Sie sind auf Seite 1von 7

De bello Gallico Übersetzung

[1] Ganz Gallien ist in drei Teile geteilt: Den einen Teil bewohnen die Belgier, den anderen
die Aquitanier, den dritten diejenigen, die in ihrer eigenen Sprache Kelten, in unserer
Gallier genannt werden. All diese unterscheiden sich untereinander in Sprache,
Einrichtungen und Gesetzen. Die Garonne trennt die Gallier von den Aquitaniern, die
Marne und Seine trennen sie von den Belgiern. Die tapfersten all dieser Völker sind die
Belgier, und zwar deswegen, weil sie am weitesten von Lebensweise und Bildung der
Provinz entfernt sind, keineswegs oft Händler zu ihnen kommen und Waren einführen, die
eine Verweichlichung des Geistes herbeiführen, und weil sie den Germanen am nächsten
sind, die jenseits des Rheines siedeln, und mit denen ununterbrochen Krieg führen. Aus
diesem Grund übertreffen auch die Helvetier die übrigen Gallier an Tapferkeit, weil sie in
fast täglichen Schlachten mit den Germanen kämpfen, wenn sie diese entweder von ihrem
Gebiet fernhalten oder selbst Krieg in deren Gebiet führen. Ein Teil von diesen, den – wie
gesagt – die Gallier innehaben, fängt bei der Rhone an, wird von der Garonne, dem
Ozean, und dem Gebiet der Belger umschlossen, berührt bei den Sequaner und
Helvetiern auch den Rhein und neigt sich nach Norden. Die Belgier nehmen bei den
äußersten Grenzen Galliens ihren Anfang, erstrecken sich bis zum unteren Teil des
Rheins und sind im Nordosten gelegen. Aquitanien erstreckt sich von der Garonne bis zu
den Pyrenäen und dem Teil des Ozeans, der an Spanien grenzt; es liegt im Nordwesten.

[2] Bei den Helvetiern war lange Zeit Orgetorix der angesehenste und reichste. Als Marcus
Messala und Publius Marcus Piso Konsuln waren, brachte dieser aus Gier auf
Alleinherrschaft eine Verschwörung des Adels zustande und überredete seine
Bürgerschaft, mit allen Truppen ihr Gebiet zu verlassen: Weil sie alle an Tatkraft
überträfen, sei es leicht, sich der Herrschaft über ganz Gallien zu bemächtigen. Er
überredete sie dazu umso leichter, weil die Helvetier von allen seiten durch die
Beschaffenheit des Geländes eingeengt werden: Auf der einen Seiten durch den sehr
breiten und sehr tiefen Rhein, der das helvetische Land von den Germanen trennt; auf der
anderen Seite durch das Juragebirge, das zwischen Sequanern und Helvetiern liegt; auf
der dritten Seite durch den Genfer See und die Rhone, die unsere Provinz von den
Helvetiern abtrennt. Dadurch kam es, dass die Helvetier einerseits weniger weitläufig
umherschweiften, andererseits ihre Nachbarn weniger leicht bekriegen konnten; deshalb
entstand bei diesen kriegshungrigen Menschen großer Unmut. Bemessen an der Größe
ihres Volkes, ihrem Kriegsruhm und ihrer Tapferkeit hielten sie ihr Gebiet für zu klein, das
sich 240 Meilen in die Länge und 280 Meilen in die Breite erstreckt.

[3] Durch diese Umstände veranlasst und durch das Ansehen des Orgetorix bewogen,
beschlossen die Helvetier, das, was für den Abzug nötig war, zu beschaffen, eine
möglichst große Zahl an Zugtieren und Wagen aufzutreiben, so viel wie möglich
auszusäen, damit die Getreidemenge auf dem Marsch ausreichen würde, und mit den
benachbarten Stämmen Frieden und Freundschaft zu festigen. Um dies zu erreichen,
glaubten sie, würden ihnen zwei Jahre reichen; den Abzug legten sie per Gesetz ins dritte
Jahr. Für die Erledigung dieser Angelegenheiten wurde Orgetorix bestimmt. Dieser
übernahm in eigenem Interesse die Gesandtschaft zu den Stämmen. Auf diesem Weg
überredete er Casticus, den Sohn des Catamantaloedes, einen Sequaner, dessen Vater
bei den Sequanern viele Jahre lang die Alleinherrschaft innegehabt hatte und vom Senat
des römischen Volkes Freund genannt worden war, die Herrschaft in seinem Stamm an
sich zu reißen, weil sein Vater sie früher innegehabt habe; ebenso überredete er den
Häduer Dumnorix, den Bruder des Diviciacus, der zu dieser Zeit die höchste Stellung in
seinem Stamm innehatte und beim Pöbel sehr beliebt war, dasselbe zu versuchen, und
gab ihm seine Tochter zur Ehe. Er versicherte, es sei deswegen leicht, die Pläne
umsetzen, weil er selbst die Herrschaft über seinen Stamm einnehmen werde: es
bestünde keine Zweifel, dass die Helvetier die mächtigsten ganz Galliens seien. Er werde
jenen mit seinen Mitteln und seinem Heer die Alleinherrschaft verschaffen, garantierte er.
Durch diese Rede bewogen, schworen sie sich untereinander Treue und hofften – nach
der Erlangung der Alleinherrschaft innerhalb ihrer Stämme – durch die Kraft der drei
mächtigsten und stärksten Völker ganz Gallien in ihre Gewalt bringen zu können.

[4] Die Sache wurde den Helvetiern verraten. Gemäß ihrer Sitten zwangen sie Orgetorix,
sich gefesselt zu verantworten; im Falle einer Verurteilung hätte er zur Strafe im Feuer
verbrannt werden müssen. Am festgesetzten Verhandlungstermin versammelten Orgetorix
von allen Seiten her sein ganzes Gesinde vor dem Gericht, ungefähr 10.000 Menschen,
und führte seine Klienten und Schuldner, von denen er eine große Zahl hatte, ebendorthin;
durch diesen Auflauf entzog er sich der Verantwortung. Als die deswegen aufgebrachte
Bürgerschaft versuchte, ihr Recht geltend zu machen und die obrigkeitlichen Behörden
eine Masse von Menschen vom Lande her zusammenzog, starb Orgetorix; und der
Verdacht lag nicht fern, dass er den Freitod wählte, wie auch die Helvetier meinen.

[5] Nach dessen Tod versuchten die Helvetier nichtsdestoweniger das zu tun, was sie
beschlossen hatten, nämlich aus ihren Gebiet auszuwandern. Sobald sie glaubten, für
ihren Plan gerüstet zu sein, zündeten sie all ihre Städte, etwa zwölf an der Zahl, ungefähr
vierhundert Dörfer und ihre übrigen privaten Gebäude an; alles Getreide, außer das, was
sie im Begriffe waren, mit sich zu tragen, verbrannten sie, um durch die Vernichtung der
Hoffnung auf Heimkehr noch entschlossener zu sein, alle Gefahren auf sich zu nehmen;
man befahl, jeder solle einen Mehlvorrat für drei Monate aus seinem Haus für sich
mitnehmen. Sie überredeten die Rauraker, Tulinger und Latobriger, denselben Entschluss
zu fassen, ihre Städte und Dörfer zu verbrennen und dann zusammen mit ihnen
auszuziehen, und nahmen die Boier, die jenseits des Rheines gesiedelt hatten, ins
norische Land übergegangen waren und ständig Noreia angegriffen hatten, zu sich auf
und machten sie sich zum Verbündeten.

[6] Es gab nur zwei Wege, auf welchen sie ihre Heimat verlassen konnten: Der eine ging
durch das Gebiet der Sequaner, eng und schwer zu passieren, zwischen dem Iuragebirge
und der Rhone, wo kaum einzelne Wagen gezogen werden konnten, wo ein riesiges
Gebirge über dem Haupt schwebte, sodass ein paar wenige Leute leicht dazu imstande
waren, den Durchgang zu verwehren; der andere führte durch unsere Provinz, deswegen
viel bequemer und gangbarer, weil zwischen dem Gebiet der Helvetier und Allobroger, die
kürzlich befriedet worden waren, die Rhone fließt und dieser an keinen Stellen von einer
Untiefe durchquert wird. Die äußerste Stadt der Allobroger ist Genf und dem Gebiet der
Helvetier am nächsten. Von dieser Stadt geht eine Brücke zu den Helvetiern. Sie glaubten,
sie würden die Allobroger entweder überreden, weil sie noch nicht den Eindruck machten,
von guter Gesinnung gegen das römische Volk zu sein, oder mit Gewalt dazu zwingen, sie
durch ihr Gebiet ziehen zu lassen. Nachdem sie alle Sachen für den Auszug beschafft
hatten, nannten sie den Tag, an welchem sich alle am Rheinufer versammeln sollten.
Dieser Tag war der 28. März, im Jahre des Konsulats von Lucius Piso und Aulus Gabinius
(58 v. Chr.).

[7] Nachdem man Caesar darüber Meldung erstattet hatte, dass diese versuchen, durch
unsere Provinz zu marschieren, brach er schleunigst von Rom auf und eilte so schnell er
nur konnte nach Gallien und kam bei Genf an. Der ganzen Provinz ordnete er an, die
größtmögliche Anzahl an Soldaten zu stellen (im jenseitigeren Gallien befand sich nur eine
einzige Legion) und befahl den Abriss derjenigen Brücke, die bei Genf war. Sobald die
Helvetier über dessen Ankunft benachrichtigt worden waren, sandten sie die vornehmsten
Legaten ihres Volkes zu Caesar. Den ersten Rang dieser Gesandtschaft nahmen
Nammeius und Verucloetius ein, die sagen sollten, dass es ihr Plan sei, ohne irgendeine
Übeltat durch die Provinz zu marschieren, deswegen weil sie keinen anderen Weg hätten:
Sie baten Caesar, dies mit dessen Einwilligung tun zu dürfen. Weil Caesar sich daran
erinnerte, dass der Konsul Lucius Cassius getötet, sein Heer von den Helvetiern
geschlagen und unters Joch geschickt worden war, war er der Meinung, dass man dies
nicht zulassen dürfe; und er glaubte nicht, dass Menschen von feindlicher Gesinnung –
nach dem Eröffnen der Möglichkeit, den Weg durch die Provinz zu bahnen – sich von
Unrecht und Übeltat enthalten würden. Doch um Zeit zu schinden, bis die Soldaten, die er
befehligt hatte, zusammenkämen, antwortete er den Legaten, dass er einen Tag
Bedenkzeit nehmen werde: wenn sie etwas wollten, sollen sie an den Iden des April
zurückkehren.

[8] Unterdessen führte Caesar mithilfe derjenigen Legion, die er bei sich hatte, und den
Soldaten, die aus der Provinz zusammengekommen waren, eine 19 Meilen lange und 16
Fuß hohe Mauer sowie einen Graben vom Genfer See, der in die Rhone fließt, bis zum
Iuragebirge, welches das Gebiet der Sequaner von den Helvetiern trennt. Nach
Vollendung dieser Arbeit stellte er Wachposten auf und verschanzte die Kastelle, damit er
umso leichter Feinde abwehren könnte, falls diese versuchten sollten gegen seinen Willen
hinüber zu marschieren. Sobald der Tag, den er mit den Legaten abgemacht hatte,
gekommen war und die Legaten zu diesem zurückgekehrt waren, sagte er, dass er gemäß
der Sitte und des Verfahrens des römischen Volkes niemandem gestatten könne, durch
ihre Provinz zu marschieren, und erklärte, dass er es verhindern werde, falls sie
versuchen sollten, Gewalt anzuwenden. Ihrer Hoffnung beraubt, versuchte die einer der
Helvetier mittels zusammengefügter Schiffe und einigen gebauten Floßen, die anderen an
seichten Stellen der Rhone, wo die Tiefe des Flusses minimal war, manchmal bei Tage,
öfters bei Nacht, durchbrechen zu können. Weil sie durch die Befestigungswerke, den
Auflauf der Soldaten und Geschosse zurückgedrängt worden waren, ließen sie vom
Versuch ab.

[9] Ein einziger Weg durch das Gebiet der Sequaner blieb übrig. Über diesen konnten sie,
sofern die Sequaner nicht einwilligten, wegen der Engpässe nicht marschieren. Weil sie
diese aus eigener Kraft nicht überreden konnten, schickten sie Legaten zum Häduer
Dumnorix, um mit diesem als Fürsprecher die Erlaubnis von den Sequanern zu erhalten.
Dumnorix hatte bei den Sequanern aufgrund seiner Gunst und seiner Freigebigkeit sehr
viel Einfluss und war mit den Helvetiern befreundet, da er aus diesem Stamm die Tochter
des Orgetorix geheiratet hatte, und trachtete aus Herrschsucht nach Umsturz und wollte
möglichst viele Stämme durch seine Gunstbezeigung an sich binden. Und so nahm er sich
der Sache an und erwirkte von den Sequanern, dass sie die Helvetier durch ihr Gebiet
ziehen ließen, und setzte durch, dass sie untereinander Geiseln stellten: Die Sequaner,
damit sie die Helvetier nicht am Marsch hinderten, die Helvetier, damit sie ohne Übeltat
und Unrecht hindurchgingen.

[13] Nachdem die Schlacht geschlagen worden war, sorgte Caesar für den Bau einer
Brücke in den Arar, um die übrigen Truppen der Helvetier verfolgen zu können, und führte
so sein Heer hinüber. Von seiner plötzlichen Ankunft aufgebracht, schickten die Helvetier
Gesandte zu ihm, da sie einsahen, dass jener das, was sie selbst innerhalb von zwanzig
Tagen schwerlichst vollbracht hatten, um den Fluss zu überqueren, an einem Tag
gemacht hatte; der Vornehmste dieser Gesandtschaft war Divico, der im Cassianischen
Krieg Führer der Helvetier gewesen war. Dieser verhandelte folgendermaßen mit Caesar:
Wenn das römische Volk mit den Helvetiern Frieden schlösse, würden sie in denjenigen
Teil gehen und dort bleiben, wo Caesar sie hinsetze und haben wolle; wenn er sie
weiterhin mit Krieg heimsuche, solle er sich sowohl der alten Niederlage des römischen
Volkes als auch der früheren Tapferkeit der Helvetier erinnern. Was das betrifft, dass er
unvermutet ein Dorf angegriffen habe, als diejenigen, die den Fluss überschritten hätten,
den Ihrigen nicht mehr hätten helfen können, so solle er deswegen weder zu sehr auf
seine Tapferkeit pochen noch die Helvetier selbst geringschätzen. Sie seien es von ihren
Vätern und Vorvätern so gewohnt, mehr mit Tapferkeit zu kämpfen als sich auf List und
Heimtücke zu verlassen. Darum solle er es nicht dahin kommen lassen, dass derjenige
Ort, wo sie sich niedergelassen hätten, wegen einer Niederlage des römischen Volkes und
der völligen Vernichtung seines Heeres einen Namen erhalte oder in die Geschichte
eingehe.

[14] Darauf antwortete Caesar folgendermaßen: Ihm sei deswegen weniger an Zweifel
gegeben, weil er diejenigen Dinge, die die helvetischen Gesandten erwähnt hätten, wisse,
und er ertrüge es umso schwerer, je weniger es sich durch das Verschulden des
römischen Volkes ereignet habe; wenn dieses sich irgendeines Unrechts bewusst
gewesen wäre, wäre es leicht gewesen, sich zu vorzusehen; aber eben dadurch sei es
geblendet worden, dass es weder eingesehen habe, irgendetwas begangen zu haben,
weshalb es sich hätte fürchten sollen, noch geglaubt habe, sich grundlos fürchten zu
müssen. Wenn er nun die alte Schmach vergessen wolle, könne er dann etwa auch die
Erinnerung an die neuen Unrechte tilgen, dass sie gegen seinen Willen gewaltsam durch
die Provinz marschiert wären, dass sie die Häduer, Ambarrer und Allobroger misshandelt
hätten? Dass sie sich mit ihrem Sieg derart über Gebühr rühmen und darüber staunen
würden, dass sie solange ungestraft Unrecht zugefügt hätten, beziehe sich auf dasselbe.
Die unsterblichen Götter seien es nämlich gewöhnt, zuweilen denjenigen Menschen
größeres Glück und längere Ungestraftheit zuzugestehen, die sie für ihre Verbrechen
ahnden wollten, damit die Menschen über einen Wechsel der Umstände desto massiver
Schmerz empfänden. Obgleich die Dinge so seien, werde er dennoch Frieden mit ihnen
schließen, wenn ihm Geiseln von ihnen gestellt würden, um zu ersehen, dass sie ihre
Versprechen einhalten würden, und wenn sie den Häduern ebenso wie den Allobrogern
wegen der Unrechte, die sie ihnen selbst und ihren Bundesgenossen angetan hätten,
Genugtuung leisten würden.

Divico antwortete: Die Helvetier seien von ihren Vorfahren so unterwiesen worden, dass
sie gewöhnlich Geiseln annähmen, nicht stellten; dessen sei das römische Volk Zeuge.
Nach dieser Antwort ging er fort.

[15] Am folgenden Tag marschierten sie ab. Dasselbe tat Caesar und schickte die
gesamte Reiterei, an der Zahl etwa 4.000, die er aus der ganzen Provinz und den
Häduern und deren Bundesgenossen zusammengezogen hatte, voraus, damit sie sahen,
in welche Gegend der Feind marschierte. Weil diese die Nachhut zu hitzig verfolgt hatte,
gingen sie an einer ungünstigen Stelle einen Kampf mit der Reiterei der Helvetier ein und
einige von unseren Männern fielen. Durch diesen Kampf übermütig, weil sie eine so große
Menge an Reitern mit nur 500 eigenen Reitern in die Flucht gejagt hatten, begannen die
Helvetier, bisweilen kühner Halt zu machen und mit ihrer Nachhut unsere Männer zum
Kampf herauszufordern. Caesar hielt die Seinigen vom Kampf ab, und hielt es für den
Augenblick für hinreichend, den Feind an Raubzügen, Nahrungsbeschaffung und
Verheerungen zu hindern. Sie marschierten ungefähr 15 Tage in der Art, dass zwischen
der Nachhut der Feinde und unserer Vorhut nicht mehr als fünf- oder sechstausend Schritt
lagen.
[16] Unterdessen forderte Caesar täglich von den Häduern Getreide, was sie öffentlich
versprochen hatten. Denn wegen der Kälte - weil Gallien im Norden liegt, wie zuvor gesagt
– war nicht nur das Getreide auf den Feldern noch nicht reif, sondern nicht einmal eine
hinlänglich große Menge an Tierfutter war verfügbar; dasjenige Getreide aber, was er über
den Fluss Arar hinaufgeführt hatte, konnte er deswegen weniger nutzen, weil die Helvetier,
von denen er nicht weichen wollte, vom Arar abgekehrt waren. Die Häduer hielten ihn von
Tag zu Tag hin: sie sagten, das Getreide werde zusammengetragen, eingeliefert und sei
da. Sobald er bemerkte, dass er zu lange hingehalten wurde und der Tag bevorstand, an
dem das Getreide seinen Soldaten zugeteilt werden musste, klagte er – nach Einberufung
der ersten Männer derjenigen, von denen er einen großen Teil im Lager hatte, unter ihnen
Diviciacus und Liscus, die das höchste Amt innehatten, das die Häduer Vergobret nennen,
jährlich gewählt wird und gegen die Ihrigen Macht über Leben und Tod hat – diese schwer
an, dass er von ihnen in einer so dringenden Zeit, da Getreide weder von den Feldern
eingeholt noch gekauft werden könne, bei so nahen Feinden nicht unterstützt werde,
zumal weil er, zu einem großen Teil durch ihre Bitten veranlasst, den Krieg auf sich
genommen habe; um vieles schwerer beklagte er, dass er im Stich gelassen worden sei.

[17] Dann erst, durch die Rede Caesars veranlasst, brachte Liscus vor, was er zuvor
verschwiegen hatte: Es gebe manche, deren Einfluss beim Volk sehr viel vermöge, die
privat mehr ausrichten können als selbst die Magistrate. Diese würden die Menge durch
aufrührerische und schurkische Rede davon abschrecken, das Getreide zu entrichten, was
sie entrichten müssten: es sei besser, - wenn sie schon die Führung Galliens nicht
innehaben könnten - Befehle von Galliern als von Römern auszuführen und sie würden
nicht daran zweifeln, dass die Römer, wenn sie die Helvetier besiegt hätten, den Häduern
zusammen mit dem übrigen Gallien die Freiheit rauben würden. Von denselben würden
unsere Pläne und was im Lager vor sich gehe den Feinden verraten; diese könnten von
ihm (Liscus) nicht gezügelt werden. Ja er wisse sogar, unter welch großer Gefahr er dies
gemacht habe, nämlich dass er, wenngleich notgedrungen, die Sache Caesar gemeldet
habe; und deshalb habe er solange wie möglich geschwiegen.

[18] Caesar wusste, dass mit dieser Rede des Liscus auf Dumnorix, den Bruder des
Diviciacus, hingedeutet wurde, doch entließ er, weil er nicht wollte, dass diese Sachen in
Anwesenheit mehrerer Leute erörtert würden, die Versammlung schnell, hielt Liscus
zurück. Er befragte ihn allein zu dem, was er in der Zusammenkunft gesagt hatte. Liscus
sprach freier und mutiger. Dieselben Dinge suchte Caesar auch von Anderen unter vier
Augen zu erfahren;

Er fand heraus, dass sie wahr sind: Dumnorix selbst - ein Mann von höchster
Verwegenheit und großer Beliebtheit beim Volk wegen seiner Freigebigkeit - begehre
einen Umsturz. Mehrere Jahre lang habe er die Zölle und alle übrigen Abgaben für einen
geringen Betrag in Pacht genommen, deswegen weil niemand gewagt habe mitzubieten,
wenn jener geboten habe. Er habe dadurch sowohl sein Vermögen vergrößert als auch
reiche Mittel zum Schenken beschafft; eine große Zahl der Reiterei erhalte er stets auf
seine eigenen Kosten und habe sie immer um sich, und nicht nur in der Heimat, sondern
auch bei benachbarten Stämmen sei seine Macht groß, und um dieser Macht willen habe
er seine Mutter bei den Biturigern mit dem dort edelsten und mächtigsten Manne
verheiratet; er selbst habe ein Frau von den Helvetiern, seine Schwester mütterlicherseits
und seine Verwandten habe er in andere Stämme verheiratet. Wegen dieser
Verwandtschaft sei er den Helvetiern günstig und zugetan, hasse Caesar und die Römer
auch aus persönlichen Gründen, weil seine Macht durch deren Ankunft gemindert und
sein Bruder Diviciacus wieder in seinen früheren Stand von Einfluss und Ehre eingesetzt
worden sei. Wenn den Römern irgendetwas widerfahre, komme er in die höchste
Hoffnung, vermittelst der Helvetier die Alleinherrschaft zu erlangen; unter der Herrschaft
des römischen Volkes zweifle er nicht nur an der Alleinherrschaft, sondern auch an seiner
Macht, die er habe. Beim Befragen fand Caesar auch heraus, dass – was die unglückliche
Reiterschlacht vor wenigen Tagen betrifft – der Anfang dieser Flucht von Dumnorix und
seinen Reitern ausgegangen sei (denn Dumnorix kommandierte die Reiterei, die die
Haeduer Caesar zur Hilfe geschickt hatten); durch deren Flucht sei die übrige Reiterei
gewaltig erschreckt worden.

[19] Nachdem diese Dinge in Erfahrung gebracht worden sind, glaubte Caesar – weil zu
diesen Verdächtigungen noch sehr sichere Fakten hinzukamen, nämlich dass er die
Helvetier durch das Gebiet der Sequaner geführt habe, dass er untereinander habe
Geiseln stellen lassen, dass er all diese Dinge nicht nur ohne seinen und des Stammes
Befehl, sondern auch ohne ihr Wissen getan habe, dass er von der Obrigkeit der Häduer
angeklagt werde – es gebe Grund genug, entweder selbst gegen ihn vorzugehen oder
dies dem Stamme zu befehlen. All diesen Dinge stand allerdings eine Sache entgegen,
nämlich dass Caesar seines Bruders Diviciacus äußerste Ergebenheit gegenüber dem
römischen Volk, seine äußerste Zuneigung gegen ihn, seine außerordentliche Treue,
Gerechtigkeit und Mäßigung kennenlernte; er fürchtete nämlich, die Seele des Diviciacus
durch dessen Hinrichtung zu kränken. Deshalb befahl er, bevor er irgendetwas versuchte,
dass Diviciacus zu ihm gerufen werde, und unterhielt sich, nachdem die gewöhnlichen
Dolmetscher entfernt worden waren, über Gaius Valerius Troucillus, ein Fürst der Provinz
„Gallien“, ein enger Vertrauter, dem er vollsten Vertrauen in allen Dingen schenkte, mit
ihm; zugleich gab er ihm zu bedenken, was in seiner Anwesenheit im der Versammlung
der Gallier über Dumnorix gesagt worden sei, und legte dar, was jeder einzelne -
abgesondert - bei ihm über diesen gesagt habe. Er verlangte dringend von ihm, dass er
ohne seine Seelenkränkung nach Untersuchung des Falles entweder selbst über
Dumnorix bestimmen dürfe oder dem Stamm befehlen dürfe, über ihn zu bestimmen.

[20] Caesar unter vielen Tränen umarmend, begann Diviciacus ihn anzuflehen, nicht
irgendetwas schwerwiegendes gegen seinen Bruder zu beschließen: er wisse, dass jene
Dinge wahr seien, und niemand empfinde deswegen mehr an Schmerz als er, deswegen
weil - da er selbst sehr viel Einfluss in der Heimat und im übrigen Gallien hatte, jener aber
wegen seines Jünglingsalters äußerst wenig - sein Bruder erst durch ihn politisch
aufgestiegen sei. Diese Macht und Stärke habe er nicht nur genutzt, um sein Ansehen zu
mindern, sondern beinahe auch zu seinem Verderben. Er werde jedoch sowohl von
brüderlicher Liebe als auch von der Meinung des Volkes bewegt. Wenn ihm nun
irgendetwas schwerwiegenderes seitens Caesar widerfahre, werde niemand glauben,
dass dies nicht nach seinem Willen geschehen sei, da er selbst diese Stellung der
Freundschaft bei ihm [Caesar] besitze: infolgedessen würden sich die Herzen ganz
Galliens von ihm abwenden. Als er Caesar weinend mit vielen Worten um dies bat, griff
Caesar dessen rechte Hand; nachdem er ihn getröstet hatte, bat er ihn, seine Rede zu
beenden; er gab ihm zu verstehen, dass seine Gunst bei ihm so groß sei, dass er das dem
Staat angetane Unrecht und seine persönliche Kränkung in Rücksicht auf seinen Wunsch
und seine Bitten ungestraft lassen werde. Er rief Dumnorix zu sich, holte den Bruder hinzu;
was er an ihm tadle, tat er kund; was er selbst wisse, was sein Volk beklage, legte er dar;
er mahnte ihn, für die Zukunft sämtliche Verdachtsgründe zu vermeiden. Er sagte, dass er
seinem Bruder Diviciacus zuliebe das Vergangene ungestraft lasse. Dem Dumnorix stellte
er Wächte, um wissen zu können, was er treibt, mit wem er spricht.

[30] Nach Beendigung des Krieges gegen die Helvetier trafen Gesandte ganz Galliens,
Oberhäupter der Stämme, bei Caesar ein, um zu gratulieren: sie wüssten, dass sich diese
Sache, auch wenn er für die alten Unrechte der Helvetier gegen das römische Volk an
diesen mit Krieg Rache genommen habe, dennoch nicht weniger zum Nutzen Galliens als
zum Nutzen des römischen Volkes ereignet habe, <und zwar> deswegen, weil die
Helvetier ihre Heimat unter blühendsten Verhältnissen verlassen hätten, in der Absicht,
ganz Gallien mit Krieg zu überziehen, sich der Oberherrschaft zu bemächtigen, aus der
Menge denjenigen Ort, den sie für den bestgelegensten und fruchtbarsten ganz Galliens
gehalten hätten, zum Wohnsitz auszusuchen und die übrigen Stämme steuerpflichtig zu
machen. Die Gesandten baten Caesar, an einem bestimmten Tag eine Zusammenkunft
ganz Galliens ansagen und diese mit seiner Einwilligung durchführen zu dürfen: sie hätten
gewisse Anliegen, um die sie ihn aufgrund eines allgemeinen Beschlusses bitten wollten.
Nach Erlaubnis dieser Sache setzten sie einen Tag für die Versammlung fest und setzten
untereinander mit einem Schwur unverbrüchlich fest, dass niemand etwas mitteile, außer
diejenigen, denen es durch gemeinschaftlichen Beschluss aufgetragen worden sei.

Das könnte Ihnen auch gefallen