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Gretchen am Spinnrade Seit ich ihn gesehen

Johann Wolfgang von Goethe Adelbert von Chamisso

Meine Ruh’ ist hin, Seit ich ihn gesehen,


Mein Herz ist schwer, Glaub ich blind zu sein;
Ich finde sie nimmer Wo ich hin nur blicke,
Und nimmermehr. Seh ich ihn allein;
Wie im wachen Traume
Wo ich ihn nicht hab’ Schwebt sein Bild mir vor,
Ist mir das Grab, Taucht aus tiefstem Dunkel,
Die ganze Welt Heller nur empor.
Ist mir vergällt.
Sonst ist licht- und farblos
Mein armer Kopf Alles um mich her,
Ist mir verrückt Nach der Schwestern Spiele
Mein armer Sinn Nicht begehr ich mehr,
Ist mir zerstückt. Möchte lieber weinen,
Still im Kämmerlein;
Meine Ruh’ ist hin, Seit ich ihn gesehen,
Mein Herz ist schwer, Glaub ich blind zu sein.
Ich finde sie nimmer
Und nimmermehr.
Er, der Herrlichste von allen
Nach ihm nur schau’ ich
Zum Fenster hinaus, Adelbert von Chamisso
Nach ihm nur geh’ ich
Aus dem Haus. Er, der Herrlichste von allen,
Wie so milde, wie so gut!
Sein hoher Gang, Holde Lippen, klares Auge,
Sein’ edle Gestalt, Heller Sinn und fester Mut.
Seines Mundes Lächeln,
Seiner Augen Gewalt. So wie dort in blauer Tiefe,
Hell und herrlich, jener Stern,
Und seiner Rede Also er an meinem Himmel,
Zauberfluss. Hell und herrlich, hehr und fern.
Sein Händedruck,
Und ach, sein Kuss! Wandle, wandle deine Bahnen;
Nur betrachten deinen Schein,
Meine Ruh’ ist hin, Nur in Demut ihn betrachten,
Mein Herz ist schwer, Selig nur und traurig sein!
Ich finde sie nimmer
Und nimmermehr. Höre nicht mein stilles Beten,
Deinem Glücke nur geweiht;
Mein Busen drängt sich Darfst mich niedre Magd nicht kennen,
Nach ihm hin. Hoher Stern der Herrlichkeit!
Ach dürft’ ich fassen
Und halten ihn. Nur die Würdigste von allen
Darf beglücken deine Wahl,
Und küssen ihn Und ich will die Hohe segnen,
So wie ich wollt’ Viele tausendmal.
An seinen Küssen
Vergehen sollt’! Will mich freuen dann und weinen,
Selig, selig bin ich dann;
Sollte mir das Herz auch brechen,
Brich, o Herz, was liegt daran?
Helft mir, ihr Schwestern

Ich kann’s nicht fassen, nicht glauben Adelbert von Chamisso

Adelbert von Chamisso Helft mir, ihr Schwestern,


Freundlich mich schmücken,
Ich kann’s nicht fassen, nicht glauben, Dient der Glücklichen heute mir,
Es hat ein Traum mich berückt; Windet geschäftig
Wie hätt er doch unter allen Mir um die Stirne
Mich Arme erhöht und beglückt? Noch der blühenden Myrte Zier.

Mir war’s, er habe gesprochen: Als ich befriedigt,


„Ich bin auf ewig dein“— Freudigen Herzens,
Mir war’s—ich träume noch immer, Sonst dem Geliebten im Arme lag,
Es kann ja nimmer so sein. Immer noch rief er,
Sehnsucht im Herzen,
O lass im Traume mich sterben, Ungeduldig den heutigen Tag.
Gewieget an seiner Brust,
Den seligen Tod mich schlürfen Helft mir, ihr Schwestern,
In Tränen unendlicher Lust. Helft mir verscheuchen
Eine törichte Bangigkeit,
Dass ich mit klarem
Du Ring an meinem Finger Aug ihn empfange,
Ihn, die Quelle der Freudigkeit.
Adelbert von Chamisso
Bist, mein Geliebter,
Du Ring an meinem Finger, Du mir erschienen,
Mein goldenes Ringelein, Giebst du mir, Sonne, deinen Schein?
Ich drücke dich fromm an die Lippen, Lass mich in Andacht,
Dich fromm an das Herze mein. Lass mich in Demut,
Lass mich verneigen dem Herren mein.
Ich hatt ihn ausgeträumet,
Der Kindheit friedlich schönen Traum, Streuet ihm, Schwestern,
Ich fand allein mich, verloren Streuet ihm Blumen,
Im öden, unendlichen Raum. Bringet ihm knospende Rosen dar,
Aber euch, Schwestern,
Du Ring an meinem Finger Grüss ich mit Wehmut,
Da hast du mich erst belehrt, Freudig scheidend aus eurer Schar.
Hast meinem Blick erschlossen
Des Lebens unendlichen, tiefen Wert.
Süsser Freund, du blickest
Ich will ihm dienen, ihm leben,
Ihm angehören ganz, Adelbert von Chamisso
Hin selber mich geben und finden
Verklärt mich in seinem Glanz. Süsser Freund, du blickest
Mich verwundert an,
Du Ring an meinem Finger, Kannst es nicht begreifen,
Mein goldenes Ringelein, Wie ich weinen kann;
Ich drücke dich fromm an die Lippen, Lass der feuchten Perlen
Dich fromm an das Herze mein. Ungewohnte Zier
Freudig hell erzittern
In dem Auge mir!
Wie so bang mein Busen, Nun hast du mir den ersten Schmerz getan
Wie so wonnevoll!
Wüsst ich nur mit Worten, Adelbert von Chamisso
Wie ich’s sagen soll;
Komm und birg dein Antlitz Nun hast du mir den ersten Schmerz getan,
Hier an meiner Brust, Der aber traf.
Will in’s Ohr dir flüstern Du schläfst, du harter, unbarmherz’ger Mann,
Alle meine Lust. Den Todesschlaf.

Weisst du nun die Tränen, Es blicket die Verlassne vor sich hin,
Die ich weinen kann, Die Welt ist leer.
Sollst du nicht sie sehen, Geliebet hab ich und gelebt, ich bin
Du geliebter Mann? Nicht lebend mehr.
Bleib an meinem Herzen,
Fühle dessen Schlag, Ich zieh mich in mein Innres still zurück,
Dass ich fest und fester Der Schleier fällt,
Nur dich drücken mag. Da hab ich dich und mein verlornes Glück,
Du meine Welt!
Hier an meinem Bette
Hat die Wiege Raum,
Wo sie still verberge
Meinen holden Traum;
Kommen wird der Morgen,
Wo der Traum erwacht,
Und daraus dein Bildnis
Mir entgegen lacht.

An meinem Herzen, an meiner Brust

Adelbert von Chamisso

An meinem Herzen, an meiner Brust,


Du meine Wonne, du meine Lust!

Das Glück ist die Liebe, die Lieb ist das Glück,
Ich hab’s gesagt und nehm’s nicht zurück.

Hab überschwenglich mich geschätzt,


Bin überglücklich aber jetzt.

Nur die da säugt, nur die da liebt


Das Kind, dem sie die Nahrung giebt;

Nur eine Mutter weiss allein,


Was lieben heisst und glücklich sein.

O, wie bedaur’ ich doch den Mann,


Der Mutterglück nicht fühlen kann!

Du lieber, lieber Engel, Du


Du schauest mich an und lächelst dazu!

An meinem Herzen, an meiner Brust,


Du meine Wonne, du meine Lust!

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