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Georg Maybaum | Petra Mieth | Wolfgang Oltmanns | Rainer Vahland

Verfahrenstechnik und Baubetrieb im Grund- und Spezialtiefbau


Georg Maybaum | Petra Mieth
Wolfgang Oltmanns | Rainer Vahland

Verfahrenstechnik und
Baubetrieb im Grund-
und Spezialtiefbau
Baugrund – Baugruben – Baugrundverbesserung –
Pfahlgründungen – Grundwasserhaltung
2., überarbeitete und aktualisierte Auflage
Mit 220 Abbildungen und 180 Tabellen

PRAXIS
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
<http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

1. Auflage 2008
2., überarbeitete und aktualisierte Auflage 2011
Alle Rechte vorbehalten
© Vieweg +Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Lektorat: Dipl.-Ing. Ralf Harms | Sabine Koch
Vieweg+Teubner Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien.
Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media.
www.viewegteubner.de
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berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im
Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher
von jedermann benutzt werden dürften.
Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg
Druck und buchbinderische Verarbeitung: AZ Druck und Datentechnik, Berlin
Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier
Printed in Germany
ISBN 978-3-8348-1614-6
Vorwort

Das Kompendium „Verfahrenstechnik und Baubetrieb im Grund- und Spezialtiefbau“ ist eine
Zusammenfassung und Aktualisierung der von den Professoren Dipl.-Ing. K. Simons und
Dr.-Ing. W. Schnell initiierten Reihe „Verfahrenstechnik der Grundwasserhaltung“, „Verfah-
renstechnik der Baugrundverbesserungen“, „Verfahrenstechnik zur Sicherung von Baugru-
ben“ und „Verfahrenstechnik der Pfahlgründungen“. In Anbetracht der zunehmenden öko-
nomischen und ökologischen Bedeutung des Bauens mit und des Bauens im Boden bedurfte
es zur Berücksichtigung neuer technischer Entwicklungen und geänderter monetärer Rand-
bedingungen einer Neugestaltung der bisherigen Reihe.

Das neue Kompendium soll unter Berücksichtigung zwischenzeitlicher technischer und nor-
mativer Entwicklungen sowie aktueller wirtschaftlicher und betrieblicher Bedingungen das
Wissen kompakt und zusammenhängend vermitteln.

Bei der jetzt vorgelegten zweiten Auflage wurden die geotechnischen, planerischen und
bauwirtschaftlichen Grundlagen ergänzt und insbesondere die normativen Bezüge aktuali-
siert. Diese Grundlagen gelten längerfristig und sollten bei konkreten Projekten unter Beach-
tung geltender rechtlicher Rahmenbedingungen ingenieurtechnisch angemessen angewandt
werden. Die exemplarischen bauwirtschaftlichen Berechnungen erfolgten anhand aktueller
veränderlicher und projektspezifisch variabler Erfahrungswerte. Unbeschadet der Methodik
müssen die genannten Kosten deshalb konkret und zeitnah zur Realisierung ermittelt werden.

Die Autoren strebten auf der Grundlage ihrer langjährigen Arbeit in Forschung und Lehre
sowie ihrer beruflichen Erfahrungen gut verständliche, fundierte und praxisrelevante Darstel-
lungen an. Das Kompendium soll insbesondere Studierenden eine Hilfe zum Verständnis
technisch-wirtschaftlicher Zusammenhänge und Berufstätigen eine Orientierung für optimale
Lösungen sein. Für diesbezügliche Anregungen danken die Autoren mit Blick auf weitere
planmäßige Neuauflagen.

Dank sagen möchten wir Herrn Harms vom Vieweg + Teubner Verlag für seine ausgeprägte
Geduld mit den Autoren, sein Lektorat, die professionelle Aufarbeitung des Bildmaterials
sowie seine konzeptionellen und verlegerischen Anregungen.

Hildesheim / Mainz / Braunschweig / Holzminden, im Mai 2011


Autorenvitae

Prof. Dr.-Ing. Georg Maybaum


HAWK, Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Holzminden
ö.b.u.v. Sachverständiger für Baugrunduntersuchungen, Erd- und Grundbau, Hildesheim

Studium des Bauingenieurwesens (konstruktiver Ingenieurbau) an den Universitäten Darm-


stadt und Dortmund mit Abschluss Dipl.-Bauingenieur, 1989–1990 Aufbaustudium der Wirt-
schaftswissenschaften an der FH Dortmund, 1990–1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am
Institut für Grundbau und Bodenmechanik von Professor Dr. Walter Rodatz an der Techni-
schen Universität Braunschweig, 1996 Promotion zum Thema „Erddruckentwicklung auf
eine in Schlitzwandbauweise hergestellte Kaimauer“, 1994–2009 Geschäftsführender Gesell-
schafter der Prof. Dr.-Ing. Walter Rodatz und Partner GmbH, Beratende Ingenieure für Geo-
technik, Braunschweig, www.rup-geotechnik.com, 2000 Ruf an die Hochschule für ange-
wandte Wissenschaft und Kunst (HAWK), Standort Holzminden, Fachgebiet Grundbau- und
Bodenmechanik, 2005–2007 Studiendekan, seit 2003 öffentlich bestellter und vereidigter
Sachverständiger für Baugrunderkundung, Erd- und Grundbau, Gutachterliche Tätigkeiten,
Vorbereitung von Tagungen, Internationalen summer schools, zahlreiche Vorträge und wis-
senschaftliche Publikationen, Mitgliedschaften u. a. in der Ingenieurkammer Niedersachsen,
der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik, im Arbeitskreis Theorie und Lehre der Denk-
malpflege e.V., seit 2010 im Vorstand von Netzwerk Lehm e. V.

Prof. Dr.-Ing. Petra Mieth


Fachhochschule Mainz
Vahland, Franz und Partner GbR, Holzminden

Studium des Bauingenieurwesens an der Leibniz Universität Hannover mit Abschluss zur
Dipl.-Ingenieurin Vertiefungsrichtung Geotechnik. Ab 1995 Bauleiterin im Spezialtiefbau
und konstruktiven Ingenieurwasserbau bei der F+Z Baugesellschaft mbH und der Bilfinger
Berger AG. 1998 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Baubetrieb und Baube-
triebswirtschaft der Leibniz Universität Hannover. Ab 2004 selbständige Tätigkeit und Tä-
tigkeiten in Kooperationen, u. a. als Sachverständige für baubetriebliche, baubetriebswirt-
schaftliche und bauvertragliche Fragestellungen, Personalentwicklerin und Trainerin für Auf-
traggeber und Auftragnehmer. 2007 Promotion zum Thema: „Weiterbildung des Personals
als Erfolgsfaktor der strategischen Unternehmensplanung in Bauunternehmen – Ein praxis-
nahes Konzept zur Qualifizierung von Unternehmensbauleitern“. 2008 Zusatzausbildung zur
Mediatorin: seitdem auch Moderatorin und Mediatorin in Planen und Bauen, 2009 Ruf an die
FH Mainz, Fachgebiet Bauwirtschaft und Baubetrieb. Mitgliedschaften u. a. im Deutschen
Ingenieurinnenbund e. V., in der Ingenieurkammer Niedersachsen, im Bundesverband Me-
diation e. V. – Fachgruppe Planen und Bauen, Mitbegründerin des regionalen Netzwerkes
INQA-Bauen Niedersachsen und des Arbeitskreises Konfliktmanagement in der Bauwirt-
schaft/Niedersachsen
VIII Autorenvitae

Dipl.-Ing. Wolfgang Oltmanns


Prof. Dr.-Ing. Walter Rodatz und Partner GmbH, Braunschweig
Studium an der TU Braunschweig mit Abschluss Dipl.-Bauingenieur, Vertiefungsfächer:
Grundbau, Wasserbau und Massivbau, 1988–1989 Dipl.-Ingenieur im Ing.-Büro Schlegel –
Dr.-Ing. Spiekermann, Düsseldorf in der Abteilung Wasserbau und Umwelttechnik, 1989–
1994 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Grundbau und Bodenmechanik der TU
Braunschweig, Seit 1995 Geschäftsführender Gesellschafter der Prof. Dr.-Ing. Walter Rodatz
und Partner GmbH, Beratende Ingenieure für Geotechnik, Braunschweig, Mitglied der Ing.-
Kammer Niedersachsen, Beratender Ingenieur und eingetragen in die Liste der Entwurfsver-
fasser; Mitglied der DGGT u. a. Vorsitz im AK 2.8 „Merkblatt für die Herstellung, Bemes-
sung und Qualitätssicherung von Stabilisierungssäulen zur Untergrundverbesserung“; Si-
cherheits- und Gesundheitschutzkoordinator, Koordinator bei Arbeiten auf kontaminierten
Standorten und mit Asbest; Gutachter bei Baugrunderkundungen sowie Projektierungen und
Dimensionierungen geotechnischer Bauwerke; Fachbauleitungen sowie baubegleitende Prü-
fungen, Messungen und Qualitätsmanagement bei Projekten des Deponie-, Erd- und Grund-
baus sowie des Spezialtief- und des Wasserbaus.

Prof. Dr.-Ing. Rainer Vahland


HAWK, Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Holzminden
Vahland, Franz und Partner GbR, Holzminden
Studium des Bauingenieurwesens an der Universität Hannover mit Abschluss zum Diplom-
Ingenieur. 1981–1986 wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Prof. Dr. Wolfram Keil im Fachge-
biet Baubetriebswirtschaft an der GH Kassel. 1986 Promotion zum Thema „Entwicklung
eines Informationssystems zur Planung und Lenkung von Geräteinvestitionen“. 1986–1991
Bauleiter, Oberbauleiter und technischer Leiter in einem mittelständischen Spezialtiefbau-
unternehmen. 1991 Ruf an die heutige Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst
(HAWK), Standort Holzminden, Fachgebiet Baubetrieb und Bauwirtschaft. Seit 2007 Dekan
der Fakultät Management, Soziale Arbeit, Bauen an der HAWK, Seit 1993 Tätigkeit als
Sachverständiger. Seit 2001 von der Ingenieurkammer Niedersachsen öffentlich bestellter
und vereidigter Sachverständiger für Baubetrieb und Bauwirtschaft. Aktuell Mitinhaber des
Sachverständigenbüros VFP – Vahland, Franz und Partner GbR sowie der IFP Ingenieurge-
sellschaft für Projektmanagement im Bauwesen mbH..
Inhaltsverzeichnis

1 Einführung.................................................................................................................... 1

2 Baubetriebliche und vertragsrechtliche Grundlagen .................................... 3


2.1 Phasen während der Bauwerksentstehung ............................................................... 3
2.2 Begriffe..................................................................................................................... 4
2.2.1 Bauaufgabe, Bauleistung und Prozess .......................................................... 4
2.2.2 Bauverfahren, Verfahrenstechnik, Fertigungssystem ................................... 5
2.2.3 Weitere baubetriebliche Begriffe und Abkürzungen .................................... 7
2.3 Der Bauvertrag und die Leistungsbeschreibung ...................................................... 9
2.3.1 Das Zustandekommen eines Bauvertrages ................................................... 9
2.3.2 Die Verdingungsunterlagen ........................................................................ 10
2.3.3 Anforderungen an die Leistungsbeschreibung............................................ 12
2.3.4 Allgemeine Geschäftsbedingungen Spezialtiefbau (AGB-Spezialtiefbau) 13
2.3.5 Bestandteile der Leistungsbeschreibung..................................................... 14
2.4 Verfahrensplanung ................................................................................................. 14
2.4.1 Einleitung .................................................................................................... 14
2.4.2 Schritte der Verfahrensplanung .................................................................. 15

3 Geotechnische Grundlagen ................................................................................... 27


3.1 Allgemeines............................................................................................................ 27
3.2 Einteilung der Gesteine und Böden........................................................................ 27
3.3 Baugrunderkundung ............................................................................................... 29
3.4 Eigenschaften von Böden und ihre Bestimmung im Labor ................................... 38
3.4.1 Allgemeines ................................................................................................ 38
3.4.2 Kornverteilung, Durchlässigkeit und Filtereigenschaften .......................... 38
3.4.3 Frostempfindlichkeit ................................................................................... 40
3.4.4 Bodenphysikalische Kennwerte.................................................................. 41
3.4.5 Dichte und Wichte des Bodens ................................................................... 41
3.4.6 Lagerungsdichte .......................................................................................... 44
3.4.7 Konsistenzgrenzen ...................................................................................... 45
3.4.8 Proctorversuch ............................................................................................ 46
3.5 Wasser im Boden ................................................................................................... 47
3.6 Zusammendrückbarkeit .......................................................................................... 48
3.7 Plattendruckversuch ............................................................................................... 50
3.8 Scherfestigkeit ........................................................................................................ 50
3.9 Untersuchung benachbarter Anlagen ..................................................................... 53

4 Baugrubensicherung ............................................................................................... 55
4.1 Baugrubensicherung im Überblick......................................................................... 55
4.2 Technische Grundlagen.......................................................................................... 57
X Inhaltsverzeichnis

4.2.1 Erkundung von Boden- und Wasserverhältnissen ...................................... 57


4.2.2 Untersuchung benachbarter baulicher Anlagen .......................................... 59
4.3 Wahl einer geeigneten Verbauart ........................................................................... 59
4.4 Grundlagen der Berechnung................................................................................... 63
4.4.1 Allgemeines ................................................................................................ 63
4.4.2 Lasten .......................................................................................................... 63
4.4.3 Ansatz des Erddruckes ................................................................................ 63
4.4.4 Erforderliche Nachweise............................................................................. 67
4.5 Geböschte Baugruben ............................................................................................ 68
4.5.1 Das Bauverfahren im Überblick ................................................................. 68
4.5.2 Technische Grundlagen .............................................................................. 69
4.5.3 Das Bauverfahren........................................................................................ 71
4.5.4 Qualitätssicherung und Kennwerte ............................................................. 79
4.6 Trägerbohlwand...................................................................................................... 81
4.6.1 Das Bauverfahren im Überblick ................................................................. 81
4.6.2 Technische Grundlagen .............................................................................. 82
4.6.3 Das Bauverfahren........................................................................................ 84
4.6.4 Qualitätssicherung und Kennwerte ............................................................. 94
4.7 Spundwände ........................................................................................................... 94
4.7.1 Das Bauverfahren im Überblick ................................................................. 94
4.7.2 Technische Grundlagen .............................................................................. 96
4.7.3 Das Bauverfahren........................................................................................ 97
4.7.4 Qualitätssicherung und Kennwerte ........................................................... 111
4.8 Bohrpfahlwände ................................................................................................... 114
4.8.1 Das Bauverfahren im Überblick ............................................................... 114
4.8.2 Technische Grundlagen ............................................................................ 116
4.8.3 Das Bauverfahren...................................................................................... 117
4.8.4 Qualitätssicherung und Kennwerte ........................................................... 130
4.9 Schlitzwände ........................................................................................................ 132
4.9.1 Die Bauverfahren im Überblick................................................................ 132
4.9.2 Technische Grundlagen ............................................................................ 134
4.9.3 Das Bauverfahren...................................................................................... 137
4.9.4 Qualitätssicherung und Kennwerte ........................................................... 147
4.10 Düsenstrahlsohlen und -wände............................................................................. 148
4.10.1 Das Bauverfahren im Überblick ............................................................... 148
4.10.2 Technische Grundlagen ............................................................................ 150
4.10.3 Das Bauverfahren...................................................................................... 152
4.10.4 Qualitätssicherung und Kennwerte ........................................................... 163

5 Baugrundverbesserung ........................................................................................ 167


5.1 Grundlagen der Planung und Herstellung ............................................................ 167
5.1.1 Geotechnische Grundlagen ....................................................................... 168
Inhaltsverzeichnis XI

5.1.2 Anwendungsbereiche und Abgrenzung zu anderen Bauverfahren ........... 171


5.1.3 Überblick über die Methoden der Baugrundverbesserung ....................... 174
5.2 Bodenaushub- und Bodenaustauschverfahren ..................................................... 181
5.2.1 Allgemeines .............................................................................................. 181
5.2.2 Bodenmechanische Grundlagen................................................................ 182
5.2.3 Anwendungsbereiche ................................................................................ 183
5.2.4 Bemessungsverfahren und Erfahrungswerte............................................. 184
5.2.5 Verfahrensbeschreibung............................................................................ 184
5.3 Oberflächenverdichtung ....................................................................................... 189
5.3.1 Allgemeines .............................................................................................. 189
5.3.2 Technische Grundlagen ............................................................................ 190
5.3.3 Das Bauverfahren...................................................................................... 190
5.3.4 Qualitätssicherung und Kennwerte ........................................................... 198
5.4 Tiefenrüttelverfahren............................................................................................ 200
5.4.1 Das Bauverfahren im Überblick ............................................................... 200
5.4.2 Technische Grundlagen ............................................................................ 202
5.4.3 Anwendungsbereiche ................................................................................ 203
5.4.4 Bemessungsverfahren und Erfahrungswerte............................................. 204
5.4.5 Das Bauverfahren...................................................................................... 205
5.4.6 Qualitätssicherung und Kennwerte ........................................................... 212
5.5 Rüttelstopfverdichtung ......................................................................................... 213
5.5.1 Allgemeines .............................................................................................. 213
5.5.2 Bodenmechanische Grundlagen................................................................ 213
5.5.3 Anwendungsbereiche ................................................................................ 214
5.5.4 Bemessungsverfahren und Erfahrungswerte............................................. 215
5.5.5 Das Bauverfahren im Überblick ............................................................... 216
5.5.6 Das Bauverfahren...................................................................................... 219
5.5.7 Qualitätssicherung und Kennwerte ........................................................... 223
5.6 Dynamische Intensivverdichtung ......................................................................... 224
5.6.1 Allgemeines .............................................................................................. 224
5.6.2 Bodenmechanische Grundlagen................................................................ 224
5.6.3 Anwendungsbereiche ................................................................................ 226
5.6.4 Bemessungsverfahren und Erfahrungswerte............................................. 227
5.6.5 Das Bauverfahren im Überblick ............................................................... 227
5.6.6 Qualitätssicherung und Kennwerte ........................................................... 233
5.7 Oberflächenverfestigung mit Bindemitteln .......................................................... 234
5.7.1 Das Bauverfahren im Überblick ............................................................... 234
5.7.2 Bodemechanische Grundlagen.................................................................. 235
5.7.3 Das Bauverfahren...................................................................................... 235
5.7.4 Qualitätssicherung und Kennwerte ........................................................... 244
5.8 Verfestigung durch Injektionen............................................................................ 244
5.8.1 Das Bauverfahren im Überblick ............................................................... 244
5.8.2 Bodenmechanische Grundlagen................................................................ 245
XII Inhaltsverzeichnis

5.8.3 Das Bauverfahren...................................................................................... 245


5.8.4 Qualitätssicherung und Kennwerte ........................................................... 255

6 Pfahlgründungen .................................................................................................... 259


6.1 Grundlagen der Planung und Herstellung ............................................................ 259
6.1.1 Allgemeines .............................................................................................. 259
6.1.2 Voruntersuchungen ................................................................................... 261
6.1.3 Wahl einer geeigneten Pfahlart ................................................................. 264
6.1.4 Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle................................................ 268
6.1.5 Tragfähigkeit von Pfählen......................................................................... 269
6.2 Fertigrammpfähle ................................................................................................. 274
6.2.1 Das Bauverfahren im Überblick ............................................................... 274
6.2.2 Technische Grundlagen ............................................................................ 275
6.2.3 Das Bauverfahren...................................................................................... 278
6.3 Bohrpfähle ............................................................................................................ 293
6.3.1 Das Bauverfahren im Überblick ............................................................... 293
6.3.2 Technische Grundlagen ............................................................................ 293
6.3.3 Das Bauverfahren...................................................................................... 298
6.4 Vollverdrängungsbohrpfähle................................................................................ 315
6.4.1 Das Bauverfahren im Überblick ............................................................... 315
6.4.2 Technische Grundlagen ............................................................................ 315
6.4.3 Das Bauverfahren...................................................................................... 316
6.5 Teilverdrängungsbohrpfähle ................................................................................ 322
6.5.1 Das Bauverfahren im Überblick ............................................................... 322
6.5.2 Technische Grundlagen ............................................................................ 322
6.5.3 Das Bauverfahren...................................................................................... 323
6.6 Ortbetonrammpfähle ............................................................................................ 329
6.6.1 Das Bauverfahren im Überblick ............................................................... 329
6.6.2 Technische Grundlagen ............................................................................ 329
6.6.3 Das Bauverfahren...................................................................................... 329
6.7 Prüfung von Pfählen............................................................................................. 336
6.7.1 Allgemeines .............................................................................................. 336
6.7.2 Statische Probebelastungen....................................................................... 336
6.7.3 Dynamische Pfahlprüfungen..................................................................... 339

7 Grundwasserhaltungen ........................................................................................ 343


7.1 Grundlagen der Planung und Ausführung............................................................ 343
7.1.1 Einführung ................................................................................................ 343
7.1.2 Erkundung der Boden- und Grundwasserverhältnisse.............................. 344
7.1.3 Verfahren der Wasserhaltung und Wasserabsperrung .............................. 348
7.1.4 Planung der Wasserhaltung....................................................................... 350
7.1.5 Projektierung und Überwachung der Wasserhaltung ............................... 352
7.1.6 Technische Begriffe und Abkürzungen .................................................... 353
Inhaltsverzeichnis XIII

7.2 Offene Wasserhaltung .......................................................................................... 356


7.2.1 Das Bauverfahren im Überblick ............................................................... 356
7.2.2 Technische Grundlagen ............................................................................ 356
7.2.3 Nachweis und Dimensionierung ............................................................... 358
7.2.4 Das Bauverfahren...................................................................................... 359
7.2.5 Qualitätssicherung und Kennwerte ........................................................... 367
7.3 Grundwasserabsenkung mit Brunnen, Schwerkraftentwässerung ....................... 368
7.3.1 Anwendungsbereiche ................................................................................ 368
7.3.2 Das Bauverfahren im Überblick ............................................................... 369
7.3.3 Technische Grundlagen ............................................................................ 370
7.3.4 Nachweis und Dimensionierung ............................................................... 372
7.3.5 Das Bauverfahren...................................................................................... 380
7.3.6 Qualitätssicherung und Kennwerte ........................................................... 385
7.4 Grundwasserabsenkung mit Brunnen, Vakuumentwässerung ............................. 386
7.4.1 Das Bauverfahren im Überblick ............................................................... 386
7.4.2 Technische Grundlagen ............................................................................ 387
7.4.3 Nachweis und Dimensionierung ............................................................... 389
7.4.4 Das Bauverfahren...................................................................................... 392
7.4.5 Der Personalbedarf.................................................................................... 397
7.4.6 Qualitätssicherung und Kennwerte ........................................................... 399
7.5 Grundwasserabsperrung ....................................................................................... 399
7.6 Grundwassermanagement und Qualitätssicherung .............................................. 402
7.6.1 Grundwassermanagement ......................................................................... 402
7.6.2 Bauvorbereitende und baubegleitende Maßnahmen zur Qualitäts-
sicherung ................................................................................................... 404
7.6.3 Leckageortung........................................................................................... 407

8 Beispiel: Berechnung und Kalkulation einer innerstädtischen


Baugrube ................................................................................................................... 411
8.1 Situationsbeschreibung......................................................................................... 411
8.2 Ergebnisse der Tragwerksplanung ....................................................................... 414
8.3 Leistungsverzeichnis ............................................................................................ 415
8.4 Mengenermittlung zum Leistungsverzeichnis...................................................... 417
8.5 Kalkulation mit vorbestimmten Zuschlägen ........................................................ 418
8.5.1 Festlegung der Grundlagen ....................................................................... 418
8.5.2 Einzelkosten der Teilleistung.................................................................... 418
8.6 Einheitspreisbildung und Angebot ....................................................................... 441
8.7 Bauablaufplanung................................................................................................. 444
8.8 Darstellung des Bauablaufplanes ......................................................................... 448

Sachwortverzeichnis ...................................................................................................... 451


1 Einführung

1.1 Hinweise zum Aufbau


Das Buch beginnt mit den „Baubetrieblichen und vertragsrechtlichen Grundlagen“ mit Hin-
weisen zu Bauphasen, Bauverfahren, Leistungsbeschreibungen und Bauverträgen.

In den „Geotechnischen Grundlagen“ werden die wesentlichen bodenmechanischen Versu-


che, wie sie im Labor oder in situ auszuführen sind, vorgestellt und hinsichtlich ihrer Aus-
wertung und Bedeutung für die Baupraxis erläutert.

Die nachfolgenden vier Kapitel „Baugrubensicherungen“, „Baugrundverbesserungen“,


„Pfahlgründungen“ und „Grundwasserhaltung“ umfassen alle wesentlichen Aufgaben des
Grundbaus. Sie sind durchgängig und gleichartig strukturiert: Einem Überblick folgen je-
weils die technischen Grundlagen, die durch die verfahrenstechnischen Details einschließlich
ihrer baubetrieblichen und bauwirtschaftlichen Bedeutung abgerundet und ergänzt werden.
Um dem Leser zu ermöglichen, selektiv Kenntnisse zu vertiefen, sind die einzelnen Verfah-
ren so vollständig wie möglich beschrieben und Querverweise nur begrenzt zur Anwendung
gekommen.

Auf die Erläuterung erdstatischer Berechnungen wurde konsequent verzichtet. Dies begrün-
det sich einerseits aus der zunehmenden Verwissenschaftlichung der Normung, welche die
Nutzung diesbezüglicher Literatur, die in dem erwünschten Maße inzwischen auch für die
Geotechnik verfügbar ist, erforderlich macht. Andererseits würde die Aktualität angesichts
möglicher Modifikationen von Teilsicherheitsbeiwerten, Streu- und Formfaktoren u. a. m.
nicht in der gewünschten Dauer gegeben sein.

Der Stoff wird durch zahlreiche Tabellen und Bilder ergänzt. Die Literaturhinweise wurden,
zur Gewährleistung zügigen Zugriffs, am Ende jeden Kapitels aufgenommen.

Das Buch wird abgeschlossen mit einem Berechnungsbeispiel, welches die in den vorange-
gangenen Kapiteln vorgestellten Methodiken und kalkulatorischen Ansätze anhand der Be-
trachtung einer innerstädtischen Baugrube verdeutlicht und konkretisiert.

G. Maybaum et al., Verfahrenstechnik und Baubetrieb im Grund- und Spezialtiefbau,


DOI 10.1007/978-3-8348-8269-1_1,
© Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
2 Baubetriebliche und vertragsrechtliche Grundlagen

2.1 Phasen während der Bauwerksentstehung


Ein Bauvorhaben durchläuft von der Idee des Bauherrn bis zur Abnahme des Bauwerks fol-
gende Phasen (Bild 2.1):

Projektentwicklung

Planung, Konstruktion,
Phase 1
und Genehmigung

Phase 2 Bauvorbereitung

Phase 3 Bauausführung

Abnahme des Bauwerkes

Bild 2.1 Phasen des Bauablaufes

In diesem Buch werden Informationen zusammengestellt, die der Planer in der Phase 1 benö-
tigt, um in Abhängigkeit vom Grundwasserstand, vom Bauwerk, der Gründung, der Bau-
werksumgebung und der Bodenart ein geeignetes Verfahren zu wählen und zu dimensionie-
ren. Zusätzlich sollen für die Phase 2 Empfehlungen zur Leistungsbeschreibung gegeben
werden, um die gestellten Forderungen nach einer eindeutigen und erschöpfenden Leistungs-
beschreibung (VOB/A § 7 Nr. 1) zu erfüllen.
Für die Aufgaben der bauausführenden Betriebe innerhalb der Phase 2 (Angebotserstellung)
und der Phase 3 (Bauausführung) werden Informationen zum Bauverfahren, zur Geräteaus-
wahl und zur Leistungs- und Kostenberechnung zusammengestellt.

G. Maybaum et al., Verfahrenstechnik und Baubetrieb im Grund- und Spezialtiefbau,


DOI 10.1007/978-3-8348-8269-1_2,
© Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
4 2 Baubetriebliche und vertragsrechtliche Grundlagen

2.2 Begriffe

2.2.1 Bauaufgabe, Bauleistung und Prozess

Bauaufgabe
Der Planer muss ausgehend von der Idee des Bauherrn unter Beachtung soziologischer, bau-
technischer, gestalterischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Gesichtspunkte ein Bauwerk
konzipieren. Auf Grundlage dieser Planung müssen die ausführenden Unternehmer das Bau-
werk erstellen. Die gesamte Planung und Umsetzung wird als Bauaufgabe bezeichnet. Die
Bauaufgabe wird zur Optimierung und für die konstruktive Bearbeitung in ablauforientierte
Gesichtspunkte (z. B. Baugrube, Gründung, Keller) bzw. bauteilorientierte Gesichtspunkte
(z. B. Baugrube, Wände, Decken, Dach) untergegliedert. Das Auffinden der endgültigen Lö-
sung sowie die Erstellung der einzelnen Bauwerksteile werden in Teilaufgaben unterteilt.

Bauleistung
Nachdem die Bauwerksteile und Materialien nach Art und Umfang festgelegt wurden, wird
das Bauwerk (die Bauleistung) durch eine Leistungsbeschreibung in Form eines Leistungs-
verzeichnisses oder eines Leistungsprogramms beschrieben. Auf dieser Grundlage ermitteln
die bauausführenden Betriebe einen Preis. Die Leistungsbeschreibung mit dem dazugehöri-
gen Preis ist ein wesentlicher Bestandteil des Bauvertrages zwischen dem Auftraggeber
(Bauherr) und dem Auftragnehmer (Baubetrieb). Teilaufgaben der Bauleistung werden Teil-
leistungen genannt.

Prozesse
Der bauausführende Betrieb muss zur Verwirklichung der Bauleistung mehrere Fertigungs-
prozesse durchlaufen. Die Prozesse lassen sich in mittelbar und unmittelbar zur Herstellung
eines Bauwerks dienende Prozesse unterteilen:
• Hauptprozesse dienen unmittelbar der Durchführung einer Teilaufgabe (z. B. Herstellen
und Einbauen von Beton, Bodenverdichtung, Rammen der Spundwand)
• Nebenprozesse dienen mittelbar der Durchführung einer Teilaufgabe (z. B. Schalen)
• Hilfsprozesse sind Voraussetzung für die Durchführung der Haupt- und Nebenprozesse
(z. B. Transport, Lagerung, Schutzmaßnahmen)
Bauprozesse sind durch ihre instationäre Anwendung gekennzeichnet und im Ablauf nicht
vollständig vorhersehbar. Im Erd- und Tiefbau wird dies besonders durch ungenaue Kennt-
nisse der Bodeneigenschaften deutlich (siehe Tabelle 2.1).
2.2 Begriffe 5

Tabelle 2.1 Typische Prozesse des Erd- und Tiefbaus [1]

Erdbau
Lösen Schürfen Entwässern
Laden Schneiden Verfestigen
Transportieren Hacken Sichern
Verteilen Reißen Entnehmen
Einebnen Fräsen Deponieren
Verdichten Greifen Spülen
Tiefbau
Ausheben Graben Pumpen
Aussteifen Rammen Entwässern
Rückverankern Bohren Druckluft erzeugen
Abböschen Schlitzen Kälte erzeugen
Injizieren Vortreiben Fördern
Umschließen Abteufen Heben
Sichern Absenken Umsetzen
Entstauben

2.2.2 Bauverfahren, Verfahrenstechnik, Fertigungssystem

Bauverfahren
Das Bauverfahren beschreibt die Methode bzw. die Art und Weise, wie ein Bauprozess
durchgeführt wird. Ein Bauverfahren kennzeichnet den zeitlichen Ablauf sowie die kapazita-
tive und räumliche Kombination von Produktionsfaktoren. Diese Faktoren sind aus betriebs-
wirtschaftlicher Sicht in Werkstoffe, Betriebsmittel, Personalbedarf und leitende Arbeit ge-
gliedert:
• Werkstoffe: Baustoffe, einschließlich Boden, Grundwasser, Bauhilfsstoffe,
Betriebs- und Schmierstoffe
• Betriebsmittel/Geräte: Werkzeuge für das gewerbliche Personal bzw. (Bau-) Maschi-
nen und Geräte
• Personalbedarf: Tätigkeit und Anzahl des gewerblichen Personals (AK)
• Leitende Arbeit: Tätigkeit und Anzahl der Aufsicht (Polier) und der Baustellen-
leitung (Bauleiter)
6 2 Baubetriebliche und vertragsrechtliche Grundlagen

Verfahrenstechnik
Die Verfahrenstechnik stellt eine Methode dar, ein Bauverfahren zur Lösung eines bautechni-
schen Problems zu finden. Ursprünglich kommt dieser Begriff aus dem Bereich der Chemie,
wo ein im Labor entwickeltes Verfahren in den technischen Großbetrieb umgesetzt wird. Bei
der Verfahrenstechnik wird in folgenden Schritten vorgegangen:
• Zerlegen eines Vorganges in Prozesse
• Untersuchen der Mechanik jedes einzelnen Prozesses
• Bestimmen der maschinellen Elemente, die diesen Vorgang übernehmen können
• Entwickeln bzw. Auswählen der dazugehörigen Anlage
Bei der Übertragung dieser Methode auf Aufgaben des Erd- und Tiefbaus ergibt sich folgen-
de Vorgehensweise:
• Zerlegen der Teilaufgaben bzw. der Teilleistungen in notwendige Prozesse ggf. in Teil-
prozesse
• Analyse der Prozesse hinsichtlich ihrer möglichen zeitlichen, kapazitativen und räumli-
chen Ausprägung
• Auswahl von möglichen Arbeitsgruppen, Geräten und/oder Maschinen auf der Grundlage
der ersten beiden Punkte
• Festlegung der Arbeitsgruppen, Geräte und/oder Maschinen unter den Gesichtspunkten
der quantitativen, qualitativen und zeitlichen Vertragserfüllung, Wirtschaftlichkeit, Ver-
fügbarkeit und sonstiger Kriterien

Fertigungssystem
Wenn ein Bauverfahren zur Verwirklichung einer Teilaufgabe gefunden wurde, wird dieses
Verfahren konkret für die Anwendung auf der Baustelle ausgelegt. Dies bedeutet, dass jeder
Betriebspunkt, in dem sich die verschiedenen Fertigungsprozesse vollziehen, sowie das Teil-
system „Transport“ zwischen den einzelnen Betriebspunkten konkret ausgebildet und hin-
sichtlich seiner Ausstattung komplettiert wird.
2.2 Begriffe 7

2.2.3 Weitere baubetriebliche Begriffe und Abkürzungen


AG/AN Abkürzungen für die in der VOB verwendeten Begriffe des
Auftraggebers bzw. des Auftragnehmers
Allgemeine Geschäftskosten sind Kosten für die Vorhaltung der Leistungsbereitschaft
eines Unternehmens (z. B. Kosten der kaufmännischen und
technischen Abteilungen, Gebäudekosten etc.). Diese Kosten
fließen als umsatzbezogene Zuschläge in die Preisbildung
ein
Aufwandswert siehe Lohnaufwandswert
Auslastung(-sgrad) eines Gerätes beschreibt die Relation, in der ein Gerät inner-
halb der Einsatzzeit unter Last läuft oder sich im Stillstand
befindet. Der Auslastungsgrad ist Grundlage der Energiekos-
tenermittlung als Bestandteil der Betriebskosten eines Gerä-
tes
Baugeräteliste mit der Abkürzung BGL bezeichnet, ist eine systematische
Erfassung der gängigsten Baugeräte und ihrer Kenndaten
(z. B. Motorleistung, Gewicht, Anschaffungspreis, Nut-
zungsdauer, Vorhaltekosten etc.). Die BGL ist Grundlage der
Gerätekostenermittlung für die Kalkulation
Bauhilfsstoffe sind Stoffe, die hilfsweise zur Leistungserbringung erforder-
lich sind und nicht im Bauwerk verbleiben (z. B. Schalung,
Rüstung, temporär eingesetzter Verbau etc.)
Bauzinsen sind Kosten, die zur Vorfinanzierung der Ausgaben einer
Baustelle dienen bis zum Eingang der durch den Bauherrn
erfolgten Zahlungen
Besondere Leistungen müssen in der Leistungsbeschreibung ausdrücklich erwähnt
werden, falls der Auftraggeber diese Leistungen fordert
Betriebskosten eines Gerätes sind alle einem Gerät zugeordneten Kosten,
bezogen auf eine Betriebsstunde (Betriebsstoffkosten, Vor-
haltekosten und Geräteführerkosten etc.)
Betriebsstoffkosten eines Gerätes sind Stoffkosten für Energie (z. B. Strom, Die-
sel, Gas etc.), Schmier- und Wartungsmittel
Betriebszeit eines Gerätes ist die Zeit, die ein Gerät innerhalb der Ein-
satzzeit unter Last läuft
BGL siehe Baugeräteliste
Einheitspreis ist der vertraglich festgelegte Preis für eine Abrechnungsein-
heit einer innerhalb einer Position beschriebenen Teilleistung
Einsatzzeit eines Gerätes beschreibt die Zeitdauer in der ein Gerät für
einen Arbeitsprozess eingesetzt wird
Einzelkosten der Teilleistungen mit der Abkürzung EKT sind Kosten, die in der Kalkulation
direkt einer Teilleistung (beim Einheitspreisvertrag einer
Position) zugeordnet werden können
8 2 Baubetriebliche und vertragsrechtliche Grundlagen

EP siehe Einheitspreis
Fremdleistungskosten sind Kosten, die durch den Einsatz eines Nachunternehmers
anfallen
Gerätekosten beinhalten die Vorhaltekosten der Geräte
Geräteleistung ist die durchschnittliche Leistung eines Gerätes während
eines Arbeitsprozesses, bezogen auf eine Betriebsstunde
(z. B. die Aushubleistung eines Baggers = 120 m³/h)
Geräteliste ist ein Hilfsmittel der Kalkulation, um die Gerätekosten für
die einzelnen Teilleistungen oder für den Zeitraum der ge-
samten Baustelle als Vorbereitung der Kalkulation zu erfas-
sen
Gesamtpreis ist das Produkt aus der einer Position zugehörenden Menge
(auch Vordersatz genannt) und dem Einheitspreis
Gewinn ist eine für die Preisbildung angenommene Zielgröße des
Baustellenerfolges. Der Gewinn wird als prozentualer Zu-
schlag den ermittelten Kosten zugeschlagen
GP siehe Gesamtpreis
Kostenart ist eine für die Kalkulation vorgenommene Unterscheidung
der Kosten nach Art ihrer Entstehung (z. B. Lohnkosten, Ge-
rätekosten etc.)
Leistungsverzeichnis ist eine bestimmte Form der Leistungsbeschreibung. Es ist
der Sammelbegriff für die Positionstexte, in denen die Bau-
leistung beschrieben wird
Lohnaufwandswert beschreibt den Lohnstundenverbrauch einer Prozesseinheit
(z. B. Schalen 0,6 h/m²)
Lohnkosten ist die in der Kalkulation verwendete Kostenart, unter der die
Lohnkosten des gewerblichen Personals erfasst werden. Die-
se enthalten alle Lohnbestandteile, die sich aus den gesetzli-
chen Vorschriften und tariflichen Vereinbarungen ergeben
LV Abkürzung für das Leistungsverzeichnis
Nebenleistungen gehören auch ohne besondere Erwähnung der Leistungsbe-
schreibung zum vom Auftragnehmer geschuldeten Leis-
tungsumfang
Position ist das kleinste Element eines Leistungsverzeichnisses. Eine
Position enthält den Positionstext, der die vom AN zu er-
bringende Teilleistung beschreibt, die voraussichtliche Ab-
rechnungsmenge (auch Vordersatz genannt) und die Abrech-
nungseinheit. Der Unternehmer ergänzt die Position mit sei-
nem Angebot durch Zuordnung eines Einheitspreises und
des Gesamtpreises
Sonstige Kosten ist eine Kostenart für alle Kosten, die nicht den anderen in
der Kalkulation verwendeten Kostenarten zuzuordnen sind
(z. B. Einbaumaterialien, Deponiegebühren etc.)
2.3 Der Bauvertrag und die Leistungsbeschreibung 9

Tonnage ist eine Bezeichnung der bei der Baustelleneinrichtung und


Räumung zu transportierenden Gewichte in Tonnen
VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, bestehend
aus den Abschnitten A, B und C
Vorhaltekosten auch als Gerätemiete bezeichnet, setzen sich zusammen aus
den Kostenbestandteilen Abschreibung, Verzinsung und Re-
paratur
Vorhaltezeit beschreibt im Regelfall die Zeitdauer vom Antransport- bis
zum Abtransporttag eines Gerätes. Die Vorhaltezeit enthält
neben der Einsatzzeit noch Zeitanteile für Reparatur, War-
tung und Stillstandzeiten auf der Baustelle
Wagnis ist der in der Kalkulation angesetzte wertmäßige Kostenan-
satz zur Abdeckung nicht konkret erfassbarer Risiken der
Baustelle

2.3 Der Bauvertrag und die Leistungsbeschreibung

2.3.1 Das Zustandekommen eines Bauvertrages


Der Bauvertrag ist ein Schuldvertrag, der mit Willen der Vertragsparteien zustande gekom-
men ist. Für den Abschluss eines Bauvertrages gelten die Regelungen des allgemeinen
Schuldvertrages nach dem BGB (Bürgerliche Gesetzbuch). Dabei gilt der Vertrag über die
Errichtung eines Bauwerkes als Werkvertrag nach BGB § 631 ff. Bei einem Bauvertrag, der
nach der VOB abgeschlossen wird, werden die allgemeinen Regelungen des BGB durch die
Regelungen der VOB/B ergänzt. In der VOB/A wird geregelt, wie ein VOB-Vertrag zustande
kommt:
1. Der Bauherr erstellt nach VOB/A eine Ausschreibung mit den folgenden Vergabeunterla-
gen:
• Anschreiben = Aufforderung zur Angebotsabgabe (VOB/A, Abschnitt 1, § 8 Absatz 1),
ggf. Bewerbungsbedingungen (VOB / A, Abschnitt 1, §8 Absatz 2)
• Vertragsunterlagen (VOB/A, Abschnitt 1, §§ 7 und 8 Absatz 3 bis 6)
2. Der anbietende Unternehmer trägt für die in der Leistungsbeschreibung beschriebene
Bauleistung entsprechend dem Vertragstyp (Einheitspreisvertrag bzw. Pauschalvertrag)
einen oder mehrere Preise ein. Die Preise sowie die Anerkennung der Teile B und C der
Vertragsordnung werden durch seine Unterschrift bestätigt und an den Bauherrn übermit-
telt.
3. Nach der Annahme des Angebotes (Zuschlag) durch den Bauherrn wird dieses Angebot
zum Bauvertrag. In der VOB/B werden die Vertragsparteien als Auftraggeber (AG) und
Auftragnehmer (AN) bezeichnet. Aus Gründen der Nachweisbarkeit soll die Auftragser-
teilung schriftlich erfolgen.
10 2 Baubetriebliche und vertragsrechtliche Grundlagen

2.3.2 Die Verdingungsunterlagen

Regelungen der VOB


Die in der VOB/A, Abschnitt 1, §§ 7 und 8 beschriebenen Vertragsunterlagen gelten bei Wi-
dersprüchen in der folgenden Reihenfolge (VOB/B § 1):
• Leistungsbeschreibung (LB)
• Besondere Vertragsbedingungen (BVB)
• Zusätzliche Vertragsbedingungen (ZVB)
• Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen (ZTV)
• Allgemeine Technische Vertragsbedingungen (ATV = VOB/C)
• Allgemeine Vertragsbedingungen (AVB = VOB/B)

Bestandteile der Verdingungsunterlagen

Leistungsbeschreibung
Nach der VOB/A § 7 ist eine Leistungsbeschreibung im Allgemeinen mit einem Leistungs-
verzeichnis (LV) zu erstellen. Alternativ kann die Leistungsbeschreibung auch mit einem
Leistungsprogramm erfolgen.

Leistungsbeschreibung

Titelblatt

Baubeschreibung

Anlagen (z. B. Pläne, Gutachten usw.)


Techn. Vorbemerkungen

Leistungsverzeichnis

Positionen

Bild 2.2 Gliederung der Leistungsbeschreibung (LB) nach § 7 VOB/A [2]


2.3 Der Bauvertrag und die Leistungsbeschreibung 11

Besondere Vertragsbedingungen
Gemäß VOB/A, Abschnitt 1, § 8 Absatz 2, Nr. 4 sollen Besondere Vertragsbedingungen nur
angewandt werden, wenn es die Eigenart der Leistung bzw. die Ausführung erfordern. Diese
Bedingungen werden demnach nur bei besonderen Verhältnissen für ein Bauwerk geregelt
und haben ausschließlich für dieses Bauwerk eine Bedeutung (z. B. Zufahrtswege, Regelung
über Ver- und Entsorgungsanlagen, Ausführungsfristen).

Zusätzliche Vertragsbedingungen
Zusätzliche Vertragsbedingungen (bzw. Allgemeine Geschäftsbedingungen) werden i. d. R.
von den Auftraggebern bzw. deren Erfüllungsgehilfen (Architekt, Ingenieur) aufgestellt. Die
Zusätzlichen Vertragsbedingungen formulieren für unterschiedliche Bauvorhaben immer
wiederkehrende Vertragsregelungen und werden in unveränderter Form bei mehreren Objek-
ten angewandt.
Bei der Aufstellung von zusätzlichen Vertragsbedingungen müssen die Regelungen gem.
§§ 305 310 BGB zur Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine
Geschäftsbedingungen beachtet werden, um die Interessen der zukünftigen Vertragspartner
angemessen zu berücksichtigen. Werden Vertragsklauseln verwendet, die nach diesen Rege-
lungen unwirksam sind, bleibt der übrige Vertrag davon unberührt. Anstatt der unwirksamen
Klausel gilt die entsprechende allgemeine gesetzliche Regelung bzw. die Regelung der
VOB/B.

Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen


Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen werden nur vereinbart, wenn die Regelungen
der Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen gemäß VOB/C für die Leistungsanforde-
rungen nicht ausreichen.

Allgemeine Technische Vertragsbedingungen / Allgemeine Vertragsbedingungen


Die Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen und die Allgemeinen Vertragsbedin-
gungen sind in der VOB/C bzw. VOB/B geregelt.

Der Zusammenhang zwischen Vertragsunterlagen und Bauvertrag ist der folgenden Darstel-
lung zu entnehmen. Die Ziffern (1) bis (6) ergeben die Rangfolge der Vertragsunterlagen
nach VOB/B §1 Absatz 2.
12 2 Baubetriebliche und vertragsrechtliche Grundlagen

Bauvertrag
Vertragsunterlagen Angebot
VOB/A §§ 7 und 8, Absatz 1, Nr. 2 und Absatz 2, Nr. 1 bis 6
Überwiegend technischer Inhalt Überwiegend rechtlicher Inhalt +

(1) Leistungsbeschreibung LB (2) Besonderen Vertragsbedingungen BVB


(4) Zusätzliche Technische (3) Zusätzliche Vertragsbedingungen ZVB Zuschlag

Vertragsbedingungen ZTV (§ 18 VOB/A)

(5) Allgemeine Technische (6) Allgemeine Vertragsbedingungen VOB/B


Vertragsbedingen ATV

Bild 2.3 Bauvertrag: (1) bis (6) ist die Rangfolge der Verdingungsunterlagen nach § 1 Nr. 2 VOB/B [2]

2.3.3 Anforderungen an die Leistungsbeschreibung


Die Leistungsbeschreibung eines Bauwerkes bildet die Grundlage der Preisbildung in der
Angebotsphase und bestimmt nach der Auftragsvergabe das vom Unternehmer zu erbringen-
de Leistungssoll. Das Leistungssoll legt den Leistungsumfang und die Qualität der Leistung
fest. Die Leistungsbeschreibung ist demnach neben den übrigen Vertragsbedingungen der
bedeutendste Vertragsbestandteil.

Nach VOB/A § 7 Absatz 1 ist die Leistung eindeutig und erschöpfend zu beschreiben, so
dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen und ihre Preise sicher und
ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen können. Dem Auftragnehmer darf kein unge-
wöhnliches Wagnis aufgebürdet werden für nicht zu beeinflussende Umstände und Ereignis-
se, deren Einwirkung auf die Preise und Fristen nicht im Voraus abschätzbar sind. Zudem
sind alle Umstände, die die Leistungen beeinflussen, festzustellen und in den Vergabe- und
Vertragsordnung anzugeben. Für das Aufstellen einer Leistungsbeschreibung gelten die All-
gemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen der VOB/C. Diese Grundsät-
ze werden in dem für öffentliche Auftraggeber geltenden Vergabe-Handbuch [3] wie folgt
erweitert:
• Die Leistung muss eindeutig, vollständig, technisch richtig und ohne ungewöhnliches
Wagnis für die Bieter beschrieben werden.
• Eine Leistungsbeschreibung ist eindeutig, wenn sie Art und Umfang der geforderten Leis-
tungen mit allen maßgebenden Bedingungen (z. B. Qualität, Beanspruchungsgrad, techni-
sche und bauphysikalische Bedingungen, Erschwernisse, besondere Ausführungsbedin-
gungen, Regeln zur Ermittlung des Leistungsumfangs) zweifelsfrei erkennen lässt und
keine Widersprüche in sich, zu den Plänen oder anderen vertraglichen Regelungen ent-
hält.
2.3 Der Bauvertrag und die Leistungsbeschreibung 13

• Eine Leistungsbeschreibung ist vollständig, wenn sie Art und Zweck des Bauwerks bzw.
der Leistung, Art und Umfang aller erforderlichen Teilleistungen und alle spezifischen
Bedingungen und Anforderungen darstellt.
• Eine Leistungsbeschreibung ist technisch richtig, wenn sie Art, Qualität und Modalitäten
der Ausführung der geforderten Leistungen entsprechend den anerkannten Regeln der
Technik, den Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen oder etwaigen leistungs-
und produktionsspezifischen Vorgaben zutreffend festlegt.
• Die Leistungsbeschreibung darf keine ungewöhnlichen Risiken enthalten. Insbesondere
dürfen dem Auftragnehmer keine Aufgaben der Planung und der Bauvorbereitung, die je
nach Art der Leistungsbeschreibung dem Auftraggeber obliegen, überbürdet und keine
Garantien für die Vollständigkeit der Leistungsbeschreibung abverlangt werden.

2.3.4 Allgemeine Geschäftsbedingungen Spezialtiefbau (AGB-Spezialtiefbau)


Die Anwendung der Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen (VOB/C) und der All-
gemeinen Vertragsbedingungen (VOB/B) sind bei Spezialtiefbauleistungen nur bedingt ge-
eignet. Deshalb wurden vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie die „Allgemeinen
Geschäftsbedingungen Spezialtiefbau (AGB-Spezialtiefbau)“ entwickelt. Die AGB-
Spezialtiefbau setzen sich aus folgenden Teilen zusammen:
• Allgemeine Bedingungen für den Spezialtiefbau (AB)
• Allgemeine Technische Bedingungen für Spezialtiefbauarbeiten (ATB)
• Spezielle Technische Bedingungen für Spezialtiefbauarbeiten (STB)
Die AGB-Spezialtiefbau stehen Arbeitgeber und Arbeitnehmer seit Januar 1992 für insge-
samt 12 Untersparten zur Verfügung:
• STB-SW Schlitzwandarbeiten
• STB-DWE Dichtwandarbeiten im Einmassenverfahren
• STB-BP Bohr-, Bohrpfahl- und Bohrpfahlwandarbeiten
• STB-OBR Ortbetonrammpfähle
• STB-FRP Fertigrammpfähle aus Stahlbeton
• STB-RRS Ramm- und Rüttelarbeiten mit Stahlprofilen
• STB-TVD Tiefenverdichtungsarbeiten
• STB-E Einpressarbeiten (Injektionsarbeiten)
• STB-HDI Hochdruckinjektionsarbeiten
• STB-VA Verpressankerarbeiten
• STB-WH Wasserhaltungsarbeiten
• STB-VBA Verbauarbeiten mit Ausfachung
Wenn sich der Arbeitgeber zur Übernahme der AGB-Spezialtiefbau entscheidet, erhalten
diese Bedingungen Vorrang vor der VOB/B und der VOB/C.
14 2 Baubetriebliche und vertragsrechtliche Grundlagen

2.3.5 Bestandteile der Leistungsbeschreibung


Der Kern der Leistungsbeschreibung bildet ein nach Positionen und Gewerken gegliedertes
Leistungsverzeichnis (LV). In der Regel wird das LV durch eine Baubeschreibung mit einer
allgemeinen, zusammenfassenden Darstellung der Bauaufgabe ergänzt. Um dem Unterneh-
mer kein ungewöhnliches Wagnis aufzubürden (VOB/A § 7 Absatz 1 Nr. 3), werden zusätz-
lich die zu beachtenden Randbedingungen beschrieben:
• Zufahrtsmöglichkeit
• Einzuhaltende Grenzwerte für Schall und Vibration
• Einschränkung der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit
• Standorte der Baustelleneinrichtung und Lagerplätze
• Gefährdete Nachbarbebauung
• Angaben zum Bauablauf
• Wasserstände
Weitere Informationen zu den Inhalten der Leistungsbeschreibung sind in den DIN-Normen
18 299 bis 18 451 und in der VOB/C enthalten.

2.4 Verfahrensplanung

2.4.1 Einleitung
Bauaufgaben bzw. baubetriebliche Prozesse lassen sich in der Regel nach mehreren verschie-
denartigen technologischen Verfahren abwickeln. Während der Entstehungsphasen eines
Bauwerkes ist es teilweise notwendig, Entscheidungen bezüglich der Verwendung eines
möglichen Verfahrens zu treffen. Dieses Aufgabenfeld soll nachfolgend am Beispiel eines
Gründungsproblems erläutert werden.
• Die Planungsphase beinhaltet die Auswahl einer Gründungsart wie Flächengründung,
Einzel-, Streifenfundamente oder Sondergründungen wie z. B. Pfähle, die unterschiedli-
che Reaktionen hinsichtlich des Setzungs- und Verdrehungsverhaltens erwarten lässt.
Außerdem differiert die Menge an Beton, Schalung sowie Bewehrung, welche zur Aus-
führung der verschiedenen Gründungsarten benötigt wird. Deshalb sind die Kosten eines
Verfahrens schon in dieser Phase von Bedeutung.
• In der Vorbereitungsphase gilt es, die Leistungsbeschreibung so zu gestalten, dass auf
Unternehmerseite ein möglichst optimiertes technologisches Verfahren angeboten werden
kann, damit der Anbieter im Vergleich zu konkurrierenden Betrieben in Bezug auf Quali-
tät und Angebotspreis bestehen kann und der Nachfragende ein günstiges Angebot erhält.
• Nach Auftragserteilung besteht die Aufgabe der Bauunternehmung unter Berücksichti-
gung der im Bauvertrag festgehaltenen Randbedingungen in der Findung einer der Bau-
aufgabe gerecht werdenden Verfahrenslösung.
2.4 Verfahrensplanung 15

Jede Entscheidung für ein Verfahren während der o. g. Phasen bedarf einer Vorbereitung.
Hierbei ist festzuhalten, dass eine Vielzahl von getroffenen Entscheidungen auf Erfahrungs-
werten basiert. Diese Methode kann als hinreichend genau angesehen werden, wenn die Ent-
scheidungsträger über die notwendige Erfahrung verfügen, oder das Projekt aufgrund seines
geringen Bauvolumens keine detaillierte Bearbeitung sinnvoll erscheinen lässt.

Auch unter dem Gesichtspunkt der angespannten Personalsituation vieler Baubetriebe sowie
der oftmals geforderten kurzen Zeiten für die Bauvorbereitung gelingt eine termingerechte
Bewältigung in der Mehrzahl der Fälle nur mit Hilfe einfacher Entscheidungskriterien. Neben
diesen alltäglich wahrzunehmenden Aufgaben drängen sich allerdings auch Methoden auf,
die aus dem üblichen Rahmen fallen und einen fehlenden Wissens- bzw. Erfahrungsstand
offen legen. Jene komplikationsbehafteten Fälle gilt es einer genaueren Betrachtungsweise zu
unterziehen, um die Suche nach dem am besten geeigneten Verfahren erfolgreich zu gestal-
ten. Im weiteren Verlauf soll nun ein Weg aufgezeigt werden, wie die Entscheidungsträger, je
nach Erfahrung, durch systematische Verfahrensplanung auch selten verwendete und schwie-
rige Kriterien einbeziehen können.

2.4.2 Schritte der Verfahrensplanung

Vorgehensweise bei der Verfahrensplanung


Zur Durchführung der Verfahrensplanung erweist sich eine Vorgehensweise in drei Schritten
als sinnvoll, siehe (Bild 2.4).

Schritte der
Verfahrensplanung

3. Schritt Verfahrens-
auswahl

2. Schritt
Verfahrensvergleich

1. Schritt Prüfen der


Verfahrenseignung

Bild 2.4 Schritte der Verfahrensplanung


16 2 Baubetriebliche und vertragsrechtliche Grundlagen

• Danach werden zunächst alle theoretisch möglichen Verfahren dahingehend überprüft, ob


sie sämtliche Kriterien zur Verfahrenseignung erfüllen.
• Die verbliebenen Verfahren werden anhand von einheitlichen Bewertungsmaßstäben für
einen Vergleich bewertet.
• Abschließend erfolgt die Auswahl des geeignetsten Verfahrens auf der Grundlage eines
Verfahrensvergleiches.

Verfahrenseignung
Der Prozess der Feststellung der Verfahrenseignung beschreibt im Wesentlichen eine techni-
sche Analyse, um ein oder mehrere Verfahren auf ihre Tauglichkeit hinsichtlich der Lösung
einer Bauaufgabe bzw. einer Teilaufgabe zu überprüfen. Ein Verfahren wird für die weitere
Planung erst dann herangezogen, wenn alle aus dem Bauprojekt herrührenden Randbedin-
gungen erfüllt sind. Das Ergebnis dieser Überprüfung spiegelt allerdings nicht die Findung
des geeignetsten Verfahrens wieder, sondern führt zu mehreren technisch möglichen Durch-
führungsvarianten. Um die Frage beantworten zu können, ob ein Verfahren geeignet ist, emp-
fiehlt es sich, die Durchführung einer Prüfung auf Verfahrenseignung zweistufig ablaufen zu
lassen:
1. Verfahrensunabhängige Stufe:
• Zusammenstellung sämtlicher Kriterien, die von allen Verfahren zur Umsetzung der kon-
kreten Bauaufgabe einzuhalten sind.
2. Verfahrensabhängige Stufe:
• Benennung des auf Eignung zu prüfenden Verfahrens.
• Überschlägige Dimensionierung der Bauprozesse, die für die Durchführung notwendig
sind, sowie ggf. Ergänzung der unter 1. erwähnten Kriterien.
• Überschlägige Dimensionierung des Verfahrens.
• Beurteilung, ob die aufgestellten Kriterien von dem untersuchten Verfahren erfüllt wer-
den.
• Entscheidung über den Ausschluss oder die Empfehlung eines Verfahrens bezüglich der
Zulassung zum Verfahrensvergleich.
Nachfolgend werden mögliche aus der Bauaufgabe entstehende und allgemeingültige Krite-
rien genannt.

Aus der Bauaufgabe herrührende Kriterien


Zur Findung dieser Kriterien muss die Bauaufgabe dahingehend untersucht werden, welche
Einflüsse durch das Bauvorhaben selbst oder durch das reale, rechtliche und vertragliche
Umfeld gegeben sind. Bereiche, aus denen solche Einflüsse herrühren, können z. B. sein:
• Das Bauwerk sowie seine Konstruktion einschließlich der Gründung und der Bauwerks-
nutzung
2.4 Verfahrensplanung 17

• Das Baufeld und seine Umgebung


• Der Boden und das Grundwasser
• Gesetzliche Rahmenbedingungen
• Verträge
Für diese Einflussbereiche gilt es zu untersuchen, ob hieraus Randbedingungen z. B. für die
Baugrundverbesserung herrühren, die bei der Verfahrensauswahl zu berücksichtigen sind.
Existieren solche Randbedingungen, so sollten dafür möglichst konkrete, bewertbare, durch
das Bauverfahren einzuhaltende Kriterien geschaffen werden. In Tabelle 2.2 sind für die o. g.
Einflussbereiche mögliche Randbedingungen und Kriterien zusammengestellt.
Tabelle 2.2 Randbedingungen und Kriterien für mögliche Einflussbereiche

Mit der Bauaufgabe im Zu- Aus den Einflussbereichen Für die Verfahrensauswahl zu beach-
sammenhang stehende Ein- herrührende Rahmenbedin- tende Kriterien
flussbereiche gungen
Bauwerkskonstruktion einschl. - In den Boden abzuleitende Aufnehmbare Bodenpressungen
der vorgesehenen Gründungs- Kräfte
art sowie der Bauwerksnutzung - Setzungen, Verdrehungen Festlegung der max. zulässigen Setzungen,
und Verformungen Verdrehungen und Verformungen
Baufeld und örtliche Gegeben- - Geländeverhältnisse Neigungen, Ebenheit
heiten - Untergrund Befahrbarkeit
- Vorhandene Nachbar- Schallgrenzwert oder
bebauung Vibrationsgrenzwerte
- Zufahrtswege Art und Abmessungen
- Größe des Baufeldes Vorhandener Platz für Material und Geräte
- Öffentlicher Verkehr Eventuelle Behinderungen z. B. bei An-
oder Abtransport
Boden und Grundwasser - Beschreibung des an- Bodenmechanische Kennwerte
stehenden Bodens Einteilung in Bearbeitungsklassen z. B.
- Beurteilung des Bodens in nach DIN
Bezug auf Bearbeitungs- 18 300 in die Klassen
möglichkeiten 1 bis 7
- Grundwasser Grundwasserstände
max. Absenkmöglichkeiten
Entnahmemöglichkeiten
Verträge - Termine Einzuhaltende Bauzeiten
- Werden zeitgleich mit der Jahreszeit der Bodenverbesserung
Bodenverbesserung andere
Bauprozesse durchgeführt Sind Behinderungen daraus zu erwarten
- Wird das Baufeld durch
Vereinbarungen im Bau- Sind Behinderungen daraus zu erwarten
vertrag eingeengt
Gesetzliche Rahmenbedingun- Beschreibung der täglichen und Ein- oder Mehrschichtbetrieb, Wochen-
gen wöchentlichen Arbeitszeiten endarbeit
Überstunden möglich

Allgemeingültige Kriterien
Die allgemeingültigen Kriterien sind abhängig von dem jeweiligen Zielsystem. Dabei kann
eine optimale Abwicklung eines Bauauftrages als relevantes Oberziel angesehen werden.
18 2 Baubetriebliche und vertragsrechtliche Grundlagen

Für eine weitere Untergliederung können folgende Teilziele und daraus hergeleitete bewert-
bare Kriterien formuliert werden:

Teilziele Mögliche Kriterien


• Wirtschaftlichkeit Kosten
• Leistungsfähigkeit Bauzeit, Leistungsmenge/Zeiteinheit
• Organisatorische Eignung Verfügbarkeit von Spezialgeräten
• Unfallsicherheit Situationsbedingt
• Umweltbeeinträchtigung Situationsbedingt

Verfahrensvergleich und Verfahrensauswahl

Allgemeines
Unter Verfahrensvergleich wird hier die Ermittlung von Entscheidungshilfen verstanden,
anhand derer aus mehreren geeigneten Verfahren das geeignetste ausgewählt werden kann.
Die Verfahrensauswahl bedeutet die Entscheidungsfindung auf der Grundlage der im Verfah-
rensvergleich entwickelten Entscheidungshilfe. Der Umfang bzw. die Tiefe des Verfahrens-
vergleichs richtet sich sicherlich nach der Bedeutung der Verfahren am Gesamtobjekt. So
wird man sich im Regelfall auf Entscheidungshilfen beschränken, die die Zielgröße „Wirt-
schaftlichkeit“ berücksichtigen. Darüber hinaus können aber auch die anderen genannten
Zielgrößen wie z. B. Leistungsfähigkeit, organisatorische Eignung, Unfallsicherheit und
Umweltbeeinträchtigung in die Entscheidungsfindung einfließen.

Da die Erweiterung der Zielgrößen für die Entscheidungsfindung die Ausnahme darstellt,
wird bei den Verfahrensvergleichen zwischen einem wirtschaftlichen Verfahrensvergleich
und einem qualitativen Verfahrensvergleich unterschieden.

Die Entscheidungshilfen, die hierbei ermittelt werden, werden in den nachfolgenden Ab-
schnitten dargestellt. Für die Durchführung des Verfahrensvergleichs muss die Teilbauaufga-
be dem Leistungsumfang nach dimensioniert sein und das in den Vergleich einzubeziehende
Bauverfahren feststehen.

Wirtschaftlicher Verfahrensvergleich
Beim Verfahrensvergleich unter wirtschaftlichem Gesichtspunkt sind mögliche Kriterien der
ausführenden Unternehmung der Kapitalbedarf, die Möglichkeit der Weiterverwendung und
die Kosten des Verfahrens. Auf der Auftraggeberseite verbleiben die Kosten bzw. der Preis
der Bauleistung als Kriterium. Deshalb wird nur das zuletzt genannte Kriterium näher be-
trachtet. Hierfür eignet sich der kalkulatorische Verfahrensvergleich, bei dem die beim Ein-
satz eines Verfahrens wahrscheinlich auftretenden Kosten ermittelt werden. Es werden die
Methoden
• Absoluter kalkulatorischer Verfahrensvergleich
• Grenzkostenbestimmung durch einen kalkulatorischen Vergleich
2.4 Verfahrensplanung 19

unterschieden. Bild 2.5 gibt einen Überblick über den wirtschaftlichen Verfahrensvergleich
mit einer besonderen Betrachtung des kalkulatorischen Verfahrensvergleichs.

Art des Wirtschaftlicher Verfahrensvergleich


Verfahrens-
vergleichs

Entscheidungs- Kapitalbedarf Verfahrens- Möglichkeit der


kriterien kosten Weiterverwendung

Methode zur kalkulatorischer


Verfahrensvergleich
Ermittlung der
Entscheidungs-
kriterien

absoluter kalkulatorischer Grenzkostenbestimmung


Vergleich durch kalkulatorischen
(bei vorgegebener Menge und Vergleich
einer bestimmten (Kosten in Anhängigkeit
Vorhaltezeit) einer Einflussgröße m)

Gesamtkosten Kosten je Einheit Wirtschaftlichkeitsgrenze


K (EUR) k (EUR/E)

Bild 2.5 Wirtschaftlicher Verfahrensvergleich

Beim absoluten Kostenvergleich werden die Kosten der Verfahren für eine bestimmte Menge
und einen festgelegten Zeitraum ermittelt und zueinander in Beziehung gesetzt. Dabei kön-
nen die Kosten als Gesamtkosten K [EUR] oder als Kosten je Einheit k [EUR/Einh.] angege-
ben werden.

Vergleich
der Gesamtkosten: K Verfahren 1 verglichen mit K Verfahren 2
oder
der Kosten je Einheit: k Verfahren 1 verglichen mit k Verfahren 2

Bei der Ermittlung der Wirtschaftlichkeitsgrenze werden die Wirtschaftlichkeitsbereiche


zweier Verfahren voneinander getrennt. Dazu müssen die Kosten in Abhängigkeit von einer
Einflussgröße (z. B. Menge, Bauzeit) dargestellt werden. Hierzu ist die Berechnung der fixen
und variablen Kostenanteile eines Verfahrens notwendig. Durch die Unterscheidung in fixe
und variable Kostenanteile errechnen sich die Gesamtkosten eines Verfahrens zu

Kges = Kfix + m · kvar


20 2 Baubetriebliche und vertragsrechtliche Grundlagen

Die Kosten je Einheit errechnen sich zu

k = 1/m · Kfix + kvar


mit

Kfix = fixe Kostenanteile [EUR]

kvar = variable Kostenanteile bezogen auf die Einheit [EUR/E]

m = Einflussgröße (z. B. Menge, Bauzeit)

Die Wirtschaftlichkeitsgrenze mgr errechnet sich aus der Gleichsetzung der Kostenfunktionen
zweier Verfahren.

K1fix + m · k1var = K2fix + m · k2var

Die sich aus dieser Gleichung errechnende Grenzmenge entspricht der Wirtschaftlichkeits-
grenze (Bild 2.6 und Bild 2.7).

mgr = (K2fix - K1fix) / (k1var - k2var)


Gesamtkosten K ges [Euro]

Verfahren 2
Verfahren 1

Wirtschaftlichkeitsgrenze m gr Einflußgröße m

Bild 2.6 Gesamtkosten in Abhängigkeit von einer Einflussgröße


2.4 Verfahrensplanung 21

Einheitskosten K [Euro/Einheit]
Verfahren 1
Verfahren 2

mgr Einflußgröße m

Bild 2.7 Einheitskosten in Abhängigkeit von einer Einflussgröße

In der grundsätzlichen Vorgehensweise unterscheidet sich der kalkulatorische Verfahrens-


vergleich nicht von den im Bauwesen üblichen Methoden der Kostenermittlung, jedoch sind
einige Besonderheiten zu beachten:

a) Richtige Leistungskennwerte ansetzen


Das Problem jeder Kalkulation ist die Richtigkeit der benutzten Leistungskennwerte.
Unter Leistungskennwerten ist der Arbeits- bzw. Gerätestundenbedarf je Leistungseinheit
zu verstehen. Auf die Höhe der Kennwerte wirken vielfältige Einflüsse ein, wie z. B. Bau-
stellensituation, Bauvorhaben, Witterung und das Verfahren der Kennwertermittlung
selbst. Es gehört Erfahrung und Kritikfähigkeit dazu, solche an unterschiedlichen Orten
für unterschiedliche Verfahren ermittelte Kennwerte bei einem Verfahrensvergleich zu
benutzen. Leistungsansätze für die Angebotskalkulation erfüllen diese Anforderungen im
Regelfall nicht.

b) Nur verursachungsgerechte Kostenbestandteile


Unterschiedliche Verfahren werden in unterschiedlichem Maße Baustellengemeinkosten,
Allgemeine Geschäftskosten und Kosten für Risiken erzeugen. Wenn man diese Kosten
nicht verursachungsgerecht erfassen kann, ist es besser, sie nicht zu berücksichtigen.

c) Nur unterschiedliche Kosten verfolgen


Zur Vereinfachung sollte man beim kalkulatorischen Verfahrensvergleich nur die Kosten
verfolgen, die tatsächlich in unterschiedlicher Höhe anfallen. So ist es z. B. unnötig, beim
Vergleich von zwei unterschiedlichen Geräten bei gleicher Bauzeit die Lohnkosten für den
Geräteführer zu berücksichtigen.
22 2 Baubetriebliche und vertragsrechtliche Grundlagen

d) Bewertung der Lohnkosten


Die den Verfahren zuzuordnenden Lohnstunden sind mit dem Mittellohn ASL zu bewer-
ten. Gehälter für den Polier sind nur bei unterschiedlichem Verhältnis Anzahl der Poliere /
Anzahl der AK oder bei unterschiedlichen Bauzeiten einzubeziehen.

Qualitativer Verfahrensvergleich und Verfahrensauswahl


Der qualitative Verfahrensvergleich ermöglicht es, neben den wirtschaftlichen Gesichtspunk-
ten noch weitere Zielkomponenten in die Entscheidungsfindung mit einfließen zu lassen.
Diese Notwendigkeit kann sich auf der Bauherrenseite (z. B. Erprobung neuer Bauverfahren)
oder auf der ausführenden Seite (z. B. Verfügbarkeit usw.) ergeben. Der Vergleich erfolgt in
folgenden vier Schritten:
1. Festlegung der für die Entscheidungsfindung wichtigen Zielgrößen und der zugehörigen
Kriterien

2. Gewichtung der Zielgrößen

3. Gewichtung der Kriterien

4. Quantifizierung der Kriterien

Da der erstgenannte Schritt bereits zuvor behandelt wurde, konzentrieren sich nachfolgende
Erläuterungen auf die drei verbleibenden Wertungsphasen.

Zu 2: Gewichtung der Zielgrößen am Beispiel von allgemeingültigen Teilzielen (Bild 2.8).

Ziel 1 Ziel 2 Ziel 3 Ziel 4 Ziel 5

Wirtschaft- Leistungs- Organisat. Umweltver- Unfall-


lichkeit fähigkeit Eignung träglichkeit sicherheit
Bild 2.8 Allgemeingültige Teilziele

Diese Teilziele müssen nun jedes für sich bewertet werden, so dass die Bedeutung des Ein-
zelzieles innerhalb des gesamten Zielsystems ausgedrückt wird.
z. B. V1 = 1,0; V2 = 0,8; V3 = 0,7; V4 = 0,5; V5 = 0,5.

Dabei bestimmt der Faktor V1 die Bedeutung des Zieles 1, der Faktor V2 die Bedeutung des
Zieles 2 usw. Diese Werte sind jedoch durch die subjektive Betrachtungsweise mit Fehlern
behaftet. Aus diesem Grund hat die Unternehmensforschung (Operation Research) die Ent-
wicklung von Methoden vorangetrieben, die zur Eingrenzung von Fehlerquellen beitragen
sollen. In diesem Zusammenhang kann das so genannte „einfache“ sowie „unterteilte Rang-
ordnungsverfahren“ genannt werden.
2.4 Verfahrensplanung 23

Zu 3: Gewichtung der Kriterien


Wie bereits erwähnt, ist eine Zuordnung der im zweiten Schritt aufgeführten Teilziele in Un-
terziele bzw. Kriterien sinnvoll. Dieses geschieht hier mit Gewichtungsfaktoren „w“. Nach
der Wichtung der Teilziele müssen die daraus resultierenden Kriterien gewichtet werden.

z. B. für das Ziel 1 mit der Gewichtung : V1

Kriterium 11 : w11
Kriterium 12 : w12
Kriterium 13 : w13 usw.

Hinsichtlich einer methodischen Gewichtungsfindung wird auf Keil/Martinsen [4] verwiesen.

Die Überprüfung kann ebenfalls auf der Basis des Rangordnungsverfahrens vorgenommen
werden.

Zu 4: Quantifizierung der Kriterien


Die Frage nach der Wirksamkeit der einzelnen Kriterien lässt sich im Gegensatz zur kosten-
relevanten Beurteilung (Reihenfolge nach Kostenhöhe und Risikospanne) im Hinblick auf die
vorhandene Zielsetzung wegen eines fehlenden geeigneten Maßstabes nicht so ohne weiteres
beantworten. Ein mögliches Punktesystem (z. B. 0 bis 10) kann zur Lösung des Problems
beitragen. Hierbei profitiert die Differenzierungsmöglichkeit von einer zahlenmäßig größer
angelegten Punktspanne. Aufgrund der unterschiedlichen Art der zu bewertenden Kriterien
muss vielfach der Beurteilungsmaßstab allgemein formuliert sein. Aus diesem Grund wäre
vor dem Hintergrund des gegebenen Zieles folgender Maßstab denkbar:

uneingeschränkt positiv 10 Punkte


mit einigen Einschränkungen positiv 8 Punkte
bedingt positiv 6 Punkte
bedingt negativ 4 Punkte
in recht hohem Maße negativ 2 Punkte
uneingeschränkt negativ 0 Punkte

Durch die Unterteilung in 6 Stufen von jeweils 5 Zweiersprüngen ergibt sich die Möglichkeit
einer Einführung von weiteren Zwischenstufen, ohne Dezimalbrüche auftreten zu lassen. Die
Zielerfüllung eines Bauverfahrens wird durch die erreichte Gesamtpunktzahl ausgedrückt.

N
Gesamtbewertung = Σ Vi · wij · Punktezahl
i=1

Diese für alle in den Vergleich einbezogenen Verfahren ermittelten Punktzahlen bilden eine
Entscheidungshilfe für die Verfahrensauswahl.
24 2 Baubetriebliche und vertragsrechtliche Grundlagen

Modell zur Verfahrensplanung


Die drei Schritte der Verfahrensplanung werden in Bild 2.9 dargestellt.

Schritt 1 Prüfen der Verfahrenseignung

Analyse der Bauaufgabe und Festlegung von


Kriterien aus der Bauaufgabe ggf. Berücksichtigung
der unternehmerischen Ziele

Vorauswahl eines technisch möglichen Verfahrens

Überprüfung der Erfüllung oben genannter


Kriterien und Entscheidung über die Zulassung
des Verfahrens zum Verfahrensvergleich

Schritt 2 Durchführung des Verfahrensvergleiches

Entscheidung über die Tiefe des Verfahrensvergleiches


auf Grund der kalkulatorischer qualitativer
Erfahrung Vergleich Vergleich

Detaillierte Dimensionierung
ggf. überschlägige der Bauaufgabe
Dimensionierung
der Bauaufgabe und
des Bauverfahrens Detaillierte Dimensionierung
des Bauverfahrens

Entscheidung über weitere


Verfahrenskosten Ermittlung der Kosten Kriterien, die aus weiteren
aus Vergleichs- zur Erfüllung der Teilzielen hergeleitet
objekten Bauaufgabe werden. Diese Teilziele
können sein:
Leistungs- Umwelt-
fähigkeit verträgl.
Organisat. Unfall-
Eignung sicherheit

Bewertung Bewertung der Verfahren mit Hilfe


auf Grund der eines kalkulatorischen Verfahrensvergleiches,
Erfahrung eventuell in Kombination mit einem qualitativen
Verfahrensvergleich

Schritt 3 Verfahrensauswahl

Bild 2.9 Modell zur Verfahrensplanung


2.4 Verfahrensplanung 25

Literatur
[1] Kühn, G., Handbuch Baubetrieb, VDI-Verlag, Düsseldorf, 1991
[2] Keil/Martinsen/Vahland/Fricke, Kostenrechnung für Bauingenieure, Werner Verlag,
11. Aufl., 2008
[3] Lampe-Helbig, G., Praxis der Bauvergabe, Verlag C.H. Beck, München, 1991
[4] Keil/Martinsen, Methodische Verfahrensauswahl im Baubetrieb, Bauwirtschaft, Heft
19, Mai 1979
3 Geotechnische Grundlagen

3.1 Allgemeines
Nachfolgend werden die wesentlichen geotechnischen Grundlagen für die Aufgaben des
Erd-, Grund- und Tiefbaus aufgeführt. Eine vollständige oder gar detaillierte Beschreibung
einzelner Labor- und Feldversuche war nicht das Ziel dieser Zusammenstellung. Vielmehr
sollte ein Überblick geschaffen werden und dem praktisch tätigem Ingenieur, mit Hilfe zahl-
reicher Tabellen und Zahlenwerte, Lösungen der täglichen Aufgaben an die Hand gegeben
werden.

3.2 Einteilung der Gesteine und Böden


Die Gesteine werden üblicherweise nach ihrer Entstehung eingeteilt, wobei hier zwischen
magmatischen Gesteinen (Magmatite, Erstarrungs- und Eruptivgesteine), Sedimentgesteinen
(Sedimente, Ablagerungsgesteine) und metamorphen Gesteinen (Umwandlungsgesteine,
Metamorphite) unterschieden wird.

Magmatite entstehen aus schmelzflüssigem Magma in großer Tiefe (Tiefengesteine unter


großem Druck langsam erkaltet) oder an der Oberfläche (Ergussgesteine rasch erkaltet). Die
Bildung von Metamorphiten steht im Zusammenhang mit Bewegungen der Erdkruste. Beide
Gesteine sind ein hervorragend tragfähiger Baugrund, aber ihre Vorkommen werden i. A.
abgebaut und nicht bebaut. Sedimente die durch Ablagerung von durch Verwitterung zerstör-
tem Gesteinsmaterial oder durch Abscheidung aus Lösungen entstehen,. verfestigen sich im
Laufe der Zeit. Entsprechend den wechselnden Ablagerungsbedingungen sind diese Gesteine
oft geschichtet. Verfestigte Sedimentgesteine sind bei günstiger Lagerung i. A. ein guter
Baugrund, unverfestigte Ablagerungen bilden in der Regel den "anstehenden Baugrund" und
werfen bezüglich der Tragfähigkeit die verschiedensten Probleme auf.

Böden sind deshalb nach dem Grad der Verfestigung zu unterscheiden. Dabei wird Fels als
Sammelbegriff für alle Festgesteine verwendet. Unverwitterter Fels ist ein ausgezeichneter
Baugrund, der seine Eigenschaften auch bei Freilegung nicht ändert. Lockergestein ist ent-
weder gewachsener Boden, der durch einen abgeklungenen erdgeschichtlichen Vorgang ent-
standen ist, oder Boden, der durch Aufschütten oder Aufspülen hergestellt wurde.

Hauptsächliche Merkmale für die Einteilung der Böden nach bodenmechanischen und bau-
technischen Gesichtspunkten sind Korngröße und Kornform. Man unterscheidet dabei:

Nichtbindige Böden, wie Sand, Kies, Steine und ihre Mischungen, wenn der Gewichtsanteil
der Bestandteile unter 0,06 mm Korndurchmesser weniger als 15 % beträgt. Im trockenen
Zustand haften die Körner nicht aneinander, für Sande und Kiese ist daher das Einzelkornge-
füge charakteristisch. Die anziehenden Kräfte zwischen den Körnern sind unbedeutend.

G. Maybaum et al., Verfahrenstechnik und Baubetrieb im Grund- und Spezialtiefbau,


DOI 10.1007/978-3-8348-8269-1_3,
© Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
28 3 Geotechnische Grundlagen

Tone, tonige Schluffe, Schluffe werden als bindige Böden oder Böden mit plastischen Eigen-
schaften bezeichnet, wenn der Knetversuch erfolgreich ausgeführt werden kann [1]. Dies ist
üblicherweise der Fall, wenn der Gewichtsanteil der bindigen Bestandteile unter 0,06 mm
Korndurchmesser größer als 15 % ist. Sie bilden auch im trockenen Zustand eine zusammen-
hängende Masse.

Organische Böden sind Torf, Faulschlamm, Schlick, Klei, Humus und anorganische Böden,
wenn der Gewichtsanteil organischer Beimengen tierischer oder pflanzlicher Herkunft bei
nichtbindigen Böden mehr als 3 % oder, bei bindigen Böden, mehr als 5 % beträgt.

Kurzzeichen
Bereich / Benennung Korngrößenbereich
[mm]
DIN DIN EN ISO
4022 14688-1

Blöcke Y Bo / LBo über 200 / über 630


Steine X Co über 63 bis 200
Kieskorn G Gr über 2 bis 63
Grobkornbereich Grobkies gG CGr über 20 bis 63
Mittelkies mG MGr über 6,3 bis 20
(Siebkorn) Feinkies fG / FGr über 2,0 bis 6,3

Sandkorn S Sa über 0,063 bis 2,0


Grobsand gS CSa über 0,6 bis 2,0
Mittelsand mS MSa über 0,2 bis 0,6
Feinsand fS FSa über 0,06 bis 0,2
Schluff U Si über 0,002 bis 0,063
Feinkornbereich Grobschluff über 0,02 bis 0,063
gU CSi
Mittelschluff mU MSi über 0,0063 bis 0,02
(Schlämmkorn) Feinschluff über 0,002 bis 0,0063
fU FSi
Tonkorn (Feinstes) T Cl unter 0,002

Bild 3.1 Korngrößenbereiche [2]

Bei der Boden und Felsklassifizierung nach DIN 18 300, VOB Teil C werden die Boden- und
Felsarten entsprechend ihres Zustandes beim Lösen in Klassen eingestuft.

Klasse 1: Oberboden (Mutterboden).


Oberboden ist die oberste Schicht des Bodens, die neben anorganischen Stoffen, z. B. Kies-,
Sand-, Schluff- und Tongemischen, auch Humus und Bodenlebewesen enthält.

Klasse 2: Fließende Bodenarten


Bodenarten, die von flüssiger bis breiiger Konsistenz sind und die das Wasser schwer abge-
ben.
3.3 Baugrunderkundung 29

Klasse 3: Leicht lösbare Bodenarten.


Sande, Kiese und Sand-Kies-Gemische mit höchstens 15 % Massenanteil von Schluff und
Ton mit Korngrößen kleiner 0,063 mm und mit höchstens 30 % Massenanteil an Steinen mit
Korngrößen über 63 mm bis 200 mm.
Organische Bodenarten, die nicht von flüssiger bis breiiger Konsistenz sind, und Torfe.

Klasse 4: Mittelschwer lösbare Bodenarten.


Gemische von Sand, Kies, Schluff und Ton mit über 15 % Massenanteil der Korngröße klei-
ner als 0,063 mm.
Bodenarten von leichter bis mittlerer Plastizität, die je nach Wassergehalt weich bis halbfest
sind, und höchstens 30 % Massenanteil an Steinen enthalten.

Klasse 5: Schwer lösbare Bodenarten.


Bodenarten nach den Klassen 3 und 4, jedoch mit über 30 % Massenanteil an Steinen.
Bodenarten mit höchstens 30 % Massenanteil an Blöcken.
Ausgeprägt plastische Tone, die je nach Wassergehalt weich bis halbfest sind.

Klasse 6: Leicht lösbarer Fels und vergleichbare Bodenarten.


Felsarten, die einen mineralisch gebundenen Zusammenhalt haben, jedoch stark klüftig, brü-
chig, bröckelig, schiefrig oder verwittert sind, sowie vergleichbare feste oder verfestigte Bo-
denarten, z. B. durch Austrocknung, Gefrieren, chemische Bindungen.
Bodenarten mit über 30 % an Blöcken

Klasse 7: Schwer lösbarer Fels.


Felsarten, die einen mineralisch gebundenen Zusammenhalt und hohe Festigkeit haben und
die nur wenig klüftig oder verwittert sind, auch unverwitterter Tonschiefer, Nagelfluhschich-
ten, verfestigte Schlacken und dergleichen.
Haufwerke mit großen Blöcken mit Korngrößen über 630 mm

3.3 Baugrunderkundung
Die Voraussetzung zur Lösung einer Grundbauaufgabe ist eine ausreichende Baugrunder-
kundung. Um das Baugrundrisiko in engen Grenzen zu halten, werden allgemeine Richtlinien
und Mindestanforderungen an die Baugrunderkundung gestellt (s. DIN 1054 und DIN 4020).

Für jede Bauaufgabe müssen Aufbau und Beschaffenheit von Boden und Fels im Baugrund
sowie die Grundwasserverhältnisse ausreichend bekannt sein, um insbesondere die Standsi-
cherheit und die Gebrauchstauglichkeit des Bauwerkes sowie die Auswirkungen der Bau-
maßnahme auf die Umgebung sicher beurteilen zu können. Hierzu müssen geotechnische
Untersuchungen projektbezogen ausgeführt werden [3].

Die diesbezüglichen Felduntersuchungen dienen in erster Linie den folgenden Zwecken:


30 3 Geotechnische Grundlagen

a) der Ermittlung des Schichtenverlaufes einschließlich der Grundwasserverhältnisse


b) der Gewinnung von Boden- und Wasserproben zur Durchführung der Laborversuche
zwecks Bestimmung der Bodenkennwerte
c) der unmittelbaren Feststellung von Bodeneigenschaften durch Standardversuche
d) dort, wo der Boden als Baustoff verwendet wird, der Gütekontrolle der eingebauten
Bodenmassen

Die Erkundungsverfahren sowie der erforderliche Umfang der Untersuchungen sind in den
nachfolgenden DIN-Normen beschrieben, die nunmehr sukzessive durch die gelisteten Euro-
päischen Normen zu ersetzen sind:

DIN 1054 Zulässige Belastung des Baugrundes


DIN 4020 Geotechnische Untersuchungen für bautechnische Zwecke
DIN 4021 Aufschluss durch Schürfe und Bohrungen sowie Entnahme von Proben
DIN 4022 Benennen und Beschreiben von Boden und Fels
DIN 4030 Beurteilung betonangreifender Wässer, Böden und Gase
DIN 4094 Baugrund – Felduntersuchungen
- Drucksondierungen, Rammsondierungen, Flügelscherversuche und
Bohrlochaufweitungsversuche
DIN 4096 Flügelsondierung

DIN EN 1997 Eurocode 7: Entwurf, Berechnung und Bemessung in der Geotechnik


Teil 1: Allgemeine Regeln
Teil 2: Erkundung und Untersuchung des Baugrundes

DIN EN ISO 14688 Geotechnische Erkundung und Untersuchung


- Benennung, Beschreibung und Klassifizierung von Boden

DIN EN ISO 14689 Geotechnische Erkundung und Untersuchung


- Benennung, Beschreibung und Klassifizierung von Fels

DIN EN ISO 22475 Geotechnische Erkundung und Untersuchung


- Probenentnahmeverfahren und Grundwassermessungen

DIN EN ISO 22476 Geotechnische Erkundung und Untersuchung – Felduntersuchungen


mit den bis dato veröffentlichten Abschnitten
Teil 1: Drucksondierungen mit elektrischen Messwertaufnehmern
Teil 2: Rammsondierungen
Teil 3: Standard Penetration Test
Teil 4: Pressiometerversuch nach Menard
Teil 5: Versuch mit dem flexiblen Dilatometer
Teil 7: Seitendruckversuch
Teil 8: Versuch mit dem Verdrängungspressiometer
3.3 Baugrunderkundung 31

Die Anforderungen an die erforderlichen Aufschlusstiefen sind nachfolgend exemplarisch für


flachgegründete Ingenieurbauwerke benannt (Bild 3.2).

Hochbauten, Ingenieurbauten Bei Plattengründungen und bei Bauwerken


za ≥ 3,0 · bF mit mehreren Gründungskörpern, deren Ein-
und za ≥ 6m fluss sich in tieferen Schichten überlagert
bF ist das kleinere Fundamentmaß za ≥ 1,5 · bB
bB ist das kleinere Bauwerksmaß
Bild 3.2 Erforderliche Aufschlusstiefen [4]

Als Erkundungsmethode kommen allgemein infrage: Schürfgruben, Bohrungen und Sondie-


rungen.

Schürfgruben werden für die oberflächennahe Erkundung oberhalb des Grundwasserspiegels


angelegt. Sie finden hauptsächlich dort Anwendung, wo die erforderliche Erkundungstiefe
gering ist, z. B. im Straßen-, Eisenbahn- und Flugplatzbau, oder wo es allgemein nur um die
Verbesserung oberflächennaher Schichten geht. Sie dienen der unmittelbaren Einsichtnahme
in den Schichtenaufbau und zur Entnahme von Bodenproben. Die Bodenproben werden aus
der Sohle, der Abtreppung oder aus der Wandung entweder in gestörter Form herausgelöst
oder als Sonderproben mit Hilfe von Ausstechzylindern ausgestochen und ausgegraben.

Eine umfassende Baugrunderkundung beginnt i. A. mit der Durchführung von Probebohrun-


gen. Es wird zwischen folgenden Verfahren unterschieden:

– Durchgehende Gewinnung von gekernten Bodenproben: Kernbohrung, Rammkernboh-


rung, Druckkernbohrung
– Gewinnung durchgehender nicht gekernter Proben: Handdrehbohrung, Schlagbohrung,
Greiferbohrung
– Gewinnung unvollständiger Proben: Spülbohrverfahren

Kernbohrungen im Lockergestein bieten den Vorteil, dass zusammenhängende Bodenprofile


als Kerne entnommen werden können. Dabei sind die einzelnen Bodenschichten zwar meist
gestört, aber ein Vermischen und Aufweichen wird verhindert. Die entnommenen Kerne las-
sen den Kornaufbau und die Schichtung gut erkennen.
32 3 Geotechnische Grundlagen

Bild 3.3 Typischer Baugrundaufschluss, Lagerung der Bohrkerne in Kernkisten (Frankfurt am Main) [5]

Am Untersuchungsort ist für jede Probenentnahme und für Grundwassermessungen ein Feld-
bericht (Bohrprotokoll, Schichtenverzeichnis, etc.) so zu erstellen, dass ein Dritter diese Er-
gebnisse überprüfen und nachvollziehen kann (DIN EN ISO 22 475-1).

Wegen des hohen Kosten- und Zeitaufwandes, die Baugrundaufschlussbohrungen verursa-


chen, werden für einfachere Aufschlüsse Sondierungen angewandt, welche Aufschlussboh-
rungen nicht ersetzen, sondern nur ergänzen können.

Bei der Rammsondierung nach DIN 4094 / DIN EN ISO 22476-2 wird ein Gestänge mit
einer verdickten Spitze bei gleich bleibender Fallenergie in den Boden gerammt. Es werden
jeweils die Schläge gezählt, die erforderlich sind, um das Gestänge um jeweils 10 cm in den
Boden einzutreiben. Die verdickte Spitze soll die Mantelreibung am Gestänge weitgehend
ausschließen. Die Schlagzahl ist ein Maß für den Eindringwiderstand des Bodens und lässt
Rückschlüsse auf die Lagerungsdichte bzw. die Konsistenz zu. Die Ergebnisse der Ramm-
sondierungen werden durch Auftragen der Schlagzahlen N10 bzw. N (SPT) der Tiefe gegen-
über dargestellt und z. B. anhand der Tabellen der DIN 4094 oder nunmehr prEN 1997-2
ausgewertet.

Bei der Sondierung im Bohrloch (DIN EN ISO 22476-3, Standard–Penetration–Test, SPT)


wird ein mit einem Schneidring versehener, aufklappbarer Entnahmestutzen (Innendurch-
messer 35 mm) 450 mm tief in die Bohrlochsohle gerammt und die Anzahl der für die letzten
300 mm erforderlichen Schläge gezählt. Der Vorteil besteht darin, dass gleichzeitig eine Bo-
denprobe entnommen werden kann.

Bei Drucksondierungen werden die Sondenstäbe durch eine statische Kraft mit möglichst
gleich bleibender Geschwindigkeit in den Boden eingedrückt und der Widerstand an der
Spitze, die örtliche Mantelreibung und der Gesamtwiderstand gemessen. Bei der Auswertung
wird der Widerstand über die Tiefe aufgetragen, wobei nach Spitzendruck und Mantelrei-
bung getrennt wird (Bild 3.5).
3.3 Baugrunderkundung 33

Bild 3.4 Typischer Baugrundaufschluss mittels Drucksondiergerät (Krempe) [5]

Bild 3.5 Ergebnis einer Drucksondierung


34 3 Geotechnische Grundlagen

a
Übliches Kernrohr oder Seilkernrohr
b
Beim „Rammen“ wird das Bohrwerkzeug mit einer besonderen Schlagvorrichtung eingetrieben. Beim ‚Schlagen wird
das Bohrwerkzeug selbst durch wiederholtes Anheben und Fallenlassen zum Eintreiben benutzt.
c
Das Rotationstrockenkernbohrverfahren wird in der Regel dann eingesetzt, wenn die Beobachtung der Grundwasser-
oberfläche das wichtigste Ziel der Baugrunderkundung ist

Bild 3.6 Durchgehende Gewinnung von Proben in Böden mittels Bohrverfahren [6]
3.3 Baugrunderkundung 35

d
Hierin bedeutet De der Innendurchmesser des Bohrwerkzeugs.
e
Die in Klammern gesetzten Angaben bedeuten, dass die jeweiligen Entnahmekategorien und Güteklassen nur bei beson-
deren Bodenbedingungen, die in solchen Fällen erläutert werden müssen, erreicht werden können.
f
Entnahmekategorie B ist in manchen leicht bindigen Böden möglich.
Anmerkung: Reine Spülbohrungen werden nicht erwähnt, da mit ihnen in der Regel nur eine Probengüte unterhalb der
Güteklasse 5 erreicht werden kann.

Bild 3.7 Durchgehende Gewinnung von Proben in Böden mittels Bohrverfahren [6]
36 3 Geotechnische Grundlagen

leichte
Drucksonde
Boden Lagerungsdichte Proctor Rammsonde
U 1) Spitzendruck
DIN 18 196 D 2) DPr Schläge / 10 cm
qc [MN/m²l
N 10
SE, GE ≥ 0,3 mitteldicht ≥ 95 % 5 – 15 ≥ 7,5
≤3
SU, GU, GT ≥ 0,5 dicht ≥ 98 % > 15 ≥ 15
SE, SW, SI
≥ 0.45 mitteldicht ≥ 98 % 15 – 30 ≥ 7,5
GE, GW, GI >3
≥ 0,65 dicht ≥ 100 % > 30 ≥ 15
SU, GU
1) Nach DIN EN ISO 14 688-2 wird die Ungleichförmigkeitszahl nunmehr mit Cu bezeichnet. Sie ist ein Maß für die
Steilheit der Körnungslinie im Bereich d10 bis d60
2) Zur Lagerungsdichte siehe Bild 3.22 und Anmerkung [12]
Bild 3.8 Abschätzung des Verdichtungszustandes kiesig – sandiger Böden

Bei der Flügelsondierung wird der Widerstand des Bodens beim Abscheren längs eines senk-
rechten zylindrischen Körpers und der zugehörigen Kopf- und Fußfläche in verschiedenen
Tiefen des Untergrundes bestimmt, und aus dem Messwert die Scherfestigkeit für schnelle
Belastung ermittelt. Die Untersuchung ist geeignet für wassergesättigte bindige und organi-
sche Böden von weicher bis steifer Konsistenz.

Bild 3.9 Flügelsonde, Gerätekonfiguration und Auswertung, vgl. [7]

Zur Untersuchung wird ein Sondiergestänge, versehen mit vier Flügelblechen, in den Bau-
grund gedrückt und langsam gedreht. Dabei wird das Drehmoment, das am Sondengestänge
auftritt, gemessen. Unter Ansatz einer gleichmäßigen Schubspannungsverteilung in der
Scherfläche lässt sich die mittlere Scherfestigkeit ermitteln.

Seitendrucksondierungen sind Messungen im Bohrloch zur Bestimmung der Festigkeits- und


Verformungsparameter in größeren Tiefen.
3.3 Baugrunderkundung 37

Unter der Bezeichnung Pressiometer wurde das Verfahren von Ménard eingeführt [8]. Das
Pressiometer besteht aus einer zentralen Messzelle (Länge 210 oder 370 mm, ∅ rd. 60 mm)
mit Schutzzellen darüber und darunter. Über die Messzelle wird Druck aufgebracht und die
Volumenänderung gemessen.

Bild 3.10 Pressiometer, Gerätekonfiguration und Arbeitslinie

Bei der Arbeitslinie (Druck-Verformungslinie) können vier charakteristische Bereiche unter-


schieden werden:
(1) Anpassung an den Spannungszustand vor der Bohrung.
(2) Pseudoelastischer Bereich infolge axialsymmetrischer Druckbelastung der Bohrlochwan-
dung.
(3) Plastischer Bereich infolge stärkerer Scherverformungen.
(4) Bruchbereich mit voller Überschreitung der Scherfestigkeit des Bodens.
Durch geophysikalische Untersuchungen, Refraktionsseismik, Geoelektrik, Geomagnetik,
Gravimetrie und Radiometrie können Unstetigkeiten physikalischer Eigenschaften des
Untergrunds festgestellt werden. Mit diesen Verfahren können die übrigen Geländeuntersu-
chungen nicht ersetzt, sondern nur ergänzt werden. Insbesondere sind sie für flächenhafte
Untersuchungen des Baugrundes bei linien- oder rasterförmigen Messanordnungen geeignet.

Ihre Anwendung und Auswertung setzt spezielle Kenntnisse der Verfahren wie auch des geo-
logischen Aufbaus des zu untersuchenden Bereiches voraus und sollte daher nur von erfahre-
nen Fachleuten vorgenommen werden.
38 3 Geotechnische Grundlagen

3.4 Eigenschaften von Böden und ihre Bestimmung im Labor

3.4.1 Allgemeines
Die Eigenschaften von Böden werden durch Versuche (im Labor oder Feld) ermittelt und
durch Kennwerte ausgedrückt. Der jeweils zu bestimmende Bodenkennwert legt die erforder-
liche Güteklasse der Probe fest. Um sicherzustellen, dass verschiedene Versuchsdurchfüh-
rungen zu vergleichbaren Versuchsergebnissen gelangen, ist eine Vereinheitlichung der Ver-
suchsdurchführungen und Versuchsauswertungen notwendig. Dem dienen die Versuchsnor-
men DIN 18 121 bis 18 137, in denen Begriffe definiert, sowie Abmessungen und Anforde-
rungen für die zu verwendenden Versuchsgeräte und an das Probenmaterial festgelegt sind.

3.4.2 Kornverteilung, Durchlässigkeit und Filtereigenschaften


Die Kornverteilung (Bild 3.11) gibt den Anteil der einzelnen Korngrößen, aus denen sich der
Boden zusammensetzt, als Prozentsatz des Gesamtgewichtes der Probe an. Für nichtbindige
Böden mit d > 0,063 mm werden die Körnungsgruppen durch Trockensiebung getrennt. Bei
bindigen Böden werden die Anteile d < 0,125 mm durch die Schlämmanalyse bestimmt.
Mischböden können durch eine kombinierte Sieb- und Schlämmanalyse aufgeschlossen wer-
den. Als Ergebnisse werden gewonnen: die Benennung der Bodenart, die Ungleichförmig-
keitszahl U sowie die Krümmungszahl C. Daraus können Rückschlüsse gezogen werden auf
die Durchlässigkeit, die Frostempfindlichkeit, die Zusammendrückbarkeit, die Scherfestig-
keit sowie die Eignung als Filtermaterial

Bild 3.11 Beispiele für Körnungslinien


3.4 Eigenschaften von Böden und ihre Bestimmung im Labor 39

Die Wasserdurchlässigkeit eines Bodens wird durch den Durchlässigkeitsbeiwert k angege-


ben. Er wird verwandt bei der Beurteilung von Abdichtungen, als Hilfswert für die Berech-
nung von Grundwasserströmungen und –absenkungen und bei Injektionen, zur Beurteilung
der Frostempfindlichkeit sowie als Hilfswert zur Ermittlung des Zeit–Setzungs-Verhaltens.

Für baupraktische Zwecke werden die Böden in fünf Durchlässigkeitsbereiche eingeteilt


(Bild 3.12).
Durchlässigkeitsbeiwert
Bereich
k [m/s]
unter 10-8 sehr schwach durchlässig
-8 -6
10 bis 10 schwach durchlässig
-6 -4
10 bis 10 durchlässig
-4 -2
10 bis 10 stark durchlässig
-2
über 10 sehr stark durchlässig

Bild 3.12 Durchlässigkeitsbereiche in Abhängigkeit vom Durchlässigkeitsbeiwert [9]

Bodenart Durchlässigkeitsbeiwert k [m/s]


Grenzbereiche überwiegend
Steine, Geröll > 10-1
3 ⋅ 10-2 bis 2 ⋅ 10-2
Fein- bis Grobkies 10 bis 10-2
-4

Grobsand 10-5 bis 10-2 10-4 bis 10-3


Mittelsand 10-6 bis 10-3 10-4
Feinsand 10-6 bis 10-3 10 bis 10-4
-5

Lehm 10-10 bis 10-6 10-9 bis 10-8


Schluff 10-9 bis 10-5 10-9 bis 10-7
Löß 10-10 bis 10-5 10-10
10-12 bis 10-8 10-9 (schluffig)
Ton
bis 10-11 (fett)

Bild 3.13 Durchlässigkeitsbeiwerte k verschiedener Bodenarten

Zur Auswahl eines abgestuften Bodens, um z. B. Sickerwasser von baulichen Anlagen


schnell abzuführen, ohne dass feine Teilchen aus dem zu entwässernden Boden ausgespült
werden, ist die Bestimmung der Filtereigenschaft notwendig (DIN 4095). Dabei kann u. a.
die Filterregel von Terzhagi zur Anwendung kommen (s. Kapitel 7 ‚Grundwasserhaltungen’
Bild 7.3).
40 3 Geotechnische Grundlagen

3.4.3 Frostempfindlichkeit
Dringt Frost in den Boden ein, so gefriert das Wasser in ihm, wobei durch die Eisbildung
eine Volumenvergrößerung auftritt. Je nach Bodenart sind die Folgen einer Frosteinwirkung,
also der Grad der Frostempfindlichkeit, verschieden. Man unterscheidet deshalb zwischen
homogenen Frostboden (schlufffreie Sande und Kiese) und nicht homogenen Frostböden.

Bei ersterem sind eine Volumenvergrößerung und nur eine geringe Frosthebung möglich. Die
Bodenhebungen sind gleichmäßig und die Tragfähigkeit des Bodens bleibt auch bei Tauwet-
ter bestehen. Solche Böden werden als frostunempfindlich bezeichnet.

Durch kapillaren Nachschub von unten oder durch versickerndes Oberflächenwasser aus
zwischenzeitlich eingetretenen Tauperioden bilden sich bei nicht homogenen Frostböden
Eislinsen oder Eisschichten. Es entstehen blätterteigartig getrennte Schichten von Boden und
Eis mit unterschiedlichen Hebungen der Geländeoberfläche. In Tauperioden steigt zudem der
Wassergehalt an, die Konsistenz verringert sich und die Tragfähigkeit nimmt ab. Solche Bö-
den werden als frostempfindlich bezeichnet.

Die ZTV E-StB [10] teilt die Böden in 3 Frostempfindlichkeitsklassen ein:

Frostempfindlichkeit Bodengruppen
(DIN 18 196)

F1 nicht GW, GI, GE


frostempfindlich SW, SI, SE

F2 gering bis mittel TA


frostempfindlich OT, OH, OK
ST, GT 1)
SU, GU 1)

F3 sehr TL, TM
frostempfindlich UL, UM, UA
OU
ST*, GT*
SU*, GU*

1) zu F 1 gehörig bei einem Anteil an Korn unter 0,063 mm von 5,0 M-% bei Cu ≥ 15,0
oder 15,0 M-% bei Cu ≤ 6,0
Im Bereich 6,0 < Cu < 15,0 kann der für eine Zuordnung zu F 1 zulässige Anteil an Korn
unter 0,063 mm linear interpoliert werden (s. Bild).

Bild 3.14 Frostempfindlichkeitsklassen


3.4 Eigenschaften von Böden und ihre Bestimmung im Labor 41

3.4.4 Bodenphysikalische Kennwerte


Der Boden ist ein Mehrphasensystem, das sich aus den drei Phasen fest (Mineralbestandteil),
flüssig (Wasser) und gasförmig (Luft) zusammensetzt:

Bild 3.15 Volumenverhältnisse in einer Bodenprobe

Die flüssige und die gasförmige Phase füllen den Hohlraum zwischen den einzelnen Mine-
ralbestandteilen der festen Phase. Das Volumenverhältnis zwischen den 3 Phasen wird durch
den Porenanteil oder die Porenzahl beschrieben (Bild 3.16).

Bild 3.16 Unterschied des Bezugswertes bei Porenanteil und Porenzahl

Zur Bestimmung des Wassergehaltes wird die Probe gewogen und anschließend im Trock-
nungsofen bei 105°C bis zur Massenkonstanz getrocknet. Die Massenabnahme der Probe
entspricht der Masse des Porenwassers. Die Sättigungszahl Sr gibt an, wie viele der Poren mit
Wasser gefüllt sind. Sind sämtliche Poren des Bodens mit Flüssigkeit gefüllt, liegt ein Zwei-
phasensystem vor (Sr = 1, wassergesättigter Boden).

3.4.5 Dichte und Wichte des Bodens


Unter der ortsunabhängigen Größe der Dichte ρ des Bodens wird das Verhältnis der Masse
des feuchten Bodens zum Volumen des Bodens einschließlich der mit Wasser und Luft ge-
füllten Poren verstanden. Der Begriff der ortsabhängigen Wichte bezeichnet das Produkt aus
Dichte und Erdbeschleunigung. Für erdstatische Berechnungen wird zwischen folgenden
Wichten unterschieden:
42 3 Geotechnische Grundlagen

γα Boden vollkommen trocken γα = (1 − n ) ⋅ γs


γ Boden feucht, teilgesättigt γ = (1 − n ) ⋅ γs + Sr ⋅ n ⋅ γw
γ = γd ⋅ (1 + w)

γr Boden wassergesättigt γr = (1 − n ) ⋅ γs + n ⋅ γw
γr = γd + n ⋅ γw

γ´ Boden wassergesättigt unter Auftrieb γ `= (1 − n ) ⋅ (γs − γw )


γ `= γr − γw
Bild 3.17 Bezeichnungen der unterschiedlichen Wichten

Bei allen Versuchen wird die Masse der Probe m bzw. md durch Wägung bestimmt. Für die
Ermittlung des Volumens der feuchten Probe im Feld stehen verschieden Möglichkeiten zur
Auswahl.

Bei dem Ausstechzylinder-Verfahren werden nahtlose Präzisionsstahlrohre mit innen liegen-


der Schnittkante in den Boden eingedrückt oder eingetrieben und nach der Probenentnahme
luftdicht verschlossen. Das Verfahren ist nur für feinkörnige Böden (Sande, Schluffe, Tone)
geeignet.

Bild 3.18 Ausstechzylinderverfahren [5]

Bei dem Sandersatzverfahren (Bild 3.19, links) wird der entstandene Hohlraum mit trocke-
nem Sand ausgefüllt. Der verbrauchte Sand wird durch Wägung des Schütttrichters vor und
nach dem Versuch ermittelt. Die erzielte Schüttdichte des Prüfsandes muss vor dem Versuch
zwecks Kalibrierung bestimmt werden.

Die Anwendung des Ballonverfahrens (Bild 3.19, rechts) empfiehlt sich vor allem bei fein-
körnigen Böden mit eingelagerten Kiesen und Steinen sowie bei grobkörnigen Böden. Der
Raum, aus dem die Probe entnommen wurde, wird hierbei durch einen mit Flüssigkeit gefüll-
ten Ballon ausgefüllt. Bei Böden mit scharfkantigen Steinen hingegen kann die Ballonhaut
beschädigt werden.
3.4 Eigenschaften von Böden und ihre Bestimmung im Labor 43

Bild 3.19 Sandersatzverfahren Ballonverfahren (Densitometer)

Das Flüssigkeitsersatzverfahren (Bentonit–Suspensionen, Tapetenkleister o. ä.) wird ange-


wendet bei grobkörnigen Sanden, Kiessand und bei Mischböden, in denen sich standfeste
Gruben ausheben lassen.

Bei dem Gipsersatzverfahren ist die fertig gestellte Grube zunächst mit in Öl getränkten Zell-
stoffstreifen faltenlos auszulegen, um ein Haften des Gipses am Boden zu verhindern. Der
Gipsbrei muss blasenfrei eingegossen und in Höhe einer Stahlringplatte abgezogen werden.
Nach der Erhärtung wird der Gipskörper frei gegraben und sein Volumen durch Tauchwä-
gung bestimmt.

Bei dem Schürfgrubenverfahren wird eine rechteckige, profilgerechte Grube von ca. 0,5 bis
1 m³ Inhalt ausgehoben. Das Volumen wird durch Ausmessen bestimmt. Das Verfahren kann
angewendet werden bei grobem Kies mit Steinen, Blöcken und Felsbruchmaterial.

Verfahren
Bodenart
gut geeignet ungeeignet
Ausstechzylinder- und alle
ohne Grobkorn keine
bindiger Boden anderen Verfahren
mit Grobkorn alle Ersatzverfahren Ausstechzylinder-Verfahren
Ausstechzylinder-
nichtbindiger Boden Fein- bis Mittelsand Verfahren und keine
Ersatzverfahren
44 3 Geotechnische Grundlagen

Verfahren
Bodenart
gut geeignet ungeeignet
Ballon-,
Kies-Sand-Gemisch Flüssigkeitsersatz-, Ausstechzylinder-Verfahren
Gipsersatz-Verfahren
nichtbindiger Boden Ausstechzylinder-, Sander-
satz-Verfahren, Flüssig-
Ballon-, Wasserersatz-,
sandarmer Kies keitsersatz-Verfahren mit
Gipsersatz-Verfahren
Bentonitschlämme und Ta-
petenkleister
Steine und Blöcke mit geringen Beimengungen Schürfgruben-Verfahren alle anderen Verfahren
Anmerkung: Die Anwendbarkeit der Verfahren bei weichen bindigen Böden und bei locker gelagerten
nichtbindigen Böden kann in Frage gestellt sein

Bild 3.20 Eignung der Verfahren in Abhängigkeit von der Bodenart [11]

3.4.6 Lagerungsdichte
Jeder Boden besteht aus Hohlräumen, die mit Luft und/oder Wasser gefüllt sind, sowie der
Festsubstanz der Bodenteilchen. Je größer der Hohlraum im Verhältnis zum Gesamtvolumen
ist, desto lockerer ist die Lagerung.

Bild 3.21 Theoretische Darstellung der lockersten und dichtesten Lagerung

Der Begriff der Lagerungsdichte ist nur auf nichtbindige Böden anwendbar. Die Kenntnis der
Lagerungsdichte erlaubt Rückschlüsse auf die Verdichtung von Böden und damit ihre Trag-
fähigkeit und Zusammendrückbarkeit. Außerdem kann so die Verdichtungsfähigkeit z. B.
durch baubetriebliche Maßnahmen beurteilt werden.

D [-] ID [-] Bezeichnung der Lagerung

0 – 0,15 0,15 sehr locker


0,15 – 0,30 015 – 0,35 locker
0,30 – 0,50 0,35 – 0,65 mitteldicht
0,50 – 0,75 0,65 – 0,85 dicht
0,75 – 1,0 0,85 – 1,0 sehr dicht

Bild 3.22 Einteilung der Lagerungsdichte [12]


3.4 Eigenschaften von Böden und ihre Bestimmung im Labor 45

3.4.7 Konsistenzgrenzen
Beim bindigen Boden ist der Wassergehalt für seine Zustandsform, also seine Konsistenz,
durch die seine Tragfähigkeit bestimmt wird, von ausschlaggebender Bedeutung. Mit ab-
nehmendem Wassergehalt geht ein bindiger Boden vom flüssigen in den bildsamen (plasti-
schen), dann halbfesten und schließlich in den festen Zustand über. Diese Übergänge wurden
von Atterberg folgendermaßen definiert:

• Die Fließgrenze wl ist der Wassergehalt am Übergang von der flüssigen zur
bildsamen (plastischen) Zustandsform.
• Die Ausrollgrenze wp ist der Wassergehalt am Übergang von der bildsamen zur
halbfesten Zustandsform.
• Die Schrumpfgrenze ws ist der Wassergehalt am Übergang von der halbfesten zur
festen Zustandsform.

Der Zweck der Bestimmung der Zustandsgrenzen ist, Aufschluss über die bautechnischen
und bodenphysikalischen Eigenschaften bindiger Böden zu erhalten. Die Zustandsgrenzen
sind ein Maß für die Plastizität des Bodens und für seine Empfindlichkeit gegenüber Ände-
rungen des Wassergehaltes. Der Umfang des plastischen Bereiches zwischen wl und wp wird
durch die Plastizitätszahl Ip beschrieben. Anhand der Plastizitätszahl und der Fließgrenze
lässt sich der Boden mit Hilfe des Plastizitätsdiagramms (Bild 3.23) rasch einordnen.

Die Zustandsform eines bindigen Bodens wird durch die Konsistenzzahl ausgedrückt. Die
Gruppierung der Böden nach der Konsistenz kann nach dem Konsistenzband von Atterberg
erfolgen (Bild 3.24).

Bild 3.23 Plastizitätsdiagramm nach Casagrande


46 3 Geotechnische Grundlagen

Bild 3.24 Konsistenzband von Atterberg mit Konsistenzzahl Ic von Tonen und Schluffen [13]

3.4.8 Proctorversuch
Ein Boden lässt sich in dem Maße verdichten, in dem es gelingt, seinen Porenanteil n zu ver-
ringern und damit seine Dichte zu erhöhen. Der Proctorversuch zeigt die Beziehung zwischen
der Trockendichte und verschiedenen Wassergehalten bei konstanter Verdichtungsarbeit auf.
Diese Verdichtungsarbeit kann mit den üblichen Verdichtungsgeräten auf der Baustelle er-
reicht werden [14].

Zunächst nehmen mit höherem Wassergehalt die Reibungskräfte ab, so dass die Verdichtbar-
keit wächst. Ab dem optimalen Wassergehalt nimmt jedoch die Verdichtbarkeit mit zuneh-
mender Sättigung wieder ab, weil das Porenwasser durch dynamische Kräfte, wie sie für
Verdichtungsvorgänge kennzeichnend sind, nicht verdrängt werden kann. Bei dem optimalen
Wassergehalt ist die Verdichtung, d. h. die erreichte Trockendichte, am größten.

Um dem Einsatz von schwerem Verdichtungsgerät zu entsprechen, wird der verbesserte oder
modifizierte Proctorversuch benutzt. In der Baupraxis werden je nach Anforderungen an das
Bauwerk 92 bis 103 % der einfachen Proctordichte verlangt.

Verdichtungsgrad Verformungsmodul Verdichtungsgrad Verhältniswert


Bodengruppen DPr EV2 DPr EV2 / EV1
n. DIN 18 196 [%] [MN/m²] [%] [-]

GW, GI ≥ 100 ≥ 100 ≥ 100 ≤ 2,3


≥ 98 ≥ 80 ≥ 98 ≤ 2,5
≥ 97 ≥ 70 ≥ 97 ≤ 2,6

GE, ≥ 100 ≥ 80
SE, SW, SI ≥ 98 ≥ 70
≥ 97 ≥ 60

Bild 3.25 Zusammenhang: Verdichtungsgrad und Verformungsmodul


3.5 Wasser im Boden 47

3.5 Wasser im Boden


Das Wasser im Boden zu betrachten, ist von besonderer Bedeutung, da viele Bauschäden auf
die Wirkung des Wassers zurückgehen. Im Boden tritt Wasser als gebundenes und freies
Wasser auf. Man unterscheidet:

a) Absorbiertes Wasser: Es bedeckt die Oberfläche der Bodenkörner mit einer sehr dünnen
Schicht und wird dort von den Oberflächenkräften festgehalten. Diese übertreffen die Mas-
senkräfte um ein Vielfaches, so dass dieses Wasser unbeweglich ist.
b) gebundenes Wasser: Es steht bereits unter dem Einfluss der elektrischen Kräfte der Ionen-
verbindungen, ist aber noch frei beweglich. Dichte und Viskosität sind größer als die des
freien Porenwassers.
c) Freies Porenwasser: Es besitzt die gleichen Eigenschaften wie das Grundwasser und folgt
den geohydraulischen Gesetzen. Aus bautechnischer Sicht ist auch folgende Unterteilung
sinnvoll:
Haftwasser: Es umgibt die Bodenkörner mit einer Haut und haftet an ihnen wegen der
Oberflächenspannung.
Kapillarwasser: Es füllt einzelne oder Gruppen von Poren aus, in denen es sich infol-
ge der Kapillarkräfte hält, bildet jedoch keine durchgehende Wasserzone (offenes Ka-
pillarwasser).

Bild 3.26 Kapillarrohr und Kapillarkräfte

Sickerwasser: Es bewegt sich aufgrund der Schwerkraft durch die Bodenporen nach
unten, benetzt trockene Bodenkörner und hinterlässt in den durchsickerten Zonen
Haft- und Kapillarwasser. Es gelangt zum Teil bis zum Kapillarsaum und ergänzt das
Grundwasser.

Grundwasser: Das Grundwasser füllt die Poren des Bodens zusammenhängend aus.
Es unterliegt nur dem Einfluss der Schwerkraft und fließt bei Gefälle entsprechend
der Durchlässigkeit des Bodens. Da unterhalb des Grundwasserspiegels alle Festbe-
standteile in das Wasser eintauchen, stehen sie unter Auftrieb. Ihre Wichte ist daher
gegenüber dem feuchten oder gesättigten Zustand geringer.
48 3 Geotechnische Grundlagen

Bodenschichten, die Grundwasser führen, bezeichnet man als Grundwasserleiter. Durch


wechselnde Lage von durchlässigen und undurchlässigen Schichten können sich mehrere
Grundwasserstockwerke ergeben.

3.6 Zusammendrückbarkeit
Die Zusammendrückbarkeit eines Bodens bestimmt sein Verhalten unter aufgebrachten Las-
ten. Wird ein Boden in der Natur oder im Laborversuch belastet, so verformt er sich elastisch
und plastisch. Die elastischen Verformungen entstehen im Wesentlichen durch Volumenän-
derung der Körner. Sie gehen bei Entlastung zurück. Die plastischen Verformungen entste-
hen durch Volumenänderungen des Porenraumes, bei wassergesättigten Böden verbunden
mit einer Abnahme des Wassergehaltes. Sie gehen bei Entlastung nicht zurück.

Die bei der Belastung des Bodens auftretenden Erscheinungen sind bei bindigen und nicht-
bindigen Böden verschieden. Die Erscheinungen lassen sich mit dem von Terzaghi 1922 ein-
geführten mechanischen Modell (Bild 3.27) erläutern.

Bild 3.27 Mechanisches Modell von Terzaghi

Beim nichtbindigen Boden ist die Durchlässigkeit groß und das Wasser strömt nahezu unge-
hindert aus den Poren, der Boden setzt sich rasch bzw. wird rasch zusammengedrückt. Die
Last wird sofort auf die Federn (= Korngerüst) übertragen.

Beim bindigen Boden ist die Durchlässigkeit klein und der Boden setzt sich langsamer, da
der Porenwasserabfluss langsamer vonstatten geht. Zum Zeitpunkt t = 0 wird die gesamte
Last vom Porenwasser übernommen und erst nach und nach an das Korngerüst abgegeben.
Es sind folgende Spannungen zu unterscheiden:
3.6 Zusammendrückbarkeit 49

Totale Spannung σ = p (Auflastspannung)


Effektive Spannung σ` = σeff = Spannung im Korngerüst (Effektive Spannung)
Neutrale Spannung u = Porenwasser(über)druck (Neutrale Spannung)

Es gilt stets:

σ = σ `+u

Die Zusammendrückbarkeit ist die für die Setzungsberechnung und die Ermittlung des Zeit-
Setzungs-Verhaltens maßgebende Kenngröße. Um ein Maß für die Zusammendrückbarkeit
eines Bodens in Abhängigkeit von der aufgebrachten Druckspannung zu erhalten, benutzt
man meist den von Terzaghi eingeführten Kompressionsapparat (Ödometer), in den eine un-
gestörte oder aufbereitete Probe eingebaut wird [15].

Ein Metallring verhindert das seitliche Ausweichen der Probe bei Belastung, daher wird das
Ergebnis des Versuchs auch als Zusammendrückung bei verhinderter Seitendehnung (Stei-
femodul Es) bezeichnet. Die Probe liegt zwischen zwei Filtersteinen, so dass nach oben und
unten Wasser abgegeben werden kann. Die Last wird als senkrechte Kraft P über die Kopf-
platte in Stufen aufgebracht. Gemessen wird in jeder Laststufe das Abklingen der Zeitsetzung
s(t) bis zum Erreichen der Endsetzung. Die Ergebnisse werden dargestellt als Zeit- oder
Druck-Setzungs-Linie.

Aus der Zeit-Setzungs-Linie, die zur Abschätzung des zeitlichen Verlaufs der Setzungen in
der Natur herangezogen wird, lassen sich die drei Setzungsanteile Sofortsetzung (volumen-
treue Gestaltsänderung), Primärsetzung (Konsolidierungssetzungen infolge Auspressens des
Porenwassers, gestalttreue Volumenänderung) und Sekundärsetzung (Kriecherscheinungen
infolge plastischer Verformungen) unterscheiden.

Bei der Druck-Setzungs-Linie wird die Druckachse i. A. linear geteilt und auf der Setzungs-
achse die auf die Ausgangshöhe bezogene Setzung s` aufgetragen.

Tabelle 3.1 Steifemoduli nichtbindiger Böden

Bodenart Lagerungsdichte Kornform Steifemodul Es


[MN/m2]
Sand locker rund 20 - 50
locker eckig 40 - 80
mitteldicht rund 50 - 100
mitteldicht eckig 80 - 150
dicht eckig 150 - 250
Kies mitteldicht 100 - 200
50 3 Geotechnische Grundlagen

Tabelle 3.2 Steifemoduli bindiger Böden

Bodenart Konsistenz Steifemodul Es


[MN/m2]
Ton halbfest 5,0 - 10,0
steif 2,5 - 5,0
weich 1,0 - 2,5
Lehm halbfest 5,0 - 20,0
weich 4,0 - 8,0
Schluff 3,0 - 10,0

3.7 Plattendruckversuch
Unter einem Plattendruckversuch versteht man die Durchführung von Probebelastungen des
Baugrundes bzw. der fertiggestellten Erdbaumaßnahmen zur Beurteilung ihrer Tragfähigkeit,
insbesondere bei sehr grobkörnigen Erdstoffen, die eine Entnahme von ungestörten Proben
nicht zulassen. Der Zweck ist die Ermittlung des Verformungsmoduls Ev und des Bettungs-
moduls ks, z. B. der baubegleitenden Qualitätskontrolle dienend [16].

Der Verformungsmodul Ev und der Bettungsmodul ks sind Kennzahlen für die Zusammen-
drückbarkeit des Bodens. Sie sind belastungsabhängig. Kriterien für die Beurteilung der Ver-
dichtung bzw. der Tragfähigkeit sind der Verformungsmodul Ev2 der Zweitbelastung und
zusätzlich der Verhältniswert Ev2 / Ev1.

3.8 Scherfestigkeit
Im Boden sind unter entsprechenden Spannungszuständen Bruchvorgänge möglich. Auslö-
send wirkt dabei die Schub- oder Scherspannung, rückhaltend die Normalspannung auf der
Gleitfläche. Die Scherfestigkeit hängt u. a. ab von der Lagerungsdichte (bei nichtbindigen
Böden), der Konsistenz (bei bindigen Böden) und ggf. der Zeitdauer der Beanspruchung. Der
Größtwert des Scherwiderstandes beim Bruch wird Scherfestigkeit τf genannt. Nach dem
Bruch nimmt der Schwerwiderstand mit wachsendem Verschiebungsweg bis zur Gleitfestig-
keit τr des Bodens ab [17].

Die Scherfestigkeit setzt sich aus zwei Anteilen zusammen, nämlich Reibung und Kohäsion.
Nach dem Coulombschen Reibungsgesetz besteht zwischen der Reibungskraft R und der
Normalkraft N, welche auf die Trennfläche wirkt, ein linearer Zusammenhang.

Die Ursache der Kohäsion sind die zwischen den tonigen Bestandteilen bindiger Böden wir-
kenden Haftkräfte. Die Größe dieser Haftkräfte hängt von der Art des Tonminerals ab, vom
Tonanteil des Bodens und seinem Wassergehalt. Mit zunehmendem Wassergehalt und Sätti-
gungsgrad nimmt die Kohäsion ab und wird in breiigem Boden praktisch Null.
3.8 Scherfestigkeit 51

Die Scherfestigkeit τf und die Gleitfestigkeit τr lassen sich mit der Mohr-Coulombschen
Bruchbedingung für den interessierenden Spannungsbereich als Funktion der wirksamen
Normalspannungen angeben:

τf = c`f + σ` · tan ϕ`f (Bruchzustand)

τr = c`r + σ` · tan ϕ`r (Gleitzustand)


mit:

σ` = wirksame Normalspannung in der Scherfuge

c` = wirksame Kohäsion

φ` = wirksamer Winkel der inneren Reibung

Bild 3.28 Scherdiagramm für a) nichtbindigen (rolligen) Boden und b) bindigen Boden

Die wirksamen Scherparameter c` und φ` werden durch Versuche ermittelt. Von der Art des
Bodens, seiner Belastungsgeschichte und von den beabsichtigten Belastungen hängt es ab,
welche Versuchsanordnung und welche Ausführungsmethode (konsolidiert, drainiert etc.)
gewählt wird. Es sind dabei zu unterscheiden der Kastenscherversuch (Direkter Scherver-
such) und der Triaxialversuch (s. DIN 18 137).

Tabelle 3.3 Richtwerte für den Reibungswinkel ϕ’ in Abhängigkeit von der Lagerungsdichte
und der Kornform

Bodenart Lagerungsdichte Kornform Reibungswinkel ϕ’


EAU DIN
1055
Sand locker rund 30,0° 30,0°
locker eckig 32,5°
mitteldicht rund 32,5° 32,5°
mitteldicht eckig 35,0°
dicht rund 35,0°
dicht eckig 37,5°
Kies mitteldicht 37,5° 37,5°
52 3 Geotechnische Grundlagen

Tabelle 3.4 Scherfestigkeitsparameter ϕ’, c’, cu in Abhängigkeit von der Konsistenz

Bodenart Konsistenz Reibungswinkel Kohäsion Kohäsion des un-


ϕ’ c’ dränierten
Bodens cu
[°] [kN/m2] [kN/m2]
Ton halbfest 25 25 50 - 100
steif 20 20 20 - 50
weich 17 10 10 - 25
Lehm halbfest 27,5 10 50 - 100
weich 27,5 - 10 - 25
Schluff 27,5 - 10 - 50

Tabelle 3.5 Bodenparameter und ihre Bestimmbarkeit in Versuchen

Bodenparameter Formelzeichen Direkt bzw. indirekt bestimmbar durch


und Einheit
Feldversuch Norm Laborversuch DIN
Lagerungsdichte D[-] Spitzendrucksonde Lockerste 18 126
Rammsonde Lagerung
Standard-Penetration- Dichteste
Test Lagerung
Porenanteil
Konsistenz Ic [ - ] Spitzendrucksonde DIN 4094 Fließgrenze 18 122
Rammsonde Ausrollgrenze
Standard-Penetration- Wassergehalt 18 121
Test resp.
Steifemodul Es [MN/m2] Spitzendrucksonde Kompressions-
Seitendrucksonde versuch
Scherfestigkeit Endfestigkeit: prEN 1997.2 Direkter 18 137
ϕ’ [°], Seitendrucksonde Scherversuch
c’ [MN/m2] Dreiaxial-
Anfangs- resp. versuch
festigkeit: Flügelsonde
ϕu [°], DIN EN ISO
cu [MN/m2] 22476
Proctordichte ρpr [t/m3] Proctor- 18 127
(Verdichtbarkeit) wpr [ - ] versuch

Kornverteilung Siebversuch 18 123


Schlämm-
analyse
3.9 Untersuchung benachbarter Anlagen 53

Tabelle 3.6 Ungefähre Kosten von Feld- und Laborversuchen

Feld- bzw. Laborversuch Ungefähre Kosten


Bohrungen
- Spülbohrungen 30 € / m
- Schneckenbohrungen 35 € / m
- Kernbohrungen 90 € / m
Sondierungen
- Rammsondierungen 20 € / m
- Drucksondierungen 20 € / m
- Seitendrucksondierungen 90 € / Versuch
- Flügelsondierungen 30 € / Versuch
(je m ein Versuch)
Laborversuche Kosten je Versuch
Korngrößenverteilung
- Siebung (nichtbindige Böden) 40 €
- Schlämmanalyse (bindige Böden) 50 €
- Kombinierte Sieb-Schlämm-Analyse 80 €
Wassergehaltsbestimmung 10 €
Konsistenz 80 €
Lagerungsdichte 65 €
Kompressionsversuch 225 €
Direkter Scherversuch 200 €
Triaxialversuch 300 €
Organische Bestandteile 30 €
Kalkgehalt 25 €

3.9 Untersuchung benachbarter Anlagen


Gerade im innerstädtischen Bereich hat die Durchführung von Baumaßnahmen häufig Aus-
wirkungen auf benachbarte bauliche Anlagen. Das ist z. B. bei Verdichtungsverfahren der
Fall, bei denen Schwingungen in den Boden eingeleitet werden, die zu Kornumlagerungen
führen. Das kann Setzungen von benachbarten Gebäuden hervorrufen. Andererseits kann
z. B. das Einpressen von Injektionsmitteln oder das Bodengefrieren zu Hebungen von Bau-
werken führen. Bei Entwässerungsverfahren hingegen muss mit großräumigen Setzungen
gerechnet werden. Daher muss der Zustand der Nachbarbebauung erkundet werden, wobei
im Wesentlichen folgende Punkte zu untersuchen sind:

• Gründungstiefe
Bei neueren Gebäuden lässt sich die Gründungstiefe im Allgemeinen anhand von Bau-
plänen feststellen, bei älteren Gebäuden sind Begehungen der Kellerräume und gegebe-
nenfalls Schürfgruben an den Außenwänden erforderlich.
54 3 Geotechnische Grundlagen

• Art und Zustand der Fundamente


Baupläne enthalten dazu meist ausreichende Informationen. Sind diese nicht oder nicht
mehr vorhanden, muss nach Anlegen von Schürfgruben versucht werden, die Art der
Fundamente (Einzel-, Streifen- oder Plattenfundamente) zu bestimmen, die Art der ver-
wendeten Baustoffe (Beton, Stahlbeton, Mauerwerk, Bruchsteine) zu erkunden und den
Zustand (gerissen, verschoben, verkippt) zu ermitteln.

Literatur
[1] DIN EN ISO 14 688-1 – Geotechnische Erkundung und Untersuchung – Benennung
und Beschreibung
[2] DIN 4022 – Benennen und Beschreiben von Boden und Fels. Nach DIN EN ISO
14 688-1 gelten nunmehr Kurzzeichen, die der englischen Sprache entlehnt sind.
[3] vgl. hierzu: Englert und Fuchs in Baurecht, Ausgabe 7 / 2006, S. 1047 bis S. 1058
[4] DIN 4020 – Geotechnische Untersuchungen für bautechnische Zwecke
[5] Fotoarchiv G. Maybaum
[6] DIN EN ISO 22 475 – Geotechnische Erkundung und Untersuchung –Proben-
entnahmeverfahren und Grundwassermessungen, Tabelle 2
[7] DIN 4096 – Flügelsondierung
[8] DIN EN ISO 22 475 – Geotechnische Erkundung und Untersuchung, Teil 4: Pressio-
meter und Teil 7: Seitendruckversuch
[9] DIN 18 130 – Bestimmung des Wasserdurchlässigkeitsbeiwertes, vgl. DIN ISO / TS
17892-10
[10] ZTV E-StB 09, Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Erd-
arbeiten im Straßenbau, Fassung 2009, Stand Juni 2010
[11] DIN 18 125 – Bestimmung der Dichte des Bodens, Teil 1: Laborversuche, Teil 2: Feld-
versuche
[12] DIN 18 126 – Bestimmung der Dichte nichtbindiger Böden bei lockerster und dichtes-
ter Lagerung DIN EN ISO 14 688-2, Tab. 4 sieht die ausschließliche Verwendung der
bezogenen Lagerungsdichte vor
[13] DIN EN ISO 14 688-2, Tab. 6
[14] DIN 18 127 – Proctorversuch
[15] DIN ISO/TS 17 892-5 Geotechnische Erkundung und Untersuchung – Oedometerver-
such mit stufenweiser Belastung
[16] DIN 18 134 – Plattendruckversuch
[17] DIN 18 137 – Bestimmung der Scherfestigkeit
4 Baugrubensicherung

4.1 Baugrubensicherung im Überblick


Baugruben dienen der Herstellung von Gründungskörpern, Tiefgeschossen, unterirdischen
Verkehrswegen oder von Ver- und Entsorgungsleitungen. Wenn Bauarbeiten unter der Ge-
ländeoberfläche ausgeführt werden sollen, ist zunächst eine Grube auszuheben, die geböscht
oder mit senkrechten Wänden hergestellt werden kann (Bild 4.1).

Bild 4.1 Ausbildung von Baugruben

Die Abmessungen und die Ausbildung einer Baugrube werden von dem geplanten Bauwerk
und den örtlichen Gegebenheiten bestimmt, wie z. B.:

Form und Größe des Gebäudegrundrisses


– erforderlicher Arbeitsraum
– Tiefenlage der Gründungssohle
– vorgesehene Gründungsart
– Nutzung der angrenzenden Flächen
– bodenmechanische Eigenschaften des anstehenden Baugrundes
– Tiefenlage und Zusammensetzung des Grundwassers
– Belastung aus Gebäuden und Verkehr.
Die Abmessungen von Baugruben haben in den letzten Jahren immer weiter zugenommen,
wobei insbesondere die größeren Tiefen eine Vielzahl von Problemen aufwarfen. Die größe-
ren Tiefen haben verschiedene Ursachen:
– Die knappe Baulandsituation (insbesondere in den Innenstädten) zwingt dazu, Gebäude
mit mehreren Kellergeschossen auszuführen.
– Neuer Parkraum kann häufig nur noch durch Tiefgaragen unter Straßen, Plätzen oder
Gebäuden geschaffen werden.
– Die Verkehrsprobleme vieler Städte lassen sich nur durch das Anlegen mehrerer Ebe-
nen (z. B. U-Bahn-Tunnel, S-Bahn-Tunnel oder Straßentunnel) lösen.
– Industrieelle Anlagen werden aus Sicherheitsgründen in zunehmendem Maße unterir-
disch gebaut.

G. Maybaum et al., Verfahrenstechnik und Baubetrieb im Grund- und Spezialtiefbau,


DOI 10.1007/978-3-8348-8269-1_4,
© Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
56 4 Baugrubensicherung

Die Planung und Herstellung von Baugruben ist eine komplexe Aufgabe, die im organisatori-
schen und technischen Bereich das enge Zusammenwirken von Fachleuten verschiedenster
Fachgebiete erfordert. Da jede Baugrube ihre eigenen Besonderheiten und Probleme hat, lässt
sich kein allgemeines Rezept zur Behandlung dieser Aufgaben angeben. Die wesentlichen
Fragestellungen, die praktisch bei jeder Baugrube auftreten, sind im folgenden zusammenge-
stellt:

• Umleitung des Verkehrs


Insbesondere in den Innenstädten sind Baugruben nicht ohne Beeinträchtigung des ruhen-
den und des fließenden Verkehrs herzustellen. Bei Linienbaustellen (z. B. beim U-Bahn-
Bau) muss die Verkehrsführung oft je nach Arbeitsfortschritt mehrfach geändert werden.
Der Bau von Hilfsbrücken und Fahrbahnabdeckungen kann erforderlich werden.
• Leitungsverlegung
Baugruben liegen häufig in der Trasse von Ver- oder Entsorgungsleitungen. Die Leitun-
gen müssen dann entweder umgelegt oder sicher über die Baugrube geführt werden, was
z. B. durch das Aufhängen an der Aussteifung oder mit speziellen Leitungsbrücken ge-
schehen kann.
• Baustelleneinrichtungsfläche
Im innerstädtischen Bereich ist es meist schwierig, die erforderlichen Flächen für die Bau-
stelleneinrichtung (Lagerplätze, Magazine, Werkstatt, Plätze für Geräte, Bauleitung usw.)
zur Verfügung zu stellen, so dass im Regelfall unter sehr beengten Verhältnissen gearbei-
tet werden muss.
• Sicherung der Nachbarbebauung und sonstiger baulicher Einrichtungen
Die Sicherung benachbarter baulicher Einrichtungen ist eng an die Wahl des Verbaus ge-
koppelt, häufig müssen aber einzelne Fundamente getrennt unterfangen oder Giebelwände
abgestützt werden.
• Boden- und Wasserverhältnisse
Die Baugrundverhältnisse beeinflussen entscheidend die Wahl des Verbaus, bestimmen
aber auch den Baufortschritt, die Aushubgeräte, die Abdichtungsmaßnahmen am Bauwerk
und die Bemessung eventueller Grundwasserabsenkungsmaßnahmen.
• Maßnahmen gegen Lärm und Erschütterung
Jede Baumaßnahme im Baugrund ruft Lärm hervor. Ziel muss es sein, die Belästigung der
Anwohner und Passanten, aber auch der auf der Baustelle Tätigen, so gering wie möglich
zu halten und die bestehenden Vorschriften einzuhalten. Einige Bauverfahren (z. B. Ein-
rammen von Spundbohlen oder Trägern) rufen Erschütterungen des Baugrundes hervor,
die zu Fundamentbewegungen führen können. Daher ist im Einzelfall zu überprüfen und
gegebenenfalls zu überwachen, ob diese Erschütterungen zu Schäden an baulichen Ein-
richtungen führen können.
4.2 Technische Grundlagen 57

4.2 Technische Grundlagen

4.2.1 Erkundung von Boden- und Wasserverhältnissen


Die wesentlichste Vorraussetzung zur Lösung einer Grundbauaufgabe ist eine ausreichende
Kenntnis der Baugrundeigenschaften. Um wirtschaftliche und sichere Konstruktionen ent-
werfen und ausführen zu können, werden allgemeine Mindestanforderungen an die Bau-
grunderkundung gestellt (s. Kap. 3 „Geotechnische Grundlagen“)

Auf einige Besonderheiten bezüglich der Lage der Erkundungsstellen wird im folgenden hin-
gewiesen. Nach DIN 4020 sind Bohrungen für einzelne Bauwerke innerhalb und in nächster
Umgebung der Grundfläche des geplanten Bauwerks niederzubringen. Damit soll der Boden-
aufbau unterhalb der Gründungssohle und im Lastausbreitungsbereich erkundet werden (Bild
4.2).

Bild 4.2 Durch ein Fundament beanspruchter Bodenbereich

Für die Bemessung der Baugrubenumschließung muss aber der Baugrund auch weit außer-
halb der Gründungsfläche erkundet werden, was aus folgenden Beispielen hervorgeht. Für
die Größe des Erddruckes auf eine Baugrubenwand sind im wesentlichen die Bodeneigen-
schaften des Bereichs maßgebend, der sich vereinfacht nach Bild 4.3 bestimmen lässt.

Bild 4.3 Zu erkundende Bodenbereiche bei Baugruben


58 4 Baugrubensicherung

Bei verankerten Baugruben muss der Bodenaufbau im Bereich der Verpressstrecke bekannt
sein, um die aufnehmbaren Ankerkräfte abschätzen zu können. Um die Geländebruchsicher-
heit von Baugrubenwänden nachweisen zu können, müssen die Bodenkennwerte im Bereich
möglicher Gleitflächen erkundet werden (Bild 4.4).

Bild 4.4 Lage einer möglichen Gleitfläche

Während es bei den meisten Gründungsaufgaben ausreicht, neben den Standardkennwerten


der Bodenmechanik (Kornverteilung, Wassergehalt, Konsistenz, Lagerungsdichte) die Scher-
festigkeit und die Zusammendrückbarkeit des Baugrundes zu ermitteln, müssen bei Baugru-
ben häufig weitergehende Untersuchungen durchgeführt werden (Tabelle 4.1)

Zwei Beispiele seien erläutert: Bei einigen Bauverfahren (z. B. Spundwand, Trägerbohl-
wand) spielt die Rammbarkeit des Untergrundes eine entscheidende Rolle. Die Rammbarkeit
kann anhand der Kornverteilung und der Ergebnisse von Ramm- oder Drucksondierungen
beurteilt werden; endgültige Aussagen über Leistung und Kosten können häufig aber erst
nach einer Proberammung gemacht werden.

Tabelle 4.1 Für die Berechnung und Herstellung von Baugrubenumschließungen


wichtige Bodeneigenschaften

Verbau Allgemein zu ermittelnde Bodeneigenschaften


Alle Verbauarten Kornverteilung, Wichte
Scherfestigkeit, Zusammendrückbarkeit
Zusätzlich zu ermittelnde Bodeneigenschaften
Trägerbohlwand Rammbarkeit, Kurzzeitstandfestigkeit (Lagerungsdichte, Konsistenz)
Spundwand Rammbarkeit
Bohrpfahlwand Durchlässigkeit des Bodens
(suspensionsgestützt) Organische Bestandteile
Schlitzwand Durchlässigkeit des Bodens
Organische Bestandteile
Injektionswand Durchlässigkeit des Bodens, Chemismus des Grundwassers, Porenanteil
Frostwand Wassergehalt, Lagerungsdichte, Wärmeleitzahl,
Fließgeschwindigkeit des Grundwassers
Elementwand Kurzzeitstandfestigkeit (Lagerungsdichte, Konsistenz)
4.3 Wahl einer geeigneten Verbauart 59

Für die Bemessung der Abdichtungen von Gebäuden genügen im allgemeinen Kenntnisse
über den Grundwasserstand und den Chemismus (Aggressivität). Um eine Grundwasser-
Absenkungsanlage dimensionieren zu können oder eine Injektionssohle zu bemessen, sind
aber auch Angaben über die Fließrichtung und Fließgeschwindigkeit erforderlich.

4.2.2 Untersuchung benachbarter baulicher Anlagen


Im innerstädtischen Bereich hat die Herstellung einer Baugrube oft Auswirkungen auf be-
nachbarte bauliche Anlagen. Bevor Sicherungsmaßnahmen geplant und durchgeführt werden
können, muss der Zustand der Nachbarbebauung erkundet werden, wobei im wesentlichen
folgende Punkte untersucht werden müssen:

Bei neueren Gebäuden lässt sich die Gründungstiefe i. A. anhand von Planunterlagen feststel-
len, bei älteren Gebäuden sind Begehungen der Kellerräume und gegebenenfalls Schürfgru-
ben an den Außenwänden erforderlich. Zu Art und Zustand der Fundamente enthalten Aus-
führungspläne meistens ausreichende Informationen. Sind diese nicht oder nicht mehr vor-
handen, muss auch hier durch Anlegen von Schürfgruben versucht werden, die Art der Fun-
damente (Einzel-, Streifen-, Plattenfundamente) zu bestimmen, die Art der verwendeten Bau-
stoffe (Beton, Stahlbeton, Mauerwerk, Bruchsteine) zu erkunden und den Zustand (gerissen,
verschoben, verkippt) zu ermitteln.

Ist die statische Berechnung des Gebäudes noch vorhanden, so lassen sich ausreichende In-
formationen über die minimale und maximale Beanspruchung der Fundamente entnehmen. In
allen anderen Fällen muss die Belastung abgeschätzt werden, wobei die vom Boden auf-
nehmbaren Bodenpressungen, die Spannrichtungen der Decken, die Nutzung der Gebäude,
die Zahl der Geschosse, die Abmessungen der Wände und Decken usw. zu berücksichtigen
sind.

Außer diesen für die statische Berechnung der Baugrubenumschließung und die konstrukti-
ven Sicherungsmaßnahmen unerlässlichen Erkundungen empfiehlt es sich häufig, den Zu-
stand der Nachbarbebauung durch ein Beweissicherungsverfahren feststellen zu lassen.

4.3 Wahl einer geeigneten Verbauart


Die Wahl der für das Bauvorhaben geeigneten Verbauart ergibt sich aus den Randbedingun-
gen:
- Bodenverhältnisse
- Grundwasserverhältnisse
- Nachbarbebauung
- Verkehrslasten
- Platzverhältnisse
- Umweltschutz
60 4 Baugrubensicherung

Zunächst wird untersucht, ob die Baugrubenwände abgeböscht werden können.

Bei flachen Baugruben ist dies die wirtschaftlichste Lösung; mit wachsender Tiefe nehmen
die Aushubmassen und damit die Kosten für Mehraushub und Wiederverfüllung erheblich zu,
so dass es schließlich wirtschaftlicher wird, nur die vorgesehene Gründungsfläche mit dem
erforderlichen Arbeitsraum auszuheben und senkrechte, gestützte Baugrubenwände vorzuse-
hen.

Im Allgemeinen werden geböschte Baugruben nur oberhalb des Grundwasserspiegels ange-


ordnet. Kombinationen von Böschungen und senkrechtem Verbau sind üblich, wobei der
geböschte Teil stets oberhalb des Grundwasserspiegels liegt, und der Grundwasserbereich
durch einen senkrechten Verbau, z. B. eine Spundwand, abgestützt wird (Bild 4.5).

Bild 4.5 Kombination von Böschung und senkrechtem Verbau

Die senkrechten Verbauwände werden nach ihrer Nachgiebigkeit unterschieden. Ein nach-
giebiger (biegeweicher) Verbau kann dort angewendet werden, wo unmittelbar neben der
Baugrube geringfügig auftretende Verformungen keine Schäden an benachbarten baulichen
Anlagen hervorrufen können. Zu diesen nachgiebigen Verbauwänden zählen Trägerbohl-,
Spund- und Elementwände (Bild 4.6).

Die Nachgiebigkeit der Wände wird auch durch den Vorspanngrad der Anker bzw. Steifen
bestimmt.

Nach EAB [1] werden Baugrubenwände deren Auflagerpunkte bei Lastzunahme stark nach-
geben können, z. B. bei stark geneigter Abstützung zur Baugrubensohle und bei nicht vorge-
spannten Ankern, als weitgehend nachgiebig bezeichnet. Wenig nachgiebig werden Baugru-
benwände genannt, wenn die Steifen zumindest gut verkeilt sind bzw. die Anker auf mindes-
tens 80 % der aufzunehmenden Last vorgespannt werden.
4.3 Wahl einer geeigneten Verbauart 61

Baugrubenwände

Senkrecht Waagerecht

- Geböschte Baugruben - Abstützung von


- Trägerbohlwände Baugrubenwänden
- Spundwände - Sohlabdichtungen
- Bohrpfahlwände - Injektionssohlen
- Schlitzwände - Unterwasser-
betonsohlen
- Düsenstrahlelemente

Bild 4.6 Übersicht über die Verbauarten

Bei nachgiebigem Verbau ist damit zu rechnen, dass eine waagerechte Bewegung der Bau-
grubenwand in der Größenordnung von mindestens 1/1000 der Wandhöhe auftritt.

Mit dieser Wandbewegung können Setzungen des Bodens verbunden sein, die unmittelbar
hinter der Baugrubenwand doppelt so groß sind, wie die waagerechten Wandbewegungen
und erst in größerer Entfernung von der Baugrubenwand abklingen.

Wenn durch diese Setzungen Bauwerke beeinträchtigt werden können, muss ein verfor-
mungsarmer Verbau gewählt werden, der aus einer biegesteifen Wand (Bohrpfahlwand,
Schlitzwand, Injektionswand, Frostwand) und annähernd unnachgiebigen Abstützungen (auf
den Vollaushubzustand vorgespannte Steifen oder Anker) besteht.

Um die Wirksamkeit der Sicherung vorhandener Bebauung zu kontrollieren, empfiehlt es


sich, Messungen auszuführen, mit denen die Bewegungen der Baugrubenwand und die Set-
zungen der Geländeoberfläche bzw. der Gebäude ermittelt werden. Sind die Verformungen
größer als die erwarteten, muss gegebenenfalls durch konstruktive Maßnahmen (z. B. Setzen
zusätzlicher Anker bzw. Steifen, Erhöhung der Vorspannung, Änderung des Aushubablaufes
o. ä.) ein weiteres Ansteigen der Verformungen verhindert werden.

Bei der Wahl der Baugrubenumschließung muss insbesondere die Lage des Grundwasser-
spiegels berücksichtigt werden. Einige Verbauarten (Böschungen, Trägerbohlwände, Ele-
mentwände, tangierende Bohrpfahlwände) lassen sich nur oberhalb des Grundwasserspiegels
bzw. nach dessen Absenkung anwenden, andere sind für das Abhalten des Grundwassers
geeignet (z. B. Spundwände, überschnittene Bohrpfahlwände, Schlitzwände. Injektionswän-
de, Frostwände).

Im Allgemeinen wird aus den Lösungen, die unter Beachtung der Forderungen des Umwelt-
schutzes technisch durchführbar sind, die kostengünstigste ausgewählt (Bild 4.7).
62 4 Baugrubensicherung

Bild 4.7 Wahl einer geeigneten Verbauart


4.4 Grundlagen der Berechnung 63

4.4 Grundlagen der Berechnung

4.4.1 Allgemeines
Grundsätzlich muss eine Baugrubensicherung zwei Bedingungen erfüllen. Erstens muss in
jedem Bauzustand die Standsicherheit des Bodenkörpers und damit auch die Standsicherheit
der im Einflussbereich liegenden Bauwerke und Verkehrsanlagen gewährleistet sein. Zwei-
tens dürfen beim Einbau und während der Standzeit nur solche Verformungen auftreten, die
für die zu sichernden Bauwerke bzw. Verkehrsanlagen unschädlich sind. Zum Nachweis der
Standsicherheit muss vor allem die Größe und die Verteilung des Erddruckes richtig erfasst
werden.

Der Erdwiderstand vor dem Wandfuß und die Tragfähigkeit der Abstützung dürfen dabei nur
so weit in Ansatz gebracht werden, wie die dabei auftretenden Verformungen noch zulässig
sind. Beim Nachweis der Standsicherheit bzw. des Verbausystems werden die Grenzzustände
untersucht, für die es in der Erdstatik hinreichend gesicherte Berechnungsverfahren gibt [1] .

Schwieriger ist die Ermittlung der beim Bodenaushub auftretenden Verformung. Wegen des
komplizierten statischen Systems beim Zusammenwirken von Baugrubenwand und Baugrund
können sämtliche Berechnungsverfahren die tatsächlichen Gegebenheiten nur näherungswei-
se erfassen. So können z. B. die Verformungsanteile beim Ein- und Ausbau von Steifen und
Ankern nur abgeschätzt werden.

4.4.2 Lasten
Baugrubenwände und ihre Abstützungen werden durch folgende Lasten beansprucht:
– Eigengewicht der Baugrubenkonstruktion
– Erddruck aus Bodeneigengewicht, Kohäsion und Nachbarbebauung
– Wasserdruck
– Lasten aus Fahrzeugverkehr und Baustellenbetrieb.
In Sonderfällen müssen u. a. noch folgende Lastfälle untersucht werden:
– Temperatureinwirkungen (z. B. auf Steifen)
– Überspannen von Ankern und Steifen
– Zusatzlasten durch den Ausfall einzelner Tragglieder (z. B. Steifen und Anker).
Empfehlungen zum Ansatz der Lasten sind in [1] gegeben.

4.4.3 Ansatz des Erddruckes


Während viele Lasten, z. B. Eigengewicht und Wasserdruck, im Allgemeinen genau ermittelt
werden können, kann die Größe und Verteilung des Erddruckes auf die Baugrubenwand nur
annähernd ermittelt werden. Dafür gibt es mehrere Gründe:
64 4 Baugrubensicherung

• Die bei der Berechnung des Erddruckes einzusetzenden Parameter wie Wichte, Rei-
bungswinkel, Kohäsion und Wandreibungswinkel sind i. A. aus Bodenproben gewonnen
und müssen nicht repräsentativ für eine ganze Bodenschicht sein.
• Die Verteilung des Erddrucks hängt von vielen Einflüssen ab, wie z. B.:
− Art und Schichtung des anstehenden Bodens,
− Art und Einbringung der Baugrubenwand,
− Anzahl und Anordnung von Steifen und Ankern,
− Tiefe des jeweiligen Aushubabschnittes vor dem Einbau von Steifen und Ankern,
− Vorspannung der Steifen und Anker.
Durch eine bestimmte Anordnung und Vorspannung der Abstützung lässt sich praktisch jede
beliebige Erddruckverteilung erreichen. Das hängt damit zusammen, dass Größe und Vertei-
lung des Erddruckes von den Verformungsmöglichkeiten der Wand abhängen. Die klassische
Erddrucktheorie von Coulomb (1776) kennt drei Grenzzustände des Erddruckes (Bild 4.8).

Bild 4.8 Zusammenhang zwischen Wandbewegung und Erddruck (aus [1])

Hinter einer unverschieblichen Wand herrscht der Erdruhedruck E0. Verschiebt sich die
Wand vom Boden weg, so wird dieser Erdruhedruck abgebaut. Schon bei Wandverschiebun-
gen von ca. 1/1000 bis 2/1000 der Wandhöhe (bei 10 m tiefen Baugruben also 1 bis 2 cm)
wird der Druck auf den unteren Grenzwert, den aktiven Erddruck Ea, abgebaut.

Verschiebt sich die Wand zum Boden hin (z. B. im Fußbereich), wird ein Erdwiderstand Ep
(passiver Erddruck) geweckt, der größer ist als der Erdruhedruck, und sehr stark von der
Größe der Verschiebung abhängt. Die zur Mobilisierung des vollen Erdwiderstandes erfor-
derlichen Wege liegen in der Größenordnung von ca. 5 bis 10 % der Einbindetiefe, d. h. bei
3 m Einbindetiefe sind ca. 15 bis 30 cm Fußverschiebung nötig. Da dies von der Baugruben-
konstruktion nicht schadlos aufgenommen werden kann, ist es nach den Empfehlungen des
Arbeitskreises Baugrubenumschließung [1] üblich, nur Bruchteile des maximalen Erdwiders-
tandes anzusetzen.

Nach der klassischen Erddrucktheorie nehmen aktiver und passiver Erddruck linear mit der
Tiefe zu, der Erddruck kann nach folgenden Formeln berechnet werden.
Aktiver Erddruck
eah = γ · h · Kah - 2 c’√Kah · cosδa
4.4 Grundlagen der Berechnung 65

Passiver Erddruck
eph = γ · h · Kph + 2 c’ √Kph · cos δp
eah = horizontaler Erddruck [kN/m2]
eph = horizontaler Erdwiderstand [kN/m²]
γ = Wichte des Bodens [kN/m³]
h = Wandhöhe [m]
c’ = Kohäsion des bindigen Bodens [kN/m²]
kah, kph = Erddruckbeiwerte, abhängig vom Reibungswinkel ϕ‘ des Bodens,
der Geländeneigung β, der Wandneigung α und dem Wandreibungswinkel δ.
Die Erddruckbeiwerte sind dimensionslos und in der Literatur für alle praktisch
vorkommenden Fälle zusammengestellt
δa, δp = Wandreibungswinkel, abhängig von der Rauhigkeit der Wand und
dem Reibungswinkel des Bodens (s. DIN 4085).
Die so berechneten Erddrücke gelten, wenn sich die Wand frei um ihren Fußpunkt drehen
kann. Das ist nur bei auskragenden, unabgestützten Baugrubenwänden der Fall. In allen an-
deren Fällen nimmt der Erddruck nicht linear mit der Tiefe zu, sondern wird von den mögli-
chen Verformungen der Wand bestimmt (Bild 4.9).

Bild 4.9 Aktive Erddrücke aus Bodeneigengewicht bei verschiedenen positiven Wandbewegungen

In den EAB [1] wird für viele Fälle vorgeschlagen, bei abgestützten Baugrubenumschließun-
gen eine rechteckförmige Verteilung des Erddruckes anzusetzen. Diese Näherung entspricht
bei nicht zu hoch vorgespannten verankerten Baugruben recht gut dem tatsächlichen Erd-
druckverlauf. Bei ausgesteiften Baugruben führt der Ansatz i. Allg. zu geringen Steifenkräf-
ten, so dass hier nach EAB rechnerische Erhöhungen erforderlich sind.

Ganz allgemein gilt, dass sich der Erddruck an den festen Abstützungen konzentriert und dort
verringert, wo sich die Wand frei bewegen und damit der Belastung entziehen kann (Bild
4.10).
66 4 Baugrubensicherung

Bild 4.10 Erddruckverteilung bei Spundwänden in einfachen Fällen

Aktiver Erddruck stellt sich nur ein, wenn die Wand und die Abstützungen sich ausreichend
verschieben können. Das ist i. Allg. bei den nachgiebigen Verbauarten (Spundwände, Trä-
gerbohlwände, aufgelöste Elementwände) der Fall. Bei verformungsarmen Wänden (Bohr-
pfahlwände, Schlitzwände, Injektionswände, Frostwände, geschlossene Elementwände), de-
ren geringe Verformbarkeit durch die hohe Steifigkeit und mehr noch durch die hohe Vor-
spannung von Steifen und Ankern erreicht wird, reichen die Verformungen nicht aus, um den
Erddruck auf den aktiven Erddruck absinken zu lassen. Der Erddruck liegt dann zwischen
dem aktiven Erddruck und dem Erdruhedruck.

Für die Berechnung wird ein so genannter „erhöhter aktiver Erddruck“ angesetzt, der in den
zumeist als Mittelwert
E’a = (Ea + E0) / 2
mit E’a = erhöhte aktive Erddruckkraft [kN/m]
Ea = aktive Erddruckkraft [kN/m]
E0 = Erdruhedruckkraft [kN/m]
berechnet wird. Auch hierbei tritt eine Umlagerung zu den Abstützungspunkten hin auf. Ta-
belle 4.2 gibt die bei Sand erforderlichen Wandbewegungen in Abhängigkeit von Lagerungs-
dichte und Bewegungsmöglichkeiten an.

Tabelle 4.2 Erforderliche Wandbewegungen


Sand Wandbewegung

Lagerungsdichte Kopfver- Fußver- Verschiebung Parallel-


schiebung schiebung Wandmitte verschiebung
Dicht 1-2‰H 2-4 ‰H 1-2‰H 0,5 - 1 ‰ H
mitteldicht 2-4‰H 4-8 ‰H 2-4‰H 1 - 2‰H
locker
4-5‰H 8 - 10 ‰ H 4-5‰H 2 - 3‰H
H = freie Wandhöhe
4.4 Grundlagen der Berechnung 67

Diese Bewegungen werden bei nachgiebigen Verbauarten (Spundwänden, Trägerbohlwän-


den, aufgelösten Elementwänden) praktisch immer erreicht.

4.4.4 Erforderliche Nachweise


Bei geböschten Baugruben ist die Standsicherheit nach DIN 4084 nachzuweisen (Bö-
schungsbruch mit kreisförmiger Gleitlinie).

Bei senkrechten Baugrubenwänden müssen folgende Nachweise erbracht werden:

Bemessung der Verbauelemente (z. B. Stahlträger nach DIN 18 800, Holzverbau nach
DIN 1052, Bohrpfahlwände nach DIN EN 1536 und Schlitzwände nach DIN EN 1538 sowie
DIN 1045)

– Nachweis der Einbindetiefe


– Nachweis des Abtrags der lotrechten Kräfte
– Geländebruchsicherheit
– Bemessung der Steifen, Gurte, Verbände, Mittelstützen und anderer Teile des Ausstei-
fungssystems bei ausgesteiften Baugruben
– Bemessung der Anker und Nachweise der Standsicherheit in der tiefen Gleitfuge.
In besonderen Fällen ist zusätzlich nachzuweisen:

– Sicherheit gegen Aufbruch der Baugrubensohle


– Sicherheit gegen hydraulischen Grundbruch
– Verformung verankerter Baugruben (Fangedammmodell).

Bei Injektionswänden und Frostwänden, die meistens als Schwergewichtsmauern ausgebildet


werden, sind noch nachzuweisen:

– Gleitsicherheit
– Kippsicherheit
– Grundbruchsicherheit.
68 4 Baugrubensicherung

4.5 Geböschte Baugruben

4.5.1 Das Bauverfahren im Überblick


Die äußeren Umstände einer Baumaßnahme bestimmen die Verbaumethoden bei der Bau-
grubensicherung bzw. der Baugrubenumschließung. Die örtlichen, technischen und wirt-
schaftlichen Gesichtspunkte sind hier die größten Entscheidungsfaktoren. Die günstigste Va-
riante, um eine Baugrube zu sichern oder zu umschließen, ist die Ausbildung von geböschten
Baugruben. Entscheidend für die Wahl dieses Verfahrens ist die Größe der Baugrube, die
sich aus dem Bauwerksgrundriss zuzüglich Arbeitsraum und dem Platzbedarf für die Bö-
schungen ergibt. Weitere Grundvoraussetzungen für eine geböschte Baugrube:
– keine Gefährdung der Nachbarbebauung
– keine Gefährdung von Verkehrswegen
– keine Gefährdung von Versorgungs- und anderen Leitungen

Bild 4.11 Geböschte Baugrube mit entsprechenden Sicherheitsabständen [2]

Der Platzbedarf der Böschungen errechnet sich aus den Böschungsneigungen. Deren Größe
wird durch die physikalischen Eigenschaften der anstehenden Bodenarten, Wasserverhältnis-
se, die Nutzung der angrenzenden Flächen sowie die Belastungen in der näheren Umgebung
der Baugrube beeinflusst.

Die Herstellung geböschter Baugruben ist ohne Zusatzmaßnahmen nur oberhalb des Grund-
wasserspiegels möglich. Steht dennoch Grundwasser im Bereich des Aushubes an, so muss
dieses durch eine Grundwasserabsenkung, z. B. eine Brunnenanlage, abgeleitet werden. Wei-
tere zusätzliche Abdichtungsmaßnahmen können ebenfalls verhindern, dass Wasser aus den
Böschungen austritt.
4.5 Geböschte Baugruben 69

Mit zunehmender Tiefe der Baugrube nehmen die Aushubmasse und damit die Kosten für
Mehraushub und Wiederverfüllung beträchtlich zu. Ab einer bestimmten Tiefe ist es wirt-
schaftlicher, senkrecht abgestützte Baugrubenwände vorzusehen. Die Vor- und Nachteile
geböschter Baugruben sind in folgender Tabelle zusammengestellt.

Tabelle 4.3 Vor- und Nachteile geböschter Baugruben

Vorteile Nachteile
− Einfachste Herstellung − Großer Platzbedarf
− Kein Einsatz von Spezialgeräten erforderlich − Unter Grundwasser nur mit Zusatzmaßnahmen
− Kein Verbaumaterial erforderlich möglich
− Lärmarme und erschütterungsfreie Bauweise − Mit größerer Tiefe stark zunehmende Aushub- und
Verfüllmassen
− Einsatz von Großgeräten sowohl beim Aushub als
auch beim Herstellen des Bauwerks ungehindert − Nicht neben vorhandener Bebauung ausführbar
möglich, da keine Aussteifungen vorhanden sind − Die Materialzufuhr zur Baugrube wird schwieriger
− Sofortiger Baubeginn möglich, da keine vorberei- − Krane stehen wegen der Böschung weiter vom zu
tenden Arbeiten erforderlich sind erstellenden Bauwerk entfernt; es müssen entweder
größere oder mehr Krane eingesetzt werden

4.5.2 Technische Grundlagen


Bei der Herstellung von geböschten Baugruben sind Kenntnisse über die nachstehenden
Normen und Vorschriften von großer Bedeutung.

Tabelle 4.4 Übersicht über geltende Normen

DIN Kurzbezeichnung DIN Kurzbezeichnung


4124 Baugruben und Gräben 1054 Baugrund, zul. Belastungen
4123 Gebäudesicherung im Bereich von 4084 Gelände- und Böschungsbruchberech-
Ausschachtungen nungen
GDA „Geotechnik der Deponien und Altlasten“
EAB „Empfehlungen des Arbeitskreises Baugruben“

Die DIN 4124 besagt, dass Baugruben bis zu einer Tiefe von 1,25 m ohne zusätzliche Siche-
rung senkrecht ausgeschachtet werden dürfen. Baugruben bis zu 1,75 m Tiefe dürfen senk-
recht ausgeschachtet werden, wenn der ab 1,25 m über der Sohle liegende Bereich abge-
böscht wird.

Bei der Herstellung von Baugruben ab 1,75 m Tiefe sind die Baugrubenwände grundsätzlich
abzuböschen. Zusätzlich sind Bermen in Stufen mit entsprechenden, rechnerisch nachzuwei-
senden Breiten anzuordnen. Sie dienen dem Begehen der Böschungen, dem Betrieb von
Wasserhaltungsmaßnahmen und zum Schutz gegen herab fallende Gesteinsbrocken oder Erd-
schollen.

Die Böschungsneigung richtet sich nach den bodenmechanischen Eigenschaften, der Dauer
die sie offen zu halten sind und nach den äußeren Einflüssen, die auf die Böschung wirken.
70 4 Baugrubensicherung

Bild 4.12 Verbauter Graben mit geböschtem Voraushub [3]

Böschungswinkel, die ohne rechnerischen Nachweis der Standsicherheit nicht überschritten


werden dürfen, sind in Bild 4.13 abgebildet.

Bodenart Maximaler Definition des


Böschungswinkel ß [°] Böschungswinkels ß

nichtbindige und
45°
weiche bindige Böden

steife und
60°
halbfeste bindige Böden

Fels 80°

Bild 4.13 Zulässige Böschungswinkel nach DIN 4124

Soll die Standzeit einer Böschung über einen längeren Zeitraum andauern, so sind Maßnah-
men zur Sicherung gegen Oberflächenabtrag und Böschungsbruch zu treffen. Folgende Stof-
fe und Materialien haben sich für die Sicherung bewährt:
– Geotextilien
– Kunststofffolien mit Steinen oder Bohlen beschwert
– Schilfmatten mit Steinen oder Bohlen beschwert
– Spritzbetonschalen (bewehrt oder unbewehrt, verankert oder unverankert)
– Bewuchs (z. B. Lupinen, Gras)
– Gräben, um Niederschlagswasser von der Böschung fernzuhalten
4.5 Geböschte Baugruben 71

Bild 4.14 Links: Bewehrte Spritzbetonschale mit kurzen Nägeln


Rechts: Rückverankerte Verbauplatten

4.5.3 Das Bauverfahren

4.5.3.1 Beschreibung der Arbeitsprozesse


Die Herstellung von offenen Baugruben mit geböschten Wänden erfordert nur wenige
Arbeitsprozesse: Im Regelfall das Ausheben der Baugrube einschließlich dem Herstellen der
Böschung; Seltener ist der Einbau von Böschungssicherungen. Es gibt grundsätzlich zwei
Möglichkeiten für den Aushub der Baugrube:

a) Baugrubenaushub von der Geländeoberfläche als Standebene


b) Aushub aus der Baugrube mit fortschreitender Aushubtiefe
In beiden Fällen erfolgt der Abtransport der Erdmassen mit Lastkraftwagen.

Der Baugrubenaushub von der Geländeoberfläche mittels eines Tieflöffelbaggers ist heute
das am häufigsten anzutreffende Bauverfahren. Bei sehr tiefen und engen Baugruben erfolgt
der Aushub in unteren Ebenen mit einem Seilbagger. Der Aushub von der Baugrubensohle
mittels eines Hochlöffelbagger ist sehr selten und findet in Randbereichen des Bauens in
Steinbrüchen und im Tagebau Anwendung. Bei beengten und tiefen Baugruben kommt ein
Hydraulikbagger oder ein Seilbagger mit Greifereinrichtung zum Einsatz. In der weiteren
Bearbeitung dieses Verfahrens wird deshalb nur der Aushub mittels eines Tieflöffelbaggers
und die technisch aufwendige Böschungssicherung mit Spritzbeton und Bodennägeln näher
erläutert.
72 4 Baugrubensicherung

Bild 4.15 Baugrubenaushub mit Geländeoberfläche als Standebene []

Tabelle 4.5Prozesse zur Herstellung geböschter Baugruben mit einer Böschungssicherung

Prozess Teilprozess Gerät


Vorbereitende Maß- (1) Freiräumen des Baufeldes - Raupe, Bagger, Radlader
I nahmen (2) Einmessen und Abstecken der häufig durch einen externen
Baugrube Vermesser
Aushub der Baugrube (1) Oberboden abtragen - Bagger, Raupen- bzw. Radlader
(2) Abschnittsweiser Aushub, Laden Muldenkipper, LKW`s
II und Abtransportieren
(3) Profilieren und Herstellen der - Seilbagger mit Schleppschaufel /
Böschung und Bermen Bagger mit Teleskoparm
Einbau der Oberflä- (1) Verlegen von Bewehrungsmatten - Kleinwerkzeuge
chensicherung (2) Aufbringen der Spritzbetonschale - Betonspritzgerät mit Zubehör,
III (ca. 10 bis 20 cm) Silo, Kompressor
(3) Einbringen der Bodennägel Ankerbohrgerät
(4) Verpressen der Hohlräume - Pumpe

4.5.3.2 Die Geräte


Hauptsächlich werden zum Lösen des Bodens sowie zum Herstellen und Profilieren der Bö-
schungen Hydraulikbagger eingesetzt. Nur in Einzelfällen werden für die Profilierung Spe-
zialgeräte wie z. B. Teleskopbagger eingesetzt. Deshalb werden nachfolgend die Hydraulik-
bagger sowie die Geräte zur Oberflächensicherung durch Spritzbeton und Bodennägel vorge-
stellt.

Hydraulikbagger

Heutzutage findet der Hydraulikbagger mit entsprechender Tieflöffel- Greifereinrichtung den


häufigsten Einsatz bei der Herstellung von geböschten Baugruben. Durch die Vielzahl von
Herstellern und verschiedenen Baggertypen kann je nach Umfang der Baumaßnahme die Art
und Größe des jeweiligen Hydraulikbaggers individuell bestimmt werden.

In der Tabelle 4.6 ist ein Auszug aus dem Lieferprogramm 2005 der Firma CAT/Zeppelin
dargestellt.
4.5 Geböschte Baugruben 73

Tabelle 4.6 Lieferprogramm 2005, Kettenbagger mit Tieflöffel [4]

Typ Motorleistung max. Grabtiefe / Löffel- Einsatz-


max. Reichweite volumen gewicht
307C 40 kW (54 PS) 4,6 m/8,2 m 0,09…0,35 m3 7,8…8,2 t
312C L 71 kW (97 PS) 6,1 m/8,6 m 0,23…0,73 m3 13,9…15,3 t
315C L 80 kW (109 PS) 6,4 m/9,0 m 0,35…0,90 m3 16,7…18,0 t
318C L 86 kW (117 PS) 6,8 m/9,6 m 0,41…1,35 m3 19,5…20,9 t
320C L 103 kW (140 PS) 7,5 m/10,7 m 0,40…1,70 m3 21,6…22,9 t
322C LN 123 kW (167 PS) 6,7 m/10,0 m 0,60…1,90 m3 24,7…26,1 t
325C LN ME 128 kW (174 PS) 7,1 m/10,6 m 0,60…1,90 m3 27,3…30,1 t
330C LN ME 181 kW (246 PS) 8,1 m/11,6 m 0,70…2,30 m3 35,3…36,7 t
345B-II L 239 kW (325 PS) 7,5 m/11,7 m 1,80…3,50 m3 47,8…49,0 t

Wirtschaftliches Arbeiten im Erdbau verlangt eine sorgfältige und geplante Abstimmung des
Geräteeinsatzes. Beim Ladebetrieb ist es wichtig, ausgehend von der Baggerleistung, die
Anzahl und Größe der Fahrzeuge so festzulegen, dass ein kontinuierlicher Ladeablauf ge-
währleistet ist. Für eine optimale Ladeleistung ist es Voraussetzung, dass das Fahrzeug beim
Beladen so günstig zum Bagger steht, dass dieser nur geringe Hub- und Schwenkbewegun-
gen ausführen muss. Bild 4.16 zeigt die Reichweiten und Grabtiefen für einen Raupenbagger
mit Monoblockausleger und einen Raupenbagger mit Klappschaufelausrüstung vergleichba-
rer Größe.

Bild 4.16 Links: Reichweitendiagramme für Hydraulikbagger [5]


Rechts: Kettenbagger vom Typ CAT 325 beim Erdaushub [4]
74 4 Baugrubensicherung

Rad- und Raupenlader

Rad- und Raupenlader kommen im wesentlichen beim Aushub von Böden der Bodenklasse 1
bis 4 nach DIN 18 300 zum Einsatz. Durch ihren Kettenantrieb sind Laderaupen in der Lage,
dichtgelagerte Böden besser lösen und laden zu können als Radlader. Einen weiteren Vorteil
gegenüber dem Radlader hat die Laderaupe aufgrund des niedrigen Flächendrucks der Lauf-
werke. So kann sie auch auf wenig tragfähigen Böden eingesetzt werden. Von Nachteil ist
der große Platzbedarf, den die Rad- bzw. Raupenlader zum Rangieren benötigen. Somit ist
der Einsatz der Ladegeräte abhängig von der anstehenden Bodenart sowie den Platzverhält-
nissen vor Ort. In der folgenden Tabelle sind gerätespezifische Angaben zu Laderaupen aus
dem aktuellen Lieferprogramm der Firma Liebherr aufgeführt.

Tabelle 4.7 Gerätespezifische Angaben von Liebherr Laderaupen [6]


Typ Motorleistung Einsatzgewicht Schaufelinhalt Geschwindigkeit
LR 611 60 kW (90 PS) 12000 - 13800 kg 1,0...1,2 m³ 0 – 9,5 km/h
LR 622 Litronic 97 kW (132 PS) 15400 - 17000 kg 1,54...1,8 m³ 0 – 11 km/h
LR 632 Litronic 132 kW (180 PS) 20800 - 22000 kg 1,9...2,4 m³ 0 – 11 km/h
LR 641 161 kW (219 PS) 24500 - 28000 kg 2,5...2,9 m³ 0 – 10 km/h

Bild 4.17 Raupenlader vom Typ Liebherr LR 632 Litronic beim Erdaushub [6]

Geräte zur Böschungssicherung mittels Spritzbeton

Die Baugrubenböschung wird durch eine Spritzbetonschale und eine Bodenvernagelung ge-
sichert. Dafür sind die nachfolgenden Geräte unabdingbar:
– Betonspritzgerät mit Zubehör
– Hydraulisches Kippsilo
– Dieselkompressor
– Mischer und Injektionspumpe
– Kleinbohrgerät
In Bild 4.18 ist ein Kleinbohrgerät der Firma Bauer abgebildet, das zur Herstellung der Bohr-
löcher für die Bodennägel dient.
4.5 Geböschte Baugruben 75

Zwei weitere Abbildungen mit unterschiedlichen Varianten, die Hohlräume für die Bodennä-
gel herzustellen, folgen.

Bild 4.18 Kleinbohrgerät UBW 05 E der Firma Bauer [7]

Bild 4.19 Herstellen des Hohlraums für den Stahlnagel durch Bohren [7]

Bild 4.20 Herstellen des Hohlraums für den Stahlnagel durch Rammbohren [7]

4.5.3.3 Die wichtigsten Stoffe


In diesem Abschnitt folgt eine Aufzählung der Stoffe und Materialien, die bei Böschungssi-
cherungen häufig Anwendung finden.
76 4 Baugrubensicherung

Abdecken mit Geotextilien oder Folien

Die Abdeckung wird von Hand verlegt und mit fortschreitendem Aushub eingebaut. Auf aus-
reichende Überlappung und auf einen ebenen Untergrund ist zu achten. Die Abdeckelemente
schützen im Wesentlichen gegen Oberflächenerosion durch Niederschlagswasser sowie
gegen Austrocknung.

Spritzbetonschalen mit Bodenvernagelung

Diese Sicherung besteht aus den Bodennägeln und der Spritzbetonschale. Das Stahltragglied
des Bodennagels ist aus GEWI-Stahl (Betonstabstahl 500 S) in dem jeweils statisch erforder-
lichen Durchmesser zwischen 20 und 63,5 mm. Um eine kraftschlüssige Verbindung mit dem
anstehenden Boden zu erzielen, wird die Bohrung nach Einbau des Bodennagels mit einem
Zementmörtel oder Zuschlagstoff verfüllt und/oder verpresst.

Die Spritzbetonschale setzt sich aus einer statisch erforderlichen Bewehrung aus geschweiß-
ten Betonstahlmatten BSt 500 M und einem Spritzbeton mit einer Festigkeit, die im Regelfall
eines Betons C 25/30 entspricht, zusammen. Bei der Ermittlung des Bewehrungsanteils ist zu
berücksichtigen, dass für die Überlappung ca. 25 % hinzuzurechnen sind. Bei der Berech-
nung der Betonmenge wird der Rückprall mit 10 % und der Mehrverbrauch für den Aus-
gleich von Unebenheiten mit 30 % angenommen.

Bild 4.21 Bodennagel mit Abstandshalter und Nachverpresslanze [7]

Bewuchs
Soll eine Baugrubenböschung über ein Jahr oder länger gesichert werden, so kommt Be-
wuchs in Frage, der Ausspülungen durch Niederschlagswasser und Austrocknung verhindert.
Flechtwerke, die in Schrägstreifen eingepflanzt werden, oder schnell wachsende Pflanzen
wie Lupinen, die ohne Mutterbodenschicht auch in Sand- oder Kiesböden gedeihen, bieten
sich an.
4.5 Geböschte Baugruben 77

4.5.3.4 Der Personalbedarf


Baugrubensicherung
Der Personalbedarf für eine Baugrubensicherung dieser Art beinhaltet mindestens 2 Arbeits-
kräfte.

Bild 4.22 Düsenführer beim Aufbringen der Spritzbetonschale [7]

Erdarbeiten
Die Arbeitskräfteanzahl ergibt sich z. B. aus der Art und Anzahl der eingesetzten Geräte und
den somit erforderlichen Geräteführern. Für umfangreiche Vermessungen und Nebenarbeiten
können weitere Arbeitskräfte notwendig sein.

4.5.3.5 Informationen zur Kalkulation


Leistung und Kosten
Grundlage der Leistungsberechnung von Baumaschinen ist das Buch von Manfred Hoffmann
„Zahlentafeln für den Baubetrieb“ [8]

Einsatz- und Nutzleistungsfaktoren werden gerätespezifisch in dem oben genannten Buch im


Kapitel 9 wiedergegeben.

Für die Herstellung von geböschten Baugruben mit oder ohne Böschungssicherung können
keine allgemeingültigen Leistungsangaben gemacht werden. Die folgende Tabelle soll hel-
fen, die notwendigen Geräte zu klassifizieren. Diesbezüglich werden nachfolgend die ge-
wichtigen Teilprozesse zur Herstellung von geböschten Baugruben betrachtet. Mit Hilfe der
aufgeführten Leistungswerte können die Leistungen der Baumaschinen abgeschätzt werden.
78 4 Baugrubensicherung

Tabelle 4.8 Betriebsmitteleinsatz

Prozess Teilprozess Gerät BGL-Nr. Personal- Kalkulatorische


(Hauptgruppen) bedarf Leistungswerte
(1) Abschnittswei- Hydraulikbagger D.1.00. … 1 Maschinist
ser Aushub, Monoblockausleger D.1.40. …
Laden und Ab- Löffelstiel D.1.43. …
* 25 bis 100 m³/h
transportieren Tieflöffel D.1.60. … 1 Maschinist
oder Raupenlader D.3.00. … 1 Fahrer
Muldenhinterkipper D.6.01. …
(2) Herstellen einer Ausstattung wie II
II Rampe in die
Baugrube
(3) Profilieren und Seilbagger D.0.00. … 1 Maschinist
Herstellen der Grundausleger D.0.30. …
Böschung und Schürfkübel (Schlepp- D.0.47. …
* 25 bis 200 m³/h
Bermen schaufel)
Teleskopbagger D.1.10. … 1 Maschinist
Tieflöffel D.1.13. …
(2) Aufbringen der Betonspritzgerät B.9.10. … 1 Helfer
Spritzbeton- mit Zubehör
schale (ca. 10
bis 20 cm)
(3) Bohren und Bohrwagen mit Rau- K.0.10. … 1 Maschinist
Stahlnägel penfahrwerk, hydrau- 1 Helfer
III lisch K.0.11. …
2,0 h/m²
(oder Anker)
einführen hydr. Kraftdrehkopf K.0.15. …
Bohrhammer hydrau-
lisch
(4) Verpressen der Verpresspumpe J.6.01. … 1 Helfer
Hohlräume Mischgerät J.6.20. …
* Abhängig vom eingesetzten Gerät
4.5 Geböschte Baugruben 79

Tabelle 4.9 Ausgewählte Tätigkeits- und Rüstzeiten je nach Größe der Geräte und Gewicht der Geotextilien
für das Herstellen von geböschten Baugruben

Tätigkeit Tätigkeits- und Rüstzeiten nach


Profilieren der Böschung mit verschiedenen Geräten:
Herstellen der Böschung

(a) Teleskopbagger
100 - 250 m²/h
(z. B. EWK)
(b) Seilbagger mit Schlepp-
50 - 125 m²/h
schaufel
(c) evtl. Raupe 300 - 500 m²/h
Einbau von Böschungssicherungen (Oberflächenabsicherung):
(a) Geotextilien 180 - 360 m²/h bei einer 3 bis 4 Mann Kolonne
bewehrt und verankert: unbewehrt:
(b) Spritzbetonschalen
1,5 - 2,5 m²/h 3 - 10 m²/h
Baustelleneinrichtung 1 Tag
Sonstiges

Geräteausfall bzw. -wartung 0,5 Stunden am Tag


Räumen der Baustelle 1 Tag

4.5.3.6 Anmerkungen zur Leistungsbeschreibung


Hinweise für das Aufstellen der Leistungsbeschreibung gibt die ATV DIN 18 300 „Erdarbei-
ten“. Diese Hinweise ergänzen die ATV DIN 18 299 „Allgemeine Regelungen für Bauarbei-
ten jeder Art“. Sie werden nicht Bestandteil eines VOB-Vertrages, beinhalten aber Anhalts-
punkte zu Angaben, die in der Leistungsbeschreibung enthalten sein sollten. Nachfolgend
seien nur die wichtigsten aufgeführt:
– Art und Umfang des vorhandenen Bewuchses in dem Baufeld sowie der Art und Be-
schaffenheit der Unterlage
– Beschreibung der anstehenden Fels- und Bodenklassen sowie der Schadstoffbelastung
nach Art und Umfang im Boden
– Verwendung, Aufbereitung und Behandlung des Bodens
– Einbau von Geokunststoffen
– Sicherung von Böschungen, Flächen oder Halden
– Besondere Maßnahmen zum Schutz von benachbarten Grundstücken

4.5.4 Qualitätssicherung und Kennwerte


Änderungen der Wandhöhen und Regelböschungen nach DIN 4124 (Bild 4.2 bis 4.4) sind
vorzusehen, wenn besondere Einflüsse die Standsicherheit gefährden. Solche Einflüsse kön-
nen sein [3] :
80 4 Baugrubensicherung

a) Störungen des Bodengefüges wie Klüfte oder Verwerfungen

b) zur Einschnittsohle hin einfallende Schichtung oder Schieferung

c) nicht oder nur wenig verdichtete Verfüllungen oder Aufschüttungen

d) Grundwasserabsenkung durch offene Wasserhaltungen

e) Zufluss von Schichtenwasser

f) nicht entwässerte Fließsandböden

g) starke Erschütterungen aus Verkehr, Rammarbeiten, Verdichtungsarbeiten oder


Sprengungen
Die Standsicherheit bei unverbauten Wänden muss rechnerisch nachgewiesen werden, wenn
[3] :
a) bei senkrechten Wänden die vorgenannten Bedingungen nicht erfüllt sind,

b) die Böschung mehr als 5 m hoch ist oder bei geböschten Wänden die oben angegebe-
nen Böschungswinkel überschritten werden, wobei eine Böschungsneigung von mehr
als 80° in keinem Fall zulässig ist,

c) einer der oben genannten Einflüsse vorliegt und die zulässige Wandhöhe bzw. die Bö-
schungsneigung nicht nach vorliegenden Erfahrungen zuverlässig festgelegt werden
kann,

d) vorhandene Leitungen oder andere bauliche Anlagen gefährdet werden können,

e) das Gelände neben der Graben- bzw. Böschungskante stärker als 1 : 10 ansteigt oder
unmittelbar neben dem Schutzstreifen von 0,60 m eine stärker als 1 : 2 geneigte Erd-
aufschüttung bzw. Stapellasten von mehr als 10 kN/m² zu erwarten sind,

f) die nach der Straßenverkehrszulassungsordnung vom 23. 4. 1965 (StVZO) allgemein


zugelassenen Straßenfahrzeuge sowie Bagger oder Hebezeuge bis zu 12 t Gesamtge-
wicht nicht einen Abstand von mindestens l,00 m zwischen der Außenkante der Auf-
standsfläche und der Graben- bzw. Böschungskante einhalten,

g) schwerere Fahrzeuge und Fahrzeuge mit höheren Achslasten, z. B. Straßenroller und


andere Schwertransportfahrzeuge sowie Bagger oder Hebezeuge von mehr als 12 t Ge-
samtgewicht, nicht einen Abstand von mindestens 2,00 m zwischen der Außenkante
der Aufstandsfläche und der Graben- bzw. Böschungskante einhalten.

Um Schäden oder Herstellungsfehler beim Einbau der Böschungssicherung zu vermeiden,


sind folgende Punkte zu beachten.
4.6 Trägerbohlwand 81

Tabelle 4.10 Angaben zur Qualitätssicherung bei bewehrten und verankerten Spritzbetonschalen
Einmessen der Spritzbetonschale und Bohransatz- Maßband, Gradwaage, Nivelliergerät, Theodolit,
punkte Horizontal- und Vertikallaser
Bohrgenauigkeit Gradwaage, Nivelliergerät
Eignungsprüfung des verwendeten Materials
Fremdüberwachung im Rahmen der B II - Beton-
Spritzgut überwachung
Herstellung von Probekörpern zur Überprüfung der
erreichten Betonfestigkeit
Messung und Überprüfung des W/Z-Wertes, der
spezifischen Dichte des Zementmörtels mittels Ze-
Verpressgut
mentwaage und Aräometer
Herstellen von Rückstellproben
Probebelastungen und Eignungsprüfungen
Tragfähigkeit
Aufzeichnung der durchfahrenen Bodenschichten
Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung
Normen
DIN 18 551 Spritzbeton, Herstellung und Prüfung
Ausführung/Arbeitsablauf Arbeitsanweisungen gemäß Unternehmenshandbuch

4.6 Trägerbohlwand

4.6.1 Das Bauverfahren im Überblick


Zur Herstellung von senkrechten Baugrubenumschließungen werden häufig Trägerbohlwän-
de verwendet. Die Vorzüge der Trägerbohlwand ergeben sich aus:
– der Anpassungsfähigkeit an Hindernisse wie Leitungen, Schächte, alte Fundamente
u. ä.
– der Einsatzmöglichkeit in nahezu allen Bodenarten
– die Möglichkeit der Wiedergewinnung der Bauteile
– der Wirtschaftlichkeit des gesamten Verbaues.
Der Bohlträgerverbau gehört zu den biegeweichen Verbausystemen, d. h. dass unter Umstän-
den Setzungen an benachbarten Bauwerken oder Verkehrswegen zu erwarten sind. Außer-
dem ist er nicht wasserdicht, so dass er nur oberhalb des gegebenenfalls abgesenkten Grund-
wasserspiegels eingesetzt werden kann.

Trägerbohlwände bestehen aus senkrechten Traggliedern (i. Allg. Stahlträger) und einer Aus-
fachung aus Holz, Stahl, Stahlbeton oder Spritzbeton (Bild 4.23). Das Einbringen der Stahl-
träger (Abstand ca. 1 bis 3,5 m, Steg jeweils senkrecht zur Baugrubenwand) erfolgt im All-
gemeinen durch Rammen, Einrütteln oder durch Einstellen in vorgebohrte Löcher.

Im Normalfall sind die Stahlträger zwischen 4 und 18 m lang, in Sonderfällen auch bis 20 m.
82 4 Baugrubensicherung

Die Ausfachung muss fest am Erdreich anliegen. Dies kann z. B. durch Ankeilen der Verboh-
lung erzielt werden. Nach der Art der Ausfachung unterscheidet man den waagerechten und
den senkrechten Verbau. Als Ausfachung kommen in der Praxis Kanthölzer von 12 bis 16 cm
Dicke zur Anwendung.

Das breit gefächerte Einsatzgebiet der Trägerbohlwände und die hervorragende Anpassungs-
fähigkeit dieses Verfahrens an örtliche Gegebenheiten haben bis zum heutigen Tag eine
Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten und Abwandlungen entstehen lassen.

Bild 4.23 Trägerbohlwand im Schnitt

4.6.2 Technische Grundlagen


Die Konstruktion, Bemessung und Ausführung von Verbaumaßnahmen wird durch die
DIN 4124 Baugruben und Gräben (Böschungen, Arbeitsraumbreiten, Verbau) geregelt. Mit-
geltende DIN-Normen und Vorschriften sind u. a.:

Tabelle 4.11 Übersicht über geltende Normen


DIN Kurzbezeichnung DIN Kurzbezeichnung
1045 Beton und Stahlbeton 4123 Gebäudesicherung
EN ISO 14688 Geotechnische Erkundung und 4084 Gelände- und Böschungsbruch-
Untersuchung – Benennung, berechnungen
Beschreibung und Klassifizierung
von Boden
EAU „Empfehlungen des Arbeitsausschusses Ufereinfassung“
EAB „Empfehlungen des Arbeitskreises Baugruben“

Die Herstellung einer Trägerbohlwand besteht aus folgenden Schritten:


– Einbau der Träger
– Beginn des Aushubs mit Einbau der Ausfachung
4.6 Trägerbohlwand 83

– Einbau der Abstützungen (Anker oder Steifen), sobald der Aushub eine Tiefe von ca.
0,5 m – 0,8 m unter der geplanten Abstützung erreicht hat
– Fortsetzung des Aushubs bis zur Baugrubensohle
– Schrittweiser Rückbau der Ausfachung und der Abstützungen während der Herstellung
des Bauwerks und der damit verbundenen Wiederverfüllung der Baugrube
– Ziehen der Träger nach Wiederverfüllung der Baugrube
Wie eingangs beschrieben, gibt es mehrere Möglichkeiten, die Tragglieder, in der Regel
Stahlträger, in den Baugrund einzubringen. Entscheidend für die Wahl der Einbringart sind
die Komponenten Baugrund, zulässige Erschütterungen und zulässige Lärmentwicklung.

Der Trägereinbau kann erfolgen durch:

Rammen, ein sehr wirtschaftliches Verfahren, sofern der Baugrund aus bindigem bzw. grob-
körnigem Boden (Sand und Kies) besteht. Nachteilig sind jedoch die erhebliche Lärmbelästi-
gung und die möglichen Erschütterungen.

Rütteln ist bei entsprechendem Baugrund (siehe Rammen) eine ebenfalls kostengünstige Me-
thode. Die Erschütterungen können bei Anwendung des Vorbohrverfahrens erheblich redu-
ziert werden.

Einstellen in Bohrlöcher, ein Verfahren, welches in allen Bodenarten ohne wesentliche


Lärmbelästigung und Erschütterung eingesetzt werden kann. Hierzu kommt aufgrund der
hohen Bohrleistung überwiegend das VdW-Verfahren („Vor-der-Wand-Verfahren“) zur An-
wendung. Der Verfahrensablauf sowie die zugehörigen Geräte und Stoffe sind im Kapitel 3
Bohrpfähle erläutert. Nachdem das Bohrloch auf die entsprechende Tiefe abgeteuft worden
ist, wird anschließend der Träger in das Loch eingestellt, ausgerichtet und fixiert. Der ver-
bleibende Hohlraum wird mit Magerbeton, Kalkmörtel, Sand o. ä. verfüllt.

Um eine gute Lastübertragung der Vertikalkräfte am Trägerfuß sicherzustellen, werden Fuß-


platten an die Träger geheftet, die beim späteren Ziehen der Träger im Boden verbleiben. Die
Lastübertragung kann noch optimiert werden, indem die Fußplatten nicht auf die Bohrloch-
sohle, sondern auf Betonpfropfen (siehe Bild 4.24) gestellt werden.

Bild 4.24 Fußausbildung eingestellter Verbauträger


84 4 Baugrubensicherung

4.6.3 Das Bauverfahren

4.6.3.1 Beschreibung der Arbeitsprozesse


Tabelle 4.12 Prozesse zur Herstellung einer Trägerbohlwand

Prozesse Teilprozesse Geräte


Vorbereitende Maßnahmen (1) Freiräumen des Baufeldes - Raupe/Bagger/Radlader
I (2) Einmessen der Theodolit
Trägerbohlwandachse
Einbringen der senkrechten (1) Träger zur Einbaustelle trans- - Hydraulikbagger, Radlader,
Tragglieder portieren und ausrichten LKW
II Hydraulikbagger mit Mäkler
(2) Einschlagen der Träger in den -
Baugrund und Rammbär
Aushub mit gleichzeitigem (1) Beginn des Bodenaushubes - Hydraulikbagger mit Tieflöf-
Einbringen der Ausfachung (2) Ausfachung in die Baugrube fel
ab transportieren - Radlader, LKW, Hydraulik-
III t = 1,25 m von GOK bagger
(3) Einbringen und Verkeilen der
Ausfachung (z. B. Holzbohlen) - Kleinwerkzeug: Vorschlag-
hammer, Brechstange, etc.
Einbau der Abstützungen (1) Rundhölzer bzw. Breitflansch- - Radlader, LKW, Hydraulik-
(Gurte mit Steifen) träger zur Baugrube transportie- bagger
IV ren
(2) Einbau der Gurte und Steifen - Seil- bzw. Hydraulikbagger
Rückbau der Trägerbohl- (1) Träger anklemmen und anlösen - Seilbagger mit Pfahlzieher
wand Träger herausziehen, ablegen
und säubern
V (2) Ausbau der Ausfachung und - Bagger
der Aussteifung
(3) sämtliche Verbaumaterialien - LKW, Radlader
zum Abtransport verladen

4.6.3.2 Die Geräte


Die Geräte zum Einrammen, Einrütteln und evtl. Ziehen der senkrechten Tragglieder sind
identisch mit denen, die bei der Spundwandherstellung im Kapitel 4.7.3.2 zum Einsatz kom-
men. Deswegen werden Trägergeräte, Mäkler und Rammbären sowie Vibrationsbären hier
nicht weiter behandelt.

4.6.3.3 Die wichtigsten Stoffe


Die Trägerbohlwand setzt sich aus den drei folgenden Bestandteilen zusammen:
– die Bohlträger
– die Ausfachung
– die Abstützung
4.6 Trägerbohlwand 85

Bohlträger
Als Bohlträger verwendet man fast ausnahmslos Breitflanschträger der HEA-, HEB- und
HEM-Reihe. Die Wahl des Profils hängt vom Einbringverfahren, vom Baugrund und von den
statischen Erfordernissen ab. Bei üblichen Baugrubentiefen von 8 bis 15 m liegen die Profil-
größen im Bereich von HEB 300 bis HEB 500. Werden die Träger nicht gerammt, sondern in
vorgebohrte Löcher gestellt, so kommen auch mit Blechen verbundene ][-Profile in Frage
(Bild 4.25).

Bild 4.25 Bohlträger aus ][-Profilen

Ausfachung
Besonders zahlreich sind die Möglichkeiten, die Wand zwischen den Bohlträgern zu verklei-
den. Die Einzelteile der Ausfachung müssen so lang sein, dass sie auf jeder Seite mindestens
auf einem Fünftel der Flanschbreite aufliegen. Im Folgenden werden nur die am häufigsten
angewandten Ausfachungselemente dargestellt.

Die Holzausfachung kann aus Kant- oder Rundhölzern bestehen. Da die Verarbeitung von
Rundhölzern sehr aufwendig ist, kommen überwiegend fehlkantige, sägegestreifte oder voll-
kantige (siehe Bild 4.26) Hölzer der Güteklasse II nach DIN 4074 zur Anwendung.

a) fehlkantig b) sägegestreift c) vollkantig


Bild 4.26 Holz-Schnittformen [9]
86 4 Baugrubensicherung

Die Holzausfachung hat den Vorteil, dass sie kostengünstig ist und vor Ort den äußeren Um-
standen angepasst werden kann. Wenn Setzungen im Bereich der Baugrube akzeptabel sind,
belässt man die Holzausfachung im Boden, ansonsten sollte die Verbohlung bei dem Verfül-
len der Baugrube wiedergewonnen werden.

Bild 4.27 Trägerbohlwand mit waagerechter Holzausfachung

Spundwand-Leichtprofile und/oder Kanaldielen kommen häufig bei der senkrechten Ausfa-


chung zum Einsatz, da diese Elemente dem Aushub voreilend in den Boden gerammt oder
gedrückt werden. Sie können entweder hinter oder zwischen den Trägern angeordnet werden.
In jedem Fall ist eine Gurtung durch Stahlprofile oder Kanthölzer erforderlich.

Da der Boden nicht freigelegt wird, kann er sich nicht auflockern, was die Setzungsgefahr
benachbarter Bauwerke verringert. Die Handarbeit beim Abschachten und Freilegen des Bo-
dens, wie sie beim Holzverbau erforderlich ist, entfällt. Haupteinsatzgebiete sind Böden, die
zum Fließen oder Ausrieseln neigen. Da die Spundwand-Leichtprofile im Zuge der Verfül-
lung ohne Probleme mit den Traggliedern gezogen werden können, sind diese leicht wieder-
gewinn- und erneut einsetzbar.
4.6 Trägerbohlwand 87

Bild 4.28 Bohlträgerverbau mit senkrechter Ausfachung aus Kanaldielen [9]

In der nachfolgenden Grafik sind gängige Leichtprofile und Kanaldielen von führenden Her-
stellern abgebildet. Weitere Querschnittswerte und Angaben sind im Anhang zu finden.

Bild 4.29 Verschiedene Kanaldielen und Leichtprofile für die Bohlträgerausfachung [9]

Selten angewendet wird die Ausfachung mit vorgefertigten Stahlbetonplatten oder –balken.
Grund dafür ist das hohe Gewicht der Fertigteile, die nicht mehr von Hand versetzt werden
können.

Bild 4.30 Ausfachung mit Stahlbetonfertigteilen


88 4 Baugrubensicherung

Ihr Vorteil liegt gegenüber einer Ortbetonausfachung darin, dass sie schneller eingebaut wer-
den können und sofort belastbar sind. Außerdem ist es möglich, die Fertigteile wieder zu
gewinnen. Da die Bohlen auf eine fixe Länge gefertigt werden, müssen die Bohlträger maß-
gerecht eingebracht werden.

Ausfachung mit Ortbeton kann bei bindigem zeitweise standfestem Boden zum Einsatz
kommen. Je nach Bodenverhältnissen wird die Baugrube im Bereich der Wand abschnitts-
weise auf ca. 1,0 m Höhe ausgeschachtet und als Ausfachung meist bewehrter Ortbeton ein-
gebracht. Der Beton kann auch als Spritzbeton im Trockenspritz- oder im Nassspritzverfah-
ren aufgetragen werden. Der Verbau mit Ortbeton liegt satt am Erdreich an. Diese Methode
ist wenig lohnintensiv und wird daher in großem Maße angewendet. Bei diesem Verfahren
bleibt die Ortbetonausfachung im Baugrund, und nur die Stahlträger können wiedergewon-
nen werden.

Bild 4.31 Trägerbohlwand mit Ortbetonausfachung

Bild 4.32 Spritzbetonausfachung mit Bewehrung

Abstützungen

Zur Aussteifung gegenüberliegender Bohlträger werden System-Stahlstreben mit Spindelein-


richtungen und teilweise Rundholzsteifen verwendet, solange der Abstand etwa 8 bis 10 m
nicht überschreitet. Rundholzsteifen müssen an ihren Enden abgefast sein. Sie liegen in [-
Gurten, die an die Bohlträger angeschraubt oder angeschweißt sind, durchlaufen die gesamte
Baugrubenlänge und sichern somit den seitlichen Abstand der Bohlträger. Nach der Ver-
keilung, zu der grundsätzlich Hartholzkeile verwendet werden sollen, sind die Steifen durch
Anbringen von Winkelstücken oder Stahlstäben gegen Verschieben zu sichern.

Das Abheben verhindern bereits die Flansche des [-Gurtes. Bei Baugrubenbreiten von mehr
als 10 m werden die Abmessungen von Holzsteifen im Allgemeinen zu groß. Man wählt
dann Stahlsteifen aus HEB- oder PSp-Profilen. Zur Auflagerung dienen Gurtwinkel, deren
Flansch zur Aufnahme der Keile und der Kopfplatten breit genug ist und darüber hinaus noch
genügend Platz für die Anordnung von Knaggen lässt. Mit Hilfe der Knaggen wir die Steife
gegen Abheben, Verschieben und Verdrehen gesichert.
4.6 Trägerbohlwand 89

Bild 4.33 Links: Auflagerung von Holzsteifen; Rechts: Auflagerung von Stahlsteifen [10]

Eine weitere Möglichkeit der Abstützung ist die „Rückwärtige Verankerung“. Sie wird ange-
ordnet, wenn die Baugrube zu breit ist oder wenn die Steifen den Bauvorgang erheblich be-
hindern. Bei Profil-Bohlträgern setzt man die Anker gegen Gurte, die ihrerseits die Bohlträ-
ger stützen. Angewendet werden meist Verpressanker nach DIN EN 1537, auf die hier nicht
weiter eingegangen wird, da Verpressanker im Kapitel 4.7 Spundwände noch ausführlich
beschrieben werden.

Bild 4.34 Links: Abstützung mit Steifen und Gurten am Beispiel einer Spundwand [11] ;
Rechts: Rückwärtige Verankerung durch Verpressanker [12]
90 4 Baugrubensicherung

4.6.3.4 Der Personalbedarf


Der Personalbedarf zur Sicherung einer Baugrube durch eine Trägerbohlwand ist stark ab-
hängig von der Ausfachungsart, die eingebaut werden soll. Als Beispiel werden hier Perso-
nalangaben für die Ausfachung mit Kanthölzern, auch Berliner Verbau genannt, dargestellt.

Ein eingespieltes Arbeitsteam besteht meistens aus:

2 Maschinisten für die Bedienung des Trägergerätes zum Einbringen der Tragglieder des
Hydraulikbagger für den anstehenden Erdaushub,

3 Helfern, die einerseits den Maschinisten beim Rammen unterstützen sowie später die Holz-
ausfachung und die Abstützungen einbringen,

1 Rammmeister, der für die Vorarbeiten sorgt, die Rammung kontrolliert und alle eingesetz-
ten Geräte betreut.

Durch ein zeitliches Entzerren der einzelnen Tätigkeiten kann sich die Kolonnenstärke auch
reduzieren.

4.6.3.5 Informationen zur Kalkulation


Leistung und Kosten

Allgemeingültige Angaben über die Tagesleistung zur Herstellung von Trägerbohlwänden


können nicht gegeben werden, da diese durch zahlreiche Faktoren wie Bodenbeschaffenheit,
Ausfachung und Abstützung bedingt sind.

In der nachfolgenden Tabelle werden die gewichtigen Teilprozesse zur Herstellung von Trä-
gerbohlwänden betrachtet. Es wird davon ausgegangen, dass die Tragglieder gerammt wer-
den, die Ausfachung aus Kanthölzern besteht und die Abstützung mit Steifen erfolgt. Bei
diesem Verfahren ergibt sich eine Tagesleistung von 25 bis 70 m² Verbau.
4.6 Trägerbohlwand 91

Tabelle 4.13 Betriebsmitteleinsatz


Prozess Teilprozess Gerät BGL-Nr. Personal- Kalkulatorische
(Hauptgruppen) bedarf Aufwandswerte
(1) Träger zur Hydraulikbagger ggf. D.1.60. … AC 1 Maschinist
Einbaustelle mit Lasthaken
0,2 - 0,3 h/t
transportieren LKW P.2.12. … 1 Fahrer
und ausrichten Radlader D.3.10. … 1 Helfer
(2) Einschlagen Hydraulikbagger 1 Maschinist
der Träger in Rammeinrichtung für D.1.00. … mit 1 bis 2
II
den Baugrund Hydraulikbagger J.0.11. … Helfern und 1
Rammgerät: Rammmeister
0,1 - 0,2 h/m
+ Vibrationsbär
hydraulisch J.3.10. …
Hydraulikaggregat
J.3.20. …
(1) Beginn des Hydraulikbagger D.1.00 … 1 Maschinist
Bodenaus- + Monoblockaus- D.1.40. …
hubes leger D.1.60. … 12 -16 m³/h
III + Tieflöffel
(2) Ausfachung in LKW P.2.12. … 1 Fahrer
die Baugrube Radlader D.3.10. … 1 Helfer 0,2 - 0,3 h/t
transportieren
(1) Rundhölzer Ausstattung 1 Fahrer
bzw. Breit- wie III (2) 1 Helfer
flanschträger 0,2 - 0,3 h/t
zur Baugrube
transportieren
(2) Einbau der Mobilseilbagger D.0.10. … pro Bagger 1
IV Gurte und Stei- + Grundausleger D.0.30. … Maschinist
fen D.0.33. … und 2 Helfer
+ Hakenflaschen 1,5 - 2,5 h/m²
D.1.00. …
Hydraulikbagger D.1.40. … abhängig von
+ Monoblockausle- D.1.60. … der Tiefe
ger
+ Tieflöffel
(1) Träger an- Bagger wie II (2) 1 Maschinist
klemmen und oder D.0.10. … für Bagger
anlösen, Mobilseilbagger D.0.30. … und 1 Helfer
Träger heraus- + Grundausleger J.4.00. … 0,1 - 0,2 h/m
ziehen und ab-
+ Pfahlzieher
V legen und säu-
bern
(2) Ausbau der Ausstattung wie 1 Maschinist
Ausfachung IV (2) und 2 Helfer
1,2 - 2,5 h/m²
und der Aus-
steifung
92 4 Baugrubensicherung

Tabelle 4.14 Ausgewählte Tätigkeits- und Rüstzeiten für das Herstellen von Trägerbohlwänden

Tätigkeit Tätigkeits- und Rüstzeiten nach


Rüstzeiten pro Stahlträger 5 bis 15 min pro Stahlträger
Herstellen Trägerbohl-

Ausrichten und Nachstellen 5 bis 10 min je Stahlträger


sehr stark abhängig von der Verfahrensart und Bodenbeschaffenheit
Einbringen des Stahlträgers
Dieselhammer: 25 mm pro 10 Hammerschläge
(identisch mit Spundbohlen)
wand

Vibrationsbär: 0,5 bis 4,0 m pro min


Boden
Einbau der Verbohlung standfest: nicht standfest:
0,5 - 1,6 h/m² 1,8 - 2,2 h/m²
Umstellen des Gerätes 3 min pro Stahlträger
Einbau Absteifung 1,5 – 2,5 h/m²
Baustelleneinrichtung 1 bis 2 Tage
Sonstiges

Geräteausfall 1 bis 3 Stunden in der Woche


Eckpunkte ausbilden 3 bis 4 Stunden pro Eckpunkt
Räumen der Baustelle 1 bis 2 Tage

4.6.3.6 Anmerkungen zur Leistungsbeschreibung


Neben den in der VOB/C DIN 18 303 und 18 304 festgelegten Bedingungen wurden speziel-
le technische Bedingungen entwickelt. Diese können zusätzlich vereinbart werden und sind
nachfolgend dargestellt.

Spezielle technische Bedingungen für Ramm- und Rüttelarbeiten mit Stahlprofi-


len (STB - RRS) [13]

1. Nebenleistungen
(1) Herstellen und Beseitigen erforderlicher Führungskonstruktionen (z. B. Schablonen,
Zangen)
(2) Einhalten der plangemäßen Höhe der Oberkante der eingebauten Profile mit einer
Genauigkeit von ± 20 cm.
(3) Einhalten der plangemäßen Achse im Rammansatzpunkt mit einer Genauigkeit von
± 10 cm und der plangemäßen Neigung mit einer Genauigkeit von 1°.

2. Besondere Leistungen
(1) Erdarbeiten zum Auslegen der Führungskonstruktion

(2) Liefern und Einbauen von Eck- und Abzweigbohlen, Anbauteilen sowie Formteilen

(3) Maßnahmen zum Tieferführen der Profile, wie z. B. Jungfern oder Aufstocken

(4) Reinigen der freigelegten Ansichtsflächen sowie Beseitigen der anfallenden Materia-
lien

(5) Gestellen von Rammhauben bei Lieferung der Profile durch den Auftraggeber
4.6 Trägerbohlwand 93

(6) Statische und/oder dynamische Probebelastungen sowie Integritätsprüfungen

(7) Erschütterungsmessungen

3. Aufmass und Abrechnung


Es gilt ATV DIN 18 304, Abschnitt. 5, entsprechend. Fehlrammungen bzw. -rüttlung (in-
folge von Hindernissen im Baugrund): entsprechend Abschnitt 5.2.

Spezielle Technische Bedingungen für Verbauarbeiten mit Ausfachung


(STB-VBA) [13]

Je nach Verbauart gelten folgende Spezielle Technische Bedingungen zusätzlich:

STB-BP Bohr-, Bohrpfahl- und Bohrpfahlwandarbeiten


STB-E Einpressarbeiten (Injektionsarbeiten)
STB-HDI Hochdruckinjektionsarbeiten
STB-VA Verpressankerarbeiten
1. Nebenleistungen
Einhalten einer plangemäßen Höhe der Oberkante der eingebauten Profile mit einer Ge-
nauigkeit von ± 20 cm.

2. Besondere Leistungen
(1) Liefern und Einbauen von Anbauteilen, Formteilen, Unterstützungskonstruktion
(z. B. für Kabel, Leitungen)

(2) Herstellen und Abbrechen erforderlicher Schablonen sowie Beseitigen der anfallen-
den Materialien

(3) Erdarbeiten bis Hinterkante Ausfachung im Zuge der Verbauarbeiten sowie Laden,
Transportieren und Deponieren der anfallenden Erdmassen einschließlich möglicher
Ausbrüche. Fachgerechtes Verfüllen von Ausbrüchen einschließlich Liefern der dafür
erforderlichen Materialien

(4) Säubern der Pfähle und Profile für das Einbauen der Ausfachung

(5) Fassen und beseitigen von Wasser

(6) Rückbau der Ausfachung, Ziehen der Verbauträger und ggf. Verfüllen der Hohlräume

3. Aufmass und Abrechnung

Gemäß oben aufgeführten STB's. Ergänzend dazu: ATV DIN 18 303, Abschnitt 5
94 4 Baugrubensicherung

4.6.4 Qualitätssicherung und Kennwerte


Die allgemeinen Hinweise zur Qualitätssicherung haben auch bei der Trägerbohlwand ihre
Gültigkeit. Aufgrund ihrer hohen Flexibilität sind hier keine Einbringtoleranzen angegeben.

Vor der Ausführung sollte auf nachfolgende Ergebnisse geachtet werden, da etwa 1/3 aller
Schadensfälle auf Planungsfehler (unzureichende Voruntersuchungen) zurückzuführen sind.
Letztlich können durch die Voruntersuchungen natürlich nicht alle Risiken abgewandt wer-
den.

Tabelle 4.15 Baugrundverhältnisse auf der Baustelle und entlang der Trägerbohlwand

1. Geotechnische Eigenschaften aufgrund - Schichtung des Baugrunds


des Baugrundgutachtens - Kornverteilung, Wichte, Konsistenz usw.
- Grundwasser vorhanden?
- Wasserdurchlässigkeit des Bodens
- Scherparameter, Kohäsion
- Ramm- und Drucksondierungsergebnisse
2. Topographische Eigenschaften - räumliche Einschränkungen auf der Baustelle
- Einschlüsse von Holz, Steinblöcken, Gebäuderesten
- setzungsempfindliche Nachbarbebauung
3. Erdstatische Berechnungen - auf den Grundlagen der oben genannten Aufzählung

Die Lage und Stellung der Bohlen wird im Rammplan angegeben. Abweichungen hiervon
sind durch die Art der Rammung und die vorhandenen Bodenverhältnisse möglich. Je präzi-
ser die lotrechte Rammung geführt wird, umso einfacher und schneller kann die Ausfachung
eingebaut werden. Mit dem Einbau der Ausfachung ist spätestens zu beginnen, wenn eine
Tiefe von 1,25 m erreicht ist. Der Einbau der weiteren Ausfachung darf hinter dem Aushub
bei steifen oder halbfesten bindigen Böden höchstens um 1,0 m, bei vorübergehend standfes-
ten nichtbindigen Böden um 0,5 m zurück sein. Holzbohlen müssen auf mindestens einem
Fünftel der Flanschbreite aufliegen. Der Einbau von Abstützungen (Anker oder Steifen) muss
erfolgen, wenn der Bodenaushub eine Tiefe von ca. 0,5 m bis 0,8 m unter der geplanten Ab-
stützung erreicht hat.

4.7 Spundwände

4.7.1 Das Bauverfahren im Überblick


Spundwände verwendet man als Baugrubenverbau seit über 100 Jahren. Während anfangs
Holzbohlen gerammt wurden, um Geländesprünge auch bei anstehendem Grundwasser zu
sichern, werden heute ausschließlich Stahlprofile eingesetzt.
4.7 Spundwände 95

Holzbohlen sind ab einer gewissen Tiefe der Baugrube nicht mehr einsetzbar, da ihre stati-
schen und rammtechnischen Eigenschaften wesentlich schlechter sind als die der Stahl-
spundwandprofile. Zunächst hatte man versucht, tiefe Baugruben mit Elementen aus Well-
blech und Gusseisen zu umschließen [14]. Der Bremer Staatsbaumeister Larssen erfand 1902
ein U-förmiges Walzprofil, das über kleine Z-förmige angenietete Profile mit der Nachbar-
bohle schlossartig verbunden wurde. Im Jahre 1912 wurde von Oberbaurat Lamp eine Wel-
lenspundwand aus Z-Profilen entwickelt, wobei die Herstellung des verwendeten Klauen-
und Rundzapfenverschlusses Probleme bereitete.

Die Weiterentwicklung der Z-Bohlen führte 1926 zu dem HOESCH-Profil mit Labyrinth-
schloss. Während in der Anfangszeit der Stahlprofile die Breite je Bohle aus walztechnischen
Gründen begrenzt war, sind die Profile heute auf 50 bis 60 cm verbreitert worden, wobei
auch die Schlösser wesentlich verbessert wurden.

Die Spundwand ist als weiche Verbauart anzusehen und kann daher nicht unmittelbar neben
bestehender Bebauung eingesetzt werden. Die Vor- und Nachteile von Spundwänden als
Baugrubenverbau sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengestellt.

Tabelle 4.16 Vor- und Nachteile von Spundwänden

Vorteile Nachteile

- Schneller Baufortschritt - Beim Einbringen der Bohlen sind Lärm


- Aushub großräumig sofort nach und Erschütterungen unvermeidbar
Einbringen der Bohlen möglich - Weicher Verbau, Setzungsgefahr für
- Einbau praktisch witterungsun- Bebauung
abhängig - Wegen beschränkter Transportlängen
- Bauteile wiedergewinnbar nicht für beliebige Tiefen anwendbar
- Auch in nicht standfesten Böden (allenfalls durch Schweißen verlängerbar)
anwendbar - Hohe Investitionskosten
- Auch im Grundwasser anwendbar - Einsatzgrenze durch Rammbarkeit des
- Geringer Personalaufwand Bodens
- Gut überschaubarer Geräteeinsatz - Wenig flexibel (z. B. bei Leitungs
- Aufnahme von Vertikalkräften kreuzungen)
- Beim Ziehen der Bohlen entstehen
Hohlräume (Setzungsgefahr)

Spundbohlen sind das klassische Wandelement des Wasserbaues, da sie als weitgehend was-
serdicht anzusehen sind. Ihr Einsatz als Baugrubenverbau bietet sich daher überall dort an,
wo im Grundwasser oder im offenen Wasser trockene Baugruben hergestellt werden müssen
oder wo Bodenschichten anstehen, die den Bau einer Trägerbohlwand nicht zulassen, da sie
auch kurzzeitig nicht ausreichend standfest sind (z. B. Fließsandschichten, breiige bis weiche
bindige Böden).
96 4 Baugrubensicherung

4.7.2 Technische Grundlagen


Für die Herstellung einer Spundwand gelten die folgenden Normen:

Tabelle 4.17 Übersicht über geltende Normen

DIN Kurzbezeichnung DIN Kurzbezeichnung


1055 Lastannahmen für Bauten 4020 Geotechnische Untersuchungen
EN 10 248 Warmgewalzte Stahlspundbohlen EN ISO 14688 Baugrund und Grundwasser
EN 10 249 Kaltgeformte Stahlspundbohlen 4085 Berechnung des Erddrucks
EN 1537 Verpress-, Kurzzeit- und Daueranker 4124 Baugruben und Gräben
EAU „Empfehlungen des Arbeitsausschusses Ufereinfassung“
EAB „Empfehlungen des Arbeitskreises Baugruben“

Spundwände sind Flächentragwerke, die durch Aneinanderreihen von einzelnen vertikal an-
geordneten Bohlen entstehen. Durch die Form der Bohlen bedingt, entsteht eine im Grundriss
wellenförmige Wand (Bild 4.35).

Die Wahl der Spundwandprofile richtet sich nicht nur nach der Beanspruchung aus Erd- und
Wasserdruck im Endzustand, sondern auch nach rammtechnischen Gesichtspunkten und der
Verfügbarkeit von Bohlen. Die Bohlen werden während des Einbringens vorwiegend in
Längsrichtung auf Druck, Beulen, Knicken und Torsion beansprucht, während sie für den
eingebauten Zustand vorwiegend auf Biegung bemessen werden müssen.

Bild 4.35 Grundriss einer Spundwandbaugrube

Die wesentlichen Unterschiede zwischen den einzelnen Bohlenprofilen liegen in der Quer-
schnittsform sowie der Form und Lage des Schlosses. Die Schlösser müssen den Bohlen eine
gute Führung beim Einbringen geben, die Bohlen zugfest miteinander verbinden und mög-
lichst wasserdicht sein. Die Profile werden als Einzelbohle (selten), Doppelbohle (häufigster
Fall) oder Dreifachbohle in den Baugrund gerammt, gerüttelt, gepresst oder eingestellt.
4.7 Spundwände 97

Die üblichen horizontalen Fußabweichungen liegen in der Größenordnung von 1 bis 1,5 %
der Wandhöhe. Bei Baugruben in offenen Gewässern werden häufig Fangedämme eingesetzt,
wobei zwischen Kastenfangedämmen und Zellenfangedämmen unterschieden wird [15] .

4.7.2.1 Fangdämme
Kastenfangedämme bestehen aus zwei gegenseitig verankerten, parallel angeordneten
Spundwänden mit einem dazwischen liegenden, nichtbindigen Füllmaterial.

Steht der Fangedamm auf Fels, so sind mindestens zwei Ankerlagen einzubauen. Lassen sich
die Spundbohlen in den Baugrund einrammen, so reicht eine Ankerlage.

Bei Zellenfangedämmen werden spezielle Flachprofile mit hoher Schlosszugfestigkeit ver-


wendet. Im Gegensatz zu Kastenfangedämmen sind keine Gurtungen und Verankerungen
erforderlich. Die durch das nichtbindige Füllmaterial und den einseitigen Wasserdruck her-
vorgerufenen Beanspruchungen führen nur zu Zugkräften in den Profilen. Zellenfangedämme
(Bild 4.36) eignen sich besonders bei einer Gründung auf Fels, da aus statischen Gründen
keine Einbindetiefe erforderlich ist.

Bild 4.36 Kastenfangedamm (links), Kreiszellenfangedamm (mitte) und Flachzellenfangedamm (rechts)

4.7.3 Das Bauverfahren

4.7.3.1 Beschreibung der Arbeitsprozesse


Stahlspundwände können eingebracht werden durch:
– Rammen
– Rütteln
98 4 Baugrubensicherung

– Einpressen
– Einstellen
Die Wahl der Einbringmethode hängt in erster Linie von der Baugrundbeschaffenheit, dem
Umfeld der Baustelle und dem erforderlichen Spundwandprofil ab. Diese Parameter bestim-
men das zu verwendende Verfahren. Tabelle 4.18 zeigt die Rammeignung der verschiedenen
Bodenarten. Während das schlagende Rammen grundsätzlich in allen Bodenarten anwendbar
ist, kann das Vibrations- und Einpressverfahren nur in bestimmten Böden eingesetzt werden.
Die Tabelle 4.19 und die Tabelle 4.20 zeigen die Einsatzmöglichkeiten.

Tabelle 4.18 Rammeignung der Böden [9]


Leichte Rammung Mittelschwere Rammung Schwere Rammung
Moor, Torf, Schlick, Klei, Steife Tone und Schluffe, dicht gelagerte Kiese,
locker gelagerte und hindernisfreie mitteldicht gelagerte kiese und halbfeste bis feste Tone und Schluf-
Kiese und Sande, breiige bis wei- Sande fe, Geschiebemergel, Fels
che Tone und Schluffe

Tabelle 4.19 Eignung für das Vibrationsverfahren [9]


Gut Bedingt nicht geeignet
rundkörnige Kiese und Sande, eckige Kiese und Sande, Kiese mit bindigen Beimengungen,
weiche bis breiige Tone, Schluffe, steife Tone, Schluffe, sehr fest gelagerte trockene Kiese
weicher bis breiiger Löß und steifer Löß und Sande, steifer bis fester Ton
Schlick und Mergel

Tabelle 4.20 Eignung für das Einpressverfahren [9]


Gut Bedingt nicht geeignet
Moor, Schlick, Klei feste Tone und Schluffe, sehr feste Tone und Schluffe,
weiche bis steife Tone und Schluf- mitteldicht bis dicht gelagerte Kie- sehr dicht gelagerte Kiese und
fe, locker bis mitteldicht gelagerte se und Sande Sande, alle Böden mit Steinein-
Sande und Kiese schlüssen

Das Einbringen von Spundwänden lässt sich in folgende Prozesse zerlegen:


4.7 Spundwände 99

Tabelle 4.21 Prozesse der Spundwandherstellung

Prozess Teilprozess Gerät


Vorbereitende Maß- (1) Freiräumen des Baufeldes - Raupe, Radlader, Walze etc.
I nahmen Theodolit, Nivelliergerät
(2) Einmessen der Spundwandachse
Einbringen der (1) Bohle aufnehmen, zur Einbaustelle - Seilbagger mit freihängender
Spundbohlen transportieren und ausrichten Rammeinrichtung
(2) Einrammen nach verschiedenen Universalgerüst
Methoden mit verschiedenen Ein- Hydraulikbagger mit:
II baugeräten - Anbaumäkler
(3) Ggf. Rammhilfen verwenden - Rammbär
(4) Versetzen des Rammgerätes - Spundwandpresse
(5) Abschnittsweiser Aushub des Bo- - ggf. Rammhilfsmittel
dens - Hydraulikbagger
Einbau der „Rück- (1) Herstellen eines Bohrloches - Ankerbohrgerät
wärtigen Veranke- (2) Einbau des Stahlzuggliedes - Verpressstation, Mischer und
III rung“ (3) Verpressen Injektionspumpe
(4) Anspannen - Spannpresse
(5) ggf. Entspannen beim Rückbau
Ziehen der Spund- (1) Bohle anseilen/anketten - Seilbagger, Hydraulikbagger,
bohlen (Nur wenn Bohle herausziehen Autokran
Spundbohlen nicht Bohle ablegen und säubern
IV Bestandteil des ferti-
(2) Spundwände zum Abtransport ver-
gen Bauteils bleiben laden
sollen)

Bild 4.37 Links: Baugrubensicherung durch eine rückwärtig verankerte Stahlspundwand [16]
Rechts: Schnitt durch die umlaufende Gurtung mit Anker [17]
100 4 Baugrubensicherung

4.7.3.2 Geräte
Trägergeräte
Als Trägergeräte werden heute fast ausschließlich Hydraulikbagger (Bild 4.38) genutzt, da
diese aufgrund der leicht austauschbaren Anbaugeräte universell einsetzbar sind und somit
der Forderung nach größtmöglicher Kapazitätsausnutzung entgegenkommen. Der Hydraulik-
bagger muss an seinem Ausleger ein hohes Gewicht tragen können. Das Gesamtgewicht von
Mäkler, Winden und Rammgut mit Schlaghaube kann etwa 10 bis 20 t betragen. Somit
kommen in der Spundwandbauweise vorwiegend Bagger mit einem Dienstgewicht von 20
bis 40 t in Betracht.

Alle Geräte sind grundsätzlich ohne oder nur durch unwesentliche Umbaumaßnahmen so-
wohl für Ramm- als auch für Zieharbeiten einsetzbar.

Nur bei sehr langem und schwerem Rammgut werden Seilbagger mit Gitterausleger als Gerä-
teträger eingesetzt. Diese müssen wegen der hohen Anbaulasten mit HD (heavy-duty)- oder
LC (long crawler)- Fahrwerk ausgerüstet sein und infolgedessen ein Dienstgewicht von 45
bzw. 60 t. besitzen. Gegenüber den in der Vergangenheit häufig eingesetzten Rammvorrich-
tungen, die auf Schienen laufen, zeichnen sich die Bagger durch viel größere Beweglichkeit
aus.

Bild 4.38 Hydraulikbagger RG 20/ AR 150 [16] Bild 4.39 Seilbagger SW 190/MS 32 als
Trägergerät beim Rammen von
Doppelspundbohlen

In nachfolgender Tabelle wird die Eignung der Trägergeräte in Abhängigkeit verschiedener


Kriterien beschrieben.
4.7 Spundwände 101

Tabelle 4.22 Eignung der Trägergeräte [18]


Baustel- Ramm- Rammgut- Rammgut- Schlag- Vibra- Ein-
lenbe- gut länge gewicht rammen tion pressen
weglich- neigbar > 15m < leicht schwer rei- schrei
keit < 30m 15m 0-10t 0-40t bzw. tend tend
mittel
Rammgerüst * ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■
Raupenbagger
mit Rammgerüst
■ ■ ■ ■ ■
Hydraulikbagger
mit Anbaumäkler
■ ■ ■ ■ ■
Seilbagger mit
verschiedenen ■ ■ ■ ■
Mäklern
Seilbagger mit
hängendem Bär
■ ■ ■ ■ ■
Hydraulikbagger
m. Schwanenhals
■ ■ ■ ■ ■ ■
■ geeignet * teilweise geeignet

Bei der Spundwandherstellung kommt eine große Anzahl von speziellem technischen Gerät
zum Einsatz. Nachfolgend werden ausgewählte, verfahrensspezifische Geräte betrachtet:
– Mäkler
– Rammbären
– Spundwandpressen
– Rammhilfsmittel

Anbaumäkler
Der Anbaumäkler sollte anheb-, dreh-, absenk- und neigbar sein. Dadurch kann das Ramm-
gerät die Spundbohle ausrichten, sie unterhalb oder oberhalb ihrer Arbeitsebene einbringen
und Schrägpfähle setzen.

Als Anbaumäkler haben sich in den letzten Jahren vor allem die Teleskopmäkler durchge-
setzt, die durch Anbringen der jeweiligen Arbeitsvorrichtung für das
– Rammen,
– Bohren und
– Ziehen
variabel einsetzbar sind. Die Ausfahrhöhe erreicht bis zu 17 m, so dass ein Rammgut bis et-
wa 15 m Länge eingebracht werden kann. Für den Transport kann der Teleskopmäkler ver-
kürzt werden.
Rammbär
Mit Hilfe von Rammbären wird das Rammgut mit herabfallenden Gewichten in den Boden
geschlagen. Man unterscheidet:
102 4 Baugrubensicherung

– Dieselhämmer
– Fallhämmer
– Doppeltwirkende Hydraulikhämmer
– Schnellschlaghämmer
In der folgenden Tabelle werden nach Bodenart zu untersuchende Einsatzbereiche, Ramm-
bärgerüste, Schlagzahlen und Rammgeschwindigkeiten der einzelnen Rammbärarten zusam-
mengestellt:

Tabelle 4.23 Rammbären [18]

Verhältnis Kolbengewicht Schlagzahlen und


Bodenart
zur Bohle Rammgeschwindigkeit

Dieselhämmer bei bindigen und sehr Verhältnis von 1 : 2 bis 39 bis 45 Schläge je Minute
dichten Böden 1,5 : 1 zwischen Kolbenge- 10 Hammerschläge sind eine
wicht und Gewicht aus Boh- Hitze < 30 mm
le plus Rammhaube

Fallhämmer Jede Bodenart über und Verhältnis von 1 : 2 bis Max. 40 Schläge pro Minute
unter Wasserniveau 1,5 : 1 zwischen Kolbenge-
wicht und Gewicht aus Boh-
le plus Rammhaube
Doppeltwirkende Jede Bodenart über und Verhältnis von 1 : 1 bis 1 : 2 50 bis 60 Schläge pro Minu-
Hydraulikhämmer unter Wasserniveau zwischen Kolbengewicht te
Kann auch zum Ziehen und Gewicht aus Bohle plus 35 kNm bis 90 kNm pro
verwendet werden Rammhaube Schlag

Schnellschlag- Jede Bodenart über und Verhältnis von 1 : 5 zwi- 100 Schläge pro Minute bei
hämmer unter Wasserniveau schen Kolbengewicht und größeren Maschinen und 400
Kann auch zum Ziehen Gewicht aus Bohle plus Schläge bei kleineren Ma-
verwendet werden Rammhaube schinen, 30 kNm pro Schlag,
Dauerrammbetrieb norma-
lerweise Rammgeschwin-
digkeit von 150 mm/min

Vibrationsbären

Mit den Vibrationsbären wird auf die Spundbohlen eine Schwingung übertragen wodurch
sich die Reibung zwischen der Spundbohle und dem umgebenen Boden auf etwa 10 bis 25 %
des Ruhewertes verringert. Durch das Eigengewicht der Bohle, die dynamische Belastung
und das Gewicht des Vibrationsbären wird das Spundwandelement in den Boden getrieben.

Vibratoren erzeugen ihre Schwingungen dadurch, dass Excentergewichte über ein Getriebe
durch einen oder mehrere Motoren angetrieben werden und diese Gewichte sich mit gleicher
Frequenz aber in entgegen gesetzter Richtung drehen. Hierbei heben sich die horizontalen
Anteile der Kräfte auf und nur der vertikale Kraftanteil bleibt wirksam.

Vibratoren können durch Elektromotoren, Hydraulikmotoren oder einen kombinierten An-


trieb betätigt werden. Der Kran, an dem der Vibrator hängt, muss durch Gummipolster oder
Federelemente gegen das Vibrationsgehäuse isoliert sein.
4.7 Spundwände 103

Der Einsatzbereich und die Eindringgeschwindigkeit von Vibrationsbären sind nachfolgend


aufgeführt.

Tabelle 4.24 Vibrationsbären [18]

Bodenart und Bedingung Eindringgeschwindigkeit


Vibrationsbären − Am besten bei nichtbindigen Böden, − etwa von 50 cm pro Minute als Unter-
Kies oder Sand besonders wenn sie grenze
wassergesättigt sind − mögliche Abschätzung der erforderli-
− Bei gemischten und bindigen Böden, chen Fliehkraft des Vibrationsbären:
wenn der Wassergehalt sehr hoch ist erf. F = 15 · (t + 2G) / 100 [kN]
− Künstlich entwässerter Sand ist nicht t = Rammtiefe in m
geeignet G = Masse der Bohle in kg

Spundwandpressen

Mit dem Ziel, die Lärmemission zu verringern, wurden als Alternative zu den klassischen
Einbringmethoden die Spundwandpressen entwickelt. Diese Maschinen kommen heute
hauptsächlich wegen ihres erschütterungsfreien Betriebes zur Anwendung.

Die Pressen, die für den Einsatz in kohäsiven Böden besonders geeignet sind, werden hy-
draulisch betrieben und beziehen den größeren Teil ihrer Reaktionskräfte aus der Reibung
der zuvor eingebrachten Bohlen.

Der Einsatzbereich und die Eindringgeschwindigkeit der Spundwandpresse wird in der fol-
genden Tabelle dargestellt:

Tabelle 4.25 Einsatzbereiche des Pressverfahrens [18]

Bodenarten Eindringgeschwindigkeit
Einpressverfahren − Einsatz in kohäsiven Böden − 2,0 bis 9,5 m in der Minute
− Bei gesteinsartigen und anderen Hin-
dernissen ist Einpressen nicht möglich

Rammhilfsmittel

a) Rammhauben: Bei schlagenden Bären besteht die Gefahr, dass der herabfallende Bär den
Kopf des Rammgutes beschädigt. Zum Schutz des Rammgutes wird diesem eine Haube aus
Stahlguss aufgesetzt, die mit Hartholz oder Kunststoff ausgefüttert ist.

b) Klemmvorrichtung für Spundbohlen: Um beim Herausziehen der Spundbohlen ein Mitlau-


fen der benachbarten Bohlen zu verhindern, werden diesen Klemmzangen aufgesetzt, die sie
mit den benachbarten Bohlen verbinden. Dadurch wird die Mantelreibung mehrerer Bohlen
aktiviert und ein Herausziehen der direkt benachbarten Bohlen verhindert.

c) Pfahlführungen: Die Pfahlführung wird mit Hilfe einer Kette oder einem aufklappbaren
Element erzielt. Bei Rammungen ohne Mäkler wird dadurch die Bohle geführt, und der Bär
ist so in der Lage, zentrische Schläge auszuführen.
104 4 Baugrubensicherung

Sonstige Geräte

Für die Herstellung der Verankerung durch temporäre Verpressanker werden im Wesentli-
chen nachstehende Geräte benötigt:
– Kleinbohrgerät
– Mischer
– Verpresspumpe
Diese Geräte werden hier nicht mehr detailliert behandelt, da sie schon im Kapitel 4.5 „Ge-
böschte Baugruben“ ausführlich beschrieben sind.

4.7.3.3 Die wichtigsten Stoffe


Spundwandprofile

Gleichzeitig mit den Vibrationsrammgeräten wurden die Spundwandprofile weiter entwi-


ckelt. So werden heute weitgehend Doppelbohlen mit 1,20 m Breite verwendet. Je nach
Rammtiefe, erforderlichem Widerstandsmoment und Anwendungsbereich werden leichte und
schwere Profile in verschiedenen Stahlqualitäten angeboten.

Hauptanwendungsgebiet für leichte Profile ist der Kanalbau und das Spunden von Schächten
bei max. Längen von ca. 12 m. Schwere Profile werden bis 30 m Länge angeboten. Wenn ein
Spundwandverbau beispielsweise gegen das außerhalb der Baugrube hoch anstehende
Grundwasser erforderlich ist, so wird in der Regel eine wasserdichte Ausführung verlangt.
Dies gilt insbesondere für verbleibende Spundwände, die Teil des späteren Bauwerks wer-
den.

Handelt es sich um einen verbleibenden Verbau, wurden in der Vergangenheit die Schlösser
verschweißt. Seit mehreren Jahren stehen elastische Schlossdichtungen zur Verfügung, die
sich bei bleibenden Bauwerken gut bewährt haben. Das Material der Dichtungen ist ein dau-
erelastisches, alterungs- und witterungsbeständiges Polyurethan. Es ist umweltfreundlich und
resistent gegen Seewasser und normale Abwässer.

Die werkseitig eingebrachte Dichtung in das Schloss (z. B. der Doppelbohle) ist nur bedingt
als dichtes Schloss mehrfach verwendbar. Das Baustellenfädelschloss aus Polyurethan ist für
Mehrfachverwendungen sogar ausgeschlossen. Bei Mehrfacheinsätzen werden als Dich-
tungsmaterialen phenolfreie Bitumenkitte verwendet.
4.7 Spundwände 105

Gängige Spundwandprofile im Überblick:

Bild 4.40 Spundwandprofile (Schnittbilder) [12]

Stahlzugglied und Ankerkopf

Für das Stahlzugglied dürfen zugelassene Spannstähle (pr EN 10 138), Baustähle nach
DIN EN 10 025 (Stahlbezeichnung heute/früher: S 235/St 37, S 275/St 44, S 355/St 52) oder
Betonstähle nach DIN 488 (pr EN 10 080) verwendet werden. Nicht genormte Betonstähle
und nachbehandelte Baustähle müssen zugelassen sein. Bevorzugt werden hochfeste Spann-
stähle, da mit kleinen Stahlquerschnittsflächen kleine Bohrdurchmesser gewählt und die ho-
hen Tragfähigkeiten der Verpresskörper im Baugrund ausgenutzt werden können.

Die Ankerköpfe werden so ausgebildet, dass nicht planmäßige Winkelabweichungen der Auf-
lagerflächen ausgeglichen werden können (z. B. durch Kugelkalotten oder Keilscheiben) und
eine Kontrolle der Ankerkraft und gegebenenfalls ein Nachspannen möglich ist.
106 4 Baugrubensicherung

Bild 4.41 Schnitt durch einen Einstab-Temporäranker Typ Verbundanker [19]

Bild 4.42 Schnitt durch einen Temporär-Litzenanker System Brückner [9]

In Tabelle 4.26 sind zulässige Ankerkräfte für Litzen-Temporäranker aufgeführt. Von weni-
gen Ausnahmen abgesehen gelten diese Werte für alle Litzenanker-Systeme.

Verpresskörper

Der Verpresskörper wird im Allgemeinen aus Zementmörtel (Zemente nach DIN 1164 bzw.
pr EN 197-1) mit Wasserzementwerten zwischen 0,38 und 0,50 ohne Zuschlagstoffe herge-
stellt. Betonzusatzmittel mit gültigem Prüfbescheid können zugegeben werden. In Ausnah-
mefällen, z. B. bei großem Mörtelverbrauch in stark durchlässigen Böden, wird Sand als Zu-
schlagstoff beigemischt.

Als Zemente werden vorwiegend Portlandzemente CEM I 32,5 oder 42,5 verwendet, so dass
die Anker nach 7 bis 10 Tagen belastbar sind. Bei Verwendung von CEM I 32,5 R oder
42,5 R kann schon eine Belastbarkeit nach 3 bis 4 Tagen erreicht werden.
4.7 Spundwände 107

Tabelle 4.26 Zulässige Ankerkräfte für Litzen-Temporäranker [9]

Stahlgüte Anzahl der ∅


Nenn-∅ Bruchlast zul. Ankerkraft zul. Ankerkraft
Litzen bei aktivem bei Erdruhe-
Erddruck druck
N/mm² St. Zoll kN kN kN
1570/1770 2 0,6 496 251 330
1570/1770 3 0,6 744 377 496
1570/1770 4 0,6 992 502 661
1570/1770 5 0,6 1239 628 826
1570/1770 6 0,6 1488 754 992
1570/1770 7 0,6 1736 879 1157
1570/1770 8 0,6 1984 1005 1323
1570/1770 9 0,6 2230 1130 1488
1570/1770 10 0,6 2478 1256 1653
1570/1770 11 0,6 2726 1300
1570/1770 13 0,6 3222 1638
1570/1770 15 0,6 3717 1884
1570/1770 19 0,6 4708 2386
1570/1770 22 0,6 5452 2763

4.7.3.4 Der Personalbedarf


Zu einer aufeinander abgestimmten Arbeitsgruppe gehören:
– 1 Fahrer: Für das Trägergerät (Maschinist)
– 1 Helfer: Er ist zuständig für das Trägergerät und die Hilfsarbeiten
– 1 Rammmeister: Er sorgt für Vorarbeiten und kontrolliert die Rammung (betreut in der
Regel mehrere Arbeitsgruppen)
Ein erfahrener Rammmeister mit einer guten Mannschaft ist Voraussetzung für eine kraft-
schlüssig gerammte Spundwand, er kann bis zu drei parallel eingesetzte Arbeitsgruppen kon-
trollieren. Die Ausführenden sind verantwortlich für
– die gesamte Rammarbeit, einschließlich der Beobachtung des Rammvorgangs und der
Behebung von Schwierigkeiten,
– den wirtschaftlichen Einsatz der Rammeinrichtung und deren Wartung,
– den sicheren Stand der Rammeinrichtung.
Zum Einbringen der Verpressanker sowie zum Anbringen der umlaufenden Gurtung wird in
den meisten Fällen eine zweite Kolonne eingesetzt.
108 4 Baugrubensicherung

Die Personenstärke dieser zweiten Kolonne ist abhängig davon, ob die Verpressanker schon
einbaufertig geliefert werden oder diese noch auf der Baustelle gefertigt werden müssen. In
jedem Fall besteht die Kolonne mindestens aus:
– 1 Maschinist für das Kleinbohrgerät sowie für Mischer und Verpresspumpe
– 1 bis 2 Helfer für anfallende Nebenarbeiten, wie Einbauen und Verpressen der Stahl-
zugglieder

Bild 4.43 Links: Fertigung der Litzenanker auf der Baustelle [9]
Rechts: im Werk gefertigte Litzen-Kurzzeitanker

Bild 4.44 Links: Einbau der Litzenanker über eine Kabeltrommel, Rechts: Handeinbau [9]

4.7.3.5 Informationen zur Kalkulation


Leistung und Kosten
Da die Rammleistung stark von dem angewandten Einbringverfahren und der jeweiligen Bo-
denart abhängt, lassen sich darüber keine allgemeingültigen Angaben machen. Die Tages-
rammleistung schwankt zwischen 100 m² bis 250 m² Spundwand pro Tag.
4.7 Spundwände 109

Je nach Baugrund beträgt die Bohrleistung 5 bis 15 m/h. Das Einsetzen und Verpressen der
Anker können 2 Arbeitskräfte (Leistung: 2 Anker / h bei einer Ankerlänge von 12 m) ausfüh-
ren. Nach dem Erhärten des Zementmörtels werden von zwei AK die Anker angespannt. Die
Leistung beträgt hierbei ca. 1,5 Anker pro Stunde. In der nachfolgenden Tabelle werden die
für die Herstellung gewichtigen Teilprozesse betrachtet und dargestellt.

Tabelle 4.27 Betriebsmitteleinsatz

Prozess Teilprozess Gerät BGL-Nr. Personal- Kalkulatorische


(Hauptgruppen) bedarf Leistungswerte
(1) Bohle auf- Hydraulikbagger D.1.00. … 1 Maschinist
nehmen, zur + Monoblockausleger D.1.40. … 1 Helfer
1,3 h/t
Einbaustelle + Stiel D.1.43. …
transportieren + Tieflöffel D.1.60. …
und ausrichten + Lasthaken D.1.60. … AC
(2) Einrammen Trägergeräte: pro Trägerge-
nach verschie- + Raupenseilbagger D.0.00. .... rät
denen Metho- + Hydraulikbagger D.1.00. .... 1 Maschinist,
II den mit ver- Rammeinrichtung für J.0.10. .... 1 Helfer und
schiedenen Seilbagger 1 Rammmeis-
Einbaugeräten Rammeinrichtung für J.0.11. .... ter
0,075 - 0,20 h/m²
Hydraulikbagger
Rammgerät:
+ Spundwandpresse J.0.30. ....
+ Vibrationsbär hydr. J.3.10. ....
+ Rammbär hydr. J1.01. .... .AA
Hydraulikaggregat J.3.20. ....
(1) Herstellen Bohrwagen mit Rau- K.0.10. … 1 Maschinist
eines Bohrlo- penfahrwerk, hydrau- 1 Helfer
ches lisch K.0.11. …
+ hydr. Kraftdrehkopf
0,06 – 0,2 h/m
+ hydr. Klemm- und K.0.10. … AE
Brechvorrichtung
III + Bohrhammer K.0.15. …
hydraulisch
(3) Verpressen Mischanlage Kom- J.6.32. … 1 Anlagen-
paktanlage techniker
0,5 h/St
+ Fahrwerk J.6.32. …AB
+ Antrieb Dieselmotor J.6.32. …AE
(4) Anspannen Spannpresse S.5.01. … 1 Helfer 0,7 h/St
(1) Bohle anket- Ausstattung wie II (2) 1 Maschinist
ten; Bohle he- 1 Helfer
rausziehen, ab- 0,10 - 0,25 h/m²
legen und säu-
IV
bern
(2) Spundwände Ausstattung wie II (1) 1 Maschinist
zum Abtrans- 1 Helfer 0,25 – 0,5 h/t
port verladen
110 4 Baugrubensicherung

Tabelle 4.28 Ausgewählte Tätigkeits- und Rüstzeiten für das Herstellen einer Spundwand

Tätigkeit Tätigkeits- und Rüstzeiten nach


Anlaufzeit am Morgen bzw.
15 min pro Tag
Abbauzeit am Abend
Vorkehrungen gegen
10 min je Doppelbohle
Voreilen
Rammvorgang

Rüstzeit je Doppelbohle mit


Vorbereitung der Dichtungs- 3,00 € bis 10,00 € pro m
art
sehr stark abhängig von der Verfahrensart und Bodenbeschaffenheit
Dieselhämmer: 25 mm pro 10 Hammerschläge
Einbringen der Doppelbohle
Vibrationsbär: 4 - 20 m pro min
Presse: 3 - 10 m pro min
Umstellen des Gerätes 3 min je Doppelbohle
Baustelleneinrichtung 1 bis 1,5 Tage
Sonstiges

Geräteausfall 1 bis 2 Stunden in der Woche


Ausbildung der Eckpunkte 1 bis 3 Stunden je Eckpunkt
Räumen der Baustelle 1 Tag

4.7.3.6 Anmerkungen zur Leistungsbeschreibung


Der Ausschreibende findet in der VOB/C 18 304 - Ramm-, Rüttel- und Pressarbeiten Hin-
weise für das Aufstellen der Leistungsbeschreibung. Nachfolgend werden einige wichtige, in
das LV aufzunehmende Angaben dargestellt.

– Gründungsarten und Lasten benachbarter Bebauung

– Bodenkennwerte und Korngrößenverteilung

– Maßnahmen zum Schutz benachbarter Bebauung

– Einbringgenauigkeit bzw. Neigung der Bauelemente

– Anforderungen an die Wasserdichtigkeit von Spundwänden

Auch für dieses Verfahren gibt es zusätzlich spezielle Technische Bedingungen, die neben
den Festlegungen der VOB/C vereinbart werden können. Für den Spundwandverbau gelten
die STB-RRS und die STB-VBA. Sie sind hier nicht mehr aufgeführt, da sie schon im Kapi-
tel 4.6 Trägerbohlwand beschrieben werden. Nachfolgend ist die STB-VA für Verpressanke-
rarbeiten dargestellt.
4.7 Spundwände 111

Spezielle Technische Bedingungen für Verpressankerarbeiten (STB-VA) [13]

1. Nebenleistungen

(1) Liefern und Setzen der Ankerkopfkonstruktion, Durchführen einer Abnahmeprüfung


gemäß Vorschriften sowie Festlegen der Anker auf die vorgesehene Vorspannlast.

(2) Zementverbrauch bis zu einer Gesamtmenge von 350 kg Zement je Anker.

2. Besondere Leistungen

(1) Zementmehrverbrauch, der den oben unter Nr. 1, Ziff. (2) genannten Wert überschrei-
tet.

(2) Liefern, Montieren und Vorhalten der Vergurtungskonstruktion einschließlich der


Ankerauflagerplatten.

(3) Herstellen von Ankerdurchführungen, Ankerkopfaussparungen in Verbauwänden


bzw. Spannwiderlagern nach Erfordernissen des Auftragnehmers.

(4) Bei Dauerankern, z. B. für Hangsicherungen, Nachprüfen und Nachspannen bzw.


Nachlassen der Ankerlasten nach dem erstmaligen Festsetzen.

(5) Abdichtungsmaßnahmen gegen drückendes Wasser.

(6) Entspannen der Anker unter Beachtung der einschlägigen Sicherheitsbestimmungen,


Ausbau und Bereitstellung der Ankerköpfe zur Abholung durch den Auftragnehmer.

(7) Eignungsprüfungen gemäß DIN EN 1537.

3. Aufmass und Abrechnung

Ergänzend zu ATV DIN 18 299, Abschn. 5:

Ankerlänge: vom erdseitigen Ankerende bis Unterfläche Ankerplatte.

4.7.4 Qualitätssicherung und Kennwerte


Vor Beginn der Arbeiten sollten folgende Parameter geprüft werden, denn etwa ein Drittel
aller Schadensfälle sind auf Planungsfehler, hier in erster Linie unzureichende Voruntersu-
chungen, zurückzuführen. Um eine hohe Sicherheit und Qualität zu gewährleisten, sind die in
der Tabelle 4.29 aufgeführten Maßnahmen zu beachten.
112 4 Baugrubensicherung

Tabelle 4.29 Maßnahmen zur Qualitätssicherung von Spundwänden [18]

vor der Baumaßnahme während der Baumaßnahme nach der Baumaßnahme


- Untersuchung der geo- - Vermerken und Kontrollie- - Durchführen von Nach-
logischen und topogra- ren der Lage und Stellung kontrollen
phischen Eigenschaften der Bohlen im Rammplan - Beseitigung von evtl.
- Erdstatische Berech- - Kontrolle Verankerung zwi- Schäden (Schlossspren-
nungen schen den Schlössern gung, Aufrollen der
Spundwand, Schlossun-
dichtigkeit)
Während der Ausführung wird die Lage und Stellung der Bohlen im Rammplan protokolliert.
Hiervon sind Abweichungen durch Liefertoleranzen, Art der Rammung und der Bodenver-
hältnisse möglich. Zur Erstellung einer lot- und fluchtgerechten Wand wird mit folgenden
Toleranzen gearbeitet:

Tabelle 4.30 Einbringtoleranzen

1. Abweichung aus der Wandflucht in Höhe der Rammebene ± 50 mm


2. Abweichung der Bohlen - Oberkante ± 20 mm
- Unterkante ± 120 mm
3. Abweichung von der Vertikalen Fortlaufende Staffelram-
Rammung mung
- quer zur Wandebene in % der Einrammtiefe ± 1% ± 1%
- in Wandrichtung in % der Einrammtiefe ± 1% ± 0.5%

Für Bemessung, Ausführung und Prüfung von Verpressankern sind gründliche Kenntnisse
der Bauart und große Erfahrung erforderlich. Deshalb dürfen damit nur solche Unternehmen
und Ingenieure betraut werden, die diese Voraussetzungen erfüllen und eine fachgerechte
Ausführung sicherstellen. Als verantwortlicher Bauleiter des Unternehmens darf nur be-
stimmt werden, wer die Bauart und ihre Ausführung kennt. Die Arbeiten dürfen nur durch
geschulte Bohrmeister, Poliere oder Vorarbeiter, die Verpressanker bereits mit Erfolg herge-
stellt haben, beaufsichtigt werden. Für die Herstellung der Verpressanker ist genügend Bau-
zeit einzuplanen.

Die DIN EN 1537 gilt für die Bemessung, Ausführung und Prüfung von vorgespannten Ver-
pressankern, die als Kurzzeitanker bzw. als Daueranker für die Verankerung von Bauteilen
oder Gebirgsteilen in Böden oder Fels verwendet werden.

Bei Kurzzeitankern ist der Anwendungsbereich der Norm auf Anker begrenzt, bei denen die
zulässigen Ankerkräfte - bei Mehrstabankern 1300 kN und bei Einstabankern 700 kN – nicht
überschritten werden.

Das Tragverhalten und die Verschiebungen jedes einzelnen Ankers sind von einer Vielzahl
von Faktoren abhängig, u. a. von der Lage und dem Abstand der Verpresskörper zueinander.
Um diese Einflüsse zu berücksichtigen, sind die nachfolgenden Entwurfsregeln zu beachten:
4.7 Spundwände 113

1. Die freie Ankerlänge sollte mindestens 5 m betragen, um sicherzustellen, dass die Vor-
spannkraft planmäßig in den rückliegenden Boden und nicht durch Kraftkurzschluss von
der Erdseite aus in die Wand eingeleitet wird.

2. Die Krafteintragungslänge (= der Verpresskörper) eines Einzelankers sollte auf ganzer


Länge in einer Bodenart liegen: im bindigen Boden oder im nichtbindigen Boden oder im
Fels.

3. Abweichungen von der theoretischen Ankerrichtung sind vom Bohrverfahren und der
Bodenart abhängig. Sie liegen im Normalfall bei 2 - 3 %. Mit geeigneten Bohrverfahren
und einer guten Mannschaft sind Genauigkeiten unter 1 % Bohrabweichung möglich. Im
Allgemeinen sollte man bei 15 bis 20 m langen Ankern einen planmäßigen Mindestab-
stand von 1,5 m einhalten.

4. Sind mehr Anker in einer Reihe erforderlich, so sollte durch Staffelung oder durch Sprei-
zung ein planmäßiger Mindestabstand von a  1,5m eingehalten werden. Ist dies nicht
möglich, sind ab a < 1 m Ankergruppenprüfungen vorzunehmen.

5. Der planmäßige Mindestabstand zwischen Verpresskörper und bestehenden Gebäudetei-


len sollte mindestens 3 m betragen. Um bei empfindlichen (älteren) Gebäuden Schaden
zu vermeiden, ist eine Staffelung der Ankerlängen zu empfehlen. In Sonderfällen kann es
notwendig sein, Anker so lang auszuführen, dass die Verpresskörper nicht mehr unter be-
stehenden Gebäuden liegen.

6. Das Versagen eines Ankers darf die Standsicherheit der verankerten Konstruktion nicht
gefährden. Durch steife Konstruktionen, durchlaufende Gurte und mehrere Anker an Stel-
le eines einzelnen Hochleistungsankers kann der so genannte "Reißverschlusseffekt"
vermieden werden.

7. An einspringenden Wandecken müssen die senkrecht zueinander verlaufenden Anker


einen ausreichenden Sicherheitsabstand haben. Die Verpresskörper dürfen nicht im akti-
ven Gleitkeil der parallel zum Verpresskörper verlaufenden Wand liegen. Ist dies nicht zu
vermeiden, muss mit einem erhöhten Erddruckbeiwert gerechnet und die Zusatzbelastung
der Wand aus der am Verpresskörper eingeleiteten Ankerkraft berücksichtigt werden. Die
Wandecke sollte zugfest sein (z. B. Ausbildung von durchlaufenden Gurten).
114 4 Baugrubensicherung

4.8 Bohrpfahlwände

4.8.1 Das Bauverfahren im Überblick


Bohrpfahlwände gehören zu den biegesteifen und im Baugrund verbleibenden Verbaumaß-
nahmen und stellen eine Alternative zu den Schlitzwänden dar. Sie können freistehend (ohne
Stützung bzw. Rückverankerung) oder rückverankert (Bild 4.46) hergestellt werden. Da ihre
Herstellung im Vergleich zu Spund- und Trägerbohlwänden sehr teuer ist, versucht man
meist, sie in das zu erstellende Bauwerk zu integrieren.

Neben der DIN 4124-Baugruben und Gräben ist bei der Herstellung von Bohrpfahlwänden
die DIN EN 1536-Bohrpfähle zu beachten. Beide sind einschließlich der mit geltenden Nor-
men ausschlaggebend. Die möglichen Bohrpfahlwandtypen werden nach der Anordnung
ihrer Pfähle wie folgt unterschieden:
Überschnittene Bohrpfahlwände werden im so genannten Pilgerschrittverfahren hergestellt.
Zunächst werden die Primärpfähle unbewehrt betoniert und anschließend die Sekundärpfähle
mit Bewehrung hergestellt, wobei die zuerst betonierten Pfähle angeschnitten werden. Für
die Umschließung einer Baugrube entsteht so eine nahezu wasserdichte Wand. Bei einer
Rückverankerung werden die Anker überwiegend durch die unbewehrten Pfähle geführt.
Tangierende Bohrpfahlwände haben einen lichten Pfahlabstand von 5 bis 10 cm. Sie können
nur in Böden ohne Grundwasser bzw. in Kombination mit einer Grundwasserabsenkung her-
gestellt werden. Soll dennoch ein wasserdichter Verbau erreicht werden, so sind die Pfahl-
zwickel im Düsenstrahlverfahren zu verpressen. Bei tangierenden Pfahlwänden werden alle
Einzelpfähle bewehrt ausgeführt.
Aufgelöste Pfahlwände bestehen aus Bohrpfählen in Abständen von etwa 2 bis 3 m, deren
Zwischenraum bei fortschreitendem Aushub durch ein Spritzbetongewölbe abgestützt wird.
Dem Tragverhalten nach sind diese Wände wie Trägerbohlwände anzusehen. Eventuell vor-
handenes Sickerwasser kann durch Filtersteine, Filterschichten und Filterbeton hinter dem
Spritzbeton abgeführt werden. Bei anstehenden Felsschichten kann eine Ausfachung zwi-
schen den Pfählen entfallen. Der Pfahlabstand ist abhängig vom Bohrpfahldurchmesser, der
Verbauhöhe, den anstehenden Baugrundverhältnissen und den Belastungen. Ähnlich den
tangierenden Wänden werden alle Bohrpfähle bewehrt hergestellt. Soweit eine Rückveranke-
rung erforderlich ist, wird jeder Pfahl rückverankert.

Bild 4.45 Ausführungsarten von Pfahlwänden [20]


4.8 Bohrpfahlwände 115

Bild 4.46 Links: Vertikalschnitt durch eine rückverankerte Bohrpfahlwand [20]


Rechts: Gestaffelte Ausführung einer überschnittenen Pfahlwand [20]

Die Wahl des geeigneten Baugrubenverbaus ist von vielen Faktoren und Einflüssen abhän-
gig. In der nachfolgenden Tabelle sind die charakteristischen Vor- und Nachteile einer Bohr-
pfahlwand dargestellt.

Tabelle 4.31 Vor- und Nachteile von Bohrpfählen

Vorteile Nachteile
Als überschnittene Variante kann die Bohrpfahlwand Wesentlich höhere Kosten gegenüber Spund- und
nahezu wasserdicht hergestellt werden Trägerbohlwänden
Herstellung ohne große Lärmbelästigung und prak-
tisch erschütterungsfrei möglich Nicht wiedergewinnbar
Ausführung auch in nicht oder nur schwer rammbaren
Böden möglich Wirtschaftlich nur vertretbar, wenn die Bohrpfahl-
Verformungsarm und daher auch unmittelbar neben wand in das Bauwerk einbezogen werden kann
bestehender Bebauung anwendbar
Minimale Bodenbewegungen hinter der Wand Viele Fugen sind Schwachstellen für den möglichen
Keine Begrenzung in der Tiefe Wasserdurchtritt
Durch eine Verrohrung Herstellung direkt neben
hochbelasteten Einzelfundamenten möglich
Gleichgewichtszustand des Bodens wird kaum ge-
stört, so dass es nicht zu Setzungen in der Umgebung
des Bohrloches kommt
Aufnahme von Horizontallasten und hohen Vertikal-
lasten
Geneigte Herstellung möglich
Anpassung an die vorhandenen Platzverhältnisse und
Baugrenzen möglich
116 4 Baugrubensicherung

4.8.2 Technische Grundlagen


Der größte Teil der Bohrpfähle wird nach DIN EN 1536 hergestellt. Zusätzlich ausschlagge-
bende Normen sind:

Tabelle 4.32 Übersicht über geltende Normen

DIN Kurzbezeichnung DIN Kurzbezeichnung


1045 Beton und Stahlbeton 4020 Geotechnische Untersuchungen
1048 Prüfverfahren für Beton EN ISO 22475 Geotechnische Erkundung und
1054 Zul. Belastung des Baugrunds Untersuchung
1055 Lastannahmen für Bauten EN ISO 14688 Geotechnische Erkundung und
Untersuchung – Benennung, Be-
4094 Sondierungen schreibung und Klassifizierung von
4030 Betonangreifende Wässer Boden
EN 1538 Schlitzwände
4127 Stützende Flüssigkeiten
4085 Berechnung des Erddrucks

Man unterscheidet die möglichen Bohrpfahlwandtypen nach der Anordnung der Pfähle wie
folgt (Bild 4.47):
– tangierende Bohrpfahlwand
– überschnittene Bohrpfahlwand
– aufgelöste Bohrpfahlwand.

Bild 4.47 Beispiele für Grundrisse von Bohrpfahlwänden

Die Herstellung aller Wandtypen besteht aus folgenden Einzelschritten:


4.8 Bohrpfahlwände 117

– Betonieren einer (i. A. unbewehrten) Bohrschablone, die die Lage der Ansatzpunkte für
das Vortreibrohr vorgibt
– Eintreiben eines Mantelrohres, in dessen Innerem der Boden ausgeräumt wird
– Einstellen des Bewehrungskorbes
– Betonieren des Pfahles unter gleichzeitigem Ziehen des Mantelrohres
Die einzelnen Verfahren unterscheiden sich neben der Pfahlanordnung in der Art, wie das
Mantelrohr niedergebracht und wie der Beton eingebaut wird.

4.8.3 Das Bauverfahren

4.8.3.1 Beschreibung der Arbeitsprozesse


Zum Bohren der verschiedenen Pfahlwandtypen sind vorab Bohrschablonen aus Stahlbeton
herzustellen. Die Bohrschablone hat den Zweck, ein genaues Ansetzen und Führen der Bohr-
rohre während der ersten Meter zu ermöglichen. Die etwa 30 cm hohen, bewehrten Schablo-
nen werden an Ort und Stelle in Höhe des Bohrplanums betoniert. Außer der Längsbeweh-
rung sind in regelmäßigen Abständen Querbewehrungsstäbe angeordnet, die die beiden
Schablonenhälften zugfest miteinander verbinden. Alternativ können ebenso gut Fertigteile
verwendet werden.

Bild 4.48 Bohrschablonen für Pfahlwände [20]


118 4 Baugrubensicherung

Während es bei der Herstellung von tangierenden und aufgelösten Pfahlwänden keine beson-
dere Reihenfolge gibt, das heißt, die Pfähle werden einer nach dem anderen gebohrt, bewehrt
und betoniert, muss bei der überschnittenen Pfahlwand ein bestimmtes Herstellungsschema
eingehalten werden:

Zunächst werden nur die so genannten Primärpfähle hergestellt. Sie werden unbewehrt aus-
geführt, da sonst die Sekundärpfähle nicht eingeschnitten werden können. Somit ergibt sich
für die Herstellung einer überschnittenen Pfahlwand folgende Reihenfolge: Pfahl 2, Pfahl 4,
Pfahl 6, … und Pfahl 1, Pfahl 3, Pfahl 5, … usw. (Siehe Abschnitt 4.8.2). Dieser Ablauf wird
als der so genannte Pilgerschritt bezeichnet. Abhängig von Pfahllänge und Tagesleistung
kann sich auch eine andere Arbeitsfolge ergeben. Ist zu einem späteren Zeitpunkt ein An-
schluss an den ersten Pfahl geplant (z. B. bei einer geschlossenen Wand) oder ist mit einer
längeren Arbeitsunterbrechung zu rechnen (z. B. am Wochenende), so sind der erste bzw. der
letzte Pfahl als Sandpfähle auszuführen.

Grundsätzlich sind alle in diesem Kapitel beschriebenen Bohrverfahren zur Herstellung von
Pfahlwänden anwendbar. Zusätzlich können die Einzelpfähle auch als Voll- oder Teilver-
drängungspfähle hergestellt werden. Hierzu kommt ein unverrohrtes Bohrverfahren mit ent-
sprechender Verdrängerschnecke zum Einsatz. Bei Längen bis ca. 20 m und geeigneten Bo-
denverhältnissen wird jedoch aufgrund seiner hohen Leistungsfähigkeit vorwiegend das
VDW-Verfahren, bzw. das Doppelkopfsystem, verwendet. Es ist speziell für die Herstellung
von überschnittenen Pfahlwänden geeignet.

Bild 4.49 Herstellung einer überschnittenen Bohrpfahlwand im Doppelkopfsystem [21]


4.8 Bohrpfahlwände 119

Die einzelnen Prozesse bei der Herstellung einer überschnittenen Bohrpfahlwand sind in
nachfolgender Tabelle beschrieben.

Tabelle 4.33 Prozesse bei der Herstellung einer überschnittenen Bohrpfahlwand im VDW-Verfahren

Prozesse Teilprozesse Geräte


Vorbereitende (1) Einmessen und Abstecken der Wand- - Theodolit
I Maßnahmen achsen
Herstellen der (1) Aushub des Freiraums für die Bohr- - Hydraulikbagger, Lkw
Bohrschablone schablonen
(2) Schalen, Bewehren, Betonieren der - Lkw (Transportbeton)
II Bohrschablone
(3) Alternativleistung - Hydraulikbagger oder Mobilkran
Verlegen von Fertigteilen - Hydraulikbagger, Abbruchgerät
(4) Beseitigung der Schablone
Herstellen eines (1) Abteufen der Bohrung im VDW- - Drehbohranlage mit Doppelkopfan-
Primärpfahls Verfahren trieb, Bohrwerkzeug
(2) Betonieren durch das Seelenrohr der - Drehbohranlage mit Doppelkopfan-
Bohrschnecke unter gleichzeitigem trieb, Betonpumpe, Lkw (Trans-
III Ziehen von Verrohrung und Schnecke portbeton),
(3) Bohrgut laden und abtransportieren
(4) Je nach Arbeitsfolge: - Hydraulikbagger oder Radlader,
Umsetzen der Bohranlage und III (1) Lkw
oder IV (1)
Herstellen eines (1) Abteufen der Bohrung im VDW- - Drehbohranlage mit Doppelkopfan-
Sekundärpfahls Verfahren und Ziehen der Bohrschne- trieb, Bohrwerkzeug
cke
(2) Bohrgut laden und abtransportieren - Hydraulikbagger oder Radlader,
(3) Vorfertigen des Bewehrungskorbs Lkw

(4) Einbau und Ausrichten der Beweh-


IV rung
(5) Einlassen der Betonschüttrohre - Drehbohranlage oder Hydraulik-
bagger
(6) Betonieren unter langsamen Ziehen
- Drehbohranlage
der Schütt- und Bohrrohre
- Drehbohranlage, Betontrichter,
(7) Je nach Arbeitsfolge:
Schüttrohre, Betonpumpe, Lkw
Umsetzen der Bohranlage und III (1)
(Transportbeton)
oder IV (1)
Nachträgliche (1) Reinigen der Außenschale - Hochdruckpumpe
V bzw. zusätzliche (2) Eventualleistung - ggf. Hydraulikbagger, Abbruchge-
Arbeiten Freilegen und Kappen der Bohrköpfe rät
120 4 Baugrubensicherung

4.8.3.2 Die Geräte


Die Ausrüstung zur Herstellung von Bohrpfählen ist sehr variantenreich und wird ständig
weiterentwickelt. An dieser Stelle wird auf das am häufigsten verwendete Gerät und dessen
Einsatzmöglichkeiten eingegangen, die Drehbohranlage.

Kompaktdrehbohranlagen

Die Grundeinheit besteht aus dem Trägergerät und dem angebauten Mast, dem so genannten
Mäkler. Dieser ist über Hydraulikzylinder am Mastfuß und an der hydraulischen Armabstüt-
zung zum Ausgleich von Niveau-Unebenheiten verstellbar. Zusätzlich sorgt die Quernei-
gungsverstellung für einen seitlichen Ausgleich. Zur Verstellung des Drehantriebs entlang
der Mastführung dienen Seilvorschubsystem und Hilfswinde. Über das Seilvorschubsystem
kann während des Bohrvorganges vertikal Druck auf die Bohrschnecke erzeugt werden, wo-
durch eine Erhöhung der Bohrleistung erzielt wird. Mit diesen Drehbohranlagen können über
den Drehantrieb verschiedene Bohrverfahren (Bild 4.51) zur Anwendung kommen.

Bild 4.50 Kompaktdrehbohranlage mit VdW-Ausrüstung [22]


4.8 Bohrpfahlwände 121

Kellysystem SOB-System VdW-System

Bild 4.51 Übersicht über die Geräte verschiedener Drehbohrverfahren der Fa. Bauer [23]

Der Antrieb des Bohrwerkzeugs erfolgt über das Drehgetriebe, den Kraftdrehkopf, bzw.,
beim VdW-System, über den Doppelkopfbohrantrieb. Die SOB- und VdW-Verfahren zeich-
nen sich durch den Einsatz von Endlosschnecken aus. Bei diesen beiden Bohrsystemen wird
das Bohrwerkzeug in seiner gesamten Länge unter dem Antrieb montiert und in einem
Arbeitsgang bis zur gewünschten Tiefe abgebohrt. Die Tiefe der Bohrungen ist von der Nutz-
länge des Bohrmastes abhängig.
122 4 Baugrubensicherung

4.8.3.3 Die wichtigsten Stoffe


Beton

Bohrpfähle bestehen in der Regel aus bewehrtem Beton. Sie sind gemäß DIN 1045 zu be-
messen.

Für Bohrpfähle mit oder ohne Fußverbreiterung muss mindestens ein Beton der Festigkeits-
klasse C20/25 verwendet werden. Eine höhere Festigkeitsklasse darf bei der Bemessung
nicht in Ansatz gebracht werden.

Die Kornzusammensetzung des Betonzuschlags soll im günstigen Bereich nach DIN 1045
liegen. Das Größtkorn des Zuschlages darf für bewehrte Bohrpfähle unter 0,40 m Durchmes-
ser 16 mm nicht unterschreiten.

Der Zementgehalt muss bei Verwendung von Zuschlaggemischen 0 bis 16 mm mindestens


400 kg pro Kubikmeter Beton und bei Verwendung von Zuschlaggemischen 0 bis 32 mm
mindestens 350 kg pro Kubikmeter Beton betragen. Der Wasser-Zement-Wert muss kleiner
als 0,6 sein. Für Bohrpfähle ist ein Beton von fließfähiger Konsistenz, d. h. mit einem Aus-
breitmaß von 50 bis 60 cm, zu verwenden, jedoch abweichend von DIN 1045 ohne Zugabe
eines Fließmittels. Fließfähiger Beton der Konsistenz F5 nach DIN EN 12 350-5 ist zulässig,
jedoch ist hierbei besonders die Verarbeitbarkeit des Frischbetons im Hinblick auf die Beto-
nierzeit des Bohrpfahles zu beachten.

Beim Betonieren in einer Stützflüssigkeit (Tonsuspension) ist das Ausbreitmaß zwischen 55


und 60 cm zu wählen. Innenrüttelung ist in diesen Konsistenzbereichen nicht zulässig. Ab-
weichend von DIN 1045 darf auch der im Kontraktorverfahren eingebrachte Beton unter den
Bedingungen für die Herstellung von Beton B I zusammengestellt werden.

Von dem Beton der ersten zehn Pfähle eines Bauvorhabens sind mindestens sechs Probewür-
fel nach DIN 1048 anzufertigen und zu prüfen, wovon drei nach 7 Tagen und drei nach 28
Tagen geprüft werden sollen. Für jeweils weitere 25 Pfahle, mindestens jedoch je 500 m3
Frischbeton, sind weitere drei Probewürfel auf ihre 28-Tage-Würfeldruckfestigkeit zu testen.

Die Betondeckung der Bewehrung darf 5 cm nicht unterschreiten. Wird unter Verwendung
einer Tonsuspension als Stützflüssigkeit gebohrt, so ist zur Sicherung der Betondeckung zwi-
schen Bewehrung und Bohrlochwand eine lichte Durchflussweite von 7 cm vorzusehen, um
das Einschließen von Tonsuspension zu vermeiden.

Bei Bohrpfählen, die mit Wasser oder Boden in Berührung kommen, welche nach DIN 4030
schwach bis stark betonangreifend ist, ist Beton mit hohem Widerstand gegen chemische
Angriffe nach DIN 1045 zu verwenden. Die Betondeckung muss gegenüber den o. a. Werten
nicht erhöht werden.
4.8 Bohrpfahlwände 123

Bewehrung
Bei bewehrten Bohrpfählen beträgt der Mindestdurchmesser für die Längsbewehrung 16 mm.
Die Querbewehrung ist in Form von Bügeln oder Wendeln anzuordnen, deren Stabdurchmes-
ser und Abstände bzw. Ganghöhen nach DIN 1045 zu wählen sind. Die Stabdurchmesser
dürfen nicht kleiner als 6 mm und die Abstände bzw. Ganghöhen nicht größer als 25 cm sein.

Auf eine Bewehrung darf bei Bohrpfählen mit einem Durchmesser D > 0,5 m verzichtet wer-
den, wenn sie statisch nicht erforderlich ist. Schrägpfähle sind stets zu bewehren. Bei Zug-
pfählen ist die Zugbewehrung unvermindert über die ganze Länge des Bohrpfahles zu führen.
Der Bewehrungskorb ist so auszusteifen und aufzuhängen, dass er bei Transport, Einbau und
Betonieren nicht bleibend verformt wird. Die Bewehrung ist vor und nach dem Betonieren
am Pfahlkopf auf Abweichungen von der Solllage zu kontrollieren.

Sofern eine Betondeckung von 5 cm nicht bereits durch die Wanddicke der Bohrrohre zu-
stande kommt, sind Abstandhalter anzuordnen. Bei unverrohrten Bohrungen müssen großflä-
chige Abstandhalter verwendet werden, deren Form garantiert, dass beim Einführen der Be-
wehrung in die Bohrung kein Nachbruch aus der Bohrlochwand verursacht wird. Um sicher-
zustellen, dass der Bewehrungskorb beim Betonieren und Ziehen des Bohrrohrs in seiner
vorgesehenen Lage bleibt, ist der Einbau eines Kreuzes aus Flachstahl am unteren Ende der
Bewehrung erforderlich. Da bei verrohrter Bohrung ein unbeabsichtigtes Verdrehen des Be-
wehrungskorbes beim Ziehen der Rohre nicht auszuschließen ist, darf nur bei absoluter si-
chergestellter und sorgfältiger Arbeitsweise von einer radialsymmetrischen Anordnung der
Bewehrung abgewichen werden.

Bild 4.52 Links: Mögliche Aussteifung durch geschweißten Ring aus Flachstahl [20]
Rechts: Fertiger Bewehrungskorb mit Flachstahlkreuz am unteren Ende [9]

Beim Einbringen von Beton mit einem Größtkorn von 32 mm Durchmesser in eine mit einer
Tonsuspension gestützte Bohrung ist ein lichter Mindestabstand der Längsbewehrungsstäbe
von 70 mm bei einer dynamischen Fließgrenze von 10 N/m² bzw. ein Abstand von 90 mm
bei 30 N/m² vorzusehen. Wird Beton mit einem Größtkorn von 16 mm verwendet, darf der
lichte Abstand auf 50 mm verringert werden. Ergänzend zur Anforderung nach DIN 1045 ist
ein lichter Mindestabstand der Bewehrungsstäbe vom zweifachen Größtkorndurchmesser der
Zuschlagstoffe einzuhalten.
124 4 Baugrubensicherung

Stützflüssigkeit

Während des Bohrvorganges wird der Flüssigkeitsspiegel im Bohrloch ständig höher als der
natürliche Grundwasserspiegel im Boden gehalten. Durch den höheren Innendruck wird die
Bohrung stabilisiert.

Als Stützflüssigkeit kann


– Wasser,
– Tonsuspensionen oder
– Polymerflüssigkeiten
verwendet werden.

Mit Wasser werden nicht standfeste Feinsande oder Schluffe bei einem Wasserüberdruck von
mehr als 2 m stabilisiert. Das im Bohrloch unter Überdruck stehende Wasser fließt durch die
Bohrlochwandung in die Umgebung ab. Der Strömungsdruck verhindert, dass Bodenmaterial
in die Bohrung fällt und das Bohrloch einstürzt.

Grobkörnige Böden wie Sande und Kiessande, werden mit Hilfe von Tonsuspensionen stabi-
lisiert. Die unter Überdruck stehende Suspension dringt in die Bohrlochwandung ein, filtert
dort aus und bildet eine undurchlässige Membrane, den Filterkuchen. Diese Membrane stützt
die Bohrlochwandung und verhindert das Hineinfallen von Bodenkörnern (bei großen Kör-
nern wie sandarmem Grobkies funktioniert dieser Mechanismus nicht mehr).

Verwendet werden Tone, die in Verbindung mit Wasser ein starkes Quellverhalten zeigen
(Bentonite). Daneben können diese Suspensionen durch ihr thixotropes Verhalten Scherkräf-
te aufnehmen, die Bodenpartikel bis zu Korngrößen von 10 mm in Schwebe halten.

Bild 4.53 Bildung des Filterkuchens [20]

Polymere Flüssigkeiten sind in Wasser gelöste, langkettige Moleküle, die durch ihre netzarti-
ge Struktur Feinteile in Schwebe halten und damit den Eigenschaften von Bentonitsuspensio-
nen ähneln. Ihr Vorteil liegt in der Unempfindlichkeit gegenüber Zement und der einfacheren
Trennung von Boden und Suspension.
4.8 Bohrpfahlwände 125

4.8.3.4 Der Personalbedarf


Bei der Herstellung von Bohrpfahlwänden kommen in der Regel verschiedene Arbeitsgrup-
pen zum Einsatz. So wird z. B. die Bohrschablone von einer separaten Kolonne gefertigt. Sie
ist vorwiegend auf Schal- und Betonarbeiten spezialisiert und umfasst i. d. R. 2 - 3 Personen.
Für jeden verwendeten Bagger ist zusätzlich ein Maschinist und ggf. ein Helfer und pro Lkw
je ein Fahrer anzusetzen. Die Bewehrung wird heutzutage überwiegend vorgefertigt auf die
Baustelle geliefert.

Die eigentliche Wandherstellung wird von der Bohrkolonne vollzogen. Sie hat folgende Zu-
sammensetzung:
– 1 Bohrmeister (Betreut i. d. R. mehrere Arbeitsgruppen)
– 1 Geräteführer
– 2 Bohrhelfer
Der Bohrmeister ist nur indirekt am Fertigungsprozess beteiligt. Er führt hauptsächlich koor-
dinierende und kontrollierende Aufgaben durch. Zudem führt er die Disposition von Materia-
lien und Geräten durch.

4.8.3.5 Informationen zur Kalkulation


Nachfolgende Tabelle des Betriebsmittelsatzes enthält die gewichtigen Teilprozesse für die
Herstellung einer überschnittenen Bohrpfahlwand im VDW-Verfahren: Beton C 25/30, ∅ 90
cm, Tiefe 15 m, Bodenklasse LN nach DIN 18 301 (s. u.).

Tabelle 4.34 Betriebsmitteleinsatz

Prozess Teilprozess Gerät BGL-Nr. Personal- Kalkulatorische


(Hauptgruppen) bedarf Leistungswerte

(1) Aushub des Frei- Hydraulikbagger D.1.00.0… 1 Maschinist


raums für die Bohr- + Auslegerunterteil D.1.41.0… 1 Helfer
schablonen
+ Auslegeroberteil D.1.42.0…
+ Löffelstiel D.1.43.0…
10 - 20 m³/h
+ Tieflöffel D.1.60. …
II Lastkraftwagen 6 x 6 je 1 Fahrer
+ Dreiseitenkippein- P.2.11. …
richtung. P.2.11.0.. .AF
(2) Schalen, Bewehren, 2-3 Helfer
0,75 - 1,20 h/m
Betonieren der
pro Kolonne
Bohrschablone
126 4 Baugrubensicherung

(3) Alternativleistung Bagger wie 1 Maschinist Ohne Transport-


Verlegen von Fer- II (1) kosten
2 Helfer
tigteilen 0,20 - 0,25 h/m2
bzw. mit
0,60 - 0,90 h/m2
(4) Beseitigen der ggf. Bagger wie (1 Maschi-
Bohrschablone II (1) Q.0.0*. … nist)
Schraubenkompres- 75 - 125 m
2 Helfer
sor, fahrbar Q.6.01. … pro Tag
Abbau- und Spaten-
hammer
(1) Abteufen der Pri- Hydraulikbagger D.0.01. … 1 Gerätefüh-
märbohrung im + Bohr- und Ramm- K.2.00. … rer
VDW-Verfahren gerät 2 Helfer
K.2.02. …
+ Doppelkraftdreh- K.2.03. …
kopf
K.7.01. …
+ Druckrohr
K.7.01. … .AD
+ Förder-
Bohrschnecke K.6.0*. …
0,25 - 0,35
III
+ Bohrkopf h/m Pfahl
zweischn.
+ Bohrrohr
(2) Betonieren durch Ausstattung wie 1 Gerätefüh-
das Seelenrohr der III (1) K.2.02.0 .01 rer
Bohrschnecke unter + Betonierkopf 2 Helfer
gleichzeitigem Zie-
hen von Verrohrung
und Schnecke
(3) Bohrgut laden und Ausstattung wie Personal wie
IV
abtransportieren II (1) II (1)
(1) Abteufen der Se- Hydraulikbagger D.0.01. … 1 Gerätefüh-
kundärbohrung im + Bohr- und Ramm- K.2.00. … rer
VDW-Verfahren gerät 2 Helfer
und Ziehen der K.2.02. …
Bohrschnecke + Doppelkraftdreh- K.2.03. …
kopf
K.7.01. … 0,20 - 0,30
+ Druckrohr
K.7.01. .. .AD h/m Pfahl
+ Förder-
Bohrschnecke K.6.0*. …
V
+ Bohrkopf zwei-
schneidig
+ Bohrrohr
(2) Bohrgut laden und Ausstattung wie Personal wie
abtransportieren II (1) II (1)
(4) Einbau und Aus- Ausstattung wie 1 Gerätefüh-
richten der Beweh- IV (1) rer 0,5 - 0,75 h/Korb
rung 2 Helfer
4.8 Bohrpfahlwände 127

(5) Einlassen der Ausstattung wie 1 Gerätefüh-


Schüttrohre IV (1) rer In III bzw. IV 1
enthalten
2 Helfer
(6) Betonieren unter Ausstattung wie 1 Gerätefüh-
langsamen Ziehen IV (1) 2530-… rer
der Schütt- und Wie IV 5
z.B. Unterwasserbe- (BGL 91) 2 Helfer
Bohrrohre toniereinrichtung
(1) Reinigen der Hochdruck- T.3.00. … 2 Helfer 5,00 € bis10,00
Außenschale Strahlwasseranlage €/m²
VI (2) Eventualleistung Schraubenkompres- 2 Helfer 1,0 - 1,2
Freilegen und Kap- sor, fahrbar Q.0.0*. …
h/Kolonne
pen der Bohrköpfe Abbau- und Spaten-
und Stück
hammer Q.6.01. …

Tabelle 4.35 Ausgewählte Tätigkeits- und Rüstzeiten für das Herstellen eines Bohrpfahls

Tätigkeit Tätigkeits- und Rüstzeiten nach


Tangierende Pfahlwand, ∅ 60 cm,15 m tief, Bodenklasse LN
Abteufen der Bohrung mit Teilver- 0,30 h/m
drängerschnecke unverrohrt Geräteleistung in einer 10h-Schicht
~ 20 m²
Überschnittene Pfahlwand, ∅ 120 cm,
Bohrvorgang

Bodenklasse LN, Zusatzklasse S2 Zulage ~ 0,60 h/m


Abteufen der Bohrung im Greifer- 0,35 - 0,45 h/m
bohrverfahren
Geräteleistung in einer 10h-Schicht
20 - 25 m²
Umsetzen und Ausrichten der
20 - 30 min
Bohranlage
Anschneiden der Primärpfähle bei wenn möglich, nicht später als 6 bis 10 Stunden nach dem
einer überschnittenen Pfahlwand Betoniervorgang
Baustelleneinrichtung 1 - 2 Tage
Sonstiges

Anlaufzeit am Morgen bzw. Ab-


20 - 30 min pro Tag
bauzeit am Abend
Geräteausfall / -wartung 3 - 5 Stunden in der Woche
Räumen der Baustelle 1 Tag

4.8.3.6 Anmerkungen zur Leistungsbeschreibung


Grundlagen zur mangelfreien, sach- und vertragsgerechten Ausführung von Bohrpfählen sind
in der VOB/C DIN 18 301 Bohrarbeiten geregelt. Sie enthält unter anderem Hinweise für das
Aufstellen der Leistungsbeschreibung. Diese Hinweise geben sinnvolle Anhaltspunkte zum
Inhalt der Leistungsbeschreibung. Nachfolgend seien nur die wichtigsten aufgeführt:
– Angaben zu Baustellenbegebenheiten und Umwelteinflüssen
– Belastbarkeit der Vorfluter für Spülwasser inklusive Auflagen und Gebühren
128 4 Baugrubensicherung

– Angaben zu Nachbarbebauungen
– Beschreibung von Boden und Fels
– Informationen zu vorhandenen Aufschlussbohrungen wie Bodenprofile usw.
– Anzahl, Art sowie Verwendung der Bohrlöcher
Gem. DIN 18 301 werden für Bodenarbeiten alle Böden in folgende Klassen eingestuft:

Lockergesteine

Klasse LN Nichtbindige Lockergesteine (Hauptbestandteile Sand, Kies),


Korngröße ≤ 63 mm

Klasse LB Bindige Lockergesteine (Hauptbestandteil Schluff, Ton bzw. Sand, Kies mit
hohen Massenanteilen von Schluff, Ton), Korngröße ≤ 63 mm

Klasse LO Organische Böden

Zusatzklasse S

Kommen in Lockergesteinen Steine (Korngröße über 63 mm) vor, so wird in Abhängigkeit


von Größe und Anteil der Steine bis 600 mm zusätzlich zu den o. g. Klassen klassifiziert;
Steine größer als 600 mm werden hinsichtlich Größe und Anteil gesondert angegeben.

Zusatzklassen für Steingröße


Massenanteil der Steine
bis 300 mm bis 600 mm
bis 30 % S1 S3
über 30 % S2 S4

Festgesteine und vergleichbare Bodenarten

Klasse F Festgesteine
Klassen der Festgesteine
Einaxiale Druckfestigkeit
Trennflächenabstand
MN/m²
Dezimeterbereich Zentimeterbereich
bis 5 FD 1 FZ 1
über 5 bis 50 FD 2 FZ 2
über 50 bis 100 FD 3 FZ 3
über 100 FD 4 FZ 4

Neben den in der VOB/C festgelegten Bedingungen wurden spezielle technische Bedingun-
gen entwickelt. Die STB-BP für Bohrarbeiten ist nachfolgend aufgeführt.
4.8 Bohrpfahlwände 129

Spezielle technische Bedingungen für Bohr-, Bohrpfahl und Bohrpfahlwand-


arbeiten (STB-BP)

1. Nebenleistungen
(1) Einhalten einer plangemäßen Höhe der Pfahloberkante bis zu 50 cm über Sollhöhe
bei erforderlicher Leerbohrung.
(2) Einbauen der Bewehrungskörbe oder Träger mit einer Höhentoleranz von ± 20 cm
bzw. ± 2 % der Korb-/Trägerlänge. Der größere Wert ist maßgebend. (Bei schwim-
mender Bewehrung verdoppeln sich die Toleranzen.)
(3) Beton- und ggf. Stützflüssigkeitsmehrverbrauch bis zu 10 % des theoretischen Pfahl-
volumens.
2. Besondere Leistungen
(1) Liefern und Einbauen von Aussparungen (z. B. für Decken- und Sohlanschlüsse) und
der hierfür notwendigen Anschlussbewehrung.
(2) Bodenbedingter Beton- und ggf. Stützflüssigkeitsmehrverbrauch bei Überschreiten
des oben unter Nr. l Ziff. (3) genannten Wertes.
(3) Anpassen der Stützflüssigkeit bei vom Leistungsverzeichnis abweichenden Bau-
grundverhältnissen.
(4) Abstemmen des Überbetons am Pfahlkopf bis zur plangemäßen Höhe, Herrichten der
Anschlussbewehrung sowie Beseitigen der anfallenden Materialien.
(5) Beseitigen der unbrauchbaren Stützflüssigkeit und des mit Stützflüssigkeit vermeng-
ten Bodens.
(6) Herstellen und Abbrechen der Bohrschablone sowie Beseitigen der anfallenden Mate-
rialien.
(7) Reinigen der freigelegten Ansichtsflächen, Abstemmen von Vorwüchsen sowie Be-
seitigen der anfallenden Materialien.
(8) Freilegen von Aussparungskörpern und Anschlussbewehrungen in den Pfählen sowie
Beseitigen der anfallenden Materialien.
(9) Statische und / oder dynamische Probebelastungen sowie Integritätsprüfungen.
3. Aufmaß und Abrechnung

Ergänzend zu ATV DIN 18 301, Abschn. 5:

Pfahllänge: von plangemäßer Oberkante bis vorgeschriebener Unterkante des Pfahles.

Leerbohrung: von Oberkante Bohrplanum / Bohrschablone bis zur plangemäßen Oberkante


Pfahlkopf.

Stahlgewicht: ermittelt unter Ansatz der statisch erforderlichen Pfahlbewehrung und der
konstruktiven Einbauteile für die Bewehrungskörbe, wie z. B. Aussteifungsringe, Aufstands-
kreuze oder Abstandshalter.
130 4 Baugrubensicherung

4.8.4 Qualitätssicherung und Kennwerte


Bei der Herstellung von Bohrpfahlwänden zur Grundwasserabsperrung sind folgende quali-
tätssichernde Maßnahmen notwendig:
– Kontrolle der Vertikalität und Überschneidung der Bohrungen (exakte Führung und
Vermessung der Bohrrohre bzw. der Bohrschnecke, nachträgliche Vermessung mit
Neigungssonden)
– Reinigung der Bohrlochsohle zur Vermeidung von Setzungen infolge von Vertikallas-
ten (Öffnen von Fugen), insbesondere bei feinkörnigen Böden
– Überprüfung der Betoneigenschaften
In modernen Bohranlagen ist für den Qualitätsnachweis der hergestellten Pfähle eine elektro-
nische Messdatenerfassung (z. B. Fa. Bauer: MEDEF, B-Tronic)Fehler! Textmarke nicht definiert.
installiert. Diese kann Daten für die Bohrtiefe, Umdrehungsrate, Ziehgeschwindigkeit beim
Betonieren, Betondruck sowie die Betonmenge online im Gerät erfassen, darstellen und spei-
chern. Bei der von der Firma Bauer eingesetzten B-Tronic ist zusätzlich eine 3D-
Vertikalitätskontrolle möglich. Somit kann die Qualität mit Hilfe dieser Systeme noch wäh-
rend der Produktion überwacht werden.

Die in Tabelle 4.36 dargestellten Angaben über Abstände und Toleranzen einer überschnitte-
nen Pfahlwand gelten für den Regelfall. Unter differierenden Voraussetzungen müssen die
Werte angepasst werden.

Tabelle 4.36 Achsabstände der Pfähle bei der überschnittenen Pfahlwand im Regelfall [20]

Toleranzmaß für die Abweichung


Pfahldurchmesser D Achsabstand a
von der Lotrechten
(cm) (cm)
(% der Länge)

60 45 0,5 %
90 75 bis
120 105 1,0 %

Bei dem in Bild 4.54 dargestellten Beispiel wird davon ausgegangen, dass die Pfähle 1 und 2
nur in Richtung der Wandachse ausweichen. Setzt man weiter voraus, dass die Pfähle in die
entgegen gesetzte Richtung abweichen, so würden sich beide Pfähle mit einer Abweichungs-
toleranz von 0,75 % in einer Tiefe von 10 m gerade noch berühren. Soll ein wasserdichter
Verbau mit einer Tiefe von 20 m erstellt werden, darf die Abweichung nur noch 0,4 % betra-
gen. Zusätzlich muss das Toleranzmaß abgemindert werden, um ein Ausweichen senkrecht
zur Wandachse zu berücksichtigen.

Ist die vorgegebene Toleranz zu klein und kann nicht eingehalten werden, muss der Achsab-
stand der Pfähle verringert werden.
4.8 Bohrpfahlwände 131

Bild 4.54 Auswirkungen von Abweichungen aus der Lotrechten [20] a) l = 10m b) l = 20 m

Unter Berücksichtigung der beschriebenen Maßnahmen lässt sich die folgende Tabelle zu-
sammenstellen.

Tabelle 4.37 Maßnahmen zur Qualitätssicherung von Bohrpfahlwänden [20]

vor der Baumaßnahme während der Baumaßnahme nach der Baumaßnahme


- Untersuchung der geologi- - Kontrolle der Vertikalität und - Güteüberwachung, Ultra-
schen und topographischen Überschneidung der Bohrun- schallprüfung
Eigenschaften gen - Kernbohrung
- Festlegung der Abteufungstie- - Reinigen der Bohrlochsohle - Endvermessen der Pfahlwand
fe basierend auf den Auf- - Sorgfältiger Umgang mit der - Erd- und Wasserdruckmes-
schlussbohrungen Bewehrung sungen
- Erstellung von Testlamellen - Überprüfung der Betoneigen- - Setzpunkte auf GOK
- Ausführungsbeschreibung schaften
- Fugenkontrolle
- Eignungsprüfung aller Mate-
- Überprüfung der Systemdich-
rialien und Geräte
tigkeit über Großpumpversu-
che
- Vermessung der Nachbarbe-
bauung
132 4 Baugrubensicherung

4.9 Schlitzwände

4.9.1 Die Bauverfahren im Überblick


Schlitzwände sind Wände aus Beton oder Stahlbeton, die in flüssigkeitsgestützten Erdschlit-
zen entweder nach dem Kontraktorbetonverfahren (Ortbeton-Schlitzwand) mit einer Min-
destdicke von 40 cm erstellt oder durch das Einhängen von Betonfertigteilen (Fertigteil-
Schlitzwand) hergestellt werden.

Schlitzwände können in fast allen Böden abgeteuft werden. Probleme ergeben sich bei sehr
durchlässigen Auffüllungen (z. B. Trümmerschutt), da die Stützflüssigkeit abfließt und der
erforderliche Stützdruck nicht aufgebaut werden kann, bei Festgestein, das mit Fallmeißel
und Greifer nicht oder nur sehr aufwendig gelöst werden kann, und bei organischen Säuren
im Grundwasser, die eine Veränderung der physikalischen Eigenschaften der Suspension
bewirken können.

Schlitzwände können wie Bohrpfahlwände einen vorübergehenden Zweck (Baugrubenwän-


de) haben oder Bestandteil einer bleibenden Konstruktion (U-Bahn, Tiefgarage o. ä.) werden.
In beiden Fällen können sie tragende oder dichtende bzw. tragende und dichtende Funktion
haben. Die Bauweise ist verformungsarm und daher auch zur Sicherung bestehender Gebäu-
de anwendbar. Sie konkurriert oft mit der Bohrpfahlwand.
Das typische Verfahren zur Herstellung einer gefrästen Stahlbeton-Schlitzwand im Pilger-
schrittverfahren ist in den folgenden Bildern skizziert.

Bild 4.55 Phasen einer Schlitzwandherstellung [24]


4.9 Schlitzwände 133

Bild 4.56 Phasen einer Schlitzwandherstellung [25]

Die Reihenfolge der zu erstellenden Schlitze kann entweder im oben skizzierten Pilger-
schrittverfahren oder kontinuierlich erfolgen (Bild 4.57). In Abhängigkeit von der eingesetz-
ten Dichtmasse können die Primärschlitze nach ca. 1 bis 2 Tagen angeschnitten werden.

Bild 4.57 Arbeitsfolgen zur Herstellung einer Schlitzwand

Die Arbeitsprozesse für das Bauverfahren „Schlitzwandherstellung“ sind in der Tabelle 4.39
im Überblick dargestellt.

Die Vorteile gegenüber Trägerbohlwänden und Spundwänden sind die gleichen wie bei der
Bohrpfahlwand (Kap.4.8.1 ). Gegenüber der Bohrpfahlwand weist die Schlitzwand folgende
Vorteile auf:
– Die Zahl der Fugen ist bei Schlitzwänden wesentlich geringer (Fugenabstand je nach
Lamellenlänge ca. 2 bis 5 m). Da die Fugen mögliche Wasserdurchtrittsstellen sind, ist
der Restwasseranfall bei einer Schlitzwand i. Allg. kleiner als bei einer Bohrpfahlwand.
– Durch Hindernisse im Boden wird die Vertikalität einer Schlitzwand und der saubere
Anschluss der einzelnen Lamellen weniger gestört als bei Pfahlwänden, bei denen es zu
einem Auseinanderlaufen der Pfähle kommen kann.
– Es muss nicht, wie bei der Bohrpfahlwand, bereits erhärteter Beton angeschnitten wer-
den.
134 4 Baugrubensicherung

– Die Nachteile der Schlitzwand gegenüber der Bohrpfahlwand sind im Kap.4.8.1 zu-
sammengestellt. Sie sollen hier nicht wiederholt werden.

4.9.2 Technische Grundlagen


Die Planung, Prüfung und Ausführung wird in der DIN EN 1538 Ortbeton-Schlitzwände
(Konstruktion und Ausführung) geregelt. Die wesentlichen mit geltenden Normen sind:

Tabelle 4.38 Übersicht über geltende Normen


DIN Kurzbezeichnung DIN Kurzbezeichnung
1045 Beton und Stahlbeton 4030 Betonangreifende Wässer
1053 Mauerwerk 4123 Gebäudesicherung
1054 Zul. Belastung des Baugrunds 4127 Stützende Flüssigkeiten
EAU „Empfehlungen des Arbeitsausschusses Ufereinfassung“
EAB „Empfehlungen des Arbeitskreises Baugruben“

Die Herstellung einer Schlitzwand besteht aus folgenden Arbeitsgängen:


– Voraushub bis ca. 1,0 bis 1,5 m unter Gelände.
– Einbau von Leitwänden aus Betonfertigteilen, Stahlfertigteilen oder Ortbeton. Die
Leitwände, die häufig gegeneinander ausgesteift werden, nehmen den Erddruck im
oberen Bereich auf, verhindern das Nachfallen des Bodens und dienen dem Greifer als
Führung. Der Raum zwischen den Leitwänden dient als Vorhalteraum für die Stützflüs-
sigkeit.
– Aushub einer Lamelle (übliche Lamellenlängen bis 5 m). Als Aushubgeräte werden
spezielle Schlitzwandgreifer mit Gewichten von 5 bis 10 t verwendet. Das Nachrut-
schen des Bodens in die Lamelle wird durch die Stützflüssigkeit (i. A. Bentonit-
Suspension) verhindert. Die Rezeptur der Stützflüssigkeit (3 bis 6 kg Bentonit / m3)
muss auf das Korngerüst der anstehenden Bodenart abgestimmt werden.
– Einbringen der Abschalrohre. Sie garantieren eine senkrecht verlaufende halbkreisför-
mig ausgebildete Trennfuge zwischen den Primär- und den Sekundärlamellen.
– Einbringen des Bewehrungskorbes.
– Betonieren der Lamelle im Kontraktorverfahren bei gleichzeitigem Abpumpen der
Stützflüssigkeit, die regeneriert und mehrfach wieder verwendet werden kann.
– Ziehen der Abschalrohre nach dem Erstarren des Betons. Die Rohre werden mit
hydraulischen Ziehvorrichtungen wieder gewonnen.
– Aushub der nächsten Schlitzwandlamelle.
Die Länge einer Lamelle richtet sich nach den Abmessungen des Greifers, dem anstehenden
Baugrund einschließlich der Wasserverhältnisse und der angrenzenden Bebauung.

Für Aufgaben im innerstädtischen Tiefbau sind Schlitzwandtiefen bis ca. 30 m ausreichend.


Allerdings sind auch schon Schlitzwände bis ca. 50 m Tiefe erstellt worden.
4.9 Schlitzwände 135

Die Herstellung der Wand kann alternierend oder kontinuierlich erfolgen. Bei der alternie-
renden Bauweise wird nach Fertigstellung einer Schlitzwandlamelle stets erst der übernächs-
te Abschnitt betoniert (Pilgerschrittverfahren). Hierbei haben Primär- und Sekundärlamellen
stets unterschiedliche Abmessungen, was durch das Abschalrohr bedingt ist. Bei der kontinu-
ierlichen Herstellung haben (bis auf die 1. Lamelle) alle Lamellen gleiche Abmessungen, was
für die Herstellung (z. B. Ausbildung der Bewehrungskörbe, Anordnung von Ankern und
Steifen) von Vorteil sein kann.

Bild 4.58 Form und Abmessungen von Lamellen bei einer Greiferbreite von 2,50 m und einer Wanddicke
von 0,60 m

Mehr noch als andere Arbeiten des Spezialtiefbaues verlangt die Herstellung von Schlitz-
wänden umfangreiche Erfahrungen, wobei dem Geräteführer des Schlitzwandgreifers die
größte Verantwortung zukommt. Die Qualität einer Schlitzwand wird im Wesentlichen durch
folgende Merkmale bestimmt:
– geschlossene und dichte Wand
– saubere Oberfläche der Betonwand, die je nach Bodenbeschaffenheit
Betonauswüchse aufweist
– Vertikalität und Einhaltung der Flucht
Bei der Abdichtungswirkung von Schlitzwänden ist zwischen der Dichtheit des Betons und
der Dichtheit der Fugen zu unterscheiden. Der Beton ist meistens ausreichend wasserdicht, so
dass Wasserdurchtritte auf die Fugen beschränkt bleiben.

Daher sind bei der Herstellung der Fugen besondere Maßnahmen vorzusehen, z. B. soll durch
„Putzen“ der Fuge zwischen zwei Lamellen vor dem Betonieren verhindert werden, dass dort
Sand- oder Kiesnester verbleiben [26].
136 4 Baugrubensicherung

Die Güte der Schlitzwandoberfläche wird durch die anstehenden Bodenarten bestimmt. Bei
grobkörnigen Böden sind eher Betonnasen zu erwarten als bei feinkörnigen, da bei grobkör-
nigen Böden die Stützwirkung der Suspension infolge ihrer größeren Eindringung in den
anstehenden Boden an dessen Oberfläche nicht voll wirksam wird.

Unregelmäßigkeiten an der Wandoberfläche sind immer dann zu erwarten, wenn beim


Schlitzen Hindernisse auftreten, die z. B. durch Meißeln beseitigt werden müssen. Hierbei
können örtlich größere Bodeneinbrüche auftreten, die nach dem Ausfüllen mit Beton Aus-
wüchse bilden.

Die richtige Lage der Lamelle im Grundriss wird durch die Leitwände, die nötige Vertikalität
durch die Leiteinrichtungen und durch das Gewicht der Seilgreifer gewährleistet. Durch Lo-
ten und Kontrolle des Anschlusses an bereits fertig gestellte Wandteile kann die Richtungs-
treue des Erdschlitzes horizontal und vertikal überprüft werden [27].

Bild 4.59 Zulässige und unzulässige Erscheinungsformen der betonierten Schlitzwand (aus [27])
4.9 Schlitzwände 137

4.9.3 Das Bauverfahren

4.9.3.1 Beschreibung der Arbeitsprozesse


Die einzelnen Prozesse sind in dem Abschnitt 4.9.2 beschrieben. Für eine Schlitzwand im
Zweiphasen-Verfahren werden die entsprechenden Prozesse in der folgenden Tabelle gelis-
tet.

Prozesse und zugehörige Geräte


Tabelle 4.39 Prozesse der Schlitzwandherstellung (Zweiphasen-Verfahren) [18]
Prozess Teilprozess Gerät

Vorbereitende Maßnahmen (1) Freiräumen des Baufeldes, evtl. - Raupe/Bagger/Radlader, Wal-


I Erstellen eines Arbeitsplanums ze
Herstellen der Leitwand (1) Voraushub: Ausheben, Laden, - Hydraulikbagger
Abtransportieren oder Zwi- LKW/Radlader
schenlagern
(2) Ortbeton: Schalen Bewehren, - Bagger, Kleinwerkzeug
II Betonieren
(3) Alternativleistung: - Bagger, Kleinwerkzeug
Fertigteile als Leitwand nach
anerkannten Regeln der Tech-
nik setzen
Aushub des flüssigkeitsge- (1) Antransport und Lagerung der - LKW, Silos
stützten Schlitzes Komponenten für die Stützflüs-
sigkeit
(2) Aufbereiten und Transportieren - Mischanlage, Pumpen,
der Stützflüssigkeit Schläuche/Rohre
(3) Aushub des Schlitzes - Trägergerät mit Greifer
(oder Tieflöffel/Fräse)
III (4) Eventualleistung
Beseitigen von Hindernissen - Greifer oder Meißel
beim Aushub
(5) Abtransport des Aushubes - LKW
(6) Separierung/Aufbereitung der - Siebe, Zyklone, Pumpen, Ab-
Stützflüssigkeit setzbecken
(7) Transport und Deponierung - LKW
überschüssiger Suspension
Fugenausbildung (1) Abstellrohre: Einsetzen, Ziehen - Bagger, Pressen
IV (2) Eventualleistung
Fugenbänder: Einbauen - Bagger
Herstellen der Schlitzwand (1) Einhängen und Positionieren - Bagger/Kran
des Bewehrungskorbes in den
Schlitz
V LKW (Transportbeton), Be-
(2) Betonieren -
(Kontraktorverfahren) tonpumpe, Betonierrohre,
Bagger
138 4 Baugrubensicherung

4.9.3.2 Die Geräte


Verfahrensspezifische Geräte

In den nachfolgenden Abschnitten werden die speziellen Geräte und Werkzeuge, die zur Her-
stellung von Schlitz- und Dichtungsschlitzwänden benötigt werden, beschrieben. Als erstes
wird auf die Grabwerkzeuge zum Lösen des Bodens eingegangen, hier:
– Seil- und Hydraulikgreifer
– Tieflöffeleinrichtungen
– Schlitzfräsen
Im Anschluss folgen Ausführungen zu den Trägergeräten und der Aufbereitungsanlage.

Greifer

Die am häufigsten genutzten Aushubwerkzeuge sind Schlitzwandgreifer, die in mechanische


und hydraulische Greifer unterteilt werden. Mechanische Greifer, auch Seilgreifer genannt,
bestehen aus einem Grundkörper, auswechselbaren Schaufeln und einem Rollensystem, über
das hohe Schließkräfte erzeugt werden können. Diese Schlitzwandgreifer werden für Aus-
hubtiefen bis zu 50 m vorgesehen. Geführte Hydraulikgreifer dagegen können nur bis zu
einer Tiefe von 30 m eingesetzt werden.

In der Regel werden Schlitzwandgreifer eingesetzt, da bei deren Einsatz bei geringen Kosten
und einer hohen Flexibilität eine vergleichsweise einfache Beseitigung von Hindernissen
möglich ist. Wenn die Schließkräfte des Greifers zum Lösen des Bodens / Hindernisses nicht
ausreichen, kann je nach Schaufelausführung optional ein Meißel installiert werden. Bei
Seilgreifern kann eine Grabunterstützung nur durch das Eigengewicht des Gerätes erfolgen.
Um zusätzliche Druckkräfte zu mobilisieren, können an Stangen geführte Greifer (Kellygrei-
fer) eingesetzt werden.

Es besteht die Möglichkeit, die Greifer mit Neigungsmessern und Steuerklappen auszurüsten,
mit deren Hilfe eine Richtungskorrektur möglich ist. Übliche Gewichte von Schlitzwandgrei-
fern liegen zwischen 10 und 15 t, falls erforderlich sind Greifergewichte bis zu 24 t einsetz-
bar. Die Aushubleistung beträgt in grobkörnigen Böden etwa 180 m²/d. Hydraulische Greifer
benötigen zusätzliche Schlauchaufrollsysteme. Das bedeutet jedoch eine Einschränkung der
Wendigkeit und eine Erhöhung der Anschaffungs- und Betriebskosten.
4.9 Schlitzwände 139

Bild 4.60 Links: mechanischer Seilgreifer Rechts: hydraulischer Schlitzwandgreifer [28]

Tieflöffeleinrichtung

Tieflöffelbagger können beim Schlitzwandaushub bis in Tiefen von 12 m eine hohe Leistung
erbringen. Sie sind handelsübliche Hydraulikbagger, die mit einem Tieflöffel an einem be-
sonders langen Greifarm ausgestattet sind. Tieflöffelbagger werden eingesetzt, wenn die
Standfestigkeit des flüssigkeitsgestützten Schlitzes den Aushub von ausreichend langen La-
mellen ermöglicht. Die Arbeitsschritte dieses Hydraulikbaggers geschehen kontinuierlich, so
dass keine Arbeitsfugen entstehen.

Bild 4.61 Einsatz eines Tieflöffelbaggers


140 4 Baugrubensicherung

Fräsen

Eine fortgeschrittene Technik wurde mit der Entwicklung von Schlitzwandfräsen erzielt. Im
Gegensatz zur konventionellen Greifermethode zeichnet sich die Frästechnik in wichtigen
Komponenten wie Wirtschaftlichkeit, Leistung, Genauigkeit und Zuverlässigkeit durch ent-
scheidende Vorteile aus. Zwei gegenläufige Schneidräder lösen das Material (siehe Bild
4.62), vermischen es mit der Suspension (Stützflüssigkeit) und fördern es zur Ansaugöffnung
der Pumpe.

Bild 4.62 Links: Arbeitsprinzip der Fräse [18] Rechts: Funktion der Schneidräder (Detail) [9]

Das Fräsgut wird dabei vor Eintritt in die Pumpe so zerkleinert, dass bei der hydraulischen
Förderung keine Schlauchstopfer entstehen können. Die mit Bodenmaterial versetzte Suspen-
sion wird durch eine Ringleitung zur Aufbereitungsanlage gepumpt. Dort wird sie gereinigt
und dem Schlitz wieder zugeführt. Die Suspension ist Förder- und Stützmittel zugleich. Der
Aufbereitungsanlage kommt die wichtigste Aufgabe zu, die Bodenteile aus der Suspension
zu lösen, um sie wieder zu verwenden.

Die Tabelle 4.40 gibt einen Überblick über die Einsatzbereiche sowie die Vor- und Nachteile
der zuvor beschriebenen Aushubwerkzeuge.
4.9 Schlitzwände 141

Tabelle 4.40 Einsatzbereiche und Merkmale von Schlitzwandgeräten [18]

Seilgreifer Hydraulikgreifer Tieflöffel Fräsen


(Kellystange) (Hydraulikbagger)
Breite 0,4 -1,2 m 0,5 - 2,0 m 500 - 3200 mm
Länge 2,4 - 4,3 m 2,0 - 4,2 m "endlos" 2,2 - 5,0 m
Böden Sande, Kiese, Geröllblö- Sande, Kiese, Geröllblö- Sande, Kiese, Geröllblö- Sande, Kiese, Fels
cke, feinkörnige Böden cke, feinkörnige Böden cke, feinkörnige Böden
Tiefe bis 50 m bis 30 m bis 12 m bis 150 m
Merkmale geringe bis mäßige mäßige Aushubleistung hohe Aushubleistung hohe Aushubleistung
Aushubleistung

flexible Tiefenanpas- Tiefenanpassung be- Tiefenanpassung kaum Tiefenanpassung bedingt


sung dingt möglich möglich möglich

geringe Erschütterung geringe Erschütterung kaum Erschütterung keine Erschütterung

geringe Kosten geringe Kosten geringe Kosten hohe Kosten

keine Greiferführung, steife Führung, mittlere gute Tieflöffelführung, aktive Greifersteuerung,


vergleichsweise geringe bis hohe Lagegenauig- vergleichsweise mäßige sehr hohe Lagegenau-
Lagegenauigkeit keit, Lageaufmass Lagegenauigkeit igkeit, Lageaufmass

gute Hindernisbeseiti- gute Hindernisbeseiti- mäßige Hindernisbesei- Hindernisbeseitigung


gung, schneller Wechsel gung, hohe Lösekraft, tigung, geringe Lösekraft durch 2 Geräte erforder-
auf Meißel schneller Wechsel auf lich, potent. Geräteschä-
Meißel den

kleine Arbeitsräume große Arbeitsräume große Arbeitsräume kleine Arbeitsräume


möglich notwendig notwendig möglich

wenig Fugen Anschnitt von Primär-


Lamellen

Trägergeräte

Als Trägergeräte kommen in der Regel Bagger auf Raupenfahrwerken mit einem Gewicht
von 50 bis 150 t zum Einsatz. An diese Grundgeräte werden die Aushubwerkzeuge angebaut
oder angehängt. Für hydraulisch betriebene Schlitzwandgreifer sind die Trägergeräte mit den
erforderlichen Schlauchrollen ausgestattet.

Insbesondere für Schlitzwandfräsen wurden spezielle Kompaktgeräte entwickelt (z. B. durch


die Fa. Bauer), die den besonderen Anforderungen in der Schlitzwandtechnik entsprechen.
Das Grundgerät kann hierbei ein handelsüblicher, schwerer Hydraulik- oder Seilbagger sein.
Kompaktgeräte sind besonders für enge Baustellenverhältnisse geeignet. Die für den Fräs-
vorgang benötigten Pumpen sind im Gerät installiert.

Im Allgemeinen wird die komplette Aushubausrüstung von den Systemlieferanten ein-


schließlich der dazugehörigen Geräteträger mit sämtlich aufeinander abgestimmten Kompo-
nenten bezogen.
142 4 Baugrubensicherung

Aufbereitungsanlagen

Die Aufbereitungsanlage zur Wiederverwendung gebrauchter Stützsuspension ist neben den


Grabwerkzeugen die wichtigste Komponente der Schlitzwandbauweise. Sie muss der zu er-
wartenden Schlitzleistung entsprechen und im möglichen Durchsatz mindestens 20 % über
der geplanten Aushubleistung liegen. Zur Aufbereitungsanlage gehören:
– Entsandungsanlage
– Silos
– Förder- und Umwälzpumpen
– Waagen
– Mischer
– div. Rohre und Schläuche
– ausreichende Strom und Wasserversorgung
– Baustellenlabor
Das Durchlaufen der Entsandungsanlage stellt den Hauptbestandteil der Aufbereitung dar.
Das System muss in der Lage sein, aus Suspensionen die Bodenanteile wirtschaftlich heraus-
zulösen.

Die Aufbereitungsanlagen können im Baukastensystem, wie von der Fa. Bauer angeboten,
angeordnet sein. Durch Veränderungen der Baugruppen, Zyklone und Umwälzpumpen kann
man Leistungen der Grundmodelle von 100 bis 250 m³/h ermöglichen. Zusätzlich ist es mög-
lich, zwei Anlagen zu einer Gesamtanlage zu koppeln und dadurch die doppelte Leistung von
300 bis 500 m³/h zu erzielen.

Bild 4.63 Kreislauf der Suspension in einer Bentonitmisch- und Regenerierungsanlage [18]
4.9 Schlitzwände 143

4.9.3.3 Die wichtigsten Stoffe


Stützflüssigkeit
Die Stützsuspension aus Ton (Bentonit) und Wasser, bzw. beim Einphasen-Verfahren Ton,
Wasser und Zement, wird nach der Eignungsprüfung in Chargenmischern oder kontinuierli-
chen Durchlaufmischern zusammengestellt.

Standardrezepturen bei Einphasen-Verfahren bestehen aus [18]:


25 - 40 kg Bentonit
170 - 300 kg Zement
890 - 910 kg Wasser
Fertigmischungen, die vor Ort nur noch mit Wasser vermischt werden müssen, setzen sich
wie folgt zusammen:
180 - 300 kg Trockenmischung [18]
890 - 940 kg Wasser

Beton

Der Beton für die konstruktive Wand (Zweiphasen-Verfahren) muss den allgemeinen Anfor-
derungen der DIN 1045 bzw. EN 206 entsprechen. Zumeist wird ein B 25 bzw. C 20/25 ver-
wendet, dessen Konsistenz wegen der besonderen Einbautechnik allerdings von der
DIN 1045 abweicht (s. DIN EN 1538).

Als Baustoff für Dichtwände wird meist ein sog. Erdbeton verwendet. Dieser wird aus Was-
ser, Bentonit, Zement, Füller (Tonmehl, Gesteinsmehl), Sand und Kies hergestellt.

Standardrezepturen für einen Kubikmeter setzen sich zusammen aus [18]


0 - 30 kg Bentonit
0 - 160 kg Tonmehl
170 - 300 kg Zement
0 - 200 kg Steinmehl
600 - 950 kg Sand
300 - 500 kg Kies
350 - 500 kg Wasser

Bewehrung

Die Bewehrung einer Schlitzwandlamelle wird in vorgefertigten Körben eingebaut. Die


Korbabmessungen entsprechen dabei den Schlitzwandabmessungen, sind aber auch von den
zur Verfügung stehenden Hebegeräten abhängig. Bei besonders langen Schlitzen können
auch zwei oder mehr Körbe nebeneinander gebaut werden. Aus statischen Gründen muss in
den meisten Fällen die Vertikalbewehrung von horizontalen Bügeln umschlossen sein.
144 4 Baugrubensicherung

4.9.3.4 Der Personalbedarf


Der Personalbedarf ist nach Bauvorhaben und Größe unterschiedlich, aber im Allgemeinen
setzt sich die Kolonne auf der Baustelle wie folgt zusammen:
– 1 Polier oder Schachtmeister
– 1 Baggerführer
– 1 Maschinenführer
– 1-2 Helfer
Verstärkt wird die Kolonne gegebenenfalls durch Arbeitskräfte in Laboreinrichtungen sowie
Maschinisten, die für die Betreibung der Mischanlagen sowie Aufbereitungsanlagen zustän-
dig sind.

Das Herstellen der Bewehrung wird in den meisten Fällen von einer zweiten Kolonne
(3 Mann) übernommen. Die Bewehrung wird mit einem zweiten Bagger eingesetzt, um ein
größeres Umrüsten zu vermeiden.

4.9.3.5 Informationen zur Kalkulation


Leistung und Kosten
Als Tagesleistung für das Herstellen der Leitwände können 10 - 15 m/AT für Ortbeton- und
30 m/AT für Fertigteilleitwände angenommen werden. Überwiegend werden Fertigteile
gegenüber der Ortbetonherstellung bevorzugt.

Aufwandswerte für das Lösen des Bodens mittels Fräsen sind je nach Größe sowie Fabrikat
des Gerätes und Zusammensetzung des Bodens unterschiedlich. Genaue Auskünfte über die
Nettofräsleistungen erhält man bei den einzelnen Herstellern, wie z. B. Fa. Bauer oder der
Fa. Wirth.

Die Herstellung einer Schlitzwand im Greiferbetrieb ist oft nur in Sanden / Kiesen bei Tiefen
von 30 - 40 m und Wandflächen von ca. 3000 bis 5000 m² wirtschaftlich. Tagesleistungen
von mindestens 80 bis 100 m²/Gerät bis zu 200 m²/Gerät sind dabei möglich. Die kalkulatori-
schen Aufwandswerte zur Be- und Verarbeitung der Bewehrung basieren auf der Grundlage,
dass die Bewehrungskörbe in einer Länge von 20 bis 30 m auf die Baustelle geliefert werden.
In nachfolgender Tabelle werden Leistung und Kosten der gewichtigen Teilprozesse zur Her-
stellung von Schlitzwänden bewertet.
4.9 Schlitzwände 145

Tabelle 4.41 Betriebsmitteleinsatz

Prozess Teilprozess Gerät BGL-Nr. Personal- Kalkulatorische


(Hauptgruppen) bedarf Leistungswerte
(1) Voraushub: Aus- Hydraulikbagger D.1.00. … 1 Maschinist
heben, Laden, Ab- + Monoblockausleger D.1.40. …
transportieren oder + Löffelstiel D.1.43. …
30 - 60 m³/h
Zwischenlagern + Tieflöffel D.1.60. … 1 Fahrer
LKW oder Radlader P.2.12. … 1 Maschinist
II D.3.10. …
(2) Fertigteile als Bagger wie II. (1) 1 Maschinist
Leitwand nach an- Kleinwerkzeug 2 Helfer
30 m/AT
erkannten Regeln
der Technik setzen
(2) Aufbereiten und Bentonitbehälter T.7.01. … 1 Anlagen-
Transportieren der Wasserbehälter T.7.10. … techniker
Stützflüssigkeit Mischgerät J.6.20. …
Pumpe J.6.01. …
Schläuche/Rohre etc.
(3) Aushub des Raupenseilbagger D.0.00. … 1 Maschinist 10 - 15 m³/h
Schlitzes + Grundausleger D.0.30. … ggf.1 Helfer Komplett (2),
+ Schlitzwandgreif- K.9.10. … (3) und (5)
körper mech.
+ Schlitzwandgreif- K.9.11. …
III körper hydr.
+ Schlitzwandgreifer- K.9.12. …
schalen
(4) Eventualleistung Schlitzwandmeißel K.9.13. …
Beseitigen von Fugenmeißel K.9.14. …
Nach Aufwand
Hindernissen beim
Aushub
(5) Separierung/ Auf- Aufbereitungsanlage B.8.00. … 1 Anlagen-
bereitung der Brauchwasseraufberei- B.8.10. … techniker
Stützflüssigkeit tungsanlage
Förderschnecke B.1.20. …
(1) Abstellrohre: Raupenseilbagger D.0.00. ... .AS 1 Maschinist
Einsetzen, Ziehen (Ausrüstung für Kran- 1 Helfer
Länge ~ 20m betrieb) 1,00 h/Stck.
IV K.9.20. …
Abschalrohre 1 Stck. ~ 20 m
Ziehgerät für Abschal- K.9.30. …
rohre
(1) Einhängen und Raupenseilbagger D.0.00. .. .AS 1 Maschinist Pro Korb
Positionieren des (Ausrüstung für Kran- 2 Helfer eine Länge
Bewehrungskor- betrieb) von 20 - 30 m
V
bes in den Schlitz 4 - 5 h/Korb
(2) Betonieren (Kon- Betoniereinrichtung 2530-… 3 Helfer
(BGL 91) 18 m³/h
traktorverfahren)
146 4 Baugrubensicherung

Tabelle 4.42 Ausgewählte Tätigkeits- und Rüstzeiten für das Herstellen einer Schlitzwand

Tätigkeit Tätigkeits- und Rüstzeiten nach


Wanddicke 120 cm, Bodenklasse 5 nach DIN 18 300
Herstellen des Schlitzes im Grei-
Aushub des

1 AT Herstellung
Schlitzes

ferverfahren (Tiefe 10 bis 12 m)


1 AT Bewehrung und Beton
Umsetzen und Ausrichten des
1,0 - 2,0 h, Entfernungsabhängig
Trägergerätes
Anschneiden der Primärlamelle 1,0 - 2,0 h
Baustelleneinrichtung 2 Tage
Aufbau der Aufbereitungsanlagen
1 Tag
Sonstiges

/ Entsandungsanlagen
Anlaufzeit am Morgen bzw. Ab-
60 min pro Tag
bauzeit am Abend
Geräteausfall / -wartung 2 Stunden in der Woche
Räumen der Baustelle 2 Tage

4.9.3.6 Anmerkungen zur Leistungsbeschreibung


Grundlagen zur mangelfreien, sach- und vertragsgerechten Ausführung von Schlitzwänden
sind in der VOB/C DIN 18 313 Schlitzwandarbeiten geregelt. Sie enthält unter anderem
Hinweise für das Aufstellen der Leistungsbeschreibung. Diese Hinweise werden zwar nicht
Bestandteil eines VOB-Vertrages, geben aber Anhaltspunkte über Angaben, die in der Leis-
tungsbeschreibung gegeben werden sollten. Nachfolgend seien nur die wichtigsten aufge-
führt:
– Angaben über den Baugrund, insbesondere Korngrößenverteilung, Porenanteil, Dichte
und Scherparameter der anstehenden Böden
– natürliche oder künstliche Hohlräume (z. B. stillgelegte Kanäle) im Bereich der Wände
– Angaben über Lage und Art der benachbarten Bebauung und deren Gründung (Bau-
grund, Belastung und Standsicherheitsnachweise)
– Standsicherheitsnachweise unter Beachtung der Bauzustände für die erhärtete Wand
und die mit stützender Flüssigkeit gefüllten Schlitze
– Angaben über die erforderlichen Eigenschaften der stützenden Flüssigkeit und das Er-
gebnis der Eignungsprüfung.
Neben den in der VOB/C DIN 18313 festgelegten Bedingungen wurden spezielle technische
Bedingungen entwickelt, nach denen weitere Vereinbarungen getroffen werden können. Die-
se ergänzenden Bedingungen können zusätzlich vereinbart werden.

Spezielle Technische Bedingungen für Schlitzwandarbeiten (STB-SW) [13]

1. Nebenleistungen

(1) Einhalten der planmäßigen Höhe der Schlitzwandoberkante, zulässige Toleranz:


-10 bis + 50 cm
4.9 Schlitzwände 147

(2) Einbauen der Bewehrungskörbe mit einer Höhentoleranz von ± 2 % der Korblänge

(3) Stützflüssigkeits- und Betonmehrverbrauch bis zu 10 % des theoretischen Schlitzvo-


lumens

2. Besondere Leistungen

(1) Lieferung und Einbau von Aussparungen und der hierfür notwendigen Anschlussbe-
wehrung

(2) Bodenbedingter Stützflüssigkeits- und Betonmehrverbrauch bei Überschreiten des


Richtwertes nach DIN 18 313

(3) Anpassung der Stützflüssigkeit bei vom LV abweichenden Baugrundverhältnissen

(4) Abstemmung des Überbetons an der Schlitzwandoberkante bis zur plangemäßen Hö-
he, Erstellung der Anschlussbewehrung und Beseitigung der anfallenden Materialien

(5) Beseitigung der unbrauchbaren Stützflüssigkeit und des mit Stützflüssigkeit vermeng-
ten Bodens

(6) Herstellung und Abbrechen der Leitwände sowie Beseitigung des anfallenden Mate-
rials

(7) Reinigung der freigelegten Ansichtsflächen. Abstemmung von Vorwüchsen sowie


Beseitigung des anfallenden Materials

(8) Freilegung von Aussparungskörpern und Anschlussbewehrungen in der Schlitzwand


sowie Beseitigung des anfallenden Materials

3. Aufmass und Abrechnung


Ergänzend zu ATV DIN 18 313, Abschnitt 5:
Stahlgewicht: ermittelt unter Ansatz der statisch erforderlichen und konstruktiven Einbauteile

4.9.4 Qualitätssicherung und Kennwerte


Die Qualitätsüberwachung an Schlitzwänden vollzieht sich zum größten Teil in den Überwa-
chungslabors. Festigkeitsprüfungen können unter anderem durch Entnahme von Probekör-
pern vorgenommen werden. Die Stärkebestimmung der eingebrachten Wände kann z. B. mit-
tels Ultraschall vor Ort erfolgen.

Um eine hohe Sicherheit und Qualität zu gewährleisten, sind die in der Tabelle 4.43 aufge-
führten Maßnahmen zu beachten.
148 4 Baugrubensicherung

Tabelle 4.43 Maßnahmen zur Qualitätssicherung von Schlitzwandbauten [18]

vor der Baumaßnahme während der Baumaßnahme nach der Baumaßnahme


- Untersuchung der geologi- - Prüfung des Schlitzwandan- - Güteüberwachung, Ultra-
schen und topographischen satzpunktes nach Lage und schallprüfung
Eigenschaften Richtung - Endvermessen des Schlitzes
- Festlegung der Schlitzwandtie- - Kontrolle der Bentonit-, Sus- und der Anschlussbewehrung
fe basierend auf den Auf- pensions-, Beton- und - Erd- und Wasserdruckmess.
schlussbohrungen Filtratwassereigenschaften
- Setzpunkte auf GOK
- Erstellung von Testlamellen - Bewehrungsabnahme
- Fugenkontrolle
- Ausführungsbeschreibung - Vermessen dese offenen
- Überprüfung der Systemdich-
aller Materialien und Geräte Schlitzes (Inklinometermes-
tigkeit über Großpumpversu-
sung, Seillot)
che
- Vermessung der Nachbarge-
- Vermessung der Nachbarbe-
bäude (Setzungen)
bauung

4.10 Düsenstrahlsohlen und -wände

4.10.1Das Bauverfahren im Überblick


Düsenstrahlsohlen und -wände werden aus einzelnen, überschnittenen, säulenartigen Düsen-
strahlelementen hergestellt. Die bauaufsichtlich zugelassenen Düsenstrahlverfahren werden
firmenspezifisch benannt (Jet Grouting, Soilcrete, Hochdruckinjektion (HDI), Hochdruckbo-
denvermörtelung, SOILJET u. a. m.). Durch konventionelle Injektionen wird mit Unterstüt-
zung von geringen Drücken bis 20 bar der vorhandene Porenraum des Bodens zur Verfesti-
gung und/oder Abdichtung gefüllt. Bei Aufbrechinjektionen (Soilfrac-Verfahren) wird der
Boden zunächst fächerartig aufgebrochen und seine Spalten im Anschluss verfüllt.

Im Unterschied zu diesen zwei Methoden wird beim Düsenstrahlverfahren die Bodenstruktur


durch einen Wasser- oder Suspensionsinjektionsstrahl, ggf. unterstützt durch eine Luftum-
mantelung des Strahls, mit Drücken bis 700 bar abschnittsweise gelöst.

So wird ein Teil des Bodens im Rücklauf durch die Bohrung gefördert und ein anderer Teil
mit der injizierten Zement-Suspension vermischt. Der im Boden verbleibende Anteil erhärtet
und bildet ein Düsenstrahlelement. Zusammenhängende Elemente aufeinander folgender
Herstellungen bilden schließlich flächenhafte Sohlen oder Wände.

Das Arbeiten mit dem Düsenstrahlverfahren lässt sich sehr flexibel gestalten, möglich sind
z. B. Auslassungen, wie sie unter kreuzenden Rohrleitungen bei Baugrubensicherungen mit
Spundwänden, notwendig werden.
4.10 Düsenstrahlsohlen und -wände 149

Bild 4.64 Varianten des Düsenstrahlverfahrens

Heute lassen sich durch die verschiedenen Techniken, die genauen Steuerungsmöglichkeiten,
die Drehzahlen und das Ziehen des Gestänges die verschiedensten Düsenstrahlkörper herstel-
len. Die verschiedenen Herstellverfahren werden nachfolgend erläutert:

Tabelle 4.44 Prinzip und Merkmale der Herstellverfahren


Verfahren Prinzip Material und Pumpen- Boden Einsatzbereiche
druck
Einfach- Einfachgestänge mit Düse, Hochdruck Zement- erodierbarer geringe Tiefe, kleine
verfahren bei dem der Strahl gleich- Suspension mit ca. 200 Boden, im bis mittlere Durchmes-
(Simplex) zeitig zum Schneiden und bis 600 bar Grundwasser ser
Vermörteln genutzt wird anwendbar
Zweifach- Zweikanal-Bohrgestänge, Hochdruck Zement- sandiger und Lamellenwände,
verfahren das aus zwei getrennten, Suspension mit ca. 200 kiesiger Boden, Dichtsohlen, Gebäu-
(Duplex) radial angeordneten Zuläu- bis 600 bar, Ringdüse im Grundwas- deunterfangungen,
fen für Luft und Suspen- koaxial mit 2 bis 12 bar ser anwendbar Durchmesser bis 3 m
sion besteht Druckluft
Dreifach- Dreikanal-Bohrgestänge Hochdruckwasserstrahl sandiger bis Gebäudeunterfangun-
verfahren mit getrennter Zuführung mit Drücken von 300 bis kiesiger Boden, gen, Dichtwände,
(Triplex) von Schneidwasser, Luft 400 bar, Ringdüse ko- im Grundwas- Sohlen, Durchmesser
und Suspension, so dass axial druckluftumman- ser anwendbar von 2 m
die Vorgänge Schneiden telt, Zement-
und Vermörteln räumlich Suspensions-Düse von
getrennt sind, aber in 10 bis 30 bar
einem Arbeitsgang ausge-
führt werden
150 4 Baugrubensicherung

Zusammengesetzte Soilcrete-Körper

Lamellenwand mit Dichtsohle Unterfangungskörper

Bild 4.65 Anwendungsbeispiele für Düsenstrahlsohlen bzw. -wände [29]

Tabelle 4.45 Vor- und Nachteile von Düsenstrahlsohlen bzw. -wänden

Vorteile Nachteile
- direkter Lastübertrag von Fundament auf - Überwüchse, die vom Sollquerschnitt abste-
Injektionskörper hen, müssen entfernt werden
- fugenloser Anschluss an den Fundamentkörper - kostenintensiv
- erschütterungs- und bewegungsarme Herstel- - nicht bis in beliebige Tiefen anwendbar
lung - nicht in allen Böden anwendbar
- geringe vertikale und horizontale Verformung
- geringe Setzungsgefahr
- geräuscharmes Verfahren
- temporäre und dauerhafte Abdichtung
- Einsatz von kleinem Gerät möglich
- im Grundwasser einsetzbar
- Festigkeitseigenschaften variabel einstellbar

4.10.2Technische Grundlagen
Für die Herstellung von Düsenstrahlsohlen bzw. –wänden gelten folgende Normen:

Tabelle 4.46 Übersicht über geltende Normen

DIN Kurzbezeichnung DIN Kurzbezeichnung


4020 Geotechnische Untersuchungen für 1054 Baugrund, zul. Belastungen
bautechnische Zwecke 4093 Baugrund; Einpressen in Untergrund
EN ISO Benennung, Beschreibung und Klas- und Bauwerke
14688 sifizierung von Boden
4123 Gebäudesicherung im Bereich von
Gründungen und Unterfangungen
4.10 Düsenstrahlsohlen und -wände 151

Das Düsenstrahlverfahren wird im Grundbau zur Lösung folgender Bauaufgaben eingesetzt:


– Unterfangung von Gebäuden zur Herstellung von Baugruben
– Herstellung von Abdichtungswänden und wasserdichten Baugrubenumschließungen
– Herstellen von horizontalen Abdichtungssohlen
– Herstellung von tief liegenden horizontalen Aussteifungen von Baugrubenwänden
– Gründungssanierung von historischen oder mangelhaft gegründeten Gebäuden
– Herstellung von Sicherungsschirmen für den Tunnelvortrieb im Lockerboden
– Sanierung von kontaminierten Bodenbereichen in situ bei begrenzten Platzverhältnis-
sen

Bild 4.66 Unterfangung eines Gebäudes zur Herstellung einer Baugrube [30]

Düsenstrahlelemente können in sämtlichen Lockergesteinen in Tiefen von 3 bis 30 m ausge-


führt werden. Abhängig von den bodenphysikalischen Eigenschaften und der Verfahrens-
technik stellen sich unterschiedliche Kubaturen der Elemente in wechselnden Bodenschich-
ten ein. Insbesondere bei Injektionen für Baugrubenabdichtungen müssen die Bohrungen so
dicht angeordnet sein, dass sich die Reichweiten der Injektionen zuverlässig überlappen und
eine zusammenhängende, geschlossene Barriere entsteht, obwohl gleichzeitig aus Kosten-
gründen auch immer ein Minimum an Bohraufwand angestrebt wird.

Zusätzlich besteht die Gefahr, dass bei zu nah angeordneten Bohrungen sog. Düsschatten und
damit Fehlstellen beim Durchteufen von bereits erhärtetem Material entstehen können. Die
Zahl möglicher Fehlstellen steigt bei geringen Injektionsradien infolge unvermeidbarer Bohr-
lochabweichungen, Abweichungen im Bohransatzpunkt, Arbeitsfugen etc.
152 4 Baugrubensicherung

Insgesamt setzt die Anwendung der Düsenstrahlverfahren eine besonders sorgfältige Bau-
grunderkundung und Ausführungsplanung sowie gute Kenntnisse über die Fließeigenschaf-
ten der Injektionsmittel, über die zu injizierenden Schichten und über die verfahrenstechni-
schen Einstellungen voraus. In der Praxis werden Reichweiten (Radien) von 1,5 bis 3,0 m
angestrebt.

Einschränkungen der Anwendungsmöglichkeiten zeigen sich in festen Böden, da der Einsatz


hier ggf. nicht wirtschaftlich ist. Um den erforderlichen Einwirkungsradius zu gewährleisten,
ist in festen Böden eine geringere Ziehgeschwindigkeit des Gestänges und damit eine längere
Bearbeitungszeit notwendig. In der Praxis wurde das Verfahren bislang bei Tonen bis zu
einer halbfesten Konsistenz erfolgreich eingesetzt. In Tabelle 4.45 sind die wesentlichen
Vor- und Nachteile aufgeführt.

4.10.3 Das Bauverfahren

4.10.3.1 Beschreibung der Arbeitsprozesse


Das Düsenstrahlverfahren kann in 4 Phasen beschrieben werden:

Phase 1: Phase 2: Phase 3: Phase 4:


Abbohren des Beginn des Herstellung des Wiederholung mit
Injektionsgestänges Düsenstrahlvorganges Düsenstrahlkörpers Überschneidung

Bild 4.67 Teilprozesse beim Düsenstrahlverfahren [29]

Dabei können folgende Säulen und Wände hergestellt werden.


4.10 Düsenstrahlsohlen und -wände 153

Bild 4.68 Links: Ausführungsformen von Düsenstrahlkörpern [30]


Rechts: Anordnung von Säulen bzw. Lamellen

Bild 4.69 Überschneidung der Injektionskörper und maximaler Abstand der Bohrungen

Die Eigenschaften der Düsenstrahlelemente werden von der Zusammensetzung der Suspen-
sion, den Baugrundeigenschaften und der Verfahrenstechnik beim Herstellen geprägt. Tabel-
le 4.47 zeigt die Prozesse, Teilprozesse und Geräte zur Herstellung von Injektionskörpern
durch das Düsenstrahlverfahren.

Tabelle 4.47 Prozesse der Dichtwandherstellung

Prozess Teilprozess Gerät


Vorbereitende Maßnah- (1) Freiräumen des Baufeldes - Radlader, LKW, Walze etc.
men (2) Einmessen der Dichtwandachse - Theodolit, meist aber durch
I bzw. Abstecken der Bohrpunkte Vermesser
(3) Erstellen einer Probekubatur
- siehe Geräte von II. und III
Abteufen der Bohrung (1) Spülflüssigkeitsgestütztes Bohren - Bohrgerät, Hochdruckpumpen,
II Mischanlage
154 4 Baugrubensicherung

Prozess Teilprozess Gerät


Herstellen des Injektions- (1) Schneiden und Fräsen des Bodens - Bohrgerät, Hochdruckpumpen
körpers unter rotierendem Hochziehen
des Bohrgestänges
(2) Mischen, Aufbereiten und Pum- - Kolloidmischer, Entsandungs-
pen der Suspension in den Boden anlage, Pumpen
III (3) Deponieren bzw. Entsorgen des - Muldenfahrzeug
überschüssigen Boden-
Suspensions-Gemisch
(4) Je nach Arbeitsfolge:
Umsetzen des Bohrgerätes wie-
derholen von II und III

4.10.3.2 Die Geräte


Für die Durchführung von Injektionsarbeiten ist eine umfangreiche, technisch sehr an-
spruchsvolle Geräteausstattung erforderlich. Nachfolgend werden die wesentlichen Geräte
für die Herstellung einer Düsenstrahlsohle bzw. -wand beschrieben.

Bild 4.70 Baustelleneinrichtung einer typischen Düsenstrahl-Baustelle [31]


4.10 Düsenstrahlsohlen und -wände 155

Trägergerät

Als Trägergerät werden die gleichen Bohrgeräte wie bei der Bohrpfahlherstellung gewählt,
nur für kleinere Bohrdurchmesser und mit anderen Anbaugeräten. Bei einigen Trägergeräten
kann die Bohreinrichtung durch eine Gittermastverlängerung zur Vermeidung von Arbeits-
unterbrechungen bis über 25 m verlängert werden.

In Tabelle 4.48 sind Kenndaten einzelner Bohrgeräte von zwei Herstellern zusammengestellt.

Tabelle 4.48 Böhrgeräte


Bauer Klemm
Technische Daten
UBW 08 S UBW 09 IB 10 KB 301 KR 806 DH KR 401
Schlittenhub [m] 3,7 4,2 7,2 11 3 5,5
Drehmoment [kNm] 12,6 25 12,6 13 5,9 8,8
Motorleistung [kW] 82 122 70 160 79 75
Gesamthöhe [m] 14 22 16,7 27,5 12,5 16
Gestängelänge [m] 12,5 19 15,5 25 12 15
Gewicht [t] 11 19,5 24 34 13 10

Bild 4.71 Links: Bohrgerät der Firma Bauer Typ UBW 08 S [32]
Rechts: Bohrgerät der Firma Klemm Typ KR 806 DH [33]

Bohr- und Injektionsgestänge

Das Bohr- und Injektionsgestänge hat einen Durchmesser von 60 bis 140 mm. Das gesamte
Gestänge besteht aus mehreren Rohrabschnitten, die dicht miteinander verschraubt sind. Da-
bei ist zu beachten, dass nur in Sonderfällen eine Düsunterbrechung zur Verlängerung des
Bohrgestänges tolerierbar ist. Die Verschraubung des Gestänges bildet Schwachstellen, die
ein Knicken und Losspülen der Rohre sowie Unwuchtungen begünstigen. Dies kann Druck-
verluste hervorrufen.
156 4 Baugrubensicherung

Um die Kraft optimal auf das Bohrgestänge zu übertragen, wird am Trägergerät ein Klemm-
kopf montiert, durch den nicht nur Drehmomente, sondern auch Druckkräfte übertragbar
sind. Die Bohrgestänge des Ein-, Zwei- und Dreifachverfahrens unterscheiden sich im Auf-
bau. Beim Einfachverfahren sind nur eine Leitung für die Suspension und das Wasser erfor-
derlich. Dagegen werden beim Zwei- bzw. Dreifachverfahren zusätzliche Leitungen benötigt,
um die Suspension und die Druckluft bzw. das Wasser zu fördern.

Bohrkronen und Düsenträger

Die Bohrkronen sind den herkömmlichen Bohrköpfen ähnlich. Zusätzlich werden radial zum
Gestänge Auslassdüsen angeordnet. An einem Düsenträger sind höchstens zwei Schneiddü-
sen mit einem Durchmesser von max. 8 mm anzubringen (Bild 4.72). Bei der Trennung des
Schneid- und Injektionsvorganges werden zwei weitere Düsen für das Injizieren verwendet.
Die Düsen werden aus Sonderstahl hergestellt und müssen aufgrund des hohen Verschleißes
häufig kontrolliert werden. Die Austrittsgeschwindigkeit des Schneidmediums kann bis zu
200 m/s betragen.

Bild 4.72 Links: Schematische Darstellung eines Düsenträgers


Rechts: Hochdruckdüse [9]

Injektionsmischer und Rührwerke

Als Injektionsmischer werden i. d. R. herkömmliche, hochtourige Turbomischer (Kolloidmi-


scher) mit Rührwerk und einer entsprechend leistungsfähigen Dosiereinrichtung verwendet.
Alternativ können vollautomatische Mischanlagen mit Steuerpult eingesetzt werden.

Bei der Berechnung der erforderlichen Mischerkapazität kann beim Düsenstrahlverfahren


ungefähr von der doppelten Suspensionsmenge ausgegangen werden wie bei der herkömmli-
chen Hohlrauminjektion. Dagegen ist der Zeitbedarf um ca. 90 % geringer (Tabelle 4.49).
4.10 Düsenstrahlsohlen und -wände 157

Tabelle 4.49 Vergleich zwischen Düsenstrahl- und Hohlrauminjektion [34]


Verhältnis Bo- Materialbe- Ziehgeschwindig- Bedarf bei 1 m Säulen-
Verfahren Boden
den/Suspension darf keit abschnitt
700 l
Düsenstrahl- 140 bis 280
Kies 40 % / 60 % 20 bis 40 cm/min und
injektion l/min
2,5 bis 5 min
75 % / 25 % 500 l
Hohlraum- 10 bis 15
Kies bis 10 bis 15 cm/min und
injektion l/min
70 % / 30 % 40 min

Mischer- und Mischanlagen

Zur Aufbereitung der Suspension werden Mischer verwendet, die eine gleichmäßige Zusam-
mensetzung und einen homogenen Aufschluss der Suspension gewährleisten. In der Tabelle
4.50 sind einige Mischer bzw. Mischanlagen mit den dazugehörigen Kenndaten zusammen-
gestellt:

Tabelle 4.50 Mischer und Mischanlagen

Technische Obermann Obermann Häny


Daten vollautomatische Mischer Mischanlage Mischer
Typ MR 500-4 MPR 800 MPR 2/800 OM 500-4 OM 800
max. Leistung
13 20,8 41,6 13 19,2 8
[m³/h]
Mischbehälter
500 800 2 × 800 500 800 450
[l]
500 + 1000 l 800 + 1000 l k. A.
Wassertank
500 800 2 × 800 Vorratsbehäl- Vorratsbehäl- Rührwerk
[l]
ter ter 350
Antriebsleis-
tung 12,7 16,7 28,9 13,8 23
5,5
[kW] 400 400 400 400 400
[V]

Bild 4.73 Mischer vom Hersteller Firma Häny


158 4 Baugrubensicherung

Hochdruckpumpen

Hochdruckpumpen müssen eine Förderleistung von 200 bis 300 l/min und einen Druck bis
650 bar gewährleisten. Die Pumpen benötigen eine Vorrichtung zur Druck- und Mengenrege-
lung, da die bei Poren- bzw. Säuleninjektionen ermittelten Parameter (Suspensionsdruck und
-volumen, Ziehgeschwindigkeit) eingehalten werden müssen. In der sich anschließenden Ta-
belle sind verschiedene Hochdruckpumpen und deren Leistungen zusammengestellt.

Tabelle 4.51 Hochdruckpumpen


Geo- Halli-
Hersteller Obermann WOMA
Astra burton
HD 110 HD 100 HD 100 HD 100 HDMP V 2552/ 5 T 300 H T 400
Typ
4-A 1-4-A 1-4-D 2-4-B 250 P 35 (S,D,T) (S,D)
max. Fördermen-
154 oder
ge 245 185 2 × 154 630 145 170 < 500
345
[l/min]
max. Förderdruck
220 550 650 650 620 500 500 < 1000
[bar]
Antriebsleistung
56 232 232 2 × 232 250 184 235 400
[kW]
Antrieb 400 V Diesel Diesel Diesel Diesel k.A. Diesel Diesel
Anwendung in
■ ■ ■ ■
allen Böden
Anwendung in
locker gelagerten ■
Böden
Als Füllpumpe
für das Triplex- ■ ■ ■ ■ ■ ■
Verfahren
Versorgung von

zwei Bohrgeräten
Umrüstbar auf
200 l/min und ■
1000 bar
Nutzung als
Spülpumpe bei
■ ■ ■ ■
Bohr- und
Rammarbeiten

4.10.3.3 Die wichtigsten Stoffe


Im Prinzip ist für das Düsenstrahlverfahren lediglich eine Wasser-Zement-Suspension erfor-
derlich. Der Wasser-Zement-Wert der Suspension beträgt W/Z = 0,6 bis 1,5, oft W/Z = 0,8
bis 1,0. Der Zement muss mindestens einer Festigkeitsklasse CEM 32,5 (Z 35) nach
DIN 1164 entsprechen.
4.10 Düsenstrahlsohlen und -wände 159

Die Zusammensetzung der Suspension richtet sich nach folgenden Anforderungen:

Festigkeit q < 1,0 bis 15 MN/m²


Dichtigkeit k > 1 · 10-8
Erosionsbeständigkeit
Verarbeitbarkeit

Der Verbrauch wird von den o. g. Parametern bestimmt. Die Dosierung der Mischung wird
ständig an der Mischanlage überwacht. In besonderen Fällen wird die Verträglichkeit mit
dem anstehenden Boden / Grundwasser vorher im Labor getestet. Die tatsächliche Festigkeit
des Düsenstrahlelementes wird mit Hilfe von Rückflussproben oder Bohrkernen ermittelt.

Heute besteht die Möglichkeit, Fertigmischungen, z. B. von der Firma Dyckerhoff das Pro-
dukt SOLIDUR Sorte 272 HDI zu beziehen. Der Vorteil mit Fertigmischungen zu arbeiten,
liegt darin, dass ein verminderter Prüfaufwand erforderlich ist, und sich infolgedessen der
Geräteaufwand auf der Baustelle reduziert. Die Lagerfähigkeit der Mischung beträgt mindes-
tens zwei Wochen. SOLIDUR muss auf der Baustelle jedoch noch mit Wasser hochtourig
aufgeschlossen und dann als Suspension zur Einbaustelle gepumpt werden. Das Mischungs-
verhältnis SOLIDUR zu Wasser beträgt zwischen 1 : 1 bis 2 : 1.

Im Vorfeld werden zur Rechtsgültigkeit der Annahmen bei der bauseitigen Ausführungspla-
nung Probesäulen hergestellt. Werden umfangreiche Injektionsvorhaben angestrebt oder lie-
gen keine Erfahrungen vor, sollen bereits vor der Ausschreibung Probesäulen vorgesehen
werden, um eine größere Planungssicherheit zu erzielen.

4.10.3.4 Der Personalbedarf


Die auf der Baustelle zum Einsatz kommenden Arbeitskräfte setzen sich wie folgt zusam-
men:
1 Bauleiter, ist bei der Herstellung von Unterfangungskörpern durch HDI nach DIN 4123
vorgeschrieben
1 Anlagentechniker an der Mischstation und der Hochdruckpumpe
1 Maschinist, der das Bohrgerät bedient
1 Helfer zur Unterstützung und Durchführung der Arbeiten

4.10.3.5 Informationen zur Kalkulation


Leistung und Kosten

Zur Abschätzung der Herstellkosten einer Düsenstrahlsohle bzw. -wand werden im Folgen-
den grobe Anhaltswerte gegeben.
160 4 Baugrubensicherung

Bodenart optimale Verhältnisse schlechte Verhältnisse


grobkörniger Boden 250 EUR/m³ 500 EUR/m³
feinkörniger Boden 400 EUR/m³ 750 EUR/m³

Die Tagesleistung einer Kolonne liegt zwischen 15 bis 45 m³ Kubatur pro Tag, das entspricht
ca. 30 m Säule pro Tag bzw. 300 bis 400 m² Lamellen pro Tag. Bei mittleren und kleineren
Baustellen verringert sich die Leistung auf maximal 25 m Säule je Tag.

Der Preis der Zement-Suspension beträgt 70 bis 80 EUR/t. Durch den Einsatz von Dämmern
(z. B. Steinmehl) können die Kosten auf ca. 50 EUR/t gesenkt werden. Das überschüssige
Boden-Suspensions-Gemisch kann entweder durch Saugen abgepumpt oder nach dem Erhär-
ten durch Muldenfahrzeuge abtransportiert und schließlich entsorgt werden. Die Gebühren
betragen für einen Saugwagen 40 bis 50 EUR/t und für ein Muldenfahrzeug 25 bis 40 EUR/t.

Bild 4.74 Einsatz des Düsenstrahlverfahrens bei der Sanierung einer Spundwand [35]

In nachfolgender Tabelle werden Kosten und Leistung gewichtiger Teilprozesse zur Herstel-
lung bewertet.
4.10 Düsenstrahlsohlen und -wände 161

Tabelle 4.52 Betriebsmitteleinsatz

Prozess Teilprozess Gerät BGL-Nr. Personal- Kalkulatorische


(Hauptgruppen) bedarf Leistungswerte

(1) Spülflüssig- Bohrwagen mit Raupen- K.0.10. …


keitsgestütz- fahrwerk, hydraulisch
tes Bohren + hydr. Kraftdrehkopf K.0.11. …
+ hydr. Klemm- und K.0.10. ..AE
Brechvorrichtung
II
+ Messtechnik für K.0.10. … AG
HDI-Verfahren
+ Bohrhammer hydrau- K.0.15. …
lisch

(1) Schneiden Ausstattung wie II (1)


und Fräsen
des Bodens
1 Polier oder
unter rotie-
Schachmeis-
rendem ~ 6 - 12 Säulen je
ter
Hochziehen Tag
1 Maschinist
des Bohrge-
1 Helfer
stänges
(2) Mischen, Hochdurckinjektions- J.6.10. …
Aufbereiten pumpe J.6.22. …
und Pumpen Mischanlage für Ver- B.1.11. …
der Suspen- press- und Injektions- B.1.20. …
sion in den pumpen
III Boden + Silo, liegende Bauart B.1.31. …
+ Förderschnecke,
normal Q.1.00. …
+ Dosiergerät, Behäl-
terwaage, mech.
+ Schraubenkompres-
sor
(3) Deponieren Tauchkörperpumpe T.0.50. … 1 Helfer
bzw. Entsor- Aufbereitungsanlage B.8.00. … 1 Fahrer
gen des über- Lastkraftwagen 6×6 P.2.11. … Fracht- und
schüssigen + Dreiseitenkippeinr. P.2.11. .. AF Entsorgungs-
Boden- kosten
Suspensions-
Gemisches
Tabelle 4.53 Ausgewählte Tätigkeits- und Rüstzeiten für das Herstellen von Injektionskörpern

Tätigkeit Tätigkeits- und Rüstzeiten nach

Herstellen einer Injektionssäule ∅ 150 cm, 10 m tief, Bodenklasse LN


Herstellen des Injek-

Mit Düsenstrahlinjektion 0,50 - 1,00 Stunden/Säule


tionskörpers

Ziehgeschwindigkeit:
20 bis 40 cm pro min
Düsenstrahlinjektion
Fixzeit für das Umstellen von
2 min pro Umstellen
Bohren auf Düsen
Umsetzen des Gerätes max. 30 min pro Punkt
162 4 Baugrubensicherung

Tätigkeit Tätigkeits- und Rüstzeiten nach


Baustelleneinrichtung 1 Tag
Anfahren der Suspensions-
30 min pro Tag
Sonstiges

menge und Vorarbeiten


Reinigen der Geräte 30 bis 45 min pro Tag
Geräteausfall/-wartung 30 min pro Tag
Räumen der Baustelle 1 Tag

4.10.3.6 Anmerkungen zur Leistungsbeschreibung


Die Einstufung des Bodens erfolgt gemäß der VOB/C DIN 18 300 Erdarbeiten, wobei zu
beachten ist, dass für Bohrarbeiten eine neue Klassifizierung der Boden- und Felsklassen in
der DIN 18 301 Bohrarbeiten getroffen worden ist. Des weiteren ist nach der VOB/C die
DIN 18309 Einpressarbeiten zu beachten.

Folgende Parameter sollten unbedingt Bestandteil der Ausschreibung sein:


– Dichte und Lagerungsdichte
– Wassergehalt
– Kornverteilung
– Zustandsform
– Scherparameter
– Druckfestigkeit
Auch für dieses Verfahren existieren zusätzlich spezielle Technische Bedingungen, die neben
den Festlegungen der VOB/C vereinbart werden können. Es gelten die STB-HDI und die
STB-VBA. Letztere wird hier nicht mehr aufgeführt, da sie schon im Kapitel 4.6
„Trägerbohlwand“ beschrieben ist.

Spezielle Technische Bedingungen für Hochdruckinjektionen (STB-HDI) [13]

1. Nebenleistungen

Aufstellen der Injektionspläne


2. Besondere Leistungen
(1) Abstemmen des Überprofils sowie Beseitigen des anfallenden Materials
(2) Herstellen, Freilegen, Prüfen und ggf. Beseitigen von Probesäulen (Für die Ausfüh-
rung von Hochdruckinjektionen ist die Herstellung von Probesäulen in allen anste-
henden Bodenschichten erforderlich, um den Durchmesser und die Festigkeit zu
überprüfen. Hierfür muss bauseits ein Probefeld zur Verfügung stehen.)
(3) Statische und/oder dynamische Probebelastungen sowie Integritätsprüfungen
4.10 Düsenstrahlsohlen und -wände 163

3. Aufmaß und Abrechnung


Es gilt ATV DIN 18 299 Abschnitt 5

Grundwasserabsperrung mittels HDI

Zusätzlich sind folgende Angaben erforderlich:


– Dichtigkeit der Wand
– Art des Einpressmittels
– Einbauverfahren
– Art und Lage der Einpresslöcher
– Verfestigungsgüte unter Angabe der Ist- und Sollwerte

4.10.4 Qualitätssicherung und Kennwerte


Eine erfolgreiche Qualitätsüberwachung darf sich nicht allein auf die Bauausführung be-
schränken, sondern muss sich über alle Aktivitäten von Entwurf, Planung und Genehmigung
über die Arbeitsvorbereitung, bis hin zu den eigentlichen Herstellarbeiten und der Integri-
tätsprüfung des Bauwerkes erstrecken.

Nachfolgend werden zwei Überwachungsverfahren, die Reichweitenmessung und die Verti-


kalitätsmessung, vorgestellt, welche maßgebend den Qualitätsstandard des Düsenstrahlver-
fahrens verbessern.

Reichweitenmessung
Da der Hochdruckstrahl keinen fest definierten Durchmesser wie beispielsweise Greifer oder
Bohrschnecken erzeugt, ist der Ausführungserfolg einer Düsenstrahlmaßnahme hauptsäch-
lich von der Anpassung der Herstellparameter an die Geologie des anstehenden Bodens ab-
hängig.

Eine Beurteilung dieses Zusammenhanges kann mittels Begutachtung vor Ort hergestellter,
ausgegrabener Probesäulen stattfinden. Mit zunehmender Tiefe und bei Erreichen des
Grundwasserspiegels steht diese Kontrollmaßnahme vor einem nicht zu unterschätzendem
technischem Problem. Diese Tatsache führte zur Entwicklung einer elektronischen Reichwei-
tenmessung. Mit deren Hilfe kann der hydraulische Düsvorgang in beliebiger Tiefe an Probe-
säulen und auch an Produktionssäulen beurteilt und bereits während des Düsens auf die Bo-
denverhältnisse abgestimmt werden.

Im Abstand der zu erwartenden Reichweite des Schneidstrahles werden dünnwandige Stahl-


rohre parallel zum späteren Verlauf des Injektionsgestänges in den Untergrund eingebracht
und mit Wasser gefüllt. Während des hydraulischen Düsenvorganges werden Schalldruck-
sonden, sog. Hydrophone, in diesen Pegelrohren höhengleich zum Schneidstrahl geführt. Die
Intensität des durch den Schneidstrahl verursachten Schalldruckes, der von der Sonde aufge-
nommen wird, lässt auf die Schneidstrahlenergie im Regelbereich und somit auf die Reich-
weite des Strahles schließen.
164 4 Baugrubensicherung

Vertikalitätsmessung
Die Zuverlässigkeit sowie die geforderte Funktionalität von Düsenstrahlbauwerken in größe-
ren Tiefen (z. B. bei Dichtsohlen) und über längere Injektionsstrecken (z. B. bei Dichtwand-
säulen oder -lamellen) sind neben der Auswahl der Herstellparameter stark abhängig von der
erzielten Bohrgenauigkeit. Insbesondere bei der Herstellung von sich überschneidenden Dü-
senstrahlelementen bei Abdichtungsmaßnahmen spielt die Bohrgenauigkeit eine entschei-
dende Rolle. Die Kenntnis geometrischer Fehlstellenpositionen aufgrund fehlender Über-
schneidung der Elemente ermöglicht Sanierungsmaßnahmen schon in der Herstellphase als
Alternative zur Sanierung nach dem Aushub.

Die Inklinometer- oder Vertikalitätsmessung der Bohrung erfüllt die genannten Anforderun-
gen und gestattet somit eine Vorabkontrolle der Positionierung der Düsenstrahlkubatur. Nach
Erreichen der Endtiefe wird eine Inklinometersonde in das Injektionsgestänge eingeführt, die
Abweichung des Gestänges von der Vertikalen schrittweise ermittelt und anschließend als
Summe dieser Einzelwerte die Gesamtabweichung des Gestänges dargestellt. Auf diese Wei-
se lässt sich die tatsächliche Lage des Gestänges und damit auch die des späteren Düsen-
strahlelementes feststellen, und bereits vor dem eigentlichen Herstellvorgang können Maß-
nahmen zur Vermeidung von Fehlstellen ergriffen werden (z. B. Variation der Herstellpara-
meter, erneutes Ansetzen einer Bohrung). [36]

Tabelle 4.54 Maßnahmen zur Qualitätssicherung von Düsenstrahlsohlen/-wänden [18]

vor der Baumaßnahme während der Baumaßnahme nach der Baumaßnahme


- Untersuchung der geologi- - Hebung- und Setzungsmes- - Setzungsmessungen
schen und topographischen sungen
- Integritätsprüfung des Düsen-
Eigenschaften
- Überwachung der Baustoff- strahlbauwerkes ( Druckfes-
- Eignungsprüfung aller Mate- eigenschaften tigkeit, Durchlässigkeit)
rialien
- Kontrolle des Rückflus- - Kontrolle der Düsenstrahlku-
- Wahl des Verfahrens ses(Wichte, Menge, Zusam- batur, Anschluss an die Fun-
mensetzung) damente, Dichtigkeit
- Kontrolle und Aufzeichnung
der Parameter - Kontrolle des Düsenstrahlkör- - die Herstellparameter und die
pers (Bohransatzpunkt, Ab- Bohrtiefe jeder Düsenstrahl-
- die Bohrneigung darf maximal
messung, Vertikalität, Reich- säule sind zu kontrollieren und
60° zur Senkrechten sein
weite) aufzuzeichnen
(Ausnahme: oberer Zwickel)
- Kontrolle und Aufzeichnung
- bei bindigen Böden müssen
der Herstellparameter
drei Probesäulen vorgesehen
werden, falls keine vergleich- - in nicht standfesten Bohrungen
baren Eignungsprüfungen vor- ist die Bohrung nach Erreichen
liegen der Endtiefe zu sichern

Literatur
[1] EAB, Empfehlungen des Arbeitskreises Baugruben, Ernst & Sohn, 2006
[2] Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, Tiefbauarbeiten, 1998, Kap. Geböschte Bau-
gruben
4.10 Düsenstrahlsohlen und -wände 165

[3] DIN 4124 – Böschungen, Verbau und Arbeitsraumbreiten


[4] CAT/Zeppelin, Lieferprogramm, Kettenbagger
[5] König, H.; Maschinen im Baubetrieb, Grundlagen und Einsatzbereiche, Bauverlag,
Wiesbaden u. Berlin, 1996
[6] Firma Liebherr, Lieferprogramm, Raupenlader
[7] Firma Bauer, Prospekt Bodenvernagelung
[8] Hoffmann, M.; Zahlentafeln für den Baubetrieb, Vieweg und Teubner Verlag, 2006
[9] Buja, H.-O.; Handbuch des Spezialtiefbaus, Werner Verlag, Düsseldorf, 2001
[10] Smoltczyk, U.; Grundbuch-Taschenbuch: Teil 3, Ernst & Sohn, 2001
[11] Fa. Anker Stahlbau, Firmenprospekt, Aussteifung
[12] Simmer, K.; Grundbau Teil 2, 18. Aufl., Teubner-Verlag, Stuttgart, 1990
[13] Englert, K.; Grauvogel J.; Maurer M., Handbuch des Baugrund- und Tiefbaurechts, 3.
Aufl., Werner Verlag, 2004.
[14] Hoesch, Spundwand-Handbuch Berechnung Hoesch AG, Dortmund, 1986
[15] Verhoefen, J.; Große Baugruben im offenen Wasser, Tiefbau, Ingenieurbau, Straßen-
bau, 1982, Heft 6
[16] Fa. Bauer Spezialtiefbau, Firmenprospekt, Spundwände
[17] Kontakt & Studium, Spezialtiefbau, 2.6 Baugruben aus Stahlspundbohlen
[18] Schnell, W.; Vahland, R.; Oltmanns, W.; Verfahrenstechnik der Grundwasserhaltung,
Teubner-Verlag, 2. Aufl., 2002
[19] Smoltczyk U.; Grundbau-Taschenbuch, Teil 2, 6. Aufl., Ernst & Sohn, Berlin, 2001
[20] Seitz, J. M.; Schmidt H.-G., Bohrpfähle, Verlag Ernst & Sohn, 2000
[21] Fa. Bauer, Firmenprospekt, Doppelkopfsystem
[22] Fa. Liebherr, Firmenprospekt, Doppelkopf-Bohrverfahren
[23] König, H.; Maschinen im Baubetrieb; Fundierungsgeräte
[24] Fa. Bauer Spezialtiefbau, Firmenprospekt, Schlitz- und Dichtwände
[25] Fa. Bauer Spezialtiefbau, Firmenprospekt, Schlitz- und Dichtwände
[26] Karstedt, J.; Schadensursachen bei Schlitzwandarbeiten, Tiefbau, Ingenieurbau, Stra-
ßenbau, 1980, Heft. 8
[27] Karstedt, J.; Standsicherheitsprobleme bei der Schlitzwandbauweise, Baumaschine und
Bautechnik, 1980, Heft 5, S. 327-334
[28] Fa. Bauer Spezialtiefbau, Firmenprospekt, Schlitz- und Dichtwände
[29] Firma Keller, Firmenprospekt, Das Soilcrete Verfahren
[30] Firma Bauer, Firmenprospekt, HDI-Verfahren
[31] Kontakt & Studium, Spezialtiefbau, 16.2 Düsenstrahlverfahren
[32] Firma Bauer, Firmenhomepage Maschinentechnik, Bohrgeräte
[33] Firma Klemm, Firmenhomepage Maschinentechnik, Bohrgeräte
[34] Kutzner, C.; Injektionen im Baugrund, Ferdinand Enke Verlag, München, 1991
[35] Fotoarchiv G. Maybaum
[36] Betonkalender Teil II, Ernst & Sohn, 1998
5 Baugrundverbesserung

5.1 Grundlagen der Planung und Herstellung


Werden Bauwerkslasten unmittelbar in der Fundamentsohle in den Baugrund übertragen, so
ist das Gebäude flach gegründet. Damit eine solche Gründung möglich ist, muss der Bau-
grund gewisse Voraussetzungen erfüllen. Er muss so beschaffen sein, dass eine ausreichende
Sicherheit gegen das Auftreten von Bruchzuständen im Boden (z. B. Grundbruch) vorhanden
ist und die auftretenden Setzungen vom Gebäude schadlos aufgenommen werden können.

Wenn diese Voraussetzungen vom vorhandenen Baugrund nicht erfüllt werden, müssen ent-
weder die Eigenschaften des anstehenden Bodens verbessert werden, oder es kommt eine
Tiefgründung (z. B. eine Pfahlgründung) infrage.

Bild 5.1 Gründungsarten [1]

Häufig ist die Anwendung von Baugrundverbesserungsmethoden unter Beibehaltung der


Flachgründung die kostengünstigere Lösung gegenüber einer Pfahlgründung. Andererseits
kann die Pfahlgründung kostengünstiger sein, wenn dadurch z. B. große Fundamentmassen,
Umspundungen oder Wasserhaltungen vermieden werden können.

Die Wahl der für die jeweilige Bauaufgabe am besten geeigneten Gründungskonzeption wird
im Wesentlichen durch folgende Parameter beeinflusst:
– Konstruktion und Nutzung des Bauwerks
– Boden- und Wasserverhältnisse
– Geländeverhältnisse
– Nachbarbebauung
– Terminzwänge
– Kosten
Entscheidet man sich für eine Baugrundverbesserung, so richtet sich der Umfang nach der
Art des Bauwerks und seiner Einwirkung auf den Untergrund. So werden für Flachgründun-
gen von Dämmen, die den Baugrund spezifisch höher belasten, andere Maßnahmen ergriffen

G. Maybaum et al., Verfahrenstechnik und Baubetrieb im Grund- und Spezialtiefbau,


DOI 10.1007/978-3-8348-8269-1_5,
© Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
168 5 Baugrundverbesserung

werden müssen als für Verkehrsbauten wie Straßen, Rollbahnen oder Schienenverkehrswege,
deren Einfluss sich nur oberflächennah auswirkt.

Nach dem Zweck der Baugrundverbesserung unterscheidet man Maßnahmen, die die Tragfä-
higkeit im weitesten Sinne verbessern, und Maßnahmen, die im Wesentlichen der Verringe-
rung der Durchlässigkeit von Böden dienen. In diesem Buch wird vorzugsweise auf die Ver-
fahren zur Erhöhung der Tragfähigkeit eingegangen, mit denen allerdings häufig (z. B. bei
Injektionen) ebenfalls eine Verringerung der Durchlässigkeit bewirkt wird.

Bei der Wahl des jeweiligen Verbesserungsverfahrens sind auch von Bedeutung:
– Fläche des zu verbessernden Geländes
– Bauwerksart, Größe und Verteilung der Lasten
– verfügbare Materialien
– verfügbare Geräte
– Grundwasserschutzbestimmungen
– Begrenzung von Lärm, Staub und Erschütterungen
– Zugänglichkeit und Befahrbarkeit des Geländes

5.1.1 Geotechnische Grundlagen

5.1.1.1 Allgemeines
Durch die Baugrundverbesserung soll im Wesentlichen erreicht werden:
– Erhöhung der Tragfähigkeit des Baugrundes
– Verringerung und/oder Beschleunigung der Setzungen
Baugrundverbesserungen, die eine Erhöhung der Tragfähigkeit bewirken sollen, müssen die
Vergrößerung der Scherfestigkeit zum Ziel haben. Die Scherfestigkeit kann auf z. B. folgen-
de Weise vergrößert werden:
a) Verhinderung des Abgleitens der Körner gegeneinander
b) Erhöhung der Lagerungsdichte
c) Entwässerung
zu a)
Das Abgleiten von Körnern gegeneinander und damit die Ausbildung von Gleit- oder Bruch-
flächen wird erschwert, wenn die Verschieblichkeit der Körner gegeneinander blockiert wird.
Baugrundverbesserungsmethoden, welche dies zum Ziel haben, sind z. B. das Injizieren, Ge-
frieren und Stabilisieren mit Zement oder Kalk.
5.1 Grundlagen der Planung und Herstellung 169

Hierbei wird der Porenraum entweder durch ein zusätzliches Mittel (Injektionsmittel, Ze-
ment), das erstarrt oder abbindet, ausgefüllt, oder das in den Poren befindliche Wasser ge-
friert und verhindert somit das Abgleiten der Körner.

zu b)
Der Reibungswinkel ϕ’ ist bei nichtbindigen Böden in starkem Maße von der Lagerungsdich-
te und damit vom Porenanteil abhängig. Mit wachsender Lagerungsdichte nimmt die Scher-
festigkeit überlinear zu (siehe Kapitel 3). Verfahren, mit denen die Lagerungsdichte anste-
hender Böden verbessert wird, sind z. B. die Oberflächen- und Tiefenverdichtung.

zu c)
Die Scherfestigkeit bindiger Böden hängt neben der Kornverteilung und der Überkonsolida-
tion wesentlich von der Konsistenz und damit vom Wassergehalt ab. Je geringer der Wasser-
gehalt, desto höher die Scherfestigkeit. Die Scherfestigkeit kann daher z. B. durch Entwäs-
sern verbessert werden. Durch Vertikaldräns kann - insbesondere bei Aufbringen einer Vor-
belastung - die Konsistenz des anstehenden Bodens deutlich erhöht werden. Auch das Ein-
bringen von Vakuumentwässerungsanlagen erhöht die Festigkeit des Bodens deutlich. Letz-
tere werden allerdings meist nur für vorübergehende Zwecke eingesetzt.

Verringerung und/oder Beschleunigung der Setzungen


Wird ein Boden durch ein Bauwerk belastet, verformt er sich elastisch und plastisch, wobei
die elastischen Verformungen im Wesentlichen durch Volumenänderungen der Körner und
die plastischen durch Volumenänderung des Porenraumes entstehen. Während bei nichtbin-
digen Böden die Setzungen sofort mit der Belastung auftreten, entstehen die Setzungen bin-
diger Böden erst allmählich. Ursache hierfür ist der wegen der geringen Durchlässigkeit ver-
zögerte Porenwasserabfluss. Ein wassergesättigter bindiger Boden kann sich nur dann nen-
nenswert setzen, wenn Porenwasser ausgepresst wird, denn das Wasser und die Bodenteil-
chen sind praktisch kaum zusammendrückbar.

Eine Verbesserung des Bodens, d. h. eine Vergrößerung des Steifemoduls und damit eine
Verringerung der Zusammendrückbarkeit, lässt sich bei nichtbindigen Böden mit Verfahren
erreichen, bei denen entweder die Poren mit Zugabemitteln ausgefüllt werden (Injektionsver-
fahren, Bodenstabilisierung), das Porenwasser gefroren wird (Gefrierverfahren) oder der
Porenanteil durch Verdichten verringert wird (Oberflächen- oder Tiefenverdichtung). Bei
bindigen Böden hängt die Zusammendrückbarkeit außer von der vorhandenen Bodenspan-
nung von der Kornverteilung, dem Porenanteil und dem Wassergehalt (bzw. der Konsistenz)
ab.

Verbesserungsmethoden, die die Zusammendrückbarkeit des Bodens herabsetzen, sind vor


allem Entwässerungsverfahren, bei denen - meist unterstützt durch eine Vorbelastung - der
Boden konsolidiert und in eine höhere Konsistenz überführt wird. Gleichzeitig wird dabei der
Porenanteil verringert.

Während z. B. durch Vertikaldräns bei entsprechender Vorbelastung spätere Bauwerksset-


zungen vorweggenommen werden - Setzungen treten dann nur noch durch Bauwerkslasten
auf, die höher als die Vorbelastung sind - führt die Dränage ohne Vorbelastung nur zu einer
Beschleunigung der Bauwerkssetzungen.
170 5 Baugrundverbesserung

5.1.1.2 Voruntersuchungen
Bei der Auswahl, Planung und Bemessung von Baugrundverbesserungen ist die Kenntnis der
vorhandenen Boden- und Wasserverhältnisse von entscheidender Bedeutung.

Dass eine Baugrunderkundung aus Kosten- oder Termingründen unterblieb oder nur unzurei-
chend durchgeführt wurde, hat in vielen Fällen schon zu schwerwiegenden Schäden an Bau-
werken oder zu einer völlig unwirtschaftlichen Bemessung der Gründung geführt. Häufig
werden Aufwand und Kosten für diese Vorarbeiten in der Größe deshalb falsch eingeschätzt,
weil sie einerseits nicht in Relation zum Gesamtbauvorhaben gesetzt werden und andererseits
die möglichen Folgen einer schadhaften Gründung nicht ausreichend berücksichtigt werden.

Die bei problematischen Bodenverhältnissen, bei denen eine Verbesserung erforderlich ist
oder zumindest in Erwägung gezogen wird, nötigen Baugrunderkundungen sind i. A. um-
fangreicher als bei einfachen Verhältnissen. Das hängt vor allem mit der Ermittlung zusätzli-
cher Bodenparameter (Wassergehalt, Durchlässigkeit, Kornverteilung, Porenanteil u. a. m.)
zusammen, die für die Wahl der Verbesserungsmethode und z. B. für die Festlegung eines
Injektionsmittels erforderlich sind.

Der Baugrund muss in einem frühen Stadium der Planungsphase erkundet werden, damit die
Entscheidung für das Gründungskonzept sachgerecht erfolgen kann. Die Abstände der Er-
kundungspunkte sind von Fall zu Fall nach den geologischen Gegebenheiten, den Bauwerks-
abmessungen und den bautechnischen Fragestellungen zu wählen, wobei die in DIN 4020
angegebenen Richtwerte zwischen 20 und 60 m liegen. Da Baugrundverbesserungen aber
häufig dazu dienen, konzentriert Fundamentlasten, z. B. über Injektionskörper, in den Boden
einzuleiten, muss der Abstand der Erkundungspunkte häufig wesentlich geringer gewählt
werden, so dass sich mitunter mehrere Aufschlüsse je Fundament ergeben. Die Aufschluss-
tiefen richten sich im Allgemeinen nach der Fundamentbreite.

Neben Felduntersuchungen sind im Planungsstadium für eine Baugrundverbesserung auch


Laboruntersuchungen - insbesondere bei bindigen Böden - durchzuführen. Außer den Stan-
dardversuchen, wie Ermittlung der Kornverteilung, des Wassergehaltes, der Konsistenz, des
Kalkgehaltes und der organischen Bestandteile, sind dies insbesondere Versuche zur Ermitt-
lung der Scherfestigkeit und der Zusammendrückbarkeit.

Mitunter lässt sich trotz umfangreicher Baugrunderkundungen nicht die Frage beantworten,
ob ein Boden mit einem bestimmten Verfahren verbesserbar ist. In diesen Fällen sind Eig-
nungsprüfungen erforderlich, in denen ermittelt wird, durch Zumischung welchen Mittels die
gewünschten Bodeneigenschaften am besten erreicht werden können. Oder aber es sind Pro-
beinjektionen durchzuführen, mit denen untersucht wird, ob und wie sich die erforderliche
Festigkeit des Injektionskörpers erzeugen lässt.

Neben den Bodeneigenschaften und den Grundwasserständen bzw. Wasserständen in ver-


schiedenen Grundwasserstockwerken sind auch Informationen über die Grundwasserzusam-
mensetzung erforderlich. Die chemische Zusammensetzung ist immer dann zu untersuchen,
wenn Angriffe auf das eingesetzte Verfestigungsmittel zu befürchten sind.
5.1 Grundlagen der Planung und Herstellung 171

Nach DIN 4030 soll die Wasseranalyse daher insbesondere folgende Untersuchungen umfas-
sen: Geruch, pH-Wert, Kaliumpermanganatverbrauch, Härte, Chlorid, Sulfid, Kalklösekapa-
zität, Ammonium, Magnesium, Sulfat. Ein besonderes chemisches Analyseprogramm ist er-
forderlich, wenn die Baugrundverbesserung in kontaminiertem Boden hergestellt werden
soll.

Die Kosten für solche chemischen Untersuchungen lassen sich nicht pauschal angeben, da sie
sehr stark von der Zahl der zu untersuchenden Wasser- bzw. Bodenproben und der Zahl der
zu ermittelnden chemischen Parameter abhängen.

5.1.2 Anwendungsbereiche und Abgrenzung zu anderen Bauverfahren


Jedes Bauwerk muss ausreichend sicher gegründet werden, daher ist in der Planungsphase
ein Gründungskonzept zu erarbeiten. Dazu wird zunächst untersucht, ob der Baugrund in der
vorgesehenen Gründungsebene ausreichend tragfähig ist. Die zulässigen Bodenpressungen
werden hierbei nach einer Baugrunderkundung entweder anhand der Tafeln der DIN 1054
oder durch Grundbruch- und Setzungsberechnungen ermittelt. Anhand der zulässigen Bo-
denpressungen lassen sich dann die Abmessungen z. B. der Streifen- und Einzelfundamente
festlegen. Ergeben diese Berechnungen unwirtschaftliche oder technisch nicht ausführbare
Fundamentabmessungen, wird geprüft, ob mit einer Fundamentplatte eine ausreichend trag-
fähige und setzungsarme Gründung erreicht werden kann. Zeigt sich, dass auch eine Platten-
gründung auf dem anstehenden Baugrund keine sichere bzw. wirtschaftliche Gründungskon-
zeption ist, kommen grundsätzlich zwei Möglichkeiten in Betracht (Bild 5.2):

1. Der anstehende Boden wird verbessert, so dass er ausreichend tragfähig wird (Bau-
grundverbesserung).

2. Das Bauwerk wird nicht unmittelbar auf dem anstehenden, wenig tragfähigen Boden
gegründet, sondern die Bauwerkslasten werden auf einen tiefer liegenden, tragfähigen
Boden abgetragen (Tiefgründung).

Bild 5.2 Gründungsmöglichkeiten


172 5 Baugrundverbesserung

Welche dieser Möglichkeiten gewählt wird, hängt im Wesentlichen von folgenden Faktoren
ab:
– Bodenverhältnisse
– Wasserverhältnisse
– Art und Belastung des Bauwerks
– Setzungsempfindlichkeit des Bauwerks
– Nachbarbebauung
– Platzverhältnisse
– Umweltverträglichkeit
– Wirtschaftlichkeit
Anhand einiger Beispiele soll erläutert werden, warum jeweils die Baugrundverbesserung
bzw. die Tiefgründung die bessere Lösung ist.

Im Beispiel 1 (Bild 5.3) ist die Verbesserung des Baugrundes durch Austausch und Ersatz
des nicht tragfähigen, weichen Tons durch nichtbindiges, gut verdichtetes Material die wirt-
schaftlichste Methode. Die Mächtigkeit der auszutauschenden Schicht ist gering (1,5 m), eine
Tiefgründung, die eine ausreichende Einbindung von Pfählen in den dicht gelagerten Kies
bedingt, ist zu aufwendig.

Bild 5.3 Beispiel 1 (Streifenfundament auf weichem Ton)

Auch bei dem Beispiel 2 (Bild 5.4) ist die Baugrundverbesserung die wirtschaftlichere Me-
thode. Durch eine Vorbelastung des weichen Tons mit einer Auf- bzw. Überschüttung lässt
sich der Ton teilweise entwässern und damit stabilisieren. Der Entwässerungsvorgang kann
durch den Einbau von Vertikaldränagen wesentlich beschleunigt werden. Nach der Konsoli-
dation kann der Damm in seiner endgültigen Form aufgeschüttet werden. Es sind dann nur
noch geringe Setzungen zu erwarten.
5.1 Grundlagen der Planung und Herstellung 173

Bild 5.4 Beispiel 2 (Straßendamm auf weichem Ton)

Eine Pfahlgründung scheidet hier aus wirtschaftlichen Überlegungen aus. Hohe Kosten ent-
stünden u. a. dadurch, dass die Pfahlköpfe durch eine Fundamentplatte aus Stahlbeton ver-
bunden werden müssten, damit die Flächenlast des Dammes punktuell auf die Pfähle übertra-
gen wird.

Im Beispiel 3 (Bild 5.5) ist eine Pfahlgründung die wirtschaftlichste und sicherste Methode.
Die Lasten sind bereits auf eine kleine Fläche konzentriert, so dass sie ohne größere kons-
truktive Maßnahmen auf Pfähle übertragen werden können. Wollte man einen Bodenaus-
tausch durchführen, müsste er im Nassen und im Schutz einer aufwendigen Baugrubenum-
schließung erfolgen.

Bild 5.5 Beispiel 3 (Brückenpfeiler auf weichem Schluff)

Andere Baugrundverbesserungsmethoden (Rüttelstopfverdichtung, Dynamische Intensivver-


dichtung, Injektion) scheiden aus, da sie für den anstehenden Baugrund ungeeignet sind.
Ganz allgemein lassen sich die Anwendungsbereiche der Baugrundverbesserungsmethoden
und der Tiefgründung wie folgt abgrenzen (Tabelle 5.1).
174 5 Baugrundverbesserung

Tabelle 5.1 Bevorzugte Anwendungsbereiche für Baugrundverbesserungsverfahren und Pfahlgründungen

Baugrundverbesserungsverfahren Pfahlgründungen
Besonders geeignet bei
Flächenlasten (Verkehrswegebau, Dämme, Platten- Einzellasten (Stützen, Pfeiler)
gründungen)
geringer Schichtmächtigkeit großer Schichtmächtigkeit
tiefem Grundwasserspiegel hohem Grundwasserspiegel
setzungsunempfindlichen Bauwerken setzungsempfindlichen Bauwerken

Die anstehenden Böden geben allein noch kein Entscheidungskriterium für die Wahl einer
Baugrundverbesserung bzw. einer Pfahlgründung. Beide Methoden sind grundsätzlich in
praktisch allen Böden anwendbar, so dass nicht gesagt werden kann, dass z. B. bei bindigen
Böden Pfahlgründungen zu bevorzugen sind. Daher sind im Einzelfall meist beide Möglich-
keiten zu untersuchen und die Vor- und Nachteile in technischer und wirtschaftlicher Hin-
sicht gegenüberzustellen. Erschwert wird dieser Vergleich in der Praxis noch dadurch, dass
zunächst unter allen denkbaren Baugrundverbesserungsmethoden die für die jeweilige Bau-
aufgabe optimale herausgefunden werden muss. Andererseits muss für den Vergleich unter
den vielen möglichen Pfahltypen der geeignete ausgewählt werden. Tabelle 5.2 zeigt die
Anwendbarkeit der Baugrundverbesserung für verschiedene Bauwerke und Baugrundarten.

5.1.3 Überblick über die Methoden der Baugrundverbesserung


Grundsätzlich dienen die Methoden der Baugrundverbesserung dazu, die Scherfestigkeit der
Böden zu erhöhen und/oder die Zusammendrückbarkeit zu verringern. Dies kann je nach
Bodenart und Bauaufgabe durch Verdichtung, Entwässerung, Verfestigung oder Bewehrung
erreicht werden. Da z. T. diese Verfahrensgruppen nicht klar abgrenzbar sind (so ist z. B. die
Entwässerung i. Allg. auch mit einer Verdichtung verbunden), sind verschiedene Einteilun-
gen denkbar. In diesem Buch wird die in Tabelle 5.3 dargestellte Einteilung gewählt.
5.1 Grundlagen der Planung und Herstellung 175

Tabelle 5.2 Anwendbarkeit der Baugrundverbesserung für verschiedene Bauwerke und Baugrundarten

Art des Bau- Bauwerk Zulässige Erforderli- Wahrscheinlichkeit des


werks Setzungen che zulässige Erfolgs der Baugrundver-
Bodenpres- besserung
sung
locker weiche
gelagerte bindige
nicht bindige Böden
[mm] [kN/m²] Böden
Bürogebäude Hochhäuser, mehr als 6 25–50 bis 300 groß unwahr-
Wohnhäuser Stockwerke scheinlich

Hochbauten 25–50 200 groß klein


(3–6 Stockwerke)
Flachbauten 25–50 100–200 groß groß
(1–3 Stockwerke)
Industrieanlagen Kraftwerke, Fabrikations- 25–50 bis 400 groß unwahr-
anlagen, Kranbahnen, Maßgebend: scheinlich
Schwere Maschinen Setzungsunter-
schiede
Rahmenartige Lagerhallen bis ≈ 50 100–200 groß groß
und Fabriken
Lagerhallen und -plätze, 25–50 bis 200 groß groß
offene Fabrikationsanla-
gen
Sonstige Kläranlagen bis ≈ 50 bis 150 groß groß
Maßgebend:
Setzungsunter-
schiede
Tanks bis ≈ 70 bis 300 groß groß
Maßgebend:
Setzungsunter-
schiede
Offene Lagerplätze bis ≈ 100 bis 300 groß groß
Dämme bis ≈ 100 bis 200 groß groß
Straßen, Bahnstrecken, bis 30 bis 200 groß groß
Flugplätze Maßgebend:
Setzungsunter-
schiede
176 5 Baugrundverbesserung

Tabelle 5.3 Methoden der Baugrundverbesserung

Bodenaustausch- und Verdichtungsver- Verfestigungsver- Entwässerungsver- Bewehrungsver-


-aushubverfahren fahren fahren fahren fahren
Bodenaustausch Oberflächenver- Verfestigung ober- Vertikaldränage Bewehrungs-
dichtung flächennaher Bo- lagen
denschichten mit
Bindemitteln
Bodenaushub Tiefenrüttelver- Injektionen Vakuumkonsolida- Zellkonstruktio-
dichtung tion nen
Rüttelstopfverdich- Düsenstrahlverfah- Vorbelastung
tung ren
Dynamische Bodenvereisung
Intensivverdichtung

Einen Überblick über die wesentlichen Kennzeichen der Verfahren sowie ihre Vor- und
Nachteile gibt die Tabelle 5.4. Ob eine Baugrundverbesserungsmethode bei einem bestimm-
ten Boden geeignet ist, lässt sich Tabelle 5.5 entnehmen.

Tabelle 5.4 Einsatzmöglichkeiten der Baugrundverbesserungsmethoden in Abhängigkeit von der Bodenart


Ton Schluff Sand Kies

Bodenaustausch

Oberflächenverdichtung

Tiefenrüttelverdichtung

Rüttelstopfverdichtung

Dynamische Intensivverdichtung

Verfestigung oberflächennaher Böden mit Bindemitteln

Zementinjektion

Chemikalieninjektion

Düsenstrahlverfahren

Bodenvereisung

Entwässerungsverfahren

Bewehrungsverfahren

0,002 0,06 2,00 60,00


Korngröße [mm]
Methode Wirkungsweise Geeignete Max. wirksa- wirtschaftliche erforderliche Vorteile Grenzen und Stoffe
Bodenarten me verbesser- Größe der Flä- Stoffe
bare Tiefe che
Tabelle 5.5

Bodenaustausch
Boden wird ausge- alle Bodenarten ≈ 5 m klein nichtbindiges, Baugrund mit in weiten ggf. Wasserhaltung
hoben und durch gut verdichtba- Grenzen einstellbaren erforderlich
tragfähiges Material res Material Tragfähigkeitseigenschaf-
ersetzt, das verdich- ten
tet eingebaut wird

Verdichtungsverfahren
Oberflächenver Verdichtung durch alle Bodenarten ≈ 1 m beliebig keine beste Methode zur Ver- Einwirktiefe be-
dichtung Rüttelung oder stati- dichtung dünner Lagen grenzt
Baugrundverbesserungsverfahren [2]

sche Belastung
5.1 Grundlagen der Planung und Herstellung

Tiefenrüttelver Verdichtung durch grobkörnige 30 m > 1.500 m² grobkörniges anwendbar in grobkörni- ungeeignet bei orga-
dichtung Rüttelung und Ver- Böden mit Verfüllmaterial gen Böden über und unter nischen und feinkör-
dichtung des Ver- weniger als Wasser gleichmäßige nigen Böden
füllmaterials 20 % Feinkorn- Verdichtung
anteil
Rüttelstopf verdichtete grobkör- weiche bis 20 m > 1.500 m² Kies oder Kies- bzw. Schottersäulen Tragfähigkeit be-
verdichtung nige Säule in fein- steife bindige Schotter wirken als zusätzliche grenzt, ungeeignet
körnigen Böden Böden Vertikaldränage (Set- bei breiigen und
zungsbeschleunigung) organischen Böden
Dynamische wiederholte Schlag- am besten ge- 15 bis 20 m > 5.000 m² keine einfaches Verfahren, auch nicht anwendbar in
Intensiv- belastung mit hoher eignet bei für feinkörnige Böden der Nähe von Ge-
verdichtung Energie an der grobkörnigen über und unter Wasser bäuden. Hohe Ton-
Oberfläche Böden; aber anwendbar anteile mindern die
viele andere Effektivität
Böden können
ebenfalls ver-
bessert werden
177
Methode Wirkungsweise Geeignete max. wirksa- wirtschaftliche erforderliche Vorteile Grenzen und Stoffe
178

Bodenarten me verbesser- Größe der Flä- Stoffe


bare Tiefe che

Verfestigung ober- Zumischen hydrau- praktisch alle » 50 cm beliebig hydraulische schnelle und wirtschaftli- Verbesserung nur
flächennaher Bo- lischer Bindemittel Bodenarten Bindemittel che Baugrundverbesse- dünner Schichten
Fortsetzung Tabelle 5.5

denschichten mit (Zement, Kalk) rung möglich. Nicht ein-


Bindemitteln setzbar bei organi-
schen Böden,
Schluff- und Ton-
steinen

Injektionen die Hohlräume des je nach Injek- unbegrenzt klein Einpressmittel hohe Festigkeiten erreich- Zementinjektion: im
Bodens werden mit tionsmittel Kies Wasser bar, flexibel Kies und Grobsand
Verpressmittel bis Grobschluff Chemikalinjektion:
(Zement, Chemika- hohe Kosten, Pro-
lien) ausgefüllt blem der Umweltbe-
einträchtigung

Düsenstrahl- der anstehende praktisch alle 30 m klein Zementsuspen- hohe Festigkeiten erreich- nicht einsetzbar bei
verfahren Boden wird durch Bodenarten sion, Wasser bar, umweltfreundlich, organischen Böden.
einen Düsenstrahl flexibel Hohe Kosten. Er-
aufgeschnitten und reichbare Festigkeit
mit Zementsuspen- hängt von der Bo-
sion vermischt denart ab.

Bodenvereisung Gefrieren des Was- praktisch alle <3m klein Gefriermittel vorübergehende Maß- nicht geeignet bei
sers im Boden, Bodenarten nahme ohne bleibende hoher Grundwasser-
dadurch Festig- Rückstände strömung. Hohe
keitserhöhung Kosten
5 Baugrundverbesserung
Methode Wirkungsweise Geeignete Max. wirksa- wirtschaftliche erforderliche Vorteile Grenzen und Stoffe
Bodenarten me verbesser- Größe der Flä- Stoffe
bare Tiefe che

Entwässerungsverfahren
Vertikaldränage Durch Einbringen bindige Böden ≈ 10 m > 5.000 m² Papp- oder kostengünstiges Verfah- zeitaufwendig, Ver-
Fortsetzung Tabelle 5.5

von Vertikaldräns von breiiger bis Kunststoff- ren besserungsmaßnah-


kann der Boden steifer Konsis- dräns bzw. me muss lange vor
schneller entwässern tenz Sanddräns Bauwerkserrichtung
(Setzungsbeschleu- durchgeführt wer-
nigung). den. Nur oberhalb
von Grundwasser
einsetzbar.
5.1 Grundlagen der Planung und Herstellung

Vakuumkonsolida- Im Boden wird ein bindige Böden ≈ 10 m > 5.000 m² Vertikaldräns, Beschleunigung des Kon- Vakuum während
tion Vakuum erzeugt. von breiiger bis PVC-Folie, solidationsvorgangs, der gesamten Konso-
Der atmosphärische steifer Konsis- Horizontal- Luftdruck lidationsphase auf-
Luftdruck wirkt wie tenz dräns recht erhalten.
eine Auflast und
beschleunigt die
Konsolidation.

Vorbelastung Be- Es wird z. B. Bo- weiche bindige ≈ 5 bis 8 m > 1.000 m² Auffüllboden, einfaches Verfahren, zeitaufwendig, Mate-
wehrungsverfahren denmaterial aufge- Böden, organi- Sand oder Kies Setzungsbeschleunigung rialbeschaffung für
bracht, das die Kon- sche Böden zur Oberflä- durch Vertikaldräns mög- Erkauflast oft
solidation bewirkt. chenentwässe- lich und meist sinnvoll. schwierig (hohe
Zuviel aufgebrach- rung Transportkosten bei
ter Boden wird vor An- und Abfuhr)
Beginn der Bau-
maßnahme entfernt.
179
Methode Wirkungsweise Geeignete Max. wirksa- wirtschaftliche erforderliche Vorteile Grenzen und Stoffe
180

Bodenarten me verbesser- Größe der Flä- Stoffe


bare Tiefe che

Bewehrungsverfahren
Bewehrung durch Horizontale, zugfes- alle 2 bis 3 m klein Kunststoffbän- Erhöhung der Tragfähig- Voraushub, lagen-
Fortsetzung Tabelle 5.5

Streifen oder Gitter te Streifen oder der oder keit, einfaches Verfahren weiser Einbau und
Gitter werden im -gitter bzw. lagenweise Verdich-
Boden verlegt, die -gewebe tung erforderlich.
die Tragfähigkeit
erhöhen bzw. Set-
zungen vermindern.

Bewehrung durch Eine aus Kunststoff- auf praktisch ca. 2 m beliebig Kunststoffgitter, Die Zellkonstruktion sorgfältiges Verfül-
Zellkonstruktionen gittern erstellte Zell- allen Boden- grobkörniges vermeidet den Bodenaus- len der Zellen erfor-
konstruktion wird schichten Schüttmaterial tausch. Es entsteht eine derlich
mit grobkörnigem zugfeste Basis, z. B. für
Schüttmaterial ver- einen Damm. Sie wirkt
füllt. zusätzlich als Dränschicht.
5 Baugrundverbesserung
5.2 Bodenaushub - und Bodenaustauschverfahren 181

5.2 Bodenaushub - und Bodenaustauschverfahren

5.2.1 Allgemeines
Stehen im Bereich einer geplanten Gründung nicht ausreichend tragfähige Bodenschichten
an, so kommt häufig das Verfahren des Bodenaustauschs zur Anwendung, bei dem die für die
Gründung ungeeigneten Bodenschichten ausgehoben und durch gut verdichtet eingebrachtes,
tragfähigeres Material ersetzt werden. Bei der Ermittlung der auszutauschenden Massen
muss die Spannungsausbreitung unter den Fundamenten berücksichtigt werden (Bild 5.6).

Bild 5.6 Bodenaustausch

Neben den üblichen Bodenuntersuchungen sind insbesondere folgende Punkte vor Beginn
der Baumaßnahme zu klären:
– Wo der ausgehobene Boden deponiert werden kann, und welche bodenmechanischen
und gründungstechnischen Überlegungen erforderlich werden, damit die Deponierung
standsicher ist?
– Welches Material als Austauschboden beschafft werden kann, und woher es geholt
werden muss?
– Wie das Füllmaterial eingebaut und verdichtet werden kann?
– Ob die Aushubgrube in leerem und eventuell auch im teilverfüllten Zustand ausrei-
chend standsicher ist?
– Ob eine Wasserhaltung möglich bzw. erforderlich ist, falls der Aushub im Trockenen
erfolgen soll, die Grube aber ins Grundwasser einschneidet?
– Ob die gesamte nicht tragfähige Schicht ausgetauscht werden muss (Bodenvoll-
austausch) oder ob es ausreicht, nur einen Teil des Bodens auszuheben (Boden-
teilaustausch, Polstergründung)?
In einigen Fällen wird eine tragfähige Gründung auch dadurch erreicht, dass die stark zu-
sammendrückbaren Schichten ausgehoben und die Fundamente in der darunter anstehenden
Bodenschicht gegründet werden (Bild 5.7).
182 5 Baugrundverbesserung

Bild 5.7 Gründung auf tiefer liegendem tragfähigen Horizont

Den Mehrkosten für Aushub und Mauerwerk bzw. Stahlbeton steht dann der Gewinn zusätz-
lichen Kellerraums entgegen.

5.2.2 Bodenmechanische Grundlagen


Die im Bereich der geplanten Gründung anstehenden Bodenschichten sind dann als wenig
tragfähig anzusehen, wenn sie stark zusammendrückbar sind (Gefahr großer Setzungen)
und/oder eine geringe Scherfestigkeit besitzen (Grundbruchgefahr). Solche Böden können
natürlich entstandene, geologisch junge Ablagerungen, häufig noch mit organischen Verun-
reinigungen, aber auch künstliche Anschüttungen sein. Bei nichtbindigen Böden ist die Lage-
rungsdichte dann meist locker oder sehr locker und bei bindigen Böden die Konsistenz weich
oder breiig.

Insbesondere bei Schichten geringer Mächtigkeit (bis ca. 3 oder 4 m) ist der Bodenaustausch
dann das technisch einfachste, sicherste und in der Regel auch wirtschaftlichste Baugrund-
verbesserungsverfahren. Das Austauschmaterial muss keineswegs Sand oder Kies sein, es
kann auch Siebschutt oder industriell anfallendes Abraumprodukt sowie Mischboden sein,
sofern es sich ausreichend verdichten lässt. Bei der Prüfung des Füllmaterials ist daher die
Einbaufähigkeit, Verdichtbarkeit und Dauerhaftigkeit im Hinblick auf den gewünschten
Zweck zu untersuchen, was sowohl durch Laborversuche (z. B. Proctorversuch) als auch
durch Probeschüttungen erfolgen kann. Entscheidend ist, dass das Füllmaterial nach dem
Einbau eine hohe Scherfestigkeit (abhängig von der Kornverteilung und der Lagerungsdich-
te) und eine geringe Zusammendrückbarkeit (im Wesentlichen abhängig von der Lagerungs-
dichte) hat.

In vielen Fällen, insbesondere bei großer Schichtmächtigkeit des nicht tragfähigen Bodens,
wird sich der Austausch nur auf einen Teil des Bodens beschränken. Diese Polster- oder Puf-
ferschichten vergleichmäßigen und verringern die Setzungen. Die Wirkung dieser Schichten
ist deshalb besonders groß, weil die größten Spannungen, die durch das Bauwerk hervorgeru-
fen werden, im Bereich unmittelbar unter dem Fundament entstehen und dort den Boden zu-
sammendrücken. In der Tiefe t, die der ein- bis zweifachen Fundamentbreite entspricht, sind
die Zusatzspannungen durch das Bauwerk praktisch abgeklungen (Bild 5.8).
5.2 Bodenaushub - und Bodenaustauschverfahren 183

Bild 5.8 Spannungsverlauf unter einem Fundament


Bild 5.9 zeigt anhand eines Rechenbeispiels den Einfluss der Dicke einer Pufferschicht auf
die Größe der Setzungen.

Bild 5.9 Setzungsmindernder Einfluss einer Pufferschicht [3]

5.2.3 Anwendungsbereiche
Der Anwendungsbereich des Bodenaustauschverfahrens erstreckt sich vor allem auf weiche
bis breiige bindige Böden mit einer Schichtmächtigkeit bis ca. 3 m. Anstehendes Grundwas-
ser erschwert den Aushub und die Verdichtung des Ersatzmaterials. Daher ist es empfeh-
lenswert, wenn es technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar ist, den Grundwasserspie-
gel während der Baumaßnahme abzusenken.

Bei Flachgründungen in Form von Einzel- oder Streifengründungen ist es im Allgemeinen


günstiger, an Stelle prismatischer Verbesserungszonen für das einzelne Fundament die
Schicht auf der gesamten Fläche zu entfernen. Aushub und Verdichtung lassen sich so leich-
ter durchführen.
184 5 Baugrundverbesserung

Bei Ufereinfassungen ist in Gebieten mit mächtigen, weichen, bindigen Bodenschichten –


vor allem abhängig von der Höhe des Geländesprungs, von der Größe der Geländeaufhö-
hung, der Geländenutzlast und den Wasserstandsschwankungen – ein Bodenaustausch für
Kaianlagen, Böschungen usw. fallweise wirtschaftlich, wenn der zum Bodenersatz erforder-
liche Auffüllsand in genügender Qualität und Menge kostengünstig zur Verfügung steht.
Wenn der Bodenaustausch unter Wasser erfolgen muss, wird das Spül- oder Nassbaggerver-
fahren zum Aushub des Bodens angewendet. Hierbei sind Aushubtiefen bis etwa 35 m mög-
lich [4].

Das Verfahren der Verdrängung des nicht tragfähigen Bodens durch tragfähigen wird haupt-
sächlich beim Straßenbau in Moor- und Kleigebieten angewendet. Es werden so Dämme auf
weichem Untergrund hergestellt, ohne den gesamten nicht tragfähigen Boden austauschen zu
müssen.

5.2.4 Bemessungsverfahren und Erfahrungswerte


Bei dem Verfahren des Bodenaustauschs sind zunächst die Mächtigkeit der auszutauschen-
den Schicht und anschließend die Anforderungen an das Ersatzmaterial festzulegen.

Die Mächtigkeit der auszutauschenden Schicht wird durch eine Setzungsberechnung festge-
legt (siehe auch Bild 5.9). Üblicherweise reicht bei Einzel- und Streifenfundamenten eine
Austauschmächtigkeit, die der ein- bis zweifachen Fundamentbreite entspricht. Die Anforde-
rungen an das Ersatzmaterial und den Verdichtungsgrad richten sich nach der jeweiligen
Bauaufgabe. Der zu erreichende Verdichtungsgrad kann über die Proctordichte (üblich ca. 95
bis 100 % des Proctorwertes), den EV2-Wert des Plattendruckversuches (EV2-Werte von z. B.
45 bis 80 MN/m²), die Schlagzahlen der Rammsonde (z. B. 15 bis 30 Schläge pro 10 cm bei
der Leichten Rammsonde) oder über die Spitzendrücke bei der Drucksonde (qc von ca. 7,5
bis 15 N/m²) angegeben werden.

5.2.5 Verfahrensbeschreibung
In den Verfahren sind im Allgemeinen die Arbeitsvorgänge „Lösen des anstehenden Bodens“
und „Einbau des Ersatzbodens“ zu unterscheiden. Außerdem gibt es einige Verfahren, bei
denen der anstehende Boden nicht ausgehoben, sondern verdrängt wird.

Bodenaustausch im Trockenen

Bei Schichtdicken bis ca. 4 m wird der anstehende, nicht tragfähige Boden durch Bagger,
Radlader oder Schubraupen ausgeräumt und mit Lkws abtransportiert. Der Einbau des Aus-
tauschmaterials erfolgt nach den in Kap. 4.2.5 angegebenen Verfahren. Hierbei ist insbeson-
dere auf lagenweisen Einbau zu achten, wobei die Lagen einzeln gut verdichtet werden müs-
sen.
5.2 Bodenaushub - und Bodenaustauschverfahren 185

Bodenaustausch im Nassen

Der Boden wird unter Wasser mechanisch (z. B. Eimerkettenbagger) oder in Kombination
mit Spülhilfen gelöst. Das gelöste Material wird in schwimmenden Behältern oder – soweit
es spülfähig ist – in Rohrleitungen abtransportiert. In [5]wird insbesondere auf das Problem
des Schlickfalls eingegangen, der sich in dem Zeitraum zwischen dem Aushub und dem
Wiederverfüllen einstellt, und der nur durch einen raschen und gleichmäßigen Arbeitsablauf
in Grenzen gehalten werden kann. Die Aushubsohle ist im Allgemeinen unmittelbar vor Be-
ginn des Einfüllens zu säubern, wobei spezielle Schlicksauger eingesetzt werden. Liegt je-
doch eine längere Zeit zwischen dem Ende der Baggerarbeiten und dem Beginn des Schlick-
saugens, kann der Schlick bereits so verklebt sein, dass ein neuerlicher Aushub erforderlich
wird.

Das Austauschmaterial wird entweder mit Schuten antransportiert oder aufgespült. In beiden
Fällen sind ein lagenmäßiger Einbau und eine gezielte Verdichtung beim Einbau nicht mög-
lich. Sollte das verklappte oder aufgespülte Material für die vorgesehene Bauaufgabe nicht
ausreichend verdichtet sein, kommt eine nachträgliche Verdichtung (z. B. durch Tiefenrütt-
ler) in Frage.

Herstellung von geotextilummantelten Bodensäulen

Dem Verfahren liegt im Wesentlichen die Idee zugrunde, dass Bodensäulen, die mit geeigne-
ten Materialien und einer hochzugfesten Ummantelung umgeben werden, vertikale Lasten in
den Baugrund abtragen. Die Säulen werden mit einer temporären Schalung (Verrohrung)
hergestellt. Im Innern dieser Verrohrung wird der nicht ausreichend tragfähige Boden ausge-
hoben, was durch Ausgreifen, Ausbohren oder Ausspülen erfolgen kann. Der Aushub muss
bis in eine tragfähige Schicht fortgeführt werden.

Bevor im Innern der Verrohrung als Ersatzmaterial Kiessand o. ä. eingefüllt wird, wird die
Verschalung mit einem zugfesten Geotextil, das in Ring- bzw. Schlauchform eingebracht
wird, ausgekleidet (Bild 5.10).

Bild 5.10 Herstellung einer geotextilummantelten Bodensäule [6], [7]


186 5 Baugrundverbesserung

Durch das Einfüllen des Materials wird die Ummantelung vollständig ausgefüllt. Während
des Ziehens der Verrohrung wird das eingefüllte tragfähige Material verdichtet. Unter der
Wirkung dieser Verdichtung und des Eigengewichtes des eingefüllten Materials wird eine
zusätzliche Erweiterung der Säule in den umgebenden Boden bewirkt. Es entsteht in dem
nicht ausreichend tragfähigen Boden eine Materialsäule mit großer Steifigkeit, wobei die
Bauwerks- und Verkehrslasten direkt in den tragfähigen Boden übertragen werden. Die Säu-
len werden in einem Raster angeordnet, wobei sich die Anordnung nach den Baugrundver-
hältnissen, der Bauaufgabe und den zu übertragenden Lasten richtet.

Kasten-Bodenaustausch-Verfahren

Beim Bodenaustausch in konventioneller Bauweise wird der ungeeignete Boden mit Erdbau-
geräten abgetragen und anschließend neues Bodenmaterial eingebaut und verdichtet. Dies
erfordert eine großflächige Baugrube. Bei der Sanierung von Schienenwegen, bei denen we-
gen der Erhöhung der Lasten und/oder der Geschwindigkeiten eine Untergrundverbesserung
erforderlich ist, ist oftmals keine Verlegung der Gleise möglich und somit nur ein schrittwei-
ser, halbseitiger Ausbau durchführbar. Für diese Aufgabe hat die Firma Möbius Bau-
Gesellschaft das „Kasten-Bodenaustausch-Verfahren“ entwickelt [8].

Die einzelnen Arbeitsschritte sind:


− Einvibrieren eines fortlaufenden Kastens
− Ausbaggern des nicht standfesten Bodens bis zum Wechsel der Bodenschicht
− Einfüllen von neuem, tragfähigem Boden
− Anschließendes Verdichten innerhalb des Kastens durch Vibration bei mehrmaligem
Heben und Senken des Kastens
Die Kästen sind in ihrer Größe dem Bauvorhaben angepasst (z. B. 3,0 m ⋅ 1,5 m ⋅ 5,0 m). Die
Höhe wird so festgelegt, dass der untere Teil in die tragfähige Bodenschicht einbindet, deren
Austausch nicht mehr erforderlich ist. Austauschtiefen bis ca. 7,5 m sind möglich. Während
des Bodenaustauschs werden alle auftretenden Bodenkräfte von den als biegesteifen Rahmen
dimensionierten Kästen sicher aufgenommen. Zum Einsatz kommen jeweils mindestens drei
Kästen in der gewählten Arbeitsrichtung.

Bodenaustausch mit dem Seitenschildgerät [9]


Bei der Sanierung von Schienenverkehrswegen ist häufig ein Bodenaustausch erforderlich.
Die Firma Möbius Bau-Gesellschaft hat ein Seitenschildgerät entwickelt, mit dessen Hilfe
der Austausch ohne zusätzlichen Verbau und ohne betriebliche Einschränkungen auf dem
Nachbargleis bei sehr schnellem Arbeitsfortschritt und großer Wirtschaftlichkeit ausgeführt
werden kann.
Das Seitenschild wird auf einer vorgegebenen Trennlinie (bei Bahnstrecken z. B. in der Stre-
ckenachse) geführt. Der vordere Teil des Seitenschildes ist über einen Hydraulikzylinder
schwenkbar angeordnet, so dass sowohl eine Richtungskorrektur als auch das Nachfahren
einer vorgegebenen Trassierung möglich ist. Das Seitenschild durchschneidet den Boden bis
auf die Unterkante der auszubauenden, nicht tragfähigen Bodenschicht.
5.2 Bodenaushub - und Bodenaustauschverfahren 187

Der so abgetrennte Boden wird mit Hilfe eines Tieflöffels ausgebaggert und durch neuen,
tragfähigen Boden ersetzt. Die mögliche Austauschtiefe reicht bis ca. 1,5 m.

Bodenaustausch mit dem Vorschubgerät

Ebenfalls für die Sanierung von Eisenbahnstrecken wurde von der Firma Möbius der Boden-
austausch mit dem Vorschubgerät entwickelt (Bild 5.11).

Bild 5.11 Vorschubgerät im Bahnkörperquerschnitt [10]

Das Vorschubgerät, mit dem der Boden bis in ca. 4 m Tiefe ausgetauscht werden kann, ist ein
Schalungskasten mit eigenem Antrieb, der taktweise in Arbeitsrichtung bewegt wird.

Im vorderen Bereich erfolgt der Bodenausbau mit einem Hydraulikbagger zwischen den bei-
den Seitenwänden und einer feststehenden Querwand (Bild 5.12).

Zur gleichen Zeit wird im hinteren Bereich neuer Boden eingebaut und verdichtet. Nach
Aushub und Einbau wird die bewegliche Druckwand mit Hydraulikzylindern gegen die Ver-
füllung gedrückt und bewirkt so den Vorschub des Gerätes von jeweils 2,0 bis 2,5 m. Wäh-
rend der Aushub beginnt, wird die Druckwand zurückgefahren, und es entsteht ein Raum für
das Verfüllen mit geeignetem Boden, der von einem Hydraulikbagger mit angebautem Rüt-
telverdichter verteilt und lagenweise auf die vorgeschriebenen Werte verdichtet wird.
188 5 Baugrundverbesserung

Bild 5.12 Arbeitsschritte beim Vorschubverfahren [10]

Bodenaustausch durch Verdrängen

Das Verfahren der Verdrängung des nicht tragfähigen durch tragfähigen Boden wird haupt-
sächlich beim Straßenbau in Moor- oder Kleigebieten angewendet. Es werden so Dämme auf
weichem Untergrund hergestellt, ohne dass der gesamte nicht tragfähige Boden ausgetauscht
werden muss. Die Verdrängung wird mit einem gesteuerten Grundbruch durch die Auflast
erreicht. Hierzu wird linienhaft ein Bodenkörper aus tragfähigem Boden aufgebracht, der den
nicht tragfähigen Boden seitlich verdrängt. Dabei ist es erforderlich, mit dem Absinken der
Auflast das Material ständig und gleichmäßig nachzugeben, so dass der Gleitprozess nicht
unterbrochen wird.

Die Verdrängung des Bodens kann durch Sprenghilfen beschleunigt werden. Der Damm wird
hierbei mit Überhöhung geschüttet, so dass ein Teil des Moores oder des weichen Bodens
bereits unter der statischen Auflast seitlich verdrängt wird.
5.3 Oberflächenverdichtung 189

Anschließend werden die Sprengladungen eingebracht und zwar sowohl seitlich als Vor-
feldminen (kleinere Ladungen) als auch mittig unter dem Schüttvolumen als Hauptminen.
Die Vorfeldminen werden zuerst gezündet. Die sich ausdehnenden Sprenggase schaffen
einen Hohlraum, der die Oberfläche aufwölbt. Etwa eine Sekunde nach den Vorfeldminen
werden die Hauptminen gezündet. Die Sprenggase heben den Damm um zwei bis drei Meter
an. Dann fällt das Dammmaterial in den von den Hauptminen geschaffenen Hohlraum he-
runter und verdrängt damit den weichen Boden.

5.3 Oberflächenverdichtung

5.3.1 Allgemeines
In der Praxis trifft man häufig auf Böden, die für eine bestimmte Baumaßnahme nicht ausrei-
chend dicht gelagert sind. Das kann z. B. der Fall sein, wenn die Baugrubensohle durch Fahr-
zeugbetrieb aufgelockert wurde, wenn das Material aufgefüllt wurde oder wenn es sich um
geologisch junges Ablagerungsmaterial handelt, das zum Beispiel vom Wind oder Wasser
transportiert wurde. In diesen Fällen ist es erforderlich, den Boden zu verdichten. Verdich-
tung bedeutet hierbei eine Verringerung des Porengehaltes, was zu einem stabileren Zustand
des Korngerüstes führt. Dadurch erhöhen sich Reibungswinkel und Steifemodul, so dass die
Tragfähigkeit steigt und die Verformbarkeit abnimmt. Je nachdem, ob die zu verdichtende
Schicht an der Oberfläche liegt und nur eine geringe Mächtigkeit aufweist, oder ob tiefer
liegende dickere Schichten zu verdichten sind, unterscheidet man in Oberflächenverdichtung
und Tiefenverdichtung.

Bei der Oberflächenverdichtung ist die Tiefenwirkung so gering, dass diese Art der Verdich-
tung im Wesentlichen im Erd- und Straßenbau für lagenweise eingebaute Schüttungen ange-
wendet wird. Die Bodenverdichtung erfolgt von der Oberfläche aus mit z. B. Flächenrüttlern,
Vibrationswalzen, Explosionsstampfern oder Fallplatten.

Durch die Bodenverdichtung sollen die bautechnischen Eigenschaften der Böden verbessert
werden. Die Aufgabe besteht darin, den mit Wasser und Luft gefüllten Porenraum eines Bo-
dens zu verringern. Durch die dichtere Lagerung der Bodenteilchen erhöht sich die Scherfes-
tigkeit und zudem vermindert sich die Zusammendrückbarkeit und Durchlässigkeit des Bo-
dens. Die erreichbare Verdichtung hängt einerseits vom Verdichtungsgerät und vom Arbeits-
verfahren, andererseits von der Bodenart, vom Wassergehalt des Bodens sowie vom Verfor-
mungsverhalten der Unterlage ab.
190 5 Baugrundverbesserung

5.3.2 Technische Grundlagen


Die Mächtigkeiten der zu verdichtenden Lagen liegen in der Regel zwischen 20 bis 60 cm.
Die Verdichtung kann – je nach dem gewählten Gerätetyp – durch statischen Druck, Knet-
wirkung, Schlagwirkung oder die Einleitung von Schwingungen erfolgen, wobei die Wir-
kungen z. T. kombiniert sind.

Bei den statisch wirkenden Verdichtungsgeräten wird deren Eigengewicht über verschieden
ausgebildete Aufstandsflächen – und damit über unterschiedliche Drücke – im Boden wirk-
sam. Durch die so entstehende Verteilung und Ausbreitung von Spannungen im Boden wird
dessen Verdichtung bewirkt. Die Verdichtungstiefe ist gegenüber den im Gewicht vergleich-
baren, dynamisch wirkenden Geräten gering. Zu den statisch wirkenden Geräten gehören
Schaffußwalzen, Gummiradwalzen, Gürtelradwalzen und Gitterwalzen.

Bei den dynamisch arbeitenden Geräten wirkt neben dem statischen Gewicht eine Wechsel-
kraft auf den Boden. Man unterscheidet stampfende und – mit fließendem Übergang – sprin-
gende und vibrierende Geräte. Bei den stampfenden Verdichtungsgeräten handelt es sich um
Geräte wie Fallplattenstampfer, Explosionsstampfer und Schnellschlagstampfer. Zu den
springenden bzw. vibrierenden Verdichtungsgeräten zählen Walzen und Platten, wobei sich
unter üblicher Anwendung bei den Walzen mehr ein springendes Bewegungsverhalten ein-
stellt.

Im Hinblick auf die unterschiedlichen Verdichtungseigenschaften der Böden sind drei Arten
zu unterscheiden. Tabelle 5.6 zeigt diese Eigenschaften:

Tabelle 5.6 Entscheidende Faktoren für die Verdichtung

Grobkörnige, nichtbindige Fein- und grobkörnige Misch-


Feinkörnige, bindige Böden
Böden böden, bindig
Sande, Kiese Schluffe, Tone Bindige Sande und Kiese
 Mischungsverhältnis von
Fein- und Grobkörnung
 Kornzusammensetzung  Wassergehalt  Wassergehalt der Fein-
 Kornform  Plastizität körnung
 Wassergehalt  Kornzusammensetzung  Kornzusammensetzung
und Plastizität der Fein-
körnung

5.3.3 Das Bauverfahren

5.3.3.1 Beschreibung der Arbeitsprozesse


Die Oberflächenverdichtung wird überall da angewendet, wo es um den lagenweisen Einbau
oder die Verbesserung oberflächennaher, geringmächtiger Schichten geht.
5.3 Oberflächenverdichtung 191

Hauptanwendungsgebiet ist der Straßen- und Dammbau, bei dem das Schüttmaterial in Lagen
von ca. 20 bis 60 cm Stärke eingebracht und verdichtet wird. Die einzelnen Prozesse der
Oberflächendichtung sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen.

Tabelle 5.7 Prozesse der Oberflächenverdichtung


Prozess Teilprozess Gerät

Vorbereitende Maßnahmen (1) ggf. Baugelände freimachen - Raupe


I
- Radlader
Verdichten (1) Boden auf die vorgesehene - Radplanierraupe
Fläche lagenweise einbringen - Grader
(2) Ausplanieren und Planum - Glattmantelwalze
erstellen - Stampfer
II
(3) lagenweises Verdichten des - Plattenrüttler
Bodens
(4) ggf. Profilieren
(5) ggf. Mutterboden andecken
Räumen der Baustelle (1) Reinigung von benutzten Flä- - Radlader
III
chen - Raupe

5.3.3.2 Die Geräte


Gerätetypen

Im nachfolgenden werden nur die Geräte für die Verdichtungsleistungen behandelt. Dazu
zählen:
• Stampframme
• Vibrationsstampfer
• Vibrations- bzw. Rüttelplatte
• Walze
Stampframme

Die Stampframme bzw. Explosionsramme besitzt eine meist kreisförmige Stampfplatte und
verdichtet den Boden durch das Fallgewicht bei einer Sprunghöhe von ca. 40 cm. Diese Art
von Verdichtungsgerät wird in Deutschland nur von der Firma Demag vertrieben.
192 5 Baugrundverbesserung

Bild 5.13 Stampframme und Vibrationsstampfer [11]

Vibrationsstampfer

Vibrationsstampfer bestehen aus einem Unterteil mit Stampffuß und einem Oberteil, das den
Antriebsmotor, das Getriebegehäuse und den Führungsbügel mit Gashebeln aufnimmt. Die
Kraftübertragung erfolgt vom Antriebsmotor über eine Fliehkraftkupplung, ein einstufiges
Stirnradgetriebe und den Kurbeltrieb auf den zwischen Druckfedern eingespannten Kolben
und über die Innenführung auf dem Stampffuß. Die Stampferplatte besteht aus Holz oder
Kunststoff und ist mit einem verschleißarmen Stahlblech belegt. Übliche Betriebgewichte
liegen zwischen 50 und 100 kg.

Vibrations- bzw. Rüttelplatten

Vibrationsplatten bestehen aus der Grundplatte und der Motorplatte, die durch schwingungs-
dämpfende Gummipuffer miteinander verbunden sind. Ein klappbarer Führungsflügel ist
ebenfalls schwingungsfrei an der Motorplatte befestigt und erlaubt die Führung der Platte in
beide Richtungen. Der Motor treibt über eine Fliehkraftkupplung, Keilriemen und eine Ge-
lenkwelle den Schwingungserreger in der Grundplatte an. Vorwärts laufende Vibrationsplat-
ten besitzen einen Einwellenkreiserreger mit gegenläufigen Massen. Die maximale Arbeits-
geschwindigkeit von Vibrationsplatten hängt vom Gerätetyp und den Bodenverhältnissen ab.
Mit der aufliegenden Platte werden diese Geräte besonders zur Verdichtung nicht- oder
schwach bindiger Böden benutzt. Kleinere Platten werden hin- und hergezogen, während
größere selbst gehend sind und mittels Deichsel gelenkt werden. Vor- und Rückwärtsgang,
Geschwindigkeit und Vibration sind steuerbar. Durch zusammenkoppeln mehrerer Platten
lässt sich die Arbeitsbreite vergrößern. Auch können mehrere Geräte front- oder heckseitig
an Geräte (Grader, Unimog o. ä.) angebaut werden. Übliche Betriebsgewichte liegen zwi-
schen 50 und 500 kg.
5.3 Oberflächenverdichtung 193

Walzen

Die Walzen werden nach ihrer Wirkungsweise in statisch bzw. dynamisch wirkende Geräte
unterschieden. Zudem werden sie nach Art bzw. Gestaltung der Walzen als Glattradwalzen,
Gitterradwalzen, Schaffußwalzen, Stampffußwalzen und Gummiradwalzen bezeichnet. Nach
Art der Walzenordnung und des Antriebs werden Einzel-, Tandem- und Dreiradwalzen sowie
Walzenzüge und Anhängewalzen unterschieden. Statisch wirkende Walzen mit Glattmantel
werden als Dreiradwalzen oder Tandemwalzen konstruiert. Dreiradwalzen besitzen zwei
größere, angetriebene Hinterräder und ein kleines, nicht angetriebenes Vorderrad. Ihre Be-
triebsgewichte betragen 4 bis 16 t. Tandemwalzen haben zwei annähernd gleich große Ban-
dagen, von denen meist nur eine angetrieben ist. Das Betriebsgewicht liegt zwischen 1 und
12 t. Eine Kenngröße für ihre Verdichtungsleistung ist die statische Linienlast. Sie ermittelt
sich zu:

Statische Linienlast = Achslast (kg) / Bandagenbreite (cm)

Bild 5.14 Statische Linienlast [12]

Der durch die statische Linienlast auf den Boden ausgeübte Flächendruck steigt mit zuneh-
mender Verdichtung, da die Stahlbandage in lockeren Böden weiter einsinkt und somit eine
größere Ausstandsfläche besitzt. Die Tiefenwirkung dieser Walzen ist relativ gering und
reicht bei der Bodenverdichtung unter günstigsten Verhältnissen bis max. 40 cm, wobei in
der Praxis Werte bis zu 20 cm angenommen werden sollten.

Statisch wirkende Gummiradwalzen haben 5 bis 11 profillose, mit seitlichem Abstand ange-
brachte Gummiräder, die pendelnd oder tauchend aufgehängt sind. Ihr Betriebsgewicht liegt
zwischen 5 und 35 t. Die Verdichtungswirkung beruht auf dem Eigengewicht und hängt von
der Radlast, dem Reifeninnendruck und der Walzengeschwindigkeit ab. Für die Bodenver-
dichtung hat die Gummiradwalze durch die dynamisch wirkenden Walzen an Bedeutung ver-
loren. Die dynamisch wirkenden Walzen, auch Vibrationswalzen genannt, sind bei der Bo-
denverdichtung wesentlich leistungsfähiger als die statisch wirkenden und stellen heute die
am weitest verbreiteten Verdichtungsgeräte dar. Die Verdichtungsleistung hängt neben der
statischen Linienlast im Wesentlichen von der Frequenz und der Amplitude der schwingen-
den Masse ab. Die Vibrationen werden dabei mit einem rotierenden Excenter erzeugt, dessen
Drehzahl die Frequenz der Vibration bestimmt. Die Frequenz ist die Anzahl der Excenterum-
drehungen pro Sekunde und wird mit Hertz [Hz] angegeben.
194 5 Baugrundverbesserung

Die schwingende Maschinenmasse ist vom restlichen Geräteteil schwingungstechnisch durch


Gummipuffer getrennt. Die theoretische Amplitude wird durch das Gewicht der schwingen-
den Maschinenmasse sowie durch die Geometrie und das Gewicht des Excenters bestimmt.

Bild 5.15 Kombi Walzenzug. Vordere Achse mit Gummimantelbandage, hintere Achse mit Gummirädern [13]

Die Vibrationswalzen werden angeboten als Tandem-Vibrationswalzen mit Betriebsgewich-


ten von 1 bis 13 t. Sie besitzen zwei gleich große Bandagen und werden im Verkehrsbau zur
Verdichtung von Asphaltschichten, von Frostschutz- und ungebundenen Tragschichten ein-
gesetzt. Bei Walzenzügen ist die in einem Vorderrahmen sitzende Bandage über ein zentrales
Pendelknickgelenk mit dem Hinterrahmen verbunden. Im Hinterrahmen sitzen zwei gummi-
bereifte Antriebsräder. Der Vibrationsantrieb erfolgt hydraulisch. Das Betriebsgewicht liegt
zwischen 2 und 18 t. Sie werden zur Bodenverdichtung im Erdbau und zur Verdichtung von
Frostschutzschichten und ungebundenen Tragschichten im Straßenbau eingesetzt.

Größere Vibrationswalzen sind meist mit zwei Amplituden und zwei Frequenzen ausgestat-
tet. Bei dünnen Schichten und leicht verdichtbaren Böden wird eine kleine Amplitude und
eine hohe Frequenz, bei dicken Schichten und schwer verdichtbaren Materialien eine große
Amplitude mit niedriger Frequenz empfohlen. Die Tiefenwirkung ist wesentlich höher als bei
den statischen Walzen. So lassen sich mit schweren Walzenzügen Schichtstärken von bis zu
1,50 m bearbeiten. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Verdichtungswirkung mit
zunehmender Schichtstärke abnimmt und in der Praxis bei Forderungen von gleichmäßig
hohen Verdichtungsergebnissen die maximal angegebene Schichtstärke zu reduzieren ist.

Die Walzengeschwindigkeiten liegen bei bindigen Böden und Fels bei zwischen 1 und
2,5 km/h und bei Kies, Sand und Mischböden bei 2,5 bis 4 km/h. Für Anhängewalzen mit
Betriebsgewichten von 4 bis 16 t gilt ähnliches.

Für die Oberflächenausbildung der Stahlbandagen gilt: Glattmantelbandagen kommen bei


nichtbindigen Böden, bei Mischböden, leicht bindigen Böden und Steinschüttungen zum Ein-
satz.
5.3 Oberflächenverdichtung 195

Bandagen mit aufgeschweißten Stampffuß- oder Schaffußelementen werden vorzugsweise


auf stark bindigen Böden und bindigen Böden mit erhöhtem Wassergehalt eingesetzt.
Stampffußelemente eignen sich zudem noch bei Schüttungen aus mürbem Gestein.

Bei Einsatz von dynamisch wirkenden Walzen auf nichtbindigen Böden, insbesondere bei
gleichförmigem Bodenmaterial oder Böden mit geringem Feinkornanteil in den oberen
Schichten, besteht eine gewisse Auflockerungs- und Entmischungsgefahr. Deshalb sollten die
letzten beiden Übergänge nur mit statischer Wirkung gefahren werden.

5.3.3.3 Die Einsatzeignung der Geräte in Abhängigkeit des Bodens


Wird der Boden einer Verdichtung unterzogen, ist die Verdichtungswilligkeit des Bodens
gefragt. Hier werden empirisch ermittelte Daten angewendet, bzw. die Erfahrung lehrt, ob
der Boden sich gegen eine Verdichtung sperrt, ob er auf Vibrationen anspricht oder gedrückt
und geknetet werden muss.

Tabelle 5.8 Verdichtungseignung und zweckmäßige Verdichtungsmethoden [14]


Rütteln
Rütteln + Druck Stampfen Kneten
Druck
Mam- Vibra- Gummi- Explo- Schaf-
Glatt- Stamp-
Rüttler mut- tions- rad- sions- fuß-
walze bagger
rüttler walze walze stampfer walze
Nichtbindige Böden
- Steine ■
- Geröll ■
- Kies ■
- Sand ■ ■
Bindige Böden
- weich (m. Steingerüst) ■ ■
- plastisch ■ ■
- hart ■
Krümelige Böden
- krümelig ■ ■ ■
- bröckelig ■ ■
- schollig ■ ■
Plattige Körnung
- schieferig ■
- plattig ■
- bankig ■
Schotter, Blöcke
- Schotter < 100 mm ∅ ■ ■ ■
- Schotter > 100 mm ∅ ■
- gebrochenes Haufwerk ■
- grobe Blöcke ■
Gemischte Böden
- viel Korn, wenig Binder ■
- viel Binder, wenig Korn ■
196 5 Baugrundverbesserung

5.3.3.4 Der Personalbedarf


Zu einer aufeinander eingespielten Arbeitsgruppe gehören im Allgemeinen:
• 1 Fahrer des LKW (Boden anliefern)
• 1 Maschinist für die Planierraupe
• 1 Hilfsarbeiter zuständig für die Hilfsarbeiten
• 1 Maschinist für die Walze, Vibrationsplatte oder Stampframme

5.3.3.5 Informationen zur Kalkulation


Leistung und Kosten

Die Verdichtung wird beeinflusst von:


– dem zu verdichtenden Material
– den Einbaubedingungen des Materials
– den Baustellenbedingungen
– den Gerätemerkmalen
– sonstigen Einflüssen, z. B. Wirtschaftlichkeit
Zu jedem dieser Einflüsse lassen sich einzelne Faktoren nennen, die in der nachfolgenden
Tabelle aufgeführt werden.

Tabelle 5.9 Einflussfaktoren auf die Verdichtungsleistung [12]


Einbau- Baustellen-
Material Wirtschaftlichkeit Gerätemerkmale
bedingungen bedingungen
- Kornzu- - Beschaffenheit der - Baustellen- - Verfügbarkeit des - Art des Verdich-
sammensetzung Unterlage geometrie Gerätes tungsgerätes
- Kornabstufung - Schütthöhe - Kurvigkeit - Leistungsfähigkeit - Gewicht
- Kornform - Walzen- - Neigung des Gerätes - Schwingende
- Kornrauhigkeit geschwindigkeit - Zugänglichkeit - Baustellengröße Masse
- Plastizität - Zahl der Übergänge - Geräte- - Frequenz
- Wassergehalt - Wasserzugabe abstimmung - Amplitude
- Geometrie des
Verdichtungs-
körpers

Die Leistung eines Verdichtungsgerätes im Erd- oder Straßenbau wird danach gemessen,
welches Volumen an verdichtetem Material je Zeiteinheit durch das Gerät eingebaut werden
kann.

Als wesentliche Kenngrößen für die Ermittlung von Verdichtungsleistungen gelten:


– Bodenart
– Wirksame Arbeitsbreite
– Dicke der zu verdichtenden Schicht
– Verdichtungsgeschwindigkeit und Zahl der Verdichtungsübergänge
5.3 Oberflächenverdichtung 197

Nachfolgend werden die zugehörigen Geräte, BGL-Nr., der Personaleinsatz und die kalkula-
torischen Aufwandswerte der gewichtigen Teilprozesse aufgeführt.

Tabelle 5.10 Betriebsmitteleinsatz


BGL-Nr. Personal- Kalkulatorische
Prozess Teilprozess Gerät
(Hauptgruppen) bedarf Leistungsansätze

(1) Boden auf die LKW P.2.10. ···· 1 Maschinist


vorgesehenen
Flächen lagen- 400–1500 m³/Tag
weise einbrin-
gen
(2) Ausplanieren Radplanierraupe D.4.00. ···· 1 Maschinist 100–400 m2/h
und Planum er- Schichtdicke:30cm
II
stellen Grader D.7.01. ···· 125–500 m2/h
(3) lagenweises Stampfer D.8.70. ···· 1 Maschinist 0,5 m2/min
Verdichten des Dreiradwalze D.8.00. ···· 1 Helfer 125–500 m3/h
Bodens Flächenrüttler D.8.61. ···· 1 m2/min
(5) ggf. Mutterbo- Radplanierraupe D.4.00. ···· 1 Maschinist 100–300 m2/h
den andecken Schichtdicke: 30cm

Die Tabelle 5.11 zeigt ausgewählte Tätigkeits- und Rüstzeiten der angewandten Verfahren.
Die angegebenen Leistungswerte gelten bei Großbaustellen. Bei mittleren und kleineren
Baumaßnahmen sind die Leistungswerte zum Teil wesentlich niedriger.

Tabelle 5.11 Ausgewählte Tätigkeits- und Rüstzeiten bei der Oberflächenverdichtung

Tätigkeit Ausgewählte Tätigkeits- und Rüstzeiten


Boden anliefern Transport pro Km/t und m3
Grobkörnige, nichtbindige Böden (Sande, Kiese)
Gummiradwalze 150 m3/h
Verdichtungsleistung
Verdichtungsvorgang

Stampfer 9,0 m3/h


(Schichtdicke 30 cm)
Flächenrüttler 18,0 m3/h
Fein- und grobkörnige Mischböden, bindig (bindige Sande und Kiese)
Gummiradwalze Bis 125 m3/h
Verdichtungsleistung
Stampfer 7,5 m3/h
(Schichtdicke 25 cm)
Flächenrüttler 15,0 m3/h
Feinkörnige, bindige Böden (Schluffe, Tone)
Gummiradwalze 100 m3/h
Verdichtungsleistung
Stampfer 6,0 m3/h
(Schichtdicke 20 cm)
Flächenrüttler 12,0 m3/h
Baustelleneinrichtung 1 Tag
Anlaufzeit am Morgen
Sonstiges

20 min pro Tag


bzw.Abbauzeit am Abend
Geräteausfall 1–3 Stunden in der Woche
Räumen der Baustelle 1 Tag
198 5 Baugrundverbesserung

5.3.3.6 Anmerkungen zur Leistungsbeschreibung


Teilleistungen

Hinsichtlich der baubetrieblichen Verfahrensplanung für eine Oberflächenverdichtung sind


bei der Leistungsbeschreibung folgende Arten zu unterscheiden:

a) Oberflächenverdichtung von anstehenden Bodenschichten

b) Oberflächenverdichtung von neu einzubringenden Bodenschichten

Die Unterscheidung ergibt sich aus der von a) bis b) zu nehmenden Leistungstiefe. So müs-
sen bei den zu a) gehörenden Leistungen nur Verdichtungsgeräte eingesetzt werden. Bei b)
fallen zusätzliche Bodentransporte und Bodeneinbau an.

Inhalte
In der Leistungsbeschreibung für Leistungen der Gruppe a) sollten folgende Informationen
enthalten sein:
– Art des Bauwerks (Dämme, Straßen, Plätze etc.) bzw. des Bauteils (Einzelfundamente,
Sohlplatte etc), für welches die Bodenverbesserungen benötigt werden
– Beschaffenheit des vorhandenen Bodens
– Bei nichtbindigen Böden: Bodenart und Lagerungsdichte
– Bei bindigen Böden: Bodenart, Wassergehalt und Konsistenz
– Schichtstärke des zu verbessernden Bodens
– Geforderte Bodeneigenschaften nach der Verdichtung
– bei nichtbindigen Böden: Lagerungsdichte, Proctordichte, EV2-Wert
– bei bindigen Böden: Proctordichte, EV2-Wert
– Abmessungen und bei mehreren Einzelflächen die Verteilung der zu verbessernden
Flächen
Informationen über zusätzliche Leistungen der Gruppe b):
– Art und Umfang des zu liefernden Bodenmaterials
– Transportentfernung, Ort und Art der Lagerung bei vom Auftraggeber bereitgestellten
Böden
– Gesamte Einbaustärke des aufzubringenden Materials

5.3.4 Qualitätssicherung und Kennwerte


Die Qualität bei der Verdichtung von der Oberfläche aus hängt zunächst von der Wahl des
Verfüllmaterials ab, aber natürlich auch von der Mächtigkeit der einzelnen Lagen und davon,
welches Verdichtungsgerät gewählt wird.
5.3 Oberflächenverdichtung 199

Die Kontrolle der Verdichtung erfolgt mit den im Erdbau üblichen Verfahren:
– Feststellung der Trockendichte von entnommenen Proben und Vergleich mit dem Proc-
torwert nach DIN 18 127 (Ermitteln des Verdichtungsgrades Dpr)
– Durchführung von Plattendruckversuchen zur Feststellung der Verformungsmoduli EV1
und EV2
– Ermittlung von Dichte und Wassergehalt mit radiometrischen Verfahren
Für grobkörnige Böden lassen sich näherungsweise Zuordnungen zwischen Dpr und EV2 an-
geben (Tabelle 5.12).

Tabelle 5.12 Näherungsweise Zuordnung von Verdichtungsgrad und Verformungsmodul [15]

Bodenart Dpr [%] EV2 [MN/m2]


> 103 > 120
GW, GI > 100 > 100
> 97 > 80
> 100 > 80
GE, SE, SW, SI > 97 > 60
> 95 > 45

Für fein- und gemischtkörnige Böden ist eine näherungsweise Zuordnung von Porenanteil n,
Wassergehalt w und EV2-Modul möglich, sofern sie einen Luftporenanteil na < 12 % aufwei-
sen (Tabelle 5.13).

Tabelle 5.13 Näherungsweise Zuordnung von Porenanteil, Wassergehalt und Verformungsmodul bei fein-
und gemischtkörnigen Böden mit Luftporenanteil na < 12 % [15]

Porenanteil n [-] Wassergehalt w [-] EV2 [MN/m2]


< 0,3 0,07 < w < 0,15 > 20
0,3 < n < 0,36 0,1 < w < 0,2 20 < EV2 < 45
> 0,36 > 0,15 < 20
Während die üblichen Kontrollen des Verdichtungsgrades und des Verformungsmoduls we-
gen der Kosten nur stichprobenartig und punktuell durchgeführt werden, lässt sich der Ver-
dichtungserfolg auch flächendeckend durch eine dynamische Verdichtungskontrolle, die mit
dem Verdichtungsgerät selbst aufgeführt wird, nachweisen. Das Funktionsprinzip des Mess-
systems beruht auf der Wechselwirkung zwischen der beschleunigten Walzenbandage und
der sich mit der Verdichtung ändernden dynamischen Steifigkeit des Bodens.

Mit der flächendeckenden dynamischen Verdichtungskontrolle lassen sich Untergrund- und


Aufstandsflächen von Dammbauten, Verkehrsflächenbefestigungen, Bauwerksgründungen
und mineralischen Abdichtungen bezüglich ihres Verformung- und Tragfähigkeitsverhaltens
beurteilen. Das Verfahren erlaubt es, festzustellen, ob ein weiterer Einsatz des Verdichtungs-
gerätes sinnvoll ist, und wo Bereiche sind, die nachgearbeitet werden müssen.
200 5 Baugrundverbesserung

5.4 Tiefenrüttelverfahren

5.4.1 Das Bauverfahren im Überblick


Bei der Verdichtung mit Rüttelschwingung wird zwischen zwei Verfahren unterschieden:

1) Tiefenverdichtung mit dem Rütteldruckverfahren

2) Tiefenrüttlung mit Aufsatzrüttlern

Tiefenverdichtung mit dem Rütteldruckverfahren

Das heute angewendete Rütteldruckverfahren kombiniert die Einleitung von Schwingungen


mit dem Aufbringen der Vertikallast aus dem Gewicht des Rüttlers und der Aufsatzrohre. Die
Eindringung des Rüttlers wird i. Allg. zusätzlich durch Spülwasser unterstützt, das an der
Rüttlerspitze austritt. (Bild 5.16)

Die Rüttelschwingungen beim Einfahren und Verdichten werden durch eine von einem Elek-
tromotor angetriebene Unwucht erzeugt, die kurz über der Spitze des Rüttlers sitzt. Die Rütt-
ler haben einen Durchmesser von 30 bis 40 cm. Im Sand lässt sich die Verdichtung am besten
mit niedriger Drehzahl und großer Amplitude erreichen. Die mittlere Absenkgeschwindigkeit
liegt bei 2 bis 5 m/min, wobei maximal bis zu 100 m3/h an Spülwasser zugegeben werden.
Der Spüldruck beträgt maximal 10 bar.

Der Boden im Umkreis des Rüttlers kann nur verdichtet werden, wenn der Rüttler ständigen
Kontakt zum Boden hat. Dies erfordert die Zugabe von Material, das entweder angefahren
oder auf der Baustelle selbst gewonnen wird. Das Zugabematerial kann aus der gleichen
Körnung bestehen oder aber aus speziellen Korngrößengruppen, die im anstehenden Boden
nicht vorhanden sind.

Durch die Zugabe solcher „Fehlkörnungen“ entsteht ein besonders dichtes Bodengefüge mit
einer hohen Tragfähigkeit. Die Verdichtungswirkung erstreckt sich auf einen Bereich mit
einem Radius von ca. 1 bis 2 m um den Rüttler herum. Ganz allgemein ist darauf hinzuwei-
sen, dass sich durch die Verdichtung die Geländeoberfläche um ca. 8 bis 15 % der Mächtig-
keit der zu verbessernden Schicht setzt [16].

Da die Wirkung des Rüttlers im oberflächennahen Bereich stark abnimmt, ist eine abschlie-
ßende Verdichtung der oberen 0,5 bis 1,0 m mit Oberflächenrüttlern (Kap. 5.2) erforderlich
Falls dieser Bereich ohnehin ausgehoben wird, findet eine Verdichtung zusammen mit dem
restlichen Oberboden statt.
5.4 Tiefenrüttelverfahren 201

Tiefenrüttlung mit Aufsatzrüttlern

Als Alternative zum Rütteldruckverfahren wird das Einbringen von Rohren, Bohlen o. ä. mit
Aufsatzrüttlern angeboten.

Hierbei werden vorzugsweise vertikale Schwingungen in den zu verdichtenden Baugrund


eingeleitet, während beim Rütteldruckverfahren der Boden vorwiegend in horizontale
Schwingungen versetzt wird. In den USA wurde ein Verfahren unter dem Namen „Terrapro-
be“ entwickelt, bei dem ein Rüttler auf einem unten offenen Rohr von 76 cm Durchmesser
sitzt. Der Rüttler und das Rohr wiegen zusammen etwa 10 t. Am Rohr sind Spülleitungen
befestigt, wodurch ein schnelleres Absenken des Rohres sowie die Wassersättigung des Bo-
dens oberhalb des Grundwasserspiegels bewirkt werden kann.

Vergleichende Untersuchungen haben gezeigt, dass die Eindringgeschwindigkeit des Rohres


etwa viermal so groß ist wie bei Tiefenrüttlern. Da aber die eingeleitete Schwingungsenergie
geringer ist, sind etwa 4 bis 5mal so viele Verdichtungspunkte erforderlich.

In Schweden wurde die „Vibro-Wing-Methode“ entwickelt [17]. Ein ca. 7 t schwerer Rüttler
sitzt am oberen Ende einer ca. 15 m langen Stange, in der im Abstand von ca. 0,50 m Flügel
mit einer Länge von 0,8 m angebracht sind. Als Trägergerät für den Rüttler wird ein Seilbag-
ger benutzt. Die Frequenz des Rüttlers ist auf die jeweiligen Bodenverhältnisse einstellbar.
Das Eintreiben der Sonde kann durch Spülen im unteren Teil der Flügelstange unterstützt
werden. Die Verdichtungspunkte haben im Allgemeinen Abstände von 1,50 bis zu 5,00 m.

Die Firma Franki hat ein Verfahren entwickelt, bei dem eine aus drei besonders konstruierten
Stahlplatten Y-förmig geschweißte Bohle durch einen Rüttler auf eine Solltiefe eingebracht
wird.

Bohlen und Rüttler können den jeweiligen Boden- und Verdichtungsverhältnissen angepasst
werden. Nach Erreichen der Solltiefe verbleibt die vibrierende Bohle mehrere Minuten in
dieser Stellung und wird dann stufenweise in auf- und abgehenden Schritten gezogen. Die
Dauer der einzelnen Schritte und die Hubhöhe werden dem Baugrund und dem angestrebten
Verdichtungsziel angepasst.
202 5 Baugrundverbesserung

Bild 5.16 Rütteldruckverfahren [18]

5.4.2 Technische Grundlagen


Locker gelagerte nichtbindige Böden haben einen großen Porenanteil, eine geringe Dichte
und einen geringen Steifemodul, so dass es bei Belastung durch Bauwerke zu großen Setzun-
gen kommt. Ziel der Baugrundverbesserung ist daher, den Porenanteil zu verringern und da-
mit die Scherfestigkeit zu vergrößern und die Zusammendrückbarkeit herabzusetzen.
5.4 Tiefenrüttelverfahren 203

Bei nichtbindigen Böden lässt sich das z. B. durch das Einleiten von Schwingungen in den
Baugrund erreichen, wobei kurzzeitig die Reibung zwischen den Körnern verringert bzw.
nahezu aufgehoben wird, so dass eine Kornumlagerung eintritt, die zu einer größeren Dichte
führt. Dieser Effekt wird noch dadurch unterstützt, dass beim Einbringen der Rüttelschwin-
gungen der Boden durch Wasserzugabe gesättigt werden kann, was zu einer zeitweisen Ver-
flüssigung des Bodens und damit zu einer noch intensiveren Umlagerung der Bodenteilchen
führt.

5.4.3 Anwendungsbereiche
Die Tiefenrüttelverdichtung ist auf nichtbindige Böden (Sande und Kiese) mit maximal ca.
10 % Feinanteilen (≤ 0,06 mm) begrenzt (Bild 5.17).

Bild 5.17 Anwendungsbereiche der Tiefenrüttlung [19]

Eine wirtschaftliche Anwendung ist bei Verdichtungstiefen von 3 bis 25 m gegeben. In Son-
derfällen wurden auch schon Schichten bis 35 m Mächtigkeit verbessert. Die Wirksamkeit
des Verfahrens nimmt mit zunehmendem Feinanteil ab, der Eindringvorgang des Rüttlers
wird durch größere Steine (ab ca. 50 cm Kantenlänge) oder durch viele Steine mit einem
Durchmesser von mehr als 10 cm behindert [19].

Bei der Anwendung der Tiefenrüttlung ist stets zu prüfen, ob setzungsgefährdete Nachbarbe-
bauung vorhanden ist, da durch die eingeleiteten Schwingungen der Baugrund sich auch in
einem Bereich um die eigentlich zu verdichtete Fläche zusammendrücken kann. Erfahrungs-
gemäß ist allerdings die Rückwirkung auf benachbarte Bauten unbedenklich, wenn der Bo-
den nicht unterhalb des Lastausbreitungsbereiches der vorhandenen Fundamente beansprucht
wird [3] (Bild 5.18).
204 5 Baugrundverbesserung

Bild 5.18 Einfluss der Tiefenverdichtung auf vorhandene Bebauung

5.4.4 Bemessungsverfahren und Erfahrungswerte


Eine exakte Bemessung, d. h. die Festlegung der Abstände der Verdichtungspunkte auf
Grund theoretischer Berechnungen, lässt sich nicht durchführen. Die Abstände sind daher auf
Grund von Erfahrungen festzulegen. Anhaltspunkte dafür liefert Bild 5.19, das für reinen
Sand aufgestellt wurde.

Bild 5.19 Rastermaß a und erreichbare bezogene Lagerungsdichte ID [20]


5.4 Tiefenrüttelverfahren 205

Die Verdichtungspunkte werden meist in einen Dreiecksraster angeordnet, wobei die Seiten-
länge von der gewünschten Zunahme der Lagerungsdichte, von der Kornverteilung des an-
stehenden Bodens und von den Kenndaten des Rüttlers abhängt. Die Abstände liegen übli-
cherweise zwischen 1,5 und 3 m, so dass jedem Verdichtungspunkt ca. 2 bis 9 m² zugeordnet
werden. Zu Bild 5.19 ist noch anzumerken, dass die Kurve für Werte a ≤ 1,5 m nicht zutref-
fend ist, da erfahrungsgemäß bei kleineren Abständen kaum noch eine Steigerung der Lage-
rungsdichte erreicht werden kann, sondern der bereits erzielte Verdichtungserfolg am Nach-
barpunkt eher wieder verringert wird [3].

Für übliche Bauaufgaben genügt eine bezogene Lagerungsdichte von ca. 80 %, so dass die
nach der Verdichtung zulässigen Bodenpressungen in der Größenordnung von 800 bis
1000 kN/m² angesetzt werden können [21]. Die Steifemoduli liegen nach der Verdichtung in
der Größenordnung von 80 bis 150 MN/m², bei besonders günstigen Bodenparametern kön-
nen sie auch bis zu 200 MN/m² betragen [22].

Bei großflächigen Verdichtungsarbeiten sollten vorweg Versuche ausgeführt werden, um ein


wirtschaftliches Verdichtungsraster sowie die optimalen Geräte auszuwählen.

5.4.5 Das Bauverfahren

5.4.5.1 Beschreibung der Arbeitsprozesse


Die einzelnen Verfahrensschritte sind:
– Einfahren des Rüttlers
– Verdichten beim stufenweisen Ziehen
– Nachfüllen von Material
– Verdichten der Oberfläche
Die zugehörigen Prozesse sind in der Tabelle 5.14 beschrieben:
206 5 Baugrundverbesserung

Tabelle 5.14 Prozesse bei der Tiefenrüttelverdichtung


Prozess Teilprozess Gerät
Arbeitsebene erstellen (1) ggf. Baugelände freimachen - Flachbagger
(2) Oberboden abtragen - Raupe
I
(3) ggf. lastverteilende Aufschüt- - Radlader
tung herstellen
Tiefenverdichtung (1) Rüttler zügig in den Boden - Raupenseilbagger
einführen - Tiefenrüttler
(2) Schrittweise ziehen - Radlader
(3) Füllen des Absenktrichters
II
(4) Wiederholung der Teilprozesse
(2) und (3) bis Arbeitsebene
erreicht ist
(5) Rüttler neu ausrichten
Feinplanum erstellen (1) Planieren des Arbeitsfeldes - Planierraupe
III
(2) Oberflächenverdichtung - Oberflächenrüttler

5.4.5.2 Die Geräte


Tiefenrüttler

Hierzu gehören alle Systeme, die am unteren Ende von Verlängerungsrohren Schwingungen
in den Boden übertragen. Es werden auch Aufsatzrüttler zur Tiefenverdichtung eingesetzt.
Hierbei werden die Schwingungen außerhalb des Bodens erzeugt und mittels eines Rohres
oder Stahlprofils in den Boden übertragen.

Die Tiefenrüttler sind in ihrer Bau- und Funktionsweise prinzipiell den Rüttelflaschen zur
Betonverdichtung gleich. Von der Firma Keller wurde bereits 1934 das erste Patent auf einen
Tiefenrüttler angemeldet. Als weitere Hersteller sind die Vibroflotation AG, Altendorf
(Schweiz), und die Firma Bauer Spezialtiefbau, Schrobenhausen, zu nennen.

Zur Erzeugung der Schwingungen wird eine Unwucht mittels eines Elektro- bzw. Hydrau-
likmotors in eine exzentrische Drehung versetzt. Eine elastische Kupplung verhindert, dass
diese Schwingungen auf die Aufsatzrohre und damit auch auf das Trägergerät übertragen
werden. Die Spitze sowie das Mantelrohr sind mit einer Verschleißpanzerung versehen, da
die Rüttlerschwingungen im Boden einen großen Abrieb des Metalls verursachen. Rohrlei-
tungen zur Wasser- oder Luftspülung führen bis an die Rüttlerspitze. Seitlich angeschweißte
Verdrehungsrippen verhindern eine Drehung des Rüttlers beim Einfahren in den Boden und
erhöhen ggf. den Einflussbereich.

Die Rüttler der Firma Keller und Vibroflotation sind mit Elektromotoren, die der Firma
Bauer mit Hydraulikmotoren angetrieben. Der Antrieb mittels Elektromotoren hat den Vor-
teil einer relativ einfachen Führung und Verlängerung des Versorgungskabels sowie des ho-
hen Nutzungsgrades des Elektromotors. Bei Hydraulikantrieb muss auf eine hermetische Ab-
sicherung gegen Ölverlust geachtet werden, da sonst eine Grundwasserbelastung die Folge
wäre. Weiterhin ist eine Durchführung der Hydraulikleitungen durch die Kupplung kompli-
zierter, da es sich um zwei Leitungen, eine Hin- und eine Rückflussleitung, handelt.
5.4 Tiefenrüttelverfahren 207

Ein Vorteil des Hydraulikantriebes ist, dass eine Variation der Arbeitsfrequenz und damit
eine gewisse Anpassung an die Bodenverhältnisse ermöglicht wird.

Bild 5.20 Schematische Darstellung eines Rüttlers [23]

Auf den Rüttler werden entsprechend der zu verdichtenden Bodenschichten Aufsatzrohre mit
einem kleineren Durchmesser als dem der Rüttelflasche aufgesetzt. Die Rüttler erleiden
durch die große Unwucht bei gleichzeitig niedriger Drehzahl erhebliche Verschleißerschei-
nungen an den Lagern und der rotierenden Bauteile. Dies resultiert auch daher, dass aufgrund
der schlanken Bauweise der Rüttler für die Lager nur wenig Platz zur Verfügung steht. Zu-
dem bedingt die relativ niedrige Frequenz des Rüttlers eine geringe Drehzahl der Welle, wo-
durch eine weitere Belastung auftritt. Für die notwendige Schmierung der Lager sorgen ent-
weder eine Fett- oder eine Ölumlaufschmierung.

Die Einsatzzeit ist stark von den Bodenparametern abhängig. So kann ein Rüttler schon nach
20 Betriebsstunden überholungsreif sein. Bei 2.000 Betriebsstunden ist das äußere Mantel-
blech in der Regel durch die Schwingungen soweit ermüdet, dass der Rüttler komplett erneu-
ert werden muss. Verschleißbleche und Rüttlerspitze können auf der Baustelle gewechselt
werden. Der Antriebsmotor wird bei guter Lagerung wenig belastet.

Bei den Rüttlern ist zu berücksichtigen, dass sie eine erhebliche Wärmeentwicklung, insbe-
sondere bei hoher Verdichtungsarbeit, im Bereich der Spitze und des Motors erzeugen. Für
Arbeiten unterhalb des Grundwasserspiegels und bei der Verwendung der Wasserspülung ist
eine ausreichende Kühlung vorhanden. Sollte oberhalb des Grundwassers bzw. ohne Wasser-
spülung gearbeitet werden, ist die Wärmeentwicklung zu beobachten und evtl. doch eine
Wasserspülung vorzunehmen.
208 5 Baugrundverbesserung

Tabelle 5.15 Technische Daten von Tiefenrüttlern


Hersteller Keller Vibroflotation Bauer
Rüttlertyp... T M S A L V10 V23 V42 TR 13 TR 17 TR 85
Antriebsart elektr elektr. elektr. elektr. elektr. elektr. elektr. elektr. hydr. hydr. hydr.
Leistung
[kW]
50 55 120–150 50 100 70 130 175 118 118 240
Länge [m] 4,75 3,55 3,00 4,35 3,10 2,73 3,57 4,08 3,10 3,20 4,20
Durchmesser
290 290 400 290 320 250 350 378 300 300 420
[mm]
Gewicht [kg] 2000 1670 2450 1900 1815 820 2200 2600 100 1100 2090
Frequenz
3000 3000 1800 2000 3600 3600 1800 1500 3250 3250 1800
[U/m]
Schwing-
4,6 7,6 18,5– 13,8 5,3 10,0 23,0 42,0 5,0 70 11,0
weite [mm] 25,6
Schlagkraft
[kN]
156 166 221–327 160 201 150 300 472 150 193 295

Bevorzugte Böden
Anschüttun-
gen ■ ■ ■ ■ ■ ■
Geschiebe-
lehm ■ ■ ■ ■ ■
Steine ■ ■ ■
Steiniger
Kies ■ ■ ■
SANDE ■ ■ ■ ■ ■
Feinsand ■ ■ ■ ■ ■ ■
Mittelsand ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■
Grobsand ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■
KIESE ■ ■ ■ ■ ■
Feinkies ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■
Mittelkies ■ ■ ■ ■ ■ ■
Grobkies ■ ■ ■ ■ ■

Ferner ist zu beachten, dass eine sehr hohe Stromaufnahme des Rüttlers nicht über eine län-
gere Zeit möglich ist, da die Gefahr besteht, dass die Wicklungen im Motor durchbrennen
und der Rüttler somit zerstört wird. So sollte die maximale Stromaufnahme für einen V 23
der Firma Vibroflotation beispielsweise bei etwa 300 Ampere über nicht langer als 4 Sekun-
den dauern. Somit wird die Einsatzzeit eines Rüttlers nicht nur von der Intensität der geleiste-
ten Verdichtungsarbeit, sondern auch von dem gewissenhaften Umgang seitens des Geräte-
führers beeinflusst.

Als Trägergeräte für die Rüttler werden Seilbagger, in Einzelfällen auch Mobilkrane und
Hydraulikbagger oder auf Raupenfahrwerke montierte Grundgeräte mit einem Führungsmast,
eingesetzt.

Die Tiefenrüttler zur Rütteldruckverdichtung hängen üblicherweise frei an einem Seilbagger,


aber in Einzelfällen auch an Mobilkranen und Hydraulikbaggern. Die Belastung der Träger-
geräte ist sehr gering. Die Schwingungen werden von der Rüttlerkupplung kompensiert. Die
zu erbringende Tragkraft richtet sich nach dem Rüttlertyp und der erforderlichen Tiefe.
5.4 Tiefenrüttelverfahren 209

Die auftretenden Lastmomente sind nicht allzu groß, da der Ausleger verhältnismäßig steil
gehalten wird. Die Belastung des Fahrwerkes ist sehr gering, da im täglichen Betrieb keine
großen Fahrleistungen erbracht werden müssen.

Der Rollenkopf ist so ausgebildet, dass er die Wasser- und Stromzufuhr beinhaltet. Bei den
hydraulikgetriebenen Rüttlern werden die entsprechenden Hydraulikleitungen mitgeführt.
Bei den vorab genannten Trägergeräten ergibt sich eine vertikale Kraftkomponente zur Er-
leichterung des Eindringens des Rüttlers in den Boden allein aus dem Eigengewicht der ge-
samten Rüttlereinheit.

Der Einsatz von Trägerraupen mit Führungsmast bei Tiefenrüttlern bietet den Vorteil, dass
sie gegenüber dem Seilbagger ein geringeres Gewicht (ca. 30 bis 40 t) aufweisen und somit
geringere Bodenpressungen erzeugen. Zudem kann der Führungsmast schräg gestellt werden,
wodurch auch in begrenztem Umfang eine schräge Rüttelachse im Bereich von Hindernissen
möglich ist. Die Tragraupen haben ferner den Vorteil, dass sie durch Winden am Mast auf
den Rüttler einen zusätzlichen, abwärtsgerichteten Druck ausüben können. Somit können die
Bodenschichten schneller durchfahren werden. Der eigentliche Vorteil dieser Trägergeräte
wirkt sich erst beim später beschriebenen Rüttelstopfverfahren aus.

Die Tragraupen müssen für das Umsetzen des Rüttlers im Regelfall den Führungsmast etwas
schräg nach hinten stellen, damit die vorhandene ,,Kopflastigkeit" beim Verfahren nicht zu
groß ist. Die hydraulischen Abpratzungen müssen, soweit vorhanden, angehoben werden.
Dann erst ist ein Verfahren zum neuen Rasterpunkt möglich. Das Ausrichten auf diesen
Punkt muss dann mit dem Fahrwerk erfolgen. Die Abpratzungen müssen erneut herunterge-
fahren, und der Führungsmast muss wieder ausgerichtet werden. Der Ausrichtvorgang hat
lotrecht in zwei Achsen zu erfolgen, um eine den Anforderungen entsprechende lotrechte
Stopfsäule zu erreichen. Deshalb wird in der Praxis bei einer Rütteldruckverdichtung im Re-
gelfall der Seilbagger als Trägergerät eingesetzt. Die Seilbagger und Tragraupen sind im Re-
gelfall Mehrzweckgeräte, die auch für andere Tiefbauverfahren genutzt werden können. Die
Nutzungsdauer einer Tragraupe kann durchaus 10 Jahre und mehr betragen. Die Seilbagger
müssen als grundlegende Voraussetzung über eine Freifallwinde verfügen, damit der Rüttler
frei von Verzögerungen in den Boden einfahren kann. Die Seilbagger werden noch weniger
belastet als die Tragraupen, da sie geringere Fahrleistungen zu erbringen haben. Daher kön-
nen Seilbagger durchaus über die in der BGL genannten Nutzungsdauern hinaus eingesetzt
werden.

Die erforderliche Gerätegröße der Trägergeräte hängt im Wesentlichen von den mit zuneh-
mender Verdichtungstiefe steigenden Gewichten der Rüttler und Aufsatzrohre ab. So werden
bei der Tiefenrüttlung Seilbagger ab einem Gewicht von 30 t eingesetzt. Die erforderliche
Gerätegröße wird definiert durch die Mastlänge, die Rollenkopfhöhe für Seilbagger und das
Gerätegewicht. Das Gewicht ist dabei eine maßgebliche Kenngröße, die im Wesentlichen
von der erforderlichen Tiefe der Bodenverbesserung aber auch von dem Verfahren abhängt.

Der Einfluss der Tiefe wirkt sich über die zunehmenden Gewichte der Rütteleinheiten aus.
Kleinere, für das Rütteln eingesetzte Geräte weisen ein Gesamtgewicht von 30 t auf.
210 5 Baugrundverbesserung

Für größere Tiefen werden Geräte bis zu 110 t eingesetzt. Darüber hinaus werden für Ex-
tremtiefen Seilbagger von 300 bis 500 t Gewicht eingesetzt.

Die eingesetzten Geräte zum Verfüllen der Absenktrichter unterliegen keinen besonderen
Belastungen. Am häufigsten werden hierfür Radlader verwendet, da sie sehr beweglich sind.
Bei schlecht befahrbaren Böden werden Raupenfahrwerke erforderlich.

Der Schaufelinhalt ist stark von der zu verdichtenden Mächtigkeit, dem Anteil an nachzufül-
lenden Material sowie der Anzahl der von einem Ladegerät zu bedienenden Rüttlereinheiten
abhängig. Es ist nicht unüblich, auch größere Ladegeräte mit bis zu 3 m3 Schaufelinhalt ein-
zusetzen.

5.4.5.3 Die wichtigsten Stoffe


Bei dem Tiefenrüttelverfahren werden keine besonderen Stoffe und Materialien benötigt.

5.4.5.4 Der Personalbedarf


Zu einer üblichen Arbeitsgruppe bei der Tiefenrüttelverdichtung gehören:
• 1 Maschinist für das Trägergerät
• 1 Maschinist für das Ladegerät
• AK für die vorauslaufenden Vermessungsarbeiten
• Aufsichtsperson (kann bis zu drei Rüttlereinheiten betreuen)

5.4.5.5 Informationen zur Kalkulation


Leistung und Kosten

Eine exakte Bemessung für die Festlegung der Abstände der Verdichtungspunkte lässt sich
anhand von theoretischen Berechnungen nicht durchführen. Die Abstände werden daher auf-
grund von Erfahrungen festgelegt. Somit ist es sehr schwer, für die Tiefenrüttelverdichtung
bereits im Voraus die Kosten zu bestimmen. Die Tabelle 5.16 und Tabelle 5.17 zeigen den
Betriebsmitteleinsatz und die Aufwandswerte für die gewichtigen Teilprozesse einer Tiefen-
rüttelverdichtung auf.

Tabelle 5.16 Betriebsmitteleinsatz


Prozess Teilprozess Gerät BGL-Nr. Personal Kalkulatorische
(Hauptgruppen) bedarf Leistungsansätze

(1) Rüttler zügig in Raupenseilbagger D.0.00. ···


den Boden ein- + Grundausleger D.0.30. ···
II 200–300 m²
führen + Hakenflansch D.0.33. ··· 1 Maschinist
pro Tag je 10 h
(2) Schrittweise
ziehen Tiefenrüttler -----
5.4 Tiefenrüttelverfahren 211

Prozess Teilprozess Gerät BGL-Nr. Personal Kalkulatorische


(Hauptgruppen) bedarf Leistungsansätze

(3) Füllen des Ab- Radlader oder D.3.10. ···


senktrichters Frontlader mit Rau-
penfahrwerk D.3.00. ···
(4) Wiederholung Geräte wie II (2) 2 Maschinisten
der Teilproz. und (3)
200–300 m²
(2) und (3) bis
pro Tag je 10 h
Arbeitsebene
erreicht ist
(1) Planieren des Planierraupe D.4.00. ··· 1 Maschinist
Bis 400 m2/h
Arbeitsfeldes + Schild (Form U) D.4.00. ·01
III
(2) Oberflächen- Flächenrüttler D.8.61. ··· 1 Helfer
Bis 60 m2/h
verdichtung

Tabelle 5.17 Ausgewählte Tätigkeits- und Rüstzeiten beim Tiefenrüttelverfahren

Tätigkeit Ausgewählte Tätigkeits- und Rüstzeiten


Rüttler gemäß Rüttelraster
2–3 min/Vorgang
Verdichtung

ausrichten
Vermessungsarbeiten 5 min/Vorgang

Nutzleistung 25 m/h

Baustelleneinrichtung 1 Tag(e)
Anlaufzeit am Morgen bzw.
Sonstiges

15 min pro Tag


Abbauzeit am Abend
Geräteausfall 3 Stunden in der Woche
Räumen der Baustelle 1 Tag

5.4.5.6 Anmerkungen zur Leistungsbeschreibung


Eine spezielle DIN für Tiefenrüttelarbeiten ist im Teil C der VOB nicht aufgeführt. Der zu
verbessernde Baugrund ist hinsichtlich seiner Schichtung und der bodenmechanischen
Kennwerte ausreichend zu beschreiben (z. B. durch Darstellung der Schichtenfolge mit den
hydrologischen Verhältnissen, Angabe der bodenmechanischen Kennwerte, insbesondere der
Steifemoduli der Lagerungsdichte und der Scherparameter, aber mindestens Bodenart und
Konsistenz, und ggf. Hinweise auf bodenmechanische Gutachten). Die erforderliche Ver-
dichtungstiefe und eventuell mit dem Rüttler zu durchfahrende Leerstrecken sind anzugeben.

Die flächenmäßige Ausbreitung der zu verbessernden Bodenfläche ist in Abhängigkeit von


Einzel-, Streifen- bzw. Flächengründung anzugeben und hinsichtlich der jeweils geforderten
bodenmechanischen Eigenschaften (z. B. erf. Lagerungsdichte, erf. Scherfestigkeit und erf.
Steifemodul) zu beschreiben. Das Liefern, Einbauen und Verdichten des zum Ausfüllen der
beim Verdichten entstehenden Hohlräume benötigten Füllmaterials ist zu beachten. Bei
Gründungen mit stark wechselnden Anforderungen an die Bodenverbesserung ist eine zeich-
212 5 Baugrundverbesserung

nerische Darstellung der Verbesserungsflächen mit den geforderten bodenmechanischen


Parametern zu empfehlen.

Die nach dem Verdichtungsvorgang aufzubringende Ausgleichsschicht ist hinsichtlich der


Menge des erforderlichen Materials, des Verdichtungsgrades sowie der Oberflächenbeschaf-
fenheit anzugeben.

Die Leistungsbeschreibung sollte außerdem Angaben enthalten über:


– Bauwerkskonstruktion besonders hinsichtlich der Anforderungen (Art der Fundamente,
aufzunehmende Lasten, zulässige Gesamtsetzung, zulässige Setzungsunterschiede,
sonstige die Gründung beeinflussende Festlegungen)
– Sonstige Baustellenbedingungen (Art und Beschaffenheit der Zufahrten, Strom- und
Wasseranschluss, Vorfluterverhältnisse, Lage, Art, Zweck und Gründung benachbarter
Bauwerke, besondere Vorschriften, z. B. Umweltschutz)
– Art und Umfang der Prüfverfahren
– Termine
Zweckmäßig ist die Vereinbarung der speziellen technischen Bedingungen für Tiefenver-
dichtungsarbeiten (STB-TVB), die lauten:

1. Nebenleistungen
Aufstellen eines Verdichtungsplanes
2. Besondere Leistungen
Druck- und/oder Rammsondierungen, Lastplattenversuche oder Probebelastungen
Erschütterungsmessungen
Abgleichen der Arbeitsebene und Beseitigen des überschüssigen Materials und Bodens
nach Beendigung der Tiefenverdichtung
3. Aufmass und Abrechnung
Einsenktiefe des Rüttlers: Ab Ansatzpunkt bis Endtiefe
Eingebautes Material: nach Gewicht entsprechender Wiegescheine

5.4.6 Qualitätssicherung und Kennwerte


Bei der Tiefenverdichtung ist es erforderlich, Kontrollen während und nach der Verdichtung
durchzuführen. Kontrollen während der Verdichtung sollen die Qualität der Arbeit dokumen-
tieren, während die Kontrollen nach der Verdichtung den Erfolg der Arbeiten nachweisen.
Während der Verdichtung sind festzustellen bzw. zu dokumentieren:
– Art der Herstellung (trocken, Wasserspülung, Luftzufuhr, Art der Materialzugabe)
– Qualität und Art des Zugabematerials
– Maximum und Kontinuität der Leistungsaufnahme des Rüttlers während der Herstel-
lung
5.5 Rüttelstopfverdichtung 213

– Herstellzeit jedes Verdichtpunktes


– Menge des Zugabematerials
– Übereinstimmung der angetroffenen Bodenarten und -eigenschaften mit denen, die dem
Entwurf zugrunde lagen
– Auftretende Setzungen
Es ist ein Lageplan über die ausgeführten Verdichtungspunkte aufzustellen. Zur Überprüfung
des Verdichtungserfolges werden im Wesentlichen Ramm- und Drucksondierungen nach
DIN 4094 sowie Standard-Penetrations-Tests und Seitendrucksondierungen durchgeführt.
Plattendruckversuche nach DIN 18 134 sind weniger geeignet, da damit nur der oberflächen-
nahe Bereich geprüft wird. Auch die Methoden zur Dichtebestimmung nach DIN 18 125
scheiden im Allgemeinen aus.

5.5 Rüttelstopfverdichtung

5.5.1 Allgemeines
Böden mit mehr als 10 bis 15 % Feinkornanteil (< 0,06 mm) lassen sich durch Rüttelschwin-
gungen nicht nennenswert verdichten. Diese Böden werden seit etwa 1960 mit dem Rüttel-
stopfverfahren verbessert, bei dem zunächst der Tiefenrüttler einen Hohlraum im Boden er-
stellt, der anschließend mit Kies oder Schotter ausgefüllt wird. Hierdurch entstehen Kies-
bzw. Schottersäulen, welche die Zusammendrückbarkeit des Baugrundes verringern und sei-
ne Scherfestigkeit erhöhen.

5.5.2 Bodenmechanische Grundlagen


Bindige und gemischtkörnige Böden lassen sich wegen der Kohäsion durch Schwingungsim-
pulse nicht umlagern. Das Einbringen von Schottersäulen, die – wie die Bewehrung dem
Stahlbeton – dem Boden eine höhere Festigkeit verleihen, bewirkt eine Verbesserung der
folgenden bodenmechanischen Parameter:
– Die Zusammendrückbarkeit des mit Schottersäulen stabilisierten Bodens wird geringer
– Die Scherfestigkeit des Baugrundes wird größer
– Die Schottersäulen wirken für den bindigen Baugrund als Dränage, so dass die Setzun-
gen aus Bauwerkslasten relativ rasch eintreten
– Die Tragfähigkeit der Schottersäulen ist, da sie selbst nur eine relativ geringe Scherfes-
tigkeit haben, im Wesentlichen von der seitlichen Stützung durch den Boden abhängig,
mit dem sie zusammen im Verbund wirksam werden. Bei Böden mit organischen Zwi-
schenschichten (z. B. Torf) kann die seitliche Stützung im Laufe der Zeit durch die
Zersetzung der Schichten beeinträchtigt werden
214 5 Baugrundverbesserung

5.5.3 Anwendungsbereiche
Die Rüttelstopfverdichtung ist grundsätzlich gleichermaßen in bindigen und nichtbindigen
Böden anwendbar (Bild 5.17), wobei die überwiegende Mehrzahl der Anwendungsfälle sich
auf bindige Böden erstreckt. Da die Kies- oder Schottersäule in ihrer Tragwirkung auf den
seitlichen Widerstand des umgebenden Bodens angewiesen ist, tritt ein Versagen ein, wenn
dieser Boden ausweicht (Überschreiten des Erdwiderstandes) oder, was eher der Fall ist,
wenn bis zur Weckung des erforderlichen Widerstandes eine zu große Stauchung und damit
eine unzulässige Setzung der Säule verursacht wird. Erfahrungen haben gezeigt, dass die
Scherfestigkeit des umgebenden undränierten Bodens höher als cu = 15 bis 25 kN/m² sein
soll. Das schließt die Anwendung des Verfahrens in Böden aus, deren Konsistenz flüssig
oder breiig ist. Bei mindestens halbfesten feinkörnigen Böden ist die Rüttelstopfverdichtung,
wenn überhaupt, nur mit hohem Aufwand möglich. Das gilt auch noch für einen Teil der stei-
fen Böden, wobei der Einsatz wiederum abhängig von deren Scherfestigkeit ist. Rüttelstopf-
verdichtungen sind nur sinnvoll bzw. möglich, solange die undränierte Scherfestigkeit cu
unter 70 kN/m² liegt [24].

Die Anwendungsfälle in der Baupraxis erstrecken sich auf die Abtragung von Einzel- und
Flächenlasten sowie die Sicherung von Bauwerken oder Bauteilen gegen Grund- oder Bö-
schungsbruch (Bild 5.21).

Bild 5.21 Anwendungsfälle für Schottersäulen [25]

Die Länge der Stopfsäulen richtet sich nach der Mächtigkeit der zu verbessernden Schicht.
Die Schichtmächtigkeiten, bei denen dieses Verfahren wirtschaftlich einsetzbar ist, liegen
i. Allg. zwischen 3 m und 10 m. Ausgeführt wurden auch schon bis zu 20 m lange Stopfsäu-
len. Das Verfahren ist insbesondere geeignet für Bauwerke mit wenigen Geschossen, leichte
Hallenbauten oder auch bei gleichmäßig verteilten Lasten.
5.5 Rüttelstopfverdichtung 215

Bei stark gegliederten Baumassen oder viergeschossigen Bauwerken sollte das Verfahren nur
angewendet werden, wenn Setzungsunterschiede für das Bauwerk unschädlich sind oder be-
wusst statisch und konstruktiv berücksichtigt werden.

5.5.4 Bemessungsverfahren und Erfahrungswerte


Die Baugrundverbesserung durch eine Rüttelstopfverdichtung hat zwei grundsätzliche Ziele,
nämlich den Steifemodul zu vergrößern, um die Setzungen zu vermindern, und die Scherfes-
tigkeit zu erhöhen, um die Tragfähigkeit zu steigern. Da das Tragverhalten des Verbundmate-
rials Boden-Stopfsäule von dem behandelten Boden, der gewählten Geometrie, dem Zuga-
bematerial, dem eingesetzten Gerät und der Verfahrensweise abhängt, ist es sehr schwierig,
durch ein Bemessungsverfahren den erforderlichen Säulenabstand zu ermitteln. In der Litera-
tur werden mehrere vereinfachende Verfahren angegeben, die z. B. auf der FE-Methode oder
[26]auf der Auswertung von Erfahrungen beruhen [24], [21], [27], [3]. Als Beispiel sei das
Bemessungsdiagramm von Priebe [27] angegeben (Bild 5.22), aus dem zu erkennen ist, dass
die Steifigkeitserhöhung (= Maß für die erreichte Verbesserung des Baugrundes) im Allge-
meinen zwischen 2 und 3 liegt, wenn das Verhältnis der Gesamtfläche zu der Fläche der
Stopfsäulen etwa 3 bis 5 beträgt.

FS = Säulenquerschnitt ϕS = Reibungswinkel des Säulenmaterials


F = Rasterfläche μ = Querdehnungszahl des Bodens

Bild 5.22 Bemessungsdiagramm für Rüttelstopfverdichtungen [27]


Verbesserungsfaktor n in Abhängigkeit des Verhältnisses von Rasterfläche zu Säulenquerschnitt

Als zulässige Bodenpressung können je nach Baugrundverhältnissen sowie Form und Belas-
tung des Fundaments Werte zwischen 150 und 400 kN/m² angenommen werden [18]

Während man bei Flächenlasten i. Allg. ein gleichmäßiges Raster der Stopfsäulen wählt, be-
schränkt man sich bei Streifen- und Einzelfundamenten auf deren Einwirkbereiche (Bild
5.23).
216 5 Baugrundverbesserung

Bild 5.23 Anordnung von Schottersäulen [3]

Um Verkantungen der Fundamente zu verhindern, ordnet man die Säulen vor allem unter den
Rändern der Fundamente an. Auch unter gering belasteten Streifenfundamenten sind Stopf-
säulen herzustellen, um ungleichmäßige Setzungen zu vermeiden. Ist nur eine Reihe Stopf-
säulen vorgesehen, werden sie etwas gegen die Fundamentachse versetzt.

5.5.5 Das Bauverfahren im Überblick


Bei der Rüttelstopfverdichtung werden mehrere Varianten angeboten. In diesem Kapitel wer-
den die Teilprozesse der „Rüttelstopfverdichtung mit Tiefenrüttlern“ und „Rüttelstopf-
verdichtung mit Schleusenrüttlern“ beschrieben. Besonders soll dabei auf das Verfahren mit
Schleusenrüttlern eingegangen wird. Zu Tiefenrüttler sie auch Kapitel 5.4.

Variante 1: Rüttelstopfverdichtung mit Tiefenrüttlern


1. Der Rüttler wird unter Verwendung von Luft- oder Wasserspülung auf die erforderliche
Tiefe abgesenkt.

2. Nach Erreichen dieser Tiefe wird der Rüttler komplett aus dem entstandenen Hohlraum
gezogen und Kies- oder Schottermaterial wird eingefüllt. Dieses Einfüllen hat zügig zu
geschehen, um die Gefahr von Bodeneinbrüchen zu minimieren.

3. Der Rüttler wird anschließend wieder in das Rüttelloch eingeführt und das eingefüllte
Material wird durch Auf- und Abbewegen des Rüttlers verdichtet und in den umgeben-
den Boden verpresst.

4. Die Schritte 2 und 3 werden bis zum Erreichen der Arbeitsebene wiederholt.
5.5 Rüttelstopfverdichtung 217

Bild 5.24 Rüttelstopfverdichtung mit Tiefenrüttlern [28]

Variante 2: Rüttelstopfverfahren mit Schleusenrüttler


1. Rüttler gemäß Raster auf Arbeitsplanum aufsetzen und ausrichten. Füllen des Material-
rohres bei geöffneter Schleuse. Schließen der Schleuse nach erfolgter Füllung und Beauf-
schlagen mit Druckluft.
2. Versenken des Rüttlers auf die erforderliche Tiefe unter Druckluft, Eigengewicht der
Tragraupe über Mastwinden zum schnelleren Einfahren in den Boden nutzen; Aktivie-
rungs- oder Vorschubkräfte von 120 bis 250 kN.
3. Rüttler um einige Dezimeter hochziehen, Zugabematerial an der Spitze austreten lassen,
wieder Absenken des Rüttlers ebenfalls unter Nutzung des Eigengewichts. Dieser Vor-
gang ist zu wiederholen, bis die zuvor ermittelte Menge an Zuschlägen verstopft bzw. die
Sättigung des Bodens erreicht ist, wobei u. U. Hebungen der Arbeitsebene auftreten kön-
nen.

Bild 5.25 Rüttelstopfverdichtung mit Schleusenrüttlern [29]


218 5 Baugrundverbesserung

Bild 5.26 Rüttelstopfverfahren mit Schleusenrüttler und Aktivierungsraupe [18]


5.5 Rüttelstopfverdichtung 219

5.5.6 Das Bauverfahren

5.5.6.1 Beschreibung der Arbeitsprozesse


Das Verfahren der Rüttelstoffverdichtung ist in dem Kapitel 5.5.1 beschrieben.

Nachfolgend sind die einzelnen Prozesse und zugehörige Geräte tabellarisch gelistet.

Tabelle 5.18 Prozesse der Rüttelstopfverdichtung mit dem Schleusenrüttler


Prozess Teilprozess Gerät
Arbeitsebene erstellen (1) ggf. Baugelände freimachen - Flachbagger, Raupe, Radlader
(2) Oberboden abtragen etc.
I
(3) ggf. lastverteilende Aufschüt-
tung herstellen
Rüttelstopfverdichtung (1) Rüttler gemäß Rüttelraster - Radlader
ausrichten - Trägergerät
(2) Füllen des Materialrohres - Schleusenrüttler
(3) Versenken des Rüttlers
(4) Rüttler um einige Dezimeter
hochziehen
II (5) Zugabematerial an der Spitze
austreten lassen
(6) Rüttler wieder absenken und
Zugabematerial verdichten
(7) Wiederholung der Teilprozesse
(4) bis (5) bis Arbeitsebene er-
reicht ist
Feinplanum erstellen (1) Planieren des Arbeitsfeldes - Planierraupe
III Oberflächenrüttler
(2) Oberflächenverdichtung -

5.5.6.2 Die Geräte


Schleusenrüttler

Besitzt der Boden mehr als 15 % Anteil mit Korngrößen unter 0,06 mm, kann der Boden
nicht nur ausschließlich durch Rütteln verdichtet werden, da beim Ziehen des Rüttlers ein
Hohlraum verbleiben würde. Dieser Hohlraum muss nachträglich wie aus der vorausgegan-
genen Beschreibung der Teilprozesse ersichtlich mit Füllmaterial gefüllt und verdichtet wer-
den. Dabei können die in Kapitel 5.4 beschriebenen Tiefenrüttler oder aber Schleusenrüttler
eingesetzt werden. Dabei handelt es sich um einen Tiefenrüttler mit einer Schleuse am obe-
ren Ende, einem Materialförderrohr und einer Auslassöffnung. Das benötigte Kies- oder
Schottermaterial wird in die Schleuse eingefüllt, mit etwa 2 bar Luftdruck beaufschlagt und
durch das Materialrohr bis an die Rüttlerspitze zu der Materialauslassöffnung geführt. Der
Luftdruck dient dem besseren Materialfluss, verhindert das Verstopfen des Materialauslasses,
gleicht den beim Ziehen entstehenden Unterdruck aus und hält den entstandenen Hohlraum
beim schrittweisen Ziehen von Boden frei. Die Schleusenrüttler sind seit 1976 erfolgreich im
Einsatz.
220 5 Baugrundverbesserung

Mastgeführte Rüttelstopverdichtung

Mit der Entwicklung dieser Schleusenrüttler musste für eine kontrollierte Materialzugabe ein
zuverlässiges Befüllsystem konzipiert werden. Die Firmen Keller und Bauer verfügen über
spezielle Rüttlertragraupen, wobei der Rüttler samt Verlängerungsrohren an einem Mäkler
geführt wird. Die Materialschleuse wird über einen ca. 1 m3 fassenden Materialkübel be-
schickt.

Die Materialzugabe läuft wie folgt ab:


– Der Materialkübel wird am Mast herabgelassen
– Ein Ladegerät füllt den Materialkübel
– Der Materialkübel wird bis zur Oberkante der auf den Rüttler aufgesetzten Verlänge-
rungsrohre hochgefahren
– Das Material wird nun dosiert in eine auf dem Verlängerungsrohr aufsitzende Material-
schleuse gefüllt und von dort mit einem Luftdruck von etwa 2 bar durch die Material-
rohre an den von der Rüttlerspitze liegenden Materialauslass transportiert.
Die tragraupengeführten Schleusenrüttler können durch die Vorschubkraft schneller abge-
senkt und die Verdichtung der Säule dosierter erreicht werden. So kann eine zusätzliche
Druckkraft von bis zu 250 kN aktiviert werden. Jedoch bedingen die Einfachschleusen und
die zyklische Beschickung mit einem Materialkübel Wartezeiten und Luftdruckverluste zum
Befüllen der Vorratsbehälter.

Diese Aktivierung und die Führung des Rüttlers an einem Mast haben dazu beigetragen, die
Leistungen beim Rüttelstopfverfahren erheblich zu steigern. Aus diesem Grund werden die
Trägerraupen auch häufig beim Rütteldruckverfahren angewendet. Die Ausführungstiefe
wird jedoch von der Masthöhe begrenzt. Die Masten lassen sich bis auf ca. 30 m verlängern.
Bei den Trägerraupen ist es möglich, dass das entsprechend der Antriebsart benötigte Hy-
draulik- bzw. Stromaggregat am Trägergerät montiert ist. Die Trägergeräte für das Rüttel-
stopfverfahren sind im Regelfall etwas schwerer als bei der normalen Rüttelverdichtung, da
die Rütteleinheiten durch die Zusatzausrüstungen der Rüttler schwerer sind.

Für die Materialbeschickung beim Rüttelstopfverfahren mittels mastgeführter Rütteleinheit


wird wie beim Rütteldruckverfahren ein Radlader verwendet. Jedoch reicht hierbei, bedingt
durch die Größe des am Mast geführten Materialkübels, ein Volumen der Schaufel von
0,8 m3 aus.

Freireitende Rüttelstopfverdichtung

Bei den Schleusenrüttlern die freireitend am Seilbagger hängen, ist ein Füll- und Beschi-
ckungssystem mittels Luftstromförderung im Einsatz.

Dieses Verfahren wird bei der Firma Vibroflotation als ,,DLGP- (Double Lock Gravel Pump)
system" bezeichnet. Seine Funktionsweise lässt sich wie folgt beschreiben:
5.5 Rüttelstopfverdichtung 221

Das Kies- oder Schottermaterial wird mit einem Radlader in einen neben dem Seilbagger
stehenden Vorratsbehälter gefüllt und kann kontinuierlich über einen Luftstrom (ca. 6 bar)
dem Rüttler zugegeben werden. Dieses System zeichnet sich wegen der kontinuierlichen Be-
schickungsmöglichkeit durch eine besonders hohe Förderleistung aus. Bei dem freien Führen
des Rüttlers am Seilbagger ist die Verdichtungsleistung stark abhängig vom Eigengewicht
der gesamten Rütteleinheit. Schwerrohre können hier das Eigengewicht erheblich steigern.

Die lotrechte Erstellung von Stopfsäulen bedingt, dass beim Eindringen noch eine gewisse
Restzugkraft im Seil verbleibt und der Rüttler nicht mit Schlaffseil versenkt wird. Das Seil
muss mit der Verstellmechanik des Auslegers so geführt werden, dass es ein gewisses Rück-
stellmoment erzeugt wird, womit der Rüttler lotrecht gehalten wird. Diese Bedingungen ver-
langen vom Baggerführer ein gewisses Maß an Fingerspitzengefühl.

Diese freireitende Stopfverdichtung ist besonders bei beengten Platzverhältnissen vorteilhaft.


Ferner können Unebenheiten und Arbeiten auf geneigten Flächen durch das Auspendeln des
Rüttlers am Seil leichter ausgeglichen werden. Die Umsetz- und Ausrichtvorgänge sind sehr
viel kürzer als bei tragraupengeführten Rüttlern. Bei der Rüttelstopfverdichtung mittels Seil-
bagger sind wegen der häufig eingesetzten Schwerrohre Gerätegrößen ab 70 t erforderlich.

5.5.6.3 Die wichtigsten Stoffe


Bei der Rüttelstopfverdichtung wird als Material nur Schotter oder Kies benötigt, um Säulen
im Baugrund zu erstellen. Diese sollen dem Baugrund eine höhere Festigkeit verleihen, wo-
durch die Zusammendrückbarkeit sich verringert und die Scherfestigkeit sich erhöht. Die
Tabelle 5.19 zeigt Erfahrungswerte für den Kiesverbrauch.

Tabelle 5.19 Erfahrungswerte von Kiesverbrauch und erzielten Querschnitten mit dem Schleusenrüttler [29]

Kiesverbrauch Querschnittsfläche Mittl. Durchmesser


Bodengruppen
[t/m] FK [m2] [cm]
1. Sand, schluffig
SE, SU, GU, ST 0,55 – 0,85 0,29 – 0,45 60 – 75
2. Schluff, steif
UL, TL, TM 0,38 – 0,65 0,20 – 0,33 50 – 65
3. Schluff, weich
UM, OU 0,65 – 1,10 0,33 – 0,58 65 – 85
4. Klei
OT 0,86 – 1,22 0,45 – 0,64 75 – 90
5. Torf, Mudden
HZ, F 0,86 – 2,00 0,45 – 1,15 75 – 115
6. Kalktuff
OK 0,86 – 1,48 0,45 – 0,78 75 – 100
222 5 Baugrundverbesserung

5.5.6.4 Der Personalbedarf


Eine Kolonne für die Rüttelstopfverdichtung setzt sich neben einem Polier als Aufsichtsper-
son im Allgemeinen wie folgt zusammen:
• 1 Maschinist für das Trägergerät (z. B. Seilbagger)
• 1 Maschinist für den Radlader
• 1 Helfer für das Trägergerät

5.5.6.5 Informationen zur Kalkulation


Leistung und Kosten

Eine exakte Bemessung lässt sich bei der Rüttelstopfverdichtung genauso schwer durchfüh-
ren wie bei der Tiefenrüttelverdichtung. Die Abstände werden daher auch hier aufgrund von
Erfahrungen festgelegt. Somit ist es sehr schwer, für die Rüttelstopfverdichtung bereits im
Voraus die Kosten zu bestimmen. Tabelle 5.20 und Tabelle 5.11zeigen die Aufwandswerte
für gewichtige Teilprozesse einer Tiefenrüttelverdichtung auf.

Tabelle 5.20 Betriebsmitteleinsatz

Prozess Teilprozess Gerät BGL-Nr. Personal- Kalkulatorische


(Hauptgruppen) bedarf Aufwandswerte

(2) Füllen des Ma- Radlader oder D.3.10. ···· 1 Maschinist


terialrohres Frontlader mit -
Raupenfahrwerk D.3.00. ····
(3) Versenken des Raupenseilbagger D.0.00. ··· 1 Maschinist
Rüttlers + Grundausleger D.0.30. ··· 1 Helfer
(4) Rüttler einige + Hakenflansch D.0.33. ···
Dezimeter hoch-
ziehen Schleusenrüttler -----
(5) Zugabematerial 150–200 m²
an der Spitze aus- pro Tag
II
treten lassen
(6) Rüttler wieder
absenken und
Zugabematerial
verdichten
(7) Wiederholung Geräte wie
der Teilprozesse II (4) bis (6)
(4) bis (6) bis -
Arbeitsebene er-
reicht ist
(1) Planieren des Planierraupe D.4.00. ··· 1 Maschinist
Arbeitsfeldes + Schild D.4.00. ·01 100–400 m2/h
III (Form U)
(2) Oberflächen- Flächenrüttler D.8.61. ···· 1 Helfer
60 m2/h
verdichtung
5.5 Rüttelstopfverdichtung 223

Tabelle 5.21 Ausgewählte Tätigkeits- und Rüstzeiten bei der Rüttelstopfverdichtung

Tätigkeit Ausgewählte Tätigkeits- und Rüstzeiten


Rüttler gemäß Rüttelraster
Verdichtung

3 min/Vorgang
ausrichten
Vermessungsarbeiten 5 min/Vorgang
Baustelleneinrichtung 1 Tag
Anlaufzeit am Morgen bzw.
Sonstiges

15 min pro Tag


Abbauzeit am Abend
Geräteausfall 3 Stunden in der Woche
Räumen der Baustelle 1 Tag

5.5.6.6 Anmerkungen zur Leistungsbeschreibung


Für die Leistungsbeschreibung gilt das gleiche wie in Kapitel 5.4 für die Tiefenrüttelverdich-
tung. Hierbei ist zu beachten, dass es sich hier anstelle der beim Tiefenrütteln vorhandenen
nicht bindigen Böden um bindige Böden handelt und somit die bodenmechanischen Kenn-
werte zur Beschreibung des zu verbessernden Bodens bzw. der zu erzielenden Eigenschaften
andere sind.

5.5.7 Qualitätssicherung und Kennwerte


Bei Rüttelstopfverdichtungen sind Kontrollen sowohl während als auch nach der Herstellung
erforderlich. Während der Durchführung sollen kontrolliert bzw. dokumentiert werden [24]:
– Art der Herstellung (trocken, Wasserspülung, Luftzufuhr, Art der Materialzugabe)
– Qualität und Art des Zugabematerials
– Versenk- und Verdichtungstiefe
– Maximum und Kontinuität der Leistungsaufnahme des Rüttlers während der Herstel-
lung
– Herstellzeit jedes Verdichtungspunktes
– Menge des Zugabematerials
– Übereinstimmung der angetroffenen Bodenarten und -eigenschaften mit den dem Ent-
wurf zugrunde gelegten.
Nach Fertigstellung der Säulen können folgende Prüfungen durchgeführt werden:
• Plattendruckversuch nach DIN 18 134 zur Bestimmung des Verformungsmoduls der
Säule
Bei Verwendung einer großen Platte (76,2 cm) und entsprechendem Gegengewicht (z. B.
LKW, Bagger o. ä.) kann ein solcher Versuch eine Probebelastung für eine Einzelsäule dar-
stellen [30].
224 5 Baugrundverbesserung

• Probebelastung von Einzelsäulen oder Säulengruppen


Der Belastungsversuch an einer Einzelsäule gibt Aufschluss über ihre Tragfähigkeit und da-
mit auch über den Sicherheitsfaktor, mit dem die Gebrauchslast im Einzelfall festgelegt wor-
den ist. Verlässliche Aussagen über das Setzungsverhalten größerer Gruppen von Schotter-
säulen können aber auf diese Weise nicht ohne weiteres getätigt werden [31]. Allenfalls kön-
nen hierzu Belastungsversuche auf einer Gruppe von drei oder vier Säulen Aufschluss geben.
Derartige Versuche sind allerdings teuer und werden daher nur in besonderen Fällen durch-
geführt.
• Setzungsmessungen am fertigen Bauwerk
Diese gestatten eine Beurteilung der Qualität der Stopfverdichtung und lassen vor allem für
zukünftige Bauten wichtige Rückschlüsse zu.

Die Kontrolle von Stopfverdichtungen durch Ramm- oder Drucksondierungen führt meist
nicht zu befriedigenden Ergebnissen. Die Sonden lassen sich wegen der Verzahnung des
Schotter- bzw. Kiesmaterials häufig nicht ausreichend tief in die Säulen einbringen, und der
Boden zwischen den Stopfsäulen weist häufig keine signifikanten Verbesserungen der Kon-
sistenz auf.

5.6 Dynamische Intensivverdichtung

5.6.1 Allgemeines
Die „Dynamische Intensivverdichtung“ (DYNIV) hat ihren Ursprung in der Verdichtung mit
Handstampfer und der im Autobahnbau der 30er Jahre gebräuchlichen Verdichtung mit 2 t
schweren Stampfplatten, die aus 2 m Höhe fallengelassen wurden. Die Weiterentwicklung
dieses Verfahrens geht wesentlich auf die Forschungsarbeiten von Ménard Anfang der 70er
Jahre zurück [32], [33].

Mit einem Spezialgerät wird eine ca. 10 bis 40 t schwere Masse aus einer Höhe von ca. 10
bis 40 m frei fallengelassen. Der Aufschlag des Fallgewichtes auf den Boden erzeugt
Schockwellen, die je nach Boden Einflusstiefen von 10 bis 30 m erreichen und zu einer in-
tensiven Verdichtung des Bodens führen.

5.6.2 Bodenmechanische Grundlagen


Bei der Betrachtung der Wirkung der Dynamischen Intensivverdichtung muss zwischen
nichtbindigen und bindigen Böden unterschieden werden.

Bei nichtbindigen Böden tritt sofort nach dem Aufschlag die vollständige Verdichtungswir-
kung ein, die eine Erhöhung der Tragfähigkeit und des Steifemoduls mit sich bringt. Wie
beim Proctorversuch nach DIN 18 127 ist die erreichte Verdichtung vom Wassergehalt des
Bodens abhängig.
5.6 Dynamische Intensivverdichtung 225

Bei bindigen Böden steigen beim Aufschlagen zunächst die Porenwasserdrücke stark bis hin
zur Bodenverflüssigung an. Hierbei entsteht im Boden ein hydrostatischer Spannungszustand
mit einer Entfestigung der Bodenstruktur.

Anschließend strömt das Porenwasser, insbesondere auch durch die im Boden entstandenen
Risse, ab, und der Porenwasserdruck reduziert sich. Der erhöhte Porenwasserdruck bleibt
aber eine Zeit lang im Baugrund erhalten, obwohl das Gerät längst abgezogen und die Gelän-
deoberfläche unbelastet ist. Der Baugrund verliert als Folge der Verdichtungsbearbeitung
zunächst völlig seine Tragfähigkeit. Auch diese Erscheinung erläutert anschaulich den Be-
griff der Bodenverflüssigung.

Erst in der anschließenden Ruhephase erhöht sich die Tragfähigkeit des Bodens wieder, da
das Kornskelett wieder größere Korn-zu-Korn-Drücke übertragen kann. Die Tragfähigkeit
wächst über den Ausgangswert an, worin das Ziel der Verdichtungsarbeit liegt.

Solche Verdichtungsvorgänge werden als Konsolidation bezeichnet. Da die Ursache bei die-
sem Verfahren in der dynamischen Bearbeitung des Bodens liegt, spricht man auch von einer
„Dynamischen Konsolidation“ [34]. Die Wirkung der Schlagenergie auf bindige Böden ist in
Bild 5.27 dargestellt.

1 Aufbringen der Energie in 3 bis 10


Phasen (z. B. 4 bis 8 Schläge je Phase)

2 Zusammendrückung

3 Porenwasserdruck-Verflüssigungsdruck

4 Veränderung der Bodentragfähigkeit

5 Ruhezeiten zwischen Phasen, je nach


Bodenart 1 bis 4 Wochen

6 Bearbeitungsphasen

Bild 5.27 Wirkung der Schlagenergie auf feinkörnige Böden [33]

Eine mehrmalige Behandlung nach einer Ruhepause von (je nach Bodenart) ein bis vier Wo-
chen verbessert das Ergebnis.
226 5 Baugrundverbesserung

5.6.3 Anwendungsbereiche
Die Anwendbarkeit des Verfahrens wird durch
– die anstehenden Bodenschichten
– die Art und Belastung des zu gründenden Bauwerks
– die Entfernung zur Nachbarbebauung
– die Wirtschaftlichkeit
bestimmt.

Für eine Verdichtung mit Fallgewichten sind geeignet:


– locker gelagerte Sande und Kiese über und unter Wasser
– feinkörnige Böden mit hohem Schluffgehalt bei Wassergehalten bis an die Fließgrenze
– inhomogene Böden mit geringem Tonanteil
– organische Böden, Torfe
– Steinschüttungen
– Haus- und Industriemüll
Mit zunehmendem Tongehalt nimmt die Effektivität des Verfahrens wegen der geringen
Durchlässigkeit des Bodens ab. Vertikale Dräns (z. B. Kunststoffdräns) erweitern die An-
wendungsgrenzen. Die Verdichtungswirkung reicht bis in etwa 10 bis 15 m Tiefe. Das Ver-
fahren ist insbesondere geeignet für die Verbesserung des Baugrundes unter flächenhaft auf-
gebrachten Lasten, so dass z. B. folgende Bauwerke darauf gegründet werden:
– Industrie- und Werkanlagen
– Wohnanlagen
– Straßen
– Gleisanlagen
– Flugplätze
– Sport- und Freizeitzentren
Im Straßen-, Eisenbahn- und Flugplatzbau ist die Dynamische Intensivverdichtung besonders
vorteilhaft, weil dadurch Setzungen, wie sie durch Erschütterungen des rollenden Verkehrs
hervorgerufen werden, bereits weitgehend vorweggenommen worden sind [35].

Der Einfluss der Dynamischen Intensivverdichtung kann infolge der Schwingungsausbrei-


tung für die Umgebung sehr groß sein. Erfahrungen zeigen, dass je nach Bodenart, Grund-
wasserstand und Empfindlichkeit der Nachbarbebauung der Abstand zu dieser größer als 10
bis 50 m sein sollte [36].
5.6 Dynamische Intensivverdichtung 227

Die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens hängt von der Art und Mächtigkeit der anstehenden
Bodenarten, den erforderlichen Fallhöhen und Fallgewichten sowie von der Größe der zu
verbessernden Fläche ab. Da die Baustelleneinrichtung wegen des Transportes und des Auf-
baus der schweren Geräte sehr teuer ist, lohnt sich der Einsatz des Verfahrens erst ab einer
Fläche von ca. 5.000 bis 10.000 m².

5.6.4 Bemessungsverfahren und Erfahrungswerte


Die Bemessungsparameter Fallmasse, Fallhöhe, Schlagzahl und Abstand der Verdichtungs-
punkte sind so auf den jeweiligen Baugrund abzustimmen, dass einerseits die gewünschte
Horizontalverspannung bzw. Verflüssigung bis in die vorgegebene Tiefe erzeugt wird, ande-
rerseits die Konsolidation nicht behindert wird.

Die Bedingungen für eine Konsolidation werden durch eine zu große Fallmasse verschlech-
tert, während eine zu kleine Verdichtungsenergie die Einwirktiefe verringert. Die optimalen
Bearbeitungsparameter sollten vor Beginn der Arbeiten durch Laborversuche und besonders
durch eine Probeverdichtung auf der Baustelle ermittelt werden.

5.6.5 Das Bauverfahren im Überblick


Bei diesem Verfahren werden Fallgewichte an einem fahrbaren Gerüst oder mit einem Kran
auf Raupenfahrwerk hochgezogen, wo sie auf Rasterpunkte ungebremst herabfallen. Diese
Technik mit Einleitung eines stoßartigen Schocks bewirkt eine bis in große Tiefe reichende
´Verflüssigung´ des Bodens mit Austritt von Porenwasser und Luft; nach mehreren Übergän-
gen wird eine erhebliche Verdichtung erzielt.

Als Trägergeräte für Verdichtungen an Land kommen folgende Geräte zur Anwendung:
– Bagger und Raupenkrane für Fallgewichte bis zu 20 t und Fallhöhen bis zu 20 m
– Dreiböcke für Fallgewichte bis zu 40 t und Fallhöhen bis zu 30 m
– Spezialgeräte für Fallgewichte bis zu 200 t und Fallhöhen bis zu 30 m
Als Trägergeräte für Verdichtungen unter Wasser können Pontons und Hub- oder Schreit-
inseln verwendet werden [37]. Die Gewichte für Aufgaben an Land sind kompakte quadrati-
sche oder - was verdrängungstechnisch günstiger ist – achteckige Stahl– bzw. Stahl-Beton-
Körper. Je nach Art der Bauaufgabe muss das Gewicht geändert oder das Verhältnis Gewicht
zu Aufprallfläche variiert werden.

Die Gewichte für die Verdichtung unter Wasser sind Spezialgewichte mit vertikalen Kanä-
len, damit Wasser durchströmen kann. Sie müssen so geformt sein, dass sie auch beim seitli-
chen Anströmen ihre lotrechte Falllinie beibehalten. Nachdem das Fallgewicht auf die ent-
sprechende Höhe gebracht worden ist, fällt es ungebremst auf die Bodenoberfläche.
228 5 Baugrundverbesserung

Die beim Aufprall entstehenden Schockwellen verdichten den Boden. Bei stark zusammen-
drückbaren Schichten entstehen an der Geländeoberfläche Trichter, die entweder mit
Fremdmaterial oder dem anstehenden Bodenmaterial verfüllt werden. Durch wiederholte
Übergänge und weiteres Verfüllen können Säulen aus Füllmaterial bis in größere Tiefen ge-
trieben werden [38].

Die im Raster hergestellten Säulen bilden in Verbindung mit einer abschließenden Oberflä-
chenverdichtung eine Tragkonstruktion ähnlich einer Pilzdecke.

Verwendet man bei bindigen Böden für die Säulen dränfähiges Material wie z. B. Kies-,
Sand- oder Schottergemische, so wird zugleich eine bessere Entwässerungsmöglichkeit und
eine damit verbundene bessere Konsolidierung des anstehenden Bodens bewirkt. Der Ab-
stand der Verdichtungspunkte liegt zwischen 4 und 10 m. Jeder Punkt wird pro Übergang mit
bis zu 15 Schlägen beansprucht, wobei mit abnehmender Durchlässigkeit des Bodens die
Wartezeiten zwischen den Schlägen größer werden müssen, um einen Konsolidationseffekt
zu erreichen.

Je feinkörniger ein Boden ist, desto mehr Übergänge sind erforderlich. Da die bisherigen
Erfahrungen nicht ausreichen, um für eine bestimmte Bodenart den erforderlichen Verdich-
tungsaufwand zu berechnen, empfiehlt es sich, eine Probeverdichtung vorzunehmen.

Ein spezielles Verfahren ist die Kombination der Verdichtungstechnik mit einem Dränage-
system, das aus in engem Raster angeordneten Vertikaldräns besteht. Dieses Verfahren ist
besonders für die schnelle und gezielte Verdichtung weicher Böden geeignet. Das durch die
Schlagenergie unter hohem Druck stehende Porenwasser wird über die Vertikaldräns an die
Oberfläche gepresst und über einen geeigneten Kiesflächenfilter abgeleitet. Im Boden wird
der Porenwasserüberdruck auch bei wenig wasserdurchlässigen Böden so rasch abgebaut,
dass die sonst üblichen Ruhephasen zwischen den einzelnen Übergängen entfallen und die
Verdichtungsübergänge kontinuierlich durchgeführt werden können. Die mit einem Stopfge-
rät eingebauten Runddräns aus gelochtem Kunststoffrohr mit Filterkies gewährleisten bei
hoher Stabilität eine schnelle Wasserförderung [39].

Bild 5.28 System der dynamischen Intensivverdichtung [40]


5.6 Dynamische Intensivverdichtung 229

5.6.5.1 Beschreibung der Arbeitsprozesse


Die Teilprozesse der Dynamischen Intensivverdichtung sind in dem Kapitel 5.6.1 beschrie-
ben.

Prozesse und zugehörige Geräte

Tabelle 5.22 Prozesse der Dynamischen Intensivverdichtung

Prozess Teilprozess Gerät


Arbeitsebene erstellen (1) Baugelände freimachen - Planierraupe
(2) Oberboden abtragen
I
(3) Lastverteilende Aufschüttung
herstellen (ggf. Anlieferung)
Dynamische Intensivver- (1) Fallplatte gemäß Verdich- - Trägergerät
dichtung tungsraster ausrichten - Fallplatte
(2) Erste Verdichtungsphase aus - Radlader
mehreren Schlägen
(3) Ruhephase (Verdichtung ande-
II rer Punkte)
(4) Überwachungsmessungen
(5) Verfüllen der Schlagtrichter
(6) Erneute Verdichtungsphasen
(7) Abschlussverdichtung „Schlag
an Schlag“
Erstellen der Gründungs- (1) Planieren der Arbeitsfläche - Planiergeräte
III ebene (2) Verdichten mit Oberflächen-
verdichtern

5.6.5.2 Die Geräte


Fallkörper
Ältere Fallkörper sind quadratische, mit Stahlrippen ausgesteifte Stahlhohlkörper, die mit
Sand, Beton und Stahlspänen gefüllt sind. Diese Art der Fallplatten weist nur eine relativ
kurze Nutzungszeit auf, da es durch die hohen, schlagartigen Belastungen zu starken Bean-
spruchungen an den Befestigungsstellen der Stahlrippen und Kastenwandungen kommt, die
schnell zu Materialüberlastungen führen.

Die Gewichte dieser meist quadratischen Fallkörper betragen bis zu 20 t. Fallkörper der neu-
eren Generation bestehen aus mehreren massiven, mit Bolzen vorgespannten und verschraub-
ten Stahlplatten. Diese Konstruktionsweise führt zu wesentlich längeren Nutzungszeiten
gegenüber den Hohlkästen, da beschädigte Stahlplatten ausgewechselt werden können.

Zudem lassen sich die Fallgewichte durch zusätzliche bzw. durch die Entfernung von Stahl-
platten variieren. Die Grundflächen der Fallkörper können quadratisch, rund oder mehreckig
sein. Ihre Grundfläche beträgt 2 bis 6 m2. Bei quadratischen Grundformen haben die Kanten
eine Länge von 1,7 bis 2,1 m.

Die Stahlplattengewichte bestehen dabei aus in ihrer Stärke unterschiedlichen Stahlplatten.


Entsprechend unterschiedlich sind auch die Gesamthöhen der Gewichte.
230 5 Baugrundverbesserung

Die üblichen Fallkörpergewichte liegen zwischen 6 und 40 t. Für Sonderfälle wurden schon
Gewichte bis zu 200 t eingesetzt. In Bild 5.29 ist ein quadratischer Fallkörper dargestellt. Er
besteht aus vier einzelnen Stahlplatten á 15 cm Stärke und wiegt ca. 24 t. Liegt die Verdich-
tungsoberfläche bzw. die Sohle der Schlagtrichter unterhalb des Grundwasserspiegels oder
wird der Meeresboden verdichtet, so werden speziell mit Durchströmungsöffnungen und Sta-
bilisierungsrippen versehene Fallkörper verwendet.

Bild 5.29 Darstellung eines Fallgewichtes mit Aufhängung

Trägergeräte

Als Trägergeräte kommen vor allem folgende Geräte zum Einsatz:


– Seilbagger und Raupenkrane
– Verfahrbare Gitterdreiböcke (Tripoden)
– Sondergeräte, die für spezielle Anforderungen ausgelegt sind,
Für niedrige bis mittlere Energieeintragungen in den Boden werden herkömmliche Raupen-
Seilbagger aus dem handelsüblichen Angebot mit kleineren, konstruktiven Veränderungen
ausgewählt. Die Seilbagger benötigen für eine ausreichende Standsicherheit ein geeignetes
Raupenfahrwerk. Der Unterwagen besitzt häufig eine Spurverstellung der beiden Raupen, so
dass zum Transport die Fahrwerkbreite verkleinert und für den Baustelleneinsatz eine Ver-
breiterung der Fahrwerkbreite zur Erhöhung der Standsicherheit möglich ist. Weitere beson-
dere Konstruktionsmerkmale ergeben sich aus den extremen Belastungen, denen diese Geräte
beim Einsatz ausgesetzt sind. Das Anheben des Fallgewichtes erfordert keine besondere Be-
achtung.

Wird jedoch die Seilwinde ausgeklinkt, und das Fallgewicht fällt im freien Fall zu Boden, so
entspannt sich im Moment des Ausklinkens der gesamte Ausleger samt seiner Haltemecha-
nik. Diese plötzliche Entspannung stellt eine hohe Anforderung an den Ausleger. Der plötzli-
che Ruck überträgt sich jedoch auch auf das Grundgerät, so dass der Ober- und Unterwagen,
insbesondere der Drehkranz, ebenso diesen Extrembelastungen ausgesetzt werden.
5.6 Dynamische Intensivverdichtung 231

Für den Unterwagen mit seinem Raupenfahrwerk kommen die Belastungen aus dem verhält-
nismäßig häufigen Verfahren der Geräte hinzu, da ein Verdichtungspunkt nicht nur in einer,
sondern in mehreren Phasen verdichtet wird. Somit müssen bei diesem Verfahren im Ver-
gleich zu anderen Raupenkraneinsätzen beachtliche Fahrwege zurückgelegt werden.

Einen großen Verschleiß erleiden die Seile und Anschlagmittel. Ebenfalls durch die schnelle
Entspannung und das schnelle Abspulen während des Freifalles werden sie schnell brüchig
und müssen relativ häufig gewechselt werden. Die Seilbremse wird durch das schnelle Ab-
bremsen nach jedem Fallschlag ähnlich stark beansprucht. Die Bremsbeläge müssen daher
oft erneuert werden.

Verschiedene Gerätetypen erreichen durch Sonderausführungen größere Fallhöhen, Fallmas-


sen und dadurch eine größere Einflusstiefe. Die Tabelle 5.23 unterscheidet einige handelsüb-
liche Geräte und Sondergeräte.

Tabelle 5.23 Einsatzbereiche von Geräten zur Dynamischen Intensivverdichtung

Bezeichnung Fallhöhe Fallmasse Maximale Energie Einflusstiefe


h M E = M·h t
[m] [t] [tm] [m]
Handelsübliche Geräte
Raupenkran 50 t 10 10 100 < 9,0
Seilbagger Liebherr HS 872 bis 30 bis 30 900 < 15,0
Seilbagger Liebherr HS 882 bis 35 bis 40 1400 < 18,0
Sondergeräte
Mega-Maschine 1 bis 30 bis 25 750 < 14,0
Mega-Maschine 2 bis 40 bis 40 1600 < 20,0
Tripode bis 40 bis 40 1600 < 20,0
Giga-Maschine 20 200 4000 < 35,0

Die Zahl der möglichen Verdichtungsschläge hängt von unterschiedlichen Geräte- und
Schlagparametern ab. So kann ein Gerät mit einer großen Motorleistung die Fallplatte ver-
hältnismäßig schnell auf die erforderliche Fallhöhe befördern, welches ebenso leistungsbe-
stimmend wie das Gewicht der Fallplatte selbst ist.

5.6.5.3 Die wichtigsten Stoffe


Als Material bei der Dynamischen Intensivverdichtung wird lediglich Schüttgut benötigt.
Dieses Schüttgut wird meistens bereits vorher auf den nicht ausreichend tragfähigen Unter-
grund aufgebracht. Es dient dann neben der Lastverteilung als sauberes Arbeitsplanum und
Schlagpolster zur Minderung der Auflockerung. Nach der Verdichtung werden damit auch
die entstandenen Verdichtungstrichter nochmals verfüllt, welche dann mittels schwerer Fall-
platten oder anderer Verfahren verdichtet werden.
232 5 Baugrundverbesserung

5.6.5.4 Der Personalbedarf


Eine Kolonne setzt sich wie folgt zusammen:

1 Maschinist pro Trägergerät

1 Helfer (Mithilfe beim Einmessen und Markieren)

1 Schlosser (Reparatur und Wartung)

5.6.5.5 Informationen zur Kalkulation


Leistung und Kosten

Nachfolgende Tabelle zeigt eine Bewertung der Leistung und Kosten gewichtiger Teilpro-
zesse zur Dynamischen Intensivverdichtung.

Tabelle 5.24 Betriebsmitteleinsatz

Prozess Teilprozess Gerät BGL-Nr. Personal- Kalkulatorische


(Hauptgruppen) bedarf Leistungswerte
(2) Oberboden abtra- Planierraupe D.4.00. ···· 1 Maschinist
120–320 m2/h
gen
I (3) Lastverteilende Radlader D.3.10. ···· 1 Maschinist
Aufschüttung her- LKW P.2.13. ···· 1 Maschinist 80–130 m3/h
stellen
(2) Erste Verdich- Trägergerät 1 Maschinist
tungsphase aus - Seilbagger D.0.01. ····
mehreren Schlägen - Raupenkran C.2.21. ····
(3) Ruhephase (Ver- 2–5 min/Schlag
dichtung anderer Fallmasse
Punkte) - Fallplatte -----
- Fallbirne D.0.52. ····
II
(4) Verfüllen der Radlader D.3.10. ···· 1 Maschinist
80–150 m3/h
Schlagtrichter Planierraupe D.4.00. ···· 1 Maschinist
(5) Erneute Verdich- Geräte wie
tungsphasen II (2) und (3)
(6) Abschlussver- 2–5 min/Schlag
dichtung „Schlag
an Schlag“
(1) Planieren der Planierraupe D.4.00. ···· 1 Maschinist
100–400 m2/h
Arbeitsfläche
III (2) Verdichten mit Dreiradwalze D.8.00. ···· 1 Maschinist
125–500 m2/h
Oberflächen- Flächenrüttler D.8.61. ···· 1 Helfer
60 m2/h
verdichtern
5.6 Dynamische Intensivverdichtung 233

Tabelle 5.25 Ausgewählte Tätigkeits- und Rüstzeiten bei der Dynamischen Intensivverdichtung

Tätigkeit Ausgewählte Tätigkeits- und Rüstzeiten


Fallplatte gemäß Verdich-
Dynamische Intensivver-

1 min/Vorgang
tungsraster ausrichten
Überwachungsmessungen 0,5 min/Vorgang
dichtung

Ruhepausen zwischen den


2 Tage bis 4 Wochen
Verdichtungsphasen
Ziehen der Platte auf 10 m
0,2 min/Vorgang
Fallen, Aufschlagen, Anheben,
Auspendeln
Baustelleneinrichtung 3–4 Tage
Sonstiges

Anlaufzeit am Morgen bzw.


15 min pro Tag
Abbauzeit am Abend
Geräteausfall 7 Stunden in der Woche
Räumen der Baustelle 3–4 Tage

5.6.5.6 Anmerkungen zur Leistungsbeschreibung


Eine spezielle DIN für die Dynamische Intensivverdichtung ist im Teil C der VOB nicht auf-
geführt. Für die Erschütterungseinwirkungen, die bei diesem Verfahren auftreten, gilt die
DIN 4150 Teil 3 – Erschütterungen im Bauwesen. Die Norm ist für Bauwerke heranzuzie-
hen, die nicht für dynamische Einwirkungen ausgelegt sind. Die Leistungsbeschreibung soll-
te folgende Informationen enthalten:
– Angaben zum Raster der Schlagtrichter
– Angaben zur Fallenergie
– Angaben zur Anzahl der Übergänge
– Art und Menge des zum Auffüllen der Schlagtrichter benötigten Füllmaterials
Darüber hinaus sollten auch Informationen zur Herstellung der Arbeitsebene, der Probever-
dichtung und der Erstellung der Gründungsebene gemacht werden.

5.6.6 Qualitätssicherung und Kennwerte


Zur erfolgreichen Durchführung der Methode sind umfangreiche, sorgfältige Kontrollmes-
sungen vor, während und nach der Verdichtung erforderlich. Zur Vorerkundung und Über-
wachung werden insbesondere folgende Messverfahren eingesetzt:
– Pressiometermessungen (Seitendrucksondierungen)
– Kompressionsversuche im Dynamischen Ödometer
– Porenwasserdruckmessungen
– Setzungskontrollmessungen an der Oberfläche und im Boden
234 5 Baugrundverbesserung

Auch andere Verfahren, wie Ramm- oder Drucksondierungen nach DIN 4094, sind zur Kon-
trolle geeignet. Mit den Messergebnissen während der Verdichtung lässt sich der Verdich-
tungserfolg kontrollieren bzw. festlegen, ob und wie viele weitere Übergänge erforderlich
sind.

5.7 Oberflächenverfestigung mit Bindemitteln

5.7.1 Das Bauverfahren im Überblick


Bodenverfestigungen sind Verfahren, bei denen die Widerstandfähigkeit von Böden gegen
Beanspruchung durch Verkehr und Klima dauerhaft erhöht wird. Der Boden wird tragfähig,
wasserunempfindlich und frostbeständig. Je nach Bodenart und Klima werden dem Boden
hydraulische Bindemittel (Kalk, Kalkhydrat, hydraulischer Kalk, Zement) beigemischt.

Bei der Oberflächenverfestigung unterscheidet man das Baumischverfahren (mixed-in-place)


und das Zentralmischverfahren (mixed-in-plant). Beim Baumischverfahren wird der Boden
aufgerissen, zerkleinert, soweit erforderlich angefeuchtet und nach Erreichen einer gleichmä-
ßigen Durchfeuchtung und Zerkleinerung mit dem Bindemittel vermischt. Das Bindemittel
wird maschinell gleichmäßig verteilt und eingemischt. Anschließend wird das Boden-
Bindemittel-Gemisch verdichtet. Beim Zentralmischverfahren wird der zu verfestigende Bo-
den mit den Bindemitteln in einer Mischanlage gemischt und anschließend zur Einbaustelle
transportiert.

Nachfolgend wird das Baumischverfahren erläutert. Dieses wird weit häufiger angewendet
und unterscheidet sich vom Zentralmischverfahren nur darin, dass der Boden nicht vor Ort,
sondern in einer Mischanlage mit den erforderlichen Bindemitteln vermischt wird.

Die Verteilung und das Einmischen des Zementes dürfen nicht unmittelbar nach dem Einfrä-
sen des Kalkes erfolgen, da die Reaktionen von Kalk und Boden eine relativ lange Zeit in
Anspruch nehmen. Zwischen der Bodenverbesserung mit Kalk und der hydraulischen Verfes-
tigung mit Zement sollte mindestens ein Tag Arbeitsunterbrechung liegen.

Ist der Boden zu trocken, wie dies bei gleichkörnigen Sanden schon nach kurzen Trockenpe-
rioden häufig der Fall ist, muss er vor dem Verteilen des Zementes vorgenässt werden. Bei
starken Niederschlägen muss auf das Verteilen von Bindemitteln verzichtet werden, um ein
Ausschwemmen des Bindemittels zu vermeiden. Wird durch die Niederschläge der für die
ausreichende Verdichtung festgelegte Wassergehalt des Bodens überschritten, müssen die
Arbeiten so lange unterbrochen werden, bis der Boden ausreichend abgetrocknet ist. Bei
starken Winden ist das Verteilen des Bindemittels einzustellen. Gefrorener Boden darf nicht
verfestigt werden.

Die Verteilung des Bindemittels erfolgt mit Streugeräten.


5.7 Oberflächenverfestigung mit Bindemitteln 235

Bei dem nachfolgenden Einsatz der Verfestigungsgeräte ist gegebenenfalls während des
Mischvorganges so viel Wasser zuzugeben, dass der für die Verdichtung notwendige Was-
sergehalt des Boden-Bindemittel-Gemisches erreicht wird. Das Verteilen und das Einfräsen
des Bindemittels sollten grundsätzlich unmittelbar hintereinander erfolgen.

Bei der Verfestigung ist zu beachten, dass zwei benachbarte Mischspuren überlappend herge-
stellt werden und keine unbehandelten Bodenstreifen verbleiben. Unmittelbar nach Beendi-
gung des Durchmischens wird mit der Verdichtung begonnen.

Um eine einwandfreie Verbindung von dünnen Lagen eines Boden-Bindemittel-Gemisches


mit einer darunter liegenden, bereits verdichteten Bodenverfestigung herzustellen, muss die
Kontaktfläche aufgeraut werden. Der Verarbeitungszeitraum für das Boden-Bindemittel-
Gemisch beträgt bis zu drei Stunden nach dem Ausstreuen, bei hydrophobierten Zementen
drei Stunden nach Beginn des Mischvorgangs.

5.7.2 Bodemechanische Grundlagen


Da durch die Beimischung von hydraulischen Bindemitteln und die hieran anschließende
chemische Reaktion und Auskristallisation neue mineralische Bindungen entstehen, wird die
Kohäsion und damit die Scherfestigkeit im Boden erhöht. Die bodenverfestigende Wirkung
der Bodenbehandlung tritt nach dem Verdichten des Bodens ein.

Der anstehende, zu verfestigende Boden muss bei der Oberflächenverfestigung gleichmäßig


vorverdichtet und ein profilgerechtes Planum hergestellt werden. Enthält der zu verfestigende
Boden Steine von mehr als 63 mm Durchmesser, so sind diese, um die Geräte zu schonen
und Arbeitsunterbrechungen zu vermeiden, z. B. mit Eggen zu entfernen.

Übersteigt der Wassergehalt des zu verfestigenden Bodens den für die Verdichtung optima-
len Wert und ist es nicht zu erwarten, dass der Wassergehalt durch natürliche Verdunstung
abnimmt, kann der Boden durch Auflockerung belüftet werden, um das Verdunsten zu be-
schleunigen. Verspricht diese Maßnahme wenig Erfolg, kann Feinkalk auf die zu behandeln-
den Flächen gleichmäßig aufgebracht und mindestens in der Mächtigkeit der zukünftigen
Bodenverfestigung eingefräst werden.

5.7.3 Das Bauverfahren

5.7.3.1 Beschreibung der Arbeitsprozesse


Das Baumischverfahren wird seinerseits in zwei Verfahren unterschieden:
– Bodenstabilisieren mit Kalken
– Bodenstabilisieren mit Zementen
236 5 Baugrundverbesserung

Teilprozesse beim Stabilisieren mit Kalken


1. Der Kalk wird mit einem Streugerät genau dosiert vorgestreut. Auf eine zusätzliche Be-
wässerung des Bodens wird verzichtet, da die zu verbessernden Böden einen überschüs-
sigen Wassergehalt aufweisen, der gebunden werden soll.
2. Auffräsen und Einmischen der Kalke in den Boden. Der Arbeitsfortschritt richtet sich
nach der Verarbeitbarkeit des Bodens und der Leistungsfähigkeit der eingesetzten Boden-
stabilisierungsgeräte. Es entsteht ein krümeliges Gemisch mit reduziertem Wassergehalt.

3. Planieren und Profilieren des aufbereiteten Boden-Kalk-Gemisches mit geeigneten Erd-


baumaschinen. Bevorzugt werden hier Grader eingesetzt, jedoch nur wenn sich keine
Verdrückungen durch das Radfahrwerk einstellen. Ansonsten sind Planierraupen einzu-
setzen.

4. Verdichten des profilierten Bodens mit entsprechendem Verdichtungsgerät. Da es sich im


Regelfall um größere Flächen handelt, werden hier Tandemwalzen oder Walzenzüge be-
vorzugt eingesetzt. Walzenzüge mit Schaffuß- oder Stampffußbandagen können zur Vor-
verdichtung eingesetzt werden. Die Schlussverdichtung ist dann mit einer Glattmantel-
bandagenwalze durchzuführen.

Teilprozesse beim Stabilisieren mit Zementen


Bei dieser Variante gibt es drei verschiedene Möglichkeiten, den Zement und das Zugabe-
wasser zu vermischen.
1. Das Zugabewasser wird mit einem Sprengwagen auf die zu bearbeitende Fläche ver-
sprüht. Der Zement wird mit einem Streuwagen entsprechend dosiert vorgestreut.

2. Der Zement wird mit einem Streuwagen dosiert vorgestreut und das Zugabewasser wird
genau dosiert in Abhängigkeit von der Vortriebsgeschwindigkeit in den Mischraum über
eine Einsprühanlage eingesprüht. Das Wasser wird über eine Schlauchleitung vom Was-
serwagen zugeleitet oder über entsprechende Tanks der Bodenstabilisierer mitgeführt.

3. Zement und Zugabewasser werden in einer speziellen Suspensionsmischanlage micro-


prozessorgeregelt dosiert und angemischt. Die fertige Zementsuspension wird über eine
Schlauchleitung dem Bodenstabilisierer zugeführt und genau dosiert in den Mischraum
eingesprüht.
5.7 Oberflächenverfestigung mit Bindemitteln 237

Prozesse und zugehörige Geräte


Tabelle 5.26 Prozesse der Oberflächenverfestigung mit Bindemitteln
Prozess Teilprozess Gerät
Arbeitsebene erstellen (1) Baugelände freimachen - Raupe
(2) ggf. Oberboden entfernen - Radlader
I
(3) Größere Steine und Wurzel-
werk entfernen
Vermischen (1) ggf. Wasser vorsprühen - Bodenstabilisator
(2) ggf. Boden aufreißen und - Streuwagen
zerkleinern - Wassersprengwagen
II (3) Bindemittel verteilen - Suspensionsmischwagen
(4) Vermischen durch Aufneh-
men, Zerkleinern und Vermi-
schen des Bodens
Profilieren und Verdichten (1) Planieren und Profilieren des - Radplanierraupe
Boden-Bindemittel- - Grader
III Gemisches; Verdichten - Glattmantelwalze
- Stampfer
- Plattenrüttler
Nachbehandeln (1) ggf. Feuchthalten durch Be- - Sprühwagen
IV sprühen mit Wasser

5.7.3.2 Die Geräte


Bodenstabilisierer

Die Geräte, die den Boden aufreißen, zerkleinern und die Zuschlagstoffe einmischen, werden
als Bodenstabilisierer, auch Bodenvermörtelungsmaschinen oder Bodenfräsen, bezeichnet.
Sie sind heute weitgehend als selbst fahrende Maschinen ausgebildet. Da man sie auch zum
Recyceln von Asphaltbelägen einsetzen kann, werden sie häufig als Recycler bezeichnet.
Frühere Geräte waren als Anbaugeräte hinter einem Schlepper oder Unimog konzipiert.

Die heutigen Geräte hingegen sind speziell entwickelte Hochleistungsgeräte. Je nach Herstel-
ler gibt es verschiedene Konstruktionsmerkmale. So bestehen einige aus einem Vorder- und
Hinterrahmen und einer Knick- oder Radlenkung. Ein Allradantrieb und eine breite Berei-
fung ermöglichen das Arbeiten in sehr weichem und steilem Gelände.

Die eigentliche Arbeitsausrüstung stellt der Fräsrotor dar. Dieser ist bei allen Geräten zwi-
schen der Vorder- und Hinterachse angeordnet. Der Fräsrotor hat im Regelfall eine große
Masse, so dass der Schwungradeffekt genutzt wird. Die Meißel haben je nach Arbeitseinsatz
unterschiedliche Formen. Sie sind auf aufschraubbaren Werkzeughaltern angeordnet, um ein
schnelles und einfaches Wechseln auf der Baustelle zu ermöglichen.

Die Firma Caterpillar bietet für ihre Geräte verschiedene Rotoren an. So sind für bindige und
schwach bindige Böden, für nichtbindige Böden oder für alle Böden konzipierte Rotoren mit
speziellen Meißeln erhältlich. Die Firma Wirtgen dagegen setzt auf einen Rotor, der mit
einem Rundschaftmeißel alle gestellten Aufgaben erfüllt.
238 5 Baugrundverbesserung

Bild 5.30 Bodenstabilisierer der Firma Bomag [13]

Der Raum zwischen dem Rotor und der Abdeckhaube ist der Mischraum. Dieser muss der
Frästiefe entsprechend angepasst werden, da bei größeren Tiefen mehr Bodenmaterial ge-
mischt werden muss und dementsprechend auch mehr Mischraum benötigt wird. Das Ab-
streifschild sollte verstellbar ausgebildet sein, da so ein Vorplanieren erreicht werden kann.
Sind beide Seiten verstellbar ausgebildet, kann sowohl mit als auch gegen die Arbeitsrich-
tung gefräßt werden.

Ein gegenläufiges Fräsen, also der Rotor dreht sich entgegen der Arbeitsrichtung, erzielt im
Allgemeinen eine bessere Durchmischung als Gleichlauffräsen. Alle Geräte verfügen über
die Möglichkeit, das Zugabewasser über eine Sprühanlage vor oder in den Mischraum einzu-
speisen.

Bild 5.31 Darstellung der Mischräume in Abhängigkeit der Frästiefen [41]


links: kleinerer Mischraum bei geringen Arbeitstiefen, rechts: größerer Mischraum bei großen Arbeitstiefen

Streuwagen

Die eingesetzten Streuwagen sind als Selbstfahrer, Aufsatzgeräte für LKW oder als Anhän-
gestreugerät ausgebildet. Sie bestehen im Wesentlichen aus einem geschlossenen, siloähnli-
chen Vorratsbehälter unterschiedlichen Fassungsvermögens, einem Verteilmechanismus und
einer Dosiereinrichtung. Das Fassungsvermögen sollte nicht zu klein sein, da sonst ein häufi-
ges Nachfüllen erforderlich ist, was eine Siloanlage auf der Baustelle erfordern würde.
5.7 Oberflächenverfestigung mit Bindemitteln 239

Der Verteilbalken sollte nicht sehr hoch über dem Boden angebracht sein, um so ein Verwe-
hen des Zementes und die Staubentwicklung zu begrenzen. Die Bereifung bzw. die Wahl des
Trägergerätes sollte der Beschaffenheit des Untergrundes angepasst werden, um zu tiefe
Fahrspuren bzw. ein Festfahren zu verhindern.

Wassersprengwagen
Auch diese Geräte können als Selbstfahrer, Aufsatzgeräte für LKW oder als Anhängegeräte
konzipiert sein. Sie bestehen aus einem geschlossenen Wassertank und einer Versprühanlage.
Hinsichtlich der Geländetauglichkeit gilt gleiches wie bei den Streuwagen. Wird der Wasser-
sprengwagen zum Feuchthalten der aufbereiteten Schicht eingesetzt, ist darauf zu achten,
dass sich keine Verdrückungen oder sonstigen Beschädigungen durch das Befahren einstel-
len. Eine Verwendung von Sand- oder Ballonreifen mit besonders großer Aufstandsfläche
kann dem entgegenwirken.

Suspensionsmischanlagen
Suspensionsmischanlagen vereinigen Streuwagen und Sprengwagen. Eine solche ist z. B. die
WM 400 der Firma Wirtgen. Sie besteht aus einem 8,5 m3 großen Wassertank, einem 20 m3
fassenden Zementbehälter, Förder-, Dosier- und Mischeinrichtung und einem eigenen An-
triebsmotor.

Die Anlage ist auf einem mit einer Hilfslenkung versehenen Schwerlastenhänger montiert
und kann somit von einem Recycler aus gelenkt werden. Die Vorteile solcher Kompaktanla-
gen sind ein geringer Personalbedarf, da weder Streuwagen noch Wasserwagen erforderlich
sind und die Anlage komplett vom Recycler gesteuert wird. Hinzu kommt das große Fas-
sungsvermögen des Zementbehälters, der es ermöglicht, dass ganze Sattelzüge entladen wer-
den können und somit kein Baustellensilo erforderlich wird, welches ein kontinuierliches
Arbeiten ermöglicht. Die Dosierung kann sehr genau erfolgen und dokumentiert werden.

Verdichtungsgeräte
Die Verdichtungsgeräte entsprechen den im Kapitel 5.3.3.2 behandelten Maschinen.

5.7.3.3 Die wichtigsten Stoffe


Man unterscheidet bei der Bodenverfestigung die Verfestigung mit Zement, Kalk und Mittel
auf Bitumenbasis.

Die Bodenverfestigung mit Zement

Für die Verfestigung mit Zement sind geeignet:


– Grobkörnige Böden nach DIN 18 196 mit einem Größtkorn von bis zu 63 mm
– Gering bis mittel frostempfindliche, gemischtkörnige Böden der Gruppe SU, ST, GU,
GT nach DIN 18 196
– Sehr frostempfindliche, gemischtkörnige Böden der Gruppen SU, ST, GU und GT und
feinkörnige Böden der Gruppen UL, UM und TL
240 5 Baugrundverbesserung

Bedingt geeignet sind folgende Bodenarten, wobei die Eignung in speziellen Prüfverfahren
und/oder durch eine Probenverdichtung nachgewiesen werden muss:
– Mittel- und ausgeprägt plastische Tone (TM und TA nach DIN 18 196)
– Grob- und gemischtkörnige Böden mit Kornanteilen über 63 mm. Diese Anteile müs-
sen gegebenenfalls vor dem Einmischen des Bindemittels entfernt werden, soweit dies
für eine anforderungsgerechte Verfestigung erforderlich ist (Ebenheit, Schäden am
Mischgerät etc.)
– Böden mit organischen Beimengungen
Ungeeignet sind:
– Schluff- und Tonsteine
– Unvollständig verwitterte Felsböden
– Organische Böden
– Sehr heterogene Böden
Bodenverfestigung mit Kalk

Die Bodenverfestigung mit Kalk ist ein Verfahren, bei dem die Widerstandsfähigkeit des
Bodens gegen Beanspruchung durch Verkehr und Klima langfristig erhöht wird. Der Boden
wird hierdurch dauerhaft tragfähig, wasserunempfindlich und frostbeständig. Bodenverfesti-
gungen mit Kalk werden beim Bau von Straßen und Wegen aller Art sowie von anderen Ver-
kehrsflächen angewendet. Wird die Bodenverfestigung mit Kalk in der oberen Zone des
Unterbaus bzw. des Untergrundes ausgeführt, kann die Schicht als Frostschutzschicht ange-
setzt werden.

Für die Verfestigung geeignet:


– Feinkalk (Weißfeinkalk, Wasserfeinkalk)
– Kalkhydrat (Weißkalkhydrat, Dolomitkalkhydrat, Wasserkalkhydrat)
– Hochhydraulischer Kalk
Einen Überblick über die Eignung der Böden für die Bodenverfestigung mit Kalk gibt Tabel-
le 5.27.

Bodenverfestigung mit bituminösen Bindemitteln

Das Einmischen von bituminösen Bindemitteln und die anschließende Verdichtung des Bo-
dens verkittet die Bodenteilchen. Bei bindigen Böden tritt außerdem der Effekt ein, dass die
Bodenteilchen durch die Umhüllung mit dem Bindmittel gegen Wasseraufnahme weitgehend
abgesperrt werden, wodurch bituminös verfestigte bindige Böden eine wetterunabhängige,
gleich bleibende Tragfähigkeit haben.

Für die Verfestigung mit bituminösen Bindemitteln eignen sich alle grobkörnigen Böden
sowie die gemischten Böden der Gruppe SU, GU, ST und GT.
5.7 Oberflächenverfestigung mit Bindemitteln 241

Bild 5.32 Körnungsbereiche für die Verfestigung von Böden mit verschiedenen Bindemitteln

Tabelle 5.27 Für die Bodenverfestigung mit Kalk geeignete Bodenarten mit Hinweisen auf die Kalkart [42]

Korngrößenanteile in
GRUPPEN
Gew.-% Frost-
Geeignet für
Haupt- Plastizitäts- empfind-
folgende
gruppen zahl IP und Kurz- lich-
Fließ- Kalkarten
nach Lage zur A- zeichen keitsklassen
grenze nach DIN
DIN 18 196 < 0,06 mm > 2 mm Linie Bezeichnung nach nach
wL in 1060
DIN ZTVE*
Gew.-%
18 196

Feinkörnige IP < 4 Schluffe leicht


< 35 UL
Böden Gew.-% plastische
oder unter-
halb der mittel-
35 bis 50 UM F2
A-Linie plastische
Feinkalk***
Kalkhy-
IP < 7 Tone leicht
> 40 ------- < 35 TL drat****
Gew.-% plastische
(Hochhydrau-
und ober-
lischer Kalk)
halb der mittel-
35 bis 50 TM
A-Linie plastische
F3
ausgeprägt
> 50 TA**
plastische

Gemischt- Kies-Schluff-Gemische GU
> 40
körnige Kies-Ton-Gemische GT
Böden 15 bis 40 F3
Sand-Schluff-Gemische SU Feinkalk ****
< 40
Sand-Ton-Gemische ST Kalkhy-
drat***
Kies-Schluff-Gemische GU Hochhydrau-
> 40
Kies-Ton-Gemische GT lischer Kalk
5 bis 15 F 2****
Sand-Schluff-Gemische SU
< 40
Sand-Ton-Gemische ST
242 5 Baugrundverbesserung

Grob- Kiese, weitgestufte GW


> 40
körnige Kiese, intermittierend gestufte GI
Böden Hochhydrau-
<5 F1
Sande, engestufte SE lischer Kalk
< 40 Sande, weitgestufte SW
Sande, intermittierend gestufte SI

Böden mit IP > 7 Mit organ.


Schluffe 35 bis 50 OU F3
organischen Gew.-% Beimeng. Feinkalk ***
Beimengun- > 40 ------- und unter- oder Kalkhydrat
gen und halb der organo- ***
Tone > 50 OT
organogene A-Linie gene
Böden F2
Grob- bis gemischtkörnige Böden Hochhydrau-
< 40 ------- OK
mit kalkigen, kieseligen Bildungen lischer Kalk
* F1 = nicht frostempfindlich, F2 = gering bis mittel frostempfindlich, F3 = sehr frostempfindlich
** nur in Ausnahmefällen für eine Bodenverbesserung geeignet
*** Feinkalk: Bei Überschreitung des Bereiches mit optimalem Wassergehalt; Kalkhydrat: Im Bereich des optimalen Wassergehaltes
**** nur, wenn Körnungskriterien nach ZTVE, Abschnitt 2.3.3.2 (1) erfüllt sind, sonst zu F1 gehörig

5.7.3.4 Der Personalbedarf


Eine Kolonne setzt sich wie folgt zusammen:

1 Schachtmeister (Beaufsichtigung und Dokumentation)


3 Geräteführer (Wasserspreng-/Streuwagen; Bodenstabilisierer; Walze)

5.7.3.5 Informationen zur Kalkulation


Leistung und Kosten
Tabelle 5.28 Betriebsmitteleinsatz
Prozess Teilprozess Gerät BGL-Nr. Personal- Kalkulatorische
bedarf Leistungswerte
(Hauptgruppen)
(1) ggf. Wasser vor- LKW P.2.11. ··· 1 Maschinist
sprühen + Wasserwagen- P.2.11. ·AL 2.000 m2/h
aufbau
(2) ggf. Boden aufrei- Planierraupe D.4.00. ··· 1 Maschinist
ßen und zerklei- + Heckaufreißer D.4.00. ·06 1.000 m2/h
II nern
(3) Bindemittel vertei- Streuwagen E.8.10. ··· 1 Maschinist
850 m2/h
len
(4) Vermischen des Radlader D.3.10. ··· 1 Maschinist
Bodens + Bodenstabili- E.8.01. ··· 300 m3/h
sierer
(1) Planieren und Pro-
filieren des Boden-
Siehe
III Bindemittel-
Kapitel 5.2
Gemisches; Ver-
dichten
5.7 Oberflächenverfestigung mit Bindemitteln 243

Tabelle 5.29 Ausgewählte Tätigkeits- und Rüstzeiten bei der Oberflächenverfestigung mit Bindemitteln

Tätigkeit Ausgewählte Tätigkeits- und Rüstzeiten

Ggf. zu große Steine vom Arbeitsfeld entfernen 0,2 min/m2


Oberflächen-
verfestigung

Ggf. Kalk einfräsen um den Boden zu trocknen 0,05 min/m2


Verfestigungsleistung ca. 250 m3/h
Kontrollprüfungen -
Baustelleneinrichtung 0,5 Tag(e)
Sonstiges

Anlaufzeit am Morgen bzw. Abbauzeit am Abend 10 min pro Tag


Geräteausfall 2 Stunden in der Woche
Räumen der Baustelle 0,5 Tag(e)

5.7.3.6 Anmerkungen zur Leistungsbeschreibung


Für die Bodenverfestigung und -verbesserung mit Bindemitteln gelten entsprechend die
ZTVV-StB 94 und die TVV-LW 1980. Die ZTVV-StB 94 ist darauf abgestellt, dass die VOB
Teil C, insbesondere die ATV DIN 18 299 und ATV DIN 18 300 Bestandteil des Bauvertra-
ges sind.

Die Leistungsbeschreibung sollte folgende Informationen enthalten:


– Baumischverfahren oder Zentralmischverfahren
– Bindemittelart und Bindemittelgehalt
– Einbaudicke
– Verdichtungsgrad
– Verarbeitungszeit
Es sollten auch Informationen zur Herstellung der Arbeitsebene gegeben werden, wenn diese
zur Befeuchtung vorher mit Wasser besprüht, oder bei zu feuchten Böden mit Kalk getrock-
net werden muss.

Auch wenn der Oberboden, pflanzliche Bestandteile oder Steine zu entfernen sind, ist dies
mit in die Leistungsbeschreibung aufzunehmen. Dazu gehört auch das mögliche Nachver-
dichten und andere Maßnahmen die zu Vorbereitung der Unterlage dienen. Die für die Aus-
führung in Abhängigkeit vom Zweck maßgebenden Anforderungen sind ebenfalls im LV
anzugeben.

Die Bindemittel werden geregt in folgenden Normen:


– DIN 1164-1 Zement – Teil 1
– EN 459-1 Baukalk – Teil 1
– DIN 18 506 Hydraulische Bindemittel für Tragschichten
244 5 Baugrundverbesserung

5.7.4 Qualitätssicherung und Kennwerte


Die Anforderungen an die Qualität erstrecken sich auf die zur Verfestigung vorgesehene
Schicht und die verfestigte Schicht. Bei der zur Verfestigung vorgesehenen Schicht muss der
Verdichtungsgrad Dpr mindestens 100 % betragen, falls die Schicht zum Oberbau gehört oder
die obere Lage eines frostsicheren Untergrundes oder Unterbaus ist. In allen Fällen ist der
Boden so zu verdichten, das mindestens der in der ZTVE-StBFehler! Textmarke nicht definiert. für die
verschiedenen Bodenarten vorgeschriebene Verdichtungsgrad Dpr erreicht wird.

Bei der zu verfestigenden Schicht darf unmittelbar nach Abschluss der Verdichtung bei Bo-
den-Zement- bzw. Boden-Kalk-Gemischen der Verdichtungsgrad 98 % der Proctordichte
nicht unterschritten werden.

Bei Gemischen aus Boden und bituminösen Bindemitteln muss die verfestigte Schicht min-
destens 96 % der Dichte des nach dem Verfahren von Marshall hergestellten Probekörpers
aufweisen. Weitere Anforderungen beziehen sich auf die profilgerechte Lage, Ebenheit, Ein-
baudicke und verwendete Bindemittelmenge.

Die Qualitätsanforderungen werden durch Kontrollen vor, während und nach der Bauausfüh-
rung überprüft. Zum Nachweis der Eignung der Baustoffe und der Boden-Bindemittel-
Gemische für den vorgesehenen Verwendungszweck sind rechtzeitig vor Baubeginn Eig-
nungsprüfungen durchzuführen. Der hierfür erforderliche Zeitaufwand beträgt ca. 8 Wochen.
Die Prüfungen erstrecken sich beim zu verfestigenden Boden z. B. auf den Wassergehalt, die
Proctordichte und optimalen Wassergehalt, einaxiale Druckfestigkeit und Frostbeständigkeit.

Die Prüfungen vor Baubeginn entscheiden über die Brauchbarkeit des anstehenden Bodens
sowie über die Anwendbarkeit des vorgesehenen Verfahrens zur Bodenverfestigung. Die
Prüfungen während der Bauausführung sollen sicherstellen, dass die Güteeigenschaften der
Baustoffe, der Boden-Bindemittel-Gemische und der fertigen Leistung den vertraglichen
Anforderungen entsprechen. Sie werden als Eigenüberwachungsprüfungen und als Kontroll-
prüfungen durchgeführt.

5.8 Verfestigung durch Injektionen

5.8.1 Das Bauverfahren im Überblick


Injektionen auf der Basis von Zement, Ton, Silikatgel und Kunstharz in Form von Lösungen,
Suspensionen, Pasten und Emulsionen erfolgen in Hohlräume, Risse, Klüfte und Poren des
Untergrundes oder in schadhafte Fundamente und Bauwerke aus Mauerwerk und Beton oder
auch Dämme aus Erd- und Steinschüttungen.

Ist die Verbindung zwischen den mit Wasser oder Luft gefüllten Hohlräumen für das Ein-
pressmittel durchgängig, so können diese mit Hilfe eines Rasters von Bohrungen und Ein-
presslanzen mit geringem Einpressdruck aufgefüllt werden, ohne die vorhandene Struktur der
Kluft- und Porensysteme zu ändern.
5.8 Verfestigung durch Injektionen 245

Bei einem gering durchlässigen Untergrund können mit höherem hydraulischen Druck in den
Fließwegen des Einpressmittels zusätzlich zu den vorhandenen Klüften und Poren neue oder
erweiterte Fließwege aufgebrochen und gefüllt werden.

Im Gegensatz zum Düsenstrahlverfahren erfolgt auch bei der Aufbrecheinpressung keine


Vermischung des Einpressmittels mit durch den Einpressvorgang gelockertem und losgelös-
tem Boden.

Bild 5.33 Arbeitsschritte beim Injektionsverfahren [3]

5.8.2 Bodenmechanische Grundlagen


Mit der Auffüllung von Hohlräumen mit einem Einpressmittel, dass nach einer flüssigen,
pumpfähigen Phase erhärtet, ist eine Abdichtung und eine Verfestigung verbunden. Durch
die Wahl des Einpressmittels kann die eine oder andere Wirkung verstärkt werden.

Die Reichweite der Einpressung wird beeinflusst von dem Einpressdruck und dem Zeitpunkt,
an dem das Einpressmittel erhärtet oder die Feststoffteilchen sedimentieren und die Fließwe-
ge verstopfen. Zu hoher Druck auf größere Einpressbereiche kann auch zu unerwünschter
Hebung von Bauwerken oder der Geländeoberfläche führen. Durch eine hohe Viskosität und
eine geringe Einpressgeschwindigkeit kann die Vermischung des Einpressmittels mit dem
Grundwasser eingeschränkt werden. Das Grundwasser soll aus den Hohlräumen weitgehend
verdrängt werden [3].

5.8.3 Das Bauverfahren

5.8.3.1 Beschreibung der Arbeitsprozesse


Nachfolgend werden die Teilprozesse der Injektionsarbeiten zur Herstellung eines Unterfan-
gungskörpers beschrieben.
246 5 Baugrundverbesserung

Herstellen einer verrohrten oder unverrohrten, wasser- oder luftgespülten Bohrung (bei ge-
eigneten Böden kann das Injektionsloch auch gerammt oder gerüttelt werden). Bei bindigen
Böden ist eine unverrohrte, in nichtbindigen Böden eine verrohrte und suspensionsgestützte
Bohrung möglich. Die Suspension übernimmt dabei die Kühlung des Bohrkopfes und den
Bohrguttransport. Bei weichen Untergründen kann auch ein Einrütteln des Mantels erfolgen.

Durch das Einfüllen der Sperrflüssigkeit wird die Bohrsuspension bzw. das Spülwasser ver-
drängt. Häufig wird die Sperrflüssigkeit schon vorher als Bohrsuspension verwendet, so dass
die Ventilrohre gleich nach dem Bohren eingestellt und fixiert werden. Die Sperrflüssigkeit
verhindert das Aufsteigen des Injektionsgutes im Ringraum.

Nach dem Aushärten des Sperrmittels werden die Packer gesetzt und das Ventilrohr abge-
dichtet. Durch einen zunächst größeren Druck wird das Sperrmittel aufgesprengt. Danach
wird der Druck auf Werte zwischen 2 und 10 bar gesenkt.

Die erforderliche Einpressmenge wird vorher ermittelt. Die Einpressrate liegt bei 5 bis
15 l/min. Danach werden die Packer gelöst, etwas gezogen, neu abgedichtet und erneut ver-
presst. Diese Vorgänge werden wiederholt, bis auch das letzte Ventil verpresst wurde.

Prozesse und zugehörige Geräte

Tabelle 5.30 Prozesse des Injektionsverfahren


Prozess Teilprozess Geräte
Vorbereitende Maß- - Raupe, Radlader, Walze etc.
I (1) Freiräumen des Baufeldes
nahmen

Injektion mit Man- - Bohrgerät


(1) Vorlaufgraben anlegen (nur bei
schettenrohren - Spülpumpe
Nassbohrung)
- Mischanlage
(2) Herstellen des Bohrloches - Verpresspumpe
II (3) Einbau des Manschettenrohres - Misch- und Verpresseinheit
(4) Packer setzen und stufenweise - Rückflusspumpe
Verpressen - Entsandungsanlage
(5) ggf. erneutes Verpressen der ein-
zelnen Stufen
Räumen und Reini- (1) Entsorgung von anfallenden Rest- - Radlader
gen des Baufeldes stoffen
III (2) Verfüllen des Vorlaufgrabens
(3) ggf. Reinigung von benutzten
Flächen

5.8.3.2 Die Geräte


Bohrgeräte

Die meisten Bohrmaschinen für Injektionsbohrungen sind heute selbst fahrend. Nur schwere
Bohrmaschinen oder solche zum Bohren in sehr beengten Räumen sind auf Schlitten oder
Stahlgestellen montiert, die gegen Wände und Decken verspannt werden können. Es werden
neben den nachfolgend beschriebenen Bohrgeräten auch größere Maschinen, wie z. B. Trag-
raupen für das Rüttelstopfverfahren, eingesetzt.
5.8 Verfestigung durch Injektionen 247

Bild 5.34 Raupenfahrbare Bohrmaschine [7]

Die Bohrwagen und -schlitten tragen in der Regel das Antriebsaggregat für die Fortbewe-
gung und die Bohrmaschine sowie Hydraulikpumpen für den Vorschub und andere Bewe-
gungen. Ein Steuerpult ist auf dem Bohrwagen befestigt und meist mit einer Fernbedienung
zu kombinieren. Viele Bohranlagen sind so ausgelegt, dass sie mit Drehbohrmaschine und
Schlaghammer ausgerüstet werden können. Das Gestänge ist an mindestens zwei Stellen zu
führen, um so die Abweichungen zu begrenzen. Die Spülpumpe bzw. der Kompressor für die
Spülung sind im Allgemeinen getrennt mitzuführen. Eine beispielhafte Zusammenstellung
von Bohrmaschinen ist Tabelle 5.31 zu entnehmen.

Die Drehbewegung der Bohrmaschine und der erforderliche Andruck werden durch das
Bohrgestänge und die Bohrkronen übertragen. Im Regelfall bestehen die Gestänge aus glat-
ten und nahtlosen Stahlrohren, die mit Innen-/Außengewinden direkt oder indirekt mittels
Nippel miteinander verbunden werden.

Die Einzellängen liegen üblicherweise im Bereich von 1,5 bis 3 m. Die Nutzungsdauer des
Bohrgestänges beträgt etwa 5000 bis 8000 Bohrmeter. Durch den Innenraum des Bohrge-
stänges wird das Spülmedium zur Bohrkrone gefördert.

Die Bohrkronen werden am unteren Ende des Bohrgestänges aufgeschraubt oder aufgesteckt.
Sie zerschneiden, zerreiben oder zertrümmern den anstehenden Boden. Die Art der Bohrkro-
ne hängt im Wesentlichen von den zu durchbohrenden Bodenschichten ab. Für Lockergestei-
ne werden im Regelfall nur Hartmetallbohrköpfe eingesetzt.
248 5 Baugrundverbesserung

Tabelle 5.31 Zusammenstellung von Bohrmaschinen

Fabrikat DBC Wirth Hausherr Hütte DBC


Bezeichnung Diamec 252 B0 CR 65 HD HBR 605 M D 900
Gewicht [kg] 880 2000 8000 10500 1850
Antrieb Elektr. 30 kW Diesel 61 Diesel 30
Elektr. 40 kW Diesel 99 kW
Diesel 36 kW kW kW
Fahrwerk / Unterbau [-] Rohrgestell Raupen Raupen Raupen Raupen
Fahrgeschwindigkeit [km/h] 3,5
Fahrwerksbreite [mm] 1000 2400 2200 900
Fahrwerkslänge [mm] 2200 2770 2700
Steigfähigkeit [%] 60 84
Länge der Lafette Bohrturm
[mm] 2400 2500 5800 6300
bis 7800
Vorschublänge [mm] 1600 1660 3700 4000 500
Ziehgeschwindigkeit [m/min] 20 37 26 10
Eilgang Winde bis
[m/min] 60 62 60
140
Vorschubkraft [KN] 41 27 55 50 44
Rückzugkraft [KN] 32 37 34 98 59
Hydraulische Förder-
[l/min] 60 70 2 x 97 120
leistung
Drehzahl [U/min] 200–2200 0–870 10–120 anzupassen an 140–1680
Drehmoment [Nm] < 6450 < 8000 Bohrverfahren 1570–1080

Beim Einsatz der Endlosschnecke ersetzt die Schnecke das normale Bohrgestänge. Alle
Bohrkronen haben Löcher und Kanäle zur Zirkulation der Bohrspülung, deren Form und An-
ordnung die Bohrgeschwindigkeit und die Lebensdauer der Krone beeinflussen. Diese hängt
noch im Wesentlichen von der Bodenart, der Werkzeughärte, der Drehgeschwindigkeit und
dem Bohrdruck ab. Die Vielzahl dieser Einflüsse lässt schon erkennen, dass die Nutzungs-
dauer sich in weiten Grenzen bewegt. In Lockergestein liegt diese bei 100–150 Bohrmetern.
Die erforderlichen Durchmesser richten sich nach dem Durchmesser der Manschettenrohre.
Er beträgt üblicherweise mind. 75 mm.

Spülpumpen

Der Transport des Bohrgutes aus dem Bohrloch geschieht mit Hilfe einer Endlosschnecke
oder mit einem Spülmittel. Als Spülmittel werden Wasser, Luft, Wasser-Luft-Gemische und
Suspensionen mit Bentonit oder Zement verwendet. Die Geschwindigkeit des Spülstromes
muss dabei ausreichend groß sein, um die gelösten Feststoffe nach oben zu fördern, d. h. sie
muss größer sein als die Absinkgeschwindigkeit der Teilchen im Spülmittel. Gebräuchliche
Spülgeschwindigkeiten sind nach Angabe der Firma Wirh bei Flüssigkeiten 0,6 bis 0,9 m/s
und bei Luft 20 bis 40 m/s.

Die Spülstromgeschwindigkeit wird durch die Förderleistung der Spülpumpen bestimmt,


d. h. je mehr Spülmittel einfließt, desto größer wird die Spülstromgeschwindigkeit. Die För-
derleistung der Pumpen ist dem Spülmedium, den Durchmessern der Bohrgutteilchen und
dem Verhältnis des Bohrlochdurchmessers zum Bohrgestänge anzupassen.
5.8 Verfestigung durch Injektionen 249

Werden Bohrlöcher in nichtbindigen Böden abgeteuft, werden häufig Futter- oder Mantelroh-
re notwendig, um das Bohrloch vor seitlichen Einbrüchen zu schützen. Die Futterrohre sind
innen und außen glatte, nahtlose Rohre, die ohne Verbinder miteinander verschraubt werden.
Die Durchmesser des Bohrloches, der Futterrohre und der Bohrkrone müssen sorgfältig auf-
einander abgestimmt sein.

Tabelle 5.32 Technische Daten von Spülpumpen

Ge-
Fabri- Fördermenge Druck Länge Breite Höhe
Bezeichnung Antrieb [kW] wicht
kat [l/min] [MN/m2] [mm] [mm] [mm]
[kg]

DBC Trido 80 Diesel 6,5 18–76 50 1750 670 900 350

Elektr. 7,5 76 50 1750 600 500 260

Trido 140 Diesel 13,0 32–140 70 1780 780 920 520

Elektr. 15,0 32–140 70 1780 780 820 430

Wirth LKE 2 ¾”x3”/5,5 Elektr. 4,0 56–120 35 1040 310 790 165

LKE 3 ½”x5”/24 Elektr. 17,7 240–435 41 1630 650 1250 765

Für den Teilbetrieb „Injizieren“ sind folgende Hilfsmittel bzw. Geräte erforderlich:
– Manschettenrohre
– Mischer und Rührwerke
– Injektionspumpen
– Vorratsbehälter der Einzelkomponenten
– Dosier- und Registriergeräte
Manschettenrohre

Die verwendeten Manschettenrohre sind aus Kunststoff oder Metall, wobei im Allgemeinen
Kunststoffrohre angewendet werden. In gewissen Abständen sind diese gelocht. Die Öffnun-
gen sind mit Gummischläuchen überdeckt, die sich unter dem Injektionsdruck aufblähen, das
Injektionsgut austreten lassen und sich anschließend nach Abnahme des Drucks wieder ver-
schließen. Der Vorgang kann beliebig oft wiederholt werden. Der Abstand der Ventile beträt
standardmäßig 33 cm. Die Innendurchmesser der Manschettenrohre betragen 40 bis 60 mm.
Die Herstelllängen reichen von 30 cm bis zu mehreren Metern; die Einzellängen werden mit-
einander zu den erforderlichen Längen dicht verschraubt. Die Abdichtung oberhalb und
unterhalb eines Ventils geschieht mittels Doppelpackern.
250 5 Baugrundverbesserung

1 Bohrloch

2 Ventilrohr

3 Sperrmittel

4 Packer

5 Packergestänge oder- schlauch

6 Erhärtetes Injektionsgut

7 Verdichteter Baugrund

Bild 5.35 Zementskelett einer Aufbruchinjektion [7]

Mischer und Rührwerke

Die zum Verpressen notwendigen Injektionsmittel werden in Mischstationen entsprechend


hergestellt, aufbereitet und mittels Verpressstation in den Untergrund verpresst. Die Ver-
press- und Mischstationen werden häufig als Containereinheit zusammengefasst. Diese Con-
tainer sind mit Auffangwannen für Spül- und Waschwasser ausgerüstet. Neben verschiede-
nen Dosiereinrichtungen und Registriergeräten sind die wesentlichen Bestandteile die Mi-
scher und Rührwerke sowie die Injektionspumpen. Es werden dabei Verpress- und Mischsta-
tion gemeinsam oder für größere Injektionsmaßnahmen auch in verschiedenen Betriebscon-
tainern getrennt installiert. Die Einzelkomponenten der Bohrflüssigkeiten und des Injektions-
gutes werden außerhalb der Betriebcontainer in Silos bevorratet und über Förderschnecken
bzw. Rohrleitungen den Mischern zugeführt.

Die Injektionsgüter müssen in besonderen Mischern hergestellt und aufbereitet werden. Es ist
erforderlich, einzelne Flüssigkeiten vollständig zu vermengen, die Oberflächen aller Fest-
stoffpartikel mit Flüssigkeiten zu benetzen, sowie Luftblasen aus den Suspensionen und
Emulsionen zu verdrängen. Für Suspensionen werden Kolloidmischer eingesetzt. Bei sehr
hohen Geschwindigkeiten einer Wirbelradscheibe, etwa 1200 U/min, werden die Feststoff-
partikel großen Scherkräften und Turbulenzen ausgesetzt.
5.8 Verfestigung durch Injektionen 251

Für unterschiedliche Feststoffe wie Zement, Feinzement, Sand und Bentonit, können speziel-
le Wirbelradscheiben verwendet werden. Bei einigen Suspensionen wird z. B. für das Beimi-
schen von Sand ein zusätzlicher Mischer benötigt.

Auch für die Aufbereitung von chemischen Injektionsmitteln können Kolloidmischer einge-
setzt werden. Es reichen hierzu aber einfachere, mit rotierenden Flügeln ausgerüstete Mi-
scher. Die Aggressivität verschiedener Komponenten verlangt jedoch besonderen Korro-
sionsschutz. Zwischen den Mischern und der Injektionspumpe ist üblicherweise ein Vorrats-
behälter erforderlich. Das Injektionsgut ist in Bewegung zu halten, um ein Entmischen und
Sedimentieren zu vermeiden. Daher werden Rührwerke eingesetzt.

Des Weiteren werden Kompaktanlagen eingesetzt, bei denen Mischwerk, Vorratstank mit
Rührwerk und die Injektionspumpe auf einem gemeinsamen Rahmen montiert sind. Die In-
stallationszeit auf der Baustelle und der Personalbedarf sind hier gering. Einsätze auf kleine-
ren Baustellen und ein schnelles Umsetzen sind mit diesen Anlagen möglich. Nachfolgend
sind technische Daten einzelner Mischer, Rührwerke und Kompaktanlagen zusammenge-
stellt.

Tabelle 5.33 Technische Angaben von Kolloidmischern, Rührwerken und einer Kompaktanlage

Fabrikat und Be- Nutz-


Leistung E-Antrieb Gewicht Länge Breite Höhe
zeichnung volumen
[l] [m3/h] [kW] [kg] [mm] [mm] [mm]
Mischer Häny 170 4 5,5 270 1360 810 1300
Häny 450 8 5,5 380 1620 1020 1520
GKN 120 2,5 11 500 1300 850 1250
GKN 680 16 44 1600 2300 1700 2200
GKN Colcrete DD
230 6,1 22 1500 2300 1880 1470
88
DBC 200 7,5 230
DBC 400 11 300
Rührwer- Häny 350 0,55 180 830 900 1450
ke DBC 400 1,5 190
Kompakt- Häny Injecto-
5 12 1020 2150 1500 1600
anlagen Compact 550

Injektionspumpen

Die Injektionspumpen müssen in der Lage sein, den Druck und die Fördermenge weitgehend
unabhängig voneinander zu steuern. Dies heißt im einzelnen, dass die Pumpe in der Lage
sein muss, bei konstanten Drücken - ihrer Leistungsfähigkeit entsprechend - große Mengen
und auch fast gegen Null gehende, kleinste Mengen zu pumpen. Vorgegebene Drücke dürfen
nicht überschritten werden.

Hydraulisch gesteuerte Kolbenpumpen (Bild 5.36) erfüllen die Anforderungen und haben
sich weitgehend durchgesetzt. In der Tabelle 5.34 sind einige gängige Injektionspumpen auf-
geführt.
252 5 Baugrundverbesserung

1 Kugelventile 5 Antriebsteil
2 Antrieb 6 Druckanschluss
3 Stufenlose Regelung des Förderdrucks 7 Förderteil
4 Stufenlose Regelung der Fördermenge 8 Sauganschluss

Bild 5.36 Wirkschema einer elektro-hydraulischen Injektionspumpe [7]

Tabelle 5.34 Technische Daten elektrohydraulischer Injektionspumpen

Fabrikat: Häny GKN Colcrete With DBC

Bezeichnung Pumpe ZMP 710 Mocol 5 WHP WHP ZBE

Antrieb HPU 710 3”x12”x55 4´x12”x31/2 ”

Leistung Pumpe [l/min] 132/66* 85 60 95 90

Antrieb [kW] 5,5 7,5 7,5 11 7,5

Druck Pumpe [MN/m2] 5,0/10,0* 10 6,0 10 10

Antrieb [MN/m2] 21,0 15

Gewicht Pumpe [kg] 235 750 460 750 440

Antrieb [kg] 220 leer

*Plungendurchmesser 120/85 mm

Vorratsbehälter, Dosier- und Registriergeräte

Der Injektionsdruck liegt üblicherweise im Bereich von 5 bis 50 bar, für spezielle Anwen-
dungen auch deutlich höher. Das Fördervolumen liegt dabei zwischen 5 und 15 l/min. Die
Silos zur Lagerung von Zementen, Bentonit oder anderen pulverförmigen Zuschlägen sind
mit einem Entstaubungsdom ausgestattet, um so Staubemission zu verhindern. Werden che-
mische Injektionsgüter angemischt, so sind spezielle doppelwandige Silos erforderlich. Die
Entnahmeleitungen sind ebenfalls doppelwandig auszuführen. Ferner sind entsprechende
Füll-, Temperatur- und Druckmesser sowie Überdruckventile zu installieren. Eine Lecksiche-
rungsanzeige ist ebenfalls notwendig. Die Dosierungseinrichtungen bestehen aus Waagen für
die pulverförmigen Bestandteile und Durchlassmessern für Flüssigkeiten. Mit den Registrier-
geräten werden die Injektionsmengen, die Drücke und die Verpresszeiten aufgezeichnet.
5.8 Verfestigung durch Injektionen 253

5.8.3.3 Die wichtigsten Stoffe


Bei den Injektionsmittel sollte immer das gröbste Mittel angewandet werden, welches sich in
die vorhandenen Klüfte und Poren einpressen lässt. Das ergibt sich aus wirtschaftlichen und
technischen Überlegungen. Eine wirtschaftliche Überlegung ist: Wenn für ein bestimmtes
Kluft- oder Porensystem ein zu dünnes Injektionsmittel gewählt wird, würde es bis zu un-
erwünscht großen Reichweiten vordringen. Ein technischer Grund: Die Dichtheit und Festig-
keit der ausgehärteten Injektionsmittel steigt in der Regel mit dem Zusatz grober Bestandteile
[7].

Tabelle 5.35 Injektionsmittel

Injektionsmittel für die Abdichtung und Verfestigung


von Fels und Lockergestein
Suspensionen Emulsionen Lösungen
Mischungen aus: Mischungen aus: Mischungen aus:

a) Wasser und Zement a) Wasser, Wasserglas und was- a) Wasser, Wasserglas und
serunlöslichen Härtern wasserlöslichen Härtern
b) Wasser, Zement und Zusätzen
b) Wasser, Bitumen, Emulgator b) Wasser, Resorcin, Formalde-
c) Wasser, Ton und Zement und Koagulationsmittel hyd und einem Katalysator
Anwendungsbeispiele
Dichtungsschleier im Tunnel und Injektionen in Sand und Kies Injektionen im Sand
Talsperrenbau
Fundamentverstärkungen und Ver- Fundamentverstärkungen und
Injektionsbeton, Unterwasserbe- tiefungen Vertiefungen
ton, Colcrete
Sohlenabdichtungen Sohlenabdichtungen
Injektionen im Kies

5.8.3.4 Der Personalbedarf


Zu einer aufeinander eingespielten Arbeitsgruppe gehören im Allgemeinen:
– 1 Bohrgeräteführer
– 1 Mann an der Mischstation
– 1 Arbeitskraft für die Bedienung des Gestänges bzw. der Packer
1 Bauleiter oder Vertreter (bei Injektionen von Unterfangungskörpern nach DIN 4123 vorge-
schrieben)
254 5 Baugrundverbesserung

5.8.3.5 Informationen zur Kalkulation


Leistung und Kosten

Nachfolgende Tabelle zeigt eine Bewertung von Kosten und Leistung gewichtiger Teilpro-
zesse.

Tabelle 5.36 Betriebsmitteleinsatz

Prozess Teilprozess Gerät BGL-Nr. Personal- Kalkulatorische


(Hauptgruppen) bedarf Leistungswerte

(1) Vorlaufgraben Radlader D.3.10. ··· 1 Maschinist


anlegen und Minibagger 20 m/h
später verfüllen
(2) Herstellung des Bohrwagen K.0.07. ··· 1 Maschinist
Bohrloches + Imlochhammer K.0.03. ···
+ Wasserspülung K.0.03. ·AA 60 - 100 m
II
(3) Einbau des Radlader D.3.10. ··· 1 Maschinist pro Tag
Manschetten- oder 1 Helfer
rohres von Hand
(4) Packer setzen Verpresspumpe J.6.02. ··· 1 Maschinist
1,50 m3/h bei drei
und stufenweise + Mischgerät J.6.20. ··· 1 Helfer Pumpen pro Tag
Verpressen
(1) Entsorgung von 1 Helfer
III anfallenden
Reststoffen

Tabelle 5.37 Richtwerte und Rüstzeiten

Tätigkeit Ausgewählte Tätigkeits- und Rüstzeiten


Einrichten der Anlage 2 Tage
Baustelleneinrichtung 1 Tag
Injektionsvorgang

Umsetzen der Anlage 1 Tag


Anmischen des Verpressmittels
Parallel zum Arbeitsablauf
Ausbessern von Fehlstellen
60 - 80 m2/Tag + 2 AK
Abstemmen des Überprofils
Eignungs- und Materialprüfung einschl.
ca. 150,00 € je Probe
Entnehmen von Probekörpern
Gesamtleistung Siehe Oben
Sonstiges

Anlaufzeit am Morgen bzw. Abbauzeit am


90 min pro Tag
Abend
Geräteausfall 2 Std. pro Woche
Räumen der Baustelle 1 Tag
5.8 Verfestigung durch Injektionen 255

5.8.3.6 Anmerkungen zur Leistungsbeschreibung


Spezielle Technische Bedingungen für Einpressarbeiten (Injektionsarb.) (STB-E) [43]

1. Nebenleistungen

Aufstellen der Injektionspläne

2. Besondere Leistungen
(1) Ausbesserung von Fehlstellen, die aufgrund des für die Injektion nicht geeigneten Bau-
grundes entstehen.
(2) Abstemmen des Überprofils sowie Beseitigen der anfallenden Materialien.
(3) Rückbau und Beseitigen der im Baugrund belassenen Injektionsrohre
(4) Eignungs- und Materialprüfungen einschließlich Entnehmen von Probekörpern.
(5) Durchlässigkeitsprüfungen (z. B. Pumpversuche)
3. Aufmaß und Abrechnung

Es gilt ATV DIN 18 299 Abschn. 5:

ATV DIN 18 309 Abschnitt 5 findet keine Anwendung

5.8.4 Qualitätssicherung und Kennwerte


Die Kontrolle der Ausgangsstoffe hängt natürlich im Wesentlichen vom Injektionsgut ab. Die
Anforderungen an die Verpressmittel und die Technik des Einpressens sind in der DIN 4093
beschrieben. Bei Zementsuspensionen erstreckt sich die Kontrolle der Ausgangsstoffe auf:
– Das Anmachwasser
– Die Zuschläge und Zusatzstoffe
– Die Fließeigenschaften
– Die Sedimentationseigenschaften
– Die Dichte der Suspension
– Die Festigkeitsentwicklung
– Das Quellverhalten
– Die Erosionsbeständigkeit und Beständigkeit des erhärteten Einpressgutes
Bei chemischen Injektionen beschränkt sich die Kontrolle auf:
– Das Anmachwasser
– Die Dichte und den Alkaligehalt des Wassers
256 5 Baugrundverbesserung

– Die Dichte und die Wirksamkeit des Härters


– Das Mischungsverhältnis
– Die Viskosität der Mischung
– Die Kippzeit der Mischung
– Die Volumenänderung der Mischung
– Die Beständigkeit des erhärteten Einpressgutes bei Wasserlagerung
Bei Kunstharzinjektionen sollte vom Einpressgut folgendes bekannt sein:
– Das Mischungsverhältnis
– Die Viskosität und Kippzeit in Abhängigkeit von der Temperatur
– Die Volumenänderung der Mischung
– Die Verträglichkeit der Mischung mit dem Porenwasser
– Die Beständigkeit des erhärteten Einpressgutes bei Wasserlagerung
– Die Haftung der erhärteten Mischung auf mineralische Flächen
Die Abmessungen und die Qualität des Einpresskörpers sind durch Kontrollbohrungen, Son-
dierungen oder andere geeignete Aufschlussverfahren oder Feldversuche zu überprüfen. Da-
rüber hinaus kann eine visuelle Beurteilung des Einpresskörpers durch Kontrollschächte,
Schlitze, Schürfe, Stollen und ähnliches mit Probeentnahme notwendig sein. Zur Kontrolle
von vertikalen und horizontalen Verschiebungen können vor, während und nach den Ein-
pressarbeiten Messungen erforderlich sein.

Es werden Festigkeitsproben aus dem Einpresskörper entnommen, welche im Labor geprüft


werden. Dabei werden entweder die Druckfestigkeit nach DIN 1048 an Zylindern oder Wür-
feln ermittelt oder, wenn es sich um Ton-Zement-Suspensionen handelt, die einaxiale Druck-
festigkeit nach DIN 18 136. Einaxiale Kriechversuche sind erforderlich, wenn die zu erwar-
tenden Kriechverformungen von nachteiligem Einfluss für die Sicherheit oder aber auch für
die Standsicherheit von Nachbarbebauungen sein können.

Literatur
[1] Schnell, W.; Verfahrenstechnik der Pfahlgründungen, Teubner-Verlag, Stuttgart, 1995
[2] Hilmer, K.; Methoden zur Überprüfung einer Stopfverdichtung, Bautechnik 1975, Heft
1, S. 8–14
[3] Smoltczyk, U.; Hilmer, K.; Baugrundverbesserung in: Grundbautaschenbuch, Teil 2; 4.
Auflage, Ernst & Sohn, Berlin, 1991
[4] Arz, P.; Schmidt, H.G.; Seitz, J.; Semprich, S.; Grundbau in: Betonkalender 1994, Teil
II Ernst & Sohn, Berlin, 1994
[5] Empfehlungen des Arbeitsausschusses Ufereinfassungen, EAU 1990, Ernst & Sohn,
Berlin, 1990
5.8 Verfestigung durch Injektionen 257

[6] Fa. Möbius, Firmenprospekt: Verfahren zur Stabilisierung des Untergrundes und zur
Abtragung von Bauwerks- und Verkehrslasten in standfeste Bereiche
[7] Kutzner, C.; Injektionen im Baugrund, Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart, 1991
[8] Fa. Möbius, Firmenprospekt: Kasten-Bodenaustausch-Verfahren
[9] Fa. Möbius, Firmenprospekt: Bodenaustauschverfahren mit dem Seitenschild-Gerät
[10] Chilian, G.; Sanierung von Erdbauwerken durch Bodenaustausch mit dem Vorschubge-
rät, Eisenbahningenieur 45, 1994, S. 497–499
[11] Pietzsch, W.; Rosenheinrich, G.; Erdbau, Werner Verlag, 1998
[12] Firma Bomag, Vibrationsverdichtung im Erd- und Asphaltbau
[13] Firma Bomag, Gesamt-Programm Großmaschinen
[14] Kühn, G.; Der maschinelle Erdbau, 1. Aufl., B.G. Teubner-Verlag, Stuttgart, 1984
[15] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, ZTVE-StB 94
[16] Firma Bauer Spezialtiefbau, Firmenprospekt Baugrundverdichtung
[17] Massarsch; Broms; Bodenverdichtung durch Vibro-Wing-Methode
[18] Firma Keller, Firmenprospekt, Tiefenrüttelverfahren
[19] Rodatz, W.; Studienunterlagen zum Vertiefungsstudium, Institut für Grundbau und
Bodenmechanik der TU Braunschweig, Eigenverlag, Braunschweig, 1990
[20] Thorburn, S.; Building structures supported by stabilised ground, Geotechnique 25,
1975, S. 83–94
[21] Balaam, N.P.; Poulos, H.G.; Settlement Analysis of Soft Clays Reinforced with Granu-
lar Piles, The University Sydney, School of Engineering, 1977
[22] Fa. Bauer Spezialtiefbau, Firmenprospekt, Baugrundverdichtungssysteme
[23] Fa. Bauer Spezialtiefbau; Firmenprospekt, Tiefenrüttelverfahren
[24] Forschungsgesellschaft für das Straßenwesen; Merkblatt für die Untergrundverbesse-
rung durch Tiefenrüttler, Köln, 1979
[25] Brauns, J.; Untergrundverbesserung mittels Sandpfählen oder Schottersäulen Tiefbau,
Ingenieurbau, Straßenbau 1980 Heft 8, S. 678–683
[26] Priebe, H.; Zur Abschätzung des Setzungsverhaltens eines durch Stopfverdichtung ver-
besserten Baugrundes Bautechnik 65, 1988, Heft 1, S. 23–26
[27] Priebe, H.; Bemessung von Rüttelstopfverdichtungen, 5. Christian Veder Kolloquium,
Graz, 1990
[28] Firma Soletanche, Firmenprospekt, Ground Treatment
[29] Jebe, Bartels; Entwicklung der Verdichtungsverfahren von 1976 bis 1982
[30] Hilmer K.; Methoden zur Überprüfung einer Stopfverdichtung, Bautechnik 1975, Heft
1, S. 8–14
[31] Kirsch, K.; Erfahrungen mit der Baugrundverbesserung durch Tiefenrüttler, Geotech-
nik, 1979, Heft 2
[32] Ménard, L. ; La consolidation dynamique des sols de fondation.Annales de L’Institut
Technique du Bâtiment et deTravaux Publics, Suppl.Nr. 320 (1974), S.194–222
[33] Varaksin, S.; Scherk, H.; Bodenverbesserung durch Dynamische Intensivverdichtung,
Tiefbau-Berufsgenossenschaft 1993, Heft 8, S. 528–533
[34] Gödecke, H.-J.; Kling, K.; Der gezielte Einsatz der Dynamischen Konsolidation zur
Baugrundverdichtung Bautechnik 57, 1980, Heft 4, S. 109–116
[35] Fa. Dyniv; Firmenprospekt: Dynamische Intensivverdichtung
[36] Arz, P.; Schmidt, H.G.; Seitz, J.; Semprich, S.; Grundbau in: Betonkalender 1994, Teil
II, Ernst & Sohn, Berlin, 1994
258 5 Baugrundverbesserung

[37] Frank, Varaksin; Verdichtung von Böden mit schweren Fallgewichten


[38] Firma Brückner; Firmenprospekt, DTV
[39] Varaksin, S.; Scherk, H.; Dynamische Intensivverdichtung, Bauen auf Müll-Altlasten,
Deponiebau, Eigenverlag der Fa. DYNIV GmbH
[40] Buja, H.-O.; Handbuch des Spezialtiefbaus: Geräte und Verfahren, Düsseldorf, Werner
Verlag, 2001
[41] Fa. Wirtgen; Firmenprospekt
[42] Forschungsgesellschaft für das Straßenwesen, Ausgabe 1979
[43] Englert, K.; Grauvogel, J.; Maurer, M.; Handbuch des Baugrund- und Tiefbaurechts,
3. Aufl., Werner Verlag, 2004
6 Pfahlgründungen

6.1 Grundlagen der Planung und Herstellung

6.1.1 Allgemeines

Pfähle gehören zu den ältesten Gründungselementen im Bauwesen. Nachdem bereits seit dem
Jahre 3000 v. Chr. im gesamten Alpenraum Pfahlbauten erstellt wurden, haben insbesondere
römische Ingenieure die Technik von Pfahlgründungen z. B. für Brückenpfeiler weiterentwi-
ckelt [1].

Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts wurden vorwiegend Holzpfähle verwendet, die mit
Fallgewichten eingerammt wurden.

Pfahlgründungen kommen heute in vielen Bereichen des Brückenbaus, des Hochbaus und des
Wasserbaus zum Einsatz (Bild 6.3). Dafür ist eine Vielzahl von Pfahltypen auf dem Markt,
die nach sehr unterschiedlichen Verfahren hergestellt werden, wodurch die Auswahl des in
jeder Beziehung günstigsten Pfahltyps für eine entsprechende Bauaufgabe sehr erschwert
wird.

Pfahlgründungen sind immer dann erforderlich, wenn unter der Fundamentsohle des geplan-
ten Bauwerks nicht ausreichend tragfähiger Baugrund ansteht (Bild 6.1).

Bild 6.1 Gründungsarten

Die Bauwerkslasten werden punktuell über die Pfähle in tiefer liegende, tragfähige Boden-
schichten übertragen. Der Lastabtrag in den Baugrund erfolgt im Allgemeinen sowohl über
die Pfahlspitze als auch über den Pfahlmantel. Dass Pfähle nur über die Spitze („Spitzen-
druckpfahl“) bzw. nur über den Mantel („Mantelreibungspfahl“) Lasten abtragen, ist ein
Sonderfall

G. Maybaum et al., Verfahrenstechnik und Baubetrieb im Grund- und Spezialtiefbau,


DOI 10.1007/978-3-8348-8269-1_6,
© Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
260 6 Pfahlgründungen

Bild 6.2 Spitzendruck- und Mantelreibungspfahl

Da Pfahlgründungen im Allgemeinen teurer sind als Flachgründungen, sollte bei jeder Bau-
aufgabe zunächst geprüft werden, ob eine Flachgründung möglich ist, gegebenenfalls durch
Änderung der Konstruktion (z. B. Übergang von Streifen- und Einzelfundamenten auf eine
Plattengründung). Ergibt die Überprüfung, dass eine Flachgründung ohne weiteres nicht ver-
tretbar ist, weil beispielsweise für das Bauwerk unverträglich große Setzungen auftreten
würden, sollte die Möglichkeit der Baugrundverbesserung in Betracht gezogen werden. Häu-
fig führt die Anwendung solcher Methoden unter Beibehaltung der Flachgründung auf eine
gegenüber der Pfahlgründung kostengünstigere Lösung. Andererseits kann die Pfahlgrün-
dung gegenüber einer Flachgründung kostengünstiger sein, wenn dadurch große Funda-
mentmassen, Umspundungen und Wasserhaltungen vermieden werden können [2].

Ist aus wirtschaftlichen und/oder technischen Gründen die Wahl auf eine Pfahlgründung ge-
fallen, muss der entsprechende Pfahltyp und das geeignete Einbring- bzw. Herstellungsver-
fahren ausgewählt werden. Neben finanziellen Überlegungen spielen hierbei die anstehenden
Boden- und Wasserverhältnisse, die Art und Größe der abzutragenden Bauwerkslasten und
mögliche Umweltbeeinträchtigungen wie z. B. Lärm und Erschütterung eine entscheidende
Rolle.
6.1 Grundlagen der Planung und Herstellung 261

Bild 6.3 a) bis c): Beispiele für Pfahlgründungen

6.1.2 Voruntersuchungen

6.1.2.1 Erkundung der Boden- und Wasserverhältnisse

Bei der Planung und Bemessung von Flach- und Tiefgründungen ist die Kenntnis der vor-
handenen Baugrundverhältnisse von großer Bedeutung. Dass eine Baugrunderkundung aus
Kosten- oder Termingründen unterbleibt oder nur unzureichend durchgeführt wird, hat in
vielen Fällen schon zu schwerwiegenden Schäden an Bauwerken oder zu einer völlig unwirt-
schaftlichen Bemessung der Gründung geführt. Häufig werden Aufwand und Kosten für die-
se Vorarbeiten in der Größe deshalb falsch eingeschätzt, weil sie einerseits nicht in die Rela-
tion zum Gesamtbauvorhaben gesetzt werden, andererseits die möglichen Folgen einer
schadhaften Gründung nicht ausreichend berücksichtigt werden.

Die für Pfahlgründungen durchzuführenden Baugrunderkundungen sind i. Allg. umfangrei-


cher als bei Flachgründungen. Das hängt zum einen mit der erforderlichen Aufschlusstiefe,
zum anderen mit der Ermittlung zusätzlicher Bodenparameter zusammen, die z. B. für die
Abschätzung der Tragfähigkeit der Pfähle oder zur Beurteilung der Rammbarkeit des Unter-
grundes erforderlich sind. Hinzu kommen in zunehmendem Maße Untersuchungen über den
Chemismus des Grundwassers, der aggressiv auf die Pfahlbaustoffe wirken kann.

Die generellen Erkundungsverfahren sowie der erforderliche Umfang der Untersuchungen


sind in den Normen und im Abschnitt 3.3 ‚Baugrunderkundung’ umfassend beschrieben. Da
über Pfahlgründungen häufig sehr konzentriert Fundamentlasten von Sonderbauwerken wie
Brücken, Schornsteinen oder Maschinenfundamenten in den Boden eingeleitet werden, muss
der Abstand der Erkundungspunkte häufig wesentlich geringer als üblich resp. Nach
DIN 4020 gefordert – dort 20 bis 60 m - gewählt werden, so dass sich zwei bis vier Auf-
schlüsse je Fundament ergeben.

Die Aufschlusstiefe richtet sich bei Einzelpfählen nach dem Pfahlfußdurchmesser bzw. der
Gesamtfläche der Plattengründung bei Pfahlgruppen (Bild 6.4).
262 6 Pfahlgründungen

Bild 6.4 Erforderliche Aufschlusstiefen (nach DIN 4020)

Je nach örtlicher Situation, Bauwerk und Ausbildung der Pfahlgründung können diese
Richtwerte über- oder unterschritten werden.

Besondere Belastungsverhältnisse und das Vorhandensein von gering tragfähigen Boden-


schichten können zu größeren Erkundungstiefen führen. Auch rechtfertigt ein in etwas größe-
rer Tiefe zu erwartender Felshorizont ein Tieferbohren. So ergeben sich oft bei unwesentlich
größeren Einzelpfahllängen viel höhere zulässige Tragfähigkeiten, die zu einer insgesamt
geringeren Pfahlanzahl und damit sogar zu einer kleineren Gesamtpfahllänge führen können
[3].

Andererseits können aber auch bekannte gleichmäßige und günstige Untergrundverhältnisse


eine Abminderung der Bohrtiefen und eine Vergrößerung der Bohrlochabstände ergeben, was
zu Kosteneinsparungen führt.

Nach Voruntersuchungen, in denen geologische Karten und Baugrundkarten ausgewertet


werden, sowie nach einer Begehung des Geländes werden Zahl, Art und Tiefe der Aufschlüs-
se festgelegt. Als Erkundungsmethoden kommen für Pfahlgründungen allgemein in Frage:
– Bohrungen
– Sondierungen
Den umfangreichsten Aufschluss über den Baugrund liefern Bohrungen. Mit ihnen lassen
sich die Folge, die Mächtigkeit und die räumliche Lage der einzelnen Schichten sowie die
Lage des Grundwasserspiegels feststellen. Außerdem werden Boden- und Wasserproben für
weitere Untersuchungen im Labor gewonnen. Da Bohrungen teuer sind und zudem keinen
direkten Rückschluss auf z. B. die Tragfähigkeit des Bodens zulassen, werden zusätzlich
Sondierungen durchgeführt (vgl. Abschnitt 3.3).
6.1 Grundlagen der Planung und Herstellung 263

In der Tabelle 6.1 sind die für die Bestimmung des Trag- und Verformungsverhaltens von
Pfählen wesentlichen Bodenparameter zusammengestellt, und es ist angegeben, mit welchen
Versuchen im Feld und Labor diese Parameter direkt oder indirekt bestimmt werden können.

Tabelle 6.1 Bodenparameter und ihre Bestimmbarkeit in Versuchen

Bodenparameter Formelzeichen Direkt bzw. indirekt bestimmbar durch


Feldversuch Norm Laborver- Norm
such
Spitzendruck qc [MN/m²] Spitzendruck- DIN 4094-1
sonde,
Rammsonde DIN EN ISO
(qc ≈ N10 ) 22 476-2
Scherfestigkeit cu [MN/m²] Flügelsonde DIN 4094-4 Triaxialver- DIN
(Anfangs- such 18 137-2
festigkeit) Laborflügel-
sonde

In vielen Fällen lässt sich trotz umfangreicher Baugrunderkundungen z. B. nicht die Frage
beantworten, ob der Boden rammbar ist bzw. mit welchen Verfahren am schonendsten
und / oder wirtschaftlichsten Fertigpfähle in den Baugrund eingebracht werden können. Hier
empfiehlt sich dann eine Proberammung, die frühzeitig erfolgen sollte, damit gegebenenfalls
auf ein anderes Verfahren, einen anderen Pfahltyp oder eventuell ein völlig anderes Grün-
dungskonzept übergegangen werden kann.

Neben der Ermittlung der Bodeneigenschaften ist die Untersuchung der Wasserverhältnisse
bei Pfahlgründungen unbedingt erforderlich. Zum einen müssen die Grundwasserstände bzw.
Wasserstände in verschiedenen Grundwasserstockwerken bekannt sein. Die Grundwasser-
verhältnisse beeinflussen z. B. die Wahl eines Bohrverfahrens, die Festlegung von Wasser-
spiegeln im Bohrrohr oder die Materialwahl von Rammpfählen. Zum anderen ist die Chemie
des Grundwassers zu untersuchen, um die Angriffe auf das Pfahlmaterial beurteilen zu kön-
nen.

Nach DIN 4030 soll die Wasseranalyse insbesondere folgende Untersuchungen umfassen:
Geruch, pH-Wert, Kaliumpermanganatverbrauch, Härte, Chlorid, Sulfid, Kalklösekapazität,
Ammonium, Magnesium, Sulfat.

Im Hinblick darauf, dass z. B. Huminsäuren die Stabilität von Stützflüssigkeiten (Bentonit-


suspensionen) beeinträchtigen können, sind je nach dem gewählten Verfahren zur Pfahlher-
stellung bzw. dem gewählten Pfahltyp weitere Untersuchungen notwendig. Ein besonderes
chemisches Analyseprogramm ist erforderlich, wenn die Pfahlgründung in kontaminiertem
Boden hergestellt werden soll.

Die Kosten für solche chemischen Untersuchungen lassen sich nicht pauschal angeben, da sie
sehr stark von der Zahl der zu untersuchenden Wasser- bzw. Bodenproben und der Zahl der
zu ermittelnden chemischen Parameter abhängen.
264 6 Pfahlgründungen

6.1.2.2 Untersuchung benachbarter baulicher Anlagen

Liegt der Baubereich in der Nähe von Nachbarbebauungen, Leitungen oder sonstiger Bautei-
le, so ist zu prüfen, inwieweit die Pfahlgründung darauf Einfluss hat. Danach richtet sich
dann z. B. die Wahl der Pfahlart bzw. des Herstellverfahrens.

Bevor zusätzliche Sicherungsmaßnahmen geplant und durchgeführt werden können, muss der
Zustand der Nachbarbebauung erkundet werden, wobei im Wesentlichen die Gründungstiefe
und die Art und der Zustand der Fundamente untersucht werden müssen (vgl. Abschn. 3.9).

Besteht die Gefahr, dass Bauwerke in irgendeiner Weise durch die geplante Pfahlgründung
beeinträchtigt werden, empfiehlt es sich häufig, den Zustand der Nachbarbebauung durch ein
Beweissicherungsverfahren feststellen zu lassen.

6.1.3 Wahl einer geeigneten Pfahlart

Die Wahl der für das jeweilige Bauvorhaben geeigneten Pfahlart richtet sich nach den Rand-
bedingungen
– Bodenverhältnisse
– Grundwasserverhältnisse
– Bauwerkslasten
– Nachbarbebauung
– Platzverhältnisse
– Setzungsempfindlichkeit des Bauwerkes
sowie den Forderungen nach Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit. Neben dem
Pfahlbaustoff ist insbesondere das optimale Herstellverfahren auszuwählen. Grundsätzlich
wird bei den Pfahlsystemen zwischen Verdrängungspfählen (nach DIN EN 12 699), Bohr-
pfählen (DIN EN 1536) und Mikropfählen (DIN EN 14 199) unterschieden.

Zu den Verdrängungspfählen gehören u. a. die Fertigpfähle, die aus Holz, Stahl, Stahlbeton
oder Spannbeton bestehen können. In diese Gruppe fallen zudem die Ortbetonrammpfähle
sowie Schraubpfähle und die verpressten Verdrängungspfähle.

Bei den Bohrpfählen unterscheidet man zwischen verrohrten und unverrohrten Ortbetonpfäh-
len.

Eine eigene Gruppe bilden die in DIN EN 14 199 behandelten Mikropfähle aus Ortbeton-
pfählen kleinen Durchmessers oder Verbundpfählen. Die wesentlichen Pfahltypen sind in
Tabelle 6.2 dargestellt.
6.1 Grundlagen der Planung und Herstellung 265

Tabelle 6.2 Übersicht über die genormten Pfahlsysteme [4]

Die wesentlichen Vorteile der Fertigrammpfähle liegen darin, dass die Pfähle in kontrollier-
barer Güte auf dem Bauplatz oder in einem Werk vorgefertigt werden und dass sie sofort
nach dem Einrütteln, Einrammen oder Einpressen belastbar sind.

Ein Nachteil ist darin zu sehen, dass die Pfähle vor dem Einbringen in festen Längen herge-
stellt werden müssen und daher je nach angetroffenen Baugrundverhältnissen manchmal zu
lang oder zu kurz sein können. Durch entsprechende Kupplungen an den Pfählen kann die-
sem Umstand jedoch vorgebeugt werden.

Bei Bohrpfählen und ggf. bei Ortbetonrammpfählen hingegen kann die erforderliche Länge
dem Baugrundaufbau und der Tragfähigkeit der Schichten angepasst werden. Die Qualität
der Pfähle ist allerdings stark vom Herstellverfahren abhängig. In Tabelle 6.3 sind die we-
sentlichen Vor- und Nachteile der einzelnen Pfahltypen aufgelistet.
266 6 Pfahlgründungen

Tabelle 6.3 Vor- und Nachteile der einzelnen Pfahltypen

Pfahlart Vorteile Nachteile


Verdrängungspfähle n. DIN EN 12 699
Holzpfähle Gute Rammfähigkeit, hohe Elastizität, Schnelle Zerstörung durch Fäulnis bei
relativ unempfindlich gegen aggressi- Luftzutritt, in schwerem Boden nicht
ves Grundwasser, leicht zu behandeln rammbar, Tragfähigkeit und Länge
und abzuschneiden, hohe Lebensdauer begrenzt
unter Wasser, relativ preiswert
Stahlpfähle Hohe Materialfestigkeit und Elastizität, Hohe Materialkosten, Gefahr von
große Auswahl an versch. Profilen, Korrosion (besonders im Seewasser) ,
gute Anpassung an die jeweilige Auf- Gefahr von Sandschliff, I-Profile
gabe. Unempfindlich beim Transport, können beim Rammen aus der Achse
Verlängerung und Fußverstärkung laufen bzw. sich verdrehen
durch Flügel möglich. Gute Ramm-
eigenschaften, geringe Rammerschütte-
rungen, gute Verbindungsmöglichkeit
Stahlbetonpfähle Herstellung in jeder erforderlichen Schwer und unhandlich, empfindlich
Länge und Stärke. Verkürzungen u. gegen Biegung, z. B. bei Transport,
Verlängerungen sind möglich. Widers- Aufnehmen und Einbau Gefahr von
tandsfähig auch im Seewasser. Gute Rissen. Schweres Rammgerät erfor-
Bodenverdichtung beim Rammen. Gute derlich. Starke Erschütterungen und
Verbindungsmöglichkeiten mit dem Lärmbelästigung beim Rammen
Bauwerk. Hohe innere Tragfähigkeit
und Betonqualität. Qualitätskontrolle
schon vor dem Einbau möglich. Sofort
nach dem Einbau belastbar. Verwen-
dung auch in kontaminierten Böden
möglich. Neigungen bis 1:1 ausführbar
Spannbetonpfähle Wie bei Stahlbetonpfählen. Große Wie bei Stahlbetonpfählen. Praktisch
Knick- und Biegesteifigkeit, hohe inne- nicht verlängerbar oder zu kürzen
re Tragfähigkeit
Ortbetonramm- Gute Verdichtung des umliegenden Lärm und Erschütterung beim Ram-
pfähle Bodens und damit hohe äußere Tragfä- men. Gefahr der Beschädigung fri-
higkeit, geringe Setzungen, Verbreite- scher Nachbarpfähle, wenn Mindest-
rung des Pfahlfußes möglich. Länge abstände nach DIN EN 12 699 nicht
kann an Erfordernisse angepasst wer- eingehalten werden
den
Vollverdrängungs- Hohe Tragfähigkeit durch Verdrängung Hohes Drehmoment erforderlich.
Bohrpfähle und Verdichtung des umgebenden Bo- Probleme bei Bohrhindernissen (kein
dens. Hohe Mantelreibung durch rauen Meißeln möglich)
oder spiralförmigen Pfahlschaft. Keine
Bodenförderung,. Lärm- und erschütte-
rungsfreie Herstellung
6.1 Grundlagen der Planung und Herstellung 267

Fortsetzung Tabelle 6.3

Pfahlart Vorteile Nachteile


Bohrpfähle n. DIN EN 1536
Bohrpfähle Erschütterungs- und lärmarme Herstel- Durchfahrene Bodenschichten werden
lung. Beim Bohren erhält man ein Bild evtl. aufgelockert. Qualität sehr von
der durchfahrenen Bodenschichten. Die Herstellungsverfahren und Mann-
Pfahllänge kann gemäß dem angetrof- schaft abhängig. Mögliche Probleme
fenen Baugrundprofil festgelegt wer- bzw. Gefahren:
den. Bohrpfähle können auch bei ge- - Unterwasserbetonieren
ringer Arbeitshöhe (z. B. unter Brücken (Kontraktorverfahren)
oder Decken, auch in geschlossenen insbesondere kleiner Quer-
Räumen) hergestellt werden. Bohrwi- schnitte ist schwierig
derstand ist i. Allg. gering, daher Her- - Vortreibrohr kann beim
stellung bis in große Tiefen und mit Hochziehen die frische Beton-
großen Durchmessern möglich säule mitreißen, unterbrechen
oder Bewehrung hochziehen
Bohrpfähle Bohrhindernisse können z. B. durch - Hydraulischer Grundbruch
Meißeln überwunden werden. Hohe möglich, falls Außenwasser-
Tragfähigkeit, Fußverbreiterung mög- spiegel höher als im Bohrrohr
lich - Beim Bohren ohne Verrohrung
(in nicht standfestem Boden
mit Bentonitstützung) Gefahr
des Ausbruchs der Bohrloch-
wand
Schrägneigung begrenzt auf ca. 15o
Teilverdrängungs- Keine Verrohrung erforderlich, hohe Qualität sehr stark von Verfahren und
bohrpfähle Einbauleistung, hohe Bohrgenauigkeit, Mannschaft abhängig. Probleme bei
keine Erschütterung Bohrhindernissen (kein Meißeln mög-
lich), Pfähle müssen i. d. R. etwas
länger sein als bei Vollverdrängungs-
bohrpfählen
Mikropfähle n. DIN EN 14 199
Mikropfähle Kleine, handliche Geräte, die durch Tragfähigkeit begrenzt, Qualität stark
(D < 0,3 m) ihre niedrige Arbeitshöhe das Bohren von Verfahren und Mannschaft ab-
z.B. aus Kellerräumen heraus ermögli- hängig
chen. Lärm- und erschütterungsarm.
Auch bei schweren Bohrhindernissen
(Beton, Steine) herstellbar, setzungs-
arme Gründungsart
268 6 Pfahlgründungen

Die Auswahl des für die jeweilige Bauaufgabe optimalen Pfahlsystems orientiert sich haupt-
sächlich an den Anforderungen, die sich aus dem zu gründenden Bauwerk ergeben, und die
sich im Wesentlichen auf die Einhaltung bestimmter Setzungen oder verträglicher Setzungs-
unterschiede beziehen. Die Vielzahl der auf dem Markt befindlichen Systeme führt aber da-
zu, dass es i. Allg. stets mehrere Pfahlarten gibt, mit denen sich diese Anforderungen erfüllen
lassen, so dass letztlich die Kosten den Ausschlag für die Wahl eines bestimmten Pfahltyps
geben, soweit die Herstellung die Forderungen des Umweltschutzes erfüllt.

6.1.4 Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle

Bereits während der Planung von Pfahlgründungen muss sich die Ingenieurin oder der Inge-
nieur mit der Qualitätssicherung und der Qualitätskontrolle der Tragelemente befassen. Der
gesamte Bauablauf (Planung, Vergabe, Herstellung) muss durch ein Qualitätssicherungssys-
tem überwacht werden. In der Vergangenheit wurde die Qualität der Gründung tw. dadurch
sichergestellt, dass überdimensioniert geplant und gebaut wurde. Diese Überdimensionierung
ist aber wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen und kann daher zukünftig, gerade bei härter wer-
dendem internationalen Wettbewerb, nicht beibehalten werden [5].

Unter Qualitätssicherung wird die Sicherung vereinbarter Eigenschaften verstanden. Quali-


tätssicherungssysteme umfassen alle technischen und organisatorischen Maßnahmen zur
Qualitätssicherung, d. h. um vorbeugend Fehler zu vermeiden. Bedingt durch das ständig
wachsende Umweltbewusstsein werden nicht nur die Kosten, sondern auch die Beeinträchti-
gung der Umwelt durch den Herstellungsprozess (Lärm, Erschütterungen, Arbeiten auf und
in kontaminierten Böden) und die Beeinträchtigung von Nachbarbauten einen erheblichen
Einfluss haben. Firmen, die auch diese Faktoren durch ein ausgereiftes Qualitätssicherungs-
system unter Kontrolle haben, werden im europäischen Vergabesystem einen Wettbewerbs-
vorteil haben.

Da unter Qualitätssicherung das Gewährleisten vereinbarter Eigenschaften zu verstehen ist,


müssen zunächst die Anforderungen an Pfahlgründungen formuliert werden. Im Wesentli-
chen sind dies die Gebrauchstauglichkeit, die Sicherheit und die Umweltverträglichkeit

Anders als bei anderen Bauwerken wird die Qualität einer Pfahlgründung in erster Linie
nicht anhand der verwendeten Baustoffe oder Konstruktionen, sondern an ihren Auswirkun-
gen auf die Umgebung beurteilt. Dies sind die Setzungen des gegründeten Gebäudes, die
Setzungen der Nachbargebäude, Lärm und Erschütterungen sowie die Verunreinigung des
Grundwassers

Im Grundbau, speziell bei der Pfahlherstellung, ist das Produkt nach der Fertigstellung nicht
zu sehen. Dadurch werden auch mögliche Fehler verdeckt. Neben den wirtschaftlichen und
umweltrelevanten Gründen sollten aber auch die rechtlichen Erwägungen jeden Unternehmer
darin bestärken, ein wirksames Qualitätssicherungssystem aufzubauen. Um eine qualitativ
hochwertige Gründung herzustellen, sollte auch der Bauherr oder die ihn beratenden Inge-
nieure über entsprechende Qualifikationen verfügen. Denn konzeptionelle Planungsfehler
können auch durch beste materielle und verfahrenstechnische Qualität nicht kompensiert
werden.
6.1 Grundlagen der Planung und Herstellung 269

Die Qualitätsmängel, die auftreten können, sind von der Pfahlart und der Herstellung abhän-
gig. Fertigrammpfähle können z. B. durch das Einbringen beschädigt werden. Dies gilt be-
sonders für Stahlbetonfertigpfähle, bei denen es zu Rissen und Betonabplatzungen kommen
kann. Ortpfähle können bei der Herstellung selbst schon durch kleine Fehler (z. B. zu schnel-
les Ziehen der Verrohrung) stark beschädigt werden. Bei nicht fachgerechtem Betonieren
können sich durch Entmischung Kiesnester ausbilden, durch eine falsche Konsistenz wird die
Bewehrung nicht richtig umflossen.

Aus diesen Gründen ist bei Pfählen eine Qualitätskontrolle als ein Element der Qualitätssi-
cherung unverzichtbar. Während Fehler bei Fertigpfählen z. B. durch dynamische Pfahltests
zur Tragfähigkeitsbestimmung (Integritätstests) bereits bei der Herstellung festgestellt wer-
den können, muss bei Ortpfählen bis zum Abbinden des Betons gewartet werden.

Statische Probebelastungen, die Aufschlüsse über innere und äußere Tragfähigkeit erlauben,
sind sehr aufwendig und werden daher immer nur an einigen wenigen Pfählen durchgeführt.
Besonders für Ortbetonpfähle sind deshalb verschiedene Verfahren entwickelt worden, um
die Pfähle hinsichtlich ihrer Integrität, d. h. der Qualität und damit der inneren Tragfähigkeit,
zu untersuchen [6].

Wenn Imperfektionen in der Nähe des Kopfes vermutet werden, so kann dieser freigelegt
werden. Die Pfahlgeometrie kann visuell, die Betonqualität durch gezieltes Ziehen von Bohr-
kernen überprüft werden. Mit zunehmender Tiefe wird dieses Verfahren jedoch sehr teuer.

Sind Betonqualität und Pfahllänge zu überprüfen, können Kernbohrungen im Pfahl niederge-


bracht werden. Es ist hierbei möglich, durchgehende Bohrkerne zu erhalten. Das Problem ist
hierbei, dass Fehlstellen, die außerhalb der Kernbohrung liegen, nicht erkannt werden.
Außerdem ist das Verfahren sehr teuer. Die hohen Kosten führten zur Entwicklung von Prüf-
verfahren, die relativ preisgünstig von der Pfahloberfläche aus durchführbar sind und mit
denen die Betonqualität, die Pfahllänge und die Pfahlgeometrie geprüft werden kann.

Von diesen Verfahren sind benannt, die Schwingprüfung, die Ultraschallprüfung und die die
Hammerschlagmethode. Einzelheiten hierzu sind der Spezialliteratur [7], [8], [9] und Kapitel
6.7 zu entnehmen.

6.1.5 Tragfähigkeit von Pfählen

An das Tragverhalten eines Pfahles werden zwei Anforderungen gestellt:


a) Die Baustoffeigenschaften und die Abmessungen sind so zu wählen, dass der Pfahl ohne
Schaden in den Boden eingebracht werden kann, und die ihm übertragenen Beanspru-
chungen ohne Materialversagen übernommen werden (Innere Tragfähigkeit).
b) Die Festigkeit des Bodens im Bereich des Mantels und des Pfahlfußes muss ausreichen
um die Pfahlbelastungen ohne unzulässig große Setzungen aufnehmen zu können (Äußere
Tragfähigkeit).
Die Innere Tragfähigkeit wird nach den Bemessungsregeln für Holz, Stahl, Stahlbeton oder
Spannbeton aufgrund der vorhandenen Beanspruchung nachgewiesen.
270 6 Pfahlgründungen

Auf sie wird hier nicht weiter eingegangen. Für die Ermittlung der Äußeren Tragfähigkeit
gibt es kein allgemeingültiges Bemessungsverfahren, da das Tragverhalten eines Pfahles
nicht nur vom Boden und der Belastung, sondern auch vom Pfahltyp und dem Herstellverfah-
ren abhängt.

Die vertikale Pfahlbelastung wird vom Spitzenwiderstand und von der Mantelreibung abge-
tragen. Die Aufteilung erfolgt je nach Pfahltyp und Bodenart durch die unterschiedlichen
Aktivierungswege. Während die Mantelreibung im Allgemeinen schon nach relativ kurzen
Verformungswegen (ab ca. 3 mm) voll aktiviert wird, sind zum Erreichen des maximal mög-
lichen Spitzenwiderstandes je nach Pfahltyp unterschiedlich große Verformungswege not-
wendig, die zum Beispiel bei Rammpfählen wenige Millimeter und bei Bohrpfählen einige
Zentimeter betragen können. Wenn die Bauwerke die zur Weckung des vollen Spitzenwider-
standes erforderlichen Pfahlverschiebungen nicht schadensfrei aufnehmen können, werden
z. B. die Pfahlfüße von Bohrpfählen nachverpresst, um größere Setzungen zu verhindern.

Die Haupteinflüsse auf die Mantelreibung sind:


– Scherfestigkeit des Bodens
– Rauigkeit der Pfahloberfläche
– Größe der Radialspannung
In vielen Fällen wirken diese Faktoren nicht einzeln. So wird zum Beispiel eine Mantelver-
pressung des Pfahles die Rauigkeit der Oberfläche, die Größe der Radialspannung und den
Pfahldurchmesser erhöhen.

Einen Einfluss auf die Aktivierungswege und damit auf die Größe der Mantelreibung hat
auch das Herstellverfahren. Bei einem Ortbetonpfahl geht der Frischbeton zum Teil eine in-
nige Verbindung mit dem umgebenden Boden ein, so dass der Scherverbund zwischen dem
ausgehärteten, raueren Pfahlbeton und dem Boden einen größeren Einfluss hat als bei einem
Fertigpfahl.

Die zulässige Tragfähigkeit von Pfählen wird in der Praxis nach einem der folgenden Verfah-
ren festgelegt:
a) Nach DIN/EN/ISO-Vorschriften
b) Durch Probebelastungen
c) Durch empirisch gewonnene Erfahrungswerte
d) Durch dynamische Rammformeln (nur bei Rammpfählen)
e) Durch dynamische Pfahltests
f) Aufgrund von Sondierergebnissen
zu a) In der DIN 1054 sind im Anhang C Tabellen für die zulässige Druckbelastung von
Rammpfählen aus Holz, Stahl und Stahl- bzw. Spannbeton angegeben. Die Anwendung der
Tabellen setzt voraus, dass ausreichend tragfähige Böden anstehen und gewisse geometrische
Randbedingungen (Einbindetiefe, Mindestabstände, Pfahldurchmesser) eingehalten sind. Für
Bohrpfähle gibt die DIN 1054 im Anhang B ein Verfahren an, mit dem in einfachen Fällen
die Pfahltragfähigkeit abgeschätzt werden kann.
6.1 Grundlagen der Planung und Herstellung 271

Das Verfahren beruht auf der rechnerischen Ermittlung einer Widerstandssetzungslinie auf-
grund von Tabellenwerten, die in Abhängigkeit der maßgebenden Baugrundparameter (Son-
dierwiderstand qc bzw. Anfangsfestigkeit cu,k) gestaffelt sind.

zu b) Weichen die Pfähle in ihren Abmessungen oder die angetroffenen Bodeneigenschaften


von den in den DIN/EN/ISO-Normen vorgegebenen Voraussetzungen ab oder sollen aus
Kostengründen die in den Normen angegebenen Belastungen überschritten werden, müssen
die zulässigen Gebrauchslasten durch Probebelastungen ermittelt werden. Maßgebend ist der
Grenzwert, der sich aus der Widerstands-Setzungs-Linie der Probebelastung ergibt. Aus den
Einzelwerten der Pfahlprobebelastungsergebnisse ist der charakteristische Pfahlwiderstand
R1,k durch Division mit einem Streuungsfaktor ξ zu ermitteln.

Bild 6.5 Exemplarische Darstellung der Widerstands-Setzungs-Linie [10]

Als Grenzwert gilt jene Last, bei der der Pfahl merkbar zu versinken bzw. bei Zugpfählen
sich zu heben beginnt. In der Widerstands-Setzungs-Linie (Bild 6.5) bezeichnet sie jene Stel-
le, bei welcher der flache Ast nach einem Übergangsbereich mit zunehmend größer werden-
den Setzungen in den steil abfallenden Ast übergeht.

Gibt der Verlauf der Widerstands-Setzungs-Linie keinen genügenden Anhalt für diese Stelle,
so gilt als Grenzwert jene Last, die eine bleibende Setzung bzw. Hebung des Pfahles von
0,10 Db (Db = Durchmesser des Pfahlfußes) hervorruft. Kann bei einem Versuch die Grenz-
last nicht erreicht werden, so gilt die höchste aufgebrachte Last als solche.

Weitere Hinweise zu Probebelastungen werden in Kapitel 6.7 gegeben.

zu c) Insbesondere zur Vorbemessung von Pfählen und damit zur Abschätzung der erfor-
derlichen Pfahlanzahl wird häufig auf Erfahrungswerte zurückgegriffen.

Erfahrungswerte über Pfahltragfähigkeiten liegen bei den ausführenden Firmen oder Bau-
grundgutachtern vor. Die Erfahrungswerte sind aber immer nur jeweils an einen bestimmten
Pfahltyp und bestimmte Bodenverhältnisse gebunden. Sie sind nicht ohne weiteres auf andere
Herstellverfahren, Pfahlabmessungen, Pfahlbaustoffe oder Baugrundverhältnisse übertragbar.
272 6 Pfahlgründungen

Aus einer Vielzahl von Probebelastungen an Rammpfählen wurde die untenstehende Tabelle
zusammengestellt, die sehr häufig als Anhaltspunkt für Vorbemessungen verwendet wird
(Tabelle 6.4).

Tabelle 6.4 Charakteristische Pfahlmantelreibung qb1,k und Pfahlspitzenwiderstand qs1,k von Verdrängungs-
pfählen für den Grenzzustand GZ 1B [11]

Bodenart Bereich unter mittlere Mantelreibung


OK der (für abgewickelten Umfang)
tragfähigen qs1,k
Schicht [m] [kN/m2]
Holzpfähle Stahlbeton- Stahlrohrpfähle I-Profile
pfähle Kastenpfähle
offen
nichtbindige bis 5 20-45 20-45 20-35 20-30
Böden 5-10 40-65 40-65 35-55 30-50
> 10 60 50-75 40-75
Ic = 0,5-0,75 5-20
Ic = 0,75-1 20-45
Geschiebe- bis 5 50-80 40-70 30-50
mergel halb- 5-10 60-90 40-70
fest bis fest > 10 80-100 80-100 50-80
nichtbindige bis 5 2-3,5 2-5 1,5-4 1,5-3
Böden 5-10 3,5-6,5 3-6 2,5-5
> 10 3-7,5 4-8 3,5-7,5 3-6
Ic = 0,5-0,75
Ic = 0,75-1 0-2
Geschiebe- bis 5 2-6 1,5-5 1,5-4
mergel halb- 5-10 5-9 4-9 3-7,5
fest bis fest > 10 8-10 8-10 6-9

zu d) Die Tragfähigkeit von Druckpfählen darf aus Rammformeln nur bei nicht bindigen
Böden und nur dann ermittelt werden, wenn die betreffende Rammformel aufgrund örtlicher
Erfahrungen unter genau festgelegten Voraussetzungen anerkannt ist oder im Einzelfall auf-
grund von Probebelastungen als zuverlässig nachgewiesen wird. Zum Feststellen der Ramm-
energie wird z. B. bei dem System Franki ein Rammbär mit freifallendem Bärkörper verwen-
det. Gemessen wird die kinetische Energie des Fallbären (Bärgewicht · Fallhöhe) sowie die
Eindringung des Pfahles je Schlag. Zur Ermittlung der Tragfähigkeit können weiterhin die
Pfahlkenngrößen Länge, Querschnitt und E-Modul sowie der Wirkungsgrad des Rammschla-
ges erforderlich werden.

zu e) Da Probebelastungen teuer und daher nur an wenigen Pfählen ausführbar sind, wur-
den Verfahren entwickelt, mit denen Pfähle wirtschaftlicher auf ihre Tragfähigkeit hin unter-
sucht werden können.
6.1 Grundlagen der Planung und Herstellung 273

Diese dynamischen Prüfverfahren beruhen darauf, dass auf die Pfähle eine hohe dynamische
Belastung aufgebracht wird (Rammschlag), die die Größenordnung der späteren Nutzlast
simuliert. Neben der kinetischen Energie des Rammschlages wird der zeitliche Verlauf der
Dehnung und der Beschleunigung am Pfahlkopf gemessen. Hieraus werden mit Berech-
nungsprogrammen die Mantelreibung, der Spitzenwiderstand und die Last-Setzungs-Kurve
ermittelt. Genauere Angaben hierzu finden sich in Kapitel 6.7.

zu f) Die Tragfähigkeit eines Einzelpfahles kann aus den Ergebnissen von Baugrundson-
dierungen im Voraus abgeschätzt werden. Vorteilhaft ist dabei die Möglichkeit der frühzeiti-
gen Ausführung der Sondierungen, die flächenhafte Erfassung des Baugeländes sowie die
schnelle und billige Ausführung.

Als Sondierungen kommen im Wesentlichen in Frage:


– Drucksondierungen
– Rammsondierungen
Für die Übertragung der mit der Drucksonde gemessenen Mantelreibung fs bzw. des Spit-
zendrucks qc auf die Pfahlmantelreibung qs1,k bzw. den Pfahlspitzenwiderstand qb1,k bei Pfäh-
len gibt es in der Literatur ausreichende Erfahrungswerte [11].

Umfangreiche Untersuchungen zur Abschätzung der Tragfähigkeit von Pfählen aus Sondier-
ergebnissen sind u. a. in [12] beschrieben. Hierbei werden die Bruchkraft und die Kraft-
Setzungs-Linie aus Ergebnissen von Druck- und Rammsondierungen ermittelt. Da i. allg.
zwischen berechneten und gemessenen Werten eine gute Übereinstimmung besteht, erscheint
es durchaus berechtigt, zur Bestimmung der Tragfähigkeit von Pfählen stärker als bisher
Sondierungen heranzuziehen.

Bei der Behandlung der Tragfähigkeit von Pfählen sei noch auf zwei Besonderheiten hinge-
wiesen:
1. Setzt sich der umgebende Boden mehr als der eingebrachte Pfahl (z. B. Konsolidationsset-
zungen aus Eigengewicht oder Auflast bei weichen bindigen Schichten), so hängt sich der
Boden am Pfahl auf und belastet diesen zusätzlich (Bild 6.6).

2. Pfähle werden nicht nur axial belastet. Insbesondere Großbohrpfähle werden auch durch
Momente und Horizontallasten beansprucht, wobei die Belastung über die seitliche Bet-
tung in den Baugrund abgeleitet wird. Zur Berechnung des Systems Pfahl-Boden hat sich
hierbei das Bettungsmodul-Verfahren durchgesetzt.
274 6 Pfahlgründungen

Bild 6.6 Entstehung negativer Mantelreibung

In den nachfolgenden Kapiteln werden detaillierte Informationen zu ausgewählten Arten der


Pfahlgründung zusammenfassend dargestellt.

6.2 Fertigrammpfähle

6.2.1 Das Bauverfahren im Überblick

Fertigpfähle aus Holz sind der älteste Pfahltyp überhaupt. Pfahlbauten aus der Zeit um 3000
v. Chr. finden sich im gesamten Alpengebiet [13]. Die Pfeiler vieler römischer Brücken ste-
hen auf Pfahlrosten [1]. Im Mittelalter waren die Erfahrungen mit Pfählen und Pfahlrosten so
umfangreich, dass bereits aus dem Eindringverhalten auf die Tragfähigkeit geschlossen wer-
den und detaillierte Angaben über die erforderlichen Abmessungen von Pfahlrosten gemacht
werden konnten.

Heute werden Fertigrammpfähle aus Holz, Stahl, Stahlbeton und Spannbeton eingesetzt. Sie
werden durch Rammen, Rütteln oder Pressen in den Baugrund getrieben. Ihre Vorteile liegen
darin, dass sie in kontrollierbarer Güte auf der Baustelle oder im Werk produziert werden
können und nach dem Einbringen sofort belastbar sind. Ihr Nachteil besteht vor allem darin,
dass sie in festen Längen hergestellt werden müssen und sich dann je nach Baugrundverhält-
nissen manchmal als zu lang oder zu kurz erweisen, so dass sie entweder gekappt oder
- soweit überhaupt möglich - verlängert werden müssen. Bei Stahlbetonfertigpfählen sollten
daher planmäßig Kupplungen mit bautechnischer Zulassung vorgesehen werden.
6.2 Fertigrammpfähle 275

6.2.2 Technische Grundlagen

Fertigpfähle sind vorgefertigte Pfahlelemente nach DIN EN 12 699. Grundsätzlich lassen


sich die Faktoren, die das Tragverhalten der Pfähle wesentlich beeinflussen, in vier Katego-
rien einteilen: Boden, Pfahl, Herstellung und Belastung (Tabelle 6.5).

Tabelle 6.5 Einflüsse auf das Tragverhalten von Fertigpfählen [12]

Herstellung Boden
Rammpfahl Vibrationspfahl
Fallhöhe Vibratorgewicht Bodenart
Rammgewicht Fliehkraft des Vibrators Schichtung
Rammfutter - Amplitude - Scherfestigkeit
Schlagfrequenz - Frequenz - Lagerungsdichte
Art des Bären - Beschleunigung - Spannungszustand
- Freifall - Kornform, -größe, -verteilung
- Diesel - Kompressibilität
- Hydraulik - Wassergehalt
- Chemische Inhaltsstoffe
Belastung Pfahl
Vertikal/Horizontal Geometrie
Druck/Zug - Querschnittsform
Statisch/Zyklisch - Schlankheit
Standzeit bis zur Belastung Material
Wandrauigkeit
Vorspannung
Fußausbildung

Hieraus ist erkennbar, wie komplex das Tragverhalten ist, und wie schwierig damit die Di-
mensionierung von Pfählen wird. Die Parameter Herstellung, Belastung und Pfahl sind frei
wählbare Einflussfaktoren, wohingegen die Kategorie Boden eine von der Natur vorgegebene
Größe ist, die nur bedingt veränderbar ist.

Die Schwierigkeit besteht generell in der genauen Bestimmung der Bodenparameter durch
Feld- und Laborversuche vor Baubeginn. Hierbei ist besonders zu bedenken, dass nicht nur
die vor der Pfahlherstellung ermittelten Bodenparameter, sondern insbesondere die Boden-
parameter, die nach der Pfahlherstellung vorhanden sind, das Tragverhalten bestimmen.

Jede Art der Pfahlherstellung stellt eine Veränderung des Zustandes des Baugrundes vor Her-
stellungsbeginn (Primärzustand) dar. Die Veränderungen während der Herstellung (Sekun-
därzustände) haben zwei wesentliche Ursachen, nämlich die dynamische Beanspruchung des
Baugrundes durch die Herstellungsart (z. B. Rammen, Vibrieren) sowie die Bodenverdrän-
gung (Bild 6.7).
276 6 Pfahlgründungen

Primärzustand Sekundärzustände Tertiärzustände

Bild 6.7 Zustände beim Einbringen eines Fertigpfahles [14]

Einen weiteren wesentlichen Einfluss haben gezielte Maßnahmen zur Tragfähigkeitserhö-


hung wie z. B. Mantel- oder Fußverpressungen. Nach der Herstellung eines Pfahles (Tertiär-
zustand) treten weitere Zustandsänderungen im Baugrund durch die anwachsende Belastung
aus dem Gebäude auf. Insbesondere in bindigen Böden ist noch längere Zeit nach der Her-
stellung und nach der Belastung des Pfahles mit Veränderungen der bodenmechanischen
Eigenschaften und der Wasserdruckverhältnisse zu rechnen.

Fertigpfähle sind Verdrängungspfähle, bei denen beim Einbringen der Boden im direkten
Umfeld des Pfahlfußes zur Seite und auch zur Tiefe hin verschoben wird. Nach Abschluss
der Rammarbeiten ist dort durch die Bodenverdrängung ein erheblich gestörter Zustand vor-
handen, dessen bodenmechanische Eigenschaften nur sehr schwer abgeschätzt werden kön-
nen.

Zur Ermittlung der Mantelreibung wäre eine genaue Kenntnis der Spannungs-Verformungs-
eigenschaften erforderlich, um berechnen zu können, wie groß der durch die Bodenverdrän-
gung hervorgerufene verbleibende Spannungszustand in horizontaler Richtung ist. Es ist
durchaus zu erwarten, dass am Pfahlmantel infolge der Verdrängung aufgebaute horizontale
Spannungszustände durch die Rammerschütterungen beim Einbringen des Pfahles auf die
erforderliche Tiefe wieder durch Verdichtung des Bodens abgebaut werden.

Bei bindigen wassergesättigten Böden sind Kenntnisse über die Entwicklung des effektiven
Spannungszustandes notwendig. Hier spielt der sich entwickelnde Porenwasserdruck sowie
sein späterer Abbau, der von der Wasserdurchlässigkeit des Bodens abhängt, eine entschei-
dende Rolle.
6.2 Fertigrammpfähle 277

Aus diesen Ausführungen folgt, dass es keinen befriedigenden rechnerischen Ansatz zur Be-
rechnung der Tragfähigkeit von Fertigpfählen gibt. Die Pfahltragfähigkeiten können daher
allenfalls auf Grund von Erfahrungen, von Probebelastungen oder durch Beobachtungen
bzw. Messungen während oder nach dem Einbringvorgang ermittelt werden.

Die Fertigpfähle werden in den Boden wahlweise


– eingerammt
– eingerüttelt
– eingepresst.
Die Verfahren sind in den folgenden Abschnitten ausführlich beschrieben. Daher soll hier nur
auf einige Besonderheiten hingewiesen werden:

a) Erhöhung der Tragfähigkeit durch Verpressen

Bei genügend langen Pfählen, die einen wesentlichen Teil ihrer Belastung über Mantelrei-
bung in den Boden ableiten, ist es sinnvoll, die Pfahlfußfläche gegen den Boden vorzuspan-
nen. Zu diesem Zweck kann im Fußbereich Zementmörtel injiziert werden. Dadurch wird der
Boden vorbelastet, d. h. er wird steifer, und die hohen Pfahlkräfte werden bei geringeren Set-
zungen abgetragen.

b) Einstellen von Pfählen in vorgebohrte Löcher

Eine Kombination von Fertigpfahl und Ortpfahl stellen z. B. Stahlbetonpfähle dar, die in
vorgebohrte Löcher gestellt werden. Dieses Verfahren wird mitunter dann verwendet, wenn
die tragfähigen festen Bodenschichten sehr tief liegen und daher mit Rammung nur schwer
erreichbar sind oder wenn die Schichten ganz allgemein schwer rammbar sind. In diesen Fäl-
len wird der Spalt zwischen Bohrlochwandung und Fertigpfahl mit Zementmörtel verpresst,
sobald die zur Herstellung des Bohrlochs erforderliche Verrohrung gezogen ist.

c) Bemessen der Pfähle für Transport, Lagerung und Aufnehmen an der Ramme

Die meisten Rammpfähle werden durch die Bauwerkslasten vorwiegend axial beansprucht
und sind daher für diesen Lastfall bemessen. Beim Transport, der Lagerung und dem Auf-
nehmen an der Ramme werden die Pfähle aber vorwiegend auf Biegung beansprucht. Auch
für diese Lastfälle muss ausreichend Sicherheit gegen Versagen gewährleistet sein.

Kritisch sind hier insbesondere die Stahlbetonpfähle, die bei Biegemomentenbeanspruchung


Zugrisse bekommen können. Die Bewehrung muss daher auch entsprechend dieser Lastfälle
dimensioniert werden. Beim Auftreten von Rissen kann Wasser bis zur Bewehrung vordrin-
gen, und die Korrosion der Bewehrung führt zur Zerstörung des Pfahles.

Um die Biegemomente möglichst gering zu halten, empfehlen sich die in Bild 6.8 angegebe-
nen Lagen der Anschlagpunkte für Transport und Aufnehmen. Sinnvollerweise werden diese
Anschlagpunkte entweder markiert oder mit einbetonierten Rundstahlschlaufen versehen.
278 6 Pfahlgründungen

Bild 6.8 Anschlagpunkte für Transport und Aufnehmen an der Ramme

6.2.3 Das Bauverfahren

6.2.3.1 Beschreibung der Arbeitsprozesse

Beim Einbringen von Fertigpfählen lassen sich 3 Verfahren unterscheiden:


– Rammen
– Rütteln (Vibrieren)
– Einpressen
Die Wahl des geeigneten Einbringverfahrens hängt ab von der Baugrundbeschaffenheit, der
Nachbarbebauung, den Pfahlabmessungen, den Pfahlmaterialien und den Anforderungen des
Umweltschutzes. Die Tabelle 6.6 zeigt die Rammeignung verschiedener Bodenarten, Tabelle
6.7 die Eignung für Vibrationsverfahren und Tabelle 6.8 die Eignung für das Einpressverfah-
ren.

Tabelle 6.6 Rammeignung verschiedener Bodenarten [15]

Leichte Rammung Mittelschwere Rammung Schwere Rammung


Moor, Torf, Schlick und Mittelsand und Grobsand Mittelkies, Grobkies und
Klei (mitteldicht gelagert) Feinkies (dicht gelagert)

Mittelsand und Grobsand Feinkies Feinsand


(locker gelagert)
Ton (steif) Schluff , Lehm und Ton
Kies (ohne Steine) (halbfest bis fest)
Lehm
Geschiebemergel und Fels
6.2 Fertigrammpfähle 279

Tabelle 6.7 Eignung verschiedener Böden für Vibrationsverfahren [15]

Eignung zum Vibrieren (Einrütteln)


gut bedingt nicht geeignet
Kies (rund) Kies (eckig) Kies mit bindigen Beimen-
Sand (rund) Sand (eckig) gungen
Lehm (breiig bis weich) Lehm (steif) Sand (eckig, trocken)
Löss (breiig bis weich) Löss (steif) Mergel (steif)
Schlick (breiig bis steif) Ton (steif bis fest)

Tabelle 6.8 Eignung verschiedener Böden für das Einpressverfahren (aus [15])

Eignung für das Einpressverfahren


gut bedingt nicht geeignet
Ton (weich bis halbfest) Ton (fest) Kies (sehr dicht) *
Schluff (weich bis halbfest) Schluff (fest) Sand (sehr dicht)*
Kies (locker bis mitteldicht) Kies (mitteldicht bis dicht) dicht gelagerte Böden mit
Sand (locker bis mitteldicht) Sand (mitteldicht bis dicht) Steineinschlüssen
* evtl. Vorbohren zur
Auflockerung

Ganz allgemein gilt, dass in nichtbindigen Böden das Rammen mit schneller Schlagfolge
oder das Einvibrieren die schnellste und wirtschaftlichste Methode ist, da hierbei die Boden-
körner schweben und somit die zu überwindende Mantelreibung stark vermindert wird.

In bindigen Böden hingegen sind langsam schlagende Rammbäre mit hoher Schlagenergie
oder Einpressverfahren von Vorteil. Beim Rammschlag bauen sich durch den Verdrängungs-
vorgang hohe Porenwasserdrücke auf, die den Eindringwiderstand vergrößern. Bei langsamer
Schlagfolge können sich diese Porenwasserdrücke zwischen den einzelnen Schlägen weitge-
hend abbauen.

Die wichtigsten Einflüsse auf den Rammfortschritt sind:


– die Bodeneigenschaften
– das Gewicht und die Fallhöhe bzw. Amplitude des Bären
– die Schlagzahl bzw. Schwingungszahl des Bären
– die Dämpfung der Schlagwirkung durch Ausbildung der Rammhaube sowie Schlank-
heit und Elastizität des Rammelementes
– das Gewicht des Rammelementes
– die Querschnittsform und die Verformungen des Rammelementes
Selbst wenn die in der Bodenmechanik gebräuchlichen Parameter des Bodens bekannt sind,
lässt sich das Verhalten des Baugrundes bei einer dynamischen Beanspruchung, wie sie beim
Rammen auftritt, nur unzulänglich beschreiben. Als sicherstes Verfahren zur Prognose des
Rammfortschrittes gelten daher die Proberammung und eventuell die Ramm- oder Druckson-
dierung nach DIN EN ISO 22 476-2/-3 bzw. DIN 4094-1.
280 6 Pfahlgründungen

Liegen dagegen nur pauschale Angaben über die zu durchschlagenden Bodenarten vor, wie
dies oft der Fall ist, muss die Vorhersage des Rammfortschrittes auf der Grundlage von Er-
fahrungswerten erfolgen.

In der folgenden Tabelle werden die Teilprozesse und Geräte des Arbeitsprozesses zur Ein-
bringung eines Fertigrammpfahles aus Stahlbeton beispielhaft dargestellt.

Tabelle 6.9 Prozess der Rammung von Stahlbetonfertigpfählen

Prozesse Teilprozesse Geräte


I. Vorbereitende (1) ggf. Baugelände freimachen Raupe
Maßnahmen (2) Einmessen und Abstecken des Radlader
Pfahlansatzpunktes, Sicherung GPS, Theodolit
der Pfahlachsen durch Fest-
punkte
(3) Pfahlanlieferung Lkw, Autokran

(4) Entladen der Pfähle


II. Abteufen des Pfahles (1) Ansetzen und Ausrichten der Trägergerät
Ramme Rammgerät
(2) Rammung des Pfahles auf Rammbär
erforderliche Tiefe

III. Nach- bzw. zusätzliche (1) Freilegen und Kappen des Schraubenkompressor,
Arbeiten Pfahlkopfes fahrbar, Abbau- und Spa-
(2) Verfahren des Rammgerätes tenhammer
zum nächsten Ansatzpunkt Trägergerät
und Aufnahme des Pfahles Rammgerät
Rammbär
IV. Räumen der Baustelle (1) Reinigung von benutzten Radlader, Raupe
Flächen

6.2.3.2 Die Geräte und Verfahren

Rammen

Die Rammgeräte setzen sich zusammen aus:


– Geräteträger
– Mäkler mit Führungseinrichtung für Rammbär und Rammgut
– Rammbär
– Rammhaube zum Schutz des Rammgutes
– Winden zum Hochziehen des Rammgutes
6.2 Fertigrammpfähle 281

Für alle Verfahren gelten grundlegende Gemeinsamkeiten. In jedem Fall ist vorhanden [16]:
– eine Masse, die schlägt
– ein Weg, der zur Schlagenergie beiträgt (bei schlagenden Bären die Fallhöhe, bei vi-
brierenden Bären die Amplitude)
– eine Schlagzahl (bei langsam schlagenden Bären 20 bis 80 Schläge/min; bei schnell
schlagenden Bären 120 bis 300 Schläge/min; bei vibrierenden Bären 500 bis 3000
Schwingungen/min)
Die älteste Methode, Pfähle in den Baugrund einzutreiben, ist das schlagende Rammen.
Hierbei wirkt ein Schlag- bzw. Fallgewicht auf den Kopf des Pfahles. Das Schlaggewicht
wird entweder über einen Seilzug (Freifallramme) oder durch Dampf, Druckluft, Hydraulik
oder explosionsartige Verbrennung eines eingespritzten Treibstoffs (Diesel) angehoben.

Dampf- oder Druckluftbäre verfügen über eine getrennte Energieerzeugung, während Diesel-
bäre frei von Energiezuführungsleitungen sind. Die Schlagbewegung kommt entweder durch
die Bewegung eines Kolbens im Zylinder oder durch die Bewegung eines Zylinders über
einem feststehenden Kolben zustande. Als Schlaggewicht wirkt demnach entweder der Kol-
ben oder der Zylinder, wonach Zylinderbäre und Kolbenbäre unterschieden werden.

Beim Zylinderbär sitzt der Kolben auf dem Rammgut, während der Zylinder die Schlagarbeit
leistet. Man unterscheidet hierbei Dieselbäre, dampf- und druckluftgetriebene Zylinderbäre.
Die Schlagzahlen liegen bei etwa 50 Schlägen pro Minute.

Bei den Kolbenbären ist zu unterscheiden zwischen langsam schlagenden Dieselbären


(Schlagzahl 40 bis 60 pro Minute) und Schnellschlagbären mit Schlagzahlen von 100 bis 300
pro Minute. Bei den Schnellschlagbären wird der Schlagkolben durch Dampf oder Druckluft
nicht nur gehoben sondern auch nach unten beschleunigt. Da die Zahl der Schläge größer ist,
kann bei gleicher Schlagleistung das Bärgewicht vermindert werden, was zu einer Schonung
der Pfähle und der gesamten Rammeinrichtung beiträgt.

Außer durch Dampf oder Druckluft kann bei schnell schlagenden Bären der Kolben auch
durch Öldruck bewegt werden. Man spricht dann von Hydraulikbären oder Hydraulikhäm-
mern. Daten von Rammbären und Schnellschlaghämmern können der Literatur (z. B. [17],
[18]) oder Firmeninformationen entnommen werden.

Die Masse des Bären muss auf die Masse des Rammelementes abgestimmt sein. Während bei
langsam schlagenden Bären ein Verhältnis von Bärgewicht zum Gewicht des Rammelemen-
tes (einschließlich Rammhaube) von 1 : 1 bis 2 : 1 besonders günstig ist, liegen die günstigs-
ten Verhältnisse bei Schnellschlagbären im Bereich von 1 : 4 bis 1 : 5 [19].

Hinsichtlich der Schlagfolge sind folgende Bedingungen zu beachten: In nichtbindigen Bö-


den sind leichte Rammschläge mit hoher Schlagfolge wirkungsvoll. In bindigem Boden muss
mit langsamen, wuchtigen Schlägen gerammt werden. Freifall-, Dampf-, Druckluft- und Ex-
plosionsbäre sind für alle Rammarbeiten verwendbar. Rammhämmer sind vor allem für das
Rammen von Stahlpfählen in Böden mit nur geringer Bindigkeit geeignet.
282 6 Pfahlgründungen

Bei der Auswahl der Rammeinrichtung für Stahlbetonpfähle ist besonders wichtig, die
Rammbeanspruchung so gering wie möglich zu halten. Der Rammschlag löst im Pfahl
Längswellen aus, die vom Kopf zum Fuß laufen, dort reflektiert werden und sich mit den
vom nächsten Rammschlag erzeugten Längswellen überlagern können. Die dabei entstehen-
den Zugspannungen sind zwar kleiner als die Druckspannungen, können aber, besonders
wenn der Pfahl sehr rasch eindringt, Zugrisse hervorrufen. Damit die Rammspannungen
niedrig bleiben, soll beim Rammen von Stahlbetonpfählen die Fallhöhe des Bären maximal
bei 1 m liegen [13]. Keinesfalls darf mangelnde Bärgröße durch eine größere Fallhöhe aus-
geglichen werden. Wenn der Pfahl schlecht zieht, weil er auf ein Hindernis getroffen ist, soll
nicht durch hartes Rammen versucht werden, dieses zu durchrammen, da der Pfahlschaft da-
bei zerstört werden kann.

Der Rammschlag soll den Pfahl zentrisch und in axialer Richtung treffen. Dazu sind u. a. ein
fester Standort der Ramme und ein genaues Ausrichten des Rammelementes erforderlich. Der
Weg der Ramme beim Schlagen der Pfähle wird in einem Rammplan festgelegt. In Pfahl-
gruppen muss mit dem Rammen der inneren Pfähle begonnen werden. Beim umgekehrten
Vorgehen besteht die Gefahr, dass der Boden im Innern durch die schon geschlagenen
Außenpfähle so verdichtet ist, dass die inneren Pfähle nicht mehr herunterzubringen sind
oder die äußeren Pfähle verdrückt werden.

Rütteln (Vibrieren)
Beim Einrütteln wird die Reibung zwischen dem Pfahlmantel und dem umgebenden Boden
auf etwa 10 bis 25 % des Ruhewertes vermindert. Auf das Rammgut wirkt außer der dynami-
schen auch die statische Belastung durch das Gewicht des Vibrationsbären und des Pfahles.
Die Vorteile dieses Verfahrens, das in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewon-
nen hat, liegen in der geringen Lärmentwicklung und in der schonenden Behandlung des
Rammgutes. Bild 6.9 zeigt den typischen Aufbau einer Vibrationseinheit.

Bild 6.9 Typischer Aufbau eines Vibrationseinheit [20]


6.2 Fertigrammpfähle 283

Die Rüttelschwingungen werden durch gegenläufig drehende Unwuchten erzeugt. Die hori-
zontalen Komponenten der Fliehkräfte heben sich dabei auf, es werden nur die vertikalen
Komponenten wirksam.

Vibrationsbäre können elektrisch oder hydraulisch angetrieben werden. Vorteile der elek-
trisch betriebenen Vibrationsbäre sind die robuste Konstruktion, die preisgünstige Energie-
versorgung sowie der einfache Energietransport von der Energiequelle zum Vibrator.

Hydraulisch betriebene Vibrationsbäre ermöglichen eine stufenlose Regelbarkeit der


Schwingungsfrequenz und damit eine Anpassung an die verschiedenen Bodenarten bzw. die
Resonanzfrequenz vorhandener Bebauung. Ihnen ist daher i. Allg. der Vorzug zu geben.

Die Vibrationsbäre werden über Spannvorrichtungen mit dem Rammgut verbunden, wobei
diese Verbindung schwingungsfest sein muss.

Die Rammung mit Vibrationsbären ist in vielen Böden (Tabelle 6.7) ein wirtschaftliches Ver-
fahren, da die Einbringzeiten gegenüber schlagenden Geräten i. Allg. wesentlich geringer
sind.

Einpressen
Insbesondere dort, wo Pfähle erschütterungsfrei und lärmarm in den Baugrund eingebracht
werden müssen, ist das Einpressverfahren häufig die einzig mögliche Methode. Mit diesem
Verfahren können Pfähle ohne unzumutbare Belästigung von Anliegern, insbesondere aber
unmittelbar neben oder unter erschütterungsempfindlichen Fundamenten niedergebracht
werden (Bild 6.10).

Bild 6.10 Beispiele für Presspfähle [21]


284 6 Pfahlgründungen

Presspfähle finden überwiegend Anwendung bei der Nachgründung von bestehenden und
erhaltungswürdigen, setzungsempfindlichen Bauwerken. Hierbei lassen sich Bauwerke oder
Bauteile stabilisieren und bereits eingetretene Setzungen durch gezielte Hebungen ausglei-
chen. Ein weiteres Anwendungsgebiet sind Nachgründungen an Bauwerken, bei denen we-
gen Umplanungen und Umbauten die vorhandene Gründung nicht mehr ausreicht.

Presspfähle werden bei vollständiger Bodenverdrängung erschütterungsfrei und ohne Boden-


auflockerung schussweise in den Boden gepresst. Entsprechend der zur Verfügung stehenden
Bauhöhe werden die Pfahlsegmente statisch und längenmäßig dimensioniert. Die Pfahlseg-
mente können aus Stahlbeton oder als Stahlrohre gefertigt und eingepresst werden. Als Wi-
derlager zur Abtragung der Pressendrücke werden Gebäudeteile genutzt, wenn dies technisch
möglich ist.

Rammhilfsmittel

Die Rammeinrichtung umfasst neben dem Rammbär die Rammhaube, das Trägergerät und
Führungen.

Beim schlagenden Rammen besteht die Gefahr, dass durch den herab fallenden Bär der Kopf
des Rammgutes beschädigt wird. Ist der in den Pfahl eingeleitete Impuls nicht groß genug,
wird nur der Pfahlkopf zerstört, ohne dass der Pfahl bewegt wird.

Zum Schutz des Rammgutes wird eine Haube aufgesetzt, die aus Stahlguss besteht und oben
mit Hartholz oder Kunststoff ausgefüttert ist. Durch die Schlaghaube wird die eingeleitete
Kraft auf das Rammgut gleichmäßig verteilt. Außerdem bildet das Futter eine Art Energie-
speicher und verlängert somit die Einleitungsdauer, so dass ein besseres Rammergebnis er-
zielt wird.

Bei empfindlichem Rammgut, wie z. B. Beton- oder Holzpfählen, muss zusätzlich ein Futter
zwischen Rammhaube und Rammgut eingelegt werden [22]. Hierdurch werden die Uneben-
heiten des Schlaghaubenbodens und des Pfahlkopfes ausgeglichen und somit die Schlagkraft
gleichmäßig über den Pfahlkopf verteilt, so dass dieser geschont und nicht zerstört wird.

Als Trägergerät kommen in den meisten Fällen Hydraulikbagger (Bild 6.11) zum Einsatz, da
sie wegen der leicht austauschbaren Anbaugeräte universell verwendbar sind. Da der Hy-
draulikbagger an seinem Ausleger ein hohes Gewicht tragen muss, bestehend aus
– Mäkler mit Führung für Bär und Pfahl
– Rammbär
– Pfahl mit Schlaghaube,
kommen vorwiegend Bagger mit Dienstgewichten von 20 bis 40 t in Betracht.
6.2 Fertigrammpfähle 285

Bild 6.11 Hydraulikbagger als Trägergerät [23]

Langsam schlagende Freifallrammen werden meist an Mäklern geführt, wobei mit Mäkler
eine mastartige Führungskonstruktion aus Rohren, Profilstahl oder Gitterträgern bezeichnet
wird, die am Auslegerkopf des Baggers kardanisch aufgehängt und gegen den Auslegerfuß
abgestützt wird. Die Mäkler geben dem Rammbären und dem Rammpfahl die notwendige
Führung. Eine Ausnahme stellt Frankipfahl dar. Hier wird das Votriebsrohr mittels Freifall-
rammung im Rohr (Innenrohrrammng) in den Boden getrieben

Schnellschlagrammen können frei reitend, am Kranseil hängend oder mit Mäklerführung


arbeiten. Reitet die Ramme frei oder hängt sie am Kranseil, so müssen die Pfähle an mindes-
tens zwei Punkten gehalten werden, was durch spezielle Holz- oder Stahlrahmen geschehen
kann.

Vibrationsrammen können ebenfalls frei reitend, am Kranseil hängend oder am Mäkler ge-
führt eingesetzt werden. Beim Vibrationsrammen werden häufig Teleskopmäkler eingesetzt,
die an Hydraulikbagger angebaut werden (Bild 6.11).

Durch den vermehrten Einsatz von Vibrationsbären haben die Überlegungen zum schallar-
men Rammen mit Explosions-, Freifall- und Schnellschlagbären weitgehend an Bedeutung
verloren. Dennoch werden in einigen Fällen - insbesondere im innerstädtischen Bereich -
lärmmindernde Maßnahmen bei Rammeinrichtungen erforderlich. Der Lärm entsteht haupt-
sächlich durch das Schlaggeräusch und seine Abstrahlung über das Rammgut, aber auch
durch Klappergeräusche zwischen den Geräteteilen Bagger-Mäkler-Rammbär und durch den
Motor. Durch das Umschließen von Rammgut, Rammhaube, Rammbär und Mäkler mit
einem Schallschutzkamin lässt sich der Rammlärm um ca. 20 bis 30 dB (A) senken. Der Ein-
satz eines Schallschutzkamins vermindert allerdings die Leistung der Rammkolonne um ca.
10 % und erfordert ein weiteres Hubgerät (z. B. Bagger oder Autokran).
286 6 Pfahlgründungen

Auf die folgenden weiteren Probleme sei noch verwiesen:


– die beim Rammen entstehende Wärme muss abgeleitet werden
– die z. B. bei Dieselbären entstehenden Auspuffgase und Ölrückstände dürfen die Aus-
kleidung des Kamins nicht in Brand setzen
– bei Dieselbären muss eventuell Frischluft in den Kamin zugeführt werden
– der Blick auf Rammbär und Rammpfahl ist versperrt
Bei wenig verdichtungsfähigen rolligen Böden kann das Rammen oder Einrütteln durch
Spülhilfe ermöglicht oder erleichtert werden. Das Spülen ist aber so rechtzeitig vor Erreichen
der Solltiefe einzustellen, damit keine Auflockerungen im Bereich der tragenden Boden-
schichten verbleiben.

Das Spülen kann als Hoch- oder Niederdruckspülen ausgeführt werden. Der Eindringwider-
stand am Pfahlfuß wird verringert, da der Boden aufgelockert und umgelagert wird. Beim
Niederdruckspülen beträgt der Druck am Lanzenaustritt etwa 10 bis 20 bar. Die Spüllanzen
haben einen Durchmesser von etwa 25 mm bis 40 mm, der Wasserverbrauch liegt bei ca. 200
bis 500 l/min.

Auch Wasser wird beim Hochdruckspülverfahren als Spülmittel eingesetzt. Dieses Verfahren
arbeitet mit wesentlich höheren Drücken (bis 500 bar) aber geringeren Wassermengen (ca. 10
bis 50 l/min). Der Austrittsdurchmesser ist mit ca. 1,2 mm bis 1,8 mm wesentlich geringer als
beim Niederdruckspülen. Der Hochdruckwasserstrahl schneidet den Boden auf und vermin-
dert den Eindringwiderstand. Dieses Verfahren ist auch bei festem bindigen Boden wir-
kungsvoll.

6.2.3.3 Die wichtigsten Stoffe und Materialien

Holzpfähle
Holzpfähle sind die älteste Pfahlart, die aber heute weitgehend durch Stahl- oder Stahlbeton-
pfähle verdrängt worden sind. Sie werden heute meist nur noch für vorübergehende Bauten
wie z. B. Baubrücken oder Gerüste eingesetzt. Bei Dauerbauwerken kommen sie i. allg. nur
in Betracht, wenn sie ständig unter dem Wasserspiegel stehen und damit nicht wechselweise
dem Luftsauerstoff ausgesetzt sind. Wegen ihrer Widerstandsfähigkeit gegen Säuren werden
sie auch bevorzugt bei aggressiven Wässern (z. B. in Mooren) eingesetzt. In unseren Breiten
wird fast ausnahmslos Nadelholz von Kiefern, Fichten, Tannen, Lärchen und Douglasien
verwendet.

Die maximalen Pfahllängen liegen bei etwa 20 m, die maximalen Durchmesser bei ca. 45 cm.

Stahlpfähle
Nach ihrem Querschnitt unterscheidet man Kasten-, Rohr- und Trägerpfähle (Bild 6.12).
Rohrpfähle bestehen aus nahtlosen oder geschweißten Stahlrohren. Kastenpfähle werden i.
Allg. aus eigens dafür gewalzten Spundwandprofilen zusammengesetzt. Als Trägerpfähle
verwendet man meist gewalzte Breitflanschträger aus der üblichen Produktion.
6.2 Fertigrammpfähle 287

Bild 6.12 Stahlpfahltypen

Für Rammpfähle aus Stahl genügt im allgemeinen S 235 nach DIN EN 10 025 bzw. Spund-
wandstahl der Bezeichnung S 240 GP nach DIN EN 10 248. Lediglich in besonderen Fällen,
z. B. bei schweren Rammungen, sind höherwertige Stahlsorten zu empfehlen.

Die Stahlpfähle werden i. Allg. ohne Pfahlspitzen gerammt. Bei Rohr- und Kastenpfählen mit
einem Durchmesser unter 50 cm bildet sich in körnigen Böden durch Verspannen ein Boden-
propfen, der wie eine Spitze wirkt.

Wegen der zulässigen Abmessungen beim Bahn- oder Straßentransport sind die Pfahllängen
auf ca. 20 m begrenzt. Im Wasserbau, wo der Transport z. B. durch Schiffe erfolgen kann,
sind größere Längen möglich.

Stahlpfähle haben eine hohe Materialfestigkeit und eine große Elastizität, so dass sie sehr
unempfindlich gegenüber Biegebeanspruchungen beim Transport und der Belastung beim
Rammen sind. Sie lassen sich in jeder Neigung rammen und zeigen sich an Kopf und Spitze
sehr widerstandsfähig gegen Deformationen, so dass auch Hindernisse und schwere Böden
durchrammt werden können.

Im Gegensatz zu Holz- oder Stahlbetonpfählen lassen sich Stahlpfähle z. B. zum Erreichen


der notwendigen Einbindetiefe beliebig verlängern. Die Stöße werden heute üblicherweise
verschweißt und müssen die gleiche Druck-, Zug-, und Biegefestigkeit wie der Pfahlquer-
schnitt selbst haben.

Um die Tragfähigkeit von Stahlpfählen zu erhöhen, können im Fußbereich Trägerteile (Flü-


gel) symmetrisch angeschweißt werden (Bild 6.13).

Die Rammfähigkeit wird durch die Flügel kaum beeinträchtigt, da sie den Boden i. Allg.
leicht durchschneiden. Nur beim Durchrammen festerer Bodenschichten werden sie hoch
beansprucht und können abgesprengt werden. Um dies zu verhindern, sollten die Flügel eine
Länge, die etwa der 10-fachen Flügelträgerhöhe entspricht, mindestens aber von 2,5 bis 3 m
haben. Die Montage muss in jedem Fall achsenparallel erfolgen, um ein Verdrehen des Pfah-
les beim Rammen zu verhindern.
288 6 Pfahlgründungen

Bild 6.13 Fußverstärkungen bei Stahlflügelpfählen

Im Boden und im Wasser (hierbei besonders im Seewasser) sind Stahlpfähle durch Korrosion
gefährdet. Im Süßwasser haben sich Stahlpfähle seit Jahrzehnten bewährt, sofern sie weder
Sandschliff noch chemischen Angriffen ausgesetzt sind. Ein besonderer Schutz ist dann im
Süßwasser nicht nötig, da z. B. bei Untersuchungen in Deutschland nur eine mittlere Schwä-
chung um 0,012 mm im Jahr am Umfang festgestellt wurde [24]. Die Schwächung im Boden
ist so gering, dass sie vernachlässigt werden kann.

Stärkere Korrosion tritt nur in fauligem, aggressivem Wasser und in Seewasser - dort vor
allem unter Bewuchsdecken z. B. von Miesmuscheln und Seepocken - auf. Außerdem fördert
die Walzhaut, die als Kathode wirkt, elektrolytische Vorgänge, bei denen die von der Walz-
haut freien Oberflächen als Anode wirken und damit der Ausgangspunkt von Lochfraß wer-
den.

Bei starker Korrosion in Seewasser kann in wärmeren Gebieten mit einer jährlichen Schwä-
chung des Pfahlumfanges von ca. 0,14 mm gerechnet werden [24]. Die Hauptangriffszonen
liegen hierbei im Bereich des Mittelwassers bzw. etwas unterhalb des mittleren Tideniedrig-
wassers. Bei starkem Wellenschlag ist auch die Spritzwasserzone gefährdet.

Schutzanstriche und dergleichen können den Korrosionsbeginn um fünf bis zehn Jahre ver-
zögern und die Korrosion insgesamt herabsetzen. Sie müssen auf die metallisch reine Ober-
fläche aufgebracht werden, wie sie z. B. durch Sandstrahlen unter völliger Beseitigung der
Walzhaut erzielt wird. Der Korrosionsschutz wird dadurch teuer. Es ist daher häufig zweck-
mäßiger, Hohlpfähle mit Beton auszufüllen oder größere Wandstärken zu wählen als statisch
erforderlich sind, um Reserven gegen Abrosten zu haben.

Die Korrosion unter der Wasserlinie kann auf elektrolytischem Wege durch Einbau einer
kathodischen Schutzanlage mit Fremdstrom oder mit Opferanoden weitgehend ausgeschaltet
werden.
6.2 Fertigrammpfähle 289

Stahlbetonpfähle

Fertigpfähle aus Stahlbeton haben üblicherweise quadratische Abmessungen von 20 · 20 cm,


25 · 25 cm, 30 · 30 cm, 40 · 40 cm bis 45 · 45 cm. Rundpfähle mit Hohlquerschnitt in ähnli-
chen Dimensionen kommen seltener vor.

Vorgefertigte Stahlbetonpfähle werden für Standardtransporte in Längen zwischen 6 und 16


m produziert. Bei Anwendung von Spezialtransporten sind auch Längen bis 25 m möglich.
Bei Pfahllängen über 18 m ist es jedoch sinnvoller, Teilstücke durch geprüfte zugelassene
Stahlkupplungen miteinander zu verbinden.

Bild 6.14 Beispiel für eine Pfahlkupplung

Die Pfähle sind standardmäßig bewehrt oder vorgespannt für die Beanspruchungen bei
Transport und Rammung sowie durch die bauseitigen Schnittkräfte (Druck, Zug, Biegung).
Bei der Bemessung ist darauf zu achten, dass sie beim Transport und Aufnehmen unter der
Ramme keinen Schaden erleiden.

Die Herstellung der Massivpfähle erfolgt i. A. liegend in einem Fertigteilwerk oder bei grö-
ßeren Baustellen - insbesondere im Ausland - in einer Feldfabrik. Die Güteanforderungen
müssen durch entsprechende Fertigungsanlagen und laufende Überwachung sichergestellt
sein. Hohlpfähle mit kreisförmigem Querschnitt können auch im Schleuderverfahren herge-
stellt werden (Schleuderbeton-Rammpfähle).

Werden die Pfähle vorgespannt, sollte die Vorspannung mindestens 3,5 MN/m² betragen,
wobei üblicherweise noch eine schlaffe Zusatzbewehrung eingelegt wird. Die Spannglieder
liegen i. Allg. zentral. Die Vorspannung kann sowohl im Spannbett als auch nach dem Erhär-
ten des Betons mit nachträglichem Verbund ausgeführt werden. Das gewählte Vorspannsys-
tem muss die dynamischen Beanspruchungen aus dem Rammstoß ohne Schaden aufnehmen
können.
290 6 Pfahlgründungen

Bild 6.15 Bewehrung eines Stahlbeton-Rammpfahles [25] und zur Rammung vorbereiter Fertigpfahl [26]

Die Längsbewehrung schlaff bewehrter Stahlbetonpfähle soll bei Längen über 10 m mindes-
tens 0,8 % des Pfahlquerschnittes betragen. Bei massiven Rechteckpfählen sind mindestens 4
Längsstäbe ∅ 14 mm in den Ecken des Pfahlquerschnittes, bei runden Pfählen mindestens 5
Längsstäbe ∅ 14 mm gleichmäßig verteilt anzuordnen. Endhaken sind nicht vorzusehen. Der
Durchmesser der Querbewehrung soll mindestens 5 mm betragen. Der Abstand der Bügel
oder die Ganghöhe einer Wendel darf 12 cm nicht übersteigen. Wegen der dynamischen
Druckbeanspruchung des Pfahles beim Rammen muss die Querbewehrung die Längsbeweh-
rung straff umschließen. Am Kopf und Fuß des Pfahles muss auf je 1 m Länge die Ganghöhe
bzw. der Abstand der Querbewehrung auf ca. 5 cm verringert werden (Bild 6.15). Die Beton-
überdeckung muss mindestens 30 mm betragen. Für Pfähle, die dem Einfluss betonschädli-
cher Wässer und Böden ausgesetzt sind, sowie im Seewasserbau ist die Überdeckung zu er-
höhen.

Ebenso wie Stahlflügelpfähle können auch Stahlbetonpfähle mit verdicktem Fuß oder mit
axialsymmetrisch angeordneten Flügeln versehen werden, wodurch sich die Aufstandsfläche
vergrößert. Die Fußabmessungen betragen dabei ca. das 2- bis 3-fache der Schaftabmessun-
gen. Anwendungsgebiet sind vorwiegend Böden, bei denen eine tragfähige Schicht unter
mächtigen weichen Deckschichten liegt.
6.2 Fertigrammpfähle 291

Eine Besonderheit bei den Stahlbetonpfählen sind die Kupplungspfähle, mit denen die Pfahl-
längen den örtlichen Gegebenheiten besser angepasst werden können. Hierbei können ein-
zelne Pfahlschüsse von 2 bis 18 m Länge durch spezielle Kupplungssysteme miteinander
verbunden werden. Die Kupplung stellt eine druck-, zug- und biegesteife Verbindung dar,
wobei nur Kupplungen eingesetzt werden dürfen, die eine Zulassung nach DIfB besitzen
(Bild 6.14). Die Pfähle eignen sich insbesondere für die Fälle, wo sich die Pfahllängen wegen
stark wechselnder Baugrundverhältnisse nicht genau vorherbestimmen lassen, und wo lange
Pfähle trotz beschränkter Arbeitshöhe (z. B. im Innern von Gebäuden) eingebracht werden
müssen.

6.2.3.4 Der Personalbedarf

Die Kolonne zur Fertigung von z. B. Stahlbetonfertigpfählen setzt sich in der Regel zusam-
men aus:
- 1 Polier, mitarbeitend
- 1 Geräteführer
- 1 Rammhelfer
Der Bauleiter ist nur bei sehr komplexen Baustellen permanent vor Ort. Ansonsten betreut er
meist 3 bis 4 Baustellen gleichzeitig. Der Polier arbeitet mit und unterstützt den Bauleiter, er
koordiniert die Arbeitsabläufe der Baustelle und wickelt die schriftlichen Verwaltungsarbei-
ten ab. Er hat meist den klassischen Berufsweg durchlaufen und verfügt über fachliche Kom-
petenz und die nötige Erfahrung. Die Geräteführer benötigen keine spezielle Berufausbil-
dung. Sie können von Fachpersonal angelernt werden, müssen aber auf der Baustelle be-
stehen und die erforderlich technische Fingerfertigkeit im Umgang mit den oft teuren Spe-
zialgeräten aufweisen. Bei größeren Projekten ist meist noch ein Schlosser vor Ort. Ansons-
ten werden die Reparaturarbeiten an den Geräten auf dem Bauhof erledigt.

6.2.3.5 Informationen zur Kalkulation

Leistung und Kosten

Die Rammung wird u. a. beeinflusst von der Rammeigenschaft des Untergrundes, der Leis-
tung der Rammbäre, d. h. auch dem Verhältnis von Rammgewicht zu Pfahlgewicht und der
Oberflächenrauigkeit des Fertigpfahles. Die Leistungsansätze in der nachfolgenden Tabelle,
hier beispielhaft für die gewichtigen Teilherstellungsprozesse eines Stahlbetonfertigpfahls,
sind daher als Richtwerte anzusehen.
292 6 Pfahlgründungen

Tabelle 6.10 Betriebsmitteleinsatz bei der Rammung von Stahlbetonfertigpfählen

Teilprozess Gerät BGL-Nr. Personalein- Kalkulatori-


(Hauptgruppen) satz sche Leis-
tungswerte
Praxis
(1) Ansetzen und Trägergerät D.0.../D.1.... 1 Geräteführer
Ausrichten Rammgerät J.0.1... 1 Rammhelfer 5 min
Ramme
Rammbär J.1...
II.
(2) Rammung des Trägergerät D.0.../D.1.... 1 Geräteführer
Pfahles auf erfor- Rammgerät J.0.1... 1 Rammhelfer 10-20m/h
derliche Tiefe
Rammbär J.1....
(1) Freilegen und Schraubenkom- Q.0.0. … 2 Helfer
Kappen des pressor, fahrbar
Pfahlkopfes Abbau- und Spa- Q.6.01. … 30-60 min
tenhammer

III.
(2) Verfahren des Trägergerät D.0.../D.1.... 1 Geräteführer
Rammgerätes Rammgerät J.0.1... 1 Rammhelfer
zum nächsten
Rammbär J.1.... 5-10 min
Ansatzpunkt und
Aufnahme des
Pfahles

6.2.3.6 Anmerkung zur Leistungsbeschreibung

Fertigpfähle sind vorgefertigte Pfahlelemente nach DIN EN 12 699. In den Allgemeinen


Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) Ramm- , Rüttel- und Pressarbei-
ten – DIN 18 304 werden Grundlagen für eine mangelfreie, sach- und vertragsgerechte Aus-
führung von Rammungen benannt. Des Weiteren werden hier Hinweise für das Aufstellen der
Leistungsbeschreibung gegeben. Einige ausgewählte Hinweise werden in der Folge aufge-
führt:
– Angaben zu Baustellenbegebenheiten und Umwelteinflüssen
– Benennung der Bodenkennwerte
– Angaben zu Nachbarbebauungen
– Art und Anzahl der geforderten Probeeinbringungen und Probebelastungen
– Längen, Querschnittsmaße sowie Materialgüte der Bauelemente
– Gründungstiefe
– Ausbildung der Anschlüsse an Bauwerke
6.3 Bohrpfähle 293

6.3 Bohrpfähle

6.3.1 Das Bauverfahren im Überblick

Bohrpfähle sind Ortbetonpfähle, die in einem in den Baugrund gebohrten Hohlraum durch
Einbringen von Beton, üblicherweise mit Bewehrung, hergestellt werden. Der Hohlraum
wird hierbei entweder verrohrt oder unverrohrt hergestellt. Bei unverrohrten Bohrlöchern
kann die Bohrlochwandung durch eine Bentonitsuspension gestützt werden. Durch den
Druck des flüssigen Betons entsteht bei den meisten Bodenarten eine gute Verzahnung mit
dem Baugrund. In besonderen Fällen kann die Lastübertragung durch eine nachträgliche
Verpressung der Fuß- und Mantelfläche noch verbessert werden.

Bohrpfähle haben üblicherweise Durchmesser von 0,3 bis 3,0 m. Sie sind nicht flacher ge-
neigt als 4 : 1, das entspricht einem Winkel von ungefähr 15° gegen die Vertikale. Die Vor-
teile der Bohrpfähle liegen in der großen Bandbreite der Abmessungen und der den jeweili-
gen Baugrundverhältnissen anpassbaren Herstellverfahren.

Da beim Bohren der anstehende Boden gefördert wird, ist ein guter Einblick in die tatsächli-
chen Baugrundverhältnisse gegeben. Demnach kann noch während der Ausführung die er-
forderliche Pfahllänge festgelegt werden.

Die Pfähle sind gut zur Aufnahme von Horizontalkräften und Biegemomenten geeignet, bei
der Ausführung entstehen kaum Lärm und Erschütterungen.

In diesem Kapitel werden nur die Bohrpfähle behandelt, bei denen im Inneren des Bohrlo-
ches ein vollständiger Bodenaushub stattfindet. Weitere Bohrpfahltypen, wie zum Beispiel
Verdrängungsbohrpfähle (Kapitel 6.4) und Teilverdrängungsbohrpfähle (Kapitel 6.5), wer-
den später erläutert.

6.3.2 Technische Grundlagen

Der größte Teil der Bohrpfähle wird nach DIN EN 1536 hergestellt. Zusätzlich ausschlagge-
bende Normen sind:

Tabelle 6.11 Übersicht über geltende Normen

DIN Kurzbezeichnung DIN Kurzbezeichnung


1045 Beton und Stahlbeton 4020 Geotechn. Untersuchungen
1048 Prüfverfahren für Beton EN ISO 22475 Baugrund
1054 Zul. Bel. des Baugrunds EN ISO 14688 Baugrund und Grundwasser
1055 Lastannahmen für Bauten EN 1538 Schlitzwände
4094 Sondierungen 4127 Stützende Flüssigkeiten
4030 Betonangreifende Wässer 4085 Berechnung des Erddrucks
294 6 Pfahlgründungen

Die Tragfähigkeit von Bohrpfählen setzt sich aus dem Pfahlspitzenwiderstand und der Man-
telreibung zusammen. Beide Anteile sind nicht nur von den bodenmechanischen Eigenschaf-
ten, sondern auch wesentlich vom Herstellverfahren abhängig (Tabelle 6.12).

Es hat sich insbesondere bei Probebelastungen gezeigt, dass die Tragfähigkeiten von Pfählen
trotz gleicher Baugrundverhältnisse sehr unterschiedlich waren. Als mögliche Ursachen
kommen hierfür u. a. eine aufgelockerte Bohrlochsohle und das Absetzen von Schwebstoffen
auf der Bohrlochsohle in Frage.

Tabelle 6.12 Einflüsse auf das Tragverhalten von Bohrpfählen [27]

Einflüsse auf das Tragverhalten


Herstellung Boden
Voreilung der Verrohrung Bodenart
Materialdicke der Verrohrung Schichtung
Überstand des Schneidkranzes - Scherfestigkeit
Wasserüberdruck - Lagerungsdichte
Eigenschaften einer evtl. verwendeten - Spannungszustand
Stützsuspension - Kornform, -größe, -verteilung
Durchflussfläche - Kompressibilität
Betondruck - Wassergehalt
Betonkonsistenz - Chemische Inhaltsstoffe
Betontemperatur
Ziehgeschwindigkeit der Verrohrung
Belastung Pfahl
Vertikal/Horizontal Geometrie
Druck/Zug Material
Statisch/Zyklisch Fußausbildung
Standzeit bis zur Belastung Nachverpressungen

Die Herstellung verrohrter Bohrpfähle besteht aus folgenden Einzelschritten (Bild 6.16):
– Eintreiben eines Mantelrohres, in dessen Inneren der Boden ausgeräumt wird
– Einstellen eines Bewehrungskorbes
– Betonieren des Pfahles unter gleichzeitigem Ziehen des Mantelrohres
6.3 Bohrpfähle 295

Bild 6.16 Herstellung eines verrohrten Bohrpfahles [27]

Bei nicht standfesten, wasserführenden Böden muss eine Verrohrung zur Bohrlochsicherung
und zur Führung der Bohrwerkzeuge mitgeführt werden. Die Verrohrung wird am häufigsten
durch eine oszillierende, hydraulisch angetriebene Verrohrungsmaschine abgeteuft. Wichtig
ist die ständige Bewegung der gesamten Verrohrung, da dann die Mantelreibung nur ca. 40
% bis 60 % der Mantelreibung während der Ruhe beträgt.

Gelöst und ausgehoben wird der innerhalb der Verrohrung befindliche Boden durch Bohrei-
mer, Bohrgreifer oder Bohrschnecken. Dabei ist unbedingt darauf zu achten, dass die Unter-
kante der Verrohrung immer mindestens einen halben Pfahldurchmesser tiefer ist als das je-
weilige Aushubniveau, um Auflockerungen im Fußbereich zu vermeiden (Bild 6.17).

Auflockerungen im Fußbereich können auch dadurch entstehen, dass eine innerhalb der Ver-
rohrung aufwärtsgerichtete Wasserströmung vorhanden ist. Hervorgerufen werden kann diese
Wasserströmung durch einen relativen Wasserunterdruck innerhalb der Verrohrung, der
durch das Hochziehen des Bohrwerkzeuges (Kolbenwirkung) sowie durch Wasserspiegelab-
fall beim Herausziehen des Bohrwerkzeuges entsteht. Um dies zu vermeiden, muss der Was-
serspiegel in der Verrohrung stets höher (mindestens 1 m) gehalten werden als der Außen-
wasserspiegel (Bild 6.17).
296 6 Pfahlgründungen

Bild 6.17 Maßnahmen zur Verhinderung von Auflockerungen beim Aushub

Bohrpfähle sind Ortbetonpfähle, für die das in den Boden abgeteufte Stahlrohr eine temporä-
re Schalung darstellt. Je nach Einbringmethode kann der außenliegende Boden verdichtet
oder aufgelockert werden. Im Regelfall wird der Boden jedoch nicht in seiner Lagerung ver-
ändert.

Nach dem Einstellen des Bewehrungskorbes in die Verrohrung wird Beton eingefüllt. Das
geschieht üblicherweise im Kontraktorverfahren, bei dem das Betonierrohr stets unterhalb
des Betonspiegels eintaucht, um Entmischungen zu vermeiden. Die Verrohrung wird hierbei
fortlaufend mit dem Anstieg des Betonspiegels gezogen. Während des Ziehens kann direkt an
der Unterkante der Verrohrung für kurze Zeit ein Hohlraum in der Dicke der Stahlrohrwan-
dung entstehen (Bild 6.18). Durch eine entsprechende Konsistenz des Betons kann dieser
Effekt verhindert werden.

Bild 6.18 Kurzzeitiger Hohlraum unterhalb der Verrohrung während des Ziehens [5]
6.3 Bohrpfähle 297

Je nach Spannungszustand des umliegenden Bodens und des Betons bewegt sich der Boden
zum Beton (Entspannung) oder der Beton fließt zum Boden (Verspannung) oder es erfolgt
eine Kombination von beiden Vorgängen.

Gerade bei kleineren Durchmessern der Pfähle und vielen Bewehrungsstäben entsteht der so
genannte „Siloeffekt“, der einen starken Einfluss auf den entstehenden Horizontalspannungs-
zustand hat. Der Siloeffekt führt dazu, dass die horizontale Frischbetonspannung geringer ist
als das Ergebnis der Multiplikation aus Wichte des Betons und Höhe der Betonsäule (Bild
6.19).

Bild 6.19 Siloeffekt des Frischbetons [5]

Kann der Siloeffekt verringert (z. B. durch fließfähigeren Beton) oder durch Druckluft die
Auflast auf der Betonsäule vergrößert werden, hätte dies eine bessere Verzahnung zwischen
Boden und Beton sowie einen höheren horizontalen Spannungszustand im Boden zur Folge,
der sich vorteilhaft auf das Tragverhalten auswirken würde.

Die Erhärtung des Betons beginnt sofort nach dem Einbau. Der damit einsetzende Schrump-
fungsprozess verursacht eine Volumenverminderung, die eine Entspannung des Bodens in
Richtung des Spannungszustandes vor dem Betonieren hervorruft. Die sehr kurze Zeitdauer
(ein paar Stunden) des hohen Betondrucks scheint damit nicht zu einer dauerhaften Erhöhung
der Bodenspannung zu führen [12].

Werden Pfähle in bindigen Böden unverrohrt hergestellt, kann es dabei zu Verformungen der
Bohrlochwand und damit zu einer Veränderung der bodenmechanischen Eigenschaften
kommen, die sich ungünstig auf das Tragverhalten auswirken können. Der Frischbetondruck
ist nicht in der Lage, diese Effekte rückgängig zu machen.

Bei Verwendung einer Stützflüssigkeit kann der Suspensionsdruck durchaus größer sein als
die im ursprünglichen Zustand vorhandene Horizontalspannung, so dass mit Auflockerungs-
erscheinungen in diesem Fall nicht zu rechnen ist.
298 6 Pfahlgründungen

Bei Pfahlherstellungsverfahren, bei denen das Bohrrohr in den Boden eingerüttelt wird, wird
ein verdichtungsfähiger Boden durch die eingetragene Energie verdichtet, was zu einer Ver-
besserung der Tragfähigkeit des Pfahles führen kann.

6.3.3 Das Bauverfahren

6.3.3.1 Beschreibung der Arbeitsprozesse

Die auf dem Markt befindlichen Herstellungsverfahren unterscheiden sich im Wesentlichen


– nach der Art der Beanspruchung der Bohrlochsohle in drehendes, schlagendes und
drehschlagendes Bohren
– nach der Art der Materialförderung in kontinuierlich ablaufende Bohrungen, wobei das
Bohrklein mittels einer Flüssigkeit ausgespült (Spülbohrverfahren) oder mit Luft aus-
geblasen wird (Lufthebebohrverfahren), und in diskontinuierlich ablaufende Bohrun-
gen, wobei das Material in Behältern (Greifern, Eimern) aus dem Bohrloch ausgetragen
wird
– nach der Art der Bohrlochsicherung in verrohrte und unverrohrte Bohrungen und in
solche mit einer Sicherung durch eine Stützflüssigkeit
– nach dem Betoniervorgang (Schüttverfahren, Kontraktorverfahren, Pressbetonverfah-
ren)
– nach der Ausbildung des Pfahlfußes (mit oder ohne Fußverbreiterung).
Die Wahl des Verfahrens richtet sich nach dem anstehenden Baugrund und den technischen
Bedingungen der jeweiligen Baustelle.

Die Arbeitsprozesse für die Herstellung von Bohrpfählen werden in der nachfolgenden Ta-
belle zusammenfassend dargestellt.
6.3 Bohrpfähle 299

Tabelle 6.13 Prozesse der Bohrpfahlherstellung im Greiferbohrverfahren mit hydraulischer


Verrohrungsmaschine

Prozesse Teilprozesse Geräte


I. Vorbereitende Maßnahmen (1) Einmessen und Abstecken der Theodolit
Bohrung, Sicherung der
Pfahlachsen durch Festpunkte
II. Abteufen der Bohrung (1) Ansetzen und Ausrichten der Trägergerät
Verrohrungsmaschine, Einset- Drehbohranlage
zen des 1. Bohrrohres
Raupenfahrzeug
(2) Bodenaushub im Greiferbohr-
verfahren und gleichzeitiges Kraftdrehkopf
Nachsetzen der Bohrrohre Verrohrungsmaschine
(3) Eventualleistung Bohrrohr, doppelw.
Beseitigen von Hindernissen Bohrschnecke
beim Aushub
Bohrmeißel
(4) Eventualleistung
Im Grundwasserbereich stän-
diges Halten des Wasser-
drucks
(5) Bohrgut abfahren/entsorgen
(6) Säubern der Bohrlochsohle,
ggf. Nacharbeiten vornehmen
III. Einbauen der Bewehrung (1) Vorfertigen des Bewehrungs- Trägergerät
korbes inklusive nötiger Ab- Drehbohranlage
standshalter
(2) Einbau der Bewehrung
IV. Betonieren des Bohrpfahls (1) Einlassen der Betonschüttroh- Trägergerät
re Drehbohranlage
(2) Betonieren (bei Grundwasser Verrohrungsmaschine
im Kontraktorverfahren) unter
gleichzeitigem oszillierendem Unterwasserbetoniereinrichtung
Ziehen der Bohrrohre
V. Nach- bzw. zusätzliche Arbei- (1) Freilegen und Kappen des Schraubenkompressor, fahrbar
ten Pfahlkopfes Abbau- und Spatenhammer
(2) Umsetzen der Bohreinheit Trägergerät
Drehbohranlage
Raupenfahrzeug
Kraftdrehkopf
Verrohrungsmaschine
300 6 Pfahlgründungen

6.3.3.2 Die Geräte und Verfahren

Sicherung der Bohrlochwandung

a) Verrohrtes Bohren (Bild )

Die Verrohrung der Bohrung soll Auflockerungen in der Umgebung des Bohrpfahles beim
Bohren einschränken. Sie ist zwingend erforderlich, wenn der durchörterte Boden auch bei
Verwendung von stützender Flüssigkeit nicht standfest ist und mit Ausbrüchen aus der Boh-
rungswand gerechnet werden muss. Die verwendeten Vortreibrohre haben Wanddicken von
ca. 4 cm und Einzellängen von 3 bis 6 m. Am unteren Rand des zuerst niedergebrachten Roh-
res befindet sich eine Bohrkrone aus gehärtetem Sonderstahl.

Ist die Mantelreibung am Vortreibrohr wegen der besonderen Baugrundverhältnisse oder


eines großen Horizontalspannungszustandes als sehr groß zu erwarten, so dass hohe Drücke
erforderlich sind, um die Rohre einzutreiben, ist es zweckmäßig, mit einem Schneidkranz-
überstand am unteren Ende der Verrohrung zu arbeiten. Dieser bewirkt, dass ein Ringraum
um das Vortreibrohr entsteht, der bei bindigen Böden weitgehend offen stehen bleibt. Bei
rolligem Boden wird er sich mit lockerem Material füllen. In beiden Fällen führt der Ring-
raum zu einer Abminderung der ursprünglich im Boden vorhandenen Horizontalspannung
und zu einer Auflockerung des umgebenden Bodens. Dies kann zur Verminderung der Trag-
fähigkeit des Pfahles führen.

Die Mantelreibung zwischen Bohrrohr und Boden wird durch eine Drehbewegung des Bohr-
rohres vermindert. Die Drehbewegung wird durch zwei Hydraulikzylinder bewirkt, die ihre
Hin- und Herbewegung über eine Klemmschelle auf das Bohrrohr übertragen.

Zur Überwindung der verbleibenden Mantelreibung und des Spitzenwiderstandes am Bohr-


rohrschuh dienen neben dem Gewicht der Rohre die Vorschubkräfte von zwei vertikal ste-
henden Hydraulikzylindern, die ebenfalls über eine Klemmschelle wirken. Die Reaktions-
kräfte werden von der Verrohrungsanlage aufgenommen. Neben Kompaktbohranlagen haben
sich hierbei Bagger mit speziellen Anbaugeräten oder separate Verrohrungsmaschinen be-
währt.

Neben dem meist kombinierten Eindrehen und Eindrücken von Verrohrungen kommt
- insbesondere in nichtbindigen Böden - das Einrütteln zur Anwendung. Die Vorteile liegen
in dem günstigen Tragverhalten des Pfahles, das durch die Verdichtung des umliegenden
Bodens bewirkt wird, sowie in der hohen Betonqualität.

Als weitere Besonderheit sei das Eindrehen der Verrohrung bei so genannten Vor-der-Wand-
Pfählen (VDW) genannt (Bild 6.20).
6.3 Bohrpfähle 301

Bild 6.20 Vor-der-Wand-Pfähle [16]

Hierbei erzeugen zwei getrennte Bohrantriebe eine entgegen gesetzte Drehrichtung von
Bohrwerkzeug und Verrohrung.

b) Ungestütztes Bohren

In standfestem Baugrund darf gemäß DIN EN 1536 auch gestützt gebohrt werden. Dabei ist
aber der obere Teil der Bohrung zur Führung des Bohrwerkzeuges und wegen des Einflusses
des Baubetriebs durch ein Schutzrohr zu sichern.

c) Sicherung der Bohrlochwandung durch eine Stützflüssigkeit

Gegenüber dem klassischen Verfahren, die Bohrlochwandung während der Herstellung mit
einem Stahlrohr zu stützen, gewinnt das Herstellungsverfahren zunehmend an Bedeutung,
eine stützende Flüssigkeit zur Sicherung der Wandung bei großen Durchmessern oder bei
von der Kreisform abweichenden Querschnitten (Rechteckelemente) zu verwenden (Bild
6.21).
302 6 Pfahlgründungen

Bild 6.21 Mit Flüssigkeit gestütztes Bohrloch (Schlitzwandverfahren) [27]

Für den Aushub kommen hierbei verschiedene Werkzeuge bzw. Verfahren zum Einsatz wie
Bohrschnecken, Bohreimer, Bohrgreifer oder Saug- und Lufthebebohrverfahren mit Rollen-
oder Flügelmeißeln.

Die einzelnen Arbeitsabläufe sind:


– Setzen eines Anfängerrohres als Führung für das Bohrwerkzeug und zur Verhinderung
von Bodeneinbrüchen im oberflächennahen Bereich
– Bodenaushub unter Verwendung einer Stützflüssigkeit (Bentonit-Suspension)
– Austausch bzw. Homogenisierung der Stützflüssigkeit
– Einbau der Bewehrung
– Einbringen des Pfahlbetons im Kontraktorverfahren
Steht die Bohrung vor dem Betonieren länger als 10 Stunden nur mit Tonsuspension gefüllt,
muss der Filterkuchen im Bereich der Krafteintragungslänge entfernt werden. Falls das nicht
möglich ist, muss die Mantelreibung auf 2/3 des sonst gültigen Wertes abgemindert werden.

In jedem Fall ist die Bohrlochsohle durch Abloten zu prüfen und sicherzustellen, dass keiner-
lei Veränderungen durch Nachbruch, Sohleintrieb oder Absetzungserscheinungen eintreten.

Die Bohrung ist immer dann durch einen Flüssigkeitsüberdruck zu stützen, wenn nicht stand-
feste Böden anstehen. Während des gesamten Bohr- und Betoniervorganges darf der Spiegel
der Stützflüssigkeit zu keinem Zeitpunkt bis zur Unterkante der Schutzverrohrung bzw. bis
zu einer Tiefe von 1,5 m über dem Grundwasserspiegel sinken. Daher ist ein ausreichender
Vorrat an Stützflüssigkeit vorzuhalten.
6.3 Bohrpfähle 303

Bohren

Beim Herstellen der Bohrlöcher werden folgende Verfahren unterschieden:


a) Trockenbohrverfahren
- Schlagbohren
- Drehbohren
b) Spülbohrverfahren
- Saugbohrverfahren
- Lufthebebohrverfahren
zu a) Trockenbohrverfahren

Die Trockenbohrverfahren sind dadurch gekennzeichnet, dass kein Zusatz von Wasser oder
Spülung in das Bohrloch erfolgt. Beim Schlagbohren wird der Boden mit einem Ein- oder
Zweiseilgreifer - auch Schlaggreifer genannt - gelöst und gefördert (Bild ).

Bild 6.22 Schlagbohrverfahren [27]

Die üblichen Bohrdurchmesser liegen bei 600 mm bis 2000 mm, wobei Durchmesser bis
3000 mm möglich sind. Die erreichbare Bohrtiefe beträgt ca. 100 m. Die Bohrungen können
bis ca. 5 : 1 geneigt sein [28].

Geeignet ist das Verfahren für alle Lockergesteine, sofern sie nicht mit grobem Geröll, Stei-
nen oder Fels durchsetzt sind. Geringmächtige Felsschichten oder einzelne Steine können
gegebenenfalls mit Fallmeißeln durchörtert werden.

Eine wesentlich höhere Bohrleistung wird mit Drehbohrgeräten erreicht. Gebohrt wird hier-
bei mit einer kurzen (Bild 6.23) oder einer langen Schnecke (Bild 6.24).

Bei einigen Geräten können mit einem Drehantrieb Bohrschnecke und Verrohrung eingetrie-
ben werden. Insbesondere bei großen Durchmessern und/oder großen Tiefen werden zum
Eintreiben der Verrohrung spezielle Verrohrungsmaschinen erforderlich.
304 6 Pfahlgründungen

Bild 6.23 Großdrehbohrgerät mit kurzer Schnecke [29], [30]

Für die Herstellung sogenannter Vor-der-Wand-Pfähle (VDW-Pfähle), bei denen die Herstel-
lung der Pfähle ohne Abstand zu Hauswänden erfolgen kann, wurden Geräte mit zwei ge-
trennten Bohrantrieben, je einer für die Bohrschnecke und die Verrohrung, entwickelt.

zu b) Spülbohrverfahren

Bei den Spülbohrverfahren wird das Bohrgut durch einen Flüssigkeitsstrom gefördert. Als
Flüssigkeit wird Wasser, dem i. Allg. Tonmehl beigemischt wird, oder ein Luft-Wasser-
Gemisch verwendet.

Bei der Flüssigkeitsspülung muss beachtet werden, dass die Spülung zwei Aufgaben hat. Sie
ist Fördermittel für das Bohrgut und Stützflüssigkeit für das Bohrloch.

Spülbohrverfahren werden erst ab Tiefen von ca. 30 m wirtschaftlich und werden deshalb bei
der Pfahlherstellung nur dann verwendet, wenn bei großen Tiefen die Grenzen der verrohrten
Bohrverfahren erreicht sind.
6.3 Bohrpfähle 305

Bild 6.24 Großdrehbohrgerät mit langer Schnecke [27]

Beim Spülbohrverfahren wird eine Spülflüssigkeit in das Bohrloch hineingepumpt. Beim


Lufthebebohrverfahren wird der Förderstrom durch Einblasen von Luft bewirkt (Bild 6.25).
In beiden Fällen wird das Gemisch aus Spülflüssigkeit und Bohrgut in einen Spülteich einge-
leitet, wo sich das Bohrgut absetzt. Die Spülflüssigkeit kann nach der Regeneration mehr-
mals eingesetzt werden. Das Lösen des Bodens erfolgt durch Rollenmeißel.

Bild 6.25 Spülbohr- und Lufthebebohrverfahren [31]


306 6 Pfahlgründungen

Als besonderer Fall bei der Herstellung von Bohrlöchern sei die Fußverbreiterung erwähnt.
Hierbei wird das Bohrrohr mit z. B. mit einem Greifer ausgeräumt und anschließend der
Hohlraum durch firmenspezifische Einrichtungen, z. B. durch rotierende, schwenkbare Arme
aufgeweitet.

Bild 6.26 Pfahlfußerweiterung bei einem Bohrpfahl [32]

Solche Fußerweiterungen können i. Allg. nur in standfestem Boden hergestellt werden. Die
Grenzen des Verhältnisses von Pfahlfuß- zu Pfahlschaftdurchmesser sind in DIN EN 1536
festgelegt [31]. Demnach sind Fußaufweitungen in nichtbindigen Böden bis maximal zum
zweifachen, bei bindigen Böden bis maximal zum dreifachen Schaftdurchmesser möglich.
Schaftaufweitungen sind bei allen Bodenarten bis maximal zum doppelten Schaftdurchmes-
ser zulässig.

Bewehren

Der Bewehrungskorb ist so auszusteifen, dass er beim Transport, beim Einbau und beim Be-
tonieren nicht bleibend verformt wird. Die Bewehrung muss vor und nach dem Betonieren
am Pfahlkopf auf Abweichungen von der Solllage kontrolliert werden. Falls die erforderliche
Betondeckung von 50 bzw. 60 mm nicht bereits durch die Wanddicke der Bohrrohre zustan-
de kommt, sind Abstandhalter anzuordnen. Bei unverrohrten Bohrungen müssen großflächige
Abstandhalter verwendet werden, deren Form sicherstellt, dass beim Einhängen der Beweh-
rung in die Bohrung kein Nachbruch aus der Bohrlochwand verursacht wird.

Am unteren Ende des Bewehrungskorbes ist der Einbau eines Kreuzes aus Flachstahl erfor-
derlich, um sicherzustellen, dass der Bewehrungskorb beim Betonieren und beim Ziehen des
Bohrrohres in seiner planmäßigen Lage verbleibt und vor allem nicht angehoben wird.

Bei einigen Verfahren der Bohrpfahlherstellung wird der Bewehrungskorb erst nachträglich,
d. h. unmittelbar nach dem Betonieren, in den fertigen Beton eingebracht, wobei eine leichte
Unterstützung durch Vibration möglich ist. Hierbei muss allerdings die Betonüberdeckung
und die planmäßige Lage der Bewehrung garantiert sein.
6.3 Bohrpfähle 307

Betonieren

Die Pfähle sind unmittelbar nach Abschluss des Bohrvorganges, Säubern der Bohrlochsohle
und dem Einsetzen des Bewehrungskorbes zu betonieren. Beim Betoniervorgang muss be-
achtet werden, dass
– der Beton in der vorgesehenen Zusammensetzung und Konsistenz bis zur Bohrlochsoh-
le gelangt
– der Beton sich nicht entmischt oder verunreinigt wird
– die Betonsäule weder unterbrochen noch eingeschnürt wird.
Im Allgemeinen wird mit Schüttrohren, Pumprohren oder Schläuchen betoniert, die zu Be-
ginn bis zur Bohrlochsohle reichen und während des Betonierens stets in den Frischbeton
eintauchen müssen.

Im Grundwasser bzw. in einer Tonsuspension muss der Beton im Kontraktorverfahren einge-


bracht werden, wobei das Kontraktorrohre mindestens 1,5 m, bei Bohrpfählen mit Durchmes-
sern ≥ 1,2 m mindestens 2,5 m, in den Beton eintauchen soll. Das Ziehen der Verrohrung darf
erst begonnen werden, wenn die Betonsäule in der Verrohrung ausreichend hoch und genü-
gend Überdruck vorhanden ist, damit die Betonsäule nicht abreißt und gegebenenfalls keine
Stützflüssigkeit in das Betonierrohr eindringt.

In weichen Böden (cu < 15 kN/m²) kann es nötig sein, den frischen Beton in einem Teilbe-
reich oder auf ganzer Pfahllänge durch verlorene Hülsen oder verbleibende Ummantelung
oder Verrohrungen einzufassen.

Hülsen (in der Regel dünne Blechrohre, die in das Bohrloch eingesetzt werden) werden auch
zum Schutz des frischen Betons gegen betonschädliche Wässer sowie zur Verminderung
einer eventuell vorhandenen negativen Mantelreibung verwendet.

Bohrpfähle sind zügig ohne Unterbrechung zu betonieren. Um bei kürzeren (z. T. nicht vor-
hersehbaren) Unterbrechungen nachteilige Einwirkungen auszuschließen, sollen Erstarrungs-
verzögerer als Zusatzmittel eingesetzt werden.

Bei Bohrpfählen mit Fußverbreiterung muss immer ausreichend Frischbeton vorhanden sein,
so dass der Fuß bis in den Schaft hinein ohne Arbeitspause betoniert werden kann.

Ziehen der Bohrrohre

Im allgemeinen erfolgt das Ziehen der Bohrrohre mit den gleichen Geräten, mit denen die
Rohre auch abgeteuft wurden. Es ist stets darauf zu achten, dass die Betonsäule weder abreißt
noch eingeschnürt wird.

Die Frischbetonsäule muss so hoch in das Bohrrohr hinaufreichen, dass ein ausreichender
Überdruck des Betons gegen das Grundwasser und den seitlich nachdrückenden Boden vor-
handen ist.
308 6 Pfahlgründungen

Eine Besonderheit ist das Ziehen der Bohrrohre mit Druckluftunterstützung. So kann bei
manchen Verfahren das Ziehen nicht mechanisch ausgeführt werden, da entsprechende Gerä-
te nicht vorhanden sind. Es wird dann das Pressbetonverfahren angewendet.

Mantel- und Fußverpressung

Die meisten Pfahlgründungen werden nicht nach dem Grenzzustand der Tragfähigkeit, son-
dern nach den für das Bauwerk verträglichen Setzungen bemessen. Die Gebrauchslasten der
Pfähle können daher vergrößert werden, wenn es gelingt, die Setzungen zu reduzieren.

Dieses Ziel kann auf zwei Wegen erreicht werden, die entweder einzeln beschritten oder mit-
einander kombiniert werden können:

a) Eine Vorbelastung des Untergrundes im Pfahlfußbereich

Diese Vorbelastungen können mit dehnbaren Druckblasen oder mit starren Zylindern, in
denen Kolben bewegt werden (so genannte Drucktöpfe), erzeugt werden. Die Druckblasen
werden zusammen mit dem Bewehrungskorb in die Bohrung eingebaut und nach dem Beto-
nieren der Pfähle durch Einpumpen von Zementsuspension auseinander gepresst.

Die Fußunterpressung wird spätestens dann abgebrochen, wenn der Pfahlkopf Hebungen im
Millimeterbereich aufweist. Anstatt Druckblasen oder Drucktöpfe werden auch Manschetten-
Rohre zum Verpressen von Zementsuspension im Fußbereich eingesetzt (Bild ).

b) Erhöhung der Mantelreibung am Pfahlschaft

Da die Größe der am Pfahlschaft aktivierbaren Reibungskräfte vom Anpressdruck zwischen


Beton und Boden sowie der Rauigkeit des Pfahlmantels abhängt, können durch gezieltes
Nachverpressen höhere Mantelreibungskräfte erzeugt werden. Hierbei werden Nachverpress-
systeme ohne und mit Spülmöglichkeit unterschieden.

Das einfachste Nachverpresssystem ohne Spülmöglichkeit ermöglicht nur eine einmalige


Nachverpressung. Es besteht aus dünnen Kunststoff- oder Stahlrohren mit einem oder mehre-
ren Nachpressventilen (Bild ).

Der wesentliche Nachteil des Systems besteht darin, dass beim Verpressen alle Ventile
gleichzeitig mit demselben Druck beansprucht werden und sich dabei häufig nur wenige
Ventile öffnen. Die Nachverpressung ist nicht gezielt kontrollierbar.

Ist eine gezielte Nachverpressung erforderlich, werden Verpresssysteme mit Spülmöglichkeit


eingesetzt. Hierzu werden Manschettenrohre mit einem oder mehreren Nachverpressventilen
verwendet.

Beim Einsatz von Verpressrohren mit nur einem Nachverpressventil sind zur gezielten Nach-
verpressung unterschiedlich lange, mit der Tiefe gestaffelte Rohre erforderlich.

Die Kunststoffrohre haben Durchmesser von 20 mm bis 30 mm und können mit noch dünne-
ren Spülschläuchen befahren werden.
6.3 Bohrpfähle 309

Bild 6.27 Beispiele für Schaft- und Fußverpressung [31]

Werden Manschettenrohre mit mehreren Nachverpressventilen eingesetzt, so wird jedes ein-


zelne Ventil über einen Doppelpacker durch das Manschettenrohr angefahren und getrennt
beaufschlagt.

Der Abstand der Manschetten auf dem Manschettenrohr liegt bei ca. 30 bis 50 cm. Die Rohre
haben Durchmesser von 30 mm bis 60 mm, damit der Doppelpacker darin auf und ab bewegt
werden kann.

Nach dem Betonieren des Pfahles sind sofort alle Verpressrohre klar zu spülen, nach ca. 12
bis 24 Stunden mit Wasser aufzusprengen und anschließend mit Injektionsgut zu beaufschla-
gen.

Der Injektionsdruck liegt bei 10 bis 50 bar. Wird der gewünschte Druckaufbau nicht beim
ersten Verpressvorgang erreicht, sind weitere Verpressvorgänge erforderlich.

Die gezielte Mantelverpressung ist ständig zu überwachen. Zu kontrollieren sind insbesonde-


re die Mischung des Injektionsgutes, der Verpressdruck und die Verpressmengen.

6.3.3.3 Die wichtigsten Stoffe und Materialien

Die wichtigsten Eigenschaften und Empfehlungen zu Beton und Bewehrungsmaterialien sind


dem Abschnitt 4.8.3.3 zu entnehmen.
310 6 Pfahlgründungen

Werden Bohrpfähle unverrohrt hergestellt, wird eine eventuell erforderliche Stützung der
Bohrlochwandung durch eine Ton-Suspension erreicht. Die Anforderungen an Stützsuspen-
sionen sind in DIN EN 1536 und DIN EN 1538 festgelegt.

Als Ton wird meistens Bentonit verwendet, der seinen Namen nach seinem ersten Fundort in
der Nähe von Fort Benton im US-Staat Wyoming hat.

Hauptbestandteil und maßgebend für die mechanischen Eigenschaften ist das Dreischichten-
mineral Montmorillonit, das nach einer Lagerstätte Montmorillon in Südfrankreich benannt
wurde. Neben Montmorillonit, das stark quellfähig ist, enthält Bentonit noch Quarz, Glim-
mer, Feldspat, Kaolinit und Illit als Begleitminerale.

Alle Bentonite kommen feingemahlen als Bentonitmehl in den Handel. Bentonite kosten je
nach Qualität und Transportweg zur Baustelle 130 bis 200 €/t. Bei den üblichen Konzentra-
tionen von ca. 40 bis 50 kg Bentonit je m3 Stützflüssigkeit müssen demnach ca. 5 bis 10 €
Materialkosten pro Kubikmeter Suspension für den Bentonit aufgewendet werden.

Bei der Herstellung suspensionsgestützter Bohrpfähle sind folgende Eigenschaften stützender


Flüssigkeiten von Bedeutung:
– Scherfestigkeit
Stützflüssigkeiten unterscheiden sich durch ihre Scherfestigkeit von echten (newton-
schen) Flüssigkeiten. Die Scherfestigkeit von Bentonit-Suspensionen liegt zwischen 0
und 150 N/m2 und bestimmt die Stützwirkung und das Eindringverhalten.
– Fließverhalten
Das Fließverhalten der Suspension beeinflusst die Verarbeitbarkeit, die Verdrängbar-
keit durch den Beton, die Pumpbarkeit und das Eindringverhalten. Während aus Grün-
den der Standsicherheit der Bohrlochwandung möglichst hohe Scherfestigkeiten gefor-
dert werden, sollen die Suspensionen aus Gründen der Verarbeitbarkeit möglichst
dünnflüssig sein.
– Filtrationsverhalten
Das Filtrationsverhalten beeinflusst die Stabilität der Suspension und das Eindringver-
halten.
– Dichte
Die Dichte bestimmt die Größe des hydrostatischen Drucks und die Verdrängbarkeit
durch den Beton. Die Dichten üblicher Suspensionen liegen bei 1,03 bis 1,05 t/m³.
Durch Verunreinigung während des Aushubs kann die Dichte bis auf ca. 1,3 t/m³ an-
steigen.
Die Stützwirkung der Suspension lässt sich für feinkörnige und grobkörnige Böden wie folgt
erklären:

Bei feinkörnigen Böden (d10 < 0,2 mm) kann davon ausgegangen werden, dass keine Bento-
nit-Suspension in den Boden eindringt. An der Grenzfläche Boden/Suspension kommt es
durch den Druckunterschied zwischen der Suspension und dem Porenraum des Bodens zur
teilweisen Trennung der festen und der flüssigen Suspensionsphasen (Filtration). Die Ton-
partikel werden an der Erdwand abgefiltert. Das Filtrat fließt in den Boden ab. Der sich bil-
6.3 Bohrpfähle 311

dende „äußere“ Filterkuchen wirkt als Membran, auf die der hydrostatische Stützdruck der
Suspension wirkt. Er wird durch die Membran voll auf die zu stützende Erdwand übertragen.

Bei grobkörnigen Böden sind die Tonteilchen der Suspension wegen der Größe der Poren des
Bodens nicht in der Lage, die Poren durch Brückenbildung zu schließen. Die Suspension
dringt in den Boden ein, wobei dieser Eindringvorgang nach einer bestimmten Strecke zur
Ruhe kommt. Er stagniert, wenn der Suspensionsdruck auf das Korngerüst übertragen ist
(Bild 4.60).

Dieser Vorgang beruht auf der Fähigkeit der Bentonit-Suspension, Schubspannungen über-
nehmen zu können. Der hydrostatische Stützdruck wird hierbei innerhalb des zu stützenden
Erdkörpers und in dem sich bildenden „Filterkuchen“ abgebaut. Die Membranwirkung des
Filterkuchens wird bei der Berechnung der Stützwirkung vernachlässigt, da sie beim An-
schneiden des Bodens noch nicht vorhanden ist, sondern sich erst mit dem Eindringen der
Suspension aufbaut.

Die Eigenschaften der Bentonit-Suspension werden im Wesentlichen von Temperatur und


Chemismus des Wassers, Art des Bentonits, Energie und Dauer des Mischverfahrens sowie
von physikalischen Eigenschaften der Suspension und chemischen Additiven beeinflusst.

Die Stützflüssigkeit wird auf der Baustelle aus Bentonitmehl und Leitungswasser hergestellt.
Der Mischvorgang wird entweder in einem Chargenmischer diskontinuierlich oder in einer
Mischanlage kontinuierlich ausgeführt. Die Art des Mischens beeinflusst den anschließend
ablaufenden Quellvorgang. Die üblichen Quellzeiten betragen zwischen zwei und vier Stun-
den. Beim Einsatz im Bohrloch wird die Bentonit-Suspension durch das Aushubmaterial ver-
unreinigt. Während des Betonierens wird die verunreinigte Suspension abgepumpt. Da die
Beseitigung der gebrauchten Suspension häufig Schwierigkeiten bereitet, wird eine möglichst
häufige Wiederverwendung der Suspension angestrebt. Hierzu sind spezielle Regenerie-
rungsanlagen erforderlich.

Zwar ist Bentonit ein Naturprodukt, so dass beim Ablagern der Suspension keine Beeinträch-
tigung des Grundwassers befürchtet werden muss, aber das Material verbleibt auf den De-
ponien für lange Zeit in flüssiger bis breiiger Konsistenz, wodurch die Standfestigkeit des
Deponiekörpers beeinträchtigt wird.

Neben grundsätzlichen Eignungsversuchen der verwendeten Tone sind ständig Baustellen-


kontrollen (Übersicht in DIN EN 1536) zur Überprüfung
– der Fließgrenze mit dem Pendelgerät
– der Sedimentation mit dem Standzylinder
– der Filtratwasserabgabe mit dem Filterabpressversuch
– der Wichte der Suspension mit der Spülungswaage
– der relativen Viskosität mit dem Marshtrichter
erforderlich.
312 6 Pfahlgründungen

6.3.3.4 Der Personalbedarf

Eine Bohrmannschaft setzt sich meist aus einem mitarbeitenden Polier und 3 weiteren
Arbeitskräften zusammen:
– 1 Bohrmeister (Polier)
– 1 Geräteführer
– 2 Bohrhelfer
Der Bauleiter ist nur bei sehr komplexen Baustellen permanent vor Ort. Ansonsten betreut er
meist 3 bis 4 Baustellen gleichzeitig. Der Polier arbeitet mit und unterstützt den Bauleiter. Er
koordiniert die Arbeitsabläufe der Baustelle und wickelt die schriftlichen Verwaltungsarbei-
ten ab. Er hat meist den klassischen Berufsweg durchlaufen und verfügt über fachliche Kom-
petenz und die nötige Erfahrung. Die Geräteführer benötigen keine spezielle Berufausbil-
dung. Sie können von Fachpersonal angelernt werden, müssen aber auf der Baustelle be-
stehen und die erforderlich technische Fingerfertigkeit im Umgang mit den oft teuren Spe-
zialgeräten aufweisen. Bei größeren Projekten ist meist noch ein Schlosser vor Ort. Ansons-
ten werden die Reparaturarbeiten an den Geräten auf dem Bauhof erledigt.

6.3.3.5 Informationen zur Kalkulation

Für die Herstellung von Bohrpfählen können keine generellen Aufwandswerte genannt wer-
den, zu variantenreich sind die einzelnen Ausführungen und zu unterschiedlich sind die zu-
treffenden Bodenverhältnisse. Die in der nachfolgenden Tabelle angegebenen Zeitansätze
gelten gewichtige Teilprozesse bei der Herstellung eines Großbohrpfahls, C 20/25, ∅ 120
cm, Bodenklasse LN DIN 18 301, verrohrt.
6.3 Bohrpfähle 313

Tabelle 6.14 Betriebsmitteleinsatz

Teilprozess Gerät BGL-Nr. Personalein- Kalkulatori-


(Hauptgruppen) satz sche Leis-
tungswerte
Praxis
(1) Ansetzen und Trägergerät D.0.../D.1.... 1 Geräteführer
Ausrichten Drehbohranlage K.1.00. … 2 Bohrhelfer
der Verroh-
rungsmaschi- Raupenfahrzeug K.4.02. … AA
10-15 min
ne, Einsetzen Kraftdrehkopf K.1.01. …
des 1. Bohr- Verrohrungsmaschine K.4.01. …
rohres
Bohrrohr, doppelw. K.6.0*. …
(2) Bodenaushub Ausstattung wie II.(a) 1 Geräteführer
im Greifer- Bohrschnecke K.7.00. … 2 Bohrhelfer
bohrverfahren
und gleichzei- 5 – 10 m/h
II. tiges Nachset-
zen der Bohr-
rohre
(3) Eventualleis- Ausstattung wie II.(a) 1 Geräteführer
tung Bohrmeißel K.6.22. … 2 Bohrhelfer
Beseitigen
K.8. … 1 h/m
von Hinder-
nissen beim
Aushub
(4) Reinigung der Raupenfahrzeug K.4.02. … AA 1 Geräteführer
Bohrlochsoh- 30 min
le
(1) Einbau der Trägergerät D.0.../D.1.... 1 Geräteführer
Bewehrung 15 – 30 min
Drehbohranlage 2 Bohrhelfer
III. (bei Stößen
K.1.00. …
> 1 h)

(1) Einlassen des Trägergerät D.0.../D.1.... 1 Geräteführer


Betonschüt- Drehbohranlage K.1.00. … 2 Bohrhelfer 20 – 30 min
trohres

(2) Betonieren Trägergerat D.0.../D.1.... 1 Geräteführer


(bei Grund- Drehbohranlage K.1.00. … 2 Bohrhelfer
IV. wasser im
Kontraktor- Kraftdrehkopf K.1.01. …
verfahren) Verrohrungsmaschine K.4.01. … 12 m/h
unter oszillie- Unterwasserbetonierein- 2530-…
rendem Zie- richtung (BGL 91)
hen der Bohr-
rohre
(1) Freilegen und Schraubenkompressor, 2 Helfer
Kappen des fahrbar Q.0.0. …
V. Pfahlkopfes 30 - 60min
Abbau- und Spatenham-
mer Q.6.01. …
314 6 Pfahlgründungen

Tabelle 6.15 Ausgewählte Tätigkeits- und Rüstzeiten für das Herstellen eines Bohrpfahls im Greiferverfahren

Tätigkeit Tätigkeits- und Rüstzeiten (Drehbohranlage)

Umsetzen und Ausrichten 10 – 15 min


der Bohranlage
Bohrfortschritt - Bohrloch für Pfähle Ø 70 cm
Bohrvorgang

Bodenklasse LN DIN 18 301 10 - 14 m/h


Felsklasse FZ 2 DIN 18 301 3 m/h
Bohrfortschritt - Bohrloch für Pfähle Ø 180 cm
Bodenklasse LN DIN 18 301 8 - 10 m/h
Felsklasse FZ 2 DIN 18 301 3 m/h
Baustelleneinrichtung 1 - 2 Tag(e)
Anlaufzeit am Morgen bzw.
Sonstiges

30 min pro Tag


Abbauzeit am Abend
Geräteausfall / -wartung 2 – 3 Stunden in der Woche
Räumen der Baustelle 1 – 2 Tag(e)

6.3.3.6 Anmerkungen zur Leistungsbeschreibung

Grundlagen zur mangelfreien, sach- und vertragsgerechten Ausführung von Bohrpfählen sind
in der VOB/C DIN 18 301-"Bohrarbeiten" geregelt. Sie enthält unter anderem Hinweise für
das Aufstellen der Leistungsbeschreibung. Diese Hinweise werden zwar nicht Bestandteil
eines VOB-Vertrages, geben aber sinnvolle Anhaltspunkte zum Inhalt der Leistungsbe-
schreibung. Nachfolgend seien nur die wichtigsten aufgeführt:
– Angaben zu Baustellenbegebenheiten und Umwelteinflüssen
– Belastbarkeit der Vorfluter für Spülwasser inklusive Auflagen und Gebühren
– Angaben zu Nachbarbebauungen
– Beschreibung von Boden und Fels
– Informationen zu vorhandenen Aufschlussbohrungen wie Bodenprofile usw.
– Anzahl, Art sowie Verwendung der Bohrlöcher
6.4 Vollverdrängungsbohrpfähle 315

6.4 Vollverdrängungsbohrpfähle

6.4.1 Das Bauverfahren im Überblick

Bei der Herstellung verschiedener Pfahltypen wird Boden verdrängt. So wird z. B. beim Ein-
rammen eines Fertigpfahles der Boden in unmittelbarer Umgebung der Pfahlspitze zur Seite
und auch zur Tiefe hin verschoben. Nach Abschluss der Rammarbeiten ist durch die Boden-
verdrängung ein erheblich gestörter Zustand vorhanden, der bodenmechanisch nur schwer
erfasst werden kann.

Beim Ortbetonrammpfahl (Abschn. 6.6) werden während der Rammarbeit ähnliche Zustände
auftreten. Beim Ziehen des Vortreibrohres wird der Horizontalspannungszustand am Mantel
jedoch vom Frischbetondruck geprägt. Bei der Ausbildung eines Pfahlfußes durch Ausram-
men des Pfropfenbetons wird der Boden in der Umgebung, insbesondere unter dem Fuß, ver-
dichtet. Da beim Teilverdrängungsbohrpfahl (Abschn. 6.5) wie auch beim Vollverdrän-
gungsbohrpfahl die dynamische Beanspruchung des Untergrundes durch das Bohren erheb-
lich geringer ist als bei einem gerammten Pfahl, wird die Verdichtung des Bodens im Bereich
des Pfahlschaftes geringer sein und nicht so weit in die Umgebung reichen. Der Horizontal-
spannungszustand wird auch bei diesen Pfahlsystemen durch den Frischbetondruck geprägt
[14].

Gemeinsam ist allen Verdrängungspfählen, dass es beim Einbringen der Pfähle bzw. der
Bohrschnecke oder des Schneidkopfes zu einer Verdichtung des anstehenden Bodens kommt,
die die Mantelreibung erhöht.

Da die Herstellung von Verdrängungspfählen als Rammpfähle in bebauten Gebieten wegen


der damit verbundenen Geräusche und Erschütterungen immer seltener zugelassen wird,
führte dies zum vermehrten Einsatz von klassischen Bohrpfählen und Teilverdrängungsbohr-
pfählen mit durchgehender Bohrschnecke. Da beim Teilverdrängungsverfahren vergleichs-
weise viel Bohrgut gefördert wird, wurden die so genannten Vollverdrängungspfähle entwi-
ckelt.

6.4.2 Technische Grundlagen

Der Vollverdrängungsbohrpfahl (z. B. Atlas-Pfahl) wird auf der Basis der DIN 1054 und
DIN EN 12 699 bemessen und hergestellt.

Bei Vollverdrängungsbohrpfählen wird ein unten verschlossenes Rohr in den Boden einge-
dreht. Am Fuß des Rohres befindet sich ein Schneidkopf bzw. eine Bohrschnecke, die eine
wulstförmige Oberfläche des fertigen Pfahles bewirkt. Das seitlich verdrängte Material übt
einen Druck auf den umgebenden Boden aus, so dass dort eine Spannungserhöhung in hori-
zontaler Richtung eintritt. Bei nichtbindigen Böden führt die Spannungserhöhung zu einer
Verdichtung.
316 6 Pfahlgründungen

Bei nicht wassergesättigten bindigen Böden ist zu erwarten, dass ebenfalls eine Verdichtung
eintritt. Bei wassergesättigten bindigen Böden wird insbesondere der Porenwasserdruck an-
steigen und das Bodenmaterial in einem größeren Umfeld unter einem erhöhten Spannungs-
zustand stehen.

Nach dem Erreichen der erforderlichen Bohrtiefe wird der Bewehrungskorb eingesetzt und
das Bohrrohr mit plastischem Beton gefüllt.

Beim Herausschrauben bzw. Ziehen des Bohrrohres fließt der Beton in die von der Bohr-
schnecke freigegebenen Windungen, so dass eine wulstförmige Oberfläche entsteht.

6.4.3 Das Bauverfahren

6.4.3.1 Beschreibung der Arbeitsprozesse

Die Herstellung eines Vollverdrängungsbohrpfahles besteht aus verschiedenen Prozessen


bzw. Teilprozessen. In der nachfolgenden Tabelle wird der Arbeitsprozess zur Herstellung
eines Vollverdrängungsbohrpfahles am Beispiel des Atlas-Pfahles dargestellt.

Bild 6.28 Pfahlabmessungen und ausgegrabener Atlaspfahl [33]


6.4 Vollverdrängungsbohrpfähle 317

Tabelle 6.16 Prozesse der Herstellung von Vollverdrängungsbohrpfählen, Typ Atlas

Prozesse Teilprozesse Geräte


I. Vorbereitende Maßnahmen (1) ggf. Baugelände freimachen Raupe
(2) Einmessen und Abstecken der Radlader
Bohrung, Sicherung der GPS, Theodolit
Pfahlachsen durch Festpunkte
II. Abteufen der Bohrung (1) Ansetzen und Ausrichten des Trägergerät
Atlas-Gerätes Atlas-Gerät
(2) Unterlegen der verlorenen Kraftdrehkopf
Bohrspitze
Vollverdränger-Bohrschnecke
(3) Einbohren des Scheidkopfes
auf erforderliche Tiefe

III. Einbauen der Bewehrung (1) Vorfertigen des Bewehrungs-


korbes inklusive nötiger Ab-
standshalter
Trägergerät
(2) Einbau der Bewehrung
Atlas-Gerät

IV. Betonieren des Pfahles (1) Auffüllen des Bohrrohres mit Trägergerät
Beton Atlas-Gerät
(2) Herausschrauben und Ziehen Kraftdrehkopf
des Bohrrohres
Vollverdränger-Bohrschnecke

V. Nach- bzw. zusätzliche Arbei- (1) Freilegen und Kappen des Schraubenkompressor, fahrbar
ten Pfahlkopfes Abbau- und Spatenhammer
(2) Umsetzen der Bohreinheit Trägergerät
Atlas-Gerät,
Kraftdrehkopf
Vollverdränger-Bohrschnecke
VI. Räumen der Baustelle (1) Reinigung von benutzten Radlader, Raupe
Flächen, Entsorgung von Ver-
drängungsmaterial im Bereich
des Pfahlkopfes

6.4.3.2 Die Geräte und Verfahren

Die auf dem Markt befindlichen Systeme unterscheiden sich im Wesentlichen:


– in der Ausbildung des Schneidwerkzeuges
– im Pfahldurchmesser
– in der Drehrichtung bei Bohren und Ziehen des Rohres
318 6 Pfahlgründungen

Exemplarisch sind im Folgenden zwei Verfahren näher erläutert:

a) Atlaspfahl (Fa. Franki)

Der Atlaspfahl (Bild 6.29) wird durch seitliche Verdrängung und Verdichtung des Bodens
mit Hilfe eines Stahlrohres, an dem unten ein austauschbarer Schneidkopf von 36 bis 56 cm
Durchmesser angebracht ist, hergestellt.

Der lichte Innendurchmesser des Schneidkopfes ist identisch mit dem des Bohrrohres, das
durch eine verlorene Fußspitze wasserdicht verschlossen ist.

Schneidkopf und Rohr werden mit einem Drehbohrantrieb mit gleichzeitig vertikalem An-
pressdruck erschütterungsfrei in den Boden geschraubt. Der vertikale Anpressdruck wird
durch die Aktivierung des Eigengewichtes des schweren Trägergerätes erreicht.

Anpressdruck und Drehmoment können beim Bohren gemessen werden. Beide Größen kön-
nen zur Kontrolle der Bodenaufschlüsse und zur Überprüfung der Tragfähigkeit der durch-
fahrenen Bodenschichten herangezogen werden, wie es beim Rammpfahl ähnlich mit dem
Eindringmaß bzw. der Anzahl der Schläge pro bestimmter Eindringung erfolgt. Nach Errei-
chen der Endtiefe wird ein Bewehrungskorb eingesetzt, das Rohr und der Vorratsbehälter mit
fließfähigem Beton gefüllt, die Fußspitze durch rückwärtiges Drehen des Rohres vom
Schneidkopf gelöst und das Rohr ebenfalls rückwärts herausgedreht.

Bild 6.29 Herstellung eines Atlaspfahles [33]


6.4 Vollverdrängungsbohrpfähle 319

Der Beton füllt hierbei den von dem Schneidkopf geschaffenen Hohlraum durch den hohen
statischen Druck der Betonsäule im Rohr und Behälter voll aus, so dass im Boden ein wen-
delförmiger, ca. 5 cm starker Betonwulst um den Pfahlschaft herum verbleibt.

Die Vorteile des Verfahrens liegen in der erschütterungs- und lärmarmen Herstellung. Der
Pfahl ist daher besonders gut geeignet für Gründungen in Wohngebieten, Kurorten, in der
Nähe von Krankenhäusern und neben gegen Erschütterungen empfindlichen Gebäuden. Der
Mindestabstand der Pfahlachse zu einer vorhandenen Bebauung beträgt 80 cm. Der geringe
Zeitaufwand für Auf- und Abbau der Maschine, die schnelle Pfahlherstellung und die hohe
Tragfähigkeit machen die Pfähle wirtschaftlich. Die Pfahllängen können problemlos den an-
getroffenen Baugrundverhältnissen angepasst werden.

b) Fundexpfähle

Fundexpfähle werden mit Durchmessern von 38 und 52 cm ausgeführt (Bild 6.30).

Bild 6.30 Herstellung eines Fundexpfahles [34]

Sie sind Ortbetonpfähle, die mit wiedergewinnbarem Bohrrohr und verlorener Pfahlspitze
erschütterungs- und lärmarm niedergebracht werden. Das Rohr wird mit einer schraubenför-
mig ausgebildeten gusseisernen Pfahlspitze eingebohrt und verdrängt beim Abteufen den
Boden. Nach Erreichen der Endtiefe wird das Rohr gezogen.

Das Fundex-Bohrgerät ist - wie das Bohrgerät für den Atlas-Pfahl auch - auf einem Raupen-
fahrzeug montiert und arbeitet somit als Kompaktanlage. Sie fasst Fahrwerk, Mäkler, den
hydraulisch zu betätigenden Bohrtisch und die schallgedämpften Antriebsaggregate zu einer
Einheit zusammen. Die wesentlichen Elemente für die Pfahlherstellung sind:
– Verlorene Schraubspitze
Es handelt sich hierbei um eine aus Gusseisen hergestellte Bohrspitze, die gegenüber
dem nachlaufenden, wiedergewinnbaren Bohrrohr einen Überstand je nach Pfahl-
durchmesser bis 6 cm hat. Die Spitze erleichtert das Eindringen und Verdrängen des
Bodens.
320 6 Pfahlgründungen

– Leistungsfähiger Bohrtisch
Der Bohrtisch besorgt das Eindrehen des Rohres. Über den Bohrtisch wird das Bohr-
rohr arretiert und mit einem Hub von ca. 1,0 m schubweise unter Aktivierung des
Eigengewichtes des Trägergerätes eingedreht.
Die Vorteile sind mit denen der Atlas-Pfähle vergleichbar.

6.4.3.3 Die wichtigsten Stoffe und Materialien

Vollverdrängungsbohrpfähle bestehen aus bewehrtem Beton. Die Anforderungen ergeben


sich derzeit aus der DIN EN 12 699, Abschn. 6, in welchem wiederum bezüglich der Bau-
stoffe auf die DIN EN 1536 Bezug genommen wird. So ist als Beton mindestens ein C 20/25
zu verwenden. Kornzusammensetzung, Wassergehalt und Fließfähigkeit müssen wie bei
konventionellen Bohrpfählen sein (siehe Kapitel 6.3.3.3). Auch an die Bewehrung und die
Ausbildung des Bewehrungskorbes sind vergleichbare Anforderungen wie bei Bohrpfählen
zu stellen (siehe Kapitel 6.3.3.3). Die nachfolgenden Kapitel zum Vollverdrängungsbohr-
pfahl beziehen sich beispielhaft auf den o. g. Atlaspfahl.

6.4.3.4 Der Personalbedarf

Das Personal zur Herstellung von Vollverdrängungsbohrpfählen besteht heute in der Regel
aus:
– 1 Bohrmeister bzw. Polier, mitarbeitend
– 1 Geräteführer
– 1 Bohrhelfer
Der Bauleiter ist nur bei sehr komplexen Baustellen permanent vor Ort. Ansonsten betreut er
meist 3 bis 4 Baustellen gleichzeitig.

6.4.3.5 Informationen zur Kalkulation

Für die Herstellung von Vollverdrängungsbohrpfählen können keine allgemeingültigen Auf-


wandswerte genannt werden. Die in der nachfolgenden Tabelle angegebenen Zeitansätze für
gewichtige Teilherstellungsprozesse, gelten für einen Atlas-Pfahl, Durchmesser 46/56 cm, C
20/25.
6.4 Vollverdrängungsbohrpfähle 321

Tabelle 6.17 Betriebsmitteleinsatz

Kalkulatorische
BGL-Nr. Personal-
Teilprozesse Geräte Leistungswerte
(Hauptgruppen) einsatz
Praxis
II. (1) Ansetzen und Trägergerät D.0.../D.1.... 1 Geräteführer 5 min
Ausrichten des Atlas-Gerät K.2.0... 1 Bohrhelfer
Atlas-Gerätes
Kraftdrehkopf K.2.01....
(2) Unterlegen der
verlorenen Vollverdränger- K.7.03... 2-5 min
Bohrspitze Bohrschnecke
(3) Einbohren des
Scheidkopfes 0,13h/m
auf erforderli-
che Tiefe

III. (2) Einbau der Trägergerät D.0.../D.1.... 1 Geräteführer 5-10 min


vorgefertigten Atlas-Gerät K.2.0... 1 Bohrhelfer
Bewehrung

IV. (1) Auffüllen des Trägergerät D.0.../D.1.... 1 Geräteführer


Bohrrohres mit Atlas-Gerät, K.2.0... 1 Bohrhelfer
Beton
Kraftdrehkopf K.2.01.... 0,025 h/m
(2) Herausschrau-
ben und Ziehen Vollverdränger- K.7.03...
des Bohrrohres Bohrschnecke

V. (1) Freilegen und Schraubenkompres- Q.0.0. … 2 Helfer 30-60 min


Kappen des sor, fahrbar
Pfahlkopfes Abbau- und Spaten- Q.6.01. …
(2) Umsetzen der hammer
Bohreinheit 1 Geräteführer 5-10 min
Trägergerät D.0.../D.1.... 1 Bohrhelfer
Atlas-Gerät K.2.0...
Kraftdrehkopf K.2.01....
Vollverdränger- K.7.03...
Bohrschnecke

6.4.3.6 Anmerkungen zur Leistungsbeschreibung

Grundlagen für eine mangelfreie, sach- und vertragsgerechte Ausführung von Bohrpfählen
sind in der VOB/C DIN 18 301-Bohrarbeiten aufgeführt. Die DIN enthält unter anderem
Hinweise für das Aufstellen der Leistungsbeschreibung, wie z. B.
– Angaben zu Baustellenbegebenheiten und Umwelteinflüssen
– Belastbarkeit der Vorfluter für Spülwasser inklusive Auflagen und Gebühren
– Angaben zu Nachbarbebauungen
322 6 Pfahlgründungen

– Beschreibung von Boden und Fels


– Informationen zu vorhandenen Aufschlussbohrungen wie Bodenprofile usw.
– Anzahl, Art sowie Verwendung der Bohrlöcher.

6.5 Teilverdrängungsbohrpfähle

6.5.1 Das Bauverfahren im Überblick

Bereits in den sechziger Jahren wurden in Holland und Belgien so genannte Schneckenbohr-
pfähle hergestellt. In Deutschland wurden zum ersten Mal 1974 Bauwerke auf Teilverdrän-
gungsbohrpfählen gegründet. Voraussetzung für diese Entwicklung war die Konstruktion von
Bohrgeräten mit hydraulischen Drehköpfen, die ein Drehmoment größer ca. 50 kNm erzeu-
gen können.

Teilverdrängungsbohrpfähle sind von mehreren Firmen unter den Bezeichnungen Schne-


cken-Ortbeton-Pfahl (SOB-Pfahl), Schraubbohrpfahl, Schneckenbohrpfahl, Verdrängungs-
Schraub-Bohrpfahl oder Verdrängungsbohrpfahl (VB-Pfahl) auf dem Markt eingeführt wor-
den und nunmehr in der DIN 1536 als unverrohrte Bohrpfähle mit kleinem oder großem See-
lenrohr aufgeführt.

6.5.2 Technische Grundlagen

Der Teilverdrängungsbohrpfahl wird nach DIN 1054 bemessen und nach DIN EN 1536 her-
gestellt.

Teilverdrängungsbohrpfähle werden mit einer durchgehenden Hohlbohrschnecke hergestellt.


Die maximale Tiefe beträgt ca. 30 m, der maximale Durchmesser ca. 0,8 m. Einzelne Verfah-
ren erlauben Neigungen bis ca. 5 : 1 (das entspricht etwa einer Neigung von 10° gegen die
Lotrechte).

In der DIN EN 1536, in der der Pfahltyp unter der Bezeichnung „Bohren mit durchgehender
Bohrschnecke“ erläutert ist, wird die Neigung auf ca. 6° (entspricht etwa 10 : 1) begrenzt.

Alle Herstellverfahren haben folgende Eigenschaften gemeinsam:


– Es wird unverrohrt gebohrt. Die Stützung der Bohrlochwandung erfolgt durch die mit
Bohrgut gefüllte Schnecke.
– Vorschub und Drehzahl des Bohrgerätes sind so auf die Baugrundverhältnisse abzu-
stimmen, dass die Bodenförderung minimiert wird. Die Bohrschnecke muss beim Zie-
hen im gleichen Sinn wie beim Bohren gedreht oder ohne Drehung gezogen werden.
– Die Herstellzeiten eines Pfahles sind kurz (ca. 50 % der Herstellzeiten eines konventio-
nellen Bohrpfahls).
6.5 Teilverdrängungsbohrpfähle 323

– Die Verfahren sind nahezu erschütterungsfrei. Sie sind daher besonders geeignet für
die Anwendung in dicht besiedelten Gebieten und in Zonen mit besonderem Ruhebe-
dürfnis wie z. B. in Kurorten oder in der Nähe von Krankenhäusern sowie bei set-
zungsempfindlicher Nachbarbebauung.
– Die Tragfähigkeit der Pfähle ist durch die teilweise Verdrängung des Bodens (bis ca.
50 % des Volumens des Bohrloches), die eine Verdichtung bewirkt, höher als bei ver-
rohrten Pfählen. Hinzu kommt, dass der Beton unter Druck eingebracht wird, so dass
ein inniger Kontakt zwischen Boden und Pfahlbeton entsteht.
– Der Betonmehrverbrauch (bezogen auf das Volumen des ausgebohrten Hohlraumes)
kann bei bis zu 30 % liegen und ist im Wesentlichen auf das Einbringen des Betons
unter Druck zurückzuführen.
– Die Betonrezeptur muss sorgfältig ausgewählt werden, damit der Beton pumpfähig ist.
Bei allen Verfahren muss gewährleistet sein, dass in das Innenrohr der Bohrschnecke beim
Bohren weder Wasser noch Boden eindringen kann.

Die Machbarkeit des Herstellungsverfahrens ist in gleichförmigen nichtbindigen Böden mit


einer Ungleichförmigkeitszahl U ≤ 1,5 unter dem Grundwasserspiegel, in lockeren nichtbin-
digen Böden mit einer Lagerungsdichte D < 0,3, bei Tonen hoher Empfindlichkeiten und in
bindigen Böden mit einer Kohäsion im undränierten Zustand cu ≤ 15 kN/m² gemäß DIN EN
1536 nachzuweisen.

6.5.3 Das Bauverfahren

6.5.3.1 Beschreibung der Arbeitsprozesse

Die Herstellung eines Teilverdrängungsbohrpfahles gliedert sich in verschiedene Arbeitspro-


zesse, bzw. Teilprozesse. In der nachfolgenden Tabelle wird der Arbeitsprozess zur Herstel-
lung eines Teilverdrängungsbohrpfahles zusammenfassend dargestellt.
324 6 Pfahlgründungen

Tabelle 6.18 Prozesse der Herstellung von Teilverdrängungsbohrpfählen

Prozesse Teilprozesse Geräte


I. Vorbereitende Maßnahmen (1) ggf. Baugelände freimachen Raupe
(2) Einmessen und Abstecken der Radlader
Bohrung, Sicherung der GPS, Theodolit
Pfahlachsen durch Festpunkte
II. Abteufen der Bohrung (1) Ansetzen und Ausrichten des Trägergerät
Bohrgerätes Bohrgerät
(2) Unterlegen der verlorenen Kraftdrehkopf
Fußplatte
Teilverdränger-Bohrschnecke
(3) Abteufen des Bohrrohres
III. Einbauen der Bewehrung (1) Vorfertigen des Bewehrungs- Trägergerät
korbes inklusive nötiger Ab- Bohrgerät
standshalter
(2) Einbau der Bewehrung
IV. Betonieren des Pfahles (1) Auffüllen des Bohrrohres mit Trägergerät
Beton Bohrgerät
(2) Ziehen des Bohrrohres Kraftdrehkopf
Teilverdränger-Bohrschnecke
Betonierkopf
V. Nach- bzw. zusätzliche Arbei- (1) Freilegen und Kappen des Schraubenkompressor, fahrbar,
ten Pfahlkopfes Abbau- und Spatenhammer
(2) Umsetzen der Bohreinheit Trägergerät
Bohrgerät
Kraftdrehkopf
Teilverdränger-Bohrschnecke

VI. Räumen der Baustelle (1) Reinigung von benutzten Radlader, Raupe
Flächen

6.5.3.2 Die Geräte und Verfahren

Grundsätzlich sind zwei Verfahren bei der Herstellung von Teilverdrängungsbohrpfählen zu


unterscheiden.

Verfahren 1

Die Pfähle werden mit einer Durchlaufschnecke (Durchmesser 400 mm bis 1000 mm), die
ein Zentralrohr (Seelenrohr) von 100 mm bis 150 mm beinhaltet, hergestellt (Bild 6.31).
Hierbei ist das Verhältnis Di : Da < 0,55 einzuhalten.
(Di = Zentralrohrdurchmesser, Da = Bohrschneckendurchmesser).
6.5 Teilverdrängungsbohrpfähle 325

Das Zentralrohr ist am Fuß mit einer verlorenen Spitze verschlossen. Nach Erreichen der
Endtiefe, die je nach Baugrundaufbau und eingesetztem Gerät bis ca. 30 m betragen kann,
wird durch das Zentralrohr beim Ziehen der Schnecke Beton über eine Betonpumpe einge-
bracht.

Der am Fuß der Bohrschnecke austretende Beton muss dabei unter einem Überdruck stehen,
der größer ist als der statische Druck der Betonsäule, und der sicherstellt, dass der beim Zie-
hen der Bohrschnecke freigegebene Raum sofort mit Frischbeton gefüllt wird. Dies ist des-
halb besonders wichtig, weil es sonst zu Bodeneinbrüchen oder Hohlräumen kommen könn-
te.

Bild 6.31 Herstellen eines Teilverdrängungsbohrpfahles mit kleinem Seelenrohr [31]

Die Ziehgeschwindigkeit der Bohrschnecke muss gering gehalten werden, damit unter der
Bohrschnecke nicht wie beim Korkenziehen ein Sog entsteht und die Bohrung lokal einstürzt
[11].
326 6 Pfahlgründungen

Häufig erhalten die Pfähle nur eine Kopfbewehrung oder bleiben unbewehrt. Ist aus stati-
schen Gründen eine durchgehende Bewehrung erforderlich, so wird der Bewehrungskorb, der
entsprechend steif ausgebildet sein muss, mit Unterstützung durch leichte Vibration unmit-
telbar nach dem Betonieren in den Frischbeton eingebracht. Dabei müssen die planmäßige
Lage der Bewehrung und insbesondere die erforderliche Betonüberdeckung sichergestellt
sein.

Verfahren 2

Auch bei diesem Verfahren wird eine Durchlaufschnecke verwendet (Durchmesser 420 mm
bis 800 mm). Das Zentralrohr hat aber mindestens einen Durchmesser von 300 mm und er-
möglicht somit das Einstellen eines Bewehrungskorbes vor dem Betonieren (Bild 6.32).

Bei diesem Verfahren ist das Verhältnis Di : Da > 0,55.

Die Spitze kann entweder wie bei Verfahren 1 verloren oder durch das Zentralrohr widerge-
winnbar sein. Auch bei diesem Verfahren wird nach dem Erreichen der Endtiefe und dem
Einstellen des Bewehrungskorbes in das trockene Zentralrohr der Beton über eine Beton-
pumpe eingebracht, wobei stets ein Betonüberdruck vorhanden sein muss, der durch Mes-
sungen zu kontrollieren ist.

Bild 6.32 Herstellen eines Teilverdrängungsbohrpfahles mit großem Seelenrohr [35]


6.5 Teilverdrängungsbohrpfähle 327

Im Folgenden sei auf einige Besonderheiten hingewiesen, die bei einigen Pfahltypen zur
Anwendung kommen:
– Mantel- und Fußverpressung: Durch gezielte ein- oder mehrmalige Mantelverpressung
kann die Pfahlmantelreibung erheblich gesteigert werden [36]. Durch das Bohren mit
der Bohrschnecke wird der umliegende Boden bereits vorverdichtet.
– Durch das Einpressen von Verpressgut wird zusätzlich ein inniger kraftschlüssiger
Verbund zwischen Pfahl und Boden erzielt. Bei nachzuverpressenden Pfählen wird das
komplette Nachverpresssystem am Bewehrungskorb befestigt.
– Die sorgfältige Auswahl und Abstimmung der einzelnen Komponenten des Verpress-
gutes, die Aufbereitung der Mischung und die Steuerung des Verpressvorganges sind
von entscheidender Bedeutung für den Erfolg der Nachverpressung.
– Wird die Pfahllast überwiegend über die Spitze abgetragen, so kann durch eine Pfahl-
fußverpressung die Gebrauchslast gesteigert oder für eine bestimmte Gebrauchslast die
Setzung verringert werden.
– Einige Herstellverfahren erlauben die Herstellung eines verbreiterten Fußes.

6.5.3.3 Die wichtigsten Stoffe und Materialien

Teilverdrängungsbohrpfähle sind Betonpfähle, die in überwiegendem Maße eine Bewehrung


erhalten. Sie sind auf der Basis der DIN 1054 zu bemessen, wobei die Anforderungen der
DIN EN 1536 zu beachten sind (siehe Abschn. 3.3).

6.5.3.4 Der Personalbedarf

Das Personal zur Herstellung von Teilverdrängungsbohrpfählen setzt sich in der Regel zu-
sammen aus:
– 1 Bohrmeister bzw. Polier, mitarbeitend
– 1 Geräteführer
– 1 Bohrhelfer
Der Bauleiter ist nur bei sehr komplexen Baustellen permanent vor Ort. Ansonsten betreut er
meist 3 bis 4 Baustellen gleichzeitig.

6.5.3.5 Informationen zur Kalkulation

Für die Herstellung von Teilverdrängungsbohrpfählen können keine allgemeingültigen Auf-


wands-, bzw. Leistungswerte genannt werden. Die in der nachfolgenden Tabelle angegebe-
nen Zeitansätze für gewichtige Teilherstellungsprozesse sind als Durchschnittswerte zu ver-
stehen.
328 6 Pfahlgründungen

Tabelle 6.19 Betriebsmitteleinsatz

BGL-Nr. Kalkulatorische
Teilprozesse Geräte (Hauptgrup- Personaleinsatz Leistungswerte
pen) Praxis
II. (1) Ansetzen und Trägergerät D.0.../D.1.... 1 Geräteführer 5 min
Ausrichten des Bohrgerät K.2.... 1 Bohrhelfer
Großbohrgerä-
tes Kraftdrehkopf K.2.01 …
(2) Unterlegen der Teilverdränger- K.7.02... 2-5 min
verlorenen Bohrschnecke
Fußplatte .
(3) Abteufen des 0,11h/m
Bohrrohres

III. (1) Einbau der Trägergerät D.0.../D.1.... 1 Geräteführer 10-15 min


Bewehrung Bohrgerät K.2.... 1 Bohrhelfer

IV. (1) Auffüllen des Trägergerät D.0.../D.1.... 1 Geräteführer


Bohrrohres mit Bohrgerät K.2.... 1 Bohrhelfer
Beton
Kraftdrehkopf K.2.01 … 0,025 h/m
(2) Ziehen des
Bohrrohres Teilverdränger- K.7.02...
Bohrschnecke
Betonierkopf K.2.01.0
V. (1) Freilegen und Schraubenkompres- Q.0.0. … 2 Helfer 30-60 min
Kappen des sor, fahrbar, Abbau- Q.6.01. …
Pfahlkopfes und Spatenhammer
(2) Umsetzen der Trägergerät
Bohreinheit D.0.../D.1.... 1 Geräteführer 5-10 min
Bohrgerät
K.2.... 1 Bohrhelfer
Kraftdrehkopf
K.2.01 …
Teilverdränger-
Bohrschnecke K.7.02...

6.5.3.6 Anmerkungen zur Leistungsbeschreibung

Grundlagen für eine mangelfreie, sach- und vertragsgerechte Ausführung von Bohrpfählen
sind in der VOB/C DIN 18 301-"Bohrarbeiten" aufgeführt. Die DIN enthält unter anderem
Hinweise für das Aufstellen der Leistungsbeschreibung, wie z. B.
– Angaben zu Baustellenbegebenheiten und Umwelteinflüssen
– Belastbarkeit der Vorfluter für Spülwasser inklusive Auflagen und Gebühren
– Angaben zu Nachbarbebauungen
– Beschreibung von Boden und Fels
6.6 Ortbetonrammpfähle 329

– Informationen zu vorhandenen Aufschlussbohrungen wie Bodenprofile usw.


– Anzahl, Art sowie Verwendung der Bohrlöcher.

6.6 Ortbetonrammpfähle

6.6.1 Das Bauverfahren im Überblick

Ortbetonrammpfähle (früher: Ortbetonverdrängungspfähle) gehören gemäß DIN EN 12699


zu den Spezialpfählen innerhalb der Gruppe der Verdrängungspfähle. Sie werden mit Hilfe
eines unten verschlossenen Vortreibrohres hergestellt.

Zu den bekanntesten Pfahltypen zählen der Simplex-Pfahl, der erstmals 1905 in Deutschland
hergestellt wurde, nachdem er bereits 1903 ein US-Patent erhalten hatte [37], und der Franki-
Pfahl, der 1908 in Belgien zum Patent angemeldet und seit 1932 in Deutschland eingeführt
wurde.

6.6.2 Technische Grundlagen

Ortbetonrammpfähle werden auf der Basis der DIN 1054 bemessen und der DIN EN 12 699
hergestellt.

Bei der Herstellung von Ortbetonrammpfählen wird ein verschlossenes Vortreibrohr einge-
rammt. Je nach Verfahren erfolgt die Rammung auf dem Kopf oder im Innern des Rohres.

Beim Abteufen des Vortreibrohres wird der Boden verdrängt, und es baut sich im Mantelbe-
reich ein erhöhter Horizontalspannungszustand auf, der die Mantelreibung vergrößert. Zum
Teil wird dieser erhöhte Horizontalspannungszustand allerdings beim Ziehen der Verrohrung
wieder abgebaut [14].

Nach Erreichen der Endtiefe werden bei den meisten Verfahren eine Bodenverdichtung im
Fußbereich und eine Fußverbreiterung ausgeführt, um die Tragfähigkeit der Pfähle zu erhö-
hen und die Setzungen zu vermindern. Die Pfahltragfähigkeiten können hierdurch um bis zu
50 % vergrößert werden.

6.6.3 Das Bauverfahren

6.6.3.1 Beschreibung der Arbeitsprozesse

Die Prozesse zur Herstellung von Ortbetonrammpfählen werden in der nachfolgenden Tabel-
le am Beispiel des Frankipfahles zusammenfassend dargestellt.
330 6 Pfahlgründungen

Tabelle 6.20 Prozesse der Herstellung von Ortbetonverdrängungspfählen, Typ Franki

Prozesse Teilprozesse Geräte


I. Vorbereitende Maßnahmen (1) ggf. Baugelände freimachen Raupe
(2) Einmessen und Abstecken des Radlader
Pfahlansatzpunktes, Sicherung GPS, Theodolit
der Pfahlachsen durch Fest-
punkte
II. Abteufen des Pfahles (1) Ansetzen und Ausrichten der Trägergerät
Franki-Ramme Franki-Ramme
(2) Pfropfenbeton einfüllen und Freifallbär
anstampfen
(3) Abteufen des Rammrohres mit
Innenrohrrammung und Frei-
fallbär
(4) Herstellen des Pfahlfußes
durch Ausrammen des Pfrop-
fenbetons
III. Einbauen der Bewehrung (1) Vorfertigen des Bewehrungs- Trägergerät
korbes inklusive nötiger Ab- Franki-Ramme
standshalter
(2) Einbau der Bewehrung
IV. Betonieren des Pfahles (1) Auffüllen des Vortreibrohres Trägergerät
mit Beton Franki-Ramme
(2) Ziehen des Vortreibrohres

V. Nach- bzw. zusätzliche Arbei- (1) Freilegen und Kappen des Schraubenkompressor, fahrbar
ten Pfahlkopfes Abbau- und Spatenhammer
(2) Umsetzen der Rammeinheit Trägergerät
Franki-Ramme,
Freifallbär
VI. Räumen der Baustelle (1) Reinigung von benutzten Radlader, Raupe
Flächen

6.6.3.2 Die Geräte und Verfahren

Verdrängungspfähle werden in der Baupraxis nach verschiedenen Verfahren hergestellt. Im


Folgenden seien exemplarisch drei Verfahren näher erläutert:

a) Franki-Pfahl

Beim Franki-Pfahl wird das stählerne Vortreibrohr durch eine Innenrammung abgeteuft, wo-
bei das Rohr unten durch einen Betonpfropfen wasserdicht verschlossen ist. (Bild 6.33)

Der Durchmesser der Vortreibrohre liegt zwischen 420 mm und 610 mm.
6.6 Ortbetonrammpfähle 331

Die Fallhöhe des ca. 2,0 bis 4,5 t schweren Fallbären beträgt ca. 6 bis 7 m.

Beim Abteufen des Vortreibrohres fällt der Rammär stets frei auf den Pfropfenbeton, der sich
im Vortreibrohr verspannt und dieses mit hinunterzieht. Nach Erreichen der Endtiefe wird
das Vortreibrohr festgehalten und der Fuß ausgestampft. Nach Einstellen des Bewehrungs-
korbes wird fließfähiger Beton eingefüllt. Da das Vortreibrohr durch die verschlossene Spitze
oder den Betonpfropfen immer trocken ist, ist es gängige Praxis, ohne Schüttrohr zu betonie-
ren [2]. Während des Betonierens wird das Vortreibrohr gezogen, so dass ein rauer Pfahl-
schaft entsteht.

Alternativ kann anstelle des Betonpfropfens auch eine Herstellung mit einer Kiesvorverdich-
tung erfolgen.

Die Pfähle können auch bis zu 4 : 1 geneigt hergestellt werden.

Franki-Rammen sind in eigenen Werkstätten entwickelte Spezial-Geräte von besonders ro-


buster Bauart, die durch Elektromotore (Stahlrohrpfähle) oder schallgeschützte Dieselmotore
(Frankipfähle) angetrieben werden. Die Fortbewegung erfolgt i. d. R. durch ein hydraulisch
angetriebenes Schreitwerk, dadurch gibt es keine Beschädigungen des Arbeitplanums. Mit
Mäklerkonstruktionen, die eine Nutzhöhe bis zu 23 m haben können, lassen sich Pfähle bis
zu 30 m Länge herstellen. Die Bemessung und die Herstellung von Frankipfählen erfolgt
nach DIN 1054 und DIN EN 12 699.

Bild 6.33 Herstellung eines Franki-Pfahles [39]


332 6 Pfahlgründungen

Als Besonderheit sei hier erwähnt, dass nach dem gleichen Verfahren Stahlrohrpfähle herge-
stellt werden können, wobei der Stahlrohrpfahl in Rohrschüssen vorwiegend durch Innen-
rammung mit einem Freifallbär geringer Abmessung emissionsarm in den Baugrund getrie-
ben wird (Bild 6.34).

Bild 6.34 Herstellung eines Stahlrohrpfahles [38]

Stahlrohrpfähle können mit kleinen Spezialgeräten hergestellt werden, die den Einsatz unter
beschränkten Platzverhältnissen ermöglichen.

Bei beschränkter Arbeitshöhe wird der Pfahl aus mehreren aufeinander geschweißten Rohr-
schüssen hergestellt. Nach Erreichen der erforderlichen Tiefe kann der Pfahl sofort belastet
werden, da die Rohre im Boden verbleiben. Falls es statisch erforderlich ist, kann das Rohr
auch ausbetoniert werden.

b) Simplex-Pfahl

Beim Simplex-Pfahl wird das dickwandige, stählerne Vortreibrohr durch Kopframmung in


den Boden geschlagen (Bild 6.35). Das Rohr ist unten durch eine lösbare Stahlspitze (Fuß-
platte) wasserdicht verschlossen. Nach dem Erreichen der erforderlichen Rammtiefe wird der
vorgefertigte Bewehrungskorb eingehängt und der Beton in das trockene Rohr eingebracht.

Das Rohr wird entweder durch Außenrüttler auf der hydraulischen Ziehvorrichtung oder mit
Hilfe von Vibrationsrüttlern gezogen, während gleichzeitig der Beton eingebracht und ver-
dichtet wird. Die Fußplatte, die als Pfahlfuß dient, verbleibt im Boden. Die Rammrohre ha-
ben Durchmesser von 34 bis 72 cm.
6.6 Ortbetonrammpfähle 333

Bild 6.35 Herstellung eines Simplex-Pfahles [37]

Auch beim Simplex-Pfahl sind Fußausrammungen möglich. Simplex-Pfähle können eben-


falls geneigt hergestellt werden.

c) Ortbetonrammpfahl Zeissl-Mast

Das Herstellungsverfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass das Vortreibrohr mit einer Klap-
pe verschlossen ist. Nachdem das Rohr durch Kopframmung bis zur vorgesehenen Tiefe ein-
geschlagen wurde, wird Beton eingefüllt. Das Rohr wird anschließend angezogen, wobei sich
die Klappe öffnet und der Beton austritt. Mit der danach wieder geschlossenen Klappe wird
der Fuß ausgestampft.

Nach Einstellen des Bewehrungskorbes wird der Schaftbeton eingebracht, der durch Vibrie-
ren des Rohres, durch leichte Rammschläge oder durch Innenrüttler verdichtet wird. Dabei
wird gleichzeitig das Rohr gezogen. Die Schaftdurchmesser liegen zwischen 40 und 70 cm.
Pfähle lassen sich mit diesem Verfahren bis zu etwa einer Länge von 45 m und einer Neigung
bis zu 4 : 1 herstellen.

6.6.3.3 Die wichtigsten Stoffe und Materialien

Ortbetonrammpfähle werden durch Ausbetonieren des Hohlraumes hergestellt, der zuvor


durch das Vortreibrohr erzeugt wurde. Die Vortreibrohre haben je nach Verfahren Durch-
messer von ca. 30 cm bis ca. 70 cm. Die Pfähle sind im Allgemeinen bewehrt.
334 6 Pfahlgründungen

Der Pfahlfußbeton zeichnet sich durch einen niedrigen Wasserzementwert aus („erdfeucht“).
Bei den meisten Verfahren wird der Beton - zumindest im Fußbereich - durch Fallgewichte
bzw. Stempel gestampft, wodurch eine hohe Festigkeit und eine große Dichte entstehen. Mit
einem gut abgestuften Betonzuschlaggemisch und entsprechender Zugabe des Zements
(meist Hochofenzement) werden durch die Stampfverdichtung die Festigkeiten eines Betons
B II und eine große Wasserdichtigkeit erreicht [39]. Der Beton muss ausreichend fließfähig
sein.

Der Bewehrungskorb aus Längsstäben und Wendelumschnürung ist gemäß den Angaben der
DIN 1045 nach statischen und konstruktiven Erfordernissen zu bemessen. Die Hinweise in
DIN EN 12699 sind zu berücksichtigen.

6.6.3.4 Der Personalbedarf

Der Personalbedarf zur Herstellung von Ortbetonverdrängungspfählen kann in der Regel wie
folgt definiert werden:
– 1 Polier, mitarbeitend
– 1 Geräteführer
– 1 Rammhelfer
Der Bauleiter ist nur bei sehr komplexen Baustellen permanent vor Ort. Ansonsten betreut er
meist 3 bis 4 Baustellen gleichzeitig.

6.6.3.5 Informationen zur Kalkulation

Für die Herstellung von Ortbetonrammpfählen können, wie bei allen anderen Pfahlarten, kei-
ne allgemeingültigen Aufwandswerte genannt werden. Die in der nachfolgenden Tabelle an-
gegebenen Zeitansätze für gewichtige Teilherstellungsprozesse sind daher als Richtwerte für
die Herstellung eines Frankipfahles anzusehen.
6.6 Ortbetonrammpfähle 335

Tabelle 6.21 Betriebsmitteleinsatz

Kalkulatorische
BGL-Nr. Leistungswerte
Teilprozesse Geräte Personaleinsatz
(Hauptgruppen)
Praxis
II. (1) Ansetzen und Trägergerät D.0.../D.1.... 1 Geräteführer 5 min
Ausrichten der Franki-Ramme K.2.... 1 Rammhelfer
Franki-Ramme
Freifallbär J.1.12..
(2) Pfropfenbeton
einfüllen und 10 min
anstampfen
(3) Abteufen des
Rammrohres 0,15h/m
mit Innenrohr-
rammung und
Freifallbär
(4) Herstellen des 30-45 min
Pfahlfußes
durch Aus-
rammen des
Pfropfenbetons
III. (1) Einbau der Trägergerät D.0.../D.1.... 1 Geräteführer 10-15 min
Bewehrung Franki-Ramme K.2.... 1 Rammhelfer

IV. (1) Auffüllen des Trägergerät D.0.../D.1.... 1 Geräteführer


Vortreibrohres Franki-Ramme K.2.... 1 Rammhelfer
mit Beton
0,04 h/m
(2) Ziehen des
Vortreibrohres

V. (1) Freilegen und Schraubenkompres- Q.0.0*. … 2 Helfer 30-60 min


Kappen des sor, fahrbar, Abbau- Q.6.01. …
Pfahlkopfes und Spatenhammer
(2) Umsetzen der
Rammeinheit D.0.../D.1.... 1 Geräteführer 5-10 min
Trägergerät
K.2.... 1 Rammhelfer
Franki-Ramme
J.1.12...
Freifallbär

6.6.3.6 Anmerkungen zur Leistungsbeschreibung

In den Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) Ramm- ,


Rüttel- und Pressarbeiten – DIN 18 304 werden Grundlagen für eine mangelfreie, sach- und
vertragsgerechte Ausführung von Rammungen benannt. Des Weiteren werden hier Hinweise
für das Aufstellen der Leistungsbeschreibung gegeben. Einige ausgewählte Hinweise werden
im Folgenden aufgeführt:
– Angaben zu Baustellenbegebenheiten und Umwelteinflüssen
336 6 Pfahlgründungen

– Benennung der Bodenkennwerte


– Angaben zu Nachbarbebauungen
– Art und Anzahl der geforderten Probeeinbringungen und Probebelastungen
– Längen, Querschnittsmaße sowie Materialgüte der Bauelemente
– Gründungstiefe
– Ausbildung der Anschlüsse an Bauwerke

6.7 Prüfung von Pfählen

6.7.1 Allgemeines

Im Grenzzustand der Tragfähigkeit kann ein Versagen entweder durch Tragfähigkeitsverlust


des Bodens in der Pfahlumgebung oder durch Tragfähigkeitsverlust (Bauteilversagen) des
Pfahlmaterials eintreten. Bei der Prüfung von Pfählen ist zu unterscheiden zwischen Prüfun-
gen, die sich auf das äußere Tragverhalten beziehen und solchen, die die Qualität des herge-
stellten Pfahles testen.

Im Regelfall sind Pfahlprobebelastungen nach DIN 1054 durchzuführen. Liegen im Hinblick


auf Pfahltyp und Baugrundverhältnisse vergleichbare Probebelastungen vor, so dürfen diese
wie am Standort ausgeführte Probebelastungen verwendet werden. Der charakteristische
axiale Pfahlwiderstand des Einzelpfahls darf aus Erfahrungswerten bestimmt werden, sofern
die Pfähle mindestens 5,0 m oder mit dem fünffachen Pfahldurchmesser in den Baugrund
einbinden, wobei der größere Wert maßgebend ist.

Für die Entscheidung über den Verzicht auf Pfahlprobebelastungen für Zugpfähle ist Sach-
kunde und Erfahrung auf dem Gebiet der Geotechnik erforderlich.

6.7.2 Statische Probebelastungen

6.7.2.1 Vertikale Probebelastungen

Vertikale Probebelastungen dienen dazu, die Tragfähigkeit der Pfähle in axialer Richtung zu
ermitteln. Bei der Belastung wird die Pfahlkopfsetzung in Abhängigkeit von der aufgebrach-
ten Last gemessen und in einem Last-Setzungs-Diagramm dargestellt (Bild ).

Der charakteristische Pfahlwiderstand, unter dem der Druckpfahl bei einer Probebelastung
merkbar versinkt, wird als R1m bezeichnet. Wenn bei einem Versuch der Grenzwert nicht
erreicht werden kann, dann wird die aufgebrachte höchste Last als R1m bezeichnet. Der cha-
rakteristische Pfahlwiderstand R1,k wird aus den gemessenen Werten unter Verwendung eines
Streuungsfaktors ξ zur Berücksichtigung der möglichen Veränderungen des Baugrundes und
der möglichen Unregelmäßigkeiten bei der Herstellung ermittelt (s. DIN 1054).
6.7 Prüfung von Pfählen 337

Der Streuungsfaktor berücksichtigt dabei die Anzahl ausgeführter Probebelastungen sowie


die Schwankungen der Ergebnisse.

Für die Probebelastung werden entweder eigens für diesen Zweck hergestellte Pfähle oder
Bauwerkspfähle benutzt. Der Pfahl wird dabei i. Allg. über hydraulische Pressen belastet, die
gegen ein Widerlager aus Gegengewichten (Totlast) oder Reaktionspfählen bzw. -ankern
abgestützt werden (Bild 6.36).

Bild 6.36 Belastungseinrichtungen für statische Probebelastungen [40]

Ballastierungen erreichen in der Regel bei 2 bis 3 MN ihre Grenze, wenn auch in Sonderfäl-
len Totlasten bis zu 20 MN aufgebracht worden sind. Bei diesem Belastungssystem liegen
die Probleme in der Beeinflussung des Pfahles durch die zusätzliche Belastung der Gelände-
oberfläche und in der Zentrierung der Lasten.

Übliche Belastungseinrichtungen bestehen aus Stahlträgern, die an Reaktionspfählen veran-


kert sind. Als Reaktionspfähle werden häufig Bauwerkspfähle verwendet. Lasten bis zur
Größenordnung von ca. 10 MN können auf diese Weise aufgebracht werden, wobei eine be-
sondere Problematik in der gegenseitigen Beeinflussung von Probepfahl und Reaktionspfäh-
len liegt, weswegen bestimmte Mindestabstände einzuhalten sind. Lasten von mehr als 10
MN, wie sie bei Großbohrpfählen auftreten, werden i. Allg. ringförmig, z. B. durch Belas-
tungskronen über Erdanker oder mit räumlichen Fachwerkkonstruktionen über geeignete
Zugpfähle in den Boden eingeleitet. Die Prüflast wird über hydraulische Pressen aufgebracht,
wobei die Kraft mit einem Manometer bzw. einer Kraftmessdose gemessen wird.

Die Setzungen werden über versetzt am Pfahl angeordnete Messuhren mit 0,01 mm Messge-
nauigkeit ermittelt. Die Träger der Messuhren sind ausreichend weit vom Pfahl entfernt auf-
zustellen und gegen Temperatureinflüsse zu schützen. Als Kontrollmessung sollten zusätz-
lich Präzisions-Nivellements durchgeführt werden. Außerdem sind die Horizontalbewegun-
gen des Pfahlkopfes zu beobachten.

Für die Durchführung von statischen Probebelastungen können im Wesentlichen drei Belas-
tungsverfahren unterschieden werden:
– Versuche mit stufenweiser Steigerung der Belastung und Beobachtung der Verformun-
gen. Die Lasten werden erst nach dem vollständigen Abklingen der Verformungen ge-
steigert (Maintained Load Test).
338 6 Pfahlgründungen

– Versuche mit stufenweiser Steigerung der Belastung in gleichen Zeiteinheiten ohne Be-
rücksichtigung der Verformungen (Quick Load Test).
– Versuche mit gleichbleibender Verformungsgeschwindigkeit. Beobachtet werden die
Pfahlkräfte (Constant Rate of Penetration Test).
Die beiden ersten Verfahren sind lastgesteuerte Versuche, während das dritte Verfahren
weggesteuert ist. Die Belastung ist möglichst soweit zu steigern, bis die Grenzlast erreicht
bzw. sogar überschritten ist.

Um die bleibenden Setzungen des Probepfahles zu erfassen, sind einige Zwischenentlastun-


gen vorzunehmen. Solche Zwischenentlastungen sind besonders nach Erreichen der am
Bauwerk vorgesehenen größten Pfahllast (Gebrauchslast) sowie nach Überschreiten der
Grenzlast vorzunehmen. Die Ergebnisse einer statischen Probebelastung sollen in einem Pro-
tokoll zusammengestellt und als Last-Setzungs-Diagramm dargestellt werden (Bild 6.37).

Bild 6.37 Empfehlung für die Wahl der Belastungsstufen und Ergebnis der Belastung in Form einer Wider-
stands-Setzungs-Linie [11]

6.7.2.2 Horizontale Probebelastungen

Bei horizontalen Probebelastungen werden i. Allg. die Köpfe zweier benachbarter Probepfäh-
le zusammengespannt oder auseinandergedrückt. Es genügt meist, die Pfahlkopfverschiebung
und -verdrehung zu messen, so dass die Versuchseinrichtung sehr einfach ist. Die gesamte
Biegelinie eines Pfahles kann durch einen Neigungsmesser (Inklinometer) erfasst werden,
wenn in den Pfahlschaft ein entsprechendes Führungsrohr einbetoniert ist.

Mit z. B. am Bewehrungskorb von Bohrpfählen befestigten Dehnungsmessstreifen kann auch


der Verlauf der Biegemomente ermittelt werden.
6.7 Prüfung von Pfählen 339

6.7.3 Dynamische Pfahlprüfungen

Da statische Probebelastungen aufwendig und teuer sind, sind dynamische Prüfverfahren


entwickelt worden, mit denen die Tragfähigkeit der Pfähle ermittelt bzw. die Pfahllänge und
Querschnittsform überprüft werden kann.

Dynamische Pfahlprüfungen sind aufgrund ihrer schnellen Durchführbarkeit und der somit
hohen Anzahl prüfbarer Pfähle ein sehr wirtschaftliches Verfahren. Grundlagen und Durch-
führung der dynamischen Pfahlprüfungen sind in [8] beschrieben.

Bei dynamischen Pfahlprüfungen wird unterschieden in Integritätsprüfungen (Prüfung der


Unversehrtheit der Pfähle und der Pfahllänge) und den dynamischen Pfahltests (Ermittlung
der Tragfähigkeit).

6.7.3.1 Integritätsprüfungen (Low-Strain-Method)

Bei den Integritätsmessungen nach der Hammerschlagmethode wird mit einem Handhammer
eine Stoßwelle in den Pfahl eingeleitet. Am Pfahlfuß und an Impedanzsprüngen (Änderungen
der Pfahlgeometrie und des Pfahlmaterials) wird die eingeleitete Stoßwelle reflektiert und am
Pfahlkopf durch den aufgesetzten Beschleunigungsaufnehmer aufgezeichnet (Bild 6.38).

Bild 6.38 Beispiel einer Integritätsmessung [41]

Integritätsprüfungen werden heute als Bestandteil der Qualitätskontrolle verwendet. Sie die-
nen vor allem dazu, z. B. bei Bohrpfählen Unregelmäßigkeiten des Pfahlschaftes, wie Ein-
schnürungen oder Verdickungen, festzustellen. Dabei sollten dem Ausführenden der Integri-
tätsprüfungen alle relevanten Unterlagen, wie z. B. Bohrprotokolle und Baugrundgutachten,
zur Verfügung gestellt werden, um seine Messergebnisse besser interpretieren zu können.
340 6 Pfahlgründungen

Des Weiteren sollte nicht nur ein so genannter „Problempfahl“ getestet werden sondern meh-
rere Pfähle, um ein „Normsignal“ für die Baustelle zu erhalten. Dabei lassen sich z. B. die
Einflüsse aus Schichtgrenzen ermitteln [42].

6.7.3.2 Ultraschallprüfverfahren

Durch Ultraschallprüfverfahren (Cross-hole sonic logging) kann die Betonqualität von Pfäh-
len überprüft werden. Dazu werden je ein Ultraschallgeber und –empfänger parallel in vorab
am Bewehrungskorb installierten Stahlrohren mit konstanter Geschwindigkeit entlang des
Pfahlschaftes bewegt. Aus der Wellenlaufzeit und der Energie des empfangenen Signals wer-
den Impedanzänderungen und damit Hohlräume, Kiesnester etc. im Beton ermittelt [7].

6.7.3.3 Tragfähigkeitsmessungen (High-Strain-Method)

Bei der Tragfähigkeitsmessung werden am Pfahlkopf Dehnungen und Beschleunigungen


während des Rammschlages gemessen. Die damit ermittelten Kurven werden z. B. nach dem
direkten Case-Verfahren ausgewertet [8].

Die Berechnung der Tragfähigkeit aus den gemessenen Werten nach dem Case-Verfahren
erfolgt auf der Grundlage der Wellenmechanik. Der Pfahl wirkt wie ein elastischer Stab, dem
durch einen Impuls eine Stoßwelle eingeprägt wird. Die Stoßwelle durchläuft den Pfahl mit
einer Wellengeschwindigkeit, die vom Elastizitätsmodul und der Dichte des Pfahlmaterials
abhängt.

Bei Querschnittsänderungen des Pfahls, am Pfahlfuß und durch auftretende Mantelreibung


werden Teile der Stoßwelle reflektiert. Somit wird am Messquerschnitt am Pfahlkopf ständig
die Summe der Ausgangswelle und deren Reflektionen gemessen. Hieraus lässt sich bei
Kenntnis des Dämpfungsbeiwertes des Bodens die statische Tragfähigkeit des Pfahles ermit-
teln. Der Dämpfungsbeiwert kann entweder als Erfahrungswert eingesetzt oder über eine
Kalibrierung an einer statischen Probebelastung bestimmt werden.

Werden weitere Aussagen über das Tragverhalten eines Pfahles (z. B. die Last-Setzungs-
Linie) benötigt, ist eine Auswertung nach dem Capwap-Verfahren erforderlich.
6.7 Prüfung von Pfählen 341

Literatur
[1] Straub, H.: Die Geschichte der Bauingenieurkunst. 4. Aufl., Birkhäuser Verlag, Basel,
1996
[2] Arz, P., Schmidt, H.G., Seitz, J., Semprich, S.: Grundbau, In: Beton-Kalender Teil II,
Ernst & Sohn, Berlin, 1994
[3] Becker, H.: Baugrunderkundungen für Pfahlgründungen. In: Vortragsband zum Sym-
posium „Stand von Normung, Bemessung und Ausführung von Pfählen und Pfahlwän-
den“, München, 1977. Herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik
(DGGT), Essen, 1977
[4] Empfehlungen des Arbeitskreises Pfähle, Herausgegeben von der DGGT, Ernst &
Sohn, Berlin 2007
[5] Hartung, M.: Qualitätssicherung bei der Pfahlherstellung. In: Pfahl-Symposium 1993,
Mitteilung des Instituts für Grundbau und Bodenmechanik der TU Braunschweig
(IGB·TUBS), Heft 41, Eigenverlag, Braunschweig, 1993
[6] Meier, K.: Dynamische Pfahltests an Spundbohlen. In: Sonderheft zum 15-jährigen
Bestehen des Instituts, Mitteilung des IGB·TUBS, Heft 30, Eigenverlag, Braunschweig
1989
[7] Klingmüller, O.; Schallert, M.; Gottlöber, B.; Mayer, Ch.: Ultraschallprüfung und
Hammerschlagprüfung. In: Pfahl-Symposium 2005, Mitteilung des IGB·TUBS, Heft
Nr. 80, Eigenverlag, Braunschweig 2005
[8] Empfehlungen für statische und dynamische Pfahlprüfungen, Arbeitskreis 2.1 der
DGGT, 1998
[9] Meseck, H.: Integritätsprüfungen an mantel- und fußverpressten Bohrpfählen. In: Dy-
namische Pfahltests, Mitteilung des IGB·TUBS, Heft 38, Eigenverlag, Braunschweig,
1991
[10] Franki Grundbau: Firmeninformation "Atlaspfahl"
[11] Kempfert, H.-G.; Smoltczyk, U.: Pfähle. In: Grundbautaschenbuch, Teil 3, 6. Auf-
lage, Ernst & Sohn, Berlin, 2001
[12] Hartung, M.: Einflüsse der Herstellung auf die Pfahltragfähigkeit in Sand. Mitteilung
des IGB·TUBS, Heft 45, Eigenverlag, Braunschweig, 1994
[13] Kolymbas, D.: Pfahlgründungen, Springer-Verlag, Berlin, 1989
[14] Rodatz, W.: Überblick über die Pfahlsysteme – Untersuchungsbedarf. In: Pfahl-
Symposium 1993, Mitteilung des IGB·TUBS, Heft 41, Eigenverlag, Braunschweig,
1993
[15] Schnell, W.: Verfahrenstechnik zur Sicherung von Baugruben. 2. Aufl., Teubner-
Verlag, Stuttgart, 1995
[16] Kühn, G.: Abhängigkeit der Ramm- und Ziehverfahren von der Bodenbeschaffenheit.
In: Baumaschine und Bautechnik, 1980, Heft 8, S. 558-567
[17] Theiner, J.: Rammen und Ziehen - Geräte und Hilfsmittel. In: Tiefbau, Ingenieurbau,
Straßenbau, 1987, Heft 1, S. 19-26
[18] van Luipen, P.: Entwicklung von Rammgeräten. In: Pfahl-Symposium 1993, Mitteilung
des IGB·TUBS, Heft 41, Eigenverlag, Braunschweig, 1993
342 6 Pfahlgründungen

[19] Brühl, W. Ch.: Das klassische Rammen aus der Sicht von 1978. In: Tiefbau, Ingenieur-
bau, Straßenbau, 1978, Heft 1, S.14-22
[20] Fa. Krupp: Firmenprospekt „Müller-Vibratoren“
[21] Fa. Franki Grundbau: Firmeninformation Presspfahl
[22] Drees, G.: Rammen und Ziehen. In: Grundbautaschenbuch Teil 2, 6. Auflage, Ernst &
Sohn, Berlin, 2001
[23] Fa. Krupp: Firmenprospekt Müller Teleskopmäkler
[24] Empfehlungen des Arbeitsausschusses „Ufereinfassungen" Häfen und Wasserstraßen,
EAU 2004, 10. Auflage, Ernst & Sohn, 2004
[25] Centrum-Pfähle: Typenprüfbericht für Stahlbetonrammpfähle
[26] Fotoarchiv G. Maybaum
[27] Fa. Bauer Spezialtiefbau: Firmeninformation Bohrpfähle
[28] Seitz, J.M.; Schmidt, H.-G.: Bohrpfähle, Ernst & Sohn, Berlin, 2000
[29] Fa. Bauer Spezialtiefbau: Firmeninformation Großdrehbohrgerät BG 9
[30] Fa. Bauer Spezialtiefbau: Firmeninformation Gerätetechnik, Großdrehbohrgerät BG 42,
2005
[31] DIN EN 1536: Bohrpfähle, Ausgabe Juni 1999
[32] Fa. Brückner Grundbau GmbH: Firmeninformation Bohrpfähle
[33] Fa. Franki Grundbau: Firmeninformation Atlaspfahl
[34] Fa. König Pfahlgründung: Firmeninformation Fundexpfahl
[35] Fa. Franki Grundbau: Firmeninformation VB-Pfahl
[36] Fa. Brückner Grundbau: Firmeninformation Schraubbohrpfähle
[37] Fa. Brückner Grundbau: Firmeninformation Ortbeton-Rammpfähle
[38] Fa. Franki Grundbau: Firmeninformation Stahlrohrpfähle
[39] Fa. Franki Grundbau: Firmeninformation Frankipfahl
[40] Rodatz, W.: Grundbau und Bodenmechanik IV, Studienunterlagen zum Vertiefungs-
studium, IGB·TUBS, Eigenverlag, Braunschweig, 1990
[41] Hartung, M.: Integritätstests an Modell- und Bauwerkspfählen. In: Dynamische Pfahl-
tests, Mitteilung des IGB·TUBS, Heft 38, Eigenverlag, Braunschweig, 1991
[42] Wienholz, B.: Anwendungsmöglichkeiten für die Messausrüstung der Pfahldynamik.
In: Messen in der Geotechnik, Mitteilung des IGB·TUBS, Heft 44, Eigenverlag, Braun-
schweig, 1994
7 Grundwasserhaltungen

7.1 Grundlagen der Planung und Ausführung

7.1.1 Einführung
Wasser beeinflusst als Grund-, Oberflächen- und Niederschlagswasser wesentlich die Pla-
nung und Ausführung von Bauvorhaben des Erd- und Grundbaus. Zu berücksichtigen sind
dabei insbesondere Auswirkungen auf die gewählte Konstruktion und die Dimensionierung
der Baugrubensicherung, Gründung, Böschungssicherung etc. Zudem prägt es insbesondere
bei fein- und gemischtkörnigen Böden maßgeblich die Bodenparameter Festigkeit und Stei-
figkeit.

Für zahlreiche Schäden bei Bauvorhaben ist Wasser ursächlich. Die sorgfältige Vorerkun-
dung, Planung und Ausführung sowie die Überwachung im Sinne einer Qualitäts- und ggf.
Beweissicherung bei Wasserhaltungen und der dazu erforderlichen Einrichtungen ist deshalb
unumgänglich.

Maßnahmen zur Wasserhaltung sind in der Bauphase erforderlich, wenn das Gründungs-
niveau einer Flächengründung unterhalb des Grundwasserspiegels liegt. Nach projektspezifi-
schen Erfordernissen wird das Wasser abgeleitet (Gräben), abgesenkt (Brunnen) und/oder
abgesperrt (vertikale und/oder horizontale Barrieren). Grundwasserabsperrungen (Barrieren)
werden häufig als Baugrubensicherungen ausgeführt.

Die technische, wirtschaftliche und ökologische Bedeutung von Wasserhaltungsmaßnahmen


ist durch die folgenden Aspekte gekennzeichnet:
– Wirtschaftliche Nutzung des Untergrundes unterhalb des Grundwasserspiegels bei
Verknappung und Verteuerung besonders des innerstädtischen Baugrundes
– Optimierte Trassierungen/Gradienten und kurze Wege an Verknüpfungen sowie land-
schaftsästhetische Gestaltungen im Verkehrswegebau erfordern technisch und wirt-
schaftlich aufwendige Wasserhaltungen bei der Bauausführung
– Beeinflussung von Anrainern durch Wasserspiegeländerungen
– Schonung der Wasserressourcen durch minimale Eingriffe, d. h. keine Absenkung,
Rückbau von Barrieren, Entwicklung innovativer Baustoffe etc.
– Ableitung des geförderten Wassers nach Quantität und Qualität, beispielsweise bei an-
thropogenen Kontaminationen oder natürlichen Inhaltsstoffen
– Ingenieurtechnisches Niveau der Maßnahme
– Plan- und Kalkulierbarkeit sowie Beherrschbarkeit der jeweiligen Maßnahme

G. Maybaum et al., Verfahrenstechnik und Baubetrieb im Grund- und Spezialtiefbau,


DOI 10.1007/978-3-8348-8269-1_7,
© Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
344 7 Grundwasserhaltungen

7.1.2 Erkundung der Boden- und Grundwasserverhältnisse


Die sorgfältige Erkundung der Boden- und Grundwasserverhältnisse sowie deren realistische
ingenieurtechnische bzw. -geologische Interpretation sind notwendige Voraussetzungen für
eine fachgerechte und erfolgreiche Ausführung einer Wasserhaltungsmaßnahme. Die Unter-
suchung der Boden- und Grundwasserverhältnisse obliegt dem Bauherrn. Der Umfang der
erforderlichen Feld- und Laboruntersuchung sowie der Ingenieurleistungen wird individuell
und projektspezifisch durch den Sachverständigen für Geotechnik, der üblicherweise vom
Entwurfsverfasser eingeschaltet wird, festgelegt. Der geotechnische Bericht bzw. bei unter-
geordneten Maßnahmen adäquate Angaben des Entwurfverfassers müssen entweder der Aus-
schreibung beiliegen (selten) oder die Wasserhaltung wird einrichtungstechnisch und baube-
trieblich im Detail ausgeschrieben.

Grundvoraussetzung für eine zielgerichtete Erkundung der Boden- und Grundwasserverhält-


nisse sind detaillierte Unterlagen zu dem projektierten Vorhaben sowie Angaben zu benach-
barten baulichen Anlagen (vgl. Kapitel 7.1.4):
– Lagepläne des Projektes, Grundrisse und Schnitte mit Höhenangaben (in m NN), Katas-
terauszug, Ver- und Entsorgungsinfrastruktur, Kampfmittel etc. Diese Informationen
muss der Entwurfsverfasser zusammenstellen.
– Bohrprofile, Grundwasserverhältnisse, geologische Übersichts- und Baugrundkarten, lo-
kale Besonderheiten von Boden und Fels, Fluss- und Landeskulturbaumaßnahmen. Diese
Informationen können bei Geologischen Landesämtern, Bergämtern, Landesvermes-
sungsämtern, Wasserwirtschaftsverwaltungen, Geotechnischen Instituten und Versor-
gungsunternehmen abgefragt werden.
Auf dieser Grundlage werden die geotechnischen und hydrogeologischen Untersuchungen,
insbesondere für die Wasserhaltung, geplant und unter fachtechnischer Begleitung ausge-
führt. Inhalte dieser Untersuchungen können sein:
– Ortsbegehung, Luftaufnahmen, organoleptische Beurteilung von Aufschlüssen
– Aufschlussbohrungen und Pegeleinrichtungen (Bodenprofile, Wasserstände)
– Kleinstbohrungen und Sondierungen als Ergänzung der Schlüsselbohrungen
– Durchlässigkeitsversuche in situ und geophysikalische Untersuchungen
– Bodenmechanische Laboruntersuchungen sowie Wasser- und ggf. Bodenanalytik
Bei der Ortsbegehung können unmittelbar geologische, hydrologische und zivilisatorische
Gegebenheiten (Geländeform, Quellen, Feuchtstellen, Wasserläufe, Bauwerke etc.) festge-
stellt und gezielt untersucht werden.

Die erforderliche Qualität und Quantität geotechnischer Untersuchungen wird in der


DIN 4020 - Geotechnische Untersuchungen für bautechnische Zwecke behandelt.
7.1 Grundlagen der Planung und Ausführung 345

Die Bohrverfahren sind so zu wählen, dass eine durchgehende Gewinnung von Bodenproben
zumindest des Aquifers gewährleistet ist. Die EN ISO 22475 gibt einen Überblick über die
Eignung verschiedener Bohrverfahren im Boden und Fels. Die DIN 4020 erläutert u. a.
Untersuchungen der Grundwasserverhältnisse.

Die Abstände der Bohrungen sollen bei homogenem Baugrund bei Hochbauten etwa 20 bis
40 m und bei Linienbauwerken 50 bis 200 m betragen. Bei Einzelfundamenten von Sonder-
bauwerken (Schornsteine, Brücken etc.) sollen etwa 2 bis 4 Aufschlüsse durchgeführt wer-
den. Im heterogenen Baugrund ist das Aufschlussraster entsprechend zu verdichten.

Der Bereich, der um die Baugrube herum aufgeschlossen werden muss, wird von der Ab-
senktiefe und der zunächst geschätzten Durchlässigkeit des Untergrundes bestimmt. Nähe-
rungsweise kann ein Bereich untersucht werden, der dem 20-fachen der Absenktiefe s ent-
spricht. Für eine genauere Betrachtung muss die Reichweite R der Absenkung berechnet
werden. Diese lässt sich nach der Formel von Sichardt (nicht dimensionstreu) abschätzen:

R ≈ 3000 ⋅ s ⋅ k
mit R: Reichweite der Absenkung [m]
s: Absenktiefe [m]
k: Durchlässigkeitsbeiwert des Bodens [m/s]
Die Durchlässigkeiten der Böden werden nach DIN 18 130 - Bestimmung des Wasserdurch-
lässigkeitsbeiwertes unterschieden (Tabelle 7.1):
– sehr schwach durchlässig k < 10-8 m/s
– schwach durchlässig 10-8 m/s ≤ k ≤ 10-6 m/s
– durchlässig 10-6 m/s < k ≤ 10-4 m/s
– stark durchlässig 10-4 m/s < k ≤ 10-2 m/s
– sehr stark durchlässig 10-2 m/s > k

Tabelle 7.1 Größenordnung der Durchlässigkeit von Böden (Erfahrungswerte)

Durchlässigkeitsbeiwert k [m/s]
Bodenart
Grenzbereiche überwiegend
Steine, Geröll > 10-1
Fein- bis Grobkies 10 bis 10-2
-4
3 ⋅ 10-2 bis 2 ⋅ 10-2
-5 -2
Grobsand 10 bis 10 10-4 bis 10-3
Mittelsand 10-6 bis 10-3 10-4
Feinsand 10-6 bis 10-3 10 bis 10-4
-5

Lehm 10-10 bis 10-6 10-9 bis 10-8


Schluff 10-9 bis 10-5 10-9 bis 10-7
Löß 10-10 bis 10-5 10-10
10-9 (schluffig)
Ton 10-12 bis 10-8
bis 10-11 (fett)
346 7 Grundwasserhaltungen

Die Endteufe der Bohrungen ist von der Absenktiefe sowie von der Durchlässigkeit und der
Struktur des Untergrundes abhängig. Unbeschadet der gründungstechnisch bedingten Auf-
schlusstiefe sollen die Erkundungen im Zusammenhang mit der Wasserhaltung mindestens
10 m in den Aquifer und 5 m unter die Brunnensohle sowie bis zur 2-fachen Absenkung
unter den Ruhewasserspiegel reichen.

Bei Baugruben muss die Erkundungstiefe im Allgemeinen mindestens 2 m unter die Unter-
kante der Baugrubenumschließung reichen. Wenn bis zu dieser Tiefe keine natürliche
Grundwasserbarriere (Grundwasserhemmer) erreicht wird, muss die Erkundung bis mindes-
tens 5 m unter die Unterkante der Umschließung ausgeführt werden. Es ist vorteilhaft, die
Bohrungen zu temporären Grundwassermessstellen (Pegeln) und ggf. Brunnen auszubauen
und dort die Spiegelhöhe sowie ggf. die Fließgeschwindigkeit zu beobachten. Der Grundwas-
serstand, die Fließrichtung und die Fließgeschwindigkeit sind jahreszeitlichen Schwankun-
gen unterworfen. Deshalb ist es für die Festlegung der Bemessungswasserstände erforderlich,
die Beobachtungen frühzeitig vor der Maßnahme und in regelmäßigen Abständen durchzu-
führen. Während der Baumaßnahme können diese Pegel zur Kontrolle der Wirksamkeit der
Wasserhaltung bzw. der Wasserabsperrung genutzt werden. Der temporäre Schutz und der
anschließende Rückbau der Pegel ist zu beachten.

Vor der Baugrunderkundung ist die Durchlässigkeit und die Struktur des Bodens sowie die
Art und Tiefe der Baugrubenumschließung unbekannt. Daher wird empfohlen, die Endteufe
der Bohrungen großzügig zu wählen. Aus dem Probematerial der Bohrungen werden nach
organoleptischer Ansprache repräsentative Proben ausgewählt und labortechnisch untersucht.
Auf der Grundlage der Untersuchungsergebnisse werden Schichtenverzeichnisse erstellt und
bodenmechanische Klassifikationen durchgeführt. Darauf aufbauend wird der Untergrund als
generalisiertes Ingenieurmodell in Schichten mit relevanten Bodenparametern und Bemes-
sungswasserständen abgebildet. Dieses Modell dient als Grundlage für die bautechnische
Planung.

Für den Entwurf der Wasserhaltung sind zusätzliche Angaben über etwaige Feinschichtun-
gen, unterschiedliche Durchlässigkeiten, jahreszeitliche Spiegelhöhenänderungen (in m NN)
und Wasseranalysen (zur Beurteilung der Korrosions- und Verockerungsgefahr etc.) notwen-
dig.

Die Bodendurchlässigkeit wird nach DIN 18 130 untersucht. Für bautechnische Zwecke ist es
im Allgemeinen ausreichend, die Durchlässigkeit grobkörniger Böden nach der Kornvertei-
lung zu ermitteln (DIN 18 123 - Bestimmung der Korngrößenverteilung). Nach Hazen be-
trägt die Durchlässigkeit für reinen Sand
k = 0,0116 ⋅ d 102
mit k: Durchlässigkeitsbeiwert des Bodens [m/s]
d10: Korndurchmesser bei 10 % Siebdurchgang [mm]
Durch die verbesserte Formel von Beyer wird zusätzlich die Ungleichförmigkeit U = d60/d10
und die Lagerungsdichte des Bodens berücksichtigt:

k = c ⋅ d102
7.1 Grundlagen der Planung und Ausführung 347

mit k: Durchlässigkeitsbeiwert des Bodens [m/s]


c: Beiwert nach BEYER
c = 0,012 bei U = 5, lockerste Lagerung
c = 0,005 bei U = 20, dichteste Lagerung
d10: Korndurchmesser bei 10 % Siebdurchgang [mm]
Die Durchlässigkeit eines Bodens wird für eine Wassertemperatur von 10°C angegeben. Bei
niedrigeren Temperaturen verkleinert und bei höheren Temperaturen vergrößert sich der k-
Wert. Beispielsweise beträgt die Durchlässigkeit bei 5°C 0,87 k und bei 25°C 1,46 k. Des
Weiteren wird die Durchlässigkeit durch Gaseinschlüsse, z. B. bei Wiederversickerungen,
deutlich reduziert.

Zuverlässiger als Laboruntersuchungen sind Durchlässigkeitsversuche im Gelände. Daher


sind Probeabsenkungen bei umfangreichen Wasserhaltungen zu empfehlen und bei heteroge-
nem Baugrund sogar erforderlich.

Bei einer Probeabsenkung werden die in einem Brunnen entnommene Wassermenge q sowie
mindesten zwei Pegelstände des Absenktrichters im stationären Zustand gemessen (Bild 7.1).
Aus diesen Werten kann die Durchlässigkeit des Bodens ermittelt werden:
q ln x 2 − ln x1
k= ⋅
π y 22 − y12
mit k: Durchlässigkeitsbeiwert des Bodens [m/s]
q: Förderrate des Brunnens [m3/s]
x: Abstand des Pegels vom Brunnen [m]
y: Spiegelhöhe im Pegel [m]

Bild 7.1 Pegelanordnung für eine Probeabsenkung


348 7 Grundwasserhaltungen

Weitere Möglichkeiten zur Bestimmung der Durchlässigkeit sind Versickerungsversuche,


Einschwingversuche (k > 10-6 m/s), Packerversuche (Festgestein), Slug-Bail-Tests (kurze
Spiegeländerungen im Pegel/Brunnen bei k < 10-4 m/s) sowie Markierungsversuche (Tracer-
versuche) und Flowmeter-Tests (Fließgeschwindigkeitsmessungen). Die Planung, Durchfüh-
rung und Auswertung dieser Untersuchungen erfordert besondere Fachkenntnisse. Dafür sind
geeignete Fachleute einzuschalten.

Bei längerfristigen Wasserhaltungen, insbesondere bei einer Wiederversickerung des Grund-


wassers, und bei potentiellen Kontaminationen müssen Wasseranalysen durchgeführt wer-
den. Die Analysen sollen den originären Zustand im Hinblick auf die Wasserhaltung (Korro-
sions-, Verockerungs-, Versinterungs-, Verstopfungsgefahr) beschreiben. Zusätzlich sollen
Prognosen über mögliche Veränderungen des Wassers aus der Wechselwirkung zwischen
dem Bauverfahren und dem Wasser bzw. Boden ermöglicht werden. Darüber hinaus sind
Analysen vor und während/nach der Maßnahme bei der Bewertung des Eingriffs in den
Grundwasserhaushalt hilfreich. Bauchemische Untersuchungen zur Baustoffaggressivität
sind nur bedingt brauchbar. Für die Analytik und Bewertung der Wasseranalysen empfiehlt
sich - auch in ökochemischer Hinsicht - die Einschaltung entsprechender Fachleute.

7.1.3 Verfahren der Wasserhaltung und Wasserabsperrung


Ein Bauwerk wird bevorzugt in einer trockenen Baugrube hergestellt. Eine Wasserhaltung
bzw. -absperrung ist erforderlich, wenn oberhalb der geplanten Baugrubensohle Grundwasser
ansteht. Hierfür werden prinzipiell drei verschiedene Verfahren angewandt:
– Grundwasserabsenkung
– Grundwasserabsperrung
– Grundwasserverdrängung
Bei einer Grundwasserabsenkung wird der Grundwasserspiegel durch eine offene Wasserhal-
tung (vgl. Kapitel 7.2) oder durch Brunnen mit Schwerkraft- oder Vakuumentwässerung (vgl.
Kapitel 7.3) bis unter die Baugrubensohle abgesenkt.

Eine Grundwasserabsperrung mittels Spund-, Bohrpfahl-, Schlitz- oder Düsenstrahlwände


(vgl. Kapitel 4.7 bis Kapitel 4.10) unterbindet den seitlichen Wasserzustrom zur Baugrube.
Um zu verhindern, dass Wasser von unten in die Baugrube eindringt, müssen die Verbau-
wände in eine wasserundurchlässige Schicht einbinden. Wenn keine undurchlässige Boden-
schicht in technisch und wirtschaftlich erreichbarer Tiefe ansteht, muss der Baugrund z. B.
durch eine Injektions- oder Unterwasserbetonsohle (vgl. Kapitel 4.10 und Kapitel 4.11) ab-
gedichtet werden. Bei Grundwasserabsperrungen wird von einer geschlossenen Grundwas-
serhaltung gesprochen.

Eine weitere Möglichkeit, Baugrubensohlen oder Fehlstellen in Schlitz-, Bohrpfahl- und


Spundwänden abzudichten, ist das Verfahren der Bodenvereisung. Aufgrund der hohen
Energiekosten wird diese Methode jedoch nur in Sonderfällen angewandt.
7.1 Grundlagen der Planung und Ausführung 349

Bei der Grundwasserverdrängung wird das Wasser durch Druckluft aus dem Arbeitsraum
ferngehalten. Dies wird z. B. mit dem Einsatz von Senkkästen ermöglicht. Dieses Bauverfah-
ren ist auf Sonderfälle wie z. B. beim Tunnelbau, bei der Gründung von Brückenpfeilern oder
Seeschiffskajen beschränkt.

Die Wahl eines geeigneten Verfahrens richtet sich im Wesentlichen nach den folgenden
Randbedingungen:
– Größe und Form der Baugrube
– Absenktiefe des Grundwasserspiegels
– Baugrundverhältnisse (Bodenart, Schichtung, Durchlässigkeit)
– Wasserverhältnisse (gespanntes/nicht gespanntes Grundwasser, Grundwasserstockwerke)
– Gefährdung der Nachbarbebauung, Verkehrswege und Leitungen
– Platzverhältnisse
– vorgesehene Baugrubensicherung
Die generellen Vor- und Nachteile der drei Verfahren zur Wasserhaltung sind in der Tabelle
7.2 zusammengestellt:

Tabelle 7.2 Vor- und Nachteile der Wasserhaltungsverfahren


Wasserhaltungs-
Vorteil Nachteil
verfahren
Grundwasser- -kostengünstig - Vorlaufzeit vor Aushubbeginn erforderlich
absenkung -in vielen Böden anwendbar - Platzbedarf für Brunnen
-technisch einfach durchführbar - großer Einzugsbereich
-mit jeder Verbauart kombinierbar - wasserhaushaltsrechtliche Probleme
-keine Wasserdruckbelastung der - Setzungsgefahr für benachbarte Bauwerke
Verbauwände - in Kiesen wegen des starken Wasserandranges
häufig nicht anwendbar
Grundwasser- - in allen Böden anwendbar - Verbauwände müssen wasserdicht sein und auf
absperrung - keine kontinuierliche Entnahme Wasserdruck bemessen werden
von Grundwasser erforderlich - häufig nur wirtschaftlich bei einer wasser-
- keine Setzungsgefahr für benach- undurchlässigen Bodenschicht in geringer Tiefe
barte Bauwerke infolge einer - nicht zurückgebaute vertikale Abdichtungen
Wasserhaltung (Schlitz-, Bohrpfahlwand) können dauerhaft die
- Brunnen sind nur für die Entwäs- Grundwasserströmung beeinflussen
serung der Baugrube erforderlich
Grundwasser- - in praktisch allen Böden anwend- - hohe Kosten aufgrund der Arbeiten unter
verdrängung bar Druckluft
durch Druckluft - keine Grundwasserentnahme - Anwendung generell auf 30 m unterhalb des
erforderlich Grundwasserspiegels begrenzt
- nur für kompakte Bauwerke (z. B. Brückenpfei-
ler, Einzelblöcke von Tunneln) geeignet, da das
Bauwerk als Ganzes abgesenkt wird
- regelmäßiger Bauwerksgrundriss erforderlich
(z. B. kreisförmig oder rechteckig)
350 7 Grundwasserhaltungen

7.1.4 Planung der Wasserhaltung

7.1.4.1 Grundwasserabsenkung
Für die Planung und Dimensionierung einer Grundwasserabsenkung sind umfangreiche
Unterlagen erforderlich, die die ausschreibende Stelle, i. d. R. der Bauherr, dem Unternehmer
zur Verfügung stellen muss. Zudem legt der Bauherr fest, ob dieser, ggf. unter Einbezug
eines Fachplaners, die Planung der Grundwasserabsenkung selbst durchführt oder an den
Unternehmer übergibt.

Im ersten Fall übernimmt der Bauherr die Verantwortung für die Richtigkeit der Dimensio-
nierung und die Zweckmäßigkeit der Anlage. Der Unternehmer ist für eine technisch ein-
wandfreie Herstellung und Betreibung zuständig. Im zweiten Fall ist der Unternehmer für die
Planung der Grundwasserabsenkung verantwortlich. Allerdings bleibt die Gewährleistung für
die Richtigkeit der für die Ausschreibung notwendigen Angaben grundsätzlich beim Bau-
herrn. Dieser muss die Angebote hinsichtlich der Preise und der technischen Eignung über-
prüfen. Damit der Unternehmer ein Angebot erstellen kann, sind fallweise die folgenden An-
gaben in den Ausschreibungsunterlagen erforderlich:
– Zweck, Umfang, Absenkungsziel und ungefähre Dauer der Grundwasserabsenkung
– Bodenschichtung und Durchlässigkeit
– Höhe des unbeeinflussten Grundwasserspiegels und dessen Schwankungen
– Angaben über Gewässer oder Wasserentnahmen, die die Grundwasserabsenkung beein-
flussen können, einschl. Wasseranalysen
– Einbeziehen von Oberflächen-, Sicker- oder Schichtenwasser oberhalb des unbeeinfluss-
ten Grundwasserspiegels, einschl. Bemessungsniederschlag
– Baugrubenabmessungen, Gründungstiefen, Gründungsarten und Lasten benachbarter Be-
bauung
– Zustand der von der Absenkung betroffenen baulichen Anlagen vor Beginn der Grund-
wasserabsenkung und Verteilung der Haftung bei eintretenden Schäden
– Besondere Maßnahmen zum Schutz benachbarter Grundstücke und Bauwerke
– Fläche und geforderter Grundwasserstand für Objekte, die durch eine Wiederversickerung
zu schützen sind
– Maximal mögliche Erhöhung des Grundwasserstandes bei einer Wiederversickerung bei
fehlendem Vorfluter
– Bauablauf- und Bauzeitenpläne, soweit nicht durch den Unternehmer bestimmt
– Betriebsdauer (Brunnenbetriebstage) der Anlage, als Abrechnungsbasis
– Vorhaltedauer (Brunnenvorhaltetage) der Anlage, als Abrechnungsbasis
– Wartungsdauer der Anlage (in Kalendertagen) , als Abrechnungsbasis
7.1 Grundlagen der Planung und Ausführung 351

– Lage und Aufnahmefähigkeit des Vorfluters, Ableitung in Gerinnen oder geschlossenen


Leitungen, ggf. über besondere Bauwerke (z. B. Rohrbrücken)
– Angaben über die Stromversorgung
– Anzahl und Beschreibung der Entnahmebrunnen einschließlich Abdichtungen, aller er-
forderlichen Armaturen und Geräte zur Brunnensäuberung/-regenerierung
– Leistungsangaben für die einzelnen Pumpen
– Durchmesser und Länge der Rohrleitungen
– Art und Stärke der Notstromversorgung
– Erforderliche Sicherheitseinrichtungen
– Art und Umfang vorzusehender Reserveanlagen
– Umstellungen der Wasserabsenkungsanlage beim Fortschreiten der Bauarbeiten
– Verschließen von Brunnen (z. B. aufgrund behördlicher Auflagen)
– Einbau von Wassermessvorrichtungen
– Anzahl und Art der Messpegel
– Art und Umfang der Prüfungen und ggf. Behandlung des geförderten Wassers aufgrund
behördlicher Auflagen
– Einbau der Anlage innerhalb oder außerhalb der Baugrube
– Bohrebene für die Herstellung der Absenkungs- und Versickerungsbrunnen
– Maßnahmen zum Schutz des Bauwerks gegen Aufschwimmen bei unbeabsichtigtem vor-
zeitigem Ansteigen des Wassers
– Vorkehrungen für Erweiterungsmöglichkeiten der Grundwasserabsenkungsanlage

7.1.4.2 Grundwasserabsperrung
Bei einer Grundwasserabsperrung sind für eine ordnungsgemäße Leistungsbeschreibung vom
Bauherrn insbesondere folgende Angaben aufzuführen:
– Gründungstiefen, Gründungsarten und Lasten benachbarter Bebauung
– Zusätzliche Belastung des Verbaus
– Baugrubenabmessung, Höhenlage der Oberkante des Verbaus
– Besondere Anforderungen an die Dichtigkeit
– Verbot von Absteifungen des Verbaus gegen ein Bauwerk (z. B. wegen Abdichtungs-
arbeiten)
– Ausbildung der Anschlüsse an das Bauwerk
– Vorhalten oder Liefern von Bauteilen und -stoffen
– Lage und Art der für den Verkehr vorzusehenden Überfahrten und Übergänge
352 7 Grundwasserhaltungen

7.1.5 Projektierung und Überwachung der Wasserhaltung


Bei dem Entwurf und der Planung einer Wasserhaltungsmaßnahme müssen im Einzelnen bei
den im Kapitel 7.1.3 erläuterten Aspekten weitere Einflüsse berücksichtigt werden. Zum Bei-
spiel sind bei einer Grundwasserhaltung mit Brunnen die Auswirkungen einer Grundwasser-
absenkung zu untersuchen. Mögliche Probleme liegen beispielsweise in der Setzungsgefahr
des umliegenden Bodens, der Beeinflussung des Wasserhaushaltes und der Schädigung der
Flora. Diese Faktoren werden im Folgenden näher erläutert.

7.1.5.1 Beeinflussung der Nachbarbebauung durch Setzungen


An benachbarten baulichen Anlagen können aufgrund von Grundwasserabsenkungen Set-
zungsschäden auftreten. Die Schäden werden durch eine Änderung der Spannungsverhältnis-
se im Boden verursacht. Der durch die Absenkung entfallende Auftrieb bewirkt eine Erhö-
hung der wirksamen Spannungen im Korngerüst. Diese zusätzlichen Spannungen führen zu
einer Zusammendrückung bzw. einer Setzung des Baugrundes. Da der Absenktrichter des
Grundwassers je nach Bodendurchlässigkeit stark gekrümmt sein kann, können ggf. große
Setzungsdifferenzen auftreten. Bei einer Wiederversickerung sind Setzungen infolge Sen-
kungen/Sackungen bei Wassersättigung vormals teilgesättigter Schichten möglich.

Vor Beginn einer Wasserhaltungsmaßnahme ist eine Untersuchung der Gründungsart und
-tiefe der Nachbarbebauung erforderlich. Der Zustand der Bebauung soll in einem Beweissi-
cherungsverfahren dokumentiert werden. Während der Wasserhaltung sind eventuell auftre-
tende Setzungen der Nachbargebäude, z. B. durch Nivellements, zu überwachen und inge-
nieurtechnisch zu bewerten.

Falls die Grundwasserabsenkung benachbarte Versorgungsbrunnen z. B. von Industriebetrie-


ben beeinflusst, sind zusätzliche Untersuchungen/Maßnahmen erforderlich.

7.1.5.2 Beeinflussung des Wasserhaushaltes


Bei einer Grundwasserabsenkung wird entweder Wasser entnommen und in einen Abwasser-
kanal bzw. Vorfluter abgeleitet, oder das Wasser wird teilweise oder vollständig wiederversi-
ckert.

Die Entnahme des Wassers beeinträchtigt den natürlichen Grundwasserhaushalt erheblich.


Die Ableitung des Wassers kann problematisch sein. Zum Beispiel können zusätzliche, starke
Regenfällen zur Überlastung von Abwassersystemen führen. Eine Wiederversickerung des
Wassers kann sinnvoll sein. Die Versickerungsfläche muss weit genug vom Absenktrichter
entfernt liegen, damit das abgeführte Wasser nicht sofort der Brunnenanlage zufließt. Eine
Wiederversickerung ist aus bautechnischen Aspekten insbesondere bei Grundwasserabsper-
rungen, bei denen nur das durch die Baugrubensohle eintretende Wasser abgepumpt wird
(Restwasserhaltung), sinnvoll.
7.1 Grundlagen der Planung und Ausführung 353

Das Abpumpen und die Wiederversickerung des Grundwassers birgt jedoch ökologische
Probleme, wenn das Wasser durch die Baumaßnahme (z. B. durch Zement, Öl etc.) verunrei-
nigt ist. Bei der Wiederversickerung wird das kontaminierte Wasser direkt dem Grundwasser
zugeführt. Zudem können durch die Änderung der Grundwasserhydraulik bislang unbekannte
Altlasten mobilisiert und verschleppt werden.

Ferner kann der Wasserhaushalt nach Beendigung der Absenkung durch im Boden verblei-
bende Brunnen gestört werden. Wenn ein Absenkungsbrunnen verschiedene Wasserhorizonte
erfasst, können diese miteinander in Verbindung treten, wenn bei der Brunnenherstellung
keine Abdichtung im Bereich der Sperrschicht angebracht wurde. Dies ist besonders proble-
matisch, wenn dadurch ein Wasserhorizont, der zur Wasserversorgung genutzt wird, verun-
reinigt wird.

7.1.5.3 Beeinflussung der Flora


Bei der Durchführung einer Grundwasserabsenkung muss die benachbarte Flora beobachtet
werden, da durch die Absenkung den Pflanzen das Wasser entzogen wird, was zu irrepara-
blen Schäden führen kann.

In den Ausschreibungsunterlagen bzw. spätestens im Bauvertrag muss das Absenkziel für das
jeweilige Bauverfahren festgelegt werden. Ferner soll bei der Projektierung der Baumaßnah-
me der Bemessungswasserstand sowie die zulässige Absenkung außerhalb der Baugrube hin-
sichtlich der Gefährdung der Nachbarbebauung/Flora definiert werden. Die maximale För-
derrate bei der Wasserverbringung bzw. die Wasseraufnahmefähigkeit des Vorfluters muss
festgesetzt werden. Bei Grundwasserabsperrungen ist ein Grenzwert für die zulässige Rest-
wassermenge vorzugeben.

Dieser Grenzwert regelt die Menge des in die Baugrube eintretenden Restwassers global,
d. h. bezogen auf die gesamte Baugrubenbegrenzung, und lokal, d. h. pro Wassereintrittstelle.

Zur Überwachung einer Wasserhaltung gehört neben den vorab beschriebenen Faktoren die
Aufstellung und Durchführung einer Qualitätssicherung.

Ferner ist es Aufgabe der Bauüberwachung, die Menge bzw. Vorhaltezeit des Materials und
der Geräte sowie die Betriebszeit der Anlage und die Arbeitszeit der Bedienungsmannschaft
als Abrechnungsgrundlage zu prüfen. Die Abrechnungseinheiten sind in der DIN 18 305 -
Wasserhaltungsarbeiten geregelt.

7.1.6 Technische Begriffe und Abkürzungen


Zum besseren Verständnis der Verfahrenstechnik der Grundwasserhaltung werden die ver-
wendeten Fachbegriffe der Grundwasserabsenkung (in Anlehnung an die DIN 4049 –
Hydrologie) und der Grundwasserabsperrung erläutert:
354 7 Grundwasserhaltungen

Absenktiefe gibt die Tiefe an, bis zu der das Grundwasser in einem
Brunnen abgesenkt werden kann bzw. wird
Absenktrichter beschreibt den Verlauf des abgesenkten Grundwasserspie-
gels
Absenkziel beschreibt die erforderliche Absenktiefe
Anrainer ist ein benachbartes Gewässer, Bauwerk etc.
Aquifer ist eine grundwasserführende Bodenschicht
Artesisches Grundwasser hat eine Druckfläche über der Grundwasser- und Erdober-
fläche
Aufschlussbohrung ist eine Bohrung, die zur Untersuchung/Bestimmung des
anstehenden Bodens dient
Bemessungswasserstand ist der Wasserstand, der für die Bemessung zugrunde gelegt
wird
Bodenanalytik umfasst die Bodenanalyse zur Beschreibung des originären
Zustandes des Bodens
Durchlässigkeitsbeiwert beschreibt die Wasserdurchlässigkeit eines Bodens (k-
Wert)
EAB Empfehlungen des Arbeitsausschusses „Ufereinfassungen“
Häfen und Wasserstraßen
Filterstabilität beschreibt den Widerstand gegen Auswaschen von Boden-
partikeln bei einer Durchströmung mit Wasser
Förderhöhe ist die Höhe, bis zu der eine Pumpe Wasser fördern kann
Gekernte Bohrung ist eine Bohrung, bei der der vollständige Bohrkern (ge-
kernte Bodenprobe) entnommen wird
Gespanntes Grundwasser hat eine Druckfläche oberhalb der Grundwasseroberfläche
Grundwasser füllt Hohlräume des Untergrundes zusammenhängend aus
Grundwasserabsenkung ist die Differenz zwischen dem Wasserspiegel außerhalb
der Wasserhaltung und des Brunnens
Grundwasserdruckfläche ist der Ort der Standrohrspiegelhöhen
Grundwasserentspannung ist die Reduzierung der Grundwasserdruckfläche
Grundwasserhemmer ist eine im Vergleich zu den übrigen Bodenschichten gering
durchlässige Schicht
Grundwasserhorizont ist der Bereich, in dem Grundwasser ansteht
Grundwasserleiter sind geeignet, Wasser weiterzuleiten (Aquifer)
Grundwassernichtleiter sind baupraktisch undurchlässige Bodenschichten
Grundwasseroberfläche ist die obere Grenzfläche des Grundwassers (eine freie
Grundwasseroberfläche entspricht der Grundwasserdruck-
fläche)
Grundwassersohle ist die untere Grenzfläche eines Grundwasserleiters
7.1 Grundlagen der Planung und Ausführung 355

Grundwasserspiegel ist die gegen die Atmosphäre ausgeglichene Fläche des


Grundwassers
Grundwasserstauer ist eine wasserundurchlässige Schicht
Grundwasserstockwerk ist ein Aquifer einschließlich der oberen und unteren Be-
grenzung
in situ in natürlicher Lage / vor Ort
Natürliche Barriere ist eine baupraktisch undurchlässige Bodenschicht
Organoleptische Ansprache ist eine Untersuchung des Bodens bzw. Wassers ohne
Hilfsmittel zwecks Klassifizierung/Beurteilung
Pegel ist eine Grundwassermessstelle, die zur Überwachung der
Spiegelhöhe, ggf. der Fließgeschwindigkeit und zur Probe-
entnahme ausgebaut ist
Probeabsenkung ist eine Methode zur Bestimmung des Durchlässigkeitsbei-
wertes des Bodens in einem bestimmten Bereich eines
Grundwasserhorizontes
Quelle ist ein örtlich begrenzter Grundwasseraustritt
Reichweite eines Brunnens ist die Strecke, auf der der Grundwasser-
spiegel abgesenkt wird
Restwasserhaltung beinhaltet das Abpumpen des durch die Baugrubensohle
eingetretenen Wassers sowie des Oberflächen- bzw. Re-
genwassers bei einer Grundwasserabsperrung
Sickerwasser ist unterirdisches, gravimetrisch bewegtes Wasser
Teufe bezeichnet die Tiefe einer Bohrung
Thixotropie ist die Neigung eines Stoffes, sich unter Einwirkung einer
dynamischen Belastung zu verflüssigen
un-/vollkommene Brunnen binden nicht bzw. binden in eine wasserundurchlässige
Schicht ein
Vorfluter ist ein Gewässer, das ober- bzw. unterirdisch zufließendes
Wasser aufnimmt und abführt
Verockerung ist eine Krustenbildung durch Ausfällung von im Wasser
gelösten Eisenverbindungen
Wasseranalytik umfasst die Wasseranalyse zur Beschreibung des originären
Grundwasserzustandes
WHG Wasserhaushaltsgesetz
Wiederversickerung ist das Wiedereinleiten des im Brunnen entnommenen
Grundwassers
356 7 Grundwasserhaltungen

7.2 Offene Wasserhaltung

7.2.1 Das Bauverfahren im Überblick


Bei offenen Wasserhaltungen wird das einer Baugrube durch die Sohle und aus den Bö-
schungen zufließende Wasser oberflächlich über Gräben und Rinnen in Pumpensümpfen ge-
sammelt und von dort ständig oder zeitweise abgepumpt. Auf diese Weise wird auch Regen-
wasser abgeführt.

Ihre Anwendung erfordert einen standfesten Untergrund, wie zum Beispiel bindige Böden,
Fels mit Klüften und grobem Kies, bei dem keine Auftriebsgefahr besteht. In sandigen und
kiesigen Böden dagegen ist dieses Verfahren nur möglich, wenn man die Schleppkraft des
Wassers beherrscht. Dies ist vor allem in Feinsanden schwierig.

7.2.2 Technische Grundlagen


Spezielle DIN-Normen für das Entwässerungsverfahren gibt es in der VOB/C nicht. Die All-
gemeinen Technischen Vertragsbedingungen der im Folgenden aufgeführten Normen sind
für die Bauausführung maßgebend:
Tabelle 7.3 Übersicht über geltende Normen

DIN Kurzbezeichnung DIN Kurzbezeichnung


4124 Baugruben und Gräben 18 300 Erdarbeiten
18 299 Allgemeine Regelungen für Bauarbei- 18 305 Wasserhaltungsarbeiten
ten jeder Art 18 308 Dränarbeiten

Offene Wasserhaltungen sind wegen der Grundbruchgefahr nur bis in geringe Tiefen mög-
lich. Mit zunehmender Tiefe wächst aufgrund von stärkerem Wasserandrang die Gefahr von
Bodenauflockerungen. Die Standfestigkeit und Tragfähigkeit des Bodens wird gefährdet.
Außerdem sind flache Böschungen vorzusehen. Weiter ist zu beachten, dass die Baugruben-
sohle nie ganz trocken wird, wodurch Abdichtungsarbeiten erschwert oder gar unmöglich
werden. Eine vollkommen trockene Baugrube ist nur mit großem Aufwand möglich. Es muss
dann nach tieferem Aushub eine ausreichend starke Sauberkeitsschicht aus gut durchlässigem
Material zwischen Dränungen auf der Baugrubensohle eingebaut werden.

Offene Wasserhaltungen werden häufig, trotz laufender Grundwasserabsenkung, parallel zu


Erdarbeiten für den Aushub einer Baugrube notwendig, wenn bindiger oder geschichteter
Untergrund geräumt wird. Um Aufweichungen in den jeweiligen Aushubebenen zu vermei-
den, die die Erdarbeiten wesentlich erschweren können, müssen laufend Gräben und Pum-
pensümpfe angelegt werden. Gleichzeitig muss der Erdaushub in geneigten Flächen so erfol-
gen, dass das Wasser auch zu den Gräben fließen kann. Die offene Wasserhaltung stellt hier
somit einen Teil der Erdarbeiten dar.

Aus den Böschungen austretendes Wasser wird durch Dränungen, Gräben, Kiesrigolen und
Belastungsfilter erfasst und der offenen Wasserhaltung zugeführt.
7.2 Offene Wasserhaltung 357

Besser kann Wasser durch Spülfilteranlagen, die lotrecht oder schräg eingebaut werden kön-
nen, schon vor seinem Austritt aus den Böschungen erfasst werden. Die Praxis hat gezeigt,
dass dadurch die Probleme nicht nur technisch, sondern oft auch wirtschaftlich besser gelöst
werden.

Bei der offenen Wasserhaltung ist sicherzustellen, dass die gesamte anströmende Wasser-
menge aufgenommen und abgeführt werden kann. Die anfallende Wassermenge hängt vom
Grundwasserspiegelunterschied und vom Durchlässigkeitsbeiwert k des Bodens ab.

Zum Beispiel kann die offene Wasserhaltung in feinkörnigen Böden (k = 10-9 bis 10-7 m/s),
bei denen der Wasseranfall aufgrund des k-Wertes gering ist, und bei einem Wasserspiegel-
unterschied bis 5 m wirtschaftlich eingesetzt werden. Dagegen ist dieses Verfahren in grob-
körnigen Böden (k = 10-4 bis 10-1 m/s) nur bis zu Spiegeltiefen von 2,5 bis 3 m anwendbar.
Verfahren, bei denen die Schwerkraft zur Entwässerung nicht ausreicht (z. B. im Fein-
sand/Schluff mit ∅ < 0,2 mm bzw. k<10-4 m/s), werden im Kapitel 11a Vakuumentwässe-
rung behandelt.

Bei größeren Differenzen zwischen Wasserspiegel und Baugrubensohle sowie durchlässige-


rem Boden ist eine seitliche Umspundung erforderlich. Die Umspundung erzwingt einen
größeren Fließweg des Wassers um den Wandfuß herum, und dieses tritt nur aus der Grund-
fläche der Baugrube aus.

Bild 7.2 Offene Wasserhaltung (Profil und schematischer Grundriss einer Baugrube) [1]
358 7 Grundwasserhaltungen

7.2.3 Nachweis und Dimensionierung


Dimensionierung des Filtermaterials

Bei einer offenen Wasserhaltung, die mit Hilfe von Sickergräben ausgeführt wird, muss das
Filtermaterial (Sand oder Kies) auf den Baugrund abgestimmt werden. Dadurch wird verhin-
dert, dass Bodenmaterial eingeschlämmt und die Durchlässigkeit herabgesetzt wird. Im All-
gemeinen kommen für die Berechnung der Filterstabilität die Filterkriterien von Terzaghi zur
Anwendung:

D15 D15
<4 >4
d 85 d15

mit D15: Korndurchmesser des Filtermaterials bei 15 % Siebdurchgang [mm]


d15: Korndurchmesser des abzufilternden Bodens bei 15 % Siebdurchgang [mm]
d85: Korndurchmesser des abzufilternden Bodens bei 85 % Siebdurchgang [mm]

Bild 7.3 Filterregel nach Terzaghi und Aufbau eines Kiesfilters

International sind die Filterregeln des US Corps of Engineers gebräuchlich. Diese Regeln
führen zu einem ähnlichen Filteraufbau wie die Filterkriterien von Terzaghi:

D15 D15 D50


<5 >5 < 25
d 85 d15 d 50

Berechnung des Wasserzuflusses bei einer offenen Wasserhaltung

Der Wasserzufluss in eine Baugrube bei einer offenen Wasserhaltung lässt sich nach dem
Verfahren von Davidenkoff berechnen:
7.2 Offene Wasserhaltung 359

 t  L  t 
q = k ⋅ H 2 ⋅ 1 +  ⋅ m + 1 ⋅ 1 + ⋅ n 
 H  R  H 

mit q: Baugrubenzufluss [m3/s]


k: Durchlässigkeitsbeiwert des Bodens [m/s]
L1: Länge der Baugrube
L2: Breite der Baugrube
R: Reichweite der Wasserhaltung [m]
H: Abstand zwischen Grundwasserspiegel und Baugrubensohle [m]
t: Abstand zwischen Baugrubensohle und Oberkante Wasserstauer [m]
t = H bei T > H; t = T bei T < H; t = 0 bei T = 0
T: Abstand zwischen Baugrubensohle und Oberkante Wasserstauer [m]
m, n Beiwerte [-], vgl. Bild 7.4

Bild 7.4 Berechnung des Baugrubenzuflusses nach Davidenkoff

Für feinkörnige Böden, in denen einzelne wasserführende Schichten eingelagert sind, können
keine allgemein gültigen Regeln zur Berechnung des Wasserzuflusses angegeben werden.
Die anfallende Wassermenge ist im Allgemeinen jedoch gering und somit unproblematisch.
Es besteht jedoch die Gefahr des Ausfließens wasserführender Schichten.

Um eine genauere Betrachtung durchzuführen, ist ein mittlerer Durchlässigkeitsbeiwert k der


wasserführenden Schichten zu schätzen. Auf der Grundlage dieses k-Wertes wird der Was-
serzufluss für eine offene Wasserhaltung ermittelt. Danach kann je nach Stärke der wasser-
führenden Schicht ein entsprechender Prozentsatz für den Wasserzufluss angenommen wer-
den.

7.2.4 Das Bauverfahren

7.2.4.1 Beschreibung der Arbeitsprozesse


Häufig wird die offene Wasserhaltung in Kombination mit geböschten Baugruben eingesetzt,
um das anstehende Grundwasser während Ausschachtungsarbeiten provisorisch oder nach
Beendigung dauerhaft aufzufangen und abzuleiten.
360 7 Grundwasserhaltungen

Im Folgenden wird nur auf die dauerhafte Einrichtung einer offenen Wasserhaltung nach
Beendigung des Baugrubenaushubs eingegangen, d.h. nach Fertigstellung des Feinplanums.
Einrichten und Betreiben einer provisorischen Wasserhaltung während des Aushubs verlau-
fen ähnlich. Der Ablauf besteht im Wesentlichen aus einer Aneinanderreihung von Erd- und
Dränarbeiten und lässt sich durch folgende Vorgänge beschreiben:
– Aushub der Sickergräben mit einem Längsgefälle von mindestens 0,5 % (Tiefe 0,5 bis
1,0 m - Breite bzw. Dimensionierung nach anfallender Wassermenge)
– ggf. Laden und Transportieren des Grabenaushubs aus der Baugrube
– Verfüllen der unteren Grabenhälfte mit Filtermaterial oder alternativ: Auslegen von Geo-
textilien und Einbringen von grobkörnigem Bodenmaterial (Sand oder Kies)
– Verlegen der Dränleitungen
– Verfüllen und Verdichten der oberen Grabenhälfte, ggf. kann der ausgehobene Boden
verwendet werden
– Aushub des Pumpensumpfes (Anordnung an der tiefsten Stelle der Baugrube ggf. mehre-
re, Tiefe mindestens 1,0 bis 1,5 m unter Baugrubensohle, Durchmesser ca. 1,0 m)
– Einsetzen der Verkleidung (Brunnenringe, gelochte Betonrohre, perforierte Fässer o. ä.)
– Verfüllen des Freiraums zwischen Verkleidung und Erdreich mit Filtermaterial (ggf.
Verwendung von Geotextilien)
– Einsetzen der Pumpen (Unterwasserpumpen) bzw. Aufbau der Pumpen und Verlegen der
Saugleitungen (Vakuumpumpen)
– Verlegen der Druckleitungen zum Vorfluter und Montieren der Anschlüsse einschl. aller
Form- und Passstücke
– Nach Beendigung der Baumaßnahme muss die Anlage zurückgebaut werden:
– Ausbau der Pumpen
– Rückbau aller Leitungen
– Rückbau und Verfüllen des Pumpensumpfes und ggf. der Dränleitungen

Tabelle 7.4 Prozesse zur Einrichtung einer offenen Wasserhaltung / Horizontalabsenkung

Prozesse Teilprozesse Geräte


Aushub der Sickergräben (1) Ausheben der Gräben und An- - Hydraulikbagger oder Bagger-
schluss an den Pumpensumpf lader
I
(2) Transport des Bodenaushubs
- Lkw
Verlegen der Dränage- (1) Verfüllen der unteren Graben- - Radlader oder Baggerlader
leitungen hälfte mit Filtermaterial
II (2) Verlegen der Dränageleitungen - Radlader oder Baggerlader,
(3) Verfüllen und Verdichten der Verdichtungsgerät
oberen Grabenhälfte
Herstellen des Pumpen- (1) Aushub des Pumpensumpfes
- Hydraulikbagger oder Bagger-
III sumpfes (2) Verlegen der Brunnenringe
lader, Verdichtungsgerät
(3) Verfüllen mit Filterkies
7.2 Offene Wasserhaltung 361

Prozesse Teilprozesse Geräte


Einbau der Pumpen (1) Einsetzen der Pumpen
(2) Verlegen der Druckleitungen
- Tauchpumpen und Kleingerä-
zum Vorfluter
IV te, ggf. Hydraulikbagger oder
(3) Montieren aller Anschlüsse,
Baggerlader
einschl. aller Form- und Pass-
stücke
Betrieb und Rückbau der (1) Vorhalten der Leitungen, der - ggf. Stromaggregat
Anlage Pumpen und des Pumpensump-
V fes - ggf. Hydraulikbagger oder
(2) Ausbau der Pumpen Baggerlader
(3) Rückbau der Druckleitungen

7.2.4.2 Die Geräte

Baggerlader
Baggerlader sind eine Kombination aus Radladern und Baggern. Zwar ist ihre Leistung so-
wohl als Lader wie auch besonders als Bagger niedriger als bei den entsprechenden Sologe-
räten, dennoch stellen sie speziell bei kleineren Bauvorhaben eine echte Alternative dar.
Durch ihre universellen Einsatzmöglichkeiten können Transport- und Vorhaltekosten einge-
spart werden.

Bild 7.5 Baggerlader JCB 4CX [2]

Pumpen
In diesem Abschnitt werden die verschiedenen Pumpentypen, die bei offenen Wasserhaltun-
gen eingesetzt werden, und deren Funktionsweise erläutert. Die Pumpen werden nach ihrem
Standort unterschieden. Zum Einsatz kommen Vakuumpumpen an der Geländeoberfläche
und Tauchpumpen, die in den Pumpensumpf eingehängt werden. Wichtig ist, dass die Pum-
pen trockenlaufsicher und schmutzunempfindlich sind.

Im Bauwesen und speziell zur Wasserhaltung kommen heutzutage überwiegend Tauchkör-


per- und Tauchmotorpumpen zum Einsatz. Diese Pumpen sind in der Lage, neben reinem
Wasser auch Schmutzwasser oder Schlämme zu fördern. Tauchmotorpumpen können ganz in
das zu fördernde Wasser eingetaucht werden, da der Elektromotor vollkommen wasserdicht
in der Pumpe eingebaut ist. Sie werden unter anderem als Schmutzwasser- und als Schlamm-
ausführungen angeboten.
362 7 Grundwasserhaltungen

Während Schmutzwasserpumpen ausschließlich zur Förderung von Wasser, auch mit gerin-
gen Anteilen an ausgespülten Sanden und Feinmaterialien, geeignet sind, können mit
Schlammpumpen sogar Flüssigkeiten mit einer Dichte bis zu 2,0 kg/dm³ gefördert werden.
Alle Tauchmotorpumpen sind nach dem gleichen Grundprinzip aufgebaut. Sie gehören zur
Gruppe der Kreiselpumpen und kennzeichnen sich durch die vertikale Anordnung ihrer Mo-
tor- und Laufradwelle. Bild 7.6 zeigt beispielhaft den Aufbau von Tauchmotorpumpen. Sie
sind laut BGL mit Motorleistungen bis zu 200 kW und Förderhöhen bis zu 386 m erhältlich.
Die Wahl der entsprechenden Pumpe ist im Wesentlichen abhängig von der Fördermenge
und der erforderlichen Absenktiefe. Bei der Verwendung in Absenkbrunnen muss zusätzlich
der Pumpendurchmesser in Abhängigkeit zum Brunnendurchmesser beachtet werden.

Aufschluss über das Leistungsvermögen einer jeden Pumpe gibt die Pumpenkennlinie. Ihr
kann in Verbindung mit der Förderhöhe die entsprechende Fördermenge Q (l/s) entnommen
werden.

Die Tauchpumpen werden in die Pumpensümpfe oder auch in die Flachbrunnen eingehängt
und drücken das Wasser über Druckleitungen aus der Baugrube. Es entsteht ein so genannter
Druckbrunnen (siehe Bild 7.8).

1 Elektromotor 1.Elektromotor
2 Gleitringdichtung 2 Gleitringdichtung
3 Laufrad 3 Einkanallaufrad
4 Diffusor 4 Pumpengehäuse
5 Außenmantel 5 Ansaugöffnung
6 Druckstutzen 6 Druckstutzen
7 Elektroanschluss 7 Elektroanschluss
8 Sieb 8 Anhängebügel
9 Anhängebügel

Bild 7.6 Links: Schmutzwasserpumpen als Normalausführung


Rechts: Schlammpumpe mit Einkanallaufrad [3]

Bild 7.7 Schmutzwasserpumpe Master (Fa. Grindex) mit zugehöriger Pumpenkennlinie [4]
(Varianten: N Normaldruck , H Hochdruck , L höchste Durchflussmenge)
7.2 Offene Wasserhaltung 363

Beim Betrieb von Flachbrunnen oder offenen Wasserhaltungen werden zudem Vakuumpum-
pen eingesetzt. Sie werden an der Geländeoberfläche positioniert und saugen das Wasser
mittels Druckunterschied aus den Pumpensümpfen. Je nach Bauart unterscheidet man Ver-
dränger- oder Kreiselpumpen. Überwiegend werden selbstansaugende Kreiselpumpen ver-
wendet, bei denen eine Vakuumpumpe und eine Wasserpumpe zu einer Einheit gekoppelt
sind und die vollautomatisch arbeiten. Durch die Vakuumpumpe wird in der Saugleitung ein
Unterdruck erzeugt, durch den das Wasser nach oben gesaugt und von der Förderpumpe ab-
gepumpt wird. Die im Wasser enthaltene Luft wird in einem Trennbehälter separiert und ab-
geführt. Ihr Antrieb kann durch Elektro-, Benzin- oder Dieselmotoren erfolgen.

Die theoretische Saughöhe dieser Pumpen beträgt ca. 8 m. Jedoch können kleine Undichtig-
keiten bei Pumpe oder Saugleitung eine drastische Minderung des Wirkungsgrades hervorru-
fen. Aus diesem Grund liegt die praktische Saughöhe dieser Anlagen bei ca. 4 m.

Bild 7.8 Druckbrunnen (schematisch) [5]

Bild 7.9 Saugbrunnen (schematisch) [6]


364 7 Grundwasserhaltungen

Förderleitungen
Als Förderleitungen dienen auf Baustellen für Tauchpumpen Schläuche und Schnellkupp-
lungsrohre. Es handelt sich dabei um Synthetik- oder Gummischläuche mit Gewebe- oder
Spiraleinlagen und Schnellkupplungen. Schnellkupplungsrohre werden aus verzinkten Stahl-
blechrohren hergestellt und sowohl in dickwandiger wie dünnwandiger Ausführung angebo-
ten. Entsprechende Kupplungsteile ermöglichen einen raschen Auf- und Rückbau.

In der Regel werden für die Druck- und Saugleitungen meist Rohre oder Schläuche gleichen
Typs verwendet.

Bei der Festlegung der Förderhöhe einer Pumpe sind außer der geodätischen Förderhöhe
Reibungsverluste der Förderleitungen zu berücksichtigen. Das Nomogramm (Bild 7.10) zeigt
beispielhaft die Druckverluste hv in m für Schläuche, abhängig von der Fördermenge und
dem Durchmesser der Förderleitung für jeweils 100 m Länge.

Bild 7.10 Druckverluste bei glatten, innen gummierten Schläuchen für 100 m Länge

7.2.4.3 Die wichtigsten Stoffe


Bei der offenen Wasserhaltung werden keine Stoffe oder Materialien benötigt.
7.2 Offene Wasserhaltung 365

7.2.4.4 Der Personalbedarf


Der Personalbedarf zum Bauen und Betreiben einer offenen Wasserhaltung nach dem Her-
stellen der Baugrube setzt sich aus folgenden Personen zusammen:
– 1 Maschinist, der den Baggerlader bzw. Hydraulikbagger bedient
– 2 Helfer, die den Bodenaushub mit Handarbeit unterstützen, sowie für das Auf-, Abbauen
und Betreiben der gesamten Wasserhaltungsanlage zuständig sind

7.2.4.5 Informationen zur Kalkulation


Leistung und Kosten

Da es sich bei der Herstellung einer offenen Wasserhaltung nicht um eine Spezialtiefbau-
maßnahme handelt, sind die kalkulatorischen Aufwands- und Leistungswerte gewichtiger
Teilherstellungsprozesse aus der Literatur in Tabelle 7.5 sehr praxisnah.

Sonstige Kosten: Die Materialkosten für Brunnenringe betragen in etwa 100 bis 140
EUR/Pumpensumpf und für Filterkies 16/32 mm Körnung 15 EUR/m³ je Ortslage.

Die Einleitungsgebühren in den Vorfluter liegen zwischen 0,80 und 1,00 EUR/m³. Die Kos-
ten für den Pumpenbetrieb liegen je nach Region bei 0,30 EUR/kWh. Nachfolgende Formeln
sollen bei der Dimensionierung der Pumpen und Elektromotoren hilfreich sein [7].

Leistungsbedarf der Pumpe


PP = [kW] mit

Q = Förderstrom [l/s]
η = Wirkungsgrad der Pumpe
für Kreiselpumpen = 0,50 bis 0,85
für Kolbenpumpen = 0,80 bis 0,95
ρ = Dichte des Fördergutes [kg/dm³] für Wasser = 1 kg/dm³
g = Fallbeschleunigung (9,81 m/s²)
h = Förderhöhe in m

Bemessung des E-Motors


PM = α× [kW] mit

η = Wirkungsgrad des Motors = 0,80 bis 0,95


α = Zuschlag zum berechneten Leistungsbedarf
bis 7,7 kW ≈ 20%
7,7 bis 40 kW ≈ 15%
> 40 kW ≈ 10%
366 7 Grundwasserhaltungen

Tabelle 7.5 Betriebsmitteleinsatz

Prozess Teilprozess Gerät BGL-Nr. Personal- Kalkulatorische


(Hauptgruppen) bedarf Leistungsansätze

(1) Ausheben der Baggerlader oder D.2.01. … 1 Maschinist


Gräben und Hydraulikbagger D.1.01.0… 1 Helfer
Anschluss an
den Pumpen- Auslegerunterteil D.1.41.0…
sumpf Auslegeroberteil D.1.42.0…
I Löffelstiel D.1.43.0… 20,0 bis 32,5 m³/h
Tieflöffel D.1.60. …
(2) Transport des Lastkraftwagen 6 x 6 P.2.11. … je 1 Fahrer
Boden- Dreiseitenkippeinr. P.2.11.0 .AF
aushubs
(1) Verfüllen der Baggerlader oder D.2.01. … 1 Maschinist
unteren Gra- Radlader D.3.10. … 1 Helfer
benhälfte mit 20,0 bis 67,5 m³/h
Filter-
material
(2) Verlegen der ggf. Baggerlader D.2.01. … (1 Maschinist)
II
Dränagelei- 1 Helfer 0,05 bis 0,10 h/m
tungen
(3) Verfüllen und Baggerlader oder D.2.01. … 1 Maschinist
Verdichten Radlader D.3.10. … 1 Helfer 20 - 67,5 m³/h
der oberen
Grabenhälfte Flächenrüttler D.8.61. …

(1) Aushub des Ausstattung wie I 1 Maschinist


Pumpen- 1 Helfer
sumpfes
(2) Verlegen der Ausstattung wie I 1 Maschinist
III Brunnen- 20 - 30 h/St
1 Helfer
ringe
(3) Verfüllen mit Ausstattung wie I 1 Maschinist
Filterkies 1 Helfer
(1) Einsetzen der ggf. Baggerlader D.2.01. … (1Maschinist)
Pumpen Tauchkörperpumpe T.0.50. … 2 Helfer 2,0 bis 3,0 h/St.
für Schmutzwasser
IV (2) Verlegen der ggf. Baggerlader D.2.01. … (1Maschinist)
Druckleitun- 2 Helfer 0,3 bis 0,4 h/m
gen zum Vor-
fluter
(1) Ausbau der ggf. Baggerlader D.2.01. … (1Maschinist)
Pumpen Tauchkörperpumpe T.0.50. … 2 Helfer 2,0 bis 3,0 h/St.
für Schmutzwasser
V
(2) Rückbau der ggf. Baggerlader (1Maschinist)
Druckleitun- 2 Helfer 0,3 bis 0,4 h/m
gen
7.2 Offene Wasserhaltung 367

Tabelle 7.6 Ausgewählte Tätigkeits- und Rüstzeiten für das Einrichten einer offenen Wasserhaltung

Tätigkeit Tätigkeits- und Rüstzeiten nach


Baustelleneinrichtung Je nach Umfang der Baustelle
Sonstiges

Vorhalten und Betreiben der


Wasserhaltung, vornehmlich 2 h / AT
Kontrolle und Wartung
Räumen der Baustelle Je nach Umfang der Baustelle

7.2.4.6 Anmerkungen zur Leistungsbeschreibung


Für Wasserhaltungsarbeiten wurden ebenfalls spezielle technische Bedingungen entwickelt,
nach denen weitere Vereinbarungen getroffen werden können.

Spezielle Technische Bedingungen für Wasserhaltungsarbeiten (STB-WH) [8]


1. Nebenleistungen
Erstellen des wasserrechtlichen Antrages
2. Besondere Leistungen

(1) Einholen der wasserrechtlichen Genehmigung vor Beginn der Arbeit

(2) Herstellung, Unterhaltung und Rückbau von Rohrbrücken und Gräben zur Verlegung
von Leitungen

3. Aufmass und Abrechnung


Ergänzend zu ATV DIN 18 305, Abschnitt 5 gilt für Brunnen ATV DIN 18 302, Abschnitt 5.

7.2.5 Qualitätssicherung und Kennwerte


Um die erforderliche Qualität und Sicherheit einer offenen Wasserhaltung zu gewährleisten,
sind die nachfolgend aufgeführten bauvorbereitenden und baubegleitenden sowie Folgemaß-
nahmen erforderlich.
368 7 Grundwasserhaltungen

Tabelle 7.7 Maßnahmen zur Qualitätssicherung bei der offenen Wasserhaltung [9]

vor der Baumaßnahme während der Baumaßnahme nach der Baumaßnahme


Einholen aller wasserrechtlichen Messung der geförderten Wasser- Vermessung der Nachbargebäude
Genehmigungen menge (täglich) (Setzungen)
Ermittlung des Grundwasserstan- Kontrolle der Pumpen bezüglich Kontrolle der Gebäudeabdichtung
des Sandfreiheit Ermittlung des Grundwasserstan-
Bestimmung der Bodenkennwerte Kontrolle des Grundwasserstandes des
(z. B. k-Wert) Prüfen der Dichtigkeit des Lei- Überprüfung aller Pumpen und
Durchführung einer Grundwasser- tungssystems Leitungen auf Dichtigkeit nach
analyse Gewährleistung der Stromversor- dem Rückbau der Anlage
Einholen von Angaben über Nach- gung
bargebäude (Gründung, Statik etc.)
Erkundung der Wasserstände be-
nachbarter Gewässer

7.3 Grundwasserabsenkung mit Brunnen, Schwerkraftentwässerung

7.3.1 Anwendungsbereiche
Wenn eine offene Wasserhaltung, beispielsweise wegen des erforderlichen Absenkzieles,
nicht mehr in Frage kommt, wird eine Grundwasserhaltung mit Brunnen vorgenommen. Bei
einer Grundwasserabsenkung mit Brunnen werden vor Beginn des Baugrubenaushubs Brun-
nen eingerichtet, Rohrleitungen verlegt und Pumpen installiert. Danach wird das Grundwas-
ser mit einem zeitlichen Vorlauf zum Erdaushub abgesenkt. Damit der Aushub und die späte-
ren Arbeiten in der Baugrube nicht behindert werden, wird die Anlage bevorzugt außerhalb
der Baugrube angeordnet.

Bei sehr großen Baumaßnahmen kann es erforderlich sein, die Brunnen innerhalb der Bau-
grube anzuordnen, um das gewünschte Absenkziel zu erreichen. In diesem Fall müssen bei
der Abdichtung des Bauwerkes Zusatzmaßnahmen, wie z. B. dicht einbindende, stählerne
Brunnentöpfe, getroffen werden. Bei der Anordnung der Brunnen und bezüglich der Standsi-
cherheit der Baugrubensicherung sind Zwischenzustände zu berücksichtigen.

Bei der Grundwasserabsenkung mit Brunnen wird die Größe des Zuflusses in den Brunnen
wesentlich von dem Durchlässigkeitsbeiwert k des anstehenden Bodens bestimmt, welcher
somit die Wahl des Absenkverfahrens maßgeblich prägt. Im Bild 5.1 werden Anhaltswerte
für die Anwendungsgebiete der verschiedenen Absenkungsverfahren in Abhängigkeit von
der Bodenart bzw. dem k-Wert und der Absenkungstiefe angegeben. Die Bereiche wurden
aufgrund von praktischer Erfahrung ermittelt. Bei der Schwerkraft-, der Vakuum- und Osmo-
seentwässerung sind die jeweils günstigsten Bereiche besonders hervorgehoben.

In den folgenden Kapiteln werden die Wasserhaltungsverfahren der Schwerkraft- und der
Vakuumentwässerung erläutert.
7.3 Grundwasserabsenkung mit Brunnen, Schwerkraftentwässerung 369

Grundwasserabsperrungen

Grundwasserabsperrungen
Absenkziel / Absperrtiefe [m] 20

T ie fbrun nen Tiefbrunnen


(V akuu m ) (Sc hw erk raft)

15

10

Fla chbru nn e n
5 Flac hb runn en (Schwerkraft)
Offene (V akuu m)
W a sser-
ha ltu ng
0

T on S c hluff S and K ies

Bild 7.11 Anwendungsbereiche der Wasserhaltungsverfahren [9]

7.3.2 Das Bauverfahren im Überblick


Bei der Schwerkraftentwässerung fließt das Wasser aufgrund seiner Schwerkraft dem Brun-
nen zu. Ziel ist es, das Grundwasser durch Abpumpen ca. 0,5 bis 1,0 m unter die vorgesehene
Gründungssohle abzusenken. Es wird also ein Höhenunterschied zwischen dem ursprüngli-
chen Grundwasserspiegel und dem Wasserstand im Brunnen herbeigeführt. Eine wirtschaftli-
che Anwendung der Schwerkraftentwässerung ist bei Böden mit einem k-Wert von
k = 10-2 bis 10-4 zu erwarten.

Je nach Baugrundverhältnissen werden vollkommene oder unvollkommene Brunnen unter-


schieden (Bild 7.12). Vollkommene Brunnen binden in eine praktisch wasserundurchlässige
Schicht ein und werden nur horizontal angeströmt. Unvollkommene Brunnen enden in einer
wasserführenden Schicht. Bei diesen Brunnen muss zusätzlich der Wasserzufluss von unten
berücksichtigt werden.

Bild 7.12 Wasserzufluss zu vollkommenen und unvollkommenen Brunnen [9]


370 7 Grundwasserhaltungen

Bei langfristigen Absenkungen muss die chemische Zusammensetzung des Grundwassers


bekannt sein, da nach einiger Zeit eine Korrosions- und Verockerungsgefahr der Filterrohre
besteht. Eine Verockerung der Filterrohre entsteht durch Ausfällungen von im Wasser gelös-
ten Eisenverbindungen. Diese Ausfällungen führen zu Krustenbildungen in den Filteröffnun-
gen. In Einzelfällen lassen sich Verkrustungen durch Rückspülen beseitigen. Herrscht
Grundwasser vor, das zur Verockerung neigt, empfehlen sich eine Überbemessung des Filters
und ein langsamer Absenkvorgang.

7.3.3 Technische Grundlagen


Nachfolgend werden die zu beachtenden DIN-Normen zum Herstellen und Betreiben einer
Schwerkraft- bzw. Vakuumentwässerungsanlage aufgeführt.

Tabelle 7.8 Übersicht über geltende Normen

DIN Kurzbezeichnung DIN Kurzbezeichnung


18 300 Erdarbeiten 18 302 Brunnenbauarbeiten
18 301 Bohrarbeiten 18 305 Wasserhaltungsarbeiten

Bei der Schwerkraftentwässerung unterscheidet man:


– Flachbrunnenanlagen (Saugbrunnen)
– Tiefbrunnenanlagen (Druckbrunnen)
– Wellpoint-Anlagen (Punktbrunnen)

Flachbrunnenanlage
Die Wasserförderung aus Flachbrunnen erfolgt durch selbstsaugende Kreiselpumpen, die an
der Geländeoberfläche aufgestellt werden. Die Pumpen erzeugen in den Saugrohren einen
Unterdruck, durch den das Grundwasser angesaugt wird. Danach wird das Wasser durch die
Pumpen der einzelnen Brunnen zu Stich- und Sammelleitungen, die zum Vorfluter führen,
befördert.

Gebohrte Flachbrunnen haben je nach Bodenart und zu fördernder Wassermenge einen


Bohrdurchmesser von ca. 200 bis 400 mm. In die Bohrlöcher wird ein Filterrohr mit einem
Durchmesser von 150 bis 300 mm eingestellt. Das Saugrohr wird zentrisch in die Filterrohre
eingehängt und endet etwa 2 m oberhalb des Filterrohres.

Danach wird der Ringraum zwischen dem Filterrohr und dem Bohrrohr mit Filterkies ausge-
füllt und die Verrohrung gezogen. Um Undichtigkeiten zu vermeiden, sollen die Saugrohre
aus einem Stück bestehen. Am unteren Ende haben diese Rohre eine Rückschlagklappe, die
ein Leerlaufen der Saugleitung und der Kreiselpumpe verhindert.

Die Saughöhe einer Kreiselpumpe ist aus physikalischen Gründen auf ca. 8 m und bauprak-
tisch auf ca. 7 m begrenzt. Da der Wasserspiegel im Brunnen tiefer liegt als im Bereich der
Baugrubensohle, kann mit Flachbrunnen eine Absenktiefe von maximal 4 m erreicht werden.
7.3 Grundwasserabsenkung mit Brunnen, Schwerkraftentwässerung 371

Sind größere Absenktiefen erforderlich, so muss man eine oder zwei weitere ,,Staffeln“ von
Saugbrunnen anordnen (siehe Bild 7.13 links). Das erfordert einen erheblichen Platzbedarf,
eine Vielzahl Brunnen und entsprechende Leitungslängen. Das Absenken in mehreren Staf-
feln ist also sehr kostspielig.

Tabelle 7.9 Bewertung von Flachbrunnenanlagen

Vorteil Nachteil
schneller Aufbau und Arbeitsbeginn möglich (gerin- begrenzte Absenktiefe
ger Durchmesser, geringe Tiefe, Normung aller Anla- empfindliche Saugleitung, was bei Beschädigung
genteile) oder Undichtigkeiten zum Ausfall der gesamten An-
hohe Anpassungsfähigkeit bei Projektänderung oder lage führen kann
unvorhergesehenen Bodenverhältnissen Verlängerung der Bauzeit durch Herstellung und
Wirtschaftlichkeit Inbetriebnahme der zweiten Brunnenstaffel
Platzbedarf und Aushubmassen vergrößern sich durch
die für das Aufstellen der Pumpen und Saugleitungen
erforderlichen Bermen
die engmaschige und umfangreiche Absenkungsanla-
ge behindert den Baubetrieb

Dieses Absenkverfahren ist zugunsten der Filter-Tiefbrunnen stark zurückgegangen, insbe-


sondere die Anwendung von Mehrstaffelanlagen. Aus diesem Grund werden die Flachbrun-
nenanlagen im weiteren Verlauf dieses Kapitels nicht weiter beschrieben.

Tiefbrunnenanlagen
Bei Tiefbrunnenanlagen wird in jeden Brunnen eine Pumpe eingebaut, die das Wasser nicht
hochsaugt, sondern drückt. Es steht also nicht das gesamte Leitungssystem unter Unterdruck,
Beschädigungen führen nicht zum Ausfall der gesamten Wasserhaltung. Im Allgemeinen
werden elektrisch betriebene Unterwasserpumpen verwendet. Mit Tiefbrunnenanlagen ist
jede gewünschte Absenktiefe erreichbar.

Die Brunnen sind Kiesschüttungsbrunnen mit Bohrdurchmessern von 400 bis 1500 mm und
Filterdurchmessern von 200 bis 1250 mm. Sie sollten möglichst außerhalb der Baugrube lie-
gen, da sie dann weder den Aushub noch die späteren Arbeiten in der Baugrube behindern
(siehe Bild 7.13 rechts).

Die Bohrung wird so tief abgeteuft wie die Ergiebigkeitsberechnung es erfordert bzw. bis zur
Unterkante der wasserführenden Schicht. Von dort aus bohrt man wegen der Bauhöhe der
Tauchpumpen noch ca. 1,5 m weiter. Auf dem unten geschlossenen Sumpfrohr sitzen das mit
Schlitzen versehene Filterrohr und darüber die Aufsatzrohre.

Das Filterrohr muss von Filtermaterial umhüllt sein, damit Teile des anstehenden Bodens
nicht in das Filterrohr geschwemmt werden. Das Filtermaterial muss so beschaffen sein, dass
einerseits keine Feinteile und andererseits nicht das Material selbst in das Filterrohr eindrin-
gen. Meist genügt eine einzelne Filterschicht (Filterkies 3/7 mm), bei Böden mit hohem Fein-
sandanteil werden 2 Schichten (außen 1/3 mm) geschüttet.
372 7 Grundwasserhaltungen

Ein weiterer Vorteil der Tiefbrunnenanlage besteht darin, dass diese nachträglich durch be-
liebig viele Brunnen ergänzt werden können, falls sich herausstellt, dass mit den zunächst
installierten Brunnen das Absenkziel nicht erreicht wird.

Tabelle 7.10 Bewertung von Tiefbrunnenanlagen

Vorteil Nachteil
Geringe Anfälligkeit gegen Undichtigkeiten im Lei- zeitaufwendiger Aufbau (wegen großer Durchmesser,
tungssystem großer Tiefe)
nachträgliche Erhöhung der Brunnenanzahl möglich
jede gewünschte Absenktiefe ist erreichbar

Bild 7.13 Schnitt durch eine Grundwasserabsenkung, links: Staffelabsenkung (Saugbrunnen);


rechts: Tiefabsenkung (Druckbrunnen) [5]

Wellpoint-Anlage (Punktbrunnenanlage)

Als Wellpoint bezeichnet man Flachbrunnen einfachster Art, bei denen das Filterrohr der
Brunnen gleichzeitig als Saugrohr dient und direkt mit der Saugleitung verbunden ist. Der
Durchmesser der ca. 8 - 10 m langen Brunnenrohre beträgt 2 - 4 Zoll. Da das untere Rohren-
de auf 1 - 2 m Länge als Filter ausgebildet wird, ist eine Kiesschüttung nicht erforderlich. Die
Brunnen werden nicht gebohrt, sondern in den Boden eingespült. Im Brunnenrohr herrscht
während des Betriebes Unterdruck, der nur zum Heben des Wassers benötigt wird. Er wirkt
nicht auf den Boden. Das Wasser fließt dem Brunnen nur durch die Schwerkraft zu.

7.3.4 Nachweis und Dimensionierung


Die Dimensionierung einer Grundwasserabsenkung liefert die Festlegung der Brunnenanzahl,
des –durchmessers und der –tiefe auf der Grundlage des ermittelten Zustromes bzw. des Ab-
senkziels. Bei den Berechnungsansätzen wird in vollkommene und unvollkommene Einzel-
oder Mehrbrunnenanlagen unterschieden.
7.3 Grundwasserabsenkung mit Brunnen, Schwerkraftentwässerung 373

Vollkommene Einzelbrunnen

Für die Dimensionierung von Einzelbrunnen können die Dupuit-Thiemschen Brunnenfor-


meln unter folgenden Voraussetzungen angewandt werden:
- Die Sickerströmung bildet einen stationären Zustand, den Beharrungszustand.
- Das strömende Wasser ist homogen und isotrop. Alle Bodenporen sind mit Wasser
gefüllt, es befindet sich kein Gas im Boden.
- Die Wassermenge im Einzugsbereich ist konstant und wird weder durch Verdunstung
noch durch oberirdische Zuflüsse verändert.
- Der Boden ist homogen. Die Durchlässigkeit des Bodens ist in lot- und waagerechter
Richtung gleich groß.
- Die Brunnen erfassen die gesamte Mächtigkeit des Grundwasserleiters.
- Das lineare Strömungsgesetz von Darcy ist gültig.
- Der Grundwasserhorizont und die Mächtigkeit des Aquifers ist konstant.
- Der Kapillarraum bleibt unberücksichtigt.
- Das Wasser tritt in den Brunnen im Bereich der gesamten benetzten Filterfläche mit
gleicher, waagerechter Geschwindigkeit ein.
Obwohl diese Voraussetzungen in der Natur nicht oder nur teilweise zutreffen, geben die
Dupuit-Thiemschen Brunnenformeln für die Praxis ausreichend genaue Werte. Unter diesen
Voraussetzungen fließt einem Einzelbrunnen das Grundwasser von allen Seiten gleichmäßig
zu. Dabei bildet sich um den Brunnen ein parabelförmiger Absenktrichter. Der Trichter steigt
vom abgesenkten Brunnenwasserspiegel zunächst steil und dann allmählich flacher an. In der
Entfernung R (Reichweite des Brunnens) legt sich die Spiegellinie an den ungesenkten Was-
serspiegel asymptotisch an. Für die Berechnung des Wasserzuflusses zum Brunnen werden
verschiedene Arten von Grundwasserleitern unterschieden (Bild 7.14).

Bild 7.14 Verschiedene Arten von Grundwasserleitern [10]


374 7 Grundwasserhaltungen

a) Grundwasserleiter mit freier Oberfläche: Ein Grundwasserleiter mit freier Oberfläche


ist eine wassergefüllte, durchlässige Bodenschicht, die über einer relativ undurchläs-
sigen Sohlschicht (Wasserstauer) liegt.

b) Grundwasserleiter mit gespannter Oberfläche: Bei einem Grundwasserleiter mit ge-


spannter Oberfläche ist eine wassergefüllte, durchlässige Bodenschicht ober- und
unterhalb durch relativ undurchlässige Schichten begrenzt. Der Druck des Grundwas-
sers liegt über dem atmosphärischen Druck.

c) Grundwasserleiter mit halbgespannter Oberfläche: Ein Grundwasserleiter mit halbge-


spannter Oberfläche ist eine Übergangsform zwischen einem Leiter mit freier und ge-
spannter Oberfläche. Wenn die obere Begrenzungsschicht eines Grundwasserleiters
mit gespannter Oberfläche halb durchlässig ist, entsteht eine senkrechte Fließbewe-
gung nach unten zum Grundwasserleiter hin, sobald in diesem der Druck vermindert
wird. Eine Druckminderung tritt auf, sobald dem Brunnen Wasser entnommen wird.
Die Horizontalkomponente der Fließbewegung in der oberen Begrenzungsschicht
kann wegen der geringen Durchlässigkeit vernachlässigt werden.

d) Grundwasserleiter mit halbfreier Oberfläche: Ein Grundwasserleiter mit halbfreier


Oberfläche liegt vor, wenn die Durchlässigkeit der Begrenzungsschicht so groß ist,
dass die Horizontalkomponente der Fließbewegung in der oberen Begrenzungsschicht
nicht vernachlässigt werden kann.

Im Folgenden werden die klassischen Berechnungsansätze für freies und gespanntes Grund-
wasser von Dupuit und Thiem vorgestellt. Für die Formeln von Verruijt und Huismann zur
Berechnung von Brunnen bei Grundwasserleitern mit halbgespannter bzw. halbfreier Ober-
fläche wird auf die weiterführende Literatur verwiesen.

Bild 7.15 Wasserzufluss bei freiem Grundwasserspiegel [10]


7.3 Grundwasserabsenkung mit Brunnen, Schwerkraftentwässerung 375

Die Dupuit-Thiemsche Brunnenformel beschreibt die Spiegelfläche des Absenktrichters


eines vollkommenen Brunnens mit freiem Wasserspiegel (Bild 7.15):

Q
H 2 − h2 = ⋅ (ln R − ln r )
π *k

mit H: Abstand zwischen dem abgesenkten Grundwasserspiegel und dem


undurchlässigen Horizont [m]
h: Abstand zwischen dem Absenkziel und dem undurchlässigen Horizont [m]
Q: Wasserzufluss zum Brunnen [m3/s]
R: Reichweite des Brunnens [m]
r: Brunnenradius [m]
k: Durchlässigkeitsbeiwert des Bodens [m/s]

der allgemein

Q
y12 − y 22 = ⋅ (ln x1 − ln x 2 )
π *k

mit x1,2: Abstand zwischen der Brunnenachse und einer beliebigen Stelle der
Spiegellinie [m]
y1,2: Abstand zwischen dem abgesenkten Grundwasserspiegel und dem
undurchlässigen Horizont an einer beliebigen Stelle der Spiegellinie [m]

Durch Umformung ergibt sich der Wasserzufluss zu einem vollkommenen Brunnen mit frei-
em Wasserspiegel zu:

π ⋅ k ⋅ (H 2 − h 2 )
Q=
ln R − ln r

Die Reichweite R des Brunnens beträgt überschlägig

R = 3000 ⋅ s ⋅ k

mit s: Absenkziel [m]


k: Durchlässigkeitsbeiwert des Bodens [m/s]

Nach der Ermittlung des Wasserzuflusses Q muss überprüft werden, ob die zufließende Was-
sermenge vom Brunnen aufgenommen werden kann, d. h. ob das Fassungsvermögen des
Brunnens ausreicht.

Sichardt definiert das Fassungsvermögen eines Brunnens als die Wassermenge, die der
Brunnen je Zeiteinheit durch seine Filterfläche aufnehmen kann. Dabei gilt die Vorausset-
zung, dass am Brunnenmantel das im Boden größtmögliche Gefälle i auftritt. Durch Versu-
che ermittelte Sichardt folgenden Zusammenhang (nicht dimensionstreu) zwischen dem
Grenzgefälle i und dem Durchlässigkeitsbeiwert k:
376 7 Grundwasserhaltungen

1
i=
15 k

Damit ergibt sich für das Fassungsvermögens eines Einzelbrunnens:

k
Q' = A ⋅ v = (2π ⋅ r ⋅ h) ⋅ k ⋅ i = 2π ⋅ r ⋅ h ⋅
15

mit Q': Fassungsvermögens eines Einzelbrunnens [m3/s]


A: Filterfläche des Brunnens [m2]
v: waagerechte Fließgeschwindigkeit zum Brunnen [m/s]
r: Brunnenradius [m]
h: Abstand zwischen dem Absenkziel und dem undurchlässigen Horizont [m]
k: Durchlässigkeitsbeiwert des Bodens [m/s]
i: hydraulisches Grenzgefälle [-]

Bild 7.16 Wasserzufluss bei einem Grundwasserspiegel mit gespannter Oberfläche [10]

Die entsprechende Gleichung für die Spiegelfläche des Absenktrichters eines vollkommenen
Brunnens mit gespanntem Grundwasserspiegel lautet (Bild 7.16):

Q
H −h= ⋅ (ln R − ln r )
2π ⋅ k ⋅ m

mit m: Mächtigkeit des Grundwasserleiters [m]

oder allgemein

Q
y1 − y 2 = ⋅ (ln x1 − ln x2 )
2π ⋅ k ⋅ m
7.3 Grundwasserabsenkung mit Brunnen, Schwerkraftentwässerung 377

Somit berechnet sich der Wasserzufluss zum Brunnen folgendermaßen:

2π ⋅ k ⋅ m ⋅ (H − h )
Q=
ln R − ln r

Unvollkommene Einzelbrunnen

Bei der Herleitung der Dupuit-Thiemschen Brunnenformeln wurde vorausgesetzt, dass der
Brunnen vollständig in den Aquifer eintaucht und die Brunnensohle auf einer undurchlässi-
gen Schicht steht. Daher erhält der Brunnen keinen Zufluss von unten. Diese Voraussetzung
trifft aber im Allgemeinen nicht zu.

Die in Deutschland üblichen Berechnungsverfahren für unvollkommene Brunnen berücksich-


tigen den Zustrom von unten mit einem Zuschlag von 10 bis 30 % auf die zuvor ermittelte
Wassermenge des seitlichen Zuflusses (vollkommene Brunnen):

Bild 7.17 Erhöhung des Wasserzuflusses bei unvollkommenen Brunnen

a < H: Qu = 1,1 ⋅ Q

H < a < 2H: Qu = 1,2 ⋅ Q

a > 2H: Qu = 1,3 ⋅ Q

mit Qu: Wasserzufluss bei einem unvollkommenen Brunnen


Q: Wasserzufluss bei einem vollkommenen Brunnen
H: Abstand zwischen dem nicht abgesenkten Grundwasserspiegel und einem
fiktiven undurchlässigen Horizont
a: Abstand zwischen dem fiktiven Horizont und dem tatsächlich
undurchlässigen Horizont

Mehrbrunnenanlagen

Bei einer Grundwasserabsenkung sind i. d. R. mehrere Brunnen notwendig. Die Forchhei-


mersche Mehrbrunnenformel für die Berechnung der gleichzeitigen Absenkwirkung mehre-
rer Brunnen entspricht im Aufbau der eines Einzelbrunnens.
378 7 Grundwasserhaltungen

Bei der Herleitung der Formel wurde vorausgesetzt, dass alle Brunnen die gleiche Tiefe ha-
ben und es sich um vollkommene Brunnen handelt. Bei gleicher Fördermenge Q der Einzel-
brunnen überlagern sich zwar die Absenktrichter, aber die Reichweiten beeinflussen sich
nicht gegenseitig. Damit ergibt sich die Gleichung für die Spiegelfläche (Absenktrichter)
eines vollkommenen Brunnens bei freiem Grundwasserspiegel zu:

n⋅Q  1 
H 2 − y2 = ⋅  ln R − Σ ln xi 
π ⋅k  n 
mit H: Abstand zwischen dem abgesenkten Grundwasserspiegel und dem
undurchlässigen Horizont [m]
y: Wasserstand in dem betrachteten Punkt [m]
xi: Abstände der einzelnen Brunnen zu dem betrachteten Punkt [m]
R: Reichweite der Brunnen [m]
Q: Wasserzufluss zu einem Einzelbrunnen [m³/s]
n: Anzahl der Brunnen
k: Durchlässigkeitsbeiwert des Bodens [m/s]

oder allgemein

n⋅q  1 1 
y'2 − y' '2 = ⋅  ln x'− Σ ln x' ' 
π ⋅k  n n 
Durch Umformung ergibt sich der Wasserzufluss zu:

π ⋅ k ⋅ (H 2 − h 2 )
Q=
(ln R − ln ARE )
ARE kennzeichnet den Radius eines Ersatzbrunnens, der flächengleich zu der von den Brun-
nen umschlossenen Baugrube ist (Bild 7.18).

Bild 7.18 Mehrbrunnenanlage und Ersatzbrunnen, a) kreisförmige Baugrube, b) rechteckige Baugrube [11]

Für eine allseitig vom Brunnen umschlossene, rechteckförmige Baugrube kann der Ersatzra-
dius, wenn die Seitenlängen der Baugrube nicht zu sehr voneinander abweichen, nach fol-
gender Gleichung berechnet werden:
7.3 Grundwasserabsenkung mit Brunnen, Schwerkraftentwässerung 379

a ⋅b
ARE =
π
mit ARE: Radius eines Ersatzbrunnens [m]
a: längere Baugrubenseite [m]
b: kürzere Baugrubenseite [m]

Bei rechteckigen Baugruben mit voneinander abweichenden Seitenlängen kann nach Weber
der Ersatzradius mit der Gleichung
ARE = η ⋅ b

ermittelt werden. η wird in Abhängigkeit vom Seitenverhältnis m = a / b aus Bild 7.19 abge-
lesen.

Bild 7.19 Ermittlung von ARE bei rechteckigen Baugruben [11]

Die Gleichung für die Spiegelfläche für einen vollkommenen Brunnen mit gespanntem
Grundwasserspiegel lautet:

n⋅q  1 
H−y= ⋅  ln R − Σ ln xi 
2π ⋅ k ⋅ m  n 

oder allgemein

n⋅q 1 1 
y '− y ' ' = ⋅  Σ ln x'− Σ ln x' ' 
2π ⋅ k ⋅ m  n n 
380 7 Grundwasserhaltungen

Durch Umformung ergibt sich der Wasserzufluss zu:

π ⋅ 2m ⋅ k ⋅ (H 2 − h 2 )
Q=
(ln R − ln ARE )
Die Vorgehensweise der Bemessung einer Mehrbrunnenanlage wird im Folgenden zusam-
mengefasst:
– Festlegung der Absenktiefe unter Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlages von 0,5
bis 1,0 m.
– Ermittlung des Ersatzradius ARE.
– Abschätzen der Reichweite R: R = 3000 ⋅ s ⋅ k
– Abschätzen der Gesamtwassermenge Q: Q = n⋅q
– Wahl der Anzahl n, der Anordnung und der Durchmesser der Brunnen. In erster Nähe-
rung wird der Brunnenabstand entsprechend der Baugrubenbreite b gewählt. Bei großer
Mächtigkeit des Aquifers ist die Brunnentiefe durch einen fiktiven, undurchlässigen Ho-
rizont zu begrenzen.
– Nachweis, dass die Spiegellinie auf das gewünschte Maß abgesenkt werden kann. Der
Nachweis ist in Baugrubenmitte gemäß des Absenkzieles, an ggf. ungünstigen Stellen, die
im Vergleich zum Ersatzbrunnen exponiert liegen (z. B. Ecken einer trockenzuhaltenden
Baugrube), und an einem Brunnenrand zur überschlägigen Überprüfung der gewählten
Brunnengröße zu führen.

7.3.5 Das Bauverfahren

7.3.5.1 Beschreibung der Arbeitsprozesse


Der wesentliche Ablauf zum Betrieb einer Schwerkraftentwässerung mit Flach- bzw. Tief-
brunnen lässt sich durch folgende Vorgänge konkretisieren:
– Bohren der Brunnenlöcher, evtl. mit Verrohrung
– Einbringen der Brunnenrohre, bestehend aus: Sumpf-, Filter- und Aufsatzrohr
– Verfüllen des Ringraumes mit Filterkies
– Einsetzen und Anschließen der Tauchpumpen
– Herstellen von Förder-, Stich- und Sammelleitungen von der Pumpe zum Vorfluter
– Betreiben, Warten und Überwachen der Anlage
– nach Beendigung der eigentlichen Baumaßnahme Rückbau aller Anlagenteile und Verfül-
len der Brunnenlöcher
Abschließend werden in Tabelle 7.11 die oben genannten Arbeitsprozesse einschließlich der
dafür erforderlichen Geräte zusammengefasst.
7.3 Grundwasserabsenkung mit Brunnen, Schwerkraftentwässerung 381

Tabelle 7.11 Prozesse zu gebohrten Flach- bzw. Tiefbrunnenanlagen

Prozesse Teilprozesse Geräte


I Bohren der Brunnenlöcher (1) Brunnen bohren (inkl. Verroh- - Drehbohranlage
rung)
(2) Bohraushub beseitigen - Hydraulikbagger
II Herstellen der Absenkbrun- (1) Brunnenrohr aus Sumpf-, Filter- - Hydraulikbagger mit Lastha-
nen und Aufsatzrohr einbringen ken oder Drehbohranlage
(2) Verfüllen des Ringraums mit
Filterkies - Radlader oder Hydraulikbag-
(3) Ziehen der Verrohrung ger
- Verrohrungsmaschine
III Einbau der Pumpen (1) Aufstellen und Anschließen der - ggf. Hydraulikbagger mit
Kreiselpumpen oder Einbauen Lasthaken
der Tauchpumpen
IV Verlegen der Leitungen (1) Verlegen und Anschließen der - ggf. Hydraulikbagger mit
Steigleitungen an die Tauch- Lasthaken
pumpen
(2) Verlegen der Abflussleitung
zum Vorfluter
V Betreiben der Anlage (1) Vorhalten - Zentrale Schaltstation, Not-
(2) Überwachen stromaggregat
(3) Warten
VI Rückbau der Anlage (1) Rückbau aller Leitungen - ggf. Hydraulikbagger mit
(2) Ausbau der Pumpen und zuge- Lasthaken
hörigen Rohre
(3) Verfüllen der Brunnenlöcher

7.3.5.2 Die Geräte


Im diesem Abschnitt erfolgt die Beschreibung der Geräte, die zur Herstellung und zum Be-
treiben einer Tiefbrunnenanlage nötig sind. Die Geräte für die Flachbrunnenanlage sind iden-
tisch mit denen der offenen Wasserhaltung aus Kapitel 7.2.

Drehbohrgeräte
Bei der Herstellung von Tiefbrunnenanlagen werden die Brunnenlöcher gebohrt. Je nach
Abteuftiefe und Brunnendurchmesser werden verschiedene Bohrverfahren angewandt. In
Abhängigkeit von den Bodenverhältnissen wird mit oder ohne Verrohrung gearbeitet. In der
Regel werden verrohrte Bohrungen ausgeführt.

Nähere Angaben zu verschiedenen Bohrverfahren und Bohrgeräten werden im Kapitel 4.8


„Bohrpfahlwände“ gemacht.

Tauchpumpen
Als Pumpen kommen überwiegend Schmutzwassertauchpumpen zum Einsatz. Diese können
in normaler Ausführung, wie im Kapitel 7.2 „Offene Wasserhaltung“ bereits erläutert, oder
speziell als Brunnenversion für Tiefbrunnenanlagen angewandt werden (siehe Bild 7.20).
382 7 Grundwasserhaltungen

Bild 7.20 Schmutzwassertauchpumpe, Brunnenversion Typ Master (Fa. Grindex) [12]

Tabelle 7.12 Weitere Schmutzwassertauchpumpen der Firma Grindex als Brunnenversion [13]

Typ Minor N Minor H Major N Major H Master N Master H


Motor:
Spannung V 400 400 400 400 400 400
Frequenz Hz 50 50 50 50 50 50
Phasen 3 3 3 3 3 3
Motorleistung kW 3,2 3,2 6,1 5,6 8 8
Nennstrom A 7 6,6 11 12 16 16
Leistungsaufnahme kW 4,4 4 7,6 6,9 10 10
Drehzahl 1/min 2800 2800 2800 2800 2800 2800
Isolationsklasse F F F F F F
Pumpe:
Förderstrom max. m³/h 115 56 145 65 200 65
Förderhöhe max. m 23,5 37 25,5 44 27 70
Stufenzahl 1 1 1 1 1 2
Druckstutzen (A) R 4″ R 4″ R 4″ R 4″ R 4″ R 4″

7.3.5.3 Die wichtigsten Stoffe

Rohrleitungen
Die Steigleitungen (80 bis 150 mm) werden über Krümmer an die Sammelleitung ange-
schlossen, welche zum Vorfluter, Sickerbrunnen oder zur Sickerfläche führt.
7.3 Grundwasserabsenkung mit Brunnen, Schwerkraftentwässerung 383

Die Sammelleitungen haben bei kleineren und kurzen Baustellen Schnellverschlüsse. Diese
müssen gut gesichert sein, damit sie sich nicht unbeabsichtigt lösen können. Die Durchmes-
ser betragen l50 bis 300 mm. Vorfluterleitungen mit einem Durchmesser von 200 bis
500 mm sind überwiegend mit Flanschverbindungen versehen.

Im Rohrleitungssystem sind zusätzliche Anschlussstellen für eine evtl. offene Wasserhaltung


und zusätzliche Brunnen vorzusehen, da sich diese sonst nur schwer während des Betriebes
anbringen lassen. Außerdem sind Zapfstellen einzubauen, um die Sandfreiheit der Brunnen
überprüfen zu können. Weitere Angaben zu Rohrleitungssystemen sind im Kapitel 7.2 „Of-
fene Wasserhaltungen“ beschrieben.

7.3.5.4 Der Personalbedarf


Der Personaleinsatz für die Herstellung einer Tiefbrunnenanlage setzt sich wie folgt zusam-
men:
– 1 Maschinist, der das Bohrgerät bedient
– 2 bis 3 Helfer, die sämtliche anfallende Arbeiten ausführen, wie z. B. Verlegen der Rohr-
leitungen und Einsetzen der Pumpen
Das Bedien- und Wartungspersonal - bei größeren Anlagen sind manchmal mehrere Personen
erforderlich - muss in der Lage sein, die Anlage fachkundig in Betrieb zu halten und zu
überwachen. Die Bediensteten müssen Fehler in ihr sofort beseitigen, also auch kleinere Re-
paraturen ausführen und schadhafte Teile auswechseln, sowie die Notstromanlage bzw. den
Reserveantrieb ein- und abschalten können. Ferner müssen sie die Sandfreiheit der Brunnen
laufend überprüfen und schadhafte Brunnen sofort stilllegen. Durch tägliche Messungen sind
die Wasserstände in den Brunnen und Messpegeln zu ermitteln und in Berichten festzuhalten.

7.3.5.5 Informationen zur Kalkulation


Leistung und Kosten

Die Tabelle 7.13 geht ergänzend auf die gewichtigen Teilprozesse zur Herstellung einer
Tiefbrunnenanlage ein. Sie wurde in Anlehnung an Tabelle 7.4 erstellt und zeigt beispielhaft
die zu verwendenden Geräte. Die Einrichtung einer Flachbrunnenanlage verläuft ähnlich,
unterscheidet sich aber durch Art und Einbau der Pumpen sowie durch die Dimensionierung
der Bohrgeräte.

Die angegebenen Richtwerte gelten für einen Tiefbrunnen mit Schwerkraftentwässerung in


nicht- oder schwachbindigem Boden ohne größere Steine (entspricht Bodenklasse LN nach
DIN 18 301). Aus konstruktiven Gründen ist ein Bohrdurchmesser von 600 mm zugrunde
gelegt. Die Beseitigung des Bohrgutes kann auch nach dem anschließend durchzuführenden
Aushub gemeinsam erfolgen.
384 7 Grundwasserhaltungen

Tabelle 7.13 Betriebsmitteleinsatz

Prozess Teilprozess Gerät BGL-Nr. Personal- Kalkulatorische


(Hauptgruppen) bedarf Leistungsansätze

(1) Brunnen boh- Hydraulikbagger D.0.01. … 1 Geräteführer


ren (inkl. Ver- Bohr- und Ramm- K.2.00. … 2-3 Helfer
rohrung) gerät K.2.01. …
K.2.04. … 1,5 h/m
Kraftdrehkopf
K.7.00. … 1,4 bis 1,7 h/m
Teleskop-Kellystange K.6.0. …
Bohrschnecke
Bohrrohre
I
(2) Bohraushub Hydraulikbagger D.1.00.0… 1 Maschinist
beseitigen Auslegerunterteil D.1.41.0…
D.1.42.0…
Auslegeroberteil Transportkosten
D.1.43.0…
Stiel D.1.60. … je 1 Fahrer eventuell
Tieflöffel P.2.11. … Entsorgungskosten
Lastkraftwagen 6 x 6 P.2.11.0 .AF
Dreiseitenkippeinr.
(1) Brunnenrohr Drehbohranlage wie I 1 Geräteführer
aus Sumpf-, oder Hydraulikbagger 2-3 Helfer
Filter- und wie I
Aufsatzrohr Lasthaken am Tieflöf- D.1.60. .AC
einbringen fel
II Bagger wie I oder 1 Maschinist 1,0 h/m
(2) Verfüllen des
Ringraums mit Radlader D.3.10. … 2-3 Helfer
Filterkies
(3) Ziehen der Drehbohranlage wie I 1 Geräteführer
Verrohrung 2-3 Helfer
(1) Einsetzen der Tauchmotorpumpe T.0.40. … (1 Maschinist)
Tauchpumpe ggf. Bagger wie II 2-3 Helfer
III einschl. Steig- 6,0 h/St
rohr und Brun-
nendeckel
(2) Verlegen der Flanschenrohre inkl. T.6.. … (1 Maschinist)
IV Abflussleitung Zubehör 2-3 Helfer 0,15 bis 0,35 h/m
zum Vorfluter ggf. Bagger wie II
(1) Rückbau der ggf. Bagger wie II (1 Maschinist)
2-3 Helfer 0,15 bis 0,35 h/m
Abflussleitung
(2) Ausbau der ggf. Bagger wie II (1 Maschinist)
V 2-3 Helfer 4,0 h/St
Pumpen
(3) Beseitigung der ggf. Bagger wie II (1 Maschinist) Transport- und
Absenkbrunnen 2-3 Helfer Entsorgungs-
kosten
7.3 Grundwasserabsenkung mit Brunnen, Schwerkraftentwässerung 385

Tabelle 7.14 Ausgewählte Tätigkeits- und Rüstzeiten zur Einrichtung von Brunnenanlagen

Tätigkeit Tätigkeits- und Rüstzeiten nach

Baustelleneinrichtung 1 Tag
Tiefbrunnenanlage

Auf- und Abbau der Bohranlage 15 - 100 h


Bohrbrunnen bis 25 m herstellen und
50 bis 70 h/St
rückbauen
Kontroll- und Wartungsarbeiten wäh-
0,5 - 2 h/Tag
rend der Betriebszeit
Räumen der Baustelle 1 Tag

7.3.5.6 Anmerkungen zur Leistungsbeschreibung


Vor Beginn der Baumaßnahme sollten ein Bodengutachten hinzugezogen sowie Angaben
über benachbarte Gewässer und Gründungen angrenzender Gebäude in Erfahrung gebracht
werden, denn diese Faktoren beeinflussen die Art und Anzahl der Absenkbrunnen. Wenn
kein Bodengutachten vorliegt, ist eine Bodenuntersuchung durchzuführen.

Diese sollte folgende geologische, bodenmechanische und hydraulische Verhältnisse erfas-


sen:
– Schichtung des Baugrundes
– Grundwasserverhältnisse (freies bzw. gespanntes Wasser)
– Wasserdurchlässigkeit (k-Wert) des anstehenden Bodens
– Chemische Zusammensetzung des Grundwassers
Weiterhin gelten folgende Spezielle Technische Bedingungen, die als Ergänzung zu den oben
genannten Normen herangezogen werden können:
– STB-BP (siehe Kapitel 6.3 „Bohrpfähle“)
– STB-WH (siehe Kapitel 7.2 „Offene Wasserhaltung“)

7.3.6 Qualitätssicherung und Kennwerte


Bauvorbereitende und baubegleitende Maßnahmen zur Qualitätssicherung sind bei allen
Wasserhaltungsmaßnahmen erforderlich. Um eine hohe Sicherheit und Qualität bei der
Grundwasserabsenkung zu gewährleisten, sind die in der nachfolgenden Tabelle aufgeführten
Maßnahmen zu beachten.

Da manche Maßnahmen identisch mit denen der offenen Wasserhaltung sind, wird in der
Tabelle 7.15 auf das Kapitel 7.2.5 verwiesen.
386 7 Grundwasserhaltungen

Tabelle 7.15 Maßnahmen zur Qualitätssicherung bei Grundwasserabsenkungsverfahren [9]


vor der Baumaßnahme während der Baumaßnahme nach der Baumaßnahme
vgl. Tabelle 7.7 in Kapitel 7.2.5 vgl. Tabelle 7.7 in Kapitel 7.2.5 vgl. Tabelle 7.7 in Kapitel 7.2.5
„Offene Wasserhaltung“ „Offene Wasserhaltung“ „Offene Wasserhaltung“
Durchführung von Probebohrun- Setzungsmessungen an der Nach-
gen barbebauung
Bereitstellen von zwei unabhän-
gigen Energiequellen
Installation von optischen und
Schwerkraftanlage

akustischen Warnanlagen
Installation einer Schalteinrich-
tung zur Stromversorgung der
Pumpen
Installation einer automatischen
Umschaltvorrichtung bei Ausfall
einer Pumpe
Kontrolle auf Versinterung,
Verockerung, Korrosion
Kontrolle der Pumpenleistung
Kontrolle des Grundwasserstan-
des unter der Baugrubensohle

7.4 Grundwasserabsenkung mit Brunnen, Vakuumentwässerung

7.4.1 Das Bauverfahren im Überblick


Bei Bodenarten, bei denen die Schwerkraft nicht ausreicht, um das Wasser dem Brunnen
zufließen zu lassen, ist für eine Grundwasserabsenkung der Aufbau eines Vakuums im Boden
erforderlich, durch das das Wasser angesaugt wird. Bei einer Vakuumanlage wird der Unter-
druck im Brunnen auf den zu entwässernden Boden übertragen. Dabei ist zu beachten, dass
nur der Teil des Vakuums im Boden wirksam werden kann, der nicht zur Hebung des Was-
sers im Brunnen dient.

Die Vakuumentwässerung wird bei Feinsanden und Schluffen mit Durchlässigkeitsbeiwerten


von k = 10-4 bis l0-7 m/s angewandt.

Die Schwerkraftentwässerung allein kann nicht zur Grundwasserabsenkung dienen. Um das


Wasser aus dem Boden zu fördern, muss ein Vakuum erzeugt werden. Durch die Sogwirkung
dieses Vakuums wird das Wasser in den Spülbrunnen gesogen. Da Böschungen beim Ausfall
des Soges, z. B. durch den Defekt einer Pumpe, bereits nach kurzer Zeit ausfließen können,
sind bei der Anwendung des Vakuumverfahrens Ersatzpumpen zwingend erforderlich.
7.4 Grundwasserabsenkung mit Brunnen, Vakuumentwässerung 387

7.4.2 Technische Grundlagen


Nachfolgend werden die zu beachtenden DIN-Normen zum Herstellen und Betreiben einer
Vakuumentwässerungsanlage aufgeführt.

Tabelle 7.16 Übersicht über geltende Normen

DIN Kurzbezeichnung DIN Kurzbezeichnung


18 300 Erdarbeiten 18 302 Brunnenbauarbeiten
18 301 Bohrarbeiten 18 305 Wasserhaltungsarbeiten

Für die Vakuumentwässerung kommen Vakuumtiefbrunnen und Spülfilteranlagen in Fra-


ge.

Vakuumtiefbrunnen
Vakuumbrunnen sind in Feinböden bei Absenkhöhen > 6 m erforderlich, wenn die Platzver-
hältnisse eine Staffelabsenkung nicht zulassen. Das Wasser wird durch Tiefbrunnen gefasst.
Sie unterscheiden sich von den Tiefbrunnen in Abschnitt 11.1.1 nur durch den oberen luft-
dichten Abschluss des Kiesfilters (Ummantelung durch feuchten Lehm oder Ton) und den
vakuumdichten Abschlussdeckel auf dem Filterrohr (Bild 7.21). Alle Durchführungen, Steig-
rohr, Stromzuführung, Steuerleitungen und Vakuumleitungen müssen ebenfalls vakuumdicht
sein.

a = Filterkiespackung

b = Tonabdichtung

c = Stromzuführung

d = Förderleitung

e = Steuerleitungen

f = Vakuumleitung

Bild 7.21 Vakuumtiefbrunnen [14]


388 7 Grundwasserhaltungen

Spülfilteranlagen
Spülfilteranlagen sind die einfachste Form der Unterdruckentwässerung. Die Anlagen glei-
chen im Aufbau und in der Ausstattung im Wesentlichen den Wellpoint-Anlagen der
Schwerkraftentwässerung. Der Unterschied liegt darin, dass infolge der geringen Durchläs-
sigkeit des anstehenden Bodens auch außerhalb des Brunnens ein Unterdruck auf den Boden
wirkt. Die Absenkhöhe der Vakuumflachbrunnenanlagen ist auf 4 bis 6 m beschränkt. Um
größere Absenkhöhen zu erreichen, muss die Anlage gestaffelt werden.

Als Vakuumbrunnen dienen Rohre mit 40 bis 50 mm Durchmesser, an derem unteren Ende
eine Spülspitze angeordnet ist. Beim Absenken des Brunnenrohres tritt durch die Spülspitze
Wasser unter hohem Druck in den Untergrund aus. Dadurch wird der Boden um den Brunnen
herum aufgelockert und durch den Spülstrom außen am Brunnenrohr nach oben gefördert.
Durch diesen Vorgang werden die Brunnenrohre auf die gewünschte Tiefe abgeteuft. Das
Rohr sollte nicht mit Gewalt abgeteuft werden, da dies zur Verdichtung des anstehenden Bo-
dens führt und dadurch ein freier Wasserzufluss zum Brunnen verhindert wird.

Nach dem Erreichen der gewünschten Absenktiefe sollte der Spülvorgang noch einige Se-
kunden weiterlaufen. Dies bewirkt, dass die schweren Bodenpartikel zurückfallen und ein
Kornbett bilden, während die Feinteile weiter auftreiben.

Der dadurch entstandene Hohlraum zwischen dem Rohr- und der Lochwandung muss mit
Feinsand aufgefüllt werden. Hierfür bestehen verschiedene Möglichkeiten:
– Verwendung von Filterrohren mit aufgebrachter Feinsandummantelung.
– Einbringen von Filtersand zwischen Rohr und Boden während des Einspülens (Korn-
durchmesser 0,20 bis 0,30 mm).
– Einspülen eines äußeren Mantelrohres zusammen mit dem Brunnenrohr. Nach dem Ver-
füllen des Hohlraumes zwischen den beiden Rohren wird das Mantelrohr wieder gezogen.
– Ausspülung eines Loches von ca. 150 mm Durchmesser. Nach dem Verfüllen des Loches
mit Füllsand wird das Brunnenrohr in den Feinsand eingespült.
Im Abschluss müssen die Brunnenrohre von oben gegen eintretende Luft verschlossen wer-
den. Diese Abdichtung besteht im Allgemeinen aus einem Ton- oder Lehmpfropfen, der un-
gefähr auf der Höhe des nicht abgesenkten Grundwasserspiegels liegen sollte. Im Bö-
schungsbereich wird durch Kunststofffolie oder Spritzbeton verhindert, dass Luft seitlich in
die Anlage eindringt (Bild 7.22).

Nach dem Aufbau und der Inbetriebnahme der Anlage wird der Unterdruck nur langsam auf-
gebaut, um zu verhindern, dass die Feinteile im Boden sofort zum Brunnen hinwandern und
die Filterschlitze verschließen. Diese Regulierung erfolgt über ein, am Vakuumaggregat be-
findliches, Belüftungsventil. Der Unterdruck wird üblicherweise im Halbstundentakt um et-
wa 0,1 bar erhöht. Auf Grund der geringen Reichweite der Vakuumbrunnen können die Ab-
stände zwischen den einzelnen Brunnen nicht mehr als 1,0 bis 1,5 m betragen. Die Brunnen
werden zu Strängen von ca. 50 m Länge zusammengefasst. An jedem Strang sorgt ein separa-
tes Vakuumgerät für den erforderlichen Unterdruck.
7.4 Grundwasserabsenkung mit Brunnen, Vakuumentwässerung 389

Bei Vakuumanlagen ist es trotz der minimalen anfallenden Wassermenge Vorschrift, dass
jeder einzelne Brunnen eingeregelt und abgestellt werden kann. Das Absperrventil wird zwi-
schen der Stich- und der Sammelleitung angeo