2/2019
2019: Edmund-Steinacker-Gedenkjahr
JBG gedenkt einer großen ungarndeutschen Persönlichkeit
Wie der Nietzsche’sche Zarathustra, kam der deutschungarische LdU-Sitzung (Foto: Zentrum.hu)
Feuerbringer zu früh zu seinem Volke. Er zog sich aus der Poli-
tik zurück, ließ sich in Wien nieder und später hier, in Kloster- „Meine Genesung nach meinem schweren Unfall Ende Januar
neuburg. Er blieb aber nicht tatenlos, diese Erfahrungen gaben dauert länger als erwartet, darum trete ich im Interesse der Lan-
seiner Tätigkeit sogar neuen Schwung. Schnell nahm er Bezie- desselbstverwaltung und meiner Gesundheit als Vorsitzende der
LdU ab dem 1. Mai zurück; meine Mitgliedschaft in der Vollver-
hung zum Alldeutschen Verband auf und begann eine Organisa- sammlung möchte ich beibehalten“, teilte Olivia Schubert bei der
tion im Banat und in der Batschka aufzubauen. Resultat dieser Vollversammlungssitzung der LdU am 27. April in Budapest mit.
Erfahrungen waren die Ungarländische Deutsche Volkspartei Über die Nachfolge wird zu einem späteren Zeitpunkt entschie-
1906 und eine Zeitung, der Deutschungarische Volksfreund. den.
Wahrlich, von Anfang an konzentrierte sich Steinacker bei der
politischen Zielsetzung nur auf das Bürgertum, da nach seiner Trotz der Tiefe, die der Tod des vorgängigen Vorsitzenden Otto
Überzeugung diese gesellschaftliche Schicht das Nationalgefühl Heinek verursachte, sei das Wirtschaftsjahr 2018 der LdU plan-
am besten entwickeln kann. Die Partei erlebte ein relativ schnel- gemäß, ohne Liquiditätsprobleme, mit der Verwirklichung neuer
Investitionen, sowie mit der Einführung eines neuen Stipendien-
les Wachstum, landesweit konnte die Partei Kandidaten nomi- programms für Nationalitätenkindergärtnerinnen erfolgreich ver-
nieren, jedoch konnte sie am Vorabend des Ersten Weltkriegs laufen – berichtete die Wirtschaftsleiterin. Das höchste Gremium
nicht erfolgreich sein. Auch im Kreise des europäischen Gesamt- der Ungarndeutschen entschied zudem auch über die Vergabe
auslandsdeutschtums erfüllte er die Rolle des Fackelträgers – so des Direktorposten der Institution Ungarndeutsches Kultur- und
verließ uns vor 90 Jahren, am 19. März 1929, der Klosterneu- Informationszentrum und Bibliothek: Die Stelle wird auch weiter-
burger Eremit auf ewig. hin die bisherige Leiterin, Monika Ambach bekleiden.
Manche heben den Misserfolg im Lebenswerk Edmund Stein- Auch über die Fortsetzung der Renovierung und der Erweite-
rung des Valeria-Koch-Bildungszentrums in Fünfkirchen wurde
ackers hervor. Wir müssen es zugeben, ja, er konnte viele Vor- Beschluss gefasst. Im Bereich Bildungswesen hat man über die
stellungen nicht verwirklichen, aber er war der erste Fackelträger, Möglichkeit der Aufstellung des eigenständigen Ungarndeut-
der erste Volkstribun, der den Wecker im Kopf des deutschen schen Pädagogischen Instituts sowie auch über die Erweiterung
Bürgertums einstellte. Zu Jakob Bleyer pflegte er eine für die Zu- des 2018 gestarteten neuen Stipendienprogramms für Nationali-
kunft mehr als konstruktive Freundschaft. Steinacker gab Bleyer tätenpädagogen eine prinzipielle Entscheidung getroffen.
die Stafette weiter und die Vision Steinackers wurde mit Verän-
derungen, durch Bleyer in Gießform gegossen. Im Rahmen der Vollversammlungssitzung präsentierte die zu-
ständige Arbeitsgruppe die Auswahl der von dem Budget der Ot-
to-Heinek-Nachwuchsförderung finanzierten Projekte. Der Fond
wurde 2018 nach dem Tod des Vorsitzenden ins Leben gerufen.
Obwohl aus der Europäischen Union so viel Geld nach Ungarn Laut dem Mikrozensus 2016 leben etwa 20% der Angehörigen
geflossen ist wie im Rahmen des Marshallplans in das in Trüm- der deutschen Nationalität in der ungarischen Hauptstadt Buda-
mern liegende Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, konnte pest. 2001 lag dieser Anteil erst bei 11,32%, 2011 bei 15,56%.
das Land davon in den vergangenen 15 Jahren aus verschiede- Obwohl wir wissen, dass diese Zahlen wegen der falschen Fra-
nen Gründen nicht viel profitieren. Wie auch im Sonntagsblatt gestellung nicht genau sind (in einigen Fällen stehen sie ganz
berichtet wurde, ist die Branau ein großer Verlierer dieses Pro- fern von der Realität), von Tendenzen können wir dennoch spre-
zesses. Wegen der schlimmen wirtschaftlichen Situation oder chen. Innerhalb von 15 Jahren wurde Budapest zum Zentrum
nach einer anderen Interpretation aus Abenteuerlust sind viele der Ungarndeutschen - statistisch gesehen zumindest. Die Bra-
Ungarndeutsche nach Österreich und Deutschland gegangen nau, wo 2001 noch 23% der deutschen Bevölkerung des Landes
oder zumindest macht ihr Leben das wöchentliche oder monat- lebten (damit belegte die Branau damals den ersten Platz unter
liche Pendeln aus. Natürlich ist dies für das private Leben der den Komitaten), steht nun auf dem zweiten Platz; dort leben nur
Betroffenen von Vorteil (mehr Einkommen pro Monat). Aber für noch etwa 15% der Deutschen. Auf den dritten Platz kommt das
unsere gesamte Volksgruppe ist es eine sehr negative Entwick- Komitat Pesth mit 13,35%.
lung.
Die weiteren Komitate der typischen ungarndeutschen Sied-
2. Ein echtes Feindbild lungsgebiete stecken in einer Abwärtsspirale, außer Raab-Wie-
selburg-Ödenburg (dazu eine Erklärung in einem späteren Arti-
Obwohl ich damit nicht einverstanden bin, dass man ständig ge- kel). Das Beispiel der Tolnau ist am bittersten. 2001 gehörte die
gen “BRÜSSEL” kämpft (ohne in Anspruch zu nehmen, dass wir Tolnau zu den wichtigsten Komitaten aus ungarndeutscher Sicht,
Teil dieses “BRÜSSELS” sind) kann man das Thema nicht über- jeder 10. Deutsche lebte dort. Dank der veränderten Methodik ist
springen oder unkommentiert lassen. Viele unserer Landsleute die Zahl der Angehörigen der deutschen Nationalität in den “an-
rufen Brüssel “STOP!” zu, da sie mit der vermeintlichen oder deren” Komitaten überdurchschnittlich gestiegen, während der
wahren Leistung der EU nicht zufrieden sind. Anteil in der Tolnau um 4% gesunken ist, dies bedeutet, dass die
neue Methodik eine geringere Steigerung für die Tolnau bedeu-
3. Keine Behandlung von Minderheitenthemen auf EU-Ebene tete als auf Landesebene. Dem Mikrozensus nach ist die Situa-
tion noch schlimmer geworden; nur 4,4% der gesamtdeutschen
Nicht aus Versehen unterstützt die JBG als erste Zivilorganisa- Bevölkerung leben dort. Mit Zahlen ausgedrückt: 2001: 6660,
tion des Landes die Initiative “Minority SafePack”. Die Rechte 2011: 11983, 2016: 7870; fast die gleiche Zahl wie 2001! Dies
der autochthonen Minderheiten werden auf europäischer Ebene kann nichts anders bedeuten, als dass das Tolnauer Schwaben-
nicht berücksichtigt, obwohl ein europäisches Minimum wün- tum jedes Jahr weniger wird; dies gilt für alle traditionell deutsch
schenswert wäre. Ein wichtiger Punkt der Initiative war, dass die bewohnten Komitate außer der Branau. Dieser Prozess wurde
von Minderheiten bewohnten Regionen auch wirtschaftlich mehr auch im ersten Artikel dargestellt, aber man muss es nochmal
unterstützt werden, um die Fähigkeit der jeweiligen Region zu betonen: (Auch) Statistisch gesehen befindet sich das ungarlän-
fördern, ihre Bevölkerung zu halten. Am besten wäre es, wenn dische Deutschtum in einer Talfahrt.
es einen EU-Kommissar nur für die autochthonen Minderheiten
gäbe.
Beide Seiten der Liste könnten noch erweitert werden, das Ziel
war nicht, dass man damit eine vollständige Meinung über die
EU vermittelt bekommt. Ganz im Gegenteil: Am 26. Mai wurde „Innenansichten Ungarns“: Vortrag
womöglich entschieden, in was für einem Europa wir und unsere
Kinder und Enkelkinder leben werden. Was sicher ist, dass ohne von Georg Habsburg-Lothringen im
Zusammenarbeit und Kooperation die europäischen Länder auf Kulturzentrum „Haus der Heimat“
der Weltbühne nicht überleben werden.
Freilich nicht unerwähnt ließ Habsburg dabei auch die innen- Univ.-Prof. Dr. Nelu Bradean-Ebinger von der Corvinus-Universi-
politischen Gegebenheiten in Ungarn (Stichworte: Medienpolitik, tät Budapest sprach zum Thema „Quo vadis, Banater deutsche
Verfassungsänderung, „Flat Tax“) seit dem Regierungswechsel Mundarten?“ Der Referent ging auf die Geschichte des Banats
durch Ministerpräsident Viktor Orbán im Jahr 2010 und thema- nach den Türkenkriegen ein, umriss die Ansiedlung des Banats
im 18. Jh. durch Kolonisten aus dem Hl. Römischen Reich Deut-
tisierte darüber hinaus ebenfalls die Geschehnisse im Zuge der
scher Nation und erläuterte die daraus entstandenen Banater
Flüchtlingskrise 2015.
Ortsmundarten.
„Es ist momentan notwendig, dass Ungarn Erfolg dabei hat, mit Literarisch wurde es im Anschluss, als Remo Neusatz das Buch
seiner Politik zu versuchen, die vier Visegrád-Staaten – Polen, des Klausenburger Universitätsprofessors George Achim Das
Tschechien, Ungarn und die Slowakei – zusammenzubringen Wachssieb. Erzählungen aus der Geschichte eines siebenbür-
und eine Art gemeinschaftliche Politik zu entwickeln, wie man die gischen Gebietes („Sita de ceară. Istorii din istoria unui ţinut
Europäische Union reformieren kann“, warf Habsburg abschlie- transilvan“,colecţia Locurile Memoriei [Sammlung Orte der Er-
ßend einen Blick auf die kommenden Europawahlen. innerung], Cluj-Napoca: Editura Şcoala Ardeleană 2017, 498
Seiten, mit zahlreichen Farbbildern versehen) präsentierte. Das
Buch enthält Erzählungen aus der Geschichte eines nordsieben-
bürgischen Gebietes, nämlich jenes um die Region Sathmar. Die
Schriftstellerin und bildende Künstlerin Ilse Hehn/Ulm, Vizepräsi-
dentin des Internationalen Exil-P.E.N. Sektion deutschsprachige
Länder, las unter dem Motto „Raum zwischen den Buchstaben
- verheimlichte Heimat“ aus ihren Werken Gedichte und Kurz-
Wien: BANAT-Abend mit prosa.
Bild-Ausstellung über Temeswar Zum Thema des Abends passend las Josef Szarvas ein Ba-
nat-Gedicht von Hans Dama. In seiner Buchpräsentation ging
Von Harald Diehl Hans Dama auf das Werk von „Nicolae Ivan: Die Geschichte
zweier Jahrhunderte lyrischen Theaters in Temeswar, hg. von
Smaranda Vultur im Verlag Nepsis, Timişoara/Temeswar 2017“
Mit internationaler Beteiligung aus Deutschland, Österreich, Un- (Istoria a două secole de teatru liric la Timişoara. Ediţie îngrijită
garn und Rumänien ging am 22. Mai im Bezirksmuseum Wien-Jo- de Smaranda Vultur. Editura Nepsis Timişoara, 2017“) ein, in
sefstadt die Veranstaltung mit dem Titel Banat-Abend mit einer dem der Autor das Theater- und Musikleben seiner Heimatstadt
Ausstellung über Temeswar über die Bühne. Die vom Verein der akribisch beleuchtete. Anschließend setzte ein Überraschungs-
Banater Schwaben Österreichs und dem Rumänischen Kultur- moment ein: Die aus Temeswar stammende – seit 25 Jahren
verein Unirea in Wien - in Kooperation mit der Österreichisch-Ru- – Wiener Staatsoper-Solistin, Simina Ivan, Tochter des Autors,
mänischen Gesellschaft Wien - mit Unterstützung durch den Be- sang zu Ehren ihrer Eltern die Arie „O mio bambino caro“ aus
zirk Josefstadt getragene Veranstaltung bot ein vielseitiges und Puccinis „Gianni Schicchi“.
abwechslungsreiches Programm. Die Veranstaltung wurde vom
Bezirksrat Michael Hemza, dem Vorsitzenden der Kulturkommis-
sion Wien-Josefstadt, eröffnet. In seiner Begrüßung wurde dar-
auf hingewiesen, dass es nun schon zur Tradition geworden sei,
im Bezirksmuseum Wien-Josefstadt wiederholt BANAT-ABEN-
DE über die Bühne gehen zu lassen.
Die gute Laune wurde von zwei Kapellen besorgt: von der „Lohr
Kapelle“ aus der Tschepele-Insel und von der „Diamant Kapelle“
aus der Branau. Um 21 Uhr ging es los, die beiden Gruppen
wechselten sich ab. Die „Lohr Kapelle“ besteht zurzeit aus 13
Am Jubliäum teilnehmende GJUler Mitgliedern. Dank der Möglichkeit der großen Anzahl der Instru-
mente umfasst ihr Repertoire neben der ungarndeutschen Volks-
Um 14:00 waren schon einige Teilnehmer anwesend, die Freun- musik auch die Tanzmusik, die klassische Musik, die Unterhal-
deskreise machten ihren Stand fertig, alles war bereit, um das tungsmusik, die Schlager-Songs, die Film- und Konzertmusik , ja
Fest beginnen zu können. Dank des guten Wetters konnte das sogar die Discomusik. Das ist von herausragender Bedeutung,
Kulturprogramm im Hof abgehalten werden. Die Multiplikatoren da die Kapelle ihr Programm den Erwartungen des Publikums
der GJU sorgten dafür, dass alles einfach abläuft, sie präsentier- anpassen kann, was diesmal auch verwirklicht wurde. Die „Dia-
ten sich auch mit einem eigenen Stand. Bis zur Eröffnung des of- mant Kapelle“ hat auch ein buntes Angebot an Musik: Zum Re-
fiziellen Programmes spielte die „Lustig auf! Kapelle“. Sie wurde pertoire gehören sowohl Schrammelmusik, ungarndeutsche und
2018 gegründet, mit dem Ziel, die Musikkultur der Ungarndeut- schwäbische Stücke, Oberkrainer, ungarische und kroatische
schen zu pflegen. Die Zusammenstellung der gespielten Lieder Volksmusik sowie populäre Songs als auch Evergreens in meh-
passte auch gut zur Gelegenheit. Die jungen Musikanten mach- reren Sprachen. Sie garantierten das Erlebnis ebenfalls, man
ten gute Stimmung und brachten viele Zuschauer zum Tanzen. konnte nicht sitzen bleiben.
Nach der Eröffnung des Programmes von Bettina Emmert und Der Ball endete spät in der Nacht. Zusammenfassend ist zu sa-
Martin Surman-Majeczki, den Vizepräsidenten der GJU, trat die gen, dass sowohl das Kulturprogramm am Nachmittag als auch
erste Kulturgruppe auf die Bühne: die Juniorentanzgruppe des der Ball am Abend sehr festlich abliefen, es war ein wunderbares
Volkstanzvereins „Kränzlein“ aus Bonnhard. In den vier Alters- Erlebnis, Teil dieser Gemeinschaft zu sein.
gruppen wirken rund 80 Kinder und Jugendliche mit. Sie haben
nicht nur ungarndeutsche, sondern auch ungarische Tänze im
Repertoire und trugen diesmal ungarndeutsche Choreographien
vor.
Der Nachmittag ging mit dem Auftritt der Ungarndeutschen Ein Gastbeitrag von Walter Manhertz,
Tanzgruppe Pußtawam weiter. Die Tänzer trugen verschiedene Mitglied des Heimatwerks
Choreographien vor, nicht nur Polka, sondern auch Walzer. Der
Verein blickt auf eine lange Geschichte zurück: Er wurde vor 46 Am 26. Mai feierte das Werischwarer Heimatwerk sein fünfjähri-
Jahren gegründet, jetzt hat er ca. 40 aktive Mitglieder. Seit 2017 ges Bestehen im ausverkauften Haus der Künste in Werischwar.
sind sie ein Freundeskreis der GJU, deshalb war es von heraus- Um die Hintergründe dieses großen Zuspruchs seitens der Be-
ragender Bedeutung, dass sie unter den Auftretenden zu begrü- völkerung zu erfahren, lesen Sie sorgfältig die nächsten Zeilen!
ßen waren. Die Schnellpolka gefiel dem Publikum am besten,
der Applaus war nicht zu stoppen. Das Kulturprogramm been-
dete der Volkstanzverein „Heimat“ aus Trautsondorf. Er brachte Das Werischwarer Heimatwerk wurde 2014 von ehemaligen Mit-
mehrere bekannte Tänze auf die Bühne, bei denen die Zuschau- gliedern der Werischwarer Tanzgruppe gegründet, um eine Ge-
er auch sangen. Die Tänzer fühlten sich augenscheinlich auch meinschaft mit einem bahnbrechend innovativen Grundkonzept
sehr wohl. Es war eine ganz große Ehre, dass sie so viel gereist aufzubauen. Das Jubiläumsprogramm wurde auf vielen der da-
(Fortsetzung auf Seite 8)
SoNNTAGSBLATT 7
mals festgelegten Standbeine der Gruppe aufgebaut: Volkstanz, „Wir werden nicht aufgeben“
gemeinsam mit authentischen ungarndeutschen Volksliedern
und Musikstücken vorgetragen, ein Mundartstück in Werischwa- Erstkommunion in deutscher Volkstracht –
rer Mundart und die Trachtenschau, die einen Überblick über die im Gespräch mit Initiatorin Ibolya Englender-Hock
Werischwarer Tracht bot. Wie es auch die bunten Programm-
punkte zeigen, repräsentiert der Verein eine Gesamtheit der Kul- Von Richard Guth
tur der Werischwarer Deutschen. Die klare Intention ist nicht nur
das Bewahren, sondern das Erleben dieser Kultur und das der
ungarndeutschen Identität in der heutigen Zeit und zwar zu allen Mitte Mai ging ein Beitrag der ehemaligen GJU-Vorsitzenden
Jahreszeiten. Im Alltag der Mitglieder ist dieses Vorhaben natür- Tekla Matoricz durch die lokale und die ungarndeutsche Presse-
lich nur begrenzt umsetzbar, nicht so wie zu bestimmten Jahres- landschaft: Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg haben
zeiten oder an religiösen Feiertagen. Erstkommunionkinder in Fünfkirchen in schwäbischer Volkstracht
ihre Aufnahme in die Kirche gefeiert. Die Mädchen sind allesamt
Schülerinnen der Valeria-Koch-Grundschule in Fünfkirchen. Wir
haben mit der Initiatorin des besonderen Projekts, Ibolya Eng-
lender-Hock, Schulleiterin des Valeria-Koch-Schulzentrums und
neugewählte Vorsitzende der Landesselbstverwaltung der Un-
garndeutschen, gesprochen.
„An der Feier und deren Vorbereitung war der ganze vierte Jahr-
gang beteiligt, auch Schülerinnen der einsprachigen Klasse. Ich
habe die Eltern angesprochen und wer wollte, konnte sich an
dem Vorhaben beteiligen. Um ehrlich zu sein, habe ich es et-
was gesteuert, damit es nicht zu viele sind, weil wir es mit der
Arbeit nicht geschafft hätten. Diese 11 Mädchen waren so ziem-
lich unsere Grenze, wir selber konnten nämlich den Umfang des
Ganzen gar nicht ermessen. Beim Weitermachen in den kom-
Ein Programm des Werischwarer Heimatwerks menden Jahren müssen wir das „Team“ erweitern, anderswie
geht es nicht“, erklärt die Initiatorin, die sich bei ihrer Arbeit auf
Bei diesen Aktivitäten - und leider nicht nur bei den Deutschen in die Unterstützung von „Experten“ stützen konnte: „Jetzt haben
Ungarn - ist eine der größten Herausforderungen der Gebrauch wir noch jene Großmütter, Großtanten, vielleicht Urgroßmütter
der deutschen Sprache. Obwohl viele Sprachkenntnisse - gege- unter uns, die vom Nähen, Waschen, Stärken manches verste-
benenfalls auch im Dialekt - in der Familie erworben haben, gibt hen, außerdem sind alte Kleidungsstücke aufzufinden, die als
es keine Muttersprachler in der Gruppe. Infolgedessen ist es kein Muster dienen können. So haben bei dem Vorhaben uns meine
Wunder, dass sich die Mitglieder untereinander - abgesehen Schwiegermutter - jedoch nur durch Ratschläge, weil sie leider
von wenigen Ausnahmen - auf Ungarisch unterhalten. Dennoch nicht mehr gut sieht und ihr Handgeschick ist auch nicht mehr
gibt sich der Verein viel Mühe um die Sprache den Mitgliedern das Alte -, Anna Engländer, meine Schwägerin, Klara Gerner,
näherzubringen wie zum Beispiel die Regie von kleinen Thea- eine Näherin in Fünfkirchen, Nóra Farkas, und Theresia Krebs
terstücken in der Mundart oder ganz konkret das Einstudieren aus Boschok, die die Halstücher angefertigt hat, geholfen“. Da-
und die Verwendung von Wörtern im örtlichen Dialekt. In diesen bei war es nach Angaben der Schulleiterin nicht einfach, an die
fünf Jahren war die Entwicklung in dieser Hinsicht bemerkens- Kleider heranzukommen: „Trachtstücke von früher für Kinder
wert, was in der Zukunft durch die vielversprechende Einstellung kann man keine mehr auffinden, da sie weiterverarbeitet worden
und Ansprechbarkeit der Kinder der jüngsten Altersgruppe des sind, so mussten wir sie nachmachen. Alles, was die Schülerin-
Vereins - die überwiegend die deutschsprachigen Klassen der nen anhatten, ist neu und kann - beziehungsweise soll - in den
Nationalitätengrundschule in Werischwar besuchen - noch ganz kommenden Jahren immer wieder verwendet werden. Es war
bestimmt gesteigert wird. ein Riesenvorhaben und eine fast übermenschliche Arbeit - 36
Unterröcke waschen, stärken, bügeln, feuchten, in Falten legen,
Neben der Pflege der Traditionen und der Kultur unternimmt die Schürzen nähen, ebenfalls in Falten legen usw. -, das größte
Gruppe zumindest genauso viel Anstrengungen bei der Bildung Problem waren die Kränze, weil bei denen das Besorgen des
einer Gemeinschaft mit bodenständigen Werten, die heutzutage Grundmaterials schon fast unmöglich ist.“
in der Gesellschaft alles andere als selbstverständlich betrachtet
werden kann. Durch die vielen Treffen, Proben, Auftritte und ge- Auch pädagogische Ziele insbesondere sprachlicher Natur spiel-
meinsamen Freizeitaktivitäten hat sich im Rahmen des Vereins ten eine Rolle: „Während wir die Mädchen angekleidet haben,
eine zusammenhaltende Gemeinschaft und eine Atmosphäre haben sie die Benennungen der einzelnen Kleidungsstücke er-
etabliert, in der Kinder und Jugendliche ihre Zeit konstruktiv und lernt, wir haben sie im Chor gesprochen (ihr Lieblingswort war
vernünftig verbringen können. Den Fakt, dass die Tätigkeit des „Schmiesel“), unsere Sprache sonst war gemischt, wenn die
Heimatwerkes auch auf diesem Feld bereits seinen Fußabdruck Eltern Anweisungen erhielten, ging es auf Ungarisch, wenn die
hinterlassen hat, belegt nichts anderes besser als die seit der Kinder, dann auf Deutsch. Was mich wirklich gefreut hat, dass die
Gründung von 15 auf 75 angestiegene Mitgliederanzahl. Wenn Schülerinnen auch auf Deutsch reagieren, es ist für sie mittler-
wir die Zahlen näher betrachten, sind zwei Drittel der Mitglieder weile selbstverständlich.“ Die Erstkommunionfeier steht in einem
unter 18 und sogar alle unter 30 - ein unwiderlegbarer Indikator größeren Kontext und ist nach Auffassung der Schulleiterin inte-
dafür, dass hier viel Wert auf den Nachwuchs und seine För- graler Bestandteil der Erziehung der ungarndeutschen Kinder:
derung gelegt wird. Denn was wäre wichtiger als Nachwuchs- „Solche Anlässe sind die besten Gelegenheiten zur Identitätsbil-
förderung? dung und Spracherziehung gleichzeitig, weil alles erlebt werden
kann, die emotionale und kognitive Bindung ist viel stärker. Sie
Das Werischwarer Heimatwerk befindet sich am Anfang seiner konnten sie auch erfahren, dass wir mit meiner Schwiegermutter
Laufbahn, aber der Weg ist klar definiert: Förderung der Kultur und Schwägerin Mundart sprechen, also es ist nicht etwas, was
und der Identität durch den Aufbau einer zusammenhaltenden sie nur im Unterricht hören. Unter den Kindern waren manche,
Gemeinschaft. Ich wünsche meinem Verein viel Erfolg in der bei denen in der Familie die Traditionen noch leben, aber eher
Hoffnung auf eine nachhaltige ungarndeutsche Zukunft. nur in Spuren. Gerade die Erstkommunion ist ein Ereignis, das
ohne „äußere“ Hilfe, wie jetzt durch die Schule, nicht mehr ge-
8 SoNNTAGSBLATT
staltet werden kann. Im Valeria-Koch-Bildungszentrum nehmen Also, ja, wir sind geblieben und bleiben; was einer Trotzreaktion
wir uns viel diesbezüglich vor: Auch das Christkindlspiel wird re- gleichkommt. Weil, warum auch? Der Verpflichtung willen, es
gelmäßig in Tracht in der Pius-Kirche von unseren Gymnasias- den Ahnen nachzumachen, die vertrieben wurden, dann aber
ten aufgeführt oder die Johannes-Passion, mit der wir bereits in über Zonengrenzen und der Todesgefahr zum Trotz in eine Hei-
27 Gemeinden zu Gast waren. Wir denken, dass wir Bräuche mat, die sie nie verraten haben, die aber sie aus jedem Hab und
erleben lassen müssen, weil das die Familien den Kindern nicht Gut geplündert, schuldig erklärt und ausgestoßen hat, zurück-
mehr bieten können. So haben wir jährlich – auch auf Klassen- kehrten?! Jedenfalls ist es nicht die Angst, es zu wagen, von hier
ebene – mehrere Projekte in deutschen Dörfern - meistens in wegzugehen: Man braucht nämlich dazu mehr Mut, hier zu blei-
Dörfern, aus denen die Großeltern der Schüler stammen oder ben. „Es ist schon schön in Deutschland…”, sagen ab und zu
noch dort leben -, wobei die Kinder kochen und backen lernen, unsere Kinder – nicht ohne etwas Fernweh in der Stimme. „Sol-
die Bauernarbeiten kennen lernen, sogar mitmachen, Original- len wir gehen?”, stellen wir mit meiner Frau dann die Frage, aber
trachten, Tänze, Lieder usw. erleben und erlernen. Bräuche im schließlich äußern auch sie den Wunsch, zu bleiben. Wer weiß,
Unterricht aus Volkskundebüchern erlernen kann eine Basis vielleicht uns zuliebe! Wenn sie sich erwachsen dazu entschei-
sein, aber ohne Erleben ist es ein „totes Material“.“ den, eine andere Heimat zu wählen, werden wir nicht in ihrem
Wege stehen. Obwohl wir nicht ungebildet, nicht visionslos und
Ein Projekt bedarf nicht nur des Engagements von Helfern, son- nicht ohne Ideen sind, haben wir etwas, was die Ära in Ungarn
dern auch der Unterstützung der Eltern und anderer Akteure: heute kaum duldet: Wir haben feste, entschlossene Meinungen
„Die Eltern waren begeistert, die Kinder noch mehr. Nicht zuletzt und wollen keine faulen Kompromisse eingehen.
auch deshalb, weil sie kurz davor im Volkskundeunterricht über
die Erstkommunion gelernt haben und auf Fotos all dem begeg- Ich muss auf meine Großeltern und Eltern zurückgreifen: Sie ha-
net sind, was sie später erleben durften. Viele Großeltern haben ben ihr elementares Ich ebenfalls beibehalten. Wenn es heißt,
mich nach der Messe angesprochen und haben sich sogar im „man durfte ja nicht Deutsch reden…” - …anno dazumal… – und
Namen von Urgroßmüttern bedankt, die dem Gottesdienst nicht dass man darum nicht mehr deutsch sprechen könne in der Fa-
beiwohnen konnten.“ Etwas schwieriger gestaltete sich die Zu- milie (?!). Ach so: Und deshalb spricht man so und so viele Jahre
sammenarbeit mit den Kirchenvertretern, obwohl der Pfarrer, nach der Wende noch immer nicht die Sprache seiner Ahnen?!
der am Koch-Schulzentrum Religionsunterricht gibt, „den emo- Faule Ausreden einer bereitwillig assimilierten Volksgruppe, die
tionalen Teil unseres Anliegens verstanden“ hätte: „Wir haben in Bewunderung der Mehrheitsnation in die Knie gegangen ist.
nicht rechtzeitig mit der Organisation eines deutschsprachigen Meine Familie ist nicht nur an der Heimat, sondern auch an der
Gottesdienstes angefangen, sondern lediglich am Tag vorher ge- eigenen Sprache, an der Kultur und an der Religion hängen ge-
fragt, ob Fürbitten auf Deutsch gelesen werden könnten und das blieben, auch wenn dadurch meinen Eltern höhere schulischen
wurde uns abgelehnt, mit der Begründung, dass bei der Erst- Fortschritte, lukrative Stellen, Auslandsstipendien etc. verwehrt
kommunion auch Schüler anderer Schulen dabei sind. Nächstes blieben. Nun, durch dieses Erbe bleiben auch wir „karriere“los.
Jahr versuchen wir, uns auch hier durchzusetzen. Grundsätzlich Wenn es sein soll: gerne! Eine Genugtuung sind Momente im Le-
haben wir leider nach wie vor Schwierigkeiten mit den deutsch- ben, wie zum Beispiel, als meine Tochter noch im Kindergarten
sprachigen Messen. In diesem Jahr haben wir in der Franzis- mit selbstverständlichem Bewusstsein mitgeteilt hat: „Ich bin ein
kanerkirche jeden dritten Samstag im Monat den deutschspra- deutsches Kindergartenkind” oder wenn mich meine Kinder in
chigen Gottesdienst, jedoch an der Stelle beziehungsweise zum jedweder Öffentlichkeit deutsch ansprechen und untereinander
Zeitpunkt einer früher ungarischsprachigen Messe, so haben auch nur ihre Muttersprache gebrauchen trotz jeder Schwierig-
wir oft das Problem, dass sich die Gläubigen, die kein Deutsch keit - wenn zum Beispiel einem die Kinder in einer deutschen
können, beschweren. Wir spüren die Unterstützung seitens der Nationalitätenschule abgewiesen werden, weil sie nicht gut ge-
Kirche immer noch sehr vage. Aufgeben werden wir aber nicht.“ nug ungarisch sprechen oder wenn sie es auf dem Schulhof er-
dulden müssen, als „deutsche Zigeuner“ beschimpft zu werden.
Auch wenn man schief angeschaut und böse angeknurrt wird,
weil man doch in Ungarn lebt und hier gefälligst die Landesspra-
Merkwürdigkeiten s che sprechen soll (die ja in Ungarn mit einem Charakter der Aus-
schließlichkeit einzig als Muttersprache fungieren kann)!
In einer Schrift über seine Heimatgemeinde heißt es bei Franz Als die beiden zum Rapport Befohlenen der ernsten Miene des
Jelinek hierzu wörtlich: „Gungl selbst behielt gute Beziehungen Vorgesetzten gewahr wurden, ahnten sie bereits, dass nun nichts
zu dieser Kapelle, sie überdauerte sogar seinen Daueraufenthalt Gutes auf sie zukommen werde…
in München. Er bezeichnete sie jedoch mit dem Namen ,Kapelle
á la Gungl‘.. „Leute, ich habe vom AOK (Armeeoberkommando) einen Befehl
erhalten, euch beide auf eine Sondermission zu entsenden: Ihr
werdet in zirka einer halben Stunden von Booten an Land, d. h.
Der Initiator dieser Neugründung war der Jurist Ernst Rutz, der auf eine kleine unbewohnte Insel gebracht. Munition und Ver-
von dieser seiner Idee so „fanatisch begeistert“ war, „dass man pflegung sind vorbereitet: ein MG, eure Gewehre und je einen
ihn auch den Wilden Gungl nannte“; das erfahren wir aus der M 1898 Rast und Gasser-Revolver sowie ausreichend Munition
Festschrift des Vereins vom Jahre 1970. Rutz war übrigens in für alle Waffen. Zusätzlich einige Handgranaten. Eure Mission
den ersten zehn Jahren auch der Dirigent der neuen Kapelle. ist die Beobachtung jeglicher Bewegungen im Wasser, auf dem
gegenüberliegenden Festland und in der Luft. Feldstecher und
Der Verein konnte bereits im Jahre 1875 Prof. Franz Strauß, den Fernrohr gehören ebenfalls zu eurer Ausrüstung…
Vater von Richard Strauß, als Berufsdirigenten gewinnen.
Nach zwei Tagen kommt ein aus Triest auslaufendes Dampfschiff
und wird euch um die Mittagszeit an Bord holen/nehmen. Erken-
(Quelle: Berichte aus Robert Rohr: Unser klingendes Erbe) nungszeichen des Schiffes: wiederholte drei kurze Signaltöne!
Mit der weißen (unauffälligen) Fahne in eurer Ausrüstung erwi-
dert ihr das Zeichen. Kein Feuer nachts, zumindest kein sicht-
bares! Richtet Euch so ein, dass ihr euch den Tee, Kaffee und
warmes Essen in einem geschützten Bereich zubereiten könnt!
12 SoNNTAGSBLATT
Gefreiter Peter Erler, du übernimmst das Kommando! Äußerste Insel ausgesetzt worden waren? Was war mit ihren Kameraden
Vorsicht ist geboten! Habt ihr mich verstanden?“ auf dem Schiff? Konnten sie gerettet werden oder wurden sie
Opfer des Luftangriffes??? Hatte Meister Zufall sie auf der Insel
Sprachlos starrten die beiden Soldaten ihren Offizier an, wollten gerettet oder sollten auch sie von irgendwelchen Angriffen dahin-
wohl etwas entgegnen, doch Befehl ist eben Befehl, da gibt es gerafft werden?
keine Widerrede, das wussten beide allzu gut…
So schnell wie die beiden Flugstaffeln aufgetaucht waren, so
„Ich wünsche euch viel Erfolg!“ war das kurze Befehlsende… rasch waren sie wieder verschwunden… Übrig geblieben: die
endlose Rauchwolke am südlichen Horizont – dort, wo vormals
Was kann schon ein Mini - Duo ausrichten bzw. bewirken? Doch das Motorschiff sich südwärts bewegte… Trotz Erschöpfung und
der Auftrag war klarund geheim. Da war kein Heldenmut gefragt, primitiver in aller Eile eingerichteten Schlafstätte konnten die bei-
sondern List und Defensiveinsatz…Zum Nachdenken war für die den Insulaner keinen Schlaf finden. Das tagsüber Erlebte fuhr
beiden Soldaten keine Zeit geblieben: Sie mussten ihre persön- ihnen unentwegt durch Mark und Bein und belastete ihre Seelen:
lichen Sachen packen und zum Abstieg in die Boote bereit sein… Sie waren außerstande, das Geschehen zu realisieren. Gab es
Das Meer war ruhig in jenen Märztagen, so dass die kurze Über- überlebende Kameraden? Konnten sich welche retten?
fahrtstrecke zur Insel kein Problem darstellen sollte. Zwei Boote
brachten die beiden Sonderbeauftragten samt Ausrüstung und Als die beiden nach zwei Tagen tatsächlich wieder abgeholt wor-
Gepäck rasch zur Insel. Die Fracht wurde in aller Eile entladen, den waren, erstatteten sie Bericht über das Geschehen.
denn die Boote mussten schleunigst zum Dampfer zurück…, der
seine Fahrt rasch fortzusetzen hatte. Und was sollten sie hernach erfahren?
Die kleine Insel war vom Schiff aus überschaubar: flach, leicht Es war das MS „LINZ“ – die „österreichische Titanic“ -, der Damp-
bewaldet, sanfte Ufer und keine Spur von menschlichen Behau- fer des Österreichischen Lloyd, der am 19. März 1918 vor Al-
sungen oder Gebäuden… Offensichtlich ein Stück gefahrenlose banien mit 2700 Menschen an Bord gesunken ist, die alle ums
Erde… Leben gekommen sind???
Erst jetzt, als die beiden Soldaten allein auf dem Eiland zurück- Während der Kriegsjahre wurde das Passagierschiff auch zur
gelassen, wurde ihnen bewusst, was diese Lage eigentlich für Beförderung von Truppentransporten eingesetzt und erlitt auf
sie zu bedeuten hatte: von der Welt abgenabelt, auf fremdem diese Weise seinen Untergang.
unbekannten Gebiet schutzlos allen Gefahren ausgeliefert…
Erläuterungen: *Namen wurden geändert
Die bange Frage des Überlebens war ja im Krieg und die ist in
jedem Krieg allgegenwärtig. Ob man aber verlassen und allein
oder in der Nähe der Mannschaftskollegen sein Leben aus-
haucht, ist grundsätzlich egal − scheinbar; doch mutterseelen-
allein und unbeachtet aus dieser Welt zu scheiden, ließ Sonder-
gefühle hochsteigen… Eine Parallele mit Robinson Crusoe kann
nur im weitesten Vergleich konstruiert werden… Sich derartigen Was jeder Ungarndeutsche über
Gedanken hinzugeben – dafür war hier und jetzt weder Zeit den „bösen” Volksbund wissen sollte
noch Veranlassung… Rasch wurden die Kisten aus dem Blick
geräumt, hinten in Ufernähe befindliche Bäume, wo alles richtig
getarnt war. Inzwischen waren auch die Boote wieder zum Schiff
Vor 81 Jahren Volksbund der Deut-
gelangt und wurden hinauf gehievt, sodass die Fahrt wieder fort- schen in Ungarn (VDU)
gesetzt werden konnte… gegründet
Die beiden neuen „Inselbewohner“ winkten den auf dem Schiff Von Georg Krix
Verbliebenen zu. Langsam entfernte sich der Dampfer. Doch
den Beiden bemächtigten sich nun sonderbare Gefühle. Wel- Nach Jakob Beyers Tod 1933 gab`s in dem von ihm gegründe-
ches Schicksal wird sie nun ereilen? Werden sie von hier jemals ten Ungarländischen Deutschen Volksbildungsverein (UDV) ver-
abgeholt? Wird der verfluchte Krieg bald ein Ende nehmen und schiedene Probleme, so aus privater wie auch politischer Sicht.
es ihnen gegönnt sein, ihre Lieben wie ihre Heimat wiederzu- 1935 kam es zu einem Vereinsbruch, es entstand neben dem
sehen…? Bei einem Überfall auf die Insel wäre das hier wohl
UDV die VOLKSDEUTSCHE KAMERADSCHAFT (VK). Wie Ja-
ihr Ende. Was könnten sie schon trotz MG, Handgranaten usw.
kob Bleyer bis zu seinem Lebensende erfolglos gegen den mad-
gegen eine mögliche Übermacht ausrichten? Bange Momen-
te nisteten sich in ihren Seelen ein… Und die traurigen Blicke jarischen Nationalismus anfocht und für Rechte des ungarländi-
nach dem sich langsam entfernenden, immer kleiner werdenden schen Deutschtums kämpfte, so waren auch der Volksdeutschen
Schiff… Kameradschaft vorerst keine Erfolge beschieden. Erst die welt-
politische Geschichte erbrachte eine Änderung der ungarischen
Die Wehmütigen konnten ihre Blicke nicht vom Schicksalsschiff Minderheitenpolitik.
loseisen, indessen die schwermütigen Gedanken ihren Gemüts-
zustand bedrängten…
16 SoNNTAGSBLATT
Marshall-Hilfe in Anspruch nahm, mehr, die DDR, der Stalin nicht floh aus dem Land, wer nur konnte. Die Berliner Mauer, die seit
gestattete, diese Hilfe in Anspruch zu nehmen, eher weniger. 1961 stand, hat das Volk zerstört. Im Frühling 1990 begannen
Trotzdem war die ostdeutsche Sozialpolitik immer noch viel bes- zwischen den Besatzungsmächten und den beiden deutschen
ser als sonst wo im sozialistischen Lager. 40 Jahre lang kostete Staaten die so genannten 4+2-Verhandlungen, am 31. August
ein Bier 1,05 Mark, die Semmel 5 Pfennige. Die jungen Leute, unterzeichnete man den Wiedervereinigungsvertrag, am 3. Ok-
die heirateten, bekamen so gut wie sofort eine Wohnung zuge- tober kam zum letzten Mal das DDR-Parlament zusammen, um
wiesen sowie spottbillige Fahrkarten und die grundlegenden Gü- dann bei den Klängen der DDR-Hymne die Flagge einzuziehen.
ter in Hülle und Fülle - genau berechnet nach Notwendigkeit. Sa- Um Mitternacht wurde die Einheit vollzogen.
bine – die sich im Sommer 1973 in Ungarn gründlich umschaute
– wies in ihrem Brief auf einen recht sensiblen Punkt ihrer Bezie- Der Fahrgast der Čajka (Tschaika)
hung hin: Hier gäbe es alles, in Ungarn nur noch kleine staatliche
Geschenke und die auch nicht für jedermann, die Gesellschaft Csaba F. traf die Trennung 1973 wie ein Schock. Es dauerte
dort teile sich in Arm und Reich auf. Ihre Entscheidung, wozu sie anderthalb Jahre, bis er sich dank der psychiatrischen und me-
im Übrigen von ihren Vorgesetzten gezwungen wurde, hat dieser dikamentösen Behandlung wieder als vollwertiger Kämpfer der
Umstand ebenfalls erleichtert. Germanistik widmen konnte. Misserfolg hin oder her, blieb er mit
der DDR tausendfach verbunden. Anfang Oktober 1989, auf Bit-
Die militärischen Interessen der Sowjetunion benötigten, dass ten seines damaligen Arbeitgebers in Százhalombatta, beteiligte
die Gesellschaft so wenig wie möglich bahnbrechenden struktu- er sich als Dolmetscher an der Vierzig-Jahr-Feier in Schwedt.
rellen Veränderungen ausgesetzt wird. Den geeigneten Partner Das brandenburgische Städtchen war dreißig Jahre lang Part-
dafür meinten sie in der Person der Kleinbürger beziehungswei- nerstadt von Százhalombatta. Csaba F. sah nie zuvor ein „freu(n)
se in deren Synonym, der Blue-Collar-Arbeiterschaft, gefunden dloseres” Freundschaftstreffen. Auf den Empfängen und manch-
zu haben, die - auch wenn nicht so sehr wie ihr BRD-Counter- mal auch vor dem Plenum gab es eine Flut von Vorwürfen: ab-
part - sich materiell weiterentwickeln wollte, aber hinsichtlich Le- weichlerisches, revisionistisches, wortbrechendes Ungarn, Ver-
bensstil und Attitüden nicht zur Mittelschicht werden wollte, also räter Miklós Németh, Gleisner Horn und Pozsgay. Während das
eine problemlose Mammutschicht, die leicht zu handhaben war Paneuropapicknick bei Ödenburg bereits stattgefunden hat, die
und die politisch einfach in die Bedeutungslosigkeit geführt wer- Botschaften voll mit Flüchtlingen waren, feierte die Führung der
den konnte. In Moskau wusste man wohl, dass die Kleinbürger, Brandenburger Industriestadt, die um das Kraftwerk herum er-
die das Rückgrat der Gesellschaft bildeten, sich mit Wenigem baut worden war, gegen ihre eigenen Bürger mit dem gleichen
begnügen. Wenn die Staatsführung sie darum bittet, als graue Zynismus wie in der gesamten DDR. Auf dem Rückweg am 6.
Mäuse ihr Leben zu fristen, dann machen sie das bereitwillig, um Oktober fand er den größten Flughafen der DDR, den Flughafen
nur das zu bekommen, was zu ihrer bescheidenen Lebensfüh- Schönefeld, im Belagerungszustand vor. Die riesige Wartehalle
rung und zu ihrem zunehmenden Wohlstand im kleinen Rahmen war voll mit Flüchtlingen. Decken, Matratzen und Schlafsäcke la-
notwendig ist. gen überall auf dem Boden, die Toiletten funktionierten gerade
noch so und das Büffet war nicht imstande, die beinahe 5000
Zum Erfolg der Manipulation trug noch ein wichtiger Umstand Menschen zu versorgen. Familien mit mehreren Kindern - jede
bei: Die ostdeutsche Gesellschaft wurde – vergessen wir nicht: Familie lebte schon seit Tagen auf je einer Decke und wartete
Der Sozialismus entstand auf preußischem Boden! – durch die auf einen Flugschein oder eine Bordkarte. Von Zeit zu Zeit tra-
Jahrhunderte alte Tradition des Obrigkeitsglaubens und der fen Verwandte aus der Stadt mit Brot und Salami ein und die
Ausführung von Befehlen in Schranken gehalten. Mit Hilfe des kleinen Gruppen fielen dann begierig über das Essen her und
Zuckerbrotes entwickelte sich die Gesellschaft der DDR in vier- auch die „Bewohner” der Nachbarsdecken kriegten ein Stück ab.
zig Jahren zu einer gehorsamen Massengesellschaft, in der aus In der zusammengerotteten Menge, vom Zwang der Flucht ge-
der Abschottung das fast unerträgliche Einheitsgrau des Alltags trieben, spielten sich dramatische Konflikte ab. Beim Check-In
erwuchs. Die einzige Farbe – zu großem Kummer von Hone- gab es Störungen. Man wollte in einer der Familien ein Kleinkind
cker und seiner Getreuen – brachten die Westsendungen. In der hineinschmuggeln. Es hatte keinen Flugschein. Dem Onkel, der
abendlichen Dunkelheit richteten sich die Antennen auf den Bal- mit dem leeren Brotkorb dastand, wäre die angenehme Aufga-
konen der Plattenbausiedlungen auf den Westen, und diese be- be zugekommen, das Kind in die Stadt zurückzubringen. Csaba
wusstseinsgespaltene Gesellschaft beobachtete im Fernsehen F. fasste den Entschluss, sein eigenes Ticket auf das Kind um-
- über diesen riesigen Gucker - gespannt, wie eine bessere Welt schreiben zu lassen. „Irgendwie werde ich schon heimkommen”,
drüben glänzte. Die Probleme – wie in Ungarn – begannen von dachte er. Das Geschäft wäre beinahe zustande gekommen, als
1981 an peu á peu in erster Linie wegen der bayerischen Ban- zwei Männer in Lederjacke und eine Frau erschienen. Er wurde
kenkredite. Bis 1989 hat sich die Wirtschaftskrise vertieft, was höflich aufgefordert, ihnen auf den Parkplatz gleich neben dem
zum zügigen Zusammenbruch der DDR führte. Gebäude zu folgen. In der Halle gab es nicht einmal mehr Licht,
es herrschte Dämmerzustand. Csaba F. konnte sein Auge nicht
Am 7. Oktober wurde zu Ehren des 40. Jahrestages der Grün- von der hübschen Frau in Lederjacke, die sich im Hintergrund
dung der DDR noch eine großangelegte Feier veranstaltet. Die aufhielt, nehmen. Ihre Körperbewegung, ihre Figur, ihre Haar-
SED unter der Leitung von Erich Honecker widerstand noch lan- farbe, und als sie anfing zu sprechen, ihre Stimme… Das lange
ge der Perestroika, der Reformpolitik unter Gorbatschow. Der gehegte Wunschbild erwachte in ihm - das der zufälligen Begeg-
Gnadenschuss kam direkt von Gorbatschow. Auf der Großkund- nung. Was würde er nicht alles dafür geben, wenn die Frau in
gebung am 7. Oktober sagte er – angeblich spontan – den zur der Lederjacke Sabine wäre. Denn in 16 Jahren verändert sich
Legende gewordenen Satz: „Wer zu spät kommt, den bestraft so viel. Aber draußen auf dem Parkplatz im Tageslicht stellte sich
das Leben.” heraus, dass die Frau nicht Sabine war, nur eine ähnliche Frau -
genauer gesagt – die gleiche. Er verspürte ein unwiderstehliches
Der Zerfall beschleunigte sich. Am 18. Oktober war Honecker po- Verlangen danach, in Ermangelung von Sabine dieser Frau zu
litisch bereits tot und die neue Führungsfigur Egon Krenz konnte erzählen, was aus ihm wurde. Unter dem Zwang welchen Irrge-
auch nichts mehr der aufbrechenden Volksbewegung entgegen- dankens er sich dafür entschied, sich der Sekte dieser käferähn-
setzen. Es stellte sich heraus, dass die Stabilität der Gesellschaft lichen, kurzbeinigen Gestalten mit unergründlichen Gesichtern
nur solange Bestand hat, als die Sozialpolitik der Führung sie anzuschließen. Er hätte gesagt, wie zweifelhaft die Selbstauf-
unterstützt. Die Nachkommen der bis in die 1960er im Starr- opferung für einen deformierten Staatsgedanken ist. „Für das
zustand befundenen DDR-Generation sind erwachsen gewor- sozialistische Vaterland?” Jetzt, in der Apokalypse der Auflösung
den und wollten eine neue Welt. Massenproteste von Millionen hätte es die Frau sogar noch verstanden. Er hatte aber keine
brachten die Sache in den größeren Städten weiter voran: Es Möglichkeit dafür. Nach einigen Sekunden Bedenkzeit ging er
(Fortsetzung auf Seite 18)
SoNNTAGSBLATT 17
wortlos in das Gebäude zurück. Einer der Männer in Lederja- vergessen, dass in diesem Gebiet selbst vor der Gründung des
cke hat den Widersinn der Situation wohl verstanden und sagte: Bistums Jassy keine ungarischen Messen gelesen wurden. Un-
„Der Genosse hat sich vorhin sehr parteiunwürdig verhalten. Ich garische Lieder und Gebete durften auch damals sein, aber die
bitte Sie, gehen Sie nicht mehr in die Halle zurück, wir bringen Sprache der Liturgie war Latein. Wenn wir das als Bezugspunkt
Sie über die VIP-Passagierbrücke zum Flugzeug.” Es gab noch nehmen, dann können wir diese neue Möglichkeit als eine Ver-
zwei Stunden bis zum Abflug. Unter dem Einfluss des Erlebten änderung betrachten, die es vermag im Leben der tschangomad-
sowie des Nichtstuns fing er an, sich entlang des Flughafen- jarischen Menschen ein neues Kapitel zu eröffnen.
zauns in Richtung des hohen eisernen Tores der Frachtpforte
zu bewegen. Als er dort ankam, ging das Tor plötzlich auf. Über Was war bislang die Hürde im Weg der ungarischen Messe?
dem Beton, der sich in Oktoberdunst hüllte, erschien plötzlich die
Sonne. Auf dem Beton näherte sich eine Wagenkolonne, dreißig Man hat bisher die Erfahrung gemacht, dass sich die meisten
Tschaika, Mercedes und elegante, schwarze Wolga, deren Dach Menschen ihrer kleinen Welt zugewandt haben. Niemand hatte
in der Sonne glänzte. Nachdem die Kolonne das Tor verließ, ver- den Mut, den Status quo zu ändern.
langsamte sich die Kolonne und blieb für eine halbe Minute ste-
hen – man musste abwarten, bis die Motorradstaffel, die auf dem Könnte mit der Entspannung auch der geplante Besuch von
Parkplatz wartete, aufgeschlossen hatte. In Armlänge entfernt, in Papst Franziskus in Jassy zu tun haben?
einem der Tschaika, auf dem Rücksitz hatte ein eleganter, glatz-
köpfiger Mann das Fenster heruntergelassen, und winkte freund- Ja, meiner Ansicht nach hatte auch der Papastbesuch einen
lich den auf dem Parkplatz stehenden Menschen zu. Es war Gor- gewissen Einfluss auf die Entscheidung, aber auch die Vorge-
batschow. Csaba F. wurde erst einige Wochen später - nach den schichte war nicht minder bedeutungsvoll. Es ist allgemein be-
weltpolitisch bedeutenden Ereignissen - bewusst, dass ihm an kannt, dass der Bischof von Jassy, Petru Gherghel – auf Grund-
diesem nebligen Nachmittag in Berlin etwas widerfuhr, was ein lage einer Vereinbarung mit Kardinal Péter Erdő – seit zehn
Otto Normalverbraucher nur einmal im Leben erfahren kann: Die Jahren Priester nach Ungarn schickt, die ihre Priesterausbildung
Geschichte fuhr ihm entgegen. hier absolvieren und auch in der Seelsorge eingesetzt werden.
Es scheint, als würde diese Initiative nun Früchte tragen.
Mikrokosmos Ost- und Mitteleuropa s Was bedeutet für die tschangomadjarische Gemeinschaft
die katholische Identität und deren Erleben in der ungari-
Deutsche Volksgruppen schen Sprache?
Deutsche Übersetzung: Richard Guth György Jakubinyi, der Erzbischof von Karlsburg/Alba Iulia,
hat in einem „Erdélyi Napló”-Interview* aus dem Jahre 2015
József Tampu-Ababei, tschangomadjarischer Priester des Erz- auf eine Frage hin gesagt, dass er den Romanisierungs-
bistums Gran-Budapest, Leiter der Erzpfarre Unbeflecktes Herz prozess der Tschangos für unumkehrbar hält. Sind in der
Mariä Budapest-Pestszentlőrinc. Wenn Pfarrer Tampu-Ababei zu gegenwärtigen historischen Situation, jenseits der Euphorie
seinen Geschwistern, dem Grab seiner Eltern fährt, dann führt der gestrigen Heiligen Messe, der ungarische Sprachunter-
sein Weg in sein Heimatdorf, Luizi-Călugăra (ung. Lujzikalagor). richt und die ungarischsprachigen Messen in der Tat nur
Wir haben ihn nach der ersten ungarischen Messe in Bakau be- noch gestenhaft und vermögen es lediglich diesen Prozess
fragt. zu verlangsamen?
In der Geschichte des 1884 gegründeten Bistums Jassy/Iași Es ist unbestritten, dass sich der Assimilierungsprozess be-
kommt es zum ersten Mal vor, dass auf dem Gebiet der Di- schleunigt hat und womöglich unumkehrbar ist. Es ist schwer zu
özese regelmäßig – gegenwärtig einmal im Monat – ungari- sagen, wann er begonnen hat. Die Möglichkeit ungarische Mes-
sche Messen gelesen werden. Die erste solche Messe fand sen zu lesen kann den Assimilierungsprozess natürlich bremsen.
Die vollständige Romanisierung setzt voraus, dass alle Tschan-
am Sonntag, dem 27. Januar in Bakau statt. Hat durch die-
gos ihre Identität aufgeben, aber solange es noch eine Handvoll
se Entscheidung die Angelegenheit der Tschangos – in der
von ihnen gibt, für die die Wurzeln wichtig sind, dann bleibt die
Moldau leben verstreut etwa 20.-30.000 Tschangomadjaren –
madjarische Kultur auch erhalten. Solange dort solche Menschen
ihren Tiefpunkt überwunden oder geht es hier eher um eine
leben, für die sie wichtig ist, können wir nicht von vollständiger
symbolische anstelle einer wirklichen und zufriedenstellen-
Assimilation sprechen. Die Bewahrung der Identität kann man
den Lösung?
von außen unterstützen, aber auch die Einheimischen sollten in
ihrer eigenen Kultur überleben.
Ich halte es für eine große und wertvolle Veränderung. Es ist
schwer zu sagen, was wir als Tiefpunkt betrachten. Eher kön-
Wie haben die Tschangos die Nachricht vom Papstbesuch
nen wir von dem Beginn von etwas sprechen. Wir dürfen nicht
aufgenommen?
18 SoNNTAGSBLATT
Sie haben diese auch mit Freude aufgenommen und bereiten se sprachen sie wohl die Mundart, aber die ungarische Literatur-
sich mit viel Liebe und Begeisterung auf den Besuch vor. Es gibt sprache verstanden sie nicht. Für sie war die Sprache der Kirche
welche, die nach Jassy, und welche, die nach Schomlenberg/ das Rumänische. Gegenwärtig würden im Erzbistum in 22 Orten
Șumuleu Ciuc/Csíksomlyó fahren werden, aber unabhängig da- für 10.000 Menschen rumänische Messen gelesen. Nach Jaku-
von sind sie voller Erwartung. binyi, der der Ansicht ist, dass die Assimilierung der Tschangos
_______________________________________ nicht aufzuhalten sei, sei der Tschango in erster Linie ein Bürger
römisch-katholischen Glaubens, aber ohne Nationalbewusst-
Hintergrund: sein. Die ersten spirituellen Erlebnisse, die Erstkommunion, die
Auf einen Beschluss des Dechanats- und Diözesanrats des Bis- Firmung und die Sonntagsmessen würden sich in ihnen allesamt
tums Jassy hin hat Bischof Petru Gherghel genehmigt, dass ab auf Rumänisch verfestigen.
Januar 2019 am letzten Sonntag jeden Monats ab 13:00 in der
St. Nikolaus-Kirche von Bakau eine römisch-katholische Messe
in ungarischer Sprache gelesen wird. Die Messen werden von
den Pfarrern Felix Măriuț (Faraoani) und Andrei Varga (Valea
Seacă) zelebriert.
_______________________________________
LANDSLEUTEn IN UNGARN, Die DAS 1 % Gornji Senik, zu Deutsch Oberzemming, gilt gemeinhin als
Zentrum der ungarländischen Slowenen. So wird das Dorf von
IHRER STEUER UNSEREM VEREIN zweisprachigen Schildern gesäumt, man hört hier und da ein
slowenisches oder - wie es hier heißt - wendisches Wort. Der
ZUKOMMEN Ließen. Ort verfügt über eine zweisprachige Grundschule, aber wie unter
meinen Gesprächspartnern eine junge Frau Anfang 30 erzählt,
die Jugendlichen würden sich auch in dieser Hochburg der Slo-
wenen vornehmlich der ungarischen Sprache bedienen. Eine
junge Dame Anfang 20, die auch in der slowenischen Jugend-
arbeit aktiv ist, liefert eine mögliche Erklärung dafür: Bis vor fünf
jakob bleyer Jahren sei diese Schule nur dem Namen nach zweisprachig ge-
GEMEINSCHAFT e.V. wesen, in der Wahrheit habe man fünf Slowenischstunden pro
Woche gehabt, Fachunterricht hingegen nur auf Ungarisch er-
teilt. Im Kindergarten habe man hingegen stets Wert auf das Mo-
20 SoNNTAGSBLATT
dell „eine Erzieherin - eine Sprache” gelegt. Ein anderer junger wiederum die Katholische Kirche Vorschub. Nach langen Jahren
Herr ergänzt später in Unterzemming, dass in Oberzemming die des Dienstes von slowenischsprachigen Geistlichen (erstaunli-
Über-50-Jährigen durchweg das Wendische im Alltag benutzten cherweise findet man aber so gut wie keine slowenischsprachi-
– somit scheinen sie im Vergleich zu uns Ungarndeutschen einen gen Grabmäler im Friedhof) haben die wendischen Dörfer der
„Vorsprung” von einer Generation zu haben, jetzt abgesehen von Umgebung seit 2010 einen madjarischen Pfarrer, der des Slo-
möglichen regionalen Unterschieden bei uns Deutschen. wenischen, so mein Eindruck, ein wenig mächtig ist, dennoch
ungarische beziehungsweise – wie er bestätigt – zweisprachige
Beide jungen Damen weisen auch auf ein anderes Phänomen Messen lese - aber doch eher ungarische und schmunzelt da-
hin, was Auswirkungen auf den Gebrauch des Wendischen hat: bei, was bei mir ein seltsames Gefühl hinterlässt. Was das in
den Zuzug von Menschen, meist Madjaren, aus anderen Orten, der Praxis bedeutet, das bestätigen ältere Damen, die vor der
viele von ihnen aus der Hauptstadt. Diese Entwicklung habe ich Kirche auf den Messbeginn warten: slowenische Liturgie mit
auch andernorts wahrnehmen können: neulich im burgenländi- ungarischer Predigt. Alle drei Wochen würde ein slowenischer
schen Unterwart (siehe Reisenotizen (7) in dieser Ausgabe) oder Geistlicher aus Slowenien eine Messe auf Wendisch lesen. Die
in Ödenburg vor zwei Jahren. Von dieser Zuwanderung oft auch Unterzemminger haben es dabei noch schlechter – deutsche
aus anderen Teilen des Landes ist auch der Nachbarort Unter- Messen? Fehlanzeige - und das einen Kilometer vom nächsten
zemming betroffen, einst eine Gemeinde mit deutscher Bevölke- österreichischen Dorf entfernt!
rung. „Es gibt kaum noch Alteingesessene, oft fühle ich mich hier
fremd”, berichtet ein Mittsiebziger deutscher Nationalität. Dieses
s
Gefühl des Verlustes hat dabei auch historische Gründe: Nach
dem Zweiten Weltkrieg wurden sechs-sieben Großfamilien ver- Sonntagsblatt und Wirtschaft
trieben, der größere Aderlass erfolgte nach Erinnerungen meiner
Gesprächspartner 1956, infolge dessen sich viele Slowenen, un-
weit der österreichischen Grenze, niederließen, so dass sie heu- Mit ungarndeutschen
te etwa ein Fünftel der Bevölkerung der einst deutschen Gemein-
de stellen. Sprachlich wären sie bis auf ein-zwei Familien aber
Ortsnamen zum Erfolg
weitgehend assimiliert, dies gelte auch für viele der alteingeses-
senen Deutschen, von denen es – so der Eindruck des älteren Wudigesser Firma Zaunsystem GmbH deckt das
Herrn – nicht mehr viele gäbe. Vor allem an jungen Menschen deutschsprachige Ausland mit „ungarndeutschen” Zäu-
fehle es - in einer nie wirklich bevölkerungsreichen Gegend. Die nen ein
verbliebenen deutschen Schulkinder besuchen entweder die slo-
wenisch-ungarisch zweisprachige Oberzemminger Grundschule Von Richard Guth
oder eine Einrichtung im nahe gelegenen St. Gotthard. Einer
meiner Gesprächspartner in der Dorfkneipe betont hingegen, Jeine, Wudersch, Schaumar, Werischwar, Maan und Edeck
dass 80-90 % der Dorfbewohner in Unterzemming in der Lage – Ortsnamen, die den meisten Sonntagsblatt-Lesern geläufig
wären, mit einem Österreicher zu kommunizieren, was sicherlich sind. Ortsnamen, die womöglich auch in immer mehr schweizeri-
mit der Häufigkeit der Arbeitsaufnahme im Nachbarland zu tun schen, österreichischen und deutschen Haushalten Gegenstand
hat. Dennoch sind in Unterzemming alle öffentlichen Aufschrif- von Familiengesprächen sind. „Als wir durch die Ortschaften der
ten dreisprachig, Straßennamen inbegriffen. Selbst die Deut- Umgebung fuhren und die deutschen Ortsnamen lasen, kam uns
sche Nationalitätenselbstverwaltung empfängt ihre Besucher mit die Idee, dass wir unsere Zaunmodelle nach diesen benennen
einem dreisprachigen Schild. Ein etwas anderes Bild wie in den könnten”, erzählt Stevan Kraljevic, Geschäftsführer der Zaunsys-
von Madjaren bewohnten Ortschaften auf der slowenischen Sei- tem Kft. (GmbH) in Wudigess / Budakeszi.
te, wo man seltener auf zweisprachige Schilder stößt. Trotzdem,
so der Eindruck zweier junger Gesprächspartner, seien aktive Das Familienunternehmen wurde 1988 als Eisenhandelsfirma
Ungarischkenntnisse im Kreise der slowenienmadjarischen Ju- vom Schwiegervater des Geschäftsführers gegründet – heute
gendlichen viel verbreiteter als aktive Slowenischkenntnisse im hat das Familienunternehmen mehrere Standbeine: Neben der
Kreise ungarnslowenischer Jugendlicher. Herstellung von Metallprodukten, die unter anderem an die be-
rühmte Metallfirma ISD Dunaferr AG geliefert werden, stellt es für
die Endkunden im deutschsprachigen Ausland Zaunsysteme her.
Dabei sei Qualität oberstes Gebot, so Kraljevic, und demonstriert
dies an einem Arbeitsprozess, der in der Produktionshalle gerade
stattfindet: Das Ebnen einer Metallstange, was eine doppelte Be-
arbeitungszeit wie bei herkömmlichen Methoden bedeuten wür-
de, dafür aber für Qualität sorge. Die einzelnen Teile des Zaunes
werden von eigenen Mitarbeitern zusammengeschweißt, dabei
bemühe man sich, die Stellen, an den die Schweißer arbeiteten,
unsichtbar zu machen. Das Verzinken überlässt man nach Wor-
22 SoNNTAGSBLATT
päischer Standards. Dies alles sowie die Europabegeisterung Restriktionen befreite entfesselte, grenzenlose globale Markt
in Nordirland angesichts des drohenden Brexit zeigt, dass die die ultimative Verwirklichung wirtschaftlicher Freiheit darstellt,
ursprünglichen Motive und Ideale der EU überall dort relevant die immer und überall zu mehr Wohlstand führt. Staatliche Ein-
sind, wo sie noch nicht verwirklicht oder gefährdet sind. Diese griffe jeglicher Art sind hier kontraproduktiv und wirken sich not-
Prozesse europäischer Integration sind jedoch nicht, wie wir lan- wendig wirtschaftlich nachteilig aus. Die dahinter stehende Vor-
ge etwas geschichtsvergessen geglaubt haben, unumkehrbar. stellung eines ökonomischen Gleichgewichtsdenkens geht von
Friede und Wohlstand sind keine Selbstverständlichkeit, sondern der mechanistischen Vorstellung aus, dass sich Markt-Gleichge-
stellen in der Geschichte eher die Ausnahme dar. Daran gilt es wichte jedenfalls langfristig von selbst einstellen. John Meynard
sich heute zu erinnern, um das Erreichte wertzuschätzen und die Keynes, der große britische Ökonom der Nachkriegszeit, hat
Probleme mit Entschiedenheit anzugehen. dies mit britisch-pragmatischem Humor einmal so kommentiert:
„but in the long run we are all dead.“ Und weiter: . „Economists
Wieso – so frägt man sich jedoch – treffen die Krisen die Idee set themselves too easy, too useless a task if in tempestuous
eines vereinten Europas so hart, wo doch - trotz aller Defizite - seasons they can only tell us that when the storm is long past
die letzten 60-70 Jahre zweifellos eine Erfolgsgeschichte waren? the ocean is flat again.“ Seine eigene ökonomische Theorie,
Denn: Jeder Blick zurück in das 19. Jhdt. und die erste Hälfte die den Staat als Stimulator der Wirtschaft in die Pflicht nimmt,
des 20. Jhdt. Lehrt uns, dass Europa nie reicher und friedlicher basiert auf den Erfahrungen der Weltwirtschaftskrise der 1930er
war als heute. Jahre. Diesem antietatistischen Gleichgewichtsdenken eignet so
ein anarchistischer Zug. Es wird heute vor allem von der neuen
Ich möchte den folgenden Überlegungen die These zugrunde Rechten in den USA und (wenn auch hier weniger radikal) in Eu-
legen, dass es sich primär um geistige und ethische Orientie- ropa vertreten und findet durchaus auch im katholischen Raum
rungskrisen mit einer wirtschaftlichen, politischen und kulturel- seine Fürsprecher. Der Globalismus mit seiner radikalen Skepsis
len Dimension handelt und erst in zweiter Linie um institutionelle gegenüber wirtschaftspolitischer Steuerung führte verbunden mit
Probleme. Also, die Blickrichtung einmal umdrehen! Ich möchte der Globalisierung zu unterschiedlichen Krisen (Nahrungsmittel-
die Frage Europa quo vadis? dabei entlang klassischer Prinzi- krisen, Energiekrisen). Als am dramatischsten erwiesen sich die
pien der katholischen Sozialethik – Solidarität und Gemeinwohl Finanzkrisen, die sich nach der Deregulierung der globalen Fi-
und, so sei hinzugefügt, Versöhnung -thematisieren. Max Weber nanzmärkte 1991 multiplizierten, vor allem jene von 2008, deren
hat einmal geschrieben, dass die Geschichte von Interessen und Folgen bis heute spürbar sind. Die damals notwendigen „Ban-
Ideen bestimmt ist. Ich gehe also davon aus, dass wir es heute kenrettungen“ ließen die Staatsschulden in vielen europäischen
vor allem mit einem Defizit an wirksamen und praktizierten hu- Ländern stark ansteigen. Noch schwerer wiegt, dass das Mene-
manen und geistigen Ideen zu tun haben. tekel einer weiteren Finanzsystemkrise nach Ansicht praktisch
Ein zweiter die folgenden Überlegungen leitender, stärker struk- aller Experten bisher in keiner Weise gebannt werden konnte.
tureller Gedanke stammt von dem 2009 verstorbenen liberalen
Soziologen und Sozialphilosophen Ralf Dahrendorf. Er hat das Globalisierung und Globalismus führten zudem zu Reichtums-
Verhältnis von liberaler Wirtschaftsordnung und liberaler politi- konzentrationen, die jenen vor dem Ersten Weltkrieg vergleich-
scher Ordnung treffend als Quadratur des Kreises charakteri- bar sind. Für wirtschaftliche Großakteure, Unternehmen wie Ban-
siert. Während nämlich die national verankerte demokratische ken, erweist sich der Wegfall nationaler Verankerungen insofern
Politik auf dem Grundsatz der Gleichheit basiere (one man one als vorteilhaft, als sie sich so staatlichen Regulierungen und ihrer
vote), sei die liberale Wirtschaftsordnung tendenziell anti-egali- Steuerpflicht teilweise oder zur Gänze entziehen können. Der
tär. Die Globalisierung hat diese im System grundgelegte Span- Wettbewerb unter Staaten führt zudem zu einem bottom down
nung nochmals radikal verschärft. Sie konnte durch Politik und race hinsichtlich von Gewinn- und Unternehmenssteuern und er-
Interessenverbände nämlich nur solange halbwegs ausgegli- möglicht die nicht marktkonforme Aushandlung von Steuervor-
chen werden, als Staat und Wirtschaft über weite Strecken noch teilen und Subventionen. Ein schon skurriles Beispiel dafür ist,
deckungsgleich waren. dass der Großkonzern Apple Irland, dem Land in der EU mit den
niedrigsten Gewinnsteuern und damals noch einer der höchs-
Wirtschaft in Europa: Krise der Solidarität und des Gemein- ten Staatsverschuldungen aufgrund des Bailouts einer Bank,
wohlgedankens Steuern von Milliarden Euro nachzahlen sollte. Irland lehnte dies
ab, um seinen Standortvorteil für Großunternehmen nicht zu ge-
Die soziale - später öko-soziale - Marktwirtschaft war ein Kind fährden und sollte dazu von der zuständigen EU-Kommission
der Zeit nach dem 2. Weltkrieg. Sie ermöglichte in allen Ländern gezwungen werden. Diese Vermögens¬konzentrationen sind
Europas ein in der Geschichte einmaliges Maß an sozialem Aus- aus sozialen, aber auch aus wirtschafts- und demokratiepoliti-
gleich, nicht zuletzt durch die Bereitstellung einer Vielzahl öffent- schen Gründen besorgniserregend. Konzerne können aufgrund
licher Güter und trug so zu einer gerechteren Verteilung der er- ihrer schieren Finanzmacht die Entstehung von Gesetzen durch
wirtschafteten Vermögen bei gleichzeitiger starker Erhöhung der Lobbying ebenso wie deren Auslegung zu ihren Gunsten beein-
Produktivität bei. Dieser so genannte rheinische Kapitalismus flussen und die öffentliche Meinungsfreiheit einschränken. Dafür
verlor angesichts der Globalisierung teilweise seine institutionel- zwei Beispiele: Eine mir bekannte Handelsrichterin antwortete
le Grundlage. „Die Stürme der Globalisierung haben“ – wie der auf meine Frage, warum Prozesse gegen Großunternehmen und
deutsche Politikwissenschaftler Hauke Brunkhorst formuliert - Banken so lange dauern, dass die Zahl der Richter in keinem
„die wichtigsten Funktionssysteme und Wertsphären der Gesell- Verhältnis zur Zahl der, überdies um vieles besser bezahlten
schaft aus ihren nationalstaatlichen Verankerungen gerissen“. Rechtsanwälte, Steuerprüfer, Wirtschaftstreuhänder usw. stehe,
Die der Globalisierung zugrunde liegenden technischen Erfin- die von Seiten der Großunternehmen den Prozess begleiten.
dungen revolutionierten in nur 30 Jahren alle Lebensbereiche. Massive finanzielle Ressourcen verschaffen so wirtschaftlichen
Die wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Rahmenbedin- Großakteuren Vorteile, ohne dass Korruption im Spiel ist, die die
gungen änderten sich seit den 1980er Jahren radikal. Dies gilt Rechtserstellung- und -durchsetzung darüber hinaus gefährdet.
vor allem für die Wirtschaft. Durch die Möglichkeit globaler Kom- Sie (Anm.: die finanziellen Ressourcen) können zudem einge-
munikation in Echtzeit wurde ein globaler Markt überhaupt erst setzt werden, um die öffentliche Meinung in eine genehme Rich-
geschaffen und die Entstehung globaler Wertschöpfungsketten tung zu lenken und Kritik zu unterbinden. So sagte, um auch hier
ermöglicht. Ein Ende der Entwicklung sowie ihre langfristigen ein Beispiel zu nennen, vor einigen Jahren ein Universitätsdo-
Folgen für Europa sind noch nicht absehbar. Eindeutig ist jedoch, zent für Wirtschaftswissenschaften in einer Radiosendung etwas
dass neben Produktivitätsgewinnen aufgrund globalen Wettbe- flapsig, dass die Hypo-Alpe-Adria ihre mitteleuropäischen (Kon-
werbs auch massive Ungleichgewichte entstanden sind. zern)-Töchter wohl schwer an den Mann bringen werde, was den
Die technisch induzierte Globalisierung war überdies von einer Schaden mutmaßlich erhöhe. Wiewohl sich diese Aussage als
ideellen Komponente begleitet, die der deutsche Soziologe Ul- durchaus fundiert erwies, erhielt er noch am selben Tag ein Fax
rich Beck als Globalismus bezeichnet hat. Diese Unterscheidung der Rechtsanwälte dieser damals vom österreichischen Staat mit
ist insofern sinnvoll als der Globalismus anders als die Globalisie- Milliarden gestützten Bank mit einer Klagedrohung und der Auf-
rung durch politische Entscheidungen und eine situationsgemä- forderung 10 000 Euro zu zahlen. Er setzte sich mit einem Artikel
ße Anwendung der libertär-wirtschaftlichen Ideologie grundsätz- in einer Tageszeitung zur Wehr, worauf, wie ich erfuhr, die Ange-
lich beeinflussbar ist. Ihr Grundgedanke ist, dass der von allen (Fortsetzung auf Seite 24)
SoNNTAGSBLATT 23
legenheit von der Bank nicht weiter verfolgt wurde. Seine unbe- hätte. Das Fehlen einer vergemeinschafteten Wirtschafts- und
strittene fachliche Kompetenz war hier sicher hilfreich, doch das Sozialpolitik machte die Staaten anfällig für wirtschaftliche Dyna-
Beispiel zeigt, wie leicht hier Einschränkungen der Meinungsfrei- mik, die in den jetzigen Zustand divergenter Entwicklungen füh-
heit durch Einschüchterung umzusetzen sind. ren. Die heute allgemein als voreilig eingestufte Einführung des
Euro als Gemeinschaftswährung wurde unter diesen Bedingun-
Trotz dieser Nebenwirkungen dominiert die verführerisch einfa- gen zu einem gewagten Experiment mit weiterhin ungewissem
che wirtschaftliche Gleichgewichtslogik sich selbst regulierender Ausgang. Die Annahme, dass hier wie in anderen Fällen die
Märkte (ursprünglich Ausfluss eines optimistischen deistischen europäische Politik nachziehen und der Euro zur Triebkraft einer
Vorsehungsglauben, der bei Adam Smith noch durch die un- vertieften politischen Integration Europas werden würde, hat sich
sichtbare Hand, nun des Marktes, repräsentiert wird) weiterhin jedenfalls angesichts der sich globalisierungsbedingt verstär-
im akademischen Bereich wie auch in der Öffentlichkeit, wiewohl kenden zentrifugalen Kräfte, vor allem im Finanzbereich, nicht
hochrangige Wirtschaftswissenschafter die Mainstream-Ökono- bewahrheitet. Die Griechenlandkrise mit ihren dramatischen so-
mik öffentlichkeitswirksam als ideologisch entlarven (so promi- zialen Folgen war und ist die tragische Folge. Sie vergiftet das
nent Joseph Stiglitz und Jeffrey Sachs). Die Mainstream -Öko- politische innereuropäische Klima bis heute. Vor allem sie kehrt
nomik herrscht auch an manchen katholischen Universitäten vor, die ursprünglichen Parameter um. Bei einer Tagung von Iustitia
nicht zuletzt weil da sich dafür leicht finanzkräftige Sponsoren in Rom im Jahre 2013 zum Thema Gemeinwohl beschwerte sich
finden lassen. Zu dem wirtschaftstheoretischen Defiziten kom- ein Mitglied des Vorstands der Deutschen Bank wie damals en
men beachtliche praktische Schwierigkeiten: Kooperationsab- vogue über die unverantwortlichen Griechen. Auf meine Frage
kommen zwischen den 196 Staaten weltweit mit jeweils höchst nach dem Vortrag, ob es stimme, dass ca. 90% der europäi-
unterschiedlichen Interessen auf den Weg zu bringen, um Steu- schen Finanzhilfen an deutsche und französische Banken zu-
eroasen auszutrocknen, den Klimawandel zu bekämpfen u. Ä. rück geflossen seien, meinte er etwas verlegen: Ja, sie haben
m. sowie die Überwachung der Einhaltung der Verträge sind bei- recht. Die Komplexität dieses Vorgangs mit zwischengeschal-
nahe unmöglich geworden. Doch gerade hier böte eine koordi- teten Hedgefonds kann hier nicht nachgezeichnet werden und
nierte Zusammenarbeit innerhalb der EU gewisse Chancen, die wird, was zusätzlich beunruhigt, selbst von Finanzexperten und
bisher jedoch meist wegen möglicher Wettbewerbsnachteile (so Bankmanager nur teils durchschaut. Was sich jedoch hier wie in
im Falle der bereits beschlossenen Finanz-transaktionssteuer) anderen Fällen zeigt, ist, dass die wirtschaftliche Integration als
verhindert wurden. vorrangiges Instrument zur politischen Integration Europas seit
2008 vielfach zu einem Faktor der Desintegration geworden ist
Doch die Folgen dieser ideologischen und wirtschaftspolitischen und den Zerfall der EU durch die Entstehung nationalistischer
Einseitigkeiten sind gravierend: Wachsende Staatsverschuldung Politk befördert.
aufgrund des Ausfalls der Steuereinnahmen von Großunter-
nehmen, sinkende Gewinnsteuern aufgrund des Standortwett- Doch: Die Wirtschaftspolitik in allen Ländern Europas basiert
bewerbs, aber auch gar nicht marktkonforme Subventionen für auf politischen Entscheidungen, die – vor allem wenn innerhalb
Konzerne, um Arbeitsplätze zu sichern und im Land zu halten der EU koordiniert – trotz der Globalisierung bis zu einem ge-
sowie bail-outs jener Bankinstitute, die zu groß sind, um sie fal- wissen Grad steuerbar sind. Es wäre daher möglich, die Idee
len zu lassen (too big to fail), Externalisierung von sozialen und innereuropäischer Solidarität sechzig Jahre nach Gründung der
ökologischen Kosten u. Ä. m., um nur die wichtigsten Kollate- Europäischen Union angesichts der neuen geopolitischen und
ralschäden zu nennen. Ausgabenreduktionen im Infrastruktur-, geowirtschaftlichen Gegebenheiten neu zu denken. Wie könnten
Sozial- und Bildungsbereich oder weitere Schulden nicht nur des – so die Frage – neue kreative Ideen aussehen, die jenen der
Staates, sondern auch der Länder und Kommunen sind die Fol- Vordenker der europäischen Ordnung entsprechen? Was käme
ge, wobei beides zu Lasten der Zukunft unserer Gesellschaften heute der genialen Idee eines Jean Monnet gleich, der bereits
geht. „Lauter kleine Griechenländer“ titelte eine deutsche Tages- in der Zwischenkriegszeit den Plan für eine europäische Nach-
zeitung vor einiger Zeit mit Blick auf die deutschen Kommunen. kriegsordnung entworfen hat? Diese sah eine Vergemeinschaf-
Dass die Vernachlässigung des öffentlichen Raums vor allem in tung der wichtigsten Kriegsmaterialien, Kohle und Stahl vor, um
ländlichen Regionen zudem gravierende politische Folgen hat, so weitere Kriege zu verhindern. Dies war die Grundlage des
zeigt sich darin, dass sich hier die meisten rechten Protestwäh- Schuman-Plans von 1950, der bereits sechs Jahre (!) nach dem
ler finden. Zusammenfassend: Die wirtschaftliche Globalisierung Ende des Zweiten Weltkriegs zur Gründung der Montanunion als
hat manchen Akteuren in den letzten Jahrzehnten riesige Gewin- Nukleus einer neuen europäischen Friedensordnung führte. Wie
ne gebracht und generell zu Produktivitätszuwächsen geführt. müssten weitsichtige Pläne heute aussehen, um unter den um
Doch zugleich wurden und werden die negativen langfristigen vieles besseren ökonomischen und politischen Bedingungen der
Dynamiken unterschätzt. Hier wäre es notwendig gegenzusteu- Gegenwart, z. B. durch eine europäische Sozialordnung sich auf-
ern, was jedoch aufgrund der Schwächung der nationalen Politik bauende Konflikte zu entschärfen, gemeinsam gegen die Aus-
auch größerer Länder sich als schwierig erweist und zudem wirt- wüchse des globalen Kapitalismus vorzugehen durch EU-Re-
schaftstheoretisch unter Generalverdacht gestellt wurde. geln gegen Steuerevasion, Eindämmung der Finanzspekulation
durch die Wiederbelebung des Planes einer Finanztransaktions-
In Europa kam hinzu, dass die Globalisierung ebenso wie der steuer, die Bereitstellung öffentlicher Güter vor allem im ländli-
sie ergänzende Globalismus in etwa zeitgleich mit dem Fall der chen Raum, eine Drosselung des Energieverbrauchs durch eine
Berliner Mauer einsetzte. Sie fällt also mit dem Ende der politi- stärkere Besteuerung, um Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und
schen wie ideologischen Nachkriegsbipolarität zusammen. Die last but not least eine europaweit koordinierte Flüchtlingspolitik.
Politik in Europa und in der EU war in den Jahren danach we- Dies gilt immer mit dem Blick auf die Folgen für sozial Schwäche-
sentlich damit beschäftigt, die Folgen des annus mirabilis 1989 re, Arbeitslose, kinderreiche Familien und Pensionisten, also auf
zu bewältigen. Jemand verglich die Lage einmal mit jener von eine „Option für die Armen“, wobei die unterschiedlichen Bedin-
zwei Kindern, die an einem Strick ziehen: wenn einer loslässt, gungen zu berücksichtigen sind. Der oben zitierte Jeffrey Sachs
gerät auch der Andere ins Taumeln. Die EU hat diese Heraus- hat von einem therapeutischen Zugang für einzelne Länder ge-
forderung durch die Integration von 12 (13 mit Kroatien) Ländern sprochen. Für eine derartige weitsichtige innereuropäische Soli-
nach der Implosion kommunistischer Regime in Ost- und Mittel- daritätspolitik gibt es gegenwärtig leider kaum Anzeichen, außer
europa überraschend gut bewältigt. Aber diese Integration band in den Reden des französischen Präsidenten Macron. Doch sei-
jene Kräfte, die notwendig gewesen wären, um die zeitgleichen ne Vorschläge harren bisher der europaweiten Diskussion. Es
Folgen der Globalisierung aufzufangen und ihr ein menschliches fehlt über weite Strecken die ideelle und moralische Vision, sowie
und europäisches Gesicht zu geben. der politische Wille, diese durchzusetzen, ja Begriffe wie Solidari-
tät werden (auch im katholischen Milieu) abgewertet aus Angst,
Dazu hätte es eines Mehr an symmetrischer wie asymmetrischer dass der eigene Wohlstand irgendwie geschmälert werden könn-
Solidarität bedurft. Dies hätte bedeutet, dass die wirtschaftlich te. Hier ist daran zu erinnern, dass nach christlichem Verständnis
schwächeren Länder und hier vor allem die schwächsten Teile Eigentum und Vermögen dem Menschen immer nur anvertraut
ihrer Bevölkerungen unterstützt worden wären und sich zugleich sind, um seine materiellen Grundbedürfnisse zu decken. Sie be-
Europa solidarisch als gemeinsamer politischer Raum angesichts gründen kein absolutes Recht. In diesem Sinne spricht Gaudium
der riesigen neuen globalen Herausforderungen neu positioniert et spes (69) ganz im Sinne der Tradition der gesamten Sozialver-
24 SoNNTAGSBLATT
kündigung von einer „universalen Bestimmung der Erdengüter“. und bei Bedarf – welcher stets entsteht – dem lieben Delinquen-
Eine Reflexion darüber, was diese Sozialpflichtigkeit des Eigen- ten – den Masseur inbegriffen, während er einen bearbeitet - ei-
tums in einer Zeit großen materiellen Wohlstands in Europa im nige äußerst nützliche Wörter auf Serbisch beizubringen. Es ist
Konkreten bedeutet, wäre höchst an der Zeit. Solidarität als so- nicht übertrieben zu behaupten, dass es ein erhebendes Gefühl
zialethisches Leitbild für die europäische Politik ist sowohl aus ist, neue Menschen kennen zu lernen und ich mag es besonders,
humanen, wie auch aus politischen Gründen heute mehr denn wenn bei einem Ereignis mehrere Fremde zugegen sind.
je gefordert.
Ach so, ich habe es fast vergessen: Ich bin Radojka Filakovity,
Einer der Flurschäden der ökonomistischen Ära, die sei hier nur mein Vorname kommt vom slawischen „Radost”, was „Freude”
kurz angesprochen, besteht in der Aushöhlung der Idee der Ge- bedeutet. Mein Kosename lautet „Radi“ – fast wie „Fradi“ (nach
meinwohlverantwortung. Die liberalistische Vorstellung, dass das dem Budapester Fußballclub Ferencváros (Franzstadt), R. G.),
Gemeinwohl die Summe der Einzelwohle sei, ist einer grundle-
aber wenn wir schon dabei sind, höre ich auch auf den Namen
genden Kritik zu unterziehen. Partei- und Individualinteressen
„Dorka“, weil - wenn jemand durch ein Wunder nicht einmal fä-
haben ihren Ort, aber sie können nicht als oberstes Ziel von Poli-
hig ist - sich „Radi“ einzuprägen, dann nennt er mich meistens
tik verstanden werden. Diese hat sich vielmehr am allgemeinen
Wohl als dem Wohl aller der ihr anvertrauten Personengruppe „Dorka“. Also, ich bin mütterlicherseits Madjarin, väterlicherseits
als Zielwert zu orientieren. Es schadet der Dignität von Politik Serbin.
und entspricht auch nicht ihren realen Gegebenheiten wie jenen
menschlicher Wirklichkeit überhaupt, das gesamte Handeln als Meine Vorfahren kamen nach dem Ende der osmanischen Herr-
von (bestenfalls langfristigen) Eigeninteressen geleitet zu be- schaft ins heutige Ungarn und ließen sich in dessen südlichem
greifen. Menschen handeln aus unterschiedlichen Motiven und Teil nieder. Die serbische Kultur und ihre Traditionen haben mei-
vielfach auch, wenn auch nicht ausschließlich, um der Anderen ne Vorfahren über Religion und Muttersprache bewahrt.
willen, für die sie Verantwortung tragen. Verantwortungsträger in
Leitungsfunktionen sind dazu nicht zuletzt rechtlich verpflichtet. Ich könnte länger darüber schreiben, wie sie fern des Mutter-
Diese Wiederentdeckung des Gemeinwohls als Zentralbegriff landes die schicksalsträchtigen Jahrhunderte der Geschichte
der politischen Ethik fordert heute zugleich zu einer Klarstellung überstanden und darüber, wie sie sich in ihrer neuen Heimat in-
heraus, wie sich das nationalstaatliche, europäische und inter- tegrierten. Ich könnte über die Traditionen, die Religion und über
nationale Gemeinwohl in den jeweiligen Sachbereichen und an- die Sprache selbst erzählen, aber ich möchte lieber über mich
stehenden Fragen zueinander verhalten. Dass zwischen diesen selbst und meine Familie erzählen: Darüber, was es bedeutet,
drei Ebenen starke Verflechtungen bestehen, ist offenkundig. Die in eine biethnische Ehe hineingeboren zu werden, in einer zwei-
Frage ist, wie sich dies jeweils auswirkt. So ist in der Klimafra- sprachigen Familie aufzuwachsen, wie man es schafft neben der
ge die internationale Ebene leitend, wiewohl auch hier die EU doppelten Identität sich selbst zu erkennen – Spoiler: es ist gar
viel bewirken kann und jeder Staat seinen Beitrag leisten muss, nicht so einfach – und was es bedeutet zu einer ethnischen Min-
in anderen Bereichen könnten die Schwerpunkte anders liegen. derheit zu gehören in einem immer intoleranteren Umfeld.
Hier käme die wesentliche Frage der Subsidiarität ins Spiel. Das
alles kann hier nicht ausgeführt werden. Zu warnen ist jedoch Fragen, die du nie an einen Menschen mit doppelter Identität
vor einer Entgegensetzung von nationalem und europäischem stellen sollst
Gemeinwohl, wie dies heute vielfach geschieht. Wohin dies führt
und welche Schwierigkeiten sich daraus im Einzelnen ergeben,
Fangen wir ganz vorne an. Ich stamme aus einer zweisprachigen
zeigen dieser Tage die Brexit-Verhandlungen, die hier – so ist zu
Familie: Mit der mütterlichen Linie kommuniziere ich im Alltag auf
hoffen – eine abschreckende Wirkung entfalten.
Ungarisch, mit der serbischen auf Serbisch. Da es meine Mutter-
sprache ist, denke, schreibe, träume und liebe ich auf Ungarisch
– selbst Serbisch spreche ich mit ungarischem Akzent. Ungarn
ist meine Heimat, aber hinsichtlich Religion und Traditionen bin
ich serbisch. Für die Serben im Mutterland bin ich zu ungarisch/
madjarisch, für die Madjaren/Ungarn bin ich zu serbisch. Das er-
schwerte meine Selbstbestimmung enorm.
Ich bin, wer ich bin, ich muss nicht wählen
- Leben mit der doppelten Identität Wenn du dich ethnisch von der Mehrheit unterscheidest,
dann musst du stets deine Herkunft erklären – und oft auch
(Vagyok, aki vagyok, nem kell választanom – Kettős iden- rechtfertigen.
titással az élet) Bis zum heutigen Tage enden die oberflächlichsten Gespräche
blitzschnell bei einer der für mich intimsten Fragen: Bist du jetzt
Madjarin oder Serbin? Als was fühle ich mich eher? Warum eher
Erschienen am 14. März 2019 im Online-Magazin WMN. Ver-
als das Eine und nicht als das Andere? Wenn ich Kinder habe,
öffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Autorin Radojka
wozu will ich sie erziehen: „Mache” ich aus ihnen „Serben”? Letz-
Filakovity; deutsche Übersetzung: Richard Guth
teres fiel übrigens bei einem Vorstellungsgespräch, ich denke,
ich muss nicht näher erläutern, warum das für mich in mehrfa-
Ich will nicht drum herumreden, mit doppelter Identität aufzu-
cher Hinsicht peinlich war.
wachsen ist ein schizophrener Zustand: ein bisschen so, ein
bisschen so, aber so richtig keins von beiden. Du gehörst zu die-
Darüber hinaus, dass ich diese Befragungen manchmal als aus-
sem, aber auch zu jenem, aber so richtig nirgendwohin dazu. In
gesprochen unangenehm empfand, war es mir lange Zeit nicht
diesem komischen Zwischenzustand gibt es nichts Schwierige-
klar, welche Antworten ich auf diese Frage geben soll, denn das
res – und Spannenderes –, als dich selbst zu finden und zu er-
„ein wenig beides” befriedigte in den seltensten Fällen meine
kennen: Unabhängig davon, dass die Mehrheit es braucht, deine
Gesprächspartner. Sie hatten eine klare, eindeutige Reaktion
Zugehörigkeit und auf diese Weise dich selbst durch das Dran-
erwartet, eine Bekenntnis zugunsten der einen oder der ande-
hängen eines Etiketts zu bestimmen, darfst du auf keinen Fall
ren Seite, was ich nicht selten so erlebt habe, dass ich wegen
dasselbe tun. Ein Beitrag von Radojka Filakovity.
meinem Serbentum mein Madjarentum verleugnen soll und um-
gekehrt. Es kam vor, dass ich mich ins endlose Argumentieren
Eine stinknormale Vorstellung dauert bei mir 15-20 Minuten. So
verwickelte, und es kam vor, dass ich auf den ausgeflippesten
viel Zeit nimmt in etwa in Anspruch, meinen Namen zweimal zu
Parties spontane Geschichtsstunden hielt. Es dauerte lange, bis
buchstabieren, auf Wunsch dessen Herkunft und Bedeutung zu
ich meine eigenen Antworten auf diese keinesfalls diskreten Fra-
erklären, zwecks besseren Einprägens kleine Floskeln zu produ- gen gefunden hatte, aber als es passiert war, berührten sie mich
zieren, einen historischen Ausblick über meine Wurzeln zu bieten nie wieder. (Fortsetzung auf Seite 26)
SoNNTAGSBLATT 25
Warum kommt der Nikolaus (Väterchen Frost) nicht zur glei- spürte, weil ich eine andere ethnische Zugehörigkeit habe.
chen Zeit zu uns wie bei den „normalen Kindern?”
Aber auch auf das nächste Mal musste man nicht lange war-
In Ungarn leben seit Jahrhunderten Serben. In dieser Zeit konn- ten: Die Situation war natürlich eine andere, aber verursachte
ten wir unsere Kultur, Sprache und unsere nationale Zugehörig- ähnliche Bauchschmerzen, als einige Jahre später die nationa-
keit über die Religion und die damit verbundenen Traditionen listischen Gedanken immer mehr an Bedeutung gewannen und
bewahren – es ist kein Wunder also, dass diese bis heute eine auch das - wie die Flüchtlingskrise der letzten Jahre - den Frem-
wichtige Rolle in unserem Leben spielen. Deshalb war es, als denhass verstärkte. Es ist nicht allzu lange her, als einer meiner
meine Eltern die Hochzeit planten, gar keine Frage, dass meine Bekannten von einer Demo auf dem Kossuth-Platz postete - mit
madjarische Mutter katholischen Glaubens zur serbischen Or- der Botschaft, dass er sich wünsche, dass sein Kind in einem
thodoxie konvertiert – so pflegen wir in der Familie die Bräuche, madjarischen Land aufwachse.
die zu dieser Religion gehören. Das hat zur Folge, dass wir die
Feste gemäß des Julianischen Kalenders mit einer kleinen Ver- Hat er nur eine Sekunde lang darüber nachgedacht, welches
schiebung feiern. Gewicht diese Worte haben? Wie ausgrenzend und hasserfüllt
es ist und was er damit seinem Kind vermittelt?
Wenn etwas, dann war es das, was bei mir anfangs für viel Ver-
wirrung sorgte. Ungarn war nie rein madjarisch, zahlreiche, hier lebende Natio-
nalitäten haben sein Schicksal beeinflusst und seine Kultur be-
Als ich mein Selbstbewusstsein erlangte, protestierte ich, dass reichert, unter anderem auch die Serben, die vor der osmani-
der Nikolaus (Väterchen Frost) nicht zur gleichen Zeit zu uns schen Besatzung damals hierher flohen. Zählen sie mittlerweile
kommt wie bei den anderen, „normalen” Kindern. Ich meinte, das auch als Fremde? Als Einwanderer, Migranten? Während mich
Leben sei ungerecht, weil ich im Vergleich zu meinen Freunden dies unheimlich verärgert, verspüre ich auch ein hohes Maß
noch Tage auf meine Geschenke warten musste. an Mitleid: Es kann furchtbar sein, unter Hass und in Angst vor
einem imaginären Feind zu leben. Und es kann furchtbar sein,
Anfangs war es meine felsenfeste Überzeugung, dass es sich das unseren Kindern weiterzugeben, anstelle sie zu Akzeptanz,
um ein Missverständnis handelt – vielleicht hat sich Väterchen Offenheit und Empathie zu erziehen. Ich habe dann vor dem
Frost bei der Hausnummer vertan -, so habe ich unerschrocken Computer geschworen, dass ich nie wieder Angst verspüren will
meine eigenen Versuche gestartet: Ich habe meine Stiefel am 5. wegen meiner Herkunft.
Dezember ebenfalls ins Fenster gestellt – man sagte selbst im
Fernsehen durch, dass man es zu dieser Zeit tun sollte – und ge- Meine Wurzeln, meine Geschichte
wartet, dass ein Wunder passiert. So erging es auch meinen El-
tern: Sie flehten inbrünstig, auf ein himmlisches Wunder hoffend, Lange Zeit fiel es mir schwer, mich selbst zu definieren, aber
dass ich endlich mit dem Weinen aufhöre, aber trotzdem sind sie heute bin ich dankbar für meine doppelte Identität, meinen für die
nicht schwach geworden. Mehrheit ungewöhnlich klingenden Namen und meine Traditio-
nen. Ich habe gelernt, mich selbst zu vertreten und ich habe mei-
Mittlerweile schätze ich ihre Konsequenz, unter anderem so ha- ne Ängste loslassen können, bezüglich dessen, was passiert,
ben sie mir vermittelt, wie wichtig die Traditionen sind, die unse- wenn mich andere nicht verstehen. Ich habe akzeptiert, dass ich
re Familie pflegt, und so halfen sie mir dabei – auch wenn es immer ein wenig aus der Reihe tanze, aber eben aus dem Grun-
mir lange nicht bewusst wurde – zu definieren, wozu ich gehöre. de bin ich diejenige, die ich bin. Weil ich weiß - wohlwissend,
Schlussendlich konnte man mich wie jedes Kind, das offen für dass es sehr klischeehaft klingt -, dass die zwei Sprachen, die
Antworten ist, mit bloßen Argumenten überzeugen: Nachdem zwei Kulturen einen bereichern: Sie machen einen offener, tole-
man mir erklärt hat, dass Väterchen Frost, Jesulein und Osterha- ranter – es braucht aber Zeit, bis man das erkennt und schätzen
se meiner madjarischen Großeltern zur gleichen Zeit wie bei den lernt und nicht die Lasten sieht, die mit der Verschiedenartigkeit
„normalen” Kindern kommen und meine Schwester und ich so dahergehen.
eigentlich jedes Fest gleich zweimal feiern, habe ich aufgehört,
Anstalten zu machen. Eine Zeit lang, sicher ist sicher, habe ich Ich weiß es heute, dass der Kirchgang, der einen als Kind un-
meine Stiefel am 5. Dezember ins Fenster gestellt. heimlich langweilt, die Nationalitätenrezitationswettbewerbe,
die zweisprachigen Schulen dem Zweck gedient haben, meine
Muss ich Angst haben, dass ich eine andere ethnische Zu- Wurzeln besser kennen zu lernen und mich mit ihnen enger ver-
gehörigkeit habe? bunden zu fühlen. Das bedeutet aber nicht, dass ich deswegen
weniger eine Madjarin wäre.
Ich war zehn, als die NATO damit begann, Serbien zu bomba-
dieren. Mein Heimatdorf Сантово/Santovo/Hercegszántó liegt Mein Serbentum bestimmt mich genauso wie mein Madjarentum,
an der Grenze, ich kann mich gut an den scharfen Ton des Luft- aber dank meiner Nationalität, der ich angehöre, habe ich einen
alarms erinnern und daran, wie wir abends im Bett meiner Eltern Halt, einen Orientierungspunkt, ein Schutznetz in der Welt be-
liegend hörten, wie die Flugzeuge über uns herfliegen. Lediglich kommen, was einem - geben wir es zu - gelegen kommt. Zum
zwei Kilometer weiter, auf der anderen Seite der Grenze wurden Glück habe ich einen Mann gefunden, der all das versteht und
Heime dem Erdboden gleichgemacht. Menschliche Existenzen akzeptiert, was damit zusammenhängt – von der Traditionspfle-
gingen verloren oder veränderten sich unumkehrbar, unter ihnen ge bis hin zur zahlenmäßig großen, lauten und sehr lebensfro-
auch die unserer dort lebenden Verwandten. Ich hatte Angst, hen Verwandtschaft –, und für den es selbstverständlich ist, dass
dass einer der Piloten sich bei den Koordinaten vertut und auch wir unsere Kinder ebenso zu Serben wie zu Madjaren erziehen
wir sterben müssen, dort, im Bett meiner Eltern, das bis zu dem werden.
Zeitpunkt die sicherste Unterschlupf für uns war.
Heute ist die Antwort auf die Fragen nach meiner Identität ein-
Daneben gab es sehr viele Fragen, die mich beschäftigten: Ich deutig: Ich bin ungarländische Serbin. Ein wenig dies, ein wenig
habe nicht verstanden, warum man an solchen Menschen Rache das. Punkt! Wenn jemand deswegen nicht weiß, wie er mich ein-
üben muss, die für nichts verantwortlich waren. Deren Schuld es ordnen und mit welchem Etikett versehen soll, dann ist das seine
lediglich war, dass sie dort lebten, wo sie lebten und solche sind, Geschichte, nicht meine. Ich kenne meine und bin außerordent-
wie sie sind. „Teilweise sind wir auch Serben, müssen wir jetzt lich stolz auf sie.
auch Angst haben?” - ich war noch zu klein um zu verstehen,
welche Interessen die Politik beeinflussen. In diesem Monat, am Quelle:
24., jährt es sich zum 20. Mal, dass die Offensive „Mercifull An- https://wmn.hu/wmn-life/50419-vagyok-aki-vagyok-nem-kell-va-
gel” (Barmherziger Engel) startete, die 78 Tage dauerte. Deren lasztanom---kettos-identitassal-az-elet?fbclid=IwAR32X-
Spuren trägt das Land immer noch und ich werde diesen Zeit- 2h1OoNhkM4vNSZi0GovhNDEU9XGP1J21x59YFiXURirR60-
abschnitt auch nie vergessen, als ich zum ersten Mal Angst ver- rIAoooc
26 SoNNTAGSBLATT
Entscheidung getroffen, dass das in Wien ansässige Haus der
JBG-Nachrichten s Heimat in den kommenden Jahrzehnten in ein Vertreibungsmu-
seum umgewandelt wird.
NIn der letzten Nummer hat die Jakob Bleyer Gemeinschaft da-
rüber berichtet, dass unser Verein in Kooperation mit der örtli-
chen der Deutschen Selbstverwaltung von Werischwar/Pilisvö- 4. SB-Lesertreffen in Paaja abgehalten
rösvár an der Aufstellung zweisprachiger Bahnhofsschilder am
Gebäude des Werischwarer Bahnhofs arbeitet. Die Ungarischen
Staatsbahnen (MÁV) haben uns den Ansichtsplan und die ge- Von Stefan Pleyer
naue Parameter zugeschickt, und jetzt wartet die Stadt Werisch-
war auf Preisangebote für das Anbringen des Schildes. Über das Tragen deutscher Vornamen, ihre Aufführung auf Ur-
kunden und bestehende Rechtslücken dachten die Teilnehmer
Mit einem solchen Schritt können wir die Existenz unserer Min- des zum 4. Male veranstalteten Sonntagsblatt-Lesertreffens,
derheit betonen – daher ist das Aufstellen von Bahnhofsschildern
diesmal im Nationalitätenzentrum in Paaja, gemeinsam nach,
in einer einzigen Gemeinde nur der erste Schritt. Deshalb haben
teilweise in Batschkaer Mundart. Das gut besuchte Treffen wur-
wir die Entscheidung getroffen, dass wir nach der Aufstellung des
de durch eine Kooperation zwischen den Paajaer Deutschen
Schildes in Werischwar eine landesweite Initiative starten, damit
und der Jakob Bleyer Gemeinschaft in der Haupstadt der Nord-
überall, wo eine zahlenmäßig starke deutsche Minderheit lebt,
batschka realisiert. Konklusion: mit Uraltgespenstern der Ver-
solche zweisprachige Bahnhofsschilder erscheinen. Darüber hi-
naus sind wir offen für eine Zusammenarbeit mit Vertretern der gangenheit und dem jetzigen „ungarndeutschen” Namensver-
anderen ungarländischen Minderheiten. zeichnis abrechnen!
s
Der für die Ödenburger Donauschwaben (angeblich) überra-
schende Eintritt Brenners in die JOBBIK war Anlass für Till, sei- Aufruf
nen Beitrag „Angekommen„ ins SB zu setzen. Seine Verwunde-
rung kann ich sogar verstehen; auch ich (der Vertriebene), der
in des Lebens Frühlingstagen dieses schöne Land noch seine
Heimat nennen durfte, war nicht wenig überrascht, als ich „en
JBG-Studienfahrt
passant“ - im 21. Jahrhundert – erfuhr, dass Donauschwaben nach Siebenbürgen
aus meinem Bekannten- und Verwandtenkreis entweder in der 03. - 07. Oktober 2019
Fidesz oder in der Jobbik ihre „politische Heimat“ gefunden hat-
ten.
„Auf den Spuren von Honterus”
Wenn ich mit meinem Freund Till gelegentlich Verständigungs-
schwierigkeiten hatte, konnten wir diese fast stets ausräumen;
auch hier (in seinem Bericht) hege ich den Verdacht, dass jeder Die Jakob Bleyer Gemeinschaft möchte die Reihe erfolgreicher
von uns das Wort „Überraschung“ im anderen -- wenn nicht gar Studienfahrten zu den deutschen Minderheitengemeinschaften
im konträren -- Sinne verstanden wissen wollte! in den Nachbarländern auch in diesem Jahr fortsetzen. Nach
der Vojvodina-Fahrt im vergangenen Jahr führt unser Weg dies-
Ich würde mich, z. B., wundern, wenn mein Freund Till den der- mal in den siebenbürgischen Königsboden bzw. ins Burzenland.
zeitigen ungarischen Staatslenker Orbán deshalb als einen ver-
nünftigen Staatsmann einstufte, weil er: -- (zusammen mit USA, Geplantes Programm:
Australien, Brasilien, Israel und anderen) den „UN - Migration-
pakt nicht unterschrieben oder -- die Organisation eines Dol-
lar-Milliardärs aus dem Land gejagt hat. 1.Tag: Anreise, Vortrag/thematische Einführung
2.Tag: Stradtrundgang in Hermannstadt, Treffen mit Vertretern
Trotz Tills Klagen über (angeblich längst versprengte) Grüpp- der Siebenbürger Sachsen, Besuch in Heltau und Neppendorf
chen, die -- in Erinnerung an „Trianon“ -- Transparente wie ein 3.Tag: Rundfahrt auf dem Königsboden (Birthälm-Malm-
„historisches Mantra“ (Till-Sprech), das Signum „Reconquista krog-Schässburg-Deutsch-Weißkirch)
Hungaria“ (Puhl-Sprech) vor sich hertragen, scheint mein Freund
Hans -- wenn ich ihn diesmal richtig verstünde -- auf Jobbiks Kraft 4.Tag: Besuch in Kronstadt, Treffen mit Vertretern der evangeli-
-- in einer Koalition mit Fidesz zu setzen!? Brenner nährt -- eher schen Honterusgemeinde, Gedenken am Honterus-Denkmal
unbewusst -- die Till‘schen Hoffnungen mit den Versen: „Die Or- 5.Tag: Heimfahrt über Temeswar
bán-Partei Fidesz und Jobbik haben auf der politischen Palette
die Plätze getauscht und das nicht vorgestern“. Das verstehe, Voraussichtliche Teilnahmegebühren (Busfahrt und Unterkunft):
wer will. Brenner meint wohl das Wählerverhalten zu Gunsten 35.000 Ft
der Jobbik. Mit keinem Wort leugnet er allerdings die geistige
Verwandtschaft beider Parteien. Damit habe ich persönlich Anmeldung über info@jbg.hu
keine Probleme!
Jugendliche und JBG-Vereinsmitglieder werden bei der Anmel-
Ich werde erst die Streitaxt schwingen, wenn die in meiner frühen
dung bevorzugt berücksichtigt, bei Jugendlichen und jungen
Jugendzeit losgelassene Krake der Sprachbehinderung für - ca.
Erwachsenen im Studium oder in Ausbildung ist auch das
200 Jahre in Ungarn lebende - Deutsche wieder drohen sollte.
Den gleichen festen Willen dürfen wir getrost bei unseren zwei Gewähren eines Zuschusses möglich.
deutschen Helden annehmen. Es kann aber auch nicht scha-
den, wenn sich zwei tapfere Deutsche gegenseitig anspornen. Spenden für das Sonntagsblatt
In diesem Sinne interpretiere ich die Schlusssätze des ersten
Abschnitts seines Beitrags: „So versäumt Brenner auch nicht im Spenden aus Ungarn
Interview darauf hinzuweisen, dass er es als Intellektueller für
seine Pflicht erachte, der Diktatur des Einparteiensystems ent-
vom 19.11.2018 bis 01.02.2019
gegenzutreten.“ Der Leser staunt, der Interpret des „Theaters“
wundert sich. Till wünscht sich – so scheint es -- eine starke Job-
bik, der er zutraut, „Orbáns autoritäre Alleinherrschaft“ -- rechts Deutsche
überholend -- zu brechen. Also setzt Till auf die „klaren Worte“ Ratzpeter/Újpetre 10.000,- Ft
Selbstverwaltung
des „eloquenten geistigen Überfliegers und frisch-gewählten
Jobbik-Politikers Brenner“ seine Hoffnungen (auf die Befreiung Bardos, Katharina Deutschbohl/Bóly 1.000,- Ft
von Orbáns Joch)!? Brenner, Koloman Dr. Hanselbek/Érd 10.000,- Ft
Tills Wunsch und Aufforderung an Brenner, nun endlich loszu- Bauer, Egon Gran/Esztergom 5.000,- Ft
schlagen, ist in seinem Schlusssatz unverkennbar: „Wir werden Bauer, Bence Ofenpest/Budapest 4.444,- Ft
aufmerksam verfolgen, wie weit Koloman Brenner seinen Worten
Czirjak, Josef Dr. Fünfkirchen/Pécs 10.000,- Ft
Taten folgen lassen wird (bzw. kann)“. Da werde ich an einen
- von meinen englischen Freunden häufig gebrauchten – Satz Erdei, Franz Moor/Mór 10.000,- Ft
erinnert: „He wants the cake and eat it“. Besser verstanden wird Erdősi, Andreas Ofenpest/Budapest 2.000,- Ft
wohl der deutsche Spruch: „Er will den Teufel mit dem Beelzebub
austreiben“. Hambuch, Gerda Ofenpest/Budapest 30.000,- Ft
30 SoNNTAGSBLATT
Sándor-Hönigmayer, BEITRITTSERKLÄRUNG
Ragendorf/Rajka 3.000,- Ft
Elisabeth
Koch, Heinrich Dr. Bonnhard/Bonyhád 4.000,- Ft Unterzeichnete/r erkläre mich mit den Zielsetzungen der
Jakob Bleyer Gemeinschaft einverstanden und beantrage
Werischwar/
Manhertz, Matthias 5.000,- Ft somit meine Aufnahme in die Mitgliedschaft des Landesve-
Pilisvörösvár
reins.
Manherz-Klinger, Werischwar/
5.000,- Ft
Maria Pilisvörösvár
Meinen Mitgliedsbeitrag werde ich gerne in Form einer
Pencz, Kornel Dr. Baaja/Baja 5.000,- Ft Spende entrichten. Ich nehme zur Kenntnis, daß mir das
Werischwar/ Sonntagsblatt frei zugeschickt wird, zu dessen inhaltlicher
Peregi, Martin 1.500,- Ft
Pilisvörösvár Gestaltung und Verbreitung ich meine Mithilfe zusage.
Pócsik, Viktor Ofenpest/Budapest 5.000,- Ft
Preusser, Tibor Dr. Ofenpest/Budapest 2.000,- Ft Datum:......................................................................................
Richter, Otto Balatonfüred 3.000,- Ft Unterschrift (leserlich):.............................................................
Name:.......................................................................................
Seereiner, Tibor Ofenpest/Budapest 5.000,- Ft
Adresse:...................................................................................
Streb, Rosalia Fünfkirchen/Pécs 3.000,- Ft .................................................................................................
Szettele, Philipp Dr. Baaja/Baja 2.000,- Ft Tel.:..........................................................................................
Tápai, Ildikó Ofenpest/Budapest 5.000,- Ft E-Post (E-mail) Adresse:..........................................................
Geburtsort u. Datum:................................................................
Tefner, Zoltán Dr. Ofenpest/Budapest 5.000,- Ft
Abstammungsgebiet/Herkunfsort:............................................
Werner, Gabriel Fünfkirchen/Pécs 5.000,- Ft Beruf (auch früherer):...............................................................
Frau Wittendorfer/
Badesek/Bátaszék 10.000,- Ft
Wittendorfer Antalné Allen Mitgliedern wird das Sonntagsblatt ab sofort und lau-
fend zugeschickt.
Weitere Spenden
Mitgliedsbeitrag (Sonntagsblatt inbegriffen) ist Ihre SPENDE.
Fordinal, Theresia Welzheim/D 10,- EUR
Senz, Ingomar Dr. Deggendorf/D 50,- EUR
Sonnevend, Adam BESTELLUNG
Rostock/D 50,- EUR
Dr.
Suevia Pannonica Heidelberg/D 200,- EUR Ich bitte um Zusendung des Sonntagsblattes an:
Weifert, Mathias Dr Miltenberg/Main/D 5,- EUR
Name:..........................................................................
Anschrift:......................................................................
.....................................................................................
Herzlichen Dank allen lieben Spendern,
Ich erkläre mich bereit, die Kosten des Sonntagsblattes mit
die das Sonntagsblatt am Leben erhalten! einer Spende zu begleichen.
Datum:.........................................................................
Unterschrift:..................................................................
Gefördert durch NEMZ-KUL-19-1040
Herausgeber des Mitteilungsblattes: Jakob Bleyer Gemeinschaft e. V. Begünstigter: Jakob Bleyer Gemeinschaft e. V.
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