Den größten Aufwand erforderte die Untersuchung der Sichtverhältnisse. Die Sichtver-
hältnisse konnten immer erst dann untersucht werden, wenn der Rumpf fertig modelliert
war. Dadurch konnte man sich nur iterativ an die optimale Rumpfform annähern und es
entstanden auf dem Weg zur endgültigen Kontur sehr viele Konstruktionsvarianten.
5.4 Haube
Die Festlegung der Form des Haubenrahmens wurde Bestandteil dieser Arbeit, da sie
maßgeblichen Einfluß auf die Gestaltung der Hauptspanten hat. Als Schwerpunkt bei der
Beurteilung der Eignung einer jeweiligen Haubenform galten die Sichtverhältnisse. Es
wurden mehrere Varianten studiert und mit bereits existierenden Lösungen verglichen.
Es sollen hier nur zwei Varianten in einer knappen Prinzipskizze gegenübergestellt wer-
den, die nach ausführlicher Auseinandersetzung mit dieser Problematik in die engere
Wahl genommen wurden.
Haubenvariante Bild 5.5 a) findet beispielsweise beim SZD 9 bis 1E „Bocian“ in ähnlicher
Weise Verwendung. Die hintere Haube wird zum Öffnen nach hinten geschoben. Die
vordere Haube wird hier allerdings im Gegensatz zum Bocian nach vorn oben geklappt.
Haubenvariante Bild 5.5 b) wird beispielsweise bereits bei den Flugzeugmustern ASK 21
oder Twin-Astir eingesetzt. Die Haube ist geteilt in einen vorderen und hinteren Teil. Die
vordere Haube wird wie bei Variante Bild 5.5 a) nach vorn oben und die hintere Haube
nach hinten oben geklappt.
Für die Sichtverhältnisse wurden folgende Aspekte verglichen:
• Sicht gerade voraus
• Sicht in 10:00Uhr/2:00Uhr-Richtung und 30° nach unten
• Sicht in 04:00Uhr/8:00Uhr-Richtung und horizontal
42 5 Die Rumpfgeometrie
Beide Haubenvarianten können bei der Beurteilung anhand der ersten drei Kriterien als
etwa gleichwertig betrachtet werden. Haubenvariante Bild 5.5 a) erweist sich jedoch
durch konstruktive Besonderheiten als vorteilhafter:
• Die schiebbare hintere Haube auf drei soliden Führungsschienen läßt eine wesent-
lich bessere Stabilität und geringere Windempfindlichkeit im geöffneten Zustand
sowohl am Boden, als auch im Fluge erwarten
Aus den genannten Gründen fiel die Entscheidung zu Gunsten der Variante a) aus, die
der D-B 11 ihr charakteristisches Aussehen verleiht. Die gewählte Haubenform läßt ein
bequemes Ein- und Aussteigen, komfortable Bedienung sowie Wartung und nicht zuletzt
hervorragende Sichtverhältnisse zu.
Sowohl Höhen- als auch Seitenleitwerk werden vom Duo-Discus übernommen. Die
aerodynamischen Daten und Berechnungen sind in Ch.: 1.04 einzusehen. Die T-
Leitwerkskonfiguration ist in Bild 5.10 zu sehen.
Das Höhenleitwerk wird als gedämpftes Leitwerk ausgeführt. Es besitzt keine Trimm-
klappe.
Höhenleitwerk
Spannweite 3,10 m
Fläche 1,36 m2
Streckung 7.01
Tiefe der Wurzelrippe 0,68 m
Höhenleitwerkshebelarm 5,281 m
Seitenleitwerk
Höhe 1,43 m
Fläche 1,48 m2
Streckung 1,38
Tiefe der Wurzelrippe 1,33 m
Seitenleitwerkshebelarm 5,086 m
45
Das Tragwerk wird ebenfalls komplett vom Duo-Discus übernommen. Diese Entschei-
dung beschleunigte die Auslegung des Flugzeugs enorm. So konnten der Neutralpunkt,
der Schwerpunkt und die Rumpfbreite im Bereich der Tragflügelwurzel berechnet wer-
den. Außerdem war dadurch keine Änderung in der Position der Querkraftbeschläge
mehr zu erwarten und die Position der Hauptspante ließ sich endgültig festlegen.
Der Tragflügel ist vierteilig, und besitzt Winglets. Ausgerüstet ist er mit Schempp-Hirth-
Bremsklappen. Als zusätzliche Landehilfen sind Wölbklappen angebracht, die mit den
Bremsklappen über eine elastische Verbindung gekoppelt sind, sodaß sie bei zu hohen
Geschwindigkeiten selbsttätig einfahren.
Flügel
Spannweite 20 m
Fläche 16,43 m2
Streckung 24,34
Bezugsflügeltiefe 0,876 m
Tiefe der Wurzelrippe 1,03 m
46 6 Lastannahmen
6 Lastannahmen
6.1 Einleitung
Zur Strukturberechnung des Mittelrumpfes ist eine umfangreiche Berechnung der Lasten,
die auf das gesamte Flugzeug einwirken, nötig. Diese Lasten werden als allgemeine
Lasten bezeichnet. Ihnen gegenüber stehen die Lasten auf die einzelnen Bauteile, die
auf den allgemeinen Lastannahmen aufbauen. Die Bauteillasten werden in diesem Kapi-
tel nicht behandelt, sie gehören zum Kapitel der Strukturberechnung. Die Allgemeinen
Lasten lassen sich grundsätzlich in Lasten im Fluge und Lasten am Boden einteilen. Bild
6.1 zeigt, wie sich die Allgemeinen Lasten im Detail übersichtlich gliedern lassen.
Diese Einteilung war bei der D-B 11 so möglich, besitzt aber nicht ohne weiteres Allge-
meingültigkeit. Sie findet auch im Dokumentationssystem keine Anwendung, wird hier
aber dargestellt, um dem Leser einen besseren Überblick über die Berechnung der Last-
annahmen zu ermöglichen.
Da die Berechnung der Lasten stark von der Flugzeuggeometrie abhängt und diese
wiederum von den Lasten selbst, ist die Berechnung der Belastungen einem iterativen
Prozeß unterworfen. Mit dem Fortschreiten der Konstruktion des Flugzeugs werden aus
verschiedensten Gründen immer wieder Änderungen an der Geometrie notwendig. So
kann sich beispielsweise nach der Berechnung der zur Herstellung eines Gleichge-
47
Im Ch.: 0.06_A werden zunächst eine Massenabschätzung der einzelnen Bauteile und
eine Schwerpunktberechnung des mit unterschiedlichen Beladezuständen konfigurierten
Segelflugzeugs durchgeführt. Diese Abschätzung ist mit großen Ungenauigkeiten behaf-
tet, die durch das noch recht frühe Stadium der Vorkonstruktion des Flugzeugs entste-
hen. Diesen Unsicherheitsfaktor wird man aber mit fortschreitendem Entwicklungsstand
verringern können. Die Daten der abgeschätzten Einzelmassen sowie deren Position im
Flugzeugkoordinatensystem und die daraus resultierende vordere und hintere Schwer-
punktlage werden anschließend in Ch.: 0.06 für MathCAD zur Verfügung gestellt.
In Dokument DB11.07.20 Ch.: 0.06_A werden festgelegt:
• Werte der Einzelmassen
• x-Positionen der Einzelmassen
• y-Positionen der Einzelmassen
48 6 Lastannahmen
Der Neutralpunkt ist im Gegensatz zum Druckpunkt wie folgt definiert: ‚Die x-Position des
Neutralpunkts ist anstellwinkelunabhängig, wenn sich der Auftriebsbeiwert linear zum
Anstellwinkel ändert.’ Des weiteren soll das Moment um diesen Punkt vom Anstellwinkel
unbeeinflußt bleiben. Da das Moment um den Neutralpunkt bei veränderlichem Anstell-
winkel also konstant bleibt, hat an diesem Punkt die Änderung der Auftriebskraft des
Flügels und des Leitwerks bei Anstellwinkeländerung keinen Einfluß auf das Momenten-
gleichgewicht um den Neutralpunkt. Aus diesem Grund kann man nun annehmen, daß
49
c a.α_hTail A0_hTail
c aWαW
(
⋅ 1 − α wα ⋅ ) A0_W
⋅ rhTail
x NP.fix x NP.W + + ∆x NP.Fus
c a.α_hTail A0_hTail
1+
c aWαW
(
⋅ 1 − α wα ⋅) A0_W
(6.1)
Ein frei bewegliches Ruder ruft einen Gesamtneutralpunkt am Flugzeug hervor, der
weiter vorn liegt, als der Neutralpunkt bei fixiertem Höhenruder. Deshalb ist das Stabili-
tätsmaß bei freiem Höhenruder eigentlich maßgebend, da es für den konservativeren
Fall steht. Allerdings beweisen Flugzeuge, wie beispielsweise der Duo-Discus, daß auch
mit einer grenzwertigen hinteren Schwerpunktlage für ein festgehaltenes Höhenruder
eine ausreichende Flugstabilität gewährleistet werden kann, die immer noch ein gutmüti-
ges Flugverhalten erwarten läßt.
Es wird also für die weitere Auslegung und Dimensionierung die maximal hintere
Schwerpunktlage bei fixiertem Höhenruder verwendet. Mit dem Stabilitätsmaß von
σHSP ≥ 5 %, welches in [2] empfohlen wird, kann dann die hintere zulässige Schwerpunkt-
lage mit Gl. (6.2) angegeben werden.
Über diese beiden letztgenannten Größen wäre durch Quotientenbildung eine Abschät-
zung der Höhenleitwerksdimensionen möglich [3], ohne mit anderen Flugzeugen verglei-
chen zu müssen. Dies ist zur Vorauslegung aber nicht nötig, da es eine ausreichende
Zahl von Segelflugzeugen gibt, die ähnliche geometrische Abmessungen haben, wie die
D-B 11. Diese Vergleichsmethode wird als verläßlicher eingeschätzt.
Durch die anschließende Berechnung des Stabilitätsmaßes wird die ausreichende Größe
des Leitwerks und des Leitwerkshebelarms begründet, weshalb die Beziehung Gl.(6.4)
ebenfalls nicht benötigt wird. Die Leitwerksvolumen werden aus Gründen der Vollstän-
digkeit trotzdem berechnet und stehen für eventuelle Erweiterungen der Gesamtberech-
nung zur Verfügung.
In Ch.: 0.05 werden also berechnet:
• Höhenleitwerkshebelarm rhTail
• Flugzeugneutralpunkt für festgehaltenes Höhenruder xNP.BE.total.hTail.fix
• Flugzeugneutralpunkt für frei bewegliches Höhenruder xNP.BE.total.hTail.loose
• Die hinterste zulässige Schwerpunktgrenze xCG_a.allow
• Höhenleitwerksvolumen VhTail
• Höhenleitwerksvergleichsvolumen VhTail_r
• Seitenleitwerksvolumen VvTail
• Seitenleitwerksvergleichsvolumen VvTail_r
• Flügelbezugsvolumen Vw
es werden festgelegt:
• Die Änderung des Neutralpunktes durch Einfluß des Rumpfes ∆xNP.Fus
• Stabilitätsmaß σHSP
• Abwindwinkel αwα
6.4 Bemessungsfluggeschwindigkeiten
hervor. Sie sind aus dem Anhang Ch.: 1.06 „Design Airspeeds“ ersichtlich. Ein zusätzlich
zu berücksichtigender Paragraph zur Festlegung der Höchstgeschwindigkeit ist
• CS 22.1505 „Air-Speed-Limitations“
51
Setzt man die Auftriebs- und Gewichtskraftgleichungen Gl.(4.12) (4.13) gleich und stellt
sie nach der Geschwindigkeit um, so erhält man nach Einsetzen der maximalen Abflug-
masse und des maximalen Auftriebsbeiwerts die Bemessungsabkippgeschwindigkeit
(Gl. (6.5)). Durch Einsetzen des maximalen negativen Auftriebsbeiwerts wird die Abkipp-
geschwindigkeit für den Rückenflug berechnet.
(2mtotal_max ⋅ g)
vS1
ρ0 ⋅ A0_W ⋅ c L_max
(6.5)
2 ⋅ mtotal_max ⋅ g
vS1neg
c L_max_neg ⋅ ρ0 ⋅ A0_W
Gl. Ch.: 1.06 (1+2)
vA vS1 ⋅ n1 (6.6)
Gl. Ch.: 1.06 (3)
3
m total_max ⋅ g
10 (6.7)
vD 18 ⋅
A0_W ⋅ c D_min
Gl. Ch.: 1.06 (5)
6.5 Lastfalltabelle
Aus diesen Kombinationen ergibt sich schließlich die Lastfalltabelle mit 30 relevanten
Lastfällen. Ausgehend von diesen Lastfällen wird in den folgenden Abschnitten die
Berechnung der allgemeinen Lasten vorgenommen.
In diesem Dokument werden keine Berechnungen und keine Festlegungen getroffen. Es
werden lediglich alle relevanten Kombinationen aus den oben genannten Konfigurationen
zusammengestellt.
53
6.6 v-n-Diagramm
DB11.07.21 Ch.: 2.02 „Limit manoeuvering load, gust load factors, flight envelope“
Mit Hilfe der v-n-Diagramme werden die Lastvielfachen, die auf das Flugzeug aufgrund
von Böen oder Flugmanöver wirken berechnet. Die Erstellung der Diagramme wird in
den Paragraphen:
• CS 22.321 „General“
• CS 22.331 „Symmetrical Flight Conditions“
• CS 22.333 „Flight envelope“
geregelt.
Zunächst wird in Abschnitt 4 Ch.: 2.02 die Manöverenveloppe erstellt. Nach CS 22.335
muß das Flugzeug bis zur Manövergeschwindigkeit allen Anstellwinkeländerungen
standhalten. Die maximale Luftkraft wird dabei vom Auftriebsbeiwert, von der Tragflügel-
fläche, von der Luftdichte, und der Fluggeschwindigkeit gemäß Gl (6.9) bestimmt.
⎛ ρ0 ⋅ A0_W ⋅ c L_max 2 ⎞
n ⎜ ⋅v (6.9)
⎝ 2mtotal ⋅ g ⎠
Gl. Ch.: 2.02 (1)
Dies ergibt die quadratische Hyperbel (Bild 4.14), welche von der Abkippgeschwindigkeit
bis zur Manövergeschwindigkeit, bzw. bis zum Lastvielfachen von mindestens n1 = 5,3 g
(Punkt A) verläuft. Weiterhin ist aus Fig.1 des CS 22.333 ersichtlich, daß die Struktur bei
Maximalgeschwindigkeit vD nur noch Lasten, die aus einem Lastvielfachen von minde-
stens n2 = 4 g (Punkt D) entstehen aufnehmen muß. Beide Punkte werden durch eine
lineare Kurve verbunden. Die gleiche Verfahrensweise gilt für negative Lasten, welche
dann unterhalb der Geschwindigkeitsachse (Gerade G-E) aufgetragen werden.
In Abschnitt 5 Ch.: 2.02 wird in ähnlicher Weise die Böenenveloppe erstellt. Begrenzende
Größen sind hier nicht die festgelegten Lastvielfachen sondern Böengeschwindigkeiten.
Mit Gl. (6.10)
k
⋅ ρ0 ⋅ Ude⋅ vEAS⋅ c aWαW
2
n 1+ (6.10)
⎛ mtotal ⋅ g ⎞
⎜
⎝ A0_W ⎠
Ch.: 2.02 (2)
wird das zugehörige Lastvielfache bestimmt. Bis zur Böengeschwindigkeit vB, welche in
mit der vorher berechneten Manövergeschwindigkeit vA gleich sein soll, muß das Flug-
zeug Böen bis 15 m/s standhalten und bei Maximalgeschwindigkeit vD 7,5 m/s. Es wird
dabei davon ausgegangen, daß das gesamte Flugzeug von dieser Böe erfaßt wird, also
mit einem großen Luftpaket nach oben oder unten mitbewegt wird.
54 6 Lastannahmen
Durch die Erstellung dieser Hüllkurve und die Vereinbarung, daß die Böengeschwindig-
keit mit der Manövergeschwindigkeit gleich gesetzt wird, brauchen Böen und Manöver-
lastfälle nicht mehr getrennt betrachtet werden.
Die Flugenveloppe wird nun in Abschnitt 7 Ch.: 2.02 für alle charakteristischen Abflug-
massen erstellt und die resultierenden Lastvielfachen werden in den oberen Teil der
Lastfalltabelle übergeben. Es werden letztlich folgende Werte berechnet:
• 16 Lastvielfache nLC mit folgenden Parametern:
o nLC 1-4: positive Last / Manövergeschwindigkeit / 4 Massenkonstell.
o nLC 5-8: positive Last / Maximalgeschwindigkeit / 4 Massenkonstell.
o nLC 9-12: negative Last / Manövergeschwindigkeit / 4 Massenkonstell.
o nLC 3-16: negative Last / Maximalgeschwindigkeit / 4 Massenkonstell.
6.7 Höhenleitwerkslasten
Die Berechnung der Höhenleitwerksbelastung stellt die Basis für die Berechnungen der
Lasten aus symmetrischer Belastung auf die Querkraftbeschläge dar.
Die zu beachtenden Paragraphen sind:
• CS 22.421 „Balancing loads“
• CS 22.415 „Ground Gust Conditions“
• CS 22.423 „Manoeuvering loads“
• CS 22.425 „Gust loads“
55
Die Lasten durch Böen am Boden auf das Höhenleitwerk, wurden noch nicht berechnet,
da sie für die Mittelrumpfstruktur nicht von Belang sind. Die Berechnung der Höhenleit-
werksgleichgewichtslasten erfolgt über das Momentengleichgewicht am Segelflugzeug
um den Tragflügelneutralpunkt. Dies hat den Vorteil, daß die in diesem Punkt gedacht
angreifende Auftriebskraft durch den Tragflügel nicht in das Momentengeichgewicht
eingeht.
( )
Gtotal ⋅ x NP.BE_W − x CG − MyW_25 − MyhTail_25
PhTail (6.11)
rhTail
Gl. Ch.: 2.04 (1).
Diese Größen werden für alle Kombinationen der Lastfalltabelle aus Ch.: 2.01 berechnet.
Das Dokument DB11.07.21 Ch.: 2.04 bedarf noch einer Überarbeitung. Die Belastungen
durch Höhenruderausschlag wurden nur überschlägig berechnet. Es wurde bei der Über-
lagerung der Höhenleitwerksgrundlast PhTail.static noch nicht berücksichtigt, daß das Ruder
auch im statischen Flug unter verschiedenen Belastungen bereits unterschiedliche
Grundausschläge hat.
6.8 Seitenleitwerkslasten
Die Lasten, welche durch einen Ausschlag des Seitenruders, bzw. durch Schiebeflug
oder Böenangriff am Seitenleitwerk entstehen, tragen wesentlich zur Belastung der
Rumpfstruktur bei. Das Seitenleitwerk ruft die Kraft PvTail in y-Richtung hervor, die ein
Torsionsmoment um die x-Achse und ein Biegemoment in der Rumpfröhre um die z-
Achse hervorruft.
Die Paragraphen:
• CS 22.351 „Yawing Conditions
• CS 22.415 „Ground Gust Conditions“
• CS 22.441 „Manoeuvering Load
• CS 22.443 „Gust Loads“
beschreiben die Berechnung der Belastung des Seitenleitwerks. Die Lasten durch Böen
am Boden auf das Seitenruder wirken, wurden noch nicht berechnet, da sie für die Mittel-
rumpfstruktur nicht von Belang sind.
Bei den zu betrachtenden Manöverlasten soll das Seitenruder bei vA voll ausgeschlagen
und bei vD zu einem Drittel des Maximalausschlags ausgeschlagen werden. Zudem ruft
das Seitenleitwerk in T-Leitwerkskonfiguration ein induziertes Rollmoment MRO am Hö-
henleitwerk hervor.
Die Seitenleitwerkslast durch Seitenruderausschlag wird von Schempp-Hirth übernom-
men. Die Last durch Böen wird mit den Gl. (6.12) berechnet. Die dimensionierende Last
ist dann die größere von Manöver- und Böenlast PvTail.va/d.
ρ0
PvTail.Gust.vd c a.α _vTail ⋅ A0_vTail ⋅ ⋅ Udepos_vd ⋅ vD
2
(6.12)
ρ0
PvTail.Gust.va c a.α _vTail ⋅ A0_vTail ⋅ ⋅ Udepos_vb ⋅ vA
2
Gl. Ch.: 2.05 (1).
Zu diesen Torsionsmomenten aus Ruderausschlag oder Böenlast wird nun das aus
Schiebeflug oder Seitenruderausschlag resultierende induzierte Torsionsmoment MR0
hinzugefügt, welches aus dem Maximum der Gl. (6.14) und (6.15) jeweils für vA und vD
gebildet wird.
ρ0 2
MR0.va.man 0.2 ⋅ A0_hTail ⋅ ⋅ β ⋅ vA ⋅ bhTail
2
(6.14)
ρ0 2
MR0.vd.man 0.2 ⋅ A0_hTail ⋅ ⋅ β ⋅ vD ⋅ bhTail
2
Gl. Ch.: 2.05 (3)
β ist hier der Schiebewinkel des Segelflugzeugs.
ρ0
MR0.va.Gust 0.2 ⋅ A0_hTail ⋅ ⋅ Udepos_vb ⋅ vA⋅ bhTail ⋅ k vTail.
2
(6.15)
ρ0
MR0.vd.Gust 0.2 ⋅ A0_hTail ⋅ ⋅ Udepos_vb ⋅ vD ⋅ bhTail ⋅ k vTail.
2
Gl. Ch.: 2.05 (4)
kvTail ist der Böenfaktor, der nach CS 22.443 mit 1,2 anzusetzen ist. Das Moment aus
(6.13) wird nun mit dem induzierten Moment aus (6.14) oder (6.15) in Gl. (6.16) addiert,
58 6 Lastannahmen
so daß das Moment um die Längsachse aus Seitenruderlasten für die Manöver- und
Bemessungshöchstgeschwindigkeit bekannt ist.
Die Belastung durch Seitenleitwerkslast PvTail wird nicht als gesonderter Lastfall für die
Mittelrumpfstruktur verwendet, sondern im Ch.: 2.07 „Combined Loads of Tail Surfaces“
weiterverarbeitet und mit der Belastung aus den Höhenruderbelastungen kombiniert.
Es werden folgende Werte berechnet:
• Seitenleitwerkskraft PvTail.vd
• Seitenleitwerkskraft PvTail.va
• Seitenleitwerksmoment Mx.comb.R0.va
• Seitenleitwerksmoment Mx.comb.R0.vd
6.9 Querruderlasten
In diesem Abschnitt werden Momente und Lastvielfachen zusammengefaßt, die für un-
symmetrische Lasten vorgeschrieben sind und aus der Belastung durch Querruderaus-
schlag hervorgehen. Die berücksichtigten Paragraphen sind:
• CS 22.415 „Ground Gust Conditions“
• CS 22.349 „Rolling Conditions“
• CS 22.455 „Ailerons“
Die Berechnung der Lasten auf die Querruder und des Querruderscharniermoments
kann auf Grund der bereits zugelassenen Tragflächen unterbleiben. Die Lasten durch
Böen am Boden wurden noch nicht berechnet, da sie für die Mittelrumpfstruktur nicht von
Belang sind. Die Lasten, die aus dem Ausschlag der Querruder auf die Flugzeugstruktur
entstehen, werden von Schempp-Hirth übernommen. Es werden die durch Massenkräfte
reduzierten Momente Mx.Ail.red berechnet.
59
In Paragraph
• CS 22.447 „Combined Loads on Tail Surfaces”
Diese unsymmetrische Last wird mit den Gl. (6.17) berechnet. Dabei wird die Höhenleit-
werkskraft für jeden Lastfall halbiert und beiderseits der Symmetrieebene am Schwer-
punkt der Höhenleitwerkshälften angreifend gedacht (Bild 6.8).
( ) ( )
1
Mx.hTail.ind.va ⋅ ⎡⎣ PhTail.static ⋅ y CG_half.hTail ⋅ 1 − x vA − PhTail.static ⋅ y CG_half.hTail ⋅ 1 + x vA ⎤⎦
2
(6.17)
( ) ( )⎤⎦
1
Mx.hTail.ind.vd ⋅ ⎡⎣ PhTail.static ⋅ y CG_half.hTail ⋅ 1 − x vD − PhTail.static ⋅ y CG_half.hTail ⋅ 1 + x vD
2
Ch.: 2.07 (1)
Die unsymmetrische Höhenleitwerkslast darf dabei nicht mit dem induzierten Rollmoment
MR0 am T-Leitwerk überlagert werden, weshalb nur das Moment aus Seitenruderbetäti-
gung, bzw. Böenlast Mx.vTail mit dem der unsymmetrischen Höhenleitwerkslast überlagert
wird Gl. (6.18).
60 6 Lastannahmen
Mx.comb wird als Vektor für die gesamte Lastfalltabelle berechnet. Deshalb ist keine Unter-
scheidung zwischen vA und vD nötig. Diese Unterscheidung findet im Vektor selbst statt.
Letztlich werden nun noch die Lasten aus Seitenleitwerksbelastung und kombinierter
Leitwerksbelastung für jeden Lastfall verglichen und der größere der beiden Werte für die
weitere Verwendung in den Vektor für die Leitwerkslast Mx.combTail geschrieben.
Bei der Berechnung der Last auf die Querkraftbeschläge spielt die Massenentlastung
durch den Rumpf eine Rolle und wird durch Gl. (6.19) berücksichtigt.
Jx.W.max
Mx.comb.red ⋅ Mx.comb.Tail
Jx.Fus + Jx.W.max (6.19)
In Abschnitt 4 Ch.: 2.07 wird nun noch das Moment um die z-Achse berechnet, welches
sich ausschließlich aus der Seitenleitwerkslast ergibt. Auch dieses Moment wird durch
die Masse des Rumpfs in seiner Wirkung auf die Querkraftbeschläge reduziert.
Nach Paragraph:
• CS 22.447(b) „Combined Loads on Tail Surfaces”
Die Überlagerung der entstehenden Biegemomente in der Rumpfröhre und der Bela-
stungen auf die Querkraftbeschläge erfolgt erst in DB11.07.21 Ch.: 3.18.
6.12 Bremsklappenlasten
muß die Struktur des Flugzeugs für die ungünstigste Kombination von Fluggeschwindig-
keit und Abfanglastvielfache von n = 0 bis n = 3,5 bemessen sein. Dabei soll angenom-
men werden, daß die Höhenleitwerkslast dem statischen Gleichgewichtszustand ent-
spricht. Die ungünstigste Kombination dieser Parameter ist bei vollem Klappenausschlag
bei Bemessungshöchstgeschwindigkeit vD und maximalem Abfanglastvielfachen von
n = 3,5 zu erwarten.
Die Last in x-Richtung auf die Klappen geht aus Gl. (6.22) hervor. Sie wird also aus der
aerodynamischen Polare des Flugzeugs mit ausgefahrenen Bremsklappen bestimmt.
c D.AB⋅ A0_W ⋅ qD
Px.AB (6.22)
2
Gl. Ch.: 2.08 (2)
Da diese Kraft auf beide Klappen aufgeteilt wird, muß diese Kraft halbiert werden. Der
Widerstandsbeiwert muß aus der ca-cw-Kurve für ausgefahrene Bremsklappen entnom-
men werden. Mit Hilfe von Gl. (6.23) kann der dafür benötigte Auftriebsbeiwert bestimmt
werden.
nLC ⋅ Gmax
19
c L.AB (6.23)
A0_W ⋅ qD
Gl. Ch.: 2.08 (1)
Die Vortriebskraft des Flugzeugs wird durch die Masse des Flugzeugs erzeugt. Diese
Kraft kann man sich zunächst im Gesamtschwerpunkt des Flugzeugs angreifend denken.
Ein großer Teil der Masse und damit der Vortriebskraft fällt jedoch an den Tragflächen
selbst an. Mit Berücksichtigung dieser Tatsache kann das entstehende Moment an der
Flügelwurzel beträchtlich reduziert werden, indem die Vortriebskraft, die durch die Flü-
gelmasse erzeugt wird in das Momentengleichgewicht mit eingeht. Die Flügelvortriebs-
kraft wird mit Gl. (6.24) ermittelt, wobei in konservativer Weise die minimale Flügelmasse
und das maximale Abfluggewicht verwendet werden.
mW
PW Px.AB⋅ (6.24)
mtotal_max
Gl. Ch.: 2.08 (1)
Mit Gl. (6.25) wird dann - allerdings erst in Ch.: 3.18 - das Moment um die z-Achse mit
dieser Parameterkombination berechnet.
63
PW Px.AB ⎛ bAB ⎞
Mz.AB ( )
⋅ y CG_WQ1 − gr − ⋅ ⎜ y AB − gr + (6.25)
2 2 ⎝ 2 ⎠
Gl. Ch.: 2.18
yAB ist die Position der inneren Kante der Klappe und bAB die Länge der Klappe. gr ist der
Abstand zwischen Flügelwurzel und Symmetrieebene. Eine Skizze dazu ist Ch.: 3.18 zu
finden
Eine Reduktion des Moments durch Massenträgheiten kann nicht berücksichtigt werden,
da in horizontaler Richtung von einer unbeschleunigten Bewegung ausgegangen wird.
In diesem Dokument werden berechnet:
• der Auftriebsbeiwert bei oben genannter Parameterwahl cL.airbrakes und daraus
cD.airbrakes
• Die Last am Angriffspunkt der einzelnen Bremsklappe in x-Richtung Px.AB
• das maximale Moment Mz.AB um die z-Achse bei ausgefahrenen Bremsklappen –
(in Ch.: 3.18 )
6.13 Schlepplasten
In Ch.: 2.09 werden sowohl die Lasten, die aus dem Flug im Flugzeugschlepp entstehen,
als auch die aus Windenschlepp resultierenden Lasten berechnet. Die zu treffenden
Annahmen werden in:
• CS 22.581 „Aerotowing“
• CS 22.583 „Winch-Launching“
• CS 22.585 „Strength of Launching Hook Attachment”
geregelt.
Es fließen in die Berechnung nur erfahrungsbasierte Startwerte für die Position der
Schleppkupplung ein, die aber durch den dynamischen Grundaufbau der Gesamtrech-
nung im MathCAD weiter verändert werden können.
64 6 Lastannahmen
Der Berechnung der Lasten für den Flugzeugschlepp wird der stationäre Horizontalflug
zu Grunde gelegt. Ausgehend von diesem Zustand greift eine statische Seilkraft
Px.aerotow_stat in verschieden Richtungen an der Bugkupplung an.
Dieser statischen Seilkraft wird eine ruckartige Belastung in Höhe der 1,2fachen Nenn-
bruchfestigkeit des Schleppseiles überlagert. Die Nennbruchfestigkeit des Schleppseils
ergibt sich aus der 1,3 fachen maximalen Abflugmasse des Segelflugzeugs bzw. der
nächst größeren verfügbaren Sollbruchstelle. Dieser Ablauf wird mit den Gl. (6.26) ver-
wirklicht.
Die Beschleunigung in horizontaler Richtung, die sich aus diesen Kräften ergibt wird mit
der minimalen Abflugmasse zur maximalen Beschleunigung umgerechnet:
Px.aerotow.abrupt
nx.aerotow.abrupt (6.27)
Gmin
Gl. Ch.: 2.09 (6)
Dazu wird die Seillast PT_Q.abrupt mit der jeweiligen Komponente der statischen Kraft ad-
diert:
Px.aerotow_stat
PTφ PT_Q.abrupt + (6.28)
cos ( φ )
Gl. Ch.: 2.09 (7)
Die Momente, die durch die Seillast um die z-, bzw. y-Achse entstehen, werden mit
Gleichungen der Form der Gl. (6.30) berechnet. Dabei ist r der Abstand der Kraftangriffs-
linie des Seils zum Schwerpunkt und der Winkel φ gibt die Richtung bezüglich der
Längsachse in horizontaler, bzw. vertikaler Richtung an.
Mit:
Jz.W.max
Mz.aerotow.red ⋅ Mz.aerotow (6.31)
Jz.W.max + Jz.Fus.min
Gl. Ch.: 2.09 (12)
Gleiches gilt für die durch die Lastvielfachen entstehenden Schnittkräfte an der Tragflä-
chenwurzel.
Danach wird mit dieser Beschleunigung, die durch die Lastvielfachen entstehende
Schnittkraft an der Tragflächenwurzel berechnet. Auf die Kräfte an den Querkraftbe-
schlägen kann durch die Aufstellung eines Momentengleichgewichts sowie des Kräfte-
gleichgewichts in der x-z-Ebene geschlossen werden, wofür die Höhenruderlast
PhTail.aerotow herangezogen wird. Diese Berechnung wird in DB11.07.21. Ch.: 3.18 durch-
geführt.
es werden berechnet:
66 6 Lastannahmen
• Die Belastung durch ruckartige Seillast PT_Q.abrupt überlagert mit der statischen Seil-
last Px.aerotow_stat zu einer resultierenden Seillast Px.aerotow.abrupt
• Das Drehmoment Mz.aerotow, welches durch seitliche Last um den hinteren Schwer-
punkt entsteht.
• Das durch die Masse des Rumpfs reduzierte Drehmoment Mz.aerotow.red, welches
vom Rumpf auf die Flügel übertragen wird.
• Das Drehmoment My.aerotow um den hinteren Schwerpunkt, welches durch eine Seil-
last entsteht, die im Winkel von 40° nach vorn unten an der Schleppkupplung an-
greift.
• Das durch die Masse des Rumpfs reduzierte Drehmoment My.aerotow.red, welches
vom Rumpf auf die Flügel übertragen wird.
• Das maximale Lastvielfache nx.tow.40
• Das Lastvielfache nz.tow.40, welches durch die Seillast entsteht, die im Winkel von
40° nach vorn unten an der Schleppkupplung angreift.
Für die Weiterverarbeitung der Schlepplasten wurden bislang nur die F-Schlepplasten
herangezogen, da sie ein wesentlich größeres Moment um die y-Achse erzeugen als die
Windenschlepplasten. Das Lastvielfache aus ruckartiger Belastung in x-Richtung ist
gleich dem der F-Schlepplast und die Lastvielfachen in z-Richtung bleiben weit unter
denen aus symmetrischer Flugbelastung. Der Hebelarm der Bugkupplung ist mehr als
achtmal größer als der Hebelarm der Schwerpunktkupplung:
rxRelN
8.1 (6.32)
rxRelCG
Gl. Ch.: 2.09
6.14 Bodenlasten
Geradeauslandung
Die vertikale Lastkomponente des Hauptfahrwerks soll nach CS 22.479 so mit einer nach
hinten wirkenden horizontalen Lastkomponenten zu verbunden werden, daß die Resultie-
rende unter einem Winkel von 30° zur Senkrechten angreift. Als vertikale Lastkomponen-
te ist das Landestoßlastvielfache-1 anzusetzen. Daraus ergibt sich das Lastvielfache in
z- und x-Richtung:
nz.Landing nLanding
(6.34)
nx.Landing nz.Landing ⋅ tan ( 30°)
Gl. Ch.: 2.10 (2)
Schiebelandung
Des weiteren ist am Hauptfahrwerk eine Kraft anzusetzen, die senkrecht zur Symmetrie-
ebene am Rad angreift. Das anzusetzende Lastvielfache ist gleich 0,3 nz und ist mit dem
senkrechten Lastvielfachen von 0,5 nz zusammen zu setzen.
Mit Hilfe der hier berechneten Lastvielfachen werden wiederum in DB11.07.21. Ch.: 3.18
die Schnittlasten an den Querkraftbeschlägen bestimmt. In dem dann aufzustellenden
Momentengleichgewicht muß jedoch der Tragflächenauftrieb berücksichtigt werden.
Daher muß dann das um die Auftriebskraft reduzierte Landestoßlastvielfache Gl. (6.33)
wieder mit 1 addiert werden.
6.15 Notlandebedingungen
ncrash45 6
ncrash45
nsafe45
SF
nz.safe nx.safe
muß die seitliche Kraft R durch das Haupt- und Bugrad in entgegengesetzter Richtung
aufgebracht werden. Eine Abbildung dazu ist in der Bauvorschrift CS 22.561 zu finden.
bW
R T⋅
(
2 ⋅ x Maingear − x Nosegear )
(6.37)
bW
Mz.wingtiplanding T⋅
2
Gl. Ch.: 2.11 (2)
In Abschnitt 2.4 Ch.: 2.11 werden mit den Gl. (6.38) die Lasten aus einer Landung ohne
Fahrwerk berechnet. Dabei soll eine Aufprallbeschleunigung von 3g und Reibungskoeffi-
zient von 0,5 angesetzt werden.
FR (6.38)
nx.down.land_wo_gear
GW_max
Gl. Ch.: 2.11 (3)
In diesem Dokument werden nun also folgende Lasten berechnet, die separat auf die
Struktur einwirken:
• Lastvielfaches bei Landung gegen ein Hindernis nx.safe
• die zugehörige Kraft Px.crash
• das Moment an der Flügelwurzel durch Drehlandung Mz.wingtiplanding
• das Lastvielfache aus Landung mit eingefahrenem Fahrwerk nx.down.land_wo_gear
Der Rahmen dieser Arbeit würde gesprengt, wenn alle Berechnungen, die bis zum Zeit-
punkt der Fertigstellung der Diplomarbeit bereits durchgeführt wurden, näher erläutert
würden. Es soll beispielsweise auf die nähere Erklärung der aerodynamischen Berech-
nungen verzichtet werden, gleichwohl die Berechnungen durchgeführt und dokumentiert
sind. So war es beispielsweise nötig, vor der Bestimmung des Gesamtneutralpunktes die
Neutralpunkte des Höhenruders und des Tragflügels zu bestimmen, von denen zunächst
nur die Geometriedaten vorlagen. Diese Berechnungen sind nur im externen Dokumen-
tationsordner zu finden und nicht dem Anhang dieser Arbeit beigefügt. Ferner sind alle in
diesem Kapitel behandelten und übrigen Berechnungen, die im Rahmen der Lastannah-
men- und Strukturberechnung durchgeführt wurden, auf der beigefügten CD zu finden.
70 7 Strukturberechnung der Hauptspantengruppe
Das zentrale Dokument für die Berechnung der Belastungen der Krafteinleitungsstellen
vom Flügel in den Rumpf ist Ch.: 3.18. Hier werden alle Lasten, die als dimensionierende
Größen in Frage kommen könnten zusammengetragen und in Kräfte auf die Querkraft-
beschläge umgerechnet. Wie dies im Einzelnen geschieht wurde teilweise in den voran-
gegangenen Abschnitten schon erläutert oder ist aus dem Dokument selbst ersichtlich.
Es werden nacheinander die Dokumente der Lastannahmen aufgerufen und an Hand der
dort berechneten Momente, Kräfte und Beschleunigungen die Kräfte auf die Querkraft-
beschläge berechnet. Zumeist werden Momentengleichgewichtsgleichungen um einen
bestimmten Punkt aufgestellt, welche zu konservativen Lasten führen. Es würde an
dieser Stelle jedoch zu weit führen, alle Rechenwege von den allgemeinen Lastannah-
men zur Rumpf-Tragflächenanbindung im Einzelnen zu erläutern.
Im letzten Abschnitt des Dokuments Ch.: 3.18 werden alle Lasten sortiert und verglichen.
Es ergeben sich letztlich positive sowie negative Extrema der Kräfte auf die einzelnen
Querkraftbeschläge, die anschließend zur Bestimmung der Einhüllenden in eine über-
sichtliche Tabelle DB11.07.21 Ch.: 3.18_Summary übergeben werden (Anhang G1).
• maximale positive Kraft in z-Richtung auf einen vorderen Querkraftbeschlag +Pz.front
• maximale positive Kraft in z-Richtung auf einen hinteren Querkraftbeschlag +Pz.aft
• minimale negative Kraft in z-Richtung auf einen vorderen Querkraftbeschlag -Pz.front
• minimale negative Kraft in z-Richtung auf einen hinteren Querkraftbeschlag -Pz.aft
• maximale positive Kraft in x-Richtung auf einen vorderen Querkraftbeschlag +Px.front
• … usw.
sowie
• positive/negative Gesamtkraft in z-Richtung auf das vordere Querkraftrohr +/-Kz.front
• positive/negative Gesamtkraft in z-Richtung auf das hintere Querkraftrohr +/-Kz.aft
Die Unterteilung in maximale Kräfte auf einzelne Querkraftbeschläge und Kräfte auf das
gesamte Querkraftrohr mußte deshalb vorgenommen werden, da sich hier unterschiedli-
che Extrema ergeben, die kritische Belastungen der Rumpfstruktur hervorrufen können.
Dies führt dazu, daß ein Lastfall, bei welchem eine maximale Bolzenlast ermittelt wurde,
aufgrund einer Besonderheit der Flügelverbindung, nicht gleichzeitig auch zu einer ma-
ximalen Biegebelastung im Bereich der Mittelstruktur führt. Deshalb wird mit Kz auch der
Gesamtwert aus rechtem und linkem Beschlag ermittelt. Aus der Gesamtheit dieser
Mittelwerte wird wiederum ein Maximum bestimmt.
Die Besonderheit der Flügelverbindung für die Berechnung der Bolzenkräfte ergibt sich
durch die spezielle Konstruktion der Holmstummel. Im Gegensatz zu einer Gabelverbin-
dung erzeugt diese Konstruktion keine gleiche Lastverteilung auf die in Flugrichtung
linken und zugehörigen rechten Querkraftbeschläge bezüglich der Symmetrieebene.
71
Durch Biegung des Flügels um die x-Achse wird auf Grund der asymmetrischen Anord-
nung der Holmstummelstirnbolzen ein Torsionsmoment an der Wurzelrippe um die y-
Achse erzeugt. Dieses Moment muß durch die Querkraftbeschläge in vertikaler Richtung
aufgenommen werden. Dadurch summieren sich die Lasten aus den Aufhängelasten mit
den Lasten aus diesem Torsionsmoment für alle Flugzustände mit Querkräften in z-
Richtung. Diese Kräfte sind nicht vernachlässigbar. Sie erhöhen die maximalen Bolzen-
kräfte gegenüber einer Gabelverbindung nahezu auf das Doppelte. Dieser Effekt führte
nun jedoch dazu, daß das Biegemoment des Tragflügels berechnet werden mußte,
obwohl dieser als komplette Einheit von Schempp-Hirth übernommen wurde. Denn die-
ses Biegemoment ist die Ursache für das entstehende Torsionsmoment senkrecht zur
Wurzelrippe. Es wir im Folgenden als Biege-Torsionsmoment bezeichnet.
Ein Vergleich der Bolzenkräfte mit anderen Flugzeugen kann deshalb nur durch Verwen-
dung der symmetrischen Last auf die Querkraftrohre unter Abzug des Biege-
Torsionsmomenteffekts erfolgen. Dieser angepaßte Vergleich ergab ähnliche Werte für
die Belastungen der Querkraftbeschläge in positiver z-Richtung. Tabelle 7.1 gibt eine
Übersicht über die berechneten Lasten bei anderen Segelflugzeugen mit vergleichbarer
Abflugmasse für die Lastfälle, die maximale Last am vorderen Querkraftrohr hervorrufen.
Flugzeugtyp Pz.front
[N]
D-B 11 15050
D-43 10645
SB-15 12418
7.2 Rumpflasten
Alle Maximalkräfte, welche in Ch.: 3.18 ermittelt wurden, rufen Biege- und Torsionsmo-
mente sowie Querkräfte am Rumpf hervor. Üblicherweise werden diese Kraft- und Mo-
mentverläufe vor der Berechnung von Schnittlasten bestimmt. In dieser Lastannahmen-
rechnung wurde ein anderer Weg beschritten. Zunächst wurden, ausgehend von allen
möglichen Lastfällen, die Aufhängelasten an den Querkraftbeschlägen ermittelt. Dadurch
war es möglich stets konkrete Schnittlasten zu berechnen und gegebenenfalls diverse
Vereinfachungen zu treffen.
Ausgehend von den Kräften, welche in Ch.: 3.18 zusammengetragen wurden, werden
nun die Lastverläufe im Rumpf berechnet. Dies hat außerdem den Vorteil, daß man so
die Berechnungen der einzelnen Lastannahmen überprüfen kann, denn die Querkraft-
sowie Momentverläufe müssen zu den Rumpfenden hin zu Null werden.
Für alle Lastannahmen war die direkte Bestimmung der Momentverläufe aus den Bol-
zenkräften in Ch.: 3.18 jedoch nicht möglich. So mußten für die Lasten aus symmetri-
scher Flugbelastung, bei welcher die Massenverteilung eine große Rolle spielt, die wah-
ren Momentverläufe durch Massenkräfte trotzdem erstellt werden.
Bild 7.3 zeigt exemplarisch den Biegemomentverlauf für einen positiven Lastfall aus
symmetrischer Flugbelastung hinterlegt mit dem Gewichtsverlauf der nichttragenden
Teile (GNT).
73
Die Massekräfte verteilen sich in der Realität auf die gesamte Rumpflänge und kommen
nicht nur im Schwerpunkt zur Wirkung, wie bei der Berechnung der Bolzenlasten ange-
nommen wurde. Dieser Unterschied hat enormen Einfluß auf den Biegemomentverlauf.
Werden allerdings die Lasten während der Lastannahmenrechnung an bestimmten
Krafteinleitungspunkten eingeleitet, können diese Lasten direkt in die Festigkeitsrech-
nung und in den Belastungsversuch übernommen werden.
Alle Lasten, die sich für die Querkraftbeschläge ergeben werden in Lasten in x-, y-, und
z-Richtung eingeteilt. Außerdem wird unterschieden, ob es sich um eine symmetrische
oder unsymmetrische Belastung handelt.
Daraus ergeben sich acht Lastregime, die die Grundlage für die FE-Rechnung, wie auch
für den ausstehenden Festigkeitstest an der Rumpfstruktur des Prototyps bilden sollen.
Diese acht Lastregime werden in Tabelle 7.2 näher erläutert.
74 7 Strukturberechnung der Hauptspantengruppe
Kraftrichtung
Bezeichnung
auf die Beschreibung
des Lastregimes
Beschläge
Maximallasten auf die Querkraftbolzen
0 +z
(maximale Kraft auf den Beschlag)
positive Belastung aus Belastung im Fluge
A +z
(maximales Biegemoment im Rumpf)
negative Belastung in aus Belastung im Fluge
B -z
(maximales Biegemoment im Rumpf)
Unsymmetrische Belastung der Querkraftbeschläge in aus
y
D1 überlagerter Leitwerksbelastung Belastung im Fluge
(nach innen)
(maximale Kraft auf den Beschlag)
Unsymmetrische Belastung der Querkraftbeschläge aus F-
y
D2 Schlepplast
(nach innen)
(maximale Kraft auf den Beschlag)
Symmetrische Druckbelastung auf die Querkraftbeschläge aus
y
D3 Landung und Bremsklappenausschlag im Fluge
(nach innen)
(maximale Kraft auf den Beschlag)
unsymmetrische Belastung der Querkraftbeschläge links nach
hinten und rechts nach vorn aus überlagerter Leitwerksbela-
E1 +x
stung Belastung im Fluge
(maximale Kraft auf den Beschlag)
Unsymmetrische Belastung der Querkraftbeschläge in aus F-
E2 -x Schlepplast
(maximale Kraft auf den Beschlag)
Es ergibt sich nun die Fragestellung, wie die Lasten auf die Rumpfstruktur in dem aus-
stehenden Festigkeitstest aufgebracht werden können. Diese Frage soll schon an dieser
Stelle beantwortet werden, um die Struktur auch im Hinblick auf den Festigkeitstest
auszulegen. Denn es ist nicht vorteilhaft, die Struktur ausschließlich auf die real auftre-
tenden Lasten hin auszulegen. So kann ein Beulspant unter Umständen direkt an die
Lasteinleitungsstelle des Festigkeitstests gesetzt werden, wenn dies die Qualität der
Konstruktion für den späteren Einsatz nicht mindert. Durch eine solche Maßnahme kann
es nicht passieren, daß der Festigkeitstest nur durch größere Änderungen an der Kon-
struktion möglich wird und dadurch eventuell sogar falsche Resultate liefert.
Die Kräfte, welche aus aerodynamischen Lasten resultieren, erweisen sich hierbei als
unproblematisch, denn sie werden auch in der Realität punktuell in den Rumpf eingelei-
tet. Es ist leicht möglich, die Kräfte auch im Bruchtest an den Querkraftbeschlägen und
am Höhenleitwerk, bzw. am Ende der Rumpfröhre einzuleiten.
Komplizierter wird allerdings die Einleitung der Gewichtskräfte. Will man diese Kräfte
realitätsgetreu aufbringen, so ist dies nur mittels einer größeren Anzahl von Hydraulikzy-
lindern, welche in x-Richtung am Rumpf verteilt werden oder unter zu Hilfenahme von
Sandsäcken möglich. Während die Hydraulikzylindervariante sehr kostenintensiv ausfällt,
ist die Sandsackvariante sehr umständlich. Beim Lastfall für das größte Biegemoment
Mby, der mit einem Lastvielfachen von n1 = 5,53 und einem maximalen Gewicht der nicht-
tragenden Teile von ca. 480 kg (inklusive Einbauten) verbunden ist würde dies bedeuten,
daß ca. 2,7 t Sand in den Rumpf geladen werden müßten und dieser für unterschiedliche
Lastfälle umverteilt werden müßte.
Aus diesem Grund soll der Versuch unternommen werden, die Gewichtskraft mit einem
Kraftangriffspunkt (Lager A) einzuleiten und rechnerisch die Lagerstellen A, B und C zu
76 7 Strukturberechnung der Hauptspantengruppe
finden, welche nach Applikation der Querkraftbolzenkräfte eine ähnliche Belastung wie
die reale Massenverteilung in den Rumpf eintragen.
Die Problematik liegt darin, gleichzeitig die Querkräfte und die Biegemomente im Rumpf
möglichst real zu simulieren. Greift die mit Lager A simulierte Gewichtskraft ausschließ-
lich im Schwerpunkt an, so fallen die Biegemomente am gesamten Rumpf zu gering aus.
Im Cockpitbereich würde das Moment sogar zu Null, obwohl in diesem Bereich sehr
große Massekräfte wirken. Deshalb muß der Krafteinleitungspunkt für die Massekraft vor
dem Schwerpunkt der nichttragenden Teile liegen, was jedoch wieder große Momente im
Leitwerksträger hervorruft. Dabei könnte es zu großen Überschreitungen der real auftre-
tenden Belastungen kommen.
Bild 7.5: Biegemomentenverlauf von realer (rot) und simulierter (blau) Belastung
77
Die genaue Berechnung dieses Punkts erfolgt in DB11.08.20 Ch.: 3.17. Um nicht für
jeden Lastfall einen anderen Lagerpunkt nutzen zu müssen, soll die Lagerposition für alle
Lastfälle eine vertretbare Testlast hervorrufen. Dafür wird durch Iteration des Biegemo-
mentverlaufs der Testlasten ein geeigneter Lagerpunkt gesucht, der den realen Biege-
momentverlauf für alle Lastfälle im Mittel am besten abbildet. Bild 7.5 zeigt den Vergleich
von zwei Lastfällen (0-1) und (0-2) und die letztlich noch tolerierbare Abweichung, bzw.
Überhöhung der Testlast zur Reallast.
Der Versuchsaufbau soll so gestaltet sein, daß die exakten Kräfte in die
Querkraftbeschläge aus Tabelle 7.3 eingeleitet werden und sich die Lagerkräfte A, B und
C daraus ergeben. Auf diese Weise wird erreicht, daß die Mittelrumpfstruktur exakt die
errechneten Lasten erfährt.
Vorteil dieser Herangehensweise ist die komfortable Handhabung des Versuchsaufbaus.
Durch die punktuellen Krafteinleitungsstellen über Zugbänder oder Hydraulikzylinder an
den Querkraftbolzen wird zudem eine einfachere Kombination der Biegemomente um die
y-Achse mit den Torsionsmomenten um die x-Achse und den Biegemomenten um die z-
Achse möglich.
Skizzen zu den Randbedingungen, wie sie beim Festigkeitstest angewendet werden
müssen und in der FE-Berechnung angewendet wurden, sind in DB11.07.08 Ch.: 3.17 zu
finden. In den FE-Berechnungen wurde von jedem Lastfall eine Bildschirmkopie ge-
macht, aus der ebenfalls die Art der Randbedingungen hervorgeht. Bild 7.6 zeigt als
Beispiel das FE-Modell mit applizierten geometrischen und statischen Randbedingungen
im Lastregime 0-1.
Die Mittelrumpfstruktur wird durch ein System von Flächenelementen Balken- und Stab-
elementen ausgesteift. Als Alternative zu der hier entwickelten Konstruktion, wird in
vielen Flugzeugen eine Stahlrohrkonstruktion verwendet.
Die Mittelrumpfstruktur der D-B 11 besteht aus den in Bild 7.7 dargestellten Komponen-
ten:
1. vorderer Hauptspant
2. hinterer Hauptspant
3. Gepäckfachdeckel
4. Gepäckfachboden
5. Fahrwerkskastendeckel
6. Fahrwerkskastenwände
7. vordere Querkraftrohre mit Querkraftlagern
8. hinteres Querkraftrohr mit Querkraftlagern
79
7.4.2 Flächenelemente
Hauptspanten
Die Hauptspanten übernehmen mehrere Aufgaben. Erstens dienen sie, wie auch die
restlichen Spanten der Rumpfröhre, als Beulsteifen in fast allen Lastfällen.
Die zweite Aufgabe liegt in der gleichmäßigen Verteilung der Querkräfte in x- und z-
Richtung. Auch wenn die Querkräfte nicht direkt in die Hauptspanten eingeleitet werden,
so hat die Verformung der Rumpfschale doch zur Folge, daß in der Nähe der Querkraft-
lager durch Schubspannungen Lasten in die Spanten eingeleitet werden, welche an
weiter entfernten Stellen wieder in die Rumpfschale zurückgeführt werden. Die Klebever-
bindung zwischen der Rumpfschale sowie der Hauptspant selbst müssen diesen Bean-
spruchungen standhalten. Drittens haben die Hauptspanten wesentlichen Anteil an der
Verteilung der Fahrwerkskräfte in die Rumpfschale. Über die Fahrwerkskastenwände
werden die Kräfte aus Landestößen und Schiebelandungen in die Rumpfschale einge-
bracht.
Zwischenböden
Gemeinsam mit dem Gepäckfachdeckel, dem Gepäckfachboden, dem Fahrwerkska-
stendeckel sowie der Rumpfschale bilden die Hauptspanten zudem fünf Torsionsprofile,
welche wiederum verschiedene Aufgaben übernehmen können. Ein ideal ausgeführter
Torsionskasten besitzt längs der Torsionsachse geschlossene Flächen, um den Schub-
fluß ungehindert zu lassen. Die senkrecht zur Torsionsachse angebrachten Flächen
übernehmen allenfalls stützende Funktionen (Bild 7.8).
Die beiden Bereiche neben dem Fahrwerkskasten sowie der Holmkasten übernehmen
somit die Hauptlast in der Aufnahme der Torsionskräfte in Richtung der Rumpflängsach-
se. Die Aussparungen für die Steuergestänge in den Hauptspanten haben somit nur
geringen Einfluß auf die Torsionssteifigkeit. Die Ausschnitte für die Holmstummel schwä-
chen allerdings den Holm-Torsionskasten, weshalb später in diesem Bereich eine Ver-
stärkung in Form von UD-Bändern erfolgen sollte.
80 7 Strukturberechnung der Hauptspantengruppe
Die beiden Bereiche neben dem Fahrwerkskasten sowie der Holmkasten übernehmen
somit die Hauptlast in der Aufnahme der Torsionskräfte in Richtung der Rumpflängsach-
se. Die Aussparungen für die Steuergestänge in den Hauptspanten haben somit nur
geringen Einfluß auf die Torsionssteifigkeit. Die Ausschnitte für die Holmstummel schwä-
chen allerdings den Holm-Torsionskasten, weshalb die beiden Bereiche rechts und links
neben dem Fahrwerkskasten die Hauptlast bezüglich Torsion tragen müssen. Eventuell
ist es im Nachgang angebracht die Schubfelder dieses Kastens in 45° Richtung zu ver-
stärken, d.h. die Rumpfschale die Fahrwerksseitenwände und den Fahrwerkskastendek-
kel aufzudicken, die ohnehin mit 45° Gewebe belegt werden.
Der Holmkasten nimmt desweiteren gemeinsam mit der Gepäckfachstruktur die Torsi-
onsbelastungen auf, welche aus der Biege-Torsion des Flügels entstehen. Der Rumpf
wird bei dieser Biege-Torsion, wie in Abschnitt 7.1 bereits beschrieben und in Bild 7.2
dargestellt, quer zur Längsachse tordiert. Würde man die Rumpfschale allein mit der
Aufnahme dieses Biege-Torsionsmoments beaufschlagen, so hätte man eine ungünstige
Auslegung des Torsionsträgers nach Bild 7.8 a) gewählt. Allerdings besitzen auch diese
beiden Torsionskästen große Öffnungen, welche durch UD-Bänder eventuell verstärkt
werden müssen und sind daher eher als C-Profile, denn als Kastenprofile zu bezeichnen.
Zur effektiven Aufnahme von symmetrischen Kräften in y-Richtung werden Balken- und
Stabelemente eingesetzt. Das hintere Querkraftrohr ist dafür ideal ausgeführt. Es ist
gerade und wird deshalb auf Druckversagen und auf Ausknicken ausgelegt. Die vorderen
beiden Querkraftrohre verlaufen nicht kolinear. Das hat den Vorteil, daß der hintere Pilot
näher am Leergewichtsschwerpunkt sitzen kann, als das bei einem durchgängigen Rohr
der Fall wäre. Der Knick wird nun praktischerweise so ausgenutzt, daß ein Teil der Fahr-
werkskräfte direkt über die beiden Rohre in den Tragflügel eingeleitet werden kann. Bei
herkömmlichen Rumpfstrukturen, wie der SZD 55 oder der Glasflügel 304C, die ohne
Stahlohrgerüst ausgeführt sind, müssen die Kräfte einen Umweg über die Rumpfschale
nehmen. Dies führt unter Umständen bei einer harten Landung eher zu schweren Struk-
turschäden an der Rumpfschale, welche nur sehr aufwendig reparabel sind.
Der repräsentative, rechnerische Festigkeitsnachweis der Struktur soll mit Hilfe eines FE-
Modells geführt werden. Die komplexe Geometrie aus Freiformflächen und den ebenen
Hauptspanten erfordert ein hochauflösendes Modell, welches die Struktur in ihren Details
erfaßt. Die herkömmlichen analytischen Berechnungsmethoden halten den heutigen
Anforderungen an die Strukturoptimierung nicht mehr stand, da sie gezwungen sind, die
vorhandene Geometrie stark zu vereinfachen. Nur durch vereinfachte Geometrien wäre
es möglich, analytische Rechenmodelle zu verwenden.
81
7.5.1 Modellierung
Einen enormen zeitlichen Anteil an der Erstellung des FE-Modells nehmen die Erstellung
einer vernetzungsfähigen Geometrie und die Vernetzung selbst ein. Als problematisch
erweisen sich hier die Schnittstellen zwischen den einzelnen Bearbeitungsprogrammen
und dabei im Speziellen die weiteren Einschränkungen auf STEP- und IGES-
Dateiformate, da die vorhandene Lizenzvereinbarung des benutzten FE-Programms
MSC Patran keine anderen Dateiimporte zuläßt. Daher war eine zeitaufwendige Suche
nach einer erfolgreichen Kombination von Dateiformaten auf dem Weg vom 3D-Modell
im SolidWorks bis zum FE-Modell im MSC Patran nötig. Um weiteren Berechnungen,
welche eventuell mit der Methode der finiten Elemente durchgeführt werden, einen Teil
der Suche nach geeigneten Schnittstellenformaten zu ersparen, gibt Tabelle 7.4 Informa-
tionen über das Fehlerbild bei bestimmten Formatkombinationen.
Bild 7.9 zeigt eine solche Deformation der Freiformfläche bei der Datenübertragung von
SolidWorks nach Rhinoceros. Die Besten, aber allenfalls befriedigenden Ergebnisse
brachte folgende Vorgehensweise, ausgehend von einem im SolidWorks angefertigten
Konstruktionsmodell.
Das 3D-Modell wird noch im SolidWorks auf die für die Berechnung notwendigen Struk-
turen reduziert. Um die bis dahin noch als Volumen existierende Konstruktion zu gut
vernetzbaren Oberflächen umzuwandeln wird eine STEP-Datei geschrieben, die dann im
Rhinoceros weiterbearbeitet werden kann. In diesem, auf Flächenbearbeitung optimier-
ten Programm, werden doppelte Flächen gelöscht und einzelne Flächen so geteilt, daß
später ein optimales Netz mit ausgewogener Elementgrößenverteilung erstellt werden
kann. Bei der Teilung der Flächen muß erreicht werden, daß jede Flächenkante an ihrem
Ende wieder auf das Ende einer Flächenkante stößt. Ist dies nicht der Fall wird eine sehr
aufwendige Nachbearbeitung des Elementnetzes im MSC Patran nötig, da sich die
Randknoten zweier angrenzender vernetzter Flächen sonst nicht überlagern und manuell
verschoben werden müssen. Andernfalls wären die Kontaktbedingungen zwischen den
Flächen verletzt.
7.5.2 Vernetzung
Ist es gelungen, die Geometrie ins MSC Patran zu überführen, kann die Vernetzung
beginnen. An erster Stelle stehen die Auswahl der Flächenelemente und die Art der
Vernetzung.
Es wurden Vergleichsrechnungen durchgeführt, bei denen der Rechenfehler einer Paver-
Vernetzung gegenüber einer IsoMesh-Vernetzung beurteilt werden konnte. Der Unter-
schied der Ergebnisse lag unter drei Prozent, weshalb die wesentlich einfachere Paver-
Vernetzung gewählt werden konnte. Ein IsoMesh zeichnet sich durch eine gleichmäßige-
re Netzaufteilung als bei der Vernetzung mit Quad-Elementen am gesamten Bauteil aus.
Es werden dafür vierseitige Teilflächen benötigt. Die gegenüberliegenden Seiten be-
kommen dabei gleich viele Knoten zugewiesen. Allerdings werden Viereckselemente
oder auch Quadelemente bei der Vernetzung der Flächen, welche fast ausschließlich
gekrümmte Umrandungen besitzen, zu stark verzerrt. Solche Verzerrungen der Elemente
führen zu ungenauen Ergebnissen. Tria-Elemente weichen bei der Vernetzung der Flä-
chen hingegen nicht so stark von ihrer Idealform, einem gleichseitigen Dreieck, ab.
84 7 Strukturberechnung der Hauptspantengruppe
Ausgehend von diesen Überlegungen und den Betrachtungen Abschnitt 4.5.4 und 4.5.5
wird die Vernetzung mit Tria-Elementen durchgeführt. Mit Hilfe von Mesh-Seeds wird
eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Elemente über das Bauteil erreicht. Dabei
werden die Knoten auf den Flächenkanten äquidistant verteilt.
Der Paver-Vernetzung wird für die gesamte Rumpfschale eine Elementlänge von maxi-
mal 50 mm vorgegeben. Das Vernetzungsprogramm wählt an Stellen, an denen diese
Elementlänge nicht zu verwirklichen ist, selbsttätig eine geringere Länge. Die Flächen
der Hauptspanten und Zwischenböden werden, entsprechend ihrer Größe und passend
zu den angrenzenden Flächen, mit angepaßten Parametern für die Elementlängen ver-
netzt.
Die Querkraft- und Stützrohre werden mit Balkenelementen mit minimalen Längen von
10 mm und maximalen Langen von 30 mm vernetzt. Diesen Balkenelementen werden
dann unterschiedliche Rundrohrquerschnitte zugewiesen, wie sie im Abschnitt 7.8
abgebildet sind. Einzig der Haubenrahmen wird mit einem rechteckigen Kastenprofil
vernetzt. Bild 7.13 zeigt den vollständig mit dem Paver-Algorithmus vernetzten Rumpf.
7.5.3 Randbedingungen
Gemäß den Ausführungen in Abschnitt 7.3 und der Darstellung in Bild 7.4, werden die
Verschiebungsrandbedingungen definiert. Es müssen die drei Lager A, B und C am FE-
Modell verwirklicht werden. Für die Lastregime 0, A, B werden die Lagerungen A und B
benötigt. Lager A wird halbkreisförmig im Cockpitbereich an der Stelle x = 2,05 m reali-
siert. Lager B wird an der Stelle x = 7730mm appliziert. Welchen Freiheitsgrad die Lage-
rungen besitzen geht aus den graphischen Markierungen hervor, die für jeden Lastfall
angegeben werden. Lager C wird nur an einem Knoten vorerst im Bereich 0,1m hinter
der Bezugsebene angebracht. Lager C wird für die Lastregime D2 und E2 benötigt.
Um das FE-Modell des Rumpfs zu verifizieren und um die Anerkennung des Festigkeits-
nachweises durch das LBA zu erlangen, wird eine analytische Vergleichsrechnung als
Plausibilitätskontrolle an verschiedenen repräsentativen Stellen des Rumpfes durchge-
führt. Diese Rechnung erfolgt wieder im MathCAD. Diesbezügliches Dokument ist
DB11.07.22 Ch.: 3.17 „Fuselage (Stress Analysis)“. Die Lasten werden in
DB11.07.21 Ch.: 3.17 zusammengestellt.
Als Rumpfpositionen mit hoher mechanischer Belastung und einfach zu beschreibender
Geometrie, werden Rumpfquerschnitte der Rumpfröhre gewählt. Durch den geschlosse-
nen und relativ homogenen Aufbau der Struktur in diesem Bereich kann zudem gewähr-
leistet werden, daß die Spannungen, die linien- und punktförmig in die Rumpfschale
eingeleitet werden, genügend abgeklungen sind und ein Vergleich der FE-Berechnung
mit der analytischen Berechnung möglich ist.
Bei dieser Vergleichsrechnung wurde eine in der Realität nicht auftretende Lastkombina-
tion aufgebracht. Hierfür wurde der Lastfall 0-1 zugrunde gelegt und die Kräfte gemittelt,
so daß links und rechts die gleichen Kräfte aufgebracht werden konnten und sich eine
symmetrische Spannungsverteilung ausbildet. Für die vorderen Querkraftbolzen bedeu-
tete dies konkret:
Somit wurde ein reines Biegemoment in der Rumpfröhre erzeugt, welches analytisch
sehr einfach beschreibbar ist. Bild 7.16 zeigt den Biegemomentverlauf beim Aufbringen
dieser Testlast
87
Analytisch wird die aus diesem Biegemoment resultierende Spannung an fünf verschie-
denen Querschnitten mit Gl. (7.1) berechnet.
Mby.T
σxx ⋅z (7.1)
Iyy
Es ergibt sich eine mittlere Abweichung der Ergebnisse von weniger als 1,1%, wenn nur
die ersten drei Querschnitte berücksichtigt werden. Nur die ersten drei Querschnitte zu
berücksichtigen ist gerechtfertigt, da die größere Abweichung an Schnitt 4 und 5 den
Haubenausschnitt zur Ursache hat, welcher in der analytischen Lösung der Vergleichs-
rechnung nicht berücksichtigt wird. Bild 7.18 zeigt, insbesondere in der Draufsicht des
88 7 Strukturberechnung der Hauptspantengruppe
Rumpfs, wie sich der Spannungsverlauf um den Hauberahmen herum verlagert. Gleich-
zeitig verringert sich dabei die Spannung direkt auf der Rumpfoberseite. Bild 7.17 zeigt
den Vergleich von FE-Lösung (durchgezogene Linie) und analytischer Berechnung
(blaue Punkte).
Bild 7.17: Biegespannung auf der Rumpfoberseite - Analytische Lösung (blau) und
FE-Lösung (schwarz)
Die Rumpfstruktur muß nun das zwischen den Querkraftbeschlägen erzeugte Biege-
Torsionsmoment ertragen. Dadurch ergibt sich trotz symmetrischen Lastfalls eine un-
symmetrische Ausbildung des Spannungszustandes in den beiden Rumpfhälften.
Mit dieser Lastkombination wird kein signifikantes Biegemoment um die Querachse über
den Mittelrumpf hinaus in den Rumpf eingebracht. Das Torsionsmoment muß nun durch
die Schubfelder im Innern des Rumpfs zu den jeweils gegenüberliegenden Querkraftbe-
schlägen abgetragen werden.
Bild 7.20 zeigt die im Folgenden beschriebenen Optimierungsschritte. Beim ersten
Berechnungsgang stellte sich heraus, daß der schmale Gepäckfachdeckelrahmen durch
die Biege-Torsion eine sehr hohe Belastung erfährt, während der eigentlich für diesen
Belastungsfall vorgesehene Gepäckfachboden nur Spannungen bis maximal 25 MPa
ertragen mußte. Die Faserorientierung ist mit ±45° definiert worden.
Im ersten Optimierungsschritt wurde daher die Dicke des Bodens von 1,53 mm auf
1,24 mm verringert. Dadurch stieg zwar das Spannungsniveau im Boden, jedoch auch im
schon ausgelasteten Deckel, was nicht erwünscht war. Im dritten Optimierungsschritt
wurden deshalb die Steifigkeiten umverteilt. Dem Deckel wurde GFK und dem Boden
CFK zugewiesen. Durch die nun höhere Steifigkeit des Bodens wurden auch die Lasten
umverteilt, wodurch der Deckel wieder entlastet wurde. Im letzten Optimierungsschritt
wurde nochmals der Boden auf 0,62 mm verdünnt und der Deckel auf 1,02 mm festge-
legt. Es wird nun ein relativ ausgewogenes Verhältnis der maximalen Hauptspannungen
auf einem Niveau von ca. 60 MPa erreicht.