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2.

Gegen den Naturalismus: der Symbolismus


Um die Jahrhundert Wende gab es in Deutschland eine Vielzahl verschiedener literarischer Bewegungen,
die sich allesamt gegen den Naturalismus und seine minutiöse und detaillierte Darstellung des Elends und
der Armut zu Wehr setzen wollten. Dazu gehörten der Jungedstil, die Dekadenz und auch der Symbolismus.
Stellvertretend für all diese Bewegungen, die sich vom Naturalismus abgewendet haben, wird hier der
Symbolismus etwas genauer betrachtet.
Die literarische Epoche des Symbolismus begann etwa 1890 und endete etwa 1920. Seine Wurzeln sind in
den gesellschaftlichen Umwälzungen und historischen Ereignissen des 19. Jahrhunderts zu suchen, z. B. Der
Industrialisierung, dem technischen und wissenschaftlichen Fortschritt und der Entstehung des
Materialismus und philosophischen Positivismus. Mit der Zeit machte sich der Verzicht auf abstrakte Werte
und idealistisch-ästhetische Empfindungen auch in der Literatur bemerkbar, hauptsächlich im Realismus und
im Naturalismus. Doch das neu entstandene rationalistische Weltbild war kein einheitliches und wurde
durch zahlreiche Entdeckungen in den Bereichen der Mathematik und Physik, z. B. Röntgenstrahlen,
Radioaktivität und wenig später der Relativitätstheorie, immer wieder in Frage gestellt. Diese Krise des
positivistischen Weltbilds und der herkömmlichen Religion und Moral sowie die Auffassung der Welt als
etwas unzulänglich Erfasstes führte zusammen mit der Aufbruchsstimmung der Fin-de-Siècle-Kultur zu der
Suche nach neuen Entfaltungsmöglichkeiten.
Die Anhänger des Symbolismus waren sich bewusst, dass sie einer dem Untergange geweihten Kultur
angehören und entschieden sich daher dazu, sich von der Realität abzuwenden. Diese Abwendung ist
vergleichbar mit derjenigen der Romantik von der Aufklärung. Der Unterschied bestand jedoch darin, dass
sich die Romantiker die Welt schön poetisierten, während die Werke des Symbolismus von einer eher
pessimistischen Grundstimmung geprägt waren.
Zu viel Alltägliches wie im Naturalismus missfiel manchen Dichtern, weswegen es zu einer
Gegenbewegung kam. Diese Dichter wollten lediglich Dichter sein, nicht etwa Weltveränderer. Sie
versuchten, das Schöne mithilfe der Sprache wiederzufinden. Außerdem sollte die Literatur nicht die Natur
nachahmen, wie es im Naturalismus der Fall war, und auch nicht nur subjektive Wahrnehmung wie im
Impressionismus, sondern reine Wortkunst sein. Die Kunst galt als autonome Welt mit eigenen Gesetzen.
Ein berühmtes Zitat, welches diese Einstellung unterstreicht, ist „l’art pour l’art“ („Die Kunst für die Kunst“,
„Die Kunst um der Kunst willen“, oder „Die Kunst nur der Kunst wegen“).

a) Stefan George
Stefan Anton George war ein deutscher Lyriker. Zunächst vor allem dem Symbolismus verpflichtet, wandte
er sich nach der Jahrhundertwende vom reinen Ästhetizismus der zuvor in den Blättern für die Kunst
propagierten „kunst für die kunst“ ab und wurde zum Mittelpunkt des nach ihm benannten, auf eigenen
ästhetischen, philosophischen und lebensreformerischen Vorstellungen beruhenden George-Kreises. Vor
allem sein frühes Werk zeugt von dem Versuch, eine lyrische Erneuerung in Deutschland zu erreichen. 1892
gründete er zusammen mit Carl August Klein die Zeitschrift Blätter für die Kunst, die, ganz im Geiste des
l’art pour l’art von Baudelaire, Verlaine und Mallarmé, im Dienst einer „kunst für die kunst“ standen. In der
folgenden Zeit entstanden die Gedichtbände Hymnen, Pilgerfahrten, Algabal, Die Bücher der Hirten und
Preisgedichte, Das Jahr der Seele und Der Teppich des Lebens, mit dem George sich schrittweise vom
Ästhetizismus entfernte. George trat in dieser Zeit in Lesungen vor ausgesuchtem Hörerkreis auf. Während
er in ein priesterliches Gewand gekleidet seine Verse verlas, lauschte das Publikum ergriffen. Anschließend
empfing er einzelne Zuhörer zu Audienzen in einem Nebenzimmer. Seine Bücher waren ungewöhnlich
gestaltet und zunächst nur in intellektuellen Kreisen vorhanden. Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit
war George als kongenialer Übersetzer aktiv, der die jeweiligen Originale übersetzte und umdichtete, wobei
er ihren Sinn und Rhythmus mit zu übertragen versuchte.
George-Kreis
Ab etwa 1892 versammelten sich gleichgesinnte Dichter um George, die sich mit ihm geistig verbunden
fühlten. Maßgebend für die Anschauungen des sogenannten George-Kreises waren Georges
Veröffentlichungen. Zunächst war es ein Bund Gleichgestellter, der sich um die Blätter für die Kunst
scharte; zu ihnen gehörten Paul Gerardy, Karl Wolfskehl und Ludwig Klages, Karl Gustav Vollmoeller und
andere. Damals war der Bund zwar auf George hin ausgerichtet, aber die Struktur blieb lose. Nach 1900
änderte sich der Charakter des Kreises. Mit dem Beitritt neuer und jüngerer Mitglieder änderte sich auch das
Verhältnis zum „Meister“. George fühlte sich als Bildner und Lehrmeister der Jugend. Vornehmlich
Friedrich Gundolf, später auch die drei Brüder Stauffenberg, folgten ihm wie Jünger.
Zu Georges engen Vertrauten zählte anfangs auch der Wiener Schriftsteller Hugo von Hofmannsthal. Die
Beziehung war von Seiten Georges, der sich homoerotisch zu Männern hingezogen fühlte, ausgegangen.
Sein ungestümes Drängen jedoch ließ die Faszination Hofmannsthals, der den sechs Jahre älteren George an
Heiligabend 1891 nichts ahnend besuchte, in Angst umschlagen. Georges Besessenheit ging so weit, dass er
den 17-Jährigen sogar zum Duell aufforderte, weil Hofmannsthal sein Werben angeblich falsch gedeutet
habe. Dazu kam es nicht, aber Hofmannsthal fühlte sich von George derart verfolgt, dass er in seiner
Verzweiflung schließlich seinen Vater um Hilfe bat, dem es mit einem klärenden Gespräch gelang, Georges
Nachstellungen zu unterbinden.
Georges Lyrik grenzt sich durch ihre hohe stilistische und formale Strenge bewusst von der Sprache des
Alltags ab. Viele seiner Gedichte sind exemplarisch selbstreflexive Lyrik. Dramatik und Prosa galten ihm
als weniger wertvolle literarische Gattungen, obwohl das Drama in seinem Kreis (beispielsweise von Henry
von Heiseler) durchaus gepflegt wurde. Themen seines Frühwerks waren Tod, unerfüllte tragische Liebe
und Hingezogenheit zur Natur. Georges Ziel in seinem Spätwerk war die Erschaffung eines neuen, schönen
Menschen. Grundlage sollten Männlichkeit, Zucht, Sitte und Dichtkunst sein. Einige Texte wurden auch als
Grundlage zu musikalischen Werken verwendet, so zum Beispiel von Richard Mondt (1873–1959), Arnold
Schönberg (1874–1951), Anton von Webern (1883–1945), Gerhard Frommel (1906–1984), Theo Fischer
(1926), Gerhard Fischer-Münster (1952) und Wolfgang Rihm (1952).
Neben der eigenen Dichtertätigkeit und ausgedehnten Reisen durch ganz Europa war George Übersetzer von
Dante, Shakespeares Sonetten, Charles Baudelaire Die Blumen des Bösen – Umdichtungen, Émile
Verhaeren und vielen anderen.
Stefan George hatte durch seine zahlreichen Kontakte zu bekannten deutschen Hochschulprofessoren (z. B.
Friedrich Gundolf) großen Einfluss auf das deutsche Universitätswesen, vor allem in den
Geisteswissenschaften.

b) Hugo von Hofmannsthal


Hugo Laurenz August Hofmann, Edler von Hofmannsthal war ein österreichischer Schriftsteller,
Dramatiker, Lyriker, Librettist sowie Mitbegründer der Salzburger Festspiele. Er gilt als einer der
wichtigsten Repräsentanten des deutschsprachigen Fin de Siècle und der Wiener Moderne.
Der Dramatiker und Lyriker Hugo von Hofmannsthal, einer der bedeutendsten Vertreter des
österreichischen Symbolismus, wurde am 1. Februar 1874 in Wien als Sohn einer wohlhabenden Juristen-
und Beamtenfamilie geboren. Er verlebte eine behütete Kindheit und wurde von Privatlehrern erzogen und
unterrichtet.
Von 1884 bis 1892 besuchte er das Akademische Gymnasium in Wien und studierte intensiv die Literatur
der Antike sowie die deutsche und europäische Literatur. Ab 1890 erschienen erste Gedichte unter
Pseudonym, bald darauf Prosatexte und Buchbesprechungen. Begegnungen mit Stefan George führten zu
Hofmannsthals Mitarbeit an der von George gegründeten Literaturzeitschrift »Blätter für die Kunst«.
1892 begann Hofmannsthal ein Jura-Studium in Wien. Parallel dazu entstanden zahlreiche lyrische Arbeiten,
darunter Gedichte, Dramen und der Prolog zu Arthur Schnitzlers »Anatol«.
1894 schloss Hofmannsthal sein Studium mit dem ersten juristischen Staatsexamen ab, ging für ein Jahr als
Freiwilliger zum k.u.k. Dragonerregiment und begann danach ein Studium der romanischen Philologie.
Unterdessen schrieb er die Erzählung »Soldatengeschichte« und weitere Gedichte. 1896 verfasste
Hofmannsthal einen Zyklus von Novellen, 1897 entstanden eine Vielzahl lyrischer Dramen, darunter »Die
Frau im Fenster«, das unter dem Titel »Madonna Dianora« 1898 in Berlin uraufgeführt wurde.
Hofmannsthal wandte sich zunehmend von der Lyrik ab und dem Theater zu.
1899 promovierte er zum Doktor der Philologie, reichte 1901 seine Habilitationsschrift ein, zog jedoch sein
Gesuch um eine Lehrbefugnis später zurück. Hofmannsthal heiratete im selben Jahr Gertrud Schlesinger;
aus der Ehe gingen drei Kinder hervor.
1902 erschien der literaturwissenschaftlich vielbeachtete Essay »Ein Brief« (sog. »Chandos-Brief«), der eine
Zäsur im Schaffen des Dichters markiert. War sein hoch gelobtes Frühwerk noch im Stil des »Fin de Siècle«
entstanden, zeichnete sich hier bereits der Aufbruch in die Moderne ab.
Die Uraufführung der »Elektra« in Berlin wurde 1903 ein großer Erfolg. Der Zusammenarbeit mit dem
Komponisten Richard Strauss ab 1906 sind neben der vertonten »Elektra« (1909) auch der »Rosenkavalier«
(1911) und »Ariadne von Naxos« (1912) zu verdanken.
1911 fand die Uraufführung des Mysterienspiels »Jedermann« in Berlin statt. Im Ersten Weltkrieg erreichte
Hofmannsthal eine Beurlaubung und wurde bis 1915 im Kriegsfürsorgeamt beschäftigt. Danach konnte er
weiter seiner schriftstellerischen Arbeit nachgehen.
1920 wurde der »Jedermann« unter Max Reinhardt bei den neu ins Leben gerufenen Salzburger Festspielen
aufgeführt und gehört seitdem dort zum festen Repertoire. Von 1922 bis 1927 war Hofmannsthal
Herausgeber der Zeitschrift »Neue deutsche Beiträge«. 1927 wurde »Der Turm« in seiner zweiten Fassung
uraufgeführt. Die Uraufführung der Oper »Arabella« von Richard Strauss 1933, für die er das Libretto
geschrieben hatte, erlebte Hofmannsthal nicht mehr.
Hofmannsthal starb 1929 an den Folgen eines Schlaganfalls.

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