Rhythmisch-musikalische
Förderung
Judith Berzins
Ioanna Dimosthenous
Simone Mones
Mirjam Neuffer
Andrea Palkowich
Christina Schäfer
Sabine Schludi
Verena Zepf
Inhaltsverzeichnis:
2. Entwicklungsspezifische Grundlagen S. 6
2.1. Wahrnehmung S. 6
2.1.1 Die Sinnessysteme im Wahrnehmungsprozess S. 7
2.1.2 Wahrnehmung als Grundlage der Intelligenz- und
Persönlichkeitsentwicklung S. 12
2.1.3 Ganzheitliche Wahrnehmung S. 14
2.1.4 Sensomotorik in der Rhythmik S. 17
2.1.5 Wahrnehmung und Konzentration S. 18
2.2. Kindliche Entwicklung im Bereich Musik S. 18
3. Rhythmisch-musikalische Erziehung S. 23
3.1. Lernbereiche in der Rhythmik S. 23
3.1.1 Sprachheilpädagogische Rhythmik S. 25
3.1.2 Singen und Stimme S. 29
3.1.3 Bewegung(slieder) S. 31
3.2 Zielvorstellungen S. 33
4. Lehrplanbezug S. 35
4.1 Lehrplan für Hörgeschädigte S. 35
4.2 Lehrplan für Geistigbehinderte S. 36
4.3 Lehrplan für Sprachbehinderte S. 39
5. Praxisbeispiele S. 42
6. Literaturangaben S. 45
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1. Was ist Rhythmik?
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Musikpädagogik
Wie wichtig ist Musik für Kinder?
Kinder und Jugendliche für Musik und eigenes Musizieren zu begeistern, ist eine
Aufgabe, die in der Gesellschaft einen höheren Stellenwert bekommen muss, da
• die Musik das Gemeinschaftsgefühl stärkt, wie wir jeden Samstag in
unseren Fußballstadien und sonntags in der Kirche bemerken können.
• Kinder durch die Musik lernen ihre Gefühle zum Ausdruck bringen.
• Singen auch ein Prozess ist, der den Spracherwerb begleitet und fördert
und zwar in viel stärkerem Maße, als dies ursprünglich angenommen wurde.
Bereits direkt nach der Geburt nehmen Sie aktiv oder passiv Einfluss auf die
musikalische Entwicklung.
So können Sie dem Kind, das sich danach sehnt, sich zu erweitern, eine große
Anzahl von Klängen, Tönen und Geräuschen anbieten. Dies beginnt bereits mit
den Klängen der Natur, dem Gesang der Vögel, dem Zirpen der Grillen, dem
Quaken der Frösche oder dem Wehen des Windes.
Bevor ein Kind sprechen lernt, lernt es singen. Singen Sie also mit ihm, auch wenn
Sie der Meinung sind, sie singen falsch. Singen Sie alles, was sie selbst als Lied
gelernt haben, nicht nur die Wiegenlieder. Wenn Sie Ihr Repertoire zusätzlich
erweitern möchten, stehen Bücher und CDs in großer Auswahl zur Verfügung.
Nach und nach wird Ihr Kind die Lieder mitsingen.
Ein wichtiger Tipp: Das musikalische Gehör bildet sich in den ersten Jahren erst
richtig aus. Deshalb kann es sein, dass Ihr Kind zunächst falsch singt. Dies ist
kein Anzeichen von Unmusikalität! Die Stimme wird durch die Ausbildung des
Gehörs erst mitgeschult.
Aber Kinder wollen nicht nur Stimme und Sprache ausbilden, Kinder wollen auch
Fingerfertigkeiten erlernen und Geräusche mit den Händen machen. Sie
verfeinern damit gleichzeitig die Grob- und Feinmotorik ihrer Hände. Dies
passiert meist beim Spiel. Beispielsweise in der Küche, wo mit Töpfen und
Topfdeckeln hantiert wird. Hier können Klangspielzeuge unterstützen und
Freude bringen. Tanzbänder, Schellenkränze, Mundharmonikas oder Ratschen
können schon für wenig Geld erworben werden und die Aufmerksamkeit des
Kindes fesseln.
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Neben den Klangspielzeugen können Glockenspiele und klingende Stäbe die Skala
der Möglichkeiten erweitern. Auch Klangtrommeln können bereits von den
Kleinsten bedient werden.
Mit zunehmender Fingerfertigkeit können dann auch schwierigere Instrumente
eingesetzt werden, die stärker zur Hand-/Kopfkoordination und zur Hand-/
Handkoordination herausfordern. Alle diese Instrumente entstammen entweder
dem Melodien oder dem Rhythmus erzeugenden Klangspektrum.
Es ist wichtig, sowohl das Gefühl für Melodien und Harmonien, als auch das
Gefühl für Rhythmus und Tanz zu entwickeln.
Welch große Bedeutung diese musikalische Früherziehung nicht nur für die
Förderung der Musikalität von Kindern hat, sondern auch zur Unterstützung des
Spracherwerbs, der emotionalen Entwicklung etc., wurde erst in den letzten
Jahrzehnten von der Musikpädagogik richtig erkannt.
Im Bereich Musik gilt grundsätzlich noch mehr als in allen anderen Bereichen:
Alles, was Ihrem Kind Spaß macht, sollte gefördert werden, denn es bereichert.
Vor einem ersten Musikunterricht steht also dem Kind bereits die Welt der
Klänge und Töne weit offen. Überforderung durch Drill und Disziplin sind im ganz
jungen Alter nicht angebracht. Hilfreich kann es sein, sich Gruppen zur
musikalischen Früherziehung anzuschließen oder eine solche zu bilden. Durch den
Tausch von Instrumenten und Spielzeugen, durch gemeinsames Singen und
Spielen werden auch soziale Kompetenzen in starkem Maße gefördert.
Manche Eltern quälen sich mit Selbstbewertungen der eigenen Sangeskünste und
kommen zu dem abschließenden und vernichtenden Urteil, dass sie falsch singen
(was sogar stimmen kann) und sie deshalb unmusikalisch sind (was so garantiert
nicht stimmt). Daher wird oft gar nicht mehr versucht, zu singen.
Deshalb möchte ich an dieser Stelle alle, die gerne singen möchten, sich aber
nicht recht trauen, dazu ermutigen und zudem darauf hinweisen, dass zahlreiche
Hilfestellungen, Anregungen und Möglichkeiten in Form von Büchern, CDs oder
Kindersinggruppen existieren.
Die Frage, was man denn mit den Kindern singen soll, ist angesichts fehlender
eigener Gesangserfahrungen nicht eindeutig zu beantworten. Ich möchte hier
einige Wege aufzeigen, die Sie anregen sollen, Ihren eigenen Zugang zur Musik
zu suchen. Solange Ihr Kind noch nicht selbst singen und kommunizieren kann,
können Sie ihm zu allen Gelegenheiten vorsingen.
Welche Lieder? Nun, alles was sie selbst singen können, ob in deutsch, englisch
oder kisuaheli ist Ihrem Kind erst mal egal. Sie werden sich sicher noch an einige
Lieder erinnern, die Ihnen als Kind gefallen haben. Sie haben Ihre Lieblingssongs
als Teenager gehabt und auch heute können Sie Ihre Lieblingslieder meist
mitsingen. Und: Warum nicht "Stille Nacht" im Hochsommer singen, wenn Sie es
singen können? Für Ihr Kind ist der Zeitpunkt zunächst einmal nicht bedeutsam,
Hauptsache, es wird mit Klängen und Tönen regelrecht gefüttert. Melodie und
Rhythmik sind dabei nur zwei Aspekte ein und desselben Vorgangs. Bewegen Sie
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sich deshalb - auch mit Ihrem Kind auf dem Arm oder im Tragesack - zu Ihrem
Gesang, damit Ihr Kind sein eigenes Rhythmusgefühl entwickelt.
Wenn Ihr Kind seine eigene Stimme zu entdecken beginnt, sollten die Lieder
„kindgerechter“ werden, also einfache Texte besitzen und möglichst auch
zunächst einfache Bewegungsabfolgen mit einbeziehen.
Da Sie - wie die meisten Erwachsenen - von fast allen Liedern nur eine halbe
oder maximal eine Strophe beherrschen, bietet es sich an Bücher mit Texten an
zu schaffen, denn die meisten Lieder haben drei oder vier Strophen. Viele Texte
finden Sie auch im Internet.
(aus: www.erzieherin-online.de)
2. Entwicklungsspezifische Grundlagen
2.1. Wahrnehmung
Schon zu seiner Zeit hatte Goethe eine wichtige Erkenntnis gewonnen: Der
Mensch kann sich erst dann als Ganzes wahrnehmen, wenn seine Sinne
miteinander verbunden sind und sie miteinander kommunizieren.
Diese Erkenntnis wird in den vergangenen Jahren von wissenschaftlichen
Forschungsergebnissen bestätigt. Das Gehirn wird nicht mehr als eine
übergeordnete Instanz angesehen, die Sinnesreize nach genetisch vorgegebenen
Mustern verarbeitet. Ein Leben lang werden neue Wahrnehmungen durch
ständige Kommunikation der so genannten „Assoziationsfelder“ mit längst
Erfahrenem neu verknüpft.
Enger als bisher angenommen ist die Verbindung zwischen Denken und Fühlen.
Die Sinnesreize aus der Umwelt beeinflussen uns emotional, denn sie verbinden
uns mit der Umwelt wie eine Brücke von innen nach außen und von außen nach
innen. Ist diese „Brücke“ intakt, sind wir fähig, uns selbst zu spüren,
wahrzunehmen und uns anderen mitzuteilen.
Aus diesem Grunde wird in den folgenden Kapiteln nicht nur auf den
physiologischen Aspekt von Sinneswahrnehmungen eingegangen, sondern auch auf
die Wechselwirkungen der Sinne in Zusammenhang mit der körperlichen und
seelischen Entwicklung. Die rhythmisch-musikalische Erziehung steht hierzu in
einem engen Bezug.
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2.1.1. Die Sinnessysteme im Wahrnehmungsprozess
Die Bereiche und Funktionen des Gehirns
Viele Bereiche des Gehirns arbeiten nur für die Erhaltung der
lebensnotwendigen Funktionen (Hirnstamm, Kleinhirn), andere sind für bewusste
Assoziations- und Denkprozesse (Großhirnrinde) zuständig, wieder andere für
die Entstehung von Gefühlen und emotionalen Verhaltensweisen (Zwischenhirn –
limbisches System).
In aufsteigenden Bahnen im Rückenmark werden die Sinnesreize durch die
verschiedenen Bereiche des Gesamthirnes geleitet. Die daraus entstehenden
Reaktionen werden als neuronale Befehle über die absteigenden Bahnen des
Rückenmarks in den Körper zurückgesandt.
Die Sinnessysteme
Der Gehör-, Seh-, Tast-, Geruchs- und Geschmackssinn wird durch
Sinnesreizungen der Umwelt aktiviert (exterozeptiv). Außer beim Geruchs- und
Geschmackssinn überkreuzen sich im Hirnstamm die Nervenbahnen. Das heißt,
die jeweils entgegengesetzte Hirnhälfte ist für die Verarbeitung der
Sinneswahrnehmung zuständig.
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• Minderung der Fähigkeit, Laute differenziert zu hören. Sprachlaute und
Lautverbindungen werden nicht erkannt und sprachlich nicht unterschieden
• Verkürztes auditives Gedächtnis
• Das Richtungshören ist beeinträchtigt oder nicht vorhanden
• Inadäquates Verhalten auf Schallreize. Geringe Reaktion auf Geräusche wie
knallen, rauschen, rasseln. Normalerweise reagieren Kinder entsprechend
emotional und körperlich
• Die Wiedergabe von artikulierter Sprache (auch Lieder) ist eingeschränkt.
Das Kind hat kein Gefühl für Sprachrhythmus und Sprachmelodie
• Verwechslung klangähnlicher Wörter
Wenn keine organischen Schädigungen des Hörorgans vorliegen, kann die
Einschränkung des Hörvermögens auf eine verminderte taktil-kinästhetische
Wahrnehmung zurückzuführen sein oder auf psychosomatische Hörblockaden.
Rhythmisch-musikalische Förderangebote
Wahrnehmungsspiele für das Hören (auditiv), Instrumentalspiel (auditiv, visuell,
taktil-kinästhetisch), Dirigenten-Spiele (auditiv, visuell, sozial), Lieder in Grob-
und Feinmotorik (auditiv, visuell, kinästhetisch), Fortbewegungsarten (auditiv,
visuell, kinästhetisch), Finger- und Handgestenspiele / Reime in Grob- und
Feinmotorik (auditiv, visuell, taktil-kinästhetisch), Wahrnehmungsspiele mit
Materialien (auditiv, taktil-kinästhetisch, visuell), Entspannungsmusik ( während
der Ruhephase).
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• Ist die Figur-Grund-Wahrnehmung beeinträchtigt, kann das Kind aus dem
visuellen Eindruck das Wichtige nicht heraussehen. Alle Gegenstände /
Figuren werden in dieser Wahrnehmungsstörung mit der gleichen
Wahrnehmungsaktivität erfasst. Symptome einer Fehlentwicklung der Figur-
Grund-Wahrnehmung sind Unkonzentriertheit, Orientierungslosigkeit,
Zerstreutheit.
• Eine Störung der Raumorientierung äußert sich dadurch, dass das Kind keine
Entfernungen einschätzen kann. Zudem kann es kein Verhältnis seiner
Position im Raum in Beziehung zur Umgebung / Gegenständen herstellen
(oben-unten, rechts-links, hinten-vorne).
• Form- und Farbwahrnehmung und das visuelle Gedächtnis sind ein wichtiger
entwicklungspsychologischer Schritt (Formwahrnehmung: ab ca. 2 Jahre,
Farbenbenennung- und Differenzierung: ab 3-4 Jahren). Die
Formwahrnehmung arbeitet stark mit dem Tast- und Spürsinn zusammen, die
Farbwahrnehmung mit der Entwicklung des Gedächtnisses und der Intelligenz
(Jungen haben eine spätere Farbdifferenzierung als Mädchen).
Rhythmisch-musikalische Förderangebote
Wahrnehmungsspiele für das Sehen (visuell), Instrumentalspiel (visuell, taktil-
kinästhetisch, auditiv), Dirigenten-Spiele (visuell, auditiv, sozial),
Wahrnehmungsspiele „Führen und Folgen“ (visuell, kinästhetisch, auditiv),
Wahrnehmungsspiele mit Materialien (visuell, taktil-kinästhetisch, auditiv),
Experimentieren mit Materialien (visuell, kinästhetisch, auditiv), Lieder in Grob-
und Feinmotorik (visuell, kinästhetisch, auditiv), Fortbewegungsarten (visuell,
kinästhetisch, auditiv), Finger- und Handgestenspiele / Reime in Grob- und
Feinmotorik (visuell, kinästhetisch, auditiv), kreatives Gestalten mit Materialien
(visuell, taktil-kinästhetisch).
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Der taktil-kinästhetische Sinn – das grundlegende Orientierungssystem
(taktil, vestibulär, statisch, motorisch, propriozeptiv, haptisch)
Wahrnehmungsfunktionen:
Körperpositionen, Körperbewegungen, Anspannungsgrade der Muskulatur,
Körperteilstellungen und ihre Bezogenheit aufeinander, Gleichgewichtszustände,
Speicherung von Bewegungsfolgen u.a.
Unter dem taktil-kinästhetischen Sinn fassen wir folgende Sinne zusammen.
Zum Spürsinn
Oberflächenwahrnehmung:
Wir spüren oder fühlen auf unserer Haut, d.h., wir sind in der Lage,
Berührungsreize zu lokalisieren und einzugrenzen. Im Gegensatz zum aktiven
Tasten stellt das Spüren eine passive Oberflächenwahrnehmung dar.
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Fehlentwicklungen des taktil-kinästhetischen Sinns insgesamt und ihre
Auswirkungen
Störungen des taktil-kinästhetischen Sinnes werden vor allem in ihren
Auswirkungen im fein- und grobmotorischen Bereich erkannt.
Durch die herabgesetzte Eigenwahrnehmung braucht das Kind mehr Energie und
Aufmerksamkeit, um Bewegungsabläufe zu lernen und zu automatisieren. Die
Komponenten Krafteinsatz und Bewegung stehen in keinem harmonischen
Verhältnis ( z.B. wird ein Stift verkrampft beim Malen gehalten ). Auch
Fingerspiele können feinmotorisch nicht nachgeahmt werden, weil die
sensorischen Umsetzungsmöglichkeiten fehlen. Das Umschalten von einer
Bewegungsart in die andere (z.B. vom Hüpfen in das Gehen) ist für diese Kinder
sehr schwierig, da sie im Allgemeinen Probleme mit der Reizerkennung (Hören)
und Zuordnung (Bewegung ändern) haben.
Rhythmisch-musikalische Förderangebote
Für den kinästhetischen Sinn allgemein:
Wahrnehmungsspiele für den Gleichgewichtssinn (vestibulär),
Wahrnehmungsspiele mit Materialien und Instrumenten (vestibulär, taktil-
kinästhetisch, Raumorientierung, auditiv), Lieder, Reime und Tänze in
Grobmotorik mit integrierten Überkreuzbewegungen (rechts-links-Koordination,
kinästhetisch, Gleichgewichtssinn, Raumorientierung), Reime / Finger- und
Handgestenspiele / Lieder in Feinmotorik mit integrierten
Überkreuzbewegungen (rechts-links-Koordination, kinästhetisch, visuell, auditiv),
Fortbewegungsarten (Raumorientierung, Gleichgewichtssinn, kinästhetisch),
Wahrnehmungsspiele „Führen und Folgen“ (kinästhetisch, vestibulär,
Raumorientierung), Experimentierphasen mit Material und Instrumenten (taktil-
kinästhetisch, Raumorientierung, vestibulär).
Anmerkung:
Da alle Sinne eng miteinander verbunden sind, regen spielerische
Aufgabenangebote, die einen bestimmten „sinnlichen“ Schwerpunkt haben, immer
das Wechselspiel von mehreren Sinnen an. Die Sinneswahrnehmung ist so
komplex, dass wir zum Beispiel mit der Förderung des Gleichgewichtssinnes
automatisch die visuelle Wahrnehmungsfähigkeit und die Raumorientierung
ansprechen. Fördern wir durch „blindes“ Balancieren den Gleichgewichtssinn,
wird automatisch der Tastsinn aktiviert und ebenso die Sprachentwicklung
gefördert.
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2.1.2. Wahrnehmung als Grundlage der Intelligenz- und
Persönlichkeitsentwicklung
• Entwicklung der Intelligenz abhängig von Genen, Ernährung und sehr stark
von Sinneseindrücken
• sinnliche Wahrnehmung führt zur Verknüpfung (Bildung von Synapsen als
Verbindung zwischen Nervenzellen, Festigung der Nervenbahnen)
unterschiedlicher Bereiche im Gehirn
• Æsensorische Förderung ist wichtig
• zu beachten sind sensible Phasen, in denen das Kind für bestimmte
Erfahrungen (z. B. räumliches Sehen, …) besonders aufnahmefähig ist; in
dieser Zeit ist das Gehirn besonders aufnahmebereit, bestimmte Sinnesreize
zu speichern und zu verknüpfen
Spiel fördert:
• durch Interaktion die soziale Kompetenz (verbale und nonverbale
Kommunikation der Spielenden)
• emotionale Intelligenz (Verständigung, Entscheidungen, Kompromisse nötig;
es entwickelt sich Handlungsbereitschaft und –fähigkeit)
• Training der sensorischen, motorischen und kognitiven Fähigkeiten
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• Lernanstrengung wird nicht realisiert
• hohe emotionale Beteiligung
• alle verfügbaren Fähigkeiten werden aktiviert
• Æspielerisches Lernen ist ein kindgemäßes Bildungsangebot, dazu gehören
auch rhythmisch-musikalische Spiele
im Rhythmikunterricht
• freie Experimentierphasen fördern kreative und soziale Intelligenz
• im Rollenspiel verarbeiten Kinder Situationen und Erfahrungen und
integrieren sie in ihr bisheriges Erfahrungs- und Wissensnetz
• Regelspiel stärkt Fähigkeit, sich in vorgegebene Bereiche und Grenzen zu
integrieren (Frustrationstoleranz entwickeln; Fähigkeit ausbauen, Konflikte
zu lösen
Musik:
• in Rhythmik vielfältiger Einsatz, häufig in Verbindung mit Bewegung (Tänze,
Spiellieder)
• Parameter der Musik Kindern altersgemäß anbieten: Tempo, Lautstärke,
Rhythmus, Harmonie, Melodie, Artikulationsformen
• in Musik und Bewegung finden sich formale (Rhythmus, Form, Melodie,
Phrase), raum-zeitliche (Schnelligkeit, Artikulationen wie lang-kurz) und
energetische (Klang, Lautstärke, Artikulationen) Parameter, die umgesetzt
werden können
• Forschung zeigt: Kind lernt durch unterschiedliche Methoden des
Musiklernens mehr und behält Lerninhalte besser
• Musik sollte zu Beginn nur körperlich durch Bewegung, Singen und Spielen
erfahren werden, bevor mit symbolischer Vermittlung von Theorie (Noten,
Töne, …) begonnen wird
• Studie Bastian an Grundschule: regelmäßiges Musizieren bewirkt Zunahme
des Intelligenzquotienten, höhere soziale Akzeptanz der Schüler
untereinander, Vorsprung in der Psychomotorik und
Wahrnehmungskompetenzen im Vergleich zu nicht musizierenden
Gleichaltrigen
Kreativität:
• kreativ ist, wer versucht, Probleme zu lösen und neuen Anforderungen
gerecht zu werden
• neuropsychologisch werden verschiedene Assoziationsfelder im Gehirn
miteinander vernetzt
• im Rhythmikunterrichts ist Kreativität ein Förderbereich, der entscheidend
für die Entwicklung der Intelligenz ist
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• um kreativ zu sein müssen die Kinder sich selbst, die Gruppensituation und
das Spielangebot wahrnehmen und verarbeiten; kleine Kinder (zwischen 2-4
Jahren) benötigen hier relativ geführten Rahmen; sie lernen in
Gruppensituationen fast nur durch Nachahmung; ab 4-5 Jahren ändert sich
das; Kinder erweitern das Angebot durch eigene Ideen
• bewirkt Persönlichkeitsentwicklung, denn Kinder erfahren in Umsetzung ihrer
Ideen Selbstbestätigung
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Einsatz des Reimes als Bewegungsspiel:
Die Kinder sitzen im Sitzkreis (Mäusehaus). Sie sprechen den Reim und führen
dazu folgende Bewegungen im Raum aus:
Tipp- di- tapp, die kleine Maus läuft aus Im Sprechtempo durch den Raum
ihrem Haus heraus. laufen.
Läuft nun über Stock und Stein- Sich suchend umschauen und
Irgendwo muss Futter sein. schnuppern.
Doch was spüren ihre Pfoten-
Ein Stück Brot liegt auf dem Boden!
Knibbel- knabbel, knibbel- knabbel, Ein imaginäres Stück Brot in den
knibbel- knabbel, knibbel- knabbel. Händen halten und daran „knabbern“.
Satt und müde ist die Maus- Sich den Bauch reiben und in den
Und kehrt nun zurück nach Haus. Sitzkreis zurückkehren.
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2.1.4. Sensomotorik in der Rhythmik
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2.1.5. Wahrnehmung und Konzentration /
Aufmerksamkeit
Die Fähigkeit zur Wahrnehmung und die Fähigkeit zur Konzentration sind eng
miteinander verbunden.
Wir „filtern“, was wir wahrnehmen, da wir uns nicht gleichzeitig auf zwei Dinge
voll konzentrieren können. Es kann aus unterschiedlichen Gründen zu
Wahrnehmungsstörungen bei Kindern kommen, die sich dann auch negativ auf das
Lernverhalten auswirken.
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Die Entwicklung von musikalischen Fähigkeiten hängt vor allem von den
• unterschiedlichen Sozialisationsbedingungen und
• individuellen Begabungen ab.
Dieses umfasst:
• rhythmisch
• melodische und
• harmonische Elemente
Entwicklungsphasen
• Wesentliche musikalische Komponenten sind bereits beim Neugeborenen in
Stimme und Bewegung vorhanden.
Forschung des Paares Papousek(2000): Der Mensch kann bereits vor der
Geburt musikalische Elemente wie Melodie, Rhythmus, Dynamik, Tonlage und
Klangfarbe wahrnehmen und bearbeiten; musikalische Elemente gehören zu
seinen ersten stimmlichen und motorischen Ausdrucksformen nach der
Geburt.
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Musik wird von Kindern lange nur als komplexe Einheit wahrgenommen – es fällt
ihnen bis zum Alter von 5 Jahren schwer Text, Rhythmus und Melodieführung
getrennt voneinander zu identifizieren.
Entwicklung:
• Fähigkeit einzelne musikalische Parameter (laut/leise, schnell/langsam,
hoch/tief) wahrzunehmen und körperlich in Bewegung auszudrücken ist
bereits im pränatalen Stadium vorhanden.
• Etwa im 4. Lebensjahr folgt die sprachliche Benennung in relativen und
absoluten Kategorien.
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Stimmentwicklung / Gesang
Sprechen und singen lernen liegen von den körperlichen Voraussetzungen her
sehr nah beieinander, sie entwickeln sich jedoch als eigenständige Fähigkeiten.
Das stimmliche Potenzial der Kinder entwickelt sich im Dialog mit den Personen
ihrer Umgebung.
Gegen Ende des ersten Lebensjahres entwickeln sich Sprechen und Singen
auseinander. (Äußerungsformen trennen sich im Dialog mit Eltern, sprachliche
Seite erhält mehr Aufmerksamkeit).
Das Kind beginnt nun auch stärker zwischen dem eher „sprech-ähnlichen“ und
den eher „sing-ähnlichen“ Lautbildungen zu unterscheiden.
Sprech- und Singstimme ist als Persönlichkeitsmerkmal auch schon für Kinder
ein empfindsamer Bereich!
Vor allem die Singstimme unterliegt in hohem Maße der äußeren und inneren
Bewertung!
Entwicklung:
• In den ersten Lebensjahren: Zugang zu Stimme und Gesang meist unbelastet
Æ Spontan- und Potpourrigesänge: bis weit in Kiga-Zeit hinein singen sie
eigene Lieder.
• Im Kiga differenziert und verfeinert sich das „Instrument Stimme“ mehr und
mehr anhand verschiedener musikalischer Formen wie Lieder, Reime,
Singspiele, Tänze usw.
• In der Regel können Kinder bis zum Ende der Kiga-Zeit einfache Lieder in
Melodie und Rhythmus richtig nachsingen.
• Der aktive Tonumfang erweitert sich zunehmend und allmählich von der Terz
zur Oktave.
Instrument spielen
Instrumente wie Rasseln, Schellenkranz oder Instrumente aus
Alltagsmaterialien bieten sich von Anfang an an.
Im Kindergarten kommen dann überwiegend elementare Musikinstrumente aus
dem erweiterten Orff- Instrumentarium zum Einsatz.
Æ stellen keine großen feinmotorischen Anforderungen
Æ es lassen sich differenzierte Klänge erzeugen ohne tief greifende Technik,
wohl aber der bewussten Koordination von differenzierter Bewegung und Klang.
Entwicklung
• Instrumente zu spielen ist an motorische, musikalische und auditive
Fähigkeiten der Kinder gekoppelt. Æ äußerst komplexer Vorgang
• Im Kiga: erfinden eigene Melodien, improvisieren. Spiel bleibt lange Zeit nicht
reproduzierbar.
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Melodien nach Gehör nachzuspielen erfordert einiges an Erfahrung und
Übung und ist für Kiga-Kinder im Allg. zu anspruchsvoll.
Eher möglich: harmonische Begleitungen, in Form sich wiederholender,
zweistimmiger Begleitung
Rhythmische Entwicklung
Die Entwicklung der rhythmischen und harmonischen Strukturen von Musik
verläuft in eigenen Entwicklungsschritten und Zeiträumen!
Rhythmische Fähigkeiten wie: Zeitstruktur, Metrum, Takt entwickeln sich über
längere Zeitspanne als die melodischen Fähigkeiten.
Das Umsetzen von musikalischen Rhythmen ist an körperliche Voraussetzungen
gebunden. Nötig sind dazu kontrollierte (grobmotorische) muskuläre Reaktionen
(z.B. bei Einhaltung des Tempos), die an Reifungsprozesse gebunden sind.
Entwicklung
• Kinder verwenden zunächst vor allem zwei verschiedene Tonlängen (z.B.
Viertelnote und halbe Note). Das ist in den klassischen Kinderliedern auch so.
• Pausen werden im Kiga-Alter noch nicht in ihrer rhythmischen Bedeutung
verstanden und ebenso ist das Gefühl für ein gleichmäßiges Metrum noch
nicht ausgeprägt. Deshalb gelingen synchrone Bewegungen zu Musik und das
perfekte Nachklatschen von Rhythmen in diesem Alter noch nicht!
Dagegen können Sprachrhythmen bereits von Dreijährigen nachgemacht
werden (Verse, Reime).
• Unterschiede zwischen einem Rhythmus in Text und Melodie werden erst im
Grundschulalter erkannt.
• Einen einfachen Rhythmus zu erfassen, mit- oder nachzuspielen ist aber auch
für kleinere Kiga-Kinder möglich.
• Rhythmus oder Metrum in einem bestimmten Tempo durchzuhalten, fällt
Kindern noch schwer und ist an ganzkörperliches Empfinden gebunden.
• Für jüngere Kinder ist die Verbindung von Rhythmus und körperlicher
Bewegung augenfällig.
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Für die elementare Musikerziehung hat sich das das Konzept „Rhythmischer
Erziehung“ herausgebildet, das in der Verbindung von Musik, Bewegung und
Sprache kindgerechter Vermittlungs- und Ausdrucksformen entwickelt hat.
Rhythmische Erziehung entnimmt ihre Themen den Bereichen Raum, Zeit, Kraft
und Form und arbeitet mit Gegensatzpaaren.
3. Rhythmisch-musikalische Erziehung
Rhythmisch-musikalische Erziehung
Ganzheitliche Pädagogik, die auf dem spielerischen Einsatz von Musik, Sprache
und Bewegung basiert.
Fördert Kinder in ihrer natürlichen Musikalität, in ihrem Bewegungsvermögen
und in ihrer Sprachentwicklung.
Rhythmisch-musikalische Spielangebote
Musik
• Lieder
• Orff-Instrumente
• Musik zu den Fortbewegungsarten Gehen, Laufen, Hüpfen, Galoppieren,
Schreiten
• Reime und Verse, die Sprechrhythmus und Sprachmelodie beinhalten
Sprache
• Reime und Verse, Finger- und Handgestenspiele
• Sprachspiele
• Liedtexte
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Bewegung
• Bewegungsspiele
• Finger- und Handgestenspiele
• Sensomotorische Wahrnehmungsspiele
• Lieder in großen und kleinen Bewegungen
• Verse und Reime in großen und kleinen Bewegungen
• Fortbewegungsarten
• Bewegung (Motorik)
o Förderung des Bewegungs- und Gleichgewichtssinns (vestibulärer Sinn)
o Bewusste und unbewusste Erinnerung und Umsetzung von Bewegungsformen und
–abläufen im Raum (kinästhetischer Sinn)
• Sinneswahrnehmung (Sensorik)
o Durch das individuelle Umsetzen eines Wahrnehmungspieles in Musik oder
Bewegung (Sensomotorik) werden die Konzentrationsfähigkeit, Körper-
wahrnehmung, Raumwahrnehmung, Sensibilisierung des Gehörs, Koordination von
Sinneswahrnehmung, musikalische Ausdrucksfähigkeit, Bewegung und soziale
Kompetenz gefördert.
o Spiele, die den Tast- und Spürsinn ansprechen, fördern die Tiefenwahrnehmung
des Körpers (propriozeptive Wahrnehmung)
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• Sozialer Lernbereich
o Durch Dirigierspiele, Vorführen eigener Ideen mit Spielmaterial oder auf
Instrumenten, Rollenspiel und Darstellendes Spiel wird das Selbstbewusstsein
gestärkt.
o Der Aufgabenbereich „Führen und Folgen“ fördert das soziale
Verantwortungsbewusstsein.
o Die Anpassungsfähigkeit an die Regeln eines Spielsund am die Regeln innerhalb
einer Gruppe wird eingeübt.
o Unterschiedliche Verhaltensdefizite werden durch individuelle, kindgemäße und
vielseitige Spielangebote harmonisiert.
(aus: Hirler, Sabine: Kinder brauchen Musik, Spiel und Tanz.)
Sprachheilpädagogische Rhythmik
• Durch Rhythmik wird die Tiefenperson angesprochen, Großhirn und kortikale
Zentren sind dadurch weitestgehend ausgeschaltet (= entlastet)
• Rhythmik ist an Motorik gebunden.
• Sprache, Bewegung, Musik haben gemeinsame Elemente, deshalb werden sie in
der Rhythmik gemeinsam gefördert = Kind wird unbewusst durch Rhythmus
und Musik mit Sprache vertraut.
Gemeinsamkeiten:
Zeit: Sprechtempo
Kraft: Sprechimpulse, Sprachintensität, Akzente
Klang: Klangfarbe, Tonhöhe, Melodieablauf
Form: Wortwahl, Satzbau
Æ Sprache kann durch Bewegung und Musik erlebt, angebahnt, geübt und
bewusst gemacht werden
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• Durch Rhythmik können sehr frühe Entwicklungsphasen therapeutisch
nachvollzogen (nachgeholt) werden. Hier ist die Motorik sehr wichtig, weil
Sprache immer etwas mit Bewegung zu tun hat.
• Sensorische Integration (Ayres)
• Intermodale Leistungen (Affolter)
Æ Musik, Motorik und Sprache durch Rhythmik verbinden
(aus: Meixner, Friederike: Sprachheilpädagogische Rhythmik.)
Die Melodik des Singens oder Sprechens gilt als Grundlage für den
Spracherwerb.
Sprache beinhaltet musikalische Elemente in:
• Rhythmus,
• Klang,
• Phrasierung und
• Dynamik.
Der Klang und die Sprachmelodie von Wörtern und Sätzen verhelfen bei der
Entschlüsselung von Sinneinheiten und beim Aufbau sprachlicher Kompetenzen.
Auch im weiteren Verlauf der Sprachentwicklung spielen rhythmische und
musikalische Zusammenhänge stets eine Rolle: Ein Kind wird sich Sprache
niemals körperlos, monoton ohne musikalische Merkmale aneignen. Die Bildung
von Wörtern stellt sich als äußerst kreativer Prozess dar, in dem sich Kinder mit
rhythmisch-musikalischen Elementen die richtige Phonetik und Syntax aneignen.
Æ Musik und Rhythmik bieten deshalb auch für Kinder mit besonderen
Bedürfnissen die Gelegenheit Fähigkeiten zu entwickeln oder einzubringen.
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Welches Potenzial enthält die musikalische Entwicklung
für die sprachliche Förderung?
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Vom Klang zur Bedeutung
Ein enger Bezug von Sprachentwicklung zu Musik und Rhythmik besteht im
Erleben der Koordination von Klang, Atmung, Motorik und auditiver
Wahrnehmung.
Jede aktive musikalische sowie sprachliche Äußerung setzt eine Koordination von
Klang und Atmung, Motorik und Hören voraus.
Phonetik, Artikulation und Prosodie sind Merkmale, die Musik und Sprache
überhaupt wahrnehmbar machen und in der Produktion von Lauten und Wörtern
für die Bedeutung und kommunikative Wirkung entscheidend sind.
In den Anfängen der Stimmentwicklung sind sprachliche und musikalische
Elemente untrennbar verknüpft.
Klang und Melodie haben sowohl sprachliche als auch musikalische Wirkungen.
Mit der Wahrnehmung von Klängen und Klangunterschieden in der Wort- und
Satzmelodie wird das Gehör für sprachliche Laute und ihre Differenzierung
geschult.
Eine vielfältige Klangwahrnehmung ist die Grundlage für eine differenzierte
Artikulation. Spiele und Experimente mit unterschiedlichsten Klängen und
Geräuschen geben den Kindern Anregungen für die lautliche Differenzierungen
der Sprachen.
(Praxisideen: z.B. Klangexperimente, Raumerkundungen nach Tönen, Echospiele,
Klatschen, Musikinstrumente selbst bauen, Körper als Instrument
wahrnehmen....)
Singen
Gemeinsames Singen mit Kindern hat eine hohe emotionale und soziale
Bedeutung. In Bezug auf Sprachförderung hat es weitere Funktionen.
Das Singen von Liedern verbindet musikalische und sprachliche Ausdrucksmittel.
Vor allem auch tradierte Kinderlieder wie „Backe, backe Kuchen“ können für
Kinder Anreize bieten durch ungewöhnliche (heute nicht mehr bekannte) Wörter
oder (alltagssprachig ungewohnte) syntaktische Besonderheiten.
Lieder sind sprachlich gesehen in geordnete Einheiten wie Takte, Strophen und
Refrain eingebettet.
Somit trägt die Bildung eines Liedrepertoires zur Erweiterung des
Wortschatzes ebenso bei, wie zum Verständnis von Handlungsverläufen (z.B.
Lieder zu Berufen).Die rhythmische Strukturierung unterstützt dabei die
Merkfähigkeit hinsichtlich des Textes.
(aus: Jampert, Karin; Leuckefeld, Kerstin; Zehnbauer, Anne; Best, Petra: Sprachliche Förderung
der Kita.)
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3.1.2 Singen und Stimme
Ausdruck
• motorische Ebene: Säugling produziert verschiedene Geräusche, Töne,
Laute durch Variation der Mundwerkzeuge
• klangliche Ebene: Kleinkind äußert Klanggesten (Lachen, Seufzen,
Brummen), hat so die Möglichkeit, seine Befindlichkeit auszudrücken.
• Bedeutungsebene: Kind kann sich der Sprache bedienen. Weiterhin wird
der Ausdruck durch Motorik und Klang unterstützt.
Æ Kindern eine möglichst große Auswahl an stimmlichen Ausdrucks-
möglichkeiten anbieten.
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Wahrnehmung
• Schüler nehmen die Stimme des Lehrers und die der Mitschüler wahr,
müssen eigenen Stimmklang entsprechend einrichten
Æ Selbstwahrnehmung.
• Selbstwahrnehmung ist zuerst ein „verborgener Sinn“ = innere
Rückkopplung.
• Es werden Emotionen gefühlt, dadurch kann Persönlichkeit gestärkt
werden und die Ausdrucks- und Empfindungsfähigkeit der Schüler
gefördert werden.
Æ Vorbildfunktion des Lehrers
Kommunikation
• Der eigene Atem wird hörbar gemacht = ich drücke mich aus.
• Distanzen werden überwunden, indem ich mich autonom ausdrücke.
• Singen stellt innere Beziehungen zwischen sich und anderen her.
• Singen kann Inhalte kommunizieren, für die Worte nicht ausreichen.
• Singen hilft, die Kommunikationsfähigkeit der Schüler zu differenzieren.
• Repertoire der stimmlichen Ausdrucksmöglichkeiten wird erweitert.
• Individuelle Gestaltung von Liedern und Musik wird gefördert (keine bloße
Wiedergabe von Bekanntem) = differenzierte vokale Kommunikation.
Lehrer
• Muss Vorbild sein und sich als Animateur verstehen, Schüler ermutigen.
• Muss sich in Stimme und nonverbaler Kommunikation selbstsicher darstellen.
• Großes Liedrepertoire ist wichtig: klassischer Gesang, Oper, Kunstlied, Jazz,
Rock, Pop, Rap,…
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• Muss stimmphysiologische und stimmbildnerische Kenntnisse besitzen, um die
natürliche Entwicklung der kindlichen Stimme unterstützen zu können
(Körperhaltung, Atmung, Resonanz).
• „Brummer“ haben noch keine Singerfahrung, Koordination zwischen Stimme
und Gehör ist gestört, müssen deshalb noch üben/ klangliche Vorstellung
entwickeln.
• Keine langwierigen Erklärungen zu einem neuen Lied geben, Spannung
aufbauen, Textinhalte sollen Kinder emotional berühren, um Identifikation zu
erreichen.
(aus: Brünger, Peter: Singen und Stimme.)
3.1.3 Bewegung(slieder)
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Bewegung ist wichtig. Besonders kleine Kinder können eigentlich nie ruhig sitzen.
In allen bekannten Völkern gibt es Gesang und Tanz. Diese spielen häufig eine
zentrale Rolle.
Mehrere Aspekte kommen im Bewegungslied zusammen:
• Freude an Aktivität
• Körperliche Aufmerksamkeit
• Notwendigkeit zur Konzentration
• Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper
• Koordinierung unterschiedlichster Bereiche
• Mut zum eigenen Handeln
Schwerpunkte:
Musikalische Gestaltungsmöglichkeiten:
• Wiederholung einzelner musikalischer Teile
• Wiederkehrende Abschnitte
• Fill-ins (Nutzung von Pausen zur Improvisation)
• Ostinato (rhythmisch-melodisches Motiv wird gleichmäßig zum Lied gesungen
/ gespielt)
• Wechselgesang
Bei der Bewegung zu beachten:
• Unterschiedlicher Entwicklungsstand der Kinder
• Kann das Wahrgenommene mit dem Körper ausgedrückt werden?
• Wie sind die Bewegungsmöglichkeiten der Kinder?
• Wie kann das bestehende Bewegungsrepertoire erweitert werden?
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Sprachlicher Bereich:
• Wie zeitgemäß ist die Wortwahl?
• Knüpft sie an Alltagssprache an oder ist sie veraltet?
• Ist der Text verständlich und entspricht er dem Sprachschatz der Kinder?
• Ist der Text witzig und wird dem Thema gerecht?
3.2. Zielvorstellungen
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Zielvorstellungen für das Spiel mit Instrumenten:
• Förderung der Wahrnehmungsfähigkeit
- horchen, schauen, beobachten, erkennen, vergleichen
- verschiedene Materialien mit allen Sinnen erfahren
• Eigenes Entdecken und Erforschen
- akustisch-physikalische Erfahrungen
- entdecken von Klangmöglichkeiten
- ausprobieren verschiedener Spieltechniken
• Musikalisches Gestalten
- Klänge vergleichen, in Beziehung zueinander setzen, gliedern, in einen
spielerischen Ablauf bringen
• Einzelnes Kind und Gruppe
- sich selbst ohne Angst äußern, musikalisch „handeln“ und spielen
- auf andere reagieren, ihnen zuhören, sie akzeptieren, Regeln beachten, auf
andere eingehen
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4. Lehrplanbezug
Akuso-motorisch
• akustische Eindrücke wahrnehmen, unterscheiden, deuten
• Dynamik in Rhythmus und Musik aufnehmen und ausdrücken
Gusto-olfaktorisch
• Geschmacks- und Geruchseigenschaften wahrnehmen, erkennen und benennen
2) Hören
Musik erleben
•Stimme, Geräusche, Klänge und Klangfarbenwahrnehmen, unterscheiden und
deuten
• Ruhe und Stille erfahren
• Rhythmische, dynamische und metrische Ordnung erfassen und wiedergeben
• Rhythmen graphisch darstellen
• Notenwerte in Bewegung umsetzen
Musik machen
• Grunderfahrungen im Umgang mit einfachen Instrumenten
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3) Sprechen, singen, musizieren
Melodisch-rhythmische Elemente beleben die Sprache und unterstützen die
Sprachwahrnehmung
spielerische Übungen zur Atmung und Stimmbildung führen zum bewussten Umgang
mit der Stimme
• Sprechatmung
• Stimmbildung
• Singen
• Musizieren
Inhalte Hinweise
Geräusche, Klänge Rhythmen Musikerleben fördert wesentlich die
• des alltäglichen näheren emotionale Entwicklung des
Erfahrungsbereichs geistigbehinderten Schülers. Er kann auf
(Haushalt, Werkzeuge, Verkehr, diese Weise gefühlsmäßige Anregung und
Natur) Harmonisierung erfahren.
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• mit Signalwirkung Im Umgang mit Musik kann der Schüler
(Wecker, Pfeife, Hupe, Sirene) seine Wahrnehmungsfähigkeit erweitern
• verschiedene Materialien und differenzieren, musikalische
(Papier, Holz, Metalle, Glas, Grunderfahrungen erwerben und sich
Hohlkörper) Möglichkeiten der Teilhabe an
• verschiedene Musikinstrumente Gemeinschaft und Kultur erschließen.
(Rasselbüchsen, Klanghölzer, Musikalische Ausdrucksformen sind für
Trommeln, Schlag- und geistigbehinderte Schüler weniger in
Blasinstrumente) theoretischen Strukturen, mehr jedoch
• des menschlichen Körpers im unmittelbaren Erleben erfahrbar. Die
(klatschen, stampfen, pfeifen, Hinführung zum Musikerleben gelingt vor
summen, singen) allem über das Handeln und
Experimentieren mit allen möglichen
Gegenständen als Objekten und über das
Zuhören bei Geräuschen und Klängen. Das
Musikerleben wird zunehmend
differenziert durch Übungen zum
Unterscheiden und Zuordnen
(Richtungshören, Tonhöhe, Lautstärke,
fröhliche oder traurige Melodie).
Musizieren und Musik hören Das Instrumentalspiel – auch auf
Lieder einfachen selbstgefertigten
• Wiege- und Kniereiter-Lieder Instrumenten – eröffnet darüber hinaus
• Kinderreime, Kinderlieder Möglichkeiten, selbsttätig und zusammen
• Spiellieder mit anderen Musik zu erfahren. Es trägt
• Lieder zu bestimmten Anlässen auch dazu bei, hypermotorische und
(Tages- und Jahresablauf, Volks- stereotype Bewegungen in sinnvolle und
und Wanderlieder) zielgerichtete Handlungen umzuleiten.
• Popularlieder Geistigbehinderte Schüler sollen Lieder
zur Gestaltung des Tages- oder
Jahresablaufs, für gesellige Anlässe und
Wanderungen lernen, um auch auf diese
Instrumentalmusik Weise an der Gemeinschaft teilzuhaben.
• Lieder begleiten Im Mittelpunkt steht das Üben einer
• Instrumentalstücke improvisieren überschaubaren Anzahl von Liedern,
und gestalten entsprechender einfacher Begleitungen
• Musik erleben und Spielformen.
• Musik in Bewegung umsetzen Es soll auch versucht werden, mit
geistigbehinderten Schülern eigene
Kombinationen von Geräuschen und
Klängen für Instrumente und in
Anlehnung an Texte zu erfinden, um die
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Kreativität zu fördern. Umgekehrt sollen
aus Geräuschen und Klängen
Gestaltungsmöglichkeiten in bildnerischer
Gestaltung gefunden werden.
Da geistigbehinderte Schüler in ihrer
Freizeit gern und viel Musik hören, sollen
sie zu bewussterem Hören, zur Auswahl
und Beschaffung von Musik angeleitet
werden, um zu selbstständigem
Freizeitverhalten zu gelangen. Hierzu
gehört auch das selbstständige
Musizieren.
Musik und Bewegung Singen und Musizieren bieten
• verschiedene Lagen des eigenen verschiedene Möglichkeiten, klassen- und
Körpers stufenübergreifende Neigungsgruppen
(im Sitzen, Liegen, Stehen) einzurichten (Instrumentalgruppen,
• Klangmöglichkeiten des eigenen Schulchor).
Körpers In der Rhythmik wirken Bewegung, Musik
• Grundbewegungsarten und Sprache zusammen, wobei Musik und
• Kindertänze, Spiellieder und Sprache die Bewegungen anregen,
einfache gesellige Tänze lockern, regulieren, gliedern, gestalten
• Bewegungsübergänge nach Musik und sensibilisieren.
(vom Gehen zum Laufen)
• grafische Bewegungsspuren
(Musikmalen)
• Bewegungsbegleitung
(Stimme, Körperinstrumente,
klangerzeugende Materialien und
Instrumente)
• Spiele mit Materialien unter
akustischen Gesichtspunkten
• Kommunikationsspiele über
Materialien
(Partner, Gruppen, Führen und
Geführtwerden)
• szenische Spielideen, ausgehend
von Spielliedern, Märchen,
Geschichten, Bildergeschichten
(aus: Kultus und Unterricht; Amtsblatt des Ministeriums für Kultus und Sport Baden-
Württemberg: Bildungsplan der Schule für Geistigbehinderte.)
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4.3. Lehrplan für Sprachbehinderte
• Wahrnehmungsförderung
• Förderung der Psychomotorik
• Sonderpädagogische Sprachtherapie
Wahrnehmungsförderung
Wahrnehmungsförderung beinhaltet im wesentlichen die auditiven, visuellen und
taktil- kinästhetischen Bereiche einzeln und in ihrer intermodalen und seriellen
Verknüpfung.
Wahrnehmungsförderung vollzieht sich überwiegend in Spielen und Übungen, die die
verschiedenen Teilfunktionen und Qualitäten sowie deren Beziehungen in
individueller Gewichtung berücksichtigen.
• Wahrnehmungsfunktionen (Selektion, Diskrimination, Durchgliederung,
Raumlage...)
• Wahrnehmungsqualitäten (Geräusche, Töne, Laute, Formen, Farben, Größe...)
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• Zeitlich-räumlich-quantitative Beziehungen (Intensität, Dauer, Häufigkeit, Reihe,
Richtung, Rhythmus...)
• Serielle Verbindung
• Automatisierung
• Speicherung
Das Unterrichtsfach
Rhythmisch-musikalische Erziehung
• geht von der Integration der Bereiche Bewegung, Musik und Sprache aus
• verfolgt eine ganzheitliche und grundlegende Förderung
• Aufgabenstellungen und Übungen mit Wechselbeziehungen zwischen diesen
Bereichen sollen breite Erfahrungen mit den eigenen Fähigkeiten ermöglichen
• das Selbstwertgefühl der SchülerInnen soll positiv beeinflusst werden
• besondere Betonung von Partner- und Gruppenarbeit fördert das sozial-
kommunikative Verhalten
• dadurch erhält die rhythmisch-musikalische Erziehung eine große Bedeutung als
Brücke zwischen verschiedenen Unterrichtsfächern
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Die Aufgabenbereiche können nach ihrer Funktion unterschieden werden in
• Psychophysische Entspannung und Lockerung
• Psychomotorisches Funktionstraining
• Improvisation und Gestaltung mit Bewegung, Musik und Sprache
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5. Praxisbeispiele
Fingerspiele
Die Kinder sitzen im Kreis, sprechen den Reim und führen dabei folgende
Bewegungen aus:
Tipp-di-tapp, die kleine Maus- Linke Hand bildet ein Dach auf dem
hat keinen Käse mehr im Haus. linken Oberschenkel (Mäusehaus).
Zeigefinger und Mittelfinger der
rechten Hand (Maus) sind im
„Mäusehaus“.
Tipp-di-tapp, die kleine Maus- Die Maus läuft aus dem Mäusehaus mit
Läuft aus ihrem Haus heraus. schnellen Bewegungen der Finger den
linken Arm hinauf.
Läuft nun über Stock und Stein- Sich suchend umschauen und
Irgendwo muss Futter sein. schnuppern.
Doch was spüren ihre Pfoten- Zeige- und Mittelfinger bewegen sich
Ein Stück Brot liegt auf dem Boden! mit raschen Fressbewegungen auf der
Knibbel-knabbel, knibbel-knappel, linken Schulter.
knibbel-knabbel, knibbel-knabbel.
Satt und müde ist die Maus- Mit langsamen Bewegungen der Finger
Kehrt nun zurück nach Haus. ins Mäusehaus zurückkehren.
Variante: Die Maus einmal mit der rechten Hand und einmal mit der linken Hand
spielen.
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Sprechverse
Beispiel:
Im Stehen: auf jede Viertel eine Bewegung
2. Bewegungslieder
In diesen Liedern werden Text und Bewegung zusammengebracht. Das hilft den
Kindern mit Wortschatzproblemen, den Text zu verstehen und fördert das
Zusammenspiel von Motorik und Musik.
3. Kanon
Ein Kanon eignet sich gut um mit Kindern mehrstimmig zu singen. Es eignen sich
kurze, einfache Lieder wie zum Beispiel:
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4. Instrumentalbegleitung und –spiel
Gut eignet sich zum Begleiten von Liedern die Fünftonmusik (Pentatonik).
Dazu werden die Töne 1, 2, 3, 5 und 6 einer Tonart verwendet.
Beispiel: C-Dur: c, d, e, g, a
G-Dur: g, a, h, d, e
Jedes Kind könnte einen Klangstab aus dem Xylophon oder Glockenspiel erhalten
und in beliebigem Rhythmus auch gleichzeitig mit den anderen spielen. Auch bei
ungeübten Spielern klingen die Töne der Fünftonmusik gut zusammen. Es bietet
sich auch an ein Rhythmusinstrument zur Begleitung dazu zu nehmen.
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6. Literaturangaben
Theorie:
Brünger, Peter (2007): Singen und Stimme. In: Die Grundschulzeitschrift.
Oktober 2007, 21. Jahrgang, Heft 208, S. 4-8.
Hirler, Sabine (2001): Kinder brauchen Musik, Spiel und Tanz. Bewegt-
musikalische Spiele, Lieder und Spielgeschichten für kleine und große
Kinder. Münster: Ökotopia Verlag.
Kultus und Unterricht; Amtsblatt des Ministeriums für Kultus und Sport Baden-
Württemberg: Bildungsplan für die Schule für Hörgeschädigte.
Kultus und Unterricht; Amtsblatt des Ministeriums für Kultus und Sport Baden-
Württemberg (22.05.1995): Bildungsplan für die Schule für
Sprachbehinderte.
Kultus und Unterricht; Amtsblatt des Ministeriums für Kultus und Sport Baden-
Württemberg (16.12.1982): Bildungsplan der Schule für Geistigbehinderte.
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Praxis:
Götze, Elvira; Leber, Irene; Spiegelhalter, Jörg (2005): Jetzt geht’s richtig Los!
Mit den Händen singen II. Ein Liederbuch für Jung und Alt mit Gebärden
nach „Schau doch meine Hände an“. Karlsruhe: Loeper Literaturverlag.
Höfele, Hartmut E.; Steffe, Susanne (2000):In 80 Tönen um die Welt. Eine
musikalisch-multikulturelle Erlebnisreise für Kinder mit Liedern, Tänzen,
Spielen, Basteleien und Geschichten. Münster: Ökotopia Verlag.
Kunz, Marianne; Friebel, Volker (2005): Rhythmus, Klang und Reim. Lebendige
Sprachförderung mit Liedern, Reimen und Spielen in Kindergarten,
Grundschule und Elternhaus. Münster: Ökotopia Verlag.
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Nitsch, Cornelia (2005): Kitze, Katze, Mäusetatze. Neue Reime und Spielverse
für Kinder. Freiburg: Christophorus im Verlag Herder.
Peter-Führe, Susanne (2006): Rhythmik für alle Sinne. Ein Weg musisch-
ästhetischer Erziehung. Freiburg: Verlag Herder.
Quaas, Beate (2003): Alles wird Musik. Eine spielerische Entdeckungsreise für
Kinder. Freiburg i.Br.: Christopherus-Verlag GmbH.
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