sich Restaurants und Märkte vor. SENMINISTER GEORGE
Auf Grund ihrer konstrukti­ auch die amerikanische Politik Dabei wurde ermittelt, daß al­ SHULTZ ZUSAMMEN.
ven Tätigkeit in Asien haben des Handelsboykotts gegen Ni­ lein auf dem belebten Ostmarkt Auf so hoher Ebene hatte es
Ansehen und Gewicht der so­ karagua aus, da sich die der Hauptstadt die Hälfte der bislang Kontakte zwischen Füh­
zialistischen Länder regional Wirtschaft des Landes lange Händler gegen das Gesetz rern des ANC und offiziellen
wie weltweit zugenommen. In Jahre vor allem auf die USA und über den Schutz des Käufers Vertretern der USA nicht gege­
diesem Kontext, schreibt die deren Technologie orientierte. verstößt: Die Preise für alle ben. Das ist ein denkwürdiges
"NEUE ZEIT" 6.87 7
! .
PANORAMA

ENDE. DIE SUCHE NACH DEN


Ereignis, und man kann denje­ Diesbezügliche Aufrufe lie­ ja für den ANC bedeutet, die
VERBRECHERN GEHT WEITER.
nigen zustimmen, die darin fen darauf hinaus, offene Türen Waffen zu strecken, während
Am 20. Januar führte die
eine Veränderung in der ameri­ einzurennen. Wie der Sprecher Polizei und Armee der RSA die
Siedlungen der Schwarzen fak­ Polizei in einem Stockholmer
kanischen Politik gegenüber des State Department erklärte,
Viertel eine Razzia durch. 20
Südafrika sehen. Doch eine konzentrierte Shultz das 50 tisch okkupiert haben. Um Ver­
möglich zu Personen, die man der Kompli­
Veränderung in nur einem ein­ Minuten lange Gespräch mit handlungen
machen, erklärte Tambo, sei es zenschaft an der Ermordung
zigen Aspekt; In Washington Tambo vor allem auf die Frage
erforderlich, den Druck auf Pre­ Olof Palmes verdächtigte, wur­
ist man sich offenbar bewußt nach der Position des ANC
geworden, daß ohne die Teil­ gegenüber gewaltsamen toria zu verstärken. Er be- den festgenommcn und ver­ !
nahme dieser führenden anti­ Kampfmethoden. Er erinnerte zeichnete die vom US-Kongreß hört.
rassistischen Organisation eine an die wiederholten Aufrufe verhängten Sanktionen gegen Die Operation im Mor­
Regelung in Südafrika un­ der USA an die RSA-Regierung die RSA als "ermutigend", gengrauen wurde zum Höhe­
doch betrachtete sie als unzu- punkt bei der Verfolgung der
reichend: Nur umfassende Version der "Hauptspur", der
Sanktionen könnten die Ras­ die Suchergruppe unter dem

m sisten
Shultz
zur Vernunft bringen.
wollte diese Frage
Stockholmer Polizeichef Kom­
missar Hans Holmer nachgeht.
nicht einmal erörtern. "Unsere Kurz vor der Razzia versicherte
Haltung gegenüber Sanktionen er: "Ich bin zu 95 Prozent
bleibt unverändert", erklärte davon überzeugt, daß wir den
der Sprecher des State De­ richtigen Weg gehen." Worauf
partment. Dem ANC-Führer ge­ gründete sich die Zuversicht
lang es also nicht, ir­ des Kommissars? Und wohin
gendwelche Veränderungen in führt die "Hauptspur"?
der faktisch prosüdafrika­ Im November 1985 wurde in
nischen Politik der US-Admi- Stockholm ein gewisser K. Gü-
nistration zu bewirken. ner, Mitglied der "Kurdischen
Was aber die Haltung der Arbeiterpartei" (KWP), die von
USA angeht, so denken sie der schwedischen Regierung
offenbar schon daran, wie sie als terroristische Organisation
ihre Positionen in Südafrika angesehen wird, ermordet. Das
bewahren können, nachdem Mordmotiv offenbar—Rache
■ / -

dort das Rassistenregime zu­ tür dessen Trennung von der


sammengebrochen und die KWP. Bei der Untersuchung
. schwarze Mehrheit an die dieses Verbrechens gelangte
Macht gekommen sein wird. die Polizei zu dem Verdacht,
Für diesen Fall sind die führen­
daß der Mörder kein Einzeltä­
den US-Repräsentanten um ter war, und verhaftete drei
Kontakte zu den Führern ver-
Noch ein Opfer des Rassistenregimes Personen. Die Recherchen
schiedener politischer Strömun­
Foto: TASS sollten Querverbindungen zur
gen in der RSA bemüht. So traf
Ermordung Palmes offenlegen.
Reagan wiederholt mit Gatsha
So wurde es zumindest im
möglich ist. Doch wenn man in und an den ANC, ein Abkom­ Buthelezi zusammen, der die
offiziellen Kommunique von
Washington auch einiges be­ men über die Beendigung der "gemäßigten" Politiker der
Oberstaatsanwalt Claes Zeime
griffen hat, so doch weitaus Gewalt zu schließen und Ver- schwarzen Mehrheit anführt.
und Hans Holmer auf deren
nicht alles. So behauptete die handlungen aufzunehmen. Auf sie baut Washington vor
Fernsehgesellschaft NBC, das Solche Aufrufe allem. Doch das State De­ Pressekonferenz am Abend des
waren tat-
State Department habe sich um gleichen Tages behauptet.
sachlich aus Washington zu partment, das nicht nur auf ein
dieses Treffen bemüht, wobei vernehmen — doch sie waren Die zahlreichen Journalisten,
Pferd setzen will, beschloß,
es den "Widerstand des nichts als Heuchelei. Ist es ja darunter auch ich, mußten
Kontakt auch zum ANC aufzu­
Weißen Hauses zu überwinden nicht erforderlich, den ANC nehmen. lange anstehen, bevor sie das
hatte". Und nicht nur den. Der zum Dialog zu bewegen: Seine Gebäude des Polizeiamts be­
j. BOTSCHKARJOW
Einladung des ANC-Präsiden- Führer traten stets für eine treten durften: Jeder Besucher
ten in die USA wider setzten friedliche Lösung der wurde peinlich genau unter­
sich die Anhänger des Apartheid ein. Überdies appel­ sucht. Das lange Warten und
RSA-Rassistenregimes, von de­ lierte Tambo an die usa , SCHWEDEN die wenig angenehme Ein­
nen es im und um den Kongreß Vermittler bei dem Versuch zu laßprozedur würden sich, wie
nicht wenige gibt. Sie zimmer­ werden, die weißen und die es schien, nun durch neue
ten sogar eine "Koalition ge­ schwarzen Südafrikaner am wichtige Fakten im Mordfall
gen den Terrorismus des ANC" Verhandlungstisch zusammen­ Palme bezahlt machen. Aber
zusammen und führten eine zuführen. Doch in der heutigen Wohin führt as sollte leider nicht so sein.
Protestdemonstration durch. Lage fehlen dafür die Voraus­ Wie sich herausstellte, gibt es
Sie verlangten, der Außenmi- setzungen, da Pretoria katego­ einerlei nennenswerte Fort­
- nister solle Tambo dazu brin- risch derartige Verhandlungen die Hauptspur? schritte bei der Aufdeckung
gen, Gewalt zu verurteilen, verweigert. des Verbrechens.
• AM 30. JANUAR WÄRE
und, sollte dieser sich weigern, Shultz' Versuch, einen Ver­ Pjn®r der Verhafteten, ein
OLOF PALME 60 GEWORDEN
erklären, daß die USA sich zicht des ANC auf den be- 38jähriger Schwede finnischer
DOCH VOR EINEM JAHR
gegen eine Teilnahme des ANC waffneten Kampf gegen das Abstammung, zu-
MACHTE EINE KUGEL _ _j erklärte
an der politischen Zukunft der Aperiheidregime zu erzwin- "«hst, er habe geholfen, die
LEBEN DES SCHWEDISCHEN
RSA wenden würden. gen, blieb erfolglos. Härte dies MINISTERPRÄSIDENTEN •stole, aus der Palme ermordet
EIN
8 wurde, zu beschaffen. Doch

"NEUE ZEIT*' 6.87


PANORAMA

bereits am nächsten Tag nahm ginn des iranisch-irakischen Die Konferenz bekräftigte
er seine Aussagen entschieden Krieges. Auf der vierten Konfe­ die Forderung nach dem
zurück. Keinerlei gewichtige ISLAMISCHE KON­ renz in Casablanca (1984) ging vollständigen Abzug der israe­
Beweise gegen die Festgenom­ es um die kritische Lage in lischen Truppen aus allen be­
menen wurden gefunden, und FERENZ- Libanon im Zusammenhang mit setzten arabischen Gebieten
der Verdacht überzeugt nicht. der Invasion der USA, Israels und nach der Anerkennung des
Das rief die offene Unzufrie­
ORGANISATION und der NATO. Selbstbestimmungsrechts des
denheit einer Gruppe von Diesmal ist die Lage gleich in palästinensischen Volkes. Die
Staatsanwälten hervor, die mehreren traditionell isla­ Konferenz verurteilte die
1986 eingesetzt worden waren, mischen Regionen kritisch — Umtriebe gegen Libanon, die
um den Gang der Unter­ Sorgen im Nahen und Mittleren Osten, amerikanische Aggression ge­
suchung zu überwachen (eben in Nord- und in Zentralafrika. gen Libyen, die feindselige
sie wird von Claes Zeime gelei­ Die Konferenzteilnehmer be- Kampagne gegen Syrien und
tet). zeichneten als Herausforderung andere islamische Länder.
Fast das ganze Jahr, in dem der gesamten islamischen Welf Die Teilnehmer der Konfe­
die Untersuchung läuft, lassen den Versuch der Zionisten (am renz von Kuweit prangerten
sich Presse, Rundfunk und Hoffnungen Vorabend de$( Kuweiter Tref­ den Staatsterrorismus an und
Fernsehen Schwedens immer fens), ein weiteres Heiligtum zu wiesen Versuche zurück, den
wieder über Widersprüche sprengen — die Moschee in El- Terrorismus mit dem legitimen
zwischen den Staatsanwälten ODAS IN DEN LETZTEN Khalil im Westjordanland. Noch Freiheitskampf der Völker ge­
und der Suchergruppe aus. JANUARTAGEN IN KUWEIT provokatorischer ist die bis gen alle Formen des Kolonialis­
Darüber beklagte sich übrigens EINBERUFENE 5. GIPFEL­ heute andauernde demonstra­ mus und des Rassismus zu
auch Zeime auf der Pressekon­ TREFFEN DER TEIL- tive Flottenkonzentration der identifizieren.
ferenz. Die "totale Kluft'', wie NEHMERLÄNDER DER ISLA- USA im östlichen Miftelmeer Der iranisch-irakische
die Zeitung "Expressen" MlSCHEN KONFERENZOR- und in der Golfregion. Das Konflikt stand als eine der
schrieb, wurde allen deutlich. GANISATION(OIC) FAND, Echo des Krieges hallte auch in wichtigsten Fragen auf der Ta­
Die Unzufriedenheit ist gegen­ AUCH WENN ES ALS Kuweit selbst wider: Ölanlagen gesordnung der Konferenz,
seitig. Die Staatsanwälte be­ ORDENTLICHES TREFFEN BE­ auf der Insel Failaka wurden doch der Schlüssel zu dessen
haupten, Molmer habe sich auf ZEICHNET WURDE, IN EINER von See aus beschossen, und Lösung wurde nicht gefunden.
die Version der Maupispur ver­ AUSSERORDENTLICHEN LAGE zwei starke Explosionen ereig­ Die Teilnehmer des Treffens
steift, ohne irgendwelche über­ STATT. neten sich in der Hauptstadt... riefen Iran und Irak auf, einen
zeugenden Beweise für die Wie der Emir von Kuweit, Es folgten Drohungen unbe­ Waffenstillstand zu vereinbaren
Komplizenschaft der KWP an Jaber al-Sabah, bei dessen kannter Extremisten gegen die und eine politische Regelung in
dem Mord zu besitzen. Die Eröffnung erklärte, wird die Konferenzteilnehmer. Und das Angriff zu nehmen. Doch den
Untersuchungsrichter ihrerseits islamische Welt, seit Imperialis­ machte es erforderlich, letzten Meldungen von der
sind wütend: Die Staatsanwälte mus und Zionismus nach ara­ außerordentliche Sicher- iranisch-irakischen Front zu­
bischen Gebieten greifen, stän­ heiismaßnahmen zu ergreifen. folge fruchtete dieser Aufruf
ließen sie nicht normal arbei­
ten, mischten sich ein und dig mit Gewalt und Aggression In den Konferenzreden und nichts. Teheran boykottierte die
trieben sie zur Eile. Im Grunde konfrontiert. Millionen Mos­ Abschlußdokumenten fand die Konferenz — wegen der An­
erfolgte die Razzia weitgehend lems verspüren am eigenen Beunruhigung von mehr als 40 wesenheit von Vertretern Bag­
Leib die verheerende Wirkung Staaten über die verstärkten dads.
unter dem Druck der Staatsan­
wälte. Sie standen der der in verschiedenen Gebieten Spannungen in der Welt über­ Das Forum begrüßte die An­
"Hauptspur" sehr skeptisch ge­ der islamischen Welt unge­ haupt und die explosive Lage strengungen zu einer poli­
genüber und wollten so das lösten regionalen und lokalen in dem traditionellen Verbrei­ tischen Regelung der "afgha­
Konflikte. Die Sorge um den tungsgebiet des Islam Aus­ nischen Frage". Doch es selbst
Tüpfelchen aufs i setzen, indem
sie die Glaubwürdigkeit der Weltfrieden ist den Moslems druck. Viele Teilnehmer ver­ leistete dazu keinen eigenen
ebenfalls nahe. I st ja die Gefahr wiesen auf die Notwendigkeit, Beitrag. In nicht geringem
Version Holmers klärten. Der
Kommissar mußte nach dem eines nuklearen Winters selbst unter diesen Bedingungen die Maße erklärte sich das durch
Prinzip "alles oder nichts" ver­ jenen verständlich, die nie ei­ islamische Solidarität zu stär­ den weiter geltenden früheren
fahren. Die offenkundig nen Winter erlebt haben. ken. Beschluß, die AAitgliedschaft
mißglückte Razzia brachte Hol- Die OIC war auf dem Gip­ ln der Abschlußerklärung der DR Afghanistan in der OIC
mer in eine heikle Lage. feltreffen der islamischen Län­ wurde das Forum von Kuweit ruhen zu lassen. Er war vor
Lassen wir die Differenzen der in Rabat 1969 gegründet als "Konferenz der islamischen einigen Jahren unter dem Druck
beiseite, die kaum helfen, das worden, bald nach dem Ver­ Solidarität" bezeichnet. gerade jener Kräfte gefaßt wor­
Geheimnis der Ermordung Pal- such der israelischen Zionisten, Die Konferenz verurteilte die den, die Gegner einer Frie­
mes zu lüften. Doch offenbar eines der Hauptheiligtümer des amerikanisch-israelische strate­ densregelung sind.
endete die "Hauptspur" bis­ Islam, die Al-Aqsa-Moschee in gische Zusammenarbeit und Fast alle auf der Konferenz
lang in einer Sackgasse. Der Jerusalem, in Brand zu stecken. forderte "effektive Maßnahmen gehaltenen Reden endeten mit
Staatsanwalt ist mit seiner Ge­ Alle späteren Gipfeltreffen gegen die Gefahren, die von dem traditionellen islamischen
duld am Ende. wurden zu Zeiten verschärfter dieser Allianz ausgehen". Die Gruß: "As Salam Aleikum"
"Wir müssen alles von An­ Spannungen einberufen. Die Idee der Einberufung einer ("Friede sei mit euch!"). Wohl
zweite Konferenz in Lahore internationalen Nahostkonfe- noch nie in der gesamten Ge­
fang an neu aufrollen, müssen
an den Tatort zurückkehren, (1974) trat nach Beendigung renz unter Teilnahme der stän­ schichte des Islam hatte er
erneut die Zeugen befragen", des Oktoberkrieges von digen Mitglieder des einen so tiefen politischen Sinn,
meint Zeime. Er ist davon über­ 1973 im Nahen Osten zusam­ UNO-Sicherheitsrates und aller wurden solche Hoffnungen in
zeugt, daß neue "interessante men. Die Teilnehmer der dritten i nteressie rte n Seiten, ihn gelegt wie in unserer heuti­
Spuren" gefunden werden kön- Konferenz in Mekka (1981) einschließlich des einzig legiti­ gen, beunruhigenden und ver­
nen. D. POGORSHELSKI konzentrierten sich auf die men Vertreters des palästinen­ antwortungsvollen Zeit.
NZ-Sonderkorrespondent Lage in der Golfregion im sischen Volkes, der PLO, wurde
Stockholm Zusammenhang mit dem Be- unterstützt. L. MEDWEDKO

"NEUE ZEIT" 6.87 9

i
NZ-UMFRAGE ■~z:zrr.-

IST EINE KERNWAFFENFREIE WEH MÖGLICH


Bl

:ÜH

gründet sein, und sie fehlt uns denn auch.


Valentin Tolstych: Unabhängig davon, zu welchem sozialen
System wir gehören, leben wir alle (wenn

EINE GEISTIGE RAKETE das noch vollwertiges Leben ist) von früh
bis spät mit dem Gefühl, daß das Un­

INS 21. JAHRHUNDERT denkbare und Unumkehrbare jeden Au­


genblick passieren kann.
Auf thermonuklearer Angst und Dro­
Prof. Valentin Tolstych, Dr. sc. phil. hung beruht nur ein sehr prekäres
Gleichgewicht, das fortwährend ge­
Die Frage, wie unser Planet von | Schon das allein läßt fragen: Worauf fährdet ist. Nur ein Mensch, egal, ob
Kernwaffen befreit und der Frieden erhal­ beruht die Überzeugung der Optimisten, Politiker oder "Normalverbraucher'', der
ten werden könne, ist beinahe futurolo- daß die Zukunft friedlich, ja daß sie aus den vielen Widersprüchen weder ein
gisch, zugleich aber auch eine Frage, die überhaupt sein wird? noch aus weiß, kann so etwas Garantie vor
unmittelbar unser aller Leben betrifft. Wir sehen uns in der einzigartigen Vernichtung nennen.
Beim Nachdenken darüber, wie sie zu Situation, da die Zukunft der gesamten Das echte Drama unserer Zeit, das sich
beantworten sei, erinnerte ich mich an ein Menschheit und jedes einzelnen jeden Tag zu einer Tragödie ausv.arhsen
vor kurzem abgehaltenes Treffen amerika­ Menschen erstmals in der Geschichte von kann, besteht darin, daß nur ganz wenige
nischer und sowjetischer Soziologen, unserer — allgemeinmenschlichenl — Fä­ von uns heutigen Erdbewohnern aus der
Politologen, Philosophen,Wirtschaftsfach­ higkeit abhängt, den Frieden zu erhalten. Welt, in der wir leben und an die wir —
leute und SF-Autoren. In der altehr­ Die sich vor unseren Augen abspielende leiderl — gev/ohnt sind, Waffen wegden­
würdigen Villa des Moskauer Hauses Revolution in Militärtechnik hat die Lage ken und es sich vorstellen können, daß
des Literaten diskutierten sie darüber, wie von Grund auf verändert und viele diese Welt eines wirklich schönen Tages
die Welt im Jahr 2000 und danach gewohnte Vorstellungen über den Haufen waffenfrei sein könnte. Nun darf die
aussehen werde. Am erstaunlichsten für geworfen. Vor 30 oder 40 Jahren konnte Bedeutung der menschlichen Vorstellun­
mich waren die Kühnheit, mit der gesetzte sich kaum jemand, vorstellen, daß der gen natürlich nicht über-, aber auch nicht
und durchaus realistisch denkende elementare, beinahe "spießerhafte" unterschätzt werden, sieht man doch, wie
Menschen in eine ferne Zukunft blickten, Wunsch zu überleben die Dominante viele Politiker, Militärs und Ideologen
und ihr optimistischer Glaube, daß der praktisch aller Menschen sein wird — sich von objektiv überholten, ausge­
Frieden erhalten bleibt, daß die abgesehen von einigen wenigen, die ihre. höhlten Dogmen noch immer lassen leiten.
Menschheit ewig bestehen wird. "Sandkastenspiele" etwas zu weit treiben
Die für alle Menschen gültige Wahrheit
An jenem Abend fiel das Wort Rakete in und seltsamerweise glauben, dieser Kelch
"Du sollst nicht auf deinem Lieblingsge-
einem überraschenden Zusammenhang. werde an ihnen vorübergehen.
danken bestehen" ist weder im Alltag
Einer der Anwesenden meinte, die beiden Zu unserer Welt gehört heute eine
noch in der Politik von allen anerkannt und
Supermächte sollten gemeinsam eine bisher nie dagewesene Realität: Der Krieg
angeeignet worden. Es handelt sich nicht
"geistige Rakete" entwickeln, um sie in ist nicht denkbar. Er hat aufgehört, ein um die. Preisgabe teurer Prinzipien und
die ferne Zukunft zu entsenden. Selbstre­ Mittel politischen Zwecks zu sein, ganz
Überzeugungen, für die der Mensch
dend ist das unglaublich schwierig. Dazu gleich, um welche Gesellschaftsordnung
selbst sein Leben zu opfern bereit wäre,
wird man erkennen müssen, was den Sinn es sich handelt.
sondern darum, andere zu überzeugen,
des Lebens und das Geheimnis der Viele müssen sich diese objektive
ohne ihnen die eigene Wahrheit aufzu­
Verbindung zwischen endlichem und Realität erst vergegenwärtigen, um sie als
zwingen. Es ist niemandem gelungen,
unendlichem Sein ausmacht, aber dane­ unumstößlich zum heutigen sozialen Da­
andere mit Gewalt glücklich zu machen.
ben Selbstkritik üben, damit die späteren sein gehörend, als "der Wahrheit letzten
Der Satz "Es gibt wichtigere Dinge als
Erdbewohner wissen: Wohlstand und Schluß", als absolute Wahrheit zu empfin­
den Frieden" ist von sehr zweifelhaftem
wirtschaftliche Expansion allein vermögen den und zu erkennen. Es mag sonderbar
den Menschen in keinem wie auch immer Wert. Aber selbst wenn man ihm einen
anmuten, aber die Überzeugung von der
gearteten sozialen System glücklich zu relativen Wert zuerkennt, muß man gleich
Möglichkeit einer friedlichen Zukunft
den Vorbehalt machen: Wer sich zu
machen. "hält sich" auf einer Grundlage, die,
dieser Th ese bekennt, muß auch wissen,
Ich schloß mich dem Gespräch an und obwohl durch die äußerst wi­
sagte, daß ich Futurologen und SF-Auto­ daß er den Frieden, alles Leben, die
dersprüchliche Entv/icklung der
ren beneide: Sie sind imstande, Zu­ menschlichen Zivilisation hervorgebracht, Existenz unseres Planeten riskiert, daß er ;
kunftsvarianten sich eine schv/ere Schuld auflädt. Viel zu
unter Umständen recht fest ist.
viele nämlich
durchzuspielen, da nicht nur die Teilneh­ Es ist eine Illusion, daß jemandes mögen es leicht.
"Fortschritt"
mer der Friedensbewegung, sondern auch Sicherheit in unserer "verrückten, ver- "Freiheit und Gerechtig-
keit". aber
weitblickende Politiker und real den­ rückten Welt" auf Waffen und auf Angst auf fremde Kosten.
kende Militärs sich über die Alltäglichkeit vor Vergeltung beruhe. Auf Waffen und Nun wollen wir, ohne das wirklich
der Gefahr immer klarer werden, daß sich | auf Angst vor "gegenseitig zugesicherter äußerst komplizierte Problem zu verein­
unser Planet selber vernichten kann. I Vernichtung" kann keine Sicherheit ge- fachen, auf die oben gestellte Frage eine
direkte Antwort zu geben versuchen. Ist
10
"NEUE ZEIT" 6.87
eine kernwaffenfreie Welt sicher und
möglich? Die Antwort ist leider alterna­
tiv.
Nein, unmöglich! Unmöglich, wenn
die Welt selbst trotz Abrüstung die alte,
aus jedem Anlaß in Feindseligkeit ent­
brennende Welt bleibt und wenn jedes
soziale System auf seinen "Lieblingsge­
danken" bestehen, anderen die eigene
Denk- und Lebensweise aufzwingen wird
und in den Beziehungen zwischen Völ­
kern und Staaten nach wie vor Un­
’ ~v
duldsamkeit, Argv/ohn, Selbstgenügsam­
keit und Arroganz vorherrschen. P *
Ja, möglichl Möglich, wenn sich
gleichzeitig mit der Abrüstung die Weit
selbst verändert, wenn sich in den Bezie­
hungen zwischen Völkern und Staaten die
Grundnormen von Moral und Gerech­
tigkeit durchsetzen. Möglich, wenn das
Recht jedes Volkes auf die Bestimmung
seines historischen Schicksals ein unan­
tastbares Prinzip der weiteren Ent­
wicklung der Zivilisation wird und die
sozialen Systeme, um ihre "Überlegen­
heit" zu beweisen, die zahlreichen
Probleme und Widersprüche des Plakat Jemeljanenko zum internationalen Wettbewerb
menschlichen Daseins bewältigen wer­ "Für Frieden und sozialen Fortschritt"
den, jene Probleme und Widersprüche,
die für unsere Zivilisation beschämend
und für Menschen mit Gewissen
unerträglich sind.
Offenbar ist es an der Zeit, Rahmen und
Ziele der mittlerweile langjährigen Ver­
Jean Versteppen:
handlungen fester zu umreißen. Man muß
versuchen, eine andere Weit aufzubauen,
eine Welt, die keine Waffen brauchen und
FÜR BRÜDERLICHKEIT
in der deshalb das Problem der Sicherheit
entfallen wird. Man könnte die Tages­
ordnung der Verhandlungen vielleicht
auch so formulieren: Prinzipien des Auf­
UND FRIEDEN
baus einer waffenfreien Welt.
Wer diesen Vorschlag als verfrüht oder Jean Verstappen, Mitglied des Präsidiums des Weltfriedensrats, ehemaliger Ab­
geordneter des belgischen Parlaments.
utopisch ansieht, dem könnte man erwi­
dern: Die hier in Rede stehende Frage ist,
wie am Anfang dieses Artikels schon
gesagt, in ihrer Konkretheit vital, aber Die NATO-Führer behaupten, der Frie­ seuchung und Vernichtung der Umwelt
auch futurologisch. Zudem besteht das den sei seit 40 Jahren dank ihrer Milifärpo- etc. Dabei existiert der Mensch ja, um zu
Wesen neuen Denkens nicht nur in der litik und Nuklearstraregie gesichert. Das schaffen, zu lehren und zu lieben, nicht um
Fähigkeit, die Wahrheit der Realität, des ist natürlich strittig. zu zerstören und die Zerstörung zu
"Fakts", zu akzeptieren, sondern auch in Der Frieden setzt feste Freundschaft beweinen. Er hofft auf eine zügige Ent­
dem Vermögen, das Modell einer waf­ zwischen allen Ländern voraus. wicklung, auf den technischen Fortschritt
fenfreien Welt aufzubauen und die in Was wir jetzt in Europa haben, ist ein zu wirklich humanen Zwecken.
vieler Hinsicht zweifelhaften Vorteile der Zustand ohne Krieg. Hier befinden sich Die westlichen Spitzenpolitiker benut­
vom Menschen erschaffenen Zivilisation mehr konventionelle und nukleare Waffen
zen zur Rechtfertigung der Kernwaf­
zu beseitigen. Die Zivilisation selbst, ihre als anderwärts auf der Erde. Sie stellen j
fenaufrüstung das von den westlichen
Fähigkeit zur Selbsterhaltung und eine konstante Bedrohung dar. In anderen
Massenmedien erdachte Lügenmärchen
Selbsterneuerung wird einer Festig­ Weltgegenden wurden in den letzten 40 von der "sowjetischen Bedrohung".
keitsprobe unterzogen. Jahren zahlreiche Kriege angezettelt, und
Jeder denkende Mensch weiß aber, daß
Vor einigen Jahren, zur Zeit der Stories in manchen Gegenden dauern noch jetzt
blutige Konflikte an. Die Hortung von die UdSSR und die anderen sozialistischen
um die "fliegenden Untertassen", fragte
Kernwaffen in Mengen, die alles Leben Lander vor allem am Aufbau einer gedei­
ich einen Physiker von Weltruf, ob das
auf Erden auslöschen können, und die henden Wirtschaft interessiert sind, die
Auftauchen von Außerirdischen an sich
Verlegung solcher Waffen in den die Vorzüge ihres sozialen Systems mani­
möglich sei. Das ehrenwerte Akademie­
Weltraum lassen die Gefahr eines festiert. Die Politik der Konfrontation und
mitglied antwortete mir: "Ich glaube, das
Konflikts gefährlich anwachsen. So etwas des Wettrüstens würde die Ent­
ist unmöglich. Eine Zivilisation, die diese
Aufgabe intellektuell, technisch und ist widernatürlich, und die Politik, die wicklungspläne der sozialistischen Ge­
sellschaft ernsthaft gefährden.
technologisch zu bewältigen weiß, wird diesen Prozeß vorantreibt, ist unver­
sich vernichten, noch bevor sie ein solches antwortlich. Hingegen trägt die Lüge von
I Projekt verwirklicht." Die Tatsache, daß Kann eine Weit ohne Kernwaffen noch der "sowjetischen Bedrohung" dazu bei,
das Problem, das wir jetzt diskutieren, geschaffen werden? Das muß geschehen. die Erzeugung riesiger Waffenmengen,
überhaupt entstehen konnte, läßt diesen Auf der Erde bestehen viele akute Proble­ sowohl konventioneller als auch nuklea­
Gedankengang (diese Warnung?) des me: Hunger, Krankheiten, Elend, Ar­ rer, zu rechtfertigen. Diese wirft Superpro­
Wissenschaftlers aufmerksamer prüfen. beitslosigkeit, Auslandsschulden, Ver- fite ab und mehrt somit die Einnahmen des
"NEUE ZEIT" 6.87 11
I

Militär-Industrie-Komplexes. Deshalb ha­


ben die westlichen Spitzenpolitiker eine
Abschreckungsstrategie gewählt, bei der
Aspekte
sie die Gefechtsstärke der sowjetischen
Waffen übertreiben, um selbst noch mehr
Rüstungen erzeugen und die militärische
Konfrontation noch steigern zu können.
des Wahnsinns
Aus demselben Grunde lassen sie sich auf Betrachtungen von Robert McNamara
"Sternenkriege" ein und bleiben bei . komm) daß Wortkombinalionen McNamara meint, es sei spontan und
ihrem Projekt emer Gesellschaft, m der mj) der Zei) w eingeschli(fen sind, daß sie ohne Voraussicht aufgerüstet worden. Er
eine bevorzugt. Mmderhe* die eigenen j fas) a|j nisches Ganzes gedacht wer- schreibt, daß jedes Land seine Tausende
Volker und die der dritten Welt skrupellos ^ Wettrüstungswahnsinn is, eine von Sprengköpfen ohne jeden Plan er-
ausbeutet. Zu dieser schlimmen Perspek- . . .. langt habe. Sprengköpfe seien überhaupt
.. o ... solche Formulierung.
tive muß man eine Alternative finden, die
f_ ,, _ , , , , , , ! ; , ... .
Worin besteht der Wahnsinn? In Lon-
• 7 i„ i„0 erst entwickelt worden, weil man, ohne
fur alle in Todesgefahr schwebenden ;
_ , , _ . ..7,, . .
. : _ . . .
don,. Paris und anderen westeuropäischen
. eine Auswahl zu treffen, jede technische
r en urger vor ei a is . \ ^aUpts|äcjjen jsj man immerhin der Mei- Neuerung eingeführt habe und unfähig
Den verhängnisvollen Prozeß muß man \i , « , „ c gewesen sei, zu begreifen, daß atomare
n, .. \ ■ nung, daß gerade Kernwaffen Europa
zum Rucklauf zwingen muß das nukleare i * über 49Qjähri Frieden garaniiert Sprengköpfe eben keine Waffe im her­
Wettrüsten und die Militarisierung des ; , . . .. , _ kömmlichen Sinne des Wortes mehr sind.
... .. ..... . , , . i haben und garantieren werden. Zugege-
Weltraums zum Stillstand bringen sowie . . , , , . , . ..
........ ... , o ben, inzwischen haben sich mehr Atom- Hier sollte man präzisierend hinzufü­
die Nukleartests verbieten. Zugleich muß ' . , .. . ,
.. . ii -» waffen anqesammelt, als unbedingt ertor- gen, daß die Sowjetunion den Vereinig­
man Verhandlungen über eine ausgewo- , , 3 . '
, , , | . ... , derlich, um einen potentiellen Aggressor ten Staaten vorgeschlagen hat, anzuhalten
qene, zunehmende und kontrollierbare , , ^ . .
,, , .. ii i abzuschrecken. Der Stiefel ist ein paar und z. B. keine die Situation destabilisie­
nukleare wie konventionelle Abrüstung _ , , r, _
.... ....... .. , a Nummern zu groß, aber soll man bartuß
einleiten und für die internationalen Be- ! 7 renden Mehrfachsprengköpfe eir.zuführen
Ziehungen andere Normen erwägen, die au en’ oder U-Boote der "Ohio"- oder "Tai-
nicht auf Gewalt, sondern auf Verständi­ ! Im Übrigen bedarf die für das
fun"-Klasse zu bauen. In Washington
i Wettrüsten gefundene Diagnose
gung und Zusammenarbeit beruhen. Das lehnte man ab, weil man schon geblendet
Wahnsinn einer professionellen Anam­
wird die kommerzielle, wirtschaftliche, war von der Überschätzung der eigenen
nese durch den behandelnden Arzt.
technische und kulturelle Zusammenarbeit Technologie und der Sucht, die UdSSR
Als hierfür geeigneter Spezialist erweist
zwischen Ost und West, Nord und Süd i sich Robert McNamara mit seinem Buch
bei der nächsten Runde des militär-
voranbringen. Dann wird es möglich sein, technischen Fortschritts zu überholen.
Methoden zu gemeinsamer Bereinigung . Fehler, die die Katastrophe in sich
Diese ewige Jagd nach dem illusionären
bergen".
der Kardinalfragen zu finden und Fi­ militärischen Vorsprung wurde unter Hin­
Er leitete das Pentagon unter den
nanzwesen und Industrie auf Ziele zu weis auf die Notwendigkeit beschönigt,
Präsidenten Kennedy und Johnson als
orientieren, die im Interesse aller Länder eine Überlegenheit der anderen Seite zu
8. Verteidigungsminister der Vereinigten
und Völker liegen. Der Fortschritt in verhindern.
Staaten. Sein energischer Führungsstil
Wissenschaft und Technik wird zur sozia­
i führte dazu, daß man die Gesamtheit der “Als ich noch Minister war", erinnert
len und geistigen Förderung der
damals von ihm durchgesetzten Reformen sich McNamara, "mußte ich andauernd
Menschheit beitragen.
"die McNamara-Revolution" nannte. Un­ über den Bau der einen oder anderen
Ist so ein Programm utopisch? Die : ter anderem wurden die noch auf Präsi­ Waffe entscheiden, um sie den Waffen
Spitzenpolitiker der UdSSR und der ande­
dent Eisenhower zurückgehenden Pläne entgegenhalten zu können, über die die
ren sozialistischen Staaten, die "Sechs von
zur Erweiterung des Kernwaffenarsenals Sowjets unseren Berechnungen zufolge
Delhi", die vier Kontinente repräsentiert, j
revidiert, und zwar dahingehend, daß man schon morgen verfügen würden. Diese
die Palme-Kommission, die UNO und
' es in kürzerer Frist erweiterte. Entscheidungen beruhten auf unvollstän­
andere Körperschaften haben viele
Nichtsdestoweniger sprach McNamara digen, widersprüchlichen und andauernd
einschlägige Anregungen gemacht. Ich
schon damals von "einem Gesetz des variierenden Informationen.
erinnere an den einseitigen Nuklear­
; abnehmenden Nutzeffekts, dem zufolge
teststopp der UdSSR. Die Treffen Michail McNamara schreibt, daß die USA
! jede neue Erhöhung der eingesetzten
Gorbatschows und Ronald Reagans in 1961 68 ballistische Interkontinentalrake­
i Mittel die allgemeinen Verteidi­
Genf und dann in Reykjavik zeugen ten hatten und bis 1965 einige hundert in
gungsmöglichkeiten proportional herab­
davon, daß die beiden Supermächte zu Auftrag gaben, weil sie von der pessi­
setzt". Schon damals betonte McNamara,
Vereinbarungen fähig sind. Diese sind mistischsten Variante, was die sowje­
S es gebe ein physisches Limit für ein
zwar an sich notwendig, aber nicht tischen Absichten betraf, ausgingen. Doch
ausreichend. Die kleinen Länder, beson­ | strategisches Kernwaffenarsenal, das zu
der Ex-Minister konstatiert: "Wir haben
; überschreiten die reinste Verschwendung
ders die europäischen, die der NATO, die sowjetischen Absichten nicht korrekt
i wäre. Und weiter: Es sei nicht sinnvoll,
dem Warschauer Vertrag und der Bewe­ eingeschätzt." 1965 stand das Verhältnis
mehr als 1600 ballistische Interkontinen­ zwischen
gung der Nichtpaktgebundenen angehö­
talraketen neben 1000 amerikanischen und sowje­
ren, müssen an Verhandlungen und ( Bombern
zu haben, die sehr schnell wieder ver­
tischen Raketen 1050 zu 225.
Beschlußfassungen beteiligt sein.
schrottet werden müßten.
Das Jahr 1986 — das 1 nternafionale
Jahr des Friedens — ist zu Ende. Dessen
i Dieser Gedanke schlug sich sogar in
McNamara ist davon überzeugt, daß die
estehenden Kernwaffenarsenale übersät-
I den Militärausgaben für das Finanzjahr '9 sind. Welche Anzahl von Sprengköp­
Gesamtergebnis ist keineswegs un­
günstig. Die Kampfbereitschaft der 1 1965 nieder. Die Ausgaben für Raketen fen könnte man denn für ausreichend
[ waren nur halb so hoch wie im Finanzjahr halten, um
weltweiten Friedensbewegung, die so­ d^e notwendige Abschreckung
davor. darzustellen?
wjetischen Vorschläge, der zunehmende , . ^er Autor imeint:
Dann kam die Zeit der Mehrfachspreng-
Widerstand im US-Kongreß gegen die bedeutend 5°°' ^ wahrscheinlichi sogar
j’i köpfe, und seitdem werden sie gezählt,
Politik Reagans, Industrie- und Fi­ weniger."
j Sowjetischen Angaben vom 11. Oktober
nanzkreise — das alles zeugt davon, daß
1986 zufolge verfügten die USA über . einnert daran, daß
sich eine überwiegende Bevölke-
! 14 800 und die UdSSR über 10 000 rei s 58/59 die Führung der US Navy
rungsmehrheif in aller Welt für eine
! Sprengköpfe auf strategischen Trägern. dZ! hal,e' die Kernsprengla-
Vernichtung der Waffen einsetzt.
I; Wie kommt es nun, daß die Stiefel ein An|9en. unverwundbares Mittel eines
* paar Nummern zu groß ausfielen? Antwortsehlages auf annäherrtd

I
464 SPren9köpfe 2U beschränken".
12
"NEUE ZEIT" 6.87
Ich kann meinerseits hinzufügen, daß zu Ersteinsatz von Kernwaffen beruht. Aber Als analoger Fall stellt sich aus Moskau
jener Zeit auch Oskar Morgenstern in schon 1955, zur Zeit der Carte-blanche- auch die amerikanische "Strategische Ver-
seinem Buch "Das Problem der nationalen Übungen v/ar klar, daß ein Einsatz, und sei feidigungsinitiative" dar. Vor einem
Verteidigung" etwas ähnliches vorschlug. es nur der sogenannten "taktischen" Erstschlag gibt es keine Rettung, aber vor
Der Professor der Universität Princeton, Atomv/affen, "nicht zur Verteidigung, einem abgeschwächten Antwortschlag, so
Mitbegründer der Spieltheorie, begrün­ sondern zur Vernichtung Europas führen mögen sie denken, schützt auch ein
dete seine Schlußfolgerungen sowohl würde". Der ehemalige Verteidigungsmi­ unvollkommenes ABM-System, ähnlich
logisch als auch mathematisch. nister gibt zu, daß ihm kein einziger Plan v/ie ein löchriger Schirm gegen einen
Warum ist daraus nichts geworden, bekannt ist, in dem nachgewiesen wird, Regenguß nichts ausrichten kann, aber
und warum wuchern die Kernwaffenarse- daß ein Einsatz von Atomv/affen den immer noch für Nieselregen taugt,
nale weiter v/ie Krebsgeschwüre? Verteidigungsinteressen der NATO-Län­ Folglich bedeutet SDl, so McNamara,
Ein Grund liegt in der Eigendynamik der dienlich sei. Einen solchen Plan hat eine Beschleunigung des Wettrüstens, das
des Wettrüstens, im Fortschritt um des sich bisher noch niemand einfallen lassen. schon jetzt unnütz genug ist,
Fortschrittes der Militärtechnik willen. Der Dabei beabsichtigen die Teilnehmer des McNamara fordert zwar eine schnelle
zweite Grund ist die ökonomische Interes­ Nordatlantikpakts, schon im Keimstadium und drastische Reduzierung der strate­
siertheit der militärisch-industriellen Mo­ des Konflikts ihr auf 5000 Sprengköpfe gischen Kernwaffenarsenale und die Ver­
nopole. Der dritte Grund liegt in den beziffertes faktisches Kernwaffenarsenal nichtung der in ihrer Sinnlosigkeit ge­
engstirnigen Interessen der Militärs abzufeuern. Das Ergebnis ist die Ver­ fährlichen taktischen Kernwaffen, geht
selbst. Der vierte Grund liegt in den nicht nichtung Europas und der Welt. aber nicht konsequent weiter und fordert
weniger engstirnigen, sich aber v/eitaus
edler gebenden Interessen der in der
Rüstungsforschung arbeitenden Wis­
senschaftler.
McNamara spricht über den dritten
Faktor, die Militärs und die
Sandkastensfraiegen, die Atomkriegssze­
narien entv/erfen. Er schreibt, daß zu
seiner Zeit und heute immer noch die
Militärdoktrin der USA von einem vor­
programmierbaren Sieg im Atomkrieg
ausgeht. Heute schreibt man nur nicht
mehr "Sieg", weil das rein semantisch
nicht mehr mit radioaktiv verseuchten
Ruinen zusomrnenpaßt, sondern davon,
"im atomaren Schlagabtausch die Ober­
hand zu gewinnen". Das Buch referiert
den Standpunkt des US-Verteidigungsmi- Der neue strafeqische US-Bomber B 1-B,
der nach dem Willen von McNamaras
nisteriums zur Verteidigungsdoktrin für
Amtsnachfolgern die sowjetische Luftab­
1984-1988:
"Für den Fall, daß die Abschreckung wehr durchbrechen und einen
Atomschlaq ausführen soll.
nicht wirkt und ein strategischer
Atomkrieg mit der UdSSR beginnt, müssen
Robert McNamara, ehemaliqer Penta-
die USA die Oberhand gewinnen und in
qonchef und Autor von-“rehler, die die
der Lage sein, die Sov/jetunion zu zwin­
Katastrophe in sich berqen".
gen, die Kampfhandlungen so schnell v/ie
möglich und zu für die USA günstigen Fofos: "Nouvel Observafeur"
Bedingungen einzustellen." (Frankreich) und "Newsweek" (USA}
Entsprechend modernisieren und er­
weitern die USA ihr Kernwaffenarsenal um
ihres "Kriegführungspotentials" willen. Wenn das kein Wahnsinn istl
Gleichzeitig erkennen auch dort schon Man könnte einwenden, daß alle
viele, daß es einen Krieg im landläufigen einschlägigen. Vorbereitungen nur der
Sinne des Wortes nicht geben wird, Abschreckung dienen. In Moskau jedoch keine Vernichtung der Atomwaffen über­
sondern ein allgemeines Gemetzel, eine studiert man die Materialien des US-Ver- haupt, ab heute und für immer.
Apokalypse, einen weltweiten teidigungsministeriums. Einiges davon Wenn es aber kein Vertrauen gibt, wie
Selbstmord, eine letzte Epidemie unter wurde oben zitiert. In Moskau verfolgt soll man dann kontrollieren? Eino einzige
Bedingungen des nuklearen Winters, eine man die amerikanische Aufrüstung genau. versteckte Atombombe eröffnet die
Vernichtung des Klimas — alles, nur keine Obwohl Amerika nicht beabsichtigt, je­ Möglichkeit der nuklearen Erpressung.
Einteilung mehr in Sieger und Besiegte. manden zu überfallen, wie McNamara Man muß sich das so vorstellen: Je
Es ist also höchste Zeit, den schreibt, "können wir die Sowjets nicht näher wir an eine atomwaffenfreie Welf
Wettrüstungswahnsinn zu beenden. Der dafür verdammen, daß sie anders denken herankommen, wird auch das Vertrauen
Autor schreibt: als wir". Zur Erläuterung verweist er auf der einzelnen Mitglieder der Völkerge­
"Wenn wir uns der wertlosen den Beschluß, 50 MX-Raketen in Startsilos, meinschaft stärker. Höchstwahrscheinlich
Kriegführungskonzeption entledigen, die als verwundbar gelten, unferzubrin- läßt sich sogar eine ausreichende
werden wir sehen, daß viele von den gen. "Die Sowjets können nur eine Kontrolle für nukleares Material und
Dingen, die wir haben oder die wir so einzige rationale Erklärung für diesen Raketentechnik -realisieren. Das ist vom
energisch anstreben, überflüssig oder Beschluß finden, und zwar, daß diese Standpunkt der intellektuellen Herausfor­
einfach gefährlich für uns sind, und das Raketen zum amerikanischen derung auf jeden Fall ein geringeres
unabhängig davon, was die Sowjets Erstschlagspotential gehören, weil sie in Problem, als SDl und das Manhattanpro­
machen. Ein schönes Beispiel dafür ist die diesem Fall nicht mehr in ihren ver­ jekt selbst.
atomare Aufrüstung Europas." wundbaren Silos stecken werden, wenn Außerdem: Welche Alternative gibt es
Es ist McNamara, der daran erinnert, und falls die Sowjets einen Vergel­ zum Wettrüstungswahnsinn?
daß die gesamte NATO-Strategie auf dem tungsschlag führen sollten.'' G. GERASSIMOW
"NEUE ZEIT" 6.87 13
: EXKLUSIV FÜR DIE "NEUE ZEIT"
i
Mensch tun könnte, aber nicht tut, weil er

Von nationaler nicht will. Wir müssen danach streben, daß


die Menschen einmal soweit sind, das
Unnütze der Kernwaffen zu erkennen und
sie abzulehnen.
Bis zu dieser Erkenntnis ist ein langer

zu globaler Sicherheit Weg. Doch wir müssen ihn schon heute


betreten — nicht nur, weil die sowjetisch­
amerikanische Rivalität gefährliche Folgen
in sich birgt, sondern auch weil die Zahl
der Länder, die Kernwaffen herstellen
zunimmt.
können,_____ Sie verschwenden
_______ _____
Interview mit dem Verteidigungsminister Norwegens, Johan Jorgen HOLST Geld, technische und sonstige Ressourcen
für die Hochrüstung. Das einzige, was wir
können, ist, ihnen klarzumachen, wie
kostspielig, ja ruinös das ist.
Ein weiterer Aspekt. Wir leben in einer
Halten Sie das vollständige Kernwaffen­ Welt enormer Ungleichheit. Auf der einen
1986 unterbreitete die UdSSR ein
Programm der völligen Beseitigung von verbot für möglich! Wie stehen Sie zu Seite bestehen einige wenige privile­
Kernwaffen bis zum Ende dieses Jahrtau­ dem Standpunkt, daß SDI eine kernwaf­ gierte und reiche Länder, auf der anderen
sends und der Herbeiführung einer stabi­ fenfreie Welt zusätzlich garantieren wür- das ärmliche Gros der Menschheit. Unse-
len und kernwaffenfreien Welt. Wie de! ren reichen Ländern des Nordens fällt es
stehen Sie dazu! Keine einfache Frage. Vor allem wer­ immer schwerer, den armen Ländern des
den wir beide, glaube ich, eine Zeit ohne Südens einzureden, Kernwaffen wären nur
Ich denke, Michail Gorbatschows Waffen oder wenigstens ohne Kernv/affen für unsere reichen Staaten gut, obwohl
Programm vom 15. Januar 1986 und die kaum erleben. Aber vielleicht eine Zeit diese Waffen bei der Gewährleistung der
späteren friedlichen Initiativen, darunter bedeutender Reduzierungen der Sicherheit im Grunde billiger sind. Immer
die sowjetischen Vorschläge in Reykjavik, Kernwaffen. Ich glaube deshalb daran, schwerer fällt es uns, ihnen zu sogen: Ihr
bilden einen gewichtigen Beitrag zur
weil eine Vereinbarung darüber meiner leidet ohnehin einen großen Mangel und
Entwicklung des Ost-West-Dialogs. Sie Meinung nach im Interesse der Super­ könnt natürlich nicht auch noch an
sind ein konstruktiver, aber nur der erste mächte liegt. Die gegenwärtige Waffen­ Kernwaffen interessiert sein. Deshalb ist es
Schritt. Beide Seiten müssen den Willen
anhäufung gewährleistet keineswegs notwendig, daß die reichen Länder des
und die Bereitschaft an den Tag legen, eine größere Sicherheit, im Gegenteil: Sie Nordens eine Welt herbeizuführen ver­
weiterzugehen, flexibler zu sein und auf erhöht die Wahrscheinlichkeit eines suchen, in der Kernwaffen — anders als in
eine Vereinbarung hinzuwirken. Es kommt Kriegsausbruchs. den ersten Jahrzehnten nach dem zweiten
darauf an, daß sie willig und imstande sein Gorbatschow und Reagan haben in Weltkrieg..— nicht die Hauptrolle spielen.
müssen, einander, wie die Amerikaner Reykjavik ja viel erreicht. Zwar konnten |
sagen, eine Meile zusätzlich entgegenzu­ Was sagen Sie zur militärischen Situa­
sie keine Vereinbarung erzielen, doch tion auf dem europäischen Kontinent! Ist
kommen. Deshalb gilt es meines gingen sie ein gutes Ende des Weges
Erachtens, eine zusätzliche Anstrengung, hier ein Fortschritt möglich!
dazu. Beide Politiker versuchten, die In Europa stehen zwei Blöcke einander
etwas größer als auf der anderen Seite, zu Probleme in einem weiten politischen gegenüber Beide haben eine enorme
unternehmen und guten Willen zu zeigen. Zusammenhang, sozusagen vertikal, zu
i
Kriegsmaschinerie, wobei diese Maschi­
Mir gefallen das Flexible und Opti­ erfassen, sie begannen mit der nerie bis zu einem gewissen Grade nicht
mistische an der neuen sowjetischen
Diplomatie. Zugleich glaube ich, daß auch
Hauptsache, und das ist wesentlich, denn
Details ließen sich in einer anderen
mehr den heutigen politischen Grenzen in I
Europa entspricht und gewissermaßen
die Amerikaner aufrichtig eine Vereinba­ Etappe, im Rahmen von Weisungen oder veraltet ist. Das politische Denken
rung wünschen. Deshalb haben wir allen Instruktionen festlegen.
stellt sich rascher um. Ich finde, wir
Grund, mit einem realen Fortschritt zu Hier erwähnten Sie die "Strategische
haben es hier mit einem Problem zu
rechnen. Verteidigungsinitiative". Offenbar sollten
tun, das dem der strategischen Waffen
wir uns jetzt nicht zu viele Sorgen über
ähnlich ist.
Wenn die Rede von einer sicheren solche spezifischen Programme machen.
Wir müssen uns darüber im klaren sein,
Welt ist, so muß man im Auge behalten, Wichtig dagegen ist es, den ABM-Vertrag
aß sich die Militärtechnik auf eine Weise
daß wir neben den Rüstungsproblemen von 1972 zu erhalten sowie zu verhindern,
entwickelt, die dem Krieg eine i...... -
immer
noch viele andere Probleme haben. Sie daß das Wettrüsten in den Weltraum
sind zahlreich, allgemeiner Natur und sehr größere Geschwindigkeit und Intensität
getragen wird. Deshalb müssen sich die
ver eiht. In Europa nimmt die Angst vor
akut, wie z. B. der Umweltschutz. Die UdSSR und die USA darüber einigen, daß
Nationen müssen sich zusammenschließen keine Waffen im Weltraum stationiert einem Überrumpelungsangriff der ande-
ren Seite-i zu. Dieser gegenseitigen Angst
und Mittel und Wege finden, um alle werden. Der Weltraum muß für
Gefahren, die auf die Menschheit lauern, entspringt die fehlende Stabilität: Die eine
Forschuagszwecke, den Flugzeugverkehr
®! 6 ^rchfef, daß die andere bei einer
zu bannen. Kein einziges Land kann
heutzutage seine Wirtschaft einzeln, von
und das Fernmeldewesen genutzt wer-
den.
Krise
. die
, .Initiative ergreift. Die Situation i
den anderen isoliert entwickeln. Wir erinnert mich stark an jene von 1914. Aber
Im Prinzip negieren Sie -also die
hängen voneinander ab. Folglich dürfen Möglichkeit einer vollständigen und 16 Lege läßt sich durch gemein-
wir nicht an überholten Zuständen in den endgültigen Befreiung der Erde von den same Anstrengungen kontrollieren. Es ist
zwischenstaatlichen Beziehungen festhal- Kernwaffen nicht! niU* i?eit *U erkennen, daß Sicherheit
ten und müssen Verhaltensmuster erarbei­ Es ist meine Überzeugung: Was der K . e as ist» was die eine Seite auf
ten, die den Erfordernissen von heute Menschh erschaffen hat, das kann er auch sten der anderen erreicht. Sicherheit
entsprechen. Ich glaube, eine der aus der Welt schaffen. Der Mensch hat di e nn nur gemeinsam, in Zusammenarbeit
dringlichsten Aufgaben, denen wir uns Kernv/affen entwickelt, er kann sie aber muß siHwT err^htet Werden- Aber zuvor
gegenübersehen, ist die, den Begriff auch vernichten. Doch da er sie nun j P _lese Erkenntnis im Bewußtsein
"nationale Sicherheit" mit'modernem In­ der Europäer durchset zen.
einmal erfunden hat, muß er vorläufig
halt zu füllen. damit leben. Es gibt viele Dinge, die der Aufgezeichnet von
14 J. ANDRIANOW
"NEUE ZEIT" 6.87
______________ :
ALBANIEN

auf dem Parteitag Gesagte ist Ausdruck


der bestehenden Wirklichkeit, wie sie in
den Komplikationen der internationalen
sozialistischen Beziehungen zutage tritt,
in den unterschiedlichen Bedingungen,
unter denen einzelne Parteien wirken, und
einigen durch subjektivistisches Herange­
hen hervorgerufenen Erscheinungen.
Polen ist für eine erweiterte allseitige
und gegenseitig vorteilhafte Zusammenar­
beit mit der SVR Albanien, schreibt die
polnische Zeitung "Trybuna Ludu". Wir
sind sehr interessiert an einer systema­
tischen Zunahme des polnisch-alba­
nischen Warenaustauschs (von 35 Mio

rillten
Rubel 1986 auf 46 Mio Rubel 1987). Für
unsere Bergbau- und Baumaschinen, ener­

7 getische Ausrüstungen, Kohle, Walzstahl,


Transportmittel usw. erhalten wir u. a. al­
banische Zitrusfrüchte, Wein, Zigaretten,

Pläne Baumwoll- und Pelzerzeugnisse, Asphalt,


Marmor.
Albaniens zunehmender Auslandshan­
del ist ein Indiz für lebhaftere Kontakte
mit der Außenwelt, besonders für die
Zusammenarbeit mit seinen engsten
Aut vielfachen Wunsch unserer Leser, paischer sozialistischer Länder. Sie be­ Nachbarn. Vor kurzem hat Albanien einen
leuchten einzelne Aspekte der alba­ Vertrag mit der Internationalen Atom­
etwas über dos moderne Albanien zu
nischen Wirklichkeit und geben eine energiebehörde unterzeichnet. Seit Mai
erfahren, veröffentliche’) wir eine Zusam­
Vorstellung von den Außenbeziehungen 1986 gibt es eine Flugverbindung
menstellung von Pressen-,üfertalien euro- der Republik. zv/ischen Tirana und Zürich.
Wie die tschechoslowakische Zeitschrift
"Svet Hospodarstvi" schreibt, ist die CSSR
von allen RGW-Ländern Albaniens
Gegenwärtig leben 3 Millionen Als Hauptkraft bei der Steigerung der wichtigster Handelspartner. 1986 belief
Menschen in Albanien. Ein Drittel der Agrarproduktion stehen die Kooperativen sich der tschechoslowakisch-albanische
Bevölkerung ist unter 15 Jahre alt, vor der Aufgabe, den Bedarf der Bevölke­ Außenhandelsumsatz auf 67 Mio Rubel,
so die ungarische Zeitung "Nepsza- rung an Fleisch, Eiern, Obst und Gemüse und soll 1987 um 29 % ansteigen.
wa". Die jährliche Geburtenrate liegt bei zu decken. Daneben verwies der IX. Der Handel mit den sozialistischen
32 Neugeborenen pro 1000 Menschen, Parteitag der PAA, schreibt das "Neue Ländern stellt einen unverzichtbaren Be­
Deutschland", auf die Notwendigkeit ei­ standteil der albanischen außen­
und die Sterbeziffer betragt 4—5 pro
1000 Menschen. Das Durchschnittsalter ner harmonischeren Verbindung von wirtschaftlichen Verbindungen dar. Ohne
beträgt 26,5 und die durchschnittliche extensiven und intensiven Produk- UdSSR und MVR beträgt der Anteil der
tionsmethoden. RGW-Länder am albanischen Waren­
Lebenserwartung 71 Jahre.
austausch 47%.
Es ist damit zu rechnen, daß die
Im Norden Albaniens, im Gebirge, er­
Bevölkerung bis zum Jahr 2000 die In letzter Zeit zeigte sich die Regierung
richteten albanische Bauleute in 2000 m
Viermillionengrenze erreicht. Somit Albaniens an erweiterten Handelsbezie­
Höhe große Kraftwerke an der Drin,
steigt der Bedarf an Lebensmitteln, hungen zu kapitalistischen Ländern in­
stellt die rumänische "Scinteia" fest.
Kleidung, Schuhen und langlebigen teressiert, solchen, mit denen Albanien
Vor 20 Jahren begann man mit dem Bau geographisch oder historisch verbunden
Konsumgütern. Deshalb wird man sich
des ersten albanischen Wasserkraftwerks ist, wie etwa Griechenland, Italien,
neben der traditionell vorrangigen
in Vau i Dejes, mit einer Leistung von Frankreich, aber auch zur Bundesrepublik
Schwerindustrie auch auf die Entwicklung
250 000 kW. Danach wurde das Was­ Deutschland.
der Landwirtschaft konzentrieren. Auf
serkraftwerk in Fierzö mit einer Leistung Albanien hat diplomatische Beziehun­
dem jüngsten IX. Parteitag der Partei der
von 500 000 kW gebaut. Im 7. Plan- gen zu Spanien aufgenommen. Zur Zoif
Arbeit Albaniens (PAA) 1986 brachte der
jahrfünft 1981-1985 entstand das größte laufen noch Verhandlungen mit Großbri­
Ersfe Sekretär des ZK der PAA, Ramiz
Wasserkraftwerk bei Koman mit einer tannien und der BRD. Viele ausländische
Alia, die Bedeutung von Initiativen
Leistung von 600 000 kW. Delegationen waren in Tirana, aus
vor Ort zur Sprache. Er verwies auf die
beispielhafte Lebensmittelversorgung. Auf dem IX. Parteitag der PAA wurde Frankreich, Österreich, Norwegen usw.
Die landwirtschaftliche Bruttoproduk­ die gegenwärtige internationale Lage Trotz unterkühlter politischer Beziehun­
tion der Sozialistischen Volksrepublik analysiert, wurden die außenpolitischen gen zu Jugoslawien, schreibt die jugosla­
Albanien soll, wie das im Plan für Aufgaben Albaniens festgelegt und ei­ wische Zeitung "Vjesnik", entwickeln sich
1986-^990 vorgesehen ist, um jährlich nige Fragen der internationalen kommu­ die albanisch-jugoslawischen
I nistischen und Arbeiterbewegung einer Wirtschaftsbeziehungen. 1986 betrug der
6,4 o/ ansteigen. Gemäß den Beschlus­
sen ses IX. Parteitags sollen der näheren Betrachtung unterzogen. Die Warenaustausch zwischen beiden Län­
Mechanisierungsgrad der Landwirtschaft, bekannten Positionen der PAA und der dern 100 Mio Dollar, und für t987 ist
die Düngemittelprodukfion und der An­ SVR Albanien zu diesem Problem wurden geplant, ihn auf 125 Mio Dollar anzu-
teil bewässerten Landes erhöht werden. erneut bekräftigt. Die PAA nimmt als Teil heben.
Große Aufmerksamkeit gilt auch in dieser Bewegung das souveräne Recht auf Unser Bild: Studentenviertel
Zukunft dem Obst- und Gemüseanbau. eigene Ansichten für sich in Anspruch. Das der Universität Tirana
"NEUE ZEIT" 6.87 IS
1

fehlender Meistbe-
UdSSR — wegen
günstigung — haben es US-Firmen viel
FORTSETZUNG DES THEMAS schwerer als westeuropäische und japa-
nische, mit uns gemeinsame Unterneh-

Der Beschluß Ihrer Regierung, die Bildung gemeinsamer Unterneh­ men zu bilden. Nicht von ungefähr
meinen deshalb die Geschäftskreise
men zusammen mit westlichen Firmen zu erlauben, hat großes Interesse
in Geschäftskreisen gefunden. Meiner Meinung nach ist das unbegrün- Amerikas, der "Erfolg des rogramms
det, da dies nichts am dirigistischen Wesen des sowjetischen gemeinsamer Unternehmen werde
Wirtschaftssystems ändert. Wo ist die Gewähr dafür, daß die Anordnun- letztlich von der Bereitschaft der US-Re-
gen von oben nicht alle Versuche, die Gewinnträchtigkeit derartiger qjerung abhängen, den Export moderner
Unternehmen zu gewährleisten, zunichte machen werden! Technologie in die UdSSR zu erlauben".
G. EHRLICHMANN
Können diese etwa normal arbeiten,
Düsseldorf, BRD
wenn das Pentagon wie gehabt Lieferun-
gen von Komplettierungsteilen und Ma-
Gemeinsame Unternehmen: terialien für sie verbieten wird?
Hier sei gesagt, daß sich Washingtons
Interessenausgleich Drohgebärden nicht auf den
wirtschaftlichen Bereich beschränken. Sie
gele
Der Beschluß der Sowjetregierung, Was aber die Gewähr für die Wäh«
werden offenkundig mit Problemen ver­
gemeinsam mit kapitalistischen Partnern westlichen Partner gegen "Befehle von
bunden, die mit dem Handel nichts zu >ch ein
Unternehmen zu bilden, löste tatsächlich oben" angeht, so gibt der kürzlich
tun haben. So schrieb unlängst die Unterste i
im Wesien eine stürmische und wi­ veröffentlichte Erlaß des Ministerrates
amerikanische Zeitung "Providence Jour­ Ihre Zer ^
dersprüchliche Reakton aus. Es wird der UdSSR über die Bildung und
nal": "Damit die Zusammenarbeit der schieden
sogar behauptet, diese Maßnahme sei Tätigkeit der gemeinsamen Unternehmen
USA mit der Sowjetunion in gemeinsa- Arzt, ei j
"nicht nur die wichtigste Veränderung auf unserem Territorium solche Garan-
men Unternehmen außer dem Erhalt von zwei Rer .
im Handel der Sowjetunion in den tien—natürlich im Rahmen der sowje­
Gewinnen einen zusätzlichen Sinn hat, eine ric
letzten Jahrzehnten, sondern auch eines tischen Gesetze. Dazu gehören sowohl
könnten die amerikanischen Firmen einen Kreis de
der wichtigsten Ereignisse der der Schutz der Eigentumsrechte als auch
gewissen Einfluß auf die Haltung der doch ich
Weltwirtschaft." die Möglichkeit der Ausfuhr von Gewin­
sowjetischen Behörden gegenüber poli­ und bi
Einige meinen, wie z. B. Sie, Herr nen und deren Reinvestierung sowie die
tischen Gegnern bei sich im Lande Schlußfol
Ehrlichmann, daß gemeinsame unterneh­ Gewährung von Steuervergünstigungen.
ausüben"... senschafl
merische Tätigkeit unvereinbar mit unse­ Der Erlaß sieht vor, daß der Vorstand
Verständlicherweise wird sich die schien n
rem Wirtschaftssystem sei. Andere wie­ eines gemeinsamen Unternehmens selbst
Sowjetunion auf keinerlei politische interessa
der mutmaßen, daß gemeinsame Unter­ das Programm seiner kommerziellen
ermittelt ^
nehmen wohl kaum Erfolg haben Tätigkeit, den Umfang des Absatzes auf Zugeständnisse an westliche Firmen
einlassen. Die Haltung beider Seiten zu Zv/ei
würden, da die Interessen der Partner dem sowjetischen Markt und den Aus­
kategoris
kollidieren. Die UdSSR betrachte sie landsmärkten, seine wissenschaftlich- deren Tätigkeit muß ganz auf das
Geschäft bezogen sein, gegründet auf lesen, w;
als Mittel zur Erweiterung der Devisen­ technische Politik festlegen wird.
einnahmen, des Zugangs zu westlicher Etwas anderes sind die Garantien, von den Ausgleich der gegenseitigen In­
Technologie. Unterdes sind die meisten
westlichen Firmen nicht daran interes­
siert, daß neue konkurrenzfähige Waren
auf den Weltmarkt gelangen, und sehen
denen Genosse Martynow schreibt, des­
sen Brief ich in Heft 5 las. Dafür, daß
ausländische Regierungen die gemein­
same unternehmerische Tätigkeit nicht
teressen und Vorteile.
Wie wird der Einfluß der gemeinsa­
men Unternehmen auf unsere Industrie
sein? Vor allem ist deutlich, daß bei der
11
in gemeinsamer unternehmerischer Tätig­ behindern werden, kann sich die jetzt in der UdSSR erfolgenden
keit nur eine Möglichkeit, auf den UdSSR natürlich nicht verbürgen — wie Wirtschaftsreform höhere Produktivität,
riesigen sowjetischen Markt vorzudrin- sie diese Unternehmen auch nicht davor bessere Qualität und Arbeitskultur ohne
gen. schützen kann, daß sich die Politik massiv irgendwelche Dienste westlicher Firmen
Auch andere Einschätzungen ließen in wirtschaftliche Angelegenheiten ein­ gewährleistet werden. Unsere Hauptre­
sich anführen. Wie jegliches Vorhaben mischt. Zugleich sei gesagt, daß die serve dabei ist der Verzicht auf
hat auch diese Form der geschäftlichen Regierungsabkommen über ökonomische Gleichmacherei, auf eine "Lohnober-
Ost-West-Zusammenarbeit Anhänger wie und wissenschaftlich-technische Zusam- grenze" für hochqualifizierte Werktä­
Kritiker und Zweifler. Wer von ihnen menarbeit, die die Sowjetunion mit tige. In einem Brief an die Redaktion
recht hat, wird erst die Zukunft zeigen. vielen westeuropäischen Ländern unter- wird die Befürchtung geäußert, es könne
Und doch spricht die Förderung gemein- zeichnete, vorsehen, daß der Ausbau der zu einer Massenabwanderung qualifizier­
samer unternehmerischer Aktivitäten ge- nichtiraditionellen Bereiche der Zusam- ter Arbeitskräfte in die gemeinsamen
f;
rade dafür, daß wir auf eine überholte menarbeit, darunter solcher wie gemein- Unternehmen kommen. Ich teile diese
Haltung gegenüber der Entwicklung der same Unternehmen, gefördert wird, Befürchtungen nicht. Es geht bislang um
fl
außenwirtschaftlichen Tätigkeit ver­ die Schaffung von "Arbeitsmodellen",
zichten wollen. Sie demonstriert auch, Bereits vor der Veröffentlichung dieses und d'e Zahl der Stellen dort wird in /
daß wir der Initiative und dem Unterneh­ Erlasses unterschrieben nicht wenige den nächsten Jahren viel geringer sein
.
mungsgeist Raum geben wollen. Firmen aus verschiedenen kapita- f's die der in unserer Industrie Beschäf-
Kann es Störungen, Mißerfolge auf listischen Ländern mit uns schriftliche tigten.
diesem Weg geben? Natürlich. Wie die Verpflichtungen über die Bildung ge­ Dafür werden diese "Arbeitsmodelle"
Erfahrungen zeigen, versuchen gewisse meinsamer Unternehmen., Dutzende an- Sn s°wiet'schen Menschen neue Wa-
Wirtschaftsleiter immer noch, die neuen derer Firmen fuhren Verhandlungen. So ren, die den Weltqualitätsstandards
Probleme mit alten, untauglichen Mitteln wurde kürzlich ein Abkommen über die entsprechen, anbieten Und
in der
zu lösen. Bisweilen können oder wollen Bildung eines solchen Unternehmens mit Konkurrenz mit entsprechenden sowje-
sie nicht von den neuen, umfassenderen der Finnair geschlossen. Die Bildung tischen Betrieben werden d' '
Rechten Gebrauch machen. Deshalb weiterer ca. 20 sowjetisch-finnischer Pro- unweigerlich zwingen einen !!!«
erlangt heute die Kompetenz der Kader,
die in den gemeinsamen Unternehmen
tätig sein werden, besondere Bedeu-
tung. Vor allem muß verhindert werden,
daß die neue Idee durch ein unqualifi-
duktionsvereinigungen ist vorgesehen.
Ganz anders nehmen sich die
sichten für sowjetisch-amerikanische
ternehmerische Tätigkeit aus. Bei
heute in den USA bestehenden
Aus-
un-
den
Be-
hohen Stand der
Arbeitsproduktivität
Wirkung solcher
' eoens
Qualität und der

von unten" eben besteht eine wichtige


Aufgabe der
I
"K<*!
gemeinsamen unternehme- : VieW
ziertes Herangehen diskreditiert wird. Schränkungen für den Export in die rischen Tätigkeit.
16 Dr. oec. G. BASHENOW
"NEUE ZEIT» 6.87
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nur das Fehlen von Daten in :hren 20 Busenfreunde der Reagans,

£ .. Artikeln. Ihr schreibt recht häufig:


"in letzter Zeit",
"während der Konferenz" usw.
"unlängst",
meldete die Fernsehgesellschaft
CNN, kauften für den Präsidenten
und dessen Gattin die Villa "Bel
e Ihre antworteten, das alles sei "Propa­
ganda". Vier Versuchspersonen
Einigen mißfiel die Gestaltung
Ihrer Zeitschrift, besonders das
Air" in einem Renommierviertel
von Los Angeles. Die Freunde
kamen, nachdem sie sich kurz mit Layout von Seite 3 und Seite 4,
Schrift dem Inhalt bekannt gemacht hat­ die Unmenge von Dokumenten...
meinten, die jetzige Ranch in der
Umgebung von Santa Barbara sei
ten, zu dem gleichen Schluß. Vier Was mich angeht, so meine ich, "zu klein und zu isoliert". Man
m andere sahen sich das Heft durch
sen wird o o o
und kommentierten es un­
daß Ihre Artikel begründet sind,
doch zugkräfige Überschriften
nimmt an, daß die Reagans
1989 in ihr neues Heim einziehen
nd meines Urlaubs führte terschiedlich: "Ja, nicht schlecht", fehlen. Ihr seid überaus vorsichtig werden.
3 kleine soziologische "Zumindest gut begründet, mit und ausgewogen. So habt ihr "Bel Air" kostete 2,5 Mio
hung durch — ich gab dokumentarischem Gehalt", "Eine einen sehr interessanten Artikel Dollar. Reagan wird wohl ir­
schritt 20 Menschen ver- gute Übersicht" und "Sie berüh­ über neue Waffen mit "Konven­ gendwann einmal seinen Gönnern
en Alters zu lesen: einem ren tatsächlich alle Probleme". tionell, aber gefährlich" betitelt. diese Summe zurückzahlen müs­
ier Kellnerin, Studenten, Vier weitere äußerten Zweifel: Das Wort "gefährlich" ohne die sen.
itnern... Ich weiß, daß für "Ich meine, dies ist die Wahrheit, Steigerung "außerordentlich"
ntige Untersuchung der doch wer wird auf sie hören?", oder "äußerst" wird im Westen SHERLOCX HOLMES IST 100
r Befragten zu kleiii ist, "Ja, Sie haben wirklich recht, fast nicht zur Kenntnis genommen.
Ober dieses Datum wird aller­
bin schließlich Amateur doch man muß das mit dem Überdies stimme ich voll und
dings leidenschaftlich gestritten.
janspruche für meine vergleichen, was die Amerikaner ganz der Kritik bezüglich des
Die Mitglieder der Sherlock-
gerungen keine wis- sagen". Drei schienen eher Fehlens von Daten bei. Die
Holmes-Klubs [von denen es
liche Aussagekraft. Mir erstaunt zu sein: "Ich hatte Zeitschrift trifft bei uns mit großer
Dutzende in Großbritannien, den
jr, auch für Sie wäre es gedacht, das wäre reine Propa­ Verspätung ein, und oft ist es
USA, der Schweiz und Japan gibt]
it zu erfahren, was ich ganda...", "Ich habe gar nicht recht schwer, das Geschriebene
behaupten, der 100. Geburtstag
habe. gedacht, daß die Zeitschrift mit einem konkreten Ereignis in
des großen Detektivs hätte
der 20 weigerten sich wirklich informativ sein würde" Verbindung zu bringen, vor allem
1954 gefeiert werden müssen. Sie
,ch, die Zeitschrift zu und "Ehrlich gesagt, ist das Blatt aber ruft rein psychologisch das
versichern, Holmes habe es tat­
sbei sie mir techt scharf gut gemacht". Zv/ei bemängelten Fehlen von Daren Mißtrauen her­
sächlich gegeben und er sei
vor. Abschließend ein Vorschlag.
1854 geboren worden. Jetzt aber
Laßt häufiger Experten zu Wort

—— :: : fff f ........ : kommen wie Prof. R. Simonian


und andere Autoren, die in vielen
lebe er inkognito in der Grafschaft
Sussex als Imker...
Und doch ist gerade 1987 ein

i^-rn
die Leser interessierenden Fragen
100. Jahrestag fällig — seit
kompetent sind.
Erscheinen der ersten Erzählung
J. COEN von Conan Doyle über Sherlock
Brüssel, Belgien
Holmes, der "Etüde in Purpurtö­

„Danke für nen".


Holmes ist der einzige Detektiv
die Bücher" der Krimiliteratur, der in der
Britischen Enzyklopädie erwähnt
Von Beruf bin ich Dozent für
ist. Ober ihn findet sich da mehr
Gesellschaftswissenschaften, Ich
als über viele reale Menschen...
lebe und arbeite in Sri Lanka.
Mich interessieren Fragen der
GABEN DES MEERES
Politik. Interessant ist auch der
Von nun an werden die 200
sowjetische Standpunkt zum
Einwohner der Insel Eriskay un­
Weltgeschehen, da ich fest über­
weit der schottischen Küste für
zeugt bin, daß nur der Sozialismus
geistige Getränke zahlen müssen.
den Menschen Frieden und Glück
Vor 45 Jahren waren die Insula­
bringen kann.
ner dadurch bekannt geworden,
Leider sind in meinem Land —
daß.sie 20 300 Kisten Whisky von
wie übrigens auch in anderen
einem untergegangenen Schiff in
Entwicklungsländern — gute
Beschlag nahmen. Es heißt, damals
Bücher sehr teuer. Sogar ich mir
sei der Alkohol sogar zur Befeue­
meinem ständigen Einkommen
rung der Kamine verwandt wor­
kann mir nicht immer erlauben,
den. Das wurde in dem Buch
die Literatur zu kaufen, die ich
"Whisky im Oberfluß” beschrie­
dringend benötige. Gerade des­
ben und darüber auch ein Film
halb möchte ich mich bei Ihrem
gedreht. Jetzt aber wird auf
Land sehr dafür bedanken, daß es
Eriskay die erste Kneipe der Insel
in verschiedenen Sprachen wun­
eröffnet. Man beschloß sie zur
derschöne Bücher, die wir so
Erinnerung an den vor 45 Jahren
brauchen, herausbringt und sehr
so glücklich abgesoffenen Kahn
»spalmengarten" — so nannte Hong Khanh, ein Leser aus preiswert anbietet.
*m,1 sein Foto. So schön sieht er seine Heimat. zu nennen...
H. HERATH
Haliela, Sri Lanka

"Neue ZEIT" 6.87 17


"V r- I

SäßSE?.-.': Wie weit ist Eureka?»


*-v ■
k I

EIN WESTEUROPÄISCHES PROJEKT, SEINE AUFGABEN, PRIORITÄTEN UND WIDERSPRÜCHE

Aus dem Griechischen übersetzt, heißt eureka: Ich habe gefunden. im Juni 19S6 in London vereinbarte man die langfristige Zielstel­
Diese vielsagende Bezeichnung fand Francois Mitterrand, Präsi­ lung und vorrangige Aufgaben des Projekts, legte seine
dent der französischen Republik, für seine Idee vom April 1985, organisatorische Struktur fest und verabschiedete mehrere
konkrete Programme. Margaret Thatcher eröffnete die Londoner
das wissenschaftstechnische Potential der Länder Westeuropas
zusammenzukoppeln, um die Hochtechnologie zu entwickeln. Im Konferenz der Eureka-Teilnehmerstaaten mit dem Appell, aus dem
Projekt das "entscheidende Element der westeuropäischen In­
Juli 1985 wurde auf einer Regierungskonferenz In Paris, an der sich
17 westeuropäische Staaten beteiligten, Eureka in den Rang eines dustriestrategie zu machen".
Was stellt dieses wissenschaftstechnische Projekt konkret vor
offiziellen gemeinsamen Projekts erhoben“.
Auf zwei Folgekonferenzen im November 1985 in Hannover und und worin besteht die Funktion Eurekas für die Region?

Zersplitterung der Kräfte


Jagd auf Konkurrenten ln Westeuropa sind in Forschung und
Entwicklung insgesamt über eine Million
Menschen beschäftigt. Der Gesamtauf­
Für Eureka sind die Bandbreite und die Der Inhalt von Eureka wird weiter konkre­ wand für die Forschung beläuft sich auf
Vielfalt der Richtungen der gemeinsamen tisiert. etwa 20 Prozent des in der Welt betriebe­
Arbeiten kennzeichnend. Priorität ge­ Die Teilnehmer des Projektes wollen
nen Aufwandes, wobei Westeuropa für
nießen in dem Projekt die Forschungs­ die Effektivität der gemeinsamen For­
die zivile Forschung etwa so viele Mittel
und Entwicklungsarbeiten (F/E-Arbeiten) schungen durch regionale Zusammen-,
aufwendet wie die USA und doppelt so­
auf dem Gebiet der Informatik, der arbeit nach neuen Organisationsprinzi­
viel wie Japan. Dessenungeachtet bieiben
Nachrichtensysteme, der Robotertechnik, pien gewährleisten.
die westeuropäischen Firmen in den
flexibler automatisierter Produktionssyste­ Höchste Instanz ist die Regierungskon­
letzten Jahren in einigen der neuesten
me, der Lasertechnik, der Biotechnologie, ferenz für Eureka, die zweimal jährlich auf
derTechnologie zur Nutzung von Meeres­ der Ebene der Außenminister, der für die
ressourcen, des Umweltschutzes und des Forschung zuständigen Minister und der
T ransportwesens. Vertreter der EG-Kommission einberufen
Geplant ist die Verwirklichung konkre­ wird. Diese Konferenz schätzt die Ergeb­
ter Aufgaben, so auf dem Gebiet der nisse der geleisteten7 Arbeit ein, sie legt
Elektronik, die das Kernstück von Eureka neue Richtungen des Projektes und neue
darstelli. Westeuropa beabsichtigt, den Programme fest. Auf der Konferenz wird
leistungsstarksten Computer der Welt mit das Land gewählt, das den Vorsitz der
einem Speichervermögen von 64 Millio­ nächsten Konferenz führt und wahrend
nen Bit und einer Rechengeschwindigkeit der Vorbereitung auf die nächste Bera­
von 30 Milliarden Operationen in der tung das Projekt als Ganzes verfolgt. Das
Sekunde zu produzieren. Parallel dazu Land, das den Vorsitz innehat, leitet auch
wird an der Entwicklung eines Computers die Tätigkeit einer speziellen Gruppe
der fünften Generation mit Elementen "hochgestellter Vertreter" der Teilneh­
"künstlicher Intelligenz" gearbeitet. merländer, einer Art Exekutivkomitee für
Eureka. Diese Gruppe wird durch ein ..
kleines Sekretariat unterstützt, zu dessen
Auf freiwilliger Basis Die Konkurrenten kann nur mit
Aufgaben die Schaffung einer Datenbank,
dem Roboter überrunden
Der Sprung in der Elektronik soll der die Verbreitung von Informationen in den
Zeichnung aus der "Financial Times"
Robotertechnik voranhelien. Vorgesehen Partnerländern und das Consulting für
(Großbritannien)
ist die Entwicklung autonomer, frei be­ private Firmen und Forschungsorganisa­
weglicher Roboter für den Einsatz in tionen gehören.
schädlichen und gefährlichen Produk­ "Der Zug ist abgefahren und gewinnt
tionsbereichen. Des weiteren ist die an Tempo", erklärte der Staatsminister für Zweige hinter ihren amerikanischen und
Entwicklung leistungsstarker Laser für das Handel und Industrie Großbritanniens, japanischen Konkurrenten zurück.
Schneiden von Metall, für Montagearbei- P. Channon, der den Vorsitz auf der Das liegt vor allem an der Zersplitte-
ten und die Wärmebehandlung geplant. Londoner Konferenz führte. Die ange­ rung des westeuropäi sehen
führte Metapher beschönigt die reale
Forschungspotentials und des Marktes in
Sachlage. Der "Zug" ist tatsächlich zusam-
mehr als 20 nationale Teile. Weitere
mengestellt, und an ihn werden die
Ursachen sind die niedrige Effektivität der
M2 Lander der Europäischen "Wagen" neuer Programme angehängt. F/E-Arbeiten (bei halb so hohem finan­
Wirtschaftsgemeinschaft sowie Finnland, Doch ob die Lokomotive Eureka diese
ziellen Aufwand patentiert Japan viermal
Norwegen, Österreich, Schweden und die Wagen zu ziehen vermag, mit welchem
so viele Erfindungen wie Westeuropa),
Schweiz gehören zu den Eureka-Grün- Treibstoff sie fährt, was sie befördert und
die Kluft zwischen der Grundlagen­
dern. Spater schlossen sich ihnen Island auf welchem Wege, darauf gibt es bisher forschung und der angewandten
und die Türkei an. keine klare Antwort.
Forschung und die zu langsame überlei-
18
"NEUE ZEIT” 6.87
tung in die Produktion. All das soll durch Hoben, daß Privatfirmen die entschei­ reka nicht etwa zum Nutzen der führenden
eine einheitliche Forschungspolitik über­ dende Triebkraft werden müssen. Was europäischen Länder und der größten
wunden werden: Sie soll es gestatten, die aber sollte diese zur Aktivierung regiona­ Firmen erdacht? Führt die Bildung regio­
Fachleute und die Mittel für die ler wissenschaftlich-technischer Beziehun­ naler industrieller Forschungsverbände
wichtigsten F/E-Arbeiten zu konzentrie- gen anregen? Bestimmt nicht propagan­ nicht zu einer noch größeren Monopoli-
ren, Doppelgleisigkeit zu vermeiden und distische Appelle oder das Gefühl des
besonders wichtige Programme rasch zu "europäischen Patriotismus". Das Privat­ GESAMTKOSTEN DER FORSCHUNGS­
realisieren. Hauptsächlich jedoch soll Eu­ kapital denkt in den Kategorien des UND ENTWICKLUNGSARBEITEN
reka die regionale wissenschaftlich- Profits. Jeder Unternehmer will genau
EINIGER LÄNDER WESTEUROPAS,
technische Zusammenarbeit bei der Ent­ wissen, wer zahlen soll.
DER USA UND JAPANS
wicklung der modernsten Technologien Indessen sind die Minister der Teilneh­
stimulieren, bei denen Westeuropa den (in Prozent zum Bruttosozialprodukt]
merländer übereingekommen, daß die
USA und Japan hinierherhinkt. Finanzierung der Programme aus privaten
1981 1985
Die Gefahr einer "technologischen Ko­ Mitteln und nur "bei Notwendigkeit" aus
lonisierung" der Alten Welt ist mit dem den Staatshaushalten erfolgen wird. Als BRD 2,48 2,58»
■ amerikanischen SDI-Programm, Motiv dafür gaben sie an, daß Eureka auf Großbritannien 2,42 2,27.
das die Einbindung des westeuro­ die Entwicklung konkurrenzfähiger Er­ Frankreich 2,01 2,27
päischen industriellen Forschungspoten­ zeugnisse zu orientieren ist, an deren Italien 1,01 1,19—
tials in die miiitärstrategischen Pläne der Produktion vor allem die Firmen selbst Niederlande 1,88 2,00-
USA vorsieht, noch größer geworden. interessiert sind. Folglich muß das Busineß Schweden 2,22 2,47.
Deshalb kam Eureka auch seinerzeit zu- auch die Hauptlast der Kosten überneh­ Österreich U7 1,27
stände. men.
In den beinahe zwei Jahren, die das Und was soll mit dem Absatzmarkt
USA 2.51 2,80
Projekt existiert, wurde das Fundament für Werden? Die Industriellen begrüßen die
diesen Aulbau gelegt. Dennoch ist ver­ Idee einer Regelung der westeuro­
Japan 2,37 2,61.
früht, von Erfolgen zu sprechen. päischen Normen und Standards. Doch
zweifeln sie an einer baldigen Realisier­
Pubertät barkeit solcher Pläne für die neunzehn
• 1983
•• 1984
Einen solchen Zeitabschnitt— mit all’ Mitgliedländer von Eureka. Konnte das
seinen Aufregungen — erlebt Eureka ge­ doch selbst im kleineren Rahmen der EG sierung des westeuropäischen Marktes
genwärtig. Dazu gehören die Labilität, jahrelang absolut nicht erreicht werden. zum Nachteil der "Juniorpartner"?
der interne Kampf, die Überbewertung Die Minister beschlossen, daß die Erzeug­ Soweit eine bei weitem nicht vollstän­
der lebenswichtigen Prioritäten und der nisse, die aufgrund der bestätigten dige Aufzählung der Unklarheiten und
Konflikt zwischen dem Streben nach Programme produziert werden, ein be­ Widersprüche, die sich in dem Maße
Selbständigkeit und der fehlenden mate­ sonderes Zeichen "Eureka" erhalten. mehren,*in dem das Projekt ins Detail geht,
riellen Sicherstellung. Probleme über Doch machten sie dazu sogleich die in dem es sich seiner praktischen Ver­
Probleme also... Einschränkung, daß diesem Zeichen aus­ wirklichung nähert. Diese Schwierigkeiten
Das schwierigste Problem ist die Ge­ schließlich die Rolle eines "moralischen v/erden Eureka kaum zu Fall bringen. Dazu
währleistung der Lebensfähigkeit des Stimulus" zugedacht ist, ohne die Garan­ ist der Einsatz der Führer Westeuropas in
Projektes. Bisher war die Aktivität der tie irgendwelcher Privilegien auf dem dieses Projekt zu hoch. In der einen oder
Regierungen seine entscheidende Markt. anderen Form wird es sich weiter­
Triebkraft. In den gemeinsam beschlosse­ Viele Teilnehmer des Projektes äußern entwickeln.
auch folgende Befürchtung: Wurde Eu- W. SLAWINSKI
nen Dokumenten wird indessen hervorge-

j
:

Stockholm, zum Mittelpunkt von Eureka wurde.


Schwedens Industrie ist exportorientiert.
Jeder dritte Beschäftigte hängt vom Export
ab. Zu 70 Prozent entfällt der Export auf

Station die EG und andere westeuropäische


Länder, die nicht zum Gemeinsamen
Markt gehören. Staatssekretär im schwe­
:
I
dischen Außenministerium Carl-Johan
Aberg: "Ebendeshalb müssen wir bereit
!
Madrid Lisienführer- Japan. Auf je 10 000 Ar­
sein, uns durch konkretes Handeln in die
wichtige Arbeit einzuschalien, die darin
besteht, die kommerziellen, technolo­
- I
Der transeuropäische Eureka-Expreß,
beitsplätze entfallen in Schweden 30 gischen und sonstigen Schranken auf dem
der die europäischen Hauptstädte befahrt,
Roboter, in Japan ein Drittel, in den USA Kontinent niederzureißen." Die in
kam Ende 1986 in der schwedischen
kaum ein Siebentel davon. Schweden Stockholm versammelten Minister der
'
Hauptstadt an. In dem Gebäude, wo vor
kann auch andere technologische Erfolge 19 an Eureka beteiligten Länder bestätig­
kurzem die erste Runde der Stockholmer
aufweisen. Deshalb beansprucht der Staat ten das. Im Schlußkommunique betonten
Konferenz zu Ende gegangen war, fand
die 4. Regierungskonferenz im Rahmen
einen guten Platz im Eureka-Express für sie ihre "Absicht, eine große, einheitliche i
sich und ist bereit, durch Beteiligung an 20 und weltoffene europäische
des Eureka-Programms statt.
Warum Stockholm? Nun, Schweden hat von den Eureka-Projekten das Seine zu Wirtschaftszone zu schaffen", und hoben
Europas wissenschaftlich-technischer "Re­ die große Bedeutung dieses Vorhabens
viele Erfolge im Bereich der modernsten
naissance" beizutragen. für den Erfoig von Eureka hervor. Dem­
Technologien. Vor drei Jahren hatte das
Auch andere Gründe liegen dafür vor, nach: Es lebe das "einheitliche Europa",
Land in der Robotertechnik aufgeholt und
daß Stockholm für das nächste Halbjahr es lebe Eurekal
überflügelte dabei selbst den anerkannten

19
"NEUE ZEIT” 6.87

nische und westeuropäische Industrielle


keine Partner, sondern Konkurrenten.

Eine eigene SDI?


Die auf der Pariser Konferenz geäußQr_
ten Ideen finden nicht nur bei Geschäf­
temachern Resonanz. Auch viele Politiker
unterstützen sie. Der französische Pre­
mierminister J. Chirac äußerte auf der
Dezembertagung der Westeuropäischen
Union sein Bedauern darüber, daß
Eureka auf friedliche Forschungen orien­
tiert wurde. NATO-Generalsekretär Lord
Carrington regte die Einrichtung wis­
Wohin soll sich Eureka entwickeln? wissenschaftlicher Untersuchungen. "Wir
senschaftlicher Zentren in Westeuropa
Diese Frage entsteht zwangsläufig, wenn brauchen eine europäische
für gemeinsame militärische Forschungen
man auf Erklärungen wie diese stößt: Forschungsorganisation, um Verteidi-
und Entwicklungen "in entscheidenden
"Leider hat Europa eine großartige gungsprojekte auszuarbeiten", regte der
Bereichen" an. Italiens Verteidigungsmi­
Gelegenheit vergeben, als wir Eureka Vizepräsident des französischen Matra-
nister G. Spadolini trug analoge Auffas-
seiner militärischen Ausrichtung beraub­ Konzerns J.—L. Gergorin an. Ein auf
konzentriertes sungen vor. Eine intensivierte militä-
ten." Das sagt Etienne Davignon, der Schlüsseltechnologie
rische Integration unterstützte auch der
frühere Vizepräsident der EG-Kommis- Programm sei ein Schritt zu erweiterter
Staatsminister im Bundesaußenminisie-
sion und heutige Vizepräsident der militärischer Kooperation. Ein anderer
rium der BRD, Möllemann. Sie werde
belgischen Finanz- und Industriege- Vertreter der französischen Rüstungsin­
seiner Meinung nach den politischen
selJschaft Societe Generale des Ban- dustrie, der Vizepräsident der Thomson-
Einfluß Westeuropas stärken.
ques. Er hat die Unterstützung vieler Gesellschaft F. Heisbourg schlug vor,
Industrieller, Bankiers und Militärexper­ die amerikanischen Hawk-Raketen, das
ten, die im November an einer Konfe­ Rückgrat der Luftverteidigung der euro­ Die militärische Integration der Alten
renz der "Professionals" in Paris teilnah- päischen NATO-Mitglieder, durch ei­ Welt findet nicht nur auf dem Papier
men. Ihr Leitsatz spricht für sich: gene Raketen zu ersetzen. Der Thomson- statt. Hier ist einiges passiert, sowohl auf
"Kooperation der NATO-Länder in der Vize betonte, daß diese ABM-Waffen bei transatlantischer Ebene, wo die USA den
Rüstungsindustrie. SDI und danach". geringstmöglicher Beteiligung der Ame­ Ton angeben, als auch auf europäischer
rikaner Sache der Alten Welt und ihrer Ebene, wo Frankreich und die Bundesre­
Industrie zu sein hätten. publik Deutschland das Leilgespann
Transatlantische abgeben. Die Industriellen der Alten
Die Konferenzteilnehmer aus den USA Welt erhoffen sich von einer Zusammen­
Parität konnten sich mit einem derart selbständi­ arbeit mit dem Pentagon nicht nur ein
gen Auftreten nicht anfreunden. Der stattliches Zubrot, sondern auch den
Die Redner machten deutlich, daß Sonderberater des Pentagon • in Zugang zu neuester Militärtechnologie.
ihnen das jetzige Ausmaß der militä­ Rüstungsfragen D. Kioske forderte die Ihren Möglichkeiten sind hier allerdings
rischen Kooperation in Westeuropa nicht westeuropäischen Industriellen auf, sich enge Grenzen gezogen. Washington hat
ausreicht. Sie verlangten neue Höhen, auf militärische Zusammenarbeit im seine Bündnispartner noch nie an strate­
die ein enges Zusammenwirken auf allen NATO-Rahmen zu konzentrieren. Die gischen Geheimnissen schnuppern las­
Stufen vorsehen, vom Entwurf bis zur Öffentlichkeit würde einem Anstieg der sen. Ungeachtet zahlreicher "Andeutun­
Produktion der Kriegstechnik. Besondere Militärausgaben nicht zustimmen, wenn gen" weigert man sich in Washington
Aufmerksamkeit galt der Koordinierung der Eindruck entsteht, als seien amerika- beispielsweise, die NATO-Partner in die

ln Stockholm wurde das transeuro­ übrigen bringen die nötigen Mittel ein­
der Projekte militärisch orientiert werde,
päische Programm durch 37 neue Projekte fach nicht auf. Das, was die Regierungen steige man sofort aus.
1 mit einem Kostenpunkt von 730 Mio zuschießen, genügt offensichtlich nicht.
Aber die 19 Eureka-Teilnehmer sind
Europäische Währungseinheiten (EWE) Wenn die Industriekapitäne nichf an das
noch bei weitem nicht gan2 Europa. Und
* ergänzt. Das Programm zählt jetzt also Programm glaubten, meint Schwedens
noch eine offene Frage: Könnte es nicht so
109 Projekte (insgesamt 3,5 Md. EWE), Premierminister Ingvar Carlsson, werde
kommen, daß die Schranken nur in
weitere 44 werden geprüft: Wie verlautet, man nicht damit klarkommen. Und so
Westeuropa niedergerissen, in der
wird eine einheitliche Datenbank gegrün­ wurde das Privatkapital von Stockholm aus
wirtschaftlichen Ost-West-Zusammenar-
det, und das Sekretariat hat seinen Sitz in erneut aufgefordert, sich Eureka anzu-
beit dagegen wieder einmal errichtet
Brüssel bezogen. Die nächste Station des schließen,. Bundesdeutsche Vertreter
werden? Die Frage dürfte berechtigt sein,
Eureka-Expresses nach Stockholm wird im schlugen vor, eine Art Round Table der
wissen die Schweden doch aus eigener
September Madrid sein, aber bis dahin ist westeuropäischen Bankiers zu schaffen,
Erfahrung, was US-Diktat ist, wenn es sich
die Organisationsphase abgeschlossen. die ein Risikokapital für das Programm um
den Export moderner Technik handelt,
Das geschah rasch (in nur 18 Monaten), bereifsteflen sollten.
o er konstruierten Vorwänden zwang
rascher eis jedes andere der gemeinsamen Auch eine andere wichtige Frage bleibt
as ington sie dazu, beim Export iechno-
westeuropäischen Programme. in der Schwebe: nach ziviler bzw. militä­
logischer Innovationen in osteuropäische
rischer Ausrichtung der Projekte. Politisch
Lander mehrere ernsthafte Restriktionen
Gewisse Fragen bleiben trotzdem of- • ist das sehr relevant, weil am Projekt auch
einzu uhren. Aber die Frage nach den
fen. Wer wird z. B. die Projekte finanzie­ vier neutrale Länder — Österreich,
ren? Nur die Unternehmen selbst? An Beziehungen zum anderen Teil des Konti­
Finnland, die Schweiz und Schweden —
nents wurde in Stockholm nicht einmal
Eureka beteiligen sich aber sowohl In­ teilnehmen. In einem Kommentar dazu
angesprochen.
dustriegiganten als auch zahlreiche kleine gestand t. Carlsson das Problem ein, er
und mittlere Firmen. Erstere sind noch sagte unter anderem: Sobald
imstande, allein auszukommen, aber die NZ-Sonderkorrespondent
Schweden den Eindruck habe, daß eines Stockholm

"NEUE ZEIT" 6.87


I niert hauptsächlich nationale Luft- befand sich mit seinen NATO-Kollegen
1
Weltraumprogramme und arbeitet ein­ zur Wintertagung in Brüssel und berief
heitliche Normen für die Zusammenarbeit eine Sonderpressekonferenz ein. Der
! Bereich Forschung und Produktion Pentagonchef informierte über die Be­
I aus. reitstellung von 14 Mio Dollar für ein
Auch die reinen Weltraumprogramme gemeinsam zu schaffendes westeuro­
verheißen westeuropäischen Industriel­ päisches ABM-System. Washington will
len nicht geringe Profite. Ende Oktober die Aufträge an 51, davon 29 westeuro­
verabschiedeten die Mitgliedsländer der päische, Firmen vergeben. Daraufhin flog
Europäischen Weltraumagentur ein Pro­ Weinberger nach London und schob den
jekt zum Bau von Raumfähren. Die von Briten fünf Forschungsaufträge für SDI
den französischen Firmen Aerospatiale zu, davon drei für die europäische
und Dassault konstruierte Miniraumfähre SDI-Variante. Das "englische Paket" soll
"Hermes" soll mit einer Ariane 5, einer insgesamt 8,7 Mio Dollar kosten. Im
Rakete, die bereits seit Jahren Satel­ Vergleich zu den wahrhaft astrono­
liten transportiert, auf eine Erd­ mischen Summen, die SDI und ihr
umlaufbahn gebracht werden. Wie dem europäisches Anhängsel kosten sollen,
französischen "Express" zu entnehmen sind diese Abschlüsse schäbig. Sie sind
ist, soll der "Hermes" sowohl für eher als eine Art Setzling zu betrachten.
wissenschaftliche als auch für militä­ Wenn die Westeuropäer sie nämlich in
rische Zwecke eingesetzt werden kön­ ihren eigenen Projekten doppelter Be­
nen. stimmung, wie sie unter Eureka zusam­
Der Konkurrenzkampf zwischen mengefaßt sind, großziehen, werden sie
westeuropäischen Konzernen um gezwungen sein, weitaus höhere Sum­
Weltraumaufträge hat erst angefangen. men zu zahlen.
Als erste meldeten die Briten ihre Bundesverteidigungsministerium und
Option auf ein eigenes nationales mehrere Rüstungskonzerne
Raumflugzeug an. Im November folgte der Bundesrepublik propagieren die
die BRD ihrem Beispiel. In einem Idee eines neben dem amerikanischen
. Interview für "Sonntag Aktuell" erklärte bestehenden eigenen Antiraketengürtels
BRD-Minister Riesenhuber (Forschung recht lebhaft. Ein derart massiver Druck
und Technologie), daß die Bundesre­ zeigt erste Ergebnisse. Schon findet die
publik neben ihrer Teilnahme am westeu­ "Euro-SDI" bei einigen Industriellen der
Start einer Ariane, der Hoffnung der ropäischen Weltraumprogramm beab­ Alten Welt Widerhall. Die Pariser Konfe­
Europäischen Welfraumbehörde. sichtigt, ein eigenes aufzustellen. Für renz ist der augenfällige Beweis. Somit
Foto: "U. S. News and World Report" 1996 sei der Start eines "Saen- kann der militaristische Strudel auch das
(USA) ger"-Raumschiffs geplant. prestigeträcnfige Hätschelkind der Alten
Als noch größerer Leckerbissen er­ Weli, Eureka, erfassen.
weist sich das Projekt einer westeuro­ Alexandre Dumas sagte über das
Technologie der "Tarnflugzeuge" einzu­ päischen Raketenabwehr, deren Kosten Geld, daß es ein guter Diener, aber
weihen. Man darf sich nicht einbilden, mit 160 Milliarden Dollar veranschlagt ein schlechter Herr sei. Dieser Meister
daß man in Washington demnächst werden. Viele Rüstungsfabrikanten der verlangt große Opfer. Um ihrer SDI und
großzügiger mit Informationen umzuge­ Alten Welt wittern hier einen saftigen ihrer Profite willen handeln Rüstungsin­
hen gedenkt. Braten. In Washington brachte man die dustrielle und Staatsbeamte entgegen
Als die westeuropäischen Kapitäne Idee auf, den amerikanischen gesamteuropäischen und mer.schheits-
der Rüstungsindustrie mit den Amerika­ "Weltraumschild'' um ein europäisches übergreifenden Interessen. Man könnte
nern ins Geschäft kamen, begriffen sie, ABM-System zu erweitern, und stimuliert das oben angeführte Zitat von E. Davig-
daß man sie mit einer Nebenrolle entsprechende Gelüste. Das aktuellste non auch wie folgt interpretieren: Die
abzuspeisen gedachte. Das zeigt SDI Beispiel dafür ist die Fernsehanspracne militärische Tendenz der wis­
sehr deutlich. Als westeuropäische Fir­ des SDl-Chefs J. Abrahamson, die über senschaftlichen Studien und der in­
men die Zusammenarbeit mit den USA Direktverbindung aus Washington nach dustriellen Entwicklung beraubten Eu­
im Rahmen dieser "Verteidigungsinitiati­ mehreren NATO-Hauptstädfen ausge­ ropa der großen Chance einer
ve" beschlossen, "verurteilten sie sich strahlt wurde. Er versprach den Verbün­ friedlichen Entwicklung. Und der Chan­
selbst zu Handlangerdiensten", wie neu­ deten neue Technologien, wenn sie ein ce, könnte man noch hinzufügen, sein
lich der belgische "Soir" feststellte. eigenes ABM-System auf die Beine wissenschaftlich-technisches Potential für
Diese Perspektive paßt - ihnen natürlich stellen. eine gesamteuropäische Zusammenarbeit
nicht. In einem in der "NATO Review" Im Dezember warf man den Bündnis- im zivilen Sektor nutzbar zu machen.
veröffentlichten Artikel über militärisch- Partnern ^ einen neuen Köder hin. W. BOIKOW
industrielle Kooperation in der Alten US-Verteidigungsminister Weinberger Brüssel
Welt formulierte der Staatssekretär des
spanischen Verteidigungsministeriums
Wir wollen nicht weiter spekulieren, wie sich Eureka entwickeln wird, worauf die
E. Rexach das Ziel der Architekten der hier zusammengefaßten Projekte hinausiaufen und welche Orientierung, die
militärischen Integration wie folgt: Ein zivile oder die militärische, überwiegen wird.
vereinigtes Europa soll "unseren transat­ Eins kann man ganz sicher sagen. Heute haben sowohl Politik als auch
lantischen Verbündeten ebenbürtig
Wirtschaft und Technologie globale Ausmaße angenommen. Jeder Versuch, mit
sein". Eureka eine technologische Kluft zwischen den beiden Systemen in Europa
"Hermes", "Saenger" aufzureißen, würde, sollte er beabsichtigt gewesen sein, dem Geist unserer
Epoche widersprechen, der objektiven Notwendigkeit wirtschaftlicher und
und andere wissenschaftlich-technischer Zusammenarbeit. Heute diktiert das Leben, Projekte
Schon 1976 wurde eine europäische im europäischen und Weltmaßstab auszuarbeiten. Dazu sind die gemeinsamen
Planungsgruppe gegründet, um die mili- Anstrengungen vieler Länder erforderlich, ohne politische Diskriminierung und
tärische Zusammenarbeit zu fördern. natürlich ohne technologische Errungenschaften zu militarisieren.
Heute gehören ihr 13 westeuropäische
NATO-Staaten an. Diese Gruppe koordi- I
21
"NEUE ZEIT" 6.87
Terror schon lange keine Grenzen mehr

Gegen kennt und daß die sorgfältig geheimge-


haltenen Anstifter aus verschiedenen
Ländern Hand in Hand arbeiten. Immer
größere Tragweite gewinnt noch ein
Aspekt dieses unheimlichen Problems:
seine äußerst gefährlichen Folgen für die

den Dolchterrorismus internationale Sicherheit.

ln der Tat, ein beliebiger Terrorakt


kann, wenn mit Sicherheit bekannt ist
oder triftige Gründe zu der Vermutung
vorliegen, daß er vom Ausland her
angestiftet oder unterstützt worden ist,
die Beziehungen zwischen Staaten
erschweren, erst recht, wenn es sich
Wladimir BARANOWSKI
herausstellt, daß die Behörden einer der
beiden Seiten ihre Hand im Spiel gehabt
und Sergej KISSIN
hatten.

Derartige Anschuldigungen können


jedoch völlig unbegründet, ja sie können
Aus einer Rede des US-Vizepräsiden- tischen Problem ausgeartet. Immer häufi­
sogar bewußt inspiriert oder provoziert
ten Bush auf der Wettkonferenz über ger sind Politiker, Diplomaten und
worden sein. Denken wir doch an die
Terrorismus in Washington vom 20. andere beamtete Personen fremder
hartnäckigen Versuche, im Fall des
Januar 1987: Staaten Terrorüberfällen ausgesetzt.
Attentats auf Papst Johannes Paul II. eine
"Die Terroristen und ihre Helfershelfer
Bei Morden an namhaften Politikern "bulgarische Spur" zu legen! So vorein­
behaupten oft, einfach für die nationale
wie Indira Gandhi und Olof Palme sind genommen der Prozeß gegen Antonow
Befreiung kämpfende Soldaten oder
Spuren internationaler 'Verschwörungen auch geführt wurde, mußte man die
Guerillas zu sein. Damit bin ich nicht
gefunden worden. Anschuldigung gegen den Bulgaren
einverstanden, und das amerikanische
Antonow schließlich fallenlasser:.
Volk ist es auch nicht.”
Aus einem Artikel von Jim Anderson In den meisten derartigen Fällen
Aus einer Rede des US-Verteidi- in der "Washington Post": werden die falschen Anschuldigungen
gungsministers Caspar Weinberger auf
"Eine Untersuchung der Informationen nicht objektiv untersucht (siehe die
derselben Konferenz vom 21. Januar
von Geheimdiensten der USA hat erge­ Anschuldigungen gegen Syrien und
1987:
"In der Diskussion über den Terro­ ben, daß 1986 in der ganzen Weli rund Libyen). Bisher hat die Weligemeinschaft
rismus wird leider eine gehörige Dosis 800 Terrorfälle — ungefähr ebenso viele noch keine halbwegs universellen Krite­
Sophistik und Lüge als große Weisheit wie 1985 — vorgekommen sind. rien erarbeiten können, mit deren Hilfe
hingenommen. Einer angelegentlich ver­ es möglich wäre, Wahrheit von Lüge und
breiteten Theorie zufolge kann einer "für Die Untersuchung hat ferner ergeben, Irrtum von böswilligen Anwürfen zu
den einen ein Terrorist, für den anderen daß in den ersten neun Monaten des unterscheiden.
jedoch ein Freiheitskämpfer sein". Dieses Jahres 1986 447 Personen von Terroristen In solchen Situationen kommt es aber
Muster moralischer Gleichstellung führt ermordet wurden. Im gleichen Zeitraum sehr leicht zu Hitzigkeiten, was bei der
auf Abwege, es zielt darauf ab, den von 1985 waren es 620. hohen Empfindlichkeit der Allgemeinheit
Westen in seinem Kampf mit denen zu Es geht nicht nur darum, daß der Zeichnung von N. Sfscherbakow
! entwaffnen, die darauf aus sind, ihn zu
vernichten.
Bis unlängst fehlte es uns an der
Präzision, die beim Zusammenstoß mit
dem Terrorismus für gezieltere militä­
rische Aktionen notwendig ist. Mit der
Verstärkung dieses Kampfpotentials und
des Widerstandes gegen die Terroristen
haben wir unstreitig Fortschritte ge­
macht, müßten aber noch flexibler sein.
Wir benötigen mehr brauchbare Varian­
ten — außer dem Schwert auch den
Dolch."
Kaum waren Weinbergers Drohungen
mit Schwert und Dolch gegen die
Terroristen verstummt, da wurde in Beirut
wieder eine Gruppe von US-Bürgern
entführt. Nebenbei gesagt, sind auch
Franzosen, Briten und Sowjetbürger
Terrorakten zum Opfer gefallen.

Sie kennen keine Grenzen


Der Terrorismus — lies: Gewalt gegen
Unschuldige — ist nichts Neues. Heute
aber ist er zu einem ernslen weltpoli-
22
"NEUE ZEIT" 6.87
für den Terrorismus, einschließlich den internationalen Terrorismus" in ihr Heute weiß man, was von solchen
zwischenstaatliche Beziehungen berüh­ Rüstzeug auf und machte sie ebenso zum "Enthüllungen" zu halten ist. Als die
renden, durchaus erklärlich ist. In vielen Mittelpunkt ihrer internationalen poli­ USA vier Monate danach den Druck auf
Ländern v/ird auf der Ebene der tischen Propaganda wie seinerzeit die Libyen wieder zu steigern begannen,
Regierungen und des Parlaments lebhaft Regierung Carter die "Menschenrechte". bestätigte das Weiße Haus eine von
über die Terrorbekämpfung debattiert. Hierbei wurden Beschuldigungen gegen Poindexter eingebrachte Geheimdirek­
Politiker äußern sich nachdrücklich dar­ die UdSSR lanciert, und das in der tive des Nationalen Sicherheitsrates, laut
über. Sie ist Gegenstand bi- und multila­ unverkennbaren Absicht, sie als "Haupt- der durch Kanäle der CIA und durch in
teraler zwischenstaatlicher Verhandlun­ anstifter" des internationalen Terroris­ die Presse lancierte Gerüchte Falschmel­
gen, auch solcher auf höchster Ebene, in mus hinzustellen. dungen über die libysche Führung
der UNO und anderen Weltorganisatio­ verbreitet werden sollen, die sich mit
Später richteten die USA ihre derarti­
nen. Sehr ausführlich wird dieser Fra­ blutigen Absichten trage und von der
gen Anschuldigungen gegen Libyen
genkreis in den Massenmedien be­ neuerliche Terrorakte zu gewärtigen
sowie gegen Syrien, den Iran, die
sprochen. seien.
KDVR, Kuba, Nikaragua und die VDRJ.
Unverändert ist auch die Absicht, belie­
Dee Direktive 08 bige politisch fortschrittliche Bewegun­ Heiligt der Zweck
Infolgedessen greift in v/eiten Kreisen gen, die einen bewaffneten Kampf

das Gefühl um sich, daß der Terrorismus führen, als terroristisch hinzustellen. die Mittel?
der "zivilisierten Welr" den Krieg erklärt Mit Beurteilungen und Kriterien ist man
In Washington bezeichnet man
ganz und gar nicht wählerisch: Die
habe, so daß diese, um sich zu schützen, Maßnahmen, die schwere Verstöße ge­
zu Sondermaßnahmen bereit sein müsse. militärische Gewalt gegen die legitimen
gen das Völkerrecht darstellen und
Regierungen Afghanistans, Angolas, Ni­
Diese Einstellung herrscht beim unschuldige Opfer fordern, bei der
karaguas und Kampucheas ist "natürlich
"durchschnittlichen" Amerikaner oder Bekämpfung des Terrorismus als zulässig.
nicht" terroristisch, die sie ausüben,
Bundesbürger vor, was den Behörden Bleibt nur noch übrig, diesem selbst
seien "Freiheitskämpfer". Die US-Regie-
eigentlich freie Hand zum fast beliebigen moralischen und politischen Sündenablaß
rung behält sich die alleinige Entschei­
Vorgehen läßt, wenn es "für die zu erteilen. Seine Anhänger verfechten
dung darüber vor, welche Regierungen,
Sicherheit der Bürger" als notwendig ja die Anschauung, daß alles erlaubt sei
Parteien und Gruppen "terroristisch"
hingesioüf werden kann. und daß ihre Opfer eben "im Kampf fü”
sind. Ebenso die völlige Handlungsfrei­
Führend in dieser Hinsicht sind die gerechte Sache" nicht zu vermeiden
heit beim "Enigegenwirken" gegen den
unstreitig die USA. Seit Anfang der 80er gewesen wären.
internationalen Terrorismus einschließlich
Jahre entwickelt das Weiße Haus eine Der Terrorismus stellt sich der Ge­
der Verwendung beliebiger Mittel, die
stürmische Geschäftigkeit, um beim setzlichkeit und den Normen des
Washington als tauglich erachten mag,
Kongreß ein Paket von Gesetzen zwischenmenschlichen (und
und das gegen beliebige Personen,
durchzuclrücken, die der Regierung zwischenstaatlichen) Verkehrs mit seinen
Organisationen und sogar Staaten, denen
weitestgehende Befugnisse zur "Terror- Methoden entgegen, und wenn man ihn
die USA die Mittäterschaft an Terrorak­
bekämpfung" einräumt. Am 3. April mit genau denselben Methoden be­
ten zur. Last zu legen belieben. Mit
1984 Unterzeichnete der Präsident die kämpft, so erkennt man im Grunde
anderen Worten, wird unter angeblicher
Direktive Nr. 138 des Nationalen Sicher­ genommen deren Berechtigung an. An­
Bekämpfung des internationalen Terroris­ derseits entsteht die Gefahr einer Des­
heitsrates, in der 26 Bundesämter ver­
mus der staatliche Terrorismus eingebür­ orientierung der Öffentlichkeit: Wozu
pflichtet werden, Vorschläge zur Terror­
gert und kultiviert. man rigoros gegen fanatische Einzel­
bekämpfung zu erbringen. Auch ist eine
Anzahl spezieller Empfehlungen formu­ Bei der US-Führung besteht eine recht gänger oder relativ kleine Organisatio­
einflußreiche Fraktion, die überzeugt ist, nen vorgehen solle, wenn die Regierun­
liert und bestätigt worden, darunter
solcher, die das Verhalten der US-Diplo- daß der Terrorismus mit offenem Einsatz gen glauben, genauso wie sie handeln
militärischer Gewalt beantwortet werden zu können?!
maten und -Militärs im Ausland betreffen.
Für die Antiierroroperationen ist die müsse. Bemerkenswerterweise verhielten Völlig unbegründet sind die Hoffnun­
sich manche hohe Beamten des US-Ver- gen, mit ein paar gutgezielfen Luftangrif­
sogenannte Gruppe Delta— eine para­
teidigungsministeriums zu diesem Ge­ fen den internationalen Terrorismus der­
militärische, einige hundert Mann starke
danken mit Vorbehalt. Staatssekretär artig treffen zu können, daß er nicht
Einheit — gebildet worden. Unter diesen
Shultz hingegen war schon 1983 unbe­ imstande sein werde, sich davon zu
sind speziell ausgebildete Polizisten,
Fern meldeexperten, dingt dafür. Beobachtern zufolge war es erholen.
Aufk lä rer,
für die endgültige Stellungnahme des Der internationale Terrorismus wird
Scharfschützen und Angehörige anderer
Weißen Hauses von entscheidender von vielen Vereinigungen verübt. Sie
militärischer Berufe. Sie sind in Fort
Bedeutung, daß Vizeadmiral Poindexter, sind sorgfältig getarnt, haben öfter viele
Bragg (Neukarolina) stationiert und müs­
der ehemalige Sicherheitsberater des Stützpunkte in mehreren Ländern und
sen ständig zum Abflug nach Schauplat­
Präsidenten (der wegen des "Irangate" ganz verschiedene Geldquellen. Oft
zen von Terrorakten bereit sein.. In
am gehen mußte), für militärisches Einschrei­ können sie Anhänger in ziemlich großen
Gegenden, wo sich Terroristen
ten gegen "Terroranstifter" eintrat. Bevölkerungsgruppen anwerben, die mit
regsten betätigen, sollen operative Del­
Vorwände für militärische Machtde­ irgendwelchen politischen.
ta-Gruppen stationiert werden. Nach
monstrationen lassen sich ja nach Belie­ wirtschaftlichen oder sozialen Aspekten
gewissen Angaben besteht in Stuttgart
ben finden. ihres Daseins unzufrieden sind. Unter
schon so eine "vorgeschobene Stellung .
So haben die USA seinerzeit behaup­ solchen Umständen den Terror mit
Auf den ersten Blick scheint das alles
tet, sie hätten unumstößliche Beweise Bombern bekämpfen zu wollen, hieße
zur Bekämpfung des internationalen
dafür, daß Libyen an Terrorakten betei­ beinahe versuchen, den Rauschgifthandel
Terrorismus zu gehören. Dabei spielt
ligt gewesen sei. Der Pressesprecher im oder Steuerhinterziehungen mit Raketen
aber auch eine weitgezielte Politik eine
Weißen Haus Larry Speakes malte so oder Panzern ausmerzen zu wollen.
Rolle, die an sich die internationale
eine "Verschwörung" in den krassesten Die Resultate können entgegenge­
Sicherheit gefährdet. Die Empfindlichkeit
Farben aus: Agenten Libyens hätten in setzt ausfallen: Die verstärkte Gewalt­
. .. der westlichen (namentlich der amerika­
Paris mit MGs auf Leute schießen sollen, anwendung der USA steigert antiame­
nischen) Öffentlichkeit für Fragen des
die beim US-Konsulat nach Einreisevisa rikanische Stimmungen und kann zu
Terrorismus wird von den Rechten in der
Schlange standen, und hätten danach einem neuen Ausbruch des Terrorismus
US-Führung weidlich ausgenutzt. und seiner Ausweitung sowie zu neuen
noch Handgranaten in die Menge werfen
Die Regierung Reagan nahm von
sollen. Opfern führen.
Anfang an die Parole "Kampf dem
23
"NEUE ZEIT” 6.87
Beunruhigend ist die drohende Aus- n i POLEMIK
dehnung des Terrorismus auf neue \\
Weltgegenden und neue "Tätigkeitsbe-
reiche”, z. B. auf den nuklearen.
Heutzutage ist es z. B. nicht ausgeschlos- ?!
sen, daß verbrecherische Elemente nu- j <
kleare
nukleare
Munition entwenden,
Sprengsätze
selbst !
herstellen
radioaktive Stoffe zur Verseuchung von
Geländen und ihrer Bevölkerung benut-
und j: ABC sagt
zen. ;

Zusammenarbeit
i eine Energiekrise
ist nötig
Der Terrorismus ist eine internationale
Erscheinung, bei seiner Bekämpfung ist
eine forsche Gangart unangebracht. Not
tun vielmehr zielbewußte Bemühungen
voraus
der gesamten Weltgemeinschaft, eine
umfangreiche und mannigfaltige Zusam­
menarbeit der Staaten. Vertragsrechtliche
Bestimmungen dafür sind bereits weitge­
hend formuliert: Es bestehen internatio­ Walter ROGERS,
nale Konventionen und andere vielsei­
tige Urkunden, die ein Zusammenwirken Moskauer ABC-Korrespondent, teilte vor kurzem
der Staaten bei der Verhütung und
Unterbindung von Terrorakten vorsehen. in einer Reportage mit:
Derartige Bestimmungen weisen die ;
Schlußakte der KSZE(1975) und ein von i
der Madrider Nachfolgekonferenz (1983) j "Der diesjährige Winter war für vorigen Sommer zur technischen
abgefaßtes Dokument auf. Eine Resolu­ Rußland eine schwere Prüfung. Eine Durchsicht geschlossen werden sollen.
tion über Maßnahmen zur Verhütung des rekordmäßige Kälte brachte die Frage Statt dessen arbeiteten sie mit
internationalen Terrorismus wurde von ;; der Energiekrise im Lande aufs Tapet. Volldampf, um den Energieausfail von
der 40. UNO-Vollversammlung bestätigt. ' In Sibirien störte ein grimmiger Frost Tschernobyl wettzumachen. Des er­
Noch wichtiger ist es, daß auch im ■ von 60—70 Grad Fahrenheit Gewin­ höht ‘die Wahrscheinlichkeit, daß sie
Sicherheitsrat gleichlautende Beschlüsse , nung und Transport von Gas und . bei der jetzigen ungewöhnlichen
gefaßt werden. Er hat z. B. Ende 1986 Erdöl. Das führte zu geringeren Kälte ausfallen können. Die Energetik
die Resolution Nr. 579 einstimmig Treibstoff lieferungen für die ist eine Hauptkomponente der sowje­
angenommen. Diese enthält die Auffor­ Wohnhausbeheizung selbst in Mos­ tischen Wirtschaft, und die Engpässe
kau. Die Katastrophe in Tschernobyl im hier könnten die Strammengen, die
derung, "die internationale Zusammenar- ;
beit der Staaten bei wirksamen'Maßnah- ; April v. J. leitete eine Stromerzeu­ die UdSSR den osteuropäischen Len­
gungskrise ein. Die sowjetischen Be­ dern .liefert, ebenfalls vermindern. Das
men auszudehnen, die dazu beitragen,
hörden mußten alle Reaktoren vom seinerseits würde die dortige ohnehin
beliebige Geiselnahmen und Entführun­
Tschernobyl-Typ modifizieren, um auf schwierige Lage noch verschlechtern.
gen als Erscheinungen des internationa­
die westliche Kritik an der Sicherheit in
len Terrorismus zu verhüten, gerichtlich Am schlimmsien ist, daß die In­
solchen Werken zu reagieren. Auch
i zu verfolgen und zu ahnden”. die herkömmlichen Kraftwerke sind dustrieproduktion in der UdSSR zu­
Kurz, Möglichkeiten zum Ausbau der • ein potentielles Problem. Sie hätten im rückgehen könnte.”
einschlägigen internationalen Zusammen- j:
arbeit sind vorhanden. Auch ihre
Notwendigkeit liegt auf der Hand. Es
kommt darauf an, wirksame Methoden
zur Bekämpfung des internationalen
Terrorismus zu erarbeiten. Not tun solche
Maßnahmen auch innerhalb der Staaten
sowie regionale und multilaterale Ab- .
Artjom TROIZKI
kommen über die Auslieferung von j
i
Verbrechern, der Beitritt aller Staaten zu
Leiter der Abteilung Energetik im Staatlichen Plankomiee der UdSSR
den bereits rechtskräftigen Abkommen
über die Bekämpfung einzelner Arten
des internationalen Terrorismus sowie ein
: zügiger Austausch der entsprechenden
Der Winter hat die Energiewirtschaft gie an andere Länder; dabei schwankt die
der UdSSR in der Tat mit vielen Problemen Nachfrage bei unseren Handelspartnern.
Informationen.
1 Die UdSSR ist dazu bereit. Die Sache
konfrontiert, schon deshalb, weil sich Nichtsdestoweniger kann ich behaupten,
Elektroenergie für den Notfall nicht daß das Brennstoff-.und Energiepotential
duldet keinen Aufschub. Es geht nicht
speichern läßt. In jedem Augenblick muß der UdSSR ein zuverlässiges Fundament
; an, daß Terrorakte Menschenleben for­ ; eben soviel Elektrizität erzeugt werden, unserer Volkswirtschaft ist und darüber
dern, Gewalt auslosen, die Situation wie erforderlich ist. Der Bedarf hängt von hinaus den Bedarf unserer Partner in1
erschweren und normale internationale vielen Faktoren ab. Wir beteiligen uns Ausland decken hilft.
! und zwischenstaatliche Verbindungen z. B. aktiv an der internationalen Ar­ Ein paar Beispiele. Im Jahre 1986 wur­
stören, daß sie die internationale Sicher- ; beitsteilung im Bereich Brennstoffe und
•! den in der UdSSR 686 Md. Kubikmeter
I heit unterminieren.
■ Energie und liefern Brennstoffe und Ener­ Gas, 751 Mio t Kohle und 615 Mio t Erdöl

b 24 "NEUE ZEIT" 6.87

~ . .. _ .,
■ !
vrl

gewonnen. Kein anderes Land kann


der Schweiz, in Belgien oder Österreich nismus um. Dadurch konnten wir die
solche Mengen aufweisen. jährlich erzeugt wird. Arbeitskollektive in der Energiewirtschaft
an der Erhöhung der Leistung in den
Das sind Vorteile, aber es gibt auch Unter so schweren Verhältnissen berei­
E-Werken ökonomisch interessieren. Das
Nachteile. Förderung und Transport der teten wir uns auf den Winter vor. Wir
brachte uns in den Wärmekraftwerken
Brennstoffe werden teurer und erfordern beschlossen, trotz der Schwierigkeiten die
über 10 Mio kW zusätzlich ein.
die Erschließung neuer Ressourcen. Unter Kraftwerksanlagen im üblichen Umfang zu
diesen Umständen wird die Erdölgewin­ überholen, d. h. über 100 Mio kW Dann bemühten wir uns darum, die
nung in der UdSSR praktisch stabilisiert, Leistung außer Betrieb zu setzen und bis Belastung beim Verbraucher nach
und da Brennstoffvorräte und Industrie­ zum Winter zu reparieren. Das geschah. Möglichkeit zu senken. Zu diesem Zweck
betriebe auf sowjetischem Territorium Alles in allem funktionierte die Energie­ wurden in allen Republiken der UdSSR
ungleichmäßig verteilt sind, mangelt es wirtschaft unseres Landes stabil und die Schichtarbeitszeiten korrigiert,
einigen großen Regionen bereits an deckte den Energiebedarf der mehrfach sogar die arbeitsfreien Tage
fossilen Brennstoffen, zumal die Entfernun­ Volkswirtschaft. verlegt. Die Spifzenbelastung jedes Be­
gen zugenommen und sich die Der Winter brachte neue Schwierigkei­ triebes wurde (ohne Schaden für Techno­
Transportbedingungen kompliziert haben. ten mit sich. Im relativ warmen Dezember logie und Produktion) um 8—10 Mio kW
Die sowjetische Energetik brauchte eine stieg die Spitzenbelastung des Ver­ gesenkt. Im Ergebnis wurden in der
neue Entwicklungsstrategie. Vorgesehen bundsystems gegenüber dem Dezember Volkswirtschaft zusätzlich über 7 Md. kWh
ist u. a. der Bau von Kernkraftwerken in des Vorjahres um 8 Mio kW, im Januar, als eingespart.
einigen Regionen. Das betrifft vor allem strenger und anhaltender Frost einsetzte,
Tschernobyl engte unsere Möglichkei­
den europäischen Teil des Landes, dort stieg sie entsprechend um 11 Mio kW.
ten, Strom in RGW-Länder zu liefern, ein.
soll der wachsende Strombedarf in erster Dabei liefen die neugebauten und 1986 in
Das Energiepotential dieser Länder litt
Linie aus Kernkraftwerken gedeckt wer­
jedoch nicht darunter. Ungarn, die DDR
den. Wir müssen unsere Brennstoffbilanz
■ —. _ y-j
und die CSSR erzeugten unter den
von den verknappten fossilen Brennstof­
gegebenen Umständen in ihren E-Werken
fen auf die Kernenergie umstellen. Diese • *1
zusätzlich 3,5 Md. kWh, wozu die UdSSR
Arbeit ist im Gange. Die Gesamtleistung V i
'V v. diesen Ländern die entsprechende
der sowjetischen KKW beträgt bereits 30 Menge Erdöl über den Plan hinaus ge­
Mio kW, sie liefern über 160 Md. kWh liefert hatte. Was die Exportverpflichtun­
Energie. Das sind 15 Prozent der gesam­ gen der UdSSR bei der Energiebeliefe­
ten im europäischen Teil der' UdSSR •V:r* rung anderer Staaten, auf deren Energie­
erzeugten Elektroenergie. versorgung die Havarie von Tschernobyl
keine Auswirkungen hatte (Finnland, Nor­
Das Jahr 1986 brachte unserer Elektro-
energefik schwere Prüfungen. Welchen *. wegen, Türkei, Griechenland), betrifft, so
wurden sie sogar etwas übererfüllt.
Schaden die Havarie in Tschernobyl Ende
April anrichtete, ist bekannt. Die Analyse Aufgrund dieser Maßnahmen funktio­
der Ursachen, die der Weltöffentlichkeit nierte das Energiesystem der UdSSR, wie
vorgelegt wurde, zeigte: Zusätzliche paradox es auch klingen mag, 1986 stabi­
Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit ler als in den Jahren davor. So gab es
von KKW mit den Reaktoren solchen Typs Abweichungen vom Freijuenzstandard
(sie machen gegenwärtig die Hälfte der (ein für die Charakteristik der Arbeit eines
Kapazitäten der sowjetischen Kernener­ E-Werks äußerst wichtiger Parameter) im
getik aus) sind notig. Es ist kompliziert, vorigen Jahr 2,7mal weniger als 1985. Bald
solche Reaktoren ohne Schaden für die werden unsere Energetiker die Spannun­
Energieversorgung des Landes auch nur gen, die in unserem Zweig letztendlich
für kurze Zeit außer Betrieb zu setzen. Kt durch ihre Schuld entstanden, beheben.
Außerdem mußte gleichzeitig der Sicher­ Schon sind zwei Blöcke in Tschernobyl in
heitsgrad in mehreren anderen y Betrieb, die Modifizierung der anderen
Kernkraftwerken, die aus den ersten % ‘ Reaktoren dieses Typs wird abgeschlos­
Jahren der Kernenergetik stammen, zu­ sen. Im Entwicklungsplan des Zweigs
sätzlich erhöht werden. Aus diesen Grün­ 1987 ist ein Leistungszuwachs von 15 Mio
den und wegen des Großeinsatzes von kW vorgesehen; das sind 90 Prozent mehr
Kräften und Mitteln zur Beseitigung der als im vorigen Jahr. Kernkraftwerke wer­
Folgen in Tschernobyl wurden 1986 auf den beinahe 50 Prozent des Zuwachses an
den in Bau befindlichen KKW statt der Energieerzeugung sichern.
Die Eisenbahnen helfen den Öl-
geplanten 6,5 Mio hur 3 Mio kW in Betrieb
pipelines Die Havarie in Tschernobyl und die
genommen.
Beseitigung ihrer Folgen wirkten sich
natürlich auf das Bautempo in anderen
Doch damit hatten die Schwierigkeiten
der sowjetischen Elektroenergiewirtschaft Betrieb genommenen neuen Kapazitäten Kernkraftwerken aus. Am Fünfjahrplan für
von 8,5 Mio kW erst an und hatten ihre die Entwicklung der Kernenergetik in der
noch kein Ende. In Transkaukasien und
besonders Was- volle Leistung noch nicht erreicht. UdSSR müssen gewisse Positionen
Miftelasien, wo
Trotzdem war das Land wie gesagt möglicherweise korrigiert werden. Aber
serkraftwerke über 40 Prozent aller
zuverlässig mit Elektroenergie versorgt. der prinzipielle Kurs der UdSSR und der
!
E-Werke ausmachen, wurden die Flüsse !
Wie man jetzt aus amtlichen Berichten anderen RGW-Länder auf wirtschaftlich
im vorigen Jahr seichter. Mittelasien
weiß, hat die sowjetische Industrie den begründete friedliche Nutzung der
2- B. kannte eine solche Wasserarmut bis
Plan von 1986, dem ersten Jahr des 12. Atomenergie in der Brennstoff­
dahin nicht. Im Ergebnis büßten wir dort
Leistungen von über 4 Mio kW ein. Fünfjahrplans, nicht nur erfüllt, sondern und Energiebilanz bleibt—unter
auch übererfüllt. Ohne eine normale Einhaltung aller notwendigen Sicher­
Wir mußten, um das Land mit Strom zu Energieversorgung wäre das undenkbar heitsmaßnahmen und in optimaler Kombi­
gewesen. nation mit dem Betrieb von Wärme- und
versorgen, zusätzlich etwa 60 Md. kWh in
Ver- Wasserkraftwerken.
Wärmekraftwerken erzeugen,
Wie steigerten wir die Leistungen? Vor
gleichsweise: Das kommt der absoluten
allem gestalteten wir den Planungsmecha-
Menge der Elektroenergie gleich, die in
25
"NEUE ZEIT" 6.87
i WELTWIRTSCHAFT

7. Fünfjahrplans der Entwicklung


(1986—1990), dessen Ziel es ist, Wachstum

Im Teufelskreis
und technologische Erneuerung der
Wirtschaft zu beschleunigen sowie die
Lebensbedingungen der armen Bevölke­
rungsschichten zu verbessern.
Der Preissturz bei Erdöl und anderen
Rohstoffen verschlechterte 1986 die
Wirtschaftskennziffern in Malaysia und
Das Jahr 1986 war für die meisten Entwicklungsländer nicht leicht.
Indonesien. Die Geschäftstätigkeit in Sin­
Negativ wirkten sich auf ihre sozialökonomische Lage nicht so sehr
gapur, einem der weltgrößten Zentren der
inländische Faktoren wie vielmehr die schlechteren außen­
Erdölverarbeitung, blieb auf niedrigem
wirtschaftlichen Entwicklungsbedingungen und die durch das Niveau. Die Wirtschaft Thailands dagegen
westliche Finanzkapital verstärkte Ausbeutung aus. entwickelte sich verhältnismäßig stabil.
Die Industrie Hongkongs, Südkoreas und
Taiwans belebte sich merklich. Diese
Nikolai MARKOVv Länder intensivierten rasch die Produktion
und Ausfuhr von integrierten Schaltkrei­
Wegen der enormen Auslandsschulden Nach vorläufigen Schätzungen erhöhte sen, Personalcomputern, Fernsehgeräten,
reagiert die Wirtschaft der Ent­ sich das Bruttoinlandsprodukt In den Videorecordern und sonstigen High-tech-
wicklungsländer selbst auf unbedeutende erdölimportierenden Entwicklungslän­ Erzeugnissen.
Schwankungen der Weltkonjunktur be­ dern 1986 um 3,3 Prozent, was auf die Angesichts der drohenden Verhärtung
sonders empfindlich. Deshalb verschärfte Senkung der ölpreise zurückzuführen ist. des Protektionismus in den kapita­
die 1986 in den westlichen Ländern zu Somit konnten sie ihre Devisenausgaben listischen Zentren erhöhen diese neuen
beobachtende Verlangsamung der Ge­ um 12—15 Md. Dollar einschränken. Im Industrieländer und -gebiete das Ex­
schäftstätigkeit sofort die Währungs- und Jahre 1985 sanken die ölpreise um 4 und portkapital, um sich "durch die Hintertür"
Finanzprobleme der dritten Welt. In den 1986 beinahe um 46 Prozent. Ein Barrel Zutritt zu den Inlandsmärkten der USA,
verschiedenen Gruppen der Staaten (159 I) Erdöl, das 1985 etwa 28 Dollar Westeuropas und Japans zu verschaffen.
Asiens, Afrikas und Lateinamerikas waren kostete, wurde im August 1986 für Die südkoreanische Firma Hyundai etwa
die Auswirkungen unterschiedlich, aber 10—12 Dollar verkauft. Erst als die baut einen Automontagebetrieb in Kana­
besonders schlimm für die erdölexportie­ OPEC-Staaten Ende des Jahres die Förde- da, die Samsung Electronics Co. und die
renden und die am wenigsten entwickel­ rung begrenzten, erhöhten sich die Preise Goldstar Co. errichten Betriebe für die
ten, auf den Export von zwei oder drei auf 18 Dollar. Viele Länder mußten jedoch Montage von Elekironikerzeugnissen in
Rohstoffen angewiesenen Staaten. Die ihre dadurch eingesparfen Devisen nicht der BRD und in Großbritannien, während
Wirtschaftslage der sogenannten neuen so sehr für den Import von Produk­ die Posco 400 Mio Dollar in der Stahlin­
Industriestaaten (Indien, Brasilien, Argen­ tionsmitteln wie vielmehr für die Schul­ dustrie der USA investierte.
tinien, Südkorea, Singapur und einige dentilgung benutzen. Afrika. Das Bruttoinlandsprodukt der
andere) präsentierte sich ebenfalls un­ Die erdrutschartige Ölpreissenkung war afrikanischen Länder nahm 1986 um nur
terschiedlich. Die Rezession in der ein schwerer Schlag für die erdölexportie­ 0;8—1 Prozent zu (1985 waren es 1,4 Pro­
Weltkonjunktur beschleunigte somit die renden Länder. Im vorigen Jahr ging ihr zent). Dieser gemeinsame Tempo­
Differenzierung in den Entwicklungsni­ Bruttoinlandsprodukt um durchschnittlich rückgang ergab sich aus der abflauenden
veaus der Länder der dritten Welt. Die 1,5 Prozent zurück (gegenüber einer Geschäftstätigkeit in den nordafrika­
Verschuldung verschärfte sich Zunahme von 2,1 Prozent 1985). Der nischen Ländern sowie aus dem Produk-
hauptsächlich deshalb, weil sich die Han­ Exporterlös der OPEC-Länder sank
tionsrückgang in Nigeria, auf welches 40
delsbedingungen verschlechterten und 1986 auf 81 Md. Dollar (gegenüber
Prozent des gesamten Bruttoinlandspro­
der Nertoabfluß von Ressourcen in die 265 Md. 1980). Im Ergebnis mußten sie die
duktes Schwarzafrikas entfallen.
kapitalistischen Zentren zunahm. etatmäßigen Ausgaben kürzen, Import,
Zugleich war eine relative Verbesse­
Investitionen und Bauwirtschaft drosseln.
rung in der Landwirtschaft der afrika­
Selbst die nahöstlichen Monarchien sahen
nischen Länder südlich der Sahara zu
Ungleiche Entwicklung sich wegen der geringeren Gewinne aus
beobachten: Laut vorläufigen Angaben
dem Export gezwungen, ihre
stieg ihr Bruttoinlandsprodukt 1986 um
Die Wachstumsrafen des Bruftoin- Wirtschaftsprogramme durch Kürzung ih­
2,6 Prozent (gegenüber 2,4 Prozent 1985).
landsprodukies der Entwicklungsländer rer Kapitaleinlagen im Ausland zu finan­
sanken von 2,5 Prozent 1984 auf 2,2 Pro­ Dagegen litten Angola, Äthiopien, Mo­
zieren. So gingen die Guthaben Saudi-
zent in den Jahren 1985/86. Folglich cambique und Sudan (Gesamtbevölke­
Arabiens im Ausland zwischen 1982 und
waren sie in den beiden letzten Jahren Anfang 1986 von 150 Md. auf 90 Md. Dol­ rung: 80 Millionen) auch weiter unter
niedriger als die natürliche Bevölke­ lar zurück. akutem Nahrungsmittelmangel. Die Zu­
rungszunahme. In 49 von 83 Ent­ Süd- und Südostasfen. Die in den spitzung der Lage im Süden Afrikas
wicklungsländern, über die Statistiken wegen der bewaffneten Provokationen
letzten zwei Jahren günstigen Witte­
vorliegen, erhöhte sich das Bruttoprodukt rungsverhältnisse ermöglichten gute f®!’ RSA bewirkte eine Zerrüttung der
pro Kopf der Bevölkerung 1985 nicht , 'rt Schaftsbeziehungen der
Ernten bei den wichtigsten Nutzpflanzen
Frontstaaten", was für sie einen
bzw. ging es zurück. Auch die Zahl der und trugen zu einem stabilen Wachstum
Länder, in denen die Konjunktur abflaute, jährlichen Verlust von rd. 2 Md. Dollar
der gesamten Produktion in den Ländern
bedeutet.
nahm merklich zu. Ein Wirtschaftswachs­ Südasiens bei. Nach vorläufigen Schätzun­
tum war im vorigen Jahr nur in einigen gen stieg das Bruttoinlandsprodukt dieser Lateinamerika. Diese Länder, die mehr
großen Ländern — Indien, Brasilien, Ar­ Lander 1986 um 4,5—5 Prozent. als andere Entwicklungsstaaten verschul­
gentinien, Pakistan, Ägypten — zu ver­ Ebensolche Wachstumsraten werden im det sind, versuchten zwischen Inflation i
zeichnen. Dort lagen die Wachstumsraten Finanzjahr 1986/87 (es endet im März) in rü * W chaftsröckgang zu manövrieren-
: des Bruttoinlandsproduktes zwischen der Wirtschaft Indiens erwartet, Dorf aut Vorschätzungen stieg das Bruttoin-
5 und 10 Prozent. begann die | 'an,dsPf°dukt der Region 1986 um
Verwirklichung des
26 Prozent (1985 waren es 2,8 Pro*
k;
"NEUE ZEIT" 6-87
zent). Die Vergrößerung ist hauptsächlich rika durch neue Importquoten, rigoro- blieben erfolglos. Indien, Brasilien, Nige­
Brasilien und Argentinien zu verdanken. sere Anforderungen an Qualität und ria und weitere sieben Entwicklungslän­
Brasilien erlebte einen Wirtschafts­
Hygienenormen, durch erzwungene Ex­ der traten dagegen auf, daß der Handel
boom, sein Bruttoinlandsprodukt stieg
portverminderung und sonstige protektio­ mit Waren vom Handel mit Dienstleistun­
um fast 10 %• Trotz verschlechterter
nistische Maßnahmen. Nach UNCTAD-An- gen abhängig gemacht wird. Die
Weltkonjunktur stimulierte die Regierung
gaben erstreckten sich diverse mengen­ "Öffnung" des Dienstleistungssektors für
Produktion und Export, um die Schulden
mäßige Beschränkungen 1984 auf 34 Pro­ die TNK-Expansion kann sich außerdem
ohne Schaden für das Wirtschaftswachs­
zent des Exports der Entwicklungsländer. für neue Zweige der nationalen Industrie
tum tilgen zu können. Der Preisstopp
In den letzten Jahren errichteten die (Informations- und andere Technik) als
bei den Waren des Grundbedarfs un- kapitalistischen Industrieländer zu­ verderblich erweisen. Brasilien z. B. ver­
terdrückte die Teuerung und bewirkte sätzliche Schranken für die Einfuhr vieler bot 1984 die Einfuhr von Minicomputern,
einen Anstieg von Konsumtion und In­ Industrieerzeugnisse (Stahl, Kraftwagen, so daß ihre Produktion im Lande selbst
dustrieproduktion. Aber die Angst vor
einer Oberhitzung der Wirtschaft und vor
der Inflation zwang die Regierung Ende Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung
I
I
des Jahres, die Geschäftstätigkeit einzu­
dämmen.
(Wachstum des Bruttoinlandsproduktes in Prozent zum Vorjahr) i
Der Rückgang der Nachfrage nach den
I
wichtigsten Exportwaren (Getreide und 1980-1983
Fleisch) und ihre Verbilligung drückte die (im Jahresdurch­ 1984 1985 1986* ;
Deviseneingänge Argentiniens um mehr schnitt) !
als 20 Prozent nach unten. Trotzdem
gelang es der Regierung, die Konjunktur Alle Entwicklungsländer 0,5 2,5 2,0 2,4
durch Ausländsanleihen anzukurbeln und
die Inflation in Grenzen zu halten. Nach
einer 4prozentigen Senkung Lateinamerika -U 2.9 2,3 3,2
1984/85 stieg die Bruttoproduktion des Nordafrika U 3,3 2,3 1,5
Die übrigen Afrika­
i
Landes 1986 um 5 Prozent.
Mexikos Exporterlös schrumpfte länder (ohne Nigeria) 1,3 1,4 2,4 2,6
1986 wegen der sinkenden Erdölpreise Südasien 4,7 4,2 5.0 5,0 ;
Ostasien 5,5 5,8 2,6 3.8
beinahe um V Md. Dollar. Das Land konnte
seine Schulden nicht bezahlen, und die
!
i
Regierung mußte außerordentliche
’ Schätzung
Maßnahmen zur Drosselung von Import,
Inlandsverbrauch und Investitionen
i
ergreifen, im Ergebnis verminderte sich
i
das Bruttoiniandsprodukt um 4 Prozent.
Auch Venezuela, der andere große Erd­ Schiffe, Haushaltelektronik, Kleidung, rasch angebahnt wurde (der Umsatz in :■

ölexporteur, erlebte im vorigen Jahr Schuhe). So nahm der US-Kongreß einen diesem Zweig beträgt gegenwärtig eine ;
eine wirtschaftliche Rezession. Chiles Gesetzentwurf an, der die Importbedin­ Milliarde Dollar im Jahr). Washington
Wirtschaftslage blieb schwierig. In Peru gungen erschwert und den Zugang von reagierte gereizt und forderte von der
trug das antiinflationistische Regie­ Waren aus den Entwicklungsländern zum brasilianischen Regierung 1986, das Ver­ !
rungsprogramm zur Belebung der Ge­ amerikanischen Markt an Zugeständnisse bot für den Import von Minicomputern
schäftstätigkeit bei: Nach vorläufigen dieser Länder an transnationale Konzerne aufzuheben: Sonst werde man die Ein­
Angaben nahm das Bruttoinlandsprodukt knüpft. Der Beschluß der US-Administra­ fuhrquoten vermindern und die Zölle für
dort 1986 um 4 Prozent zu. tion, die Zölle für Erdöl aus Lateinamerika brasilianische Waren erhöhen. !
zu erhöhen und zusätzliche Beschränkun­
Nach heftigen Debatten im GATT
gen für den Zuckerimport festzulegen, ;
Die Preisschere löste dort 1986 heftige Proteste aus.
konnten die Entwicklungsländer durchset­
zen, daß Probleme des Handels mit
Nach Berechnungen der UNO-Konfe- Der Westen versuchte, der driften Welt Dienstleistungen nicht vom Warenhandel
renz für Handel und Entwicklung neokolonialistische Handelsbedingungen direkt abhängig gemacht werden. ‘Ferner
(UNCTAD) beliefen sich die gesamten auch im Rahmen des GATT(Allgemeines erreichten sie, daß die westlichen
Verluste der Entwicklungsländer aus den Zoll- und Handelsabkommen) aufzuzwin­ GATT-Mitglieder bei multilateralen Ver­
Preissenkungen bei Agrarrohstoffen und gen. In seinem Rahmen begann im handlungen keine neuen Handelsrestrik­
;
Bodenschätzen 1981-1985 auf vorigen Jahr die Uruguayer Runde der tionen einführen v/erden. Kurz vor An­
:
rd. 55 Md. Dollar. Bis 1985 fielen die multilateralen Handelsgespräche (siehe bruch des Jahres 1987 verstießen die USA
Rohstoffpreise um 12 Prozent und er­ auch NZ 49/86, S. 26). Sie sind insoweit faktisch gegen diese Übereinkunft. Das
reichten den Tiefststand des letzten bemerkenswert, als es um eine langfristige Weiße Haus gab bekannt, daß es die Zölle
halben Jahrhunderts. Obwohl sich die Verbesserung des Handels und der Devi­ für einige Importwaren aus Mexiko, Brasi­
Preissenkung bei Rohstoffen 1986 ver­ sen- und Währungslage der Ent- lien, Singapur und anderen Ent­
langsamte (sie gingen um nur 1,5 Prozent wicklungsländer geht. Doch setzt der wicklungsländern zu erhöhen gedenke.
zurück, während die Ölpreise auf den Westen den Hauptakzent innerhalb des Das würde ihren Exporterlös um insgesamt
Stand von 1973 absanken), schnellten die GATT auf die Liberalisierung des 2 Md. Dollar vermindern.
Preise für die von diesen Ländern einge- Welthandels. Der jährliche Welthandel
Ungleichberechtigter Handel mit dem
führten Industriewaren um 17 Prozent mit Dienstleistungen, worin die transnaiio-
Westen ist nicht das einzige, was die
hinauf. nalen US-Konzerne besonders starke
Entwicklung der jungen Staaten hemmt. I n
Zu den verhängnisvollen Auswirkun­ Positionen haben, erreicht 500 Md. Dollar
den 80er Jahren kamen das schneite
gen dieser Preisschere auf die Wirtschaft (rd. ein Viertel des gesamten kapita­
Anwachsen der Auslandsschulden und die
der Entwicklungsländer kommt hinzu, daß listischen Welthandels mit Waren).
Last des Wettrüstens hinzu. Aber darüber
die Zentren des Weltkapitalismus ihren
Die US-Versuche, die Verhandlungen im nächsten Heft.
Protektionismus verstärken. In den letzten
im GATT als Mittel zur Unterwanderung
Jahren beschränken die westlichen Länder
der Märkte der dritten Welt zu benutzen.
die Einfuhr aus Asien, Afrika, Lateiname-

"NEUE ZEIT" 6.87 27


-m £C&Tr' II
1,1JLJL J. © • *

Gespräch mit Regisseur Tengis Abuiadse über seinen Film "Sühne"

"Sagen Sie, Tengis Abuiadse, ist Dikta­ Gestalt, die die Aussagekraft einer Maske
tor Warlam, den der Schauspieler Macha- erreicht. Es ist schon seltsam: Je mehr man
radse in Ihrem Film verkörpert, eine verallgemeinert, desto konkreter ist die
verallgemeinerte Gestalt, ein Modell des Rezeption.
totalitären Herrschers? "Ich glaube aber, daß es Ihnen hier
Oder sind hier historisch und national nicht darum ging, das auf der Leinwand
Konkretes, Prototypen aus dem Leben Dargestellte zu einer Abstraktion
wichtiger? Warlam trägt ja den geor­ hochzustilisieren, von realen Lebens-
gischen Familiennamen Arawidse, der erscheinungen, von jenen furchtbaren
ganze Film handelt von drei Generationen Kapiteln unserer Geschichte loszutrennen,
einer georgischen Familie (Vater, Sohn deren Erkenntnis die rücksichtslose, grau­
und Enkel)." same und zugleich läuternde Wahrheit
der 'Sühne' zum Leben erweckt. Die
Tengis Abuiadse. Arawidse ist ein von
uns erfundener Name, so einen geor­ unumstößliche Wahrheit, wenn auch in
gischen Familiennamen gibt es nicht. phantastischem Gewand."
T. A. Das Böse, das die Macht ergreift —
"Arawidse" kommt vom georgischen
"ara-win" (nicht vorhanden): Warlam das ist die Sackgasse. Das soziale Obel ist
dermaßen destruktiv, daß es bisweilen Tengis Abuiadse
ist also ein Niemand. Seit Nero können alle
sich selbst straft. Das ist ein Hauptthema
absoluten Herrscher auf einen solchen
unseres Films. "Warlams Zeit" ist an sich
Namen Anspruch erheben. Warlam ist
so absurd, daß man sie auf der Leinwand
eine Sammelgestalt von Schurken und
nur mit den Ausdrucksmitteln des Absur­
Diktatoren aller Zeiten und Völker. Der
den, der Groteske, des Surrealismus oder T. A. In meinem Unterbewußtsein ent­
Schauspieler hat wirklich eine "Maske
der Phantastik wiedergeben konnte. Auf stand er wohl vor 20 Jahren, als ich die
des Bösen" geschaffen.
jeden Fall nicht mit den Mitteln der Arbeit am ersten Teil meiner Fiimtrilogie,
"Hängen die von Rezensenten und
realistischen Filmkunst. dem "Gebet" nach Poemen und philo­
Zuschauern der 'Sühne' so lebhaft disku­
"Wie bestimmen Sie das Genre Ihres sophischen Miniaturen des georgischen
tierten Verschiebungen von Zeit und
Films?” Klassikers Washa Pschawela, aufnahm.
historischen Details, die Projektion der
T. A. Traurige Phantasmagorie, groteske "Das Gebet” wurde 1968 uraufgeführt.
einen Zeitschicht auf eine andere mit
Tragikomödie, lyrische Tragifarce... Unlängst habe ich mir den Streifen nach
diesem Streben nach äußerster Verallge­
"Es gibt im Film auch nicht wenig vielen Jahren wieder angesehen. Wenn es
meinerung zusammen? Das Auffälligste:
Exzentrik, Komisches und Satirisches, nach mir ginge, würde ich die Trilogie
handelnde Personen in modischen Klei-
nicht wahr? Schon die Szene, die das Sujet heute in dieser Reihenfolge vorführen:
dem von heute, daneben Leibwächter in
in Bewegung setzt, das Ausgraben War­
Harnisch und mit Hellebarde; Autos und zuerst den "Baum der Wünsche"
lams Leiche als merkwürdige, alptraum­
daneben alte Pferdewagen. In den Ge­ (1977 gedreht), dann die "Sühne" und als
ähnliche Form der Rache, die die Heldin
richtsszenen sehen wir Richter in mittelal­ Finale "Das Gebet". So aktuell wirkt
da wählt. Sie rächt sich an Warlam für ihre
terlichen Roben, während sich der dieser Film.
im Terror umgekommenen Eltern, für
Staatsanwalt nicht von einem Rubik- Das Leitmotiv ist die Gefährlichkeit,
andere schuldlos Bestrafte, für ihr eigenes
würfe) trennt". Verderblichkeit von Feindschaft und
gescheitertes Leben. Sie meint, daß War­
Argwohn, die Wurzeln der verderblichen
T. A. Natürlich war das Absicht. Aber lam nicht begraben werden dürfe, daß in
Macht des Bösen, von Vorurteilen und
ich bin nicht der ersiel Nehmen Sie die diesem Fall begraben gleich vergeben
Trägheit. Der Dichter betet zu Gott, ihm
europäische Malerei der Renaissance sei. Deshalb geht sie Nacht für Nacht mit
den Durst nach Gutem für immer zu lassen,
oder des Barocks: lauter nach Italien oder einer Schaufel zum Grab. Sie müssen
damit er diesen Durst auch am Sterbebett
Holland verlegte biblische Motive. zugeben, das ist ein sehr ungewöhnliches,
nicht als noch ungestillt empfinde. "Das
Ursprünglich befanden sich im Ge­ skurriles Motiv."
Schöne im Menschen darf nicht sterben :
richtssaal, wo der Prozeß gegen Bürgerin T. A.Und doch habe ich meine Fabel aus
Diese Worte Pschawelas, eines Genies
Ketewan Barateli läuft, auch unsere Ahnen dem Leben. Einmal hörte ich von folgen­
und Propheten, wurden für mich zum
Adam und Eva, und zwar in der Auf­ der wahrer Begebenheit: wie jemand in
Leitgedanken des Films.
machung, die ihnen gewöhnlich ange­ einem Dorf in Mingrelien einen soeben
Feindschaft ist zerstörerisch und zähle­
dichtet wird. Sie waren nicht einfach Bestatteten ausgegraben und gegen das
Haustor seiner Verwandten gelehnt hatte. big. Wer ist der Feind? Pschawela erzählt
"Zeichen", sie mischten sich in die
von der ewigen Feindschaft zwischen
Handlung ein. Ihre Anwesenheit sollte Welch ein furchtbares Verbrechen mußte
dieser Verstorbene begangen haben, Moslems und Christen, die in gleichen
betonen, daß die Dramen und Tragödien,
damit seine Dorfnachbarn so etwas tatenl Gebirgsdörfern leben. Für ihn aber gibt es
die sich im Film abspielen, ewig sind und
in dem Konflikt weder Schuldige noch
immer (ich fürchte, auch in Zukunft!) "Das ist aber nur ein Kunstgriff, das
Schürzen des Knotens, und im weiteren Schuldlose, die Feindschaft selbst ist
geschehen werden, sozusagen angefan­
erfahren wir Warlams Geschichte, die tragisch. Die Handlung spielt deshalb
gen mit dem Sündenfall. Wir mußten
Geschichte seiner Schuld, der Verbrechen "niemals und immer", in alten Zeiten und
Adam und Eva streichen, weil sich der
seiner Diktatur — Rechtsbrüche, Repres­ zugleich zu Beginn unseres Jahrhunderts,
i Film übermäßig in die Länge zog.
salien, Verhaftung Unschuldiger, Un­ als Washa Pshawela lebte.
Wo die Handlung spielt? Nirgendwo
und überall. Niemals und immer. Daher terdrücken und Schikanieren von 'Die einleitenden Bilder des 'Baums der
Wünsche’
die beabsichtigte "Unverträglichkeit" von Künstlern — gleichsam in der Retrospekti­ T, setzen wahrscheinlich das
Merkmalen des Alltags, daher die maxi­ ve. Wann dachten Sie zum erstenmal an nema des 'Gebets' direkt fort? Ich meine
male Verallgemeinerung von Warlams einen solchen Film?" Szenen mit dem weißen Pferd, die
inzwischen beinahe Klassik gew orden
1Z
Er "NEUE ZEIT" 6.87

s'
Mil« . r
sind. Auf einem Feld, das der Sage nach
Wir drehten schnell und einträchtig. Nach georgischen Sagen ergreifen Teufel
vom Blut ehemaliger Schlachten getränkt Vieles entstand direkt bei den Aufnah­ von einer verlassenen Kirche Besitz,
ist, verröchelt ein herrliches Roß. Das Bild men, kam aus dem Stegreif. Ich hatte Diese Gestalten und Motive sind nicht
der blühenden Frühlingswiese hüllt sich in prächtige Kameraden und Kollegen, be­ einfach Groteske oder Surrealismus, sie
einen unheilvollen Dunst: eine Metapher gabte Schauspieler. Den Kameramann gehören zum Inhalt. Auf eine andere
der Macht des Bösen, die sich auf die Michail Agranowitsch hatte ich aus Mos­ Weise hätte ich die absurde Wirklichkeit
nächsten Generationen überträgt. Meines kau eingeladen, er ist ein Meister seines von "Warlams Zeit" nicht wiedergeben
Erachtens ist nicht nur 'Das Gebet', Fachs, ein hellhöriger Künstler und herr­ können. Wie hätte ich z. B. das beinahe
sondern auch 'Der Baum der Wünsche' licher Freund; der Szenograf war Georgi phantastische, unglaubwürdige Verhör
heute absolut aktuell. Im vorigen Septem­ Mikeladse, um den sich alle Regisse ure in Sandros in Warlams "Amt" ohne einen
ber war ich auf einem Treffen miTGraham Tbilissi reißen. Besonders erwähnt sei der weißen Flügel, ohne Mendelssohns
Greene an der Journalistik-Fakultät der Maskenbildner G.' Barnabischwili, er schuf Hochzeitsmarsch und ohne die Themis in
Moskauer Staatlichen Universität. Der die Maske Warlams und die des Abel, der Gestalt eines hübschen jungen Mädchens
Schriftsteller war eben aus Tbilissi zu­ zweiten Rolle Macharadses. Im Film gibt mit einer Waage in der Hand und mit den
rückgekehrt, wo er Ihren 'Baum der es keine Kulissen, alles ist echt, alles verbundenen Augen aufnehmen können?
Wünsche' gesehen hatte. 'Das ist ein Natur. Wie hätte ich das Abstruse des "Warla-
großer Film', sagte er und bedeckte für "Und die Szene auf dem Bahnhof, die mismus" dem heutigen Zuschauer vermit­
einen Augenblick die Augen mit der die Zuschauer immer erschüttert: wie teln können, jener Zeit, der der mutige
Hand, um seine Bewunderung zu betonen. Frauen an Baumstämmen aus der Taiga und aufrechte Bürger Michail Korischeli
Bei uns ist es nicht üblich, 'unseren nach Namen ihrer Verwandten, politischer sich selbst bezichtigt und behauptet, ein
eigenen' Künstlern so etwas zu sagen, wir Verbannter, suchen?" "Agent von Pontos" gewesen zu sein, den
sind es gewöhnt, allenfalls ein paar T. A. Wir drehten diese Szene in Batumi
;
Auftrag, "einen Tunnel von Bombay nach
süßsaure Komplimente zu verabreichen. im Spätherbst, direkt an den Gleisen in London zu graben", erhalten und viele
.
i
Aber ich darf annehmen, daß der große der Stadt, in der Nähe des Meeres. Wir Tausende organisierte "Feinde des Vol­
Greene (von ihm darf man ruhig 'groß' schnitten die natürlichen Geräusche, das kes" angeführt zu haben? Die absurde,
sagen!) keine schönen Worte macht. Er Rattern von Rädern, das Eisenscheppern, phantastische Wirklichkeit erfordert ent­
Gebell, Stimmen und Getrappel mit. Der
!
meinte v/ohl nicht nur das hohe künstle­ sprechende Ausdrucksmittel.
rische Niveau des Films, sondern vor allem Komponist Gija Kantscheli sagte, nachdem "Die 'Sühne' läuft in Moskau mit.
dessen aktiven, leidenschaftlichen Huma­ er die aufgenommene Szene gesehen atemberaubendem Erfolg, der alle Erwar­
nismus, das tiefe Mitgefühl mit den Opfern hatte: "Ich habe da eine Musik, ihr könnt tungen übertrifft. Offenbar kommen die
der Willkür. Denken wir an das tragische sie vielleicht gebrauchen." Und gab uns vom Film angesprochenen Probleme,
Schicksal der jungen Marita im 'Baum der ein Tonband. Was das war, weiß ich bis sein sozialer und moralischer Gehalt,
Wünsche', die nicht den geliebten, aber heute nicht. Hat er das geschrieben? Oder sein eindeutiges Engagement zur rechten
armen Mann heiratet, sondern einen ihr jemand anders?.. Diese Musik haben wir Zeit. Die Aufführung der 'Sühne' ist für
Fremden, daran, wie die ehrpusseligen jetzt im Film. Geräusche und Text mußten
die sowjetischen Filmschaffenden ein
Donnachbarn sie an den Pranger stellen." weg. Alles ist auch so klar.
ermutigender Beweis dafür, daß sich in
T. A. Ich wage nicht, den von mir "Die Musik gibt durch geheimnisvolle
unserer Gesellschaft, unserer Kultur,
hochgeachteten Graham Greene zu kom­ seltsame Klänge unbekannter Instrumente
auch unserer Filmkunst, verheißungsvol­
mentieren, den ich leider nicht sehen die erstaunliche Stimmung der Szene, das
konnte. Natürlich fühle ich mich sehr Irreale einer Traumvision wieder.
le, von Erneuerung zeugende Wandlun­ i
gen vor sich gehen. Es gibt jedoch
geschmeichelt und bin ihm für seinen Aber kann das wahr sein? Sind so große
Ausstattungskomplexe wie eiv/a das Haus Zuschauer, die sagen: Wozu die Vergan­
Worte dankbar. Was den "Baum der
Wünsche" angeht, so entwächst dieser des Malers Sandro Barateli oder die genheit hervorholen, vorbei ist vorbei. ;
Film dem "Gebet", bildet einfach den Kirche Unserer Heiligen Jungfrau, in der Wie denken Sie darüber?" !
sich ein Labor für Hochfrequenzgeräte T. A. Ich würde darauf Lew Tolstoi i
zweiten Teil der Trilogie.
Diese Verfilmung der poetischen Prosa befindet, keine Aufbauten, sondern zitieren. Hier, was er in seinem Artikel
Außenaufnahmen?" "Nikolai Palkin" schrieb: "Wozu erinnern?
des bekannten georgischen Schriftstellers
Georgi Leonidse hat das gleiche Thema T. A. Natürlich. Baratelis Haus ist die Wenn ich eine schlimme, gefährliche
Museumswohnung der ausgezeichneten Krankheit durchgemacht habe und von ihr
zum Vorwurf: Verderblichkeit von
georgischen Malerin Jelena Achwlediani geheilt oder genesen bin, werde ich mich j
Feindschaft, von Gewalt, die der Persön­
in Tbilissi. Die Kirche, die vom 6. Jahrhun­ daran stets mit Freude erinnern. Mich
lichkeit angetan wird. Feindschaft wirkt
dert datiert (die Wandmalereien sind dagegen nicht daran erinnern werde ich
verheerend. Wer in unserem Film war
späteren Datums), steht noch heute in nur dann, wenn ich krank bin, genau so
gegen Marita? Eigentlich niemand, alle
Batumi. krank oder noch schlimmer, und wenn ich
"meinten es gut mit ihr". Der Dorfälteste
"In diesem Zusammenhang noch ein mich selbst betrügen möchte."
spricht sogar im Namen von Geschlecht,
wichtiges Moment. In der Kirchenszene "Nach der Aufführung der 'Sühne' in
Nation und der Massen, vertritt gleichsam
hört man im Radio das Interview mit den Kinos und im Fernsehen Georgiens !
die Interessen "aller": Die Georgier seien
ein kleines Volk und brauchten eine Albert Einstein, das er vor seinem Tod gab und nach der Moskauer Uraufführung
gesunde Nachkommenschaft. Deshalb und das wir als Testament des großen folgen gewiß weitere Aufführungen
müsse Marita in ein reiches Haus einheira- Wissenschaftlers betrachten dürfen. Das auch in anderen Städten und Republi­
ten, einen guten Mann bekommen, ein Interview ist kaum zu Ende, da wird sofort ken der UdSSR sowie im Ausland?"
!
i

gutes Geschlecht gründen. Alles endet Unterhaltungsmusik übertragen, eine Mu­ T. A. Möglich.
mit dem tragischen Tod der Heldin. Das sik zum Nicht- Denken-Können. Und vor "Wir haben uns alle sehr gefreut, als
dem Interview, worin Einstein die
Thema des "Baums der Wünsche" ist die die beiden ersten Filme der Triologie ::
Sehnsucht nach verlorener Harmonie und Menschheit vor einer atomaren Weltka­ preisgekrönt wurden: 'Das Gebet' auf
die Wiedererlangung jener Harmonie, die tastrophe warnt, bemerken wir in der dem Internationalen Festival in San Remo
der menschlichen Natur innewohnt. Kirche unter den riesigen Exponaten der (Grand Prix), 'Der Baum der Wünsche'
"Dieses Thema geht ins Finale der technischen Ästhetik eine Gestalt aus mit dem italienischen David-Donatello-
Trilogie über, nicht wahr? Wann begannen Hieronymus Bosch: eine Frau in blaugrü­
Preis. Wird der Film wirklich nach
Sie die Arbeit an der 'Sühne'? Wie nem Kleid, die rasch vorbeigeht. Sie
Cannes gehen, wie es heißt?"
arbeiteten Sie am Film?" schleppt einen langen Schwanz hinter sich
her, auf ihrem Kopf liegt ein dickes Buch, T. A. Wir hoffen es. Gegenwärtig
T. A. Mit dem Drehbuch begannen
und auf dem Buch sitzt eine Ratte: das fertigen wir eine Kopie für Frankreich,
wir—Nana Dshanelidse, Reso Kwesse-
Motiv des Gelehrten, der sich selbst mit französischen Untertiteln, an. Ich
fawa und ich— 1981, im Jahr darauf war
verschlingt. Warnung ist für mich ein möchte sehr, daß der Film auch beim
es fertig. Die Dreharbeiten dauerten
faktisch fünf Monate. Im Dezember ebenfalls wichtiges Thema des Films. anspruchsvollen Publikum im Ausland
1984 wurde der Film abgeliefert, das steht Die Gestalt der Frau mit dem Rat­ ankommt. Aufgezeichnet von
auch im Vorspann: Grusija-Film 1984. tenschwanz hat auch einen anderen Sinn: "Viel Erfolg!" Neja SORKAJA

"NEUE ZEIT" 6.87 29


DISKUSSION !
MIT DEM LESER Ich wohne am Schwarzen das
großem Interesse lese Ich Ihre Zertsc: r unbcd5ngi auf dem
Weltgeschehen, darüber muß man he 9 rbafsc^ov/s Rede

er
Rundfunkprogrammen^angebote^^amUch^ -£ £
dTe
Austausch von
UdSSR Sendungen der "Stimme
zu hören imstande sein
die Amerikaner dafür Radio Moskau englisch
werden. Ich möchte wissen, ob die Sache angelaufen is? oder o , ..
Amerikaner das Angebot zurückgewiesen haben.

Igor STQUAROV/
Odessa, Ukr. SSR

Überlegenheit der amerikanischen wir stellen die Störung der 'Stimme


Gesellschaftsordnung und daran glau­ Amerikas' ein, und Sie bieten uns die
ben zu machen, daß die amerika­ Möglichkeit, in Ihrem Land oder ir­
Es diskutiert nischen Pläne für einen Krieg mit gendwo in der Nähe Rundfunksendun­
Alexander JEWSTAFJEW weltraumqestützten Kernwaffen gen für die USA in Gang zu bringen,
Yizevorsitzender des damit sie die Bevölkerung Ihres Lan­
friedlich seien.
Staatlichen Rundfunk- und
Dieser Superaufgabe ist selbst die des erreichen."
Fernsehkomitees der UdSSR
versierte "Stimme Amerikas" immer Ich finde, das wäre nur gerecht,
Ich erinnere: Michail Gorbatschow weniger gewachsen. Die Hörer sind denn wenn die Amerikaner Radio
schilderte am 22. Oktober v. J. in nicht mehr so leichtgläubig. Mit ihrem Moskau auf ihren Mittelwellen hören
seiner Fernsehrede seinen Mei­ kritischen, selbständigen, mit objekti­ könnten, hätten sie die beste
nungsaustausch mit Ronald Reagan ven Informationen gewappneten Den­ Möglichkeit, die Wahrheit über die
über Rundfunkinformationen und sag­ ken unterscheiden sie die Wahrheit Vorzüge und Unzulänglichkeiten un­
te, der Präsident habe versprochen, von politischer Fiktion, sozialer Dem­ seres Lebens, über unsere Freuden
die Sache zu erwägen. Ich behaupte agogie, ideologischer Vorspiege­ und Ärgernisse, über unsere außen­
nicht, daß er das Versprechen halten lung. Wir meinen es ernst, wenn wir politischen Absichten und unsere

Parität auch im Äther


wird, schon deshalb nicht, weil die sagen, daß wir bereit und bestrebt Einstellung zu Amerika und den Ame­
Amerikaner viele bedeutend wichti­ sind, verschiedene Auffassungen, auch rikanern regelmäßig zu erfahren. In
gere Reykjaviker Vereinbarungen zur bürgerliche, unseren Anschauungen die Mauer der politischen Unwissen­
nuklearen Abrüstung fallengelassen gegenüberzustellen und sie ver­ heit, hinter der das Denken der
haben. Überhaupt hat die US-Admi- gleichend zu analysieren. Wir sind amerikanischen Öffentlichkeit gehal­
nistration jetzt "andere Sorgen": we- bereit zu einem ehrlichen Streit ohne ten wird, der man einreden will, daß
gen ernster außenpolitischer Hintergedanken, ohne Voreingenom­ Du, Igor Stoljarow, und andere Jun-
Fehlschläge, skandalöser Enthüllun­ menheit und den Drang, die An­ gens wie Du das herrliche Amerika
gen unsauberer Geld- und Waffen­ dersdenkenden "einzuwickeln". Als
besetzen werden, wäre dann eine
geschäfte, bedrohlicher Anzeichen Erdenbewohner müssen einander alle
Bresche geschlagen.
unausbleiblicher wirtschaftlicher kennen und verstehen.
Auf der anderen Seite gingen wir
Komplikationen, akuter Gegensätze Darum sind beim Informations­
dazu über, die "Stimme Amerikas" zu
mit den Bündnispartnern usw. usf. austausch, vor allem bei dem momen-
hören, in dem aufrichtigen Wünsch,
In dieser Atmosphäre von Lug und tanen über Rundfunk, gleiche Mittel
möglichst viel über Amerika und die
Trug und dieser von der Krise ge­ und Möglichkeiten vonnöten. Heute
Amerikaner und darüber zu erfahren,
zeichneten Situation hat Washington sind sie ungleich. Michail Gor­
worauf sie stolz sind, wessen sie sich
offenbar keine Eile, mit uns von gleich batschow sagte in einer Darlegung
schämen, wie sie arbeiten, wie sie,
zu gleich Informaiionsprobleme so, seines Gesprächs mit Ronald Reagan:
wenn arbeitslos, leben, wie sie sich
wie wir sie in Reykjavik anschnirten, zu "Sie haben die Sowjetunion mit
amüsieren, was sie lesen, was für
lösen, ersiens, weil sich die USA, wie Rundfunksendern eingekreist und sen-
technische Neuerungen sie haben und
Michail Gorbatschow in derselben den in die UdSSR aus Drittländern
wie sie über die Kriegsgefahr denken.
Rede konsiatierie, "zu einer immer rund um die Uhr in vielen Sprachen
alles, was Ihnen in den Sinn kommt. Werden wir das alles hören können?
fesfer abgekapselfen Gesellschaft ent­
Amerika selbst hat den Umstand, daß ^ach den jetzigen Programmen der
wickeln, in der die Menschen listig
wir keine engen Nachbarn sind, be­ Stimme Amerikas" zu urteilen, be­
und wirksam gegen objektive Informa­
zweifle ich das sphr. Fast die halbe
tionen abgeschirmt werden. Das ist ein nutzt, um sich gegen unsere Rund­
Sendezeit ist der UdSSR eingeräumt.
gefährlicher Vorgang." Zweitens, weil funkinformationen auf Mittelwel­
Man sagt uns Dinge, die aus der Luft
man dort noch immer auf die Fähigkeit len — die dortigen Empfangsgeräte
ihrer mächtigen, weitverzweigten, gegriffen sind. Die wirklichen Vor­
haben nur solche — abzuschirmen.
weltumstrickenden gänge erläutert man überheblich und
Falschmeldeme­ Der Präsident hat auch darauf
dien baut, die öffentliche Meinung nichts einwenden können." sagt auch gleich, warum es anders sein
zum eigenen Nutzen zu formen, sie mit Und weiter: "Da habe ich ihm mußte. Mehr noch, man liest uns die
primitiven Unterstellungen an eine vorgeschlagen: Machen wir es so — Leviten, empfiehlt uns, unser System
nach dem amerikanischen Ebenbild

30
"NEUE ZEIT" 6.87

u
Kulturbrücke
"aufzubessern". Tränenselig bringt
man primitivste antisowjetische Ver­
leumdungen. Das alles klingt so, als
Alexander OKSANIN
wären diese Programme die einzige
und glaubwürdigste Information über
unser eigenes Leben.
Allerdings haben es die allwissen- Die Weltbewegung für Frieden und Ansicht nach sehr viel, vor allem helfen,
Abrüstung erstarkt. Die Kulturschaffen­ eine ethische Atmosphäre zu schaffen, in
den Kommentatoren unserer
den und Künstler nehmen in ihr einen der das Wettrüsten und das Aufheizen der
Wirklichkeit letzthin immer schwerer.
besonderen Platz ein. Sie können viel für Kriegspsychose als Verbrechen am Le­
Die Publizität, die demokratische, un- die Völkerverständigung tun, denn die bensrecht der Menschen gelten werden."
verhohlene Erörterung der Ent­ Begriffe "Kultur" und "Frieden" sowie Im Internationalen Jahr des Friedens ist
wicklungsprobleme unserer sozia­ "Kultur" und "das Lebensrecht" sind nicht in Städten der UdSSR und der USA eine
listischen Gesellschaft, die objektive voneinander zu trennen. gemeinsame sowjetisch-amerikanische
Kritik an Fehlern im sozialen, "Mit wem seid ihr, Meister der Kultur?" Musikergruppe aus Kindern aufgefrefen
fragte Maxim Gorki Anfang der 30er Jahre und hat das Stück "Ein Kind der Welf"
wirtschaftlichen und geistigen Leben
die Kulturschaffenden des Auslandes. Der aufgeführt. Die Vorstellungen haben ge­
des Volkes und an denen, die daran
große proletarische Dichter rief seine
i
zeigt, daß die Fragen von Krieg und
schuld sind, die revolutionäre Wende Kollegen, ja alle Kulturschaffenden auf, Frieden der Jugend keineswegs
im Denken der Öffentlichkeit— das gegen Krieg und Reaktion vorzugehen. gleichgültig sind. "Der Leitgedanke so­
alles nimmt den Anwürfen im Rundfunk Die allermeisten entschieden sich für den wohl bei der Musikaufführung als auch bei
die "hypnotische Wirkung", die sie Frieden, denn die Kultur kann nur bei allen unseren gemeinsamen Bemühungen i
noch unlängst auf manche Leute hat­ friedlicher Koexistenz gedeihen. Ander­ ist der, zu zeigen, daß eine Freundschaft
ten. seits trägt die fortschrittliche Kunst zur zwischen den USA und der UdSSR ;
Um es kurz zu sagen, entzieht
Schaffung einer Vertrauensatmosphäre möglich und notwendig ist, daß unsere {
und zum Entstehen einer neuen poli­ Länder in Frieden leben müssen", sagte
unsere Wahrheit denen den Boden, tischen Denkweise bei. S. Croan, Koordinator der Peace-Child-
die in den USA und anderwärts die
Verleumdung der UdSSR zu ihrem
Die Kulturverbindungen der UdSSR mit Stiffung, und S. Arrons von den I
anderen Ländern haben dieses hohe Ziel. ICM-Artists nannte die kürzlichen
Beruf gemacht haben. Ebenso denen, Viele internationale Kulturveranstaltun­ Darbietungen des Moissejew-Ensembles
die d*ese Lügen reichlich bezahlen gen in der UdSSR haben Fragen von Krieg in den USA "ein Fest für die amerika­
und sie als Superv/affe gegen den und Frieden zum Thema. nischen Musikverehrer".
Die fortschrittlichen Künstler des
f!
Sozialismus ansehen. Nicht von unge­ Zu einem bedeutenden Ereignis hat sich Westens steuern zur Rettung der Zivilisa­
fähr messen sie dieser Waffe die das Forum vom Issyk-Kul, ein einzigarti­ tion vor einer nuklearen Katastrophe das
gleiche Bedeutung wie den Kern- und ges Treffen weltbekannter Intellektueller Ihre bei. Der bekannte englische
!
C-Waffen, den weltraumgestützten aus aller Welf, gestaltet. Schriftsteller, Schriftsteller John Brunner, ein reger
Wissenschaftler und andere Persön­
Waffen und Raketen bei. Teilnehmer der Antikriegsbewegung,
lichkeiten des öffentlichen Lebens haben
Wie kürzlich die "Los Angeles sagte folgendes über die Pflicht seiner I
dort über die heutige Menschheit be­ Kollegen: "Im 20. Jahrhundert ist es
Times" schrieb, ist es da kein Wunder,
schäftigenden Fragen, vor allem über undenkbar, Schriftsteller zu sein und den
daß "das Budget der Nachrichten­
agentur der USA(USIA) seit 1980
Frieden und Entspannung, diskutiert. In Fragen von Krieg und Frieden, Leben und i
der Schlußerklärung der Teilnehmer heißt
prozentuell schneller als das Budget es: "Wir hoffen, daß die Saat, die wir am
Tod auszuweichen. Jede Schöpfung der
Literatur und anderer Kulturbereiche muß I
des Pentagons anwächst". Issyk-Kul ausgestreut haben, kräftig auf­ eine Herausforderung an jene sein, die in
Die UdSSR hat die internationale gehen und daß viele Angehörige der ihrem unmenschlichen, grausamen Wesen
freien Berufe in der ganzen Welf in
Konvention über die friedliche Nut­
unseren Bemühungen, eine neue Welt zu
zur Massenvernichtung neigen." ;
Die französische Organisation "Appell
zung des Rundfunks ratifiziert, an der
zahlrreiche Staaten Europas, Asiens,
Afrikas und Lateinamerikas beteiligt
schaffen, wie wir sie erträumen, zu uns
stoßen werden."
der Hundert", an deren Wiege namhafte
Wissenschaftler, Schriftsteller und Schau­
i
Alle sozialistischen Länder setzen sich spieler Frankreichs standen, beteiligt sich i
sind. Und die USA? Sie haben sich der
energisch für den Schutz der Zivilisation aktiv an der Antikriegsbewegung. Beim
Unterzeichnung entzogen. Warum? Nationalen Friedensfestival
vor einer nuklearen Katastrophe und für von
Weil darin die Signatare verpflichtet 1986 wurde ein Aufruf an alle Völker der
den Ausbau der internationalen Zusam­
werden, Rundfunksendungen aus ih­ Welt gerichtet, in dem es heißt: "Wir sind
menarbeit ein. In einer im Oktober
ren Ländern zu verbieten, die zu v. J. vom Außenministerkomitee der fest entschlossen, alles zu tun, um die
Handlungen aufhetzen, welche sich Warschauer Vertragsstaaten abgenalte- Menschheit vor einem Kernwaffenkrieg zu
mit der internen Ordnung oder der nen Sitzung standen auch Fragen des bewahren."
Sicherheit anderer Signatarstaaten Kulturaustausches zur Debatte. Im Kom­ Das internationale Jahr des Friedens mit
nicht vertragen; ebenso darauf zu munique heißt es, daß die sozialistischen seinen zahlreichen Antikriegsaktionen ist
Staaten "für einen erweiterten Austausch zu Ende. Doch die Friedensbewegung
achten, daß Rundfunksendungen nicht
geistiger Werte der Völker Stellung neh­ erstarkt immer mehr und gewinnt immer
zum Krieg oder zu einem Vorgehen neue Millionen Teilnehmer. Die Kul­
men, so daß sie imstande sein werden,
hetzen, das zu einem solchen führen turschaffenden nehmen in ihren Reihen
einander besser zu kennen und zu verste­
kann. hen und leichteren Zutritt zu den Schätzen einen ehrenvollen Platz ein.
Wir halten solche Bestimmungen für der Zivilisation zu erlangen. Sie sind für Ein Sprichwort lautet: Die Musen
die einzig annehmbaren. Washington eine umfassende humanitäre Zusammenar­ schweigen, wenn die Kanonen sprechen.
denkt anders. Wir bemühen uns aber beit." Man muß alles tun, damit auf unserer
Unlängst fand in Sofia das VI. Welttref­ schönen Erde, dieser Oase im Weltall, die
weiter um die Niederlegung der
fen der Schriftsteller unter der Devise Musen niemals schweigen. Die Völker der
künstlichen Schranken gegen
statt: "Die Hoffnung der Erde ist Frieden." Erde wollen es so. Das kommt in dem
Rundfunkinformationen. Wann und
Michail Gorbatschow antwortete auf Fra­ Beschluß der zum Abschluß gelangten
womit das enden wird? Das steht UNO-Vollversammlung zum Ausdruck,
gen der Veranstalter dieses Treffens:
abzuwarfen. "Menschen fragen sich manchmal,' was die Jahre 1988—1997 zum Weltjahrzehnt :
Literatur und Kunst in unserem thermo­ der Kultur zu erklären.
nuklearen Zeitalter tun können. Meiner

"NEUE ZEIT" 6.87 31


SPORT

Der Leader
Der Cheftrainer der CSSR-Eishockeymannschaft, Jan STARSI:
"Geben Sie mir Makarow und Fetissow in die Mannschaft, und
ich besiege einen beliebigen Gegner!"
Der Cheftrainer der kanadischen Olympiamannschaft, Dave
KING:
"Makarow wählt unter diversen möglichen Spielvarianten die
einzig richtige..."
Der beste Stürmer der letzten Jahre von NHL, Wayne GRETZKY:
"Wen ich als Partner haben möchte! Im Angriff zweifelsohne
Makarow."

Sergej begeisterte sich schon


als kleiner Junge für Eishockey. Weltmeisterschaft kehrte Ser-
Er begann in Straßen- gej mit dem Titel des besten
mannschaften. Hauptanzie- Stürmers zurück... '"
hungspunkt für die jungen Ich kann mich an sein erstes
Eishockeyfreunde waren in Spiel in Moskau erinnern. In
Tscheljabinsk stets die einer Episode überspielte er im
Hockeyspieler des Klubs Trak- Stil von Charlamow mit seinem
tor. Der junge Sergej Makarow Tempo zwei Rivalen, dann den
hatte auch zu Hause ein Vor- Torwart und schoß ein herr-
bild: Sein Bruder Nikolai war liches Tor. Dann wurde er im
Verteidiger in einer Spitzen- Traktor in einer Spielsaison der
mannschaft, wurde Weltmeister Angriffsleader.
und verdienter Meister des 1978 nahm ihn der
Sports der UdSSR. Sein anderer ZSKA-Klub auf. Doch in der
Bruder aber, Juri, war viele ersten Saison wollte das Spiel
Jahre als Schiedsrichter bei im besten Team des Landes ren, was Bobrow, Boris Majo- schwedischen Auswahl ein:
Hockeyausscheidungen tätig. dem Neuling nicht recht row, Firssow und Charlamow "Ich habe für meine Spieler
Die Trainer des Traktor wur- glücken. Er mußte sich ent- hinterlassen haben. Heute ist keine Rezepte, wie sie gegen
den auf den Juniorsportler sprechend den sehr hohen Sergej einer dieser (leider we­ die ersten Fünf der
aufmerksam. Eben dort begann Anforderungen des ZSKA nigen) Spieler. UdSSR-Mannschaft spielen sol­
er Eishockey richtig zu lernen. umstellen, bei großen Meistern Makarow besitzt eine benei- len..."
Und bereits damals hatte er lernen — bei Charlamow, Tret­ denswerte Eigenschaft: Auf Makarow besitzt eine einma-
seine eigene Meinung, seine jak, Michailow, Peirow, den Zentimeter genau weiß lige Sammlung von Medaillen
Sicht des Spiels, was er vorbe­ Luttschenko und Zygankow... er — genauer gesagt, spürt und Preisen. Er ist Olympiasie­
haltlos zu verteidigen bereit und dabei seine Identität nicht er — die Größe des Spielfel­ ger, sechsfacher Weltmeister,
war. verlieren. Zudem wechselten in des, das ihm für Manöver und neunfacher Besitzer des Pokals
Die Hauptzüge seines Cha- jenem Jahr Sergejs Partner häu- Pässe bleibt. Würde man das der europäischen Titelinhaber
rakters sind Willensstärke und fig, das aber trägt nicht zur Spielfeld z. B. auf die Hälfte und neunfacher Meister der
Mut. Stabilität des Spiels bei. Doch verringern, dann wäre es für UdSSR. Von den Eishockey­
So geschah es, daß Sergej er gelangte in eine Reihe mit alle schrecklich eng zum Spie­ kommentatoren wurde er zwei­
1983 oft Schulterverrenkungen den Stärksten, und wenig spä­ len. Für alle, außer für die mal zum besten Spieler Europas
hatte. Der Mannschaftsarzt ter gehörte er zu den besten besten fünf Spieler des ZSKA (das letztemal 1986) gewählt,
mußte öfters eingreifen. Eine Spielern. und der Nationalmannschaft, und die Leitung des Internatio­
schwere Operation wurde aus­ Sergej war schon immer da­ unter ihnen aber würden sich nalen Eishockey verbandes
geführt, und ein Konsilium von überzeugt gewesen (und Makarow, Fetissow und Krutow nannte ihn den besten Stürmer
angesehener Mediziner ver­ nicht ohne Grund), daß ihm in am freisten fühlen. Sie verste­ der Weltmeisterschaft 1985. Als
kündete: vier Monate Ruhe, der Mannschaft die Rolle des hen es, geschickt Spielzeit und Mitglied des ZSKA und der
ohne Hockey. Sollte die Leaders und des brillanten Ein­ Raum auszunutzen. _ Nationalmannschaft wurde er
UdSSR-Mannschaft bei der zelspielers bestimmt war. Er ist Erstmals wurden die fünf be­ Sieger von 23 größten interna­
Weltmeisterschaft in der BRD stets bestrebt, dieser Rolle ge­ sten Feldspieler des ZSKA und tionalen Turnieren.
nun ohne Makarow antreten? wachsen zu sein. Doch Maka- der Nationalmannschaft — Fe­ Zugleich studierte er, absol­
In jenen Tagen schauie der rows Verdienst war es vor tissow, Kassatonow, Makarow, vierte die Hochschule. Seine
Trainer W. Tichonow bei Sergej allem, daß er vermochte, sein Larionow und Krutow — bei wenigen freien Stunden ver­
vorbei. Dabei gab er zu verste­ Talent und Können in den dem Pokal Kanada '81 zusam- bringt er unbedingt in der
hen, Sergej werde von der Dienst der gemeinsamen Sache mengefaßt. Seitdem haben die­ Familie. Sein Sohn. der
Mannschaft sehr gebraucht, der Mannschaft zu stellen. se fünf in schwierigsten sechsjährige Artjom, hängt an
und ohne ihn würde sie es Kämpfen gegen die Profis des ihm sehr. Spielt ja Sergej aus-
schwer haben. Und Makarow Im heutigen Eishockey NHL, bei Weltmeisterschaften, gezeichnet Gitarre, zeichnet
kehrte viel früher, als ihm er­ herrscht ein großer Mangel an Olympischen Spielen und inter- und schreibt Gedichte.
laubt war, auf das Eis zurück, erstklassigen Stürmern. Das nationalen Turnieren zu Recht Sergej will lange aktiv im
spielte lange mit verbundener Publikum wie die Experten den Titel der besten nicht nur
Schulter, Wie entsetzlich bringen ihnen die größte Auf- im sowjetischen, sondern im
Eishockey bleiben, doch unter 1
einer Bedingung — wenn er
schwer es war, gegen die merksamkeit entgegen. Wir be- Welteishockey errungen. Vor gut spielt. 5
Schmerzen anzugehen und so geistern uns für jene, die in zwei Jahren gestand Curt
wieder Form zu gewinnen, das ihrem Spiel das Beste forifuh- Lindström, Cheftrainer der
Boris LEWIN
Foto: TASS
is
!S
1
Anschrift: 103782r GSP, Moskau K-6, Puschkinskaja p|. ö
ff
Telefon: 229-88-72, 209-07-67 r

Verlag der Zeitung "Trud" ' Erscheint tn russischer, deutscher, englischer, französischer snani«-h» IC

italienischer, polnischer und tschechischer Sprache * Gedruckt in der Druckerei "Moskowskaja prawda”0rtU^leS*SC*ier'
«
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I
7
;v


Jugendstil aus Hamburg
Der Jugendstil kam En­
de des 19., Anfang des
20. Jahrhunderts auf. Er
hielt sich nicht lange, be­
t. einflußte jedoch alle Kün-
ste einschließlich der Ar­
chitektur.
Im Januar und ' Februar
konnten die Moskauer
nach den Leningradern
eine Ausstellung des Ham­
burger Museums für Kunsl
und Gewerbe unter der
Devise „Historismus und
Jugendstil im Kunstgewer­
be Westeuropas" besu­
chen. Sie wurde im Aus­
tausch gegen eine Aus­
stellung von Silbererzeug-
nissen der Renaissance
und Barockgegenständen
aus den Staatlichen Kreml-
Museen veranstaltet. die
in der BRD stattgefunden
hat.
In den gut 100 Jahren
seines Bestehens sind in
dem Hamburger Museum
Arbeiten von Meistern
der dekorativen Kunst
und des Kunsfgewerbes
aus ollen Erdteilen zusam-
mengetraqen worden. Für
die Aussteilung in der
UdSSR wurden an die
100 Stück ausgewählt:
Kunstgtas von Emil Galle,
dem Erfinder der Glas­
inkrustation. dezenter
Schmuck von Rene Lali-
que (Anfang des 20. Jh.),
Porzellan bekannter Mei­
ster Europas, ferner Mö­
bel, Stoffe, Stickereien,
Gobelins und Metallarbei­
tern

er

2
2

2
33
□ © Richard Luksch, Hamburg 1919. Sitzendes Mädchen. © Frankreich,
etwa 1860. Fächer. © Rene Laliquc, Paris. 1900. Dekorativer Kamm.
D © Böhmen. 1863. Ehrenpokal. © Köln, etwa 1900. Kaffee- und Tee­
service. @ Blick in die Ausstellung.
Fotos: W. Panow

__________________________
:
ü 136 304 542
3 26 6 f A
U1 26 Pf

„MENSCH,
MENSCHLICHKEIT,
KsNMHHEIT“

V/löt} mir Gorovviz

Alexander
Ratnikow
(UdSSR)

Aus dem Zyklus


„Hervorragende
Musiker —
Gäste Moskaus"

i
Paco De Lucia

MHßeKc 70624 HA hemeukom *3biKE

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