Sie sind auf Seite 1von 172

kfz-betrieb

kfz-betrieb
JahreSband 2013

Servicetechniker
Technik von Profis für Profis
technikwissen für Profis
servi ce t e ch n i k e r
Inhalt

Inhalt
Fahrzeug und KomFort 4 Wissen für die Werkstatt
Zusatzheizungen: Die Warmstarter

antrIebsstrang 18 Im Deutschen Kfz-Gewerbe gibt


Automatikgetriebe: Elektronik meets Hydraulik es viele Weiterbildungen und
Karrierestufen für Kfz-Mechatro-
bordnetz/Vernetzung/KommunIKatIon 32 niker. Doch durch die sich schnell
Elektrische Ausrüstung – Teil 1: weiterentwickelnde Fahrzeug-
Im Wandel der Zeit technik müssen Werkstattmitar-
bordnetz/Vernetzung/KommunIKatIon 46 beiter auch zwischendurch immer
Elektrische Ausrüstung – Teil 2: wieder dazulernen. Deshalb bie-
Im Wandel der Zeit tet der »kfz-betrieb«-Servicetech-
niker Kfz-Mechatronikern, geprüf-
Fahrzeug und KomFort 60 ten Servicetechnikern und Meis-
Fahrzeugelektronik: Top-down-Sicherheit tern im Kfz-Techniker-Handwerk
und -Komfort Monat für Monat Technikwissen
von Profis für Profis. Die Beiträge
Fahrzeug und KomFort 74 liefern zudem viele wertvolle
Cabriolets: Nach oben offen Werkstatttipps rund um Service Edgar Schmidt, Ressortleiter Aus-
und Diagnose. und Weiterbildung.
antrIebsstrang 88
Alternative Antriebe – Teil 1:
Der Sammelband 2013 beinhal-
Hyper, hyper, Hybrid?
tet alle im Jahr 2013 in »kfz-betrieb« erschienenen Beiträge dieser
antrIebsstrang 102 Reihe. Sie reichen von der Karosserieelektronik über Motormanage-
Alternative Antriebe – Teil 2: mentsysteme bis hin zu Komfortsystemen. Natürlich fehlen auch die
Hyper, hyper, Hybrid? alternativen Antriebe nicht.

motor- und motormanagementsysteme 116


Motordiagnose, Teil 1:
Viele Disziplinen beherrschen

motor- und motormanagementsysteme 130


Motordiagnose, Teil 1:
Viele Disziplinen beherrschen Edgar Schmidt,
Fahrzeug und sIcherheIt 144 Ressortleiter Aus- und Weiterbildung
Assistenzsysteme – Teil 1:
Immer sicher in der Spur

Fahrzeug und sIcherheIt 158


Assistenzsysteme – Teil 2:
Immer sicher in der Spur

März 2014

Alle Rechte, auch der Übersetzungen, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in
einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme
verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Hiervon sind die in §§ 53, 54 UrhG ausdrücklich genannten Ausnahmefälle nicht berührt.
Für den Inhalt übernimmt der Verlag keine Haftung.

Printed in Germany

Copyright 2014 by Vogel Business Media GmbH & Co. KG, Würzburg
Druck und Verarbeitung: M.P. Media-Print, 33100 Paderborn
Layout: Bernhard Mack, Richard Schäffauer
Redaktion: Steffen Dominsky, Tel.: 0931/4 18 - 25 171, E-Mail: steffen.dominsky@vogel.de
Edgar Schmidt, Tel.: 0931/4 18 - 28 19, E-Mail: edgar.schmidt@vogel.de
Max-Planck-Straße 7/9
97082 Würzburg
Autor: Georg Selgrad

SErVICEtechniker 3
Weiterbildung

Servicetechniker
technik von Profis für Profis

Motor- und MotorManageMentsysteMe


bordnetz, vernetzung, koMMunikation
Fahrzeug und KomFort
navigation, unterhaltung, infotainMent
fahrzeug und sicherheit
fahrzeug, reifen, fahrWerk
kraftstoffe und antriebe
instandsetzung und diagnose
sensoren, aktoren
Motor, abgase und uMWeltProbleMatik
antriebsstrang
fahrzeugsysteMe/Mechatronik

4 kfz-betrieb
904/2014 www.kfz-betrieb.de 4
Fahrzeug und Komfort
BilD 1
Foto: Archiv

Standheizungen ermöglichen einen komfortablen und


zugleich sicheren Start in einen kalten Tag.
Zusatzheizungen

Die Warmstarter
Standheizungen und Zuheizer erhöhen Komfort und Sicherheit

ein Großteil der verkehrsteilnehmer unterschätzt das Sicherheits- gebunden und kann nur im normalen Heizbetrieb des Fahrzeugs
risiko durch vereiste oder beschlagene Autoscheiben im Winter. betrieben werden.
Das zeigt allein schon der Blick in den morgendlichen Berufs- Die manuelle Bedienung und Programmierung der einschalt-
verkehr. Bei Minusgraden sind viele Autofahrer nur mit Sehschlit- zeiten ist für die Zusatzwasserheizung Thermo Top c und die
zen unterwegs. Nach Untersuchungen der verkehrsunfallfor- Standheizung Air Top 3500 über die Anzeige- und Bedienungs-
schung der Technischen Universität Dresden passieren im Win-
ter viele Unfälle, weil die Fahrer durch ihre beschlagenen oder
vereisten Scheiben nicht genug gesehen haben. Dabei lässt sich
diese Gefahr durch den einsatz einer Standheizung relativ ein- inhalt
fach ausschließen. Aufbau und Diagnose von Zusatzheizungen
Dieser Beitrag zeigt den Aufbau und die Diagnose von Webas-
to-Standheizungen, wie sie zum Beispiel vW im Modell T5 ein-  Kraftstoffversorgung 06
setzt. Den Transporter bietet das Unternehmen mit einem was-  Die Zusatzheizung Airtop 3500 10
serbasierten Zuheizer und je einer luft- und einer wasserbasier-  Die Zusatzheizung Thermo Top V 12
ten Standheizung an. Der Zuheizer ist die Zusatzwasserheizung
Thermo Top Z, als Standheizung nutzt vW die Zusatzluftheizung  Diagnosemöglichkeiten 15
Air Top 3500 und die Zusatzwasserheizung Thermo Top c. Der  Dosierpumpe/Kraftstoffversorgung prüfen 16
zweite Wärmetauscher ist in das Fahrzeug-Heizungssystem ein-

Servicetechniker 5
Die Zusatzwasserheizung Thermo Top C und die Zusatzluft-
Bild 2 heizung Air Top 3500 können optional über eine Funkfernbe-
dienung ein- und ausgeschaltet werden. Das Fahrzeug wird
mit nur einer Funkfernbedienung ausgeliefert. Insgesamt kön-
nen jedoch drei Funkfernbedienungen angelernt werden. Der
Funkempfänger sitzt unter der Schalttafel links, unterhalb des
Lichtschalters. Die Wurfantenne verläuft im Kabelbaum der
Fahrertür.

Kraftstoffversorgung
Die Kraftstoffversorgung der Zusatzheizung erfolgt über den
Anschluss am Geber für die Kraftstoffvorratsanzeige des Au-
tos. Die Thermo Top Z/C schaltet ab, wenn im Tank die Kraft-
stoffreservemenge erreicht ist. Die Information darüber erhält
sie über den CAN-Datenbus. Die Air Top 3500 schaltet dage-
gen erst ab, wenn sie über die Versorgungsleitung aufgrund

Bild: Archiv
von Kraftstoffmangel keinen Kraftstoff mehr ansaugen kann
(bei etwa drei Litern Kraftstoff).
Die möglichen Einbaustellen der Zusatzheizungen im VW T5.
Die Zusatzwasserheizung Thermo Top Z kommt im Trans-
porter, bei Ausführung mit TDI-Motoren – in Verbindung mit
Bild 3 bestimmten Ausstattungsvarianten – serienmäßig, zum Ein-
satz. Optional wird die Zusatzwasserheizung in der Variante
Thermo Top C als Standheizung angeboten.
Die Zusatzwasserheizung Thermo Top Z/C ist ein Wasser-
heizgerät mit Verdampferbrenner. Ihre Heizzeit beträgt im
Standheizbetrieb maximal 120 Minuten. Die Zusatzwasserhei-
zung Thermo Top Z/C ist in die Fahrzeugdiagnose des Trans-
porters eingebunden.

technische daten
Heizleistung: Vollast: 5.000 W
Teillast: 2.500 W
Brennstoff: Benzin, Diesel (nach DIN EN 590)
Stromversorgung: Über Zweitbatterie
Nennspannung: 12 V
Betriebsspannungsbereich: 10,5 bis 15 V
El. leistungsaufnahme: Ohne Umwälzpumpe und Fahrzeug-
gebläse – Volllast: 26 W
Ohne Umwälzpumpe und Fahrzeug-
Bild: Archiv

gebläse – Teillast: 18 W
Zulässiger Betriebsdruck: 0,4 bis 2,5 bar
Die Kraftstoffversorgung der Zusatzwasser- und der Zusatzluftheizung. Brennstoffverbrauch Volllast
Benzin: 0,67 l/h, Diesel: 0,59 l/h
Teillast
Benzin: 0,34 l/h, Diesel: 0,30 l/h
Unterspannungsabschaltung: < 10,2 Volt
CO2 im Abgas: In Stufe „Groß“ 7,5 – 12,5 %
einheit im Dach möglich. Beim California erfolgt die Bedie- Gewicht: 2,9 kg
nung der Standheizung über die Bedienungs- und Anzeige- Hersteller: Webasto
einheit für die Campingausrüstung.
Die einzelnen Betriebsarten der Standheizung werden mit
den Funktionstasten eingestellt. Die Funktion der Tasten ist Die zur Verbrennung benötigte Luft wird über den Verbren-
dabei vom jeweiligen Menü abhängig und wird – je nach nungslufteintritt von einem Gebläse angesaugt und durch
Modelljahr – als Symbol bzw. Text im Display angezeigt. den Luftkanal und einen Geräuschdämpfer in die Brennkam-

6 kfz-betrieb
Fahrzeug und Komfort

Bild 4 Bild 5

Bild: Archiv

Die Thermotop-C-Zusatzwasserheizung von Webasto.

Bild: Archiv
mer gefördert. Das Gebläse wird über eine zweipolige Steck-
verbindung direkt vom Steuergerät mit Spannung versorgt.
Den Kraftstoff bekommt die Zusatzwasserheizung über den Die Zusatzwasserheizung Thermo Top ist am Längsträger des Trans-
porters in Fahrtrichtung links eingebaut.
Kraftstoffzulauf. Dieser reicht bis in den verdampfer. Die ver-
brennungsluft gelangt in das Brennkammergehäuse und wird
anschließend über Bohrungen in die Brennkammer und auch
direkt zum verdampfervlies geleitet. in der Startphase erhitzt
die Glühkerze das vlies. Dabei verdampft der zugeführte Kraft- Am Brennergehäuse befinden sich:
stoff über die gesamte Fläche des vlieses. in verbindung mit „die Kühlmittelaustrittsöffnung,
der zugeführten Luft entsteht dann ein brennfähiges Kraft- „das Abgasrohr,
stoff-Luft-Gemisch. Die entzündung des Gemisches erfolgt „die Kühlmitteleintrittsöffnung und
durch die Glühkerze. in der Heizphase erfolgen verdampfung „die Brennkammer.
und entzündung am vlies und an den heißen Wandungen der
Brennkammer. Weiterhin nimmt das Brennergehäuse die Brennkammer
Während der Heizphase wird die Glühkerze vom Steuerge- auf und bildet mit dem Wassermantel und dem Steuergerät
rät nur gering bestromt. Der elektrische Widerstand der Glüh- eine Baueinheit.
kerze wird so als Flammenwächter genutzt. Das Kühlmittel Das Kraftstoff-Luft-Gemisch wird in der Brennkammer ge-
gelangt über die Kühlmitteleintrittsöffnung in den Wasser- bildet. Anschließend erfolgt die verbrennung im Flammrohr.
mantel der Zusatzwasserheizung. Dort nimmt es die Wärme in der Brennkammer befindet sich die Glühkerze mit Flamm-
auf. Über die Kühlmittelaustrittsöffnung gelangt das erwärm- wächter. Sie entzündet das Kraftstoff-Luft-Gemisch in der
te Kühlmittel in den Kühlmittelkreislauf. Startphase. in der Heizphase entzündet sich das Kraftstoff-
Luft-Gemisch dagegen an den glühenden Wänden der Brenn-
Als zentrale Steuereinheit gewährleistet das Steuergerät den kammer. Die als elektrischer Widerstand ausgelegte Glühker-
Funktionsablauf und überwacht den Heizbetrieb. Die Kontak- ze mit Flammwächter überwacht aber während des gesamten
tierung mit dem Bordnetz des Fahrzeugs erfolgt über die Ste- Heizbetriebs die Flammtemperatur.
ckerleiste (Bild 8). Der Zuheizer und die Zusatzwasserheizung
unterscheiden sich durch unterschiedliche Steuergerätecodie- Die bei der verbrennung erzeugte Wärme wird im Wasser-
rungen. mantel an das Kühlmittel übertragen. Das Kühlmittel gelangt
Die Kühlmitteltemperatur im Heizgerät überwacht ein im über die Kühlmitteleintrittsöffnung in das Gehäuse des Was-
Steuergerät integrierter Temperaturgeber, der auch den Heiz- sermantels (Wärmeübertrager). Dort nimmt es die erforder-
betrieb regelt. Bei einer Kühlmitteltemperatur über 125 °c liche Wärme zum Heizen auf. Über die Kühlmittelaustritts-
wird das Heizgerät abgeschaltet und verriegelt. öffnung verlässt das Kühlmittel das Gehäuse.

Servicetechniker 7
Heizungsmanagement
Bild 6 Standheizungsbetrieb in der Betriebsphase „Start“
Die Zusatzwasserheizung kann eingeschaltet werden über
„ den Sofortstart,
„ die Zeitvorwahl,
„ die Funkfernbedienung.

Daraufhin werden das Verbrennungsluftgebläse und die Umwälz-


pumpe angesteuert. Die Glühkerze für die Heizung beginnt zu
glühen, und das Verbrennungsluftgebläse pumpt Luft in den
Brennereinsatz. Nach etwa 30 Sekunden fördert die Dosierpumpe
den Kraftstoff, und das Verbrennungsluftgebläse wird für fünf
Sekunden abgeschaltet, damit zum Starten ein ausreichend fettes
Kraftstoff-Luft-Gemisch besteht. Danach wird die Leistung des
Verbrennungsluftgebläses schrittweise auf Volllastbetrieb erhöht
und das Kraftstoff-Luft-Gemisch in die Brennkammer gefördert.
Damit beginnt die Verbrennung.
Wird keine Flamme gebildet oder reißt die Flamme ab, leitet
das Steuergerät automatisch eine Startwiederholung ein. Nach
Bild: Archiv
insgesamt 90 Sekunden ohne Flammenbildung wird die Zusatz-
heizung bis zum nächsten Einschalten der Zündung (Klemme 15)
Aufbau der Thermo-Top-Zusatzwasserheizung. abgeschaltet.

Bild 7 Standheizungsbetrieb in der Betriebsphase „Heizen“


Erreicht das Kühlmittel eine Temperatur von 77 °C, wird die Zu-
satzwasserheizung von Volllast- auf Teillastbetrieb umgeschaltet.
Dazu reduziert das Steuergerät die Leistung des Verbrennungs-
luftgebläses. Die Dosierpumpe fördert zudem weniger Kraftstoff.
Sinkt die Kühlmitteltemperatur auf 67 °C, schaltet die Regelung
erneut auf Volllastbetrieb zurück. Bei einer Kühlmitteltemperatur
von 81 °C wird eine Regelpause eingelegt. Sinkt die Kühlmittel-
temperatur auf 69 °C, wird erneut eine Heizphase gestartet.

Standheizungsbetrieb in der Betriebsphase „Nachlauf“


Eingeleitet wird die Abschaltung der Zusatzwasserheizung durch
„ das Abstellen des Motors,
„ das Ausschalten der Zusatzwasserheizung,
„ den Ablauf der maximalen Heizdauer (120 Minuten).

Zum Ende der Heizphase wird die Dosierpumpe abgeschaltet und


die Verbrennung beendet. Die Umwälzpumpe und das Verbren-
nungsluftgebläse laufen zur Abkühlung jedoch weiter und werden
automatisch abgeschaltet.
Zum Freibrennen wird die Glühkerze der Heizung kurzzeitig
angesteuert. Die Nachlaufzeit ist variantenabhängig und kann
zwischen 100 und 175 Sekunden liegen.

Nachlaufzeit für Benzin-Zusatzwasserheizungen


„ 168 Sekunden beim Ausschalten aus dem Volllastbetrieb
„ 157 Sekunden beim Ausschalten aus dem Teillastbetrieb
Bild: Archiv

Nachlaufzeit für Diesel-Zusatzwasserheizungen


Die Verbrennungsluft fördert ein Gebläse in die Zusatzheizung.
„ 175 Sekunden beim Ausschalten aus dem Volllastbetrieb
„ 100 Sekunden beim Ausschalten aus dem Teillastbetrieb

8 kfz-betrieb
Fahrzeug und Komfort

Bild 8
Zuheizbetrieb in den Betriebsphasen „Start“,
„heizen“, „nachlauf“
Startphase
Bei einer Kühlmitteltemperatur von weniger als +69 °c, einer
Außentemperatur von unter +10 °c sowie einem am Steuerge-
rät anliegenden Motordrehzahlsignal sind die Betriebsbedin-
gungen gegeben, und der Startvorgang beginnt.

heizphase
erreicht das Kühlmittel eine Temperatur von +81 °c, wird eine
regelpause eingelegt. Bei einer Kühlmitteltemperatur von
+77 °c wird von volllast- auf Teillastbetrieb umgeschaltet. Sinkt
die Temperatur der Kühlflüssigkeit während der regelpause
unter +69 °c, startet die Heizung mit regulärem Startvorgang
in den Teillastbetrieb.

Bild: Archiv
nachlaufphase
Hat der Motor seine Betriebstemperatur erreicht, wird der Zu-
heizer abgeschaltet. Die verbrennung wird beendet, und der Steuergerät mit Anschlussleiste.

Nachlauf beginnt.
Bild 9
nachlaufzeit für Zuheizer
„ 175 Sekunden beim Ausschalten aus dem volllastbetrieb
„ 100 Sekunden beim Ausschalten aus dem Teillastbetrieb

einschaltbedingungen
Zuheizer
„ Kühlmitteltemperatur: t < 69 °c (gemessen am Kühlmittel-
temperaturgeber für die Heizung)
„ Außentemperatur: t < 10 °c
„ Klemme 15 (Zündung): ein
„ Motordrehzahlsignal: n > 300 min-1

Standheizung
„ einschaltaufforderung über Dachdisplaymodul Bild: Archiv

Bild: Archiv
„ einschaltaufforderung über Funkfernbedienung
„ Laufzeit: 30 Minuten (einbau bis KW 30/2004) Anschlüsse am Brennergehäuse und an der Brennkammer.
120 Minuten (einbau ab KW 30/2004)

Bild 10
Abschaltbedingungen
Zuheizer/Standheizung
„ Zuheizer: Kühlmitteltemperatur t > 85 °c
„ Zuheizer: Motordrehzahl n < 300 min-1
„ Standheizung: vorwahlzeit abgelaufen, manuell ausge-
schaltet
„ Kraftstoff: reservebetrieb
„ Unterspannung: U < 10,5 v für mehr als 20 Sekunden
„ interne Überhitzung: Temperatur im Heizgerät > 125 °c
crash-Signal: durch Airbagauslösung
Bild: Archiv

Servicetechniker 9
Aufbau des Wärmetauschers.
BILd 11 BILd 12

Bild: Archiv

Auflistung der wichtigsten CAN-Botschaften für die Systemfunktion der Auflistung der wichtigsten CAN-Botschaften für
Thermo Top Z (Zuheizer). die Systemfunktion der Thermo Top C (Stand-
heizung).

Die Zusatzheizung Airtop 3500 CO2 im Abgas Kleine Stufe: 5 bis 8 Vol. %
Große Stufe: 9 bis 12,5 Vol. %
Gewicht Heizgerät: 5,9 kg
Die Zusatzheizung Air Top 3500 ist eine luftbasierte Standhei-
zung. Sie besitzt eine Vorwahlfunktion zum Programmieren der Hersteller: Webasto

Einschaltzeit und der gewünschten Temperatur und ist in die


Fahrzeugdiagnose des Transporters eingebunden. Die Standheizung ist an der Fahrzeugunterseite in Fahrtrichtung
rechts eingebaut. Sie saugt die Ansaugluft (Umluft) über einen
technische DAten Luftschlitz im Bereich des Einstiegs an der Beifahrertür an. Die
Max. Heizleistung: 3.000 W (groß)
Heizluft wird dann durch zwei Lüftungsschlitze im unteren Be-
1.500 W (klein) reich der B-Säule – hinter dem Beifahrersitz – in den Lade- bzw.
Brennstoff: Benzin, Diesel (nach DIN EN Fahrgastraum geleitet.
590) und RME (nach DIN EN Die zur Verbrennung benötigte Luft wird durch das Verbren-
14214)
nungsluftgebläse über einen Luftschlauch in das Verbrennungs-
Stromversorgung: Über Zweitbatterie
luftgehäuse gesaugt und von dort in die Brennkammer und
Betriebsspannung: 12 V direkt zum Verdampfervlies geleitet. Die Kraftstoffversorgung
Elektrische Leistungsaufnahme 15 W (klein) erfolgt über den Kraftstoffzulauf, der bis in den Verdampfer
im Regelbereich: 33 W (groß)
reicht. In der Startphase erhitzt die Glühkerze das Vlies über
Brennstoffverbrauch: 0,19 l/h bis 0,46 l/h (Benzin)
0,15 l/h bis 0,42 l/h (Diesel)
dessen gesamte Fläche, der zugeführte Kraftstoff verdampft. In
Verbindung mit der zugeführten Verbrennungsluft entsteht da-
Unterspannungsabschaltung: 10,5 V
durch ein brennfähiges Kraftstoff-Luft-Gemisch. Die Glühkerze
Überspannungsabschaltung: 16 V
entzündet das Gemisch in ihrem Umfeld und in der anschlie-
Zulässige Brennluftansaugtempera- –40 bis +20 °C
tur:
ßenden Brennkammer. Später in der Heizphase, nach Abschalten
der Glühkerze, erfolgt die Verdampfung und Entzündung am
Einstellbereich für Innentemperatur: +5 bis +35 °C
Vlies und an den heißen Wandungen der Brennkammer. Die

10 kfz-betrieb
Fahrzeug und Komfort

Flammfront setzt sich bis in das Flammrohr fort. Während der


Heizphase wird die Glühkerze vom Steuergerät nur gering be- Bild 13
stromt. Der elektrische Widerstand der Glühkerze dient so als
Flammenwächter.
Die Ansaugluft strömt über eine Öffnung in der Stirnseite der
Heizung durch das Lüfterrad des verbrennungsluftgebläses für
die Ansaugluft und dann weiter seitlich außen am Wärmetau-
scher vorbei. Dabei nimmt sie Wärme auf und tritt über eine
Öffnung an der anderen Stirnseite als Heizluft wieder aus.

Das verbrennungsluftgebläse ist ein kombiniertes Bauteil. es


hat sowohl ein Lüfterrad für die Ansaugluft als auch ein Lüfter-
rad für das Ansaugen der verbrennungsluft. Beide Lüfter haben

Bild: Archiv

Bild: Archiv
einen gemeinsamen Antriebsmotor, über dessen Ankerwelle
beide Lüfterräder angetrieben werden. Das Gebläse arbeitet in
zwei Drehzahlstufen zur Wärmeabfuhr. Das Steuergerät ist zwi- Die Airtop 3500 von Webasto ist eine luftbasierte Standheizung.
schen beiden Lüfterrädern oben auf der gemeinsamen Welle
des Gehäuses positioniert. Bild 14

Für eine möglichst gute Gemischbildung ist eine gleichmäßige


und korrekte Gebläsedrehzahl wichtig. Die Drehzahl erfasst ein
Hallsensor in verbindung mit zwei Permanentmagneten. Der
Hallsensor ist innerhalb des Steuergerätegehäuses – von außen
nicht sichtbar – verbaut.
Die beiden Permanentmagnete sind – um 180° am Umfang
versetzt – an der Hinterseite des Lüfterrads für die Heizluft
befestigt. An der rückseite des Steuergerätes oben sitzt der
Temperaturfühler für die angesaugte Umluft aus dem Fahr-
zeuginnenraum. er besteht aus einem NTc-Widerstand. Das
Steuergerät wertet den erfassten Temperaturwert als istwert
der innenraumtemperatur aus und regelt die Heizleistungsstu-
fe entsprechend dem vom Fahrer eingestellten Temperatur-

Bild: Archiv
Bild: Archiv
wunsch (Sollwert). Der zwischen den verrippungen des Wär-
metauschers eingebaute Überhitzungsfühler ist ein PTc-Wi-
derstand, der die Temperatur am Wärmetauscher erfasst. er Die Airtop-Zusatzheizung im Schnitt.
dient zur Überwachung der verbrennungstemperaturen und
damit dazu, Temperaturüberschreitungen in der Zusatzheizung
zu vermeiden. Bild 15
im Wärmetauscher sind die Brennkammer mit dem Flammrohr,
der Brennereinsatz mit vlies und die Glühkerze für die Heizung
eingebaut. Wärmetauscher, Brennkammer mit Flammrohr und
Brennereinsatz mit vlies sind einzeln ersetzbar.

Abschaltbedingungen
Das Steuergerät erkennt Fehler an einzelnen Heizgerätekom-
ponenten sowie Störungen im Startablauf und im Heizbetrieb.
Die Standheizung Air Top 3500 wird unter folgenden Bedin-
gungen nicht gestartet oder abgeschaltet und geht in die
Bild: Archiv

Störverriegelung:
„ Kein bzw. fehlerhafter Start
„ Temperaturfühler ist defekt Verbrrennungsluftgebläse und Wärmetauscher der Airtop 3500.
„ Unterbrechung oder Kurzschluss am Überhitzungssensor
„ Überhitzungssensor wurde falsch montiert

Servicetechniker 11
BiLd 16 BiLd 17

Foto: Webasto
Bild: Archiv
Der Wärmetauscher der Airtop-Zusatzheizung. Die Thermo-Top-Zusatzheizung von Webasto.

„ Unterbrechung oder Kurzschluss an Glühstift/Flamm­ TechniSche daTen


wächter Heizleistung: Volllast: 5.000 W
Teillast: 2.500 W
„ Gebläsemotor ist überlastet, blockiert oder hat einen
Kurzschluss bzw. eine Unterbrechung Brennstoff: Benzin, Diesel (nach DIN EN 590)
und RME (nach DIN EN 14214)
„ Fehler im Stromkreis der Dosierpumpe
Stromversorgung: Über Starterbatterie
„ Untere bzw. obere Spannungsgrenze erreicht – Abschal­
Nennspannung: 12 V
tung nach 20 Sekunden: Unterspannungsabschaltung bei
11,3 V Betriebsspannungsbereich: 10,5 bis 15 V
Elektrische Leistungsaufnahme: Ohne Umwälzpumpe und Fahrzeug­
gebläse – Volllast: 26 W
Steuergerät defekt Ohne Umwälzpumpe und Fahrzeug­
„ Überhitzung: Die Brennstoffzufuhr wird unterbrochen, und gebläse – Teillast: 18 W
ein Nachlauf wie beim manuellen Abschalten ausgeführt, Zulässiger Betriebsdruck: 0,4 bis 2,5 bar
nach dem Nachlauf schaltet das Steuergerät in die Stör­ Brennstoffverbrauch: Volllast
verriegelung Benzin: 0,67 l/h, Diesel: 0,59 l/h
Teillast
„ Kraftstoffversorgung nicht gewährleistet: Kraftstoffreserve Benzin: 0,34 l/h, Diesel: 0,30 l/h
erreicht Unterspannungsabschaltung: < 11,3 Volt
„ Maximale Betriebsdauer erreicht: nach einer programmier­
CO2 im Abgas: 8 bis 12 Vol. %
ten Laufzeit von 120 Minuten
Gewicht: 2,9 kg
Hersteller: Webasto
Thermo Top V
Die Zusatzwasserheizung Thermo Top V bietet VW zum Beispiel Bei den ersten Versionen der Thermo Top V wurden Elektrik­
für den Caddy und den Caddy Maxi an. Die Bedienung kann Leitungsadapter verbaut. Später wurde das Steuergerät von Webas­
auf drei unterschiedliche Arten erfolgen: to so angepasst, dass die Stecker von Volkswagen direkt passen.
„ über die Funkfernbedienung, Beim eventuellen Erneuern der Zusatzwasserheizung sind die
„ über das Display im Schalttafeleinsatz, Adapter dann überflüssig.
„ per Sofortheiztaste in der Bedienungseinheit für die Hei­ Die zur Verbrennung benötigte Luft wird durch ein Lüfterrad in
zung und Belüftung. das Verbrennungsluftgehäuse angesaugt und zu einer Venturidüse
(Gehäuse aus Keramik) geleitet. Der Kraftstoffzulauf reicht eben­
Die Thermo Top V kann als Zuheizer und als Standheizung falls bis an die Venturidüse. Die angesaugte Luft unterstützt durch
betrieben werden. Bei Fahrzeugen mit Dieselmotor wird die die Sogwirkung in der Venturidüse die Kraftstoffeinspritzung – die
Zusatzwasserheizung bei Außentemperaturen unter 5 °C au­ Gemischbildung beginnt.
tomatisch als Zuheizer betrieben. Sie ist in die Fahrzeugdiag­ Die Glühkerze mit Flammenüberwachung ragt von der Seite so
nose des Caddy eingebunden. in die Brennkammer, dass sich das Ende der Kerze mittig vor dem

12 kfz-betrieb
Fahrzeug und Komfort

Austritt der venturidüse in der Brennkammer befindet. in der Start- im Heizgerät in der Nähe des ventileinsatzes positioniert. Während
phase entzündet die Glühkerze das Gemisch im Bereich um die des Betriebs der Zusatzheizung wird das ventil bestromt und gibt
Glühkerze und in der anschließenden Brennkammer. Später in der den Kraftstoffzulauf zum ventileinsatz frei. Damit sich bei abge-
Heizphase, nach Abschalten der Glühkerze, wird das Gemisch an stellter Zusatzheizung kein unzulässig hoher Druck in der Kraft-
der Flammenfront in der Brennkammer entzündet. Das Kühlmittel stoffleitung zwischen Dosierpumpe und Heizung aufbauen kann,
tritt über die Kühlmitteleintrittsöffnung in den Wassermantel des setzt vW gleichzeitig eine modifizierte Dosierpumpe mit internem
Wärmetauschers ein. Dort nimmt es Wärme auf. Über die Kühl- Druckausgleich ein.
mittelaustrittsöffnung gelangt es anschließend in den Kühlmittel- Das Kraftstoffabschaltventil wird durch die eigendiagnose
kreislauf. überwacht. Bei einem Ausfall kann die Zusatzheizung wegen
verbrennungsluftgebläse und Steuergerät bilden zusammen fehlendem Kraftstoff nicht starten. Muss einen Werkstatt die
eine Bauteileinheit. Die Glühkerze ist nur bei Zusatzheizungen Dosierpumpe ersetzen, ist es wichtig, auf die verwendung der
ohne Kraftstoffvorwärmung einzeln erhältlich. Bei Zusatzheizungen richtigen Pumpenvariante zu achten.
mit Kraftstoffvorwärmung müssen Glühkerze und Brenner gemein-
sam ersetzt werden.
Das verbrennungsluftgebläse ist in einem an den Wärmetau-
scher angeflanschten Gehäuse integriert. Sein Lüfterrad wird durch
Bild 18
einen Motor angetrieben, der sich unterhalb des Lüfterrades an-
schließt und geschützt im Gehäuse sitzt. Das Steuergerät besteht
aus einer Abdeckung mit Steckanschlüssen und einer Platine, wel-
che feuchtigkeitsgeschützt neben dem Gebläsemotor im Gehäuse
integriert ist. Steuergerät und verbrennungsluftgebläse sind auf-
einander abgestimmt und können deshalb nur gemeinsam als ein
Teil ersetzt werden.

in die Außenwand des Wärmetauschers sind der Temperaturfühler


und der Überhitzungsfühler, jeweils mit einem O-ring, eingesteckt
und mit einer Halteklammer gesichert. Sie erfassen die aktuelle

Bild: Archiv
Kühlmitteltemperatur im Heizgerät und die Temperaturverhältnis-
se am Wärmetauscher. Der Temperaturfühler überwacht die Kühl-
mitteltemperatur im Heizbetrieb. Der Überhitzungsfühler schützt Die Thermo-Top-Zusatzheizung in Einbaulage.
das Heizgerät vor Überhitzung und überwacht den Temperatur-
fühler. Die Signale werden vom Steuergerät für die regelung der
Heizleistungsstufen genutzt. Beide Fühler sind identisch aufgebau- Bild 19
te NTc-Widerstände.
Die Brennkammer besteht aus der eigentlichen Brennkammer
mit Flammrohr, venturidüse mit seitlich eingebauter Glühkerze und
Flammenüberwachung sowie einem PTc-Heizelement bei Diesel-
Heizgeräten. in dem Lufteintrittskanal zur Brennkammer ist die
venturidüse eingebaut. Sie sorgt durch die verdampfung des Kraft-
stoffes für die anschließende verbrennung.
Um die Fließfähigkeit des Dieselkraftstoffes zu verbessern und
starke rauchentwicklung zu vermeiden, wird der Kraftstoff in der
Startphase erwärmt. Dazu ist parallel zum Kraftstoffzulauf oberhalb
der venturidüse ein PTc-Heizelement verbaut. es wird bei Außen-
temperaturen <5 °c in der Startphase vom Steuergerät für rund
eine Minute angesteuert.
Für den caddy setzte vW im Modelljahr 2007 eine Kraftstoff-
abschaltung per Magnetventil ein. Die Maßnahme dient dazu,
Qualmbildung durch nachtropfenden Kraftstoff zu reduzieren.
Bild: Archiv

Bei diesen Fahrzeugen erfolgt die Kraftstoffentnahme für das


Heizgerät nicht direkt aus dem Tank, sondern aus einem Schwall-
topf. Aufbau der Thermo-Top-Zusatzheizung.
Das Magnetventil sitzt im Kraftstoffzulauf der Zusatzheizung.
Damit möglichst wenig Kraftstoff nachtropfen kann, ist es direkt

Servicetechniker 13
lage kurz nachglüht. Außerdem laufen das Verbrennungsluftge-
Bild 20 bläse und die Umwälzpumpe weiter, um das Heizgerät abzu-
kühlen. Die Zeitdauer der Nachlaufphase ist betriebsphasenbe-
dingt und kann je nach Softwarestand des Heizgerätes variieren:
„ 175 Sekunden bei Abschalten aus Volllastbetrieb
„ 110 Sekunden bei Abschalten aus Teillastbetrieb

Einschaltbedingungen für den Zuheizerbetrieb


„ Kühlmitteltemperatur: t < 69 °C
„ Außentemperatur: t < 5 °C
„ Klemme 15 (Zündung): ein
„ Motordrehzahl: n > 300 min-1
„ Temperaturvorwahl: nicht auf „kalt“ und Econ-Taste nicht
betätigt
„ Kein Kraftstoffreservebetrieb
„ Bordnetz: Lastmanagement nicht aktiviert
„ Crash-Abschaltung: kein Crash-Signal vom Airbagsteuerge-
rät vorliegend
„ Fehlerspeichereinträge: keine startverhindernden Einträge
vorliegend, zum Beispiel elektronische Verriegelung des
Steuergerätes
Bild: Archiv

Abschaltbedingungen
Bei der Thermo-Top-Zusatzheizung erfolgt die Gemischbildung in einer Venturidüse. Zuheizer: Motordrehzahl n < 300 min-1
Fehlerspeichereinträge: startverhindernde Einträge vorliegend
Unterspannungsabschaltung: U < 11,3 Volt für mehr als 250
Sekunden
Wie beschrieben erfolgt die Gemischbildung bei der Thermo Top Bordnetz: Lastmanagement aktiviert
V durch eine Venturidüse. Deshalb sitzt der Kraftstoffzulauf am Crash-Signal vom Airbagsteuergerät vorliegend
Lufteintrittskanal dieser Düse. Die angesaugte Verbrennungsluft Kraftstoffreservebetrieb: wird nur vor dem Start berücksichtigt
wird durch den Venturieffekt auf eine Geschwindigkeit von 50 m/s (weniger als 7 Liter Kraftstoffrestmenge)
beschleunigt. Die gleichzeitig entstehende Sogwirkung und Rota- Zuheizer: Temperaturvorwahl auf „kalt“ oder Econ-Taste betätigt
tion der Luft unterstützt die Zerstäubung des Kraftstoffes. Es gibt Standheizung: Vorwahlzeit abgelaufen, manuell ausgeschaltet
kein Vlies oder Sieb, das erst benetzt werden muss. Dadurch erreicht oder maximale Betriebsdauer erreicht – nach einer Laufzeit von
die Zusatzheizung schneller ihre Betriebstemperatur. 60 Minuten

Die Glühkerze wird unmittelbar nach dem Einschalten des Heiz- Netzwerk
gerätes aktiviert und etwa 90 Sekunden zum Vorglühen bestromt;
danach wird sie abgeschaltet. Nach der Startphase übernimmt die Die Thermo Top V ist in den CAN-Datenbus „Infotainment“
Glühkerze die Funktion der Flammüberwachung. eingebunden. Mit den nachfolgenden Steuergeräten tauscht
Beim Abschalten des Heizgerätes wird die Glühkerze innerhalb der das Steuergerät der Standheizung Informationen aus.
Nachlaufzeit kurzzeitig wieder eingeschaltet, um sie von Verbren- „ Motorsteuergerät: Drehzahlsignal größer 500 min-1 für Mo-
nungsrückständen zu reinigen. Die Glühkerze kann bei Diesel- torlauferkennung
Heizgeräten nicht einzeln ersetzt werden. „ Steuergerät des Airbags: Heizungsabschaltung bei Crash-
Signal
Heizungsmanagement „ Steuergerät im Schalttafeleinsatz: Display für Einstellungen,
Referenzuhr und Synchronisierung für die Uhr im Heizungs-
Standheizbetrieb steuergerät, Füllstand des Kraftstoffbehälters
Wenn die Zeitdauer der Regelpause 15 Minuten überschreitet „ Steuergerät für die Lenksäulenelektronik: Schaltbefehle von
und dabei die Kühlmitteltemperatur unter 70 °C gesunken ist, Multifunktionsbedientasten
startet das Heizgerät ab einer Temperatur von unter 65 °C mit „ Bordnetzsteuergerät: Abschaltung der Heizung durch das
einem regulären Startvorgang (Vorglühen etc.) in den Volllast- Lastmanagement bei Über- und Unterspannung im Zuhei-
betrieb. Nach dem manuellen Ausschalten oder nach Ablauf der zerbetrieb. Im Standheizungsbetrieb prüft das Heizungs-
maximalen Laufzeit beginnt die Nachlaufphase, in der die An- steuergerät selbst die Betriebsspannung und schaltet bei

14 kfz-betrieb
Fahrzeug und Komfort

einer Spannung kleiner 11,3 volt mit mehr als 250 Sekun- „ 0164 Kommunikation mit Klimaanlagen-Steuergerät
den Dauer mit Fehlereintrag ab. „ 0169 Zuheizer-Heizelement
„ 0192 Zuheizer-Heizelement
Bei Fahrzeugen mit Kraftstoffabschaltventil: Unmittelbar nach „ 01e3 Luftzusatzheizungssteuergerät
dem Start der Heizung und danach alle 20 Minuten während „ 04B7 Zu-/Standheizungssteuergerät
des Betriebs der Heizung wird die Kraftstoffpumpe kurz ange- „ 0582 Heizgerät überhitzt
steuert. Dadurch wird der Schwalltopf in der Kraftstoffförder- „ 093F Zusatzheizungsheizelement
einheit immer wieder befüllt und ein entleeren durch den Stand-
heizbetrieb verhindert. Wie immer gilt es bei diesem Diagnoseschritt zu beachten, dass
„ Steuergerät der climatronic/Steuergerät der Klimaanlage: der Text nicht bedeutet: …Komponente XY defekt, bitte ersetzen…
einschaltbefehl über die Sofortheiztaste er zeigt vielmehr lediglich die „richtung“, in der der Defekt zu
„ Ausgänge des Steuergerätes für die Zusatzheizung: LeD-An- suchen ist.
steuerung im Sofortheiztaster, Wake-up-Signal für das Netz- Neben der Diagnose mit einem externen eigendiagnosetester
werk, Heizgebläseansteuerung, Fehlerstatus, Kraftstoffver- besteht bei einigen Systemen die Möglichkeit einer Diagnose-
brauch, Heizleistung, Temperatur-/Heizkreis funktion über das Bedienteil, im Folgenden beschrieben am
„ Diagnose-interface für den Datenbus: Statusspeicher für Beispiel der Hydronic D5WS:
Diagnose, Schnittstelle für cAN-Diagnose, Datenumset- „ Das elektronische Steuergerät kann bis zu fünf Fehler spei-
zung von Highspeed- und Lowspeed-cAN chern, die ausgelesen und angezeigt werden können.
„ Der aktuelle Fehler wird in der vorwahluhr als „AF“ ange-
Diagnosemöglichkeiten zeigt und immer in den Speicherplatz F1 geschrieben.
„ vorausgegangene ereignisspeichereinträge werden in den
Neben der identifikation des Steuergerätes kann der Fehlerspei- Speicherplatz F2 bis F5 übertragen. Der inhalt von Spei-
cher abgefragt und gelöscht werden. Für die genauere eingren- cherplatz F5 wird gegebenenfalls überschrieben.
zung von Fehlern und zur Plausibilitätsprüfung können istwerte
abgefragt und ein Stellgliedtest durchgeführt werden. im Menü- Man sollte beachten, dass nicht nur ein defektes Bauteil, sondern
punkt „Anpassungen/einstellungen“ kann unter anderem zum auch ein defekter Strompfad zu einem ereignisspeichereintrag
Beispiel ein gesperrtes Steuergerät wieder entsperrt werden. führt.
Fehlerspeichertexte könnten zum Beispiel sein:

Folgende Fehlercodes (Auswahl) werden im Display der Vorwahluhr angezeigt:


FehlercoDe Fehlerbeschreibung kommentAr/Fehlerbehebung/PrüFPlAn
000 Ohne Störung
010 Überspannung-Abschalten Überspannung liegt mindestens 20 Sekunden ohne Unterbrechung am Steuergerät an:
Heizgerät ohne Funktion. ist die Spannung >15 volt: Lichtmaschinenregler bzw. die Batterie
prüfen.
Steckverbindung am Heizgerät trennen, den Motor starten, die Spannung am Stecker zwi-
schen PiN 1 und PiN 10 messen.
011 Unterspannung-Abschalten Unterspannung liegt mindestens 20 Sekunden ohne Unterbrechung am Steuergerät an:
Heizgerät ohne Funktion.
Steckverbindung am Heizgerät trennen, der Motor ist ausgeschaltet, die Spannung am Ste-
cker zwischen PiN 1 und PiN 10 messen. ist die Spannung <10 volt, dann die Sicherungen,
die versorgungsleitungen, die Masseverbindungen und den Plusstützpunkt an der Batterie
auf Spannungsabfall (Korrosion) prüfen.
012 Überhitzung (Software-Schwellwert) Die Temperatur ist am Überhitzungsfühler >125 °c.
Wasserkreislauf prüfen: Sämtliche Schlauchverbindungen auf Dichtigkeit prüfen.
ist eine Drossel im Wasserkreislauf eingebaut?
Wurde beim einbau von Thermostat und rückschlagventil die Durchflussrichtung beachtet?
ist der Wasserkreislauf sorgfältig entlüftet?
Funktion der Pumpe für Kühlmittelumlauf prüfen.
Temperaturfühler und Überhitzungsfühler prüfen.

Servicetechniker 15
Fehlercode Fehlerbeschreibung Kommentar/Fehlerbehebung/PrüFPlan
017 Überhitzung erkannt – Not-Aus (Hardware- Die Temperatur ist am Überhitzungsfühler >130 °C.
Schwellwert)
Wasserkreislauf prüfen: Sämtliche Schlauchverbindungen auf Dichtigkeit prüfen.
Ist eine Drossel im Wasserkreislauf eingebaut?
Wurde beim Einbau von Thermostat und Rückschlagventil die Durchflussrichtung beachtet?
Ist der Wasserkreislauf sorgfältig entlüftet?
Funktion der Pumpe für Kühlmittelumlauf prüfen.
Temperaturfühler und Überhitzungsfühler prüfen.
020/021 Glühkerzen-Unterbrechung, Glühkerzenaus- Bei der Funktionsprüfung ist die Prüfspannung von max. 8 Volt unbedingt einzuhalten. Bei
gang-Kurzschluss, Überlast oder Masse- Überschreiten des Spannungswerts wird die Glühkerze zerstört.
schluss
Auf Kurzschlussfestigkeit des Netzgeräts achten.
Funktionsprüfung der Glühkerze im eingebauten Zustand durchführen, dazu aus dem 14-poli-
gen Stecker, aus Kammer 9 und aus Kammer 12 das Kabel ausclipsen, eine Spannung von 8 V
± 0,1 V an der Glühkerze anlegen und nach 25 Sek. die Stromstärke messen.
Bei folgenden Werten ist die Glühkerze i. O.: Glühkerze 8 V, Stromstärke = 8,5 A +1A/–1,5 A.
Weichen die Werte ab, ist die Glühkerze zu ersetzen. Ist die Glühkerze i. O., den elektrischen
Leitungsstrang der Glühkerze auf Beschädigung und auf Durchgang prüfen.
032 Verbrennungsluftgebläsemotor-Kurzschluss Gebläserad oder Verbrennungsluftgebläsemotor blockiert (festgefroren, verschmutzt,
nach Masse schwergängig, elektrischer Leitungsstrang streift am Wellenende).
Bei der Funktionsprüfung ist die Prüfspannung von max. 8,2 Volt +0,2 Volt unbedingt einzu-
halten.
Auf richtigen Anschluss der Leitungen Plus und Minus achten.
Auf Kurzschlussfestigkeit des Netzgeräts achten.
Blockierung beseitigen.
Vor der Funktionsprüfung des Verbrennungsluftgebläsemotors eine Widerstandsmessung zwi-
schen Gehäuse und Anschlussleitung durchführen.
Ist der gemessene Widerstand <2 kΩ, dann besteht Masseschluss → Verbrennungsluftgebläse
ersetzen.
Ist der gemessene Widerstand >2 kΩ, dann die Drehzahl des Verbrennungsluftgebläsemotors
messen.
Drehzahlmessung des Verbrennungsluftgebläsemotors mit max. 8,2 Volt +0,2 Volt durchfüh-
ren, dazu aus dem 14-poligen Stecker, Kammer 14 und aus Kammer 13 das ausclipsen, am
Wellenende des Verbrennungsluftgebläsemotors eine Markierung (z. B. eine schwarz-weiße
Kunststoffscheibe) anbringen und die Drehzahl mit einem berührungslosen Drehzahlmessge-
rät messen.
Ist die gemessene Drehzahl <10.000 min-1, ist das Verbrennungsluftgebläse zu ersetzen.
Ist die gemessene Drehzahl >10.000 min-1, ist das Steuergerät zu ersetzen.
038 Relaisansteuerung Fahrzeuggebläse: Unter- Elektrische Leitung zum Relais prüfen, Unterbrechung beseitigen, ggf. Relais ersetzen.
brechung

dosierpumpe/Kraftstoffversorgung prüfen ACHTUNG! Es besteht Gefahr durch austretenden Kraftstoff.


Das Kraftstoffsystem steht unter Druck. Vor dem Öffnen des
Die Beschreibung bezieht sich auf die Pumpe bei einer Thermo- Systems Putzlappen um die Verbindungsstelle legen und da-
Top-Z/C-Standheizung. nach den Druck durch vorsichtiges Lösen der Verbindungs-
stelle abbauen.
Prüfvoraussetzungen
„ Widerstand der Dosierpumpe 5,2 Ohm +/–5 % „ Kraftstoffleitung am Druckstutzen der Dosierpumpe abbau-
„ Spannung an der Dosierpumpe 9,5 bis 16,5 Volt en und neuen Kraftstoffschlauch (Länge ca. 300 mm) vom
„ Kein Fehler im Fehlerspeicher Druckstutzen in ein Messglas (Fassungsvermögen 25 ml)
„ Kraftstoffleitungen sind nicht beschädigt oder undicht führen.
„ Umgebungstemperatur ca. 20 °C „ Messglas in Höhe der Zusatzwasserheizung halten.
„ Kraftstoffbehälter ist ausreichend gefüllt (Kraftstoffvorrats- „ Mit einem geeigneten Eigendiagnosegerät die Ansteuerung
anzeige im Schalttafeleinsatz steht nicht im roten Bereich) der Pumpe aktivieren, zum Beispiel Stellgliedtest durchfüh-
„ Alle Sicherungen der Zusatzwasserheizung Thermo Top Z/C ren.
und/oder der Kraftstoffversorgung sind gesteckt und in „ Nach rund 60 Sekunden ist die Brennstoffleitung befüllt
Ordnung und entlüftet.

16 kfz-betrieb
Fahrzeug und Komfort
Bild 21

„ Messglas entleeren.
„ erneut mit geeignetem eigendiagnosegerät die Ansteue-
rung der Dosierpumpe aktivieren, nach 60 Sekunden Mess-
glas ablesen.
„ Kraftstofffördermenge: Diesel: 16,2 ml bis 17,8 ml.

Stimmen die Kraftstofffördermengen nicht mit den angegebenen


Werten überein, so ist die Dosierpumpe zu ersetzen. Liegt die
Umgebungstemperatur über 20 °c, kann dies wegen der Kraft-

Bild: Webasto
stoffverdampfung zur Fehlmessung führen. es dürfen keine Gas-
blasen gefördert werden.
Die Thermo-Top-C-Zusatzwasserheizung.
Zusatzwasserheizung zerlegen und zusammenbauen
Zusatzwasserheizung Thermo Top Z/c aus- und einbauen. Die Bild 22
Grafik (Bild 23) zeigt die Montageübersicht
„ Brennkammer mit Brennrohr aus- und einbauen
(Siehe Bild 24)
„ verbrennungsluftgebläse ausbauen
„ Schrauben -A- herausdrehen
„ Stecker von der Glühkerze lösen
„ Brennkammer mit Brennrohr -B- aus der Zusatzwasserhei-
zung ziehen
„ Dichtung zwischen Brennkammer mit Brennrohr und Zu-
satzwasserheizung ersetzen

Grafik: Archiv
„ Bei einer defekten Brennkammer, Glühkerze mit ersetzen

Stecker- und Pinbelegung der Zusatzwasserheizung


Die Thermo-Top-C-Zusatzwasserheizung.
Abdeckung -A- mit einem Schraubendreher abhebeln.
Pinbelegung Bild 23

6-polige Steckverbindung, Steckergehäuse -A- Montageübersicht der Standheizung


1 Glühkerze für Heizung (mit Flammenwächter)
1 - Webasto-Diagnoseleitung
mit innen liegenden Heizwendeln (Glühstift)
2 - cAN-Bus High (optional) 2 Dichtung (nach Demontage immer ersetzen)
3 - cAN-Bus Low (optional) 3 Gummitülle (nach Demontage immer ersetzen)
4 - Absperrventil für Kühlmittel, Heizung 4 Verbrennungsluftgebläse
5 Schraube
5 - Hauptschalter
6 Halteklammer für Glühkerze
6 - Dosierpumpe 7 Clip (Einbaulage beachten)
8 Brennkammer mit Brennrohr (innen und au-
2-polige Steckverbindung, Steckergehäuse -B- ßen mit Messingdrahtbürste (Zündkerzenbürs-
te) reinigen
1 - Klemme 30 9 Dichtung (nach Demontage immer ersetzen)
2 - Klemme 31
Grafik: Archiv

10 Wassermantel (innen und außen mit Messing-


drahtbürste reinigen, nicht weiter zerlegen)
2-polige Steckverbindung, Steckergehäuse -c- 11 Abdeckung für Steckerleiste
1 - Glühkerze für Heizung (mit Flammenwächter)
2 - Klemme 31 Bild 24

2-polige Steckverbindung, Steckergehäuse -D-


1 - verbrennungsluftgebläse
2 - Klemme 31

2-polige Steckverbindung, Steckergehäuse -e-


1 - Umwälzpumpe
2 - Klemme 31
Georg Selgrad
Grafik: Archiv

Servicetechniker 17
Brennkammer ein- und ausbauen.
Weiterbildung

Servicetechniker
technik von Profis für Profis

Motor- und MotorManageMentsysteMe


bordnetz, vernetzung, koMMunikation
fahrzeug und koMfort
navigation, unterhaltung, infotainMent
fahrzeug und sicherheit
fahrzeug, reifen, fahrWerk
kraftstoffe und antriebe
instandsetzung und diagnose
sensoren, aktoren
Motor, abgase und uMWeltProbleMatik
AntriebsstrAng
fahrzeugsysteMe/Mechatronik

904/2014 www.kfz-betrieb.de 18
Antriebsstrang

Foto: Audi
Automatikwahlhebel des aktuellen Audi A8 im „Yacht“-Design. Mit ihm steuert der „Kapitän“ ein Achtstufengetriebe von ZF.

Automatikgetriebe

Elektronik meets Hydraulik


Moderne Antriebstechnik am Beispiel eines Achtganggetriebes von ZF

Die Drehmoment- und Leistungscharakteristik eines verbren- einfach generierten Last-, Geschwindigkeits- und Drehzahlsigna-
nungsmotors verlangt nach einem schaltbaren Getriebe, um ein len, die in einer rein hydraulischen Steuerungseinheit verarbeitet
Auto überhaupt fortbewegen zu können – das ist seit den Pio- und in Schaltbefehle umgesetzt wurden.
niertagen des Automobils so. Das Zugkraftangebot des Motors Die energie zum Ausführen der Übersetzungswechsel liefert
ist bei Leerlaufdrehzahl sehr niedrig, während die Motorleistung bis heute in der regel der verbrennungsmotor mit einer Ölpum-
mit steigender Drehzahl – mehr oder weniger kontinuierlich – bis pe. Bei Automatikgetrieben erreicht man das einlegen der ver-
zur sogenannten Nenndrehzahl ansteigt. Da die im Kraftfahrzeug schiedenen Gänge über das Öffnen und Schließen von Brems- und
bevorzugt verwendeten Otto- oder Dieselmotoren ihre charakte- Kupplungselementen im Getriebe. Die Betätigung dieser elemen-
ristischen Werte für Drehmoment und Leistung nicht gleichmäßig te erfolgt über das ein- und Ausschalten von elektromagnetischen
anbieten, werden schaltbare Getriebe zum Ausgleich von Dreh- Proportionalventilen in der Steuerhydraulik des Getriebes
momentnachfrage (nach der Zugkrafthyperbel) und Zugkraftan-
gebot (Drehmomentkurve) eingesetzt.
Durch den einzug der elektronik in den Antriebsstrang wurde
eine neue, bis dahin nicht gekannte Qualität eines umfassenden inhalt
Managements der gesamten Antriebseinheit möglich. er hat Moderne Automaten – Getriebetechnik am Beispiel ZF/Audi
zunächst die klassischen Stufenautomatikgetriebe erfasst. Zu-
gleich hat die elektronik im Antriebsstrang es aber überhaupt  Komponenten der Getriebesteuerung 20
erst möglich gemacht, stufenlose Automatikgetriebe in ihrem  Aufbau des ZF-Getriebes 8HP-55-AF 25
kundenrelevanten Betriebsverhalten zu vollwertigen Alternativen  Drehmomentwandler 27
gegenüber Stufenautomaten zu entwickeln. Automatikgetriebe
kamen bis in die achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts ohne  Mechatronik 29
elektronische Komponenten aus, wurden aber mittels Fremdkraft  Navigationsbasierte Gangwahl 31
bedient. ihre Fahr- und Schaltstrategien folgten im Wesentlichen

Servicetechniker 19
Im Folgenden stellen wir die heute aktuelle Serientechnik bei „ Designfreiheiten im Innenraum durch ein Shift-by-wire-Kon-
Achtgangautomaten vor. Eine genaue Systemanalyse bei der ZF zept
Getriebe GmbH hat ergeben, dass die Sechsgangautomaten
durch weitere Optimierungen den ständig wachsenden Kunden- Die Verbrauchsreduzierung bei der 8HP-Automatge-
wünschen auf Dauer nicht mehr gerecht werden können. Die triebegeneration wurde durch folgende Maßnahmen
Entwicklungsschwerpunkte waren dabei: ermöglicht:
„ Verbrauchsreduzierung durch niedrige Fahrdrehzahlen und „ Erhöhung der Spreizung und Gangzahl ermöglicht eine
geringe Schleppverluste (Bild 1) bessere Anpassung an die optimalen Betriebspunkte des
„ Optimale Fahrleistungen durch geringe Gangsprünge, zahl- Motors
reiche Direktschaltungen und geringes Leistungsgewicht „ Deutliche Reduzierung der Schleppmomente in den Schalte-
lementen (nur zwei offene Schaltelemente in jedem Gang)
„ Einsatz einer wirkungsgradoptimierten ATF-Pumpe (doppel-
hubige Flügelzellenpumpe)
Bild 1 „ Einsparpotenzial im Start-Stopp-Betrieb ermittelt durch
Simulationen im NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus)
„ Verbessertes Torsionsdämpfersystem im Wandler

Komponenten
Einsparpotenzi- Schaltbetätigung
ale, die sich Eine Neuheit ist das neue Bedienungs- und Schaltbetätigungs-
durch die Erhö-
konzept mit Shift-by-wire. Shift-by-wire, wörtlich übersetzt „Schal-
hung der Getrie-
ten über elektrische Leitung“, bedeutet so viel wie „elektrisches
Bild: Audi

begangstufen
ergeben. Schalten“. Erstmals ist im Audi A8 ’10 Shift-by-wire zu 100 Pro-
zent umgesetzt. Das bedeutet:
Bild 2 „ Zwischen Wählhebel und Getriebe besteht keine mechani-
sche Verbindung – ein Schaltzug leitet Schallwellen in den
Fahrzeuginnenraum. Zudem passieren Schallwellen relativ
leicht die Durchführung des Schaltzugs in der Karosserie.
Die Maßnahmen zur Schallisolierung sind zum Teil sehr auf-
wendig.
„ Die Bedienung ist eine reine Fahrerwunscherfassung ohne
mechanische Rückfallebene.
„ Die Parksperre wird elektrohydraulisch betätigt; eine mecha-
nische Notentriegelung ermöglicht im Fehlerfall die Park-
sperre zu entriegeln, um das Fahrzeug bewegen zu können.
„ Shift-by-wire bietet ein Optimum an Bedienkomfort. Es wer-
den geringe Kräfte zum Schalten benötigt. Die Betätigungs-
kräfte und Schaltwege können nahezu individuell konstru-
iert werden (Bild 2 und 3).
Bild: Audi

Das Getriebe ist ein Knoten am CAN-Bus-Antrieb. Über den so-


Anbindung des Getriebes an die Bordnetzarchitektur im Audi A8. genannten SUB-Bus Getriebe werden Daten zwischen Schaltbe-
tätigung und Getriebe ausgetauscht. In der Übersicht ist die
Bild 3 heute typische EE-Architektur, sprich der Einsatz eines überge-
ordneten Steuergerätes (Diagnose-Interface), zu erkennen. Funk-
tioniert das Gatewaysteuergerät nicht ordnungsgemäß, kann in
der Regel ein Knoten danach nicht mehr mit dem Eigendiagno-
setester kommunizieren. Die Tiptronic-Gasse wie bei früheren
Schalthebelvarianten ist entfallen. Der Wechsel in den Tiptronic-
Modus und wieder zurück in den Automatikmodus erfolgt über
Gänge und
den M-Taster in der rechten Lenkradspeiche. Die Umschaltung
Schaltmodi sind
vom Tiptronic-Modus in den Automatikmodus erfolgt ebenfalls,
Bild: Audi

vom Lenkrad
aus bedienbar. wenn der Wählhebel nach hinten bewegt wird, entsprechende
Codierung des Getriebesteuergerätes vorausgesetzt. Die Schal-

20 kfz-betrieb
Antriebsstrang

tungen erfolgen ausschließlich über die Tip-Schalter (Paddels)


am Lenkrad. interessant für den Service ist der Signalverlauf: Bild 4
M-Taster und Tip-Schalter > Steuergerät für Multifunktionslenkrad
>per Lin-Bus > Steuergerät für Lenksäulenelektronik > per cAN-
Komfort > Diagnose-interface für Datenbus > per cAN Antrieb
> Getriebesteuergerät. es müssen also vier Steuergeräte und die M2

möglichen istwerte geprüft werden, will man den Fehlerort im


Zusammenhang mit den Schaltern finden.
Nicht nur optisch fällt die Schaltbetätigung in den Blickpunkt,
auch in der Bedienung und Funktion ist die neue Shift-by-wire- M1
Schaltbetätigung eine innovation. Das Konzept erlaubt auch die
Neugestaltung der Bedienung. Neu ist, dass der Wählhebel nicht
wie bisher je nach gewählter Fahrstufe einer Schaltkulisse folgt, M2 M3
sondern ähnlich einem Joystick immer in die Ausgangsstellung
zurückkehrt. Das bedeutet, dass die Wählhebelposition und die
Getriebefahrstufe bzw. der Funktionsmodus nicht wie bisher über- M4
M1 M5

Bild: Audi
einstimmend sind. Damit die Schaltbetätigung komfortabel und
intuitiv zu bedienen ist, wurde ein logisches Bedienkonzept ent-
Schalthebelsperre: M1 sperrt den Schaltweg nach A2 und A3 (nur A1 frei).
wickelt. Der Wahlhebel besitzt aus der Grundstellung heraus drei
M2 sperrt den Schaltweg nach B2 und B3 (nur B1 frei). M3 und M5 sper-
Schaltstufen nach vorn und drei Schaltstufen nach hinten ren den Wählhebel in Grundstellung (bei P-Sperre und N-Sperre). M4 sperrt
(Bild 5). Die rasterung sorgt für definierte Betätigungskräfte und Schaltweg nach A3 und B3 (A1, A2 und B1, B2 sind frei).
kurze, exakt abgegrenzte Schaltwege. Für die logische und intu-
itive Betätigung sorgen fünf Sperrmagnete, die jeweils unlogische Bild 5
Wählhebelbewegungen sperren (Bild 4). Sehr kurze Schaltwege
sichern höchsten Bedienkomfort (maximaler Weg zirka 20 mm).
Die Fahrstufen können entweder durch wiederholtes Antippen
um jeweils eine raste in die jeweilige richtung oder durch Bewe-
gung des Wählhebels um bis zu drei rasten direkt, wie bei der
bisher bekannten Bedienlogik, angewählt werden. Die Fahrstufe
S wird von der Fahrstufe D aus gewählt. Der Wechsel/die Um-
schaltung von D nach S oder von S nach D wird durch jeweiliges
Schalten nach B1 gewählt (Wählhebel eine Stufe nach hinten
Die Wahlhebelstel-
ziehen). Wenn über „Audi drive select“ der Modus „dynamic“ ein-
lungen mit den ent-
gestellt ist, wird automatisch die Getriebeposition „S“ eingelegt.
Bild: Audi

sprechenden Schalt-
Die N-Sperre wird erst zirka eine Sekunde nachdem die Fahrstu- wegen.
fe „N“ gewählt ist aktiv. Bei folgenden Schaltungen ist die Taste
am Wählhebel oder/und Bremse zu betätigen: Bild 6
„P>D Taste und Bremse
„r>P Taste
„N>D Bremse
„ D/S > N Taste
„N>r Taste und Bremse

Den ergonomischen Wählhebel im „Yachthebel-Design“ gibt es


je nach Ausstattung mit verschiedenen Applikationen in Leder
oder Holz. Der „Yachthebel“ dient als bequeme Handauflage und
verbessert die Bedienung der MMi-eingabeeinheit (das Mensch-
Maschine-interface befindet sich beim Audi A8 vor der Schalt-
betätigung). Der Taster dient der entriegelung des Wählhebels.
Die entriegelung erfolgt nicht mehr mechanisch, sondern elek-
trisch (Bild 6). Zur verbesserung der Zuverlässigkeit ist der Taster
als Schaltkreis mit zwei Mikroschaltern ausgeführt. Die beiden
Bild: Audi

Schalter werden von der eigendiagnose überwacht. ist ein Schal-


ter defekt, erfolgt eine Fehlermeldung. Solange noch ein Schalter Getriebewahlhebel im „Yachtdesign“.
funktioniert, kann der Wählhebel aber noch betätigt werden.

Servicetechniker 21
positionen geschaltet werden. Es erfolgt ein Fehlerspeichereintrag
Bild 7 und eine Warnmeldung im Kombiinstrument.
„ 58st: Suchbeleuchtung mit definierter Dimmung, alle LEDs
werden mit geringer Leuchtstärke angesteuert (ohne Kl. 15
und/oder Kl. 58d).
„ 58d: Dimmung der LEDs für die Funktionsbeleuchtung (P, R,
N, D/S). Die Dimmstärke kommt als Information per Daten-
bus zum Wählhebelsteuergerät, das seinerseits die Anzeige-
einheit entsprechend ansteuert.
„ 31EDS: Masseverbindung zur Ableitung von elektrostati-
schen Entladungen

Vernetzung über Sub-Bus-Informationen an das Getrie-


besteuergerät:
„ Wählhebelpositionen A3-A2-A1-X-B1-B2-B3
„ Schaltzustand des Tasters für Wählhebelentriegelung E681
„ Status der Wählhebelsperre
Bild: Audi

„ Status Ereignisspeicher, das Steuergerät für automatisches


Ansteuerung der Schalthebelbeleuchtung. Getriebe hat eine einfache Gateway-Funktion. Die Diagno-
sedienste des Steuergeräts für Wählhebelsensorik werden
Bild 8 zwar direkt mit dem Eigendiagnosetester angewählt, aber
die Kommunikation läuft im Hintergrund über das Steuer-
gerät für automatisches Getriebe.
1
Insgesamt wird der Fahrer mit drei Anzeigen über die Fahrstufen
und, falls im Getriebesteuergerät entsprechend angepasst, über
den aktuellen Gang informiert (Bild 8).
2 Das Steuergerät für Wählhebelsensorik bildet zusammen mit
dem Geber für Wählhebelstellung eine Funktionseinheit. Diese
Funktionseinheit übernimmt die Fahrerwunscherfassung, die
3 Signalauswertung, die Kommunikation mit dem Getriebesteuer-
gerät, sowie alle Steuer- und Diagnosefunktionen der Schaltbe-
Bild: Audi

tätigung. Das Steuergerät hat folgende Aufgaben:


1 Pop-up Schaltschemaanzeige für fünf Sekunden bei Betätigung des Wähl- „ Ermitteln der Schaltwege und der Stellung des Wählhebels,
hebels oder der Entriegelungstaste, Hinweis, dass man durch Zurückziehen Weiterleiten des Sensorsignals an das Getriebesteuergerät
des Wählhebels wieder in den Automatikmodus zurückkommt (oder M-Taste
am Lenkrad betätigen). 2 Die Ganganzeige in Fahrstufe „D“ kann mit dem
„ Auswahl und Ansteuerung der fünf Sperrmagnete für die
Fahrzeugdiagnosetester aktiviert bzw. deaktiviert werden. 3 Im Manuellmo- P/N-Sperre und Schaltwegbegrenzung entsprechend der
dus „M“ (Tiptronic-Modus) erfolgt immer eine Anzeige des aktuellen Gangs. vom Getriebesteuergerät zurückgemeldeten Fahrstufe
„ Kommunikation mit dem Getriebesteuergerät per separatem
CAN-Bus
„ Signalverarbeitung des Tasters für Wählhebelentriegelung
Die Anzeigeeinheit ist im Schaltgriff integriert und zeigt die ak- und Weiterleiten der Information an das Getriebesteuerge-
tuelle Fahrstufe. Zur besseren Information des Fahrers wird die rät
Anzeige der Fahrstufe erst zirka zehn Sekunden nach Zündung „ Ansteuern der Anzeigeeinheit entsprechend der vom Getrie-
„AUS“ abgeschaltet. Die Suchbeleuchtung wird vom Bordnetz- besteuergerät zurückgemeldeten Fahrstufe
steuergerät geschaltet (Bild 7). Um die Elektronik der Schaltbe-
tätigung und des Schaltgriffs vor Überspannung durch elektro- Der Geber für Wählhebelstellung erfasst die Bewegung bzw. die
statische Entladungen zu schützen, werden elektrostatische Stellungen des Wählhebels (A3-A2-A1-X-B1-B2-B3). Das Wähl-
Entladungen des Fahrers über eine separate Masseverbindung hebelsteuergerät übermittelt die Wählhebelposition an das Ge-
zum Wählhebelsteuergerät abgeleitet. Zur Demontage des Schalt- triebesteuergerät. Das Getriebesteuergerät ermittelt daraus die
griffs muss das Griffoberteil ausgeclipst und die Befestigungs- Fahrstufe (P, R, N, D und S) und sendet die aktive Fahrstufe und
schraube herausgeschraubt werden. Bei der Montage ist darauf die Information zur Aktivierung der P/N-Sperre zurück zum Wähl-
zu achten, dass die Jalousie nicht beschädigt wird. Wenn das hebelsteuergerät. Aus dieser Rückinfo werden die Sperrmagnete
Schaltgriff-Oberteil nicht oder nicht richtig gesteckt ist, werden M1-5 und die Anzeigeeinheit entsprechend angesteuert. Das
alle Sperrmagnete deaktiviert. Dadurch können alle Wählhebel- Geschwindigkeitssignal und das Bremssignal, die für die Gene-

22 kfz-betrieb
Antriebsstrang

rierung des P/N-Sperren-Signals notwendig sind, werden vom „ Beim aktiven Anwählen der Fahrstufe „N“ bleiben das Ge-
Getriebesteuergerät verarbeitet. Bei der Montage des Steuerge- triebesteuergerät und das Wählhebelsteuergerät weiter aktiv
rätes muss die Kulisse des Gebers positioniert werden. Das Ge- (ohne Kl. 15) und halten die Fahrstufe „N“ bei stehenden
bersegment wird durch Federkraft immer zum Anschlag gedrückt. Fahrzeug bis zu 30 Minuten.
Zur Positionierung muss das Gebersegment von der rechten Sei- 2. einlegen der Fahrstufe „N“ mithilfe der Notentriegelung: Soll
te mit einem Montagestift (Durchmesser 3 mm) fixiert werden. die Fahrstufe „N“ über einen längeren Zeitraum/dauerhaft/
Mit dem Montagestift wird das Gebersegment in Position zum wenn der Motor nicht läuft/oder bei einem Defekt an der elek-
Mitnehmer des rasthebels gebracht. trohydraulischen Parksperrenbetätigung eingelegt werden, so ist
die Notentriegelung zu betätigen. Zum Beispiel wenn das Fahr-
Bedienung/Auto-P-Funktion zeug abgeschleppt werden soll oder wenn das Fahrzeug in Neu-
Die Parksperre wird beim A8 elektrohydraulisch betätigt. Diese tral abgestellt werden soll.
Konstruktion ermöglicht es, die Parksperre automatisch zu betä- Das Funktionsschema/aktives Anwählen der Fahrstufe „N“
tigen und so den Bedienkomfort zu erhöhen. Die Auto-P-Funktion bei Fahrzeugen mit Komfortschlüssel zeigt Bild 9.
legt automatisch, ohne Zutun des Fahrers, die Parksperre ein,
wenn der Motor abgestellt wird (entweder mit dem Zündschlüs- notentriegelung
sel oder mit der Taste „STArT eNGiNe STOP“). Die Parksperre Die Notentriegelung dient zum temporären entriegeln der Park-
wird automatisch eingelegt, wenn: sperre und ist in folgenden Situationen zu betätigen:
„ das Fahrzeug steht (Geschwindigkeit < 1 km/h), „ wenn das Fahrzeug abgeschleppt werden soll,
„ die Fahrstufe D, S, oder r aktiv ist „ wenn bei einer Fehlfunktion die Parksperre nicht elektrohyd-
„ und der Motor abgestellt wird (Kl. 15 aus). raulisch entriegelt werden kann,
„ wenn bei ungenügender Bordspannung das Fahrzeug ran-
Um das Getriebe in Neutralstellung zu bringen, muss die Fahr- giert/bewegt werden soll,
stufe „N“ bei laufendem Motor angewählt werden oder die Not- „ wenn der Motor nicht läuft und das Fahrzeug rangiert/be-
entriegelung der Parksperre betätigt werden, d. h.: wegt werden soll (z. B. in der Werkstatt),
1. Anwählen der Fahrstufe „N“ mit der Schaltbetätigung bei „ nach Montagearbeiten an Bauteilen der Notentriegelung ist
laufendem Motor. Zwischen Fahrzeugen mit und ohne Komfort- die Notentriegelung zu prüfen.
schlüssel-System gibt es gewisse Unterschiede zu beachten.
„ Das aktive Anwählen der Fahrstufe „N“ ist für kurzzeitiges Zur vereinfachung der Montage besteht der Notentriegelungs-
Schieben gedacht, da die Fahrstufe „N“ nur zeitlich begrenzt seilzug aus zwei Teilen, die mit einer Schnellkupplung verbunden
verfügbar ist. Z. B. bei der Durchfahrt einer Autowaschanla- werden. Beim Aus- und einbau des Getriebes braucht der Notent-
ge, wenn das Fahrzeug innerhalb der Werkstatt oder Garage riegelungszug nur an dieser Stelle getrennt bzw. verbunden zu
geschoben werden soll. werden. Der Seilzug braucht nicht eingestellt zu werden (Bild 10).

Bild 9 Bild 10
Bild: Audi

Bild: Audi

Für die Haltephase der Fahrstufe „N“ wird durch die Aktivität des Getriebesteuergeräts, des Wählhebesteuerge- Notentriegelung für die Parksperre.
räts und der Parksperre ein Strom von zirka 800 mA verbraucht. Bei langer Haltephase der Fahrstufe „N“ ent-
lädt sich die Batterie. Um das zu vermeiden, ist bei längerer Haltephase der Fahrstufe „N“ die Parksperre-Noten-
triegelung zu betätigen.

Servicetechniker 23
nismus der Parksperre im Getriebe ist von der bisherigen Mecha-
Bild 11 nik abgeleitet. Die Parksperre wird per Federkraft eingelegt und
elektrohydraulisch ausgelegt sowie elektromagnetisch gesichert.
Die drei Funktionsschritte Einlegen, Auslegen und Halten werden
von folgenden Bauteilen ausgeführt:

1. Einlegen der Parksperre:


„ Parksperrefeder
„ Parksperrehebel
„ Gestänge
„ Konusschieber mit Feder
„ Sperrklinke
2. Auslegen der Parksperre:
„ Magnetventil N88
„ Parksperreventil
„ Parksperreschieber
3. Halten der ausgelegten Parksperre:
„ Magnet für Parksperre N486

Werden das Magnetventil N88 und der Magnet N486 stromlos


geschaltet, erfolgt das Einlegen der Parksperre. Das Parksperre-
ventil geht in seine Grundstellung, der Zylinderraum des Park-
sperreschiebers wird drucklos und entleert sich. Im stromlosen
Bild: Audi

Zustand des Magneten N486 drückt der Kolben des N486 die
Aufbau der Parksperrenmechanik. Schnappfedern auseinander. Die Schnapphaken geben den Ar-
retierpilz und somit den Parksperreschieber frei. Die Feder des
Parksperrehebels drückt die Sperrklinke in das Parksperrerad. Die
Parksperre ist eingelegt.
Parksperre entriegeln: Grundsätzlich gilt: Das Auslegen der Parksperre erfolgt über
1. Abdeckung mit dem Bordwerkzeug entfernen. Mit dem Band die elektrohydraulische Ansteuerung des Parksperreschiebers.
den Notentriegelungshebel herausziehen, bis er in senkrechter Die hydraulische Kraft ist um ein Vielfaches größer als die Feder-
Stellung einrastet und arretiert ist. kraft der Feder am Parksperrehebel. Der notwendige Hydraulik-
2. Der Notentriegelungshebel ist zweiteilig. Der obere Teil muss druck wird von der ATF-Pumpe erzeugt. Zum Auslegen der Park-
nach unten geklappt werden, damit der Hebel nicht unbeabsich- sperre muss der Motor laufen! Zum Auslegen der Parksperre
tigt mit den Füßen betätigt werden kann. Die Abdeckung ist so werden das Magnetventil N88 und der Magnet N486 bestromt.
konstruiert, dass sie in diesem Zustand nicht montiert werden Der Steuerdruck des Magnetventils N88 wirkt auf das Parksper-
kann, sie wird beiseitegelegt. reventil. Der Schieber geht in Arbeitsstellung und gibt den Sys-
Wenn die Notentriegelung der Parksperre betätigt ist, leuchten temdruck zum Zylinder des Parksperreschiebers frei. Der Park-
im Kombiinstrument die Kontrollleuchte und die Fahrstufenan- sperreschieber zieht den Konusschieber aus der Sperrklinke, die
zeige „N“. Zusätzlich erscheint der Fahrhinweis „Wegrollgefahr! Parksperre ist ausgelegt. Als zusätzliche Sicherheit gegen einen
P nicht möglich. Bitte Parkbremse betätigen.“ möglichen Druckabfall wird mithilfe des N486 der Parksperre-
schieber arretiert.
Parksperre verriegeln: Die Parksperre-Notlauffunktionen sollen verhindern, dass wäh-
Mit dem Entsperrhebel wird die Arretierung des Notentriege- rend der Fahrt im Fehlerfall die Parksperre nicht unerwünscht
lungshebels aufgehoben, um die Parksperre wieder einzulegen. eingelegt wird. Folgende drei Situationen sind abgesichert:
Dazu den Entsperrhebel und den Notentriegelungshebel mit 1. Ausfall des Magnetventils N88 oder unzureichender Öldruck:
Gefühl zusammendrücken und dabei den Notentriegelungshebel „ Der Zylinderraum des Parksperreschiebers wird drucklos.
entlasten. Anschließend die beiden Hebel zurück in die Grund- „ Der Parksperreschieber ist noch vom Magnet N486 elektro-
position drücken, bis sie einrasten. mechanisch arretiert.
„ Die Parksperre bleibt ausgelegt.
Parksperre
Die Parksperre wird elektrohydraulisch betätigt (Bild 11). Gesteu- 2. Ausfall des Magneten N486:
ert wird die Parksperre von der Mechatronik. Die Steuerung er- „ Der Parksperreschieber wird durch den hydraulischen Druck
folgt entweder auf Anforderung durch den Fahrer mithilfe der gehalten.
Schaltbetätigung oder mittels der Auto-P-Funktion. Der Mecha- „ Die Parksperre bleibt ausgelegt.

24 kfz-betrieb
Antriebsstrang

3. Spannungsunterbrechung zur Mechatronik (während der 2. Startfreigabe in P (das Sensorsignal wird direkt vom Getriebe-
Fahrt): Bei einer Spannungsunterbrechung zur Mechatronik wäh- steuergerät in das P/N-Signal umgesetzt)
rend der Fahrt fallen alle elektrisch gesteuerten Funktionen des 3. Anzeige im Kombiinstrument „Getriebe in Stellung P“
Getriebes aus. Das Getriebe hat dabei keinen Kraftschluss. So- 4. Anzeige im Kombiinstrument bei betätigter Parksperre-Notent-
lange der Motor läuft, wird von der ATF-Pumpe der Systemdruck riegelung
bereitgestellt. Mittels einer hydraulischen Notlaufschaltung wird Bei Ausfall oder Fehler (z. B. Zwischenstellung) des Sensors
der Systemdruck auf die Kupplung „c“ geschaltet. Das Parksper- gibt es folgende Maßnahmen/Auswirkungen:
reventil ist am Druckkanal zur Kupplung c angeschlossen. Der „ Fehlermeldung im Kombiinstrument
Kupplungsdruck c wirkt auf die ringfläche des ventilkolbens. „ Maximaler Systemdruck wird eingestellt (damit wird sicher-
Das Parksperreventil wird gegen die Federkraft in die Arbeitsstel- gestellt, dass der Parksperreschieber mit maximaler Kraft
lung gedrückt, und Systemdruck gelangt zum Zylinderraum des arbeiten kann)
Parksperreschiebers. Die Parksperre bleibt ausgelegt. Wird der „ Keine Anzeige im Kombiinstrument, dass die Parksperre ein-
Motor abgestellt, fällt der Druck im System ab und die Parksper- gelegt ist (auch wenn sie eingelegt ist)
re wird durch die Kraft der Feder am Parksperrehebel eingelegt.
Die Notlaufschaltung ist so gestaltet, dass bei einem erneuten Getriebeaufbau
Motorstart die Kupplung c und somit auch das Parksperresystem
drucklos bleiben. Die Parksperre bleibt eingelegt. Das 0BK-Getriebe (Bis 700 Nm) und das 0BL-Getriebe (bis
Die Stellung der Parksperre wird vom Getriebesteuergerät mit 1.000 Nm) sind die ersten vertreter der neuesten Achtgang-
einem Sensor überwacht. Der Geber besteht aus zwei Hallsenso- Stufenautomatikgetriebegeneration (Bild 12). Gemeinsame Merk-
ren. Die Hallsensoren werden von einem Dauermagnet am Park- male sind:
sperrehebel geschaltet. Der P-Sensor ermittelt/erkennt die Stel- „ Differenzial vor dem Drehmomentwandler
lungen: P eingelegt —> Zwischenstellung —> P nicht eingelegt. „ Die acht vorwärtsgänge und der rückwärtsgang sind mit
Die Zwischenstellung gibt es im Betrieb normalerweise nicht einem Planetenradsatzkonzept aus vier Planetenradsätzen
und wird ab einer definierten Filterzeit als Fehler definiert. Der und fünf Schaltelementen realisiert
Sensor hat folgende Aufgaben: „ Minimierte Schleppverluste, da in jedem Gang drei Schalt-
1. Überwachen der korrekten Funktion der Parksperre elemente geschlossen sind

Bild 12

Bild: Audi

Das 8-HP-55AF-Getriebe von ZF im Schnitt.

Servicetechniker 25
„ Mechatronik für Shift-by-wire mit elektrohydraulischer Park- Die Übersetzungen der einzelnen Gänge sind bei allen Getrie-
sperre bevarianten gleich. Die Anpassung an die Charakteristik und
„ Acht Gänge bei einer Spreizung von sieben ermöglichen Leistung der verschiedenen Motorisierungen erfolgt durch unter-
kleine Gangsprünge, eine kraftvolle Anfahrübersetzung und schiedliche Übersetzungen des:
bei höheren Geschwindigkeiten ein niedriges Motordreh- „ Primärtriebs,
zahlniveau „ des Stirntriebs zur Vorderachse und
„ ATF-Ölversorgung mittels einer Flügelzellenpumpe, angetrie- „ des Achsantriebs vorne und hinten.
ben von einer Kette
„ Schmierung des Verteilergetriebes mit Ölpumpe Ebenso beeinflussen bestimmte länderspezifische Anforderungen
„ Standabkopplung bei Fahrzeugstillstand und Motorleerlauf die Gesamtübersetzung. Die Höchstgeschwindigkeit wird je nach
Motorisierung und Landessetzung im 6. oder 7. Gang erreicht. In
USA, wo die maximale Höchstgeschwindigkeit auf 210 km/h
Bild 13 begrenzt ist (Vmax), kann die Vmax sogar im 8. Gang erreicht werden.
Bis zu welchem Gang in Fahrstufe S hochgeschaltet wird, ist
ebenfalls motor- und länderspezifisch. In der Regel ist das Sport-
programm so eingestellt, dass nur bis zu dem Gang hochgeschal-
tet wird, in dem die Höchstgeschwindigkeit am schnellsten er-
reicht wird. Für einige Länder gelten hierfür andere Vorgaben.
Die Getriebe 0BK und 0BL lassen sich äußerlich kaum unterschei-
den. Aufgrund der Auslegung des 0BL-Getriebes auf ein Dreh-
moment bis 1.000 Nm sind die meisten Bauteile des 0BL-Getrie-
bes entsprechend größer dimensioniert. Dies betrifft auch die
äußeren Maße des Getriebes.
Im 0BK/0BL-Getriebe kommt das selbstsperrende Mitten-
differenzial mit asymmetrisch-dynamischer Momentenverteilung
zum Einsatz. Die Konstruktion und Funktion ist vergleichbar mit
der Ausführung, die in den Getrieben 0B2 und 0B5 verbaut ist.
Die Grundmomentverteilung beträgt zirka 40 Prozent zur Vor-
Bild: Audi

derachse und zirka 60 Prozent zur Hinterachse. Proportional zum


Beispiel für die Drehmomentverteilung Vorder-/Hinterachse. Antriebsmoment wird im Mittendifferenzial ein Sperrmoment
erzeugt. Dieses Sperrmoment und die Grundverteilung ergeben
Bild 14 das Moment, das zur jeweiligen Achse geleitet wird. Das An-
triebsmoment kann so je nach Fahrzustand bis zirka 65 Prozent
zur Vorderachse oder zirka 85 Prozent zur Hinterachse gelenkt
werden, ohne dass dabei eine ESP-Regelung erforderlich wird.
Konstruktiv stammt das selbstsperrende Mittendifferenzial vom
PAT-Mittendifferenzial aus den Getrieben 01V und 01L ab (Mo-
mentverteilung 50:50).
Die wesentlichen Bauteile sind die beiden Sonnenräder, die
entsprechenden Planetenräder sowie das Differenzialgehäuse
mit Antriebsnabe. Die Planetenräder (Schneckenräder) liegen
parallel zu den Sonnenrädern (Schnecken). Die asymmetrische
Momentverteilung entsteht durch die unterschiedlichen Durch-
messer der Sonnenräder für die Vorder- und Hinterachse (Ver-
hältnis zirka 40:60). PAT steht für „Parallel Axis Torsen“ und
bezeichnet die Konstruktion eines selbstsperrenden Mittendiffe-
renzials, bei dem die Drehachsen der Schneckenräder parallel zu
der Drehachse der Sonnenräder liegen.

Beispiel für mögliche Momentenverteilung (Bild 13):


Das Fahrzeug überfährt in diesem Beispiel eine kleine Eisfläche
(Fahrzustand t2 und t3) mit konstanter Antriebsleistung. Die
Rutschgrenze wird mit 250 Nm pro Achse angenommen. Das
Bild: Audi

Schnittbild des Dreh-


momentwandlers. gesamte Antriebsmoment beträgt (t1 und t4) 1.000 Nm. Bei
Erreichen der Eisfläche (t2) verliert die Vorderachse an Traktions-

26 kfz-betrieb
Antriebsstrang

vermögen, das Antriebsmoment reduziert sich auf die rutsch-


grenze von 250 Nm. Aufgrund der Sperrwirkung des Differenzials Bild 15
steigt gleichzeitig das Antriebsmoment an der Hinterachse auf
750 Nm. Da die verteilung der Momente innerhalb des Sperrbe-
reichs des Differenzials liegt, tritt keine Differenzdrehzahl zwi-
schen den Achsen auf. Die Antriebsleistung wird zu 100 Prozent
in vortrieb umgesetzt, die eDS-regelung muss nicht eingreifen.
Zum Zeitpunkt t3 hat die vorderachse bereits die eisfläche
wieder verlassen. Jetzt unterliegt die Hinterachse dem reduzierten
reibwert und kann nur ein Moment von 250 Nm übertragen. Um
die optimale Traktion an der vorderachse sicherzustellen, greift
nun die eDS-regelung unterstützend ein. Die Antriebsleistung
wird zu 85 Prozent in vortrieb umgesetzt.
Alle Motorisierungen außer beim 4,2-l-TDi-Motor und bei den

Bild: Audi
S-Modellen haben als Serienausstattung das konventionelle Hin-
terachsgetriebe 0Bc. Optional steht das Sportdifferenzial 0BF, Hydraulischer Impulsspeicher (HIS).
das bereits im Audi S4 Anfang 2009 erstmals eingesetzt wurde,
zur verfügung. Fahrzeuge mit 4,2-l-TDi-Motor sind serienmäßig
mit Sportdifferenzial 0Be ausgestattet. Wesentliche Neuerung
am Sportdifferenzial ist die Anbindung des Steuergerätes für fe, Fahrzeugstillstand und getretener Bremse. Das Motorleerlauf-
Allradantrieb am Flex-ray-Datenbus. Dadurch ist eine deutliche moment wird z. B. bei einem Ampelstopp auf ein Minimum re-
Leistungssteigerung in allen Belangen der regelung möglich. duziert. Neben den verbrauchsvorteilen im Motorleerlauf werden
Über den Flex-ray-Datenbus erhält das Steuergerät die relevan- die Akustik und der Fahrkomfort verbessert. Dadurch, dass der
ten aktuellen informationen zur Fahrzeugdynamik vom Steuer- Motor mit weniger Last laufen kann, läuft er ruhiger und leiser.
gerät für Sensorelektronik. Die reduzierung auf ein kleines restmoment verringert die Pe-
dalkraft der Bremse auf ein Minimum. Die Standabkopplung bei
Drehmomentwandler (Bild 14) den 0BK- und 0BL-Getrieben wird durch das Öffnen der Bremse
Die Kenngrößen des Drehmomentwandlers und der Wandler- B realisiert. Durch das Öffnen der Bremse B wird das Stützmoment
kupplung werden an den jeweiligen Motor angepasst. Um die am Hohlrad 1 aufgehoben. Der Kraftschluss wird zur Bremse B
Drehschwingungen des Motors wirkungsvoll zu dämpfen, werden umgeleitet. Die Bremse B wird bei Standabkopplungsbetrieb mit
je nach Motorisierung verschiedene Torsionsdämpfersysteme Schlupf betrieben.
eingesetzt. es kommen Turbinen-Torsionsdämpfer (bei allen Mo- Damit die Bremse B den Anforderungen dauerhaft standhält,
toren, außer 3,0-v6-TDi) und Zwei-Dämpfer-Wandler (ZDW, nur wurde sie entsprechend dimensioniert. Zudem wird sie bei Akti-
3,0-l-v6-TDi-Motor) zum einsatz. Die Abbildung zeigt einen Zwei- vierung über das hydraulische Schaltgerät gezielt gekühlt. Die
Dämpfer-Wandler. Die Drehmomentwandler bei 0BK- und 0BL- Standabkopplung wurde in einer ersten Generationsstufe beim
Getrieben sind als sogenannte „Drei-Leitungs-Wandler“ konstru- 0B6-Getriebe eingeführt. Durch eine konsequente Weiterentwick-
iert. Das bedeutet, dass der Turbinenraum über zwei Leitungen lung der Hard- und Software kann die Standabkopplung der
versorgt wird und die Wandlerkupplung über eine separate Lei- zweiten Generation (in den 0BK- und 0BL-Getrieben) neue Maß-
tung (dritte Leitung) angesteuert wird. Das Schließen und Öffnen stäbe bezüglich Komfort und verbrauch setzen. Neben der ver-
der Wandlerkupplung erfolgt unabhängig und abgekoppelt vom ringerung des Wandlerrestmoments wurde auch das Ansprech-
Turbinenraum. Diese Konstruktion bringt vorteile bei der rege- verhalten beim Schließen des Kraftschlusses verbessert. Die
lung der Wandlerkupplung. Standabkopplung kann mittels codierung mit dem eigendiag-
ein Drehmomentwandler arbeitet nach dem Grundprinzip der nosegerät aktiviert bzw. deaktiviert werden. Die Standabkopp-
Strömungskupplung. Dies führt zwangsläufig zu einer Differenz- lung wird auch unter der Bezeichnung Nic (neutral idle control)
drehzahl zwischen Pumpenrad und Turbinenrad. Man nennt dies kommuniziert.
den Wandlerschlupf. Der Wandlerschlupf führt zu einer Minde-
rung des Wirkungsgrades. Die Wandlerkupplung (WK) eliminiert Start-Stopp-System
den Wandlerschlupf und trägt somit zur verbrauchsoptimierung erstmalig kommt mit dem v6 3.0 TDi die Start-Stopp-Funktion
bei. Die WK zählt deshalb seit vielen Jahren zur Ausstattung in verbindung mit einem Automatikgetriebe zum einsatz. Die
moderner Drehmomentwandler. Das Schließen und Öffnen der Start-Stopp-Funktion stellt an das Automatikgetriebe eine beson-
WK erfolgt aus Gründen des Fahrkomforts geregelt. eine weitere dere Herausforderung. Bei Start-Stopp-Betrieb wird eine extrem
integrierte Funktion ist die sogenannte Standabkopplung. kurze Start- und Anfahrbereitschaft gefordert. Damit es zu keiner
Die Standabkopplung ermöglicht im Stadtverkehr eine deut- merklichen Anfahrverzögerung kommt, müssen Motor und Au-
liche verbrauchsreduzierung. erreicht wird dies durch Abkopplung tomatikgetriebe nach zirka 350 ms anfahrbereit sein. Diese An-
des Wandlerverlustmoments bei Motorleerlauf, vorwärtsfahrstu- forderung kann ein Automatikgetriebe ohne entsprechende

Servicetechniker 27
Der Kolbenfederspeicher kann somit nicht leerlaufen und bleibt
Bild 16 im geladenen Zustand immer gefüllt. Der HIS besteht aus dem
Kolbenfederspeichersystem, einer elektromechanischen Verrie-
gelungseinheit und einem Drosselrückschlagventil. Der Kolben-
federspeicher besteht aus Kolben, Zylinder und Stahlfeder. Der
Magnet hat die Aufgabe, den Kolben im vorgespannten Zustand
zu halten (bestromt). Der Kolbenfederspeicher wird bei Motorlauf
„aufgeladen“. Beim Starten wird der Magnet stromlos geschaltet
und das gespeicherte Ölvolumen mit Federkraft in die hydrauli-
sche Steuerung gedrückt (entladen). Dadurch werden die Schalt-
elemente bereits mit Öldruck beaufschlagt, wenn die ATF-Pumpe
gerade zu fördern beginnt. Der HIS unterstützt so die ATF-Pum-
pe und sorgt für einen blitzschnellen Druckaufbau. Der Druck-
aufbau durch den HIS und von der ATF-Pumpe überschneiden
sich zum Zeitpunkt, wenn die Pumpe ausreichend Druck liefert.
Zu diesem Zeitpunkt beginnt der Ladevorgang des Kolbenspei-

Bild: Audi
chers. Damit der weitere Druckaufbau nicht durch den Ladevor-
Einbaulage des HIS. gang gestört wird, wird der Zulauf zum Kolbenfederspeicher
gedrosselt. Diese Aufgabe übernimmt das Drosselrückschlagven-
Bild 17 til. Die Ladezeit ist mit zirka fünf Sekunden (bei 20 °C) dennoch
sehr kurz und beeinträchtigt den Start-Stopp-Betrieb nicht.

Ablauf im Detail:
„ Bei Motorlauf wird der Kolbenfederspeicher über die Dros-
selbohrung befüllt/geladen (Bild 17). Die Ladezeit beträgt
zirka fünf Sekunden. Beim Laden wird der Kolben ganz nach
links geschoben. Dabei wird der Anker des Haltemagneten
in seiner zur Verriegelung notwendigen Endstellung ge-
Bild: Audi

drückt und der Luftspalt überwunden. Die Kugeln werden


HIS im Schnitt. zur Verriegelung herausgeschoben, und der Magnet kann
jetzt den Anker halten, damit der Kolben verriegelt bleibt.
„ Der HIS ist nun bereit für einen Motorstopp. Beim Abstellen
des Motors fallen der Systemdruck und auch der Druck im
Auslegung oder Maßnahmen an der Ölversorgung nicht erfüllen. HIS ab. Das Ölvolumen im HIS ist drucklos. Der Kolben wird
Beim Abstellen des Motors ist die Ölversorgung im Getriebe außer jetzt durch den Kugelrastiermechanismus gehalten.
Kraft gesetzt. Die Schaltelemente des jeweiligen Gangs öffnen, „ Beim Starten des Motors wird durch Abschalten des Hal-
und der Kraftschluss ist unterbrochen. Beim Starten des Motors testroms der Kolben entriegelt. Der Kolben presst das Ölvo-
muss der Kraftschluss im Getriebe und somit die Anfahrbereit- lumen in die hydraulische Steuerung zu den Schaltelemen-
schaft wieder hergestellt werden. Für die Achtgang-Automatikge- ten. Das Drosselrückschlagventil öffnet dabei und gibt einen
triebe bedeutet dies, dass drei Schaltelemente geschlossen werden großen Querschnitt frei.
müssen. Das von der ATF-Pumpe während des Motorhochlaufs
geförderte Ölvolumen reicht nicht aus, um die Schaltelemente Innovatives Thermomanagement
innerhalb der geforderten Zeit mit Druck zu beaufschlagen und Die Getriebekühlung ist Teil des innovativen Thermomanage-
einen ausreichenden Kraftschluss herzustellen. Prinzipiell könnte ments – kurz ITM genannt. Ziel des innovativen Thermomanage-
die ATF-Pumpe so ausgelegt werden, dass sie diese Anforderung ments ist die Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs durch eine
erfüllt. Eine solche Pumpe würde jedoch bereits bei niedrigen Verkürzung der Warmlaufphase von Motor und Getriebe. Der
Motordrehzahlen völlig inakzeptable Verluste verursachen. „Wärmemanager“ – ein neu entwickeltes Softwaremodul im Mo-
Eine hoch effiziente Lösung dieser Problematik wird mit dem torsteuergerät – sorgt für eine optimale Verteilung der vom Mo-
sogenannten „Hydraulischen Impulsspeicher“ (HIS) erreicht (Bild tor entstehenden Wärme innerhalb der Motorkühlkreisläufe
15). Der HIS ist ein spezieller Öl-Volumen-Speicher mit einer (Motoraufheizung), zur Klimaanlage (Innenraumaufheizung) und
elektromechanischen Verriegelungseinheit. Er dient dazu, einen zum Getriebe (Getriebeaufheizung). Über CAN-Bus melden Klima-
übertragungsfähigen Druck für die Schaltelemente in Bruchteilen und Getriebesteuergerät ihren Wärmebedarf an das Motorsteu-
einer Sekunde bereitzustellen. Mit dem HIS wird die geforderte ergerät. Diese Informationen werden dann zusammen mit dem
Anfahrbereitschaft von zirka 350 ms auf geniale Weise erreicht. Motorwärmebedarf gewichtet, priorisiert und die Ansteuersigna-
Die Einbaulage des HIS ist unterhalb des Ölspiegels (Bild 16). le der ITM-Komponenten (Ventile und Regler) generiert.

28 kfz-betrieb
Antriebsstrang

Beispiel 4,2-l-V8-tDi-Motor:
Bild 18
Ausgangssituation – Motor/Getriebe kalt:
Das Getriebesteuergerät meldet seinen Wärmebedarf an das
Motorsteuergerät. Zunächst versucht der Motor, sich möglichst
schnell aufzuheizen. Die Magnetventile N509 (bestromt) und
N488 (nicht bestromt) sind geschlossen, und die Kühlmittelpum-
pe 4 ist abgeschaltet. erst wenn der Motor eine definierte Ziel-
temperatur erreicht hat, werden die Kühlmittelpumpe 4 zuge-
schaltet und das N488 geöffnet (bestromt). Jetzt gelangt warmes
Kühlmittel vom Kühlmitteltemperaturregler und der Kühlmittel-
pumpe über das N488 zum ATF-Wärmetauscher. Das ATF wird
aufgeheizt.

Ausgangssituation – Motor/Getriebe betriebswarm:


Ab einer definierten ATF-Temperatur ist die Getriebeheizphase
beendet. Zunächst wird das N488 geschlossen. Steigt die ATF-
Temperatur weiter an, wird das N509 geöffnet (abgeschaltet),
und gekühltes Kühlmittel gelangt vom Hauptwasserkühler zum

Bild: Audi
ATF-Wärmetauscher. Steigt die ATF-Temperatur auf zirka 96 °c,
wird die Pumpe v51 zugeschaltet, um die Kühlleistung zu erhö- Mechantronikkomponente.
hen.
Bild 19
Mechatronik (Bild 18)
Die Mechatronik ist in das System der Wegfahrsperre integriert,
das bedeutet, es gibt keinen hydraulisch-mechanischen Notlauf.
Aufgrund der hohen Anforderungen an die eigendiagnose wur-
de die erstmals im 0B6-Getriebe bei Audi eingesetzte Diagnose-
datenbeschreibung nach der ASAM/ODXNorm auch für die
Getriebe 0BK und 0BL übernommen.
Nach einem Getriebe-Software-Update oder nach dem erneu-
ern der Mechatronik sind folgende Punkte zu prüfen bzw. durch-
zuführen:
„ Steuergerät-codierung
„ Anpassung der Ganganzeige
„ Adaption der Schaltelemente

Um eine hohe Schaltdynamik zu erreichen und vielfältige

Bild: Audi
Schaltabläufe realisieren zu können, ist jedem Schaltelement ein
eigenes elektrisches Druckregelventil (eDS) zugeordnet.
1 aktiv 0 nicht aktiv
„ N88 Magnetventil 1 (Mv-Pos) (ein geringer Grund-Steuerstrom ist immer vorhanden)
„ N215 Druckregelventil 1 (eDS-A) X aktiv – Steuerstrom ist abhängig vom Betriebszustand
„ N216 Druckregelventil 2 (eDS-B)
„ N217 Druckregelventil 3 (eDS-c)
„ N218 Druckregelventil 4 (eDS-D)
„ N233 Druckregelventil 5 (eDS-e) Schaltmatrix (Bild 19)
„ N371 Druckregelventil 6 (eDS-WK) Durch die integration der elektronik im Getriebe (umspült vom
„ N443 Druckregelventil 7 (eDS-Sys) ATF) hat die Überwachung der Steuergerätetemperatur und somit
„ N486 Magnet für Parksperre auch der ATF-Temperatur eine große Bedeutung. Hohe Tempe-
raturen haben einen entscheidenden einfluss auf die Lebensdau-
es sind zwei Arten verbaut: er und Funktionsfähigkeit von elektronischen Bauteilen.
„ eDS mit steigender Kennlinie – stromlos – kein Steuerdruck Temperaturen über 120 °c beeinträchtigen die Lebensdauer
(0 mA = 0 bar) der elektronischen Bauteile des Steuergeräts. Ab 150 °c sind
„ eDS mit fallender Kennlinie – stromlos – maximaler Steuer- Schäden an den Bauteilen und somit Fehlfunktionen des gesam-
druck (0 mA = zirka 5 bar) ten Systems nicht mehr auszuschließen. Als Schutz vor Überhit-

Servicetechniker 29
zung werden beim Überschreiten definierter Temperaturschwell­ turkollektiv wird beim Hersteller zur Analyse von Bauteilschäden
werte Gegenmaßnahmen eingeleitet. Im DSP (dynamischen am E­Modul der Mechatronik verwendet.
Schaltprogramm) sind dazu eigene Programme vorhanden. Um
die Temperatur des Mikroprozessors möglichst exakt zu erfassen, Planetengetriebe (Bild 20)
ist im Substrat der Halbleiterbausteine ein sogenannter Subs­ Die acht Vorwärtsgänge und der Rückwärtsgang werden durch
trattemperatursensor integriert. eine entsprechende Verknüpfung von vier einfachen Einsteg­
Der Hotmode ist in drei Stufen gegliedert: Planetenradsätzen erzeugt. Die beiden vorderen Radsätze verfü­
1. Stufe > 124 °C Substrattemperatur (126 °C ATF­Temperatur): gen über ein gemeinsames Sonnenrad. Der Abtrieb erfolgt immer
Mithilfe der DSP­Funktion werden die Schaltpunkte zu höheren über den Planetenträger des vierten Radsatzes. Nur fünf Schalt­
Drehzahlen verschoben. Der Betriebsbereich, in dem die Wand­ emente schalten acht Gänge! Zwei Lamellenbremsen – A und B.
lerkupplung geschlossen ist, wird erweitert. Drei Lamellenkupplungen – C, D und E. Die Schaltelemente,
2. Stufe > 139 °C Substrattemperatur (141 °C ATF­Temperatur): Kupplungen oder Bremsen, werden hydraulisch geschlossen. Öl­
Das Motormoment wird in Abhängigkeit vom weiteren Tempe­ druck presst das Lamellenpaket zusammen und macht die Kupp­
raturanstieg signifikant reduziert. lung kraftschlüssig. Beim Nachlassen des Öldrucks drückt die am
3. Stufe > 145 °C Substrattemperatur (147 °C ATF­Temperatur): Kolben anliegende Tellerfeder den Kolben in seine Ausgangsla­
Als Schutz vor Überhitzung des Steuergeräts wird die Stromver­ ge zurück. Die Schaltelemente dienen dazu, die Schaltungen
sorgung der Magnetventile abgeschaltet. Das Getriebe verliert unter Last sowie ohne Zugkraftunterbrechung vorzunehmen. Die
den Kraftschluss. Im Ereignisspeicher wird ein Fehler abgelegt Lamellenkupplungen C, D und E leiten die Motorkraft in das
(Je nach Softwarestand können die Temperaturangaben abwei­ Planetengetriebe ein. Die Lamellenbremsen A und B stützen das
chen.). Drehmoment am Getriebegehäuse ab. Bei der Realisierung der
In regelmäßigen Zeitabständen prüft das Steuergerät mithilfe einzelnen Gänge sind immer drei Schaltelemente geschlossen
des Gebers für Getriebeöltemperatur, in welchem Bereich die und zwei Schaltelemente geöffnet. Diese Konstellation wirkt sich
aktuelle Getriebetemperatur liegt. Die ermittelten Werte werden sehr positiv auf den Wirkungsgrad des Getriebes aus, da jedes
abgespeichert. Durch entsprechende Auswertung erkennt man offene Schaltelement im Betrieb ein gewisses Schleppmoment
die thermische Belastung des Getriebes über die Laufzeit. Man bewirkt. Die Kupplungen E, C und D sind bezüglich des dynami­
spricht hierbei von einem Öltemperaturkollektiv. Das Öltempera­ schen Drucks ausgeglichen.
Das heißt, um einen drehzahl­
abhängigen Druckaufbau in
der Kupplung zu vermeiden,
Bild 20 wird der Kupplungskolben
beidseitig mit Öl beaufschlagt.
Realisiert wird dieser Aus­
gleich durch einen zweiten
Kolbenraum, dem Druckaus­
gleichsraum. Bei der Kupplung
D wird der Druckausgleichs­
raum mittels einer Stauscheibe
hergestellt, bei den Kupplun­
gen C und E bildet der Lamel­
lenträger die Abschottung. Die
Ölversorgung des Druckaus­
gleichraums erfolgt druckfrei
über Schmierkanäle. Vorteile
des dynamischen Druckaus­
gleiches sind:
„ Sicheres Öffnen und
Schließen der Kupplung in
allen Drehzahlbereichen
„ Verbesserter Schaltkom­
RS1 (2, 3, 4) Planetenradsatz 1 (2, 3, 4) fort
PT1 (2, 3, 4) Planetenradträger 1 (2, 3, 4)
S1 (2, 3, 4) Sonnenrad vom Planetenradsatz 1 (2, 3, 4)
P1 (2, 3, 4) Planetenräder vom Planetenradsatz 1 (2, 3, 4) Schaltschema
Alle Schaltungen von 1 > 8
Bild: Audi

H1 (2, 3, 4) Hohlrad vom Planetenradsatz 1 (2, 3, 4)


und von 8 > 1 sind Über­
schneidungsschaltungen, das

30 kfz-betrieb
Antriebsstrang

heißt, während einer Schaltung muss die eine Kupplung so lan- Wird außerhalb geschlossener Ortschaften sehr sportlich gefah-
ge mit einem abgesenkten Hauptdruck übertragungsfähig blei- ren, reagiert das DSP entsprechend, und die Fahrertypbewertung
ben, bis die entsprechende andere Kupplung das anstehende berechnet eine hohe Sportlichkeitszahl. Das wiederum führt beim
Drehmoment übernehmen kann. Bei Schaltungen, die nicht direkt einfahren in eine geschlossene Ortschaft zu unerwünscht hohen
durchgeführt werden oder durchgeführt werden können (z. B. Schaltdrehzahlen, da die reduzierung der Sportlichkeitszahl nor-
7 > 3), werden immer zuerst die größeren Gangsprünge (Direkt- malerweise eine gewisse Zeit beansprucht. Die Kenntnis, dass
schaltung) durchgeführt und anschließend die einfache(n) das Fahrzeug in ein Ortsgebiet einfährt, führt zu einer schnellen
rückschaltung(en). Das Schaltschema zeigt die technisch mach- verringerung der Sportlichkeitszahl. Dadurch werden uner-
baren Schaltmöglichkeiten. wünscht hohe Motordrehzahlen innerhalb einer Ortschaft ver-
„ Gelb: 6er-Gangsprung (Direktschaltung) mieden. Für die Treffsicherheit der richtigen Gangwahl gibt es
„ rot: 4er-Gangsprung (Direktschaltung) unterschiedliche voraussetzungen. Zum einen ist die Qualität der
„ Blau: 3er-Gangsprung (Direktschaltung) Streckendaten entscheidend. Zum anderen ist zu berücksichtigen,
„ Grün: 2er-Gangsprung (Direktschaltung) wie sicher die vorausliegende bzw. die vorausbestimmte Fahr-
strecke mit der tatsächlich gefahrenen Strecke übereinstimmt
navigationsdatenbasierte Gangauswahl (sicher erkannte Strecke, wahrscheinliche Strecke).
eine innovation zur verbesserung der Gangwahlstrategie ist die Die Streckendaten sind nicht 100-prozentig zuverlässig. Das
einbeziehung von Streckendaten des Navigationssystems. Beim liegt daran, dass die Datengenauigkeit nicht 100-prozentig ge-
Audi A8 ’10 stellt die Navigation umfangreiche informationen geben ist. So werden beispielsweise die Krümmungen der Kurven
über die nähere, vorausliegende Fahrstrecke zur verfügung. Die (Kurvenradius, Scheitelpunkt, entfernungen) teilweise nicht ge-
Getriebesteuerung nutzt daraus informationen über die Geome- nau genug angegeben. ein weiterer Faktor ist die Aktualität der
trie von vorausliegenden Kurven (Krümmung, Kurvenlänge usw.) Daten. Das heißt, die Strecke hat sich im Lauf der Zeit geändert
und ob man innerhalb oder außerhalb geschlossener Ortschaften und entspricht nicht mehr den vorliegenden Streckendaten. Die
fährt. Diese vorausschau auf die vorausliegenden Fahrstrecken navigationsdatenbasierende Gangwahl wägt ab, wie sicher die
ermöglicht es, die Schalthäufigkeit, z. B. beim Befahren von Kur- tatsächliche Fahrstrecke vorhersehbar ist.
ven, deutlich zu verringern. ein weiteres Ziel ist die Berechnung Man unterscheidet zwischen einer „sicher erkannten Strecke“
des „idealen Ganges“ beim Befahren einer Kurve oder beim Be- und einer „wahrscheinlichen Strecke“. Grundsätzlich funktioniert
schleunigen aus einer Kurve. Neben einer Steigerung des Fahr- die navigationsdatenbasierende Gangwahl auch, wenn die Ziel-
komforts durch weniger Schaltvorgänge wird auch die Fahr- führung nicht aktiviert ist. eine aktive Zielführung verbessert
dynamik erhöht, da beim Beschleunigen aus der Kurve bereits jedoch die Funktion der navigationsdatenbasierenden Gangwahl.
der „ideale Gang“ vorliegt. Diese innovation ergänzt das bisher eine sicher erkannte Strecke zeichnet sich dadurch aus, dass es
bekannte dynamische Schaltprogramm DSP konsequent und im Streckenabschnitt keine Abzweigmöglichkeit gibt. Die Strecke
sinnvoll. Die Schalthäufigkeit wird besonders bei sparsamer Fahr- ist somit eindeutig, die Berechnung der Gangwahl entspricht den
weise deutlich reduziert, weil unnötige Hochschaltungen vor vorausliegenden Krümmungen.
Kurven unterbunden werden. Die navigationsdatenbasierte eine wahrscheinliche Strecke ist dadurch gekennzeichnet, dass
Gangwahl gehört zu einer reihe von Funktionen der „navigati- sich im vorausschauenden Bereich weitere Möglichkeiten der
onsdatenbasierten Fahrzeugunterstützung“. im Fachkreis wird Streckenführung befinden (z. B. eine Abzweigung). Bei aktiver
dieses Thema auch mit der Bezeichnung „PSD“ kommuniziert Zielführung ist ein Streckenverlauf vorgezeichnet, den der Fahrer
(prädiktive Streckendaten, prädiktiv = vorhersagbar). mit großer Wahrscheinlichkeit so fahren wird. Die Zielführungs-
Bei Lastrücknahme (vom Gas gehen) vor der Kurve erfolgt strecke besteht dann aus Abschnitten mit sicher erkannter Strecke
normalerweise über das Schaltprogramm DSP eine Hochschal- und wahrscheinlicher Strecke.
tung. eine vorausschauende Bewertung des Krümmungsverlaufs
und die Kenntnis der entfernung bis zum erreichen der relevan- Zusammenfassung
ten Kurve ermöglicht die Unterdrückung einer ungewollten Hoch- vor 15 Jahren noch in der entwicklung, heute in Serie: der „ge-
schaltung. Je nach Fahrsituation und weiterem verlauf der Fahr- regelte Antriebsstrang“. Obwohl viele Fahrzeuge mit einem Dop-
strecke wird der Gang gehalten oder ein entsprechender Gang pelkupplungsgetriebe ausgeliefert werden, hat der Stufenauto-
geschaltet. Beim Bremsen vor der Kurve erlaubt eine vorausschau- mat nach wie vor seine Anhänger – und das nicht ohne Grund.
ende Berechnung der Kurvengrenzgeschwindigkeit und des „ide- Gerade in Oberklassefahrzeugen, in denen hoher Schaltkomfort
alen“ Ganges eine aktive rückschaltung in den passenden Gang gefordert ist und entsprechende Motorisierungen mit hohen
bereits vor der Kurve (und nicht erst in der Kurve). Drehmomenten angeboten werden. Drive-by-wire, vernetzte Funk-
Gestuftes Hochschalten beim Herausfahren aus der Kurve: Ziel tionen und intelligente Softwaremodule machen die Fahrzeuge
dieser Funktion ist es, nach einer Kurve Mehrfachhochschaltun- effizienter, und somit leisten die Fahrzeughersteller in allen Klas-
gen zu vermeiden. Die Gänge werden je nach Sportlichkeitsfaktor sen ihren Beitrag zur Umweltentlastung. Man darf gespannt sein,
länger gehalten, um ungewünschte, zu schnell aufeinander fol- welche weiteren innovationen in den nächsten Jahren in Serie
gende Hochschaltungen zu vermeiden. Begrenzen/reduzieren gehen werden.
der Fahrertypbewertung innerhalb geschlossener Ortschaften: Georg Selgrad

Servicetechniker 31
Weiterbildung

Servicetechniker
technik von Profis für Profis

Motor- und MotorManageMentsysteMe


Bordnetz, Vernetzung, KommuniKation
fahrzeug und koMfort
navigation, unterhaltung, infotainMent
fahrzeug und sicherheit
fahrzeug, reifen, fahrWerk
kraftstoffe und antriebe
instandsetzung und diagnose
sensoren, aktoren
Motor, abgase und uMWeltProbleMatik
antriebsstrang
fahrzeugsysteMe/Mechatronik

904/2014 www.kfz-betrieb.de 32
Bordnetz/Vernetzung/Kommunikation

Elektrische Ausrüstung – Teil 1

Im Wandel der Zeit


Elektrische Komponenten bilden seit vielen Jahrzehnten das technische Rückgrat unserer Autos

Foto: Bosch
Die elektrischen Bauteile eines Pkw aus den fünfziger Jahren – war da doch alles noch schön übersichtlich...

Der Produktlebenszyklus bezeichnet den Zeitraum, der mit der zepte auch noch Fahrzeugtypen, die nicht dem typischen Pro-
Markeinführung des jeweiligen Produkts beginnt und mit dessen duktzyklus folgen? Kann der 20 Jahre alte …xy noch fachgerecht
Produktionseinstellung endet. Schon seit Jahren ist festzustellen, diagnostiziert bzw. repariert werden? Diese Herausforderung, um
dass diese Zyklen immer kürzer werden. Ursachen, die zu dieser es einmal vorsichtig auszudrücken, findet sich in vielen Diszipli-
entwicklung führen, existieren gleich mehrere. Da wäre zunächst nen wieder:
einmal der gestiegene Wettbewerb: Die Unternehmen müssen „ Aus-, Weiterbildung
immer früher mit neuen Produkten auf den Markt drängen, um „ Prüf- bzw. Diagnosemöglichkeiten
sich behaupten zu können. Gleichzeitig wurde die Produktent- „ Personalwesen usw.
wicklung stark vereinfacht: Dank der modernen informations-
technologie ist es möglich, Produkte schneller zu entwickeln und
zu testen.
Zu einem der besten Beispiele zählt die Automobilindustrie:
Früher war es so, dass die Fahrzeugmodelle viele Jahre lang inhalt
unverändert angeboten wurden. Heutzutage dauert es zumeist Elektrische Kfz-Komponenten – der Generator
drei bis vier Jahre, bis das erste Facelift-Modell erscheint. Beob-
achtet man die Modellpolitik der Fahrzeughersteller, ist es offen-  Elektrische Grundbegriffe 34
sichtlich, dass es heutzutage eben gängige Praxis ist, immer mehr  Fahrzeuggeneratoren 35
verschiedene Modelle immer früher anzubieten. Klar liegt das
 Dreiphasenwechselspannung 38
Hauptinteresse des Herstellers auf dem verkauf seiner Produkte.
Doch welche Auswirkungen hat das auf den Werkstattalltag  Spannungsregelung Mechatronik 40
im Service, wenn immer früher noch mehr Technik im Fahrzeug  Diagnosemöglichkeiten in der Werkstatt 45
verbaut wird? integrieren moderne Service- bzw. reparaturkon-

Servicetechniker 33
Bild 1 Elektrische Grundbegriffe

Selbstinduktion
Wie wir wissen, wird durch Änderung des magnetischen Feldes
einer stromdurchflossenen Wicklung eine Spannung in einer In­
duktionsspule induziert. Nun durchsetzt aber der Magnetfluss
nicht nur die Windungen der Induktionsspule, sondern auch die
der eigenen Wicklung, sodass durch die Änderung des Magnet­
felds in der eigenen Wicklung ebenfalls eine Spannung induziert
wird (Bild 1) Diesen Induktionsvorgang nennt man Selbstinduk­

Bild: Archiv
tion. Bei Selbstinduktion induziert also das sich ändernde Mag­
netfeld eine Spannung im eigenen Leiter. Die induzierte Span­
Prinzip der Selbstinduktion. nung wirkt immer derjenigen Spannung, die die Flussänderung
hervorruft, entgegen. Das heißt, dass durch die Selbstinduktion
Bild 2 sowohl die Entstehung als auch der Zusammenbruch eines Mag­
netfeldes verzögert wird. Dabei kann z. B. beim Unterbrechen
des Stromes in einem elektrischen Kreis die durch den Zusam­
menbruch des Magnetfeldes induzierte Spannung den Wert der
abgeschalteten Spannung um ein Vielfaches übersteigen. Es ist
bekannt, dass an einem Schalter Funken auftreten können, wenn
hohe Ströme in großen Wicklungen (Induktivitäten) z. B. bei
Motoren oder bei Transformatoren unterbrochen werden. Dies
Bild: Archiv

ist die Folge der hohen Selbstinduktion der Wicklung, in der bei
Zusammenbruch des Magnetfelds eine hohe Gegenspannung
Strom-/Zeitverlauf beim Einschalten eines elektrischen Verbrauchers. erzeugt wird, die zum Funkenüberschlag am Schalter führen kann.
Man kann die Selbstinduktion durch folgenden Versuch nach­
Bild 3 weisen. Parallel zu einer Wicklung mit Eisenkern sei ein Galva­
nometer geschaltet. Legt man Spannung an die Wicklung, so
zeigt das Galvanometer den Wert der angelegten Spannung an
und in der Wicklung fließt ein Strom. In dem Augenblick, wo die
Spannung abgeschaltet und der Strom unterbrochen wird, nimmt
der Ausschlag des Galvanometers zu und zeigt uns den Span­
nungsstoß, der durch die Selbstinduktion ausgelöst wird, in Volt­
sekunden an (Bild 1).
Bild: Archiv

Die Selbstinduktion einer Wicklung hängt von ihren Abmes­


sungen und ihrer Windungszahl ab. Selbstverständlich wird durch
Strom-/Zeitverlauf beim Ausschalten eines elektrischen Verbrauchers. einen Eisenkern in der Wicklung die Selbstinduktion µ mal größer,
weil die Flussdichte in der Wicklung auch µ mal größer wird. Die
Flussänderung kann man auf die Änderung des Magnetisierungs­
stromes zurückführen. Die Anzahl Voltsekunden, die in einer
Hinzu kommt, dass die funktionierende Diagnose eines Wicklung bei Änderung des Magnetisierungsstromes um 1 A
Kraftfahrzeugs nicht das Hauptinteresse eines Automobilher­ induziert wird, nennt man den Selbstinduktionskoeffizienten L
stellers ist, sondern lediglich ein Mittel, den Werkstattbesuch der Wicklung. Man misst die Selbstinduktion in Voltsekunden/
eines Kunden möglichst kurz und damit kostengünstig zu ge­ Ampere oder Henry.
stalten.
In diesem bzw. den folgenden Ausgaben des „Servicetechni­ Wirkung der Selbstinduktion bei Gleichstrom
kers“ diskutieren wir die Entwicklungen in der elektrischen Bei unverändertem Feld, also bei Gleichstrom, ist keine Induktion
Ausrüstung von Kraftfahrzeugen. vorhanden. Maßgebend ist hier nur der Widerstand R des Kreises,
In vielen Ausbildungszentren hängen sie manchmal noch an der bei gegebener Gleichspannung U den Wert des Stromes nach
den Wänden, zusammengefasste Informationen zur Kraftfahr­ dem ohmschen Gesetz bestimmt: I= U/R. Beim Aufbau oder beim
zeugtechnik oder auch „Systemübersichten“. Sie sollen uns als Zusammenbruch eines Magnetfeldes dagegen tritt in einer Wick­
Leitfaden durch den Beitrag dienen. Von Alt zu neu, von früher lung Selbstinduktion auf. Man beobachtet dies beim Einschalten
zu heute: Wie man der Grafik auf Seite 57 entnehmen kann, oder Ausschalten des Stromes in einem elektrischen Kreis, der
war die Ausrüstung einst sehr übersichtlich. Die meiste Elek­ neben ohmschem Widerstand auch eine Wicklung (Induktivität)
tronik hatte zu der Zeit wohl das Radio. enthält (Bild 2).

34 kfz-betrieb
Bordnetz/Vernetzung/Kommunikation

einschaltvorgang: Schließt man einen Stromkreis mit ohm- len, Zündspulen oder Zündankern, Polschuhe usw. – werden so
schem Widerstand und Selbstinduktion L, so kann infolge der von den Wicklungen umgeben, dass die richtung des Flusses mit
induzierten Gegenspannung in der Wicklung der Strom nicht der Längsrichtung der Bleche zusammenfällt. Die Wirbelströme
sofort seinen vollen Wert annehmen. Der Strom steigt nach einem könnten dann nur senkrecht zur Ausdehnung der einzelnen Ble-
bestimmten Gesetz (exponentialgesetz) mehr oder weniger rasch che entstehen, woran sie aber durch die gegenseitige isolierung
an und erreicht nach einer gewissen Zeit seinen endgültigen der Bleche gehindert werden.
Wert, der durch das ohmsche Gesetz gegeben ist.
Ausschaltvorgang: Öffnet man einen Stromkreis mit ohmschem Fahrzeuggeneratoren
Widerstand und Selbstinduktion, so entsteht infolge des zusam-
menbrechenden elektromagnetischen Feldes der Wicklung in Fahrzeuggeneratoren haben die Aufgabe, das Bordnetz mit elek-
dieser eine induzierte Gegenspannung, die den Strom nur all- trischer energie zu versorgen, sobald der Motor gestartet wurde.
mählich auf null abnehmen lässt. erreicht die induzierte Gegen- Zu dieser versorgung gehört auch das Aufladen der Batterien.
spannung den Wert der Überschlagsspannung, so schlägt der Gemeinsam ist allen Generatoren außerdem, dass sie mithilfe
Strom an den Schalterkontakten als Funken über. Will man den eines Magnetfeldes die zugeführte mechanische energie in elek-
Funkenüberschlag verhindern, um z. B. die Unterbrecherkontak- trische energie umwandeln und dass sie ihre Ausgangsspannung
te zu schonen, muss man parallel zu diesen einen Kondensator in engen Grenzen nahezu konstant halten sollten. Herkömmlich
schalten, der beim Öffnen der Kontakte durch den abklingenden ist der Generator im Zusammenspiel mit seinem externen oder
Strom aufgeladen wird. im Allgemeinen entsteht dabei im Strom- integrierten regler ein eigenständiges regelsystem. Der laufend
kreis eine gedämpfte Schwingung. Bei richtig gewählten Werten steigende elektrische energieumsatz in den Fahrzeugen verlangt
für Selbstinduktivität, Kapazität und Widerstand kann man er- inzwischen für den elektrischen Bereich ein gut konzeptioniertes
reichen, dass dabei der Strom nach einem exponentialgesetz wie und gut funktionierendes energiemanagement. Betroffen sind
in Bild 3 gezeigt abnimmt. hiervon insbesondere der Motorleerlauf wegen der relativ hohen
Drehmomentaufnahme des Generators, die sicherheitsrelevanten
Wirbelströme Situationen einer Fahrt und der plötzliche Lastwechsel.
es ist bekannt, dass durch induktion sowohl in einer getrennten Physikalisch gesehen müssen Fahrzeuggeneratoren die Grund-
Wicklung (Sekundärwicklung, induktionsspule) als auch in der formel U = dΦ/ dt umsetzen, wobei U die Spannung an der
Wicklung, deren Strom den Magnetfluss erzeugt (Selbstindukti- betrachteten Spule und Φ der von der Spule umfasste Fluss ist
on), eine Spannung hervorgerufen wird. ist ein geschlossener (je nach Wahl der Zählrichtung von U und Φ ist ein Plus- oder
Stromkreis vorhanden, kann ein induktionsstrom fließen. Hat ein Minuszeichen vor dΦ/dt zu setzen). Alle Generatoren reali-
man nun eine Wicklung mit eisenkern, wie z. B. bei der Zündspu- sieren die geforderte Flussänderung mithilfe einer Drehbewe-
le, der Lichtmaschine und dem Anlasser (erregerwicklung, An- gung. Diese Drehbewegung wird vom Träger des erregerfeldes
kerwicklung), so entstehen in diesem eisenkern bei Flussände- ausgeführt. ein steuerbarer elektromagnet stellt das erforderliche
rungen ebenfalls induktionsströme. Diese nennt man Wirbelströ- Magnetfeld zur verfügung.
me – der Name rührt von einer falschen vorstellung über die Weil sich die erforderlichen Magnetfeldänderungen periodisch
induktionsströme im eisenkern her, hat sich jedoch seit der ent- wiederholen, erzeugen alle Generatoren zwangsläufig Wechsel-
deckung der induktionsströme eingebürgert und erhalten. Dass spannungen, die zur versorgung des Bordnetzes und der Batterie
sich Wirbelströme im eisenkern einer Wicklung als Folge von gleichgerichtet werden müssen.
Flussänderungen ausbilden können, ist leicht einzusehen, wenn Alle Generatoren sind als Drehstromgeneratoren konzipiert.
man sich vorstellt, dass der eisenkern aus unendlich vielen kurz- Das bedeutet, ein erregerpolpaar induziert in drei verschiedenen
geschlossenen Windungen besteht, die sich im einzelnen genau Ankerspulen jeweils eine Wechselspannung. Die Drehzahl der
so verhalten wie eine induktionsspule. Nun wissen wir aber, dass Fahrzeuggeneratoren ist in einem festen Übersetzungsverhältnis
jede induzierte Spannung der Flussänderung entgegenwirkt, an die Motordrehzahl gekoppelt. Um zu verhindern, dass sich die
durch die sie erzeugt wird, und dass die induktionsströme als ständig ändernde Drehgeschwindigkeit und die schwankende
Folge der induzierten Spannungen einen Magnetfluss hervorru- Leistungsabgabe auf die Spannungshöhe auswirken, muss ein
fen, der dem ursprünglichen Fluss ebenfalls entgegenwirkt. Die Spannungsregler über den erregerstrom den Magnetfluss anpas-
Wirbelströme verzehren also energie und würden den Wirkungs- sen. Der erforderliche lastabhängige thermische Überlastschutz
grad der elektrischen Geräte sehr herabsetzen, wenn man nicht lässt sich bei Klauenpolgeneratoren über die Auslegung des
ein Mittel hätte, die entstehung der Wirbelströme zu verhindern Magnetkreises konstruktiv berücksichtigen. Jedes Generatorsys-
oder mindestens ihre Wirkungen sehr stark einzuschränken. Um tem setzt sich aus einem Bauteil als Träger des erregerfeldes,
die Wirbelströme so niedrig wie möglich zu halten, verwendet einer Drehstromwicklung mit Blechpaket, einer Drehstromgleich-
man bei elektrischen Geräten keine massiven eisenkerne, sondern richtung und einer regeleinrichtung zur Spannungsanpassung
stellt diese Kerne aus einzelnen Blechlamellen her, die unter sich zusammen. Alle Pkw-, die meisten Nfz- und inzwischen auch
isoliert sind (dünner Papierbelag oder Lackschicht). Die Stärke immer mehr Motorradgeneratoren sind als Klauenpolgeneratoren
der Blechlamellen bewegt sich im Allgemeinen zwischen 0,3 und ausgeführt (Bild 4). Aufbau und Ausformung des Polrades legen
0,5 mm. Solche lamellierten eisenkerne – Kerne von erregerspu- diese Bezeichnung nahe.

Servicetechniker 35
Bild: Archiv
Bild 4

Schaubild eines
klassischen Dreh-
stromgenerators.

36 kfz-betrieb
Bordnetz/Vernetzung/Kommunikation

Die Stirnflächen der stromdurchflossenen erregerwicklung sind Bild 5


deren Magnetpole. Die beiden Klauenpolhälften verstärken das
erregermagnetfeld und führen es in das Statorblechpaket und
nehmen es von diesem wieder auf. Die Polzahl eines Generators
ist ein Kompromiss. Je höher die Polzahl gewählt wird, umso
höher ist einerseits die volumenleistung, andererseits steigen mit
der Polzahl die verluste durch magnetische Streuung. Die weitaus
meisten Klauenpolgeneratoren sind 12-polig ausgelegt, d. h., sie
besitzen sechs Polpaare. Klauenpolgeneratoren für hohe Strom-

Bild: Archiv
abgaben und mit entsprechend großem Durchmesser gibt es
auch in 16-poliger Bauweise. Das Statorblechpaket mit Stator-
wicklung und das erregerpolrad müssen elektromagnetisch und Wellenwicklung des Drehstromgenerators.
geometrisch aufeinander abgestimmt sein. eine Drehstromwick-
lung setzt sich aus drei einzelspulen zusammen. eine einzelspu- Bild 6
le heißt Strang. Strang 1 ist die Bezeichnung U, Strang 2 die
Bezeichnung v und Strang 3 die Bezeichnung W zugeordnet.
Das Statorblechpaket eines 12-poligen Generators hat 36
Nuten, für jedes Polpaar sechs. Die Wicklungen sind in der regel
als Wellenwicklung ausgelegt. Der Generator verfügt somit über
sechs einzelne Drehstromwicklungen, deren Stränge aufgrund
der Wicklungsart zwangsläufig in reihe geschaltet sind. in den
Bildern ist die Abwicklung des Statorblechpaketes dargestellt

Bild: Archiv
und der Übersicht wegen auf 18 Nuten begrenzt. Die jeweils
eingezeichnete Wicklung verdeutlicht den Begriff Wellenwicklung
(Bild 5). Wellenwicklung des Drehstromgenerators.
Strang U der ersten Drehstromwicklung verläuft von Nute 1
nach Nute 4. Der in reihe geschaltete Strang U der zweiten Bild 7
Drehstromwicklung verläuft von Nute 7 nach Nute 10 usw. Beim
12-poligen Generator mit 36 Nuten endet dieser Strang in Nute
34. Dem Abstand A in der Abwicklung entspricht beim 12-poli-
gen Generator in der realität ein Polraddrehwinkel von 360°/
6 (Polpaare) = 60° (pro Polpaar). Deshalb wiederholen sich nach
jeweils 60° Drehwinkel die Ummagnetisierungsperioden.
Der zweite Strang (v) der ersten Drehstromwicklung beginnt
nach 1/3 von 60°, also nach 20°. Somit verläuft Strang v der

Bild: Archiv
ersten Drehstromwicklung von Nute 3 nach Nute 6. Der in reihe
geschaltete Strang v der zweiten Drehstromwicklung verläuft
von Nute 9 nach Nute 12 usw. er endet beim 12-poligen Gene- Wellenwicklung des Drehstromgenerators.
rator in Nute 36 (Bild 6).
Der dritte Strang (W) der ersten Drehstromwicklung beginnt Bild 8
nach 2/3 von 60°, also nach 40°. Somit verläuft Strang W der
ersten Drehstromwicklung von Nute 5 nach Nute 8. Der in reihe
geschaltete Strang W der zweiten Drehstromwicklung verläuft
von Nute 11 nach Nute 14 usw. Dieser Strang endet beim 12-po-
ligen Generator in Nute 2 (Bild 7).
Der Strang einer Drehstromwicklung hat etwa zwischen 10
und 30 Windungen. Das bedeutet, bei der Herstellung werden
Bild: Archiv

10 bis 30 einzelwellenwicklungen unterbrechungsfrei hinterein-


ander eingelegt. erst das ende der letzten Windung bildet den
Anschluss U2, v2 oder W2. insgesamt sind Windungszahl, Bord- 1 Luftspalt zwischen Polrad und Ständerblechpaket
2 relativ großer Abstand zwischen den Klauen des Polrades
spannungshöhe (14 v, 28 v) und Art der Strangverkettungen 3 Verlauf des Erregerfeldes durch die Zähne des Ständerblechpaketes
(Stern- oder Dreiecksschaltung), die maximale Stromabgabe und N Nordpolklauen des Polrades
der Leiterquerschnitt, die Länge des Statorblechpaketes und der S Südpolklaue des Polrades
Generatordurchmesser (Leistungsabgabe) sowie der Drehzahlbe-
reich aufeinander abgestimmt (Bild 8).

Servicetechniker 37
Bild 9 Der Strom, der in der Erregerwicklung fließt, heißt Erregerstrom.
Er erzeugt den zur Spannungserzeugung erforderlichen Magnet-
fluss. Dieser verlässt über die Nordpolklauen das Polrad und wird
von den gegenüberliegenden Zähnen des Ständerblechpaketes
aufgenommen und so durch die Ständerspulen geführt. Durch
die Blechpaketzähne, denen Südpolklauen des Polrades gegen-
1 Gehäuse überliegen, verlässt der Magnetfluss wieder das Ständerblechpa-
2 Drehstromwicklung
3 Statorblechpaket
ket und gelangt zurück in die Erregerwicklung. Um einen großen
4 Polrad Magnetfluss und damit einen hohen Wirkungsgrad zu erreichen,
5 Erregerwicklung wird der Luftspalt zwischen Polrad und Statorblechpaket mög-
6 Lüfter lichst klein gehalten. Zwischen den Klauen des Polrades dagegen
7 elektronischer
Spannungsregler
ist der Luftspalt relativ groß, um den magnetischen Streufluss
8 Kohlenhalter zwischen den Klauenpolen auf ein Minimum zu reduzieren.
9 Schleifringe Der grundsätzliche Aufbau eines herkömmlichen Drehstrom-

Bild: Archiv
10 Gleichrichterdiode generators (Bild 9) ist zwar bis heute im Wesentlichen unverän-
dert, aber vielfältige technische Verbesserungen und Optimie-
rungen spielen bei der Konzipierung des Pflichtenheftes neuer
Bild 10 Generatorversionen eine wichtige Rolle. Zu diesen Verbesserun-
gen gehören die Erhöhung der Ausgangsleistung im unteren
Drehzahlbereich, die Reduzierung der Laufgeräusche (Luftküh-
lung oder Wasserkühlung) und der magnetisch verursachten
Geräusche, die mechanische Stabilität (Schwingungsfestigkeit),
das Leistungsvolumen und das Leistungsgewicht, der Wirkungs-
grad, die Zahl der angestrebten wartungsfreien Betriebsstunden,
die Wärmeableitung, die Variabilität bezüglich der Komponen-
tenzusammenstellung (Wicklungen, Dioden, Regler, eventuell
Baukastenprinzip) und die Anpassung der Generatorelektronik
Bild: Archiv

an weitere Bordnetzparameter.
Moderne Klauenpolgeneratoren werden wegen ihres günstigen
Das Drehstromdiagramm mit seinen drei Phasen. Leistungsvolumens häufig Compact-Generator genannt. Ihre
Unterschiedsmerkmale gegenüber der herkömmlichen Bauweise
Bild 11 sind zwei kleinere, geräuscharme Lüfter, kleinere Schleifringdurch-
messer, die eine höhere Maximaldrehzahl zulassen (bis 22.000/
min) und längere Wartungsintervalle.

Dreiphasenwechselspannung
Sinusförmige Dreiphasenspannung
Das rotierende Polrad erzeugt in jedem Strang eine eigene Wech-
Bild: Archiv

selspannung. Die gleichmäßige räumliche Versetzung der drei


Stränge hat eine gleichmäßige zeitliche Versetzung der drei
Schaltbild einer Sternschaltung. Strangspannungen zur Folge. Der Einfachheit halber legen die
folgenden Erläuterungen einen sinusförmigen Spannungsverlauf
Bild 12 zugrunde. Meist sind die drei Wechselspannungen jedoch stark
von Oberwellen mit lastabhängigen Frequenzen und Amplituden
überlagert. Die im Strang V erzeugte Wechselspannung Uv ist
gegenüber Uu aufgrund der räumlichen Versetzung der Strang-
spulen zeitlich um ωt = 120° nacheilend. Die Wechselspannung
Uw im Strang W ist gegenüber Uu aufgrund der räumlichen Ver-
setzung der Strangspulen zeitlich um ωt = 240° nacheilend.
Wenn alle drei phasenverschobenen Strangspannungen in
Bild: Archiv

einem Diagramm dargestellt werden, spricht man vom Dreh-


stromdiagramm, auch wenn Spannungen und keine Ströme dar-
Schaltbild einer Dreiecksschaltung. gestellt werden. Wie das Bild zeigt, haben nach jeweils 45° zwei
Spannungen den gleichen Momentanwert unabhängig davon,

38 kfz-betrieb
Bordnetz/Vernetzung/Kommunikation

welchen mechanischen Drehwinkel der rotor des Generators Dieser Minusanschluss ist mit dem Generatorgehäuse verbun-
ausführt. Um eine Wechselspannungsperiode zu erzeugen, wer- den oder hat eine zusätzliche leitende verbindung (kleines Mas-
den einer Sinusperiode 360° zugeordnet. Der dargestellte Span- seband) zum Motorblock. Damit ist der Generator-Minusanschluss
nungsabschnitt entspricht in einem 12-poligen Drehstromgene- mit der Fahrzeugkarosserie elektrisch verbunden, die deshalb als
rator 60°-rotordrehung und wiederholt sich innerhalb einer rückleitung zwischen verbraucher und Generator dienen kann.
vollständigen Umdrehung sechsmal (Bild 10). Hier können allerdings 28-v-Nfz eine Ausnahme bilden, weil
Drei Stränge haben sechs Anschlüsse. Diese müssen im Zu- diese Fahrzeuge seltener die Karosserie als rückleitung benutzen.
sammenhang mit der Gleichrichtung so verschaltet werden, dass Für die Minusseite der Stromkreise verwenden diese Fahrzeuge
gleichstromseitig zwei Anschlüsse übrig bleiben, nämlich ein eine isolierte Leitung, deren Querschnitt an die Stromstärken der
Plus- und ein Minusanschluss. Je nach verschaltung der drei jeweiligen verbraucher angepasst ist. Der Starterhauptstromkreis
Stränge spricht man von der Stern- oder von der Dreiecksschal- ist beispielsweise mit 70 mm2 Querschnitt nicht nur für die Plus-,
tung. Bei der zeichnerischen Anordnung der drei Stränge wird sondern auch für die Minusleitung ausgestattet. Mit zunehmen-
dabei häufig auf die zeitliche gleichmäßige versetzung der drei der erhöhung der Generatorleistung steigen auch die Ansprüche
Strangspannungen zurückgegriffen. Die Zuordnung von Strang- an die thermische Belastbarkeit der eingebauten Gleichrichter-
und Anschlussbezeichnung bleibt unabhängig von der Schal- dioden. Wenn beispielsweise die Durchlassspannung einer hoch
tungsart erhalten. belasteten Generatordiode bei 1,5 v liegt und der Generator
Spulenanschluss Strang U Strang V Strang W 150 A abgibt, dann liegt die verlustwärmeleistung Pv der kom-
Anfang U1 v1 W1
pletten Gleichrichtung bei Pv = 2• Uv• i = 450 W. Diese Wär-
meleistung muss sicher an die Umgebung abgeleitet werden.
ende U2 v2 W2
Bekanntlich sind die Stückzahl, die entwicklungskosten und
die erstellung neuer Fertigungsteile ein ausschlaggebender Fak-
Bei der Sternschaltung sind die drei enden der Stränge mit- tor bei der Preisgestaltung eines Produkts. Deshalb ist es bei
einander verbunden. Der gemeinsame Anschluss heißt Sternpunkt leistungsstarken Generatoren ökonomischer, zwei bewährte, klei-
oder Mittelpunkt (MP). Zwischen den wegführenden Leitungen nere Dioden parallel zu schalten, als größere neu zu entwickeln
(L1, L2, L3) sind die Leiterspannungen messbar (Bild 11). und in kleineren Stückzahlen zu produzieren. entsprechend be-
Bei der Dreieckschaltung ist das ende des ersten Stranges mit steht eine Sechspuls-Gleichrichterschaltung häufig aus zwölf
dem Anfang des zweiten verbunden. Das ende des
zweiten Stranges mit dem Anfang des dritten und
das ende des dritten Stranges wieder mit dem An-
fang des ersten (Bild 12). Bild 13
vergleichend gilt: Bei der Sternschaltung erhöht
sich durch die verkettung der Stränge die Leiterspan-
nung gegenüber der Strangspannung um den Faktor
v3 (effektivwerte). Bei der Dreiecksschaltung erhöht
sich der Leiterstrom gegenüber dem Strangstrom um
diesen Faktor.

Gleichrichtung der
Bild: Archiv

Dreiphasenwechselspannung
Sechspuls-Gleichrichtung Schaltbild einer Sechspuls-Gleichrichtung.
Unter der voraussetzung, dass die drei Strangspan-
nungen Sinusform haben, verlaufen auch die drei Bild 14
Wechselspannungen sinusförmig, die zwischen den
drei Leitern (L1, L2 und L3) messbar sind. Diese Lei-
terspannungen sind allerdings gegenüber den
Strangspannungen phasenverschoben. Diese Pha-
senverschiebung hat jedoch auf die Qualität der
gleichgerichteten Spannung keinen einfluss. Für die
Gleichrichtung der drei Leiterspannungen wird die
Sechspuls-Gleichrichterschaltung angewandt. Der
Bild: Archiv

mit einem Pluszeichen markierte Ausgang entspricht


beim Drehstromgenerator dem Anschluss B+, der
mit dem Minuszeichnen markierte dem Anschluss Schaltbild einer Sechspuls-Gleichrichtung mit zwölf Z-Dioden.
B-, häufig auch mit G- bezeichnet (Bild 13).

Servicetechniker 39
Bild 15 Bild 16

Foto: Archiv
Erregerspule im Klauenpolrad, G1 Drehstromgenerator mit integriertem Regler, G2 Fahrzeugbatterie, H Generatorkontrollleuchte, IC Reglerlogik, L1...L3 Leiter
der in Stern geschalteten Drehstromwicklung, N elektronischer Spannungsregler, R, L, C Bordnetz, S Fahrtschalter, V1...V3, Plusdioden der Sechspulsgleich-
richtung, V4 ... V6 Minusdioden der Sechspuls-Gleichrichtung, V7 ... 9 zusätzliche Dioden zum Anschluss D+ (Erregerdioden), V10 Treiberstufe im Span-
nungsregler, V11 Freilaufdiode im Spannungsregler.

Dioden. Die Weiterentwicklung von preisgünstigen Z-Dioden wicklung zu einer Dreiecksschaltung zusammengefasst, dann
brachte es mit sich, dass zum Überspannungsschutz in der muss der Höchstwert der Strangspannung bereits 17,3 V betragen,
Sechspuls-Gleichrichtung diese Diodenart Standard wurde (Bild damit die Leiterspannaugen zwischen 15 V und 17,3 V pulsieren.
14). In der Realität hat die Strangspannung bei Fahrzeug-Drehstrom-
generatoren keinen reinen Sinusverlauf. Unter Berücksichtigung
Ausgangsspannung einer Sechspuls-Gleichrichtung des Spannungsfalls in den jeweils stromführenden Gleichrichter-
Die Dioden einer Sechspuls-Gleichrichterschaltung bewirken, dass dioden entsteht als Generatorausgangsspannung eine leicht
nur der Leiter Strom in die Plusleitung speisen kann, dessen Po- pulsierende Spannung mit beispielsweise etwa 14 V als Mittel-
tenzial gerade am positivsten ist, und nur der Leiter Strom auf- wert.
nehmen kann, dessen Potenzial gerade am negativsten ist. Für
die Herleitung der Höhe der Gleichrichter-Ausgangsspannung Spannungsregelung herkömmliche Systemen
werden die folgenden Vereinfachungen und Vereinbarungen
getroffen: Aufgabe der Regeleinrichtung
„ Die Strangspannung hat tatsächlich sinusförmigen Verlauf, In herkömmlichen Systemen, die ohne computergesteuertes Ener-
„ die Stränge sind als Stern geschaltet, giemanagement arbeiten, muss schaltungstechnisch ermöglicht
„ die Amplitude der Strangspannung beträgt 10 V, werden, dass die Erregerwicklung des Generators mit Beginn des
„ der Spannungsfall in den Dioden wird vernachlässigt, Startvorgangs genügend Erregerstrom aufnehmen kann, um ge-
„ es ist keine Batterie angeschlossen, die glättend wirkt und gen Ende des Hochlaufs, kurz vor Erreichen der Leerlaufdrehzahl,
„ der Spannungsregler akzeptiert die Spannungsschwankung, in die Eigenerregung überzugehen. Diese Phase heißt Vorerre-
ohne korrigierend einzugreifen. gung.
Während des Motorstandlaufs und während der Fahrt muss
Mithilfe des Drehstromdiagramms sind die folgenden Zusam- der Spannungsregler verhindern, dass sich die Generatoraus-
menhänge ableitbar: gangsspannung mit der Drehzahl ändert und dass sie von der
Bei ωt = 0o ist der Momentanwert für Uw = 10 V – V3/2 = Generatorbelastung abhängt. Wenn bei Betrieb mit vielen ein-
8,666 V und der Momentanwert für Uv = –8,666 V, sodass Umax geschalteten Verbrauchern oder mit tief entladener Batterie der
= 17,333 V beträgt. Bei ωt = 30° ist der Momentanwert für Uw Generatorausgangsstrom den maximal zulässigen Wert über-
= Uv= 10 V/2 = 5,0 V und für Uv = –10,0 V, sodass Umin = 15,0 V schreiten will, muss ein Schutzmechanismus durch Reduzieren
beträgt. Die Ausgangsspannung eines Drehstromgenerators mit der Generatorausgangsspannung die Stromaufnahme des Bord-
sinusförmiger Strangspannung und Sechspuls-Gleichrichtung ist netzes auf den Wert begrenzen, den der Generator thermisch
somit eine Mischspannung, die pro Wechselspannungsperiode verkraften kann. Der Generatorbetrieb lässt sich somit in die drei
sechs Impulse abgibt. Die Ausgangsspannung schwankt somit Betriebszustände Vorerregung, Regelbetrieb mit I < Imax und
zwischen 15,0 V und 17,3 V. Sind die drei Stränge der Drehstrom- Regelbetrieb mit I= Imax unterteilen (Bild 15, 16).

40 kfz-betrieb
Bordnetz/Vernetzung/Kommunikation

Aus dem Schaltbeispiel ist ersichtlich, dass die erregerspule die Treiberstufe v10 und die Minusdiode, deren angeschlossener
(e) plusseitig ihren Strom über die erregerdioden (v7 bis v9) aus Leiter gerade am negativsten ist (v4 oder v5 oder v6), zurück
der Drehstromwicklung beziehen kann. Minusseitig wird sie von zur Drehstromwicklung.
v10 gesteuert. Der Anschluss D+ stellt einen von der Batterie- Bei herkömmlichen Anlagen überschreitet im unteren Dreh-
spannung entkoppelten zweiten Plusausgang für Mess-, Steuer- zahlbereich der istwert der Generatorspannung den Sollwert noch
und regelzwecke dar. Die dargestellte Schaltung wird als Minus- nicht. Systeme, wie sie das Schaltbild darstellt, kennen nur einen
regelung bezeichnet, weil sich die regler-Treiberstufe (v10) im Sollwert. er liegt je nach Fahrzeughersteller zwischen 13,5 v und
erregerstromzweig zwischen erregerspule und Minusanschluss 14,5 v bzw. 27 v und 28 v. Deshalb bleibt im unteren Drehzahl-
befindet. Beim Starten und während des Hochlaufs muss der bereich die Treiberstufe v10 dauernd leitend. es fließt der größt-
Generator fremd vorerregt werden, weil der restmagnetismus im mögliche erregerstrom. Sobald bei Drehzahlanhebung der istwert
Polradeisen aus Gründen der regelbarkeit niedrig gehalten wird. den Sollwert überschreitet, geht v10 in den Sperrzustand über,
Mit dem geringen restmagnetismus erreicht die erzeugte Span- und das erregerfeld bricht zusammen. Die eingebaute Freilauf-
nung im untersten Drehzahlbereich nicht den Durchlassspan- diode v11 verzögert jedoch den Feldabbau in der erregerwicklung
nungswert der Dioden. Bei geschlossenem Fahrtschalter fließt so, dass keine Abschaltspannungsspitze entsteht, sondern das
vorerregerstrom von G2/+30 über S/30, S/15, H, D+, e, DF, Potenzial an DF lediglich um den Durchlassspannungswert der
v10, B-, Karosserie (Masse) zurück zu G2/-31. Diode v11 über das Potenzial an D+ ansteigt. Nach beispielswei-
Die Generatorkontrolllampe leuchtet hell. Falls als Generator- se 2 bis 3 Millisekunden unterschreitet der istwert den Sollwert,
kontrolle eine LeD eingesetzt wird, wird dieser ein Widerstand und v10 leitet wieder. in Bild 17 ist das Zusammenspiel zwischen
parallel geschaltet, damit genügend vorerregerstrom fließt. Bei Drehzahl, ein- und Ausschaltverhältnis sowie mittlerer erreger-
großen Generatoren erhalten auch 2-W-Generatorkontrollleuch- stromstärke dargestellt.
ten aus diesem Grund einen Parallelwiderstand. Wenn der Motor Der erregerstrom ändert sich aufgrund der Spuleninduktivität
gestartet wurde, geht das System in den regelbetrieb über. So- nach einer exponentialfunktion. Für die Zeitkonstante gilt r = L
bald beim Hochlauf die Wechselspannungen der Drehstromwick- i r, wobei L die Gesamtinduktivität und r der Gesamtwiderstand
lung die Durchlassspannung der Dioden erreichen, erzeugt der des erregerstromkreises ist. Der Abschnitt (A) zeigt die verhält-
Generator selbst den erforderlichen erregerstrom, und er geht in nisse, wie sie für den unteren Drehzahlbereich zutreffen. Der
die eigenerregung über. Dabei erreicht das Potenzial an G 1/D+ endstufentransistor v10 ist jeweils relativ lange leitend. es stellen
etwa den Wert an der Klemme G2/+30, und die Generatorkon- sich ein größerer erregerstrom und damit ein stärkeres erregerfeld
trollleuchte H erlischt. Die momentane Polradstellung, im Dreh- ein. Der Abschnitt (B) zeigt die verhältnisse bei hoher Drehzahl,
stromdiagramm, symbolisiert durch ωt, bestimmt, welcher der v10 sperrt länger, als er leitet. Bei hoher Drehzahl genügt ein
drei Leiter am positivsten und welcher am negativsten ist. ent- schwächerer Magnetfluss. es stellen sich deshalb ein kleinerer
sprechend dieser Situation verlässt der erregerstrom über die am erregerstrom und damit ein schwächeres erregerfeld ein. Die
positivsten Leiter angeschlossene erregerdiode den Drehstrom- unterschiedlichen Zeiten für Sperren und Leiten sind durch die
bereich und fließt über die erregerwicklung e, die Klemme DF, charakteristik der exponentialfunktion bedingt, denn die erfor-
derliche Dauer der einschalt-
bzw. Ausschaltzeit hängt da-
von ab, in welchem Teil der
Bild 17 Kurve sich die mittlere erreger-
stromstärke befindet.
im unteren Teil der Kurve ist
der Anstieg steiler, im oberen
das Absinken. entsprechend
sind die einschalt- oder die
Ausschaltzeiten kürzer. Des-
halb ist dieses Tastverhältnis
ein Maß dafür, wie groß der
erregerstrom ist. Zu beachten
ist auch, dass die Zeitkonstan-
te r davon abhängt, ob die
Treiberstufe v10 leitet oder
sperrt, weil bei leitender Trei-
berstufe der erregerstromkreis
Bild: Archiv

nicht identisch mit dem erre-


gerstromkreis bei sperrender
Schaltzustand des Generatorreglers. Treiberstufe ist. Damit beein-
flusst auch die zugrunde lie-

Servicetechniker 41
Bild 18 Bild 19

Foto: Archiv
Bild: Archiv
A Reglerelektronik (IC), C Entstörkondensator, E Erregerwicklung des Klauenpolrades, G1 Drehstromgenerator, G2 Fahrzeugbatterie, H Meldelampe/Fehler-
lampe, K Verbraucher-Steuerrelais, L Drehstromwicklungen im Generator (Stern- oder Dreiecksschaltung), N Mehrfunktionsregler (Multifunktionsregler), R/L
Bordnetzanlagen, S1 Fahrtschalter, S2, S3 Schalter im Bordnetz, V1, V2 Z-Dioden als Gleichrichterdioden, V3 Steuertransistor (FET) zur Steuerung des Erre-
gerstromes (plusseitige Steuerung), V4 Freilaufdiode, V5 u. V6 steuerbarer Spannungsteiler für die L-Leitung, V7 u. V8 steuerbarer Spannungsteiler für die
W-Leitung, V9 Steuertransistor für das DFM-Signal, X2 Schnittstelle Regler, 15 Ausgangsklemme des Fahrtschalters, DF Dynamo-Feld, DFM DFMonitor (DF-
Tastsignal), L Anschluss für Steuerleitung, S Sense (Information über die Höhe des Pluspotenzials an der Batterie), V Informationsleitung Generatordrehzahl
für die Reglerelektronik, W Informationsleitung Generatordrehzahl für das Bordnetz, X 1 Plusstützpunkt.

gende Induktivität L und der ohmsche Widerstand R den Verlauf Um dies zu erreichen, wird in Ergänzung zum Effekt der An­
des Erregerstromes. kergegenspannung die Ankerrückwirkung ausgenutzt. Das Mag­
Der Spannungsregler stabilisiert die Generatorausgangsspan­ netfeld des Laststromes bildet mit dem Polradfeld ein resultie­
nung und schützt somit die Verbraucher vor zu hoher Spannung. rendes Gesamtfeld, das gegenüber dem reinen Polradfeld räum­
Der Generator selbst muss in erster Linie vor zu hoher thermischer lich verschoben ist. Einzeln betrachtet, haben Erregerfeld und
Belastung geschützt werden. Ursache für die thermische Belas­ Polradstellung eine lastabhängige gegenseitige Zuordnung. Dies
tung eines Generators ist hauptsächlich die vom Laststrom ver­ hat zur Folge, dass in jedem Bereich der mehrfach vorhandenen
ursachte Verlustwärme. Diese lässt sich durch die Begrenzung Drehstromwicklungen in einigen Statorblechpaketzähnen mit
der maximalen Stromabgabe einschränken, denn die Stromab­ steigender Stromabgabe das Erregerfeld und das vom Laststrom
gabe eines Generators richtet sich nach der Gleichung I = U/R, erzeugte Magnetfeld sich immer mehr entgegenwirken, insge­
wobei U die Generatorklemmenspannung und R den Gesamtwi­ samt also eine Feldschwächung eintritt. Gleichzeitig unterstützen
derstand aller eingeschalteten Verbraucher repräsentieren. sich in anderen Zähnen zwar die beiden Felder, aber weil hier die
Bei Klauenpolgeneratoren ist es nicht üblich, dass zur Vermei­ Zähne bereits in der magnetischen Sättigung sind, erhöht sich
dung zu hoher Generatoreigenwärme Verbraucher abgeschaltet das Gesamtfeld nicht. Dieser Effekt heißt Ankerrückwirkung und
oder reduziert angesteuert werden, denn der Klauenpolgenerator wirkt sich wie eine Zurücknahme des Erregerstromes aus. Die
ist so konstruiert, dass er bei Erreichen der Maximalstromstärke Ankerrückwirkung verformt und verschiebt den Verlauf des wirk­
seine Ausgangsspannung so weit wie nötig selbst reduziert. Da­ samen Erregerfeldes. Dies hat aber auch zur Folge, dass bei ho­
mit begrenzt er seine Stromabgabe und ist vor zu hoher Eigen­ her Stromentnahme die Magnetfeldänderungen in der Dreh­
wärme geschützt. Um diese Spannungsabsenkung zu realisieren, stromwicklung einen veränderten zeitlichen Verlauf nehmen und
bieten sich die Ankergegenspannung und die Ankerrückwirkung die induzierte Spannung extrem von einem sinusähnlichen Ver­
an. Die Ankergegenspannung wirkt gegen die induzierte Gene­ lauf abweicht. Die Grundschwingung bleibt zwar eine Sinuskur­
ratorspannung und reduziert somit die Generatorausgangsspan­ ve, aber sie ist von einer Vielzahl unterschiedlicher Oberwellen
nung. Mit zunehmender Stromabgabe erhöhen sich die Gegen­ überlagert.
spannung und deshalb der innere Spannungsfall, d. h., die Aus­
gangsspannung geht zurück. Das bedeutet aber auch, dass mit Generatorsysteme mit Mehrfunktionsregler
zunehmender Belastung der Erregerstrom steigen muss, damit In der Fahrzeugtechnik steigt laufend der Bedarf an elektrischer
die Ausgangsspannung konstant bleibt. Man kann den Genera­ Energie. Gleichzeitig ist der konkrete Bedarf situationsbedingt
tor so auslegen, dass exakt mit dem Erreichen der Maximalstrom­ extrem unterschiedlich. Aus ökonomischen Gründen ist der Fahr­
stärke die Generatorausgangsspannung knickartig einbricht. zeughersteller zunächst daran interessiert, mit der Generator­

42 kfz-betrieb
Bordnetz/Vernetzung/Kommunikation

Nennleistung an die untere Grenze zu gehen, um dann in ,,Stoß- regler zusätzliche Funktionen, auf die im Folgenden exemplarisch
zeiten“ die Batterie zur Abdeckung des energiebedarfs heranzu- eingegangen wird. Stand der Technik ist, dass jede Fahrzeugelek-
ziehen. Zurückliegende erfahrungen zeigen, dass man selbst bei tronik mit einem Störfilter ausgestattet ist, so auch der Mehr-
hochtourigen Autobahnfahrten die Batterie „leerfahren“ kann, funktionsregler. Für viele im Nachfolgenden beschriebene Situa-
wenn genügend verbraucher eingeschaltet sind. Dies könnte sich tionen benötigt die reglerelektronik die Generatordrehzahl als
in sicherheitskritischen Situationen verhängnisvoll auswirken. Um mitentscheidende information (Leitung v). Bereits mit dem Start
in einem ersten Schritt diesem Dilemma entgegenzuwirken, sind ist es wichtig, dass die reglerelektronik die Drehbewegung des
inzwischen viele Fahrzeughersteller dazu übergangen, ein Gene- Generatorläufers erkennt. Die informationsleitung v ist beispiels-
ratorregelsystem einzusetzen, das dem energiemanagement weise direkt mit dem Strang v der Drehstromwicklung verbunden.
wichtige informationen mitteilen kann und das eigenständig in Zwischen ihm und der Masse (B-) ist eine immer positiv bleiben-
die energieverwaltung des Fahrzeugs eingreift. Bei der herkömm- de Mischspannung messbar, deren Maximalwert dem Höchstwert
lichen Generatorregelung erhält der Spannungsregler über das der Potenzialdifferenz zwischen Leiter L2 und Masse entspricht
Potenzial an der Generatorklemme D+ zwar einen von der Bat- und deren überlagerte Frequenz sich drehzahlsynchron ändert.
terie entkoppelten Spannungsistwert, aber die regeleinrichtung Für die Bordnetzelektrik stellt der regler an Klemme X2/W ein
kennt nicht den istwert an der Batterie. Drehzahlsignal zur verfügung, das vom abgefragten Strang v
Dieser hängt nicht nur von der Generatorausgangsspannung der Drehstromwicklung entkoppelt ist.
ab, sondern auch vom Gesamtspannungsfall in den Leitungen Zwischenzeitlich haben Kfz-Generatoren eine so hohe Nenn-
und den Kontaktstellen des Ladestromkreises. Während der ein- leistung, dass sie bei konstanter, größtmöglicher Fremderregung
mal festgelegte Leitungsquerschnitt und die gewählten ver- zunächst dem Starter und dann beim Hochlauf dem verbren-
schraubungen im Laufe eines Autolebens meist nicht mehr ab- nungsmotor zu sehr „zur Last fallen“. Um den erregerstrom in
geändert werden, entscheidet jedoch der Batteriezustand über dieser Situation zu reduzieren, taktet der Mehrfunktionsregler
die Ladestromstärke und die mit zunehmendem Fahrzeugalter den Transistor v3 gerade so, dass der Generator während des
ebenfalls zunehmenden korrosionsbedingten Übergangswider- Hochlaufs noch in den Zustand der eigenerregung übergeht.
stände darüber, wie hoch die Ladespannung an den Batteriepo- Diesen eingriff nennt man gesteuerte vorerregung. Da sich v3
len letztlich ist. Nachdem zumindest im Pkw-Bereich ausschließ- auf der Plusseite der erregerwicklung befindet, handelt es sich
lich wartungsfreie Batterien eingesetzt werden, darf die Batte- um eine Plusregelung. H (angesteuert von v6) leuchtet, solange
riegasungsspannung unter keinen Umständen erreicht werden. der Generator fremderregt wird.
Folglich legt man den Sollwert der Generatorspannung deutlich Der Mehrfunktionsregler verfügt über ein weiteres Steuerpro-
unter 14,5 v. Die Gasungsspannung wird allgemein mit 2,4 v pro gramm, das als Load-response bezeichnet wird. Dies ist eine vom
Zelle, also mit 6 x 2,4 v = 14,4 v für
eine Batterie angenommen.
Bisher betrug der Sollwert der
Generatorausgangsspannung ins- Bild 20
besondere bei Fahrzeugen der Mit-
tel- und der Oberklasse etwa 13,5 v,
was häufig zur Folge hatte, dass bei
solchen Fahrzeugen die Batterie-
ruhespannung kaum 12 v betrug.
Mit dem einsatz eines Mehrfunkti-
onsreglers (Multifunktionsreglers)
als Generatorregler wird dem be-
schriebenen Dilemma deutlich ent-
gegengewirkt. Das Schaltbeispiel
verdeutlicht den abgeänderten Auf-
bau und erweiterten Umfang einer
Generatorregeleinrichtung mit
Mehrfunktionsregler verglichen mit
einem herkömmlichen System (Bild
18, 19).
Generator und regler sind räum-
lich getrennt. Den erforderlichen
Bild: Archiv

erregerstrom bezieht der regler


über B+. es sind somit keine erre-
gerdioden erforderlich. Neben der DFM-Signal mit Oszilloskop gemessen.
Spannungsregelung übernimmt der

Servicetechniker 43
Betriebszustand abhängige gesteuerte Drehmomentaufnahme Leistungsbedarf des Generators den Antriebsmotor nicht sprung-
des Generators und stellt die Fortsetzung der gesteuerten Vorer- haft. Diese Maßnahme wird auch als „weiche Lastzuschaltung“
regung dar. Zur Load-Response gehört im Hochlauf die gezielte oder „Rampenfunktion“ bezeichnet. Während bei der Load-Res-
Steuerung des Vorerregerstromes, sodass der Generator erst ab ponse-Funktion die mögliche Generatorleistung durch gezielte
einer bestimmten Drehzahl (Einschaltdrehzahl) Strom abgeben Erregerstromsteuerung variiert wird, kann der Multifunktionsreg-
kann. Das Steuerprogramm Load-Response arbeitet auch im ler über die Leitung L und das Relais K komplette Anlagenteile
Fahrbetrieb, wenn bei plötzlicher Lastzuschaltung der Istwert der drehzahl- und ladespannungsabhängig zuschalten und abkop-
Generatorspannung unter den Sollwert sinkt. Aufgrund der Load- peln.
Response-Funktion reagiert der Generatorregler verzögert und Die Leitung, die vom Plusstützpunkt X1 nach X2/S führt,
nicht sprunghaft. Dadurch belastet der Generator bei plötzlichem meldet der Reglerelektronik das elektrische Potenzial, das am
Stützpunkt X1 herrscht. Hieraus leitet die Reglerelektronik ab,
ob und in welche Richtung die Generatorspannung regelnd kor-
rigiert werden soll, um die Batterie möglichst voll zu laden oder
vor Gasung zu schützen. Falls die Sense-Leitung unterbrochen
Bild 21 wird, nimmt der Regler die Spannung an B+ als Ist-Richtwert
(Notregelung). Bei jedem Generatorregler ist das Tastverhältnis,
mit dem der Erregerstrom eingestellt wird, ein Maß für die Ge-
neratorauslastung. Der vorliegende Multifunktionsregler stellt
für die Auslastungsmeldung ein an X2/DFM messbares Rechteck-
Tastverhältnis zur Verfügung (DF-Monitor). Diese Meldung kön-
nen das Bordnetzmanagement oder das Motormanagement
verwerten, beispielsweise zur Stabilisierung der Leerlaufdrehzahl
oder zur gezielen Lastzuschaltung oder -wegnahme im Komfort-
bereich (elektrische Verbraucher!).
Bild: Archiv

Bild 20 zeigt eine 2-Kanal-Messung mit dem Werkstattoszil-


Schaltbild eines BUS-gesteuerten Generators. loskop von Bosch. Die rote Linie zeigt die Spannung am Anschluss
B+. Die blaue Line das Signal am DFM-Anschluss. Das Signal ist
Bild 22 nicht statisch, je nach Belastung des Generators ändert sich der
„Anteil der negativen Spannung“. Sollte das Signal nicht mehr
in Ordnung sein, wird im angeschlossenen Steuergerät ein ent-
sprechender Fehlerspeichereintrag gesetzt. Die Schwierigkeit in
der Praxis, um letztendlich den Fehlerort zu finden, dürfte aller-
dings sein, dass sich das Signal bei unterbrochenem Stromkreis
so nicht mit dem Oszi darstellen lässt. Oft wird dann aus dem
Steuergerät an dem entsprechenden PIN „nur“ Bordnetzspannung
ausgegeben.
Falls der Spannungsregler über seine integrierte Temperatur-
messung erkennt, dass er zu warm wird, reduziert er den Span-
nungssollwert. Somit gibt der Generator weniger Strom ab und
seine Eigenerwärmung geht zurück. Dieser Übertemperaturschutz
kann zulasten der Batterieladung gehen. Sobald der elektronische
Regler einen Fehler erkennt, schaltet V6 gegen Masse durch, und
die Fehlerlampe H leuchtet. Für den Mehrfunktionsregler sind
beispielsweise folgende Fehler erkennbar: Generatorausfall, z. B.
bei Keilriemenbruch, Unterbrechung oder Kurzschluss im Erre-
gerstromkreis, Reglerfehler, z. B. Endstufe fehlerhaft, Freilaufkreis
fehlerhaft, Bordnetzfehler, z. B. Überspannung, Unterbrechung
der Ladeleitung zwischen Generator und Batterie und Unterbre-
chung oder Masseschluss der Sense-Leitung.
Foto: Archiv

Busgesteuertes Generatorsystem
Busgesteuerte Generatorsysteme sind zwar noch nicht Standard,
Oftmals sind Generatoren „versteckt“ verbaut, eine Sichprüfung ent- werden aber bereits häufig eingesetzt. Bei dieser Technik reduziert
sprechend schwer bzw. aufwendig.
sich nicht nur die Zahl der Generatoranschlüsse, sondern es las-
sen sich auch alle im Fahrzeug vorhandenen Informationen au-

44 kfz-betrieb
Bordnetz/Vernetzung/Kommunikation

ßerhalb des Generators und dezentral Bild 23


verarbeiten, die in die Generatorsteue-
rung, Spannungsregelung und Fehlerer-
kennung einfließen.
Die Grafik (Bild 21) verdeutlicht
auch, wie sehr sich der Leitungsauf-
wand reduziert. Die Möglichkeiten, die
diese technische Lösung bietet, gehen
durch den einsatz weiterer Sensoren
(z. B. intelligenter Batteriesensor) und
einen umfassenden Datenaustausch
mit relevanten Steuergeräten im Fahr-
zeug über die des Multifunktionsreglers
hinaus.

Diagnosemöglichkeiten der kfz-


Werkstatt

Foto: Archiv
Die Praxis zeigt, dass die eigendiagno-
se elektronischer Systeme viele Fehler
nicht erkennen kann und außerdem Praktischer Volt-Ampere-Tester von Bosch.
Falschmeldungen liefert. Unterbre-
chungs- und Kurzschlussfehler werden
in der regel richtig erkannt. eine An-
häufung ungünstiger Toleranzgrenzwerte, also von Werten, die Diagnosemöglichkeiten im herkömmlichen Generator-
gerade noch in der Toleranz liegen, oder Werte, die falsch sind, system
aber als solche nicht erkannt werden, weil sie auch in intakten Der Keilriemen und der äußere Zustand aller Anschlüsse sind
Anlagen vorkommen, können zu störenden Fehlreaktionen eines unverzichtbare Bestandteile der Sichtprüfung. Bereits mit einem
Systems führen. in solchen Situationen muss die Kfz-Werkstatt einfachen Multimeter lassen sich viele Fehler finden. ein spezi-
mit ihren messtechnischen Möglichkeiten die Ursache suchen. eller Belastungstester, die Strommesszange und das Oszilloskop
Aber auch dann, wenn die eigendiagnose einen Fehler richtig vervollständigen die Diagnoseausrüstung. Das Bild 23 zeigt den
erkannt und gemeldet hat, sollte die Werkstatt den Fehler durch sogenannten volt-Ampere-Tester von Bosch. er wird bereits seit
eigene Messungen bestätigen. Jahrzehnten vertrieben und ist nach wie vor eine wertvolle Hilfe
Das Werkstattpersonal kann jedoch nur an messtechnisch bei der Diagnoseerstellung ist. ein vorteil ist der im Gerät integ-
zugänglichen Stellen messen und hieraus eine Diagnose ablei- rierte und einstellbare Belastungswiderstand.
ten. Am Anfang jeder Diagnose steht die Sichtprüfung, die
allerdings häufig schnell beendet ist, weil die relevanten Teile Diagnosemöglichkeiten einer Generatoranlage mit
nur nach umfangreicher Demontage von verkleidungen oder Mehrfunktionsregler
anderen Komponenten eingesehen werden können (anders bei Wie bereits beschrieben, verfügen Generatoranlagen mit Multi-
Bild 22). funktionsregler über eine eigendiagnose mit Fehlermeldung. Der
Deshalb nimmt die Befragung des Kunden eine immer wich- informationsgrad der Fehlermeldung und die Zugänglichkeit der
tigere rolle bei der Auftragsannahme und der eingangsdiagno- Messpunkte bestimmen, in welchem Umfang die Prüfmethoden
se ein. Jede unnötige Demontagearbeit und der anschließende einer Anlage mit herkömmlichem regler auf diese Systeme über-
Zusammenbau kosten die Werkstatt Geld, das der Kunde nicht tragbar sind. in der Praxis muss man bedenken, dass im Leerlauf
bezahlen will. mit rücksicht auf die aktuelle Leistungsaufnahme des Generators
Bei älteren Fahrzeugen ist eine Sichtprüfung häufig noch in (Ladezustand der Batterie) die Generatorausgangsspannung vom
größerem Umfang möglich, aber dafür verfügen deren Genera- üblichen Sollwert abweichen kann. Prüfkriterien für diese Anlage
torsysteme nicht über eine elektronische eigendiagnose. Lediglich sind die drehzahl- und lastabhängige Höhe der Generatoraus-
die Generatorkontrolllampe leuchtet auf, wenn der Spannungs- gangsspannung, der Spannungsfall auf der Ladeleitung zwischen
unterschied zwischen B+ und D+ den erforderlichen Strom fließen G1/B+ und X1 bzw. G2/+30, die Drehzahlinformation an X2/W,
lässt und die Lampe zum Leuchten bringt. Die vorgehensweise das Potenzial an X2/L, der Spannungsfall auf der Leitung zwi-
bei der Fehlersuche in der Werkstatt richtet sich nach verschie- schen X2/15 und S1/15, der Spannungsfall auf der Leitung
denen Aspekten. Dazu gehören das Alter des Fahrzeugs, bisher zwischen X2/S und X1 und das Tastverhältnis an X2/DFM.
gemachte erfahrungen mit dem betroffenen Modell, vorhandene
Serviceunterlagen, die Werkstattausrüstung und nicht zuletzt die
Fachkompetenz. Georg Selgrad

Servicetechniker 45
Weiterbildung

Servicetechniker
technik von Profis für Profis

Motor- und MotorManageMentsysteMe


Bordnetz, Vernetzung, KommuniKation
fahrzeug und koMfort
navigation, unterhaltung, infotainMent
fahrzeug und sicherheit
fahrzeug, reifen, fahrWerk
kraftstoffe und antriebe
instandsetzung und diagnose
sensoren, aktoren
Motor, abgase und uMWeltProbleMatik
antriebsstrang
fahrzeugsysteMe/Mechatronik

904/2014 www.kfz-betrieb.de 46
Bordnetz/Vernetzung/Kommunikation

Elektrische Ausrüstung – Teil 2

Im Wandel der Zeit


Elektrische Komponenten bilden seit vielen Jahrzehnten das technische Rückgrat unserer Autos

Bild: Bosch
Die elektrischen Bauteile eines Pkw aus den fünfziger Jahren – war da doch alles noch schön übersichtlich...

Die Lichtmaschnine, offiziell als Generator bezeichnet, versorgt seits muss der verbrennungsmotor nur auf eine relativ geringe
unsere Fahrzeuge mit dem zum „Leben“ notwendigen Strom – sie Startdrehzahl gebracht werden, andererseits ist es vorteilhaft,
generiert, sprich erzeugt, diesen. Teil zwei der reihe „im Wandel wenn der antreibende Starteranker gleichzeitig das 20- bis 60-
der Zeit“ befasst sich analog mit einem weiteren, „lebensnotwen- fache dieser Drehzahl erreicht, denn bei hoher Drehzahl ist die
digen“ Automobilbauteil, dem Starter – oder wie der volksmund rotationsenergie des Läufers hoch. So werden während der Hoch-
sagt: Anlasser. laufphase kompressions- und dekompressionsbedingte Belas-
Otto- und Dieselmotoren müssen zur inbetriebnahme aus dem tungsschwankungen besser abgefangen. Abgesehen davon kann
Stillstand heraus auf ihre Startdrehzahl gebracht werden. in der ein höhertouriger elektromotor raum-, gewichts- und kostengüns-
Startphase muss der Starter hohe reibungs- und verdichtungs- tiger die geforderte Nennleistung erbringen. Die hohe Anker-
momente überwinden. in Fahrzeugen übernimmt ein elektrostar-
ter diese Aufgabe.
Gleichstrommotoren kommen als elektrostarter deshalb be- inhalt
sonders infrage, weil sie im einschaltaugenblick ihr größtmögli- Elektrische Kfz-Komponenten – der Starter
ches Drehmoment entwickeln und deshalb trotz relativ kleiner
Nennleistung innerhalb von einer Sekunde den verbrennungs-  Der Reihenschlussmotor 49
motor in den Selbstlauf versetzen können.  Der Startvorgang 50
in Grenzsituationen, insbesondere bei extrem tiefen Tempera-
 Ansteuerung des Starters 53
turen, kann die Startphase aber auch bis zu 30 Sekunden dauern.
Diese Gleichstrommotoren heißen in verbindung mit ihrer an-  Automatische Startsysteme 54
oder eingebauten elektromechanik in der Fachsprache Starter  AGM oder Vliesbatterie 58
und werden umgangssprachlich auch Anlasser genannt. einer-

Servicetechniker 47
Bild 1

Bild: Bosch
Der Schubschraubtrieb-Starter im Detail.

Bild 2 Bild 3

In jedem Elektromotor sind zwei Magnetfelder wirksam. Beim


Starter-Gleichstrommotor ist der Stator als Träger des einen Mag-
netfeldes mit Permanentmagneten oder mit gleichstromdurch-
flossenen Elektromagneten ausgestattet, während der Rotor
(Läufer, Anker) immer ein Elektromagnet ist und das zweite Mag-
Bild: Archiv
Bild: Archiv

netfeld zur Verfügung stellt. Damit der Anker eine kontinuierliche


Das Bild zeigt exemplarisch den Zusammen- Das Bild zeigt exemplarisch den Zusammen- Drehbewegung ausführt, müssen seine Wicklungen wechsel-
hang zwischen Drehzahl, Ankergegenspannung hang zwischen Lastmoment und Drehzahl. stromdurchflossen sein. Dies wird trotz Gleichstromzuführung
und Stromaufnahme. dadurch erreicht, dass die Anschlüsse der Einzelspulen des Ankers
mit gegenseitig isolierten Lamellen verbunden sind. Bei der Dreh-
bewegung kontaktieren diese Lamellen abwechselnd eine Plus-
und eine Minuskohle. Auf diese Art entstehen im Anker die er-
drehzahl verlangt entsprechende Übersetzungen. Die Maximal- forderlichen elektrischen und magnetischen Umpolungen und
drehzahl des Verbrennungsmotors kann über dem 50-fachen als Folge die Drehung. Je größer der wirksame Magnetfluss der
seiner Startdrehzahl liegen. Deshalb muss verhindert werden, beiden Magnetfelder und der Radius des Ankers sind, umso grö-
dass sich die Drehzahl des laufenden Verbrennungsmotors auf ßer ist das Drehmoment. Der Wechselstrom, der im rotierenden
den Starter überträgt. Als technische Lösung wird eine meist Anker fließt, ändert seine Frequenz proportional mit der Anker-
elektrisch angetriebene Ein-/Ausspur-Mechanik gewählt, die drehzahl. Das Magnetfeld dieses Wechselstromes erzeugt in der
sicherstellt, dass das Starterritzel nur während des Startvorganges Ankerwicklung eine frequenzabhängige Gegenspannung (Anker-
mit dem Schwungradzahnkranz in Berührung kommt. Diese Ein-/ gegenspannung).
Ausspur-Elektromechanik und die beim Einspuren des Ritzels Im Einschaltaugenblick ist die Drehzahl und damit die Anker-
auftretenden Vorgänge geben dem Starter den Namen. gegenspannung null. Es fließt die größtmögliche Stromstärke
Die gebräuchlichsten Bezeichnungen sind Schubschraubtrieb- (Kurzschluss-Stromstärke). Mit steigender Drehzahl reduziert die
starter und Schubtriebstarter (Bild 1). Es werden aber auch weitere ebenfalls steigende Gegenspannung die Stromaufnahme des
Startermerkmale, wie beispielsweise Vorgelege oder Permanentmag- Ankers immer mehr, entsprechend reduziert sich auch das Anker-
nete, in die Starterbezeichnungen mit einbezogen. Zunächst ist ein drehmoment (Bild 2). Ein Starter läuft jeweils nur sehr kurz nie-
Starter ein einfaches, vom Fahrtstartschalter aus angesteuertes dertourig und nimmt somit auch nur kurze Zeit eine sehr hohe
System. Es sollte jedoch auch sichergestellt sein, dass versehentlich Stromstärke auf. Deshalb sind Starter thermisch nicht für einen
nicht bei laufendem Motor ein Einspurversuch unternommen wird. niedertourigen Dauerbetrieb ausgelegt. Die Drehzahl-Drehmo-

48 kfz-betrieb
Bordnetz/Vernetzung/Kommunikation

ment-Kennlinie ist eine leicht verständliche Darstellung zur cha- großen Startern würde die Leerlaufdrehzahl 10.000/min über-
rakterisierung von Motoreigenschaften. Während man bei ver- schreiten, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen würden.
brennungsmaschinen üblicherweise das mögliche Maximaldreh- Nebenschlussmotor Beim Nebenschlussmotor sind erreger-
moment über der Drehzahl aufträgt, stellt man in der elektro- wicklung und Anker parallel geschaltet (Bild 7). Der reine Ne-
technik im Allgemeinen die Motordrehzahl in Abhängigkeit vom benschlussmotor findet zwar bei Startermotoren keine Anwen-
abverlangten Lastmoment dar (Bild 2 und 3). dung. Um aber das verhalten der Starter mit Permanenterregung
Bei jedem Antriebsaggregat stellt sich dann eine stabile Dreh- und den einfluss der Nebenschlusswicklung bei Startern mit
zahl ein, wenn Lastmoment und Antriebsmoment gleich groß Doppelschlusswicklungen zu verstehen, ist die Kenntnis des Ne-
sind. Unmittelbar nach dem einschalten muss das Antriebsmo- benschlusseinflusses erforderlich. Unabhängig von der Polzahl
ment des Starterankers über dem Lastmoment liegen, damit der wird im Schaltbild auch hier nur eine Wicklung eingezeichnet
Anker sich dreht und beschleunigt. es stellt sich eine stabile und der Anker mit nur zwei Schleifkontakten dargestellt.
Drehzahl ein, wenn das Antriebsmoment auf das Lastmoment Anker und erregerwicklung liegen an der gleichen Spannung.
abgesunken ist. Tritt eine Lasterhöhung auf, geht die Ankerdreh- ihr Widerstand bestimmt die unterschiedlichen Stromaufnahmen.
zahl zurück. Mit ihr sinkt auch die Ankergegenspannung. Deshalb Während in der Ankerwicklung die drehzahlabhängige Gegen-
erhöhen sich gleichzeitig Ankerstrom und Antriebsdrehmoment. spannung auf die Ankerstromstärke iAnker großen einfluss nimmt,
Die Drehzahl sinkt so weit ab, bis das Antriebsmoment auf das bleibt die erregerstromstärke ierr drehzahlunabhängig konstant.
erhöhte Lastmoment angestiegen ist. Der Motor läuft dann mit Somit ist auch das erregerfeld drehzahlunabhängig. Mit rücksicht
niedriger Drehzahl stabil weiter. Bei Lastreduzierung sind die auf die im Anker entstehende Gegenspannung darf das erreger-
vorgänge umgekehrt. Bei Drehmomentgleichgewicht dreht der feld nicht zu stark sein, weil sonst der Starteranker nicht die
Starteranker konstant weiter (Bild 4). gewünschte Nenndrehzahl erreichen würde. Windungszahl und
Bei elektromotoren, bei denen neben dem Anker auch der Spulenwiderstand sind unter diesem Gesichtspunkt aufeinander
Stator mit einem elektromagneten ausgestattet ist, können die abgestimmt.
Stromzweige der beiden Magnete in reihe oder parallel geschal- im ersten Moment nach dem einschalten ist die Stromaufnah-
tet werden. Die Motorbezeichnung richtet sich nach der verschal- me des Ankers sehr hoch, weil noch keine Gegenspannung dem
tungsart: reihenschlussmotor, Nebenschlussmotor, Doppel- Ankerstrom entgegenwirkt. Dabei befinden sich die Zähne des
schlussmotor, permanenterregter Motor. Ankers in der magnetischen Sättigung. Weil aber der erregerstrom
in dieser Phase nicht größer als bei Nenndrehzahl ist, liegt das
reihenschlussmotor
Beim zweipoligen reihenschlussmotor ist die erregerwicklung
üblicherweise zweigeteilt. eine Hälfte ist um den Stator-Nordpol,
die andere um den Stator-Südpol gelegt. in der regel ist der Bild 4
Stator dieser Startermotoren mit vier elektromagneten ausge-
stattet, die nach innen abwechselnd als Nord- und Südpol wirken.
Unabhängig davon, in welcher reihenfolge Statorwicklung und
Ankerwicklung miteinander verbunden sind, werden im Schalt-
bild üblicherweise die Statorwicklungen als eine Spule und der
Anker nur mit zwei Schleifkontakten dargestellt (Bild 5). Weil die
Statorspulen das erregermagnetfeld zur verfügung stellen, hei-
ßen sie auch erregerspulen. Aufgrund der reihenschaltung sind
Bild: Archiv

erregerstrom (ierr) und Ankerstrom (iAnker) identisch. Diese Tatsa-


che bestimmt das charakteristische Drehmoment-Drehzahl-ver-
halten dieser Maschinenart. Das Bild zeigt den Stromverlauf im Zusammenhang mit der Starterdrehzahl.
im ersten Moment nach dem einschalten des elektrostarters ist
aufgrund der fehlenden Gegenspannung die Stromaufnahme am Bild 5 Bild 6
größten und damit das Drehmoment am höchsten. Mit zunehmen-
der Drehzahl geht aufgrund der Schaltungsart nicht nur das An-
kerfeld zurück, sondern auch das erregerfeld. Mit steigender Dreh-
zahl erhöht sich die Ankergegenspannung. Weil aber auch das an
der Gegenspannung beteiligte erregerfeld schwächer wird, gehen
mit steigender Drehzahl die Stromaufnahme und damit das An-
triebsmoment nur abgeschwächt zurück und der Anker wird ins-
Foto: Archiv

Bild: Archiv

besondere im Leerlauf eine hohe Drehzahl einnehmen. Die in


Bild 6 für reihenschlussmotoren typische Kennlinie zeigt das
vorteilhaft hohe Antriebsmoment bei hoher Last, sie zeigt aber Der Reihenschlussmotor und seine charakteristische Kennlinie.
auch, dass eine sehr hohe Leerlaufdrehzahl zustande kommt. Bei

Servicetechniker 49
Bild 7 Bild 8 Doppelschlussmotor
Der Doppelschlussmotor (Compoundmotor) besitzt Reihen-
schluss- und Nebenschlusswicklungen (Bild 9). Er kombiniert die
Vorteile des Reihenschlussmotors und die des Nebenschlussmo-
tors. Im Einschaltaugenblick ist die Stromaufnahme im Reihen-
schlusszweig hoch, entsprechend hoch ist auch das Antriebsmo-

Foto: Archiv

Bild: Archiv
ment. Mit zunehmender Drehzahl geht die Stromstärke im Rei-
henschlusszweig zurück, und es tritt immer mehr das Neben-
Der Nebenschlussmotor und seine charakteristische Kennlinie. schlussverhalten in den Vordergrund. Den Doppelschlussmotor
zeichnen das hohe Anzugsmoment und die niedrige Leerlauf-
Bild 9 Bild 10 drehzahl aus. Der aufwendigere Aufbau kann als Nachteil ange-
sehen werden.
Beim Starter mit permanenterregten Stator-Polen entfällt die
Erregerwicklung. Bedingt durch das konstante Magnetfeld ist er
mit einem Nebenschlussmotor vergleichbar. Er hat bezüglich der
Leerlaufdrehzahl den gleichen Vorteil. Sein Nachteil besteht im
relativ geringen Anzugsmoment, weil Permanentmagnete nicht
die Stärke von Elektromagneten erreichen können (Bild 10). Die
Foto: Archiv

Bild: Archiv
Herstellungskostenvorteile sind jedoch so groß, dass man hier
Der Doppelschlussmotor (Compoundmotor) und seine charakteristische Kennlinie.
technische Ausgleichsmöglichkeiten gesucht und gefunden hat.
Um das Anzugsdrehmoment beim Start zu erhöhen, wurde der
Starter für eine höhere Nenndrehzahl ausgelegt und gleichzeitig
Bild 11
mit einem Planetengetriebe versehen, sodass trotz verringertem
Ankermoment das Antriebsmoment am Starterritzel ausreicht.
Permanentmagnete müssen, um für diesen Einsatz geeignet zu
sein, eine hohe Remanenz aufweisen, damit sie erschütterungs-
unempfindlich sind. Außerdem dürfen sich ihre Molekularmag-
nete unter dem Einfluss des starken Ankerquerfelds nicht drehen,
sie müssen also eine hohe Koerzitivfeldstärke besitzen.

Einleiten eines Startvorgangs


Herkömmlicherweise wird bei Personenkraftwagen der Start-
vorgang durch Betätigen des Zünd-Start-Schalters am Lenkrad-
schloss in die Startstellung eingeleitet. Inzwischen sind verschie-
dene komfortable Lösungen mit gesteigerter Diebstahl- und
Wegfahrsicherheit Standard. Direkttreibende Schubschraubtrieb-
Starter sind Starter der untersten Leistungskategorie. Bei kleinen
Startern stellen Permanentmagnete das Erregerfeld zur Verfü-
Bild: Archiv

gung. Sie haben kein Vorgelege (daher direkttreibend), deshalb


hat das eingespurte Ritzel beim Start Ankerdrehzahl. Die Bezeich-
Aufbau des Schubschraubtrieb-Starters. nung Schubschraubtrieb deutet darauf hin, dass das Ritzel beim
Ein- und beim Ausspuren eine Schub- und eine Schraubbewegung
ausführen kann (Bild 11).
Der Einspurvorgang beginnt, wenn der Zünd-Start-Schalter (S)
Anzugsmoment nur wenig über dem Nennmoment. Mit zuneh- seinen Eingang 30 mit seinem Ausgang 50 verbindet (Startstel-
mender Drehzahl entsteht Ankergegenspannung, die stark mit lung). Dabei sind die Einzugswicklung (E) und die Haltewicklung
der Drehzahl steigt. Dies bewirkt eine schnelle Abnahme des (H) des Einrückrelais (K) stromdurchflossen. Die Magnetfelder von
Ankerstroms und damit des Antriebmoments. Die Leerlaufdreh- Einzugs- und Haltewicklung ziehen den beweglichen Kern im Ein-
zahl liegt nur wenig über der Nenndrehzahl. Unabhängig von rückrelais (K) an. Dieser schiebt das Ritzel (4) auf dem Steilgewin-
Lastschwankungen ist die Drehzahl sehr stabil. Bei zu hoher de (8) teilweise in den Zahnkranz. Danach schließt der Kontakt
Belastung bleibt jedoch der Anker stehen, weil sich die Anker- (16) des Einrückrelais, und der Starteranker beginnt, sich zu drehen.
zähne in der magnetischen Sättigung befinden und der Erreger- Nach dem Schließen dieses Kontakts liegt die Einzugswicklung
strom nicht steigt. Deshalb erhöht sich trotz steigender Strom- beidseitig an Plus und ist während des restlichen Startvorgangs
aufnahme das Drehmoment nur wenig (Bild 8). stromlos (Bild 12). Aufgrund des nun magnetisch besser verstär-

50 kfz-betrieb
Bordnetz/Vernetzung/Kommunikation
Bild 14

kenden Ankers des einrückmagneten genügt eine auf etwa


25 Prozent reduzierte magnetische erregung, weshalb die einzugs-
wicklung nach dem einspuren abgeschaltet werden kann und
somit auch nur für Kurzzeitbetrieb ausgelegt werden muss. Wäh-
rend der ersten 90- bis 120-Grad-Ankerdrehung führt das zunächst
nur teilweise eingespurte ritzel eine Schubbewegung in richtung

Bild: Archiv
Anschlagring (6) aus. erst wenn das ritzel am Anschlagring an-
steht, überträgt sich die Ankerdrehbewegung auf das ritzel, und
der Schwungradzahnkranz wird gedreht. Das Starterrelais in seinen Komponenten.
Weil das ritzel auf dem Weg zum Anschlagring den Starteran-
ker noch nicht bremst, kann dieser unbelastet beschleunigen. Das
Anfangsdrehmoment des eingespurten Starters heißt Losbrechmo- bewegliche relaisanker 1 von der anderen Seite her. Der Abstand
ment und wird vom Schwungmoment des Starterankers unterstützt zwischen Magnetkern und relaisanker entspricht dem Gesamt-
(Bild 13). hub des Ankers. Magnetgehäuse, Magnetkern und relaisanker
relais dienen dem Zweck, einen hohen Strom mit einem ver- bilden zusammen den magnetischen Kreis. Unter dem einfluss
hältnismäßig niedrigen Steuerstrom zu schalten. Der Starterstrom der nach dem einschalten hervorgerufenen Magnetkraft wird der
beträgt z. B. bei Pkw bis zu 1.500 A, bei Nkw bis zu 2.500 A. Magnetanker in die Wicklung hineingezogen. Diese Ankerbewe-
Wegen des mindernden einflusses des Zuleitungswiderstands gung wird einerseits für die axiale verschiebung des ritzels ge-
auf die Starterleistung muss die verbindung zur Batterie mög- nutzt, andererseits zum Andrücken der Kontaktbrücke 8 an die
lichst kurz sein, und die Kontaktwiderstände müssen so gering Hauptstromkontakte 6 (Bild 14).
wie möglich gehalten werden. Außerdem sind Kontakte für der- Die Wicklung des relais besteht bei den meisten Ausführungen
art hohe Ströme stark belastet. Die verwendung eines Leistungs- aus einer einzugs- und einer Haltewicklung 2/3. Diese Anordnung
relais ist daher zwingend. Das im Starter eingebaute einrückrelais ist in Bezug auf die thermische Belastbarkeit und die erzielbaren
ist die Kombination eines einrückmagneten mit einem relais. es magnetischen Kräfte sehr günstig. Während des einzugs ist der
erfüllt eine doppelte Funktion: Luftspalt zwischen Anker und Magnetkern zu Beginn relativ groß.
„ vorschieben des ritzels zum einspuren in den Zahnkranz des Nur eine hohe Durchflutung kann die einrückwiderstände über-
verbrennungsmotors winden. Mit der verminderung des Luftspalts beim einzug nimmt
„ Schließen der Kontaktbrücke zum einschalten des Starter- die Magnetkraft deutlich zu. Bei eingezogenem Anker, also nur
hauptstroms geringem restluftspalt, genügt die Magnetkraft der Haltewicklung
Der mit dem Gehäuse fest verbundene Magnetkern 4 ragt von alleine, um den relaisanker bis zum Beenden des Startvorgangs
einer Seite her in das innere der Magnetwicklung hinein, der festzuhalten. Die einzugswicklung wird daher über den Haupt-

Bild 12 Bild 13

Bild: Archiv
Bild: Archiv

G+ Pluspol der Batterie, G- Minuspol der Batterie, 15 Ausgang Zünd-Start-Schalter, 30 nichtgeschaltetes Bordnetzplus, 45 Ausgang Hauptkontakt Einrückrelais, 50
Pluseingang Einrückrelaisspulen; Bauteile: G Fahrzeugbatterie, K Einrückrelais (Magnetschalter) mit Einzugswicklung (E) und Haltewicklung (H), R, L, C Komponenten
des Bordnetzes, S Zünd-Start-Schalter, 1 Einrückhebel, 2 Einspurfeder, 3 Rollenfreilauf, 4 Starterritzel, 5 Schwungradzahnkranz, 6 Anschlagring, 7 Ende der Ankerwelle,
8 Steilgewinde, 9 Führungsring, 10 blechgeschichteter Anker mit Wicklung, 11 Permanentmagnet, Südpol nach innen, 12 Permanentmagnet, Nordpol nach innen, 13
Minuskohle, 14 Kommutator, 15 Pluskohle, 16 Schließkontakt des Einrückrelais

Servicetechniker 51
Bild 15
Da der Starter beim Einschalten des Hauptstroms einen starken
Spannungseinbruch im gesamten Bordnetz verursacht, muss die
Haltewicklung so ausgelegt sein, dass der Anker auch bei einer
Versorgungsspannung deutlich unterhalb der halben Batterienenn-
spannung noch sicher gehalten wird. Anderenfalls könnte es zu
einem mehrfachen schnellen Öffnen und Schließen des Relais
kommen, was eine Schädigung der Kontakte nach sich ziehen
würde. Rückstellfedern zwischen den einzelnen Bauelementen
sorgen dafür, dass nach dem Ausschalten die Kontakte geöffnet
werden und der Relaisanker wieder in seine Ausgangsposition
zurückkehrt. Falls der Motor nicht in den Selbstlauf übergeht (z. B.
aufgrund von Zündproblemen), muss der Startvorgang abgebro-
chen werden. Dabei können Ritzel und Zahnkranz unter mechani-
scher Last stehen und ein Ausspuren des Ritzels verhindern. Damit
der Relaisanker den zum Öffnen des Relaiskontaktes erforderlichen
Schubweg ausführen kann, ist die Einspurmechanik für diese Be-
wegung mit einem Leerweg versehen.

Bild: Archiv
Bei etwa zwei Drittel aller Startvorgänge trifft der Ritzelzahn
nicht die Zahnkranzlücke, sondern zunächst einen Zahnkranz-
Die Starterproblematik „Zahn auf Zahn“.. zahn. In diesem Fall überdrückt der Einrückhebel die Einspurfeder
und der Kontakt des Einrückrelais schließt trotzdem. Nach einer
Bild 16 kleinen Ankerdrehbewegung steht der Ritzelzahn vor einer Zahn-
kranzlücke und spurt ein (Bild 15). Solange der Fahrt-Start-Schal-
ter in Startstellung bleibt, hält die Haltewicklung das Ritzel
eingespurt. Bereits beim Hochlauf des Verbrennungsmotors wird
aufgrund des herrschenden Übersetzungsverhältnisses das Ritzel
vom Zahnkranz angetrieben. Der Rollenfreilauf wirkt als Über-
holkupplung und verhindert, dass sich die hohe Ritzeldrehzahl
auf den Starteranker überträgt (Bild 16). Falls ein mechanisch
abgenutzter Rollenfreilauf klemmt, wird bei laufendem Verbren-
nungsmotor die Ankerdrehzahl so hoch, dass die Fliehkraft die
Ankerwicklungen aus den Nuten zieht.
Der zum Schutz des Anlassers eingebaute Rollenfreilauf kup-
pelt das Ritzel mit dem Mitnehmer so, dass bei antreibender
Ankerwelle das Ritzel mitgenommen wird, jedoch bei schneller
laufendem Ritzel der Kraftschluss gelöst wird. Zu diesem Zweck
können sich die Rollen auf einer Gleitkurve bewegen, die so
verläuft, dass beim Durchdrehen die Rollen im verengten Teil
des Raums zwischen dem Mitnehmer (Freilaufring) und dem
Ritzelschaft festgeklemmt werden, während beim Anspringen
des Motors die Rollen von dem überholenden Ritzel entgegen
einer Federkraft in den erweiterten Teil des Raums verschoben
Bild: Archiv

werden und dort nur lose den Mitnehmer und den Ritzelschaft
Aufbau des Starter-Freilaufs.. berühren.
Federn drücken die Rollen im Ruhezustand in den verengten
Teil des Zwischenraums, damit bei anlaufendem Anlasser das
Ritzel sicher mit dem Mitnehmer gekuppelt wird. Die Gleitkurven
stromkontakt und das Zündschloss kurzgeschlossen. Dabei ist („Keile“) befinden sich am außen umlaufenden Freilaufring, da-
wichtig, dass die beiden Wicklungen gleiche Windungszahlen auf- her rührt die Bezeichnung „Außenkeilfreilauf“. Diese Anordnung
weisen. Anderenfalls könnte es zu einer Selbsthaltung des Relais hat den Vorteil, dass die Masse des Ritzels mit Schaft klein und
kommen, indem eine Versorgung der beiden dann hintereinander deshalb auch das Überholmoment beim Überholen des Motors
geschalteten Wicklungen rückwärts über Klemme 45 erfolgen klein ist. Ferner werden beim Überholvorgang die Rollen durch
würde. Die Windungszahlgleichheit gewährleistet, dass die Mag- Fliehkraft vom Ritzel abgehoben, infolgedessen ist die Reibung
netfelder der nun gegensinnig durchflossenen Spulen sich gegen- zwischen Ritzelschaft und Rollen klein und der Lauf geräuscharm.
seitig aufheben und das Relais sicher abschaltet. Damit der Anlasser nach dem Ausschalten möglichst rasch zur

52 kfz-betrieb
Bordnetz/Vernetzung/Kommunikation

ruhe kommt und man erforderlichenfalls kurz darauf einen neu- Bild 18
en Anlassversuch machen kann, ist im Anlasser eine Ankerbrem-
se eingebaut. Diese ist als axial wirkende Scheibenbremse am
Getriebe ausgebildet. Hinter dem einrückring sitzt eine Brems-
scheibe, die beim Auslauf und in ruhelage gegen die Stirnfläche
der fest mit der Ankerwelle verbundenen Topfscheibe gedrückt
wird. Während des Anlasserbetriebs ist keine Bremswirkung vor-
handen.

Ansteuerung des Starters

konventionelle Ansteuerung
Für den konventionellen Start schaltet der Fahrer die Batterie-
spannung (Zündschloss in Startstellung) auf das relais des Star-

Bild: Archiv
ters. Das Ausschalten des Starters erfolgt mit dem Zurückdrehen
des Zündschlosses von Stellung „Start“ auf Stellung „Fahren“, Typische Kennlinie einer Bleibatterie.
d. h., der Zündschlossschalter wird geöffnet und die Spannung
vom relais des Starters getrennt. Zur Sicherstellung der relais-
funktion muss der wirksame Zuleitungswiderstand zwischen dem derstand einschließlich des innenwiderstands der Batterie darf
Pluspol der Batterie und der Klemme 50 am Starter in einem nicht unter- oder überschritten werden. ein Überschreiten zieht
bestimmten, vorgegebenen Bereich liegen ( zirka 50 mΩ bei 12-v- eine verminderte Leistung der Startanlage mit der Folge von Kalt-
Anlagen und zirka 100 mΩ bei 24-v-Anlagen). Neben den reinen startproblemen und Funktionsstörungen im Bordnetz nach sich.
Leitungswiderständen sind auch Übergangswiderstände an Beim Unterschreiten sind thermische Überlastungen, entmagne-
Klemmstellen, Steckern, tisierung der Dauermagnete, Zahnradbrüche oder einspurratschen
Schaltkontakten und Durch- möglich.
Bild 17 gangswiderständen von Si- Als Starterbatterien kommen nach wie vor hauptsächlich Blei-
cherungen zu berücksichti- Akkumulatoren zur Anwendung. Die Kapazität der Batterie,
gen (Bild 17). d. h. die über eine bestimmte Zeit entnehmbare Strommenge
Die Hauptleitung zum gemessen in Ampere-Stunden [Ah] bzw. die Größe der Akkumu-
Starter beeinflusst die Leis- latorplatten, bestimmt wesentlich die Größe der Batterie. Beim
tung der Startanlage wesent- Starten kommt es auf die Leistung der Batterie an, d. h. auf das
lich. Sie muss im Normalbe- Produkt aus dem abgegebenen Strom und der sich einstellenden
trieb kurzzeitig (<50 Millise- Klemmenspannung UK. Die Klemmenspannung nimmt mit zu-
kunden) den Kurzschluss- nehmendem Belastungsstrom ab. es liegt nahe, einen innenwi-
strom des Starters und wäh- derstand ri der Batterie zu definieren, der diesen Sachverhalt
rend des Starts den Durch- wiedergibt. Der innenwiderstand ri der Starterbatterie wirkt sich
drehstrom des Starters füh- neben den Widerständen von Zuleitung, Schaltern und Kontakten
ren. Hierbei sind der Span- wesentlich auf die Starterleistung aus. Der innenwiderstand der
nungsfall auf der Leitung Batterie ist aber keine konstante Größe, sondern er hängt außer
und die zulässige erwärmung von der Batterietechnologie auch von Temperatur, Ladezustand,
zu berücksichtigen. Aus- Batteriealter und vorgeschichte ab.
gangswert für die zulässige Bild 18 zeigt eine idealisierte Batteriekennlinie. Bei einer voll-
erwärmung ist eine kurzzei- geladenen Batterie fällt die Spannung bei geringen Strömen
tig zulässige Stromdichte von aufgrund kapazitiver entladungen steil ab. Zu höheren Strömen
J = 30 A/mm2. Mit dem Kurz- hin verläuft die Steigung der Kennlinie flacher. Dies ist der Be-
schlussstrom (bei +20 °c) reich, in dem die Batterie während des Starts arbeitet. es liegt
des zur Anwendung kom- nahe, den innenwiderstand der Batterie für den Startvorgang in
menden Starters lässt sich diesem Bereich zu definieren. Basis dafür ist der in DiN/eN 60
hieraus der Querschnitt qw 095 definierte Kälteprüfstrom icc (früher iKp). Danach muss die
der Zuleitung berechnen: Klemmenspannung UK bei entladung mit icc und –18 °c sowie
qw= ik /J, wobei ik dem zehn Sekunden nach entladebeginn mindestens 7,5 v betragen
Bild: Archiv

Kurzschlussstrom des Star- (1,25 v pro Zelle). Der innenwiderstand der Batterie ist als Stei-
Schaltbild eines Starters. ters bei +20 °c entspricht. gung des flachen Teils der Kennlinie definiert. Sie ergibt sich
Der zulässige Zuleitungswi- durch extrapolation des flachen Kennlinienteils bis zur Ordina-

Servicetechniker 53
Automatische Startsysteme
Bild 19 Bild 20 Die hohen Ansprüche an Fahrzeuge der neuesten Generation
hinsichtlich Komfort, Sicherheit, Qualität und niedriger Geräusch-
emission führen zu einer zunehmenden Verbreitung von automa-
tischen Startsystemen. In älteren Fahrzeugen trifft man allenfalls
eine Startsperre an, die das Starten in den laufenden Motor
verhindert. Dazu wurde der Öffnerkontakt eines Relais in die
50er-Leitung geschaltet und die Spulenklemme 86 des Relais
mit der Generatorklemme D+ verbunden. Spannung an D+ gilt
Bild: Archiv

Bild: Archiv
als Beweis dafür, dass der Motor läuft. Falls im Generator eine
Plusdiode nicht mehr sperrt, liegt zwar ein Generatorfehler vor,
Die Starterkennlinien vereinfacht darge- A Steuergerät, B1 bis B4 Sensor- und Bus-Informati- aber weil dem Relais ein laufender Motor vorgetäuscht wird, kann
stellt. onen, K1 Vorschaltrelais, K2 Starter-Einrückrelais, M auch nicht mehr gestartet werden. In modernen Fahrzeugen wird
Starteranker, V Schaltstufe im Steuergerät..
zur Startsteuerung eine ganze Palette von Kriterien und Gesichts-
punkten berücksichtigt. Solche Kriterien- und Gesichtspunkte
sind beispielsweise:
tenachse. Dort liegt die Ruhespannung U0 der Batterie, die nicht „ Ist der Fahrer berechtigt, das Fahrzeug zu starten (Dieb-
identisch mit der Leerlaufspannung UL ist (die Leerlaufspannung stahlschutz)?
ist die Spannung der unbelasteten Batterie). „ Befindet sich der Motor in Ruhe (in leisen Fahrzeugen kann
„ Der Innenwiderstand Ri der Batterie ist demnach: Ri = (U0- der Fahrer das Motorgeräusch im Innenraum kaum wahr-
Uf) /Icc nehmen)?
„ Die idealisierte Kennlinie der Batterie ist: UK = U0-Ri•I „ Genügt der Batterieladezustand in Abhängigkeit von der
„ Die maximale Leistung, die eine Batterie abgeben kann, er- Motortemperatur für den Startvorgang?
gibt sich bei derjenigen Stromstärke, bei der die Klemmen- „ Ist beim Automatikgetriebe die Neutralstellung eingelegt
spannung auf die Hälfte der Ruhespannung gefallen ist: PK- bzw. beim Handschaltgetriebe die Kupplung geöffnet?
max = U02/(4 •Ri) „ die Not-Ein-Funktion, wenn der Motor abstellt (Drehzahlin-
formation fällt aus), ohne dass zuvor die Start-Stopp-Taste
Der Innenwiderstand der Batterie nimmt mit steigender Ka- betätigt wurde
pazität der Batterie ab, sodass die maximale Leistung mit der
Kapazität ansteigt. Starter werden für eine maximale Batterie- Der Fahrer steuert nun nicht mehr direkt den Relaisstrom des
größe ausgelegt. Beim Betrieb an einer kleineren Batterie ist die Starters, sondern „meldet“ mit dem Zündschlüssel seinen Start-
tatsächliche Leistung der Startanlage geringer als die Nennleis- wunsch einem Steuergerät. Nach erfolgreicher Prüfung leitet das
tung. Solange die Kaltstartanforderungen erfüllt werden, ist dies Steuergerät den Start durch Ansteuern eines Transistors ein. Hier-
technisch zulässig. An einer größeren Batterie betrieben liegt die durch wird die Wicklung des Vorschaltrelais auf Masse gezogen,
Leistung entsprechend oberhalb des Nennwerts. Dies kann zu und es kann ein Relaisstrom von der Klemme 15 (geschaltete
einer Überlastung der mechanischen Teile, zu erhöhtem Ver- Batteriespannung, Zündung ein) fließen. Das Vorschaltrelais
schleiß und zu thermischer Überlastung führen. schließt die Verbindung zwischen Batterie (Klemme 30) und dem
Bei permanentmagneterregten Startern kann es zu einer Tei- Starterrelais (Bild 20). Während des Starts wird die Motordrehzahl
lentmagnetisierung der Permanentmagnete und einem damit (die vom Steuergerät ohnehin erfasst wird) mit einer Selbstlauf-
verbundenen irreversiblen Drehmomentverlust kommen. Die drehzahl des Motors (die auch motortemperaturabhängig sein
vorgesehene Batteriegröße darf daher nicht überschritten kann) verglichen. Hat der Motor die Selbstlaufdrehzahl erreicht,
werden. schaltet das Steuergerät den Starter durch Öffnen des Transistors
Bild 19 zeigt sehr vereinfacht dargestellt das „Zusammenspiel“ ab. Hierdurch wird immer die kürzest mögliche Startzeit, eine
zwischen Energiespeicher und Starter. Die Leistung des Anlassers subjektive Geräuschreduzierung und eine Schonung des Starters
ist abhängig von Drehzahl und Drehmoment; ihr Wert steigt mit erreicht.
zunehmender Drehzahl und abnehmendem Drehmoment, durch- Auf dieser Basis lässt sich auch ein Start-Stopp-Betrieb reali-
läuft ein Maximum, um dann mit weiter steigender Drehzahl und sieren. Dabei schaltet der Verbrennungsmotor bei Fahrzeugstill-
abnehmendem Drehmoment wieder auf null zu sinken. Der An- stand ab und startet bei Anforderung erneut automatisch. Vor
lasser hat sein größtes Drehmoment bei Beginn der Drehung, allem im Stadtverkehr ist damit eine deutliche Kraftstoffeinspa-
also aus dem Stand heraus; das entspricht den Anforderungen rung zu erzielen. Gegenwärtig erreichen Vorgelegestarter in die-
beim Anlassen eines (kalten) Verbrennungsmotors. Die Klem- sem Betrieb in Verbindung mit einem hochwertigen Zahnkranz
menspannung der Batterie nimmt während der stoßartigen Be- über 200.000 Starts. Die Fahrzeughersteller rechnen mittelfristig
lastung durch die hohen Anlasserströme stark ab. Den pragma- mit einem Ausrüstungsgrad > 90 Prozent bei Start-Stopp-System
tischen Ansatz diskutieren wir im Abschnitt Diagnosemöglich- in Serienfahrzeugen. Die Marketingabteilungen geben sich wie
keiten der Kfz-Werkstatt. immer größte Mühe, entsprechende Verkaufsbezeichnungen zu

54 kfz-betrieb
Bordnetz/Vernetzung/Kommunikation

entwickeln. im vW-Konzern zum Beispiel ist das Start-Stopp- Bild 21 Bild 24


System Bestandteil des sogenannten Konzepts „Blue Motion ii“.
Die Funktion der Start-Stopp-Anlage erfolgt über das Motorma-
nagement und ist in der Software des Motorsteuergerätes integ-
riert. Grundsätzlich wichtig für eine Systemausführung ist, ob der
Ladezustand der Starterbatterie einen Widerstart des Motors
erlaubt. Dieser vorgang wird hier als Startspannungsprädiktion
bezeichnet (je nach Hersteller sind auch andere Bezeichnungen
möglich).

Bild: Archiv
in Bild 21 sind verschiedene verläufe des lnnenwiderstands
ri einer Batterie für ein Fahrzeug während einer entladung des
Die Innenwiderstände einer typischen Bleibatterie.
Ladungsspeichers mit Stillstandsverbrauchern über der Zeit t
aufgetragen. Diese verläufe lassen erkennen, dass die Auswer-
Bild 22
tung des Anstiegs des innenwiderstands ri eine zuverlässige
Abschätzmöglichkeit für den herrschenden Ladezustand der Bat-
terie gibt. Die verläufe des innenwiderstands ri über der Zeit
sind nach verschiedenen Methoden berechnet bzw. abgeschätzt

Bild: Archiv
und gegebenenfalls gefiltert. Mit A ist der verlauf des mittels
eines Batteriezustandsmodells geschätzten innenwiderstands ri
über der Zeit t bezeichnet. B stellt den verlauf des mit einem Anzeige im Bordinstrument.
Tiefpass mit kleiner Zeitkonstante gefilterten verlaufs des innen-
widerstands ri dar, wobei der verlauf des innenwiderstands ri Bild 23
vor der Filterung dem verlauf nach A entspricht.
c bezeichnet den verlauf des mit einem Tiefpass mit großer kann sie über den Taster für Start-Stopp-
Zeitkonstante gefilterten verlaufs des innenwiderstands ri. Mit Betrieb vom Fahrer ausgeschaltet werden
D ist der verlauf der Differenz des mit verschiedenen Tiefpässen (Bild 22). Die Bereitschaftsanzeige der
gefilterten innenwiderstands ri bezeichnet. D gibt also die Dif- Start-Stopp-Anlage im Display des Schalt-
ferenz zwischen den Kurven B und c an. entsteht aufgrund eines tafeleinsatzes erlischt. Durch ein erneutes
ri-Anstiegs ein Abstand zwischen den Kurven B und c, wird Drücken des Tasters wird die Funktion wie-
geprüft, ob dieser Abstand eine vorgebbare Differenz überschrei- der aktiviert. Wird der Zündschlüssel ab-
tet. Falls dies zutrifft, wird eine Warnung ausgelöst, da dann gezogen und wieder eingesteckt, setzt der
eine Startfähigkeit fraglich ist. Die beiden Zeitkonstanten der Start-Stopp-Betrieb automatisch ein. Liegt
Tiefpässe sind so dimensioniert, dass sie den realen verlauf des die Fahrzeuggeschwindigkeit über 3 km/h,
innenwiderstands ri nur bis zu einem bestimmten Anstieg folgen ist die Start-Stopp-Anlage aktiv. Der Be-
können. ist der Anstieg größer, dann laufen ab diesem Zeitpunkt dientaster befindet sich in der Mittelkon-

Bild: Archiv
die beiden Kurven B und c. Die Start-Stopp-Anlage wird zum sole vor dem Gangwählhebel. Bei defek-
Beispiel im Passat mit nur wenigen neuen Bauteilen realisiert. tem Taster schaltet das Motorsteuergerät Beispielhafte Anzeige eines aktivierten
es sind unter anderem das Steuergerät für Batterieüberwachung die Start-Stopp-Anlage aus. es erfolgt ein „Start-Stopp“-Modus im Instrumentendisplay.
und der Taster für Start-Stopp-Betrieb. Die Bauteile und Systeme, eintrag in den Fehlerspeicher des Motor-
an denen Anpassungsmaßnahmen ausgeführt sind, zeigt die steuergerätes.
Tabelle: Je nach Ausstattung des Schalttafelein-
satzes erfolgt eine unterschiedliche Darstellung der Start-Stopp-
Bauteil/System durchgeführte Anpassungsmaßnahme Anlage mit ihren Systemmeldungen im Display. ist es erforderlich,
Steuergeräte erweiterung der Programmcodes der Steuergeräte um ein
dass der Fahrer einen manuellen Motorstart ausführt, meldet das
(allgemein) informationsbit für die Start-Stopp-Anlage (codierung/ System eine alle zwei Sekunden wechselnde Anzeige von „Ma-
Anpassungsmöglichkeit) nuell“ und „Starten“. Sollte im System ein Fehler vorliegen, sodass
Generator LiN-Anbindung an das Bordnetz (Gateway) die Stopp-Start-Anlage nicht ausgeführt werden kann, werden
Batterie Batterie mit gesteigerter Zyklenfestigkeit die Worte „Start“, „Stopp“ und „Fehler“ nacheinander als Meldung
Starter höhere verschleißfestigkeit eingeblendet. in der Highline-Ausführung wird der Betrieb der
Bordnetz Batterieüberwachung über Batteriesensor (am Minuspol Start-Stopp-Anlage durch den Buchstaben „A“ innerhalb eines
der Batterie) Steuergerät für Batterieüberwachung über Kreispfeiles oben rechts im Display angezeigt (Bild 23).
LiN-Datenbus an Gateway angebunden
Schaltgetriebe Sensor für Gangerkennung
Systemaufbau
Die Systemlogik (Bild 24) muss zunächst feststellen, ob nach
ist die Start-Stopp-Anlage vom Fahrer nicht gewünscht, so „Zündung ein“, die vorbedingungen gegeben sind, um den Start-

Servicetechniker 55
Bild 25

Netzwerkstruktur einer Start-Stopp-Anlage..

Informationsaustausch über das Netzwerk


Damit die Start-Stopp-Anlage den Motor ausschalten kann,
müssen neben den bedienungsmäßigen Handhabungen durch
den Fahrer an Kupplung, Schaltung und Bremse zusätzliche wei-
tere Bedingungen erfüllt sein (Bild 25).
Beispiel: Der Start-Stopp-Betrieb bei einem Fahrzeug mit Hand-
Bild: Archiv

schaltgetriebe:
„ Der Fahrer schaltet herunter und bremst das Fahrzeug bis
Batterie: C Drehstromgenerator, C1 Spannungsregler, B Anlasser, F Bremslichtschalter, F36 Kupplungs- zum Stillstand ab.
pedalschalter, F416 Taster für Start-Stopp-Betrieb, G62 Kühlmitteltemperaturgeber, G79 Gaspedalstel- „ Er schaltet in den Leerlauf und lässt das Kupplungspedal
lungsgeber, G701 Geber für Getriebe-Neutralstellung(nur Schaltgetriebe), J104 Steuergerät für ABS,
J255 Steuergerät für Climatronic, J285 Steuergerät im Schalttafeleinsatz, J367 Steuergerät für Batterie-
los.
überwachung mit Batteriesensor, J393 Zentralsteuergerät für Komfortsystem, J500 Steuergerät für „ Die Start-Stopp-Anlage schaltet den Motor ab.
Lenkhilfe, J519 Bordnetzsteuergerät, J532 Spannungsstabilisator, J533 Diagnose-Interface für Daten- „ Die Bereitschaft zum Wiedereinschalten wird über das Dis-
bus, J623 Motorsteuergerät, J791 Steuergerät für Parklenkassistent, 1 elektromechanische Servolen- play des Schalttafeleinsatzes mit einem Start-Stopp-Zeichen
kung, 2 Geschwindigkeitssignal, Wegerkennung, 3 Motormanagement-Systeme, 4 Gurterkennung,
5 Heizung-, Gebläse-, Klimaregelung, 6 Klemme 50R, 7 Klemme 30, 8 Radio, Radio-Navigationssystem. angezeigt.

Folgende Bedingungen werden vom System überprüft:


„ Das Fahrzeug steht (Geschwindigkeit = 0 km/h) und
Stopp-Betrieb zu aktivieren. Das Motorsteuergerät muss hierzu „ die Motordrehzahl liegt unter 1.200 min-1 und
den Betrieb der Start-Stopp-Anlage mit anderen Fahrzeugsyste- „ die Kühlmitteltemperatur liegt zwischen 25° C und 100° C
men koordinieren und abstimmen. Über einen Spannungsstabi- und
lisator wird die Spannungsversorgung für Radio, Radio-Naviga- „ der Bremsunterdruck beträgt mehr als 550 mbar und
tionsgerät, Innenraumlüfter sowie den Schalttafeleinsatz zusätz- „ der vor „Motor aus“ errechnete Energiebedarf zum Wieder-
lich während des Wiederstarts des Motors auf zirka 12 V stabili- start des Motors kann von der Batterie geliefert werden und
siert. Der gewohnte Komfort soll für die Insassen aufrecht erhal- „ die Batterietemperatur ist größer oder gleich –1° C und klei-
ten werden. ner als 55° C.

56 kfz-betrieb
Bordnetz/Vernetzung/Kommunikation

Bild 26

Systemaufbau des intelligenten Batteriesensors IBS.

Bild 27

Bild: Archiv

Bild: Archiv
Blockschaltbild des IBS.

Auch für das automatische Wiederanlassen des Motors durch Temperatur weicht um mehr als 8° c von der tatsächlichen
die Start-Stopp-Anlage müssen definierte Bedingungen erfüllt innenraumtemperatur ab.
sein: „ Die Motordrehzahl ist größer als 1.200 min-1.
„ Der Fahrer ist angeschnallt (Gurtschloss eingerastet) und „ Die Lichtmaschine ist defekt.
„ die Motorhaube ist geschlossen und
„ die Fahrertür ist geschlossen und intelligenter Batteriesensor iBS
„ das Kupplungspedal wird betätigt (bei Fahrzeugen mit Die information, ob die Batterie genügend elektrische energie
Schaltgetriebe) und für den Wiederstart des Motors hat, ist eine wesentliche Bedin-
„ der Ganghebel befindet sich in der Neutralposition oder gung für den Betrieb der Start-Stopp-Anlage. Der intelligente
„ das Bremspedal wird gelöst (bei Fahrzeugen mit Doppel- Batteriesensor vereint hochwertige Präzisionsmesstechnik mit
kupplungsgetriebe). einem vollwertigen Steuergerät in Form einer mechatronischen
Komponente. Als Fundament des Batteriemanagements werden
Motor-Start-Phase: physikalische Parameter der Batterie mit einer bislang nicht er-
„ Der Fahrer tritt das Kupplungspedal. reichten Präzision gemessen und daraus ihr Ladezustand (Soc,
„ Die Start-Stopp-Anlage schaltet den Motor selbstständig State of charge) und ihr Gesundheitszustand (SoH, State of
wieder ein. Das Start-Stopp-Zeichen im Display erlischt. Health) berechnet. Die Messgrößen Spannung, Strom und Tem-
„ Der Fahrer legt einen Gang ein, beschleunigt das Fahrzeug peratur der Batterie werden zu diesem Zweck kontinuierlich über
und setzt seine Fahrt fort. komplexe Algorithmen ausgewertet, um ein zuverlässiges Maß
Das System hat folgende „Abbruchbedingungen“: für den Zustand und die Belastbarkeit der Batterie zu erhalten.
„ Die Start-Stopp-Anlage ist mit dem Taster für Start-Stopp- Durch eine integration der Sensorik in die Batterieklemme des
Betrieb ausgeschaltet worden. Minuspols können alle drei Größen direkt, vollständig und preis-
„ Der Ladezustand der Batterie ermöglicht keinen Wiederstart wert erfasst werden. Außerdem besteht dadurch die Möglichkeit,
des Motors. die Sensorik in beliebige Fahrzeuge mit 12-volt-Batterie zu integ-
„ Die Defrostfunktion ist aktiv. rieren. Zur integration der Softwaremodule des eigentlichen
„ Die Frontscheibenheizung ist aktiv. Batteriemanagements bieten sich Steuergeräte an, die in jedem
„ Die an dem Bedienelement der Klimaanlage eingestellte Fahrzeug zwingend vorhanden sein müssen. Die Motorsteuerung

Servicetechniker 57
Bild 28 zu können, wurde ein leistungsfähiger Mikrocontroller mit der
notwendigen Peripherie in den IBS integriert. Bei einem defekten
Batteriesensor kann der Betriebszustand der Batterie nicht mehr
korrekt erfasst werden. Es erfolgt in der Regel ein Eintrag in den
Fehlerspeicher des übergeordneten Steuergerätes. Bei Nachla-
dung oder Fremdstart sollte man Folgendes beachten: Mithilfe
des Ladekabels zuerst die Pluspole, dann die Karosseriemasse
verbinden. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass der Batterie-
sensor nicht überbrückt wird. Die direkte Aufladung der Batterie
1 Verfügbare Kapazität [%]
am Minuspol führt dazu, dass man den Batteriesensor überbrückt.
2 Laufleistung [Tkm]
3 AGM-Batterie Das bedeutet, die Batteriedaten werden während des Ladevor-
4 Blei-Calcium-Batterie gangs nicht vom Sensor erfasst. Die im Steuergerät abgelegten

Bild: Archiv
5 50-%-Kapazitätsgrenze Werte zum Batteriezustand stimmen dann nicht mehr mit den
tatsächlichen Werten der geladenen Batterie überein.
Bild 29
AGM oder Vliesbatterie
Anstelle der üblichen Blei-Akkumulatoren kommen bei Fahr-
1 Positives Gitter mit
zeugen mit Start-Stopp-System häufig eine Vlies- oder AGM-
Silberlegierung Batterie aufgrund ihrer höheren Zyklenfestigkeit als Starterbat-
2 Positive Platte terie zum Einsatz. Vliesbatterien gehören neben Gel-Akkumula-
3 Negatives Gitter toren zu den modernen, leistungsfähigeren Vertretern in der
4 Negative Platte
5 Separator aus Glasfaser-
Batterieentwicklung. Der wesentliche Unterschied zum Blei-Akku
vlies besteht darin, dass die Säure vollständig in einem Glasvlies ge-
6 Positiver Plattensatz bunden ist, das die Blei-Gitter-Elektroden voneinander trennt.
7 Negativer Plattensatz AGM steht für Absorbant Glass Mat, das heißt absorbierendes
8 Plattenblock
Bild: Archiv

9 Blockkasten mit Boden- Glasfaservlies. Der höhere Preis bei gleicher Batteriegröße wird
leisten durch die folgenden Vorteile kompensiert:
„ wesentlich längere Lebensdauer
„ mehr Startsicherheit bei niedrigen Temperaturen
„ sicheres Starten von Motoren mit hohem Startstrombedarf
ist unter Berücksichtigung der vorhandenen Schnittstellen sowie „ 100 Prozent Wartungsfreiheit
der Portierbarkeit eine gute Wahl und beinhaltet häufig die nö- „ geringes Risiko bei Unfall (verringertes Umweltrisiko)
tige Software. Bild 26 zeigt die typische Integration des IBS in „ hohe Tiefentladungsfestigkeit
vorhandene Bordnetztopologien und mögliche Kommunikations- „ hohe Funktionsfestigkeit
pfade (LIN-Bus, Wake-up-Signal, CAN-Bus) der einzelnen Kom- „ kipp- und auslaufsicher auch bei Gehäusebruch
ponenten. „ sehr geringe leistungsmindernde Säureschichtbildung im
Batteriespannung und -temperatur werden mit jeweils einem Vergleich zu konventionellen Batterien
Messbereich erfasst. Für die Erfassung des Batteriestroms verfügt
der IBS über drei Messbereiche. Jeder der drei Messbereiche weist Wie man Bild 28 entnehmen kann, dürfte die AGM-Batterie
individuelle Bereichsgrenzen, Bandbreite und Auflösung auf, die eine etwa doppelt so lange Lebensdauer erreichen wie eine kon-
für den jeweiligen Betriebszustand und den zugehörigen charak- ventionell konstruierte Starterbatterie. Natürlich aus rein theo-
teristischen Batteriestrom optimiert sind (Bild 27). Die hohe retischer Sicht betrachtet, da in der praktischen Anwendung
Leistungsfähigkeit des IBS wird dadurch charakterisiert, dass er Dinge vorkommen können, die nicht in allen Kombinationen im
„ im gesamten Betriebstemperaturbereich von –40° C bis Labor modelliert werden können. Die AGM-Batterie unterscheidet
+105° C sich von der herkömmlichen Blei-Calcium-Batterie wie folgt:
„ über einen Anzeigeumfang von annähernd sechs Zehnerpo- „ größere Platten: Größere Platten ermöglichen eine um 25
tenzen im Bereich von 200 A bis Prozent höhere Leistungsdichte.
„ +1.000 A (Entladeströme haben positives Vorzeichen) ver- „ Separatoren aus Glasfaservlies: Hierdurch wird eine bis zu
fügt und dabei drei Mal höhere Zyklenfestigkeit erreicht, die die Kaltstartfä-
„ eine resultierende Messunsicherheit von 0,24 Prozent vom higkeit, die Stromaufnahme und die Lebensdauer verbessert.
Messwert aufweist. „ gasdichtes Gehäuse mit Überdruckventil: Die Zellstopfen
sind verschweißt und können nicht geöffnet werden.
Um einerseits diese messtechnischen Herausforderungen im „ Säure gebunden im Glasfaservlies: Die Säure befindet sich
Fahrzeug realisieren zu können und andererseits die Anforderun- nicht wie bisher freistehend im Gehäuse, sondern ist zu
gen des Batteriemanagements auch im Standbetrieb umsetzen 100 Prozent im Glasfaservlies gebunden.

58 kfz-betrieb
Bordnetz/Vernetzung/Kommunikation

Beim Umgang mit der AGM-Batterie müssen hinsichtlich Bat- de nicht im Motorraum verbaut werden, sonst kommt es zu einer
teriewechsel und einbauort einige Besonderheiten beachtet deutlichen reduzierung der Lebensdauer.
werden. Beim Laden von Fahrzeugbatterien werden durch die
elektrolyse die beiden Gase Sauerstoff und Wasserstoff frei. Gehäuse
„ Bei einer herkömmlichen, nassen Blei-calcium-Batterie wer- AGM-Batterie nicht öffnen! Die AGM-Batterie darf keinesfalls
den die beiden Gase Wasserstoff und Sauerstoff an die Um- geöffnet werden, da die Batterie durch den eintritt von Luftsau-
welt abgegeben. erstoff ihr chemisches Gleichgewicht verliert und dadurch funk-
„ Bei einer AGM-Batterie verwandeln sich die beiden Gase wie- tionsunfähig wird.
der zu Wasser zurück: Der Sauerstoff, der beim Laden an der
positiven elektrode entsteht, wandert durch das durchlässige Batteriewechsel
Glasfaservlies zur negativen elektrode. An der negativen elek- Grundsätzlich kann jede konventionelle Blei-calcium-Batterie
trode reagiert der Sauerstoff mit den im elektrolyt ankom- gegen eine AGM-Batterie ausgetauscht werden. Für das Bordnetz
menden Wasserstoffionen zu Wasser (Sauerstoffzyklus). ergeben sich durch den einsatz einer AGM-Batterie keine Ände-
rungen. Die AGM-Batterie ist empfehlenswert für, wenn man so
Auf diese Weise geht das Gas und damit auch der elektrolyt sagen darf, „Problemkunden“. Bei dieser Kundengruppe tritt ein
nicht verloren. erst bei zu starker Gasentwicklung, d. h. bei zu hoher energiedurchsatz durch die Batterie auf. Der hohe ener-
hohem Druckaufbau (20 bis 200 mbar), bläst das Überdruckven- giedurchsatz ist bedingt durch häufig eingeschaltete Standver-
til Gas ab. Dabei lässt es keinen Luftsauerstoff eindringen. Da braucher (Tv, Standheizung etc.) und einem für die Batterie
ein ventil den Druck in der Batterie regelt, heißt die AGM-Batte- ungünstigen Nutzungs- oder Fahrprofil („chauffeurbetrieb“, Kurz-
rie auch vrLA-Batterie (valve regulated Lead Acid). streckenfahrt, „Stop-and-go“). Für diese Problemkunden ist der
einsatz einer AGM-Batterie empfehlenswert.
Laden
AGM-Batterie nicht mit ≥ 14,8 v laden! Keine Schnellladepro- Spannungsstabilisator
gramme! Beim Laden von ausgebauten Batterien (sogenannten Der Spannungsstabilisator ist ein Dc/Dc-Spannungswandler.
Stand-alone-Batterien) darf die maximale Ladespannung von er befindet sich z. B im radkasten vorne links und hat eine Leis-
14,8 v bei raumtemperatur nicht überschritten werden. Auch für tung von 180 W (Bild 30). Die elektrische Ansteuerung des Span-
das Laden über Fremdstart-Stützpunkt darf die maximale Lade- nungsstabilisators erfolgt über den LiN-Datenbus und über das
spannung von 14,8 v bei raumtemperatur nicht überschritten elektrische Bordnetz (Klemme 50r – r = rückmeldung). Wie es
werden. der Name beschreibt, ist seine Aufgabe die Netzspannung (Klem-
Bereits bei kurzem Laden der AGM-Batterie mit einer Lade- me 30) in bestimmten Situationen, wie z. B. dem Start-Stopp-
spannung von größer als 14,8 v wird die Batterie vorgeschädigt. Betrieb, auf zirka 12 v zu stabilisieren. Dies ist erforderlich, da es
eine Ladespannung von größer als 14,8 v findet meist in Schnell- durch den hohen Starterstrom im Start-Stopp-Betrieb zu starken
ladeprogrammen Anwendung. Spannungsschwankungen bei anderen elektrischen verbrauchern
im Fahrzeug kommen kann. Ohne Spannungsstabilisator kann
einbauort es zu Geräteresets und Fehlerspeichereinträgen, wie z. B. „Bord-
AGM-Batterie nicht im Motorraum einbauen! Die AGM-Bat- spannung, Signal zu klein“, in den jeweils betroffenen Steuerge-
terie darf aufgrund der hohen räumlichen Temperaturunterschie- räten führen.
Mit dem Start des Anlassers (Klemme 50
bestromt) erhält der Spannungsstabilisator
Bild 30 Bild 31 über Klemme 50r ein Aktivierungssignal
(Trigger). Das Signal schließt den Schalter.
Die gespeicherte energie fließt aus dem Spei-
cher ab und gleicht Spannungsschwankun-
gen aus. Danach öffnet der Schalter, und der
Speicher lädt sich auf. ist der Spannungssta-
bilisator defekt, werden angeschlossene Ge-
räte wie radio oder Navigation einen reset
durchführen, wenn die eigene Spannungsver-
sorgung während der Betätigung des Starters
nicht ausreicht. Fallen im Start-Stopp-Betrieb
die angeschlossenen elektrischen verbrau-
Foto: Archiv

Bild: Archiv

cher dadurch auf, dass sie mit jedem Motor-


Der DC/DC-Spannunsgwandler, Funktionsbild des DC/DC-Spannungswandlers, der zugleich als Span- start einen reset ausführen, weist dies auf
verbaut im vorderen Radhaus. nungsstabilisator fungiert. einen defekten Spannungsstabilisator hin.
Georg Selgrad

Servicetechniker 59
Weiterbildung

Servicetechniker
technik von Profis für Profis

Motor- und MotorManageMentsysteMe


bordnetz, vernetzung, koMMunikation
Fahrzeug und KomFort
navigation, unterhaltung, infotainMent
fahrzeug und sicherheit
fahrzeug, reifen, fahrWerk
kraftstoffe und antriebe
instandsetzung und diagnose
sensoren, aktoren
Motor, abgase und uMWeltProbleMatik
antriebsstrang
fahrzeugsysteMe/Mechatronik

904/2014 www.kfz-betrieb.de 60
Fahrzeug und Komfort

Fahrzeugelektronik

Top-down-Sicherheit und -Komfort


Komfort- und Sicherheitssysteme in der Kompaktklasse des VW-Konzerns

BiLD 1

Bild: vW
Durch die neue VW-Modulstrategie nimmt in der Kompaktklasse die Zahl der elektronischen Systeme zu.

Wie kaum ein anderes Produkt unterliegt das Auto stetiger in- gleich und beruht auf einer einheitlichen Motoreinbaulage quer
novation. in immer kürzeren Abständen integrieren die Hersteller zur Fahrtrichtung. Andere konzeptbestimmende Abmessungen
neue Funktionen in die Serie. Die meisten verfolgen dabei fol- wie radstände, Spurbreiten, rädergröße und Sitzposition sind
gende typische vorgehensweise: heute in der Oberklasse, morgen im Konzern abgestimmt und variabel. Die Baukastenstrategie
in den darunterliegenden Fahrzeugtypen. Legt man dabei das des MQB basiert außerdem auf folgenden vier standardisierten
Augenmerk auf die Komfort- und Sicherheitstechnik, lässt sich Modulfamilien:
feststellen, dass die Übergänge zwischen den einzelnen Systemen „ elektrik/elektronik
inzwischen oft fließend sind. viele Systeme dienen heute sowohl „ Antrieb
dem besseren Komfort als auch einer verbesserten Sicherheit. „ Fahrwerk
Dieser Beitrag stellt die Komfort- und Sicherheitssysteme vor, die „ Aufbau (Karosserie, Klimaanlage, Sitzanlage, Airbags, etc.)
der volkswagen-Konzern im Golf 7 und im neuen Audi A3 an-
bietet.
Die neue Baukastenstrategie des volkswagen-Konzerns ist der
modulare Querbaukasten, kurz MQB. Diese Konstruktionsstrate-
inhalt
gie wird unter der Leitung der Marke volkswagen für die Marken Komfort- und Sicherheitselektronik
volkswagen, Audi, Skoda und Seat eingeführt. Auf dem MQB
basieren bei volkswagen zum Beispiel die Modelle Polo, Beetle, „ Aktive Sicherheit 62
Scirocco, Jetta, Tiguan, Touran, Sharan, Passat, volkswagen cc „ Automatische Distanzregelung (ACC) 64
und – als erstes Fahrzeugmodell – der Golf 2013. „ Kamerabasierte Verkehrszeichenerkennung 67
Bestandteil des modularen Querbaukastens ist eine flexible
„ Lichtassistent 68
Fahrzeugarchitektur. Diese ist in fünf wesentliche Fahrzeugab-
schnitte unterteilt. Das zentrale Maß ist dabei das Maß zwischen „ Spurwechselassistent und Rückfahrkamera 72
Pedalerie und radmitte. Dieses Maß ist bei allen Fahrzeugen

Servicetechniker 61
BiLd 2 die Möglichkeit, optional „Pre Sense Basic“ und/oder „Pre Sense
Front“ zu bestellen. Zu beachten ist, dass das System Kollisionen
nicht verhindern kann. Es dient dazu, den Fahrer zu unterstützen
und kann die Kollisionsschwere reduzieren.

Längsdynamik

Wenn das Fahrzeug mit Geschwindigkeiten über 30 km/h vor-


wärtsfährt und der Fahrer eine „Gefahrenbremsung“ einleitet –
der Bremsdruck muss hierbei einen festgelegten Wert erreichen

Bild: VW
–, werden die reversiblen Gurtstraffer elektrisch teilgestrafft.
Der modulare Querbaukasten erlaubt es VW, Fahrzeuge künftig kostengünstig mit Wenn das ESP allerdings mit dem Taster für ASR und ESP auf
Systemfamilien auszustatten. „Sport“ oder „aus“ eingestellt ist oder die „Drive-Select“-Einstel-
lung auf „Dynamic“ steht, erfolgt keine Teilstraffung (Bild 3).
BiLd 3 Das Airbagsteuergerät wertet die Signale aus, die das ESP-
Steuergerät auf den Datenbus legt. Bei einer „Notbremsung“ –
Bremsdruck erreicht in einer festgelegten Zeit einen bestimmten
Wert – veranlasst es die Gurtstraffer, die Gurte elektrisch rever-
sibel voll zu straffen. Situationsbedingt kann das ESP-Steuergerät
zudem das Einschalten der Warnblinkanlage veranlassen.

Querdynamik

Wenn das Fahrzeug über- oder untersteuert, versucht das ESP


Bild: VW

Droht ein Unfall, bereitet die Elektronik der vorausschauenden Unfallerkennung Fahrzeug und das Fahrzeug zu stabilisieren. Kommt das Fahrzeug jedoch auf-
Insassen auf eine Kollision vor. grund physikalischer Grenzen in eine höhere Instabilität, leitet
das Airbagsteuergerät zuerst die Teilstraffung der elektrisch re-
versiblen Gurtstraffer ein. Lässt sich das Fahrzeug nicht mehr
Da VW seit 2012 Module über den gesamten Konzern und stabilisieren, werden die elektrisch reversiblen Gurtstraffer voll
baukastenübergreifend nutzt, kommt beim Golf 7 und Audi A3 gestrafft. Gleichzeitig beginnen sich die Seitenscheiben und das
erstmals eine Vielzahl von Fahrerassistenzsystemen zum Einsatz, Schiebe-/Ausstelldach (sofern verbaut) zu schließen.
die sonst nur aus höheren Fahrzeugklassen bekannt sind, wie Wenn allerdings das ESP auf „Sport“ oder „aus“ eingestellt ist
zum Beispiel: oder die „Drive-Select“-Einstellung auf „Dynamic“ steht, erfolgt
„ Verkehrszeichenerkennung (VZE) keine Teilstraffung. Wenn das ESP auf „Sport“ oder „aus“ einge-
„ Müdigkeitserkennung stellt ist, erfolgt eine Vollstraffung nur dann, wenn der Fahrer
„ Dynamischer Lichtassistent (DLA) aktiv bremst.
„ Fernlichtassistent (FLA)
„ Spurhalteassistent „Lane Assist“ Niedrige Geschwindigkeit
„ Geschwindigkeitsbegrenzer
„ Automatische Distanzkontrolle (ACC) Erkennt das Airbagsteuergerät, dass eine Frontalkollision mit
„ Front Assist mit City-Notbremsfunktion und Abstandswarner einer niedrigen Fahrzeugverzögerung droht – bei der der Airbag
„ Optisches Parksystem OPS nicht auslöst –, entscheidet es situationsspezifisch, ob eine elek-
„ Parklenkassistent (PLA) trische Vollstraffung durchgeführt wird oder nicht. Weitere Maß-
nahmen, wie zum Beispiel das Einschalten der Warnblinkanlage,
Aktive Sicherheit das Schließen von Fenster und Schiebedach, werden dann nicht
eingeleitet.
Ein neues System in der Kompaktklasse ist beispielsweise die Systemeigenheiten von „Pre Sense Basic“:
vorausschauende Unfallerkennung. Audi „Pre Sense“ kann kriti- „ Wenn ein Sicherheitsgurt nicht angelegt oder der Beifah-
sche Fahrsituationen erkennen und leitet gegebenenfalls Maß- rerairbag auf „off “geschaltet ist, erfolgt keine Ansteuerung
nahmen ein, um Fahrzeug und Insassen auf eine potenziell be- des reversiblen Gurtstraffers.
vorstehende Kollision vorzubereiten. Möglich wird dies durch die „ Die Gurtstraffer sind als LIN-Steuergeräte am Airbagsteuer-
Vernetzung der unterschiedlichen Systeme im Fahrzeug. Hierbei gerät angeschlossen.
senden die Systeme ständig Informationen auf dem Datenbus. „ Durch das Straffen der Gurte ist eine Reduzierung der Vor-
Andere Steuergeräte können diese Informationen auswerten und verlagerung der vorderen Insassen um mehr als 100 mm
dementsprechende Aktionen einleiten. Der Kunde hat bei Audi möglich.

62 kfz-betrieb
Fahrzeug und Komfort

Bild 4
Mit der Mehrausstattung
„Pre Sense Front“ ist gleichzei-
tig die automatische Distanz-
regelung Adaptive cruise con-
trol (Acc) an Bord. Das System
beobachtet mit dem radarsen-
sor des Acc, welcher im Steu-
ergerät für die Abstandsrege-
lung integriert ist, den voraus-
fahrenden verkehr und ermit-
telt permanent den Abstand
zu einem vorausfahrenden
Fahrzeug. Das Steuergerät
wertet die informationen aus
und legt entsprechende Signa-
le auf den Datenbus. Andere
Busteilnehmer empfangen die
Signale. Damit veranlasst das
Steuergerät im Bedarfsfall
über die Steuergeräte für den
Schalttafeleinsatz und für das
eSP unterschiedliche Aktionen.
„Pre Sense Front“ ist auch

Bild: Audi
dann aktiv, wenn das Acc
nicht eingeschaltet ist.
Fährt ein Fahrer unaufmerksam auf ein Hindernis auf, warnt ihn „Pre Sense“ in verschiedenen Phasen. Phase 1: Vorbefüllung der Brems-
Das System besitzt folgende anlage sowie optische und akustische Warnung; Phase 2: Warnruck; Phase 3: Teilbremsung 1 bzw. Teilbremsung 2 (bei Fahrzeugen mit
Funktionen: Frontkamera).
„ Fahrerinformation beim
Hinterherfahren mit kriti-
schem Abstand in bestimmten Situationen. der Bremsanlage durch, und die Auslösealgorithmen für den
„ Fahrerwarnung und Unterstützung durch selbsttätiges Brem- hydraulischen Bremsassistenten werden verändert. ein Brems-
sen oder die verstärkung einer vom Fahrer ausgeführten druckaufbau des hydraulischen Bremsassistenten erfolgt dadurch
Bremsung bei drohender Kollision auf bewegte und stehen- schon, wenn der Fahrer das Bremspeal nur mit geringer Geschwin-
de Fahrzeuge – dadurch reaktionszeitgewinn und Ge- digkeit betätigt.
schwindigkeitsabbau. reagiert der Fahrer nicht auf die Warnhinweise oder nimmt
„ vollverzögerung bei Geschwindigkeiten unter 30 km/h vor er zum Beispiel nur den Fuß vom Gaspedal, erfolgt durch das
bewegten und stehenden Fahrzeugen. ABS-Steuergerät ein Warnruck. Dieser Warnruck ist eine sehr
Der Fahrer wird optisch gewarnt, wenn er auf ein anderes Fahr- kurze, deutlich wahrnehmbare Bremsung des Fahrzeugs und dient
zeug zu dicht auffährt und diesem Fahrzeug anschließend mit nicht der Fahrzeugverzögerung, sondern dazu, die Fahreraufmerk-
angeglichener Geschwindigkeit in einem kritischen Abstand folgt. samkeit zurück auf das verkehrsgeschehen zu lenken. Das soll
Der kritische Abstand ist so definiert, dass bei einem plötzlichen ihm signalisieren, dass eine sofortige reaktion erforderlich ist,
starken Bremsvorgang des vorausfahrenden, auch bei einer um eine Kollision zu verhindern. Auch der Warnruck findet ab-
schnellen reaktion des Nachfahrenden, eine Kollision wahr- hängig von der festgestellten Aufmerksamkeit des Fahrers in
scheinlich ist. einem gewissen Zeitkorridor vor der letzten Brems- oder Aus-
Fährt das Fahrzeug auf ein sich bewegendes Fahrzeug auf, weichmöglichkeit statt, die der Fahrer hat, um die Kollision zu
warnt das Steuergerät im Schalttafeleinsatz den Fahrer ab be- vermeiden. Falls er aber immer noch nicht reagiert oder nur den
stimmten Grenzen optisch und akustisch (Bild 4). Diese Warnun- Fuß vom Gaspedal nimmt, wird das Fahrzeug mit einer Teilbrem-
gen erfolgen in einem gewissen Zeitfenster vor der letzten Brems- sung mit maximal 35 Prozent der Bremskraft gebremst.
möglichkeit zur vermeidung der Kollision. Das zeitliche Auslösen Falls das Fahrzeug mit der Frontkamera für die Fahrerassis-
der Warnungen richtet sich dabei nach dem Aktivitätsgrad des tenzsysteme ausgerüstet ist und diese das Hindernis ebenfalls
Fahrers. Abhängig von Lenk-, Pedal- und Blinkerbetätigungen erkennt, wird die Bremskraft durch die Teilbremsung 2 auf ma-
definiert das System den Fahrer als aktiv oder inaktiv und dem- ximal 60 Prozent erhöht. Bremst der Fahrer, kann in allen be-
zufolge als aufmerksam oder nicht aufmerksam. Bei aufmerksa- schriebenen Phasen (vorbefüllung der Bremsanlage, einstellung
men Fahrern findet die Warnung später statt als bei unaufmerk- des hydraulischen Bremsassistenten, Fahrerwarnung, Warnruck,
samen. Gleichzeitig führt das ABS-Steuergerät eine vorbefüllung Teilbremsung 1 und 2) eine Zielbremsung erfolgen. Bei der Ziel-

Servicetechniker 63
bremsung berechnet das System, ob der Fahrer ausreichend stark „ Fahrerpriorisierung vor System: Wenn der Fahrer in den ein-
bremst, um eine Kollision verhindern zu können. Sollte das nicht zelnen Phasen der Funktionen deutlich ausweicht, beschleu-
der Fall sein, erhöht das Steuergerät den erforderlichen Brems- nigt bzw. bremst, werden die aktuellen Aktionen des Sys-
druck situationsbedingt. tems unterdrückt bzw. abgebrochen. Ist das Hindernis nach
Das System „Pre Sense Front“ beinhaltet zusätzlich die Funk- dem Ausweichen nicht mehr relevant, wird ebenfalls die Un-
tion „Vollverzögerung bei Geschwindigkeiten von 0 bis 30 km/h“. terstützung für diesen Fall abgebrochen.
Wenn das ACC-Steuergerät bei einer Geschwindigkeit unter Das Steuergerät für die Abstandsregelung sitzt mittig hinter dem
30 km/h eine drohende Frontkollision erkennt, führt das ABS- Kühlegrill, unterhalb des Kennzeichenträgers. Es sendet und
Steuergerät eine Vorbefüllung der Bremsanlage durch. Gleichzei- empfängt Daten auf dem CAN-Extended-Datenbus.
tig werden die Auslösealgorithmen für den hydraulischen Brems-
assistenten verändert. Der Bremsdruckaufbau des hydraulischen Automatische Distanzregelung ACC
Bremsassistenten erfolgt dadurch schon bei geringen Pedalbe-
tätigungsgeschwindigkeiten des Fahrers. Die automatische Distanzregelung ACC regelt die Fahrgeschwin-
Falls der Fahrer bei einer kritischen Situation nicht oder zu digkeit situationsabhängig. Das System beschleunigt und verzö-
wenig bremst, führt das ABS-Steuergerät die Bremsung durch, gert sensorgesteuert. Dafür erfasst ein in der Fahrzeugfront ein-
bei Bedarf mit annähernder Vollverzögerung. Der Fahrer wird gebauter Radarsensor ständig den Abstand und die Geschwin-
sehr kurz vor der Auslösung optisch und akustisch darauf auf- digkeit zum vorausfahrenden Fahrzeug. Der Fahrer kann über das
merksam gemacht, dass das Fahrzeug selbsttätig bzw. unterstüt- ACC-Bedienteil auf dem Multifunktionslenkrad das System akti-
zend bremst. Sollte das Fahrzeug selbsttätig ohne Fahrereingriff vieren und deaktivieren, die gewünschte Geschwindigkeit setzten
bis zum Stillstand gebremst haben, erfolgen drei weitere akusti- sowie den Folgeabstand einstellen. Das Kombiinstrument zeigt
sche Signale. Diese machen den Fahrer darauf aufmerksam, dass dann alle relevanten Informationen zum System, wie Wunschge-
er das Fahrzeug aktiv (zum Beispiel durch Bremsen) übernehmen schwindigkeit und Warnmeldungen an.
muss. Wenn der Fahrer das Fahrzeug nicht übernimmt, würde Im Infotainment kann der Fahrer darüber hinaus das ACC-
das System die Bremse lösen, und das Fahrzeug würde, bei Aus- Fahrprogramm (Normal, Eco, Sport) sowie den nach Fahrzeugstart
stattung mit Automatikgetriebe, anrollen. gültigen Folgeabstand konfigurieren. Das Steuergerät der Ab-
Systemeigenheiten bei dieser Funktion: standsregelung sendet dann den zur Regelung der Wunschge-
„ Es erfolgt keine Vorwarnung an den Fahrer. schwindigkeit und des Folgeabstands notwendigen Sollwert für
„ Das System reagiert nicht auf querende oder entgegenkom- die Fahrzeugbeschleunigung an das Motorsteuergerät. Dieses
mende Fahrzeuge sowie Objekte mit geringer Radarrück- übernimmt die Koordination zwischen Gas geben und bremsen.
streuung (z. B. Fußgänger). In allen Fahrsituationen liegt die Verantwortung für das Fahr-
„ Das System reagiert auf Fahrzeuge, die in gleicher Richtung zeugverhalten jedoch allein beim Fahrer. Er kann die Fahrsitua-
fahren, angehalten haben oder stehen. tion durch Abschalten des ACC, selbstständiges Bremsen oder
Beschleunigen jederzeit beeinflussen. Dem ACC sind im Fahrbe-
trieb außerdem systembedingte Grenzen gesetzt. Werden diese
BilD 5 durch die Fahrsituation erreicht oder überschritten, wird der Fah-
rer informiert und optisch zur Übernahme der Funktion aufge-
fordert.

Betriebsgrenzen

Wenn die Wahrnehmung des Radarsensors durch starken Regen,


Schnee oder Schmutz beeinträchtigt ist, deaktiviert das Steurge-
rät die Distanz- und die Geschwindigkeitsregelung selbsttätig.
Im Kombiinstrument erscheint dann der Hinweis „ACC – keine
Sensorsicht“. Sobald die Beeinträchtigung behoben ist, kann der
Fahrer die ACC-Regelung wieder aktivieren.
Um die Verkehrssituation vor dem Fahrzeug zu erfassen, sitzt
beim Golf im vorderen Stoßfänger der Radarsensor mit integrier-
tem Steuergerät (Bild 6). Eine in der Sensoroberfläche integrier-
te Heizung dient dazu, die Ablagerung von Eis und Schnee und
damit eine mögliche Beeinträchtigung der Sensorsicht zu verhin-
Bild: VW

dern oder zu reduzieren. Die Heizung ist Bestandteil des Radar-


Beim Golf sitzt der Radarsensor für das ACC hinter dem Stoßfänger, die Bedienung des Systems sensors und wird vom Steuergerät automatisch ab einer Tempe-
erfolgt über das Multifunktionslenkrad. Optional arbeitet ACC zusätzlich mit der Frontkamera. ratur von unter fünf Grad Celsius aktiviert. Der Radarsensor hat
folgende Merkmale:

64 kfz-betrieb
Fahrzeug und Komfort

Bild 6
„ Sendefrequenz 77 Ghz
„ reichweite 120 m
„ Geschwindigkeitsbereich 0 bis 160 km/h (geregelt), 30 bis
160 km/h (aktivierbar)
Wenn sich kein Fahrzeug vor dem radarsensor befindet, arbeitet
Acc wie eine herkömmliche Geschwindigkeitsregelanlage. er-
kennt der radarsensor jedoch in der eigenen Fahrspur ein vor-
ausfahrendes Fahrzeug, dann bremst Acc bei Bedarf ab und
regelt den vorgewählten Folgeabstand. ln Kombination mit einem
Doppelkupplungsgetriebe (DSG) kann das Fahrzeug außerdem
selbstständig bis zum Stillstand abgebremst und gehalten wer-
den.
Je nach Ausstattung unterscheidet man zwei Funktionsum-
fänge: Bei Fahrzeugen mit Schaltgetriebe wird das Fahrzeug
selbstständig bis zur Wunschgeschwindigkeit beschleunigt oder
abgebremst. Das System schaltet sich jedoch bei Geschwindig-
keiten unterhalb von 20 km/h automatisch ab und fordert den
Fahrer optisch und akustisch dazu auf, die Geschwindigkeit wie-
der selbst zu regeln.

Funktion Aktion
Acc einschalten System wird eingeschaltet. Durch das ein-

Bild: Bosch
schalten ist noch keine Geschwindigkeit
gespeichert, und es erfolgt keine rege-
lung.
Wechsel zwischen Acc und Ge- es wird zwischen Acc und Geschwindig- Der Radarsensor beinhaltet auch gleich das Steuergerät
schwindigkeitsbegrenzer keitsbegrenzer umgeschaltet.
Acc aktivieren Aktuelle Geschwindigkeit wird gespei- Bild 7
chert und die regelung setzt ein.
Bei bereits aktiviertem Acc „kurz drü-
cken“: Wunschgeschwindigkeit um
1 km/h verringern und speichern.
„Lang drücken“: Solange gedrückt wird,
verringert sich die gespeicherte Wunsch-
geschwindigkeit schrittweise um 1 km/h.
Die Geschwindigkeitsreduzierung erfolgt
durch Gaswegnahme oder automatisches
Bremsen.
Acc vorübergehend deaktivie- regelung wird vorübergehend abgeschal-
ren tet. Die Wunschgeschwindigkeit bleibt
gespeichert.
Acc-regelung wieder aufneh- Die gespeicherte Wunschgeschwindigkeit
Bild: Bosch

men wird wieder aufgenommen und geregelt.


ist noch keine Wunschgeschwindigkeit
gespeichert, übernimmt und regelt Acc
die aktuell gefahrene Geschwindigkeit. Die Frontkamera für die Fahrassistentensysteme sitzt hinter der Front-
Beschleunigen „Kurz drücken“: Wunschgeschwindigkeit scheibe im Fuß des Innenspiegels.
um 10 km/h erhöhen und speichern.
„lang drücken“: Solange gedrückt wird,
erhöht sich die gespeicherte Wunschge-
schwindigkeit schrittweise um 10 km/h. Bei Fahrzeugen mit Doppelkupplungsgetriebe hält das System
verzögern „Kurz drücken“: Wunschgeschwindigkeit nicht nur die vorgewählte Geschwindigkeit sowie einen definier-
um 10 km/h verringern und speichern. ten Abstand, sondern kann je nach Situation auch bis zum Still-
„Lang drücken“ : Solange gedrückt wird,
verringert sich die gespeicherte Wunschge- stand abbremsen und innerhalb einer Standzeit von drei Sekun-
schwindigkeit schrittweise um 10 km/h. den oder wenn der Fahrer die „resume“-Taste betätigt, automa-
Die Geschwindigkeitsreduzierung erfolgt
durch Gaswegnahme oder automatisches tisch wieder anfahren. Allerdings erfolgt dabei keine Freiraum-
Bremsen. überwachung durch Zusatzsensorik wie Ultraschallsensor und/
Acc abschalten „Kurz drücken“ während aktiver Acc-re- oder Frontkamera. es handelt sich also um ein vom Fahrer aus-
gelung, Acc vorübergehend abschalten.
„Lang drücken“ während aktiver Acc-re- zulösendes, automatisches Anfahren und nicht um ein vollauto-
gelung, Acc ausschalten. matisches Wiederanfahren. Der zeitliche Abstand zum voraus-
„Kurz drücken während Acc vorüberge- fahrenden Fahrzeug kann in fünf Stufen von 1 Sekunde bis
hend ausgeschaltet“: Acc ausschalten.
maximal 3,6 Sekunden eingestellt werden.

Servicetechniker 65
Bild 8
im Fahrzeug verbaut ist, so er-
möglicht sie ein vorausschau-
endes Verhalten der ACC-Re-
gelfunktion. Diese Verbesse-
rung wird erreicht, weil das
System durch die Kamerabil-
der die Positionen vorausfah-
render Fahrzeuge besser erken-
nen kann. Durch fortlaufende
Beobachtung kann das System
deshalb darauf schließen, ob
ein vorausfahrendes Fahrzeug
von der eigenen auf die Nach-

Grafik: VW
barfahrspur wechseln wird
Den Datenaustausch zwischen Frontkamera und Steuergerät übernimmt ein neuer CAN-Bus, der „CAN-Sensor“. oder von der Nachbarspur auf
die eigene Fahrspur. Diese Er-
kenntnisse fließen in den Re-
Frontkamera für Fahrerassistenzsysteme gelalgorithmus des ACC ein und machen die Regelung flüssiger
und vorausschauender.
Sowohl im Golf als auch beim Audi kommt eine neue Frontka- Zum Datenaustausch zwischen der Frontkamera und dem
mera zum Einsatz. Es handelt sich um eine Schwarz-Weiß-Kame- Steuergerät der Abstandsregelung kommt ein neuer CAN-Bus
ra mit zusätzlicher Roterkennung. Sie verfügt über eine Auflösung zum Einsatz: der „CAN-Sensor“. Es handelt sich um einen CAN-
von 1.024 x 512 Bildpunkten und hat einen Öffnungswinkel von High-Speed-Bus, der ausschließlich dem Datenaustausch zwi-
46 Grad. Systemlieferant ist Bosch. Die Frontkamera verfügt über schen diesen beiden Steuergeräten dient. Weiterhin sind die
eine leistungsfähige Recheneinheit, die ein zusätzliches Steuer- beiden Steuergeräte Teilnehmer am „CAN-Extended“. Darüber
gerät für die Bildverarbeitung überflüssig macht (Bild 7). hinaus ist die Frontscheibenheizung des Spurhalteassistenten an
Die Kamera kommt bei folgenden Fahrerassistenzsystemen der Frontkamera für die Fahrerassistenzsysteme angeschlossen
zum Einsatz: (Bild 8).
„ Active Lane Assist Der „Active Lane Assist“ im Audi A3 ’13 basiert auf dem vom
„ kamerabasierte Verkehrszeichenerkennung Audi A6/A7 bekannten System. Der Kunde kann sich beim Re-
„ Fernlichtassistent (digitale Variante – hartes Umschalten gelverhalten des Systems zwischen den beiden Systemmodi Lenk-
zwischen Auf- und Abblenden) zeitpunkt „früh“ und „spät“ entscheiden (Bild 9 und Bild 10).
„ gleitende Leuchtweite (analoge Variante – passt die Leucht- Wesentlicher Unterschied zum „Active Lane Assist“ aus dem Au-
weite stetig den aktuellen Bedingungen an) di A6/A7 ist, dass sich die Funktion nun komplett in der Front-
„ Adaptive Cruise Control (ACC) kamera befindet. Ein weiterer Unterschied ist, dass die beiden
Die Mehrausstattung ACC kann jedoch auch ohne Frontkamera Zusatzfunktionen „Beabsichtigter Spurwechsel ohne gesetzten
im Fahrzeug vorhanden sein. Wenn allerdings die Frontkamera Blinker“ und „Systemverhalten bei erkannten Hindernissen auf

Bild 9 Bild 10
Fotos: Audi

Bild: Audi

Bei der aktiven Spurführung „Lane Assist“ kann der Fahrer wählen, ob das System das Fahrzeug immer in der Mitte der Spur hält oder erst eingreift, wenn es sich der Begrenzung nä-
hert.

66 kfz-betrieb
Fahrzeug und Komfort

Bild 11
der Nachbarspur“ im A3 nicht zur verfügung stehen.
Der Modus Lenkzeitpunkt „früh“ unterstützt den Fahrer dabei,
sein Fahrzeug in der Mitte der Fahrspur zu halten. in diesem
Modus finden kontinuierlich Lenkeingriffe statt, die das Fahrzeug
wieder in richtung Fahrbahnmitte lenken sollen.
Der Modus Lenkzeitpunkt „spät“ unterstützt den Fahrer dabei,
seine Fahrspur nicht unbeabsichtigt zur verlassen. Der Lenkein-
griff findet in diesem Modus erst statt, wenn sich das Fahrzeug
bereits der Fahrspurbegrenzungslinie genähert hat.
Der Spurhalteassistent schaltet in den passiven Modus:
„ wenn die Geschwindigkeit kleiner als 60km/h ist,
„ wenn der Abstand zur nächsten Fahrbahnmarkierung zu
groß ist,
„ wenn keine Fahrbahnmarkierung erkannt wird,
„ wenn der radius einer Kurve zu klein ist,
„ wenn der Fahrer das korrigierende Lenkmoment des Spurhal-
teassistenten überstimmt,
„ wenn der Fahrer den Blinker setzt,
„ wenn das System längere Zeit keine deutliche, aktive Lenk-
bewegung erkennt,
„ bei sehr dynamischer Fahrweise.

Kamerabasierte Verkehrszeichenerkennung

Bild: Audi
Zur Bestimmung der in der Anzeige erscheinenden verkehrszei-
chen nutzt die kamerabasierte verkehrszeichenerkennung drei
Die kamerabasierte Verkehrszeichenerkennung kann sowohl flexible
wesentliche informationsquellen: Schilderbrücken als auch die Wetterlage berücksichtigen.
1. Die durch Bildverarbeitungssoftware aus den Kamerabildern
gewonnenen informationen zu erkannten verkehrszeichen.
2. informationen aus den prädiktiven Streckendaten, die die Bild 12
Navigationseinheit im Steuergerät der informationselektronik
anderen Steuergeräten zur verfügung stellt.
3. Die in der Frontkamera für die Fahrerassistenzsysteme hinter-
legten gesetzlichen Höchstgeschwindigkeiten pro Straßentyp in
den verschiedenen Ländern.
Bei Audi stehen dem Fahrer mit der neuesten Generation der
kamerabasierten verkehrszeichenerkennung folgende neue Funk-
tionen zur verfügung:
„ Die Funktion zeigt nun auch Überholverbote an.
„ Dem Fahrer stehen im MMi folgende einstellmöglichkeiten zur
verfügung: erweiterte Anzeige: ein/aus; Anzeige von Schil-
dern, die für den Anhägerbetrieb relevant sind: ein/aus.
Bild: Audi

Die Funktion „Kamerabasierte verkehrszeichenerkennung“ benö-


tigt folgende Hardware:
„ Frontkamera (Mastersteuergerät der Funktion)
„ MMi Navigation plus
„ Kombiinstrument mit farbiger Multifunktionsanzeige
in der vollbildanzeige können bis zu drei Tempolimits parallel
dargestellt werden. Die zu den Tempolimits gehörenden Zusatz-
schilder werden unterhalb der Tempolimits dargestellt. Folgende
Zusatzschilder kann die kamerabasierte verkehrszeichenerken- Die erweiterte Anzeige
im Audi kann maximal
nung darstellen:
ein Tempolimit mit
„ Zeitliche Beschränkung einem Zusatzschild an-
„ Gilt nur bei Nässe zeigen.
„ Gilt nur für Fahrzeuge mit Anhänger (Bild 11)

Servicetechniker 67
Wurde ein Überholverbot erkannt, wird dieses dargestellt. plausibel, da ein eventueller Straßenumbau dieses jetzt zulässt.
Parallel dazu kann das System noch maximal zwei Tempolimits Die veraltete Navigationskartenangabe von 80 km/h würde hier
anzeigen. Überholverbote werden nur in der Vollbildanzeige dar- verworfen werden und in beiden Displays die 100 km/h Be-
gestellt, die „Erweiterte Anzeige“ berücksichtigt dagegen aus- schränkung angezeigt.
schließlich Tempolimits. Die Anzeige „Kein Verkehrszeichen er- Ein Beispiel, in der die Navigationsdaten ebenfalls hohe Re-
kannt“ erscheint unmittelbar nach dem Einschalten der Zündung levanz hätten, wäre, wenn nahe der befahrenen Fahrbahn eine
oder wenn anschließend folgende drei Bedingungen erfüllt wer- Parallelfahrbahn verliefe. In diesem Fall würden diese Zeichen
den: der anderen Fahrbahn verworfen. Beim Befahren einer Autobahn
„ Es wurde kein Tempolimit systemseitig erkannt. mit einer automatischen Verkehrssteuerung werden alle von der
„ Es wurde kein Überholverbot systemseitig erkannt. Kamera erfassten Geschwindigkeitsgebote als plausibel einge-
„ Auf diesem Straßentyp existiert keine gesetzlich vorgeschrie- stuft und in beiden Displays angezeigt.
bene Höchstgeschwindigkeit.
Erkennt das System kein Tempolimit, so zeigt es die gesetzlich Lichtassistent
vorgegebene Höchstgeschwindigkeit für den aktuell befahrenen
Straßentyp an. Die „Erweiterte Anzeige“ bietet die Möglichkeit, Volkswagen bietet drei verschiedene Fernlichtassistenten
dass zusätzlich zu einer verkleinerten Tempolimitanzeige in der an:
obersten Displayzeile noch andere Medieninhalte im Mitteldis- „ Digitaler Fernlichtassistent: Er schaltet digital zwischen Ab-
play zur Anzeige gebracht werden können. Die „Erweiterte An- blend- und Fernlicht um.
zeige“ kann maximal ein Tempolimit mit einem Zusatzschild „ Gleitende Leuchtweitenregulierung: Sie passt die Leuchtwei-
darstellen. Liegen mehrere Tempolimits vor, so wird anhand einer te des Fahrlichts stufenlos an die aktuellen Umgebungsbe-
Priorisierung entschieden, welches Tempolimit angezeigt wird dingungen an.
(Bild 12). „ „Dynamic Light Assist“: Er blendet vorausfahrende Fahrzeu-
ge und Gegenverkehr gezielt aus dem Fernlichtkegel der
Beispiel: Scheinwerfer aus.
Für den Fall, dass die optisch erfassten Verkehrszeichen nicht mit Den digitalen Fernlichtassistenten gibt es in zwei unterschiedli-
denen aus der Navigationsdatenbasis übereinstimmen, ist die chen Umsetzungsformen:
Plausibilisierung durch das Kamerasteuergerät besonders wichtig. 1. Wenn das Fahrzeug aufgrund der Bestellung eines anderen
Zum Beispiel liefert die Navigationsdatenbasis die Information, Assistenzsystems über eine Frontkamera für die Fahrerassistenz-
dass die befahrene Straße eine Landstraße mit einer Geschwin- systeme verfügt, dann übernimmt die Frontkamera das Erfassen
digkeitsbeschränkung von 100 km/h ist. Aufgrund einer Bau- des vorderen Fahrzeugumfelds. Es erkennt vorausfahrende und
stelle und einer zusätzlich aufgestellten Geschwindigkeitsbe- entgegenkommende Verkehrsteilnehmer an deren Scheinwerfern
schränkung für den Baustellenbereich von 60 km/h erkennt die und sendet dem Bordnetzsteuergerät eine entsprechende Auf-
Verkehrszeichenerkennung eine Beschränkung auf oder Abblendempfehlung.
60 km/h, während das Navigationsgerät die Baustellenbeschrän- 2. Wenn im Fahrzeug keine Frontkamera verbaut ist, dann wird
kung nicht im System hat. Diese Situation ist im Straßenverkehr für den Fernlichtassistenten ein eigenes Steuergerät eingebaut.
ein durchaus üblicher Fall. Das erkannte Verkehrszeichen mit Es befindet sich im Spiegelfuß des Innenspiegels und übernimmt
niedrigerer Beschränkung ist für die Verkehrszeichenerkennung die gleichen Aufgaben wie die Frontkamera. Seine Daten sendet
in dieser Verkehrssituation plausibel und wird als gültig ausge- es über den CAN-Extended. Der digitale Fernlichtassistent ist für
geben. Das entsprechende Verkehrszeichen wird dann sowohl in Fahrzeuge mit Halogen- und mit Bi-Xenon-Scheinwerfern ohne
der Multifunktionsanzeige im Schalttafeleinsatz als auch im In- „Adaptive Light“ verfügbar (Bild 13).
fotainmentdisplay angezeigt. Um den Fernlichtassistenten nutzen zu können, muss ihn der
Wichtig ist ebenso die in der Frontkamera ablaufende Ob- Fahrer zuvor über den Fernlichthebel durch Tippen nach vorne
jekterkennung. Erkennt die Kamera zum Beispiel einen voraus- einschalten. Aktiviert werden kann er nur, wenn sich der Licht-
fahrenden Lkw, so würde sie die eventuell auf der Heckwand drehschalter in der Position „Auto“ befindet. Nur wenn alle fol-
angebrachten Geschwindigkeitsbegrenzungen des Lkw selbst genden Bedingungen erfüllt sind, schaltet der aktivierte Fern-
nicht für die Anzeige berücksichtigen. lichtassistent das Fernlicht ein:
Liegt jedoch die Situation vor, dass das von der Multifunkti- „ Die Kamera des Fernlichtassistenten meldet, dass die Umge-
onskamera erfasste Geschwindigkeitsgebot höher ist als das aus bungshelligkeit einen vorgegebenen Schwellwert unter-
der Navigationsdatenbasis, läuft ein aufwendiger Plausibilisie- schritten hat, und
rungsprozess ab, der viele Anwendungsfälle durchkalkuliert. „ das Abblendlicht wurde bereits auf Anforderung des Sensors
Verursacht werden kann solch ein Fall zum Beispiel durch eine für Regen- und Lichterkennung eingeschaltet, und
veraltete Navigationsdatenbasis. „ die Fahrzeuggeschwindigkeit ist größer als 60 km/h, und
Befindet sich das Fahrzeug auf derselben Straßenklasse, wie „ es wird weder ein vorausfahrendes noch entgegenkommen-
in der Navigationsdatenbasis registriert, ist ein höheres Gebot, des Fahrzeug bzw. Motorrad erkannt, und
zum Beispiel von der Kamera erkannte 100 km/h, durchaus „ es wird keine Ortschaft erkannt.

68 kfz-betrieb
Fahrzeug und Komfort

Bild 13 Bild 14

Bild: vW

Bild: vW
Das Steuergerät für den Fernlichtassistenten sitzt im Innenspiegel. Der „Dynamic Light Assist“ spart gezielt den Gegenverkehr aus dem Lichtkegel des
Fernlichtes aus, um diesen nicht zu blenden.
Bild 15

Die Frontkamera und das


Steuergerät für das Kurven-
Grafik: vW

licht kommunizieren über den


CAN-Extended.

Bild 16

Aufbau der Bi-Xenon-Schein-


Bild: Audi

werfer für die Adaptive-Light-


Funktion.

ist das Fernlicht durch den Fernlichtassistenten eingeschaltet, tung angeboten. Sie ist nur in verbindung mit Bi-Xenon-Schein-
wird es unter folgenden Umständen wieder ausgeschaltet: werfern mit „Adaptive Light“ verfügbar. Die gleitende Leucht-
„ ein entgegenkommendes Fahrzeug oder Motorrad wird er- weitenregulierung arbeitet folgendermaßen: erkennt die elek-
kannt, oder tronik ein entgegenkommendes Fahrzeug, reduziert das Steuer-
„ eine ausreichend beleuchtete Ortschaft wird erkannt, oder gerät die Scheinwerferreichweite so lange, bis die Stellung
„ die Fahrzeuggeschwindigkeit sinkt unter 30 km/h, oder „Abblendlicht“ erreicht ist. Auf diese Weise wird ein Blenden des
„ der Fernlichtassistent erkennt eindeutig Nebel. Gegenverkehrs vermieden. Nach Passieren des Gegenverkehrs
Der Fernlichtassistent muss bei jedem Klemme-15-Zyklus erneut wird dann, sofern es die verkehrssituation zulässt, die Scheinwer-
aktiviert werden. ferreichweite wieder so weit erhöht, bis die Stellung „Fernlicht“
Die gleitende Leuchtweitenregulierung wird als Mehrausstat- erreicht ist.

Servicetechniker 69
BiLd 17
Brenner und der Linse. In Verbindung mit dem seitlichen Schwen-
ken des Moduls sowie der individuellen Ansteuerung des linken
und rechten Scheinwerfers erlaubt es diese Blendengeometrie,
die Lichtquelle zu maskieren und damit den vorausfahrenden
und entgegenkommenden Verkehr nicht zu blenden (Bild 14).
Die Software klassifiziert erkannte Lichtquellen wie folgt:
„ Frontscheinwerfer
„ Rückleuchten
„ Straßenbeleuchtung
„ Sonstige für die Funktion nicht relevante Lichtquellen
Konnten die Lichtquellen eindeutig einem Fahrzeug zugeordnet
werden, so bestimmt die Frontkamera die Position des erkannten
Fahrzeugs im Bild und schätzt dessen Entfernung zum eigenen
Fahrzeug ab. Diese beiden Werte werden dann über den CAN-
Extended an das Steuergerät für Kurvenlicht und Leuchtweiten-
regelung übertragen (Bild 15).

Adaptive Light

Für die Funktion „Adaptive Light“, also die flexible Ausleuchtung


der Straße bei verschiedenen Situationen, setzt Volkswagen Bi-
Xenon-Scheinwerfer ein. Die in Bild 16 dargestellten Einzelteile
können beim Bi-Xenon-Scheinwerfer ausgetauscht werden. Fol-
gende Bauteile im Inneren der Scheinwerfer können dagegen
nicht einzeln ausgetauscht werden:
„ LED-Modul für Tagfahrlicht und Standlicht
„ Geber für Stellmotoren der variablen Frontbeleuchtung
„ Sensoren für Schwenkmodulposition
„ Stellmotoren für variable Frontbeleuchtung
„ Stellmotoren des dynamischen Kurvenlichts (Bild 16)
Daten des Scheinwerfers
Bild: Archiv

Funktion Leuchtmittel Leistung


Tagfahrlicht 2 Leuchtdioden mit 18 Watt
Kunststofflichtleiter
Standlicht gedimmt auf ca. 25 %
Abblendlicht Gasentladungslampe 35 Watt
(Profil auf Walze) D3S
Fernlicht (Umschaltung
Profil auf Walze)
Autobahnlicht
(Umschaltung Profil
Einige Funktionen des auf Walze)
„Adaptive Light“. Stadtlicht (Umschal-
tung Profil auf Walze
und leichtes Schwen-
ken der Projektions-
Die dritte Fernlichtfunktion bietet der „Dynamic Light Assist“. module)
Das System analysiert über eine Kamera hinter der Frontscheibe Touristenlicht
den vorausfahrenden Verkehr sowie den Gegenverkehr. Auf Basis (Umschaltung Profil
auf Walze)
dieser Daten schaltet sich das Fernlicht bei Geschwindigkeiten
Kurvenlicht
von mehr als 65 km/h automatisch ein und bleibt aktiv. So (Schwenken des Projek-
funktioniert der „Dynamic Light Assist“: Mithilfe der Kamera tionsmoduls)
werden die Fernlichtmodule der Bi-Xenon-Scheinwerfer mit dy- Abbiegelicht (einseitige Glühlampe H8 35 Watt
namischem Kurvenfahrlicht nur in den Bereichen abgeblendet, Ansteuerung)
in denen das System eine mögliche Störung anderer Verkehrsteil- Kreuzungslicht (beid-
seitige Ansteuerung)
nehmer analysiert. Technisch realisiert wird diese Funktion durch
Blinklicht Glühlampe PSY24W 24 Watt
eine drehbare Blende zwischen dem Reflektor mit dem Xenon-

70 kfz-betrieb
Fahrzeug und Komfort

BiLd 18

Bild: Audi
Der „Side Assist“ überwacht den Raum neben und hinter dem Fahrzeug mittels Radarsensoren.

Die Umstellung auf Linksverkehr erfolgt sowohl beim Bi-Xenon- keit größer als 80 km/h ist und durch das Navigationssystem
Scheinwerfer mit „Adaptive Light“ als auch beim Bi-Xenon-Schein- eine Autobahnfahrt erkannt wird.
werfer mit „Adaptive Light“ und gleitender Leuchtweite durch Beim Fernlicht handelt es sich um ein symmetrisches Licht. es
das Drehen der Walze um 180 Grad. Bei diesen Scheinwerfern wird durch das Betätigen des Fernlichthebels, den Fernlichtas-
ist eine 100-prozentige Umstellung möglich, denn auf dem Um- sistenten oder die gleitende Leuchtweitenregulierung aktiviert.
fang der Walze sind sowohl für Links- als auch für rechtsverkehr Das Kurvenlicht passt sich abhängig von der Fahrgeschwin-
alle notwendigen Lichtprofile vorhanden. es ist also nur eine digkeit und dem Lenkeinschlag dem Kurvenverlauf an. Dadurch
Hardware-variante dieses Scheinwerfers notwendig. Aktiviert wird die Kurve besser ausgeleuchtet. Diese Lichtfunktion ist bei
wird das Touristenlicht bei Audi im MMi. im car-Menü kann Geschwindigkeiten von etwa 10 km/h bis 110 km/h aktiv.
unter dem Punkt „Außenbeleuchtung“ die einstellung „Licht bei Beim Stadtlicht handelt es sich um ein symmetrisches Licht
Linksverkehr“ bzw. „Licht bei rechtsverkehr“ ausgewählt werden. für den Nahbereich. es ist bei Geschwindigkeiten ab 5 km/h bis
Bei Fahrzeugen mit Navigationssystem erfolgt die Umstellung 50 km/h aktiv und bei Fahrzeugen mit Navigation ab 5 km/h
automatisch bei Grenzübertritt. bis 60 km/h, wenn über das Navigationssystem eine Stadtfahrt
erkannt wird. Bei der Funktion „Stadtlicht“ ist kein Schwenken
Übersicht der Lichtfunktionen durch das Kurvenlicht möglich.
Das Abbiegelicht wird durch einseitiges Aktivieren der H8-
Das Landstraßenlicht ist ein asymmetrisches Licht. es ist ab einer Glühlampen in den Bi-Xenon-Scheinwerfern mit „Adaptive Light“
Fahrgeschwindigkeit von 50 km/h aktiv. Bei Fahrzeugen mit realisiert. Folgende Bedingungen müssen für das Aktivieren des
Navigation ist das Landstraßenlicht immer dann aktiv, wenn Abbiegelichts erfüllt sein:
keine Stadt- bzw. keine Autobahnfahrt erkannt wird. Bei der „ starker Lenkeinschlag und Fahrgeschwindigkeit unter
Funktion Landstraßenlicht kann zusätzlich das Kurvenlicht aktiv 70 km/h oder
sein. „ aktiviertes Blinklicht und Fahrgeschwindigkeit unter
Das Autobahnlicht ist ein asymmetrisches Licht, bei dem die 40 km/h. es wird zusätzlich zum Landstraßenlicht bzw. zum
entgegenkommende Fahrspur etwas weiter ausgeleuchtet wird Stadtlicht aktiviert.
als beim Landstraßenlicht. Das Autobahnlicht wird aktiviert, wenn Bei Fahrzeugen mit Navigationssystem gibt es zusätzlich die
die Fahrgeschwindigkeit längere Zeit über 110 km/h liegt bzw. Lichtfunktion „Kreuzungslicht“. Dieses wird durch das einschalten
beim Überschreiten von 130 km/h sofort. Bei Fahrzeugen mit der beiden Abbiegelichter erzeugt. es hilft an Kreuzungen, seitlich
Navigation wird das Autobahnlicht aktiv, wenn die Geschwindig- gelegene Gefahren besser zu erkennen. es wird rechtzeitig vor

Servicetechniker 71
BilD 19

Übersicht über Steu-


ergeräte und Daten-
Grafik: Audi

leitungen beim „Side


Assist“.

dem Erreichen der Kreuzung eingeschaltet. Das Kreuzungslicht Slave-Steuergerät und kommuniziert über einen privaten CAN
leuchtet immer in Verbindung mit einem weiteren Licht. Es wird mit dem Mastersteuergerät. Es überwacht die linke Fahrzeugsei-
bei Fahrten in der Stadt zusammen mit dem Stadtlicht sowie bei te. Weiterhin ist das Steuergerät zuständig für die Ansteuerung
Fahrten auf Landstraßen zusammen mit dem Landstraßenlicht der beiden Warnleuchten des Spurwechselassistenten in den
eingeschaltet (Bild 17). Außenspiegeln (Bild 19).

Spurwechselassistent Die Rückfahrkamera

Der Spurwechselassistent hat die Aufgabe, das rückwärtige und Sowohl im Audi A3 ´13 als auch im Golf 7 bieten die Hersteller
seitliche Fahrzeugumfeld mithilfe von Radarsensoren zu überwa- nun erstmals auch ein Rückfahrkamerasystem an. Es handelt sich
chen und den Fahrer bei einem Spurwechsel zu unterstützen. Der dabei um eine videobasierte Einparkhilfe, die das Rückwärtsein-
überwachte Bereich beinhaltet auch den sogenannten „toten parken vereinfachen soll.
Winkel“. Die Sensoren überwachen sowohl die Fahrer- als auch Die Rückfahrkamera ist unauffällig in die Griffleiste der Heck-
die Beifahrerseite. Jeder Seite steht dabei ein eigener Radarsen- klappe oder hinter dem klappbaren VW-Emblem integriert, von
sor zur Verfügung. Wird vom Spurwechselassistenten eine kriti- wo aus sie das hintere Fahrzeugumfeld aufnimmt. Für die Auf-
sche Situation erkannt, die bei einem Spurwechsel einen Unfall nahme von Bildern befindet sich ein Halbleiterchip in der Rück-
verursachen könnte, so informiert bzw. warnt das System den fahrkamera. Dieser Bildaufnahmesensor nimmt farbige Bilder
Fahrer. Informiert wird der Fahrer durch Ansteuern der Warn- mit einer Auflösung von 640 Bildpunkten horizontal und 492
leuchten im entsprechenden Außenspiegel, gewarnt wird er durch Bildpunkten vertikal auf. Die Linse der Kamera verfügt über eine
ein intensives Blinken der Warnleuchten. schmutzabweisende Beschichtung. Sollte die Linse trotzdem ver-
In Fahrzeugen mit der Mehrausstattung Spurwechselassistent schmutzt sein, ist es Aufgabe des Fahrers, diese zu reinigen. Er
sind zwei zusätzliche Steuergeräte im hinteren Stoßfängerüberzug erkennt die Verschmutzung der Linse durch eine nachlassende
verbaut. Jedes Steuergerät ist für die Überwachung einer Fahr- Bildqualität in der Anzeige. Eine systemseitige Erkennung von
zeugseite bzw. Nachbarspur verantwortlich und besteht aus einer Verschmutzung mit entsprechendem Fahrerhinweis ist noch nicht
Recheneinheit und einem Radarsensor. Einen separaten Taster umgesetzt.
zur Aktivierung der Assistenzfunktion gibt es im Audi A3 nicht. Die Rückfahrkamera ist über eine Videoleitung direkt an das
Die Aktivierung bzw. Deaktivierung der Funktion findet im MMI Steuergerät für die Informationselektronik angeschlossen. Das
statt. Ausklappen des VW-Emblems und die Aktivierung der Rückfahr-
Die Einstellungen, die ein Fahrer vornimmt, werden im Steu- kamera erfolgen ausschließlich über das Einlegen des Rückwärts-
ergerät für den Spurwechselassistenten dem genutzten Fahrzeug- gangs. Damit wird auch gleichzeitig die Signalübertragung zum
schlüssel zugeordnet und somit personalisiert. Das Steuergerät Steuergerät ausgelöst (Bild 20). Aufgrund der geringen Brenn-
des Spurwechselassistenten ist das Mastersteuergerät der Funk- weite und der damit verbundenen Weitwinkelsicht kann der ge-
tion und gleichzeitig Teilnehmer am CAN-Extended (Bild 19). Es samte Heckbereich in Fahrzeugnähe als Ganzes von der Kamera
überwacht die rechte Fahrzeugseite. Das Steuergerät 2 ist das erfasst werden.

72 kfz-betrieb
Fahrzeug und Komfort

Bild 20
Grafik: vW

Systemübersicht der
Rückfahrkamera.

Die aufgenommenen Bilder werden vom Steuergerät der in­ „ Der Lenkwinkelgeber liefert den aktuellen Lenkwinkel, der
formationselektronik empfangen und können im Farbdisplay des für die Berechnung der dynamischen Hilfslinien im Kamera­
infotainments in echtzeit angezeigt werden. Das videobild wird bild notwendig ist.
von dem Steuergerät jedoch nicht aufbereitet oder korrigiert. Die „ Das Steuergerät der einparkhilfe liefert informationen darü­
statischen Hilfslinien, die das Umgebungsbild im Farbdisplay ber, ob die einparkhilfe derzeit aufgrund des Tasters oder
überlagern, werden bereits von der rückfahrkamera in das video­ aufgrund eines eingelegten rückwärtsgangs aktiv ist und ob
bild eingefügt und so an das Display übertragen. Sie dienen das Steuergerät der einparkhilfe defekt ist.
dazu, dass der Fahrer trotz starkem Weitwinkel die enfernungen „ Das Steuergerät für die Anhängererkennung teilt dem rück­
besser einschätzen kann. fahrkamerasystem mit, ob sich aktuell ein Anhänger am
ein blaues Feld im Kamerabild stellt eine um fünf Meter ver­ Fahrzeug befindet oder nicht. Befindet sich ein Anhänger
längerte Fahrzeugkontur dar. Über dieses Feld würde das Fahrzeug am Fahrzeug, werden die Hilfslinien und das Hilfsfeld deak­
rollen, wenn der Fahrer weitere fünf Meter ohne Lenkradeinschlag tiviert.
zurückfährt. ein variierender Blauton erleichtert es dem Fahrer „ Das Zentralsteuergerät für das Komfortsystem sendet die in­
dabei, die entfernung zu Hindernissen einzuschätzen. formation, ob die Heckklappe geschlossen oder geöffnet ist.
Der erste Übergang vom tiefblauen zu einem mittelblauen Feld ist die Heckklappe geöffnet, werden die Hilfslinien und das
liegt bei etwa ein Meter Abstand zum hinteren Stoßfänger, der Hilfsfeld deaktiviert.
nächste Übergang bei etwa zwei Meter Abstand. Das darauffol­ „ Das Steuergerät für Zugang und Startberechtigung sendet
gende hellblaue Feld reicht bis zu einem Abstand von fünf Metern. der rückfahrkamera den aktuellen Klemme­15­Status.
eine rote Linie als Abschluss des tiefblauen Feldes erscheint etwa „ Das Bordnetzsteuergerät sendet die information, ob das
40 Zentimeter vom Fahrzeugheck entfernt. „Stößt“ sie gegen ein rückfahrlicht gerade angesteuert wird. Daraus wird bei
Hindernis, sollte der Fahrer nicht weiter zurückfahren. Fahrzeugen ohne Steuergerät für die einparkhilfe geschlos­
Da die Ausrichtung dieses blauen Hilfsfeldes unabhängig vom sen, dass der rückwärtsgang aktuell eingelegt ist und ent­
Lenkwinkel ist und nur von der aktuellen Fahrzeugposition ab­ sprechend das Kamerabild auf dem Bildschirm dargestellt
hängt, nennt man es auch statisches Hilfsfeld. im Gegensatz werden muss.
dazu zeigen zusätzliche orangefarbene Hilfslinien den Fahrweg „ Das Steuergerät für ABS sendet die information über die ak­
an, den das Fahrzeug bei gleichbleibendem Lenkradeinschlag tuelle Fahrzeuggeschwindigkeit. Sie wird benötigt, um die
auf den nächsten fünf Metern zurücklegen würde. Da der Lini­ ein­ und Ausschaltbedingungen der rückfahrkamera zu er­
enradius vom Lenkradeinschlag abhängig ist, nennt man diese fassen.
„dynamische Hilfslinien“. Die seitlichen Markierungen an den Die Beispiele in diesem Beitrag zeigen, dass die komplexen As­
dynamischen Hilfslinien sind im Abstand von etwa einem Meter sistenzsysteme langsam im Massenmarkt ankommen. es ist nur
angebracht. Auch sie sollen dem Fahrer helfen, entfernungen noch eine Frage der Zeit, bis sie genauso weit verbreitet sind wie
besser einschätzen zu können. ABS und eSP.
Das Steuergerät für das rückfahrkamerasystem tauscht mit
verschiedenen Steuergeräten informationen aus: Georg Selgrad

Servicetechniker 73
Weiterbildung

Servicetechniker
technik von Profis für Profis

Motor- und MotorManageMentsysteMe


bordnetz, vernetzung, koMMunikation
Fahrzeug und KomFort
navigation, unterhaltung, infotainMent
fahrzeug und sicherheit
fahrzeug, reifen, fahrWerk
kraftstoffe und antriebe
instandsetzung und diagnose
sensoren, aktoren
Motor, abgase und uMWeltProbleMatik
antriebsstrang
fahrzeugsysteMe/Mechatronik

904/2014 www.kfz-betrieb.de 74
Fahrzeug und Komfort

Cabriolets

Nach oben offen


Aufbau, Funktion und Wartung elektrohydraulisch betätigter Textilverdecke

BilD 1 aus dem Dornröschenschlaf


geweckt wird. Spielt die Tech-
nik mit, dürften in erster Linie
Fragen zur verdeckpflege wich-
tig sein. Die Bedienungsanlei-
tung des jeweiligen Fahrzeug-
herstellers informiert in der
regel ausführlich über die
empfohlene vorgehensweise.
Was ein Stoffverdeck jedoch in
jedem Fall „übelnimmt“, lässt
sich kurz zusammenfassen:
„ Waschstraßenbenutzung in
verbindung mit Hartwachs
oder ähnlichen chemikalien.
von vielen Herstellern ist die
Benutzung der Waschanlage
allerdings freigegeben.
„ Das nasse verdeck zu öff-
nen, sollte man tunlichst ver-
meiden. Denn dabei entste-
hen Falten, Stockflecken usw.
„ ein durch Parken unter
Bäumen verdrecktes verdeck
sollte man ebenfalls nicht
öffnen. Dadurch wird das
Foto: Audi

verdeck schnell unansehnlich


und die hohe Qualität des
Wenn die Sonne herauskommt, fallen bei den Cabrios die Dachhüllen – bei vielen Modellen elektrohydraulisch unter- verdeckmaterials um Jahre
stützt. im Zeitraffertempo gemin-
dert; dann zeigen sich unter
Die diesjährige Saison für Freiluftfans und cabriofahrer dürfte Umständen auch Scheuerstellen.
je nach region bereits begonnen haben oder steht demnächst viele cabriofahrer schwören auf Handarbeit bei der reinigung
an. So richtig in Fahrt kam das Frischluftsegment in den neunzi- ihres verdecks: Dafür nimmt man am besten eine weiche Klei-
ger Jahren. Maßgeblich dazu beigetragen haben zwei populäre derbürste und bürstet das Dach von vorn nach hinten mit leich-
Zweisitzer, die zu erträglichen Preisen Frischluftvergnügen mit
absoluter Schlechtwettertauglichkeit kombinierten. 1996 beleb-
te Mercedes-Benz mit dem SLK die alte Peugeot-idee mit dem
Stahlklappdach wieder. Peugeot zog mit dem kleinen 206 cc
inhalt
nach. Beide Modelle lösten eine ganze Welle von Fahrzeugen mit Cabrio-Textilverdecke
klappbarem Stahldach aus. Doch weil die Stahlklappdächer das
Fahzeuggewicht erhöhen und außerdem mit einer defektanfälli- „ Der BMW Z8 (E52) 76
gen Technik verbunden sind, kehren die Hersteller zunehmend „ Die Verdeckbetätigung 76
wieder zum Textilverdeck zurück. Jüngstes Beispiel ist der Opel „ System im Audi A4 78
cascada. in der Oberklasse war das traditionelle Textildach immer
„ Hydrauliksystem 81
schon die dominierende verdecktechnik. Denn typischerweise
verbringen diese Fahrzeuge den Winter wohlbehütet in einer „ Elektrische Ausrüstung 85
Garage. Die Folge ist ein alljährliches ritual, mit dem der Wagen

Servicetechniker 75
tem Druck ab. Sind stärkere Verschmutzungen vorhanden, nimmt werden von einer rechts-/linkslaufenden Pumpe mit Öl gespeist.
man einen Zehn-Liter-Eimer mit warmem Wasser und gibt etwas Die Einschaltzeiten von Pumpe und Verriegelung steuert die
Feinwaschmittel dazu. Dieses Gemisch dann mit einem großen CVM-Elektronik zustandsabhängig bzw. bedienschalterabhängig.
Mikrofasertuch auftragen und von vorn nach hinten verreiben, Die Pumpe ist in Betrieb, wenn sich das Verdeck bewegt. Das
bis sich feiner Schaum bildet. Abschließend mit viel Wasser (ohne Verdeck ver- und entriegelt ein Elektromotor mit Getriebe, der
Druck) abspülen. am oberen Scheibenrahmen des Verdecks sitzt. Die Ansteuerung
Versagt nach der ersten Pflege trotz fachgerechter Überwin- erfolgt ebenfalls aus dem CVM heraus.
terung bei vollautomatischen Verdecksystemen die Technik, dann Das Schließen erfolgt halbautomatisch. Hat die Elektrohy-
ist die Werkstatt gefragt. Auch bei Verdecksystemen ist es wich- draulik das Verdeck nach vorn geklappt, muss es der Fahrer von
tig, systematisch auf die Suche nach dem Fehler zu gehen. Dieser Hand noch weiter nach unten ziehen. Dabei betätigt er einen
Beitrag beschreibt am Beispiel von BMW und Audi die Serien- Schalter in der Griffschale und löst anschließend mit einem Po-
technik von Verdecksteuerungen. sitionsschalter die Verriegelung vorn aus. Das Absenken und
Anheben der zwei Seitenscheiben vor und nach dem Verdecklauf
erfolgt automatisch durch das Steuergerät Grundmodul (GM). Es
Der BMW Z8 (E 52) erhält dafür vom CVM entsprechende Informationen über den
K-Bus. Das Grundmodul wiederum stellt über den K-Bus die ak-
Der BMW Z8 hat serienmäßig ein hydraulisch betätigtes Verdeck tuellen Statussignale der Scheibenstellung zur Verfügung, die für
in Leichtbauweise. In geöffnetem Zustand kann es von einer das CVM die Voraussetzung dafür sind, das Verdeck zu bewegen.
Persenning abgedeckt werden. Der Öffnungsvorgang erfolgt
vollautomatisch. Das Faltverdeck wird nach elektromechanischem Verdeckbetätigung
Entriegeln elektrohydraulisch betätigt und im Verdeckkasten
abgelegt. Das Schließen erfolgt dagegen halbautomatisch in Öffnen
umgekehrter Reihenfolge. Zum Verriegeln muss der Fahrer die Um das Verdeck zu öffnen, muss der Fahrer den Bedienschalter
Technik manuell unterstützen. in der Mittelkonsole während des gesamten Vorgangs gedrückt
Bewegt und verriegelt wird das Faltverdeck über zwei Bedien- halten. Sind alle Bedingungen für den Verdecklauf erfüllt, senkt
schalter. Einer befindet sich in der Griffschale am Verdeckrahmen das GM zuerst die Seitenscheiben kurz ab, falls es eine als ge-
vorne in der Mitte, der Zweite befindet sich in der Mittelkonsole schlossen erkennt. Anschließend wird die Windlaufverriegelung
(Bild 2). elektromotorisch gelöst und das Verdeck hydraulisch nach hinten
Die verdeckspezifischen Funktionen steuert und überwacht im bewegt. Liegt das Verdeck im Kasten, werden die Verriegelungs-
BMW Z8 das Cabrio-Verdeckmodul (CVM). Im offenen Zustand haken bei laufender Pumpe eingefahren, damit der Fahrer die
ist das Faltverdeck im Verdeckkasten abgelegt und die Verriege- Persenning ohne Beschädigung manuell aufknöpfen kann.
lungshaken sind eingezogen. Den Verdeckkasten kann der Fahrer
manuell mit einer Persenning schließen. Schließen
Als Verdeckantrieb dienen doppelwirkende Hydraulikzylinder, Vor dem Schließen des Verdecks muss der Fahrer die Persenning
die an einer Hydraulikpumpe angeschlossen sind. Die Zylinder ebenfalls manuell wieder entfernen. Eine aufgeknöpfte Persen-
ning verhindert das Auffahren der Verriegelungshaken. Dieses
ist jedoch die Vorbedingung
BilD 2 zum Anheben des Verdecks
aus dem Verdeckkasten. Das
Schließen des Verdecks läuft
in zwei Abschnitten ab. Zuerst
muss der Fahrer den Bedien-
schalter in der Mittelkonsole
während des gesamten Vor-
gangs nach vorn drücken und
dort halten. Dadurch werden
nach einer Positionsüberprü-
fung die beiden Seitenschei-
ben kurz abgesenkt. Anschlie-
Schnitt durch das BMW- ßend werden die Verriege-
Z8-Verdeck. (A) Schalter
für die Windlaufverriege-
lungshaken ganz aufgefahren
lung, (B) Hardtopkon- und die Hydraulik kann das
takt. Verdeck nach vorne bewegen.
Grafik: BMW

Im zweiten Abschnitt muss


der Bediener in die Griffschale

76 kfz-betrieb
Fahrzeug und Komfort

am verdeck fassen und dieses nach unten ziehen. Treffen die Bild 3
verriegelungshaken in die verriegelungsplatte, so erzeugen sie
dort zusätzlich zum Signal vom Schalter in der Griffschale ein
weiteres Signal. Beide ergeben die Bedingung für das Anlaufen
des verriegelungsantriebs, der den Windlauf verriegelt. Hält man
den Schalter in der Griffschale nach dem verriegeln für länger
als zwei Sekunden gedrückt, so werden die abgesenkten Seiten-
scheiben wieder geschlossen. Während des ganzen verdecklaufs
leuchtet im Anzeigemodul eine rote LeD. ist eine sichere endpo-
sition erreicht, erlischt die Warnlampe des verdecks wieder.
Hinweis: Alle Funktionen sind nur so lange aktiv, wie der je-

Foto: BMW
weilige Bedienschalter betätigt ist. Wird der verdeckschalter
während der Bewegung losgelassen, so unterbricht die elektronik
die Bewegung des verdecks oder der verriegelung sofort. Das Das Hydraulikaggregat des Z8-Verdecks.
verdeck befindet sich dann in einer Zwischenstellung. eine Wie-
deraufnahme der Bewegung erfolgt durch erneutes Betätigen
des verdeck- bzw. Griffschalenschalters. Während der verdeck- die Druckpumpe enthält, die von einem Gleichstrommotor ange-
bewegung brennt eine rote LeD im entsprechenden Anzeigemo- trieben wird. Um die beiden Bewegungsrichtungen zu erzeugen,
dul. Befindet sich das verdeck durch eine Unterbrechung in einer wird die Drehrichtung des Pumpenmotors durch zwei relais ge-
Zwischenstellung, beginnt die LeD zu blinken. Wird eine der schaltet. Für die Bewegung des verdecks sind zwei Hydraulikzy-
beiden sicheren endstellungen erreicht (verdeck abgelegt oder linder eingebaut (Bild 3).
am Windlauf verriegelt), erlischt die rote LeD. Das cvM ist beim Z8 im innenraum hinter der B-Säule unter
Ablauf beim Öffnen: der Seitenverkleidung verbaut. es ist diagnosefähig. Fehler wer-
„ verdeckschalter in richtung „auf“ betätigen den in einem nichtflüchtigen Fehlerspeicher abgelegt, der mit
„ Seitenscheiben werden abgesenkt einem geeigneten eigendiagnosetester gelöscht werden kann.
„ verdeck vorne am Windlauf entriegeln Die Spannungsversorgung erfolgt über eine abgesicherte Klem-
„ verdeck wird nach hinten bewegt me 30. Bei einem Sicherungsdefekt wird die Diagnose über die
„ verdeck wird im verdeckkasten abgelegt Klemme r ermöglicht. Diagnose findet über die K-Bus-Schnitt-
„ verriegelungshaken werden zugefahren, während die Pumpe stelle statt (Bild 4).
noch läuft Die Pinbelegung am cvM (Bild 4) sieht folgendermaßen aus:
„ LeD erlischt Signalstecker A, Farbe Schwarz, 26-polig
„ Seitenscheiben werden angehoben (2 Sekunden nach verrie- A1 relais-Pumpe ablegen
geln) A2 relais-Pumpe zufahren
A3 Spannungsversorgung verriegeln, Fanghaken unten
Ablauf beim Schließen: A4 Spannungsversorgung verdeck abgelegt plus
„ verdeckschalter in richtung „schließen“ betätigen A5 Spannungsversorgung verdeck vorne plus
„ Seitenscheiben werden abgesenkt 6 Nicht belegt
„ verriegelungshaken werden aufgefahren A7 Klemme r
„ verdeck wird aus dem verdeckkasten herausgehoben 8 reserve
„ verdeck wird nach vorne bewegt A9 Bedienschalter verdeck schließen
„ verdeck stoppt über dem Windlauf A 10 Bedienschalter verdeck öffnen
„ Der Benutzer senkt das verdeck vorn ab (Griffschale) A 11 Fahrzeug geschlossen (durch verdeck oder Hardtop)
„ verriegelungsantrieb setzt ein und verriegelt A 12 verdeckbetätigung sperren bei Hardtop oder Persenning
„ Die Seitenscheiben werden angehoben (2 Sekunden nach 13-15 Nicht belegt
verriegeln) A 16 Schalter für verriegeln, Fanghaken unten
A 17 verdeck abgelegt
Bedingungen für die Verdeckbewegung A 18 verdeck vorne
Um das verdeck zu betätigen, müssen außer einem fehlerfreien 19-21 Nicht belegt
Systemcheck folgende Bedingungen erfüllt sein: A 22 verdeckstatus (LeD im Anzeigemodul)
„ Keine der Seitenscheiben durch das GM geschlossen 23-25 nicht belegt
„ Fahrzeugstillstand (v = < 5 km/h) A 26 K-Bus; vernetzung für Bordnetz
„ Keine Persenning aufgesetzt (nur schließen)
„ Kein Hardtop montiert (nur schließen) Laststecker B, Farbe Schwarz, 4-polig
„ Ab Zündschlüsselstellung „radio“ B1 verdeckverriegelungsmotor Anschluss 1
Das Hydraulikaggregat besteht aus einem Ölbehälter, der auch B2 Klemme 31 Leistungsmasse

Servicetechniker 77
Bild 4 Die beiden Endstellungen des Mechanismus werden von berüh-
rungslosen Schaltern erkannt und im CVM verarbeitet. Der Ver-
riegelungsmechanismus hat rechts und links Kulissen, die durch
Spindeln bewegt werden. Über biegsame Wellen wird von der
Mitte aus, wo der Gleichstrommotor mit Winkelgetrieben sitzt,
die Drehbewegung zu den Spindeln gebracht (Bild 5).

Grundmodul
Das Grundmodul steuert die durch Bedienschalter ausgelösten
Scheibenfunktionen. Die Fenster können dabei einzeln oder ge-
meinsam bewegt werden. Das Absenken oder Anheben der vier
Scheiben kann auch durch K-Bus-Telegramme ausgelöst werden.
Bei dem Kommando „Absenken“ vom CVM führt das Grundmo-
dul ein kurzes Absenken aller Scheiben durch.

Kombimodul
Das Kombimodul erhält von verschiedenen Sensoren unter an-
derem auch die Raddrehzahl und die Außentemperatur und er-

Grafik: BMW
mittelt daraus Werte für die Anzeige im Tacho. Parallel dazu wird
die Information den Busteilnehmern zur Verfügung gestellt. In
Das Blockschaltbild des CVM WI: Windlaufschalter für Verriegelung Fangha- einem Statustelegramm wird bei der Zustandsänderung „Fahr-
VL: Verdeck LED im Anzeigemodul ken unten zeug fährt“ oder „Fahrzeug steht“ (v < 4km/h) übertragen. Au-
KM: Kombi-Modul VD: Schalter Verdeck abgelegt und Verdeck vor- ßerdem stehen ab Klemme 15 die aktuelle Geschwindigkeit und
R1: Relais Hydraulikpumpe (Verdeck ablegen) ne
R2: Relais Hydraulikpumpe (Verdeck zufahren) HAT: Verdecksperre bei Hardtop oder Persenning
Außentemperatur auf dem K-Bus zur Verfügung.
MP: Motor Hydraulikpumpe VVS: Verriegelung Verdeckschalter Bei einer Notbetätigung soll das Verdeck nur geschlossen wer-
SV: Bedienschalter Verdeck in Mittelkonsole Audio: HIFI Erkennung für Hardtop- oder Ver- den. Die mechanische Notbetätigung sitzt am Windlaufspriegel
deckakustik vorne innen unter einer Blende. Der Windlauf kann mit einem
Innensechskant verriegelt werden (Bild 6).

B3 Klemme 30 Dauerplus (Batterie gesichert)


B4 Verdeckverriegelungsmotor Anschluss 2 System im Audi A4
Verdeckstecker C, Farbe Weiß, 18-polig Der Aufbau des Verdeckbezugs besteht beim Audi A4 Cabriolet
1-3 Nicht belegt aus einem dreilagigen, textilen Verdeckstoff, einer 15 mm starken
C4 Spannung Verdeckschalter (verriegelt) Dämmmatte und einem separaten Innenhimmel. Der Verdeck-
C5 Signal Verdeckschalter (verriegelt) bezug wird an Verdeckspitze, Dachrahmen, Hilfsspriegel und
C6 Signal Verdeckschalter Griffschale Spannbügel mechanisch durch Klemmkeder und Klemmprofile
7-12 Nicht belegt befestigt. Durch diese Befestigung ist eine hohe Reparatur- und
C 13 Spannung Verdeckschalter (entriegelt) Servicefreundlichkeit gegeben – der Verdeckbezug wird verrastet,
C 14 Signal Verdeckschalter (entriegelt) verclipst, vernietet und verschraubt. Die Heckscheibe besteht aus
C 15 Spannung Verdeckschalter Griffschale beheizbarem Mineralglas.
16-18 Nicht belegt Die Konstruktion des Verdeckgestänges stellt durch Alumini-
um/Stahl-Mischbauweise einen guten Kompromiss zwischen
Das CVM erkennt die Verdeckpositionen vorn und abgelegt Steifigkeit und geringem Gewicht dar. Durch die Aluminium-
sowie die Verdeckverriegelungsposition über zwei berührungslo- Klemmprofile lassen sich die einzelnen Verdeckbauteile einfach
se Endschalter. Für die Erkennung des Hardtops wird ein mecha- aus- und einbauen.
nischer Kontakt an der Hardtopaufnahme verwendet. Reißverschlüsse verbinden den Verdeckbezug direkt mit der
Die Verdeckverriegelung vorn am oberen Scheibenrahmen Zwischenlage (Dämmmatte) und somit indirekt mit den Spriegeln.
erfolgt elektromotorisch. Beim Schließen wird zuerst das vordere Hierdurch wird der sogenannte Balloning-Effekt, also das Auf-
Verdeckgestänge vom Bediener nach unten bewegt, bis die Ha- blasen des Verdecks bei hohen Geschwindigkeiten, möglichst
ken greifen. Die richtige Position wird von dem Schalter „Verdeck“ gering gehalten (Bild 7).
unten erkannt. Dieses Signal wird mit dem vom Bediener in der
Griffschale ausgelösten Verriegeln im CVM verknüpft. Anschlie- Verdeck öffnen
ßend werden die beiden Haken rechts und links durch einen Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit sich das
Elektroantrieb zugefahren und im Scheibenrahmen verriegelt. Verdeck öffnen lässt:

78 kfz-betrieb
Fahrzeug und Komfort

Bild 5 Bild 6

Foto: BMW
Foto: BMW
Das Z8-Verdeck kann im Notfall mechanisch über einen Innensechskant ver-
Der Verriegelungsmechanismus des Z8-Verdecks. riegelt werden.

„ Fahrzeug steht/Geschwindigkeit < 5 km/h in der verdeckspitze parallel zur verdeckbewegung wieder ge-
„ Zündung eingeschaltet schlossen.
„ Heckdeckel geschlossen Danach wird das verdeck vollständig im verdeckkasten abge-
„ variabler verdeckkasten abgesenkt legt. Zum Schutz der Hydraulikanlage ist die Laufzeit der Hy-
Das geöffnete verdeck wird vollständig in den variablen verdeck- draulikpumpe beschränkt. Denn die Hydraulikeinheit ist sehr
kasten abgelegt. Bei geschlossenem verdeck kann dieser ange- stark beansprucht, wenn das verdeck über einen längeren Zeit-
hoben werden, um das Gepäckraumvolumen zu vergrößern. Um
das verdeck zu öffnen, muss der variable verdeckkasten allerdings
wieder vollständig abgesenkt sein. ein Anheben des variablen Bild 7
verdeckkastens ist bei geöffnetem verdeck nicht möglich. Beim
versuch, das verdeck zu öffnen, ohne dass der variable verdeck-
kasten abgesenkt wurde, erscheint ein Meldetext im Display des
Kombiinstruments (Bild 8).

Das automatische verdeck kann auch mit dem Fahrzeugschlüs-


sel im Schloss der Fahrertür geöffnet oder geschlossen werden.
Der Öffnungs- oder der Schließvorgang wird jedoch beim Loslas-
sen des Fahrzeugschlüssels sofort unterbrochen. eine Betätigung
des automatischen verdecks über die Funkfernbedienung des
Schlüssels ist aus Sicherheitsgründen nicht möglich. Bei Fahrzeu-
gen mit Diebstahlwarnanlage ist zuerst die entriegelungstaste
Grafik: Audi

am Schlüssel zu drücken, um das Fahrzeug zu entriegeln. Um ein


versehentliches Öffnen oder Schließen des verdecks zu vermeiden,
ist zudem ein bestimmer Ablauf erforderlich. Die Konstruktion des Audi-A4-Verdecks besteht aus Stahl und Aluminium.
Für das Öffnen: einmaliges Drehen des Schlüssels in Öff-
nungsstellung. Danach innerhalb von zwei Sekunden den Schlüs- Bild 8
sel ein zweites Mal in Öffnungsstellung drehen und ihn in dieser
Stellung halten, bis das verdeck vollständig geöffnet ist. Kom-
fortschließen funktioniert analog in die rechte Drehrichtung des
Schlüssels.
Der Funktionsablauf beim Öffnen des A4-verdecks sieht dann
folgendermaßen aus:
Betätigt der Fahrer den verdeckschalter, wird der Heckdeckel
gesperrt und gleichzeitig die Kontrollleuchte im Kombiinstrument
aktiviert. im Anschluss daran senkt die regelung alle Seitenschei-
ben auf eine definierte Position ab.
Dann wird die verdeckspitze im Dachrahmen entriegelt, der
Grafik: Audi

verdeckspannbügel aufgestellt und dabei auch die verdeckspit-


ze angehoben. Gleichzeitig schaltet das Steuergerät die Heck-
scheibenheizung aus. Der Verdeckkasten kann im A4 mittels eines Hebels abgesenkt werden. In Position A ist der Ver-
deckkasten abgesenkt, in Position B angehoben.
Außerdem wird der verdeckkastendeckel entriegelt und voll-
ständig aufgestellt. Zudem wird der geöffnete verdeckverschluss

Servicetechniker 79
Bild 9 raum ununterbrochen betätigt wird. Um eine Beschädigung des
Systems zu vermeiden, gibt es einen Überlastschutz. Diese Funk-
tion sperrt die Verdeckbetätigung für einen Zeitraum von etwa
15 Minuten. Danach ist eine Verdeckbetätigung wieder möglich.
Kurz hintereinander sind maximal vier komplette Verdeckläufe
möglich (ca. 200 s Dauerbeanspruchung), da sonst Übertempe-
ratur am Hydroaggregat auftreten kann. Spricht die Laufzeitüber-
wachung an, legt die Elektronik keinen Fehlereintrag im Fehler-
speicher ab (Bild 9).
Abschließend wird der Verdeckkastendeckel geschlossen und
wieder verriegelt. Danach ist die Sperrung des Heckdeckels wie-
der freigegeben. Nach der erfolgten Verdeckablage erlischt die
Kontrollleuchte im Kombiinstrument. Wenn der Verdeckschalter
nun weiterhin gezogen bleibt, werden auch die Seitenscheiben
wieder in die Endstellung ganz nach oben gefahren.
Das automatische Verdeck kann bei einer Funktionsstörung
auch von Hand wieder geschlossen werden. Um die Notbetäti-
gung des Verdecks durchzuführen, sollen folgende Voraussetzun-
gen erfüllt sein:
„ Fahrzeug steht – Handbremse angezogen
„ Scheiben geöffnet
„ Zündschlüssel abgezogen
Die komplette Notbetätigung des automatischen Verdecks
beinhaltet dann im Wesentlichen folgende Teilschritte:
„ Entriegeln des Verdeckkastendeckels
„ Aufstellen des Verdecks
„ Verriegeln des Verdeckkastendeckels
„ Verriegeln des Verdecks
Die Gepäckraumklappe muss beim Entriegeln des Verdeckkas-
tendeckels geschlossen sein, weil sonst Beschädigungen an die-
sen beiden Bauteilen auftreten können. Um das Verdeck im
Notfall schließen zu können, wird ein Notentriegelungsschlüssel
benötigt. Er befindet sich links hinter der Abdeckung des Siche-
rungskastens im Armaturenbrett in einer separaten Kassette.
Der Notentriegelungsschlüssel muss zuerst in Arbeitsstellung
Grafik: Audi

gebracht werden. Hierzu wird der rote Griffteil bis zum Anschlag
gegen den Uhrzeigersinn gedreht.
Öffnungsvorgang beim A4-Verdeck. Das Entriegelungssystem des Verdeckkastendeckels befindet
sich hinter dem Lehnenmittelstück der Fondsitze. Zur Entriegelung
Bild 10 ist dieses zu entnehmen und der Notentriegelungsschlüssel in
die Einführungsöffnung einzusetzen. Die Führungsnasen müssen
spürbar in die vorgesehenen Nuten eingreifen. Anschließend den
gesamten Notentriegelungsschlüssel eine viertel Umdrehung im
Uhrzeigersinn gegen den Anschlag drehen, um ihn vorzufixieren.
Anschließend den roten Griffteil des Notentriegelungsschlüssels
im Uhrzeigersinn drehen, bis dieser hörbar einrastet. Danach den
gesamten Notentriegelungsschlüssel entgegen dem Uhrzeiger-
sinn bis zum Anschlag drehen und in dieser Position belassen.
Mit einem Notentrie- Der Verdeckkastendeckel wird hierdurch entriegelt und hebt sich
gelungsschlüssel lässt aus den Schlössern. Lässt sich der Notentriegelungsschlüssel nur
sich das Verdeck des schwergängig bewegen, kann man den Kraftaufwand für die
Audi A4 bei einer
Entriegelung durch Druck auf den Verdeckkastendeckel reduzie-
Funktionsstörung ma-
Grafik: Audi

nuell schließen und ren. Ist der Verdeckkastendeckel entriegelt, muss man ihn per
verriegeln. Hand bis zum Endanschlag aufstellen, hierbei nicht an den Über-
rollschutzabdeckungen angreifen. In dieser Position bleibt der

80 kfz-betrieb
Fahrzeug und Komfort

Deckel selbstständig stehen. Wenn der verdeckkastendeckel nicht Bild 11


beidseitig bis zum endanschlag aufgezogen wird, kann er wieder
zufallen und zu Beschädigungen am Fahrzeug oder zu verletzun-
gen der beteiligten Personen führen.
ist der verdeckkasten offen, lässt sich das verdeck aus der
verdeckwanne herausheben und aufstellen. Anschließend den
verdeckkastendeckel wieder schließen, bis er auf den Schlössern
aufliegt. Danach den gesamten Notentriegelungsschlüssel im
Uhrzeigersinn bis zum Anschlag drehen. Der verdeckkastendeckel
senkt sich hierbei automatisch ab und wird verriegelt.
im Anschluss daran zuerst den roten Griffteil des Notentrie-
gelungsschlüssels bis zum Anschlag gegen den Uhrzeigersinn
drehen und dann den gesamten Notentriegelungsschlüssel ent-
gegen dem Uhrzeigersinn drehen und nach unten herausziehen
– der verdeckkastendeckel ist nun verriegelt (Bild 10).

Grafik: Audi
Um das verdeck an der Frontscheibe zu verriegeln, muss man
den Frontspriegel auf den Dachrahmen auflegen. Zuvor muss
jedoch der Notentriegelungsschlüssel in Arbeitsstellung gebracht Aufbau der Hydraulikeinheit mit Rotorpumpe für die Verdeckbetätigung
werden. Die einführöffnung für das ver- und entriegelungssystem beim Audi A4.
des Dachrahmens befindet sich hinter einer kleinen Abdeckkap-
pe in der verdeckmitte, die zuvor abgenommen werden muss. Bild 12
Hierfür lässt sich der Fahrzeugschlüssel verwenden. Zur verrie-
gelung wird der Notentriegelungsschlüssel so in die einführungs-
öffnung eingesetzt, bis die Führungsnasen spürbar in die vorge-
sehenen Nuten eingreifen. Anschließend den gesamten Notent-
riegelungsschlüssel eine viertel Umdrehung im Uhrzeigersinn
gegen den Anschlag drehen. Dadurch ist er vorfixiert und hängt
im Schlosssystem. Danach zuerst den roten Griffteil des Notent-
riegelungsschlüssels im Uhrzeigersinn drehen, bis dieser hörbar
einrastet, und dann den gesamten Notentriegelungsschlüssel im
Uhrzeigersinn bis zum Anschlag drehen. Hierbei werden die ver-
deckverschlüsse geöffnet und das verdeck etwas angehoben.
Dann kann man das verdeck mit dem Notentriegelungsschlüssel
nach unten ziehen und diesen dabei bis zum Anschlag gegen

Grafik: Audi
den Uhrzeigersinn drehen – hierdurch wird das verdeck verriegelt.
Um den Notentriegelungsschlüssel wieder zu entfernen, muss
man zuerst wieder den roten Griffteil bis zum Anschlag gegen Das Hydraulikaggregat für die Verdeckbetätigung.
den Uhrzeigersinn drehen und dann den gesamten Notentriege-
lungsschlüssel gegen den Uhrzeigersinn drehen und nach unten
herausziehen. draulikzylinder mit Druck beaufschlagt. Das Wechseln der Dreh-
es ist ebenfalls möglich, das verdeck über die Notbetätigung richtung des elektromotors bewirkt die Umkehr des Pumpenpro-
zu öffnen. Dies erfolgt in umgekehrter reihenfolge, wie zuvor zesses (Bilder 11 und 12).
beschrieben. im Audi A4 cabriolet kommen doppelt wirkende Hydraulikzy-
linder zum einsatz. Diese können, je nach Situation, von beiden
Hydrauliksystem Seiten angesteuert werden und in zwei Arbeitsrichtungen wirken.
Sie werden über ein 3-/2-Wegeventil mit Hydraulikflüssigkeit
Bei der Hydraulikpumpe handelt es sich um eine rotorkolben- versorgt.
pumpe, die je nach Ansteuerung in beiden Drehrichtungen ar- Wenn Strom durch die Spule des Magnetventils fließt, drückt
beitet. Sie saugt über eine Bohrung Hydraulikflüssigkeit vom der bewegliche Stahlkern das obere Kugelventil zu (Bild 13). Das
Behälter an. Durch die Fliehkraft der Kolben werden die Zylinder untere Kugelventil wird dabei über eine Stößelstange geöffnet.
gefüllt. Der rotor dreht sich mit den Kolben um einen außermit- Die Hydraulikflüssigkeit kann nun über den Ausgang in die Hy-
tig gelagerten Stator. Dadurch werden die Kolben wieder nach draulikzylinder fließen. ein Loslassen des Schalters bewirkt, dass
innen gedrückt und die Hydraulikflüssigkeit mit einem Druck von die verdeckbewegung augenblicklich stoppt. Das rückschlag-
maximal 130 bar über eine Bohrung in den ventilblock gefördert. ventil ermöglicht es dabei, das verdeck in seiner augenblicklichen
Durch die Schaltung der Magnetventile werden dann die Hy- Position (beim Loslassen des verdeckschalters oder beim Unter-

Servicetechniker 81
Bild 13 drauliksteuergerät geöffnet und das Verdeck kann manuell be-
tätigt werden.

Hydraulikfunktionen beim Öffnen des Verdecks

Spannbügel aufstellen
Voraussetzungen
„ Pumpendrehrichtung: Rechts
„ Magnetventil F2 bestromt
„ Magnetventil F3 bestromt (Bild 14)
Die Zugstufen der Verdeckkastendeckelzylinder werden über das
bestromte Magnetventil F2 mit Druck beaufschlagt (Bild 14),
somit verbleibt der Verdeckkastendeckel in Schließstellung. Die
Magnetventile F2 und F3 sind bestromt. Dadurch werden sowohl
die Druck- als auch die Zugstufe der Hauptzylinder mit Druck
beaufschlagt. Der Druck wird auf die Zug- und Druckstufe des
Zylinders gleichmäßig verteilt. Da die Druckstufe gegenüber der
Zugstufe die größere Kolbenoberfläche besitzt, können bei glei-

Grafik: Audi
chen Druckverhältnissen unterschiedliche Kräfte generiert wer-
den. Die Kraft wirkt somit auf die Druckstufe, wobei der Zylinder
Aufbau des 3-/2-Wegeventils in der Hydraulikeinheit des A4. auf Endanschlag ausfährt und hier verharrt.
Das Verdeck verbleibt in nach vorn geneigter Stellung. Beide
Spannbügelzylinder werden auf der Zugstufe durch das geschal-
brechen der schlüsselbetätigten Komfortöffnung, -schließung) in tete Magnetventil F3 angesteuert und stellen den Spannbügel
seiner momentanen Position verharren zu lassen. Dieses Einfrie- auf. Das Wechselventil W1 ist, weil gleichzeitig von beiden Seiten
ren der Bewegung erfolgt für die Dauer von maximal zehn Mi- angesteuert, in Richtung der Zugstufe der Spannbügelzylinder
nuten. Hierzu muss jedoch das Magnetventil elektrisch angesteu- durchlässig, der Durchgang zu den Druckstufen der Zylinder wird
ert sein (Bild 13). durch ein einseitig wirkendes Sperrventil blockiert. Hierdurch
Nach der Haltedauer, oder bei ausgeschalteter Zündung wird werden die Spannbügelzylinder eingefahren und der Spannbügel
das System drucklos und kann unkontrolliert in sich zusammen- aufgestellt. Aus den Druckstufen verdrängtes Hydrauliköl wird
sinken. Bei ausgeschalteter Zündung sind alle Ventile im Hy- in den Hydraulikbehälter abgeleitet.

Bild 14 Bild 15
Grafik: Audi

Grafik: Audi

Die Hydraulikanlage beim Ausstellen der Spannbügel. Die Hydraulikanlage beim Öffnen des Verdeckkastens.

82 kfz-betrieb
Fahrzeug und Komfort

Bild 16 Bild 17

Grafik: Audi
Grafik: Audi

Die Hydraulikanlage beim Ablegen der Spannbügel. Hydraulikanlage beim Ablegen des Verdecks.

Verdeckkastendeckel öffnen das Sperrventil S1 direkt an die Druckstufen der Hauptzylinder


voraussetzungen: geleitet. Diese bleiben ausgefahren und halten das verdeck in
„ Pumpendrehrichtung: rechts vorderer Stellung. Durch das Wechselventil W1 und das bestrom-
„ Magnetventil F1 bestromt te Magnetventil F3 kann der Hydraulikdruck nicht in das System
„ Magnetventil F2 bestromt entweichen.
„ Magnetventil F3 bestromt (Bild 15) Beide Spannbügelzylinder werden auf direktem Wege über die
Über die bestromten Magnetventile F1 und F2 werden die ver- Druckstufe mit Druck beaufschlagt. Sie werden ausgefahren und
deckkastendeckelzylinder gleichzeitig von beiden Seiten mit der Spannbügel in den verdeckkasten abgelegt. Aus der Zugstu-
Druck beaufschlagt und dadurch ausgefahren (Bild 15). Die Be- fe verdrängtes Hydrauliköl fließt in das System und dann über
gründung hierfür liegt in den größeren Kolbenflächen der Druck- F2 in den Hydraulikölbehälter.
stufe und den daraus resultierenden unterschiedlichen Kräfte-
verhältnissen bei gleich großer Druckbeaufschlagung. Der ver- Verdeck ablegen
deckkastendeckel wird aufgestellt. Die Magnetventile F2 und F3 „ voraussetzungen
sind bestromt. Dadurch werden sowohl die Druck- als auch die „ Pumpendrehrichtung: rechts
Zugstufen der Hauptzylinder mit Druck beaufschlagt. „ Magnetventil F1 bestromt
Über die bestromten Magnetventile F2 und F3 wird das Wech- „ Magnetventil F2 bestromt (Bild 17)
selventil W1 gleichzeitig von beiden Seiten mit Druck beauf- Über die bestromten Magnetventile F1 und F2 werden die ver-
schlagt. Auf diese Weise wird es durchgeschaltet und so der deckkastendeckelzylinder gleichzeitig von beiden Seiten mit
hydraulische Druck auf die Zugstufen der Spannbügelzylinder Druck beaufschlagt. Die Zylinder bleiben ausgefahren und der
geleitet. Hierdurch bleiben die Spannbügelzylinder eingefahren verdeckkastendeckel aufgestellt. Der hydraulische Druck wird
und der Spannbügel aufgestellt. über das Magnetventil F2 direkt an die Zugstufe der Hauptzylin-
der geleitet. Diese werden eingefahren und legen das verdeck
Spannbügel ablegen in den verdeckkasten ab. Das aus der Druckstufe verdrängte
voraussetzung Hydrauliköl fließt über F3 in den Hydraulikölbehälter. Beide
„ Pumpendrehrichtung: Links Spannbügelzylinder werden nicht angesteuert und von der ver-
„ Magnetventil F1 bestromt deckmechanik teilweise eingefahren.
„ Magnetventil F3 bestromt (Bild 16)
Die verdeckkastendeckelzylinder werden nicht angesteuert (Bild Verdeckkastendeckel schließen
16). Durch das bestromte Magnetventil F1 kommt das darin voraussetzung
enthaltene Sperrventil zum einsatz. Dieses verhindert, dass die „ Pumpendrehrichtung: rechts
Zylinder auf der Druckstufe drucklos werden und der verdeck- „ Magnetventil F2 bestromt (Bild 18)
kastendeckel geschlossen wird. Der hydraulische Druck wird über Über das bestromte Magnetventil F2 werden die verdeckkasten-

Servicetechniker 83
Bild 18 der Druckstufe leerlaufen und so der Verdeckkastendeckel ge-
schlossen wird. Über das bestromte Magnetventil F3 werden die
Druckstufen der beiden Hauptzylinder direkt mit hydraulischem
Druck beaufschlagt. Die Zylinder fahren aus und das Verdeck
wird aufgestellt. Die Spannbügelzylinder werden nicht angesteu-
ert. Beide Spannbügelzylinder werden von der Verdeckmechanik
teilweise ausgefahren.

Spannbügel aufstellen
Voraussetzungen
„ Pumpendrehrichtung: Rechts
„ Magnetventil F1 bestromt
„ Magnetventil F2 bestromt
„ Magnetventil F3 bestromt
Über die bestromten Magnetventile F1 und F2 bleiben die Ver-
deckkastendeckelzylinder gleichzeitig von beiden Seiten mit
Druck beaufschlagt und damit ausgefahren. Der Verdeckkasten-

Grafik: Audi
deckel bleibt aufgestellt.
Durch die bestromten Magnetventile F2 und F3 werden gleich-
Hydraulikanlage beim Schließen des Verdeckkastens. zeitig beide Druckstufen der Hauptzylinder beaufschlagt. Die
Zylinder bleiben in ausgefahrener Stellung und sorgen so dafür,
dass das Verdeck in vorderer Stellung verbleibt. Über die bestrom-
deckelzylinder auf der Zugstufe mit Druck beaufschlagt (Bild 18). ten Magnetventile F2 und F3 wird das Wechselventil W1 gleich-
Diese werden eingefahren und somit der Verdeckkastendeckel zeitig von beiden Seiten mit Druck beanschlagt. Auf diese Weise
geschlossen. Das aus der Druckstufe ablaufende Hydrauliköl wird es durchgeschaltet und so der hydraulische Druck auf die
fließt über F1 in den Hydraulikölbehälter. Der hydraulische Druck Zugstufe der Spannbügelzylinder geleitet. Die Spannbügelzylin-
wird über das Magnetventil F2 direkt an die Zugstufe der Haupt- der werden eingefahren und der Spannbügel aufgestellt. Das aus
zylinder geleitet. Somit bleiben diese eingefahren und belassen der Druckstufe ablaufende Hydrauliköl fließt über W2 in den
das Verdeck im Verdeckkasten. Die Spannbügelzylinder werden Hydraulikölbehälter.
nicht angesteuert. Sie bleiben teilweise in eingefahrener Position.
Verdeckkastendeckel schließen
Hydraulikfunktionen beim Schließen des Verdecks Voraussetzungen
„ Pumpendrehrichtung: Rechts
Verdeckkastendeckel aufstellen „ Magnetventil F2 bestromt
Voraussetzung „ Magnetventil F3 bestromt
„ Pumpendrehrichtung: Rechts Über das bestromte Magnetventil F2 werden die Verdeckkasten-
„ Magnetventil F1 bestromt deckelzylinder auf der Zugstufe mit Druck beaufschlagt. Diese
„ Magnetventil F2 bestromt werden eingefahren und somit der Verdeckkastendeckel geschlos-
Über die bestromten Magnetventile F1 und F2 werden die Ver- sen. Das auf der Druckstufe verdrängte Hydrauliköl wird in den
deckkastendeckelzylinder gleichzeitig von beiden Seiten mit Hydraulikölbehälter über F1 eingeleitet. Die Magnetventile F2
Druck beaufschlagt und ausgefahren. Der Verdeckkastendeckel und F3 sind bestromt. Dadurch werden sowohl die Druck- als
wird aufgestellt. Der Hydraulikdruck wird über das Magnetventil auch die Zugstufe der Hauptzylinder mit Druck beaufschlagt. Die
F2 an die Zugstufen der beiden Hauptzylinder geleitet. Beide Zylinder bleiben in ausgefahrener Stellung und sorgen dafür, dass
Hauptzylinder bleiben eingefahren. Die Spannbügelzylinder wer- das Verdeck in vorderer Stellung verbleibt. Das Wechselventil W1
den nicht angesteuert. Sie bleiben teilweise in eingefahrener ist gleichzeitig von beiden Seiten mit Druck beaufschlagt. Da-
Position. durch wird dieses durchgeschaltet und der hydraulische Druck
auf die Zugstufen der Spannbügelzylinder geleitet. Der Durch-
Verdeck aus Verdeckkasten ausheben gang zu den Druckstufen der Zylinder wird durch das einseitig
Voraussetzungen wirkende Sperrventil S1 blockiert. Hierdurch bleiben die Spann-
„ Pumpendrehrichtung: Rechts bügelzylinder eingefahren und der Spannbügel aufgestellt.
„ Magnetventil F1 bestromt
„ Magnetventil F3 bestromt Spannbügel ablegen
Die Verdeckkastendeckelzylinder werden nicht angesteuert. Durch Voraussetzungen
das bestromte Magnetventil F1 kommt das darin enthaltene „ Pumpendrehrichtung: Links
Sperrventil zum Einsatz. Dieses verhindert, dass die Zylinder auf „ Magnetventil F3 bestromt

84 kfz-betrieb
Fahrzeug und Komfort

Die verdeckkastendeckelzylinder werden nicht angesteuert, weil Bild 19


das Magnetventil F2 nicht bestromt ist. Hierdurch bleiben diese
in eingezogener Stellung und der verdeckkastendeckel geschlos-
sen. Der hydraulische Druck wird über das Sperrventil S1 direkt
an die Druckstufe der Hauptzylinder geleitet. Diese bleiben aus-
gefahren und halten das verdeck in vorderer Stellung. Durch das
Wechselventil W1 und das bestromte Magnetventil F3 kann der
Hydraulikdruck nicht in das System entweichen. Beide Spannbü-
gelzylinder werden auf der Druckstufe mit Druck beaufschlagt.
Sie fahren aus und der Spannbügel wird auf den verdeckkasten-
deckel abgelegt. Dass aus den Zugstufen verdrängte Hydraulik-

Foto: Audi
öl wird in das System geleitet und über F2 in den Hydrauliköl-
behälter eingeleitet. Verdeckschalter vorne.

Elektrische Ausrüstung Bild 20

Das Steuergerät für die verdeckbetätigung steuert und überwacht


den vollautomatischen verdeckablauf und treibt die verdeckme-
chanik mithilfe der Hydraulikanlage und zweier elektrischer ver-
schlussantriebe an. ein weiterführender verdecklauf ist immer
nur dann möglich, wenn alle Mikroschalter oder Geber zeitrichtig
ihre vorbestimmte Position dem Steuergerät signalisieren. Jeder
Signalausfall eines Mikroschalters oder Gebers führt zum Sys-
temstillstand. Folgende Schalter und Geber sind in das System

Foto: Audi
integriert:
Schalter für „Verdeck abgelegt“.
Schalter für Verdeckverriegelung
Der Schalter sitzt am Dachrahmen oben links und liefert dem Bild 21
verdecksteuergerät die information „verdeckverriegelung zu bzw.
offen“. Der linke Fanghaken am verdeck betätigt den integrierten
Mikroschalter im Schloss (Bild 19).

Schalter für Verdeck abgelegt/Verdeck vorn


Die Schalter für „verdeck abgelegt“ und für „verdeck vorn“ sind
in einem Gehäuse am rechten verdeckhauptlager verbaut. Der
Schalter für „verdeck abgelegt“ gibt sein Signal an das Steuer-
gerät, sobald das verdeckgestänge den Anschlag „verdeck in
Foto: Audi
verdeckkasten abgelegt“ erreicht hat. Der Schalter für „verdeck
vorn“ gibt sein Signal an das Steuergerät, sobald das verdeckge- Schalter für den Verdeckkastendeckel.
stänge den Anschlag „verdeck ganz vorne“ (geschlossen) erreicht
hat (Bild 20).
deckkastenwanne abgesenkt ist. Dies verhindert den verdecklauf
Schalter für Verdeckkastendeckel links (öffnen) bei angehobener verdeckkastenwanne. Der Schalter ist
Der Schalter gibt sein Signal an das Steuergerät, sobald die an der verdeckkastenwanne rechts an der Hebe-/Absenkeinrich-
Zuglaschen des verdeckkastendeckels in den Schlössern liegen. tung verbaut (Bild 23).
Der Schalter ist im linken Schloss des verdeckkastendeckels in-
tegriert (Bild 21). Schalter für Verdeckkastendeckelverschluss entriegelt
Der Schalter meldet die Motorposition „verdeckkastendeckel-
Schalter für Verdeckkastendeckel verriegelt, rechts verschluss entriegelt“ an das Steuergerät. Der Schalter ist am
Der Schalter meldet den Zustand „verdeckkastendeckel verrie- Motor für den verdeckkastendeckelverschluss verbaut (Bild 24).
gelt/entriegelt“ an das Steuergerät. Der Schalter ist im rechten
Schloss des verdeckkastendeckels integriert (Bild 22). Schalter für Verdeckverriegelung, offen/geschlossen
Die Schalter melden die Motorposition „verdeckverriegelung
Schalter für die Position der Verdeckkastenwanne offen“ bzw. „verdeckverriegelung geschlossen“an das Steuergerät.
Der Schalter gibt ein Signal an das Steuergerät, wenn die ver- Sie sitzen am Motor für die verdeckverriegelung (Bild 25).

Servicetechniker 85
Bild 22 Motor für Verdeckverriegelung
Der Motor für die Verdeckverriegelung betätigt die Fanghaken-
verriegelung beim Öffnen und Schließen an der Dachspitze zum
Scheibenrahmen.

Netzwerk

Das Steuergerät für die Verdeckbetätigung ist über den CAN-


Komfort mit den übrigen Steuergeräten im Fahrzeug verbunden.
Zur Steuerung von Funktionen und Abläufen findet zwischen dem
Systemsteuergerät ein ständiger Austausch von Informationen
über den CAN-Komfort statt.

Klimaanlage

Foto: Audi
Die Klimaanlage schaltet ihr Regelungsprogramm passend zum
Schalter für „Verdeckkasten verriegelt“. Verdeckstatus um. Die jeweiligen vom Fahrer gewählten Einstel-
lungen für ein geöffnetes oder ein geschlossenes Verdeck werden
Bild 23 gespeichert. Ist beispielsweise die Heckscheibenheizung einge-
schaltet, aktiviert bzw. deaktiviert die Klimaanlage die Heckschei-
benheizung, je nachdem, ob das Verdeck geöffnet oder geschlos-
sen ist.
Das Steuergerät für die Verdeckbetätigung steuert die Freiga-
be der Heckscheibenheizung mit. Dies geschieht über die strom-
führende Leitung, die, vom Steuergerät der Klimaanlage kom-
mend, durch das Steuergerät für die Verdeckbetätigung geschleift
und geschaltet ist. Nimmt das Steuergerät der Verdeckbetätigung
nicht an der Kommunikation am CAN teil, muss die Klimaanlage
die Heckscheibenheizung sperren.

Fensterheber
Die Türsteuergeräte senken die Fensterscheiben auf die definier-
te Position ab. Die Steuerung der Fensterheber- bzw. Türsteuer-
geräte im Verdeckbetrieb erfolgt ebenfalls durch eine Informati-
on des Steuergeräts für die Verdeckbetätigung.
Foto: Audi

Schalter für die Position der Verdeckkastenwanne. Heckdeckel


Eine Kollision des Heckdeckels mit dem Verdeckkastendeckel
muss vermieden werden. Aus diesem Grund darf der Verdeckde-
Sensor für Spannbügelposition des Verdecks ckel nur geöffnet werden, wenn der Heckdeckel geschlossen ist.
Durch das Signal des Gebers wird die Stellung des Spannbügels Umgekehrt darf der Heckdeckel nur dann geöffnet werden, wenn
erfasst. Drei verschiedene Positionen des Spannbügels sind für der Verdeckdeckel geschlossen ist. Diese Funktion muss vom
den Verdeckablauf zu erfassen: Steuergerät für die Verdeckbetätigung im Zusammenspiel mit
„ Bügel aufgestellt dem Zentralsteuergerät für das Komfortsystem sichergestellt
„ Bügel abgelegt werden. Ist die Kommunikation der beiden Steuergeräte unter-
„ Totpunkt: Die unterste Stellung vom Spannbügel (mechani- brochen, wird die Verdeckfunktion gesperrt. Der Heckdeckel darf
scher Totpunkt)/Spannbügel liegt ganz auf dem Verdeckkas- nur noch manuell vom Benutzer mit dem Fahrzeugschlüssel ent-
tendeckel auf riegelt und geöffnet werden. In diesem Fall liegt die Verantwor-
Ein nicht an den Geber angepasstes Steuergerät für die Verdeck- tung beim Benutzer.
betätigung kann zu einem Notlauf des Verdecks mit verringerter
Laufgeschwindigkeit führen. Der Geber sitzt am Verdeckgestän- Eigendiagnose
ge für den Spannbügel hinten rechts (Bild 26).
Vor dem Beginn einer Fehlersuche sollte man berücksichtigen,
Motor für Verdeckkastendeckelverschluss dass das Verdeck nur automatisch geöffnet und geschlossen
Der Motor betätigt die zwei Schlösser für den Verdeckkastende- werden kann, wenn nachfolgende Bedingungen erfüllt sind:
ckel und ist am Verdeckkasten in der Rückwandmitte verbaut. „ Fahrzeug steht/Geschwindigkeit < 5 km/h

86 kfz-betrieb
Fahrzeug und Komfort

„ Zündung eingeschaltet Bild 24


„ Heckdeckel geschlossen
„ variabler verdeckkasten abgesenkt
„ Bordnetzspannung/Betriebsspannung ausreichend
(≥ 11,5 v)
Die interne eigendiagnose überwacht die Systemfunktionen und
speichert eventuell auftretende Fehler in einem Datenspeicher
ab. Der kann mithilfe eines geeigneten eigendiagnosetestgerätes

Foto: Audi
über die Diagnoseschnittstelle ausgelesen werden. Tritt während
des verdeckablaufs ein Fehler auf, so wird dieser Fehler zunächst Schalter für den Verdeckkastenverschluss.
mit dem Status „statischer Fehler“ in den Fehlerspeicher aufge-
nommen. Der verdeckablauf wird abgebrochen. Wird der Taster Bild 25
für verdeckbetätigung oder der Fahrzeugschlüssel nach dem
Loslassen erneut betätigt, führt das Steuergerät wieder seine
eigendiagnose durch. Tritt der aktuelle Fehler nun nicht mehr
auf, wird dieser Fehler zum „sporadischen Fehler“. Nach dem
Abschluss mehrerer kompletter, ununterbrochener verdeckzyklen
werden die sporadischen Fehler gelöscht. Um eine Fehlerablage

Foto: Audi
bei Fehlfunktionen des Systems im Fehlerspeicher zu erhalten,
muss der Taster für die verdeckbetätigung mindestens 30 Sekun- Schalter für die Verdeckverriegelung.
den betätigt werden. Der eintrag in den Fehlerspeicher wird durch
eine blinkende Kontrollleuchte für den verdeckbetrieb signalisiert. Bild 26

Spannbügelposition anlernen

Wird das Steuergerät für die verdeckbetätigung in ein Fahrzeug


erstmalig eingebaut bzw. wurde der Sensor für die Spannbügel-
position des verdecks gewechselt, muss das Steuergerät an den
Geber angepasst werden. Beim Gebertausch kann es dazu kom-
men, dass die im Steuergerät gespeicherten Schaltpunkte nicht
mehr erreicht werden. Die mögliche Folge ist, dass deshalb der
verdeckablauf nicht mehr durchgeführt werden kann. Das Steu-
ergerät ermittelt die Schaltpunkte automatisch. Die Funktiona-
lität „Anpassen“ wird mit einem geeigneten eigendiagnosetest-
gerät angestoßen. Wird die Anpassung nicht durchgeführt, ar-
beitet das Steuergerät im „Notlauf“, was zu einer verringerten
Laufgeschwindigkeit führt. Das Steuergerät führt während des
Foto: Audi
verdeckablaufs eine Plausibilitätsprüfung aufgrund der Mikro-
schalterstellungen durch. Die Laufzeit der einzelnen Schritte im Sensor für die Spannbügelposition.
verdeckablauf, des Hydraulikaggregates und der verschlussan-
triebe wird überwacht.
Zum Plausibilisieren der Mikroschaltersignale bietet die eigen- nik kann zum Beispiel zur Folge haben, dass ein Steuergerät einen
diagnose die Möglichkeit, die erkannte information des Steuer- Laufzeitfehler meldet, obwohl kein Problem in der elektrischen
gerätes anzuzeigen. Dabei sollte man beachten, dass jeglicher Ausrüstung vorliegt. Zum anderen sind in der regel relativ viele
Ausfall eines Mikroschalters zum Systemstillstand führt. eine Schalter verbaut, was die Sache unübersichtlich gestaltet. Um
ersatzfunktion bei Funktionsstörung oder -ausfall gibt es aus zielführende Diagnosen durchführen zu können, ist Systemkennt-
Sicherheitsgründen nicht. nis Grundvoraussetzung. ist der Ablauf der automatischen ver-
Nicht immer liegt der Fehler in der elektrischen Anlage. es decksteuerung nicht bekannt, können Fehlerbilder nicht plausi-
können natürlich auch hydraulische oder mechanische Funk- bilisiert werden. eine Anmerkung zum Schluss: Alle technischen
tionsstörungen auftreten, die zur Unterbrechung der verdeckbe- Daten in diesem Beitrag sind applikationsabhängig und nicht
tätigung führen. allgemeingültig. Sie dienen der veranschaulichung von Funktio-
Die Diagnose an automatischen verdecksteuerungen ist für nen. Für die Diagnose bzw. reparatur von Fahrzeugen sind immer
die Werkstatt immer eine spannende Sache. Die Herausforderung die aktuell gültigen vorschriften des Fahrzeugherstellers/-impor-
besteht zum einen darin, dass über drei Disziplinen der jeweilige teurs zu beachten.
genaue Fehlerort ermittelt werden muss. eine verbogene Mecha- Georg Selgrad

Servicetechniker 87
Weiterbildung

Servicetechniker
technik von Profis für Profis

Motor- und Motormanagementsysteme


Bordnetz, Vernetzung, Kommunikation
fahrzeug und komfort
navigation, unterhaltung, infotainment
fahrzeug und sicherheit
fahrzeug, reifen, fahrWerk
kraftstoffe und antriebe
instandsetzung und diagnose
sensoren, aktoren
motor, abgase und umWeltProblematik
AntriebsstrAng
fahrzeugsysteme/mechatronik

904/2014 www.kfz-betrieb.de 88
Antriebsstrang

Alternative Antriebe – Teil 1

Hyper, hyper, Hybrid?


Während reine E-Autos noch auf sich warten lassen, erobern Mischantriebe die Automobilwelt

Foto: Porsche
Nicht nur in Sachen Mode und Musik war vieles „schon mal da“. Bereits 1902 hatte Prof. Porsche aus dem E-Mobil „Semper Vivus“ der Lohner-Werke das
erste Hybridelektrofahrzeug konstruiert – den Lohner-Porsche „Mixte“. Der Antrieb erfolgte über Radnabenmotoren auf die Vorderräder.

Peugeot 3008 Hybrid4, Peugeot 508 rXH, Porsche Panamera S menden Folge des „Servicetechnikers“ diskutieren wir neben den
Hybrid, cayenne S Hybrid, renault Twizy Z.e., Toyota Prius, Toyota zwingend nötigen Qualifizierungsmaßnahmen auch die vorge-
Auris Hybrid, Touareg Hybrid, Audi Q7 Hybrid, Audi Q5 Hybrid, hensweisen an Hybridfahrzeugen im Service anhand von Beispie-
BMW Active-Hybrid X6, BMW Active-Hybrid 5, Honda insight len.
iMA, Lexus rX 450h, MB e300 BlueTec Hybrid: Die Liste ver-
fügbarer Serienfahrzeuge mit alternativen Antriebstechnologien
wird immer länger. Auch erscheinen immer mehr sogenannte inhalt
volumenmodelle zu relativ günstigen Preisen. Das bedeutet: Der Hybrid im Detail
Früher oder später kann es passieren, dass Fahrzeuge mit Hy-
bridtechnologie nicht mehr nur in markengebundenen Werkstät- „ Arbeiten an Hochvoltsystemen 90
ten auftauchen. vor allem, wenn Fahrzeuge in zweite oder dritte „ Gefahren des elektrischen Stroms 91
Hand gelangen, neigen deren Besitzer dazu, sich bei Service und „ Sicherheitsmaßnahmen 94
reparatur für günstigere Angebote freier Werkstätten zu ent-
scheiden. Somit besteht auch für diese Werkstätten die Motiva- „ Arten des Hybridantriebs 96
tion, sich auf diese Technologie einzustellen, wollen sie auch in „ Hochvoltkomponenten 98
Zukunft am Aftersalesmarkt teilnehmen. in dieser sowie der kom-

Servicetechniker 89
Qualifizierungsbedarf von Mitarbeitern bei „ Arbeiten an elektrischen Komponenten des konventionellen
Arbeiten an Hochvoltsystemen Bordnetzes bis 30 V AC/60 V DC
„ Elektrotechnische Arbeiten am HV-System
Wie auch in anderen Disziplinen der Automobilbranche üblich,
muss sich ein Mitarbeiter zusätzlich qualifizieren, wenn er an Bedienen von Fahrzeugen
Fahrzeugen arbeiten will, die mit elektrischen Anlagen ausge- Die Mitarbeiter müssen auf die fahrzeugspezifischen Eigenschaf-
stattet sind, deren Spannungen größer 60-Volt-Gleich- (DC) bzw. ten der HV-Fahrzeuge hingewiesen und mit dem bestimmungs-
25-Volt-Wechselstrom (AC) sind. Da Kraftfahrzeugmechaniker gemäßen Gebrauch vertraut gemacht werden. Für das Bedienen
bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor mit Spannungen bis von HV-Fahrzeugen ist es ausreichend, die Mitarbeiter auf die
48 Volt zu tun haben, werden sie im Elektro- und Hybridfahrzeug dabei zu beachtenden Besonderheiten hinzuweisen. Dies gilt
aufgrund des zusätzlich genutzten Elektromotors mit bis zu auch für Servicearbeiten, die bezüglich der elektrischen Gefähr-
1.000 Volt konfrontiert. Die davon ausgehenden Gefahren ma- dung mit dem Bedienen vergleichbar sind. Dazu gehören z. B.:
chen es erforderlich, dass die an diesen Fahrzeugen arbeitenden „ Wechseln der Scheibenwischerblätter
Fachkräfte umfassend für die Arbeit mit Hochvoltsystemen aus- „ Auffüllen von Waschwasser
gebildet sind. Folgende Tabelle gibt einen Überblick: „ Spezielle Verfahren beim Aufrüsten des Fahrzeugs
„ Alltägliches Fahrfertigmachen
Arbeitsumfänge und Verant- Ohne Sensi- Mit Sensibi- Mit Basis-
wortung bilisierung lisierung und Pro- „ Nutzen bekannter Befüllanschlüsse mit ungewöhnlicher
dukttrai- Lage
ning „ Benutzen von Bedienelementen mit neuen Symbolen und
Wartungsarbeiten X X
Gefahrenkennzeichen
Reparatur-/Instandsetzungs- X X
arbeiten (Arbeiten an oder Ausbau Diese Mitarbeiter dürfen keine Arbeiten am HV-System oder
einer Hochvoltkomponente nicht Arbeiten in der Nähe von HV-Komponenten durchführen, wenn
erforderlich oder Spannungsfrei-
schaltung nicht erforderlich)
diese dabei beschädigt werden könnten.
Reparatur-/Instandsetzungs- X
arbeiten (Arbeiten an oder Ausbau Nichtelektrotechnische Arbeiten
einer Hochvoltkomponente oder Über den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Fahrzeugs hinaus
Spannungsfreischaltung erforder-
lich) müssen nichtelektrotechnische Arbeiten am Fahrzeug (z. B. Ka-
Spannungsfreischaltung X rosseriearbeiten, Öl- und Radwechsel, Bremsenwechsel in der
Messungen am 12-V-Anschluss an X
Hochvoltkomponenten ohne Bild 1
Spannungsfreischaltung
Unterweisung am Fahrzeug X

Die notwendige Qualifikation richtet sich nach Art und Um-


fang der Arbeitsaufgabe sowie dem damit verbundenen Grad
der elektrischen Gefährdung. Der Unternehmer muss im Rahmen
seiner Auswahlverantwortung die erforderliche Qualifikation der
Mitarbeiter festlegen. Der Merksatz lautet: „Finger weg von Oran-
ge ohne Qualifizierung!“ Bemerkenswert: Selbst hier gibt es bei
der Wortwahl der Definitionen Differenzen. Je nach Informations-
quelle spricht man von Sensibilisierung oder Unterweisung. Fahr-
zeughersteller unterscheiden zwischen Hochvoltbasistraining und
Hochvoltprodukttraining. Andere Seminarveranstalter erledigen
alles in einem „Abwasch“: Gemäß den Seminarbeschreibungen
wird man umfassend informiert. Eine mögliche Informationsquel-
le ist die BGI/GUV-I 8686 „Qualifizierung für Arbeiten an Fahr-
zeugen mit Hochvoltsystemen“.
Für die meisten Werkstätten, die sich mit Serientechnik ausei-
nandersetzen, dürfte der Abschnitt „Qualifizierung für Arbeiten
an Serienfahrzeugen“ interessant sein. Hier findet man eine ge-
nauere Definition der möglichen Arbeitsumfänge aus dem Be-
reich Wartung und Hochvoltsystem.
Als Servicearbeiten an HV-Fahrzeugen fallen an: Für den Mitarbeiter in der Werkstatt lässt sich einfach zusammen-
fassen: ohne Unterweisung keine allgemeinen Servicearbeiten an
„ Bedienen der Fahrzeuge einem Hybridfahrzeug, geschweige denn, dass man Hand anlegen
Bild: Archiv

„ Nichtelektrotechnische Arbeiten (z. B. Karosseriearbeiten, Öl- dürfte am HV-System!


und Radwechsel )

90 kfz-betrieb
Antriebsstrang

Nähe von radnabenmotoren, Arbeiten an Gelenkdämpfern neben Bild 2


den Hv-Leitungen) und elektrotechnische Arbeiten am konven-
tionellen Bordnetz (bis 30 v Ac und 60 v Dc) durchgeführt wer-

Bild: Archiv
den. Mitarbeiter könnten bei diesen Arbeiten durch Fehlhand-
lungen oder im Fehlerfall einer elektrischen Gefährdung ausge-
setzt sein. Sie müssen über diese Gefährdungen, die Schutzmaß-
nahmen und verhaltensregeln unterrichtet werden. Die Unter-
weisung muss dokumentiert werden.

elektrotechnische Arbeiten
Arbeiten am konventionellen Bordnetz bis 30 v Ac/60 v Dc sind
grundsätzlich von den Arbeiten an Hv-Komponenten zu unter-
scheiden. Der Umfang der Qualifizierung hängt vom Grad der
elektrischen Gefährdung (Umsetzung der Hv-eigensicherheit am
Fahrzeug) und von den vorkenntnissen des Mitarbeiters ab. Das Zu erwartende
Flussdiagramm (Bild 1) bietet Hilfestellung bei der ermittlung Stärken bei dem
des notwendigen Qualifizierungsumfangs. durch den mensch-
lichen Körper flie-
ßenden Strom in
Gefahren durch elektrischen Strom Abhängigkeit von
Der elektrische Strom kann zu Unfällen führen durch Spannung und Wi-
„ Körperdurchströmung, derstand.

„ Lichtbogeneinwirkung,
„ Sekundäreinwirkung.
Der Grad der verletzung ist vorher nicht abschätzbar. Deshalb bei Längsdurchströmung
sollten alle Hinweise auf schadhafte elektrische Anlagen und „ Hand – Fuß circa 1.000 Ohm
Betriebsmittel ernst genommen und mögliche Unfallursachen „ Hand – Füße circa 750 Ohm
sofort beseitigt werden. Netzspannung von 230/400 v und einer „ Hände – Füße circa 500 Ohm
Frequenz von 50 Hz kann zu tödlichen Unfällen führen. Bei ge- bei Querdurchströmung
nügend großem Stromfluss verkrampft ein Muskel. Handelt es „ Hand – Hand circa 1.000 Ohm
sich dabei um die Muskeln in einer Hand, so kann man einen bei Teildurchströmung
erfassten Gegenstand nicht mehr loslassen. ist der Brustkorb „ Hand – rumpf circa 500 Ohm
betroffen, so tritt Atemstillstand ein. es kann Herzstillstand aus- „ Hände – rumpf circa 250 Ohm
gelöst werden oder der geregelte Ablauf der einzelnen Herzmus- Mit diesen Werten und mit der Berührungsspannung, die in der
kelbewegungen wird durcheinandergebracht, sodass eine unge- Mehrzahl der Fälle bekannt ist, kann die Stromstärke abgeschätzt
ordnete Bewegung ohne Pumpwirkung entsteht – das Herzkam- werden.
merflimmern. Die Wirkung des elektrischen Stromes hängt ab Der Stromweg im menschlichen Körper hat durch seine Länge
„ von der Stromstärke, und seinen Querschnitt einfluss auf den Widerstand und damit
„ vom Weg des Stromes im Körper, auf die fließende Stromstärke. vom Weg des Stromes im mensch-
„ von der einwirkungsdauer und lichen Körper hängt auch der Anteil des Stromes entscheidend
„ von der Frequenz. ab, der durch die Atemmuskulatur oder das Herz fließt. Die Grö-
Bei Wechselstrom verkrampfen Muskeln schon bei geringen ße dieses Stromanteiles und die Stromeinwirkungsdauer sind
Stromstärken ab etwa 10 mA. ausschlaggebend für die reaktion von Atmung und Herzfunktion.
ein Strom i kann nur fließen, wenn eine Spannung U ihn durch Zwischen der Größe des für den menschlichen Körper noch un-
einen Widerstand r treibt. Die verknüpfung dieser drei Größen gefährlichen Stromes und der Dauer seiner einwirkung besteht
drückt das Ohmsche Gesetz aus. Der elektrische Widerstand des eine Beziehung, die nicht geradlinig verläuft: Bei kurzen einwirk-
Menschen (impedanz) hängt zeiten bleiben vergleichsweise große Stromstärken ohne schäd-
„ vom Stromweg, liche Auswirkung; anders bei längerer einwirkdauer. Jedoch
„ vom Zustand der Haut, z. B. trocken oder feucht, unverletzt können Stromstärken über 500 mA auch bei kurzen einwirkzeiten
oder verletzt, tödlich sein. Schon bei Stromstärken unterhalb der Loslassgrenze
„ von der Größe der Spannung und können Schreckreaktionen zu Sekundärunfällen, beispielsweise
„ von der Frequenz durch Sturz, führen. in diesem Bereich wäre theoretisch eine
ab und setzt sich aus Körperinnenwiderstand und Hautwider- beliebig lange einwirkdauer noch ungefährlich. Bei Stromstärken
stand zusammen (Bild 2). oberhalb der Loslassgrenze stellt das erreichen der Flimmer-
Bei einem Wechselstrom ab 230 v und 50/60 Hz ergibt sich schwelle des Herzens den kritischen Wert dar. es lassen sich
eine impedanz von etwa: Zeit-Stromstärke- Kurven erstellen, die auch die Schwelle für das

Servicetechniker 91
Bild 3
der Augen durch starke UV-Strahlung sowie Verbrennungen ers-
ten und zweiten Grades der Haut. Kurzschlüsse entstehen häufig
beim Arbeiten an unter Spannung stehenden Teilen. Eine elek-
trische Durchströmung kann dem Menschen auch indirekt scha-
den, wenn er beispielsweise durch einen elektrischen Schlag
unkontrollierte Bewegungen ausführt oder sein Gleichgewicht
verliert. Sturzunfälle können schwerwiegende Folgen haben.
Nach jedem elektrischen Schlag ist eine ärztliche Untersu-
chung erforderlich!

Wann fließt Strom durch den Körper?


Der Strom fließt nur in einem geschlossenen Stromkreis. Für den
Menschen besteht dann Gefahr, wenn er selbst ein Teil dieses
Stromkreises wird. Für den Stromfluss durch den Körper gibt es
folgende Möglichkeiten (Bild 4):
1. Der Strom kann von einem Außenleiter der elektrischen Anla-

Bild: Archiv
ge durch den menschlichen Körper zur Erde fließen. Der Strom-
Zeit-Stromstärke-Abhängigkeit bei Körperlängsdurchströmung mit Wechselströmen 50/60 Hz
kreis ist über die Erde meist unmittelbar geschlossen, weil die
nach IEC-Report 479 üblichen Verteilungssysteme fast immer eine geerdete Strom-
1: Normalerweise keinerlei Auswirkungen und Reaktionen bis zur Wahrnehmungsschwelle. quelle haben. Auch wenn kein Teil der Anlage betriebsmäßig
2: Normalerweise keine schädlichen physiologischen Wirkungen bis zur Loslassgrenze. geerdet ist, kann durch Isolationsfehler irgendwo ein Erdschluss
3: Normalerweise keine Organschäden zu erwarten. Mit zunehmender Stromstärke und Zeitdauer
der Stromeinwirkung reversible Störung der Reizbildung und Reizleitung im Herzen zu erwarten, bestehen: Beim Berühren eines unter Spannung stehenden An-
einschließlich Vorhofflimmern und vorübergehendem kurzzeitigen Herzstillstand. Im Bereich län- lagenteils fließt der Strom dann durch den Körper zur Erde und
gerer Einwirkdauer oberhalb der Loslassgrenze sind Muskelkontraktionen und Atemschwierig- über einen an anderer Stelle bestehenden Erdschluss wieder in
keiten wahrscheinlich. die Anlage zurück. Selbst wenn (wie im IT-System) keine leitende
4: Herzkammerflimmern wahrscheinlich. Mit zunehmender Stromstärke und Einwirkdauer patho-
physiologische Effekte wie Herzstillstand, Atemstillstand und schwere Verbrennungen, zusätzlich Verbindung der Anlage zur Erde besteht, kann infolge der Erd-
zu den Wirkungen im Bereich 3. kapazitäten der Leitungen ein gefährlicher Strom durch den Kör-
per fließen. Bei einer gut leitenden Verbindung zur Erde besteht
bei jeder Berührung unter Spannung stehender Teile eine beson-
Auftreten von Herzkammerflimmern angeben. Die Zeit-Strom- dere Gefährdung. Das gilt vor allem im Freien und in nassen
stärke-Abhängigkeit für das Herzkammerflimmern steht in enge- Räumen. Aber auch in trockenen Räumen besteht die Gefahr,
rem Zusammenhang mit den Erregungsabläufen im Herzen. wenn man mit der bloßen Haut, mit dünner, feuchter oder ver-
Herzkammerflimmern ist dann auslösbar, wenn der Strom in die schwitzter Kleidung an Wasser-, Gas- und Dampfrohre oder an
Phase der Erregungsrückbildung fällt. In dieser Phase ist ein Eisenkonstruktionen gerät.
größerer Verband von Herzmuskeln in einem ungleich arbeiten- 2. Bei isoliertem Standort fließt zwar kein Strom zur Erde, doch
den Erregungszustand. Bei Einwirkung eines genügend großen kann der menschliche Körper zwischen zwei Außenleiter geraten
Stromes ist dann die Entstehung des Herzkammerflimmerns mög- und diese überbrücken. Dann fließt der Strom von einem Außen-
lich. Bei Quer- und Teildurchströmungen ist zu berücksichtigen, leiter durch den menschlichen Körper zum anderen Außenleiter
dass das Herz mehr oder weniger im Nebenschluss liegt. und kann zu Verletzungen führen.
Gleichstrom ist keinesfalls ungefährlich (Bild 3). Jedoch ist die 3. Teile, die betriebsmäßig nicht unter Spannung stehen, können
physiologische Wirkung bei gleicher Stromstärke weniger stark durch einen Isolationsfehler Spannung gegen Erde annehmen.
auf den Menschen als die von Wechselstrom. Das liegt daran, Erster Buchstabe Erdungsverhältnisse der Stromquelle:
dass Muskelreizungen durch Stromänderungen hervorgerufen „ T = Direkte Erdung eines Netzpunktes
werden, die bei reinem Gleichstrom nur beim Schließen und Öff- „ I = Isolierung des Netzes gegen Erde oder Verbindung eines
nen des Stromkreises stattfinden. Bei Gleichstrom besteht die Punktes mit Erde über eine Impedanz
Gefährdung hauptsächlich durch den elektrischen Lichtbogen, Zweiter Buchstabe Erdungsverhältnisse der Körper der elektri-
bei Gleichstromschweißquellen zusätzlich durch die überlagerte schen Anlage:
Wechselspannung. „ T = Körper direkt geerdet
„ N = Körper direkt mit Betriebserde verbunden, z. B. im Stern-
Lichtbogeneinwirkung punkt
Lichtbögen entstehen z. B. bei Kurzschlüssen. Die Temperatur im Dritter Buchstabe Anordnung des N- und PE-Leiters im TN-Sys-
Kurzschlusslichtbogen kann über 4.000 °C betragen. Dabei ver- tem:
dampfen Metallteile in Sekundenbruchteilen und werden durch „ S = N- und PE-Leiterfunktionen durch getrennte (separate)
die Blaswirkung des entstehenden elektromagnetischen Feldes Leiter
herausgeschleudert. Typische Unfallfolgen sind das Verblitzen „ C = N- und PE-Leiterfunktionen in einem (zentralen) Leiter

92 kfz-betrieb
Antriebsstrang

Bild 4
im Hochvoltsystem im Kraftfahrzeug sind nur Spannungen der
Spannungsklasse bis 1.000 v üblich. im Kraftfahrzeug hat sich
für das Hochvolt-Bordnetz das iT-System aufgrund der hohen
verfügbarkeit etabliert. es gibt keine direkte verbindung zwischen
aktiven Leitern und geerdeten Teilen. Die Gehäuseteile sind zum
Potenzialausgleich untereinander mit der Fahrzeugmasse verbun-
den. Diese Netzform bietet einen Schutz gegen direktes und in-
direktes Berühren.
Schutz gegen direktes Berühren: Das sind alle Maßnahmen
zum Schutz von Personen vor Gefahren, die sich aus der Berüh-

Bild: Archiv
rung mit aktiven Teilen elektrischer Betriebsmittel ergeben. Ak-
tive Teile sind z. B. Außenleiter, Neutralleiter, Kontakte. Folgende
Zu erwartende Stromstärken, die durch den menschlichen Körper fließen, in Abhängigkeit von
Schutzmaßnahmen können z. B. gegen direktes Berühren ange- Spannung und Widerstand.
wendet werden:
„ isolierung der aktiven Teile
„ Abdeckungen oder Umhüllungen
Schutz bei indirektem Berühren: Das ist der Schutz von Personen, Bild 5 Bild 6
die sich im Fehlerfall aus einer Berührung mit dem Körper oder
fremden leitfähigen Teilen ergeben können. Diese führen nur im
Fehlerfall Spannung. es sind dies z. B. Befestigungselemente,
Schutzleiter und leitfähige Teile von Betriebsmitteln.
Folgende Schutzmaßnahmen können z. B. angewendet werden:
„ Automatische Abschaltung der Stromversorgung
„ Schutzisolierung, erdfreier Potenzialausgleich

Bild: Archiv
Um den Gefahren, die vom Hv-System ausgehen, vorzubeugen,

Bild: Archiv
wurden folgende Hochvolt-Sicherheitsmaßnahmen ergriffen:
„ Farbliche Kennzeichnung und Warnhinweise Beispiele für Warnhinweisaufkleber.
„ Berührungsschutz spannungsführender Teile
„ Galvanische Trennung Bild 7 Bild 8
„ Überwachung isolationswiderstand
„ Hochvolt-interlock
„ Wartungs-/Servicestecker, Hochvolt-Zuschaltsperre
„ Abschaltung des Hochvoltsystems beim Auslösen des Air-
bags
es finden grundsätzlich zwei Arten von Warnaufklebern verwen-
dung (Bild 5 und 6):
„ Gelbe Warnaufkleber mit dem Warnzeichen für elektrische
Spannung
Bild: Archiv

Bild: Archiv
„ Warnaufkleber mit dem Schriftzug „Danger“ (englisch: Ge-
fahr) auf rotem Grund
ein Beispiel: Warnung vor gefährlicher elektrischer Spannung Beispiele für Warnhinweisaufkleber „Danger“.
nach DiN 4844-2 (BGv A8): Gelbe Aufkleber weisen auf hoch-
voltführende Bauteile bzw. Hv-Komponenten hin, die in der Nähe
verbaut oder z. B. unter Abdeckungen verborgen sind (Bild 5 und tet. Bei erkennung von isolationsfehlern im Hochvoltsystem, z. B.
6). Leiterschleife liegt an Fahrzeugmasse, wird über die Steuereinheit
Die Warnaufkleber mit dem Schriftzug „Danger“ kennzeichnen das Hochvoltsystem spannungsfrei geschaltet und die Konden-
Hochvoltkomponenten bzw. hochvoltführende Bauteile (Bild 7). satoren des Hochvoltsystems werden entladen. im Fehlerfall
Bild 8 zeigt die spezielle Kennzeichnung der Hochvoltbatterie. erfolgt eine Anzeige im Multifunktionsdisplay des Kombiinstru-
Dieser Aufkleber ist jeweils in englisch und in der Landessprache ments (Bild 9).
auf der Oberseite der Hochvoltbatterie angebracht. Das Hochvoltsystem wird beim Auslösen des Airbags automa-
tisch abgeschaltet. Beim Auslösen des Airbags wird vom Modul-
Überwachung isolationswiderstand SrS ein Signal an das Pyrotechnische Trennelement weitergelei-
Der isolationswiderstand des gesamten Hochvoltsystems wird tet. Das Pyrotechnische Trennelement wird aktiviert und unter-
ständig auf Fehler überprüft. Über eine Leiterschleife wird ein bricht die Spannungsversorgung zur Steuereinheit. Wird die
Signal gesendet und über die isolationsüberwachung ausgewer- Steuereinheit nicht mehr mit Spannung versorgt, öffnen die

Servicetechniker 93
Schütze. Dadurch wird das Hochvoltsystem spannungsfrei ge- Stecker sicher aufbewahren, damit nicht jemand versehentlich
schaltet und die Kondensatoren im Hochvolt-Bordnetz entladen. das Hochvoltsystem aktiviert. Zusätzlich kann entsprechend dem
Fahrzeug eine Zuschaltsperre aufgesetzt oder ein Warnhinweis
Wartungs- bzw. Servicestecker, Hochvolt-Zuschalt- aufgebracht werden (Bild 10).
sperre Das Anbringen der Sicherheitsschilder „Warnung vor ge-
Um die Gefahren beim Arbeiten an Elektro- oder Hybridfahrzeu- fährlicher Spannung“, welche im Fahrzeug gut sichtbar ange-
gen zu minimieren, muss bei Wartungs- und Instandsetzungsar- bracht werden müssen, ist Pflicht! (Bild 11)
beiten gemäß der Werkstattliteratur das Hochvoltsystem ausge- Das Anbringen der Sicherheitsschilder „Nicht schalten, es
schaltet werden. Hierzu ist in der Nähe der Hochvoltbatterie ein wird gearbeitet“, welche im Fahrzeug gut sichtbar angebracht
Wartungs-/Servicestecker integriert. Dieser Stecker muss vor den werden müssen, ist Pflicht (Bild 12)!
Arbeiten entsprechend der Werkstattliteratur getrennt werden.
Durch das Trennen des Steckers wird die Spannungsversorgung Sicherheitsmaßnahmen bei Arbeiten am
des Hochvoltsystems unterbrochen. Der Mechaniker muss den Hochvoltsystem
Grundsätzlich ist vor Beginn der Arbeiten zu überprüfen, welche
BilD 9 Sicherheitsmaßnahmen für die durchzuführenden Arbeiten ge-
mäß der aktuellen Werkstattliteratur zu beachten sind. Ferner

Bild: Archiv
muss überprüft werden, ob der Kundendiensttechniker, der die
Arbeiten durchführen soll, die benötigte Qualifikation hat. Muss
gemäß der Werkstattliteratur das Fahrzeug vor Beginn der War-
tungs-/Instandsetzungsarbeit spannungsfrei geschaltet werden,
ist folgendes Verfahren anzuwenden:
„ Freischalten
„ Gegen Wiedereinschalten sichern
„ Spannungsfreiheit feststellen
„ Erden und Kurzschließen (für Fahrzeuge nicht relevant, da
die Nennspannung weniger als 1.000 V beträgt)
„ Benachbarte spannungsführende Teile abdecken (für Fahr-
zeuge nicht relevant, da durch das Freischalten der Anlage
das komplette Hochvoltsystem spannungsfrei ist)

Freischalten
1 Hochvoltbatterie, 2 Schütze, 3 Leiterschleife, 4 Leistungselektronik, 5 DC/DC-Wandler, 6 Span- Folgende Reihenfolge ist beim Freischalten des Hochvoltsystems
nungsversorgung 12 V, 7 Modul-SRS (Sicherheits-Rückhaltesystem), 8 Pyrotechnisches Trennelement, zu beachten:
9 Batterie, 10 Hochvolt-Interlock-Auswertelektronik, 11 Steuereinheit.
„ Zündung ausschalten.
„ Massekabel der Bordnetzbatterie abklemmen, weil bei Fahr-
BilD 10 zeugen mit bidirektionalem DC/DC-Wandler das Hochvolt-
system über die Bordnetzbatterie gespeist werden kann.
Foto: Archiv

„ Service-/Wartungsstecker trennen bzw. Hauptschalter aus-


schalten (beim Trennen des Service-/Wartungssteckers sind
Sicherheitshandschuhe zu tragen. Diese sollten vor jeder Be-
nutzung durch kurzes Aufblasen auf Risse, Löcher oder an-
dere Beschädigungen überprüft werden. Handschuhe mit
Leck bieten keine Durchschlagsicherheit mehr).
„ Nach dem Trennen des Service-/Wartungssteckers ist gemäß
der Werkstattliteratur die angegebene Wartezeit einzuhal-
ten, bevor man weitere Arbeiten am System durchführt.
Während dieser Wartezeit entladen sich die Kondensatoren
der elektronischen Komponenten des Hochvoltsystems.
Die Freischaltung des Hochvoltsystems darf nur von qualifi-
zierten Kundendiensttechnikern gemäß der Werkstattliteratur
durchgeführt werden!

Beispiel eines Servicesteckers (orange) im Fahrzeug. Gegen Wiedereinschalten sichern


Der Zündschlüssel und der Service-/Wartungsstecker sind gegen

94 kfz-betrieb
Antriebsstrang

unbefugten Zugriff gesichert aufzubewahren. Sollte das Fahrzeug BilD 12


mit einem Batterie-Hauptschalter ausgestattet sein, muss dieser
durch einen Abdeckkappe gegen versehentliches Wiedereinschal-

Bild: Archiv
ten gesichert werden. entsprechend des Fahrzeugtyps müssen
weitere vorgaben beachtet werden, z. B. Zeitpunkt der Abschal-
tung dokumentieren.

Spannungsfreiheit feststellen
Je nach Fahrzeugtyp kann die Spannungsfreiheit über das Diag-
nosesystem, Kombiinstrument oder unter Zuhilfenahme eines
zugelassenen Spannungsprüfers festgestellt werden. Wird die
Spannungsfreiheit mit dem Spannungsprüfer überprüft, muss sie
auf der Drehstromseite an allen drei Phasen und im gesamten Schild Warnhinweis
Hochvoltsystem festgestellt werden. vor Beginn der Prüfung ist „nicht schalten“.
der Spannungsprüfer auf korrekte Funktion zu überprüfen und
ob er für die anliegenden Spannungen zugelassen ist. BilD 11
Die Spannungsfreiheit darf nur von qualifizierten Kunden-

Bild: TAK
diensttechnikern, die das Hochvolttraining für das jeweilige
Fahrzeug erfolgreich absolviert haben, gemäß der Werkstatt-
literatur überprüft werden!

Ablauf in der Werkstatt


Um die Sicherheit beim Umgang mit Hv-Systemen sicherzustel-
len, wird das sehr gewissenhafte Abarbeiten folgender checklis-
Schild Warnhinweis
te (JA/NeiN) empfohlen bzw. von diversen Fahrzeugherstellern „gefährliche Span-
vorgeschrieben: nung“.
1. im Büro des Werkstattmeisters die eintragung im Hochvolt-
Logbuch vorgenommen (Beginn des Freischaltprozesses).
2. Hochvolt-Schalt- und -Prüfprotokolle sowie die Servicestecker- 16. Zugang zum Servicestecker (Herstellervorgaben beachten!).
abdeckung empfangen. 17. Servicestecker der Hochvoltbatterie entfernt (Herstellervorga-
3. Basisdaten im Hochvolt-Schalt- und -Prüfprotokoll ausgefüllt. ben und Sicherheitsbestimmungen beachten!).
4. Fahrzeug auf den vorgesehenen Arbeitsplatz gefahren. 18. Servicesteckerabdeckung angebracht und verriegelt (Herstel-
5. Fahrzeug als Hochvolt-Fahrzeug mit roter Kennzeichnung lervorgaben beachten!).
„Fahrzeug nicht spannungsfrei“ gekennzeichnet. 19. vorgeschriebene Zeit abwarten nach Anbringen des Service-
6. Fahrzeug abgeschrankt. steckercovers (Herstellervorgaben beachten!).
7. Anzeigen des Kombiinstruments auf Fehlermeldungen über- 20. Hochvoltstecker der Hochvoltkomponente gelöst.
prüft. 21. Funktion des vorgeschriebenen Spannungsmessgeräts (Her-
8. „Fremdstrom“ entfernt (z. B. elektrische Ladeeinheit, elektrische stellervorgaben beachten!) an referenzspannungsquelle getestet.
Werkzeuge etc.). 22. Spannungsfreiheit mit getestetem Spannungsmessgerät all-
Wenn ein Diagnosegerät verfügbar ist: polig festgestellt.
9. Benutzen Sie die routine „Hochvolt-(Hv)-Freiheit prüfen“ im 23. Funktion des vorgeschriebenen Spannungsmessgeräts noch-
Diagnosegerät. mals an referenzspannungsquelle getestet.
10. Zündung ausgeschaltet. Folgende Arbeitsschritte sind immer notwendig:
11. Zugang zum Servicestecker (Herstellervorgaben beachten!). 24. Anzeigen des Spannungsmessgeräts ins Prüfprotokoll einge-
12. Servicestecker der Hochvoltbatterie entfernt (Herstellervor- tragen.
gaben und Sicherheitsbestimmungen beachten!). 25. Ungewöhnliche Beobachtungen im Prüfprotokoll dokumen-
13. Servicesteckerabdeckung angebracht und verriegelt (Herstel- tiert (falls erforderlich).
lervorgaben beachten!). 26. Freischaltung im Prüfprotokoll mit Uhrzeit dokumentiert.
14. vorgeschriebene Zeit abwarten nach Anbringen des Service- 27. Warnhinweis-, Sicherheitsschilder angebracht!
steckercovers (Herstellervorgaben beachten!). 28. Fahrzeug für weitere Arbeiten durch Unterschriften im Prüf-
Folgende Arbeitsschritte sind notwendig, wenn kein Diagnose- protokoll und Hochvolt-Logbuch freigegeben.
gerät verfügbar bzw. keine routine „Hochvolt-Freiheit prüfen“ in 29. Prüfprotokoll im Büro des Werkstattmeisters abgegeben.
der eigendiagnose vorgesehen ist.
15. Zündung ausgeschaltet und Zündschlüssel mindestens 2,5 m
von der Motorhaube entfernt sicher aufbewahrt.

Servicetechniker 95
Bild 13 tigt, wird auch der Verbrennungsmotor abgeschaltet. Dies ist im
Schubbetrieb, bei Stillstand oder bei vollgeladener Batterie der
Fall. Auf einen konventionellen Anlasser kann verzichtet werden,
wenn der Elektromotor diese Funktion übernimmt. Ein Verbren-
nungsmotor liefert in einem bestimmten Drehzahlbereich ein
hohes Drehmoment. Der Elektromotor dagegen stellt schon beim

Bild: Archiv
Anfahren das maximale Drehmoment zur Verfügung und lässt
bei höherer Drehzahl im Drehmoment nach. Durch Kombination
Prinzip des Micro-Hybrids.
der beiden Motoren kann das Fahrzeug um etwa 10 bis 20 Pro-
zent schneller beschleunigen (elektrisches Boosten). Der günsti-
Bild 14 gere Betriebsbereich des Verbrennungsmotors führt zu geringeren
Emissionen. Dies gilt sowohl für die Emissionen CO (Kohlenmo-
noxid), HC (Kohlenwasserstoff), NOX (Stickoxide) und Partikel als
auch für das Treibhausgas CO2 (Kohlendioxid) als eine unmittel-
bare Folge des geringeren Kraftstoffverbrauchs.

Micro-Hybridantrieb
Bei diesem Antriebskonzept dient die Elektrokomponente (E-
Starter/Generator) lediglich der Umsetzung einer Start-Stopp-
Funktion. Ein Teil der Bewegungsenergie lässt sich beim Abbrem-
sen wieder als elektrische Energie nutzbar machen (Rekupera-
tion). Ein rein elektrisches Fahren ist nicht vorgesehen. Die
Eigenschaften der Zwölf-Volt-Batterie sind an die häufigen
Bild: Archiv

Motorstarts angepasst (Bild 13).

Paralleler Hybrid: 1 Hochvoltbatterie, 2 Getriebe, 3 Elektromotor, 4 Verbrennungsmotor, Mild-Hybridantrieb


5 Leistungselektronik, 6 Kraftstofftank.
Der Mild-Hybridantrieb entspricht technisch und von den Bau-
teilumfängen dem des Voll-Hybridantriebs mit der Einschrän-
kung, dass er nicht rein elektrisch fahren kann. Er hat eine Reku-
Allgemeines zum Hybridantrieb peration, Start-Stopp- und Boost-Funktion. Die Voll-Hybridantrie-
Bei Antriebshybriden spricht man von einer Kombination von be teilen sich in vier Untergruppen auf:
zwei verschiedenen Antriebsaggregaten, die nach unterschiedli- „ Parallel-Hybridantrieb
chen Funktionsprinzipien arbeiten. Zurzeit versteht man unter „ Leistungsverzweigter Hybridantrieb
Hybridtechnik im Allgemeinen die Kombination von einem Ver- „ Serieller Hybridantrieb
brennungsmotor und einer Elektromaschine (oder auch E-Ma- „ Leistungsverzweigter, serieller Hybridantrieb
schine). Sie kann als Generator zur Gewinnung von elektrischer
Energie aus Bewegungsenergie (Rekuperation), als Motor zum Paralleler Hybridantrieb
Fahren des Fahrzeugs und als Starter für den Verbrennungsmotor Beim parallelen Hybridantrieb sind Verbrennungsmotor und Elek-
verwendet werden. Je nach Ausrichtung dieses Grundaufbaus tromotor mechanisch mit den Antriebsrädern gekoppelt. Solche
werden drei Arten von Hybridantrieben unterschieden: Konzepte beinhalten neben den beiden Antriebsmotoren
„ Der Micro-Hybridantrieb „ eine oder mehrere Energiespeicher,
„ Der Mild-Hybridantrieb „ ein oder auch mehrere Getriebe,
„ Der Voll-Hybridantrieb „ Kupplungen oder Freiläufe.
Der Verbrennungsmotor kann beim Hybridantrieb in einem sehr Die beiden Antriebssysteme können sowohl jeweils einzeln als
günstigen Wirkungsgradbereich betrieben werden. Anfallende auch gleichzeitig zum Vortrieb des Fahrzeugs genutzt werden.
überschüssige Energie wird über einen Generator für die Batte- Aufgrund der Leistungsaddition können beide Motoren relativ
rieladung verwendet. Beim Beschleunigen arbeiten Verbren- klein ausgelegt werden, ohne dass Einbußen beim Beschleunigen
nungs- und Elektromotor gemeinsam. Bei gleicher Beschleuni- oder an Steigungen vorhanden sind. Üblicherweise wird so der
gung kann also ein kleinerer Verbrennungsmotor verwendet elektrische Antriebszweig für den Stadtverkehr ausgelegt (be-
werden. Die Verkleinerung des Verbrennungsmotors kompensiert grenzter, emissionsfreier Fahrbetrieb). Der leistungsstärkere Ver-
dabei zum Teil auch das zusätzliche Gewicht der Hybrid-Aggre- brennungsmotor wird für Überlandverkehr und auf Autobahnen
gate. Beim Bremsen und im Schubbetrieb wird ein Teil der Brems- genutzt (Bild 14).
energie in die Hochvoltbatterie zurückgeführt. Insbesondere im
Stadtverkehr und bei Fahrten bergab trägt die Rückgewinnung Serieller Hybridantrieb
zur Verbrauchsminderung bei. Wird keine Antriebsleistung benö- Das Fahrzeug wird ausschließlich über die E-Maschine angetrie-

96 kfz-betrieb
Antriebsstrang

ben und der verbrennungsmotor hat keine mechanische verbin- Bild 15


dung zur Antriebsachse. er treibt einen elektrischen Generator
an, der im Fahrbetrieb die e-Maschine mit Strom versorgt oder
die Hochvoltbatterie lädt. es existieren sowohl varianten mit
einem Fahrmotor und Differenzial als auch Konzepte mit zwei
Fahrmotoren pro Achse unter Wegfall des Differenzials bis hin
zu radnabenmotoren. Die Dimensionierung der Generatoreinheit
und des Speichers richtet sich nach (Bild 15)
„ der Betriebs- und Ladestrategie,
„ einer eventuell gewünschten Netzunabhängigkeit (hohe La-
deleistung erforderlich),
„ der reichweite,
„ den Fahrleistungen.
Der höhere Bauaufwand durch den zusätzlichen Generator wird

Bild: Archiv
weitgehend durch den Wegfall des Schaltgetriebes kompensiert.
Die nicht vorhandene mechanische Anbindung des verbren-
Systemdarstellung eines seriellen Hybridantriebs.
nungsmotors an die Antriebsräder ermöglicht eine hohe Flexibi-
lität bei der Anordnung der Komponenten. im vergleich zum
Bild 16
elektrofahrzeug kann die Batterie kleiner dimensioniert werden.
Die verfügbarkeit des Fahrzeugs wird durch die direkte Nachla-
dung der Hochvoltbatterie oder reinen Generatorbetrieb erhöht.
Für die Dimensionierung des elektrischen Fahrantriebes ist zu
beachten, dass dieser die gesamte Leistung bereitstellen muss,
die für die gewünschte Beschleunigung oder Steigfähigkeit be-
nötigt wird. Nachteilig bei seriellen Hybridantrieben ist die dop-
pelte energiewandlung von mechanisch in elektrisch und umge-
kehrt.

Leistungsverzweigter hybridantrieb
im leistungsverzweigten Hybrid sitzen verbrennungs- und elek-
tromotor meistens auf der vorderachse. ein Teil der Leistung des

Bild: Archiv
verbrennungsmotors dient, wie beim seriellen Hybrid, der Strom-
erzeugung und lädt direkt die Hochvoltbatterie. Der übrige Anteil
der Motorleistung dient zur Beschleunigung des Hybridfahrzeu- Leistungsverzweigter Hybridantrieb: 1 Hochvoltbatterie, 2 Getriebe, 3 Generator, 4 Elektromotor,
5 Verbrennungsmotor, 6 Leistungselektronik ,7 Kraftstofftank.
ges. im Gegensatz zum parallelen Hybrid kann man also nicht
die Summe der einzelleistungen der unterschiedlichen Motoren Bild 17
addieren, um auf die Gesamt-Systemleistung zu kommen. Ange-
trieben wird das Fahrzeug sowohl durch den verbrennungsmotor
als auch durch die elektrische Maschine; die Motoren geben ihre
Kraft über ein Planetenradgetriebe an die räder ab. ein zentra-
les Steuergerät regelt die einzelnen Komponenten. Der verbren-
nungsmotor kann in diesem aufwändigen System in günstigen
Betriebspunkten fahren, und die elektrischen Maschinen können
im vergleich zum seriellen Hybrid kleiner sein (Bild 16).

Leistungsverzweigter, serieller hybridantrieb


Der leistungsverzweigte, serielle Hybridantrieb ist eine Mischform.
Das Fahrzeug hat einen verbrennungsmotor und zwei e-Maschi-
nen. verbrennungsmotor und e-Maschine 1 sitzen auf der vor-
derachse. Die e-Maschine 2 sitzt in der Hinterachse. Dieses Kon-
zept gilt für ein Allradfahrzeug. verbrennungsmotor und e-Ma-
schine 1 können über ein Planetengetriebe das Fahrzeuggetrie-
Bild: Archiv

be antreiben. Auch hier gilt, dass die einzelleistungen der An-


triebsvarianten nicht als Gesamtleistung am rad abgenommen Systemdarstellung eines leitungsverzweigten seriellen Hybridantriebs.
werden können. Die e-Maschine 2 in der Hinterachse wird bei

Servicetechniker 97
Bedarf aktiviert. Die Hochvoltbatterie sitzt konzeptbedingt zwi- Allgemeines zu Hochvoltkomponenten
schen den beiden Fahrzeugachsen (Bild 17).
Die Hochvoltkomponenten und Zusatzaggregate, die mit Hoch-
Plug-in-Hybrid spannung versorgt werden, variieren je nach der Hybridvariante.
Allgemein bezeichnet dieser Begriff ein Fahrzeug mit Hybridan- Folgende Hochvoltkomponenten und Zusatzaggregate können
trieb, dessen Hochvoltbatterie zusätzlich extern über eine Lade- in Elektro- und Hybridfahrzeuge integriert sein:
station oder die heimische Steckdose aufgeladen werden kann. „ Hochvoltbatterie
Zu den möglichen Funktionen des Vollhybridantriebs gehören: „ Elektromotor/Generator
„ Motor Stopp/Start und/oder Motor starten „ Leistungselektronik
„ Rekuperation „ DC (Gleichstrom)/DC-Wandler
„ Boosten „ Ladeaggregat
„ Elektrisches Fahren „ Hochvoltleitungen
„ Elektrischer Kältemittelkompressor
Motor Stopp/Start und Motor starten „ Elektrische Unterdruckpumpe
Steht das Fahrzeug still, wird der Verbrennungsmotor ausgeschal- „ PTC (Positiver Temperaturkoeffizient) – Heizer
tet. Beim Start wirft ihn die elektrische Maschine automatisch „ Hochvolt-Verteiler-Einheit
wieder an. Dies ist je nach Auslegung auch während der Fahrt
möglich. Im Generatorbetrieb wandelt die elektrische Maschine Hochvoltbatterie
die Motorleistung in elektrische Energie um, die dem Bordnetz Für alle elektrischen Funktionen benötigt das Elektro- oder Hy-
zur Verfügung steht oder der Hochvoltbatterie zugeführt wird. bridfahrzeug einen leistungsfähigen Energiespeicher. Doch Bat-
terien sind schwer und ihre Energiedichte ist gering. Die Ener-
Rekuperation giedichte gibt an, wie viel Energie eine Batterie, bezogen auf ihr
Über den Generatorbetrieb des Elektromotors kann Bremsenergie Gewicht, speichern kann. Sie wird bei Akkumulatoren in Watt-
nutzbar gemacht werden. Dies wird rekuperieren genannt. Die stunden pro Kilogramm angegeben (Wh/kg). Während in 1 kg
Energie, die beim Bremsen und im Schubbetrieb entsteht, wird Diesel 10.000 Wh stecken, enthält ein 30 kg Bleiakkumulator nur
in elektrische Energie umgewandelt und in die Hochvoltbatterie 1.000 Wh. Auch die Leistungsdichte des Bleiakkumulators ist mit
überführt. Dabei wird beim Bremsen die auf das Bremspedal bestenfalls 300 W/kg gering. Die Leistungsdichte gibt an, welche
wirkende Kraft über ein Steuersystem ermittelt. Danach richtet elektrische Leistung eine Batterie, bezogen auf ihr Gewicht, ab-
sich die Stromstärke des Generators, der diese Bremsenergie der geben kann. Sie wird bei Batterien in Watt pro Kilogramm ange-
Hochvoltbatterie zuführt. Erst bei stärkeren Bremsmanövern wird geben (W/kg). Die Leistungsdichte wird bestimmt durch die
die Scheibenbremsanlage zusätzlich aktiv. Besonders bei häufi- Klemmenspannung, die Strombelastbarkeit und die Batteriemas-
gen Bremsvorgängen im Stadt- und Überlandverkehr trägt dies se.
zur Verbrauchsminderung bei. Hybrid- und Elektrofahrzeuge stellen unterschiedliche Anfor-
derungen an Energie- und Leistungsdichte:
Boosten „ Um längere Distanzen zurücklegen zu können, muss in der
Die elektrische Maschine unterstützt den Verbrennungsmotor Batterie viel Energie gespeichert werden. Bei Elektrofahrzeu-
beim elektrischen Anfahren und beim Beschleunigen. Bei den gen hat daher eine hohe Energiedichte Vorrang.
besonders verbrauchsintensiven Anfahrvorgängen sorgt aus- „ Bei Hybridfahrzeugen steht die Leistungsdichte im Vorder-
schließlich die elektrische Maschine für Antrieb. Der Verbren- grund. In kurzen Zeitspannen muss viel Energie gespeichert
nungsmotor wird erst ab einer verbrauchsgünstigen Drehzahl und wieder abgegeben werden.
zugeschaltet oder wenn der Fahrer mehr Leistung abfordert. Die Heute liegt die spezifische Leistung einer Batteriezelle (Lithium-
elektrische Maschine unterstützt den Verbrennungsmotor beim Ionen-Batterien für Hybridanwendungen) bei rund 3.000 Watt
Beschleunigen. Da die elektrische Maschine hohe Drehmomente pro Kilogramm (W/kg) und circa 85 Wattstunden pro Kilogramm
bereits bei niedrigen Drehzahlen erzeugt, wird sie zur Unterstüt- (Wh/kg) spezifischer Energie, bei einer Energiezelle für Elektro-
zung des Verbrennungsmotors beim Beschleunigen zugeschaltet. fahrzeuge bei 110 Wattstunden pro Kilogramm (Wh/kg). Bei den
Die zusätzliche Antriebsleistung der elektrischen Maschine er- älteren Hybridfahrzeugen wurden Nickel-Metallhydrid-Batterien
möglicht es, den Verbrennungsmotor von vornherein kleiner, verwendet. Diese haben eine Energiedichte von 50 bis 80 Wh/
leichter und kraftstoffsparender auszulegen. kg und eine Leistungsdichte von circa 200 bis 400 W/kg. Lithium-
Ionen- oder Lithium-Polymer-Batterien haben eine dreimal höhe-
Rein elektrisches Fahren re Energiedichte und eine circa viermal höhere Leistungsdichte
Das Fahrzeug fährt auch über eine längere Distanz nur mit der als Nickel-Metallhydrid-Batterien.
elektrischen Maschine. Die notwendige Energie stellt die Batte- Eine andere Form der Energiespeicher sind Doppelschichtkon-
rie zur Verfügung. densatoren, sogenannte Supercaps. Supercaps haben zwar nur
Energiedichten von 3 bis 5 Wh/kg, aber extrem hohe Leistungs-
dichten von 2.000 bis 10.000 W/kg. Sie lassen sich innerhalb

98 kfz-betrieb
Antriebsstrang

weniger Sekunden aufladen, und ihre Lebensdauer ist mit etwa nickel-Metallhydrid-Batterie
einer Million Ladezyklen sehr hoch, da in ihrem inneren nur phy­ Die Nickel­Metallhydrid­Batterie wird als der direkte Nachfolger
sikalische Ladungstrennungsprozesse ablaufen. Sie können sehr der Nickel­cadmium­Batterie angesehen. Sie besitzt eine höhere
schnell große energiemengen aufnehmen und wieder abgeben. energiedichte, aber eine etwas geringere Leistungsdichte als die
Neben der Speicherkapazität ist auch die Lebensdauer der Bat­ Nickel­cadmium­Batterie. Sie ist umweltverträglicher, da sie kein
terien begrenzt. Die Lebensdauer ist unter anderem abhängig cadmium enthält. Durch die ähnliche Zellenspannung können
von den Ladezyklen, dem Ladezustand und der Temperatur der Nickel­cadmium­Batterien direkt durch Nickel­Metallhydrid­
Batterie. Batterien ersetzt werden. Die maximale Betriebstemperatur liegt
bei 65 °c (Bild 19).
Akkutyp energiedichte Leistungs­ Lebensdauer
Wh/kg dichte W/kg Zyklen/Jahre Die positive elektrode und der elektrolyt, circa 45 Prozent Ka­
Bleibatterie 30­50 150­300 300­1.000/ liumhydroxidlösung, entsprechen denen der Nickel­cadmium­
3­5 Batterie. Anodenseitig kommt eine Wasserstoffelektrode zum
Nickel­Metallhydrid­Bat­ 60­80 200­300 >1.000/>5 einsatz, welche als Hydridspeicher ausgeführt ist. Nickel­Metall­
terie
hydrid­Batterien reagieren empfindlich auf Überladung, Überhit­
Lithium­ionen­Batterie 90­150 500­ >2.000 >2.000/5­10
Doppelschichtkondensa­ 3­5 2.000­10.000 1.000.000/
zung, falsche Polung, Tiefentladung oder Tiefentladung mit
toren unbegrenzt Umpolung, wie sie bei in reihe geschalteten Zellen auftreten
kann. Die Nickel­Metallhydrid­Batterie wird derzeit am meisten
Der Zustand des energiespeichers muss stetig überwacht wer­ in den gegenwärtig verfügbaren Hybridfahrzeugen verbaut.
den. Diese Aufgabe übernimmt das Batterieüberwachungssys­
tem. im Fall der Supercaps werden innenwiderstand und Kapa­ Lithium-ionen-Batterie
zität bestimmt, um jederzeit festzustellen, wie viel Strom der Die Lithium­ionen­Batterie ist die jüngste evolution in der Bat­
energiespeicher zur verfügung stellen kann, um bestimmte Auf­ terietechnologie. Sie besitzt mit die höchste spezifische energie
gaben zu übernehmen. Bei den Hochvoltbatterien lässt sich über unter den wieder aufladbaren Systemen. ein zusätzliches Plus
Sensoren die Batteriealterung, der Ladezustand und die Batte­ besteht in der geringen Selbstentladung und somit in der langen
rietemperatur ermitteln. Das Batterieüberwachungssystem be­ Lagerfähigkeit ohne erneutes Aufladen der Zellen. Anders als
stimmt dann, wann der Speicher geladen werden muss, damit er Nickel­cadmium­ oder Nickel­Metallhydrid­Batterien verfügt eine
immer in seinem optimalen Arbeitsbereich bleibt, und welchem Lithium­ionen­Batterie über eine Systemspannung von circa 3,6 v
verbraucher im Lastfall wie viel Strom zur verfügung gestellt statt 1,2 v. Die hohe Zellenspannung von 3,6 v erlaubt, Batterien
werden kann.

Nickel-Cadmium-Batterie Bild 18 Bild 19


Die Hybridbatterie liefert eine Spannung von 201,6 v. Die Nickel­
cadmium­Batterie ist hochstromfähig sowohl beim entladen als
auch bei der Ladung. eine unangenehme eigenschaft ist der
sogenannte Memory­effekt. Dies ist ein Kapazitätsverlust der
Batterie, der bei sehr häufigem Teilentladen auftritt. Die maxi­
male Betriebstemperatur beträgt 65° c. Aus diesem Grund wird
sie in den Hybridfahrzeugen je nach Ausführung mit Luft oder
Wasser gekühlt. Bei Nickel­cadmium­Batterien bildet die Nickel­
elektrode den positiven Pol und die cadmiumelektrode den ne­
gativen. Als elektrolyt wird eine Kaliumhydroxidlösung verwen­
det. Nickel­cadmium­Batterien mit einem Gewichtsanteil cad­
mium von mehr als 0,002 Prozent sind seit 2006 durch das
europäische Parlament verboten. cadmium ist als krebserzeu­
gender Stoff eingestuft. einmal in die Umwelt gelangtes cadmi­
um belastet die Biosphäre für immer, da cadmium nicht abge­
Foto: Archiv

Bild: Archiv

baut wird und sich in der Umwelt anreichert (Bild 18).


Die Nickel­cadmium­Batterie wurde aufgrund der höheren
Nickel-Cadmium-Batterie: Nickel-Metallhydrid-Batterie:
Leistungs­ und energiedichte gegenüber der Bleibatterie in vielen 1 Positiver Pol 1 Positiver Pol
Bereichen eingesetzt. Die Zellenspannung beträgt 1,2 v. Die Bat­ 2 Gummidichtung 2 Gummidichtung
terie in einem Hybridfahrzeug besteht aus mehreren Modulen. 3 Dichtung 3 Dichtung
4 Ableiter (Kontaktschiene) 4 Ableiter (Kontaktschiene)
ein Modul besteht aus mehreren Zellen. eine Hybridbatterie aus 5 Separator (Isolator) 5 Separator (Isolator)
28 Modulen und pro Modul 6 Zellen liefert: 28 Module x 6 6 Cadmium (Anode) 6 Metallhydrid (Anode)
Zellen x 1,2 v = 201,6 v. 7 Nickelhydroxid (Kathode) 7 Nickelhydroxid (Kathode)
8 Negativer Pol 8 Negativer Pol

Servicetechniker 99
Bild 20 fische Energie wie die Lithium-Ionen-Batterien. Durch den festen
Polymer-Elektrolyten lassen sich die Abmessungen der Batterien
(Gehäuseformen) frei variieren (Bild 20).

Doppelschichtkondensatoren
Die Doppelschichtkondensatoren speichern die Energie in einer
elektrochemischen Doppelschicht, der sogenannten Helmholz-
Schicht. Die Vorteile gegenüber den Batterien liegen in der hohen
Zyklusfestigkeit und in der Stromfestigkeit. Das bedeutet, es kön-
nen hohe Lade- und Entladeströme fließen. Der Nachteil liegt in
der Energiedichte. Sie liegt bei maximal 7 bis 10 Wh/kg. Die
typischen Nennspannungen betragen heute je nach Elektrolyt
zwischen 1,0 V und 2,8 V (Bild 21).
Der grundsätzliche Aufbau ist dem von Batterien, vor allem
Lithium-Ionen-Batterien, sehr ähnlich. Aufgrund dieses Aufbaus
sind auch Mischformen denkbar, bei denen sowohl elektrostatisch
wie auch chemisch Energie gespeichert wird. Die wesentlich
höhere Kapazität von Doppelschichtkondensatoren gegenüber
konventionellen Elektrolyt- oder Folienkondensatoren beruht auf
der geringen Dicke der Doppelschicht.

Elektromaschine (E-Maschine)
Bild: Archiv

Der Begriff Elektromaschine oder E-Maschine wird anstelle von


Generator, Elektromotor und Starter verwendet. Grundsätzlich
Lithium-Ionen-Batterie: 1 Ableiter (Kontaktschiene), 2 Überdruck- kann man jeden Elektromotor auch als Generator einsetzen. Wird
ventil, 3 Negativer Pol, 4 Dichtung, 5 Deckel, 6 Separator (Isola-
tor), 7 Grafitverbindungen (Anode), 8 Lithiumverbindungen (Ka-
die Motorwelle der E-Maschine extern angetrieben, liefert sie als
thode), 9 Positiver Pol. Generator elektrische Energie. Wird der E-Maschine elektrische
Energie zugeführt, funktioniert sie als Motor. Die E-Maschine
eines elektrischen Hybriden ersetzt also den konventionellen
mit nur eine Zelle zu bauen. Während eine Batterie auf Nickel- Starter des Verbrennungsmotors sowie den konventionellen Ge-
basis drei in Serie geschaltete 1,2-V-Zellen benötigt. Verantwort- nerator (Lichtmaschine). Sowohl der Elektromotor als auch der
lich dafür ist der besondere Aufbau. So enthält die Lithium-Ionen- Generator nutzen die Tatsache, dass sich magnetische Pole an-
Batterie als Material für die Kathodenelektrode eine Lithiumver- ziehen (ungleichnamige) oder abstoßen (gleichnamige). Von den
bindung, die aus Cobalt-, Mangan- oder Nickel-Oxid bestehen beiden benötigten Magnetfeldern wird mindestens eines durch
kann. Die Anode setzt sich aus einer Grafitverbindung zusammen. elektrischen Strom erzeugt. Die wichtigsten Typen, die als Motor
Die Isolierung zwischen den beiden Elektroden besteht aus einer und als Generator betrieben werden können, sind:
mikrodurchlässigen Kunststoffmembran. • Gleichstrommaschine
Als Elektrolyt dient ein gelöstes Lithium-Salz in einem organi- „ groß und schwer, aber leicht regelbar z. B. über Phasenan-
schen Lösungsmittel. Lithium ist ein hoch reaktives Leichtmetall, schnittsteuerung
sodass bei starker Erwärmung, Betriebstemperatur bis max. 50 °C, • Asynchronmaschine
das leicht entzündliche Material explodieren kann. Aus diesem „ industrieller Standard; über PWM (Pulsweitenmodulierung)-
Grund verwenden die heutigen Batterien ein organisches Elekt- Signal regelbar
rolyt. Trotzdem besitzt jede Lithium-Ionen-Batterie aus Sicher- • Synchronmaschine
heitsgründen ein Ventil zum Druckabbau und ein besonders „ industrieller Standard; über PWM-Signal regelbar
druckfestes Gehäuse. Aufgrund dieser Sicherheitsmaßnahmen
sind diese Batterien um circa 30 Prozent teurer als Nicken-Me- Gleichstrommaschine
tallhydrid-Batterien. Bei der Gleichstrommaschine bestehen der Stator aus einem
Im Fahrzeug verbaute Lithium-Ionen-Batterie sollten nach vier Magneten und der Rotor (Anker) aus einem Eisenkern, auf dem
Wochen Standzeit bzw. Lagerung des Fahrzeugs geladen werden eine oder mehrere Kupferspulen gewickelt sind. Die Enden der
(Fahrzeug starten, fahren). Die Lithium-Polymer-Batterien besit- Spulen sind mit dem Kollektor verbunden. Zur Stromübertragung
zen prinzipiell den gleichen Aufbau wie Lithium-Ionen-Batterien. werden sogenannte Bürsten (meist aus Graphit) eingesetzt, die
Der einzige Unterschied ist der Elektrolyt. Er ist nicht wässrig und über den Kollektor den Strom zu oder von der/den Kupferspule(n)
daher auslaufsicher. Der flüssige Elektrolyt wurde durch ein fes- transportieren. Bei der Gleichstrommaschine ist wegen der me-
tes beziehungsweise gelartiges Polymer-Elektrolyt ersetzt. Die chanischen Festigkeit des Kollektors die Drehzahl begrenzt (Bild
Lithium-Polymer-Batterien verfügen über die gleiche hohe spezi- 22).

100 kfz-betrieb
Antriebsstrang

Bild 21

Bild: Archiv
Doppelschichtkonden-
sator:
1 Elektrolyt
2 Aktivkohle
3 Metallfolie
4 Separator
5 Negative Elektrode
6 Positive Elektrode.

Bild 22 Bild 23
Foto: Archiv

Bild: Archiv
Gleichstrommaschine: 1 Stator, 2 Rotor, 3 Kollektor, 4 Anschlüsse. Asynchronmaschine: 1 Kühlrippen, 2 Stator, 3 Statorwicklung.

Asynchronmaschine auf. Um die Belastung durch den höheren Stromfluss zu reduzie­


Die Asynchronmaschine ist die am meisten verwendete indus­ ren, wird die Maschine bei größeren Leistungen mit einer tieferen
triemaschine. Sie ist sehr robust, einfach zu bauen und hat einen Spannung angefahren. Beim Anlauf liegen in der Sternschaltung
guten Wirkungsgrad. Das Drehmoment ist abhängig von der z. B. 230 v an einem Strang an. Nach einer kurzen Zeit, wenn der
Differenz der Geschwindigkeit des Drehfelds und der Drehzahl Motor eine definierte Drehzahl erreicht hat, wird durch eine ex­
des rotors. Je größer diese Differenz, umso höher ist das Dreh­ terne regelung in die Dreieckschaltung umgeschaltet und z. B.
moment. Der Stator besteht aus einem Gehäuse, dem Ständer­ 400 v an einen Strang angelegt. in der Sternschaltung hat der
blechpaket mit eingelegten Ständerwicklungen, die immer als Motor nur ein Drittel des Nenndrehmomentes.
Mehrphasenwicklung (drei Wicklungsstränge) ausgeführt ist. Der Georg Selgrad
rotor kann als Kurzschlussläufer oder Schleifringläufer ausgeführt
sein. im Kurzschlussläufer sind Leiterstäbe eingelassen. Diese
werden über je einen ring (Kurzschlussring) an den Stirnflächen
des rotors kurzgeschlossen. Die drei Wicklungsstränge werden
an drei sinusförmige Wechselströme (Drehstromnetz) angeschlos­
sen, die um jeweils 120° elektrisch phasenverschoben sind. Da­
durch wird ein magnetisches Drehfeld erzeugt. Der rotor eilt
diesem Magnetfeld nach. (Bild 23)
Zur Ansteuerung der Drehstrommaschinen finden in den Hy­
bridfahrzeugen die Stern­ und Dreieckschaltung Anwendung.
Beim Anlauf nimmt die Drehstrommaschine sehr hohe Ströme

Servicetechniker 101
Weiterbildung

Servicetechniker
technik von Profis für Profis

Motor- und MotorManageMentsysteMe


bordnetz, vernetzung, koMMunikation
fahrzeug und koMfort
navigation, unterhaltung, infotainMent
fahrzeug und sicherheit
fahrzeug, reifen, fahrWerk
kraftstoffe und antriebe
instandsetzung und diagnose
sensoren, aktoren
Motor, abgase und uMWeltProbleMatik
AntriebsstrAng
fahrzeugsysteMe/Mechatronik

904/2014 www.kfz-betrieb.de 102


Antriebsstrang

Alternative Antriebe – Teil 2

Hyper, hyper, Hybrid?


Während reine E-Autos noch auf sich warten lassen, erobern Mischantriebe die Automobilwelt

Bild: Audi
Der Hybrid-Pionier der Neuzeit: Autobauer Toyota landete mit dem Prius den ersten Großserienerfolg in Sachen Mischantrieb. Seit dem Produktionsbeginn
1997 stellten die Japaner weltweit rund drei Millionen Einheiten her.

Synchronmaschine tenen sind, eingesetzt. Diesem Umstand verdanken die Magnete


Die Synchronmaschine ist die am meisten verwendete Genera- die Bezeichnung als „vergrabene“ Magnete. Dadurch sind die
tormaschine. Die Synchronmaschine wurde früher fast ausschließ- extremen Belastungen durch die hohen Fliehkräfte besser zu
lich als Generator in elektrizitätswerken eingesetzt. Als Motor mit beherrschen. Die regelung der Synchronmaschinen wird durch
Permanentmagneten für die erregung findet sie verbreitung für
den Servobetrieb. Die Steuerung übernimmt eine Leistungselek-
tronik. Der Aufbau des Stators und die entstehung des Drehfelds inhalt
sind vergleichbar mit den entsprechenden Funktionen der Asyn-
Der Hybrid im Detail
chronmaschinen. Der Unterschied zur Asynchronmaschine be-
steht im rotor, der hier als sogenannter Magnetläufer mit fest  Hochvoltleitungen 104
vorgegebenen Magnetpolen gefertigt ist. Letztere können als
 Das Hochvoltnetz am Beispiel des Audi Q5 Hybrid 104
elektromagnete durch Gleichstrom erregt oder in Form von Per-
manentmagneten eingebaut werden (Bild 1).  Die Komponenten des Audi Q5 Hybrid 106
Bei Synchronmaschinen mit hochdrehenden rotoren werden  Die Batterie-Hybrid-Einheit 108
die Magnetquader innerhalb des sich drehenden rotors in Ta-  Zusammenfassung 115
schen, die aus den Silizium-eisenblech-Paketen herausgeschnit-

Servicetechniker 103
die Leistungselektronik realisiert. Wichtig bei der Regelung ist Wird ein Fehler einer Hochvoltleitung festgestellt, dann wird
die Position des Rotors, um eine richtige Ansteuerung zu gewähr­ aus Sicherheitsgründen das Hochvoltsystem abgeschaltet.
leisten. Sollte der Positionssensor ausfallen, kann die Maschine
nicht mehr betrieben werden. Systembeschreibung Audi Q5 Hybrid

Hochvoltleitungen Im Hochvoltsystem ist die IT­Netzform umgesetzt. Um auf die


Gefahr der hohen Spannung aufmerksam zu machen, sind alle
Die Hochvoltleitungen müssen sowohl Schutz gegen Lichtbogen­ Leitungen der Hochvoltanlage komplett orange eingefärbt (siehe
erzeugung als auch Berührschutz bieten. Deshalb sind diese oben). Um Falschmontage zu vermeiden, sind die Hochvoltlei­
Leitungen mit einer Isolationsüberwachung versehen, die einen tungen mechanisch codiert und durch einen Farbring unterhalb
effektiven Schutz bietet. Grundsätzlich muss das äußere Isola­ des Bajonettrings gekennzeichnet. Weiterhin sind die Hochvolt­
tionsmaterial aller Hochvoltleitungen die Farbe Orange aufwei­ leitungen an den Rundkontakten mechanisch codiert. Im Hoch­
sen. voltbordnetz sind alle Steckverbindungen mit Berührschutz sowie
Unter dieser Isolierung ist eine Leiterfolie eingearbeitet, die alle Hochvoltleitungen mit einer dicken Isolierung und einem
mit einem Prüfsignal beaufschlagt wird. Dieses Prüfsignal wird Wellrohr als zusätzliche Ummantelung scheuerfest ausgeführt.
über eine Elektronik ausgewertet (Bild 2). Hierüber wird erkannt, In der Hochvoltanlage werden folgende Leitungsabschnitte ge­
◼ ob die Leitung unterbrochen ist, bildet:
◼ einen Schluss hat ◼ zwei Hochvoltleitungen von der Hochvoltbatterie zur Leis­
◼ oder ob sich der Widerstand der Leiterfolie verändert hat. tungselektronik
◼ drei Hochvoltleitungen von der Leistungselektronik zum Fahr­
motor für Elektroantrieb
Bild 1 Bild 2 ◼ eine zweiadrige Hochvoltleitung von der Leistungselektronik
zum Klimakompressor

P1, P2 – von der Hochvoltbatterie zur


Leistungselektronik:
Die Hochvoltbatterie und die Leistungselektronik sind über zwei
orangefarbene Hochvoltleitungen elektrisch verbunden. Die Lei­
tungen sind einpolig mit einer Abschirmung ausgeführt und
beide führen jeweils ein Potenzial (Bild 3).

P3 – von der Leistungselektronik zum


Klimakompressor:
Bild: Audi
Bild: Audi

Die Klimaanlage ist durch den Klimakompressor ein Teil der


Außenläufer: 1Rotor, 2 Magnete (Südpol), 1 Äußere Isolation, 2 Leitfähige Folie, Hochvoltanlage. Diese Ansteuerung des Kompressors hat den
3 Magnete (Nordpol), 4 Stator mit Wick- 3 Versorgungsleitungen Vorteil, dass der Fahrzeuginnenraum auch bei Stillstand des Ver­
lungen, 5 Elektrischer Anschluss brennungsmotors klimatisiert werden kann. In Abhängigkeit des
Batterieladezustands bleibt die Klimaanlage aktiv. Sinkt die La­
Bild 3 dung der Hochvoltbatterie ab, startet das System automatisch
den Verbrennungsmotor zum Laden der Hochvoltbatterie. Der
Klimakompressor ist über eine zweiadrige Leitung mit der Leis­
tungselektronik verbunden. Durch farbliche und mechanische
Markierungen ist ein Vertauschen der Hochvoltleitungen nicht
möglich. Diese Leitung ist zweipolig mit Abschirmung und der
Leitung der Sicherheitslinie ausgeführt. Wird einer der beiden
Stecker dieser Leitung abgezogen, entspricht dies einem Entfer­
nen eines Sicherheitssteckers, d. h. das Hochvoltsystem wird
deaktiviert (Bild 4).

P4, P5, P6 — von der Leistungselektronik


zur E-Maschine:
In der Leistungselektronik wird die 266­Volt­Gleichspannung der
Bild: Audi

Hochvoltbatterie durch einen DC/AC­Spannungswandler in eine


Leitungsstrang von der Hochvoltbatterie zur Leistungselektronik. dreiphasige Wechselspannung (Drehstrom) für den Betrieb der
Fahrmaschine für Elektroantrieb gewandelt. Der Anschluss der

104 kfz-betrieb
Antriebsstrang

Bild 4 Bild 5

Bild: Audi

Bild: Audi
Leitungsstrang von der Leistungselektronik zum Klimakompressor. Leitungsstrang von der Leistungselektronik zur E-Maschine.

Fahrmaschine für elektroantrieb an die Leistungselektronik er­ Fremdstartpunkte


folgt über drei kurze Hochvoltkabel. Die Leitungen sind einpolig ◼ Fremdstartpunkte dienen dem Stützbetrieb bei Diagnose­
mit einer Abschirmung ausgeführt und wie alle anderen farblich arbeiten.
und mechanisch markiert und codiert, sodass sie nicht mitei­ ◼ Über die Fremdstartpunkte werden die 12­volt­Batterien ge­
nander vertauscht werden können (Bild 5). laden. Die Zweitbatterie wird nur bei eingeschalteter Zündung
Folgende Änderungen erfolgten gegenüber dem Audi Q5 im geladen.
12­volt­Bordnetz: ◼ Bei entladener 12­volt­Batterie kann Starthilfe erfolgen.
◼ Der Drehstromgenerator ist entfallen, die Funktion wird vom ◼ Über die Fremdstartpunkte kann die Hochvoltbatterie geladen
Fahrmotor für elektroantrieb übernommen. werden.
◼ im 12­volt­Bordnetz gibt es keine rekuperation.
◼ Das 12­volt­Bordnetz wird vom Dc/Dc­Wandler der Leistungs­
Bild 6
Bild: Audi
elektronik versorgt.
◼ Zusätzlich ist eine Zweitbatterie mit 12 Ah hinten links im
Seitenteil verbaut. Das Steuergerät für Batterieüberwachung
ist am LiN­Bus des Diagnose­interface für Datenbus ange­
schlossen (Bild 6).
◼ Die Zweitbatterie wird über ein Batterietrennrelais bei „Klem­
me 15 ein“ zugeschaltet.
◼ ein Dc/Dc­Wandler ist entfallen, die Funktion wird von der
Zweitbatterie übernommen. Bei „Klemme 15 aus“ wird der
Zweitbatterie kein Strom entnommen.

12-Volt-Zusatzstarter
Der Zusatzstarter wird nur in bestimmten Betriebszuständen
zum Starten des verbrennungsmotors benutzt. Die Batterie
mit 68 Ah wird dann vom Motorsteuergerät über ein Umschalt­
relais vom Bordnetz getrennt, damit die Kapazität komplett
dem Anlasser zur verfügung steht. Das Bordnetz wird dann
über die Zweitbatterie und dem Dc/Dc­Wandler versorgt.
Für die Freigabe des 12­volt­Zusatzstarters muss die Temperatur
der Zweitbatterie mindestens 0 °c betragen. Wenn das Hoch­
voltsystem nicht betriebsbereit ist, funktioniert auch kein 12­volt­
Zusatzbatterie des
Start. Audi Q5 im hinteren
Hinweis: Bei Arbeiten am 12­volt­Bordnetz müssen beide 12­volt­ Seitenteil.
Batterien abgeklemmt werden.

Servicetechniker 105
Bild 7

Bild: Audi
AX1 Hybrid-Batterie-Einheit J255 Steuergerät für Climatronic J685 MMI-Display
PX1 Hochvoltleitungssatz für Hybridbatterie J285 Steuergerät im Schalttafeleinsatz J794 Steuergerät für Informationselektronik 1
SX1 Anschluss- und Verteilerkasten 1 J457 Lüfter 1 für Batterie J840 Steuergerät für Batterieregelung
A38 Hochvoltbatterie J479 Stellmotor der Umluftklappe 1 für Hybrid-Batterie J841 Steuergerät für Elektroantrieb
J104 Steuergerät für ABS J480 Stellmotor der Umluftklappe 2 für Hybrid-Batterie J842 Steuergerät für Klimakompressor
J217 Steuergerät für automatisches Getriebe J533 Diagnose-Interface für Datenbus V141 Fahrmotor für Elektroantrieb
Elektroantrieb J540 Steuergerät für elektromechanische Feststellbremse V470 elektrischer Klimakompressor
J234 Steuergerät für Airbag J623 Motorsteuergerät

Systemschema Wird nun die Fahrertür geöffnet, wird ein Fahrerausstieg erkannt
Das dargestellte Systemschema Bauteile, die für den Fahrbetrieb und die elektromechanische Feststellbremse automatisch ge-
mit dem Fahrmotor für Elektroantrieb benötigt werden. Tatsächlich schlossen. Für eine erneute Aktivierung der Fahrerausstiegs-
werden weitere Ein- und Ausgangssignale zwischen allen am Fahr- erkennung muss eine Fahrgeschwindigkeit größer 7 km/h erreicht
betrieb beteiligten Fahrzeugsystemen ausgetauscht, z. B. für den werden. In den Getriebestufen N (Fahrzeug in Waschanlage) oder
Betrieb von Heizung und Klimaanlage, Servolenkung und Brems- P (mechanische Sperre im automatischen Getriebe) wird die elek-
anlage. Besonders wichtig ist die Abstimmung der Fahrzeugsyste- tromechanische Feststellbremse nicht automatisch geschlossen.
me beim Wechsel von Elektrobetrieb auf Verbrennungsmotorbe-
trieb und umgekehrt, damit sich die Änderungen im Antriebsmo- Fahrerabwesenheitserkennung
ment nicht negativ auf den Fahrkomfort auswirken. Daher müssen Wenn folgende Bedingungen erfüllt sind, wird eine Fahreranwe-
besonders das Motormanagement, das Getriebemanagement und senheit erkannt:
die Hybridregelung genauestens aufeinander abgestimmt sein. ◼ Fahrbereitschaft „Hybrid Ready“,
Für den Verbrennungs- und Elektrobetrieb ist das Motorsteuerge- ◼ Fahrer wurde als anwesend erkannt (Fahrertür ist geschlossen
rät das übergeordnete (Master-) Steuergerät (Bild 7). und der Fahrergurt wurde angelegt) oder
◼ Fahrertür ist geschlossen und eine Fahrstufe wurde eingelegt.
Fahrerausstiegserkennung Wird nun bei eingelegter Fahrstufe P die Fahrertür geöffnet oder
Wenn folgende Bedingungen erfüllt sind, werden Änderungen der Gurt abgelegt, wird der Fahrer als abwesend erkannt;
der Zustände von Fahrertür und Bremssignal überwacht: ◼ erfolgt dies bei laufendem Verbrennungsmotor, läuft dieser
◼ Fahrertür ist geschlossen dauerhaft weiter.
◼ Fahrbereitschaft (Hybrid Ready) ist hergestellt oder Verbren- ◼ erfolgt dies bei stehendem Verbrennungsmotor, geht der Hy-
nungsmotor läuft bridmanager in den Standby-Modus. Es fließt kein Strom aus
◼ aktuelle Fahrgeschwindigkeit ist kleiner als 7 km/h der Hochvoltbatterie und der Verbrennungsmotor kann auch
◼ Fahrstufe D, R, S oder Tip ist eingelegt nicht mehr starten. Ohne 12-Volt-Ladegerät entladen sich jetzt
◼ Fußbremse wird nicht betätigt die 12-Volt-Batterien.

106 kfz-betrieb
Antriebsstrang

Motorsteuergerät
Funktionen: Bild 8
◼ Steuerung der verbrennungsmaschine
◼ Steuerung Thermomanagement
◼ Hybridmanager für die Hybridfunktionen des Fahrzeugs
Der Hybridmanager entscheidet, ob elektrisch gefahren wird,
und teilt der Leistungselektronik den Fahrerwunsch der Geschwin-

b9__bildhinweis
digkeit mit. Das Motorsteuergerät steuert im Umfang Thermo-
management alle Kühlmittelkreisläufe.
in folgender Weise kann der verbrennungsmotor für Fehlersuche
dauerhaft zum Laufen gebracht werden:
◼ in „P“ einen Kick-Down durchführen, dann bleibt der ver-
brennungsmotor bis zum einlegen einer Fahrstufe dauerhaft
an.
im e-Betrieb ist die Geschwindigkeitsregelanlage immer aktiv.

Bild: Audi
im Transportmodus wird der Fahrmotor für elektroantrieb nur als
Generator benutzt. es ist daher kein elektrisches Fahren, kein 8-Gang-Automatikgetriebe mit Hybridmodul.
Boost, kein Start-Stopp-Betrieb und keine rekuperation möglich.
im Transportmodus wird die Hochvoltbatterie bei laufendem
verbrennungsmotor immer geladen. im Transportmodus beträgt läuft im Ölbad und trennt bzw. verbindet den verbrennungsmotor
die max. Höchstgeschwindigkeit 35 km/h bzw. 3.500 min-1. Wird mit der e-Maschine. Da der Drehmomentwandler entfallen ist,
der Transportmodus nicht deaktiviert, so wird er nach einer Fahr- wird die Kupplung K1 als Anfahrelement benutzt. Um bei
strecke von mehr als 100 km beim nächsten Klemme-15-Zyklus Stillstand der e-Maschine das Automatikgetriebe zu schmieren
deaktiviert. und den nötigen Öldruck für die hydraulische Betätigung aufzu-
Kundendienstmodus: Über eine Anpassung kann im Motorsteu- bauen, ist eine Zusatzhydraulikpumpe verbaut. Für das Abschlep-
ergerät der Kundendienstmodus aktiviert werden. Die Kühlmit- pen gilt: in Wählhebelstellung N, max. 50 km weit und max.
teltemperatur muss dabei mindestens 25 °c betragen. Als erken- 50 km/h, da das Getriebe während des Abschleppens nicht
nungsmerkmal werden die Abgaswarnleuchte und die Kontroll- geschmiert wird.
leuchte für Motorelektronik (ePc) angesteuert. im Kundendienst- Fahrzustand kupplung k0 kupplung k1
modus wird der Fahrmotor für elektroantrieb nur als Generator Motorstart geschlossen offen
benutzt und die Hochvoltbatterie bei laufendem verbrennungs-
rein elektrisch fahren offen geschlossen
motor immer geladen. es ist daher kein elektrisches Fahren, kein
rekuperation offen geschlossen
Boost, kein Start-Stopp-Betrieb und keine rekuperation möglich.
verbrennungsmotor in Fahrt geschlossen geschlossen
Ferner besteht die Möglichkeit, den verbrennungsmotor über
den 12-volt-Zusatzstarter zu starten. Wird die Anpassung nicht verbrennungsmotor in Leerlauf geschlossen offen

zurückgenommen, so wird nach einer Fahrstrecke von mehr als Boost geschlossen geschlossen
50 km beim nächsten Klemme-15-Zyklus der Kundendienstmodus Segeln ohne rekuperation offen offen
deaktiviert. Segeln mit rekuperation offen geschlossen
Mit einführung der Motorsteuergeräte-Generation MeD 17.1.1
mit Dreifachprozessor konnte auch das innovative Thermo-
management realisiert werden. es hat zum Ziel, den verbrauch Unterdruckpumpe für Bremse
und die cO2-emission durch einen optimierten Wärmehaushalt Die elektrische Unterdruckpumpe ist vorne am eSP-Aggregat
des Fahrzeugs weiter zu senken. Optimierter Wärmehaushalt befestigt. Sie sorgt für ausreichenden Unterdruck im Bremskraft-
bedeutet, alle thermisch belasteten und an das Kühlsystem an- verstärker, während der verbrennungsmotor abgestellt ist.
geschlossenen Teile und Baugruppen, wie Motor oder Getriebe, Die Unterdruckpumpe wird vom Motorsteuergerät über ein
in einem für ihren Wirkungsgrad optimalen Temperaturbereich relais gesteuert. Über den sogenannten Drucksensor für
zu halten. im Audi Q5 hybrid quattro ist das Kühlsystem in einen Bremskraftverstärkung erkennt das Steuergerät, ob die Pumpe
Niedertemperatur- und einen Hochtemperaturkreislauf aufgeteilt. bei Bedarf eingeschaltet werden muss. Das eSP-Aggregat im
Bei stehendem verbrennungsmotor wird das Kühlmittel durch Audi Q5 hybrid quattro ist baugleich mit dem im Audi Q5. Die
eine elektrische Kühlmittelpumpe umgewälzt. Software wurde um die Funktion „Hybrid-Motorschleppmoment-
regelung“ erweitert. Da beim elektrischen Bremsen (rekupera-
8-Gang-Automatikgetriebe mit hybridmodul tion) kein Bremsdruck zur Stabilisierung abgebaut werden
Anstelle des Drehmomentwandlers ist die e-Maschine mit einer kann, wird bei Bedarf das Motorsteuergerät angewiesen, das
Lamellenkupplung (Kupplung K0) als Modul im Automatikge- Antriebsmoment anzupassen. Wenn in Fahrstufe „D“ das eSP
triebe bauraumneutral verbaut (Bild 8). Die Lamellenkupplung ausgeschaltet oder der Bergabfahrassistent eingeschaltet wird,

Servicetechniker 107
läuft der Verbrennungsmotor Das Gehäuse ist mit einer Potenzialausgleichsleitung mit dem
Bild 9 während der Fahrt dauerhaft Fahrzeug verbunden. Im Gehäuse, das die Batterie umschließt,
(Bild 9). sind die Anschlüsse für Zu- und Abfuhr der Kühlluft integriert.
Der Bremspedalstellungsge- Um bei Zelldefekt austretendes Gas über einen Entlüftungs-
ber ist am Motorsteuergerät schlauch unter das Fahrzeug zu leiten, ist am Gehäuse eine
angeschlossen. Über den Schadgasentlüftung angebracht (Bild 10).
Bremspedalstellungsgeber Nennspannung in V 266
wird die Funktion elektrisches Zellspannung in V 3.7
Bremsen über Motorsteuerge-
Anzahl der Zellen 72 in Reihe
rät und hydraulisches Bremsen
Kapazität in Ah 5,0
über ESP-Aggregat gesteuert.
Betriebstemperatur in °C (+)15 – (+)55
Das Bremspedal hat am
Bremskraftverstärker einen Energieinhalt in kWh 1,3

Leerweg von circa neun Milli- Nutzbarer Energieinhalt in kWh 0,8


Bild: Audi

metern. Bei diesem Pedalweg Leistung in kW Max.40

Unterdruckpumpe für Bremse.


wird rein elektrisch gebremst. Gewicht in kg 38
Es erfolgt beim Bremsen ein
harmonischer Übergang zum Das Steuergerät für Batterieregelung ist auf der linken Seite in
hydraulischen Bremsen. Beim Ersatz des Bremspedalstellungs- der Hybrid-Batterie-Einheit integriert und ist am CAN-Hybrid
gebers oder Wechsel des Motorsteuergeräts muss der Bremspe- und am CAN-Antrieb angeschlossen. Es erfasst die Temperatur
dalstellungsgeber am Motorsteuergerät angelernt werden. der Hochvoltbatterie und regelt die Batteriekühlung über das
Batteriekühlmodul. Das Steuergerät ermittelt und wertet die In-
Hybrid-Batterie-Einheit formationen zu Ladezustand, Zell- und Batteriespannung aus.
Die Hybrid-Batterie-Einheit befindet sich im Kofferraum in der Diese Informationen werden über CAN-Hybrid an das Motor-
Reserveradmulde und besteht aus folgenden Komponenten: steuergerät weitergeleitet. Die Sicherheitslinie ist als Schleife
◼ Hochvoltbatterie durch alle Hochvoltkomponenten geführt und wird vom Steuer-
◼ Steuergerät für Batterieregelung gerät für Batterieregelung überwacht. Für die Überwachung
◼ Anschluss für Wartungsstecker verwendet das Steuergerät ein Stromsignal, dass von der Leis-
◼ Anschluss für Sicherheitsstecker tungselektronik in die Sicherheitslinie eingespeist wird. In den
◼ Anschlüsse für Hochvoltleitungssatz Historiendaten werden von dem Steuergerät alle batterierele-
◼ Anschlüsse für 12-Volt-Bordnetz vanten Daten gespeichert. Eine Tiefenentladung oder Überhit-
zung der Hochvoltbatterie kann somit auch später nachvollzo-
gen werden. Über die Hochvoltkontakte wird die Hochvoltbatte-
Bild 10
rie mit den anderen Hochvoltkomponenten verbunden und ge-
trennt. Es ist jeweils ein Hochvoltkontakt für „Plus“ und „Minus“
verbaut. Das Steuergerät für Batterieregelung schließt die
Hochvoltkontakte sobald die Klemme 15 eingeschaltet wird.
Wenn die 12-Volt-Spannungszufuhr für das Steuergerät für Bat-
terieregelung getrennt wird, werden die Schütze geöffnet.
12-Volt-Bordnetz „aus“ bedeutet, dass auch die Hochvoltanlage
„aus“ ist. Die Hochvoltkontakte werden vom Steuergerät für
Batterieregelung geöffnet, wenn:
◼ die Zündung deaktiviert wird
◼ oder die Sicherheitslinie getrennt wird
◼ oder der Gurtstraffer ausgelöst hat
◼ oder der Airbag ausgelöst wurde
◼ oder beide 12-Volt-Batterien bei „Klemme 15 ein“ vom Bord-
netz getrennt werden.
Ein Stromsensor erfasst den Strom beim Laden und Entladen.
Weitere Sensoren erfassen die Spannung vor und hinter den
Hochvoltkontakten. Der Ladezustand der Hochvoltbatterie wird
zwischen 30 Prozent und 80 Prozent gehalten. Durch diesen
Bild: Audi

eingeschränkten Ladebereich wird die Lebensdauer der Hoch-


Hybrid-Batterie-Einheit des Audi Q5. voltbatterie deutlich verlängert. Hierbei zeigt die Batterieanzeige
im Schalttafeleinsatz 0 Prozent bzw. 100 Prozent an. Der Lade-

108 kfz-betrieb
Antriebsstrang

zustand wird als Botschaft auf den cAN-Hybrid gelegt. Bei kri-
tischer Startfähigkeit (unter 25 Prozent Ladezustand der Hoch- Bild 11
voltbatterie) bzw. missglücktem Motortstart sendet das Motor-
steuergerät eine Botschaft an die Schalttafelanzeige und es
erfolgt die Meldung „Fahrzeug ist derzeit nicht startfähig.
Siehe Bordbuch“. Unter 20 Prozent Ladezustand wird kein ent-
ladestrom mehr zugelassen. Beim rein elektrischen Fahren ver-
sorgt die Hochvoltbatterie das Hochvolt- sowie das 12-volt-
Bordnetz.
Laden der Hochvoltbatterie: Wenn in der Anzeige des Schalt-
tafeleinsatzes die Meldung „Fahrzeug ist derzeit nicht startfähig.
Siehe Bordbuch“ erscheint, muss die Hochvoltbatterie geladen

Bild: Audi
werden. Dafür die Zündung ausschalten und das Ladegerät mit
mindestens 30 A oder alternativ ein Spenderfahrzeug mit Dreh-
stromlichtmaschine an die Fremdstartpunkte anschließen. Nach Wartungsstecker zum Trennen der Hochvoltbatterie in Stellung 2.
erfolgreichem Ladevorgang die Zündung einschalten. es erscheint
die Meldung „Startfähigkeit wird hergestellt. Bitte warten…“
Wenn innerhalb einer Minute kein Ladestrom von der Hochvolt- Sicherheitskonzept
batterie aufgenommen wird, kommt die Meldung „Ladevorgang Alle 30 Sekunden wird mit Systemspannung im Hochvoltbordnetz
abgebrochen. Startfähigkeit kann nicht hergestellt werden“. Die eine isolationsmessung durchgeführt. es werden isolationsfehler
Ursache hierfür ist, dass das Ladegerät bzw. das Spenderfahrzeug im gesamten Hochvoltkreis, d. h. in der Hochvoltbatterie, den
zu schwach ist. Alternativ erfolgt eine Fehlermeldung in Form Traktionsleitungen, der Leistungselektronik, den Dreiphasenlei-
der roten Hybrid-Warnleuchte. Wird ein Ladestrom erkannt, wird tungen mit dem Fahrmotor für elektroantrieb und in der Leitung
die Hochvoltbatterie auf 35 Prozent Ladezustand geladen. in der zum Klimakompressor inklusive Klimakompressor erkannt. Bei
Anzeige des Schalttafeleinsatzes erscheint ein grüner Ladestecker. einem isolationsfehler erfolgt eine Meldung in der Anzeige des
Die 12-volt-Batterien werden hierbei teilweise entladen. ist der Schalttafeleinsatzes und der Kunde wird aufgefordert, die
Ladezustand der Hochvoltbatterie unter fünf Prozent gesunken, Werkstatt aufzusuchen.
kann diese nicht mehr geladen werden!
elektrische Sicherheitslinie mit Sicherheitsstecker
Wartungsstecker Die Sicherheitslinie ist ein Sicherheitskonzept, das eine
er ist eine elektrische Brücke zwischen den beiden Batterieteilen mechanische und eine elektrische Komponente beinhaltet. Die
der Hochvoltbatterie. Wenn der Wartungsstecker gezogen wird, Sicherheitslinie gewährleistet, dass das komplette Hochvoltnetz
dann wird die verbindung getrennt. spannungslos geschaltet ist, sobald ein Hochvoltbauteil vom
Wartungsstecker ent- und verriegeln: Schalten Sie die Zündung Netz getrennt wird. Zusätzlich bildet der Sicherheitsstecker
aus. Um an den Wartungsstecker für Hochvoltsystem zu gelangen, zusammen mit einem verriegelungsbügel eine mechanische
muss die Serviceklappe des Hochvoltsystems im Kofferraum ge- verriegelung, die verhindert, dass die Hochvoltleitungen bei an-
öffnet werden. Der Wartungsstecker befindet sich unter der liegender Spannung abgezogen werden. Die Sicherheitslinie
orangefarbigen Gummiabdeckung auf der Hybrid-Batterie, die ist wie eine elektrische Schaltung, die durch ihre Sicherheits-
entfernt werden muss (Bild 11). stecker geschlossen wird. Wird diese Schaltung durch entfernen
Der vorgang erfolgt mit zwei definierten Schaltstellungen. in der Sicherheitsstecker geöffnet, schaltet sich das Hochvoltsystem
der ersten Stellung wird die Sicherheitslinie getrennt. in der zwei- ab. Die Sicherheitsstecker müssen entfernt werden, bevor
ten Stellung wird die reihenschaltung der zwei Batterieteile Hochvoltleitungen aus den Hochvoltkomponenten abgezogen
getrennt. Nun kann der Wartungsstecker aus der Halterung ge- werden können. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass das Sys-
zogen werden. Die Hochvoltanlage ist nun deaktiviert und die tem nicht unter Spannung steht, wenn die Leitungen gezogen
Spannungsfreiheit ist zu prüfen. im Wartungsstecker ist eine werden.
Schmelzsicherung für die Hochvoltanlage integriert. Die Absi- Alle Bauteile der Hochvoltanlage sind über eine separate Nie-
cherung erfolgt mit 125 A. dervoltleitung als ringleitung miteinander verbunden. Dabei ist
Wiederinbetriebnahme: Zur Wiederinbetriebnahme des Hoch- die verbindung des Bauteils mit der Sicherheitslinie als Öffner-
voltsystems bringen Sie den Wartungsstecker in umgekehrter kontakt ausgeführt. Wenn alle Bauteile betriebsbereit sind, dann
reihenfolge wieder in Position. Genaue Angaben zum Durchfüh- sind die Öffnerkontakte geschlossen. Wird nun eine Spannung
ren der Messungen für die Wiederinbetriebnahme werden in der an die Sicherheitslinie angelegt, kann Strom fließen, weil die
sogenannten geführten Fehlersuche im Originaltester gemacht. Leitung nicht unterbrochen ist. Der messbare Strom ist also ein
Nur qualifizierte Hochvolttechniker dürfen diesen Wartungs- Zeichen dafür, dass alle Bauteile der Sicherheitslinie betriebsbe-
stecker ziehen, um die Spannungsfreiheit herzustellen (siehe reit sind. Die Sicherheitslinie ist in ihrer Funktion vergleichbar
oben – Sicherheitsmaßnahmen). mit der Kaltüberwachung bei Glühlampen.

Servicetechniker 109
Wird ein Öffnerkontakt geöffnet, weil ein Bauteil nicht be- Zusätzlich sind zwischen dem Gehäuse der Hybrid-Batterie-Ein-
triebsbereit ist oder weil der Sicherheitsstecker entfernt worden heit und den beiden Batterieteilen sechs Temperatursensoren
ist, so ist die Sicherheitslinie unterbrochen. Bei Anlegen einer angeordnet und je ein Temperatursensor befindet sich im Ein-
Spannung kann kein Strom fließen. Dies ist ein Anzeichen dafür, bzw. Auslass der Batteriekühlluft des Kühlmoduls. Ermittelt das
dass die Hochvoltanlage nicht betriebsbereit ist. Die Überprü- Steuergerät eine zu hohe Batterietemperatur über den Tempera-
fung, ob die Sicherheitslinie geschlossen oder unterbrochen ist, turfühler vor Verdampfer oder den Temperaturfühler nach Ver-
wird von dem Steuergerät für Batterieregelung in der Hybrid- dampfer, steuert es den Lüfter an. Im Steuergerät ist ein Kühl-
Batterie-Einheit durchgeführt. Stellt das Steuergerät fest, dass funktionsmodell hinterlegt. Temperaturabhängig wird vom Frisch-
die Linie unterbrochen ist, steuert es die Hochvoltkontakte nicht luftbetrieb in den Umluftbetrieb mit aktivem Verdampfer ge-
an und unterbricht so die Verbindung der Hochvoltbatterie mit schaltet. Es gibt drei Stufen der Kühlleistungsanforderungen an
der Hochvoltanlage (Bild 12). das Steuergerät für Climatronic. Die Gebläsedrehzahl wird dabei
über LIN-Bus vom Steuergerät für Batterieregelung gesteuert. In
Batteriekühlung der Betriebsart Frischluft wird vom Lüfter Luft aus der Reserve-
Beim Laden einer Batterie werden die chemischen Prozesse um- radmulde angesaugt, über den Verdampfer in die Batterie gelei-
gekehrt, die beim Entladen ablaufen. Bei diesem thermodyna- tet und die warme Luft nach außen unterhalb des Stoßfängers
mischen Prozess wird Wärme frei, was zu einer Erwärmung der hinten links geleitet. Bei der Betriebsart Umluft werden die Um-
Batterie führt. Da die Hochvoltbatterie des Audi Q5 hybrid quat- luftklappen 1 und 2 geschlossen und es wird keine Frischluft
tro einem ständigen Entladen und Laden ausgesetzt ist, können angesaugt. Bei Bedarf sendet das Steuergerät über CAN-Bus
auch hier beträchtliche Wärmemengen entstehen. Dabei ergibt eine Anforderungsbotschaft zum Steuergerät für Climatronic,
sich neben der möglichen Alterung der Batterie vor allem ein um den elektrischen Klimakompressor einzuschalten.
erhöhter elektrischer Widerstand der beteiligten Leiter, der dazu Der Lüfter für Batterie, der Stellmotor der Umluftklappe 1 und
führt, dass elektrische Energie nicht in Arbeit umgesetzt, sondern Stellmotor der Umluftklappe 2 für werden vom Steuergerät über
als Wärme abgegeben wird. Deshalb besitzt die Hochvoltbatterie LIN-Bus geregelt. Die Stellmotoren sind in Reihe geschaltet. Das
ein Kühlmodul mit eigenem Verdampfer und ist am Kühlmittel- Absperrventil 2 für Kältemittel der Hybrid-Batterie ist stromlos
kreislauf des elektrischen Klimakompressors angeschlossen. geschlossen und steuert den Kältemittelfluss zum Klimagerät für
Das Kühlmodul arbeitet mit der Bordnetzspannung von 12 Volt Hybrid-Batterie. Das Absperrventil 1 für Kältemittel der Hybrid-
(Bild 13). Batterie ist stromlos offen und steuert den Kältemittelfluss zum
Die Bauteile des Kühlmoduls sind: Klimagerät für Innenraum. Das Kühlmodul besitzt eine Service-
◼ Lüfter 1 für Batterie V457 stellung, um Zugang zur darunter verbauten 12-Volt-Batterie zu
◼ Stellmotor der Umluftklappe 1 für Hybrid-Batterie V479 erhalten.
◼ Stellmotor der Umluftklappe 2 für Hybrid-Batterie V480
◼ Temperaturfühler vor Verdampfer für Hybrid-Batterie G756 Elektrischer Klimakompressor
◼ Temperaturfühler nach Verdampfer für Hybrid-Batterie G757 Anstelle des riemengetriebenen Klimakompressors ist ein elek-
◼ Absperrventil 1 für Kältemittel der Hybrid-Batterie N516 trischer Klimakompressor verbaut (Bild 14). Der Klimakompressor
◼ Absperrventil 2 für Kältemittel der Hybrid-Batterie N517 arbeitet mit Spannung aus dem Hochvoltkreis und ist an der
Leistungselektronik angeschlossen. Im Kompressor ist das Steu-
Bild 12 ergerät integriert. Das Steuergerät ist am CAN-Extended an-
geschlossen. Die Drehzahl wird über ein PWM-Signal geregelt
(0 bis 100 Prozent).
Der Kompressor wird vom Steuergerät für Climatronic angesteu-
ert. Die Funktion „OFF“ oder „AC aus“ hat nur Auswirkung auf die
Innenraumklimatisierung. Für die Kühlung der Hochvoltbatterie
wird unabhängig hiervon vom Steuergerät der Kompressor ange-
steuert. Es ist zusätzlich das von den Dieselmotoren bekannte PTC-
Heizelement für Luftzusatzheizung verbaut. Das Steuergerät für
Luftzusatzheizung steuert die Relais für kleine Heizleistung und
Relais für große Heizleistung. Der Kompressor ist am Motorblock
angeschraubt und durch eine Hochvoltleitung mit der Leistungs- und
Steuerelektronik für Elektroantrieb verbunden. Diese Leitung besitzt
abweichend zu den anderen Hochvoltleitungen einen Doppelrund-
kontakt und zwei Kontakte für die elektrische Sicherheitslinie.
Bild: Audi

Leistungs- und Steuerelektronik für Elektroantrieb


Elektrisches Sicherheitskonzept mit Sicherheitsstecker. Die Leistungs- und Steuerelektronik besteht aus dem Steuergerät,
Wechselrichter für Fahrmotor, dem Spannungswandler und dem

110 kfz-betrieb
Antriebsstrang

Bild 13 Bild 14

Bild: Audi

Bild: Audi
Das Kühlmodul für die Hochvoltbatterie. Elektrischer Klimakompressor.

Zwischenkreiskondensator 1. Das Steuergerät ist Teilnehmer am Das Motorsteuergerät gibt die Ansteuerung der Pumpe vor.
cAN-Hybrid und cAN-Antrieb. Der Wechselrichter (Pulswechsel- Das Motorsteuergerät gibt der Leistungselektronik die informa-
richter bidirektional) wandelt den Gleichstrom der Hochvolt- tionen zu rekuperation, Generatorbetrieb und Fahrgeschwindig-
batterie in eine dreiphasige Wechselspannung für die Dreh- keit beim elektrischen Fahren vor. Die Leistungselektronik über-
strommaschine um. Bei rekuperation und im Generatorbetrieb prüft durch den Geber für rotorposition die Drehzahl und die
wird aus dem Drehstrom eine Gleichspannung zur Ladung der Position des rotors sowie über den Geber für Temperatur die
Hochvoltbatterie. Durch Änderung der Frequenz wird die Kühlmitteltemperatur des Fahrmotors. Die Betriebszustände sind:
Drehzahl geregelt. Bei beispielsweise 1000 min-1 ergibt sich Zündung aus:
eine elektrische Frequenz von circa 267 Hz. Durch Pulsweiten- ◼ „Klemme 15 aus“.
modulation wird das Drehmoment geregelt. Der Spannungs- ◼ Hybridmanager im Sleep-Modus.
wandler wandelt die Gleichspannung der Hochvoltbatterie in ◼ es fließen keine Betriebsströme.
die niedrige Gleichspannung (12 volt) des Bordnetzes um. Der Zündung ein ohne getretene Bremse:
Zwischenkreiskondensator 1 dient als energiespeicher für die ◼ „Klemme 15 ein“.
e-Maschine. ◼ Hybridmanager im Standby-Modus.
Bei „Klemme 15 aus“ oder Abschaltung des Hochvoltsystems ◼ Die Hochvoltkontakte sind geschlossen und die Leistungselek-
durch ein crash-Signal wird der Zwischenkreiskondensator aktiv tronik wird von der Hochvoltbatterie mit 266 v versorgt. es
entladen. Da der Dc/Dc-Wandler bidirektional arbeitet, kann fließen jedoch keine Betriebsströme.
er auch die niedrige Spannung (12 volt) des Bordnetzes in die Zündung ein bei getretener Bremse:
hohe Spannung (266 volt) der Hochvoltbatterie umsetzen. Die- ◼ „Klemme 15 ein“ und „Klemme 50 ein“.
se Funktion wird für Fremdstarten (Laden der Hochvoltbatterie) ◼ es wird Fahrbereitschaft angezeigt „Hybrid ready“.
genutzt. Der Klimakompressor ist direkt an der Leistungselektrik Jetzt fließen Betriebsströme:
an Hochvoltgleichstrom angeschlossen. Da die Leitung zum ◼ von der Hochvoltbatterie zur Leistungselektronik,
Klimakompressor einen kleineren Querschnitt aufweist als die ◼ von der Leistungselektronik zum Fahrmotor für elektronantrieb
Leitungen von der Hochvoltbatterie zur Leistungselektronik, ist und
in der Leistungselektronik eine 30-A-Sicherung für den Klima- ◼ von der Hochvoltbatterie zum 12-volt-Bordnetz.
kompressor integriert. Bei rekuperation oder Generatorbetrieb Fahrmotor für elektroantrieb
wird der Kompressor von der Leistungselektronik gespeist. Nur Leistung in kW bei min-1 40 bei 2300
beim elektrischen Fahren wird der Kompressor von der Hochvolt-
Drehmoment in nm 210
batterie versorgt. Die Leistungselektronik hat einen eigenen
Gewicht Modul in kg 31
Niedertemperaturkreislauf, der am Kühlmittelausgleichsbehälter
Gewicht e-Maschine in kg 26
des Motorkühlkreislaufs angeschlossen ist. Das Kühlmittel
wird über die Kühlmittelpumpe für Niedertemperaturkreislauf Spannung in V Ac 3 ~ 145

bedarfsgeregelt umgewälzt.

Servicetechniker 111
Der Fahrmotor für Elektroantrieb befindet sich bauraumneutral
Bild 15 zwischen dem 2,0-l-TFSI-Motor und dem 8-Gang-Automatikgetrie-
be anstelle des Drehmomentwandlers. Er ist eine permanent erreg-
te Synchronmaschine und wird von einem Drei-Phasen-Feld ange-
trieben. Der Rotor ist bestückt mit Permanentmagneten aus Neo-
dym-Eisen-Bor (NdFeB). Der Fahrmotor ist im Drehstromantrieb
integriert. Gesteuert wird der Fahrmotor für Elektroantrieb über das
Steuergerät für Elektroantrieb und die Leistungs- und Steuerelek-
tronik. Durch Änderung der Frequenz wird die Drehzahl, durch
Pulsweitenmodulation das Drehmoment geregelt. Über die Leis-
tungselektronik wird die 266-Volt-Gleichspannung zu einer Wech-
selspannung mit drei Phasen umgewandelt. Diese bauen in dem
Fahrmotor ein elektromagnetisches Drei-Phasen-Feld auf. Der Fahr-
motor dient zum Anlassen des Verbrennungsmotors und im Gene-
ratorbetrieb zum Laden der Hochvoltbatterie und der 12-Volt-
Batterie mittels DC/DC-Wandler in der Leistungs- und Steuerelek-
tronik. Der Audi Q5 hybrid quattro kann mit dem Fahrmotor ge-
schwindigkeits- und reichweitenbegrenzt rein elektrisch fahren und
den Verbrennungsmotor beim Beschleunigen unterstützen (Boost).
Erkennt der Hybridmanager, dass die Leistung des Fahrmotors
zum Antrieb des Fahrzeugs ausreicht, wird der Verbrennungsmotor
ausgeschaltet. Der Fahrmotor ist wassergekühlt und in den Hoch-
Fahrmotor für den Elek-
Bild: Audi

temperaturkreislauf des Verbrennungsmotors integriert. Das Kühl-


troantrieb.
mittel wird bedarfsgeregelt von der Kühlmittelpumpe für Hoch-
temperaturkreislauf (in drei Stufen) umgewälzt. Die Pumpe wird
Bild 16 vom Motorsteuergerät gesteuert. Der Geber für Temperatur des
Fahrmotors ist ein NTC-Widerstand und misst die Temperatur zwi-
schen zwei Spulen des Fahrmotors für Elektroantrieb. Bei Über-
schreitung der Temperatur von 180 bis 200 °C wird die Leistung
des Fahrmotors bis auf Null reduziert (bei Generatorbetrieb und
elektrisch Fahren). Ein neuer Motorstart ist abhängig von der Tem-
peraturüberschreitung des Fahrmotors und gegebenfalls über
12-Volt-Starter möglich. Der Geber für Rotorposition des Fahrmotors
arbeitet nach dem Resolverprinzip und erfasst die tatsächliche
Drehzahl und die Winkelposition des Rotors. Der Fahrmotor für
Elektroantrieb besteht aus (Bild 15):
◼ dem Gehäuse aus Aluminium-Druckguss,
◼ dem innenliegenden Rotor mit Permanentmagneten,
◼ dem Stator mit Magnetspulen,
◼ einem Lagerschild zur Anbindung an den Drehmomentwand-
ler des Automatikgetriebes,
◼ der Trennkupplung,
◼ dem Leistungsanschluss mit drei Phasen.
Fällt der Temperatursensor des Fahrmotors aus, erscheint in der
Bild: Audi

Anzeige des Schalttafeleinsatzes die gelbe Warnleuchte für das


1 Fahrzeug betriebsbereit „Hybrid Ready“, „Klemme 15 ein“ und „Klemme 50 ein“ Hybridsystem. Eine Werkstatt muss aufgesucht werden. Das Fahrzeug
2 elektrisches Fahren (Motorzustart möglich) bzw. hybridisches Fahren
3 Grenze für Motorzustart im EV-Mode
kann nicht erneut gestartet werden, ist aber weiterhin, jedoch nur
4 ökonomisches Fahren (Teillastbereich) mit Verbrennungsmotor, fahrbereit bis die 12-Volt-Batterien leer sind.
5 Volllastbereich Bei Ausfall des Resolversensors erscheint in der Anzeige des Schalt-
6 Verbrennungsmotor 100 Prozent tafeleinsatzes die rote Warnleuchte für das Hybridsystem:
7 Fahrmotor für Elektroantrieb unterstützt zusätzlich zum maximalen Motormoment (Boost)
8 „Klemme 15 aus“ bzw. „Klemme 15 ein“ und „Klemme 50 aus“
◼ der Elektromotor wird abgeschaltet und das Fahrzeug rollt aus
9 hydraulisches Bremsen zusätzlich zur Energierückgewinnung durch Rekuperation ◼ es kann nicht elektrisch gefahren werden
10 Energierückgewinnung durch Rekuperation (Bremse und Schub) ◼ es ist kein Generatorbetrieb möglich
11 Ladezustand der Hochvoltbatterie ◼ der Verbrennungsmotor kann nicht gestartet werden
◼ es muss eine Werkstatt aufgesucht werden

112 kfz-betrieb
Antriebsstrang

Fahrprogramme
Der Audi Q5 hybrid quattro verfügt über drei vom Kunden wähl- Bild 17 Bild 18
bare Fahrprogramme:
Fahrstufe Programm Mögliche Auswirkungen
ev erweiterter elektri-  elektrisches Fahren bis 30 Prozent
scher Fahrbetrieb Ladezustand der Hochvoltbatterie
 rein elektrisches Fahren bis
100 km/h Warnhinweise
 Segeln
 Start-Stopp
 keine Boost-Funktion

Foto: Audi
 Bremsrekuperation
Warnhinweis
D verbrauchsoptimier-  elektrisches Fahren bis 30 Prozent
te Auslegung mit Ladezustand der Hochvoltbatterie
moderater  Segeln
Boost-Funktion.
Bild 19
 Start-Stopp
 moderate Boost-Funktion
 Bremsrekuperation
S und Gesteigerte Boost-  Start-Stopp
Tip-Gasse Funktion des elektri-  ausgeprägte Boost-Funktion
schen Antriebs  Bremsrekuperation
 kein elektrisches Fahren

Für die Bedienung und Anzeige des elektrofahrbetriebs verfügt


der Audi Q5 hybrid quattro über:

Bild: Audi
◼ Powermeter anstelle des Drehzahlmessers
◼ Anzeige im Schalttafeleinsatz Bereitschaftsanzeige Kombiinstrument MMI: „Hybrid Ready“.
◼ Anzeige im MMi-Display animiert
◼ Anzeige für den Ladezustand der Hochvoltbatterie anstelle Bild 20
Kühlmitteltemperaturanzeige
◼ Taster für vorrangschaltung elektrofahrbetrieb
im Powermeter werden die verschiedenen Fahrzeugzustände und
die Abgabe bzw. Ladeleistung des Hybridsystems während der
Fahrt angezeigt (Bild 16).
Tritt ein Fehler im Hochvoltsystem auf, wird in der Anzeige des
Schalttafeleinsatzes eine Warnleuchte ausgegeben. Diese Warn-
leuchte kann in den Farben Gelb oder rot aufleuchten. Je nach
Art des Fehlers im Hochvoltsystem werden die entsprechende

Bild: Audi
Farbe und ein Aufforderungstext angezeigt (Bild 17).
Gelb: Hybridantrieb: Systemstörung. Bitte Service aufsuchen; Bereitschaftsanzeige: „Fahrt nur mit Elektromotor (E-Maschine)“.
Das Fahrzeug ist noch fahrbereit. Die Fahrt kann im verbren-
nungsbetrieb fortgesetzt werden.
rot: Hybridantrieb: Systemstörung! Ausfall Lenk- und Brems- Schalttafeleinsatz sind die Anzeigen im MMi-Display animiert.
unterstützung möglich; das Fahrzeug ist nicht mehr fahrbereit. Anzeige „Hybrid ready“, das Hybridsystem ist betriebsbereit
Wird ein Ladestrom erkannt, erscheint in der Anzeige des Schalt- (Bild 19).
tafeleinsatzes ein grüner Ladestecker (Bild 18). Anzeige „Fahrt nur mit elektromotor (e-Maschine)“: Das Sym-
Der elektrofahrbetrieb (e-Fahren) wird ebenfalls in der Anzei- bol für die Hochvoltbatterie und die von den rädern weg gerich-
ge des Schalttafeleinsatzes angezeigt. Das Symbol für die Hoch- teten grünen Pfeile zeigen an, dass der Antrieb über die Hoch-
voltbatterie und die von den räder weg gerichteten Pfeile zeigen voltbatterie und dem Fahrmotor für elektroantrieb erfolgt
an, dass der Antrieb über die Hochvoltbatterie und den Fahrmo- (Bild 20).
tor für elektroantrieb erfolgt. Alle anderen Fahrzustände zeigt Anzeige „Fahrt nur mit verbrennungsmotor“: Das Symbol für
das Display im Schalttafeleinsatz ebenfalls an. Die Darstellungen den verbrennungsmotor, die Hochvoltbatterie und die von den
werden lediglich entsprechend des Fahrzustands angepasst. rädern weg gerichteten gelben Pfeile zeigen an, dass der Antrieb
Der Audi Q5 hybrid quattro wird mit dem MMi Navigation über den verbrennungsmotor erfolgt (Bild 21).
plus ausgeliefert. es bietet die Möglichkeit, sich über das MMi- Anzeige „Fahrt mit e- und verbrennungsmotor (Boost)“: Das
Display informationen zum Fahren mit verbrennungsmotor oder Symbol für den verbrennungsmotor, die Hochvoltbatterie und
den Fahrmotor für elektroantrieb und zu Ladezustand der Hoch- die von den rädern weg gerichteten gelb-grünen Pfeile zeigen
voltbatterie anzeigen zu lassen. im Gegensatz zur Anzeige im an, dass der Antrieb über den verbrennungsmotor, die Hoch-

Servicetechniker 113
Bild 21 Bild 25

Bild: Audi

Bild: Audi
Bereitschaftsanzeige: „Fahrt nur mit Verbrennungsmotor“.

Bild 22 Anzeige im Kombiinstrument: „Verbrauchsstatistik“.

voltbatterie und den Fahrmotor für Elektroantrieb erfolgt


(Bild 22).
Anzeige „Rekuperation in Schubphase < 160 km/h“: Das Sym­
bol für die Hochvoltbatterie und die auf die Räder gerichteten
grünen Pfeile zeigen an, dass rekuperiert und die Hochvolt­
batterie geladen wird (Bild 23).
Bild: Audi

Anzeige „Stand und Verbrennungsmotor“: Das Symbol für den


Verbrennungsmotor und die Hochvoltbatterie zeigen an, dass
Bereitschaftsanzeige: „Fahrt mit E- und Verbrennungsmotor (Boost)“. der Verbrennungsmotor läuft und die Hochvoltbatterie geladen
wird (Bild 24).
Bild 23 Anzeige „Verbrauchsstatistik“: Die Verbrauchsstatistik visuali­
siert den Verbrauch und die Energierückgewinnung des Fahrver­
haltens alle fünf Minuten. Diese Daten zeigen die vergangenen
60 Minuten in Form eines Balkendiagramms an. Die ausgefüllten
Balken sind von der aktuellen Fahrt, die nicht ausgefüllten von
der Fahrt davor (Bild 25).
Mit dem Taster für Vorrangschaltung (EV­Mode) kann der Fah­
rer die Grenzen des elektrischen Fahrens aufweiten und die ge­
samte E­Maschinenleistung für das rein elektrische Fahren nutzen.
Bis zu einer Geschwindigkeit von 100 km/h bzw. einem Lade­
Bild: Audi

zustand der Hochvoltbatterie von 34 Prozent ist das Fahren rein


Bereitschaftsanzeige: „Rekuperation in Schubphase < 160 km/h“. elektrisch möglich (Bild 26).

Vorraussetzungen für die Fahrt im EV­Mode:


Bild 24
◼ Geschwindigkeit < 100 km/h
◼ Ladezustand der Hochvoltbatterie > 42 Prozent
◼ Temperatur der Hochvoltbatterie > +10 °C
◼ Kühlwassertemperatur des Verbrennungsmotors zwischen
+5 °C und +50 °C
◼ Außentemperatur ≥ +10 °C (für EV­Kaltabfahrt)
◼ 12­Volt­Starter freigegeben
◼ Höhe < 4.000 Meter
◼ kein Tiptronic­Mode
Bild: Audi

◼ System­Leistungsfähigkeit el. ≥ 15 kW
◼ Stopp­Freigaben liegen vor
Bereitschaftsanzeige: „Stand und Verbrennungsmotor“.
Ein aktivierter EV­Mode wird durch ein grünes Symbol im Schalt­
tafeleinsatz und durch einen grünen Balken unterhalb des Tasters
für EV­Mode angezeigt.

114 kfz-betrieb
Antriebsstrang

Zusammenfassung
Bild 26
Die seit Jahren prophezeite Kom­
plexität in der Kraftfahrzeug­
technik hat den Weg in den Serien­
bau gefunden. Wie lange es dauern
wird, bis die Technik im täglichen
Werkstattalltag angekommen sein
wird, wird die Zukunft zeigen;
noch ist die Anzahl der verkauften
Einheiten klein. Im Interesse der
eigenen Sicherheit gilt ein einfacher
Merksatz: „Hände weg von Orange

Foto: Audi
ohne Qualifizierung!“
An dieser Stelle möchten wir eben­ Schalter für die „Vorrangschaltung“.
falls explizit darauf hinweisen,
dass zur Diagnose und Reparatur
eines Fahrzeuges immer die vorgeschriebenen, gültigen sondern dienen der Veranschaulichung und sind applikations­
technischen Dokumentationen und Werkzeuge vom Fahrzeug­ abhängig.
hersteller bzw. ­importeur verwendet werden müssen. Die
Angaben in diesem Beitrag sind nicht allgemeingültig, Georg Selgrad

S E R V I C E Hier Probe lesen:


www.kfz-betrieb.de/
servicetechniker

T E CH N I K E R
Technikwissen für Profis
Das Fachbuch für alle Kfz-Mechatroniker, geprüften
Servicetechniker und Kfz-Meister, die einen tiefen
Einblick in die Fahrzeugtechnik suchen und bei neuen
Fahrzeugsystemen und aktueller Diagnosetechnik am
Ball bleiben möchten.

2 013
Jahresband ▶ Fortbildung oder Auffrischung des Lehrstoffs auf dem BESTELLUNG

29,90 Eurond
Niveau des Servicetechnikers Vogel Business Media
GmbH & Co. KG
▶ Breites Themenspektrum von Motor- und Motor- Max-Planck-Straße 7/9
Versa
inkl. MwSt. & managementsystemen über Systemvernetzung bis 97082 Würzburg
Tel.: 0931 / 4 18 - 24 93
hin zu Fahrzeugsicherheit und Fahrwerkstechnik Fax: 0931 / 41 70 - 4 96
E-Mail: ulrike.sauer@vogel.de
▶ Mit vielen wertvollen Werkstatttipps zu Service
und Diagnose
▶ 172 Seiten Umfang

kfz-betrieb
www.vogel.de
Weiterbildung

Servicetechniker
technik von Profis für Profis

Motor- und MotorManageMentsysteMe


bordnetz, vernetzung, kommunikation
fahrzeug und komfort
navigation, unterhaltung, infotainment
fahrzeug und sicherheit
fahrzeug, reifen, fahrWerk
kraftstoffe und antriebe
instandsetzung und diagnose
sensoren, aktoren
motor, abgase und umWeltProblematik
antriebsstrang
fahrzeugsysteme/mechatronik

904/2014 www.kfz-betrieb.de 116


Motor- und Motormanagementsysteme

Motordiagnose – Teil 1

Viele Disziplinen beherrschen


Fehlersuche in Motorsteuerung und -regelung von Benzin-Direkteinspritzern

BilD 1

Foto: Archiv
Die Fehlersuche im Motormanagement hat trotz Eigendiagnose oft ihre Tücken.

On-Board- oder Off-Board-Diagnose, was ist hilfreicher für die Motorsteuerung


Werkstatt? Die On-Board-Diagnose hat den vorteil, frühzeitig
Funktionsstörungen des Motors zu erkennen. Der Mehrwert für Mit dem 1,4l-TFSi-Motor setzte der vW-Konzern ein modernes
Kunden: Größere Schäden können so bereits in der entstehung Aggregat im einstiegssegment ein. Bei der entwicklung des Mo-
vermieden werden. Die On-Board-Diagnose ist bekanntlich eine tors verfolgten die ingenieure das „Downsizing-Konzept“, um
Funktion moderner Motorsteuergeräte. Diese steuern und über- Kraftstoffverbrauch und Schadstoffemissionen zu senken. ver-
wachen alle zentralen Funktionen eines Motors und können dank einfacht bedeutet das, dass die entwickler Saugmotoren durch
der On-Board-Diagnose etwaige Störungen erkennen und im kleinere, aber dafür aufgeladene Aggregate ersetzt haben. ef-
cockpit anzeigen. So bemerkt der Fahrer unmittelbar, wenn der fekte des Downsizings sind vor allem die Gewichtsreduzierung,
Motor nicht mehr reibungslos läuft und kann reagieren. Sämtli- die verminderung der reibung, ein geringerer Kraftstoffver-
che Fehlermeldungen (beispielsweise veränderte Abgaswerte)
werden zudem elektronisch gespeichert und bei einem Werkstatt-
besuch mithilfe des eigendiagnosesystems angezeigt. Kunden inhalt
und Fahrzeughersteller erwarten, dass diese Technik die Fehler-
Fehlersuche in Benzin-Direkteinspritzern
suche wesentlich erleichtert und eventuell anfallende Wartungs-
kosten spürbar gesenkt werden können. Allerdings sieht die  Kurbelgehäuseentlüftung 119
realität oft anders aus. Dieser Beitrag zeigt Serientechnik aus
 1,8 TFSi (3. Generation) 120
dem Bereich Benzinmotor und verdeutlicht damit, dass hier die
Herausforderungen für den Service ständig steigen. Zusätzlich  Thermomanagement 121
zur elektrik/elektronik müssen Servicetechniker nach wie vor  luftversorgung und Aufladung 126
auch alle anderen Disziplinen wie Mechanik, Pneumatik und  ladeluftkühlung 128
Hydraulik beachten, wenn sie auf die Fehlersuche gehen.

Servicetechniker 117
Bild 2 Bild 3

Bild 3: Die Motor-

Foto: VW
steuerung der 1,4-Li-

Foto: VW
ter-TFSI-Motoren mit-
Motorsteuerung der 1,4-Liter-TFSI-Motoren mittels Steuerkette. tels Zahnriemen.

brauch, geringere Abgasemissionen und natürlich der geringere nach Motorvariante werden verschiedene Ölpumpen verbaut.
Platzbedarf des Motors. Daraus ergeben sich weitere Vorteile bei Was motiviert den Fahrzeughersteller dazu, wieder bewährte
der Raumausnutzung des Fahrzeugs. Technik einzusetzen? Wie auch andere Fahrzeughersteller hat
Die Motorsteuerung des 1,4-l-TFSI-Motors wurde anfangs über Volkswagen die Erfahrung gemacht, dass die Steuerketten leider
einen wartungsfreien Kettentrieb angetrieben (Bild 2). Dieser die versprochene Lebensdauer oft nicht erreicht haben.
hat zwei Ebenen. In der ersten Ebene verläuft der Antrieb der Spannend wird hier der Einstieg in die Diagnose über die Ei-
Ölpumpe. Der zweite und äußere Trieb treibt die beiden Nocken- gendiagnose und ein Abfragen der Fehlerspeicher. Das Ersetzen
wellen an. Für den Kettentrieb der Nockenwellen kommt ein von Sensoren bringt nämlich keine Abhilfe, wenn die Werkstatt
Kettenspanner zum Einsatz, der mit einer mechanischen Feder die Signalbilder nicht mit einem Oszilloskop darstellen kann.
vorgespannt ist und zusätzlich mit Öldruck aus dem Motorölkreis- Dann bleibt nur die Plausibilisierung durch Austauschen, was in
lauf beaufschlagt wird. Die Führung der Kette für die Nocken- diesem Fall allerdings nicht zielführend ist.
wellen übernimmt auf der einen Seite eine Gleitschiene, die fest Beispiel: Der Kunde beanstandet, dass der Motor unrund läuft
verschraubt ist. Als weitere Führung dient eine Spannschiene. Sie und die Störungsanzeige für das Abgaskontrollsystem im Schalt-
ist am oberen Ende drehend gelagert. Am unteren Ende wirkt tafeleinsatz leuchtet. Im Motorsteuergerät kann einer der nach-
der Kettenspanner. folgenden Ereignisspeichereinträge abgelegt sein:
In der nun dritten Generation der Motorenfamilie sind die 02796 P000A Bank 1, Einlass, Nockenwellenverstellung zu langsam
Entwickler wieder zum bewährten Zahnriemen zurückgekehrt. 00022 P0016 Bank 1, Nockenwellenposition-G40 /Kurbelwellenposi-
Gespannt wird er mit einer automatischen Spannrolle, die gleich- tionssensor-G28, falsche Zuordnung
zeitig durch Anlaufbunde die Führung des Zahnriemens sicher- 04928 P1340 Nockenwellenposition-G40/Kurbelwellenpositionssen-
stellt. Zu Montagearbeiten am Zahnriementrieb muss die Spann- sor-G28, falsche Zuordnung
rolle mit Hilfe eines Spezialwerkzeuges (12-Kant-Schlüssel) zu- 12296 P3008 Nockenwellenpositionssensor-G40, Signal außerhalb
der Toleranz
rückgedrückt werden.
Eine Umlenkrolle auf der Zugseite und das ovale ctc-Zahnrie- 08851 P2293 Regelventil für Kraftstoffdruck-N276, mechanischer
Fehler
menrad auf der Kurbelwelle sorgen für einen ruhigen Zahnrie-
08801 P2261 Umluftventil für Turbolader-N249, mechanischer Fehler
menlauf durch reduzierte Zugkräfte und geringere Drehschwin-
gungen der Nockenwelle. Denn die schmale Seite des Zahnrie-
menrades ermöglicht ein leichtes Entspannen des Steuertriebes Das Problem: Die Steuerkette hat sich in der Länge verändert.
beim Verbrennungsvorgang. Durch die geringeren Zahnriemen- Wenn die Steuerzeiten nicht richtig eingestellt sind, muss man
kräfte kann die Spannkraft der Spannrolle reduziert werden. Das wie folgt vorgehen:
führt zu geringerer Reibung und weniger mechanischer Belastung ◼ Steuerkette und Kettenspanner gemäß Reparaturleitfaden
des Zahnriementriebs. Die verringerten Schwingungen erhöhen ersetzen.
die Laufruhe. Es wird ein Zahnriemen mit einer verschleißfesten ◼ Ölvorlaufleitung zum Turbolader prüfen.
Beschichtung aus Polytetrafluorethylen (Teflon) verwendet. Je Wenn noch eine Ölvorlaufleitung ohne Thermoschutz ver-

118 kfz-betrieb
Motor- und Motormanagementsysteme

baut ist, muss die Ölvorlaufleitung gemäß reparaturleitfa-


den gegen eine Ölvorlaufleitung mit Thermoschutz ersetzt Bild 4
werden.
◼ Ölwanne ausbauen. Ölwanne reinigen.
◼ Ölansaugleitung der Ölpumpe (inklusive Ölsieb) gemäß
reparaturleitfaden ersetzen.
◼ Schrauben des Ölabscheiders im Steuergehäuse (gelb her-
vorgehoben in Bild 6) herausschrauben. Schrauben mit
Schraubensicherungsmittel einsetzen.
Ölvorlaufleitung zum
◼ Wenn eine der Schrauben fehlt, muss der Kettentrieb auf

Foto: vW
Turbolader mit Ther-
Beschädigungen hin geprüft werden! Wenn eine Beschädi- moschutz.
gung des Kettentriebs feststellt wird, muss diese gemäß re-
paraturleitfaden instand gesetzt werden (je nach Schaden Bild 5
kann das zum ersetzen des Motors führen).
◼ Motoröl/Motorölfilter wechseln.
◼ ventil für Kurbelgehäuseentlüftung ersetzen.
◼ Softwareaktualisierung für das Motorsteuergerät durchfüh-
ren.
Dies ist ein schönes Beispiel dafür, mit welcher Problematik man
sich heute in der Werkstatt auseinandersetzen muss. ein Fehler-
bild hat oder kann mehrere Ursachen haben, dies ergibt sich
Foto: vW

Ölansaugleitung mit
allein schon aus der Komplexität der Systeme. Bei älteren Fahr- Ölsieb.
zeugen ist die Diagnose leichter, da auch die rüstzeiten nicht so
hoch sind. Bild 6

kurbelgehäuseentlüftung

Die Kurbelgehäuseentlüftung mit Ölabscheider ist in das Steu-


ergehäuse integriert. Die Blow-by-Gase strömen über eine ent-
lüftungsleitung zur Saugseite des Motors. Da während des Mo-
Verschraubungen des
torbetriebs unterschiedliche Druckzustände in der Ansaugluft-
Foto: vW

Ölabscheiders (gelb)
führung herrschen, müssen die Blow-by-Gase, je nach Betriebs- im Steuergehäuse.
zustand des Motors, an unterschiedlichen Stellen der Ansaugluft
zugeführt werden. Bevor die Blow-by-Gase der verbrennung zu- Bild 7
geführt werden, müssen sie vom mitgeführten Öl befreit werden.
Dieser reinigungsprozess findet im Ölabscheider statt, der im
Steuergehäusedeckel verschraubt ist. Hier durchströmen die Ga-
se ein Labyrinth. Dabei setzen sich die schwereren Öltröpfchen
an den Wandungen ab und sammeln sich im Ölrücklauf.
Die Steuerung der Blow-by-Gase übernimmt eine ventileinheit,
die in der entlüftungsleitung integriert ist. Bei geringer Drehzahl
des Motors herrscht vorwiegend Unterdruck in der Saugstrecke.
in diesem Zustand werden die Blow-by-Gase über einen Abzweig
der entlüftungsleitung hinter der Drosselklappe eingeleitet, da
in diesem Bereich das größere Druckgefälle herrscht.
Die Gase aus dem Aktivkohlefilter werden in diesem Betriebs-
zustand nicht abgesaugt. Baut der Abgasturbolader Druck auf,
verschließt die ventileinheit die Strecke zum Saugrohr. Gleichzei-
tig öffnet der andere Abzweig und die Blow-by-Gase werden vor
der Ansaugseite des Abgasturboladers eingeleitet. Die Gase aus
dem Aktivkohlefilter werden in diesem Betriebszustand abge-
Bild: vW

saugt und ebenfalls der Ansaugluft beigemischt.


eine konstruktiv vorgegebene Drosselung in der ventileinheit Die Kurbelgehäuseentlüftung der 1,4-Liter-TFSI-Motoren.
verhindert, dass sich ein zu hoher Unterdruck im Kurbelgehäuse

Servicetechniker 119
aufbauen kann. Die aktive Belüftung des Kurbelgehäuses erfolgt
Bild 8 mittels einer Schlauchleitung mit integriertem Rückschlagventil
über den Anschluss am Ventildeckel. Die Sperrwirkung dieses
Ventils ist in Richtung Luftfilter.
Bei den Motoren der 3. Generation verläuft die Kurbelgehäuse­
entlüftung intern, das heißt, die vom Öl gereinigten Blow­by­
Gase strömen über Kanäle im Zylinderblock zum Saugrohr vor
dem Turbolader bzw. in das Saugrohrmodul nach dem Turbolader.
Gereinigt werden die Öldämpfe im Ölabscheider. Dort werden in
der Grobölabscheidung durch Prallplatten und Drallkanäle zuerst
die großen Öltröpfchen von den Gasen getrennt und anschließend
in der Feinölabscheidung durch große Prallplatten die kleinen
Öltröpfchen.
Die Rückschlagventile steuern die Ableitung der gereinigten
Blow­by­Gase zur Verbrennung, je nachdem, welche Druckver­
hältnisse in der Luftversorgung herrschen. Liegt im Leerlauf und
bei erhöhter Leerlaufdrehzahl Unterdruck im Saugrohr an, wird
durch die Saugwirkung das Ventil im Saugrohrmodul geöffnet
und das Ventil an der Saugseite des Turboladers geschlossen.
Herrscht bei arbeitendem Turbolader Überdruck in der Luftver­
sorgung, wird das Ventil im Saugrohrmodul durch diesen ge­
schlossen. Das Öffnen des Ventils an der Saugseite des Turbola­
ders erfolgt nun durch den anliegenden Druckunterschied. Das
Bild: VW

Ventileinheit für die Steu- heißt, der Druck an der Saugseite des Turboladers ist geringer
erung der Blow-by-Gase. als der Kurbelgehäuseinnendruck.

Bild 9
1,8 TFSI (3. Generation)

Auch bei diesem Motor ist das System der Kurbelgehäuseent­ und
­belüftung weiterentwickelt worden. Das Druckverhältnis vom
Zylinderblock zur Umgebungsluft ist auf ein größeres Druckge­

Bild 11
Bild: VW

Rückschlagventil zur Belüftung des Kurbelgehäuses.

Bild 10
Bild: VW

Bild: VW

Einleitung der Blow-by-Gase an der Saugseite des Turboladers bei hoher Einleitstelle der Blow-by-Gase nach dem Turbolader am Saugrohrmodul bei
Drehzahl. niedriger Drehzahl.

120 kfz-betrieb
Motor- und Motormanagementsysteme

fälle ausgelegt. Dies wirkt sich positiv auf den Ölverbrauch des
Motors aus. Weiterhin haben die entwickler die Zahl der Bautei- Bild 12
le reduziert. So gibt es außerhalb des Motors nur noch eine rohr-
leitung, um die gereinigten Blow-by-Gase abzuleiten.
Das System umfasst folgende Komponenten:
◼ Grobölabscheider im Zylinderblock
◼ Feinölabscheidermodul, verschraubt in der Zylinderkopfhau-
be
◼ verschlauchung für die Ableitung der gereinigten Blow-by-
Gase
◼ Ölrücklauf im Zylinderblock mit Sperrventil im Wabeneinsatz
der Ölwanne.
Die Funktion des Grobölabscheiders ist Bestandteil des Zylinder-
blocks. Durch richtungsänderung in einem Labyrinth wird ein

Bild: vW
Teil des Öls abgeschieden. Das abgeschiedene Öl läuft über den
rücklaufkanal im Zylinderblock in die Ölwanne zurück. Der Kanal
endet dabei unterhalb des Ölspiegels. Die grob gereinigten Blow- Aufbau des Ölabscheiders beim 1,4-Liter-TFSI-Motor.
by-Gase gelangen aus dem Zylinderblock über einen Kanal im
Zylinderkopf in das Feinölabscheidermodul. Hier wird es als ers- Bild 13
tes im Zyklonabscheider gereinigt. Das abgeschiedene Öl aus
dem Zyklonabscheider läuft getrennt durch einen separaten Ka-
nal im Zylinderblock zurück zur Ölwanne. Der Kanal endet un-
terhalb des Ölspiegels. ein Sperrventil verhindert hier, dass bei
ungünstigen Druckverhältnissen Öl aus dem Sumpf angesaugt
wird. Bei sportlicher Fahrweise (starke Querbeschleunigung)
könnte der Ölrücklauf frei liegen, weil das Öl im Ölsumpf zur
Seite schwappt. Auch hierbei hält das Sperrventil den Ölrücklauf
geschlossen. Bei diesem ventil handelt es sich um ein Flatterven-
til. Das gereinigte Blow-by-Gas wird über das einstufige Druck-
regelventil der verbrennung zugeführt. Das Druckregelventil ist
dabei auf eine Druckdifferenz von -100 mbar zur Außenluft aus-
gelegt. An welcher Stelle die einleitung stattfindet, wird von dem

Bild: Audi
Druckverhältnis im Luftversorgungssystem bestimmt.
Nach der Feinabscheidung und Weiterleitung durch das Druck- Rückschlagventile zur Gassteuerung im Ölabscheider des 1,8-Liter-TFSI-
regelventil wird das gereinigte Blow-by-Gas der verbrennung Motors.
zugeführt. Die Gassteuerung geschieht dabei automatisch mit
selbsttätigen rückschlagventilen, die im Feinölabscheidermodul
integriert sind.
Die rückschlagventile fallen bei Motorstillstand in ihre Grund- eine kalibrierten Bohrung im Kurbelgehäusebelüftungsventil.
stellung. Dabei ist das rückschlagventil in richtung Abgastur- Damit ist das System so ausgelegt, dass nur während des Saug-
bolader offen. Das rückschlagventil in richtung Saugrohr ist betriebs belüftet wird. in einigen Märkten, zum Beispiel in Nord-
geschlossen. amerika, fordert der Gesetzgeber eine Fehlverbauerkennung
Bei volllast herrscht in der gesamten Ladeluftstrecke Über- abgasrelevanter Bauteile. Wird die entlüftungsleitung am Modul
druck, deshalb schließt sich das rückschlagventil 1 (Bild 13). für die Kurbelgehäuseentlüftung nicht oder falsch verbaut, ist
Durch den Druckunterschied zwischen Kurbelgehäuseinnendruck der Anschluss der Fehlverbauerkennung geöffnet. Da dieser An-
und Saugseite des Turboladers öffnet sich das rückschlagventil schluss direkt mit der Lufteinlassseite des Zylinderkopfs verbun-
2. Das gereinigte Blow-by-Gas wird nun von dem verdichter den ist, zieht der Motor sofort ungemessene Falschluft. Das wird
angesaugt. im Saugbetrieb wird durch den Unterdruck im Saug- durch die Lambdaregelung erkannt.
rohr das rückschlagventil 1 geöffnet und das rückschlagventil
2 geschlossen. Das gereinigte Blow-by-Gas wird dann direkt über
das Saugrohr der verbrennung zugeführt. thermomanagement
Die Kurbelgehäusebelüftung ist zusammen mit dem Feinöl-
abscheider und der Druckregelung in einem Modul auf dem eine wesentliche Neuerung beim 1,8-TFSi-Motor der 3. Genera-
ventildeckel verbaut. eine Belüftung des Kurbelgehäuses erfolgt tion ist der gekühlte Abgaskrümmer mit Zündfolgetrennung, der
über die vor der Turbine angeschlossene entlüftungsleitung und nun direkt im Zylinderkopf integriert ist. Durch den einsatz des

Servicetechniker 121
Bild 14 Bild 15

Bild: Audi
Bild: Audi

Der Kühlmittelkreislauf der 1,8-Liter-TFSI-Motoren. Stellelement für die Motortemperaturregelung.

integrierten Abgaskrümmers wird – im Vergleich zu einem her- 1kHz. Es ist ein digitales Signal, das vom Aufbau her einem
kömmlichen Krümmer – die Abgastemperatur vor der Turbine CAN-Signal ähnelt. Die Ansteuerung erfolgt solange, bis die vom
deutlich verringert. Bei der Weiterentwicklung des Motors wurde Motorsteuergerät vorgegebene Stellung erreicht ist.
der gesamte Kühlmittelkreislauf überarbeitet. So stand die Eine positive Ansteuerung (Messwert im Fahrzeugdiagnose-
Schnellaufheizung des Motors, eine Verbrauchsreduzierung durch tester) bedeutet: Der Drehschieber dreht sich in Richtung Öffnen.
eine schnelle und thermodynamisch vorteilhafte Motortempera- Der Elektromotor treibt über ein stark untersetztes Schneckenge-
turregelung und, bei Bedarf, die Aufheizung des Fahrzeuginnen- triebe den Drehschieber 1 an (Bild 15). Er steuert den Kühlmit-
raums im Vordergrund. telfluss des Ölkühlers, des Zylinderkopfs sowie des Hauptwasser-
Die beiden wichtigsten Hauptkomponenten des Thermoma- kühlers (Getriebeölkühler, Abgasturbolader und Heizungsrücklauf
nagements sind der im Zylinderkopf integrierte Abgaskrümmer, sind ungeregelt). Der Drehschieber 2 ist über ein Triebstockge-
sowie das Stellelement für die Motortemperaturregelung. Es ist triebe mit dem Drehschieber 1 verbunden. Das Getriebe ist dabei
als Modul zusammen mit der Kühlmittelpumpe an der kalten so konstruiert, dass der Drehschieber 2 in bestimmten Winkelpo-
Motorseite verbaut. Das Kühlsystem ist an die jeweilige Ausstat- sitionen des Drehschiebers 1 ein- und auskuppelt. Die Drehbe-
tung des Fahrzeugs, sowie an die jeweilige Motorisierung ange- wegung des Drehschiebers 2 (Öffnen des Kühlmittelstroms durch
passt. So unterscheidet man zwischen Längs- und Quereinbau, den Zylinderblock) beginnt bei einer Drehwinkelstellung des
Hubraum, Getriebevariante und ob das Fahrzeug mit einer Stand- Drehschiebers 1 von etwa 145°. Bei einer Drehwinkelstellung
heizung ausgestattet ist. des Drehschiebers 1 von rund 85° wird wieder ausgekuppelt.
Das Stellelement für die Motortemperaturregelung ist für die Hier hat der Drehschieber 2 seine maximale Drehbewegung er-
Motoren mit 1,8 Liter und 2,0 Liter Hubraum bei Längs- und bei reicht und den Zylinderblock-Kühlmittelkreislauf voll geöffnet.
Quereinbau gleich. Mittels zwei mechanisch gekoppelter Dreh- Die Bewegungen der Drehschieber werden durch mechanische
schieber regelt es den Kühlmittelfluss. Die Regelung der Winkel- Anschläge begrenzt. Je wärmer der Motor wird, umso weiter wird
position der Drehschieber erfolgt dabei nach Vorgabe verschie- der Drehschieber verdreht. Dabei werden verschiedene Durch-
dener Kennfelder im Motorsteuergerät. flüsse in variablen Querschnitten geöffnet. Um die genaue Posi-
Durch die entsprechende Anordnung der Drehschieber können tion der Drehschieber zu erfassen und Funktionsstörungen zu
verschiedene Schaltpositionen realisiert werden. Dadurch ist ein erkennen, ist auf der Steuerplatine des Drehschiebers ein Dreh-
schnelles Aufheizen des Motors möglich, was geringere Reibung winkelsensor verbaut. Er liefert ein digitales Spannungssignal an
und dadurch geringeren Kraftstoffverbrauch zur Folge hat. Au- das Motorsteuergerät. Die Position des Drehschiebers 1 kann in
ßerdem sind variable Motortemperaturen zwischen 85 °C und den Messwerten mittels Diagnosetester ausgelesen werden.
107 °C möglich. Zusätzlich können je nach Variante und Ausstattung folgende
Der Drehschieber wird von einem DC-Elektromotor angetrie- Komponenten verbaut sein:
ben. Seine Ansteuerung erfolgt durch das Motorsteuergerät mit Das Kühlmittelventil für das Getriebe steuert die Zuflüsse des
einem PWM-Signal (12 V). Die Ansteuerfrequenz beträgt dabei warmen Kühlmittels des Motors zum Getriebeölkühler. Es ist

122 kfz-betrieb
Motor- und Motormanagementsysteme

beispielsweise im Audi A5 ’12 mit Schaltgetriebe verbaut. Das erfolgt eine Heizanforderung, werden das Absperrventil für
Magnetventil wird vom Motorsteuergerät mit Bordspannung das Kühlmittel und die Pumpe für den Kühlmittelnachlauf akti-
angesteuert. Wird es nicht angesteuert, hät es eine mechanische viert. Somit strömt Kühlmittel durch den Zylinderkopf, den Tur-
Feder offen. Beim Motorstart wird es geschlossen. bolader sowie durch den Heizungswärmetauscher.
Das Steuergerät öffnet den Kühlmittelfluss zum Getriebe bei Die Funktion Minimalstrom dient zum Schutz vor Überhitzung
einer Temperatur des Kühlmittels von 80 °c und schließt ihn des Zylinderkopfs (integrierter Abgaskrümmer) und des Turbola-
wieder bei 90 °c. Auf diese Weise sorgt die regelung dafür, dass ders, wenn das Kühlmittel im Zylinderblock steht (Bild 18). Hier-
im Schaltgetriebe immer die Temperatur herrscht, bei der am zu wird der Drehschieber 1 in eine Stellung von circa 145° ge-
wenigsten reibung auftritt. bracht. Ab dieser Stellung greift das Triebstockgetriebe in den
Die Pumpe für den Kühlmittelumlauf (Herstellerkurzbezeich- Drehschieber 2 und beginnt diesen zu öffnen. Jetzt strömt ein
nung v50) dient bei Fahrzeugen mit Motoren im Längseinbau kleiner Teil des Kühlmittels durch den Zylinderblock in den Zy-
als Umwälzpumpe für den Heizungswärmetauscher. Sie wird vom linderkopf, durch den Turbolader und zurück über das Drehschie-
Klimaanlagensteuergerät mittels PWM-Signal angesteuert. Über
das Steuergerät ist sie diagnosefähig. Bei laufender Pumpe wird
das Kühlmittel über den Kühlmittelschlauch vom Motor durch Bild 16
den Wärmetauscher des Klimageräts und das Absperrventil für
das Kühlmittel angesaugt und über den Kühlmittelschlauch zum
Motor zurückgefördert. Die Pumpe wird bei eingeschalteter Zün-
dung abhängig von der Kühlmitteltemperatur und der einstellung
an der Bedienungseinheit der Klimaanlage angesteuert.
Das Absperrventil für das Kühlmittel wird in längs eingebau-
ten Motoren ohne Standheizung verbaut. es öffnet und schließt
den Kühlmittelfluss zum Heizungswärmetauscher des Fahrzeugs.
es ist baugleich mit dem Kühlmittelventil für das Getriebe. Nach
dem Start des Motors wird es geschlossen. Geöffnet wird es bei
Heizwunsch, Nachlaufkühlung und Start-Stopp-Anforderung. Die
Ansteuerung erfolgt über das Klimaanlagensteuergerät.
Die Pumpe v51 verwendet volkswagen bei Fahrzeugen mit

Bild: Audi
Motoren im Quereinbau. Sie ist baugleich mit der v50 in Fahr-
zeugen mit Längsmotorisierung. Die Ansteuerung erfolgt durch Das Kühlmittelventil steuert den Kühlmittelfluss zum Getriebe und sorgt so
das Motorsteuergerät mittels PWM-Signal. Die Pumpe wird vom für dessen optimale Betriebstemperatur.
Motorsteuergerät auf Anforderung vom Klima- oder Heizungs-
steuergerät angesteuert. Sie übernimmt auch die Unterstützung Bild 17
der Kühlmittelpumpe des Motors, um so den Kühlmitteldurchsatz
durch den Wärmetauscher der Heizung bei bestimmten Motor-
drehzahlen und damit die Heizleistung zu verbessern. Zudem
lässt sich die Temperatur im Abgasturbolader schneller reduzie-
ren. Dadurch wird die Lebensdauer des Motoröls verbessert.
Das Absperrventil für das Kühlmittel wird vom Motorsteuer-
gerät angesteuert. es wird unter anderem im Audi A3 ’13 mit
Standheizung verbaut. es sperrt bei kaltem Motor, abhängig von
der einstellung an der Bedienungseinheit, den Kühlmitteldurch-
satz durch den Wärmetauscher der Heizung, um beispielsweise
das Aufheizen des Motors zu beschleunigen.
Ansteuerstrategie: Zum Warmlaufen des Motors wird der Dreh-
schieber 1 in die Position 160° gebracht. in dieser Stellung sind
an dem Drehschieber die Anschlüsse Motorölkühler und rücklauf-
Hauptwasserkühler verschlossen. Der Drehschieber 2 verschließt
den Anschluss zum Zylinderblock. Das Absperrventil für das Kühl-
mittel der Klimaanlage und das Kühlmittelventil des Getriebes
sind zunächst geschlossen. Die Pumpe für den Kühlmittelnachlauf
Bild: Audi

wird zudem nicht angesteuert. So ist keine Zirkulation des Kühl-


mittels durch den Zylinderblock möglich. Je nach Last und Dreh- Die Pumpe dient bei Fahrzeugen mit Motoren im Längseinbau als Umwälz-
zahl bleibt das Kühlmittel bis zu einer Temperatur von maximal pumpe für den Heizungswärmetauscher.
90 °c stehen.

Servicetechniker 123
Bild 18

Bild 19

Bild: Audi

Bild: Audi
Stellelement für den Minimalstrom. Es schützt den Zylinderkopf vor Überhit- Absperrventil für das Kühlmittel in Volllast-Stellung.
zung.

bermodul zur Kühlmittelpumpe. Der zweite Teilstrom fließt bei – 255°). Im Nachlaufbetrieb erfolgt ebenfalls eine Kühlmittel-
Bedarf über das Absperrventil für das Kühlmittel zum Heizungs- temperaturregelung. Bei maximaler Nachlaufanforderung (255°)
wärmetauscher. Die Pumpe für den Kühlmittelnachlauf wird und entsprechend niedriger Kühlmittelsolltemperatur wird der
dabei nur bei „Heizanforderung“ angesteuert. Das sich sehr Anschluss „Rücklauf-Hauptwasserkühler“ geöffnet. Der Anschluss
schnell aufheizende Kühlmittel minimiert die Reibung des Motors zum Zylinderblock ist dabei allerdings mittels Drehschieber 2
im Warmlauf. geschlossen. Zudem werden die Pumpe für den Kühlmittelnach-
Im weiteren Verlauf der Aufheizphase wird nun der Motoröl- lauf und das Absperrventil für das Kühlmittel aktiviert.
kühler hinzugeschaltet. Das Öffnen des Anschlusses vom Motor- Das Kühlmittel fließt nun in zwei Teilströmen: Der erste Teil-
ölkühler beginnt ab einer Stellung des Drehschiebers 1 von 120°. strom fließt über den Zylinderkopf zur Nachlaufpumpe und der
Parallel dazu öffnet sich auch der Drehschieber 2 immer weiter zweite über den Turbolader durch den Drehschieber und dann
und der Kühlmittelfluss durch den Zylinderblock wird größer. durch den Hauptwasserkühler zurück zur Pumpe für den Kühl-
Durch die gezielte Zuschaltung des Motorölkühlers wird das Mo- mittelnachlauf. Das Zylinderkurbelgehäuse wird in der Nachlauf-
toröl zusätzlich aufgeheizt. Nach einer ausreichenden Durchwär- stellung nicht durchströmt. Durch diese Funktion konnte die Zeit
mung des Verbrennungsmotors wird abschließend das Kühlmit- der Nachlauffunktion deutlich reduziert werden, ohne einen
telventil für das Getriebe geöffnet, um mit der überschüssigen übermäßigen Wärmeverlust zu erzeugen.
Wärme noch das Getriebeöl aufzuheizen. Das Zuschalten der Bei Ausfall des Drehwinkelsensors wird der Drehschieber voll
Funktion „Getriebeölheizen“ erfolgt bei einer Kühlmitteltempe- angesteuert (maximale Motorkühlung). Ist der DC-Motor defekt
ratur von 80 °C ohne Heizung bzw. 97 °C mit Heizung. oder der Drehschieber verklemmt, wird je nach Stellung des Dreh-
Bei geringen Drehzahlen und Lasten wird das Kühlmittel für schiebers eine Drehzahl- und Drehmomentbegrenzung aktiv.
eine minimale Motorreibung auf 107 °C eingeregelt. Mit stei- ◼ Im Kombiinstrument erfolgt zudem eine Meldung, dass die
gender Last und Drehzahl wird die Kühlmitteltemperatur dann Drehzahl auf 4.000 min-1 begrenzt ist, ein einmaliger Beep-
bis auf 85 °C abgesenkt. Hierzu wird der Drehschieber 1 zwischen Ton und die EPC-Lampe wird eingeschaltet.
85° und 0° entsprechend des Kühlbedarfs eingestellt. Bei ◼ Es erfolgt die Anzeige der realen Kühlmitteltemperatur im
0°-Drehschieberstellung ist der Anschluss „Rücklauf-Hauptwas- Kombiinstrument.
serkühler“ voll offen. ◼ Das Absperrventil für das Kühlmittel öffnet.
Um ein Sieden des Kühlmittels am Zylinderkopf und am Tur- ◼ Die Pumpe für den Kühlmittelnachlauf wird aktiviert, um die
bolader nach dem Abstellen des Motors und ein unnötiges Ab- Kühlung des Zylinderkopfs zu gewährleisten.
kühlen eines nur kurz abgeschalteten Motors zu vermeiden, wird Steigt die Temperatur im Drehschieber über 113 °C, öffnet ein
die Nachlauffunktion nach Kennfeldanforderung gestartet. Sie Dehnstoffthermostat einen Bypass zum Hauptwasserkühler, so-
ist nach dem Abstellen des Motors bis zu 15 Minuten aktiv. Da- dass Kühlmittel über den Hauptwasserkühler fließen kann. Da-
zu wird der Drehschieber in die „Nachlaufstellung“ gebracht (160 durch ist eine Weiterfahrt auch im Fehlerfall möglich.

124 kfz-betrieb
Motor- und Motormanagementsysteme

Auch Mercedes betreibt in seinen Motoren inzwischen ein sehr


aufwendiges Thermomanagement, zum Beispiel in seinem v8- Bild 20
Motor. Das vom Motorsteuergerät durchgeführte Wärmemanage-
ment regelt auch hier die Kühlmitteltemperatur des Motors. Die
Steuerung des Wärmemanagements ist abhängig von folgenden
Sensoren und Signalen:
◼ Temperaturfühler Ansaugluft
◼ Druck- und Temperatursensor Kraftstoff
◼ Temperaturfühler Kühlmittel
◼ Ansaugluft-Temperatursensor Saugrohr
◼ Druckgeber nach Stellglied Drosselklappe, Motorlast
◼ Geber Fahrpedal, Fahrpedalbetätigung
◼ Hall-Geber Kurbelwelle, Motordrehzahl
◼ Temperatursensor im Motorsteuergerät
◼ Steuergerät KLA, Status Klimaanlage und Außenlufttempe-
ratur über innenraum-cAN und Fahrwerk-cAN
◼ Steuergerät eSP, Fahrzeuggeschwindigkeit über Fahrwerk-
cAN

Aufheizphase

Bild: Mercedes
Während der Aufheizphase wird der Kühlmittelkreislauf in drei
Stufen geregelt: in der Stufe „stehendes Wasser im Motor“ wird
die Kühlmittelpumpenförderung durch ein geschlossenes Ther- Der Kühlmittelkreislauf der V8-Motoren von Mercedes:
mostat und ein geschlossenes Absperrventil im Heizungssystem 1 Kühler
2 Niedertemperaturkühler
gänzlich unterbunden. in der Stufe „Motorkreislauf ohne Fahr- 3 Kühlmittelpumpe
zeugkühler“ wird der Kühlkreislauf im Kurzschluss betrieben. 4 Ausgleichsbehälter
Dabei zirkuliert das Kühlmittel nur innerhalb des Motors. vor- und 5 Rechte Zylinderreihe
rücklaufleitung zum Kühler sind geschlossen. 6 Linke Zylinderreihe
7 Ladeluftkühler
in der Stufe „Kühlerkreislauf“ wird zur Begünstigung des 8 Abgasturbolader rechts
schnellen Aufheizens zunächst eine Kühlmitteltemperatur bis 9 Abgasturbolader links
105 °c (Standard) zugelassen. Überschreitet der Motor die B11/4 Temperaturfühler Kühlmittel
Schwellenwerte einiger eingangsgrößen, zum Beispiel von Dreh- M4/7 Elektrischer Sauglüfter Motor und Klima mit integrierter Regelung
M44 Umwälzpumpe Ladeluftkühler
zahl und Drehmoment, wird die Temperatur auf 90 °c bzw. 80 °c R48 Heizelement Zweitellerthermostat
im Austritt abgesenkt. Als Stellglied wird dabei eine beheizte S41 Schalter Kühlmittelstandskontrolle
Thermostatpatrone genutzt. Y16/2 Absperrventil Heizungssystem

Bild 21
Bild: Mercedes

Schaltstellungen des Zweitellerthermostats: C Mischbetrieb: Der Hauptteller öffnet ab 103°C (unbestromt) bzw. 80°C
1 Kühler, 2 Heizung, 3 Motor, 4 Bypass (bestromt).
A Volldrosselung: Bei kaltem Motor sind beide Teller geschlossen. D Kühlerbetrieb: Der Hauptteller ist voll geöffnet, der Bypass ist geschlos-
B Kurzschlussbetrieb: Der Bypass-Teller öffnet bei einer Druckdifferenz von sen.
> 0,7 bar.

Servicetechniker 125
und den Fahrwerk­CAN an das Motorsteuergerät. Der Lüftermo­
Abschalten der Heizungsanlage tor läuft bei „Zündung Aus“ bis zu fünf Minuten nach, wenn die
Kühlmitteltemperatur oder die Motoröltemperatur die vorgege­
Um die optimale Betriebstemperatur des Motors möglichst benen Höchstwerte überschritten hat. Das Tastverhältnis des
schnell zu erreichen, schaltet das Motorsteuergerät den Kühlmit­ PWM­Signals beträgt beim Lüfternachlauf maximal 40 Prozent.
telkreislauf der Heizungsanlage durch das Absperrventil des Fällt dabei die Batteriespannung zu sehr ab, wird der Lüfternach­
Heizungssystems ab. lauf unterdrückt.

Beheizen des Zweitellerthermostats Überhitzungsschutz

Die Temperatur des Kühlmittels im Motor kann durch das beheiz­ Der Überhitzungsschutz schützt bei thermischer Überlastung vor
bare Zweitellerthermostat variabel gesteuert werden (Bild 21). Motorschäden und vor Überhitzungsschäden an den Stirnwand­
Ein integriertes Heizelement stellt bedarfsgerecht die Thermostat­ katalysatoren. Bei zu hoher Kühlmittel­ bzw. Ansauglufttempe­
tellerpositionen ein. Dazu wird es vom Motorsteuergerät mit ei­ ratur wird das Wastegate, abhängig von Motordrehzahl und
nem Massesignal angesteuert. Motorlast, vom Motorsteuergerät nicht mehr voll geschlossen.
Zusätzlich kann auch das Stellglied Drosselklappe nicht mehr voll
geöffnet werden. Entsprechend der geringeren Luftmasse wird
Lüftersteuerung vom Motorsteuergerät die Einspritzzeit der Kraftstoffinjektoren
verkürzt. Zusätzlich steuert das Motorsteuergerät das Heizele­
Das Motorsteuergerät steuert den elektrischen Sauglüfter „Motor ment im Zweitellerthermostat an, damit dieser voll öffnet und
und Klima“ mit integrierter Regelung an. Dabei wird die Lüfter­ so das gesamte Kühlmittel über den Motorkühler gekühlt wird.
solldrehzahl über ein PWM­Signal vom Motorsteuergerät vorge­ Beim Vierzylindermotor (M 271 EVO) verwendet Mercedes
geben. Das Tastverhältnis beträgt 10 bis 90 Prozent. eine Kühlerjalousie, die den Kühlluftstrom durch den Kühler und
Dabei bedeuten zum Beispiel: durch den Motorraum steuert. Denn reduziert man den Anteil
◼ 10 Prozent: Lüftermotor „Aus“ der Kühlluftmenge, nehmen auch Luftwiderstand und Kraftstoff­
◼ 20 Prozent: Lüftermotor „Ein“, minimale Drehzahl verbrauch ab. Durch das geregelte Schließen der Kühlerjalousie
◼ 90 Prozent: Lüftermotor „Ein“, maximale Drehzahl über das Motorsteuergerät wird auch das Auskühlen des Motor­
Bei einer fehlerhaften Ansteuerung dreht der Lüftermotor mit raums reduziert. Gleichzeitig dämpft das Schließen der Kühler­
maximaler Drehzahl (Lüfternotlauf). Das Steuergerät Klimaanla­ jalousie das Außengeräusch des Motors erheblich.
ge überträgt den Status der Klimaanlage über den Innenraum­ Die Verstellung der Kühlerjalousie wird über eine Unterdruck­
dose als Verstellelement am Kühlergehäuse aktiviert. Das Mo­
torsteuergerät steuert das Verstellelement nach dem Motorstart
Bild 22 mit einem Massesignal an. Der vom Bremskraftverstärker kom­
mende Unterdruck wird in der Unterdruckdose aufgebaut und
schließt dabei die Kühlerjalousie über ein Gestänge. Wenn eine
Kühlmitteltemperatur von 106 °C erreicht ist, wird die Kühlerja­
lousie über eine Rückstellfeder wieder geöffnet. Bei 98 °C wird
sie über das Verstellelement erneut geschlossen.

Luftversorgung und Aufladung

Viel Aufwand betreiben die Autohersteller auch bei der Gestal­


tung des Ansaugtraktes mit der Turbo­Aufladung der Motoren.
Bei den 1.8­TFSI­Motoren des Volkswagen­Konzerns ist die Luft­
Bild: Mercedes

führung je nach Einbaulage (quer/längs) unterschiedlich im


Fahrzeug integriert (Bild 23 zeigt die Einbaulage der Komponen­
Die Kühlerjalousie steuert den Kühlluftstrom durch den Motorraum. ten bei Quereinbau).
1 Kühler Aufgrund der höheren Ladedrücke wurde das im Saugrohr
2 Kühlerlüfter integrierte Saugrohrklappensystem komplett überarbeitet. Eine
3 Kühlerjalousie
gekröpfte, einteilige Edelstahlwelle soll dabei eine maximale
4 Unterdruckleitung des Bremskraftverstärkers
5 Signalleitung des Motorsteuergeräts Torsionssteifigkeit für die wannenförmig ausgebildeten Klappen
6 Verstellelement für die Kühlerjalousie (diagnosefähig) im Einlasskanal garantieren. Die Motorregelung erkennt die Po­
sition der Klappen über das Signal eines Potenziometers an der

126 kfz-betrieb
Motor- und Motormanagementsysteme

Saugrohrklappe, das als berührungsloser Drehwinkelsensor ar-


beitet. Die Wannenklappen werden im geöffneten Zustand im Bild 23
Grundkörper verspannt, sodass die Anregungen durch den Luft-
strom minimiert werden. Die Welle wird mittels unterdruckge-
steuerter Dose vom Motorsteuergerät über das ventil für die
Saugrohrklappe elektropneumatisch geschaltet.
Den Abgasturbolader kennzeichnen folgende Merkmale:
◼ elektrischer Wastegate-Steller (Ladedrucksteller mit Positi-
onsgeber)
◼ eine Lambdasonde vor der Turbine
◼ kompaktes Stahlguss-Turbinengehäuse mit zweiflutigem ein-
tritt, das direkt am Zylinderkopf angeflanscht ist
◼ verdichtergehäuse mit integriertem Pulsationsschalldämpfer
und elektrischem Schubumluftventil
◼ temperaturbeständiges Turbinenrad, ausgelegt für Tempera-
turen bis 980 °c
◼ Lagergehäuse mit einheitsanschlüssen für Öl und Kühlmittel
◼ gefrästes verdichterrad für höhere Drehzahlfestigkeit und
bessere Akustik
volkswagen setzt zur Ladedruckregelung am Turbolader einen
elektrischen Wastegate-Steller ein. Diese Technik bietet gegen-
über den bisher eingesetzten Überdruckdosen folgende vorteile:
◼ schnelleres und präziseres Ansprechen
◼ kann unabhängig vom anliegenden Ladedruck angesteuert
werden
◼ Durch die höhere Zuhaltekraft wird das maximale Drehmo-
ment des Motors von 320 Nm bereits bei einer niedrigen
Motordrehzahl von 1.500 min-1 erreicht.
◼ Mit einer aktiven Öffnung des Wastegates in der Teillast
kann der Grundladedruck abgesenkt werden. Dies ermög-

Bild: Audi
licht eine verbrauchseinsparung von circa 1,2 g cO2/km im
MveG-Zyklus. Einbaulage der Komponenten der Luftführung beim 1,8-Liter-TFSI-Motor.
◼ Durch das aktive Öffnen des Wastegates während des Kata-
lysatorheizens ergibt sich eine um 10 °c höhere Abgastem- Bild 24
peratur vor Katalysator, was zu niedrigeren Kaltstartemissio-
nen führt.
◼ Aufgrund der hohen verstellgeschwindigkeit des elektri-
schen Wastegate-Stellers ist ein sofortiger Ladedruckabbau
bei negativen Lastwechseln (Schub) möglich, was sich insbe-
sondere im akustischen verhalten des Abgasturboladers po-
sitiv auswirkt.
Der gesamte Stellantrieb besteht aus folgenden Bauteilen:
◼ Gehäuse
◼ Dc-Motor
◼ Getriebe
◼ integrierter berührungsloser Lagesensor
◼ oberer und unterer mechanischer interner Anschlag im Ge-
triebe
◼ Spiel- und Toleranzausgleichselemente an der Schubstange
Der Dc-Motor bewegt mithilfe der Getriebeeinheit und der Schub-
Bild: volkswagen

stange die Wastegate-Klappe. Die Begrenzung der Bewegung


erfolgt im Falle des unteren mechanischen Anschlags durch den
externen Anschlag der Wastegate-Klappe in ihrem Sitz und im
Falle des oberen mechanischen Anschlags durch die interne Be- Aufbau des Turboladers in den 1,8-Liter-TFSI-Motoren von Volkswagen.
grenzung des Getriebes am Gehäuse.

Servicetechniker 127
Bild 25 Bild 26
Ladeluftstrecke im M271-Mercedes-Mo-
tor:
12 Ladeluftverteilerleitung
50 Abgasturbolader
50/1 Ladedruckregelklappe
(Wastegate)
50/3 Geräuschdämpfer
110/1 Luftfiltergehäuse
110/2 Ladeluftleitung
110/3 Ladeluftleitung zum Ladeluft-
kühler
110/4 Ladeluftkühler
110/5 Ladeluftleitung zum Drossel-
klappenansteller
B17/8 Temperatursensor Ladeluft
B28/6 Drucksensor vor Drosselklappe
B28/7 Drucksensor nach Drosselklappe
B28/15 Drucksensor vor Verdichterrad
M16/6 Drosselklappenansteller
Y31/5 Druckwandler Ladedruckrege-
Bild: VW

lung

Bild: Mercedes
Y101 Schubumluftventil
Anschlussplan des Wastegate-Stellers im VW-Turbolader.

Die Ansteuerfrequenz des DC-Motors erfolgt in einem Fre- ◼ Getriebe-Überlastschutz


quenzbereich von 1 kHz über das Motorsteuergerät. Die Schub- ◼ Überhitzungsschutz
stange ist in ihrer Länge verstellbar. Somit ist eine Einstellung Der Drucksensor vor der Drosselklappe misst den Luftdruck in
der Wastegate-Klappe nach einem Austausch des Stellers mög- der Ladeluftleitung. Der Drucksensor hinter der Drosselklappe
lich. misst den Luftdruck in der Ladeluftverteilerleitung. Der Druck-
Der Positionsgeber ist im Gehäusedeckel des Getriebes vom sensor vor dem Verdichterrad dient dem Steuergerät dazu, den
Ladedrucksteller verbaut. Im Gehäusedeckel befindet sich eben- Druck auf der Reinluftseite zu messen. So kann die Elektronik
falls ein Magnethalter mit zwei Dauermagneten. Der Magnet- einen Druckabfall, zum Beispiel durch eine Verschmutzung der
halter wird im Gehäusedeckel geführt und liegt auf dem Feder- Luftfilterpatrone, erkennen. Der Drucksensor vor dem Verdichter-
teller des Getriebes auf. Somit führt er die gleiche Bewegung wie rad sitzt in der Ladeluftleitung vor dem Abgasturbolader.
die Schubstange aus. Bewegt sich die Schubstange, werden die Der Abgasturbolader dreht durch die Massenträgheit von Wel-
Magneten am Hallsensor, welcher sich auch im Gehäusedeckel le, Verdichter- und Turbinenrad noch etwas nach, wenn der Mo-
befindet, vorbeigeführt und so der Istwert des Verstellwegs er- tor in den Schubbetrieb wechselt. Dadurch läuft bei schnellem
fasst. Der Verstellweg wird als analoges, lineares Spannungssig- Schließen des Drosselklappenanstellers eine Ladedruckwelle zu-
nal ausgegeben. rück zum Verdichter. Diese Ladedruckwelle verursacht am Ver-
Mercedes setzt bei seinem M-271-EVO-Motor ebenfalls einen dichterrad einen Zustand mit niedrigem Fördervolumen und
Abgasturbolader mit Ladeluftkühlung ein, um Leistung und Dreh- hohen Druckverhältnissen, was zum sogenannten „Turbolader-
moment zu steigern. Eine Aufladung mittels Kompressor, wie bei pfeifen“ (kurzer Heulton und mechanische Beanspruchung) führt.
älteren Mercedes-Motoren, entfällt. Um diese Ladedruckwelle zu verhindern, öffnet das Schubum-
Wie bei Volkswagen erfolgt die Ladedruckregelung über eine luftventil und baut den Druck in der Ansaugleitung schnell ab.
Ladedruckregelklappe (Wastegate). Die Druckdose der Ladedruck- Wenn das Motorsteuergerät den Übergang von Last- auf Schub-
regelklappe wird vom Druckwandler der Ladedruckregelung mit betrieb erkennt, steuert es das Schubumluftventil an. Daraufhin
Ladedruck angesteuert. öffnet das Schubumluftventil den Bypass am Verdichterrad, und
Den Druckwandler wiederum steuert Motorsteuergerät kenn- der Ladedruck wird abgebaut. Im Ladebetrieb schließt das Schu-
feld- und lastabhängig an. Dazu wertet das Steuergerät folgen- bumluftventil durch eine integrierte Feder.
de Sensoren und Funktionen aus:
◼ Temperatursensor Ladeluft
◼ Drucksensor vor Drosselklappe Ladeluftkühlung
◼ Drucksensor vor Verdichterrad
◼ Fahrpedalsensor: Lastanforderung des Fahrers Eine Ladeluftkühlung erhöht die Luftdichte im Zylinder und senkt
◼ Hallsensor Kurbelwelle: Motordrehzahl die Verbrennungstemperatur. Besonders effektiv sind hier indi-
◼ Klopfregelung rekte Ladeluftkühler, die nicht einfach nur mit Luft kühlen, son-

128 kfz-betrieb
Motor- und Motormanagementsysteme

Bild 27 Bild 28

Bild: Mercedes
Bild: Mercedes
Schema der Ladeluftkühlung beim M157-Motor von Mercedes:
Aufbau des Turboladers im M271-Motor: 1 Ladeluftkühler
50/1 Ladedruckregelklappe 2 Niedertemperaturkühler
50/2 Unterdruckdose Ladedruckregelklappe 3 Ausgleichsbehälter
50/3 Geräuschdämpfer 4 Entlüftungsleitung
Y101 Umschaltventil Schubumluft M44 Umwälzpumpe Ladeluftkühler
A Vorlaufleitung Kühlmittel
B Rücklaufleitung Kühlmittel
C Vorlaufleitung Motoröl
Bild 29 Bild 30
D Rücklaufleitung Motoröl

dern mit einem Kühlmittel. Die Ladeluft-Abwärme wird zuerst


auf das Kühlmittel übertragen und danach in einen Niedertem-
peratur-Kühlmittelkühler an die Umgebungsluft abgeführt. Die
Foto: Behr Hella Service

Foto: Behr Hella Service


verbesserte Ladeluft-Abkühlung senkt die verbrennungsbeding-
ten Stickoxid-emissionen deutlich. vor allem aber kann die An-
saugluft situationsbedingt temperiert werden, wodurch sich die
Motorbetriebstemperatur besser regulieren lässt. Der höhere
Luftladedruck, die höhere Luftdichte und die sinkende Ansaug- Solche Schäden am Verdichterrad des Verbleiben nach dem Tausch eines de-
Turboladers treten auf, wenn Fremdkör- fekten Turboladers Späne im Ladeluft-
temperatur steigern die Motorleistung – alles hilfreiche Faktoren per in das Verdichtergehäuse eindrin- kühler, können diese zu Motorschäden
für ein „Downsizing“ der Motoren sowie für die reduktion des gen. führen.
Kraftstoffverbrauchs und damit der emissionen.
Die Ladeluftkühlung der M157-Motoren von Mercedes hält
die Ladelufttemperatur beispielsweise unter 70 °c. Beide Zylin-
derreihen des v8-Biturbo-Motors besitzen einen gemeinsamen Metallspäne im Ladeluftkühler ansammeln und so durch ver-
Wasser-/Ladeluftkühler, der an den Niedertemperatur-Kühlkreis- schmutzung oder Blockade die Motorleistung mindern. viel gra-
lauf mit Niedertemperaturkühler und Umwälzpumpe für den vierender ist jedoch der Fall, wenn sich die im Ladeluftkühler
Ladeluftkühler angeschlossen ist. Wenn die Ladelufttemperatur verbliebenen Metallspäne lösen und in den verbrennungsraum
mehr als 45 °c beträgt, wird die Umwälzpumpe am Ladeluft- des Motors gelangen. Die Folge können zum Teil erhebliche Mo-
kühler vom Motorsteuergerät über das „relais Umwälzpumpe“ torschäden sein.
angesteuert. Sinkt die Ladelufttemperatur unter 40 °c ab, wird Das Spülen des Ladeluftkühlers stellt laut der experten von
die Umwälzpumpe am Ladeluftkühler wieder abgeschaltet. Die Behr Hella Service verglichen mit dem Austausch jedoch keine
Ladelufttemperatur wird im Ladeluftverteiler vom Temperatur- sichere Alternative dar. Denn es könne nicht vollständig gewähr-
fühler für die Ansaugluft erfasst und dem Motorsteuergerät über leistet werden, dass durch den Spülvorgang alle Späne entfernt
ein Spannungssignal mitgeteilt. werden. Zudem lassen sich beispielsweise Ladeluftkühler mit
Nach einem mechanischen Schaden des Turboladers genügt Turbulenzeinlagen konstruktionsbedingt nicht spülen oder reini-
es nicht, nur diesen zu ersetzen. Auch ein Austausch des Lade- gen. Spülen ist lediglich eine probate Methode, um geringfügige
luftkühlers wird nach Angaben von Behr Hella Service erforder- Mengen an Öl, die sich im Ladeluftkühler angesammelt haben,
lich. Denn im Fall eines Turboladerschadens können sich Öl und zu entfernen. Georg Selgrad

Servicetechniker 129
Weiterbildung

Servicetechniker
technik von Profis für Profis

Motor- und MotorManageMentsysteMe


bordnetz, vernetzung, kommunikation
fahrzeug und komfort
navigation, unterhaltung, infotainment
fahrzeug und sicherheit
fahrzeug, reifen, fahrWerk
kraftstoffe und antriebe
instandsetzung und diagnose
sensoren, aktoren
motor, abgase und umWeltProblematik
antriebsstrang
fahrzeugsysteme/mechatronik

904/2014 www.kfz-betrieb.de 130


Motor- und Motormanagementsysteme

Motordiagnose – Teil 2

Viele Disziplinen beherrschen


Fehlersuche in Motorsteuerung und -regelung von Benzin-Direkteinspritzern

BilD 1

Bild: Audi
Audi kombiniert bei seinen 1,8-Liter-TFSI-Motoren
die Direkt- mit der Saugrohreinspritzung.

immer mehr aufwändige Technik lässt Benzinmotoren inzwischen Die falsche Schadensdiagnose und mangelnde Sorgfalt beim
fast so sparsam werden wie die Dieselaggregate. Die Hersteller einbau sind verbreitete Fehler, denen beispielsweise Turbolader-
setzen mittlerweile durchweg Turbolader ein, Audi kombiniert spezialisten wie die Kölner Firma Motair in ihrem Arbeitsalltag
sogar zusätzlich die Direkt- mit der Saugrohreinspritzung. Dazu immer wieder begegnen.
kommen Zylinderabschaltung und, wie in Teil 1 dieses Beitrags Deshalb empfiehlt das Unternehmen, bei Arbeiten am Turbo-
beschrieben, ein ausgefeiltes Thermomanagement. Außerdem lader das gesamte Umfeld zu untersuchen. ein Turbolader selbst
kann auch das Soundsystem bei einigen Autos die Motordiag- besteht bekanntlich im Wesentlichen aus dem Turbinengehäuse,
nose beeinflussen. der rumpfgruppe, die vor allem als Lagerung für die Laderwelle
dient, und dem verdichtergehäuse.

Die turbodiagnose
inhalt
Der Turbolader ist eine der am höchsten belasteten Baugruppen
Fehlersuche in Benzin-Direkteinspritzern
im Motor. Seine Welle dreht sich mit mehreren Hunderttausend
Umdrehungen pro Minute; das Abgas, das ihn antreibt, ist bei  Direkteinspritzung bei Mercedes 133
Ottomotoren über 1.000 °c heiß. Trotzdem ist der Leistungsspen-
 Schaltbare Kolbenkühldüsen 136
der kein verschleißteil. Geht er kaputt, hat das fast immer mit
Schäden in der Motorperipherie oder mit falscher Handhabung  Variable Ventilsteuerung 137
durch den Fahrer zu tun.  Zylinderabschaltung 139
Allerdings es gibt noch einen Grund dafür, dass manch ein  Aktive Geräuschunterdrückung 142
Turbo das Zeitliche segnet: nachlässige Arbeit in der Werkstatt.

Servicetechniker 131
experten von Garret folgende Punkte prüfen, um auszuschließen,
Bild 2 dass eine vermeintliche Turbo-Fehlfunktion keine andere Ursache
hat.

Bei Leistungsverlust
◼ Sind Filter, Schläuche und Rohrleitungen frei und unbeschä-
digt?
◼ Ist das Einspritzsystem korrekt eingestellt und hat es keine
Beschädigungen?

Bild: Bosch
◼ Ist die Abgasanlage einschließlich Katalysator nicht ver-
stopft und weist sie keine Beschädigungen auf?
Ein Turbolader besteht im Wesentlichen aus Turbinengehäuse mit
Turbinenrad, Rumpfgruppe mit Laderwelle und Verdichtergehäuse
mit Verdichterrad. Bei erheblicher Geräuschentwicklung
◼ Sitzen alle Rohre, Halterungen und Verbindungen des Ab-
gassystems fest und sind sie unbeschädigt?
Die Zahl der Bauteile und Baugruppen, mit denen er zusam- ◼ Ist der Ladeluftkühler frei von Rissen und Undichtigkeiten?
menarbeitet, ist jedoch viel größer. Dazu gehören das Ansaug-
system vom Luftfilter bis zum Verdichter, der Ladeluftkühler, die Bei übermäßiger Rauchentwicklung oder er-
Ölversorgung, das Abgassystem und die Motorsteuerung inklu- höhtem Ölverbrauch
sive Einspritzanlage. Jedes dieser Systeme kann den Lader be- ◼ Prüfen, ob der Luftfilter verstopft ist
schädigen, wenn es fehlerhaft arbeitet. ◼ Prüfen, ob das Motoröl den Herstellerspezifikationen ent-
Viele Störungen gehen auf Probleme mit der Ölversorgung spricht
zurück. Das Öl erfüllt gleich zwei wichtige Aufgaben: Es schmiert ◼ Prüfen, ob das Ölablaufrohr sauber und frei von Verstopfun-
die Gleitlager – zwei Radial- und ein Axiallager – und führt die gen ist
Hitze aus dem Ladergehäuse ab. Ölmangel, Fremdkörper oder ◼ Prüfen, ob der Druck im Kurbelgehäuse stimmt und ob das
Wasser im Öl können verheerende Folgen haben. Diagnostiziert Motorentlüftungssystem einwandfrei funktioniert
die Werkstatt also einen Lagerschaden im Ladergehäuse, sollte ◼ Prüfen, ob Schläuche, Anschlüsse und Verbindungen in ein-
sie unbedingt das Ölsystem kontrollieren. wandfreiem Zustand sind.
Ein erneuter Schaden am Lader ist zudem vorprogrammiert, ◼ Prüfen, ob sich in den Auspuffkrümmern oder im Turbinen-
wenn ein Mechaniker vergisst, den Lader nach dem Einbau mit einlass Ölkohleablagerungen befinden, die auf einen Defekt
Öl zu befüllen. Deshalb legen Motair und andere Lieferanten des Motorschmiersystems hindeuten.
ihren Ersatzteilkits kleine Ölgebinde bei, die die exakte Menge
für die Erstbefüllung des Neuteils enthalten. Die Kits umfassen
alle Schrauben und Dichtungen, die bei einem Turboladerwech- Die Gemischbildung
sel erneuert werden müssen. Das soll verhindern, dass die Werk-
statt auf Hilfsmittel wie Dichtpaste zurückgreift und damit unter Moderne Benzin-Direkteinspritzer nähern sich nicht nur in ihrem
Umständen die Ölzuführung verstopft. Verbrauch immer mehr den Dieselmotoren an, sie stoßen leider
Fast noch schlimmer als Fremdkörper im Öl sind welche im auch – wie ihre Dieselbrüder – feine Rußpartikel aus. Zwar ist
Ansaugtrakt, denn sie können das empfindliche Verdichterrad die Partikelmasse geringer als bei den Selbstzündern, die Parti-
beschädigen. Wer beispielsweise den Luftfilter wechselt, muss kelzahl ist jedoch erheblich größer.
unbedingt auf Sauberkeit achten. Dass er keine Stahlteile wie Um diesem Problem zu begegnen, setzt Audi beispielsweise
Schrauben oder Muttern vergisst, dürfte klar sein – doch selbst bei seinen 1,8-Liter-TFSI-Motoren ein duales Einspritzsystem aus
Gewebeteile vom Luftfilter oder Gummipartikel von einer defek- Direkt- (FSI) und Saugrohreinspritzung (MPI) ein. Durch einen
ten Dichtung können schon die fragilen, aus Aluminium gegos- zudem von 150 auf 200 bar angehobenen Systemdruck halten
senen Leitschaufeln verbiegen oder abbrechen. die Motoren laut Hersteller die Euro-6-Grenzwerte für Partikel-
Arbeiten bei einem Dieselmotor die Einspritzung oder die Ab- masse und -anzahl ein. Die Saugrohreinspritzung soll darüber
gasrückführung fehlerhaft, enthält das Abgas oft große Mengen hinaus vor allem im Teillastbereich den Verbrauch senken.
Ruß. Dieser lagert sich im Gehäuse ab oder legt die komplizierte Ob der Motor im MPI oder FSI-Betrieb läuft, berechnet die
Mechanik der verstellbaren Turbinengeometrie lahm. Ist der La- Motorregelung über das Kennfeld. Um geringste Rußemissionen,
der also voller Ruß: Einspritzanlage und Steuergerät prüfen! Eine geringe Ölverdünnung und geringe Klopfneigung zu erreichen,
weitere Ausfallursache sind Hitzeschäden am Gehäuse, die durch sind Anzahl und Art der Einspritzungen thermodynamisch opti-
zu hohe Drehzahlen und Ladedrücke entstehen. Grund dafür ist miert. Sie verändern die Gemischbildung. Hierbei müssen Zeit-
oft eine übertriebene oder unprofessionelle Leistungssteigerung punkte und Dauer der Einspritzungen entsprechend angepasst
durch Chiptuning. Bevor sich eine Werkstatt aber an den Aus- werden. Im größtmöglichen Betriebsbereich wird Lambda 1 an-
tausch eines Turboladers macht, sollte sie laut den Turbolader- gestrebt. Dies ist durch den Einsatz eines integrierten Abgas-

132 kfz-betrieb
Motor- und Motormanagementsysteme

krümmers möglich. Bei kaltem Motor (Kühlmittel unter 45 °c )


und niedriger Öltemperatur läuft das Aggregat immer mit Di- Bild 3
rekteinspritzung. ebenso verwendet die regelung bei jedem
Motorstart die Direkteinspritzung. Damit bei einem langen MPi-
Betrieb der Kraftstoff in den Hochdruckeinspritzventilen nicht
verkoken kann, gibt es zusätzlich eine Spülfunktion, bei der kurz-
zeitig der FSi-Betrieb aktiviert wird.
Die versorgung des MPi-Systems erfolgt über einen Spülan-
schluss der Hochdruckpumpe. Dadurch wird die Hochdruckpum-
pe während des MPi-Betriebs automatisch weiter mit Kraftstoff
durchspült und damit gekühlt. Zur Minimierung von Pulsationen,
welche die Hochdruckpumpe in das rail einleitet, ist im Spülan-
schluss der Pumpe eine Drossel integriert. Das MPi-System verfügt
über einen eigenen Drucksensor, den „Kraftstoffdruckgeber für
Niederdruck“. Die bedarfsgerechte Druckversorgung erfolgt von
der Kraftstoffpumpe im Kraftstofftank, die vom Kraftstoffpum-
pensteuergerät über das Motorsteuergerät angesteuert wird.
Das MPi-rail ist aus Kunststoff gefertigt. Die MPi-ventile sind
in das Kunststoffsaugrohr eingebaut und hinsichtlich Strahlaus-
richtung optimal angeordnet. Für den Systemdruck von bis zu
200 bar wurden alle Teile im Hochdruckbereich neu angepasst.
Dabei wurden die einspritzventile über Stahlfederscheiben akus-
tisch vom Zylinderkopf entkoppelt. ebenfalls wurde das Hoch-
druckrail vom Saugrohr entkoppelt und mit dem Zylinderkopf

Bild: Audi
verschraubt. Die Position der Hochdruck-einspritzventile wurde
leicht zurückgezogen. Damit verbessert sich die Gemischhomo-
genisierung, und die Temperaturbelastung der ventile wurde Kennfeld mit den unterschiedlichen Einspritzarten des 1,8-Liter-TFSI-Motors.
reduziert. Um zukünftig ein gleiches regelkonzept für alle Mo-
toren zu haben, wurde dieses nochmals umgestellt. Beim regel-
konzept gilt die Faustregel: Bei abgezogenem Stecker vom re- System die Notlauffunktion. Somit ist gewährleistet, dass das
gelventil für den Kraftstoffdruck erfolgt kein Druckaufbau mehr Fahrzeug fahrbar bleibt.
im Hochdruckbereich. Das Ansteuersignal von einem Hochdruckeinspritzventil
Beim Start des Motors erfolgt eine dreifache Direkteinspritzung (HDev) kann man in der Werkstatt mit einem Oszilloskop sicht-
in den Kompressionstakt. Beim Warmlauf und um den Katalysa- bar machen. Die blaue, mit einem FSA von Bosch aufgezeichne-
tor auf Betriebstemperatur zu bringen, arbeitet der Motor mit te Signallinie in Bild 6 zeigt den möglichen Spannungsverlauf,
einer zweifachen Direkteinspritzung in den Ansaug- und Kom- die rote Signallinie den Stromverlauf. Unschwer zu erkennen ist,
pressionstakt. Dabei werden der Zündzeitpunkt etwas in richtung dass zur Plausibilisierung von ti eine Spannungsmessung allein
spät verschoben und die Saugrohrklappen geschlossen. nicht mehr ausreicht. Die Problematik im Service dürfte in der
ist der Motor warm (>45 °c), schaltet das Steuergerät bei Beurteilung des Signalverlaufs liegen, wenn der Stromkreis un-
Teillast auf MPi-Betrieb um. im Teillastbereich werden auch die terbrochen ist.
Saugrohrklappen geschlossen. Allerdings erfolgt das nicht unbe-
dingt gleichzeitig mit dem Umschalten auf MPi-Betrieb, sondern
ist abhängig von den Parametern im Kennfeld. Direkteinspritzung bei Mercedes

Verbrauchsvorteil Mecedes-AMG setzt bei seinem 5,5-Liter-v8-Biturbomotor (M


Bei warmem Motor erzielt die Audi-Technik nach Herstelleran- 157) eine Direkteinspritzung der dritten Generation (strahlge-
gaben durch eine Gemischvorlagerung ein sehr homogenes Ge- führt) ein. es handelt sich dabei um eine rücklauffreie Hochdruck-
misch. es steht also mehr Zeit zur verfügung, um das Gemisch versorgung mit zwei separaten rails. Die Hochdruckversorgung
zu bilden. Das führt zu einer schnellen verbrennung mit gutem erfolgt über zwei Hochdruckpumpen, die am hinteren ende der
Wirkungsgrad und verhindert die rußbildung. Außerdem muss rechten einlassnockenwelle angeordnet sind und über vier No-
keine Leistung in den Antrieb der Hochdruckpumpe gesteckt cken betätigt werden. Der regelbare, von der Betriebsart abhän-
werden. gige versorgungsdruck liegt zwischen 100 und 200 bar. Die
Bei höherer Last erfolgt eine zweifache Direkteinspritzung: Hochdruckinjektoren mit Piezo-Aktuatoren sind in der Lage, bis
eine in den Ansaugtakt und eine in den Kompressionstakt. Soll- zu fünf sehr präzise einspritzungen je Arbeitsspiel pro Zylinder
te eines der beiden Systeme ausfallen, übernimmt das andere abzusetzen.

Servicetechniker 133
Bild 4 Bild 6

Bild: Selgrad
Spannungs- (blau) und Stromverlauf (rot) an einem Hochdruckeinspritzventil.

lauf ist hochdruckseitig mit einem O-Ring an der Rail abgedich-


tet. Ein weiterer O-Ring dichtet im Kraftstoffinjektor die Leckage-
leitung ab. Die Abdichtung des Kraftstoffinjektors zum Zylinder-
kopf erfolgt über einen Teflonring.
Die Injektoren schalten extrem schnell und können selbst
kleinste Kraftstoffmengen einspritzen. Auch bei hohem Kraft-
stoffdruck bildet die nach außen öffnende Düse laut Hersteller
einen unter allen Betriebsbedingungen stabilen Hohlkegelstrahl
Bild: Audi

aus.
Systemübersicht über die Audi-Doppeleinspritzanlage.
Die Betriebsspannung von 125 bis 160 V für die Kraftstoffin-
jektoren erzeugt das Motorsteuergerät, das die Kraftstoffinjek-
toren mit einem Massesignal ansteuert. Der Hub der Düsennadel
beträgt dabei lediglich 35 Mikrometer. Das Piezo-Aktormodul
Bild 5 stellt für das Motorsteuergerät eine kapazitive Last dar. Beim
Öffnen fließt für wenige Mikrosekunden ein Strom von rund acht
Ampere. Zum Öffnen und Schließen wird die Polarität vom
Motorsteuergerät umgekehrt.
Parallel zum Piezo-Aktormodul ist ein Entladewiderstand mit
220 kΩ angeordnet. Dieser Wert ist an den elektrischen Anschlüs-
sen der Kraftstoffinjektoren messbar. Von jedem Injektor führen
zwei Leitungen direkt zum Motorsteuergerät. Strom- und Span-
nungsmessungen an diesen Leitungen darf man nur mit einer
Bild: Audi

Messzange (potenzialfrei) durchführen.


Eine Verpolung der Leitungen vom Injektor zum Motorsteuer-
gerät führt zu einer Beschädigung des Injektors! Haben die Lei-
tungen dagegen einen Kurzschluss nach Masse, wird das Motor-
Einbaulage der Komponenten der Audi-Doppeleinspritzanlage. steuergerät beschädigt!
Bei jedem Ausbau muss man beide Enden eines Injektors mit
sauberen Schutzkappen versehen, da jede Berührung des im
Die Kraftstoffinjektoren spritzen zu einem bestimmten Zeit- Brennraum eingebauten Injektortips mit anderen Bauteilen zu
punkt eine berechnete Kraftstoffmenge fein zerstäubt in den Beschädigungen führen kann. Nach einer Demontage der Injek-
Brennraum des jeweiligen Zylinders. Im Kraftstoffinjektor sorgt toren müssen beim Einbau alle Dichtungen am Injektor und in
ein Kopplermodul dafür, dass das Düsenmodul und das Piezo- der Rail sowie die Niederhaltefedern erneuert werden. Für die
Aktormodul in Längsrichtung spielfrei sind. Die Kraftstoffinjek- Montage und Demontage der Kraftstoffinjektoren gibt es ein
toren sind ohne Kraftstoffrücklauf ausgeführt. Der Kraftstoffzu- spezielles Sonderwerkzeug. Keinen Schlagabzieher verwenden,

134 kfz-betrieb
Motor- und Motormanagementsysteme

da das rail beim M 157 gelötet ist! Das Umfeld der zu öffnenden
Kraftstoffleitung muss außerdem gründlich gereinigt werden, da Bild 7
Schmutz im einspritzsystem zu einem Ausfall führen kann.
Die Kraftstoffpumpe wird eingeschaltet, wenn das Steuergerät
für die Kraftstoffpumpe das Signal „Kraftstoffpumpe ein“ emp-
fängt. Dieses Signal sendet das Motorsteuergerät redundant als
cAN-Signal über den Antriebs-cAN und als Massesignal. Das
Steuergerät der Kraftstoffpumpe erfasst dann den aktuellen
Kraftstoffdruck durch ein Spannungssignal vom Kraftstoff-Druck-
geber. Zusätzlich erhält das Steuergerät der Kraftstoffpumpe das
cAN-Signal „Kraftstoff-Solldruck“ vom Motorsteuergerät.
Nach dem Abgleich des aktuellen Kraftstoffdrucks mit dem
Kraftstoff-Solldruck steuert die elektronik die Kraftstoffpumpe
mit einem pulsweitenmodulierten Signal (PWM-Signal) so an,
dass der istwert dem Sollwert entspricht. Je nach Kraftstoffbedarf
wird so der Kraftstoffdruck variabel von 4,5 bis 6,7 bar geregelt.

Bild: Daimler AG
Die Kraftstoffpumpe saugt den Kraftstoff aus dem Kraftstoff-
fördermodul und pumpt ihn durch einen Filter zu den beiden
Hochdruckpumpen. Das Überströmventil im Kraftstofffilter öffnet
bei einem Druck von 7 bis 9 bar. vor dem Filter wird über ein Einspritzanlage des 5,5-Liter-V8-Biturbomotors von Mercedes.

T-Stück Kraftstoff entnommen, der die Saugstrahlpumpe mit 20


bis 40 l/h antreibt. Diese Saugstrahlpumpe fördert den Kraftstoff Bild 8
von der linken in die rechte Tankkammer. Aus dieser wird der
Kraftstoff dann von der Pumpe zu den rails gefördert. im Filter-
zulauf sitzt ein rückschlagventil, das den Abbau des Kraftstoff-
druckes nach dem Abstellen der Kraftstoffpumpe verhindert.
Das Kraftstoff-Hochdrucksystem erzeugt den für die strahlge-
führte Direkteinspritzung erforderlichen Kraftstoff-Hochdruck,
regelt ihn und hält ihn in den rails. Für die regelung des Kraft-
stoff-Hochdrucks liest das Steuergerät die Signale des Kraftstoff-
druck- und temperatursensors ein.
Der Kraftstoff aus dem Tank strömt vom Niederdruck-Kraft-
stoffverteiler zur Hochdruckpumpe. Diese erhöht den Kraftstoff-
druck (je nach Betriebszustand) bis auf 200 bar und leitet ihn

Bild: Daimler AG
über die Hochdruckleitung und die rails zu den Kraftstoffinjek-
toren. Die Kraftstoffinjektoren werden je Zylinderreihe direkt aus
der jeweiligen rail mit Kraftstoff versorgt. An den rails befinden
sich keine rückläufe. Einbaulage und Aufbau des Piezo-Injektors im M157-Motor von Mercedes.
An jeder Hochdruckpumpe befindet sich ein Mengenregelven-
til, das je nach Kraftstoffsolldruck die Menge des Kraftstoffs Bild 9
Bild: Daimler AG

regelt, die dem Pumpenelement zugeführt wird. Der Kraftstoff-


druck- und temperatursensor erfasst den aktuellen Kraftstoff-
Hochdruck (raildruck) und die Kraftstofftemperatur im rechten
rail. Der Betriebsdruck variiert abhängig von Last und Drehzahl
zwischen 100 und 200 bar. Bei Stillstand des Fahrzeugs und der
Wählhebelstellung „N“ oder „P” wird der Druck bis auf 100 bar
abgesenkt, um die Geräuschemissionen der Hochdruckpumpen
zu reduzieren.
Wird das Fahrzeug mit heißem Motor abgestellt, kann der
Kraftstoffdruck auf bis zu 250 bar im Hochdruckkreislauf anstei-
gen. erreicht das System diese Schwelle, öffnet ein ventil in der Kraftstoff-Hochdruckpumpe des Mercedes-
M157-Motors.
Hochdruckpumpe, und der Druck wird abgebaut. Der minimale 1 Mengenregelventil
Kraftstoffdruck im Leerlauf beträgt 100 bar. er steigt mit der 2 Anschlussstutzen Hochdruck
Motorlast bis zum maximalen Kraftstoffdruck. Der maximale 3 Anschlussstutzen Niederdruck
Kraftstoffdruck beträgt, wie beschrieben, 200 bar. er wird ab

Servicetechniker 135
Bild 10 zeigt einen typischen Spannungs- und Stromverlauf
Bild 10 an einem Mengenregelventil. Gut zu erkennen ist die Codierung
mit PWM, um die Stromaufnahme zu begrenzen. Das Plausibili-
sieren der Messgrößen erfolgt mit der Eigendiagnose. Ob die
Ansteuerung richtig ist, erkennt man über den Soll-Ist-Vergleich
des erkannten Kraftstoffdrucks im Rail durch das Motorsteuer-
gerät – vorausgesetzt, der erkannte Druck entspricht der Realität,
sprich die Drucksensierung ist in Ordnung.

Stopp-Start-Funktion
Der Motor M 157 ist mit einer anlasserunterstützten, innermo-
torischen Direktstartfunktion ausgestattet. Diese bildet gemein-
sam mit der Motor-Stopp-Funktion eine Stopp-Start-Automatik.
Der Direktstart nutzt die Tatsache, dass bei den Piezo-Kraftstoffin-
jektoren, gekoppelt mit dem richtigen Zeitpunkt der Einspritzung,
der erste Verdichtungshub eines Zylinders schon für eine kon-
trollierte Verbrennung genutzt werden kann. Um nach dem Di-
Foto: Selgrad rektstart des Verbrennungsmotors umgehend losfahren zu kön-
nen, muss beim Motorstillstand und beim Motorneustart die
Ölversorgung der Getriebehydraulik gewährleistet sein. So lässt
Spannungs- (blau) und Stromverlauf (rot) vom Ansteuersignal eines Mengenregelventils. sich ein Zeitverlust zwischen Anfahrwunsch und Anfahrzeitpunkt
vermeiden, den eine verzögerte Ölversorgung zur Folge hätte.
Daher übernimmt beim Abstellen des Verbrennungsmotors und
dem mittleren Lastbereich bis zum Volllastbereich erreicht. Zur dadurch stillstehender interner Getriebepumpe die elektrische
Raildruckregelung steuert das Motorsteuergerät das Mengenre- Zusatz-Getriebeölpumpe die Ölversorgung der Getriebesteuerung.
gelventil so lange mit einem PWM-Signal an, bis sich der Solldruck Beim Motor M 157 ist die Stopp-Start-Funktion stets mit dem
im Rail einstellt. Bei der Regelung des Kraftstoff-Hochdrucksys- AMG Speedshift MCT 7-Gang Sportgetriebe verbunden. Die Ver-
tems unterscheidet man folgende vier Betriebszustände: fügbarkeit der Stopp-Start-Funktion wird dem Fahrer mit einem
◼ Starten grünen ECO-Symbol im Kombiinstrument signalisiert. Bei stehen-
◼ Normalbetrieb dem Fahrzeug schaltet die Stopp-Start-Funktion den Motor au-
◼ Niederdruck-Notlauf tomatisch ab und startet ihn wieder, sobald der Fahrer anfahren
◼ Abstellen möchte. Das konventionelle Abschalten und Starten des Motors
mit dem Senderschlüssel oder über die Stopp-Start-Taste ist wei-
Starten terhin möglich.
Das Mengenregelventil ist bestromt und geschlossen, dadurch Eine 12-Ah-Zusatzbatterie puffert den Spannungsabfall wäh-
werden eine Vollförderung der Hochdruckpumpe und ein schnel- rend eines Motorstarts. Die Zusatzbatterie übernimmt dabei die
ler Druckaufbau gewährleistet. Der Kraftstoffpumpendruck be- Spannungsversorgung aller aktiven Verbraucher, während die
trägt 4,5 bis 6,7 bar. Bordnetzbatterie vom Bordnetz entkoppelt ist und ausschließlich
für den Starter zur Verfügung steht. Unmittelbar nach dem Kalt-
Normalbetrieb start des Motors führt das Motorsteuergerät eine Systemdiagno-
Das Mengenregelventil regelt den Kraftstoffdruck im Rail über se durch und bewertet die Funktionsfähigkeit der Stopp-Start-
das Tastverhältnis. Der Kraftstoffpumpendruck wird abhängig Funktion.
von der Motordrehzahl und der Kraftstofftemperatur zwischen
4,5 und 6,7 bar (absolut) geregelt.
Schaltbare Kolbenkühldüsen
Niederdruck-Notlauf (Hochdruck wird nicht erreicht)
◼ Mengenregelventil ist unbestromt und damit geöffnet Um den Verbrauch der Motoren zu verringern, nutzen die Ent-
◼ Kraftstoffpumpendruck ca. 4,5 bis 6,7 bar, Kraftstoff strömt wickler inzwischen jede noch so kleine Stellschraube. Neue Be-
über das offene Mengenregelventil in die Rails schichtungen reduzieren die innere Reibung, und nicht in jeder
◼ Ansteuerung der Kraftstoffinjektoren verlängert Betriebssituation des Motors müssen die Kolbenböden durch
◼ Leistungsreduzierung, max. Geschwindigkeit ca. 70 km/h Spritzöl gekühlt werden. Denn ohne die Spritzölkühlung muss
die Ölpumpe weniger Öl fördern, wodurch sich wiederum Kraft-
Abstellen stoff sparen lässt. Ein weiterer Grund dafür, federbelastete Kol-
Das Mengenregelventil ist unbestromt und geöffnet und die benkühldüsen durch schaltbare zu ersetzen, ist, dass das Öldruck-
Kraftstoffpumpe wird nicht angesteuert. niveau insgesamt niedriger ausfallen kann. Audi setzt eine solche

136 kfz-betrieb
Motor- und Motormanagementsysteme

geregelte Kolbenkühlung zum Beispiel bei seinen 1,8-Liter-TFSi-


Motoren ein. Bild 11
Das System der schaltbaren Kolbenkühldüsen beinhaltet fol-
gende Komponenten:
◼ Zusätzlicher Druckölkanal im Zylinderblock
◼ Kolbenkühldüsen ohne Federventile
◼ Öldruckschalter, Stufe 3 (schließt bei 0,3-0,6 bar)
◼ Steuerventil für Kolbenkühldüsen
◼ Mechanisches Schaltventil
Die Kolbenkühldüsen werden nur nach Bedarf zugeschaltet.
Die Berechnung dazu findet in einem speziellen Kennfeld im
Motorsteuergerät statt (Bild 11). Die Kolbenkühldüsen können
sowohl in der niedrigen als auch in der hohen Druckstufe zuge-
schaltet werden. Die wichtigsten Berechnungsfaktoren dazu sind:
◼ Motorlast

Bild: Audi
◼ Motordrehzahl
◼ errechnete Öltemperatur Kennfeld für die Zuschaltung der Kolbenkühldüsen.

kolbenkühldüsen eingeschaltet Bild 12

Bild: Audi
Das einschalten der Kolbenkühldüsen erfolgt, indem das Steu-
erventil stromlos geschaltet wird (Bild 12). Dadurch verschließt
sich der Steuerkanal zum mechanischen Schaltventil. Da jetzt das
Schaltventil nur auf einer Seite mit Öldruck beaufschlagt wird,
verschiebt es sich und öffnet den Kanal zur Ölgalerie der Kolben-
kühldüsen. Dabei wird die Feder im Schaltventil vorgespannt.
Die Federkraft im Schaltventil lässt die Öffnung der Ölgalerie zu
den Kolbenkühldüsen ab 0,9 bar Öldruck zu.
Damit das Schaltventil nach Abschalten des Steuerventils oh-
ne verzögerung in seine Ausgangslage kommt, muss das Öl vom
Steuerkolben schnell abfließen. Dazu gibt es einen separaten
Kanal, der das Öl in die Ölwanne des Motors abfließen lässt.

kolbenkühldüsen ausgeschaltet
Das Steuerventil für die Kolbenkühldüsen wird durch das Motor-
steuergerät bestromt und über Klemme 87 mit Spannung ver-
Schalt- und
sorgt. Das Motorsteuergerät schaltet die Masse und schließt
Steuerventil für
somit den Stromkreis. Dadurch gibt das ventil den Steuerkanal die Kolbenkühl-
für das mechanische Schaltventil frei. Drucköl beaufschlagt nun düsen.
den Steuerkolben des mechanischen Schaltventils von beiden
Seiten. Die Feder verschiebt das mechanische Schaltventil und
verschließt dadurch den Kanal zur Ölgalerie der Kolbenkühldüsen.
Bei eingeschalteten Kolbenkühldüsen schließt der Kontakt im ◼ Drehmoment- und Drehzahlbegrenzung durch das Motor-
Öldruckschalter, Stufe 3. Der Schalter befindet sich am ende der steuergerät
Ölgalerie für die Kolbenkühldüsen. Beim Öldruckschalter können ◼ Keine niedrige Öldruckstufe der regelölpumpe
folgende Fehler detektiert werden: ◼ im Kombiinstrument erfolgt eine Meldung, dass die Dreh-
◼ Kein Öldruck an den Kolbenkühldüsen trotz Anforderung zahl auf 4.000 min-1 begrenzt ist, ein einmaliger Beep-Ton
◼ Öldruckschalter defekt und die ePc-Lampe wird eingeschaltet.
◼ Öldruck trotz Abschaltung der Kolbenkühldüsen
Beim Steuerventil für die Kolbenkühldüsen können folgende
elektrische Fehler detektiert werden: Variable Ventilsteuerung
◼ Leitungsunterbrechung; Kolbenkühldüsen immer an
◼ Kurzschluss nach Masse; Kolbenkühlung aus Für eine verbesserung des Ladungswechsels setzen die Auto-
◼ Kurzschluss nach +; Kolbenkühlung immer an hersteller zunehmend variable ventilsteuerungen in ihren Moto-
Bei Fehlern, durch die keine Kolbenkühlung stattfindet, kommt ren ein. Audi nutzt beispielsweise ein sogenanntes „Audi valve-
es zu folgenden Notlaufreaktionen: lift System“ (AvS). ersteinsatz war im 2,8-Liter-v6-FSi-Motor des

Servicetechniker 137
durch möglich gewordenen frühen Steuerzeiten am Einlass (weil
Bild 13 weniger bereits angesaugte Luft nach UT wieder ausgeschoben
wird). Durch diese Effekte werden sowohl ein deutlich besseres
Ansprechverhalten als auch ein deutlich höheres Drehmoment
bei niedrigen Drehzahlen erreicht. So baut sich schnell Ladedruck
auf. Der Drehmomentanstieg ist steiler. Der Fahrer verspürt beim
Beschleunigen kaum noch ein Turboloch.
Um die unterschiedlichen Öffnungszeiten und -hübe zu errei-
chen, hat jeder Zylinder auf der Auslassseite ein verschiebbares
Nockenstück. Für jedes Auslassventil sind somit zwei Ventilhub-
konturen vorhanden (Bild 13). Durch Längsverschiebung der
Nockenstücke erfolgt die Umschaltung auf die jeweils andere
Nockenkontur und somit auf den anderen Ventilhub. Das Um-
schalten übernehmen pro Zylinder zwei elektromagnetische Stell-
elemente. Ein Stellelement schaltet vom kleinen auf den großen
Ventilhub. Das zweite Stellelement schaltet wieder zurück.

Bild: Audi
Steuert das Motorsteuergerät ein Stellelement an, fährt ein
Metallstift aus und taucht in die Verschiebenut des Nockenstücks
Das Audi AVS: Die kleinen Nockenbahnen erzeugen einen Ventilöffnungshub von zum Beispiel ein. Die Form des Nockenstücks ist so gestaltet, dass es durch
6,35 mm. Die Öffnungslänge beträgt dabei 180° Kurbelwinkel. Das Auslassventil schließt zum
Beispiel 2° nach OT. Der Vollhub mit den großen Nockenbahnen beträgt zum Beispiel 10 mm, mit
die Drehung der Nockenwelle zwangsläufig verschoben wird (Bild
einer Öffnungslänge von 215° Kurbelwinkel. Das Auslassventil schließt beispielsweise 8° vor OT. 14). Damit sind beide Auslassventile eines Zylinders auf die an-
dere Nockenkontur umgeschaltet. Die Verschiebenut der Nocken-
stücke muss jedoch auch so geformt sein, dass nach erfolgter
Audi A6 ’05 Ende des Jahres 2006. Zur Verbesserung der Dreh- Umschaltung der Metallstift des Stellelements wieder zurückge-
momentcharakteristik wurde das AVS (zweistufige Ventilhubum- schoben wird. Ein aktives Zurückschalten des Metallstifts durch
schaltung) aus dem 2,0-Liter-TFSI-Motor der zweiten Generation das Motorsteuergerät ist nicht möglich.
übernommen und kommt jetzt auch bei Motoren der dritten Damit die Nockenstücke bei der Verstellung nicht zu weit ver-
Generation zum Einsatz. schoben werden, wird der Verstellweg durch einen Anschlag
Im Unterschied zu den Sechszylinder-Saugmotoren (2,8 l und begrenzt. Diesen Anschlag übernimmt eine Lagerung der No-
3,2 l) wird das System im TFSI-Motor nicht auf der Einlass-, son- ckenwelle in der Zylinderkopfhaube. Außerdem muss auch sicher-
dern auf der Auslassseite eingesetzt. Genutzt wird hier die Zünd- gestellt sein, dass nach erfolgter Verstellung die Nockenstücke
folgetrennung und damit eine Stoßaufladung des Abgasturbo- in ihrer Lage verharren. Dafür sorgt eine Arretierung in der No-
laders. Zündfolgetrennung bedeutet, dass die Gasstöße der ckenwelle mit einer federbelasteten Kugel.
Auspuffvorgänge der einzelnen Zylinder nicht vorher durch „Über- Die Stellelemente für die Nockenverstellung sind elektromag-
lagern“ den Auspuffvorgang des vorher arbeitenden Zylinders netische Aktuatoren. Wird der Elektromagnet vom Motorsteuer-
stören. Dadurch ergibt sich eine sogenannte Stoßaufladung. gerät aktiviert, fährt der Metallstift aus. Die Aktivierung erfolgt
Die Rollenschlepphebel für die Auslassnockenwelle sind ent- durch kurzzeitiges Einschalten der Batteriespannung. Ist der Me-
sprechend modifiziert. Das ist notwendig, um beide Ventilhub- tallstift ausgefahren, hält er sich mittels Dauermagnet am Ge-
kurven auf den Nockenstücken zu erreichen. Dazu ist der Durch- häuse des Stellelements fest. Aufgrund der schnellen Ausfahrzeit
messer der Rolle entsprechend größer. Weiterhin ist die Rolle des Metallstifts (18 bis 22 Millisekunden) wird dieser sehr stark
schmaler. Gleichzeitig wurde die Reibung der Rollenschlepphebel beschleunigt. Damit er nicht zurückprellt oder beschädigt wird,
durch eine verbesserte Lagerung verringert. Um ein Herunterkip- ist am Dauermagneten ein Dämpfungsring eingebaut.
pen des Rollenschlepphebels zu vermeiden, ist dieser unlösbar Der in die Verschiebenut ausgefahrene Metallstift bewirkt nun
mit dem Abstützelement verbunden. Bei einem Austausch gibt die Verschiebung des Nockenstücks, während sich die Nocken-
es deshalb als Ersatzteil immer das vormontierte Modul. welle dreht. Die Kontur der Verschiebenut ist so ausgeprägt, dass
Bei niedrigen Drehzahlen arbeitet das System mit einem klei- nach einer knappen Umdrehung der Metallstift des Stellelements
neren Nocken. Bei hohen Drehzahlen schaltet es dagegen auf zurückgeschoben wird. Auch hier sorgt der Dauermagnet dafür,
den größeren Basisnocken um. Die kleine Nockenkontur führt zu dass der Metallstift in dieser Stellung verbleibt. Durch das Zu-
einem deutlich späteren Auslass-Öffnet-Zeitpunkt. Dadurch lässt rückschieben des Metallstifts mit dem Dauermagneten wird in
sich ein Rückströmen von Abgas während der Ventilüberschnei- der Magnetspule des Elektromagneten eine Spannung induziert.
dungsphase wirkungsvoll vermeiden. Somit sind frühe Einlass- Dieses sogenannte Rückwurfsignal erfasst das Motorsteuergerät.
steuerzeiten möglich. Durch das positive Druckgefälle kann der Es kann nur erzeugt werden, wenn der Metallstift nach der Ver-
Brennraum wirkungsvoll gespült werden. Daraus resultiert eine schiebung des Nockenstücks von der Verschiebenut zurückge-
deutliche Verbesserung der Füllung, einerseits durch den gerin- schoben wurde. Das Motorsteuergerät bewertet den Signalein-
geren Restgasgehalt im Zylinder und andererseits durch die da- gang als eine erfolgreiche Verstellung.

138 kfz-betrieb
Motor- und Motormanagementsysteme

Bild 14 Bild 16

Bild: Audi

Bild: Audi
Verstellmechanismus des AVS. Die Form der Nut sorgt für eine Ver-
stellung durch die Drehung der Nockenwelle. Aufbau des Stellelementes für die Nockenwellenverstellung.

Bild 15
Schaltzustände durchfahren und ausgewertet. Diese Prüfung des
Systems ist hörbar.
Sollte das System ausfallen, kommt es zu Fehlerspeicherein-
trägen. Je nach Fehlerbild bemerken sensible Fahrer einen leicht
schwankenden Motorleerlauf oder ein verändertes Ansprechver-
halten des Motors beim Beschleunigen. Fallen ein oder mehrere
Stellelemente aus, versucht das Motorsteuergerät zuerst mehr-
mals, umzuschalten. Findet keine verstellung statt, bleiben die
Nockenstücke, bei denen die Welle nicht verstellt werden kann,
Bild: Audi

in ihrer Position. Alle anderen Nockenstücke schalten auf die


Anschlag und Arretierung der Nockenwellenverstellung beim AVS. großen Nocken. Sie verbleiben dann während des gesamten Mo-
torlaufs in dieser Position. Beim nächsten Motorstart versucht
die elektronik erneut, alle Nockenstücke zu verstellen.
Um die Stellelemente für die Nockenverstellung anzusteuern,
schaltet das Motorsteuergerät ein Massesignal. Die Anschluss-
stecker dürfen nicht vertauscht werden! Die Spannungsversor- Zylinderabschaltung
gung erfolgt über das Stromversorgungsrelais der Motronic. Das
System ist ab einer Kühlmitteltemperatur von –10 °c betriebs- Großvolumige Ottomotoren werden meist im Niedriglastbereich
bereit. Der Motorstart erfolgt mit dem Basisnocken, also mit der betrieben. Dabei sind die Drosselverluste hoch, weil die Drossel-
großen Nockenkontur. Danach wird sofort auf die kleine Nocken- klappen nur geringfügig öffnen. Das führt zu einem geringeren
kontur umgeschaltet. Bei Motorstopp wird wieder auf den Basis- Wirkungsgrad und schlechtem spezifischen Kraftstoffverbrauch.
nocken zurückgeschaltet. Pro Stellelement wird eine Stromauf- ein entdrosselter vierzylindermotor bei hohen Lasten ist dagegen
nahme von maximal drei Ampere erreicht. im spezifischen Kraftstoffverbrauch günstiger als ein gedrosselter
Die eigendiagnose prüft zum einen die Funktion der Stellele- Achtzylindermotor. Das sind Gründe, die dafür sprechen, einzel-
mente für die Nockenverstellung – mechanische Diagnose. Zum ne Zylinder in bestimmten Betriebsphasen abzuschalten.
anderen prüft sie die elektrischen Anschlüsse des Systems. Nach Die Gaswechselventile der abgeschalteten Zylinder müssen
jedem Motorstart findet eine Systemprüfung statt. Dazu steuert geschlossen bleiben. Andernfalls würde zu viel Luft in die Abgas-
das Motorsteuergerät jedes Stellelement an. Dabei werden beide anlage gelangen und der Motor würde sich zu schnell abkühlen.

Servicetechniker 139
Die Strategie bei einem Fehler ist es, zuerst Motorschäden zu
Bild 17 verhindern und zweitens die maximale Verfügbarkeit zu gewähr-
leisten. Aus diesem Grund wird bei einem Defekt an einem Zy-
linder im schlimmsten Fall – Ventile lassen sich nicht mehr akti-
vieren – die Einspritzung ausgeblendet und somit im Siebenzy-
linder-Betrieb gefahren. Den Notlauf erkennt der Autofahrer an
der leuchtenden Motorkontrolllampe (MIL).
Sind die Ventile nicht mehr abschaltbar, bemerkt der Kunde
den Notlauf durch das Ausbleiben der Zylinderabschaltung. Auch
hier leuchtet die MIL auf.

Interne Diagnose
Ob ein Schaltvorgang erfolgreich abgeschlossen wurde, ermittelt
das Motorsteuergerät mittels „Rückwurfsignal“. Sollten Ventile
nicht geschlossen bleiben oder geöffnet werden, verändert das

Bild: Audi
den Rundlauf des Motors. Die resultierenden Schwingungen er-
kennt das Motorsteuergerät über das Signal des Motordrehzahl-
Bild 18 gebers. Ebenso beobachtet die Motorelektronik ständig den
Saugrohrdruck. Bei einem korrekt arbeitenden Zylinder, das heißt
Einlass- und Auslassventile öffnen und schließen zum vorgege-
benen Zeitpunkt, stellt sich ein Gleichgewicht aus ansaugender
und ausstoßender Luft ein. Tritt an einem Zylinder ein nicht ge-
wünschter Ventilzustand ein, ist dieses Gleichgewicht gestört und
führt zu einem Fehlerverdacht.
Bei einer Systemdiagnose im Kundendienst sollte man folgen-
de Punkte abarbeiten:
◼ Ereignisspeicher auslesen
◼ Messwerte lesen
◼ ZAS-Status (Acht- oder Vierzylindermodus aktiv) ermitteln
◼ Prozentualer Vierzylinderanteil seit letzter Flash-Aktion
◼ Anzahl an Vierzylinderphasen seit letzter Flash-Aktion
Foto: Selgrad

◼ Dauer der aktuellen bzw. im Achtzylindermodus der letzten


Vierzylinderphase
Vergleich eines idealisierten Signalverlaufs an einem Stellelement mit dem real mit einem Bosch- ◼ Statusleisten der Vierzylinderfreigaben, über die eventuell
tester aufgezeichneten Signal (blau: Spannungs-, rot: Stromverlauf). sperrende Teilnehmer identifiziert werden können
◼ Bandendetest/Kurztrip: Ähnlich wie beim AVS-System kann
beim Kundendienst ein zyklisches Anstoßen von Vier-, Acht-
Außerdem verringert sich bei einem zeitweise halbierten Achtzy- und wieder Vierzylinderphasen angetriggert werden. Auf
lindermotor aufgrund der reduzierten Zündfrequenz die Laufruhe. diese Weise werden die Umschaltungen bei niedrigen und
Das Ab- und Zuschalten der Zylinder muss zudem möglichst hohen Drehzahlen auf Zuverlässigkeit geprüft. Über einen
komfortabel erfolgen und Lastsprünge vermeiden. Status-Messwert zeigt das Steuergerät an, ob das System
Bei den Achtzylindermotoren von Audi erfolgt die Zylinderab- fehlerhaft ist oder notwendige Freigaben nicht erfüllt.
schaltung durch die AVS-Technik. Dabei werden, entsprechend ◼ Anpasskanäle: Über einen geschützten Anpasskanal ist es
der Zündfolge, immer die Zylinder 2, 3, 5 und 8 abgeschaltet. für genau einen Driving-Cycle (bis zum nächsten Klemmen-
Dabei bleiben die Ein- und Auslassventile geschlossen und die wechsel) möglich, die Betriebsart Vierzylinder oder Achtzy-
Einspritzung sowie die Zündung werden deaktiviert. Dadurch, linder zu sperren. Auf diese Weise hat die Werkstatt die
dass die Auslassventile während der Abschaltung geschlossen Möglichkeit, gezielt Betriebsbereiche im Vier- oder im Acht-
sind, wird das Abgas aus der letzten Zündung und Verbrennung zylinder-Modus anzufahren, um eventuell auftretende Bean-
eingeschlossen. Die stillgelegten Zylinder arbeiten dann als Gas- standungen genauer zu untersuchen. Beispiele für einen
feder. So bleiben ihre Temperaturen auf hohem Niveau. notwendigen Dauer-Vierzylinderbetrieb sind:
Eventuell auftretende Vibrationen des Motors werden weitest- ◼ Überprüfung der aktiven Motorlager
gehend durch neu entwickelte, aktive Motorlager reduziert. Da- ◼ Überprüfung der ANC im Vierzylindermodus
mit bei aktivierter Zylinderabschaltung keine unerwünschten Ein weiterer Baustein, der im Zusammenhang mit der Zylin-
Geräusche für die Passagiere wahrnehmbar sind, kommt hier derabschaltung entwickelt wurde, ist das System der aktiven
zudem das System „Active Noise Cancelation“ (ANC) zum Einsatz. Motorlager. Auch dieses System soll, wie ANC, im Vierzylinder-

140 kfz-betrieb
Motor- und Motormanagementsysteme

Bild 19
Bild: Audi

Bei den Audi-Achtzylindermotoren


Bild 20 mit Cylinder-on-demand-Funktion
lassen sich die Zylinder 2, 3, 5 und
8 abschalten.

Ist die Zylinderabschaltung nicht


Bild: Audi

aktiv, arbeiten alle Gaswechsel-


ventile mit normalem Hub.

Servicetechniker 141
Bild 21 Bild 22

Bild: Audi

Bild: Audi
Bei aktiver Zylinderabschaltung bleiben alle Ventile des stillgelegten Zylinders ge- Aufbau des aktiven Motorlagers. Es hat für den Aufbau von Gegenschwingungen
schlossen. Das eingeschlossene Gas arbeitet dann als Feder. eine Ausgangsleistung von maximal 60 Watt.

modus für einen hohen Fahrkomfort sorgen, indem es die Vibra- angesteuert wird. Eine Veränderung der Frequenz oder der Am-
tionen über einen breiten Frequenzbereich auslöscht. Arbeitet plitude des Signals führt dazu, dass sich die Spule schnell oder
der Motor im Vierzylindermodus, werden aufgrund der Halbie- langsam auf- und abbewegt. Dadurch wird dann im Motorlager
rung der Zündimpulse stärkere Vibrationen in die Karosserie die gewünschte Schwingung erzeugt. Die Berechnung des An-
eingeleitet. Diese werden durch Gegenschwingungen verringert, steuersignals erfolgt in Echtzeit im Steuergerät.
die von den aktiven Motorenlagern erzeugt werden. Deren Fre-
quenzbereich liegt zwischen 20 Hz und 250 Hz.
Die vom Motor übertragenen Schwingungen werden von den Aktive Geräuschunterdrückung
Gebern der Aggregatelagerung gemessen. Sie sitzen karosserie-
seitig am Motorlager. Die im Sensor umgerechneten Messwerte Bei Fahreren von Achtzylinderfahrzeugen steht nicht nur die
werden dann als analoges Spannungssignal an das Steuergerät Leistungsentfaltung des Motors im Vordergrund. Ebenso wichtig
für die Aggregatelagerung gesendet (0,2 V-0,8 V). Sie gehen dort ist auch das Komfort- und Geräuschverhalten. Da eine zeitweise
in die Berechnung des Kennfeldes ein. Halbierung des Achtzylinders die Akustik verändert, arbeitet
Als weitere wichtige Eingangsgröße wird über eine diskrete Audi mit einem zusätzlichen System zur aktiven Geräuschunter-
Leitung das Signal der Kurbelwellendrehzahl aus dem Motor- drückung, der „Active Noise Cancelation“ (ANC).
steuergerät verwendet. Es wird im Motorsteuergerät direkt durch- Der Motorraum ist bereits sehr gut gedämpft, deshalb kommen
geschleift. Das Steuergerät für die Aggregatelagerung sendet von hier weniger Störgeräusche in den Fahrzeuginnenraum. Die
das errechnete Steuersignal (PWM-Signal) an die Aktuatoren. So meisten Störgeräusche emittiert die Abgasanlage, obwohl hier
können die aktiven Motorlager je nach Bedarf eine Gegenschwin- bereits durch die schaltbaren Abgasklappen in den Nachschall-
gung erzeugen. Treffen die Schwingungen zum richtigen Zeit- dämpfern Brummgeräusche verringert werden.
punkt aufeinander, löschen sie sich aus. Die Gegenschwingung Die Geräusche können bis 400 Hz betragen und haben einen
erzeugt das Motorlager, indem es einen Membranring auf und Störpegel von bis zu 106 Dezibel. Die ANC bekämpft diesen
ab bewegt. Diese Bewegung überträgt sich auf die Hydraulik- unerwünschten Schall mit dem Gegenschallprinzip. Dazu werden
flüssigkeit (Glykol) in der Flüssigkeitskammer. Von hier aus wird die Tieftonlautsprecher der Soundanlage so angesteuert, dass
die erzeugte Schwingung ins Motorlager übertragen. sie einen Schall ausgeben, der die gleiche Frequenz wie der Stör-
Der Membranring ist mit der Magnetspule fest verbunden, die schall besitzt. Die Amplituden treffen dann zeitgenau und um
vom Steuergerät für die Aggregatelagerung mittels Sinussignal 180° versetzt auf den Störschall und löschen ihn damit aus.

142 kfz-betrieb
Motor- und Motormanagementsysteme

Die Ausbreitung der Schallwellen im Fahrzeuginnenraum die Soundanlage eingeschaltet, ausgeschaltet, laut, leise oder
hängt von sehr vielen Faktoren ab. Davon abhängig muss es auch stumm gestellt ist.
verschiedene Anpassungskriterien geben, damit das System mit Das System ist voll diagnosefähig. Mit dem Fahrzeugdiagno-
einer möglichst hohen effizienz arbeiten kann. es gibt also viele setester wird das Steuergerät über das Soundsystem aufgerufen.
verschiedene Kennfelder, die auf das jeweilige Fahrzeug genau Folgende Möglichkeiten stehen bei der Diagnose zur verfügung:
abgestimmt sind. Trotz vieler Störfaktoren kann das System laut ◼ ereignisspeicher auslesen
Herstellerangaben den Schallpegel um zwölf Dezibel absenken. ◼ codierung
Das entspricht einer Störschallminimierung von 75 Prozent. ◼ Stellgliedtest
ANc ist eine erweiterung des Soundsystems, deshalb ist die ◼ Messwerteblöcke lesen
ANc-regeleinheit im Soundverstärker des Fahrzeugs integriert. ◼ Prüfprogramme in der geführten Fehlersuche
Als Aktoren dienen, wie beschrieben, die im Fahrzeug integrierten Unter folgenden Bedingungen kann das ANc vom System
Tieftonlautsprecher. im Dachhimmel des Fahrzeugs sind zudem deaktiviert werden:
vier Mikrofone installiert. Weiterhin benötigt das ANc-Steuerge- ◼ Wenn Fenster offen sind.
rät zur Berechnung der Ausgangssignale die Drehzahl des Motors ◼ Wenn das Schiebedach offen ist.
und die Anzahl der aktiven Zylinder. Das Drehzahlsignal kommt ◼ Wenn Türen und Heckklappe offen sind.
direkt vom Motorsteuergerät über eine diskrete Leitung. Die in- ◼ Bei Windverwirbelungen auf ein Mikrofon kann das System
formation, ob der Motor mit vier oder acht Zylindern läuft, holt ein oder mehrere Mikrofone abschalten.
sich das ANc-Steuergerät vom cAN-Datenbus. Hier holt es sich ◼ Wenn das Motorsteuergerät Fehler meldet, zum Beispiel weil
auch informationen über den Öffnungszustand der Fahrzeugtü- kein Zurückschalten vom vier- auf den Achtzylindermodus
ren und vom Schiebedach. möglich ist.
im Kennfeld der ANc-regeleinheit werden aus den eingangs- ◼ Wenn die Drehzahlleitung nicht vorhanden ist.
signalen für jeden der vier Tieftonlautsprecher und für den Sub- ◼ Wenn ein oder mehrere Mikrofone defekt sind.
woofer die Phase sowie die Frequenz und die Amplitude errech- ◼ Bei umgeklappter rückbank.
net. Diese fünf ANc-Tieftonsignale werden dann im verstärker ◼ Bei einem Mix von verschiedenen Lautsprechern (wenn z. B.
mit den Tieftonsignalen des Soundsystems addiert und an die ein neuer Lautsprecher eingebaut wurde), denn ein neuer
Lautsprecher ausgegeben. Die entstehenden Geräusche werden Lautsprecher kann in der „einlaufphase“ eine andere cha-
dann von den vier Mikrofonen aufgenommen und an das ANc- rakteristik haben als die noch im Fahrzeug verbliebenen.
Steuergerät über diskrete Leitungen gesendet. Bei Änderungen an der Software des Motorsteuergeräts (Fla-
Nach einschalten der Zündung ist das System betriebsbereit. shen) muss im Anschluss daran auch die Software des ANc-
es ist bereits aktiv, wenn der Motor gestartet wurde. Auch im Steuergeräts angepasst werden. Nach Änderungen an der Ab-
Motorbetrieb mit acht Zylindern werden an den Lautsprechern gasanlage kann es zu Funktionsstörungen des ANc-Systems
Signale ausgegeben. Das ist notwendig, um bei der Umschaltung kommen. es sollten auch nur Originalersatzteile verwendet wer-
in den Betrieb mit vier Zylindern einen für die insassen nicht den, denn auch Lautsprecher anderer Hersteller könnten das
spürbaren Übergang zu haben. Dabei muss das System sehr System stören.
schnell reagieren. Das gilt besonders in speziellen Situationen Wenn ein Kunde bemängelt, dass der Motor seines Fahrzeugs
wie zum Beispiel, wenn das Start-Stopp-System den Motor ab- plötzlich lauter ist, sollten Werkstattmitarbeiter auch immer den
schaltet oder in der Soundanlage der ausgegebene Geräuschpe- ereignisspeicher im Soundsystem auslesen. Die Ursache könnte
gel plötzlich absinkt. Die ANc ist übrigens immer aktiv – egal ob nämlich ein abgeschaltetes ANc-System sein. ebenso kann das
System abschalten, obwohl alle Komponenten „elektrisch“ feh-
lerfrei arbeiten. Dann wurde ein Bauteil mechanisch falsch ein-
Bild 23 gebaut. Hier kann ein Stellgliedtest helfen, den Fehler aufzuspü-
ren.
Mögliche Beanstandungen im Kundendienst können beispiels-
weise sein:
◼ Das Fahrzeug dröhnt.
◼ Das Fahrzeug wird lauter.
◼ ein Aufschaukeln bzw. instabiles verhalten des Systems.

Die Beispiele in Teil 1 und Teil 2 dieses Beitrags haben gezeigt,


dass die Technik im Antriebsstrang der Autos immer komplexer
wird. Die eigendiagnose hilft bei Fehlern jedoch oft nur bedingt
weiter. Um so wichtiger ist es, bei der Diagnose eines Systems
Bild: Audi

die Prüfvoraussetzungen zu beachten, damit dieser Weg nicht


Damit sich Stör- und Gegenschall auslöschen, müssen Frequenz und Ampli- ebenso in die irre führt.
tude gleich hoch, aber um 180° versetzt sein. Georg Selgrad

Servicetechniker 143
Weiterbildung

Servicetechniker
technik von Profis für Profis

Motor- und MotorManageMentsysteMe


bordnetz, vernetzung, koMMunikation
fahrzeug und koMfort
navigation, unterhaltung, infotainMent
Fahrzeug und Sicherheit
fahrzeug, reifen, fahrWerk
kraftstoffe und antriebe
instandsetzung und diagnose
sensoren, aktoren
Motor, abgase und uMWeltProbleMatik
antriebsstrang
fahrzeugsysteMe/Mechatronik

144 kfz-betrieb
904/2014 www.kfz-betrieb.de 144
Fahrzeug und Sicherheit

Assistenzsysteme – Teil 1

Immer sicher in der Spur


Brems- und Fahrdynamikregelsysteme

BIld 1

Foto: Bosch
Fahrdynamiksysteme haben das Autofahren auf schwierigen Untergründen wesentlich sicherer gemacht.

Schlupfregelsysteme und auf automatischen Bremsvorgängen Die Funktionen eines eSP lassen sich in folgende Gruppen
basierende Fahrerassistenzsysteme leisten bereits seit Jahren einteilen:
einen bedeutenden Beitrag zur aktiven Sicherheit im Straßenver- ▶ Brake- und Boost-Assist (Brems- und verstärkungsassistent):
kehr. Meist nehmen wir diese Helfer im alltäglichen Fahrbetrieb Korrigiert Brems- und verstärkungsdrücke in Abhängigkeit
gar nicht mehr wahr. Doch ihre Funktionen werden immer viel- von Fahr- und Systemzustand.
fältiger. ein Grund dafür sind die Fortschritte speziell bei der ▶ Special Stability Support (Fahrzeugstabilisierung): erkennt
entwicklung und Herstellung von elektronikkomponenten. Sie Fahrinstabilitäten und moduliert Bremsdrücke dementspre-
erlauben die gemeinsame Nutzung von Teilfunktionen durch chend.
verschiedene Systeme, den informationsaustausch zwischen den ▶ Standstill und Speedcontrol (Stillstand und Geschwindig-
unterschiedlichen Systemen sowie trotz steigender Funktionsviel- keitskontrolle): Unterstützt das Fahren am Berg und das An-
falt immer kleinere Abmaße. Die schnelle entwicklung hat zur fahren.
Folge, dass die Mitarbeiter in den Werkstätten mit einer vielzahl
von unterschiedlichen Systemen und Systemgenerationen kon-
frontiert sind. Kenntnisse darüber sind wichtig, um Kunden die
Bedienvorgänge und Funktionen erläutern zu können, Funktions-
prüfungen durchführen und Fehler erkennen, diagnostizieren und inhalt
schließlich beheben zu können. ein Beispiel für die entwicklungs-
Brems- und Fahrdynamikregelsysteme
fortschritte sind die ABS/eSP-einheiten mit Steuergerät und
Hydraulikaggregat von Bosch: (Bild 2)  Fahrdynamische Grundlagen 146
System eSP 5.0 eSP 5.3 eSP 5.7 eSP 8.0 eSP 9.0  Am Anfang stand das ABS 148
1995 1997 1998 2002 2010
Gewicht (kg) 4,3 3,7 3,1 2,2 1,6  Elektronische Bremskraftverteilung 152
System Volu- 3.800 2.600 2.400 1.700 1.340  Fahrbahnzustandserfassung 153
men (cm3)
 Elektronische differenzialsperre 154
Speicher (kB) 56 256 256 512/768 768/2MB

Servicetechniker 145
Bild 2

Die ABS/ESP-Einheiten sind


von Generation zu Generation

Bild: Bosch
kleiner und leichter geworden;
gleichzeitig hat der Funk-
tionsumfang zugenommen.

▶ Surround Sensing Support (Verknüpfung mit anderen Syste- Surround Sensing Support
men): Reguliert ESP-Eingriffe in Abhängigkeit von anderen ▶ ABA Adaptive Brake Assist
Fahrerassistenzsystemen. ▶ ABP Automatic Brake Prefill
▶ Special Torque Control (Drehmomentverteilung): Unterstützt ▶ AEB Automatic Emergency Brake
Stabilität, Lenkbarkeit, Traktion und verbessert das Hand- ▶ AWB Automatic Warning Brake
ling. ▶ CDD-B Controlled Deceleration for ACC-Basic
▶ Monitoring und Information (Überwachung und Informa- ▶ CDD-S Controlled Deceleration for ACC-Stop and Go
tion): Nutzung ESP-basierter Systeminformation in der Fahr- ▶ CDD-Z Controlled Deceleration for ACC-Zero Speed
zeug-E/E-Architektur, zum Beispiel Radrehzahl.
Special Torque Control
Eine Schwierigkeit für den Service liegt unter anderem allein ▶ DCT Dynamic Center Coupling Torque Control
schon darin, zu erkennen, um welche Funktion es sich denn ei- ▶ ORD Off-Road Detection and Measures
gentlich handelt. Weil es keine Nomenklatur gibt, variieren die
Bezeichnung und Abkürzungen je nach System- bzw. Fahrzeug- Monitoring & Information
hersteller. Im Folgenden ein paar Beispiele für mögliche Abkür- ▶ TPM Tire Pressure Monitoring with Circumference Method
zungen:
Fahrdynamische Grundlagen
Brake & Boost Assist
▶ BDW Brake Disc Wiping Um zu verstehen, wie Fahrdynamikregelungen arbeiten, ist es
▶ EBP Electronic Brake Prefill wichtig, sich noch einmal die wichtigsten fahrdynamischen
▶ HBA Hydraulic Brake Assist Grundlagen vor Augen zu führen.
▶ HBB Hydraulic Brake Boost Die Reifenaufstandsfläche, also die Kontaktfläche eines Rei-
▶ HBC Hydraulic Boost Failure Compensation fens mit der Fahrbahn, hat in der Praxis eine annähernd ovale
▶ HFC Hydraulic Fading Compensation Form. Nur mit dieser Fläche kann der Reifen die Kräfte übertra-
▶ HRB Hydraulic Rear Wheel Boost gen, die für die unterschiedlichen Fahrmanöver erforderlich sind.
Es gibt verschiedene Arten von Kräften, die als Reaktionskräf-
Special Stability Support te in der Radaufstandsfläche zwischen Reifen und Fahrbahn
▶ EUC Extended Understeer Control wirken. Gewichtskräfte, die sich aus den Achs- und Radlasten
▶ LAC Load-Adaptive Control Mode for LCV/Vans ergeben, sind immer wirksam. Je nach Fahrsituation wirken au-
▶ RMI Roll Movement Intervention ßerdem Antriebskräfte, Bremskräfte und Seitenführungskräfte.
▶ ROM Roll Over Mitigation Diese Kräfte unterscheiden sich nicht nur in ihrer Größe, sondern
▶ TSM Trailer Sway Mitigation auch in ihrer Wirkrichtung (Bild 3). Gewichtskräfte wirken in
Fahrzeughochrichtung, Antriebskräfte in Fahrtrichtung, und
Standstill & Speed Control Bremskräfte entgegen der Fahrtrichtung. Seitenführungskräfte
▶ AVH-S Automatic Vehicle Hold with Acceleration Sensor treten bei Kurvenfahrt auf. Sie bewirken, dass das Rad beim
▶ AVR Automatic Vehicle Release Abrollen eine Kreisbahn beschreibt, und wirken folglich annä-
▶ CDP Controlled Deceleration for Parking Brake hernd im rechten Winkel zu den Antriebs- und Bremskräften (in
▶ ECC Extended Cruise Control Querrichtung). Für die weiteren Betrachtungen sind vor allem die
▶ HDC Hill Descent Control Antriebs- und Bremskräfte sowie die Seitenführungskräfte wich-
▶ HHC-SHill Hold Control with Acceleration Sensor tig.
▶ SST Soft Stop Diese können die Reifen bekanntlich nicht in beliebiger Höhe
▶ TAD Touch Activated Deceleration übertragen. Wird beispielsweise ein Fahrzeug ohne ABS-Funktion
▶ TJA Traffic Jam Assist bei Geradeausfahrt vor einem Hindernis sehr stark abgebremst,

146 kfz-betrieb
Fahrzeug und Sicherheit

können die vorderräder blockieren. Schlägt der Fahrer dann das Bild 3
Lenkrad ein, um dem Hindernis auszuweichen, bewegt sich das
Fahrzeug trotz eingeschlagener räder weiterhin geradeaus wei-
ter. Die räder können also keine Seitenführungskräfte mehr
übertragen. Die maximale Größe der wirksamen Kräfte kann in
einer Modelldarstellung bestimmt werden. Nach seinem erfinder,
Professor Kamm, wird diese Darstellung als „Kamm’scher Kreis“
bezeichnet (Bild 4).
Die Größe (radius) des „Kamm’schen Kreises“ ist von den
reibverhältnissen zwischen reifen und Fahrbahn abhängig. Je
besser der „Grip“ ist, desto größer ist auch der radius. Dement-
sprechend größere Kräfte kann der reifen übertragen. Ändert
sich zum Beispiel während eines bestimmten Fahrzustands plötz-
lich die Beschaffenheit der Fahrbahnoberfläche – zum Beispiel
von trocken auf nass – können die soeben noch übertragbaren
Kräfte bereits zu groß sein. Hier greifen dann die „elektronischen
Helfer“ ein.
in Bild 5 ist als Beispiel eine solche Fahrsituation mit dem
Kamm’schen Kreis dargestellt. Das Fahrzeug befährt eine trocke-
ne Fahrbahn, in einer Kurve bremst der Fahrer. Dabei wird das

Bild: vBM-Archiv
verfügbare Potenzial des reifens nicht ausgenutzt. Während des
Bremsvorgangs gerät das Fahrzeug jedoch auf ein feuchtes Teil-
stück der Fahrbahn. Dadurch ändern sich die Oberflächenbe-
Die Räder müssen unterschiedliche Kräfte auf die Fahrbahn über-
schaffenheit und damit auch die reibungsverhältnisse zwischen tragen.
Fahrbahn und reifen. Deshalb sind die nun maximal übertrag-
baren Kräfte deutlich geringer. im Beispiel ist die durch den
Fahrer eingesteuerte Bremskraft nun zu groß für eine gleichzei- Der „Kamm’sche Kreis“ ist eine idealisierte Darstellung, die
tige stabile Seitenführung des Fahrzeugs. Ohne einsatz stabili- den grundsätzlichen Sachverhalt gut beschreibt. Die absolute
sierender Systeme würde das Fahrzeug in einen fahrdynamisch Größe der maximal übertragbaren Kräfte ist, wie beschrieben,
instabilen Fahrzustand geraten, den Kurvenradius durch den vor allem abhängig von den reibungsverhältnissen zwischen
verlust an Seitenführung vergrößern und die Fahrbahn verlassen. reifen und Fahrbahnoberfläche. Betrachtet man den Kontakt-

Bild 4 Bild 5
Foto: vBM Archiv

Bild: vBM-Archiv

Kamm’scher Kreis: Der Radius kennzeichnet die maximale Gesamt- Kamm’scher Kreis für unterschiedliche Fahrbahnoberflächen.
kraft, die der Reifen auf die Fahrbahn übertragen kann.

Servicetechniker 147
bereich des Reifens mit der Fahrbahn stark vergrößert, erkennt filblöcken verformt werden. Dadurch ergibt sich eine permanen­
man eine gewisse „Verzahnung“ zwischen Reifengummi und te Relativbewegung zwischen Reifen und Fahrbahn. Dieser Ge­
Straßenbelag. Je „inniger“ diese ist, desto größer ist die Reibung schwindigkeitsunterschied wird als Schlupf bezeichnet. Je nach­
zwischen Reifen und Fahrbahn und desto größer sind auch die dem, ob Antriebs­ oder Bremskräfte eingeleitet werden, unter­
übertragbaren Kräfte. Kriterien, die die Reibungsverhältnisse scheidet man Antriebs­ und Bremsschlupf. Im Antriebsfall nimmt
bestimmen, sind: der Schlupf negative Werte an. Bei Bremsvorgängen sind die
▶ Material des Fahrbahnbelags (Asphalt, Beton usw.) Verhältnisse umgekehrt. Die optimale Kraftübertragung beim
▶ Materialeigenschaften der Reifenlauffläche (Gummi­ Antrieb erfolgt bei Schlupfwerten bis etwa zehn Prozent. In die­
mischung) sem Bereich können die maximalen Antriebskräfte übertragen
▶ Beschaffenheit des Fahrbahnbelags (trocken, nass, vereist werden.
usw.) Neben dem Reibungskoeffizienten haben vor allem die Ge­
▶ Fahrzeuggeschwindigkeit wichtskraft (Radlast) und die Größe der Reifenaufstandsfläche
▶ Temperaturverhalten des Reifens (z.B. Unterschiede zwi­ Einfluss auf die Größe der übertragbaren Kräfte. Mit wachsender
schen Sommer­ und Winterreifen) Radlast werden die übertragbaren Kräfte größer, ebenso mit
▶ Temperaturverhalten der Fahrbahn Vergrößerung der Reifenaufstandsfläche. Deshalb kommen für
hochmotorisierte Fahrzeuge auch entsprechend großdimensio­
Der Reibungskoeffizient μ nierte Reifen zum Einsatz.

Ohne Reibung zwischen Reifen und Fahrbahn ist keine Kraftüber­


tragung möglich. Das angetriebene Rad würde dann durchdre­ Am Anfang stand das ABS
hen, ohne für Vortrieb zu sorgen, das abgebremste Rad sofort
blockieren, ohne die Fahrzeuggeschwindigkeit zu reduzieren. Ausgangspunkt für die Entwicklung der Schlupfregelsysteme war
Um die Reibverhältnisse zwischen den Oberflächen zweier das Antiblockiersystem ABS. Auch die folgenden Entwicklungen
Körper zu beschreiben, wurde der Reibungskoeffizient μ einge­ wie die Antriebsschlupfregelung (ASR) und die elektronische
führt. Er ist definiert als Verhältnis der Kraft, mit der ein Körper Differenzialsperre (EDS) sind – wie das ABS – noch „klassische“
auf die Oberfläche eines anderen Körpers gepresst wird, zu der Schlupfregelsysteme. Ihre Aufgabe besteht darin, durch definier­
Kraft, die erforderlich ist, um den Körper auf dieser Oberfläche te Radschlupfwerte Einfluss auf Antriebs­ und Bremsvorgänge
zu verschieben. zu nehmen oder die Fahrdynamik direkt positiv zu beeinflussen
Die größte Zug­ oder Schubkraft tritt dabei im Moment des (ESP).
Übergangs von der Ruhestellung des Körpers zur beginnenden In den letzten Jahren wurden viele weitere Systeme entwickelt,
Bewegung auf. Der Reibungskoeffizient für diesen Zustand wird für die eine eindeutige Zuordnung zu den genannten „klassi­
als Haftreibungskoeffizient bezeichnet. Befinden sich dann die schen“ Systemen nur noch teilweise möglich ist. So unterstützt
Körper in relativer Bewegung zueinander, wird der Koeffizient zum Beispiel die Funktion des Bremsscheibenwischers die Brems­
als Gleitreibungskoeffizient bezeichnet. funktion bei Nässe und eingeschaltetem Scheibenwischer, hat
Bei der Reibpaarung Reifengummi und Fahrbahnbelag lässt aber keinen direkten Einfluss auf den Bremsschlupf zwischen
sich eine solche Unterscheidung jedoch nicht vornehmen. In der Reifen und Fahrbahn.
Praxis treten an einem rollenden Rad zwischen Reifen und Fahr­ Die grundlegende Funktionsweise des ABS besteht darin, den
bahn sowohl Haft­ als auch Gleitreibung gemeinsam auf. Im Bremsdruck auf ein solches Maß zu begrenzen, dass die Reifen
Falle der Reibpaarung Reifen–Fahrbahnoberfläche ist der Rei­ noch Seitenführungskräfte übertragen können. Da sich die Fahr­
bungskoeffizient im Wesentlichen abhängig bahnbeschaffenheit während des Bremsvorgangs ändern kann,
▶ vom Zustand der Fahrbahnoberfläche, muss das System in der Lage sein, den Bremsdruck zu halten oder
▶ vom Zustand des Reifens, durch schnelle Regelvorgänge Bremsdruckaufbau durch den Fah­
▶ von der Fahrgeschwindigkeit. rer zuzulassen oder den Bremsdruck abzusenken.
Näherungswerte für den Reibungskoeffizienten bei unter­ Eine Regelung könnte folgendermaßen ablaufen (Bild 6): Der
schiedlichen Zuständen der Fahrbahnoberfläche und bei einer Fahrer beginnt mit der Abbremsung auf feuchter Fahrbahn (Ab­
Fahrgeschwindigkeit von 60 km/h sind für schnitt 1). Der von ihm eingesteuerte Bremsdruck würde bei
▶ trockenen Asphalt: 0,9; diesen Fahrbahnverhältnissen zum Blockieren der Räder führen.
▶ nassen Asphalt: 0,4; Das ABS muss die Bremskraft deshalb auf einen geeigneten
▶ trockenen Beton: 0,9; niedrigeren Wert einregeln, solange sich die Fahrbahnbeschaf­
▶ nassen Beton: 0,5. fenheit nicht ändert (Abschnitt 2). Wenn sich in der Folge die
Fahrbahnbeschaffenheit durch abgetrockneten Fahrbahnbelag
Schlupf ändert, kann der Bremsdruck wieder etwas erhöht werden (Ab­
schnitt 3). Nach dieser Erhöhung wird er wieder auf einen neuen
Damit die Kraftübertragung vom Reifen auf die Fahrbahn über­ Wert eingeregelt (Abschnitt 4). Geraten die Räder daraufhin
haupt möglich ist, müssen die Gummipartikel in den Reifenpro­ erneut auf einen nassen Fahrbahnbelag, muss die Elektronik den

148 kfz-betrieb
Fahrzeug und Sicherheit

Bild 6

Bild: Audi
Bremsdruckaufbau bei unterschiedlichen Reibwerten auf der Fahrbahn.

Bremsdruck wieder absenken, um ein Blockieren zu verhindern Bild 7


(Abschnitt 5). Ziel dieser regelstrategie ist es, den Bremsweg auf
ein minimales Maß zu reduzieren und dabei immer die Lenkbar-
keit des Fahrzeugs beizubehalten.
Der Aufbau des erforderlichen Bremsdrucks erfolgt generell
durch folgende drei regelfunktionen:
▶ Konstanthalten des jeweils aktuellen Bremsdrucks
▶ Absenken des jeweils aktuellen Bremsdrucks
▶ erhöhen des jeweils aktuellen Bremsdrucks
im Folgenden werden die drei regelfunktionen mit „Brems-
druck halten“, „Bremsdruckabbau“ sowie „Bremsdruckaufbau“
bezeichnet. Bild: Bosch

Systemkomponenten
Die Hydraulikeinheit beinhaltet alle hydraulischen Bauteile,
Aufbau eines ESP-Hydraulikaggregates.
die für die Funktionen Bremsdruckaufbau, Bremsdruck halten
und Bremsdruckabbau erforderlich sind. Dies sind vor allem die
elektrisch angesteuerten Magnetventile sowie die rückförder- Bild 8
pumpe und deren elektromotorischer Antrieb. Komplettiert wird
die einheit durch Druckspeicherkammern, diverse interne Leitun-
gen und rückschlagventile. Für die erfassung der eingesteuerten
Bremsdrücke ist je nach Ausführung mindestens ein Bremsdruck-
sensor intern (neuere varianten) verbaut. Add-on-Steuergeräte
sind ebenfalls erst ab neueren varianten (zum Beispiel Bosch
5.X) Stand der Technik.
Zum besseren verständnis des Hydraulikplans werden die
Schaltstellungen der Magnetventile kurz erläutert. Zum einsatz
Bild: vBM-Archiv

kommen sogenannte 2/2-Wege-Schaltventile. Die Bezeichnung


bedeutet, dass es sich um Schaltventile mit zwei Anschlüssen
und zwei möglichen Schaltstellungen handelt. Die ventile können
abhängig von den jeweiligen Druckverhältnissen in beide rich- Hydraulikplan eines ABS.
tungen durchströmt werden. im Hydraulikplan (Bild 8) sind alle

Servicetechniker 149
Bild 9 Bild 10 Bild 11

Bild: VBM-Archiv
Bild: VBM-Archiv

Bild: VBM-Archiv
Bremsdruckaufbau durch den Fahrer. Bremsdruck halten. Bremsdruck abbauen, damit die Räder nicht
blockieren.

Ventile in der unbetätigten (nicht angesteuerten) Schaltstellung Verbindung vom Hauptbremszylinder zu den Radbremsen. Nimmt
eingezeichnet. Die Einlassventile sind in dieser neutralen Stellung der Fahrer den Fuß wieder vom Pedal, wird der Bremsdruck auf
geöffnet, die Auslassventile geschlossen. Bei elektrischer Ansteu- demselben Weg wieder abgebaut.
erung der Ventile schalten diese in die jeweils zweite Schaltstel- Wird der vom Fahrer aufgebaute Bremsdruck so groß, dass die
lung um. Das Einlassventil schließt also und das Auslassventil Bremskraft keine zusätzliche Seitenführungskraft mehr zuließe,
öffnet. steuert die Elektronik die entsprechenden Einlassventile radse-
Zur besseren Übersichtlichkeit wird im Folgenden jeweils nur lektiv an und schließt sie damit. Obwohl der Fahrer weiterhin
die Ansteuerung der Radbremse eines Rads betrachtet. Durch Druck auf das Bremspedal ausübt, steigt die Bremskraft nicht
das ABS-Steuergerät können alle vier Räder unabhängig vonei- weiter an. Kann der Bremsdruck aufgrund sich ändernder Bedin-
nander angesteuert werden. gungen wieder erhöht werden, öffnet das Steuergerät das Ein-
lassventil wieder.
Bremsdruckaufbau durch den Fahrer Ist der Bremsdruck an der jeweiligen Radbremse zu groß, wird
Betätigt der Fahrer das Bremspedal, wird auch bei nicht an- die Funktion Bremsdruckabbau aktiviert. Das jeweilige Einlass-
gesteuerten Ventilen (in Neutralstellung) Bremsdruck aufgebaut. ventil wird geschlossen, das Auslassventil geöffnet. Zum schnel-
Durch die geöffneten Einlassventile besteht jederzeit die direkte len Druckabbau werden zuerst die inneren Speicherkammern
befüllt. Reicht dies nicht aus, muss die Bremsflüssigkeit gegen
Bild 12 den vom Fahrer eingesteuerten Bremsdruck in den Hauptbrems-
zylinder zurückgefördert werden. Um den hierfür erforderlichen
Druck zu erzeugen, steuert die Elektronik den Elektromotor an,
der die Rückförderpumpe antreibt. Sensible Fahrer spüren diesen
Vorgang durch ein leichtes Pulsieren des Bremspedals.
Eine ABS-Regelung besteht aus einer schnellen Folge der be-
schriebenen Funktionen Bremsdruckaufbau, Bremsdruckhalten
und Bremsdruckabbau. Die Funktionen werden durch kurze, im
Millisekundenbereich liegende Pulse realisiert. In Bild 12 ist eine
solche Pulsfolge beispielhaft dargestellt.
Bild: VBM-Archiv

Das Steuergerät erkennt durch eine permanente Auswertung


der Eingangssignale einen eventuellen Regelbedarf. Durch ge-
zielte Ansteuerung der Magnetventile und der Rückförderpumpe
Pulsfolge einer ABS-Regelung. führt das Steuergerät dann die Regelung durch.
Bei den ersten ABS-Generationen waren Steuergeräte und

150 kfz-betrieb
Fahrzeug und Sicherheit

Hydraulikeinheit räumlich getrennt im Fahrzeug eingebaut. Seit Bild 13


der Generation Bosch 5.3 sind ABS-Steuergerät und Hydraulik-
einheit eine bauliche einheit. Seit der Generation 5.7 sind ABS/
eSc-Steuergerät und Hydraulikeinheit ebenfalls als einheit ver-
baut.
▶ raddrehzahlen: Das Steuergerät ermittelt aus den raddreh-
zahlen die Fahrzeuggeschwindigkeit. es vergleicht die einzel-
nen radgeschwindigkeiten mit der Fahrzeuggeschwindigkeit
und berechnet die Werte für den Bremsschlupf.
▶ Bremsdruck: Der Bremsdrucksensor misst den Bremsdruck im
Primärkreis. Dieser Bremsdruck wird bei der Festlegung des
erforderlichen regelungsalgorithmus berücksichtigt. Außer-
dem wird durch dieses Signal die Funktion des Bremslicht-/
Bremstestschalters plausibilisiert.
▶ Signal vom Bremslichtschalter: Das Signal dient dazu, zu er-
kennen, wann der Fahrer eine Bremsung einleitet.
▶ Signal vom Bremstestschalter: Das inverse Signal des Brems-
lichtschalters wird als redundantes Signal genutzt.

Bild: Bosch
▶ Ansteuerung der Magnetventile: Das Steuergerät liefert die
Ansteuersignale für die Magnetventile.
▶ Ansteuerung der rückförderpumpe: Durch Antrieb des elek- Komponenten eines ABS: 8 Magnetventile
1 Drehzahlfühler: hinten rechts 9 Kontrollleuchte für ABS
tromotors für die rückförderpumpe wird die Funktion Brems- 2 Drehzahlfühler: vorne rechts 10 Kontrollleuchte für Bremsanlage
druckabbau realisiert. 3 Drehzahlfühler: hinten links 11 Diagnoseanschluss
▶ Ausgabe Fahrzeuggeschwindigkeit: Die jeweils errechnete 4 Drehzahlfühler: vorne links 12 Ausgabe von z. B.:
aktuelle Fahrzeuggeschwindigkeit wird ausgegeben und 5 Bremslichtschalter + Bremstestschalter - Fahrzeuggeschwindigkeit
6 Bremsdruckgeber - Schlechtwegesignal
steht anderen Fahrzeugsystemen zur verfügung. Da die vom 7 Rückförderpumpe mit Elektromotor
ABS ermittelte Geschwindigkeit sehr genau ist, dient sie
auch als Basis für die Geschwindigkeitsanzeige im Kombi-
instrument. gesendet. Das Motorsteuergerät nutzt die Signale der Klopf-
▶ Ausgaben zur Fahrerinformation: Dem Fahrer werden wichti- sensoren, um verbrennungsaussetzer und dadurch beding-
ge Systeminformationen bei Bedarf in Textform und durch ten unrunden Motorlauf zu erkennen. Auf schlechten Weg-
Kontrolllampen angezeigt. strecken können Anregungen, die von der Fahrbahn auf die
▶ Ausgabe Schlechtwegesignal: Das Schlechtwegesignal wird angetriebenen räder übertragen werden, ebenfalls Ursache
bei Bedarf vom ABS-Steuergerät an das Motorsteuergerät

Arbeitsweise von Raddrezahlsensoren


Magnetoresistiver effekt halleffekt
ein Halbleiter ändert seinen Widerstand, wenn er sich in einem Mag- Befindet sich eine stromdurchflossene Leiterbahn in einem Magnetfeld,
netfeld befindet, dessen Stärke und richtung sich ändert. Diese Wider- werden die elektronen durch die Wirkung des Magnetfelds auf eine
standsänderung wird ausgewertet. Als impulsrad wird ein Magnetband Seite der Leiterbahn verschoben. Auf dieser Seite herrscht
verwendet, auf dem Nord- und Südpole wechselweise angeordnet sind. elektronenüberschuss. Auf der anderen Seite herrscht
elektronenmangel. Über Kontakte auf beiden Seiten der
Bild 14
Leiterbahn kann somit eine elektrische Spannung gemes-
Bild: vBM-Archiv

sen werden. Die Polarität (Lage von + und –) hängt von


der richtung des Magnetfelds (blaue Pfeile) ab. Als im-
pulsrad wird ein Magnetband verwendet, auf dem Nord- Bild 15
und Südpole wechselweise angeordnet sind. Mit jedem Polwechsel er-
folgt ein richtungswechsel der gemessenen Spannung. Die Anzahl der
Polwechsel (impulse) pro Zeiteinheit ist der raddrehzahl direkt propor-
tional und wird vom ABS-Steuergerät eingelesen. Das Steuergerät be-
Bild: vBM-Archiv

rechnet daraus für jedes rad die aktuelle Geschwindigkeit (Drehzahl).


Auf Basis dieser radgeschwindigkeiten berechnet das Steuergerät die
Fahrzeuggeschwindigkeit, die als Busbotschaft ausgegeben wird.

Servicetechniker 151
Bild 16 Bild 17

Bild: VBM-Archiv

Bild: VBM-Archiv
Die Bremslichtschalter sitzen meist am Pedal, manchmal jedoch Die dynamische Achslastverteilung beim Bremsen.
auch am Hauptbremszylinder.

für unrunden Motorlauf sein. Das ABS-Steuergerät erkennt entsteht ein Drehmoment um die Fahrzeugquerachse, das die
schlechte Wegstrecken durch Auswertung der Raddrehzahl- Vorderachse belastet. In der Praxis ist dieser Effekt durch das
signale. Dem Motorsteuergerät wird dies mitgeteilt. Das Mo- Einfedern des Fahrzeugaufbaus an der Vorderachse während
torsteuergerät kennt somit die Ursache für den unrunden eines Bremsvorgangs zu beobachten (Bremsnicken). Durch die
Motorlauf und reagiert nicht durch Eingriffe in das Motor- Zunahme der Achslast an der Vorderachse steigen auch die dort
management. übertragbaren maximalen Bremskräfte an. Die Entlastung der
Die Raddrehzahlen werden an allen vier Rädern separat ge- Hinterachse hat den gegenteiligen Effekt zur Folge, die maximal
messen. Bei neueren Systemvarianten kommen hierfür aktive übertragbaren Bremskräfte werden kleiner.
Sensoren zum Einsatz. Aktiv bedeutet, dass die Sensoren eine Entgegen der mechanischen Regelung des Bremsdruckes, wo
eigene Spannungsversorgung besitzen und physikalische Größen die Achslast bzw. der eingeleitete Bremsdruck als Regelgröße
in elektrische Größen umwandeln oder diese in digitaler Form dienen, nutzt das ABS-Modul den auftretenden Reifenschlupf,
ausgeben. Typischerweise arbeiten die eingesetzten Sensoren um eine Überbremsgefahr zu erkennen. Übersteigt der gemesse-
nach zwei unterschiedlichen physikalischen Prinzipien. Sie nutzen ne Reifenschlupf einen kritischen Wert, wird der Bremsdruck an
entweder den magnetoresistiven Effekt oder den Halleffekt. der entsprechenden Radbremse über das Auslassventil verringert.
Aktive und passive Raddrehzahlsensoren arbeiten systembe- Die ABS-Pumpe wird bei der EBV-Regelung nicht eingeschaltet.
dingt verschleißfrei. Aufgrund der verwendeten Dauermagnete Sollte das Rad trotz verringertem Bremsdruck blockieren (z. B. bei
können sich jedoch während der Nutzungsdauer metallische einem plötzlich auftretenden glatten Fahrbahnabschnitt), schließt
Partikel, zum Beispiel Abrieb von der Bremsanlage, an den Sen- sich der Bremsdruckreduzierung eine ABS-Regelbremsung an.
soren oder an den Raddrehzahl-Sensorringen ablagern. Dieser Aufgrund der geforderten höheren Bremsdruck-Regelqualität
Abrieb kann die Sensorfunktion beeinträchtigen. Wichtig: Aus werden bei ABS mit integrierter EBV oftmals Proportionalventile
diesem Grund muss bei jeder sensorbedingten Störung die Sau- in der Ventileinheit verwendet. Diese bieten gegenüber herkömm-
berkeit der Raddrehzahlsensoren und der Raddrehzahl-Sensor- lichen Schaltventilen den Vorteil, dass sie stufenlos angesteuert
ringe sorgfältig geprüft und sichergestellt werden. werden können und dadurch eine genauere Bremsdruckregelung
Der Bremslichtschalter/-pedalschalter ist in der Regel am ermöglichen.
Bremspedal verbaut. Bei manchen Modellen befindet er sich am Bei Rückwärtsfahrt besteht die Möglichkeit des Überbremsens
Hauptbremszylinder. Das ABS-Steuergerät benötigt die Informa- der Vorderachse durch die EBV-Funktion. Da bei Rückwärtsfahrt
tion, dass der Fahrer einen Bremsvorgang einleitet, zur Plausibi- die Vorderachse die Fahrtrichtung vorgibt, kann ein Überbremsen
lisierung des Signals des Bremsdrucksensors. Nur bei einem ak- der Vorderachse zu einem Ausbrechen des Fahrzeugs führen. Das
tiven Bremsvorgang durch den Fahrer wird bei Bedarf eine ABS- Fahrzeug ist dann nicht mehr lenkbar. Ein fahrdynamisch insta-
Regelung aktiviert. Die Signale der Schalter werden je nach biler Fahrzustand mit hoher Unfallgefahr ist die Folge. Besonders
Fahrzeugmodell diskret vom ABS-Steuergerät oder vom Motor- kritisch ist diese Situation bei Rückwärtsfahrt in unbefestigtem
steuergerät eingelesen. Das entsprechende Steuergerät gibt die Gelände hangabwärts. Bei Audi-Modellen, die auch für den Ein-
Information an das Steuergerät weiter, das für die Ansteuerung satz im Gelände vorgesehen sind (Q7, Q5), wird bei Rückwärts-
der Bremsleuchten zuständig ist. fahrt die EBV-Funktion umgekehrt: Die Vorderachse wird dann
mit reduziertem Bremsdruck abgebremst. Beim Q7 ist die Bedin-
Elektronische Bremskraftverteilung (EBV) gung hierfür die Aktivierung des „Offroad-Modus“ durch Betäti-
gung der ESC-Taste. Beim Q5 wird die „inverse“ EBV-Regelung
Beim Abbremsen eines Fahrzeugs erfolgt eine dynamische Achs- eingeschaltet, wenn der Fahrer den Bergabfahrassistent aktiviert.
lastverlagerung, das heißt, die Last erhöht sich an der Vorderach- Die Rückwärtsfahrt erkennt das Steuergerät über die Drehzahl-
se und verringert sich an der Hinterachse. Die Ursache dafür ist fühler. Bei Drehzahlfühlern ohne Drehrichtungserkennung erfolgt
die Massenträgheit des Fahrzeugaufbaus. Durch das Bremsen die Erkennung der Rückwärtsfahrt durch eine entsprechende

152 kfz-betrieb
Fahrzeug und Sicherheit

Auswertung der raddrehzahlen, des Lenkwinkels und der Gier- Bild 18


rate.
Die Kurvenbremsregelung dient dazu, die Fahrstabilität des
Fahrzeugs zu erhöhen, während es in einer Kurve bremst. Das
System wirkt ebenso wie die eBv im vorfeld einer ABS-regel-
bremsung. Aufgrund der dynamischen radlastenverschiebung
bei einer Kurvenfahrt verlagern sich die wirksamen radlasten
von den kurveninneren zu den kurvenäußeren Fahrzeugrädern.
Beim Bremsen entsteht dadurch an den kurveninneren rädern
ein höherer Schlupfwert als an den kurvenäußeren rädern, was
zu einer verringerung der Seitenführungskraft führt. Das dabei
auftretende Giermoment muss vom Fahrer durch entsprechendes
Gegenlenken korrigiert werden. Die Kurvenbremsregelung redu-
ziert den an den kurveninneren rädern anliegenden Bremsdruck,
wodurch die Seitenführungskraft erhalten bleibt. Die regelgröße
für die Bremsdruckreduzierung ist auch hier der auftretende rei-
fenschlupf. Die Kurvenbremsregelung ist vollständig im ABS in-
tegriert, zusätzliche externe Bauteile werden nicht benötigt.

Bremsscheibenwischer

Bild: Audi
Um bei regenwetter einen schnellen einsatz der Bremse zu er- Bei eingeschaltetem Scheibenwischer säubert die Elektronik auch die
Bremsscheiben.
möglichen, haben die Hersteller einen sogenannten Bremsschei-
benwischer in ihre Assistenzsysteme integriert. Denn bei nasser
Fahrbahn ist es nicht zu verhindern, dass sich auch auf den Brems- Bild 19
scheiben und den Bremsbelägen Wasser und Schmutz nieder-
schlägt. Der Bremsvorgang wird dadurch negativ beeinflusst, weil
der Wasserfilm die reibung zwischen Belag und Scheibe deutlich
herabsetzt, wenn der Bremsbelag an die Bremsscheibe gedrückt
wird. erst wenn die Feuchtigkeit verdrängt bzw. verdampft ist,
setzt die beabsichtigte Bremswirkung ein.
erkennt das Steuergerät über den eingeschalteten Scheiben-
wischer, dass die Fahrbahn nass sein muss, werden die Bremsbe-
läge der radbremsen an der vorderachse periodisch mit geringem
Bremsdruck (je nach Fahrzeugmodell zwischen 0,5 und 1,5 bar)
an die Bremsscheiben angelegt. Dadurch wird der Wasser-/
Schmutzfilm zwischen Belag und Scheibe beseitigt. Aufgrund des
geringen Bremsdrucks nimmt der Fahrer die regelung nicht wahr
und es entsteht auch kein nennenswerter verschleiß an Brems-
belag und Bremsscheibe. Die Zeitdauer des Anlegens des Brems-
belags ist sehr kurz und beträgt modellabhängig nur wenige
Sekunden.
Bild: Tenneco

Fahrbahnzustandserfassung
Prinzipieller Aufbau der Tenneco Fahrwerksregelung
1 MS-CAN-Datenbus
Wie bereits beschrieben, hängt der Bremsweg zu einem großen 2 HS-CAN-/MS-CAN-Datenbus Gateway
Teil von der Oberflächenbeschaffenheit der Fahrbahn ab. Deshalb 3 Diagnoseschnittstelle
ist es hilfreich für die ABS-regelung, informationen über den 4 HS-CAN-Datenbus
Zustand der Fahrbahn zu bekommen. Denn bedingt durch die 5 Regelventile – Federbeine vorn
6 Regelventile – Stoßdämpfer hinten
Massenträgheit der ungefederten Massen und der Fahrwerks- 7 Modul – Stoßdämpferregelung
dämpfung verlieren die Fahrzeugräder bei Überfahren von grö- 8 Spannungsversorgung
ßeren, abrupt auftretenden Fahrbahnunebenheiten kurzzeitig 9 Schalter – Stoßdämpferregelung
den Fahrbahnkontakt. Betätigt der Fahrer dabei die Bremse, 10 Federwegsensoren
11 Vertikalbeschleunigungssensoren
bleibt das abgehobene, also entlastete rad sofort stehen. Bei
einem konventionell arbeitenden ABS wird aufgrund des blo-

Servicetechniker 153
BilD 20 ckierten Rades der Bremsdruck im entsprechenden Bremskreis
sofort reduziert. Das führt dazu, dass das wieder auf der Fahrbahn
aufsetzende Rad keine Bremskraft überträgt, der Bremsweg ver-
längert sich.
Abhilfe können hier die Daten einer Stoßdämpferregelung
bringen. Diese erfasst über die Signale von Federwegsensoren
den Zustand der Fahrbahnoberfläche. Bei unebener Fahrbahn
kann die Stoßdämpferregelung so in einen Schlechtwegstrecken-

Bild: VBM-Archiv
modus schalten, bei dem die Zug- und Druckstufe der Raddämp-
fungen reduziert und der Fahrbahnkontakt verbessert wird. Das
ABS erhält über das Steuergerätenetzwerk ebenfalls ein entspre-
Angetriebene Achse mit konventionellem Mittendifferenzial. chendes Signal und aktiviert einen Regelmodus, bei dem der
MA = Antriebsmoment Bremsdruckabbau langsamer stattfindet. Durch Zusammenwir-
kung von ABS und Stoßdämpferregelung kann der Bremsweg bei
entsprechenden Fahrbahnbedingungen um bis zu 20 Prozent
BilD 21 verringert werden. Ein solches System bietet beispielsweise der
Zulieferer Tenneco.
Es bietet folgende Eigenschaften:
▶ Kontinuierliche Verstellung der Stoßdämpfercharakteristik
während der Fahrt
▶ Erfassung des Fahrbahnzustands über vier Federwegsenso-
ren
▶ Erfassung der Karosserievertikalbeschleunigung über drei
Vertikalbeschleunigungssensoren
Bild: VBM-Archiv

▶ Dreistufige Fahrprogrammwahl (Normal, Komfort, Sport)


▶ Erfassung des Fahrzeugbeladungszustands über die Feder-
wegsensoren an der Hinterachse
Angetriebene Achse mit elektronischer Differenzialsperre (EDS). ▶ Interaktion zwischen ABS/Elektronischem Stabilitätspro-
MB = Bremsmoment
gramm und Stoßdämpferregelung bei schlechtem Fahrbahn-
zustand (Fahrbahnzustandserfassung)
BilD 22
Servicehinweise.
▶ Die Stoßdämpferregelung ist nur in Verbindung mit Sportfe-
dern verfügbar.
▶ Die Ansteuerung der Regelventile (an Federbein bzw. Stoß-
dämpfer) erfolgt über die unterschiedliche Höhe des Stell-
stroms (0,29 A-1,6 A).
▶ Die Regelventile können nicht einzeln ausgetauscht werden,
sondern nur in Verbindung mit dem Federbein/Stoßdämp-
fer.
▶ Die Anschlusskabel der Regelventile dürfen bei Beschädi-
Bild: VBM-Archiv

gungen instand gesetzt werden.

Für die Stoßdämpferregelung wurden Fahrwerkskomponenten


eigens angepasst:
Hydraulikplan der elektronischen Differenzialsperre:
▶ Verstärkter Hilfsrahmen an der Vorderachse
ASV 1: Ansaugventil für den Schwimmkolbenkreis des Hauptbremszylinders ▶ Neues Design der oberen Querlenker an der Hinterachse
ASV 2: Ansaugventil für den Druckstangenkolbenkreis des Hauptbremszylinders
AV: Auslassventil Elektronische Differenzialsperre (EDS)
D: Dämpferkammer
DBV: Druckbegrenzungsventil
EV: Einlassventil Das folgende Beispiel beschreibt das Verhalten der Räder einer
RFP: Rückförderpumpe angetriebenen Achse mit konventionellem Mittendifferenzial: Ein
S: Speicherkammer
Rad der Achse befindet sich auf einem glatten Untergrund, hat
USV 1: Umschaltventil für den Schwimmkolbenkreis des Hauptbremszylinders
USV 2: Umschaltventil für den Druckstangenkolbenkreis des Hauptbremszylinders also einen geringen Reibungskoeffizient zwischen Reifen und
Fahrbahn. Das andere Rad der Achse steht auf Asphalt mit einem

154 kfz-betrieb
Fahrzeug und Sicherheit

Bild 23 Bild 24 Bild 25

Foto: vBM-Archiv

Bild: vBM-Archiv

Bild: vBM-Archiv
Bremsdruckaufbau bei der EDS. Bremsdruck halten bei der EDS. Bremsdruckabbau bei der EDS.

hohen reibungskoeffizienten. Das rad auf dem glatten Unter- werden. Die rückförderpumpe muss für die eDS Bremsflüssigkeit
grund dreht sich mit größerer Geschwindigkeit, da der geringere aus dem vorratsbehälter ansaugen können. Damit die ABS-
reibungskoeffizient zwischen reifen und Fahrbahn dem drehen- Funktion „Bremsdruckabbau“ mit entsprechender rückförderung
den rad geringeren Widerstand entgegensetzt. im extremfall der Bremsflüssigkeit gegen den vom Fahrer eingesteuerten Brems-
(zum Beispiel wenn ein rad auf eis steht) dreht das rad durch, druck weiterhin erhalten bleibt, muss diese Ansaugleitung ge-
während das andere rad stillsteht. Die gesamte Motorleistung schlossen werden. Dies übernehmen die zusätzlichen Ansaug-
wird dann in reibleistung und nicht in vortrieb umgesetzt. ventile (ASv).
Ursache für dieses verhalten ist die Wirkungsweise des Diffe- im Gegenzug muss bei einer eDS-regelung die Leitung von
renzialgetriebes. es überträgt auf beide räder das gleiche An- der rückförderpumpe zum Bremsflüssigkeitsvorratsbehälter ge-
triebsmoment. Hat ein rad großen Antriebsschlupf, sinkt dort schlossen werden, um Bremsdruck an der jeweiligen radbremse
das übertragene Antriebsmoment. Das Moment ist dann bei aufbauen zu können. Auch diese Funktion übernimmt ein zusätz-
ungünstigen verhältnissen (ein rad auf eis) so gering, dass es liches Magnetventil pro Bremskreis. Die Software für die ermitt-
für den Antrieb des anderen rads nicht mehr ausreicht. Das lung des regelbedarfs, die Berechnung der regelvorgänge und
Fahrzeug bleibt dann mit einem durchdrehenden und einem still der Ansteuersignale für die entsprechenden Magnetventile und
stehenden rad auf der Stelle stehen. die rückförderpumpe ist im ABS-Steuergerät implementiert. Wei-
Hier schafft die eDS-Funktion Abhilfe. Das mit größerer Ge- tere Änderungen an den ABS-Systemkomponenten sind für die
schwindigkeit (und mit größerem Schlupf) drehende rad wird eDS-Funktion nicht erforderlich.
gezielt abgebremst. Dieses Bremsmoment (MB) erhöht den Wi- Um den Bremsdruck aufzubauen, wird das entsprechende An-
derstand, der dem drehenden rad entgegengesetzt wird. Oder saugventil vom Steuergerät angesteuert. Die Ansaugleitung ist
anders ausgedrückt: Um das rad zu drehen, ist mehr Antriebs- damit geöffnet und die rückförderpumpe kann Bremsflüssigkeit
moment erforderlich. Da aufgrund der oben beschriebenen Funk- über den Hauptbremszylinder aus dem Bremsflüssigkeitsbehälter
tion des Differenzials an beiden rädern das gleiche Moment ansaugen. Durch Schließen des entsprechenden Umschaltventils
übertragen wird, erhöht sich auch das Antriebsmoment am an- wird die verbindung von der Druckseite der rückförderpumpe
deren rad. Diese Drehmomenterhöhung durch Abbremsung des zum Bremsflüssigkeitsbehälter geschlossen. Durch Ansteuerung
rads mit größerem Antriebsschlupf findet so lange statt, bis sich des elektromotors wird die rückförderpumpe angetrieben und
beide Antriebsräder mit annähernd gleicher Geschwindigkeit Bremsdruck aufgebaut.
bewegen. Für die Funktion „Bremsdruck halten“ wird die rückförderpum-
Für die eDS-Funktion ist ein aktiver Bremsdruckaufbau erfor- pe abgeschaltet. Die ventilbeschaltung bleibt gegenüber der
derlich. Dafür wird die bereits für die ABS-Funktionen verwende- Funktion „Bremsdruck aufbauen“ unverändert.
te rückförderpumpe genutzt. Dafür muss das ABS-Hydraulikag- Beendet das Steuergerät die Ansteuerung der ventile, wird die
gregat um insgesamt vier zusätzliche Schaltventile erweitert direkte verbindung von radbremse und Bremsflüssigkeitsbehäl-

Servicetechniker 155
Bild 26

Bild: VBM-Archiv
Regelstrecke der Antriebsschlupfregelung.

ter wieder hergestellt und der Bremsdruck abgebaut. Durch die wird weniger, und zusätzliche Seitenführungskräfte können bei
aktiven Bremseingriffe erwärmen sich die Bauteile der Radbrem- Bedarf übertragen werden. Dadurch bleibt das Fahrzeug lenkbar
sen. Um eine Überhitzung und dadurch verursachte Beschädi- und ein kritischer Fahrzustand wird verhindert. Die Regelung
gung zu verhindern, ist in der Software ein Temperaturmodell kann bei damit ausgestatteten Fahrzeugmodellen über einen
integriert. Es berechnet die Temperaturen der Bremsscheiben auf Taster abgeschaltet werden.
Basis der Dauer der Bremseingriffe, der Fahrgeschwindigkeit, des Wesentliche Eingangsinformationen für das ASR sind die Rad-
jeweiligen Bremsdrucks und der Materialwerte der Bauteile. Wer- drehzahlen und das jeweils aktuelle Drehmoment des Fahrzeug-
den Temperaturgrenzwerte erreicht, deaktiviert die Elektronik die motors („Ist-Motormoment“). Die Raddrehzahlinformationen sind
Regelung gleitend. Je nach Fahrzeugmodell ist die EDS-Funktion die Basis für die Ermittlung des Schlupfs der angetriebenen Rä-
bis zu einer bestimmten Maximalgeschwindigkeit aktiv. der. Erreicht dieser Wert an einem Rad den vorgegebenen Grenz-
wert, wird ASR aktiv. Das Steuergerät ermittelt dann die erfor-
Antriebsschlupfregelung (ASR) derliche Drehmomentreduzierung, um den Schlupf auf ein unkri-
tisches Maß zu verringern. Das dabei einzuhaltende Drehmoment
Die ASR unterstützt den Fahrer bei Anfahr- und Beschleunigungs- wird dem Motorsteuergerät in Form von konkreten Momenten-
vorgängen. Vor allem bei hochmotorisierten Fahrzeugen kann es vorgaben übermittelt („Soll- Motormoment“). Gleichzeitig erhält
bei widrigen Straßenverhältnissen durch den geringen Reibungs- bei Fahrzeugen mit Automatikgetriebe oder automatisiertem
koeffizienten zwischen Reifen und Fahrbahn und die großen Schaltgetriebe das Getriebesteuergerät die Anforderung, keine
Antriebsmomente zu erhöhtem Antriebsschlupf kommen. Im Ex- Schaltvorgänge während der aktiven Regelung vorzunehmen.
tremfall drehen die Antriebsräder sogar zeitweise durch. Dadurch Das Motorsteuergerät kann die Leistung durch entsprechende
wird nicht nur der Vortrieb eingeschränkt, auch der Reifenver- motorische Maßnahmen reduzieren:
schleiß steigt an und die Lenkbarkeit des Fahrzeugs ist beein- ▶ Winkeländerung der Drosselklappe
trächtigt. Das kann besonders bei Beschleunigungsvorgängen ▶ Reduzierung der Einspritzmenge bzw. Ausblendung von Ein-
bei Kurvenfahrt zu fahrdynamisch kritischen Situationen führen. spritzimpulsen
ASR verhindert wirkungsvoll, dass der Antriebsschlupf ein kriti- ▶ Zündwinkelverstellung (Spätzündung) oder Ausblendung
sches Maß erreicht. Für die Realisierung des ASR ist keine zusätz- von Zündimpulsen
liche Hardware zum ABS mit EDS erforderlich. Die Regelungs- Welche Maßnahmen zur Anwendung kommen, ist von der
software wird wie bei EDS mit in das ABS-Steuergerät integriert. Applikation abhängig (vom Fahrzeugtyp, von der Motorisierung,
Die Kommunikation zwischen ASR und dem Motormanagement etc.).
findet typischerweise über Datenbussysteme statt. ASR gibt bei ASR und EDS ergänzen sich. Beide Systeme erfüllen die Auf-
zu großem Antriebsschlupf dem Motorsteuergerät den „Auftrag“, gabe, die Traktion des Fahrzeugs zu verbessern. ASR beeinflusst
das Drehmoment zu reduzieren. Dadurch werden die Antriebs- aufgrund der Drehmomentreduzierung beide Räder einer ange-
kräfte in der Radaufstandsfläche reduziert. Der Antriebsschlupf triebenen Achse in gleichem Maß. Wenn beide Räder einen zu

156 kfz-betrieb
Fahrzeug und Sicherheit

Bild 27

Bild: vBM-Archiv
Regelstrecke der Motorschleppmomentregelung.

großen Antriebsschlupf aufweisen, ist die ASr-regelung die ge- Das Motorsteuergerät stellt dieses Sollmoment durch entspre-
eignete Maßnahme, diesen Schlupf zu begrenzen. in bestimmten chende motorische Maßnahmen ein, beispielsweise durch eine
Situationen befinden sich die angetriebenen räder jedoch auf Änderung der Drosselklappenstellung. Die Drehzahl der ange-
unterschiedlich „griffiger“ Fahrbahn. in diesen Fällen wird das triebenen räder wird dadurch wieder erhöht und der Schlupf
rad mit dem geringeren reibungskoeffizienten größeren An- reduziert. Die erlaubten Schlupfwerte liegen in einem Bereich,
triebsschlupf aufweisen. Hier wird vorzugsweise die eDS-rege- der ein bestmögliches Motorbremsmoment ermöglicht. Gleich-
lung aktiviert. ist in der Folge der Antriebsschlupf an beiden zeitig ist noch ausreichendes Potenzial für Seitenführungskräfte
rädern zu hoch und annähernd gleich groß, wird wiederum ASr gegeben.
aktiviert. Die MSr wird nur dann aktiv, wenn folgende Bedingungen
erfüllt sind:
Motorschleppmomentregelung (MSR) ▶ unbetätigtes Fahrpedal
▶ unbetätigtes Kupplungspedal
Aufgabe der MSr ist es, den Bremsschlupf an den angetriebenen ▶ eingelegter Gang
rädern zu begrenzen, der durch die Motorbremse entsteht. Die
regelungssoftware ist im ABS-Steuergerät integriert. Nimmt der Unter diesen voraussetzungen ist die MSr auch bei abge-
Fahrer während der Fahrt den Fuß vom Fahrpedal, wird die Dreh- bremstem Fahrzeug aktiv.
zahl des Antriebsmotors plötzlich stark reduziert und die An- Bosch ABS/eSc-Systeme verfügen bei Fahrzeugen mit Auto-
triebsräder entsprechend abgebremst. Abhängig von den reib- matikgetrieben über eine weitere Funktion, die bei gleichzeitiger
verhältnissen zwischen Fahrbahn und reifen baut sich entspre- Betätigung von Fahrpedal und Bremspedal aktiviert wird. Diese
chender Bremsschlupf auf. im extremfall kann es dabei sogar Funktion ist speziell für den Anfahrvorgang konzipiert und ist bis
zum Blockieren der räder kommen – verbunden mit dem verlust zu einer Fahrgeschwindigkeit von etwa 15 km/h wirksam. Wird
der Lenkfähigkeit des Fahrzeugs. zuerst das Bremspedal betätigt und im Anschluss daran zusätzlich
Der gleiche Zustand kann eintreten, wenn der Fahrer eine für das Fahrpedal, sendet das ABS eine Busbotschaft an das Motor-
den jeweiligen Fahrzustand zu niedrige Gangstufe einlegt. Auch steuergerät. Das Motorsteuergerät wird dann damit „beauftragt“,
hier ermittelt die regelungssoftware die Schlupfwerte an den das Motormoment zu reduzieren. Die Höhe der jeweiligen re-
angetriebenen rädern durch eine Auswertung der raddrehzah- duktion ist dabei abhängig von der Höhe des vom Fahrer einge-
len. Überschreitet der Bremsschlupf an einem rad einen festge- steuerten Bremsmoments. Überschreitet das Maß der Fahrpedal-
legten Grenzwert, wird die regelung aktiviert. Dann berechnet betätigung den Betätigungsweg des Bremspedals um einen
MSr auf der Basis des vom Motorsteuergerät empfangenen ist- vorgegebenen Grenzwert (etwa 30 Prozent), wird die Funktion
Motordrehmoments das zur reduzierung des Schlupfs erforder- abgebrochen. ein Abbruch erfolgt ebenfalls, wenn der Fahrer mit
liche Motormoment. Diesen berechneten Wert übermittelt die einem „kickdown“ beschleunigt.
elektronik dann dem Motorsteuergerät als Soll-Motormoment. Georg Selgrad

Servicetechniker 157
Weiterbildung

Servicetechniker
technik von Profis für Profis

Motor- und MotorManageMentsysteMe


bordnetz, vernetzung, koMMunikation
fahrzeug und koMfort
navigation, unterhaltung, infotainMent
Fahrzeug und Sicherheit
fahrzeug, reifen, fahrWerk
kraftstoffe und antriebe
instandsetzung und diagnose
sensoren, aktoren
Motor, abgase und uMWeltProbleMatik
antriebsstrang
fahrzeugsysteMe/Mechatronik

904/2014 www.kfz-betrieb.de 158


Fahrzeug und Sicherheit

Assistenzsysteme – Teil 2

Immer sicher in der Spur


Brems- und Fahrdynamikregelsysteme

BIld 1

Bild: Bosch
Wenn das Auto auszubrechen droht, bietet das ESP eine wertvolle Unterstützung.

Ohne Zweifel hat das elektronische Stabilitätsprogramm (eSP) leuchten und Displayanzeigen informieren den Fahrer zudem
die Autos sicherer gemacht. Sehr eindrücklich ist das an einer über den Systemzustand. Mit einem eventuell verbauten Schalter
Statistik zu erkennen, die Mercedes auf Basis von Daten des kann der Fahrer je nach Fahrzeugmodell bestimmte Systemfunk-
statistischen Bundesamtes erstellt hat. Demnach ging bis 2012 tionen ab- und/oder umschalten.
seit dem serienmäßigen einsatz von eSP bei Mercedes-Benz der Wie der Name schon angibt, dient das eSP zum Stabilisieren
Anteil der Fahrunfälle mit Fahrzeugen der Marke in Deutschland des Fahrzeugs in fahrdynamisch kritischen Zuständen. Dazu nutzt
um über 42 Prozent zurück. Nicht zuletzt wegen solcher Zahlen das System generell drei verschiedene einflussfaktoren:
müssen seit November 2011 alle neuen Pkw- und leichten Nutz- ◼ aktiver Bremsdruckaufbau mit Bremseingriff an bestimmten
fahrzeugmodelle in der eU mit dem Schleuderschutz ausgestat- rädern
tet sein. Ab November 2014 wird diese eSP-Pflicht auf alle eU- ◼ eingriffe in das Motormanagement zur Leistungsreduzierung
Neufahrzeuge ausgeweitet. ◼ eingriffe in das Getriebemanagement zur Schaltunterdrü-
Das Grundprinzip dieses aktiven Sicherheitssystems ist schnell ckung
erklärt: Durch das Abbremsen einzelner räder kann die elektroni- Bei Fahrzeugen mit einer Dynamiklenkung leitet das eSP bei
sche regelung die Fahrtrichtung eines Fahrzeugs beeinflussen. Bedarf auch stabilisierende Lenkwinkelkorrekturen ein. im vor-
Bremst sie beispielsweise bei Geradeausfahrt das rechte vorderrad dergrund der regelung stehen jedoch die Bremseingriffe. Die
ab, erzeugt die Bremskraft durch den Abstand von der Hochachse
des Fahrzeugs ein Drehmoment um diese Hochachse, das die
richtung des Fahrzeugs ändert, wenn der Fahrer nicht gegenlenkt. inhalt
Gegenüber einem ABS mit elektronischer Differenzialsperre
Brems- und Fahrdynamikregelsysteme
(eDS) kommt beim eSP eine im Aufbau geänderte Hydraulikein-
heit zum einsatz. Die regelungssoftware des eSP und die der  lenkwinkelgeber 161
anderen regelsysteme befinden sich zentral in einem Steuergerät.
 Hydraulischer Bremsassistent 162
Zusätzlich zu den raddrehzahlsensoren sind für die eSP-Funktion
weitere Sensoren erforderlich, damit die elektronik einen Soll-ist-  Elektronische Quersperre 163
vergleich der Fahrzeugbewegungen durchführen kann. So erfasst  Gespannstabilisierung 167
ein Drehwinkelsensor den Lenkradwinkel und verschiedene Geber  durch ESP beauftragte Systeme 168
die Quer- und Längsbeschleunigung sowie die Gierrate. Kontroll-

Servicetechniker 159
Bild 2 Bild 4

Bild: Audi
Durch gezieltes Abbremsen einzelner Räder lässt sich ein Drehmoment um die Hochachse des
Fahrzeugs erzeugen, das die Fahrtrichtung verändert.

Bild 3

Bild: VBM-Archiv
Komponenten eines ESP-Systems:
Bild: VBM-Archiv

1-4 Drehzahlfühler
5 Lenkwinkelgeber
6 Bremslichtschalter/Bremspedalschalter
7 Bremsdruckgeber
Hydraulikschaltplan eines ESP-Systems: 8 Sensoreinheit für das ESP, mit:
HSV 1: Hochdruckschaltventil für den Schwimmkolbenkreis des Hauptbremszylinders - Querbeschleunigungsgeber
HSV 2: Hochdruckschaltventil für den Druckstangenkolbenkreis des Hauptbremszylinders - Drehratengeber
AV: Auslassventil - Längsbeschleunigungsgeber
D: Dämpferkammer 9 Steuergerät für Sensorelektronik (alternativ zu 8)
DBV: Druckbegrenzungsventil 10 Taster für ASR und ESP
EV: Einlassventil 11 Hydraulikeinheit mit Rückförderpumpe und Schaltventilen
RFP: Rückförderpumpe 12 Magnetventile
S: Speicherkammer 13-16 Kontrollleuchten
USV 1: Umschaltventil für den Schwimmkolbenkreis des Hauptbremszylinders 17 Diagnoseanschluss
USV 2: Umschaltventil für den Druckstangenkolbenkreis des Hauptbremszylinders A Steuergerät für ABS/ESP

Leistungsreduzierung erfolgt durch die selben Maßnahmen wie ESP reagiert in einem solchen Fall durch den aktiven Brems-
bei der ASR-Funktion. druckaufbau am linken Vorderrad. Das dadurch erzeugte Dreh-
Am Beispiel eines Ausweichvorgangs lässt sich ein ESP-Regel- moment wirkt dem Ausbrechen des Fahrzeughecks entgegen und
vorgang mit Bremseingriff gut darstellen: stabilisiert so das Fahrzeug. ESP-Regelungen laufen innerhalb
Der Fahrer bemerkt relativ spät ein stehendes Auto auf seiner von Millisekunden ab. Dabei setzt die Elektronik auf die bereits
Fahrspur. Durch eine schnelle Lenkbewegung steuert er sein in Teil 1 beschriebenen Teilfunktionen „Bremsdruck aufbauen“,
Fahrzeug auf die benachbarte linke Fahrspur. Aufgrund widriger „Bremsdruck halten“ und „Bremsdruck abbauen“.
Straßenverhältnisse neigt das Fahrzeug jedoch zum Übersteuern, Wie beschrieben, ist für die ESP-Regelung im Vergleich zur
das Fahrzeugheck hat also die Tendenz, auszubrechen. Ohne ABS/EDS-Hydraulikeinheit eine Erweiterung notwendig. EDS ist
einen entsprechenden Regeleingriff würde sich das ausweichen- lediglich in der Lage, automatisch Bremsdruck an den angetrie-
de Fahrzeug in dieser Situation querstellen. Auch eine vom Fah- benen Rädern aufzubauen. ESP muss jedoch auch bei Fahrzeugen
rer eingeleitete Gegenlenkbewegung reicht nicht aus, um das mit Frontantrieb Bremsdruck an allen vier Rädern individuell
Fahrzeug zu stabilisieren. einsteuern können. Außerdem müssen die Ansaugventile für die

160 kfz-betrieb
Fahrzeug und Sicherheit

rückförderpumpe im Unterschied zu eDS in der Lage sein, auch


bei vollem, durch den Fahrer eingesteuerten Bremsdruck zu schal- Bild 5
ten. Dies ist erforderlich, da im Unterschied zum eDS die eSP-
regelung bei Bedarf auch während eines Bremsvorgangs erfolgen
muss. in diesem Fall wird der Bremsdruck an dem entsprechenden
rad zusätzlich über das vom Fahrer eingesteuerte Maß hinaus
erhöht. Als Ansaugventile dienen deswegen in der eSP-Hydraulik
spezielle Hochdruckschaltventile. Die hydraulischen Teilfunktio-
nen „Bremsdruck aufbauen“, „Bremsdruck halten“ und „Brems-
druck abbauen“ entsprechen der der eDS-Funktion.
Die Software für die eSP-regelung ist gemeinsam mit der für
ABS-, eBv-, eDS- und ASr-regelungen in einem Steuergerät in-
tegriert. Die elektronik ermittelt und vergleicht permanent das
Fahrzeugist- und das Fahrzeugsollverhalten. Überschreitet die

Bild: vBM-Archiv
Abweichung von Soll- und istverhalten vorgegebene Grenzwerte,
wird die regelung aktiviert.
Das Steuergerät wertet die Messwerte der Drehrate (Giermo-
ment um die Fahrzeughochachse) sowie der Längs- und Querbe- Optisch arbeitender Lenkwinkelsensor:
1 Inkrementallochmaske; 2 Absolutlochmaske; 3 Dioden; 4, 5 optische Sen-
schleunigung aus. Die Messwerte der Drehzahlfühler liefern soren.
radschlupfwerte sowie die Fahrgeschwindigkeit und Daten für
Beschleunigung und verzögerung. Der (die) Bremsdruckgeber Bild 6
liefern zudem die information zum aktuellen Druck im Primärkreis

Bild: vBM-Archiv
des Bremssystems. Bei Fahrzeugen mit Automatikgetriebe wird
dem ABS/eSP-Steuergerät außerdem die aktuelle Gangwahl
durch eine Datenbusbotschaft übermittelt.
Um das Sollverhalten des Fahrzeugs bestimmen zu können,
muss das Steuergerät folgende Fahreraktivitäten erfassen: Len-
ken, Betätigung des Fahrpedals und Bremsen. Den Fahrtrich-
tungswunsch des Fahrers übermittelt dabei der Lenkwinkelgeber.
Die Stellung des Fahrpedals wird dem ABS/eSP-Steuergerät
durch eine Busbotschaft vom Motorsteuergerät mitgeteilt. Durch
das Signal des Bremslichtschalters kann das Steuergerät zudem
einen durch den Fahrer eingeleiteten Bremsvorgang berücksich-
tigen. Der Messwert des Bremsdruckgebers liefert ein redundan-
tes Signal, das dann auch eine Grundlage für die Berechnung
von stabilisierenden eSP-Bremseingriffen ist.
Lenkwinkelsensor
mit Fotodioden.
Lenkwinkelgeber
Bild 7
Die Hersteller setzen in ihren eSP-Systemen unterschiedliche
Bild: vBM-Archiv

Lenkwinkelsensoren ein. Alle dieser Geber legen den Lenkrad-


winkel als Botschaft auf den Datenbus.
in optisch arbeitenden Gebern fällt das Licht von Dioden durch
verschiedene Lochmasken auf optische Sensoren. Diese erzeugen
eine Signalspannung, die sich durch eine unterschiedliche Zahn-
teilung der Lochmasken ändert (Bild 5). Diese „codierung“ wird
von der elektronik ausgewertet und liefert eine Winkelinforma-
tion im Messbereich von 0° bis 360°.
Andere Geber arbeiten mit einem Kamerasystem, für das Fo-
todioden genutzt werden. Diese sind fest im Sensorgehäuse ein-
gebaut. Mit der Lenkspindel ist eine codescheibe verbunden. Auf Optisch und ma-
dieser Scheibe sind verschiedene codespuren analog und digital gnetisch arbeiten-
der Lenkwinkelsen-
aufgebracht (ähnlich einem Barcode). Die nicht bedruckten Be-
sor.
reiche dieser codespuren sind transparent. Als Lichtquelle werden

Servicetechniker 161
densatorplatten. Die Masse selbst ist beidseitig mit Kontakten
Bild 8 versehen, sodass mit den beiden äußeren Kondensatorplatten
zwei Kondensatoren gebildet werden.

Bild: VBM-Archiv
Wird das Fahrzeug beschleunigt, ändert die Masse aufgrund
ihrer Trägheit ihre Lage zwischen den Kondensatorplatten. Da-
durch ändert sich auch der Abstand der Platten beider Konden-
satoren. Wird der Abstand größer, nimmt die Kapazität des Kon-
densators ab. Im Beispiel (Bild 8) wird die Kapazität des Kon-
densators C1 kleiner, die von C2 größer. Diese Kapazitätsände-
rungen werden durch die Elektronik ausgewertet und sind ein
direktes Maß für die jeweilige Beschleunigung.
Ein Längsbeschleunigungsgeber ist zum Beispiel bei Fahrzeu-
gen mit Allradantrieb und/oder Berganfahrassistent/Anfahras-
sistent erforderlich. Bei Fahrzeugen von Audi sitzt beispielsweise
im „Quattro-Antrieb“ eine Haldex-Kupplung. Bedingt durch ihre
Funktionsweise existiert bei geschlossener Kupplung eine starre
Kopplung von Vorder- und Hinterrädern. Bei niedrigen Reibwer-
Funktionsprinzip
des Beschleuni- ten kann in diesen Fällen das ESP unter bestimmten Umständen
gungssensors. die reale Fahrzeuggeschwindigkeit aus den Messwerten der Dreh-
zahlfühler nicht mehr genau genug ermitteln. Das Signal des
Längsbeschleunigungsgebers kann in diesem Fall als Referenz-
LEDs genutzt. Die Fotodioden empfangen das durch die trans- signal dienen.
parenten Bereiche der Codespuren dringende Licht und tasten Für die Funktionen Berganfahrassistent und Anfahrassistent
so die sich mit jeder Lenkradbewegung drehenden Codespuren ist es für die Elektronik wichtig, den Neigungswinkel der Fahrbahn
ab. Die Erkennung, ob sich das Lenkrad im Drehwinkelbereich zu kennen. Auch der Längsbeschleunigungsgeber arbeitet nach
von 0°bis 360° befindet oder im Bereich von 361° bis 720°, dem Funktionsprinzip der „seismischen Masse“. Je nach Größe
erfolgt durch einen zusätzlichen mechanischen Abgriff. Ähnlich des Neigungswinkels der Fahrbahn ändert sich auch die Wirkrich-
wie bei einer Schallplatte wird dabei ein kleiner Hebel in einer tung der Erdbeschleunigung auf die seismische Masse und damit
Schneckenspur auf der Unterseite der Codescheibe geführt. Die der Messwert des Sensors. Ältere Fahrzeugmodelle mit elektro-
Auswertung der Codesignale und der Position des mechanischen mechanischer Parkbremse sind ebenfalls mit einem Längsbe-
Hebels liefert das Signal des Lenkradwinkels (Bild 6). schleunigungsgeber ausgestattet. Dessen Messwerte werden
Es gibt auch Lenkwinkelsensoren, die optische und magneti- sowohl für die Parkbremsfunktion als auch für Anfahrassistent
sche Messverfahren miteinander kombinieren (Bild 7). Dabei und Berganfahrassistent ausgewertet.
funktioniert der optische Sensor ähnlich wie der oben beschrie-
bene. Mit dem Rotor, der auf der Lenkspindel befestigt ist, ist die
Codescheibe verbunden. Der Rotor ist als Zahnrad ausgebildet. Hydraulischer Bremsassistent (HBA)
Es steht im permanenten Eingriff mit einem kleineren, im Gehäu-
se gelagerten zweiten Zahnrad. Dieses zweite Zahnrad ist mit Untersuchungen über das Bremsverhalten in Notsituationen zei-
einem zweipoligen Permanentmagneten verbunden. Durch jede gen, dass viele Fahrer das Bremspedal mit zu geringer Kraft be-
Lenkbewegung wird der Magnet in eine Drehbewegung versetzt. tätigen. Dadurch erreicht das Bremssystem die physikalisch mög-
Zwei im Gehäuse gelagerte Hallsensoren erfassen die Position lichen Bremskräfte nicht und der Fahrer „verschenkt“ wertvollen
des Magneten. Durch das optische und das Hallsignal kann die Bremsweg. Das Ziel des HBA ist es deshalb, den Bremsdruck bei
Elektronik den Lenkradwinkel komplett erfassen. einer Gefahrenbremsung so weit zu erhöhen, dass das Auto einen
Da die optischen Sensoren im Gehäuse des Lenkwinkelgebers möglichst kurzen Bremsweg hat und gleichzeitig lenkbar bleibt.
nach einigen Jahren verstauben können, setzen einige Hersteller Auch hier hat Mercedes die Unfallstatistik ausgewertet. In den
auch rein mit Hallgebern ausgestattete Lenkwinkelgeber ein. Jahren 1998 bis 2003, also nach der serienmäßigen Einführung
Diese haben zudem den Vorteil, dass sie komplett verschleißfrei des HBA, sank die Zahl der Auffahrunfälle von Mercedes-Fahr-
arbeiten. zeugen um acht Prozent.
Der Bremsassistent ist eine Funktionserweiterung des ESP. Um
ihn auszulösen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Sensoren für Quer- und Längsbeschleunigung ◼ Der durch den Fahrer eingesteuerte Bremsdruck muss einem
Mindestwert entsprechen (etwa 30 bar).
Quer- und Längsbeschleunigungssensoren arbeiten nach dem ◼ Die Geschwindigkeit des Bremsdruckaufbaus muss einem
Prinzip der „seismischen Masse“. Vereinfacht dargestellt befindet Mindestwert entsprechen.
sich dabei eine schwingend gelagerte Masse zwischen zwei Kon- ◼ Der Bremslichtschalter muss betätigt sein.

162 kfz-betrieb
Fahrzeug und Sicherheit

Bei einer Gefahrenbremsung betätigt der Fahrer das Brems-


pedal mit deutlich höherer Geschwindigkeit und größerer Kraft Bild 9
als bei einem vorausschauend eingeleiteten Bremsvorgang. Die

Bild: vBM-Archiv
Folge ist ein sehr schneller Bremsdruckanstieg. Während bei einer
„normalen“ Bremsung die Druckaufbaugeschwindigkeit etwa in
einem Bereich von 30 bis 60 bar/s liegt, beträgt sie bei einer
Gefahrenbremsung ein vielfaches dieses Wertes. Die regellogik
erkennt die Notbremssituation durch Auswertung der Geschwin-
digkeit des Bremsdruckanstiegs. Diese information liefern die in
der eSP-Hydraulikeinheit integrierten Drucksensoren. Der sich Unterschied im
anschließende regelvorgang setzt sich aus drei Phasen zusam- Bremsdruckauf-
bau zwischen ei-
men.
ner normalen
und einer Gefah-
Phase 1 renbremsung.
Die Geschwindigkeit des durch den Fahrer eingeleiteten Brems-
druckaufbaus überschreitet einen definierten Grenzwert, und das Bild 10
System erkennt eine Notbremssituation. Das Steuergerät leitet

Bild: vBM-Archiv
einen aktiven Bremsdruckaufbau ein. Dazu werden die Hoch-
druckschaltventile und die Umschaltventile angesteuert. Die
rückförderpumpe wird ebenfalls angesteuert und saugt die
Bremsflüssigkeit über die offenen Hochdruckschaltventile an.
Der vom Fahrer eingesteuerte Bremsdruck erhöht sich um den
aktiven Druckaufbau an allen vier radbremsen. Ziel ist es, so
schnell wie möglich die ABS-regelung auszulösen.

Phase 2
Durch die Abbremsung bis in den ABS-regelbereich wird das
Fahrzeug so gut verzögert, wie es die Straßenverhältnisse zu-
lassen. Die ABS-regelung erfolgt durch die Funktionen „Brems-
druck aufbauen“, „Bremsdruck halten“ und „Bremsdruck ab-
bauen“.
Dabei wird in jedem Bremskreis das rad mit dem niedrigeren
Bremsdruck mit dem jeweils zugeordneten einlassventil geregelt,
das rad mit höherem Bremsdruck mit dem jeweiligen Umschalt-
ventil. im Beispiel (Bild 12) ist der Bremsdruck in der radbremse
vorne rechts größer als hinten links. Der Bremsdruck vorne rechts
soll durch „Bremsdruck halten“ nicht weiter erhöht werden, der
Bremsdruck hinten links kann weiter ansteigen. Das entsprechen-
de einlassventil für das rad vorn rechts wird angesteuert. Da-
durch wird die verbindung zwischen Pumpe und radbremse
Phase 1 bei der
unterbrochen. Am rad hinten links kann über das geöffnete
Notbremsung mit
einlassventil ein weiterer Druckaufbau stattfinden. Soll auch hier aktivem Brems-
der Bremsdruck konstant gehalten werden, wird das entsprechen- druckaufbau.
de einlassventil ebenfalls geschlossen.

Phase 3 früher, also bei geringerer Bremsdruckaufbaugeschwindigkeit,


Der Fahrer entlastet das Bremspedal. Das Steuergerät erkennt aktiviert. Durch dieses sensiblere Auslösen lässt sich bei Not-
dies durch die Auswertung des Drucksignals vom Bremsdruck- bremsungen der Bremsweg zusätzlich minimieren.
sensor und schaltet die HBA-regelung ab. Bei Fahrzeugen mit
Acc (Adaptive cruise control) wird die verkehrssituation vor dem
Auto permanent von den radarsensoren beobachtet. Dies ge- elektronische Quersperre
schieht auch dann, wenn der Fahrer Acc nicht aktiviert hat. er-
kennt die elektronik dabei eine Situation mit höherem Unfall- Die elektronische Quersperre soll die Traktion bei Kurvenfahrt
gefahrenpotenzial, werden die Aktivierungsbedingungen des verbessern, die Untersteuerneigung eines Autos vermindern und
HBA geändert. Die Funktion wird dann bereits entsprechend damit die Fahrdynamik verbessern. Auch sie ist eine Software-

Servicetechniker 163
Bild 11 Bild 13

Bild: VBM-Archiv

Bild: VBM-Archiv
ABS-Regelung in der Phase 2 einer Notbremsung.

Bild 12
Übertragung der Antriebsmomente der Räder (MA) abhängig von der Querbe-
schleunigung (ay):
1. Kurvenfahrt mit offenem Differenzial ohne Quersperreneingriff
2.+3. Kurvenfahrt mit offenem Differenzial und Quersperreneingriff

Bei einem konventionellen Differenzial für den Drehzahlaus-


gleich ist dies jedoch nicht möglich. Denn das Differenzial ver-
teilt das Gesamtdrehmoment des Antriebs immer zu jeweils 50
Prozent auf die angetriebenen Räder. Da am kurveninneren Rad
aufgrund der geringeren Radlast auch nur kleinere Antriebs-
kräfte (und damit auch kleinere Drehmomente) übertragbar
sind, kann auch das kurvenäußere Rad – trotz größeren Poten-
zials – nur die gleiche Antriebskraft übertragen wie das kurven-
innere Rad. Im Unterschied zur EDS-Regelung ist die elektroni-
sche Quersperre präventiv aktiv, also wenn noch kein kritischer
Schlupf an den Rädern besteht. Die Regelungssoftware schätzt
zu diesem Zweck die Radlaständerungen auf Basis des Fahr-
zeugverhaltens ab. Dieses wird hierbei im Wesentlichen auf
Basis der Messwerte des Lenkwinkelgebers und der Querbe-
schleunigung bestimmt. Die Regelung ist mit den aktiven
Bremseingriffen der EDS-Regelung vergleichbar. Da das System
jedoch bereits wirkt, bevor sich kritische Schlupfwerte ergeben,
Bild: VBM-Archiv

können die Bremseingriffe mit deutlich geringeren Bremsdrü-


cken stattfinden als bei der EDS-Regelung. Dadurch wird das
Material geschont und der Regelkomfort erhöht. Die EDS-Re-
Ansteuerung der Radbremsen in Phase 2 einer Notbremsung. gelung bleibt aktiv, setzt aber erst bei definierten Schlupfwer-
ten ein.
Bild 13 zeigt, dass die maximal übertragbaren Momente mit
erweiterung im ABS/ESP-Steuergerät. Die Regelung ist immer zunehmender Querbeschleunigung am kurvenäußeren Rad grö-
aktiv und kann durch den Fahrer nicht ausgeschaltet werden. ßer werden. Am inneren Rad werden sie in etwa gleichem Ver-
Die bei jeder Kurvenfahrt wirkende Fliehkraft greift bekannt- hältnis kleiner.
lich im Fahrzeugschwerpunkt an und wirkt radial nach kurven- 1.) Kurvenfahrt mit offenem Differenzial ohne Quersperren-
außen. Als Folge werden die kurveninneren Räder entlastet und eingriff: Die übertragbaren Antriebsmomente sind am belasteten
die kurvenäußeren Räder zusätzlich belastet. Wie bereits erläutert, kurvenäußeren Antriebsrad genauso groß wie am entlasteten
sind mit zunehmender Radlast generell auch größere Kräfte im kurveninneren Antriebsrad. Am kurvenäußeren Antriebsrad könn-
Radaufstandspunkt übertragbar. Das bedeutet, dass die kurven- ten jedoch größere Antriebsmomente übertragen werden. Das
äußeren Räder größere Antriebskräfte übertragen können als die ist mit einem konventionellen Differenzial ohne zusätzliche
kurveninneren Räder. Bremseingriffe nicht möglich.

164 kfz-betrieb
Fahrzeug und Sicherheit

2.) + 3.) Kurvenfahrt mit offenem Differenzial und Quersper- ◼ die Funktion im Personalisierungsmenü nicht deaktiviert
reneingriff: Durch aktiven Bremsdruckaufbau wird am entlasteten wurde,
kurveninneren rad ein zusätzliches Bremsmoment aufgebracht. ◼ im System kein funktionsrelevanter Fehler abgespeichert ist.
Dieses erhöht das Gesamtmoment an diesem rad, da ein zusätz- Der bei betätigter Bremse aufgebaute Bremsdruck wird mit-
liches Antriebsmoment notwendig ist, um das Bremsmoment zu hilfe der einlass- bzw. Auslassventile des eSP an der radbremse
überwinden. Folglich ist auch am kurvenäußeren rad ein höhe- „eingesperrt“. Die Hochdruckpumpe läuft dabei nicht an. Bei
res Antriebsmoment (gleich groß wie das Gesamtmoment am erreichen des Kupplungsschleifpunkts wird der Bremsdruck
kurveninneren rad) wirksam. Die größere Antriebskraft kurven- nacheinander in Bremskreis i und Bremskreis ii gelöst.
außen bewirkt ein Drehmoment (Giermoment) um die Fahrzeug- Die aktivierte Berganfahrhilfe wird automatisch abgeschaltet
hochachse, das den Fahrer beim einlenken unterstützt und damit und die betätigte Bremse gelöst, wenn
eine spürbar höhere Fahrzeugagilität bewirkt. ◼ das Bremspedal erneut betätigt wird oder
Die elektronische Quersperre wird nicht aktiv bei sehr kleinen ◼ das Kupplungspedal losgelassen wird oder
reibwerten zwischen reifen und Fahrbahn. Die Funktion ist durch ◼ das Fahrzeug nicht innerhalb von rund 2,5 Sekunden ange-
den Fahrer nicht abschaltbar. fahren wird oder
◼ die elektronische Feststellbremse betätigt wird oder
radselektive Momentensteuerung ◼ der Motor abgestellt bzw. abgewürgt wird.
Die radselektive Momentensteuerung kommt bei Fahrzeugen mit Für die Anfahrerkennung nutzt die Berganfahrregelung die im
Allradantrieb zum einsatz. Das System ist eine Weiterentwicklung Fahrzeug bereits vorhandenen Signale von Motordrehzahl und
der elektronischen Quersperre. Hiermit sind separate automati- Motordrehmoment. Motordrehzahl und Motordrehmoment
sche Bremseingriffe an allen vier rädern möglich. Die generelle weisen nämlich während des Anfahrvorgangs einen charakte-
Funktionsweise entspricht der der elektronischen Quersperre. ristischen verlauf auf (Bild 14).
Auch die radselektive Momentensteuerung wird durch Bremsein- A: vor dem einrücken der Kupplung betätigt der Fahrer zunächst
griffe bereits wirksam, bevor sich erhöhter Antriebsschlupf auf- das Fahrpedal. Dadurch steigen die Motordrehzahl deutlich und
bauen kann. Das Fahrverhalten bleibt spürbar länger neutral. das Motordrehmoment gering an.
Untersteuern beim einlenken und Beschleunigen wird nahezu B: Die einrückende Kupplung verringert die Motordrehzahl und
neutralisiert. regeleingriffe des eSP erfolgen deutlich später, falls erhöht das im Antriebsstrang wirksame Drehmoment.
sie überhaupt noch notwendig sind. Wie die elektronische Quer- c: Bei voll eingerückter Kupplung hat die Motordrehzahl ihr Ma-
sperre wird auch die radselektive Momentensteuerung nicht ximum in Bezug auf die Fahrpedalstellung erreicht. Aufgrund der
aktiv, wenn der reibwert zwischen reifen und Fahrbahn sehr verringerten Fahrwiderstände sinkt das wirksame Drehmoment
klein ist. Auch die radselektive Momentensteuerung ist eine Soft- wieder ab.
wareerweiterung im ABS/eSP-Steuergerät. Sie ist immer aktiv, Die bei einrückender Kupplung absinkende Motordrehzahl
der Fahrer kann sie nicht abschalten und das zugleich ansteigende Motordrehmoment bestimmen den
Zeitpunkt, zu dem das System die Bremse löst.
Berganfahrregelung im elektrohydraulischen System laufen die vorgänge folgen-
Die Berganfahrregelung unterstützt den Fahrer beim Anfahren dermaßen ab:
des Fahrzeugs an einer Steigung, indem sie das unbeabsichtigte Während des Bremsvorgangs durch den Fahrer sind die
Zurückrollen des Fahrzeugs verhindert. Das System ist im elek- Umschaltventile in der eSP-Hydraulikeinheit geöffnet. Der durch
tronischen Stabilitätsprogramm integriert und nutzt die Betriebs- den Fahrer eingesteuerte Bremsdruck gelangt zu den radbremsen.
bremse des Fahrzeugs. Der Fahrer hat je nach Fahrzeug teilweise Nimmt der Fahrer den Fuß vom Bremspedal, werden die Um-
die Möglichkeit, die Funktion über ein „Personalisierungsmenü“ schaltventile in der eSP-Hydraulikeinheit geschlossen. Der vorher
im Kombiinstrument seinen Bedürfnissen entsprechend einzu-
stellen (manuelle Aktivierung, automatische Aktivierung, voll-
ständige Deaktivierung). Bild 14
Die Berganfahrregelung wird aktiviert, wenn
Bild: vBM-Archiv

◼ der Motor läuft,


◼ die Bremse betätigt ist,
◼ das Fahrzeug für mindestens eine Sekunde steht,
Charakteristische Verläufe
◼ die Kupplung getreten ist,
von Drehzahl und Dreh-
◼ die Handbremse nicht betätigt ist, moment beim Anfahren:
◼ das Fahrzeug an einer Steigung von mindestens drei Grad A Fahrpedal wird betä-
steht, tigt,
B Kupplungsschleifpunkt
◼ das Fahrzeug an einem Gefälle von mindestens drei Grad
erreicht,
steht und der rückwärtsgang eingelegt ist, C Kupplung voll einge-
◼ bei eingestellter manueller Aktivierung das bereits betätigte rückt.
Bremspedal kurz weiter durchgetreten wird,

Servicetechniker 165
Anfahrassistent
Bild 15 Bild 16
Der Anfahrassistent ist eine Weiterentwicklung des Berganfahras-

Bild: VBM-Archiv

Bild: VBM-Archiv
sistenten, die in erster Linie einem verbesserten Komfort dient.
Im Gegensatz zum Berganfahrassistenten ist das System deshalb
durch den Fahrer ein- und abschaltbar. Bei aktivierter Funktion
wird das Fahrzeug unabhängig vom Fahrbahnneigungswinkel
während der gesamten Stillstandszeit im gebremsten Zustand
gehalten. Bedingung hierfür ist, dass der Fahrer das Fahrzeug
selbst aktiv bis in den Stillstand gebremst hat.
Der Anfahrassistent nutzt auch die Funktion der elektrome-
chanischen Parkbremse (EPB) und ist folglich an die Ausstattung
des Fahrzeugs mit EPB gebunden. Das System umfasst folgende
Funktionen:
◼ Bremst der Fahrer das Fahrzeug bis zum Stillstand ab, hält
der Anfahrassistent das Fahrzeug während der Stillstands-
zeit im gebremsten Zustand. Der Fahrer wird entlastet und
muss nicht während der gesamten Stillstandszeit das Brems-
pedal betätigen, um ein Wegrollen des Fahrzeugs zu verhin-
Hydraulikschaltkreis bei Berganfahrhilfe und Hydraulikschaltkreis bei Berganfahrhilfe und dern.
getretener Bremse. gerade gelöster Bremse.
◼ Beim Anfahren löst die Elektronik die Bremse in dem Mo-
ment, in dem das Drehmoment des Antriebsmotors aus-
reicht, um ein Zurückrollen des Fahrzeugs bei geneigter
Fahrbahn zu verhindern.
durch den Fahrer eingesteuerte Bremsdruck wird dadurch gehal- Wird das Fahrzeug mit aktiviertem Anfahrassistenten ange-
ten, das Fahrzeug kann nicht zurückrollen. Diese Haltefunktion halten, wird die Feststellbremse unter folgenden Bedingungen
ist zeitlich begrenzt auf maximal etwa 1,5 Sekunden. Nach Ablauf automatisch aktiviert:
dieser Zeitdauer wird die Ansteuerung der Ventile abgeschaltet. ◼ Gurtschloss des Fahrers wird geöffnet.
Für das Umsetzen des Fußes zum Zweck des unmittelbaren An- ◼ Fahrertür wird geöffnet.
fahrens ist dies ausreichend. In der Regel erfolgt der Umsetzvor- ◼ Zündung (Kl.15) wird ausgeschaltet.
gang sogar schneller, sodass der Fahrer bereits nach weniger als Zur Aktivierung des Anfahrassistenten müssen folgende Be-
1,5 Sekunden Gas gibt. Die Regellogik ermittelt zudem auf Basis dingungen erfüllt sein:
der Hangneigung, welches Motordrehmoment erforderlich ist, ◼ Fahrertür und Gurtschloss des Fahrers sind geschlossen.
damit das Fahrzeug nicht zurückrollt. Ist dieses Motordrehmo- ◼ Der Antriebsmotor läuft.
ment erreicht, werden die Ventile auch vor der maximalen An- ◼ Der Anfahrassistent wurde durch Betätigung des Tasters ak-
steuerdauer von 1,5 Sekunden wieder geöffnet. tiviert.
Um den richtigen Lösezeitpunkt der Betriebsbremse zu ermit- ◼ ESP und EPB arbeiten fehlerfrei.
teln, nutzt das Steuergerät folgende Informationen: Bei Stillstand des Fahrzeugs werden die Umschaltventile in
◼ Fahrbahnneigung der ESP-Hydraulikeinheit geschlossen. Der vorher durch den Fah-
◼ Motormoment des Antriebsmotors rer eingesteuerte Bremsdruck wird dadurch gehalten. Ist der durch
◼ Betätigung des Fahrpedals den Fahrer eingesteuerte Bremsdruck zu gering, um das Fahrzeug
◼ Beabsichtigte Fahrtrichtung sicher im Stand zu halten, baut das ESP zusätzlichen Bremsdruck
Die Informationen zur Betätigung des Fahrpedals erhält die auf. Da sich die Magnetspulen der Ventile bei Ansteuerung er-
Regelungssoftware durch eine Busbotschaft vom Motorsteuer- wärmen, ist deren Ansteuerdauer zeitlich begrenzt. Erreichen die
gerät. Hier wird primär die Betätigungsgeschwindigkeit des Pe- Ventile die maximale Temperatur von etwa 200° C, schließt die
dals ausgewertet. elektromechanische Parkbremse (EPB) mechanisch. Sie hält das
Bei Fahrzeugen mit Start-Stop-System und Schaltgetrieben Fahrzeug dann während der gesamten weiteren Stillstandszeit
wird die jeweils eingelegte Gangstufe durch entsprechende Sen- in gebremstem Zustand.
sorik erkannt und in die Regelung einbezogen. Bei Fahrzeugen Der Fahrer bekommt die aktivierte Funktion durch die LED im
ohne Start-Stop-System und mit Schaltgetrieben erfolgt die Er- Taster und durch eine Anzeige im Schalttafeleinsatz angezeigt.
kennung der beabsichtigten Fahrtrichtung durch Auswertung Wurde die Bremsfunktion von der EPB übernommen, wechselt
des Rückfahrlichtschalters. Der Berganfahrassistent ist auch dann die Farbe der Anzeige im Schalttafeleinsatz von Grün auf Rot.
aktiv, wenn das Anfahren in Rückwärtsfahrt hangaufwärts ge- Setzt der Fahrer seine Fahrt fort, wird die Bremse wieder geöffnet,
schieht. Der eingelegte Rückwärtsgang wird dem ABS/ESP- sobald das Motordrehmoment groß genug ist, um ein Zurückrol-
Steuergerät durch eine Busbotschaft mitgeteilt. len des Fahrzeugs zu verhindern.

166 kfz-betrieb
Fahrzeug und Sicherheit

Bergabfahrassistent
Bild 17
Der Bergabfahrassistent soll den Fahrer im Gelände unterstützen.

Bild: Audi
Denn bekanntlich beschleunigt die Hangabtriebskraft ein hang-
abwärts fahrendes Auto selbst dann, wenn der Fahrer das Fahr-
pedal nicht betätigt. Der Bergabfahrassistent bremst deshalb das
Fahrzeug radselektiv ab, um eine konstante Geschwindigkeit
sicherzustellen. Die gezielte Bremskraftverteilung verbessert au-
ßerdem die Lenkbarkeit des Fahrzeugs. Die Funktion übernimmt
eine Zusatzsoftware im ABS/eSP-Steuergerät.
Sie wird zum Beispiel bei den Audi-Modellen Q7 und Q5 als
Serienausstattung angeboten. Die generelle Funktionsweise ist
in beiden Modellen gleich: Wenn das Motorschleppmoment des
Antriebsmotors nicht mehr ausreicht, um ein Beschleunigen des
Fahrzeugs zu verhindern, erfolgen aktive Bremseingriffe. Dafür
steuert die elektronik die rückförderpumpe an, und die betref-
Arbeitsweise der
fenden räder werden durch Bremsdruckaufbau abgebremst. Wie Gespannstabilisie-
bei eDS oder eSP arbeitet auch der Bergabfahrassistent mit den rung.
Teilfunktionen Bremsdruck aufbauen, Bremsdruck halten und
Bremsdruck. Die ABS-regelung ist weiterhin aktiv.
Beim Q7 aktiviert der Fahrer die Funktion, indem er den Taster regungen (z.B. Fahrbahnverhältnisse, Spurrinnen, Seitenwind) die
für ASr und eSP betätigt und den Offroad-Modus einschaltet. Amplitude der Schwingung. verlässt dann der Fahrer nicht den
Beim Audi Q5 kann der Fahrer die Funktion durch einen separa- kritischen Geschwindigkeitsbereich, „schaukelt“ sich die Schwin-
ten Schalter aktivieren. gung auf. Die Pendelbewegungen des Anhängers werden auch
Der Bergabfahrassistent wird automatisch aktiviert, wenn fol- auf das Zugfahrzeug übertragen.
gende Bedingungen erfüllt sind: Diese Gierbewegungen um die Fahrzeughochachse werden
vom Drehratensensor erfasst und vom ABS/eSP-Steuergerät aus-
Beim Audi Q5 gewertet. Bei Bedarf veranlasst das Steuergerät zu Beginn der
◼ Die Funktion ist durch den Taster eingeschaltet. regelung wechselseitig kurze stabilisierende eSP-regeleingriffe
◼ Die Fahrgeschwindigkeit liegt zwischen 9 und 30 km/h an der vorder- und Hinterachse. reicht das nicht aus, muss das
(Fahrzeuge mit Schaltgetriebe) sowie 4 und 30 km/h (Auto- Fahrzeug den kritischen Geschwindigkeitsbereich möglichst rasch
matikgetriebe). verlassen. Dazu „beauftragt“ das ABS/eSP-Steuergerät das Mo-
◼ Das Gefälle beträgt etwa zehn Prozent. torsteuergerät, Drehmoment zu reduzieren, um die Fahrgeschwin-
◼ Fahr- und Bremspedal sind nicht betätigt. digkeit zu verringern. Gleichzeitig werden alle vier räder durch
das eSP abgebremst.
Beim Audi Q7 Die Gespannstabilisierung kommt bei Fahrzeugen mit werk-
◼ Der Modus offroad ist aktiv. seitig verbauter Anhängerkupplung zum einsatz. ein angekup-
◼ Die Fahrgeschwindigkeit ist kleiner als 20 km/h. pelter und elektrisch angeschlossener Anhänger wird vom ABS/
◼ Das Gefälle beträgt etwa zehn Prozent. eSP-Steuergerät automatisch erkannt.
◼ Fahr- und Bremspedal sind nicht betätigt. Bei nachträglich angebauten Anhängerkupplungen muss
Der Bergabfahrassistent wird auch aktiv, wenn kein Gang ein- darauf geachtet werden, dass alle relevanten Steuergeräte
gelegt ist oder in Schaltstufe N und ebenso bei rückwärtsfahrt (eSP, einparkhilfe, rückfahrkamera, etc.) korrekt codiert wer-
hangabwärts. Der Fahrer kann jederzeit die Geschwindigkeit den. Die Gespannstabilisierung ist eine Softwareerweiterung
erhöhen oder verringern, indem er Gas gibt oder bremst. Greift im ABS/eSP-Steuergerät. Sie kann vom Fahrer nicht deaktiviert
der Fahrer aktiv ein, wird die regelung abgeschaltet. Nimmt der werden.
Fahrer den Fuß wieder vom Pedal, hält das Steuergerät die neu
eingestellte Geschwindigkeit.
Fading Brake Support (FBS)

Gespannstabilisierung Bei extrem starker Beanspruchung der Bremsanlage kann Fading


(„Bremsschwund“) auftreten. Die Bremskraft lässt dabei nach,
Leichte Pendelbewegungen eines Anhängers können sich bei obwohl der Fahrer den Druck auf das Bremspedal konstant hält
bestimmten Fahrzuständen so verstärken, dass es zu einem kri- oder sogar erhöht. Dieser effekt wird durch hohe Temperaturen
tischen Fahrzustand kommt. Diese Situation tritt meist ab etwa von Bremsscheibe und Bremsbelag hervorgerufen. Der reibwert
75 km/h auf. Hier verstärken die schwingungsauslösenden An- zwischen Scheibe und Belag nimmt dabei ab und die übertrage-

Servicetechniker 167
Optimierte Bremskraftverstärkung
Bild 18 Die effektivste Art, den Bremskraftverstärker mit Unterdruck zu
versorgen, ist es, den Saugrohrunterdruck des Verbrennungs-
motors zu nutzen. Abhängig von den verwendeten Motor- und
Getriebevarianten ist der Saugrohrunterdruck jedoch bei be-
stimmten Lastzuständen nicht immer ausreichend. Dies kann zum
Beispiel bei Ottomotoren mit Automatikgetrieben besonders
während der Kaltstartphase der Fall sein. Wird hier bei Last die
Drosselklappe weit geöffnet, bricht der Saugrohrunterdruck zu-
sammen. Durch diesen Unterdruckmangel wird der Aussteuer-
punkt des Bremskraftverstärkers früher erreicht. Dann findet
keine weitere Bremskraftverstärkung mehr statt. Weiterer Brems-
druckaufbau ist dann nur noch in dem Maße möglich, in dem

Bild: VBM-Archiv
der Fahrer den Druck auf das Bremspedal erhöht.
Der nötige Unterdruck kann generell von einem separaten
Aggregat (zum Beispiel eine elektrische/mechanische Unter-
Kraftverhältnisse beim Bremsfading-Support. druckpumpe) erzeugt werden. Alternativ kann der Unterdruck-
mangel auch durch einen aktiven Bremsdruckaufbau ausgegli-
Bild 19 chen werden. Das ESP-Steuergerät vergleicht dazu den erforder-
lichen (Soll-)Unterdruck mit dem tatsächlich im Saugrohr vorhan-
denen Istwert. Registriert die Elektronik eine definierte Abwei-
chung, leitet die Software einen aktiven Druckaufbau zur Unter-
stützung des Fahrers ein. Der jeweilige Bremsdruck an den
Radbremsen wird dann auf den gleichen Wert eingestellt, der
bei ausreichender Unterdruckversorgung vorhanden wäre. Der
Fahrer spürt von diesem „Helfer“ wenig, für ihn ist das Verhältnis
von Pedaldruck und erreichter Bremskraft immer das Gleiche.
Das ist auch das Ziel der Regelung: Der Fahrer soll nicht durch
ungewohntes Bremsverhalten seines Fahrzeugs verunsichert
werden.

Durch ESP beauftragte Systeme


Bild: Audi

Aufbau der Audi-Dynamiklenkung.


Dynamiklenkung
Im Audi A4, Modelljahr 2008, setzte Audi erstmals eine Dyna-
ne Bremskraft sinkt. Dieser Verlust an Bremskraft wird durch miklenkung ein. Dieses Lenksystem ist in der Lage, den Lenkwin-
einen zusätzlichen Bremsdruckaufbau der ESP-Pumpe ausgegli- kel der Vorderräder unabhängig vom Fahrer zu ändern. Dadurch
chen. Für diese Regelung wertet die im ABS/ESP-Steuergerät ist eine variable Lenkübersetzung möglich.
enthaltene Regellogik den vom Fahrer eingesteuerten Bremsdruck Im Zusammenspiel mit dem ESP und seinen Sensoren wird das
und die Verzögerung an den gebremsten Rädern aus. Entspricht System auch bei kritischen Fahrzuständen aktiv. Denn in bestimm-
die Radverzögerung bei hohem Bremsdruck nicht vorgegebenen ten Fahrsituationen kann eine automatische Lenkwinkelkorrektur
Sollwerten, erkennt das Steuergerät Fading. den Fahrzustand stabilisieren. Durch gezielte Variation des Lenk-
Überschreitet die Bremse dabei vorgegebene Grenzwerte, wird einschlags der Vorderräder unterstützt die Dynamiklenkung somit
die FBS-Regelung aktiv. Das ABS/ESP-Steuergerät erzeugt dann das ESP im fahrdynamischen Grenzbereich. Hierdurch ergeben
zusätzlich zum Bremsdruck, der durch den Fahrer eingesteuert sich zwei wesentliche Vorteile:
wird, einen erhöhten Bremsdruck. Dessen Höhe ist so bemessen, ◼ Die Gesamtstabilität des Fahrzeugs wird durch gleichzeitige
dass die Bremswirkung auf das Fahrzeug die gleiche ist wie bei Brems- und Lenkungseingriffe verbessert, die aktive Sicher-
einem Fading-freien Bremsvorgang. heit wird deutlich erhöht.
Der Fahrer bemerkt den Regelvorgang durch einen deutlich ◼ In weniger kritischen Fahrsituationen kann entweder teilwei-
verschlechterten Bremskomfort; er bekommt die aktive Regelung se oder sogar vollständig auf die ESP-Bremseingr