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ELITES BETWEEN MULTICULTURALISM AND

NATIONALISM

ELITEN ZWISCHEN MULTIKULTURALISMUS UND


NATIONALISMUS
Neven Budak

KROATEN IN WIEN BIS ZUM ENDE DES 18. JAHRHUNDERTS –


EINE SKIZZE

Die Spuren der Kroaten in Wien, im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit
aufzusuchen, ist ein schwieriges Problem. Erstens bilden der Charakter, so-
wie die Quellen ein Hindernis. Es besteht keine erhaltene Quellenreihe, aus
welcher man Angaben über die ethnische oder regionale Zugehörigkeit der
Bewohner Wiens feststellen kann. Die Totenregistern der Stadt Wien aus
dem 17. und 18. Jahrhundert sind zwar gut erhalten (im Wiener Stadt- und
Landesarchiv), für ihre systematische Durchsuchung benötigt man aber viel
mehr Zeit, als mir im Rahmen dieses Projektes zu Verfügung stand. Dazu er-
wähnen diese Register den Namen der verstorbenen Person, nicht aber ihre
Herkunft oder Nationalität (abgesehen von der Frage, wie diese in der Frühen
Neuzeit zu verstehen war). Das bedeutet, wir können uns meistens nur auf
den Familiennamen des Verstorbenen verlassen, um zu vermuten, ob jemand
ein Kroate war. Das ist, natürlich, keine zuverlässige Methode, besonders
wenn man Kroaten von anderen Slawen, vor allem Tschechen und Slowaken,
unterscheiden möchte, jedoch gibt es solche Familiennamen, die für den kro-
atischen Raum typisch sind. Dasselbe Problem erscheint bei der Analyse der
Matrikel. Obwohl der Herkunftsort, der in den verschiedenen Matrikeln ange-
gebenen Personen manchmal erwähnt wurde, ist das eher eine Ausnahme,
die nur dann vorkommt, wenn der Betroffene als Ausländer nach Wien ge-
kommen ist. Bürgereidbücher aus dem 17. und 18. Jahrhundert enthalten
auch keine Angaben über die Herkunft der neugeschworenen Bürger.
Die zweite Schwierigkeit besteht darin, wie man einen Kroaten in Wien
überhaupt definiert? Sind der Gegenstand der Forschung Kroaten, wel-
che in der ersten Generation aus den kroatischen Ländern nach Wien ge-
kommen sind, oder auch solche, die kroatischer Herkunft waren, sich aber
seit einer oder mehreren Generationen in Burgenland, Niederösterreich, in
der Slowakei oder woanders aufhielten. Die Türkenkriege verursachten im
Laufe des 16. Jahrhunderts zahlreiche Migrationswellen aus Kroatien und
Slawonien nach Nordwesten und Westen.1 Die Folge dieser Umsiedlungen

1
Neven Budak, Der soziale Wandel im nordwestlichen Kroatien im 16. Jahrhundert, in:
Ulrike Döcker / Rudolf Kropf (Hg.), Andreas Baumkirchner – Erben und Nachfolger. Ei-
senstadt 1992, 343.

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Neven Budak, Kroaten in Wien bis zum Ende des 18. Jahrhunderts – eine Skizze

war das Entstehen kleinerer oder größerer kroatischer Siedlungsgebiete,


von welchen einige gut, die anderen aber ungenügend erforscht sind.
Einige von diesen ethnischen Gemeinschaften sind bis heute erhalten ge-
blieben, wie z. B. die in Burgenland, beiderseits der österreichisch-ungari-
schen Grenze, oder die in der Slowakei, unweit von Wien, andere sind aber
vollkommen verlorengegangen. Kann man also Kroaten, die aus solchen
Gemeinschaften nach Wien übersiedelten, auch als Kroaten bezeichnen,
oder muss man unter denen zwei Kategorien klar unterscheiden? Dabei
stellt sich auch die Frage, wie man wissen kann, ob jemand mit einem kro-
atischen Familiennamen direkt aus Kroatien stammte, oder eben nicht?
Der Charakter der Quellen - in welchen fast alle Namen, abgesehen von
ihrer eigentlichen Form, verdeutscht waren - kann uns auch bei dieser
Identifizierung nicht behilflich sein.
Dazu kommen dann auch solche, aus den kroatischen Ländern stam-
mende Bewohner Wiens, die keine kroatischen sondern deutsche oder ita-
lienische Familiennamen trugen. Soll man sie als Kroaten bezeichnen? Im
Sinne moderner nationalen Zugehörigkeit wahrscheinlich nicht, als „politi-
sche Kroaten“ vielleicht doch.
Letztendlich stellt sich die Frage, ob alle, die als „Kroboten“, „Krawaten“
oder „Kroaten“ in den verschiedenen Quellen erscheinen, tatsächlich
Kroaten waren? Im 19. Jahrhundert, zum Beispiel, nannte man Hausierer,
Verkäufer verschiedener Holz- und Leinwaren sowie Zwiebeln, Kroaten
(Krawaten). Angeblich aber waren sie eigentlich Slowaken.2 Warum sie als
Kroaten bezeichnet wurden, wird in der Literatur nicht ausreichend erklärt.
Man soll aber nicht vergessen, dass sich in der Slowakei, ausgerechnet in
der Nähe Wiens, kroatische Dörfer befanden, von denen auch heute noch
einige existieren.3 Doch scheint es, dass die Bezeichnung „Kroate“ nicht
unbedingt eine ethnische war, sondern auch solche, die eine Gruppe von
dem niedrigeren sozialen Stand kennzeichnete, oder gewisse Angehörige
des Militärstandes, was unsere Forschungsfrage zusätzlich kompliziert.
Auch die Träger des Familiennamens „Krabat“ u. a. waren vielleicht im 16.
Jahrhundert tatsächlich Kroaten, später trugen solche Namen Angehörige
schon längst germanisierter Familien.

2
Felix Czeike, Historisches Lexikon Wien (weiter: HLW), Bd. 3, Wien 1994, 447, 620.
3
Ljiljana Dobrovšak, Croatians in Slovakia and Slovaks in Croatia in the Eighteenth Centu-
ry, in: Martin Homza / Ján Lukačka / Neven Budak (Hg.), Slovakia and Croatia. Historical
Parallels and Connections (until 1780). Pressburg, Zagreb 2013, 344-347; Květoslava
Kučerová, Naseljavanje hrvatskih seljaka u Slovačkoj i njihov socijalni položaj, Radovi
Instituta za hrvatsku povijest 5 (1973), 113-126.

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The Entangled Histories of Vienna, Zagreb and Budapest (18th-20th Century)

Der Forscher dieser Thematik wird mit noch einer Schwierigkeit kon-
frontiert: es gibt so gut wie keine bisherigen Forschungsergebnisse über
Kroaten in frühneuzeitlichem Wien, obwohl ihre Anwesenheit in der landes-
kundlichen Literatur erwähnt wird.4 Man soll also ganz von neu anfangen,
mit nicht völlig geklärter Methodik und mit umfangreichen, aber für unsere
Fragen nicht genug relevanten Quellen. Mit, im Rahmen dieses Projektes,
begrenzter Zeit, die mir zu Verfügung stand, konnte ich deswegen nichts
mehr als eine, zum größten Teil auf Grunde von Sekundärliteratur und ver-
öffentlichten Quellen beruhende Skizze über die Anwesenheit der Kroaten
in Wien bis zum Ende des 18. Jahrhunderts darstellen. Obwohl mir klar ist,
dass sich nur einige aus dem kroatischen Raum stammende Menschen der
Frühen Neuzeit als Kroaten bezeichneten, während andere sich verschiede-
ner anderen Identitäten bedienten, werde ich sie alle wegen Vereinfachung
Kroaten nennen.
Die ältesten Angaben über kroatische Bewohner Wiens stammen aus
dem späten Mittalter. Man kann annehmen, dass es dabei um solche
Einwanderer ging, welche tatsächlich aus Kroatien gekommen sind, weil
aus der Zeit keine anderen kroatischen Siedlungsgebiete bekannt sind.
Der erste Kroate in Wien, über welchen wir Bescheid wissen, war ein
Chrabat sartor, der 1386 super Hochstrazz ein Haus besaß.5
Das 15. Jahrhundert bietet uns nur spärliche Angaben. So verkaufte am 5.
Oktober 1416 Hanns Chrabat der Parchannter mit seinen Familienmitgliedern
einen Weinberg am Hohenbart.6 Im Jahre 1427 verlor Niclas Krabat burger zu
Wienn, mit seiner Frau Magdalena, einen Rechtsstreit über einen Weinberg,
obwohl er nicht zögerte, sich sogar beim Herzog Albrecht zu beschweren.7 Ob
Jörg Windisch, ein weiterer Bürger Wiens, der 1484 in einem Rechtstreit über
einen Weinberg im Namen seiner Frau Ursula auftrat, aus Slawonien stamm-
te, kann nicht bewiesen werden.8 Ähnlich unklar bleibt die Frage, wie sich

4
Über Kroaten in Wien wurde bis jetzt nur ein Buch veröffentlicht: Josip Seršić, Kroatisches
Wien – Hrvatski Beč. Wien 2013. Es handelt sich aber um eine populäre Darstellung, die
nicht an der Forschung von archivalischen Quellen beruht.
5
Richard Müller, Wiens räumliche Entwicklung und topographische Benennungen vom
Ende des XIII. bis zum Beginn des XVI. Jahrhunderts, in: Heinrich Zimmermann (Hg.),
Geschichte der Stadt Wien. Bd. 2, Wien 1900, 134.
6
Ferdinand Wimmer, Regesten aus dem Archive des hochw. Metropolitan-Capitels zum
heiligen Stephan in Wien, Quellen zur Geschichte der Stadt Wien (weiter: QGSW). Bd. 4,
Wien 1901, Nr. 3709.
7
Josef Lampel, Regesten aus dem K. und k. Haus- Hof und Staatsarchive in Wien, QGSW,
Bd. 2, 1896, Nr. 1788.
8
Lampel, Regesten, Nr. 1923.

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Neven Budak, Kroaten in Wien bis zum Ende des 18. Jahrhunderts – eine Skizze

der Bischof von Wien und Professor an der Wiener Universität Johann Vitez
(1495) identifizierte. Er war Neffe des berühmten gleichnamigen Erzbischofs
von Gran, welcher aus Slawonien stammte und Kanoniker des Domkapitels zu
Zagreb war.9 Ob sich der jüngere Prelat als Slawonier, oder als Ungar fühlte,
wissen wir nicht.10
Während einzelne Kroaten in Wien, die sich dort nur vorübergehend
aufhielten, schon im spätmittelalterlichen Quellen zu finden sind, siedelten
sich in Wien in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts die ersten Gruppen
an, die man als ethnische Minderheit bezeichnen kann. Im Trauungsbuch
der Pfarre Stephansdom wurden mehrere kroatische Namen aufgeschrie-
ben. Den ältesten können wir unter dem Jahr 1544 finden: der edl Heinrich
Korlersicz. Dass er nicht der einzelne war, beweist im selben Jahr die
Nennung der krabater Strassen (der ältesten Wiener Siedlung unter einen
kroatischen Namen), sowie viele andere Personennamen: Nicolaus Hussich
(1545), Matheus Windisch und seine Frau Ursula aus Eysenstat (1545),
Peter Nikitsch (1545), Stephan Schuster Krabath und seine Frau Elizabetha
rel. des Mathie Urwanitsch (1549), Martha Krabaterin (1551), Andreas
Krabath kursner (1551), Thoman krabat (1552), Matheis krabat (1552),
Nicolaus Radowitsch (1553), Maister Lucas Grandisch schuester (1554),
Mert krawat ein schneider (1555), Gregor Rearkh ein krabat und taglo-
ner zu ottakhrin (1555 – das war der erste kroatische Ottakringer), Andre
Peroschitt ein krawat zu azenpach (1555), Nicolaus Nel ein krawat von lam-
purckh (1555), Thoman khrobath ein Zimergsell (1563) – um nur einige zu
nennen. Dass es auch schon damals Dalmatiner gegeben hat, die in Wien
ihre Zukunft aufzubauen versuchten, zeigt das Beispiel des Haimferber von
Spalath, der sich 1548 mit Cordela, des edlen Herren Christoffs Patriarchen
verlasne Witib verlobte.11
Unter allen aufgeschriebenen Namen in den ersten zwei Trauungsbüchern
machen die kroatischen lediglich ein Promille aus, jedoch sind ihre Träger zu-
sammen mit den Ungarn die meisterwähnte ethnische Gruppe. Im Laufe der
folgenden Jahrzehnte wird die Bezeichnung „Krabath“ u.a. deutlich seltener
und verschwindet bis Ende des Jahrhunderts fast völlig aus den Matrikeln.

9
Hrvoje Petrić, Prilog poznavanju intelektualnih gibanja u srednjovjekovnoj Slavoniji kroz
veze s europskim sveučilištima s posebnim osvrtom na Križevce i okolicu, Cris IV/1
(2002), 28-29.
10
Lampel, Regesten, Nr. 2190; Erwin Gatz, Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches.
Berlin 1996, 725–726.
11
Stephansdom, Wien Archiv, Trauungsbuch, T. 1 (1542-1556), T. II (1563-1566), T. V
(1573-1577).

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The Entangled Histories of Vienna, Zagreb and Budapest (18th-20th Century)

Einzelne Beispiele können wir immer noch in Testamenten finden, wie z. B.


den Peter Krabat (1586), Katherina Wirschicz (1586), Ottilia und Nikolaus
Pallowitsch (1583, bzw. 1584) und Andreas Perutetz (1585).12 Auch im 17.
Jahrhundert werden noch solche Namen notiert, was aber nicht bedeutet,
dass ihre Träger damals noch unbedingt eine kroatische Identität hatten. Die
Bezeichnung konnte ein Familienname gewesen sein, der vielleicht nur noch
an die ehemalige Herkunft der Vorfahren dieser „Kroaten“ erinnerte.13
Es gibt noch einige andere Angaben über Wiener Kroaten im 16.
Jahrhundert.14 Ein Christoff Krabath besaß 1524 ein Haus im Widmenviertel
(Nr. 15633 und 15640). Die Rechnungen des Oberkämmerers aus dem
Jahr 1540 enthalten die folgende Notiz: Ein guldes ringl mit ainem saffier,
hat Anna, des Andre Krawatn Tochter, zu Wien im glückhafen gewunnen
(Nr. 15691). Der Regimentssekretär Wolfen Krobat wurde 1557 von ei-
nem Schlosser beleidigt (Nr. 15761) und 1563 verkaufte der Meister Mert
Crabatten Leinen an die Maler welche das Rathaus bemalten (Nr. 15778).
Auch der berühmte Nikola Jurišić, der Verteidiger von Gűns (Köszeg)
und Kapitän der kroatischen Militärgrenze, kaufte 1535 ein Haus in der
Bankgasse 4. Später wurde das Haus Besitz der Witwe des Georg Krabat
von Sparndorfa und als Croatenhaus bekannt.15
War vielleicht auch Johann Prosinackh (1591), Rat und Hofsekretär der
verwitweten Königin von Frankreich, ein Kroate?16 Oder Peter Zebiz, ein
Orgelbauer der mehrere Jahre vor 1583 starb und den Abt der Schotten 10
Thaler schuldig blieb?17
Im 16. Jahrhundert erscheint in Wien zum ersten Mal der Name
Kollonitsch (Kolenitsch/Kollonich). Diese kroatische Familie stammte aus
Niederösterreich. Im Jahre 1527 war ein Seyfried Kollonitsch Mitglied des
königlichen Rates und 1561 war Ferdinand von Kolenitsch einer der Räte,
welche für die Bekämpfung der Pest verantwortlich waren.18 Viel später,

12
Wiener Stadt- und Landesarchiv, Verzeichnis der Testamente 1548-1599, 95, 109, 131,
158, 1515.
13
So, z. B., Vincentius Krabath (1672) (s. Alexander Hajdecki, Auszüge aus den Tauf-
büchern zu den Schotten, Nr. 9678) oder Blasius Chrovoth (s. Alexander Hajdecki,
Auszüge aus den Ehematriken der Pfarre St. Michael, QGSW Bd 6, Nr. 8082).
14
Karl Uhlirz, Urkunden und Regesten aus dem Archive der K. K. Reichshaupt- und Resi-
denzstadt Wien, QGSW Bd. 3, Wien 1897.
15
Seršić, Kroatisches Wien, 42.
16
Lampel, Regesten, Nr. 1987.
17
Lampel, Regesten, Nr. 2696.
18
Lampel, Regesten, Nr. 1360 und Nr. 1486.

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Neven Budak, Kroaten in Wien bis zum Ende des 18. Jahrhunderts – eine Skizze

1716, wurde ein weiterer Kollonitsch, Graf Sigismund, zum ersten Erzbischof
von Wien geweiht.19
Dass die Zahl der Kroaten in Wien zu der Zeit nicht gering gewesen
ist, beweist die Angabe, dass die Kroaten, Böhmen und andere Nationen
1545 am Bau der Stadtbefestigungen teilnahmen.20 Obwohl eine gänzli-
che Bearbeitung der kroatischen Migrationen nach den österreichischen
Ländern im 16. Jahrhundert immer noch fehlt,21 ist es sehr wahrschein-
lich, dass diese Wiener Kroaten mit der Flüchtlingswelle aus Kroatien und
Slawonien in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts gekommen sind. Eine
oder zwei Generationen haben sie ihre ethnischen Namen bewahrt, danach
wurden sie aber rasch assimiliert und nur die Neuankömmlinge wurden
wieder als Kroaten (oder als windisch) bezeichnet. Aus den oben aufgezähl-
ten Beispielen ist erkennbar, dass die kroatische Gruppe aus Handwerkern
und Tagelöhnern, aber auch aus niedrigem Adel zusammengesetzt war.22
Die meisten heirateten mit Deutschen (was die Assimilation natürlich be-
schleunigte), aber einige fanden Ehepartner auch unter sich.
Dass sich Kroaten in Ottakring gerne niederließen, sollte auch das
Toponym „Crabatendörfl“ am Spittelberg beweisen. Obwohl der erwähn-
te Gregor Rearkh ein krabat und tagloner zu ottakhrin im Jahre 1555
zeigt, dass diese Vorstadt Wiens schon im 16. Jahrhundert einigen kroa-
tischen Einwanderern ihren neuen Wohnsitz angeboten hat, erscheint die
Siedlung mit den kroatischen Namen erst nach der Belagerung Wiens

19
Stjepan Krasić, „Kolonić, Sigismund“, in: Hrvatski biografski leksikon (weiter: HBL), Bd.
7, Zagreb 2009, 535-536.
20
Uhlirz, Urkunden und Regesten, Nr. 15712.
21
Besser bekannt ist nur die kroatische Ansiedlung Burgenlands. Stefan Geosits (Hg.), Die
burgenländischen Kroaten im Wandel der Zeiten. Wien 1986; Ivan Kampuš (Hg.), Po-
vijest i kultura gradišćanskih Hrvata. Zagreb 1995; Božena Vranješ-Šoljan, Gradišćanski
Hrvati: između tradicije i suvremenosti. Zagreb 2005.
22
Felix Tobler, Zur Struktur des ausgewanderten kroatischen Mittel- und Kleinadels im
16. Jh. und das ‘familiares’-Problem“ in: Franz Palkowitz (Hg), Symposion Croaticon.
Gradišćanski Hrvati – Die burgenländischen Kroaten. Wien 1974, 161-167; Ivan Jurkov-
ić, Socijalni status i prisilni raseljenici iz hrvatskih plemićkih obitelji u zemljama njihovih
doseoba za trajanja osmanske ugroze, Zbornik Odjela za povijesne znanosti HAZU 23
(2005), 63-85.
23
Ein Stadtplan von Wien, gleich nach der Türkenbelagerung gezeichnet, zeigt an der
Stelle Spittelbergs nur Ruinen: Historisches Museum der Stadt Wien, Plan Nr. 169.776.
In der Beschreibung der Neudegger Lehen, welches sich auch auf das Spittelberg aus-
dehnte, und welches am 16. September 1694 aufgefasst wurde, steht: das sogenannte
Croatendörfel, neulich Spittlberg intitulirt. Das Lehen war vor der Belagerung ordentlich
markiert, aber nach der Gründung des Kroatendörfls verschwanden die Säulen welche

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The Entangled Histories of Vienna, Zagreb and Budapest (18th-20th Century)

1683 in den Quellen.23 Kleine Häuser, meistens mit ein- oder zwei-Zimmer
Wohnungen, wurden durch die Stiftgasse, Breite Gasse, Siebensterngasse
und Burggasse begrenzt.24 Als in 1788 an dieser Stelle neue bürgerliche
Häuser errichtet wurden, übersiedelten die „Krowoten“ in den 9. Bezirk.25
Leider findet man in der Literatur keine Beweise, dass diese Siedlung tat-
sächlich von Kroaten gegründet wurde, und die Quellen, die ich untersu-
chen konnte, erwähnen auch keine Kroaten am Spittelberg.26 So enthält,
zum Beispiel, das Banntaiding oder Richter Wall der nachbarschaft auf des
burgerspitals grundt Jurisdiction vorn Purchsthor bey der gulden Kandl ins-
gemain das Crabaten derfle genand so in der burgerspitals grundt stuben
durch die hierinen benanten herrn ist vorgenommen worden den 5. August
1687 keine kroatischen, sonder nur deutsche Namen.27 Die Einwohner wa-
ren oft als Schuster oder Krämer bezeichnet. Ein einziger Kroate, der dort,
in der Nähe von St. Ulrich, im 17. Jahrhundert Häuser und Wohnungen be-
saß, war ein Priester des Kollegs in Zagreb.28
Für Spittelberg, ein Besitz des Schottenstiftes, war die Pfarre St. Ulrich zu-
ständig. Leider waren mir die Matrikel der Pfarre, die noch nicht digitalisiert


die Grenze des Lehens kennzeichneten. S. Cölestin Wolfsgruber, Regesten aus dem Ar-
chive des Benedictinerstiftes Schotten in Wien, QGSW, Bd. 3, Wien 1897, Nr. 2786.
Eine weitere Erwähnung der Siedlung, wobei keine kroatischen Namen ihrer Bewohner
erscheinen, wurde am 27. April 1693 in einer Matrikel niedergeschrieben: Johann He-
henleitner, Maler, von Wolfertshausen aus Bayern geb., des + Georg hehenleitner Sohn,
wohnt in Crabatendörfl, Katharinam Pruckhmayerin, von München geb., des + jakob
Pruckhmayr Tochter, wohnt bei Mariahilf. Zeuge: Johann Andre Kamerlocher, Maler in
Crabatendörfl bei der guldenen sonne. S. Alexander Hajdecki, Auszüge aus den Matrike
der Pfarre St. Michael, QGSW Bd. 6, 1908, Nr 8137. Am 11. Februar 1695 wurde Craba-
tendörffl in einer Urkunde des Bischofs von Passau erwähnt. S. Wolfsgruber, Regesten,
Nr. 2789.
24
Ob diese Häuser mit den Kroaten etwas zu tun hatten, ist fraglich, da sie erst eini-
ge Jahren nach der Gründung des Kroatendörfls gebaut wurden (1730). Stift Schotten
baute sogenannte Zinszimmer, was den schlechten finanziellen Zustand des Stiftes be-
weist. Wilhelmine Griehbaum, Beiträge zur Geschichte der Vorstädte St. Ulrich – Neu-
bau – Schottenfeld (1620 – 1820). Dissertation, Wien 1958, 46.
25
Griehbaum, 46; HLW, Bd. 3, 625.
26
Selbst in seinem Buch über Ottakring schreibt Czeike nichts mehr, weder von Kroaten
in Ottakring, noch von den Kroatendörfl. S. Felix Czeike, XVI. Ottakring, Wiener Bezirk-
skulturführer 16 (1981). Eine mögliche Ausnahme war Bernhardin Tschugckh, Steuer-
händler und Grundschreiber des Stiftes Schotten welcher am 31. August 1696 sein
Testament verfassen ließ. Er besaß ein Haus in der Nähe von St Ulrich. S. Wolfsgruber,
Regesten, Nr. 2791.
27
Wiener Stadt- und Landesarchiv, MA 8. Es handelt sich um Gemeindeprotokolle mit
Listen der gewählten Richtern und Assessoren von 1687 bis 1735.
28
Wolfsgruber, Regesten, Nr. 2776.

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Neven Budak, Kroaten in Wien bis zum Ende des 18. Jahrhunderts – eine Skizze

wurden, unzugänglich.29 Die Analyse der Zuwanderung in diese Vorstadt wur-


de aber vor einem halben Jahrhundert von Wilhelmine Griehbaum durch-
geführt.30 Die Autorin hat in den Jahren 1684-1720 2.888 Zuwanderer aus
den österreichischen Alpenländern aufgezählt, aus Deutschland 2.037, aus
den anderen Ländern der Monarchie 1.184. Davon kamen 165 aus Ungarn
mit Burgenland und Kroatien (in den Jahren 1684-1700, gleich nach der
Gründung des Kroatendörfls, 83). Noch 250 kamen aus anderen Ländern
wobei für etwa 20% die Herkunft unbekannt war.31 Daraus sollte man fest-
schließen, dass die geringe Zahl der kroatischen Einwanderer kaum reichte,
der Siedlung einen kroatischen Namen zu beschaffen. Doch darf man nicht
übersehen, dass die meisten unter den Ungarn eingeordneten Ankömmlinge
aus den westungarischen Gebieten kamen, beispielsweise aus Pressburg,
Sopron, Eisenstadt oder Köszeg, wo viele Kroaten angesiedelt waren.32 Auch
einige Einwanderer aus Niederösterreich, aus der Umgebung von Wagram
und Krems sowie dem Waldviertel, konnten Kroaten gewesen sein.33
Hinsichtlich der sozialen Struktur waren die Bewohner dieser Vorstadt
meistens Handwerker und Leute im verschiedenen Diensten vom niedrige-
ren Rang. In der Zeit nach der Neugründung der Siedlung am Spittelberg
(1684-1720) lebten dort 14 Schuster (Czismenmacher), 9 Schneider, 2
Kürschner, 9 Maler, 5 Tischler, 8 Taglöhner, 11 Kutscher und Fuhrmänner,
15 Soldaten, 17 Diener, 5 Hajduken, und 16 verschiedene Dienstbote.34
Außer dem Kroatendörfl am Spittelberg, kennt Czeike noch drei weitere
Siedlungen mit dem selben Namen in verschiedenen Teilen Wiens. Leider
sind mir keine weiteren Angaben über irgendeinen von diesen Stadtteilen
bekannt.35 Ein Krowotendörfel, auch Windisches Dörfel genannt, war, nach

29
Elfriede Faber, Der Hof zu St. Ulrich. Ein Beitrag zur Geschichte des 7. Wiener Gemein-
debezirks, Jahrbuch des Vereins für die Geschichte der Stadt Wien 44/45 (1988-9), 27-
50. Für weitere Forschung wären vom Interesse Gewerbebücher und Urbare der Schot-
ten, die sich im Wiener Stadt- und Landesarchiv befinden, und die Besitzer einzelner
Parzellen auflisten. Seršić (Kroatisches Wien, 50), behauptet dass man in den Matrikeln
St. Ulrichs kroatische Namen finden kann.
30
Griehbaum, Beiträge zur Geschichte der Vorstädte.
31
Ibidem, 61-66.
32
Ibidem, 76.
33
Adolf Mais, Die Kroaten im Marchfeld, Zbornik za narodni život i običaje južnih Slavena
40 (1962), 329-342.
34
Griehbaum, 238-269. Im Wiener Stadt- und Landesarchiv befinden sich „Häuserbesch-
reibungen und Verzeichnisse über die Goldene kandl 1687-1693“, sowie andere Doku-
mente über das Spital und dem Spittelberg, aber sie waren mir nicht zugänglich, weil sie
gerade in Bearbeitung waren.
35
HLW, Bd. 3, 625.

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The Entangled Histories of Vienna, Zagreb and Budapest (18th-20th Century)

Czeikes Meinung, eine Siedlung der Slawonier, die entlang der Drau leb-
ten und Handel mit Wien trieben. Ihre Häuser dehnten sich entlang des
Ottakringer Baches von Ottakring in Richtung der Stadt. In der Stadt selbst
gab es ein Kroatendörfl an der Stelle des später errichteten Palais Coburg.
Das war ein Viertel kleiner Militärhäuser. In 1693 – so Czeike – wird die-
ser Name in Landschaftsgüterbuch für einen Teil der Seilerstätte verwen-
det. Um es von den Kroatendörfl am Spittelberg zu unterscheiden, wurde
es auch als Krowotendörfel an der Stadtmauer genannt. Die dritte sol-
che Siedlung entstand am Michelbeuern, zwischen der Mariannen- und
Lazarettgasse. Das war aber die Wohnstätte der schon erwähnten slowa-
kischen Hausierer. Nach 1848 mussten diese Krowoten nach Favoriten
übersiedeln.
Ein Motiv für Kroaten, nach Wien zu kommen, war schon im 15.
Jahrhundert die Universität. Neben Studenten, waren dort auch einige kroa-
tische Professoren tätig.36 Lukas aus Požega unterrichtete 1417 Geometrie,
und Nikolaus aus Zagreb lehrte 1432 Philosophie. Unter den Professoren
befanden sich Georgius aus Čazma (er unterrichtete 1439 Mathematik)
und Valentin aus Koprivnica, welcher 1454 über Aristoteles vorlas, wie
auch 1476 Ladislaus aus Požega.37 Ein Dr. Ulrich Krabatt wurde 1523
von Ferdinand zum Mitglied einer Kommission ernannt, mit der Aufgabe,
Missverständnisse zwischen der Universität und dem Administrator des
Wiener Bistums zu lösen.38 Auch der berühmte Pavao Skalić war wahr-
scheinlich Professor der hebräischen Grammatik (und auch Hofkaplan
Ferdinands I), und Petar Muhić unterrichtete in den 1570er Jahren griechi-
sche Grammatik.39 Nicolaus Olah, der Erzbischof von Gran, ließ testamen-
tarisch 1.000 ungarische Gulden als Stiftung zwei Studentenstipendien
für das Theologiestudium in Wien. Studenten aus Transsilvanien hatten
Vorrang, aber falls es solche nicht gab, konnten diese Stipendien den
Studenten aus Ungarn, Dalmatien, Kroatien oder Slawonien verliehen wer-
den.40

36
Ferdo Šišić, Hrvati na bečkom sveučilištu od godine 1453-1630, Vjesnik Zemaljskog
arhiva 5 (1903), 161-171.
37
Petrić, Prilog poznavanju intelektualnih gibanja, 28.
38
Geschichte der Stadt Wien. Hg. vom Altertumsverein zu Wien, Bd. 6, Wien 1918, 18.
39
Ibidem, 178, 181; Seršić, 42; Alojz Jembrih, Pavao Skalić, in: Ivan Kosić, (Hg.), Hrvatske
protestantske knjige XVI. i XVII. stoljeća u Nacionalnoj i sveučilišnoj knjižnici u Zagrebu.
Zagreb 2005, 104-117.
40
Albert Starzer, Regesten aus dem K. K. Archiv für Niederösterreich, QGSW Bd. 5, 1906,
Nr. 5480.

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Neven Budak, Kroaten in Wien bis zum Ende des 18. Jahrhunderts – eine Skizze

Kroatische Studenten gehörten der Ungarischen Nation an, also einen


der vier studentischen Vereine an der Universität. Schon im Jahr 1463 wur-
de Mag. Thomas de Izdencz (Zdenci im Komitat Križ) zum Prokurator der
Nation gewählt. Ihn folgten 1476 Ladislaus Orzaguillag aus Požega, 1480
Mag. Johannes Planckner ex Gottiaw, arcidiaconus Kamarcensis, canoni-
cusque kathedralis ecclesie Zagrabiensis, 1517 Mag. Joannes Aurifaber aus
Varaždin (er wurde 1531 wiedergewählt) und 1560 Vincentius Andronicus
Dalmata aus Trogir.41
Die Matrikeln der Universität beinhalten Namen über 100 kroati-
scher Studenten aus dem 15. Jahrhundert (ab 1453). Die meisten kom-
men aus den größeren Städten, wie Zagreb, Varaždin, Križevci, Koprivnica
und Osijek, aber einige stammen aus Ortschaften, dessen Bedeutung
im ausgehenden Mittelalter viel größer war als heute. So besuchten z.B.
die Universität wenigstens acht Studenten aus Čazma, einem Markt
des Bischofs von Zagreb, und einige kamen aus Modruš, dem Hauptsitz
des Geschlechts der Frankopani. Die Universität zog junge Leute aus
dem Nordwest Kroatiens (Ivanić, Vrbovec, Hrastovica, Moravče, Virje,
Dubrava, Ludbreg, Toplice, Rasinja, Jastrebarsko, Greben, Kalnik, Slatina,
Nedelišće) an, aus Zentralslawonien (Požega, Gorjan, Zdenci, Moslavina,
Kutjevo) oder aus Ostslawonien und Srijem (Petrovaradin, Mitrovica, Rača,
Banoštor).42
Im 16. Jahrhundert steigt die Zahl der studierenden Kroaten ab, doch
werden in den Matrikeln etwa 90 Namen registriert. Die meisten kommen
aus Zagreb und Varaždin, also aus den Städten, die von der Türkengefahr
meistens verschont blieben. Andere stammen aus den schon erwähn-
ten Ortschaften, aber auch aus Križevci, Dobra Kuća, Slankamen oder
Virovitica. Einige waren Flüchtlinge aus Gebieten, die nach 1526 von
Osmanen erobert wurden. Für mehrere war nur die Bezeichnung „Kroate“
oder „aus Slavonien“ niedergeschrieben. Es handelt sich dabei mei-
stens um Angehörige des Adels, wie z.B. die Keglevići, Bojničići oder
Draškovići.43
Die Rolle Wiens als Bildungszentrum für Kroaten wurde im folgenden
Jahrhundert durch die Gründung des Kroatischen Kollegs verstärkt. Das
Kolleg, die erste kroatische Institution in Wien, befand sich beim Alten
Fleischmarkt und wurde mit einer Kapelle, die als „Kroatische“ bekannt

41
Šišić, Hrvati na bečkom sveučilištu, 162-163.
42
Ibidem, 165-167. Genauere Angaben über Studenten aus Slawonien, besonders aus
Križevci, in Petrić, Prilog poznavanju intelektualnih gibanja.
43
Ibidem, 167-169.

444
The Entangled Histories of Vienna, Zagreb and Budapest (18th-20th Century)

wurde, versorgt.44 Es wurde von dem Zagreber Domherrn Baltazar Dvorničić


Napuly gestiftet und im Jahr 1624 eröffnet (nachdem es schon seit 1608
in Graz existierte). Die Zahl der Studierenden stieg von den anfänglich 6-8
auf 24-30. Die meisten studierten Philosophie. Insgesamt wurden im Kolleg
etwa 1.000 Studenten niedergebracht, meistens Geistliche und einige
Adelige die für die Unterkunft selbst zahlten. Unter ihnen befanden sich
zukünftige Zagreber Bischöfe (Petar Petretić, Juraj Branjug, Maksimilijan
Vrhovac), Historiker, Chronisten, Schriftsteller und Wissenschaftler (Juraj
Ratkay, Baltazar Adam Krčelić, Josip Franjo Domin45, Tomo Kovačević46).
Das erste Gebäude des Kollegs befand sich in der Nähe des Seminars
des Hl. Pancratius. Im Jahr 1762 wurde es in das ehemalige ungarische
Pazmaneum versetzt um endlich seine Unterkunft 1766 in der Bäckerstraße
zu finden. In Leopoldstadt wurde 1697 ein Garten gekauft, in welchem sich
die Studenten von der mühsamen Arbeit erholen konnten. Das Ende des
Kollegs kam 1783 mit den Reformen Josephs II.47
Für gewisse Feierlichkeiten spielten die Studenten kleinere
Theaterstücke in kroatischer Sprache. So verfasste 1682 der berühmte
kroatische Polyhistor Pavao Ritter Vitezović (Senj 1652 – Wien 1713), der
damals als Student im Kollegium war, das Fastnachtspiel Mesopustyca iliti
çin od mesopusta u Beçu u Hervatskom Collegyu na 9. izkazan. Vitezović
war mehrmals in Wien und entschloss sich, auch seine letzten Jahre dort
zu verbringen.48
In der Nachbarschaft des Kroatischen Kollegs, bei den Jesuiten, stu-
dierte Ivan Belostenec (1594-1675), der Verfasser des lateinisch-kroati-
schen und kroatisch-lateinischen Wörterbuches, das bis heute seinen Wert
nicht verloren hat.49 Auch der Jesuit Stjepan Dinarić (Rijeka 1668 – Wien
1734) verbrachte lange Zeit in der Stadt. Er war Professor der Theologie
und Philosophie an der Wiener Universität und Beichtvater der verwitweten

44
HLW, Bd. 3, 447, 620; Teodora Shek Brnardić, Svijet Baltazara Adama Krčelića. Obrazo-
vanje na razmeđu tridentskoga katolicizma i katoličkog prosvjetiteljstva. Zagreb 2009,
83-85.
45
Snježana Paušek Baždar, Prilog životopisu Josipa Franje Domina (1754-1819) na te-
melju istraživanja prepiske i arhivskih izvora, Zbornik Zavoda za povijesne znanosti Is-
traživačkog centra JAZU 15 (1988), 91-113.
46
Ivan Majnarić, Kovačević, Tomo, HBL Bd. 7, 778-779.
47
Ilija Lukanović, Hrvatski zavod u Beču (1627.-1783.), Zbornik Odsjeka za povijesne
znanosti Zavoda za povijesne i društvene znanosti Hrvatske akademije znanosti i umjet-
nosti 14 (1986), 131-136.
48
Zrinka Blažević, Vitezović – Oživljena Hrvatska. Zagreb 1997, 9-12.
49
Josip Vončina, Belostenec, Ivan, HBL, Bd. 1, 622.

445
Neven Budak, Kroaten in Wien bis zum Ende des 18. Jahrhunderts – eine Skizze

Kaiserin Eleonora.50 Juraj Ratkaj studierte in Wien und veröffentlichte da


1652 die erste Geschichte Kroatiens, die Memoriae regum et banorum
Dalmatiae, Croatiae et Slavoniae.51
Im ausgehenden 16. und 17. Jahrhundert spielten die kroatischen
Studenten, die an der Wiener Universität studierten, nach ihrer Rückkehr
in die Heimat eine wichtige Rolle in der Gegenreformation und der katholi-
schen Erneuerung.52
Eine weitere Institution war für die Bildung der Kroaten von großer
Bedeutung. Als Maria Theresia den Jesuiten die Villa Favorita übergab, un-
ter der Bedingung, dort eine Erziehungsanstalt zu gründen, waren die Tore
dieser Akademie nicht nur den adeligen Kindern geöffnet, sonder auch dem
nichtadeligen Nachwuchs aus der Militärgrenze. Erfolg im Theresianum er-
möglichte den Schülern gesellschaftlichen Aufstieg, sogar die Erhebung in
Adelsstand.
Neben den vielen anonymen Kroaten, oder solchen, die der Schicht
der Handwerker oder Soldaten angehörten, besuchten Wien im ausgehen-
den Mittelalter auch einige prominente Personen. Die Besetzung Wiens
1485 durch Matthias Corvinus brachte die erste Gruppe kroatischer
Intellektuellen in die neue Hauptstadt Ungarns. Natürlich kamen wegen
verschiedener Aufgaben zahlreiche weltliche und kirchliche Würdenträger
aus den kroatischen Ländern nach Wien, um vom König empfangen zu wer-
den.53 Auch unter den Habsburgern spielten einige Kroaten wichtige Rollen
am damaligen Wiener Hof. Andrija Jamometić diente von 1478 bis 1481 als
Diplomat Friedrichs III, Jakov Baničević war 1504 Maximilians Geheimrat54
und Ivan Dešić sein Höfling. Krsto Frankapan war Erzherzog Ferdinands
Oberstallmeister, obwohl er sich plötzlich entschied, auf die Seite des
Johann Zápolya zu übergehen.55
Im 16. Jahrhundert war ohne Zweifel die hervorragendste kroatische
Figur in Wien Fran Trankvil Andreis aus Trogir (1490-1571). Seine erste
Begegnung mit Wien erfolgt im Jahr 1517, als er kurzweilig an der Universität

50
Elizabeta Palanović, „Dinarić, Stjepan”, HBL, Bd. 3, Zagreb 1993, 394.
51
Sándor Bene, Ideološke koncepcije o staleškoj državi zagrebačkog kanonika, in: Juraj
Rattkay, Spomen na kraljeve i banove Kraljevstava Dalmacije, Hrvatske i Slavonije. Za-
greb 2001, 4-25.
52
Neven Budak, Hrvatska i Slavonija u ranome novom vijeku. Zagreb 2007, 176-189.
53
Seršić, Kroatisches Wien, 36, 38.
54
Stjepan Krasić, „Jamometić, Andrija”, HBL, Bd. 6, Zagreb 2005, 300-302; Marinko
Gjivoje und Redaktion, „Baničević, Jakov”, HBL, Bd. 1, Zagreb 1983, 421-423.
55
Seršić, Kroatisches Wien, 38, 40; Petar Strčić, „Frankapan, Krsto I. Brinjski”, HBL Bd. 4,
Zagreb 1998, 414-415.

446
The Entangled Histories of Vienna, Zagreb and Budapest (18th-20th Century)

studierte. Zwanzig Jahre später kam er wieder, diesmal unter viel unange-
nehmeren Umständen: als Anhänger von Zápolya wurde er verhaftet und
verbrachte zwei Jahre im Wiener Gefängnis. Nach seiner Befreiung trat er
als Diplomat in den Dienst des Wiener Hofes, wo er, vor seiner Rückkehr in
die Heimat, zwanzig Jahre seines Lebens verbrachte.56 Der wichtigste kroa-
tische Theaterschriftsteller der Renaissance, der Ragusaner Marin Držić
(um 1508 – 1567), verbrachte 1545 als Begleiter des Grafen Christoph
Rogendorf zwar nur drei Monate in Wien, jedoch hat ihm dieser Aufenthalt
sicherlich geholfen, die Rolle des Ugo Tudesco in seiner Komödie Dundo
Maroje zu schaffen.57
Am Anfang des 17. Jahrhunderts kamen Zwischenhändler nach
Niederösterreich um Lebensmittel anzukaufen, welche sie in Ungarn,
Kroatien oder sogar an das Osmanische Reich weiter verkauften. Da we-
gen des Krieges Mangel an Getreide, Käse, Eier, Fett und ähnlichen
Lebensmitteln herrschte, verbot die niederösterreichische Regierung am
10. April 1601 solchen Handel mit Deutschen, Ungarn und besonders
Kroaten. Alle diese Lebensmittel sollten entweder der Armee oder den
Bürgern Wiens verkauft werden.58 Obwohl aus dieser Nachricht nicht folgt,
dass die kroatischen Ankäufer in Wien tätig waren, scheint es, dass sie ih-
ren Handel doch in der Nähe der Stadt getrieben haben.
Das Jahr 1683 brachte auf unterschiedlichen Wegen mehrere Kroaten
in Wien zusammen. Neben den Grafen Leopold Kollonitsch59 nahm auch
der aus Dubrovnik stammende Frano Dživin Gundulić (Dubrovnik 1630
– Wien, 1700) mit 600 Reitern an der Verteidigung der Stadt teil. Er war
schon seit 1655 Kapitän der kaiserlichen Truppen in Wien. Mehrere sei-
ner Familienmitglieder haben ihm gefolgt, und Gundulić unterbrach nie
seine Beziehungen zur Heimatstadt.60 Kroatische Soldaten kämpften in
der Regiment Ricciardi (Rikardić), Graf Adam Zrinski (Zrinyi) verteidigte
die Löbel-Bastion, und unter den Verteidigern befanden sich Major Martin
Prtila, Baron Hušin, die Kapitäne Kus, Mihočević, Malović, Molin, Roman

56
Nikica Kolumbić, „Andreis, Franjo Trankvil”, HBL, Bd. 1, 115-119.
57
Slobodan P. Novak, Marin Držić – A Biography, in: Luko Paljetak (Hg.), Marin Držić: Dun-
do Maroje. Dubrovnik 2008, 1627-1649.
58
Albert Starzer, Regesten aus dem K. K. Archiv für Niederösterreich, QGSW Bd. 5, Nr.
6330.
59
Leopold Graf Kollonitsch (auch Kolonitz oder Kollonich; 1631-1707) war ein gebürtiger
Kroate aus Niederösterreich. HLW, Bd. 3, 556-557; Robert Skenderović und Redaktion,
„Kolonić, Leopold”, HBL, Bd. 7, 2009, 534-535.
60
Ivica Prlender, „Gundulić, Frano”, HBL, Bd. 5, 2002, 313.

447
Neven Budak, Kroaten in Wien bis zum Ende des 18. Jahrhunderts – eine Skizze

und Sabelić, der Banus von Kroatien und Slawonien Graf Nikola Erdödy,
sein Verwandter Christophor (Krsto) Erdödy, der Bote Mihajlo Gregorović,
Juraj Toma Mihalović aus Südungarn und mehrere andere.61
Außerhalb der Wiener Stadtmauern nahm auch Juraj Križanić (Ribnik
1617 – Wien 1683) an der Bekämpfung der Türken teil.62 Der berühmte
Gelehrte Jesuit, Fürsprecher der Kirchenunion und Panslawist, Sprach-,
Musik- und Wirtschaftsforscher, fiel als alter Mann in der Armee des polni-
schen Königs. Man muss kaum betonen, dass sich auch auf der anderen
Seite viele Kroaten als osmanische Untertanen an der Belagerung Wiens be-
teiligten. Angeblich verhandelten ein Verteidiger und ein osmanischer deliba-
scha über die Kapitulation der Stadt in kroatischer Sprache.63 Letztendlich
verfassten einige kroatische Autoren Lieder über die Belagerung, wie z.B.
Ivan Despotović (1656 – 1696), ein Wiener Student, der das Lied Vindobona
graviter opressa et liberata schrieb.64
Im 18. Jahrhundert gab es noch mehrere Kroaten in Wien. Einer
der ersten war der Maler Federiko Benković (1677-1753).65 Er war we-
der der erste, noch der einzige kroatische Maler in der Stadt. Caspar
Kollnitsch (erwähnt im Jahre 1661) war Mitglied der verbreiteten nie-
derösterreichischen Familie der Kollonitsch.66 Christoph Crabath war
Malergeselle bei der Goldenen Schlange im Korrentgässl.67 1687 hei-
ratete er Ewa Bruchmayer, eine Witwe. Ein Jahr später (1688) starb er
im Alter von 56 Jahren bei dem Goldenen Lämbl in der Leopoldstadt.68
Seine Witwe, Ewa Maria Crabatin, heiratete 1695 den bürgerlichen Maler
Christoph Hellemschrott.69 Christoph bietet ein gutes Beispiel dafür, dass
die Bezeichnung „Chrabat“ keineswegs unbedingt auf die Herkunft ih-
res Trägers aus Kroatien hinweist. Er war, nämlich, aus Kirchschlag in
Oberösterreich, wie die Eintragung in die Ehematrikel der Pfarre St. Leopold

61
Seršić, Kroatisches Wien, 47.
62
Ivan Golub, „Križanić, Juraj”, HBL, Bd. 8, 2013, 166-173.
63
Seršić, Kroatisches Wien, 47.
64
Mijo Korade, „Despotović, Ivan”, HBL, Bd. 3, 325.
65
Milan Pelc, Federiko Benković, in: Neven Budak (Hg.), Croatica – hrvatski udio u svjet-
skoj baštini. Zagreb 2007, 374-377.
66
Alexander Hajdecki, Auszüge aus den Totenregistern der Stadt Wien, QGSW Bd. 6, Nr.
10690.
67
Ibidem, Nr 10816.
68
Ibidem, Nr 11190.
69
Alexander Hajdecki, Auszüge aus den Ehematriken von St. Stephan, QGSW Bd. 6, Nr.
7094.

448
The Entangled Histories of Vienna, Zagreb and Budapest (18th-20th Century)

beweist.70 Ein gewisser Johann Georg Nickowitz, Landschaftsmaler, er-


scheint mehrmals in den Quellen zwischen 1700 und 1712. Mit sei-
ner Frau Gertruda Clara (der Witwe des Malers Johann Marenth) war er
Zeuge bei der Taufe des Sohnes von Johann Franck von Langgraf, einen
Kupferschneider. Er war in der „hungarischen statt Zachziz“ geboren.71
Johann Michael Milliz war Universitäts-Porträtmaler. Er wohnte „bei den
drei hütten zu St. Ulrich“. Am 25. Juli 1748 heiratete er Maria Elisabeth
von der Linden, wohnhaft in St. Michael.72
Mehrere Angehörige des Klerus, mit verschiedenen Weltanschauungen
und Interessen, verbrachten kürzere oder längere Zeit in der Hauptstadt.
Baltazar Adam Krčelić (1715-1778) war Historiker und jahrelang Rektor des
Kroatischen Kollegs.73 Als Anhänger des aufgeklärten Absolutismus hatte
er gute Beziehungen zu den mariatheresianischen Hofkreisen. Die kroati-
schen Befürworter der Reformen hatten einen weiteren Repräsentanten
in Adam Tadija Blagojević (1746-?), der als Josephinist von 1771 bis 1777
als Beamter in der Illyrischen Hofdeputation, danach bis 1797 in der
Ungarischen Hofkanzlei in Wien angestellt war.74 Kazimir Bedeković (Sigetec
1727 – Wien 1782), Rektor des Kroatischen Kollegs, ein Übersetzter der
auch Physik unterrichtete, schrieb die Geschichte dieser Institution und
veröffentlichte mehrere andere Werke in Wien.75 Den kirchlichen Kreisen
gehörte auch Petar Bakić (1670-1749), Bischof von Bosnien und Đakovo.
Noch als Student hatte er den Kardinal Leopold Kollonitsch kennengelernt,
unter dessen Einfluss er eine rege Missionstätigkeit in Südungarn und
Slawonien entwickelte. Als Befürworter der kirchlichen Union hatte er einige

70
Alexander Hajdecki, Auszüge aus den Ehematriken der Pfarre St. Leopold, QGSW Bd. 6,
Nr. 9179.
71
Alexander Hajdecki, Auszüge aus den Ehematriken der Pfarre St. Ulrich, QGSW Bd.
6, Nr 99673, 8524, 8654. Ein weiterer kroatischer Maler war Joseph Kreitisch oder
Krebitsch. 1727 wohnte er „in Mättlbeck haus am Spittlberg“. S. Alexander Hajdecki,
Auszüge aus den Totenregistern der Stadt Wien, Nr. 12747.
72
Alexander Hajdecki, Auszüge aus den Ehematriken der Pfarre St. Michael, Nr. 8432,
9143.
73
Mirko Valentić, Nekoliko riječi o Baltazaru Adamu Krčeliću, in: Baltazar Adam Krčelić: Po-
vijest stolne crkve zagrebačke. Zagreb 1994, 393-396; Shek Brnardić, Svijet Baltazara
Adama Krčelića. Die Autorin analysiert den Einfluss Wiens nicht nur auf die Bildung der
Kroaten die an der Donau studierten, sondern auch auf die kulturelle Entwicklung in
Kroatien.
74
Redaktion, Blagojević, Adam Tadija, HBL, Bd. 2, Zagreb 1989, 11.
75
Miroslav Vanino, Isusovci i hrvatski narod. Bd. 1, Zagreb 1987, 156, 165, 192, 195-
196.

449
Neven Budak, Kroaten in Wien bis zum Ende des 18. Jahrhunderts – eine Skizze

orthodoxe Bischöfe für Rom gewonnen. Im Jahr 1697 ernannte ihn Leopold
I als Dolmetscher für die illyrische Sprache am Wiener Hof.76
Im Laufe des 18. Jahrhunderts entwickelte sich in Kroatien die grie-
chisch-katholische Kirche. Der erste Bischof von Križevci, Trifun Vasilije
Božičković, gründete 1775 in der Postgasse das Königliche griechisch-ka-
tholische Seminar der Hl. Barbara – Barbareum. Maria Theresia ernannte
ihn zum geheimen Hofrat und unterstützte seine Tätigkeit in Kroatien mit
reichlichen Mitteln.77
Eine besondere Gruppe waren die Ragusaner, die damals in Wien tätig
waren. An der ersten Stelle steht ohne Zweifel Josip Ruđer Bošković (1711-
1787), der berühmte Mathematiker, Physiker und Philosoph.78 Zum ersten
Mal besuchte er Wien 1757 als Vertreter der Stadt Lucca, um im nächsten
Jahr nach Wien zu übersiedeln. Er lebte im Jesuitenkolleg, wo er sein wich-
tigstes Werk, Theoria philosophiae naturalis, gefertigte. Das Buch wurde in
Wien gedruckt. Bošković hatte gute Beziehungen zu Kanzler Kaunitz, so-
wie zur Kaiserin und dem Erzherzog Joseph. Petar Bianchi (Dubrovnik 1699
– Wien, 1747) lebte seit 1736 in Wien, wovon er das Senat der Republik
Ragusa regelmäßig über die Lage in Wien und am Hof berichtete.79 1742
wurde er zum offiziellen Stellvertreter der Republik in Wien und Leib-Arzt
der Kaiserin Amalia und dann des Kaisers Karl VI. Ivan Tomo Bassegli
(1756-1806), ein ragusanischer Patrizier und wichtigster Befürworter der
Aufklärung in Dubrovnik, heiratete 1786 in Wien eine Frau von niedrigerem
Status, weswegen er von dem Patriziat seiner Stadt boykottiert wurde, und
musste schließlich nach Wien übersiedeln.80 Er blieb dort bis 1792 und
schrieb fünf Essays über das Leben in der Hauptstadt, in welchen er sich kri-
tisch über das Regime äußerte. Er hat Wien verlassen, nachdem er sich von
seiner Frau scheiden ließ. Kaiser Joseph II bekam aus Dubrovnik auch ein
wertvolles Geschenk. Die Republik hat nämlich 1774 die Privatsammlung
(„Museum“) des Antun Aletins und seines Schwiegervaters Anselmo Bandur
gekauft und im nächsten Jahr dem Kaiser geschickt. Das Schicksal dieser
Sammlung ist im Moment unbekannt.81


76
Elizabeta Palanović, „Bakić, Petar“, HBL, Bd. 1, 364-365.

77
Seršić, Kroatisches Wien, 56; Anto Lešić, „Božičković, Trifun Vasilije“, HBL Bd. 2, Zagreb
1989, 230.
78
Žarko Dadić, „Bošković, Ruđer Josip“, HBL 2, 194-199.
79
Vladimir Dugački, „Bianchi, Petar“, HBL, Bd. 1, 745-746.
80
Nenad Vekarić, Vlastela grada Dubrovnika. Bd. 4, Zagreb, Dubrovnik 2013, 83-85.

450
The Entangled Histories of Vienna, Zagreb and Budapest (18th-20th Century)

Der Hof hatte – wie es leicht anzunehmen ist – eine große


Anziehungskraft für alle Untertanen der Habsburger. Auch einige Kroaten
wollten Teil des Hofpersonals werden.82 In der fünfzigjährigen Zeitperiode,
die von Kubiska-Scharl und Pölzl untersucht wurde, fanden aber nicht vie-
le Kroaten eine Stelle am Hof. Die meisten, die es doch geschafft haben,
gehörten der unteren Schicht der Dienerschaft. Auffallend ist die Gruppe
der Heyducken. Mit diesem Termin wurden besoldete Infanteristen, die den
Grenzschutz versahen, sowie später bewaffnete Wachen in Städten und auf
Gütern Adliger, aber auch am Wiener Hof bezeichnet. Weil ihre Zahl in den
Quellen des Hofes gering war, kann man annehmen, dass sie etwas wie bo-
dyguards des Kaisers und seiner Familie waren.83 Von den 14 Heyducken,
die Teil des kaiserlichen Personals waren, kann man einige mit mehr oder
weniger Sicherheit als Kroaten, oder aus den kroatischen Ländern stam-
mende Soldaten erkennen: Boschkicz, Iwanoschitz, Ribina, Sabatschky,
Sellickh, die beiden Stickowitz, Wankowitz und vielleicht Tauschitz. Es ist
selbstverständlich möglich, dass auch die anderen als erfahrene Krieger
an der kroatisch-slawonischen oder ungarischen Grenze nach Wien berufen
wurden. Wie die Daten, welche Griehbaum sammelte, zeigen, lebten einige
Heyducken am Spittelberg, d. h. im Kroatendörfl. Dort wohnten auch andere

81
Aleksandar Stipčević, „Bandur, Anselmo“, HBL, Bd. 1, 417-418; Zdenko Šenoa und Ni-
kica Kolumbić, „Aletin Natali, Dživo“, HBL, Bd. 1, 79; Nada Beritić, „Aletin, Antun“, HBL,
Bd. 1, 78.
82
Irene Kubiska-Scharl / Michael Pölzl, Die Karrieren des Wiener Hofpersonals 1711-
1765. Eine Darstellung anhand der Hofkalender und Hofparteienprotokolle. Wien 2013.
83
Die Habsburgermonarchie benannte 1740 die drei regulären ungarischen Infanteriereg-
imenter Hayduken. S. dazu: Hans Bleckwenn, Zum Militärwesen des Ancien Régime.
Drei grundlegende Aufsätze. Bissendorf 1987, 31 f. Die Angaben über die Heyduken am
Hof bei Kubiska-Scharl und Pözl sind die folgenden: Stephan Boschkiz, Heyduck, 1713-
1721 (S. 545); Georg Braniezky, Heyduck, 1715-1720 (S. 546); Matthias Formaneck,
Heyduck, 1713-1715 (S. 576); Paul Iwanoschitz, Heyduck, 1713-1718 (S. 612); Andreas
Ribina, Heyduck im Dienste Karls VI, 1715 (S. 679); Georg Sabatschky, Heyduck im
Dienste Karls VI, 1713-1740 (S. 685); Franz Sellickh, Heyduck, 1754-1765 (S. 700);
Stickowitz Nicolaus, Heyduck im Dienste Karls VI, 1713.-1715.; er übernahm danach
den Dienst des Sesselträgers 1716-1728 (S. 710); Stickowitz Georg, Heyduck im Dien-
ste Karls VI, 1715-1722; Sesselträger 1723-1727; danach wieder Heyduck 1728-1732
(S. 710); Joseph Tauschitz, Heyduck im Dienste Karls VI, 1731-1736; Sesseltraäger
1736-1740; Sesselträger bei der verwitweten Elisabeth Christine 1741-1751; Sessel-
träger für Maria Theresia 1754-1756; endlich Leiblakai bei der Kaiserin 1755-1756
(S. 714); Claudius Toussaint, Heyduck, 1741-1755 (S. 718); Martin Victor, Heyduck im
Dienste Karls VI, 1715-1721 (S. 723); Michal Wankowitz, Heyduck im Dienste Karls VI,
1733-1736 (S. 726); Johann Georg Weidinger, Heyduck im Dienste Josephs II, 1764-
1765 (S. 727).

451
Neven Budak, Kroaten in Wien bis zum Ende des 18. Jahrhunderts – eine Skizze

Soldaten und Leute im Dienste des Heeres. Ist der, zum Teil militärische
Charakter dieser Vorstadt, der Grund für ihre Bezeichnung als „kroatisch“?
Es gibt nur wenige andere Mitglieder des Hofpersonals, die man als
Kroaten identifizieren kann. Zwei von denen waren „orientalische Kuriere“:
Georg Stephan Gregowiz, 1757-1761 und Johann Georg Gregowiz 1757-
1761. (S. 585). Ein Diener, Michael Turkowicz, war im Dienste Maria
Theresias Silberwäscher 1743-45 und Silberdiener 1761 (S. 720). Andere
gehörten einer doch höheren Schicht: Johann Andre Sunkowitz war 1740
Karls Kristalschneider und Spiegelmacher (S. 713); Georg Wilkowitz war
1712-1728 Edelknaben Professor (für Recht) im Dienste Karls VI, später
auch sein (1719-1740) und Maria Theresias (1741-1749) Assessor (S. 732);
der schon erwähnte Stephan Dinaritz (Stjepan Dinarić) war 1719-1720
Beichtvater der Kaiserin Eleonora (S. 563).
Am Hofe dienten auch Mitglieder des kroatischen Adels, obwohl auch
nicht viele. Die Familie Erdödy war am besten vertreten: Graf Johannes
Erdödy war Second Lieutenant der Ungarischen Garde (1762-1763), Gräfin
Josefa war Hofdame (1764-1765) und Gräfin Theresia diente 1762 als
Kammerfräulein im Hofstab Isabellas (S. 569). Auch drei Keglevics waren
am Hof präsent: Graf Joseph Leopold war 1720-1728 Karls Edelknabe, ein
bei Namen nicht erwähnte Graf Keglevics war Kammerherr Josephs II (1760-
1765) und Gräfin Theresia war 1722 Hofdame (S. 616). Franciska Rosalia
v. Franckhofen, geb. Wuschletisch (wahrscheinlich Vučetić) war 1725-1730
Elisabeth Christinas Kammerfrau (S. 577). Anton Franz von Phillipitsch war
1741 Hofsekretär (S. 127).
Ein besonderer Fall des Adels aus den kroatischen Ländern war die
Familie Gundola (Gondola, Gundulić) aus Dubrovnik. Franz Graf von Gundola
war 1737-1740 Kammerherr und Hofkavalier der kaiserlichen Witwe (S.
594). Es handelt sich vielleicht um Johannes Franz, den Sohn Sigismunds
(geb. 1675), der nach Wien Anfang des 18. Jahrhunderts kam. Sein Bruder
Sigismund-Mato übersiedelte 1736 auch nach Wien.84 Dort gründete er, zu-
sammen mit Joseph Anton Zanchi und Alexander Graf Patačić eine Firma
für Handel mit türkischen Waren über Dubrovnik und Rijeka (Fiume). Sein
Sohn Josip Franjo (Josef Franz) Gundola (1711–1774), ein Benediktiner und
Bischof von Tempe, erhielt eine Kanonikerstelle am Stephansdom in Wien

Nenad Vekarić, Vlastela grada Dubrovnika, Bd 2. Zagreb, Dubrovnik 2012, 310; Ivica
84

Prlender, „Gundulić“, HBL Bd. 5, 2002, 311. Ende des 18. Jahrhunderts besaß ein Sigis-
mund Graf Gondula ein Haus in der Renngasse 376, neue Nummer 161. S. Johann Karl
Schuender, Verzeichniss der in der k. k. Haupt- und Residenz-Stadt Wien befindlichen
numerierten Häuser, derselben wahrhaften Eigenthümer und Schilder. Wien 1795, 11.

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The Entangled Histories of Vienna, Zagreb and Budapest (18th-20th Century)

und Kaiserin Maria Theresia verlieh ihm im April 1765 die Pfarrei Probstdorf
bei Wien, wo er – seit 1773 Domküster in Wien – 1774 starb.85 Ein weiterer
Gundulić, der schon erwähnte Frano, war ebenfalls mit Wien verbunden.
Er trat in die kaiserliche Armee 1655 und nahm an der Verteidigung Wiens
1683 teil. Zwei Jahre später wurde er zum Marschall ernannt. Er starb in
Wien im Jahre 1700.86 Am Rennweg 6 stand das „Gondolaische Freihaus“.87
Eine sorgfältige Analyse der Quellen würde sicherlich mehrere andere
Kroaten erwähnen, die für verschiedene Aufgaben am Hof zuständig wa-
ren. So findet man im Jahr 1675 eine Anna Margaretha Marianowitsch, die
Tochter des kaiserlichen Dolmetschers.88 Ivan Franjo Čikulin war 1706 kro-
atischer Abgesandter am Wiener Hof und 1721 wurde Hofkammerer und
–rat.89 Joseph II ernannte 1783 Franjo Bedeković Komorski zum Hofrat, wo-
nach er 1794 Rat der Ungarischen Hofkanzlei wurde. Seine Karriere ging
auch im nächsten Jahrhundert weiter.90 Joseph Kereszturi war seit 1775
Hofagent für Ungarn und Siebenbürgen. Von 1776 bis 1785 veröffentlichte
er in Wien die Zeitung Ephemerides Vindobonenses.91
Einige weitere Angaben über die kroatische Bevölkerung Wiens bietet
das Buch über die Handwerker, welche für die Befriedigung der Bedürfnisse
des Hofes engagiert wurden.92 Hof- und Hofbefreite Handwerker standen
im Dienste des Hofes und folgten den Kaiser auf seinen Reisen durch
die habsburgischen Länder. Sie konnten in jeder Stadt, in der sich der
Herrscher aufhielt, einen Laden eröffnen und waren befreit davon, einer
Zunft beizutreten. Für die Ausführung größerer Bestellungen war es ihnen
erlaubt, mehrere Lehrlinge und Hilfskräfte anzustellen. Auf den Reisen mit
dem Kaiser waren sie von allen Zöllen befreit und dieses Privileg könnte
auch dann gelten, wenn sie sich in Wien aufhielten. Der Hof besorgte ih-
nen Wohnungen, die aber oft nicht im besten Stande waren, obwohl sie
sich in der Innenstadt befanden. Etwa 11% aller dieser Meister waren auch
Hausbesitzer, also erfolgreiche Geschäftsleute die sich ein dauerhaftes

85
http://www.orden-online.de/wissen/g/gondola-joseph-franz-von/ (abgerufen: 18. Janu-
ar 2015).
86
Ivica Prlender, „Gundulić, Frano“, HBL, Bd. 5, 313.
87
Seršić, Kroatisches Wien, 50, 51.
88
Alexander Hajdecki, Auszüge aus den Ehematriken von St. Stephan, Nr. 6906.
89
Elizabeta Palanović, „Čikulin, Ivan Franjo“, HBL, Bd. 3, 72-73.
90
Seršić, Kroatisches Wien, 50.
91
Mijo Korade und Redaktion, „Keresturi, Josip“, HBL, Bd. 7, 257-258.
92
Herbert Haupt, Das Hof- und hofbefreite Handwerk im barocken Wien 1620 bis 1770:
Ein Handbuch. Wien 2007.

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Neven Budak, Kroaten in Wien bis zum Ende des 18. Jahrhunderts – eine Skizze

Vermögen geschafft hatten.93 Nur drei von ihnen haben kroatische Namen:
Stephan Krackowitsch, Martin Plaskowicz und Georg J. Weykowitsch, der
ein Haus an der Mariahilf besaß.94
Nur seltene hatten zum Kaiser persönlichen Kontakt und Zugang zu sei-
nen Privaträumen, aber diese hatten einen Vertrag der bis zum Lebensende
des Herrschers dauerte. Andere konnten auch nur auf kürzere Zeit ange-
stellt werden.95
Haupt hatte 329 Hof- und Hofbefreite Handwerker in der genannten Zeit
aufgezählt. Für nur 67 davon wurde in den Totenregistern, seiner wichtigs-
ten Quelle, die Herkunft angegeben.96 Nur sieben kamen aus Ungarn und
Kroatien, aber die Namen erlauben uns doch mehrere Kroaten unter diesen
Handwerkern erkennen:

Stephan Krackowitsch (Grakowitsch) (1709-1757), Kohlmarkt, starb im ei-


genem Haus „Beim grünen Gatter“. Er war ein hofbefreiter Kaffesieder
(S. 1054) und hinterließ ein Vermögen von 12.779 fl, was die größte
Vererbung überhaupt gewesen ist (S. 96). Kein einziger Meister mit ei-
nem kroatischen Namen konnte mehr als 5.000 fl. erwerben. Anderseits,
unter den 101 ärmsten, die weniger als 100 fl. besaßen, gibt es auch
keine Kroaten.
Matthaeus Kollonitsch, Kollenitsch; Wachsbossierer (machte Wachsmodele)
in Mariahilf, 1744-1770 (S. 1012)97
Christoph Petritsch, 1637/40, Bratmeistergehilfe im Hofdienste (S. 234)
Georg Peratschiz (Pirischiz), ungarischer Hofschneider, starb in Dr. Dussani
Haus, Riemerstrasse (S. 318)
Martin Plaskowicz (Blässkowiz), ungarischer Schneider, starb 1650 im
„Ungarischen“ Haus, Walnerstrasse; 1637-8 arbeitete er für den Hof (S.
476)
Georg Kirinitsh, ungarischer Hofschneider, starb 1629 (S. 862)
Matthias Kopitsch (Gubitsch, Gabitsch), hofbefreiter ungarischer Schneider,
starb 1721 im Alter von 73 Jahren, in der Bräunerstrasse (S. 962)
Johann Cossonitsch, ungarischer Hofschneider, starb 1623 (S. 1044)
Hans Kräschitz, ungarischer Hofknopfmacher, starb 1636 (S. 1098)

93
Haupt, Das Hof- und hofbefreite Handwerk, 14-15, 20-21.
94
Haupt, Das Hof- und hofbefreite Handwerk, 84, 86, 90.
95
Haupt, Das Hof- und hofbefreite Handwerk, 91.
96
Haupt, Das Hof- und hofbefreite Handwerk, 76-77.
97
Am 27. Juli 1750 heiratete er, wohnhaft in der Michaeler Pfarre, Anna Maria Rupertin.
Hajdecki, Auszüge aus den Ehematriken in der Pfarre St. Ulrich, Nr. 9166.

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The Entangled Histories of Vienna, Zagreb and Budapest (18th-20th Century)

Jakob Dortitsch (Corititsch, Dobritsch), hofbefreiter Sporer, starb 1720 im


Alter von 43 Jahre, im Roten Turm (S. 1325)
Nikolaus von der Durlitsch (Turlitsch, Durlitz); ungarischer Hofschneider, kai-
serlicher Leibschneider, Hofschneider, starb 1679 mit 69 Jahren, unter
den Tuchläden (S. 1399)
Andreas Fabianowitsch, hofbefreiter Schumacher, Czismenmacher, starb
1719 im Alter von 88 Jahre (S. 1538)
Kaspar Frantzitz, ungarischer Hofschneider, starb 1629 (S. 1735)
Peter Franciz, ungarischer Hofschneider, war tätig 1680/1706; er starb in
der Naglergasse (S. 1736)
Christoph Gallitsch, Hofkoch, starb 1631 (S. 1824)
Georg (Gregor) Galschitz, ungarischer Hofschneider starb 1655, im Alter
von 81 Jahre, im Himmelpfortgrund (S. 1826)
Franz Gutschitz, Galeerenmacher im kaiserlichen Arsenal an der Seilerstätte,
starb 1704 im Arsenal (S. 2084)98
Matthias Hanschitz, Hofhafner (Töpfer), starb 1658 (S. 2140)
Daniel Mackowitz (Makowitsch, Markowitz), hofbefreiter ungarischer
Knopfmacher, hofbefreiter Schumacher, starb 1705 mit 70 Jahren (S.
2761)
Emerich Maurowitsch, hofbefreiter Czismenmacher, war tätig 1674/83 (S.
2831)
Veit Millitsch, hofbefreiter Tischler, starb 1714 gegenüber dem Waaghaus
(S. 2993)
Georg Blasius Szadrawez, hofbefreiter Zeltschneider, ungarischer
Hofschneider, starb 1685 in der Wallnerstrasse (S. 3447)
Franz Steffaniz von Sissegg, ungarischer Hofschneider, starb1622 (S. 2642)
Martin Waskowitsch, ungarischer Leibschneider, war tätig 1647/48 (S.
4134)
Johann Georg Weikowitsch (Wickowitsch), Wachskerzler, starb 1719 mit 66
Jahren in der Kärtnerstrasse (S. 4159)
Lukas Wuckonitsch, kaiserlicher Unterkoch, kaiserlicher Meisterkoch, starb
1655 mit 61 Jahren in der Kärtnerstrasse (S. 4339)
Andreas Zalakowitz, hofbefreiter ungarischer Schneider, starb1747 im Alter
von 68 Jahre am Neuen Markt (S. 4362)


98
Im Jahr 1514 war ein Jerolim Zadranin (aus Zadar) General-Oberst des Arsenals. Seršić,
Kroatisches Wien, 42.

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Neven Budak, Kroaten in Wien bis zum Ende des 18. Jahrhunderts – eine Skizze

Aus diesem kurzen Überblick der Anwesenheit der Kroaten in Wien


im späten Mittelalter und in der Frühen Neuzeit kann man festschließen,
dass es eine Reihe verschiedener Gründe gegeben hat, warum Menschen
aus den kroatischen Ländern in die Hauptstadt an der Donau kamen. Die
meisten waren, so scheint es, Handwerker und Taglöhner. Außerdem gab
es verschiedene Soldaten, Studenten und Angehörige des Klerus. Die Elite
bestand aus dem höheren Adel und Klerus, aus einigen Intellektuellen,
wenigen Mitgliedern des Hofpersonals und manchen wohlhabenden
Handwerkern, aber diese obere Schicht der Kroaten war nicht zahlreich.
Was die Institutionen betrifft, so hatten die größte Anziehungskraft der
Hof und die Universität.
Jedenfalls ist es klar, dass es notwendig ist, eine systematische
Durchsuchung der vorhandenen Quellen zu unternehmen, um eine genaue-
re Einsicht in die Zahl, Tätigkeit und soziale Struktur der Wiener Kroaten vor
dem 19. Jahrhundert zu gewinnen.

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