Entdecken Sie eBooks
Kategorien
Entdecken Sie Hörbücher
Kategorien
Entdecken Sie Zeitschriften
Kategorien
Entdecken Sie Dokumente
Kategorien
Sören Stephan
Fertigung und Montage des Messe-
Reiner Essrich turms in Rostock
1 Einleitung
© Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Stahlbau 73 (2004), Heft 2
H. Klimke/S. Stephan/R. Essrich · Fertigung und Montage des Messeturms in Rostock
2.3 Werkstattpläne
Alle Bauteile wurden von IF (siehe unten) dreidimensio-
nal im CAD-System konstruiert und daraus ein Gesamt-
modell des Turms erstellt. Dadurch erreichte man eine
höchstmögliche Paßgenauigkeit und eine fehlerfreie Vor-
bereitung für die Fertigung. Jedes Teil mußte mit allen er-
forderlichen Schnittkanten und Winkeln einzeln dargestellt
Bild 5. Entwurf der Fertigungslehre
werden.
Fig. 5. Design of the production jig
Trotz der Elementbauweise waren ca. 50 detaillierte
Werkstattpläne (Format A 1) erforderlich, um alle Bau-
teile darzustellen, da die Wanddicken der Rohre und die
Seildurchmesser mit der Turmhöhe verringert wurden. Ein-
zelne Details der Ausführungsplanung mußten umgearbei-
tet werden. Eine zunächst vorgesehene Baustellenschwei-
ßung des 300 × 60 mm starken Zugbands in der untersten
Ebene des Turms mußte durch eine Bolzenverbindung er-
setzt werden, da der Schweißnahtschrumpf bei 60 mm
dicken Nähten nicht mit Sicherheit im vorgegebenen To-
leranzrahmen vorherbestimmt werden konnte.
3 Fertigung
Bild 9. Montage-Ablaufplan
Fig. 9. Erection-procedure
77
Element, bestehend aus den drei schrägen Druckstützen, nung) erhielten. Die zugehörige Länge betrug 4326 mm, die
den drei Diagonalseilen und den beiden horizontalen Seil- Länge im Endzustand 4332 mm. Es wurde nun eine Über-
dreiecken, ein stabiles System darstellte. spannung gewählt, die den Abstand der Knoten im unte-
Der Montageplatz am Aufstellort war eingeschränkt. ren Dreieck auf 4316 mm stellte, so daß beim Einbau die
In unmittelbarer Nähe führte zudem eine Seilbahn vor- Länge von 4326 mm zur Passung der Bohrungen durch ein-
bei. Man hat sich deshalb dafür entschieden, die einzelnen faches Ablassen der Pressen erreicht werden konnte.
Elemente neben dem eigentlichen Aufstellort auf einem Die Ergebnisse im Zustand B wurden später mit dem
eigenen Montagerahmen vorzumontieren und dort vor- Zustand während der Montage verglichen und somit eine
zuspannen, um sie dann auf das vorbereitete Fundament, Kontrolle der Vorspannung ermöglicht. Im Zustand C ent-
resp. auf die bereits montierten Elemente, zu heben und standen die höchsten Kräfte im Spannrahmen, die für des-
zu verbinden. sen Bemessung maßgebend waren.
Nach der Errichtung der unteren Turmhälfte wurde Die Montageberechnung diente auch zur Ermittlung
der obere Teil zunächst auf einem Hilfsfundament neben der Toleranz-Empfindlichkeit der Konstruktion. Es wurden
dem Turm montiert, um mit möglichst kleinen Kränen aus- Längenfehler in verschiedene Bauteile ,eingebaut‘ und die
zukommen. Zuletzt wurde dann mittels eines 170-t-Krans Auswirkungen überprüft: 1 mm Längenfehler der Diagonal-
die obere Hälfte auf die untere Hälfte gehoben und mit- seile bedeuten 10 % Änderung der für die Konstruktion so
einander verschraubt (Bild 9). lebenswichtigen Vorspannung, wobei Abweichungen nach
oben und unten gleichermaßen unerwünscht waren.
4.2 Montageberechnung
Die Elementbauweise erforderte eine genaue Berechnung 4.3 Montagedurchführung
der Montagezustände, da jedes vorgespannte Element einen Die Art der Konstruktion und deren geforderte Präzision
eigenen Spannungszustand aufwies. Für jedes Element wur- waren für den, jedenfalls für ein Bauvorhaben dieser Größe,
den drei geometrische Zustände untersucht: enormen Aufwand an Herstell- und Montagehilfen ver-
– Zustand A: für den spannungslosen Zusammenbau antwortlich. Die erforderliche Ankerlehre für das Setzen
– Zustand B: bei 100 % Vorspannung (Bild 10a) der 12 Zuganker im Fundament war dabei noch die ein-
– Zustand C: bei der die Verbindung mit dem unteren Ele- fachste Aufgabe.
ment möglich war (Bild 10b). Die Vormontage der Twistelemente benötigte einen
Die Größe der Überspannung im Zustand C ergab sich aus Montagerahmen, der es erlaubte, die bis zu 4 t schweren
dem Dehnungszustand der oberen Horizontalseile, die für Einzelteile sicher abzustellen, bis die für die Standsicher-
die volle Vorspannung verkürzt gefertigt wurden, aber vor heit erforderliche Vorspannung aufgebracht werden konnte.
der Kopplung mit dem aufgesetzten Element nur die halbe Drei 8 m hohe A-Böcke dienten als Auflager für die schräg
Vorspannung des Endzustands (also nur die halbe Deh- im Raum liegenden Druckstützen (Bild 11).
a) b)
Bild 10. Normalkraftverlauf eines Elements bei a) 100 % Vorspannung und Bild 11. Hilfsabstützung der Druckstäbe
b) im überspannten Montagezustand beim Zusammenbau
Fig. 10. Axial forces of one segment for a) 100 % pre-stress and b) in the over-stressed Fig. 11. Temporary support of the com-
78 state of erection pression members during pre-assembly
5 Schlußbetrachtung
Am Bau Beteiligte:
Bauherr: IGA Rostock GmbH
Bild 13. Einheben der oberen auf die untere Turmhälfte
Fig. 13. Lifting the upper part of the tower to the lower part
Generalplanung und Architektur: von Gerkan, Marg
und Partner, Hamburg
Entwurf und Tragwerksplanung: Schlaich Bergermann
Eines der für die Montage wichtigsten Werkzeuge stellte und Partner, Stuttgart
der 3fach benötigte Spannrahmen dar. Drei 100-t-Pressen Prüfingenieur: Windels, Timm &
waren erforderlich, um die Zugkräfte in die Elemente ein- Morgen, Hamburg
zuleiten. Dazu mußte das Element seine Geometrie ver- Bauausführung: MERO GmbH & Co.
ändern können, um die kraftlose Vormontage der Seile KG, Würzburg
zu ermöglichen. Drei sternförmig angeordnete Gewinde-
stangen M 56 10.9 wurden zur Übertragung der maxima- Literatur
len Vorspannkräfte benötigt.
Die Montage vollzog sich gemäß der Montageplanung [1] Schlaich, M.: Der Messeturm in Rostock – ein Tensegrity-
(Bild 12). Bisher unerwähnt blieb eine 15 m hohe Edel- Rekord. Stahlbau 72 (2003), H. 10, S. 697–701.
[2] Abnahmezeugnis 3.1.A für Spiralseil ∅ 75 mm VVS-4, Baremo
stahl-Nadel, die in das oberste Seildreieck gestellt wurde
GmbH, Romanshorn/CH, Juni 2003.
und den Turmabschluß bildet (Bild 13).
Abschließend wurde der Turm vermessen, um Gerad- Autoren dieses Beitrages:
heit (Begrenzung der Abweichung auf 1/1000 = 50 mm) Dr.-Ing. Herbert Klimke und Dipl.-Ing. Sören Stephan, MERO GmbH &
und die Geometrie des Turms (Knotenkoordinaten) zu über- Co. KG, Max-Mengeringhausen-Straße 5, 97084 Würzburg; Dipl.-Ing.
prüfen. Reiner Essrich, IF Ingenieurgemeinschaft Flächentragwerke, Reichenau
79