der Philosophie des Rechts: Politik, Moral und Gesetz João Marcos Brandet Grundlinien der Philosophie des Rechts: Politik, Moral und Gesetz
Die Rechtsphilosophie wendet Erkenntnisse und Methoden der allgemeinen Philosophie,
insbesondere der Wissenschaftstheorie, der Logik, aber auch der Sprachwissenschaft und Semiotik auf das Recht und auf die Rechtswissenschaft an. Ein Beispiel aus neuerer Zeit ist die Anwendung der Diskurstheorie auf die juristische Argumentation durch Jürgen Habermas und Robert Alexy. Dabei spricht man vermehrt seit einiger Zeit auch von Rechtstheorie, deren Verhältnis zur Rechtsphilosophie schwer abzugrenzen ist. Gegenstand der Rechtsphilosophie sind nicht die Rechtsanwendung selbst (also die juristische Methodenlehre) oder die Untersuchung der sozialen Praxis des Rechts. Die Rechtsgeschichte untersucht die Entwicklung des Rechts aus historischer Sicht. Die Rechtsdogmatik beschreibt dagegen die Strukturen und Elemente des derzeit geltenden positiven Rechts. Dabei fließen insbesondere in die Auseinandersetzungen zum Rechtsbegriff stets auch Argumente und Überlegungen aus den anderen Gebieten und rechtswissenschaftlichen Grundlagenfächern mit ein. Eine scharfe Trennung zur übrigen Philosophie oder zu den Rechts- oder Sozialwissenschaften ist deshalb nicht möglich. Ein Teilgebiet sowohl der Rechtsphilosophie als auch der Politikwissenschaft ist die Staatstheorie (auch: Staatsphilosophie, politische Philosophie). Die Rechtsphilosophie greift weiter als die Staatsphilosophie, weil sie, insbesondere als Rechtstheorie, das Recht selbst allgemein untersucht, nicht nur in seinem Bezug zum Staat. Andererseits liegen jeder Rechtsphilosophie und auch jeder Rechtstheorie immer bestimmte Grundannahmen über den Staat (also etwa die Staatsform, die Regierung oder das Verfahren der Gesetzgebung) zugrunde, die auf den Geltungsgrund und auf die Funktion des Rechts zurückwirken. Das Recht hat in einem totalitären Staat eine ganz andere Funktion als in einem demokratischen Staat, und es kommt formell und materiell jeweils auf ganz andere Weise zustande. Immanuel Kants Rechtsphilosophie, dargelegt in seinem Spätwerk Metaphysik der Sitten (1797), unterscheidet sich von den naturrechtlichen Ansätzen der Aufklärung insoweit, als er aus der – von ihm ebenfalls entwickelten – Sozialanthropologie keine Folgerungen für Inhalt und Geltung des Rechts herleitet. Ebenso wie für David Hume existiert nämlich auch für Kant ein kategorialer Unterschied zwischen „Sein und Sollen“, weshalb aus der empirisch gegebenen Natur des Menschen (seinem Sein) keine rechtlichen oder moralischen Gebote (also kein Sollen) folgen könnten (vgl: Humes Gesetz). Hierin liegt der Unterschied zum Naturrecht. Das Recht ist vielmehr aus der (praktischen) Vernunft heraus zu erkennen. Empirie und Metaphysik sind in seiner Rechtsphilosophie somit streng voneinander getrennt. Mit dem Naturrecht gemeinsam ist Kant die Ablehnung der (politischen, physischen) Macht als Geltungsgrund für das Recht. Das Recht hat für Kant keinen zufälligen oder – in diesem Sinne – politischen Inhalt (so aber der Rechtsrealismus). Nicht jedes Recht sei rechtens, es müsse einen bestimmten Inhalt haben. Dieser Inhalt könne nur erkenntnistheoretisch nach Maßgabe des kategorischen Rechtsimperativs (Otfried Höffe) bestimmt werden. Das Recht ist ein System vernünftiger Ordnung der Freiheit oder, wie Kant sagt, „der Inbegriff der Bedingungen, unter denen die Willkür des einen mit der Willkür des andern nach einem allgemeinen Gesetze der Freiheit zusammen vereinigt werden kann.“ Die vom Recht gewährleisteten Handlungsfreiheiten sind also wechselbezüglich: Die Freiheiten eines jeden finden ihre Grenzen an den Freiheiten anderer. Doch hat eine vernünftige Ordnung der Freiheit außer den von Kant bezeichneten formalen Freiheitsbegrenzungen auch materielle Komponenten, nämlich eine angemessene Verteilung der realen Entfaltungsmöglichkeiten, insbesondere der Bildungschancen. So soll, sagt Fichte, der selber Sohn eines Bandwirkers war, jedem die Chance geboten werden, durch persönliche Leistung etwas zu erwerben, und es soll „nur an ihm selber liegen, wenn einer unangenehmer lebt.“ Moralische Urteile sind Urteilssprüche des Gewissens. In Anlehnung hieran kann man das Rechtsgefühl als vernunftgeleitetes, verallgemeinerungsfähiges Urteil des Gewissens darüber verstehen, was recht ist. Georg Wilhelm Friedrich Hegel setzt in seiner „Rechtsphilosophie“ die Idee der Freiheit mit dem Begriff des „objektiven Geistes“ in ganzheitlicher Weise absolut und meint die Verwirklichung des freien Willens im Bereich des Sozialen (Grundlinien der Philosophie des Rechts). Hegels Rechtslehre von der gegenseitigen Anerkennung als autonomes Subjekt greifen in unterschiedlicher Weise eine Reihe von heutigen Rechtsphilosophen auf (Norbert Hoerster, Günther Jakobs, Kurt Seelmann u. a.). Hegels Deutung des Rechts gehört zu den Traditionen des wirkungsmächtigen Gedanken des Rechtsstaates. Gustav Radbruchs „Rechtsphilosophie“ (von 1932) steht Modell für das Fach Rechtsphilosophie, so wie es im Rahmen der deutschen Rechtswissenschaft innerhalb eines demokratischen Verfassungssystems gelehrt wird. Radbruchs Rechtsphilosophie entstammt zunächst einmal dem Neukantianismus, der davon ausgeht, dass eine kategoriale Kluft zwischen Sein und Sollen besteht. Werte können demzufolge nicht erkannt werden, man kann sich zu ihnen nur bekennen. Aber Radbruch vertritt darüber hinaus einen Methodentrialismus. Zu den empirischen Wissenschaften von der Natur und den idealistischen Wertlehren träten die Kulturwissenschaften hinzu, zu denen auch das Recht gehöre. Rechtsphilosophie sei eine Form der Kulturphilosophie. Die Idee des Rechts bildet für Radbruch die Gerechtigkeit. Diese umfasse die Gleichheit, die Zweckmäßigkeit und die Rechtssicherheit. Die berühmte Radbruchsche Formel lautet: „Der Konflikt zwischen Gerechtigkeit und Rechtssicherheit dürfte dahin zu lösen sein, dass das positive Recht auch dann den Vorrang hat, wenn es inhaltlich ungerecht und unzweckmäßig ist. Es sei denn, dass der Widerspruch zur Gerechtigkeit ein so unerträgliches Maß erreicht hat, dass das Gesetz als „unrichtiges Recht“ der Gerechtigkeit zu weichen hat.“ Gesprochen wird auch vom „ethischen Minimum“ des Rechts. Der Rechtspositivismus ist die positivistische Auseinandersetzung mit dem Recht. Nach dieser Auffassung werden als Recht nur die positiv gesetzten Normen als Gegenstand betrachtet, nicht hingegen metaphysisch begründetes Sollen. Es gibt kein Recht außerhalb des von staatlichen (oder anderen) Organen gesetzten Rechts. Rechtsnormen entstehen somit in einem bestimmten Verfahren. Der Rechtspositivismus ist somit dem Naturrecht diametral entgegengesetzt, wobei dies nicht zwangsläufig ein „tertium non datur“ bedeuten muss. Bekannte Vertreter des Rechtspositivismus sind Jeremy Bentham, John Austin, H.L.A. Hart („The Concept of Law“, „Der Begriff des Rechts“), Joseph Raz, Norbert Hoerster und Hans Kelsen („Reine Rechtslehre“). Nach Hart gibt es zwei Arten von Rechtsnormen: primäre, die das eigentliche materielle Recht enthalten, und sekundäre, in denen geregelt ist, wie primäre Normen gesetzt werden sollen. Primäre Normen sind nur insoweit gültige Normen, als sie in Übereinstimmung mit den sekundären Normen gesetzt worden sind. Hierdurch entsteht das Problem des Geltungsgrunds der sekundären Normen. Es kommt zu einem Regress der rechtfertigenden Normen. Hans Kelsen löst die Frage des letzten Geltungsgrunds mit der sogenannten Grundnorm. Der Rechtspositivismus ist gerade in neuerer Zeit nicht unerheblicher Kritik ausgesetzt gewesen. Er ist vor allem im angelsächsischen Raum vorherrschend. Nachdem schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg Gustav Radbruch, ein Neukantianer, den Positivismus für die Verbrechen der Nationalsozialisten verantwortlich gemacht hatte (Radbruchsche Formel; hiergegen: H. L. A. Hart, Positivism and the Separation of Law and Morals, 71 Harvard Law Review 593 [1958]), ging auch das Grundgesetz nicht von einem rein positivistischen Rechtsbegriff aus (Absage an den Gesetzespositivismus). Rechtsprechung und Verwaltung sind demgemäß in Art. 20 Abs. 3 GG „an Gesetz und Recht“ gebunden, nicht nur an das Gesetz. Seit den 1970er Jahren haben sich vor allem in Amerika Ronald Dworkin („Taking Rights Seriously“, dt.: „Bürgerrechte ernst genommen“) und in Deutschland Robert Alexy („Begriff und Geltung des Rechts“) gegen rein (gesetzes-)positivistische Ansätze gewandt und die Auffassung vertreten, es gebe neben „rules“ auch „rights“, auf die sich der Bürger gegenüber dem Staat berufen könne, auch zur Begründung eines Widerstands gegen das staatliche Recht. Teilweise argumentiert dies jedoch an den Aussagen des Rechtspositivismus vorbei, da die meisten positivistischen Theorien lediglich einen erkenntnistheoretischen Anspruch erheben, nicht aber die Frage nach dem „richtigen Recht“ beantworten wollen. Ausgehend vom Rechtspositivismus und von der analytischen Philosophie hat sich in neuerer Zeit eine eigenständige, interdisziplinäre Rechtstheorie entwickelt, die so vielfältig ist, dass sie nicht auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden kann. Gemeinsam ist allen rechtstheoretischen Ansätzen, dass sie das Recht grundsätzlich als eigenständiges System von Normen, die in einer bestimmten Weise gesetzt worden sind, und von den gesellschaftlichen Gegebenheiten gelöst, also abstrakt diskutieren und untersuchen. Auch die Diskurstheorie und die Systemtheorie des Rechts zählen deshalb hierzu (s. u.). Ausgangspunkt ist die Beschäftigung mit Normen und deren Auslegung mit den Mitteln der Sprachphilosophie und der Semantik bzw. der Semiotik. Damit wird ein Zugang zum Recht über die Erkenntnistheorie und über die formale Logik eröffnet. Hans- Joachim Koch und Helmut Rüßmann haben in ihrer „Juristischen Begründungslehre“ rechtstheoretische Ansätze für die juristische Methodenlehre erschlossen. Während die Rechtsphilosophie vor allem auch die Frage nach der Gerechtigkeit stellt, geht es der Rechtstheorie nicht um Fragen der inhaltlichen Richtigkeit von Recht. Diese könne man (nach Ansicht des juristischen Positivismus) nicht erkennen. Wissenschaftlich erforschbar seien nur die logische Struktur von Rechtsbegriffen und Rechtssätzen und deren axiomatische Ableitbarkeit und systematische Ordnung. Zu nennen sind Jürgen Rödig, Eike von Savigny, Norbert Hoerster und Robert Alexy. Hieraus ist auch die Gesetzgebungslehre entstanden. Damit ist das Fach aber nicht ein für alle Mal festgelegt. Es ist vielmehr für neue Entwicklungen offen und kann beispielsweise auch Ansätze aus den Naturwissenschaften oder der Medizin, sofern sie für das Recht von Bedeutung sind, aufgreifen. Die Diskurstheorie des Rechts ist ein neuerer Ansatz, der auf der allgemeinen Diskurstheorie aufbaut, die von Jürgen Habermas in seiner „Theorie des kommunikativen Handelns“ entwickelt und in „Faktizität und Geltung“ speziell mit Blick auf das Recht weiter ausgebaut wurde. Kernstück der Diskurstheorie ist die sogenannte „ideale Sprechsituation“, in der alle Beteiligten ausschließlich sachlich orientiert und gleichberechtigt miteinander kommunizieren, um auf diese Weise zu einem gemeinsamen, von allen getragenen Ergebnis zu gelangen, das für alle gleichermaßen „gilt“, weil es in einem bestimmten Verfahren – dem Diskurs – erarbeitet worden ist, bei dem keiner benachteiligt wurde und in dem nur sachliche Argumente zählten. Der Geltungsgrund des Rechts liegt demnach im Konsens der Beteiligten aufgrund eines Diskurses. Die Diskurstheorie ist eine Theorie von der Geltung sozialer Normen, die speziell für moderne, pluralistische Gesellschaften entworfen wurde, in der es keine für alle Fälle verbindlichen materiellen Leitbilder mehr gibt, sondern alle Betroffenen jeweils von Fall zu Fall diskutieren müssen, welche Lösung gelten soll. Dieser Ansatz ist auf das Recht nicht ohne weiteres übertragbar. Das justizielle Verfahren ist ebenso wenig wie ein außergerichtlicher Streit, der durch eine einvernehmliche Einigung, einen sogenannten „Vergleich“ zwischen den Beteiligten also, beigelegt wird, eine „ideale Sprechsituation“ im Sinne der Diskurstheorie. Für die Gesetzgebung bestehen wiederum andere Probleme. Robert Alexy schränkt die Anforderungen an den juristischen Diskurs in seiner „Theorie der juristischen Argumentation“ deshalb dahingehend ein, dass eine juristische Entscheidung jedenfalls sachlich zutreffend begründet sein müsse. Aber auch er fordert zumindest die Anlage nicht nur der Gesetzgebung, sondern auch einer richterlichen Entscheidung als – pluralistischen – Diskurs. Die ökonomische Theorie des Rechts ist – auch in den USA – beachtlicher Kritik ausgesetzt. Ihr wird entgegengehalten, sie übersehe, dass Menschen auch nach nicht-ökonomischen Rationalitätskalkülen handeln. Sie blende wichtige Gesichtspunkte aus, indem sie sich auf ökonomische Aspekte als allein sinnvolle oder empfehlenswerte Handlungsmotivation beschränke. Es sei eine empfindliche Verkürzung in der Sache, den Inhalt des Rechts und die Legitimität seiner Geltung allein auf den Aspekt der wirtschaftlichen Effizienz zurückführen zu wollen. Aspekte, die in diesem Modell nicht abzubilden seien, seien etwa das Rechtsgefühl (von dem Ernst Blochs Rechtsphilosophie ausgeht) oder der Wunsch nach einem Zuwachs an (politischer, wirtschaftlicher, zwischenmenschlicher) Macht durch die Gestaltung von Rechtsbeziehungen oder durch das Führen von Verfahren. Einem religiös geprägten Menschen dagegen komme es nicht auf die Maximierung seines ökonomischen Nutzens, sondern der Gottgefälligkeit seines Handelns an. Vertreter der ökonomischen Analyse des Rechts entgegnen, dass Zweck-Mittel-Kalküle in anderen Gesellschaftsbereichen dem ökonomischen ähnelten. Die Kritiker bestreiten, dass sich diese Kalküle wie das ökonomische mathematisch abbilden ließen, weil ihnen ein dem Geld vergleichbares abzählbares Medium fehle. Offen bleibe auch, wessen „Nutzen“ jeweils als Maßstab dienen solle und in welcher Weise er zu messen wäre. Die Rechtssoziologie gehört zu den rechtswissenschaftlichen Grundlagenfächern und untersucht die Wechselwirkungen zwischen der Rechtsordnung und der sozialen Wirklichkeit. Sie befasst sich einerseits mit dem Einfluss der gesellschaftlichen Gegebenheiten auf das Rechtssystem, andererseits mit dem Einfluss rechtlicher und anderer Normen auf die gesellschaftliche Wirklichkeit. Im Unterschied zur Rechtswissenschaft versteht sich die Rechtssoziologie als eine empirische Wissenschaft und setzt zur Überprüfung ihrer theoretischen Thesen die Methoden der empirischen Sozialforschung ein. Hinsichtlich ihres Untersuchungsgegenstandes nimmt sie neben der Rechtsordnung auch die Existenz weiterer sozialer Ordnungsgefüge zur Kenntnis. Wesentliche Forschungsprobleme erwachsen aus der Unterscheidung zwischen sozialen und rechtlichen Normen und der faktischen Zweistämmigkeit der Entstehung der Rechtsordnung, die offenbar nur teilweise auf soziale Normen zurückzuführen ist. Im Gegensatz zur dogmatisch ausgerichteten Rechtswissenschaft versteht die Rechtssoziologie Recht als ein Phänomen der gesellschaftlichen Wirklichkeit, das durch soziale Verhaltensmuster und Zusammenhänge konstruiert wird, bestehende Macht- und Herrschaftsverhältnisse stabilisiert oder verändert. Die Sozialwissenschaften fanden in den 1970er Jahren an verschiedenen Orten Einzug in das rechtswissenschaftliche Studium, auch weil die politische Steuerung der Gesellschaft durch das Recht thematisiert wurde. Einige Universitäten erprobten eine sozialwissenschaftliche Juristenausbildung, die sich allerdings gegen das klassische Modell des dogmatisch ausgebildeten Juristen nicht durchzusetzen vermochte. Die institutionelle Anbindung der Rechtssoziologie als (vermeintliche) Grenzwissenschaft war also und ist weiterhin wenig gewährleistet. Die Rechtssoziologie ist an den deutschen Hochschulen traditionell in den rechtswissenschaftlichen und nicht in den sozialwissenschaftlichen Fachbereichen verankert. Das Spannungsfeld von Recht und Gesellschaft hat in der anglo- amerikanischen akademischen Diskussion einen vergleichsweise größeren Stellenwert (Law and Society-Bewegung). Seit 1989 existiert das International Institute for the Sociology of Law. Die Rechtstatsachenforschung untersucht beispielsweise die Entscheidungsprozesse in den juristischen Institutionen wie Gerichten oder Parlamenten, die Willensbildung in den juristischen Berufsorganisationen, z. B. den Rechtsanwaltskammern oder dem Deutschen Anwaltverein, die universitäre Rechtswissenschaft einschließlich des Literaturwesens und im weiteren Sinn die Abläufe in der juristischen Gesellschaft als Gemeinschaft aller tätigen Juristen und juristischen Mitarbeiter. Die klassische Rechtssoziologie bewegt sich zwischen zwei Paradigmen: der „soziologischen Jurisprudenz“ und der disziplinär soziologischen Analyse, der „Soziologie des Rechts“. Für die soziologische Jurisprudenz steht noch heute vor allem der Name Eugen Ehrlich. Sie ist der Versuch, über die Kenntnis der Zusammenhänge von Recht und Gesellschaft zu einem besseren Recht zu gelangen. Die Soziologie des Rechts hingegen versteht sich als ein Unterfall der allgemeinen Soziologie, die „Recht“ als gesellschaftliches Phänomen beschreiben und verstehen will. Heute geht die Forschung zu den Wechselwirkungen zwischen Recht und Gesellschaft über klassisch soziologische Ansätze hinaus. „Rechtssoziologie“ wird von vielen im Sinn der angloamerikanischen Law and Society-Forschung bzw. der socio-legal studies verstanden als ein disziplinär nicht gebundenes (transdisziplinäres) Projekt, welches das gesamte Spektrum gesellschaftlicher Rechtsforschung umfasst. Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass disziplinäre Forschungsansätze, die Recht als ein soziales Phänomen begreifen bzw. den Zusammenhang zwischen Recht und Gesellschaft untersuchen, notwendig kontingent sind, sich gerade in ihrem Pluralismus gegenseitig befruchten und nicht selten zu einer Änderung oder Erweiterung des „eigenen“ fachlichen Blickfeldes beitragen. Forschungen zu Rechtswirklichkeit in diesem Sinn (socio-legal research) umfassen neben den klassisch-soziologisch und empirischen Zugängen unter anderem die Rechtsanthropologie, Rechtsethnologie, Kulturwissenschaften, gender studies, Ökonomie, Politikwissenschaft, Sozialgeschichte und -psychologie und die Verwaltungswissenschaften. Zwischen Rechtssoziologie und Rechtstheorie bzw. Rechtsphilosophie besteht eine enge Beziehung. Je nach Gesellschaftsordnung und politischer Auffassung überschneiden sich Recht, Moral und Sitte unterschiedlich stark. Recht kann moralischen Bewertungen entspringen. So ist beispielsweise Bigamie in Deutschland verboten § 1306 BGB und strafbar. Es gibt allerdings auch moralisch neutrale Rechtssätze, zum Beispiel das Links- oder Rechtsfahrgebot im Straßenverkehr. Recht und Moral decken sich also häufig, jedoch nicht immer. Recht bezieht sich vornehmlich auf das äußere Verhalten des Menschen, während sich die Moral an die Gesinnung des Menschen wendet. Das Recht unterscheidet sich von der Moral auch durch die Art, wie es Geltung fordert und in einem normierten Verfahren durch von der Gemeinschaft autorisierte Organe (Justiz, Sicherheitsbehörden) zwangsweise durchgesetzt wird. Moralisches Verhalten kann durch staatliche Organe nur erzwungen werden, soweit es durch das Recht gefordert wird. Eine Sitte wie eine Kleiderordnung kann rechtlich verbindlich sein, muss es aber nicht. So sind Richter und Rechtsanwälte häufig gesetzlich verpflichtet, eine Robe zu tragen. Frauen aus Ländern des islamischen Rechtskreises sind in ihrer Heimat gesetzlich verpflichtet, ein Kopftuch zu tragen, müssen aber in Europa bisweilen aus den gleichen Gründen darauf verzichten. Zu den normativen Politikbegriffen lassen sich die Konzepte rechte Ordnung, Frieden, Freiheit und Demokratie zählen und insbesondere auch alle emanzipatorischen Politikdefinitionen. Dabei geht es nicht um die reine Beschreibung politischer Phänomene, sondern es wird ein wertender Soll- oder Zielwert als Hauptkategorie eingesetzt. Das Konzept Freiheit kann zum Beispiel als ein Gegenbegriff zum Konzept Macht oder Herrschaft verstanden werden. Meist werden harmonische Gemeinwohlvorstellungen angeboten, die sich nur schwer mit den heutigen pluralistischen Gesellschaftsbedingungen vereinbaren lassen. Ein spezielles Problem der Kategorie ‚Frieden‘ ist, dass sie nicht bloß die Abwesenheit von Gewalt, sondern auch den Abbau von Ungleichheiten meinen kann. Die rein deskriptiven, also beschreibenden, Politikvorstellungen lehnen Sollwerte als Wesen der Politik ab. Zu ihnen zählen die in der Einleitung gegebene Politikdefinition, diejenige von Lehmbruch und die von David Easton ("authoritative allocation of values"; Systemtheorie David Eastons). Ebenso wie die regierungszentrierten, Macht betonenden Politikbegriffe stehen diese in Gefahr, den Status quo zu stabilisieren und den gerade Herrschenden zu nutzen. Konfliktorientierte Politikbegriffe gehen von der Existenz von Konflikten als unabänderlichen und notwendigen Erscheinungen des politisch-sozialen Lebens aus. Diese Konflikte müssten durch die politischen Prozesse geregelt werden. Die Voraussetzung für die Verwendung der Kategorie Konflikt ist, dass eine hinreichend flexible und stabile Gesellschaftsstruktur vorhanden ist, die die friedliche Konfliktaustragung zwischen den verschiedenen sozialen Gruppen mit ihren divergierenden Interessen ermöglicht. Zu den konfliktorientierten Politikbegriffen gehören neben dem deskriptiven systemtheoretischen Politikverständnis auch die Konflikttheorien von Ralf Dahrendorf und Lewis Coser, die Konflikte als die Triebkräfte jedes sozialen Wandels begreifen. Auch der marxistische Politikbegriff fußt auf Konflikt als Grundkategorie, nämlich dem Kampf der Klassen und ihrer Parteien um die Durchsetzung ihrer primär sozialökonomisch bedingten Interessen. Im Gegensatz dazu ist bei konsensbezogenen Politikbegriffen das gesellschaftliche Gemeinwohl nur durch Konsens herstellbar. Zu diesen Politikbegriffen zählt neben dem klassischen emanzipatorischen Politikverständnis Jean-Jacques Rousseaus auch der Politikbegriff von Thomas Meyer. Unterschiedliche normative Vorstellungen (wie etwas sein sollte) über den Inhalt, also Aufgaben und Ziele, von Politik, führen aufgrund begrenzter Mittel (Ressourcenknappheit) dazu, dass nicht alle Wünsche befriedigt werden können. Es kommt zu Interessenkonflikten innerhalb der unterschiedlichsten Politikbereiche, wie Sicherheitspolitik, Wirtschaftspolitik, Sozialpolitik und viele weiteren. Diese Konflikte müssen im Sinne der Stabilität des politischen Systems durch Kompromisse und folgende allgemeinverbindliche Entscheidungen vermittelt werden. Policy steht also für die inhaltliche Dimension der Politik. Bezüglich der Politik einer Partei oder Regierung umfasst der Begriff, was diese zu tun beabsichtigt bzw. auch tut. Dazu gehören neben den von einer Regierung vergebenen und bewilligten materiellen Gütern auch immaterielle Aspekte. Da aber die allermeisten Maßnahmen der Politik eine materiell-ökonomische Seite besitzen, können die öffentlichen Haushalte oder die eingebrachten Haushaltsentwürfe einen Eindruck geben welche policy ein Land bzw. eine Regierung umsetzt. Wenn im Alltag von „guter“ und „schlechter Politik“ gesprochen wird, dann ist damit in der Regel die policy der Regierung gemeint. Insofern als die Bevölkerung damit beurteilt, was bei einer bestimmten Politik für wen dabei herauskommt, ist dies die Sicht der von politischen Entscheidungen Betroffenen. Die Beurteilungskriterien sind dabei in den pluralistischen Gesellschaften allerdings in der Regel sehr verschieden, abhängig von den jeweiligen Wert- und Gerechtigkeitsvorstellungen, abhängig davon, mit welchen gesellschaftlichen Gebilden (einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe oder Klasse, der Nation oder einem über die Landesgrenzen hinausreichenden gesellschaftlichen Kollektiv) sich identifiziert wird. Da es in der policy stets um gesellschaftliche Inhalte, Werte und Interessen geht, geht es nie nur um die Antwort auf die Frage nach der besten Politik. Vielmehr stehen auch die am politischen Entscheidungsprozessen Beteiligten und die Konsequenzen der Entscheidung für den Einzelnen im Fokus der Analyse. Folglich ist ebenfalls die Frage nach den Begünstigten und den Belasteten relevant. Die ablaufenden politischen Willensbildungs- und Interessenvermittlungsprozesse prägen die möglichen Ergebnisse der policy maßgeblich. Besonders Macht und ihre Durchsetzung im Rahmen der formellen und informellen Regeln bestimmen diese politics-Prozesse (Regierungskunst im weitesten Sinne) zusätzlich. In liberal-demokratischen Systemen (moderne Demokratie, mit Rechtsstaat und Marktwirtschaft) wird die Akzeptanz der Kompromissbildung dadurch erhöht, dass frühzeitig neben den Parteien auch gesellschaftliche Interessengruppen (Lobbyverbände wie Gewerkschaften und Unternehmensverbände) und Einzelpersonen in den Prozess der Entscheidungsfindung eingebunden werden. Bei der Entwicklung und Beeinflussung der policy zeigt sich die Politik von ihrer konflikthaften Seite, dem Kampf um Macht und Einfluss der verschiedenen Gruppen und Personen. Damit inhaltliche Handlungsprogramme umgesetzt werden können, bedarf es neben der Erringung, dem Erhalt und dem Ausbau von Machtpositionen, auch der geschickten Auswahl des politischen Führungspersonals, der Formulierung der Wünsche und Interessen der gesellschaftlichen Gruppen, der Abstimmung mit anderen Forderungen und Interessen um so ein umfassendes Handlungsprogramm anbieten zu können und wählbar zu sein. Dies erfordert die ständige Berücksichtigung anderer Menschen (Wähler, Parteikollegen etc.) deren mögliche Reaktionen bei der Erstellung und Durchführung der policy von vornherein mit einkalkuliert, antizipiert, werden muss. Gerade in demokratischen Systemen geht es also auch immer um das Sammeln von Zustimmung und Einwilligung zu den Handlungsprogrammen. Für die Politiker selbst ist aber daher auch der Aspekt des Kampfes um Entscheidungsbefugnis, welches mehr umfasst als die Erlangung der staatlichen Machtpositionen, entscheidend. Denn im Gegensatz zu typischen Verwaltungsbeamten, deren Kompetenzbereich klar über das Amt geregelt ist, muss sich der Politiker diesen Bereich erst erarbeiten und dann behaupten. Daher ist es für ihn zu wenig, nur die rein sachlichen Gesichtspunkte bei seiner Entscheidungsfindung zu berücksichtigen. Die Aspekte des Machterwerbs und des Machterhalts sind gerade in demokratischen, eben responsiven, Systemen besonders wichtig, insofern ist gerade die Demokratie eine hochpolitische Regierungsform. Politics spielt aber auch in autoritären Systemen eine Rolle, in denen die Führer weniger Rücksicht auf die Bevölkerung nehmen müssen. Solange die Handelnden unter einem gewissen Zwang zur Rücksichtnahme auf andere Akteure stehen und versuchen müssen, Zustimmungsbereitschaft zu erzeugen, mit welchen Mitteln auch immer, kann von politics gesprochen werden. Auf welche Art die Zustimmung geschaffen wird (Interessenberücksichtigung, Kompromiss, Überzeugung, Zwang etc.) kann dann durchaus für eine Beurteilung von Politik als „gut“ oder „schlecht“ dienen. „Unter einem ‚klugen und geschickten Politiker’ verstehen wir offensichtlich nicht einfach einen ‚guten Fachmann‘, der viel von der Sache versteht – wenn er auch das tut, umso besser –, sondern eine Person, die die Fähigkeit hat, Menschen dazu zu bringen, bestimmten Handlungsprogrammen zuzustimmen und Folge zu leisten.“ Dabei kann zwischen policy und politics nicht immer streng getrennt werden. Es gibt nicht erst ein inhaltliches Programm und dann das Bemühen um Zustimmung zu diesem. Die politische Gruppenbildung (Interessenkoalitionen) findet in Wechselwirkung mit der Programmentwicklung statt. So wird eine die Regierungsmacht anstrebende politische Partei, die gewisse gesellschaftliche Reformen beabsichtigt (oder verhindern möchte), in der Regel auch weitere Programmpunkte vertreten, die ihr zwar weniger wichtig sind, aber für die Chance auf Gewinn der Regierungsmehrheit als notwendig erachtet werden. Dies ist von der „Regierungskunst“ nicht zu trennen. Die gedankliche Unterscheidung von policy und politics rechtfertigt sich dadurch, dass es uns erlaubt, „Ordnung in unser Nachdenken über das Politische zu bringen.“ Die Verfassung, die geltende Rechtsordnung und Traditionen bestimmen die in einem politischen System vorhandenen Institutionen wie zum Beispiel Parlamente und Schulen. Dadurch wird die Art und Weise der politischen Willensbildung geprägt und der Handlungsspielraum der anderen Dimensionen beeinflusst. Politik im Sinne von policy und politics vollzieht sich stets innerhalb dieses Handlungsrahmens. Dieser ist nicht unveränderbar, aber doch so stabil, dass er nicht beliebig und jederzeit zur Disposition steht. In (modernen) Staaten drückt sich dieser zunächst einmal durch die Verfassung aus, welche hier allgemein als grundlegende Organisationsform, die das Verhältnis der Staatsorgane untereinander regelt, verstanden wird, und nicht die schon inhaltlich bestimmte Vorstellung des „Verfassungsstaats“ meint, welcher schon mit konkreten Ordnungsvorstellungen wie Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung und Garantie von Freiheits- und Bürgerrechten verbunden ist. Ferner geht die polity als Organisationsform auch über den Inhalt der geschriebenen Verfassung im engeren Sinn hinaus und umfasst auch weitere grundlegende Gesetze wie beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland das Bundeswahlgesetz oder die Bestimmungen, die das Verhältnis von Parlament und Regierung, Regierung und Verwaltung, Bund und Ländern regeln. Zur polity gehören auch die Grenzen, die dem politischen Handeln gesetzt sind (beispielsweise durch die Bürgerrechte, die Bürgerdefinition oder die Staatsgrenzen). Eine solche staatliche „Verfassung“ beruht also auch auf einer Einheit (Volk oder Bürgerbevölkerung), die durch diese „verfasst“ wird. Somit gehört zur polity auch der Aspekt der Abgrenzung. Neben die offiziellen, geschriebenen Regelwerke (Verfassung, Gesetze) tritt auch die jeweilige Politische Kultur eines Landes, man sprach auch schon von einer „doppelten politischen Verfassung“. So kann die geschriebene Verfassung eine parlamentarische Demokratie vorsehen, aber das Desinteresse der Bevölkerung oder der Missbrauch durch die Regierenden die tatsächliche Verfasstheit des Staates als autoritär begründen. Gerade die nach 1945 versuchte, allzu einfache Übertragung von westlichen Verfassungsvorstellungen auf Länder der Dritten Welt, hat dies durch ihr teilweises grandioses Scheitern gezeigt. Rechtliche Regelungen und politische Institutionen allein, egal wie ausgeklügelt das politische Institutionensystem auch sein mag, genügen nicht zur Stabilisierung eines politischen Systems und zur Erklärung der tatsächlichen Funktionsweise. Gesellschaftliche Normen und Sitten, zum Beispiel den politischen Gegner nicht unter die Gürtellinie zu schlagen, sind meist wichtiger für das Fortbestehen guter politischer Umgangsformen und damit für die Stabilität des politischen Systems, als die Möglichkeiten gegen politische Verleumdungen gerichtlich, also im Rahmen der geschriebenen Verfassung, vorgehen zu können. Zur politischen Kultur einer Gesellschaft gehören die typischen politischen Orientierungs- und Verhaltensmuster der Menschen. Es ist eine der Grundfragen der Rechtsphilosophie, in welchem Verhältnis Recht und Moral zueinander stehen. In vielerlei Hinsicht stimmen Moral und Recht (z. B. das Tötungsverbot) überein. Die Frage, wie es z. B. um moralisch verwerfliche Gesetze steht, wurde seit der Antike und in der jüngeren Geschichte besonders intensiv in der deutschen Nachkriegszeit diskutiert. Nennenswert sind hierbei insbesondere die Radbruchsche Formel zum Verhältnis von Recht und Ungerechtigkeit, die Gehorsamsverweigerung und die Frage, ob Deserteure amnestiert werden sollten. Gesetz im materiellen Sinn (auch: materielles Gesetz) ist jede generell-abstrakte Regelung mit Außenwirkung (Rechtsnorm). Das ist jede Maßnahme eines Trägers öffentlicher Gewalt, die darauf gerichtet ist, in einer unbestimmten Vielzahl von Einzelfällen bestimmte Rechtsfolgen herbeizuführen, die sich nicht ausschließlich innerhalb dieses Trägers öffentlicher Gewalt auswirken und in diesem Sinne sogenannte Außenwirkung entfalten. Gesetz im materiellen Sinne ist daher beispielsweise die 16. Verordnung zur Durchführung des Bundes- Immissionsschutzgesetzes (BImSchG), die kommunale Abwassergebührensatzung oder die ordnungsbehördliche Verordnung über die Benutzung öffentlicher Straßen. Kein Gesetz im materiellen Sinne ist dagegen eine Verwaltungsvorschrift, da sich ihre Rechtswirkungen auf den Innenbereich des erlassenden Trägers öffentlicher Gewalt beschränken. Ebenso wenig Gesetz im materiellen Sinne ist die Baugenehmigung, da sie Rechtsfolgen nicht für eine unbestimmte Vielzahl von Einzelfällen, sondern allein für einen einzigen ganz bestimmten Lebenssachverhalt (nämlich ein individuelles Bauvorhaben) entfaltet. Auch die DIN-Norm ist kein Gesetz. Weder ist das Deutsche Institut für Normung ein Träger öffentlicher Gewalt noch ist die DIN-Norm darauf gerichtet, aus sich heraus Rechtsfolgen irgendwelcher Art herbeizuführen. Gesetz im formellen Sinn (auch: formelles Gesetz, Parlamentsgesetz) ist jede Maßnahme, die in einem Verfahren zustande gekommen ist, das von Verfassungs wegen für den Erlass von Gesetzen vorgesehen ist, von den in der Verfassung dazu bestimmten Organen erlassen worden ist und die in der Verfassung für Gesetze bestimmte Form hat. Gesetz im formellen Sinn ist daher regelmäßig nur diejenige Maßnahme, die vom Parlament in einem Gesetzgebungsverfahren beschlossen und im Gesetzblatt bekannt gemacht worden ist. Beispiele: Das Bürgerliche Gesetzbuch ist daher ein formelles Gesetz, nicht aber die 16. Verordnung zur Durchführung des Bundes- Immissionsschutzgesetzes. Die beiden Begriffe sind nicht deckungsgleich. Das Gesetz im formellen Sinn kann, aber muss nicht zwingend auch ein Gesetz im materiellen Sinn sein. So dürfte beispielsweise das Magnetschwebebahnbedarfsgesetz, das ausschließlich die Feststellung enthielt, dass Bedarf für eine Magnetschwebebahnverbindung von Hamburg nach Berlin bestehe, kaum als materielles Gesetz anzusehen sein, weil es nicht eine unbestimmte Vielzahl von Einzelfällen, sondern einen ganz individuellen Lebenssachverhalt betraf. Umgekehrt ist nicht jedes Gesetz im materiellen Sinn auch ein Gesetz im formellen Sinn. Letzteres gilt für Verordnungen und Satzungen seitens der öffentlichen Verwaltung. Die Gesetzgebungsverfahren in Demokratien unterscheiden sich nur gering. Meist wird in den zuständigen Parlamenten oder Abgeordnetenhäusern ein Gesetzesantrag eingebracht (Gesetzesinitiative), welcher von parteiübergreifenden Fachgremien ausgearbeitet und anschließend zur Abstimmung vorgelegt wird. Damit ein Gesetz rechtswirksam ist, muss ein festgelegter Verfahrensweg eingehalten werden. Die Gesetzgebung ist der Legislative vorbehalten. Sie kann die Exekutive ermächtigen, untergesetzliche Normen – Rechtsverordnungen und Satzungen – zu erlassen. Je nach Ausformung der Demokratie sind plebiszitäre Elemente („Volksgesetzgebung“) denkbar. Literatur Giorgio Agamben: Herrschaft und Herrlichkeit. Zur theologischen Genealogie von Ökonomie und Regierung. Homo sacer, Teil 2, Band 2, aus dem Italienischen von Andreas Hiepko. Suhrkamp Verlag, Berlin 2010, ISBN 3-518-12520-6. Mathias Albert: Zur Politik der Weltgesellschaft. Verlag Velbrück Wissenschaft, Weilerswist 2002, ISBN 3-934730-49-3. Ulrich von Alemann / Erhard Forndran: Methodik der Politikwissenschaft. Eine Einführung in Arbeitstechnik und Forschungspraxis. Verlag Kohlhammer. Stuttgart, Berlin und Köln 1995. Dieter Fuchs/ Edeltraud Roller (Hrsg.): Lexikon Politik – Hundert Grundbegriffe. Reclam, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-15-010628-0. Niklas Luhmann: Die Politik der Gesellschaft. Hrsg. von André Kieserling. 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