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Zur griechischen Vertretung der indogermanischen nasalis sonans

Author(s): H. Osthoff
Source: Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung auf dem Gebiete der
Indogermanischen Sprachen, 24. Bd., 4. H. (1879), pp. 415-426
Published by: Vandenhoeck & Ruprecht (GmbH & Co. KG)
Stable URL: https://www.jstor.org/stable/40845988
Accessed: 16-10-2019 18:09 UTC

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Iranische Studien. 415

sasakmtema etc. Von wurzeln, die mit s = z


wurde das perf. wahrscheinlich regelmässig geb
wohl : hañhada, pl. hazdnia? zd bleibt im Zen
nîda aus nisda entstand, müssen wir doch für
ïÇsi, (Osthoff, d. Verbum in d. Nominalcom
sîdati, im Zend hièdaiti erwarten. Nun ersch
= zd. hidaiti, als ob schon die arische grund
sîdati gehabt hätte ? - p. 408. Damit ist auc
Gutturallaute der indog. Sprachen, p. 7 wi
Zu den von Lindner (Altind. Nominalbild,
führten fällen der erhaltung der gutturale sei
noch hinzugefügt: vaoymã (sing, vavaca), y
(yaojañtt), taôkusîs (taciuti), vaokuse (vac), s
hikus (hikvã, hisku, aber hic)T und mit k
cationssilbe ku%snuvãna. Also ehe analogiebild
galt für die arischen sprachen das gesetz:
Die gutturale blieben erhalten, d. h. gingen
tale über, vor allen consonanten ausser y u
ausser i, a = e und den mit a = e beginnend
Zum schluss sage ich herrn Dr. Euting, der
ist, andrer lasten auf seine schultern zu neh
fertigung seiner vortrefflichen tafeln meinen

Strassburg, 11. Juli 1878.


H. Hübschmann.

Zur griechischen Vertretung der indogermanischen


nasalis sonans.

Brugman gefährdet nach meiner meinung das résultat


seiner wichtigen Untersuchung über die nasalis sonans (Curtius
stud. IX, 285 ff.) dadurch, dass er die inconsequenz begeht,
eine zwiefache griechische Vertretung der von ihm nachge-
wiesenen nasalis sonans der indogermanischen grundsprache
zuzulassen. Das eine mal soll oc, wie in r«róç, èxaróv, déxa,
nóâa, nóôctç u. s. w., der vocalische Überrest einer ursprünglich

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41 G H. Osthoff,

nasalierten, aber wegen ihrer tieftonigk


ebenso auch in den arischen sprachen
gegangenen silbe sein. In anderen fälle
griech. s in der nemlichen rolle als Vert
auftreten; beispielsweise in ¿QyéT-, da
unmittelbar dem lat. argent-o- gleich
Widerspruch in sich selbst.
Also eins muss fallen, entweder das a oder das £, wenn
anders das gesetz aufrecht erhalten bleiben soll. Und da kann
es denn nach meiner Überzeugung nur das s sein, welches seine
anspräche, der griechische reflex der grundsprachlichen nasalis
sonans zu sein, aufgeben muss. Prüfen wir die fälle, in welchen
das s von Brugman zugelassen wird.
Es existiert ein alter streit unter den Sprachforschern über
die bildungsweise solcher griechischer nomina wie ¿Qnetó-v,
ôaxeró-v. Die einen sehen darin griechische Weiterbildungen
schwacher participialstämme mittels suffixes -o-, analysieren
also ¿(>7ríT-(5-, ôaxsT-ó- und stellen das íqtist- dem skr. sdrpat-,
der schwachen Stammform des partie, praes. sárpant-, gleich.
Die Priorität dieser ansieht gebührt, so viel ich weiss, Benfey,
der sie in seiner kurz, sanskritgr. s. 225 zuerst aufgestellt hat.
Ihr angeschlossen hat sich unter anderen Schweizer zeitschr. II
297. III 354.

Eine andere ansieht wird von Bopp vergi, gramm. III3


s. 20G anm., ferner von Leskien in Curtius' stud. II 80, von
Curtius verb. d. griech. spr. II 359 f. vertreten. Diese forscher
zerlegen vielmehr sqtis-tó-, ôccxs-to-, sehen hier also nominal-
bildungen mit dem suffixe -tá-, das angetreten sei an die bereits
zuvor durch den »classenvocal« (so sagt Bopp) oder »thema-
tischen vocal« -€- geformte wurzel. Das ¿Que- von ¿çtts-to-,
das öccxs- von ôaxs-xò- ist nach dieser anschauungsweise ge-
netisch identisch mit demselben bestandteil in den verbalformen
praes. tqns-Ts, aor. i-ôeexs-zê.
Noch andere gelehrte haben eine vermittelung dieser beiden
ansichten zu erreichen gestrebt; so Ebel zeitschr. IV 325, Bréal
mémoir. de la soc. de linguist. Ill 188, de Saussure ebend.
Ill 199. Diese vermittelungsversuche scheinen mir aber die
von allen am wenigsten gelungene lösung derselben frage zu
sein, wie sich wol aus dem folgenden unmittelbar ergeben wird.

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Zur griechischen Vertretung der indogerm. nasalis sonans. 417

Den streit nun über die bildungsweise von sqtistó-, ôaxsró-


halte ich meinerseits völlig zu gunsten der von Bopp, Leskien
und Curtius vertretenen ansieht entschieden durch Brugmans
abhandlung über die nasalis sonans. Um so überraschter bin
ich gewesen, Brugman selbst unter den anhängern der eigentlich
gerade von ihm widerlegten Benfey'schen ansieht zu finden
a. a. o. s. 330. Wenn xaxó-Q auf indog. Hntá-s zurückgeht,
so kann nicht gleichzeitig eynsxo-v = indog. *sarpntá-m sein.
Ueber das verbalthematische -a-, griech. -«- verfügt die
spräche ganz in der von Leskien stud. II 80 f. treffend geschil-
derten weise je nach dem momentanen bedürfnis, es bald,
namentlich bei nominalbildungen, zu hilfe nehmend bald ver-
schmähend. Die anwendung desselben elementes bei den
nominalen -ti-, griech. -07-biJdungen, wie yéve-Gi-ç, lá^e-Gi-ç,
elxtai-nsTcloQ, habe ich anderwärts, verb, in nominalcomp.
s. 183 ff., ausführlicher besprochen.
Griechischen verbaladjectiven wie iXe-xó-c, svqs-xo-ç, vs^s-
-toc, [isvs-tó-ç, zu denen auch solche nicht mehr als verbalia
gefühlte Wörter wie GxsXs-xó-ç, ná%s-xo-ç, homer, ccqiôsíxs-xo-ç,
á-fiai[iocx8-To-ç gehören, entsprechen arische bildungen wie skr.
ãarça-tá-, abaktr. dareça-ta- »sehenswürdig«, skr. yaja-tá-,
abaktr. yam-ta- »verehrungswürdig« hinsichtlich der bedeutung
so genau, dass man das suffix -a-tá- dieser arischen nomina
mit dem -£-ro- der griechischen zu identificieren hat, demnach
auch für jenes arische -ata- die herkunft von schwachen formen
der partieipia praes. auf -ant- zu leugnen hat. Die active be-
deutung aber von hqns-xù-v »kriechendes tier«, òaxe-xò-v
»beissendes tier« ist zwar eine seltenere erscheinung bei dein
participialsuffixe -ta-, steht aber mit dem Charakter des suffixes
in keinem Widerspruch, wie allein schon die bekannten latei-
nischen -¿o-bildungen po-tu-s, pransu-s, cena-tu-s, nira-tu-s dartun
können.
Wirkliche griechische erweiterungen schwachformiger par-
ticipialthemen durch suff. -o- dürfen wir dagegen andererseits
vielleicht in Wörtern wie Üdvccx-o-c, xáfiax-o-ç sehen. Es muss
ja ehemals, vor der Verallgemeinerung der starken Stammform,
die declination des part. aor. von üvrjGxw im griechischen ge-
wesen sein: sing. nom. davwv, gen. *#ctvaT'6ç, loe. *&avai--í,
ace. iïavovT-cc. Wie es aber auch stehe um die bildung dieser
griech. tiávaxo-ç, xáfiaTo-ç, auf keinen fall dürfen wir mit

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418 H. Osthoff,

Curtius verb. d. griech. spr. II 359


für den thematischen vocal halten und dem -€- der vorhin
besprochenen -s-ro-bildungen gleichsetzen: im griechischen er-
scheint nachweislich und in Wahrheit der thematische vocal,
d. i. das alte verbalstammbildende indogermanische -«-suffix,
immer nur als -£- oder -o-, niemals daneben als -a-.
Während also das Griechische für die altindischen verbal-
adjectiva darçatá-, yajatá- den weg weist zur richtigen auf-
fassung des ersten -a- ihres suffixes -ata-, lässt sich dagegen
von skr. pacatas »feuer, sonne« (kochend, reifend) und maratá-s
»tod« (als vernichtender) nicht genauer bestimmen, ob ihr
-ató- = indog. -a-tó-, griech. -s-tó- oder = indog. -nt-á-, griech.
-at-o- sei. Bedeutung wie form lassen beide annahmen zu;
denn das skr. a ist doppeldeutig.
Griech. ägysT- »glänzend«, in welchem Brugman e als Ver-
treter der nasalis sonans ansieht , braucht mit lat. argentu-m,
d. i. indog. *argntá-m nicht notwendig etwas mehr gemein zu
haben als die wurzel: ich betrachte ¿qy-s-t- gleichfalls als eine
mittels -T-suffixes, wie in ä-yvw-T-, doQi-xfifj-T- u. a. (Curtius
de nomin. Graec. format, p. 10, Bopp vergi, gramm. § 910.
Ill3 362 f.), von der durch den »classenvocal« -«- geformten
wurzelbasis ausgehende bildung.
Auch was Brugman sonst noch anführt, z. b. ¿stfia, das
nach ihm äsr-fia zu zerlegen und im letzten gründe auf ein
participiales *«f5i:-, die schwache Stammform des homer.
âfêvt-eç (II. E 526) zurückgehen soll, dürfte doch leicht auch
eine andere erklärung finden. Fick in Bezzenbergers beitr. z.
künde d. indog. spr. I 66 f. nimmt eine secundärwurzel vat-
»wehen« an und zieht im anschlusse an Windisch in Curtius'
grundz.4 nr. 587 s. 390 vergleichungen mit altir. tin-fet »inflat«,
äo-n-in-fedam »inspiramus«.
Der hauptstein des anstosses scheint aber für Brugman die
vermeintliche existenz eines schwachen participialstammes des
verb, substant. in der form griech. st- gewesen zu sein; vergi,
a. a. o. s. 334. Die schwache Stammform dieses particips ist
allerdings vorhanden im Griechischen, aber mit regelrecht zu
erwartendem a: in dor. tatiöa f., das genau - skr. sat-V ist,
abgesehen davon, dass eaaöa den von mir in dieser zeitschr.
XXIII 581 nachgewiesenen späteren wieder vortritt des anlau-
tenden wurzelhaften i- erfahren hat. Was die andere form,

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Zur griechischen Vertretung der indogerm. nasalis sonans. 419

dor. ¿Wa, anbetrifft, so kann unbedenklich angenommen werden,


dass ein ursprüngliches %ã(Súa oder *aG(fa = skr. sat-% nach
dem abfall des ehemals anlautenden a sich» in taaa umsetzte
unter dem einflusse der analogie der formen iaaí, sazi u. s. w.,
also offenbar, um den auf lautgesetzlichem wege verlorenen
anschluss an die lautgestalt der wurzel im verbum finitum
wiederzugewinnen.
Betreffs êrsó-g endlich »welches (Brugmans eigenen Worten
gemäss s. 334) nach ausweis des kypr. ^ETs^-dfvJÔQœ (stud.
IX 102) für *«T€f u-g steht«, gibt zwar auch Brugman, wie man
sieht, die herkömmliche identificierung mit dem participialen
skr. satyá-s, d. i. in indogermanischer gestalt *sntyd-s, auf1);
dennoch ist seine darstellung über èxsó-g zum schaden der
sache von diesem alten etymologischen irrglauben beeinflusst.
Mir scheinen hv-po-g und sTsf-o-g ganz unverkennbar auf
einen nominalstamm *stv- »wesen« zurückzuweisen, von welchem
auch das verbum èr-áÇcõ »prüfen«, d. i. »jemandes wesen er-
forschen«, deri viert sein kann in der nemlichen weise wie
ylvx-áÇw »süss schmecken« von ylvxv-. Das erschlossene
*ítv-, urspr. *satu- besteht seiner bildung nach aus den be-
standtheilen : s-, d. i. der schwachen wurzelform von as- »sein«
-J- thematischem -a - '- suff. -tu-, zerlegt sich also in *s-a-tu-.
Dieselbe bildungsweise haben skr. ved. Jcr-á-tu- m. »tüchtig-
keit, kraft«, von Jcar- »machen« (Grassmann wörterb. z. rgv.
sp. 1725), ferner ved. vah-a-tú- m. »brautzug, hochzeit, dar-
bringung« von vah- »heimführen, darbringen«. Mit *hv-
kann ferner, wenn man eine auch sonst durchaus zu recht-
fertigende ursprüngliche betonung *s~a-tu- annimmt, gemäss
Verner zeitschr. XXIII 97 ff. im laute völlig und im begriff
nahezu das urgerm. *sedu-, got. sidu-s, ags. sidu side, ahd.
situ m. »habitus, conditio, Índoles, naturale, usus, ritus,
moralitas, jus, mos« (nach Graff ahd. sprachsch. VI 160) iden-
tificiert werden; eine etymologie, die vielleicht gerade wegen der
übereinstimmenden stanmibildung mit -u- vor der seither üb-

v) Aufgegeben wird dieselbe neuerdings auch von Gust. Meyer in


Fleckeisens jahrb. f. class, philol. 1878 heft 3. s. 209. Meyer nimmt unter
anderem auch mit recht anstoss an der gleichstellung des griech. suffixes
-«o- mit skr. -ya- : ein bedenken, das auch mir schon längere zeit gekommen
war: griech. xsv&óg wird man nicht mit skr. çunyás fürderhin laut für
laut zu identifizieren brauchen.
Zeitschrift für vergi. Sprachf. N. F. IV. 4. 30

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420 H- Osthoff,

lichen vergleichung des got. sidit-s m


(A. Kuhn zeitschr. II 134 f., Curtiu
wörlerb. 1 3 838. Ill 3 32i2) den Vor
braucht übrigens kaum gesagt zu we
selbst ein zweifei an der richtigkeit
griech. *stv- mit got. sidu- die rich
analyse des *¿Vt>- noch nicht im min
Ebenso wenig können wir ferner z
schwache form des suffixes indog. skr
griechischen auf rein lautlichem wege
falls Briigman will a. a. o. s. 338. D
dat. plur. %aqíe-ai stehen allerdings zu
*%aqi,j:8T-aiJ aber es sind formationen
entwickelten ^xaQiaaaai *%otQi>a~öi> ve
letzteren durch die macht des »syst
starken form -fsvx- her wieder auf
stand, dass in eben den fällen, in we
alle beeinflussung durch ein formensy
lauf nehmen konnte (¿xaróv, déxee,
zeigt, gerade dieser umstand gibt uns
der lautvertretung in fällen wie ¿W«, %
dem störenden einflusse des system
Retreffs %aQÍe-úi, statuieren wir mit
neinüchen sprachlichen Vorgang, w
selbst stud. IX 375 f. anm. unter unse
für die ausbildung der dat.-plur.-form
[io-(ïi anstatt der ehemals vorhand
gesetzlich zu fordernden (¡qã-aL (
*noiiiãúi, *öat,ix,ä-(fi annimmt. Um
nó'le-ai anstatt des früheren und ion
ferner dasselbe e in n fas-ai, fjôé-út, a
'm erklären, trägt heutzutage wol n
forschern bedenken, den von uns für
nommenen erklärungsgrund herbeizu
und Braunes beitr. z. gesch. der deu
Analog zu dem a als griechischem re
in lieftoniger silbe müssen wir natü
für die griechische erscheinung der
tischen, d. i. silbebildcnden indogerma
vergi. Bru^man s. 290. Demnach ist

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Zur griechischen Vertretung der indogerm. nasalis sonans. 421

*i-avxi = skr. y-ánti die reine, d. i. lautlich ungestörte fort-


setzung der indogermanischen grundform *i-nti. Demnach ist
auch homer, t-ãai, grundf. *£ú~avri,, der lautgesetzlich treue
abkömmling des indog. *s-nti, skr. s-ánti, wiederum natürlich
die spätere wiedervorsetzung des s- in abrechnung gebracht.
Dem gegenüber nun kann auch das dor. boot, èvzí, woraus
att. stai, mit seinem « unbedingt nicht ursprünglich sein, ebenso
wenig wie saca. Osk. s-et, umbr. s-ent, got. s-ind und altir.
it aus *s-inti, mit denen Joh. Schmidt zeitschr. XXIII 362 f.
das dor. èvrí auf gleiche linie stellte, beweisen für die ur-
sprünglichkeit der dorischen form mit ihrem e-laut diesmal
nichts : mit den europäischen e-vocalen hat dieser fall gar nichts
zu schaffen, in der nasalis-sonans-frage aber hält das Griechische,
wie in so manchen andern punkten, treu zum Sanskrit und
überhaupt zum Arischen.
Diese Stellung der griechischen spräche erhellt besonders
klar auch aus folgendem seitens Brugmans noch nicht verzeich-
neten beispiele für die nasalis sonans: griech. raw- in den
bahuvrîhis ravvmsQOQ u. a. (Hugo Weber zeitschr. X 252 f.,
verf. verb., in d. nominalcomp. s. 148 ff.) wie skr. tanú- adj.,
aber lat. tenu-i-s, abulg. Mnü-ku, ahd. dunni, alle von der
grundform indog. Hnnú-. Mit diesem so angesetzten indoger-
manischen adjectiv tnnú- verhält es sich nemlich betreffs seiner
zweisilbigkeit ebenso wie mit der viersilbigkeit des Sievers'schen
musterbeispieles nhd. be-rit-tn-(n)e. Auch in tnnú- fungiert
derselbe sonantisch-consonantische laut n abwechselnd einmal
als vocal (sonant) und einmal wieder als consonant. Es lässt
sich auch sagen: zweisilbiges tn-nú- verhält sich zu einsilbigem
tnu- genau ebenso wie die zweisilbig gesprochenen ti-(j)a, tu-(v)a
zu den einsilbigen tia (tjq), tua (tva); denn auch in den letzteren
fällen wird ein und derselbe laut, i und u, bei den verschiedenen
aussprachen zwischen den beiden kategorien sonant und conso-
nant hin und her geworfen. Vergi. Sievers grundz. d. laut-
physiol. 27. Nennt man in hergebrachter weise die consonanten
j und v die halbvocale zu den vocalen i und u, so verdient
consonantisches n mit ganz demselben rechte der entsprechende
halbvocal zu dem vocale n, d. i. der nasalis sonans, genannt
zu werden.
Es ist also auch, um zu den griechischen formen des verbum
substantivum zurückzukehren, für dor. èvxí analogische umbil-

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422 H. Osthoff,

dung eines als ursprünglich anzun


späteren *am oder *ävxi zunächst
Umbildung vollzog sich auch hier nac
formen des verbums mit dem anlautenden und als charakteristisch
für das verb geltenden ¿-: nachdem das tf- geschwunden, galt
es um so mehr, dem übrig bleibenden *«Vt* (*ävxi) durch
herstellung des ¿-lautes sein fremdartiges aussehen unter den
übrigen personalformen desselben paradigmas zu benehmen.
Ganz das nemliche gilt für die starke participform svx-
hx- in dor. svxsç (Ahrens dial. II 323 f.), ferner in av&-
BVT-r¡Q (Fick wörterb. II3 258): auch tvv-eç muss ein einstiges
*avT-sç (*ãvx-sç) = skr. s-ánt~as, indog. *s-nt-as verdrängt
haben. Brugman selbst versucht s. 305 f. 337, augenscheinlich
weil es ihm selber unheimlich wird bei der statuierten mehr-
fachen griechischen gestalt der nasalis sonans, das dor. èvxí
und das part. dor. è vx- als analogiebildungen, anlehnungen an
TÍ&s-vri, xi&ê-vx- zu erklären, was uns vorläufig weniger ein-
leuchtend vorkommt als unsere annähme. - Die Curtius'sche
herleitung des dor. böot. èvti, att. 8iúí aus einer grundform
*6(S-vti (verb. d. griech. spr. I1 147) können wir selbstverständlich
darum nicht billigen, weil aus einer so angesetzten grundform
nach dem in diesem punkte wenigstens unumstösslichen résultat
der Brugman'schen abhandlung entschieden nur, sei es ein dor.
*è-avxi, das überlieferte homer, e-ãai, sei es ein dor. *«-<m,
ion. att. *s-äai hervorgehen konnte, je nachdem die mittlere
silbe jenes angenommenen *ia-vxi die ursprünglich hochbetonte
war oder nicht.
Wie die primäre personalendung -avxi in ï-â<si und ion.
$-ãts*, so ist natürlich ebenso auch die entsprechende secundare
form -av(%) in ^c-av, aor. e-lvö-av einzig beweisend für av
als griechische gestalt der hochbetonten silbebildenden nasalis.
Die indogermanische grundform war -nt, so lange hochbetont,
bis nach der festwachsung des augments in den präteritums-
formen dieses den alleinigen wortaccent auf sich nahm. Vergi.
Brugman stud. IX 325 anm. 39. Der sigmatische aorist aber
hatte, wie das ebenfalls Brugman stud. IX 311 ff. schlagend er-
wiesen hat, von hause aus eine unthematische Stammform, d. i.
kein verbales -a-suffix, daher denn beim antritt des -nt in der
III. plur. das n nach vorhergehendem consonanten notwendig
als sonant zu fungieren hatte.

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Zur griechischen Vertretung der iridogerrn. nasalis sonanti. 423

Einen unterschied zwischen tieftoniger und unter dem hoch-


tone stehender silbebildenden nasalis macht auch die Zend-
sprache. Und zwar findet im Altbaktrischen dieser unterschied
denselben lautlichen und graphischen ausdruck wie im Sanskrit
und Griechischen, nur dass die starke form (so nennen wir der
kürze halber die hochbetonte nasalis sonans), ursprünglich zu
an geworden, späterhin nach speciell altbaktrischer lautent-
wickelung wie meistens auch jedes andere an, d. i. a -'- n, vor
folgenden t zu en wird. Man vergleiche: abaktr. III plur.
h-enti »sie sind«, part, stark h-eñt-, aber schwach h-at-.
Interessant ist, dass wir auch im Germanischen noch die-
selbe Wahrnehmung eines Unterschiedes der starken und der
schwachen form der nasalis sonans machen können. Got. s-ind
(eigentlich *s-inpì vergi. Verner zeitschr. XXIII 128) hat in =
urspr. n; dagegen in got. hund(á-), ga-mund(í-) u. s. w. ist un
= ursp. n (tieftonig). Diese erklärung des in in s-ind steht um
so sicherer, als es keinerlei möglichkeit gibt, die form hinsichtlich
ihres in als irgend welche analogiebildung zu erklären. Analogie-
bildung hätte hier ja nur stattfinden können nach dem muster
der thematischen conjugation, nach nimand, bairand, und sie
würde als résultat unstreitig ein *s-and herbeigeführt haben,
wie lat. s-unt, abulg. s-qtï. Brugman stud. IX 301. An einem
anderen punkte freilich, wo wir im germanischen dasselbe in
= indog. n anzutreffen erwarten sollten, finden wir es nicht
vor, nemlich nicht in der III. plur. perf. ind., welche ebenfalls
ursprünglich das casussuffix betonte (vergi, skr. bi-bhid-ús) :
es heisst got. bitun, nicht *bitin. Ich kann demnach auch nicht
glauben, dass Sievers in Paul-Braunes beitr. V 119 recht daran
tut, jenes bitun direct aus der grundform *(bi)bitn(t) abzu-
leiten; eben unser s-ind aus *s-út(i) widerrät es. Und ich
stehe demnach nicht an, auch schon das u in der III. plur.
bitun auf analogiewirkung des u der I. pers. bitum aus *(H)-
bitm(é) zurückzuführen, wie man bisher das u der II. plur.
bitup auf formübertragung nach der I. und III. pers. beruhen
Hess (vergi. Sievers a. a. o. anm. 2).
Die anderen europäischen sprachen aber haben die beiden
formen der nasalis sonans zusammenfallen lassen. So finden
wir denn im umbrischen en in s-ent wie in desen-duf »zwölf«,
im oskischen e in s-et wie in aragetud. Von der participial-
form lat. osk. -s-ent- in lat. ab-s-ent-, lat. osk. prae-s-ent~ lässt

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424 H. Osthoff,

sich nicht entscheiden, ob sie auf die schwache oder auf die
starke grundsprachliche Stammform, auf indog. s-nt- oder s-nt-,
zurückgehe: beide formen mussten in ihrer italischen fortsetzung
notwendig in eins zusammenfallen.
Auf slavischem boden sehen wir hochton iges sowol wie
tieftoniges n sich zu dem nasalvocale ç entwickeln; hochtoniges
in den formen der III. plur. unthematischer verbalstämme :
praes. dad-cáti, jad-qtï, aor. jas-q (vergi. Brugman s. 301), tief-
toniges in pa-mqtï, desqtt. Von der form des participiums der
wurzel as- im altpreussischen, nom. sing. entprîM-s-ins, dat.
emprikî-s-ent-ismu »gegenwärtig« wird dasselbe gelten wie von
dem ital. s-ent-.
Noch bleibt uns eine frage aufzuwerfen und zu beant-
worten übrig. Wir haben gesehen, dass € nicht der griechische
Vertreter der nasalis sonans in tieftoniger silbe sein kann.
Könnte nicht vielleicht griech. o auf diesen rang neben dem a
für einige fälle anspruch machen? Man würde sich, um dies
zu behaupten, auf solche fälle wie att. diaxóatot, neben dor.
ôiaxaxíoi, att. BÏxoai neben boeot. dor. ßixaxi. ¿sixaxi, lakon.
ßtixan, wie arkad. ösxo'zav, ¿xoxofjßoia neben att. ôsxáxtjv,
¿xccxofißij berufen dürfen. Vergi. Brugman stud. IV 72, Joh.
Schmidt z. gesch. d. indog. vocal. I 121. 181. Man würde
ferner, nach abweisung des èxsó-ç, nunmehr mit Kern zeitschr.
VIII 400 in ögio-q den griechischen reflex des participialen
skr. satyá-s, indog. *sntyá-s zu finden bereit sein.
Das griech. o an stelle der nasalis sonans würde an sich
dann gar nichts auffälliges haben, wenn es in einem oder
in einigen griechischen dialekten so aufträte und
zwar als alleiniger acteur in dieser rolle. Das ist aber,
wie die angeführten beispiele zeigen, nicht der fall. Wir müssen
uns folglich nach einer erklärung der abweichungen mit dem
o umsehen.
Lässt man das öaio-g bei seite, so fällt sogleich in die
äugen, dass es nur Zahlwörter sind, bei welchen das o
so erscheint. In anbetracht dessen hat es kein bedenken, das
o durch die beeinflussung der form -xovxa in den zehnern von
30 - 90 zu erklären. Ein siebenmaliges -xovxa von xQiáxovxa
bis ev£vr¡xovxa genügte mit seiner analogie vollständig, um aus
einem *tixaxi ein *eixoxi herzustellen, um ferner bei den ent-
sprechenden mundarten aus dem anfänglichen -xaxwi, ein

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Zur griechischen Vertretung der indogerm. nasalis sonans. 425

*-xo%ioi, -xòúioi zu machen. Im arkadischen dialekt gieng die-


selbe Wirkung jener -xovtcc noch weiter, indem hier auch
exactor und sogar die Ordinalzahl ôéxaroç davon mitergriffen
wurden. Im dorischen dialekt aber hat das -xovra der zehner
diese lautumformende kraft auf andere Zahlwörter überhaupt
nicht ausgeübt, und so bewahrte denn in diesem falle das
dorische mit seinem fíxccn (jeixazi,, ßsixaxi) und seinen
òvaxaxíoi, xçiaxavLoi u. s. w. durchweg das alte und ursprüng-
liche. Erst in jüngeren dorischen denkmälern, auf inschriften
und bei Schriftstellern nach Alexander dem grossen, erscheinen
auf dorischem gebiet die formen diaxoöioi, tstqccxoöioi, welche
sich aber unstreitig, die Dorier, wie schon das undorische a
anstatt t beweist, aus dem munde der übrigen Griechen einfach
angeeignet haben müssen. Vergi. Ahrens dial. II 281 1).
Eine andere umformende Wirkung übte nach meiner meinung
dasselbe -xovxa bei dem dialektischen ïxavriv tíxoGiv Hesych
aus: hier verhalf es mit seiner analogie dem zahl wort für 20
nachträglich wieder zu seinem nasal in der mittleren silbe.
Denn dass die mittlere silbe ehemals tieftonig war, beweist das
skr. vimçatí in seinem einklange mit dem nasal losen j:ixaxv der
Dorier. Und dass jenes ïxavziv seinen nasal aus urindoger-
manischer zeit gerettet habe, ist angesichts alles dessen ebenso
wenig zu glauben, wie dass die kretischen accusative pluralis
der consonantischen declination (poivíx-avç, úxaxr¡q-avQ das v
ihres casus-suffìxes aus Urzeiten bewahrt haben könnten. Vergi,
verf. in Paul-Braunes beitr. z. gesch. d. deutsch, spr. u. liter.
Ill 197 f., Brugman stud. IX 299.
Treffe ich nun hiermit das richtige, haben, wie ïxavxiv
seinen nasal, so si'xoöi, öiaxoaioi ihr o von dem -xovxa bezogen,
so bliebe schliesslich das einzige ögio-q übrig. Für dieses aber
wollen wir, da wir ihm seine identität mit altind. satyá-s zu

*) Mittlerweile hat, während dieser aufsatz im manuscripte fertig lag,


Brugman selbst in dieser zeitschr. XXIV 66 dieselbe oben vorgetragene
erklärung des o in den Zahlwörtern tixoöi,, diaxÓGioi u. s. w. gefunden und
ausgesprochen. Für seine bemerkung ebenda, anra. % dass namentlich
bei Zahlwörtern association der einzelnen formen sich vielfach nachweisen
lasse, habe ich an anderem orte, in Brugmans und meinen »morpho-
logischen Untersuchungen auf dem gebiete der indog. sprachen« I 92 tí'.,
eine weitere anzahl von belegen gegeben.

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426 Berichtigungen.

bestreiten auf grund der lautgesetze vollau


einstweilen doch die hoffhung aussprech
anderwärts baldig ein passendes etymologisch
finden möge.
Heidelberg.
H. Osthoff.

ana-.

Zu dieser oben (bd. 23, 271 ff.) von J. Schm


suchten form des privativen präfixes lässt sich je
indischem boden eine parallele beibringen: ZD
habe ich eine anzahl belege für pkt. ana- = a- privat, ge-
sammelt, von denen anahiaa = ahrdaya (Setu, Hala), anacintia
= acintita (Hemac.) anahonta - abhavat (Hâla) ganz sicher
sind, anadihara = adîrgha (Setu) höchst wahrscheinlich, ana-
cchunna (Setu) zweifelhaft ist. Gegenüber dem so sich ergebenden
consensus von vier idg. familien wird wohl manchem Schmidt's
annähme, dass diese form in jeder einzelnen spräche selbständig
aus an sich entwickelt habe, bedenklich erscheinen. So viel
ich sehe, ist aber das Pkt. nicht geeignet, die frage im einen
oder andern sinne zu entscheiden. Für diese spräche ist es
gleich unwahrscheinlich, dass idg. ana- durch die älteren stufen
des Indischen hindurch latent geblieben und erst hier auf-
getaucht sein, wie dass, gegen alle indische analogie, an- vor
consonanten sich behauptet haben sollte : diese letztere Schwierig-
keit erhebt sich mit gleichem gewicht auch gegen Schmidt's
erklärung von ana- im Zend. - Non liquet.
Strassburg.
S i eg fr. Goldschmidt.

Berichtigung zu heft 2.
S. 124, z. á v. u., statt: endsylbe, lies: vorletzter sylbe.

Weimar. - Hof- Buchdruckerei.

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