liche möglich“ (ebd. 433). Und so wird deutlich, daß der „norma-
tive“ Charakter des Seins, der sich zunächst aus der Analogie zum „MYSTERIUM LUNAE“
personalen Sein für den ganzen Bereich des Seienden nahelegte, EIN BEITRAG ZUR KIRCHENTHEOLOGIE DER VÄTERZEIT
nur dann als begründet gelten darf, wenn die überempirischen Tat- VON HUGO RAHNER — INNSBRUCK
sachen der Realordnung und deren transzendente Ausrichtung auf Ergo annuntiavit hına mysterium Christi,
das absolute Sein als Ursprung und Bestimmung alles Innerweltlichen (Ambrosius, Exameron IV 8, 32)
eine befriedigende Deutung erfahren haben. In einer weiteren Be-
trachtung über das Problem von Seinsordnung und Freiheit durch Die altkirchliche Theologie von der Kirche und ihren Bezieh
ungen
Transzendenz wird, was hier vorerst als allgemeine ontologische zu Christus, Gnade und Auferstehung spricht sich nicht
nur dort
Charakteristik herausgestellt wurde, seine entscheidende Vertiefung aus, wo die Kirchenväter bewußt und unmittelbar, gleich
sam in
erfahren können. Thesen, von der Kirche sprechen. Das Tiefste und meist auch
das
Köstlichste der alten Kirchenlehre ist in der Verhüllung einer
sich erst auf der Stufe des absoluten Wissens; „der sich begreifende Begriff ist sym-
bolischen Theologie geborgen,einerallegorischen Spekulation,
das erfüllte Sein, das Sein als die konkrete, ebenso schlechthin intensive Totalität“ deren
Anfänge meist noch über. den Beginn der alexandrinischen
(ebd. III. Abschnitt, 3. Kapitel: die absolute Idee, 352). Es ist durchaus meta. Schul-
physischer Natur, die Vereinigung des Unendlichen mit dem Endlichen, des Un- theologie zurückreichen. In der ersten Berührung der theolog
isch
bedingten mit dem Bedingten. Allerdings, und darinliegt der entscheidende Unter- reflektierenden Schrifterklärung mit der Gedankenwelt der
helleni-
schied zu Bl., ist bei Hegel das Konkrete des absoluten Wissens für uns auf stischen Religiosität haben sich Ideen entzündet, die, gehegt
dem und
Standpunkt der „Wissenschaft“ erreicht. Davon kann bei Bl. nach allem nicht glühend erhalten von der Schule Alexandrias und von den
Gestal-
die Rede sein. Zwar hat bei ihm das Denken Gottes, die „Pensee pure“, weil
es tern des Abendlandes, Ambrosius und Augustinus, heute noch
im Liebeswollen des „Pneuma“ das Einzelne schafft, eine Erkenntnis des Ein-
bren-
nend oder seltsam schwelend weiterleben. Um die
zelnen. Aber dies Erkennen Gottes ist uns wesentlich unzugänglich, nie wie bei
patristische
Kirchentheologie in ihren Tiefen und Schönheiten zu erfasse
Hegel immanentes Ziel der Weltentwicklung. Ist, wie oben gesagt wurde, das n und
für die heutige Theologie fruchtbar zu machen, gilt es deshalb
Konkrete der Blick Gottes in unser Sein, so behauptet Hegel geradezu, daß die , sie
vorsichtig aus dieser umhüllenden Symbolik herauszulöse
Wissenschaft „in der Idee...“ „im Verhältnisse des göttlichen Erkennens n; das heißt
aber: zu versuchen, die kraftvoll markanten Grundüberzeu
zur Natur“ sei (ebd. 352). : (Schluß folgt.) gungen
von Kirche, Gnade und Auferstehung in ihren Zusammenhä
ngen so
herauszuarbeiten, wie sie als die alle Symbolik gestaltende
Kraft
schon vor der allegorisch bildzeugenden theologischen Poesie
der
Kirchenyäter vorhanden waren. Denn vor aller Leibbildung
ist die
Entelechie und vor aller symbolischen Bildgestaltung ist
die Idee:
in unserem Fall die in der lebendigen Verkündigung fortgez
eugte,
aus dem schriftlichen Niederschlag nur zu erahnende und unter
dem
Kleid der Symbolik zu ertastende dogmatische Tradition vom
Wesen
des Mysteriums, das da ist: Christus und die Kirche,
Wir haben früher schon versucht, in der Arbeit über die „Got-
tesgeburt“ ein solches Stück Kirchentheologie in seinem geschic
ht-
lichen Werden zu umreißen?). Damals ging es darum, das
Myste-
rium zwischen Christus und der Kirche in dem von den
Vätern
geliebten Gedanken zu erfassen, daß die Kirche die mütterliche
Ge-
bärerin des mystischen Christus ist. Wie wir es damals
verspra-
chen?), soll nun in dieser Weiterführung und Entfaltung der gleichen
‚Grundgedanken gezeigt werden, wie sich die patristische
Kirchen-
‘) Die Gottesgeburt. Die Lehre der Kirchenväter von der Geburt
Christi im
Herzen der Gläubigen: ZkTh 59 (1935) 333418,
?) Ebd. 361, Anm, 46,
31-394, E-@2
„Mysterium Lunae“ " 313
312 H. Rahner
zwischen ist. die großartig einfache Grundmelodie der gewaltigen und zu-
dogmatik das Verhältnis zwischen Kirche und Christus, gleich entzückenden Musik, die wir die patristische Mondtheologie
Fleischauf-
Kirche und Gnade, zwischen Kirche und endzeitlicher
t hat. Um diese Gedan ken darzust ellen, griff die nennen könnten, und die einst Augustinus beschließen wird,
ersteh ung gedach
üm- indem er sagt: ex ea caelesti creatura sicut eu mulia terrestri sacra-
altkirchliche Theologie in der selbstsicheren und darum unbek
eferung ge- mentorum figurae ad informationes mysticas adsumuntur®).
merten Kraft ihrer aus Schrift und’ apostolischer Überli
nsüber zeugun g zu Bilder n und Vergle ichen, die der Drei Hauptgedanken lassen sich, ohne daß wir in nachträglich
bildeten Glaube
tung und noch viel: mehr der Wissen schaft und systematisierendem Zusammenfügen der Grundstruktur Gewalt an-
naiven Naturb etrach
waren, tun, aus der Gedankenfülle der lunaren Kirchentheologie heraus-
Frömmigkeit der späthellenistischen Umgebung entnommen
deren Bedeu tung wir also nicht voll er- lösen, und sie gründen in der von griechischem Geist erdachten
deren Symbolkraft und
wenn wir nicht den Versuc h wagen , diese Welt von Symbolik des himmlischen Geschehens zwischen Helios und Selene.
fassen können ,
Kirche Selene ist sterbend, zeugend, strahlend. Sterbend in der Finsternis
Anregungen, an der sich das theologische Denken der alten
quasi confric atus incales cit würde der neumondlichen Begegnung mit dem Bräutigam, mütterlich leben-
gleichsam rieb und so entzündete —
) —, zu rekons truier en. zeugend in ihrem aus dem Tod des Neumonds emporwachsenden
Gregor der Große sagen?
nten Erleuchtetwerden, strahlend in ihrem immer wieder neu erreichten
Gottesahnung und Poesie haben sich seit Urzeiten am gestir Vollmondglanz. An der Sichtbarkeit dieses himmlischen Lichtes
l entzün det. Die „Unbes iegte Sonne“ und die lieblic he, „tau-
Himme und seines geheimnisvollen Geschickes, an der Fülle der von Helios
ihre
spendende Luna“ waren in den Zeiten, da die ersten Väter und Selene redenden hellenistischen Weisheit haben die Väter der
en, nicht nur in einer unüber -
Kirchentheologie zu formen begann Kirche ihren Geist entzündet und das in Helios und Selene sich
ümlich en Denken s, sonder n auch in der astro-
sehbaren Fülle volkst abbildende Mysterium „Gott und Mensch“ in seiner christlichen
logischen Weisheit Alexandriens und in den synkretistischen Ge- Einmaligkeit, das heißt in dem Mysterium „Christus und Kirche“
n In-
bilden der hellenistischen Frömmigkeit Gegenstand des regste dargestellt. Für sie ist die Kirche die Braut, die da „schön ist wie
ende Spekul ieren der älteste n Kirche ,
teresses. Das schüchtern anheb der Mond“, an der sich das Geheimnis des Bruders und Bräutigams
des biblis chen Sechst agewer ks und den geheim -
die mit den Texten vollzieht: eine pneumatische Wirklichkeit, für die der Schöpfer in
, ließ sich von
nisvollen Worten der Psalmen in diese Welt eintrat
Grund- Sonne und Mond ein hinweisendes Vorbild geschaffen hat.
Anfang an, in der Kraft der bereits geformten dogmatischen Die Kirche ist darum, um den ersten Grundgedanken vorläufig
Myster ium zwisch en Christ us und der Kirche ,
überzeugungen vom
anrege n, in den helleni stische n Speku- zu umreißen, die wahre Selene, die umkleidet ist von dem Licht
von dieser Umgeb ung dazu
en Mond des göttlichen Logos, die aber in einem immer wiederholten Hin-
lationen vom Verhältnis zwischen Sonne und Mond, zwisch eilen der sich bräutlich entäußernden Liebe der Finsternis,. dem
willk ommen e Entfal tung der nur
und fruchtbringender Erde, eine
Schrift stellen und eine allen verstä nd- Altwerden, der Vernichtung ihrer irdischen Sichtbarkeit entgegen-
geheimnisvoll andeut enden
n Myster ien zu erblick en. Nicht als ob geht, um gerade in dieser liebenden Vernichtung der tiefsten Ver-
liche Ausleg ung der eigene
kengänge einigung mit dem Bräutigam teilhaft zu werden. Hier sprechen
durch dieses selbstsichere Übernehmenhellenistischer Gedan die Kirchenväter Gedanken zu einer Todestheologie der sichtbaren
des genuin Christ lichen verzei chnet
auch nur eine einzige feine Linie Kirche aus, die — losgelöst von der umhüllenden Symbolik, die
im Gegente il, gerade die Unbekü mmerth eit, mit der
worden wäre: nur im Licht der hellenistischen Astralmythologie verständlich wird,
versuc hte, zeigt
man das Eigene durch Übernommenes auszudrücken — zu ihren tiefsten Spekulationen über die Kirche gehören. Wir
Da-
an, wie sehr man sich des Eigenen bewußt und sicher war.
uns in die verwir rend reiche Welt der überschreiben diesen Teil mit dem Wort: die sterbende
rum ist der erste Satz, der
der urchris tlichen Hexae - Kirche. °
patristischen Kirche ntheol ogie einführ t, in
, Sonne und Mond, Die Kirche ist zweitens die von göttlicher Zeugungskraft er-
meronexegese ausgesprochen: „Diese Lichter
näm- füllte lebengebärende Mutter. Wie Selene in der Kraft der im
sind Träger und Bilder eines großen Mysteriums. Die Sonne Synodos mit Helios ‘erlebten Vernichtung zur Mutter der lebendigen
,.der Mond das Bild des Mensc hen“ *). Das
lich ist das Bild Gottes
Dinge auf Erden, zur gnadenmilden Spenderin des fruchtzeugenden
®) Homil. 11 in Evang. 1 (PL 76,1115 A). Mondwassers, zum nächtlichen Quell des Taues wird, so erhält die
15 (Otto VIH, 8. 100,
%) Theophilus von Antiochien, Ad Autolycum II, ®) Epist. 55,6,11 (GSEL 34, Goldbacher, S, 182, Z. 8f.).
z. 15).
314 H. Rahner „Mysterium Lunae“ 315
in Christus hineinsterbende Kirche gerade in der täglichen Ver- genes®) und Ambrosius’”), bei allen Schülern des alexandrinischen
nichtung ihrer irdischen Sichtbarkeit, in der mystischen Finsternis Geistes, die schon in der Genesis das große Mysterium zwischen
ihrer Vereinigung mit Christus die Kraft zur Zeugung geistlichen Christus und der Kirche vorgebildet fanden: bei CGyrillus von
Lebens, wird zum Quell des geistträchtigen Taufwassers, zur Spen- Alexandrien®), bei Ammonius®) und bei demjenigen, der am Ende
derin des Taues der, Gnade, den sie im nächtlichen Schweigen dieser der griechischen Patristik die Mondtheologie am reichsten entfaltet,
irdischen Lebenszeit ausgießt,, Sie führt so die Kinder, die sie ge- bei Anastasius dem Sinaiten!). Auf der andern Seite wird diese
boren hat, hinauf zur seligen Freiheit in die reinen, ätherleuch- Mondtheologie bewußt verbannt aus der vom Geist Antiochiens ge-
tenden Gefilde, die über dem Mond sind, macht sie frei von aller formten Hexaemeronerklärung, bei Basilius!!) sowohl als auch bei
unter dem Mond herrschenden dämonischen Gebundenheit. Wir Theodoret von Cyrus?2), bei Ps.-Eustathius!®) und Chryso-
überschreiben darum diesen zweiten Teil mit dem Wort: die ge- stomus!®), Es ist für die Herkunft der Mondekklesiologie unge-
bärende Kirche. mein bezeichnend zu sehen, wie Ambrosius, der doch sonst fast
Die Kirche wandelt so durch die Nacht und durch die Zeit ihres wörtlich aus Basilius schöpft, seine noch jetzt deutlich abhebbaren
Wachstums hinauf zu dem Tag, wo alles Sterben und Pilgern auf- allegorischen Stücke mit den tiefsinnigen Mondspekulationen, aus
hört und das Psalmwort gilt: donee auferatur luna. Wie Selene ganz anderer Quelle schöpfend, einschiebt!5), Augustinus, dem
in verhaltener und immer neu sich aufschwingender Leidenschaft dann alles zuzuschreiben ist, was im lateinischen Mittelalter sich
um Helios kreist und ihr Sterben sich immer neu wandelt zu der an Spuren der altkirchlichen Mondtheologie findet, wandelt ganz
Erfülltheit ihres vollmondlichen Glanzes, so ist die Kirche Vorbild
und Angeld der kommenden Auferstehung des Fleisches, und sie °) Origenes, Homil. in GenesimI, 5-7 (GCS Origenes VI, Bährens, $. 7—10).
wird einst sein die verklärte Einheit des verherrlicht auferstehenden ‘) Ambrosius, ExameronIV, 1,1 bis 9,34 (CSEL 32,1, Schenkl, $. 110—140).
Menschengeschlechts, das Leuchten des geistigen Vollmondglanzes °) Vgl. dazu das tiefsinnige Kapitel der Einleitung zu den Glaphyra in Gene-
am neuen Himmel. Wir überschreiben deshalb diesen dritter sim (PG 69,13 ff).
Teil mit dem Wort: die strahlende Kirche. °) Dieser Ammonius, dessen Hexaemeronkommentar uns nur noch aus
Anastasius Sinaita bekanntist, darf nicht mit dem alexandrinischen Scho-
Die Kirche sterbend, gebärend, strahlend; die Kirche als Braut,
liasten Ammonius verwechselt werden (vgl. PG 85,1361 ff.). Der jüngere Ammo-
Mutter und Königin; die Kirche in ihren Beziehungen zu Christus,
nius war der Gedankenvermittler zwischen Cyrillus von Alexandrien und dem
Gnade und Fleischauferstehung: das ist, herausgelöst aus der Sym- Sinaiten Anastasius; vgl. PG 89,860 C und Bardenhewer, Geschichte der altkirchlich.
bolik der Mondtheologie, der Inhalt der patristischen Kirchendog- Literatur IV, 86.
matik, die. nun entfaltet werden soll. Darin liegt, so will uns '%) In Hexaemeron & ‚(PG 89,889—914).
scheinen, zugleich auch der Ertrag dieser Untersuchungen für eine ) Homiliae in Hexaemeron IX, homil. 6 (PG 29,117—148),
Bereicherung unserer heutigen Theologie von der Kirche. 12) Quaestionum in Genesim Interr. 14—15 (PG 80,93 £.).
Bevor wir jedoch beginnen, die drei Grundgedanken darzulegen, *) Comment, in Hexaenıeron 4 (PG 18,717—724).
ist es notwendig zu zeigen, wo der geistige Bereich liegt, dem wir “) Homil. in Genesim 6 (PG 53,54—61). — Sermones in Genesim 2 (PG 54,
586—590). .
die patristische Mondtheologie entnommen haben.
*®) Die mystisch-allegorischen Zusätze, die Ambrosius ohne Zweifel der ale-
Wir sagten bereits, daß sich diese Theologie ausgebildet hat in xandrinischen Tradition oder den Werken Hippolyts entnahm, und die hier in
der gedankenzeugenden Berührung zwischen urchristlicher Schrift- Betracht kommen, sind vor allem: Exameron IV, 27B (CSEL 32,1, Schenkl,
erklärung und der teils volkstümlich, teils gelehrt geformten helle- S. 115, Z. 4ff.) und IV, 5,22 (S. 128, Z. 18ff.). Bei Basilius haben die Mond-
nistischen „Mondfrömmigkeit“. In diesen beiden Quellgebieten müs- phasen (mit Berufung auf Sir 27,12) nur die symbolische Bedeutung auf die
sen wir also die Ursprünge der später so reich entfalteten Mondtheo- Veränderlichkeit des menschlichen Lebens hin (Hom 6,10; PG 29,141 CD). Bei
logie suchen. Zunächst in der urchristlichen Schrifterklärung. Das Ambrosius wird das zwar übernommen, aber in eine mystische Theorie um-
gewandelt (IV, 8,31; S. 137, Z. 1ff.). Ja, Ambrosius wendet ein unmittelbar aus
Wort aus der Hexaemeronerklärung des Theophilus von Antio-
Basilius entnommenes Wort, das dort einzig die Aufforderung zu eingehender
chien zeigt den Weg zu erstem Einstieg: in der Tat ist die Exe-
geistiger und über die sinnliche Wahrnehmung hinausgehender Mondbetrachtung
gese des Sechstagewerks in der ganzen patristischen Zeit der ge- enthielt (Hom. 6,11; PG 29,145 A) mit kühner Geste auf den geheimnisvollen
gebene Anlaß geblieben, die Theologie von Christus der Sonne und Sina des in Luna verborgenen grande mysterium an: noli ergo Lamam oculo tui
von der Kirche als der geistigen Luna zu entfalten. So bei Ori- corporis aestimare, sed mentis vivacitate! (S. 137, Z. 18£.).
316 H. Rahner, „Mysterium Lunae“ I. Die sterbende Kirche 317
in den Bahnen des Ambrosius!), wenn er auch in der „wörtlichen logie befestigt durch die seit Origenes und Hieronymus festgelegte
Genesiserklärung“1") kaum Platz zu haben scheint für solch östliche Erklärung des Wortes „Jericho“ als „Mond“ 2%).
Allegorese. Aus diesem Überblick wird indes deutlich, daß sich die reiche
Von da aus bildet sich nun, greifbar wiederum in der Schule Theologie der Väter über die Kirche als geistige Luna unmöglich
von Alexandria, ein bestimmt umrissener Kanon von Schriftstellen an den Worten der Schrift allein entzünden konnte. Im Gegenteil:
aus, die man zur Erklärung des aus der Genesisinterpretation ent- der „Schriftbeweis“, den man aus diesen Worten formte, setzt die
nommenen Mysteriums zwischen Christus und Kirche beizieht. Bei Herkunft einer ausgebildeten Symbolik bereits voraus, und diese
Augustinus sind sie, am Ende der Entwicklung, klassisch zusammen- kann nur aus der hellenistischen Gedankenwelt erklärt werden.
gefaßt 1%), aber schon bei Origenes’*) können wir feststellen, wie Wir schicken darum den drei Kapiteln unserer Untersuchung je-
diese Worte, aus den Psalmen vor allem, schulgemäß und offen- weils einen gedrängten, nur das Bezeichnendste herausgreifenden
bar in Kraft einer Tradition, zur Erklärung herangezogen werden. Umriß der antiken Anschauungen voraus, die wir vorhin mit „Mond-
Es sind aus den Psalmen die Stellen, die in der Übersetzung der frömmigkeit“ bezeichneten. Erst so wird es uns möglich sein, die
LXX auch für die lateinische Patristik maßgebend geworden sind: erhabene Symbolik der Kirchenväter zu verstehen und mit Ambro-
Ps 10,2: froinacav BEAn eig papeıpav Tod xararogedoaı Ev 0xo- sius auszurufen: „Wahrlich, selig bist du, o Mond, der du solcher
Tonnvm... Bedeutung würdig warst. Selig preise ich dich, nicht wegen deiner
Ps 71,5.7: xal ouunapayevei th N\lp xal npd tg oeAvng yeveäs Neumonde, sondern weil du Typus der Kirche bist“ 23),
yeveßv... al nfdog eiprivng Eng od dvravampesfi fi ceAnvn.
Ps 88,38: xal ds fi oeArvn xarnpriguevn eig tov aldva. L
Ps 103,19: &noinoev oeArvnv eig xaıpove, 6 flog Eyva tiv dooıv
. DIE STERBENDE KIRCHE
adrod,
Ps 120,6: Nuepag 6 fAıog od Gvyxadoeı oe, oddEI} geAvn zhv vunTe, Fecit Lunam in tempora. Intelligimus
Ps 135,9: chv oeArvnv xai rd Aorpa eig &Bovolav fc vuxtög. spiritualiter Ecclesiam crescentem de mi-
nimo et ista mortalitate vitae quodam-
Dazu kommennocheinige andereStellen, die traditionsgemäß immer
'modo senescentem: sed ut propinquet ad
wieder auftauchen, wenn die Väter auf die Theologie der Kirche
a Solem !
zu sprechen kommen. Augustinus sagt einmal ausdrücklich: Sunt (Augustinus, Enn. in Ps. 103, 19).
et alia testimonia scripturarum, quae nobis ingerunt per commemora-
tionem lunae Eeclesiae significationem®). Dazu ‘gehören vor allem Die Kirche ist das Mysterium, in dem sich das Lebensgesetz des
drei: Cant 6,10: xaAtı &g ceArivn, &xkexch &g 6 fillog und, wie fleischgewordenen Logos irdisch sichtbar nachvollzieht: die Ver-
zu erwarten ist, die apokalyptische Vision der Frau am Himmel, nichtung, aus der die Verherrlichung geboren wird. Sie ist die
die den Mond zu ihren Füßen hat: Ap 12,1: xal r\ oeArvn bmo- immerfort Sterbende, aus deren Tod sich das Leben zeugt in jung-
xiroo ray nodßy adräg?). Endlich Sir 97,12: 6 de äypuv &s
fräulicher Fruchtbarkeit. Darum haben die Väter in den Gesetzen,
seAnvn Aorodrcı, eine Stelle, die ihren Platz in der Mondtheo-
22) Vgl. Hieronymus, De nominibus hebraieis (PL 23,795 u. 841); Brevia.
16) So vor allem in seiner Lunartheologie der Enarrationes in Psalmos, die rium in Ps. 136 (PL 26,1230). Sodann auch Augustinus, En. in Ps. 60 (PL 36,
wir später genau darlegen werden. Ebenso in dem Brief 55 ad Januarium. 728); En. in Ps. 88 (PL 37,1134). — Primasius, In Epist. ad Hebr. Comment.
17) De Genesi ad litt. II, 13—18 (CSEL 28, Zycha, $. 51-62). 11 (PL 68,769).
18) Tpist, 55,6, 10 (CSEL 34, Goldbacher, S. 180). 2%) Exameron IV, 8,32 (CGSEL 32,1, Schenkl, $. 138, Z. 20f.): beata plane,
19) So etwa im Johanneskommentar VI, 55 (GCS Origenes IV, Preuschen,S. 164, quae tantum insigne merwistil Unde te non tuis numenüs, sed typo Ecelesiae
Z. 20f.), wo Ps. 71,4. 5 bereits auf die Kirche gedeutet wird.
beatam dixerim. In illis emim servis, in hoc diligeris. — Dieses letzte Wort des
®0) TEpist, 55,6, 10 (CSEL 34, Goldbacher, S. 181, Z. 1214). Ambrosius deutet tiefsinnig an, was im folgenden entfaltet werden soll: daß die
2) Die Geschichte der Auslegung der apokalyptischen Vision c. 12 auf die Vernichtung des Mondlichts im Neumond für die wahre, die geistige Selene, die
Kirche ist bereits in der Arbeit über die „Gottesgeburt* dargelegt worden. Für Kirche, nicht mehr notwendiger Zwang, sondern Erweis des Geliebtwerdens durch
die Mondtheologie wurde von maßgebender Bedeutung, was Methodius von den Bräutigam ist. Die Übersetzung, die Niederhuber (BKV* AmbrosiusI, S. 163)
Philippi aus dem zwölften Kapitel der Apokalypse herauslas. Darüber ein- gibt, verflüchtigt demnach den Sinn des Wortes: „In erster Beziehung bist Du
gehend im zweiten Teil dieser Arbeit. ia nur unser Diener, in letzterer unser Liebling.“
318 H. Rahner, „Mysterium Lunae“ TI. Die sterbende Kirche 319
nach denen sich unveränderlich das geheimnisvolle Sterben und Wir zeigen damit zugleich auch, in welchem Ausmaß antike Ge-
Neuerleuchtetwerden des Mondes vollzieht, ein tiefes Symbol der danken in den kirchlichen Denkformen weiterleben und wie sie
Lebensgesetze der Kirche gesehen. Auch sie wird erleuchtet vom wohl für die bildhafte Ausgestaltung dieser Gedanken, in
keiner
Licht der ewigen Sonne, aber immerdar stirbt sie, wird greisenhaft Weise aber für den Gedankeninhalt selbst von Bedeutung gewor-
und erlischt — um eben so sich in bräutlicher Liebe dem gött- den sind.
lichen Helios entgegenzuschwingen: sed ut propinguet ad Solem.
Um die Gedankenwelt, in der die patristische Theologie lebte, 1.
wieder lebendig zu machen, müssen wir daher erst zeigen, wie man In der Philosophiae Consolatio stimmt Boethius einen
erhabenen Gesang
sich in dem naturwissenschaftlichen und frommen Denken der Spät- an zum Preis des gestirnten Himmels, in dem wie in einem
heiligen Echo noch
einmal ausgeprochen wird, was die Antike seit den Vorsokratikern
antike das Verhältnis zwischen Helios und Selene dachte. Wir und seit Ari-
stoteles vomVerhältnis zwischen Helios und Selene zu sagen wußte:?)
greifen aus der verwirrenden Fülle der hellenistischen Mondmytho-
logie jene Gedanken heraus, die nachweisbar ein Weiterleben in O stelliferi conditor orbis
der patristischen Spekulation gehabt haben oder doch für ‚diese qui perpetuo nizus solio
Vätertheologie und ihr Verständnis grundlegend geworden sind!). rapido caelum turbine versas
nn rss legemgue pati sidera cogis,
|
') Es seien hier nur diejenigen Untersuchungen vermerkt, die entweder aus ut nunc pleno lucida cornu
drücklich zur Verwendung kamen oder deren Forschungsergebnisse unmittelbar totis Fratris obvia flammis
zum Verständnis der patristischen Mondtheologie beitragen. In fast allen diesen eondat stellas Luna minores,
zu nennenden Werken wird indes dem Weiterleben der antiken Lunargedanken nunc obscuro pallida cornu
in der christlich-antiken Literatur kaum Beachtung geschertkt. Das Hauptwerk Phoebo propior lumina perdat.
ist immer noch: W. H. Roscher, Selene und Verwandtes. Mit einem Anhange Selene ist mit ihren auch dem einfachsten Naturdenken auffallenden Phasen
von N. G. Politis über die bei den Neugriechen vorhandenen Vorstellungen vom und
ihrem stets sich wiederholenden Reigen um Helios immer, wie einmal
Monde (Studien zur griech. Mythologie und Kulturgeschichte 4), Leipzig 1890. — Plinius.
sagt, den ingenia contemplantium heilig gewesen‘). Das griechische Denken
Dazu: Nachträge zu Selene und Verwandtes, Leipzig 1895. — Reicher an Ver- hat,
ohne Zweifel als Erbe vorgriechischer Religiosität, Selene als weibliches
weisen und Bildmaterial sind sodann die Artikel in: W. H. Roscher, Mytho- Gestirn
aufgefaßt und später hat man sie Braul und Schwester des Helios
logisches Lexikon II, 3119-3200 (Mondgöttin); IV, 642—650 (Selen e) genannt. Das
Licht des Mondes ist, wie die tägliche Naturbeobachtung zeigte, milder,
1, 558—608 (Artemis von Th. Schreiber) und I, 1885—1910 (Hekate). — gleich-
sam mütterlicher als das der brennenden Sonne und ist darum für das
Die neueste Forschung zusammenfassend: die Artikel in der Realenzyklopädie der Gedeihen
der wachsenden Natur von hoher Wichtigkeit. In feinsinniger Natursymb
klassischen Altertumswissenschaft von Pauly-Wissowa-Kroll: Bd. IIA,1 (1921) olik
bezeichnete man deshalb das Licht der Selene als weiblich, als gütig und
1136—1144 (Selene von F. Schwenn); Bd. XIII, 2 (1927) 1808-1811 (Luna mütter-
lich. Schon Empedokles hat ein Wort geprägt, das die Griechen
von G. Wissowa); Bd. XVI, 1 (1933) 76—105 (Mond von W. Gundel); ebd. nicht ver-
gessen haben, wie uns Plutarch beweist, der es uns aufbewahrt
hat:*)
107—113 (Mondgottheit von E. Wüst); Bd. II, 1 (1896) 1336—1440 (Arte- "Hirog &EuBeAhs 18’ Mdsıpa ZeArwn.
mis von K. Wernicke); Bd. VII, 2 (1912) 2769-2782 (Hekate von J, Hecken- Hier klingt in dem Wort Adeıpa sowohl iAap6s als auch Maoc
bach). — Dazu seien als besondersförderlich noch genannt: F. Boll-A. Bezold, mit, das Licht.
des Mondes ist also, im Gegensatz zu den scharfen
Geschossen des Helios-
Sternglaube und Sterndeutung (3. Auflage, besorgt von W. Gundel), Leipzig lichtes, heiter und gütig und leuchtend zugleich,ist, wie man neuestens
1926 (Aus Natur und Geisteswelt 638). — H. Greßmann, Die hellenistische übersetzt.
Gestirnreligion, Leipzig 1925 (Beihefte zum Alten Orient 5), — F. Boll, Die Er- ligionsgesch. Unters. zur Urgeschichte des antiken Weltbilds.
forschung der antiken Astrologie: Neue Jahrbücher f. d. klass. Altertum 11 (1908) 9 Bde, München
1910. — Troels-Lund, Himmelsbild und Weltanschauung
1045, — 3. Röhr, Beiträge zur antiken Astrometereologie: Philologus NF 37 im Wandel der
Zeiten. Autorisierte Übers. von L. Bloch. 5. Aufl, Leipzig
(1928) 259 ff. — F. Cumont, Die orientalischen Religionen im römischen Hei- 1929.
”) Philosophiae Consolatio I, m. V, Z. 1-9 (GSEL 67, Weinberg
dentum, 3, Aufl., Leipzig 19%1. — F. Cumont, Le mystieisme astral dans l’an- er, S. 13,
Z. 2%—S. 14, Z. 4). Nach I. Galdi (Bollettino di Filologia
tiquite: Bulletin de l’"Acad&mie royale de Belgique, Classe des lettres 5 (Brüssel classica [Turin] 36
[1929] 129) ist Boethius hier von der mystischen Kosmolog
1909) 256 ff. — P. Gapelle, De luna, stellis, lacteo orbe animarım sedibus ie des Poseidonios
abhängig.
(Diss.), Halle 1917. — E. Pfeiffer, Studien zum antiken Sternglauben, Leipzig
1916 (Stoicheia 2). — K. Reinhardt, Kosmos und Sympathie, Leipzig 1926. °) Nat. hist. II, 9, 41 (Mayhoff I, S. 139, Z. 7).
— W. Kroll, Die Kosmologie des Plinius: Abhandl. d. schles. Gesellschaft £. *) Diels, Fragmente der Vorsokratiker (bier mit VS* zitiert),
91 B40; Plu-
vaterl. Kultur 3 (1930) 1ff, — R. Eisler, Weltenmantel und Himmelszelt. Re- tarch, De facie in orbe Lunae 2 (Bernardakis V, S. 403, Z.
10).
320 - H. Rahner, „Mysterium Lunae“ I. Die sterbende Kirche, 1. Antike Voraussetzungen 321
hat, „gnadenreich‘®). Selene ist nach Aristoteles eine „geringere Sonne“ ®), nun zum Verständnis der patristischen Gedankengänge von Bedeutung, daß sich
eine „schwächere Sonne“ nach Theophrastos'). Diese Auffassung von dem die Ansicht, der Mond werde von der Sonne erleuchtet, immer mehr durchsetzt.
„weiblichen Licht“ des Mondes ist bei den Stoikern Schultradition geworden und Maßgebend war Platon, der im Kratylos dem Anaxagoras als dem ersten diese
so in die fromme Populartheosophie der Zeitenwende übergegangen, in der man - naturwissenschaftliche Meinung beilegte: 8 &xeivos vemori EAeyev dt fi oekıjvn
Selene verehrte als das Gestirn mit dem weiblich milden und mütterlich frucht- and tod fMov Eyeı Td Pc!) Noch Hippolyt von Rom faßt die Mondlehre
baren Licht, das die männlich kraftvollen Strahlen des Helios aufnimmt und des Anaxagoras treffend zusammen: „Der Mond hat kein eigenes Licht, sondern
liebevoll gemildert weitergibt an die Erde: debiles namque et magis femineos er erhält es von der Sonne“), Jedenfalls konnte der Versuch des Berossos,
emittens splendores necnon serenos aut rore praeditos optime lactat enutriendo den Mond und seine Phasen mit der Hypothese zu erklären (auf die, wie es
et adaugendo sagt Philon in seiner Schrift über die Vorsehung®). Und Apu- scheint, noch Augustinus anspielt)‘°), der Mond sei eine Kugel, die halb feurig,
leius betet zu Luna: ista luce feminea conlustrans cumcia moenia et umidis halb dunkel ist und in ihrer Umdrehung uns das Schauspiel der Mondphasen
ignibus nutriens laeta semina et Solis ambagibus dispensans incerta Tumina°). darbietet, nicht mehr durchdringen'”). Die Kirchenväter halten lieber dafür —
Noch der späte Neuplatoniker Priskianos nennt das Mondlicht „schwächer schon mit Rücksicht auf ihre Kirchensymbolik, die aber anderseits auch ohne
und darum fruchtzeugender*'%). Selene ist also ein femineum ac molle sidus, eine vorherrschende Meinung von der Sonnenherkunft des Mondlichts nicht ent-
wie Plinius, das antike Denken zusammenfassend, bemerkt '"). standen wäre —, daß Selene ihr Licht von Helios leiht, es gleichsam wie ein
Brautkleid anzieht"®).
Durch diese Vorstellung von dem weiblichen und fruchtbaren Licht des Mon-
des wird nun eine zweite Gedankenreihe gefördert und regt selbst wieder neue Selene wird also erleuchtet von dem stets sich erneuernden Licht des Bruder-
gestirns. Der Reigen, den sie um Helios aufführt, das Nahekommen und das
naturmystische Spekulationen an. Seit den Tagen der Vorsokratiker geht durch
Entferntsein wird in der poetisch gestaltenden Naturphilosophie aufgefaßt als ein
die griechische Wissenschaft und die astralmythologische Frömmigkeit, der leb-
bräutliches Liebesspiel zwischen Helios und Selene. Schon Parmenides hat
hafte Disput darüber, ob der Mond eigenes Licht habe oder von der Sonne er-
leuchtet sei. Noch bei Augustinus wird, als Erbe aus der griechisch den- das in ein wundervolles Wort geprägt, wo er von Selene sagt, sie sei „immer-
kenden Schultradition*?), dieses Für und Wider ausführlich dargelegt"). Es ist S. 97, Z. 8f.), wo als ein Beispiel der üblichen Schulfragen auch der Satz ge-
bracht wird: alieno ex lumine an propriis luceat fulgoribus luna?
5) W. Gundel, RE XVI, 1, Sp. 87, Z. 55 und Sp. 103, S.53f. 4) Augustinus, Epist. 55,4. 7 (CSEL 34, Goldbacher, S. 176, Z. 20-8. 177,
%) De gener. anim. 4,10 (777 b 25£.): ylveraı yüp Sonep äAAog f{Atog &Adrrov. Z. 16). — En. in Ps. 10,3 (PL 36,131—133). — De Genesiad litt. II, 15 (CSEL
Vgl. auch Aristoteles, Meteor. 3,5 (376b 25£.), wo zur Erklärung des Mond- 28, Zycha, S. 57, Z. 9ff.). Zum Weiterleben dieser von Augustinus vermittelten
regenbogens gesagt wird, der Mond sei, im Gegensatz zur Sonne, oöx dei nArpng, antiken Doppelansicht vgl.: Eugippius, Exe. ex operibus Augustini 126 (CSEL
äodeveorepa te riv Ybcıy Bore xpureiv tod &£poc, Ähnlich bereits Anaximenes 9, Knoell, S. 498, Z. 18 £f.). — Isidor von Sevilla, De natura rerum 18 (PL 83,
(VS! 3A 18). Vgl. dazu RE XVI, 1, Sp. 102 (W. Gundel) und J. Röhr, Bei- 990 ff). — Petrus Lombardus, Comment, in Ps. 10,3 (PL 191,148 £.).
träge zur antiken Astrometeorologie: Philologus NF 37 (1928) 259. 14) Platon, Kratylos 409 A; vgl. VS‘ 46 A 75 u. 77.
?) De ventis II $ 17 (Wimmer III, S. 100): olov yäp dotevhs fAıös dor, 15) Hippolytos, Elenchos I, 8,8 (GCS Hippolyt III, Wendland,S. 14, 2. 7 £.)
®) De providentia II, & 77 (Aucher S. 96). Vgl. dazu auch M. Techert, La 7d 52 P&srhv oehrnv ph Ydrov Ayeıv ANAL And oß fAov,
notion de la sagesse dans les premiers siecles de notre &re: Archiv für Philo- 1%) Augustinus, En. in Ps. 10,3 (PL 36,131 f.). Nach Berossos ist Selene
sophie und Soziologie 39 (1929) Heft 1 und 2. — J. Bröhier, Les idees philo- ufrupoc, wie wir aus Kleomedes, Kuxkıt Yenpia nerebpov II, & (Ziegler,
lophiques et religieuses de Philon d'Alexandıie, Paris 1925, S. 119 ff. ‘ Leipzig 1891, S. 180, Z. 22) wissen. Das von Augustinus anschaulich beschrie-
°) Apuleius, Metamorph. XI 2 (Giarratano [1929] 8. 296, 2. 23 ff.; Hilde- bene Kugelexperiment erinnert deutlich an diese Vorstellungen.
brand I, S. 984). — Vgl. auch Plutarch, De facie in orbe Lunae 25 (Bernar- ı) Vgl, dazu RE VI, 2, Sp. 2338, Z. 41ff. (F. Boll) und RE XVI, 1, Sp. 84,
dakis V, $. 456, Z. 9): Öypsrnrog d& noAA& xal InAdenros, Ähnlich bei Ma- Z. 16 ff. (W. Gundel),
erobius, Satumalia I, 17,53 (Eyssenhardt $. 98, Z. 27f£) und Vergilius, *2) Die Kirchenväter bedienen sich ohne Zweifel der im Volk geläufigen Aus-
Georg. II, 337: et saltus reficit iam roscida luma. drücke, wenn sie vom „Anziehen des Sonnenlichts“ sprechen. Vgl. etwa Basi-
1) Priskianos, Solutiones eorum de quibus dubitavit Chosroes Persarım lius, Homil. 6,3 in Hexaemeron (PG 29,124 A): 1d nepixeinsvov Pas Anonte-
Rex qu. 6 (ed. im Anhang der Plotinausgabe von Creuzer und Moser, Paris 1855, pen xal npooAaußavouoa ndlıv. — Ps.-Eustathius, Hexaemeron 4 (PG 18,
s. 571). 717 D): &vdvouevn ydp nos v6 MAıaxdv Yac. Bei Gregor von Nyssa begegnet
411) Plinius, Nat, hist. II, 101,223 (Hayhaft-1, S. 215, Z. 9f.). Ebenso Cor- das bereits von Empedokles (VS? 21A 30) ausgesprochene Bild vom Mond
nutus, Theol. graecae comp. 32 (Lang8. 66, Z. 12—15). als glattem, leuchtendem Spiegel: De anima et resurrectione (PG 46,32f.). Auch
2) Augustinus bemerkt ausdrücklich, er habe diese astronomischen Ge- in der christlichen Apologetik haben die antiken Ansichten über die Herkunft
danken als Knabe in der Schule gelernt: in studiis puerilibus didiei (Epist. 55,4,6; des Mondlichts ein starkes Interesse gefunden. Vgl. Eusebius, Praep. evang.
CSEL 34, Goldbacher, S. 175, Z. 10). Vgl. auch Luer etius, De rerum natura XV, 26 u. 29 (PG 21,1377f.), wo über die divergierenden Ansichten der Vor-
V, 705—736 (Diels); Arnobius, Adv. nationes II, 61 (CSEL 4, Reifferscheid, sokratiker berichtet wird.
22 Zeitschrift für kath, Theologie. 63. Jahrg. 1939.
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322 H. Rahner, „Mysterium Lunae“ I. Die sterbende Kirche, 1. Antike Voraussetzungen 323
dar schüchtern ausschauend nach den Strahlen des Helios“'°), Plutarch hat Einigung mit Helios in täglich schöner strahlendem Licht hervorgeht, dann wird
dieses Wort zitiert, und die spätantike Mondfrömmigkeit, wie sie vor allem bei sie zum mütterlichen Prinzip alles Wachstums. Helios und Selene sind so die
Firmicus Maternus, aus Cicero und Poseidonios schöpfend, ihre Gebetstexte ovvepyol tfis Püceos, von denen Klemens von Alexandrien und Philon sprechen
*°).
geformt hat, spricht gerne von der ehrfüchtigen Scheu, mit der Luna sich unter Selane ist humanırum corporum Mater”), Herrin alles Lebens: x0d Biov xupıo-
die Strahlen des sieghaften Sol beugt, des Bräutigams und Bruders, von dem am”).
das oben erwähnte Gedicht des Boethius noch zu singen weiß: so das Sonnen- Alle diese ursprünglich aus der Lunarmythologie entsprungenen Gedanken sind
gebet des Firmieus, und der Hymnus an Luna: radios luminis quasi Solem nun in der Zeit der Geschichtswende, da die ersten Väter der Kirche ihre Theologie
venerata submittit, ut fraternis ignibus rursus ornata ... renata fulgidi splen- zu formen beginnen, in seltsam buntem Gemisch vereinigt in den Kulten der
doris ac renovata liminis ornamenta circumferat. Tuque Luna, quwae in post- großen hellenistischen Muttergottheiten. Plutarchs Bücher über das „Antlitz
remis caeli regionibus collocata ad genitalium seminum perennitatem menstruis auf der Mondscheibe“ und über „Isis und Osiris“, die theologischen Spekulationen
semper aucta luminibus Solis augusta radiatione fulgescis”‘). des Poseidonios, die Astralmystik im „Traum des Seipio“ und bei Macro-
So wird die Begegnung zwischen Helios und Selene zur obvodoc, mit der bius, bei Apuleius und hei Firmicus Maternus: alle diese Werke und
doppelten Bedeutung des Wortes: Neumond und bräutliche Vereinigung; aus ihr Gedanken zeigen uns, wie im Kult der Allgöttin Isis oder der „Himmlischen*
stammt die zeugende Kraft des Mondlichts. Selene flieht und sucht den Bräutigam : von Karthago eine die Religion des unbesiegten Helios ergänzende Verehrung
xal yüp adıhv chv ZeAfvnv port od ‘HAfov nepınokeiv del xal ovyylyveodaı der lunaren Muttergottheit sich ausdrückt). Dieser lunare Mutterkult der hel-
Speyoueınv An’ adrod zd yovınrarov, sagt Plutarch in tiefsinniger Naturmystik ?').
Schon Aristoteles hatte, ohne es in seinem naturwissenschaftlichen Denken Syuodos mit Helios, ihr Tod in der Finsternis des Neumonds wird in der volks-
zu wollen, dieser Lunarmystik die Wege gebahnt, als er den Satz aussprach, der tümlichen Sprache des ganzen antiken Altertums, auch des christlichen, mit
den
Mond sei eben durch seine Vereinigung mit dem Sonnenlicht zur naturbewegen- Bezeichnungen p%ivovoa, Arjyovon oeArvn u. a. ausgedrückt. Vgl. RE XVJ, 1,
den Kraft geworden: d14 hy npdg rdv filtov xowarlay xal zhv neraänbv ev Sp. 98, Z. 33 ff. (W, Gundel). So spricht Basilius von der seArvn Aryovsa:
tod porög?®), Darum hielt man in Athen den Tag der Mondsynodos für den Homil. in Hexaem. VI, 3 (PG 29,121D); Ambrosius von den „Leiden“
der
geeigneisten zum Abschluß der Ehe, wie wir aus den Hesiodscholien des Proklos Luna: Exameron IV, 8,31 (CSEL 32,1, Schenkl, $. 137, Z. 7). Und wie schon
wissen®®). Helios ist die Urkraft der Natur, die nur spendet, Selene dagegen die Apuleius von der Luma nascens et senescens sprach (Flor. 18; Helm S. 37,
mütterlich aufnehmende, aber in der Kraft dieser Aufnahme auch wieder spen- Z. 16£.), so auch Tertullian, Apol. 48 (Oehler I, S. 293, Z. 10£.): Zux cotidie
dende Natur: xal Aaußdver xai dfömar?). Im Augenblick der Synodos, dem Neu- interfecta resplendet ... sidera defüncta vivescumt. Und ausdrücklich vom Mond:
mond, ist Selene verschwunden und wie vernichtet, sie ist alternd und stirbt, De resurrectione carnis 12 (Oehler II, 8.482, Z. 9£): ornantur et specula Lunge
sie wird arm und ihr Lichtglanz gleichsam „zerrieben“; aber sie ist dabei in quae menstruus numerus altriverat. Es war, wie wir aus Severianos von
einem geheimnisvollen Zwiegespräch mit Helios begriffen, dem mystischen Reden Gabala ersehen (Or. 3; PG 56,453), offenbar ein volkstümliches Wort: srnepov
der pythagoräischen Sphärenharmonie”). Und wenn sie aus dieser bräutlichen yevväraı ZeArvn, und ebenso, vom „Tod der Selene“ zu sprechen,
wie etwa
1) VS!18B 15: dei nantafvouca npd« adyäg feMforo, zitiert von Plutarch, Theophilus von Antiochien, Ad Autol. II, 15 (Otto VII, 8. 108, Z. 1£.): ü
Aetia Rom. 76 (Bernardakis II, S. 296, Z. 23) und De facie in orbe Lunae 16 5% ochtum xard va phiver xai durdpeı Anodvrioxen, Es ist wichtig für das Ver-
(Bernardakis V, S. 497, Z. 11). Zum Liebesspiel der den Helios umkreisenden ständnis der nachher darzustellenden „Todestheologie der Kirche‘, schon jetzt
Selene vgl. auch Macrobius, Com. in Somnium Seipionis I, 18,10 (Eyssenhardt sich diese im frommen Volksdenken der Antike lebendigen Vorstellungen einzu-
S. 556, Z. 31f£); Plinius, Nat. hist. II, 9,45 (Mayhoff I, S. 140, Z. 10ff.) und prägen. Vgl. dazu noch noch RE VI, 2 (1909) Sp. 2332, 2. 14 ff. (F. Boll).
Cornutus, Theol. graecae comp. 32 (Lang $S. 66, Z. 9—12); 34 (Lang S. 72, ) Clemens Alexandrinus, Stromata V, 6,38 (GCS Clemens II,
Stählin,
2. 2ff.). S. 352, Z. 6); Philon, De vita Moysis II, 122 (Maxgey I, S. 653).
2° irmicns Maternus, Mathem.], 4,9 (Kroll-Skutsch I, S. 13, Z. 10 ff.). ”) Firmicus Maternus, Mathem. V, praef. (Kroll-Skutsch II, S. 3, Z.2—6):
— Math. I, 10,14 (Kroll-Skutsch I, 8. 38, Z. 10—13). . Vosque, perennium siderum cursus, Luma 'etiam humanorum corporum
Mater,
2?) Plutarch, De facie in orbe Lunae 30 (Bernardakis V, S. 472, Z. Sfk.), et tu, 0 omnium siderum princeps, qui menstruis Lunae cursibus lumen adimis
2) Aristoteles, De gener. anim. 4,10 (777 b 24f.). pariter et veddis, Sol optime Maxime.
22) Proklos’ Scholien zu Hesiods”Epya xal Auepaı v. 780 (Poetae min. Graeci, *) Plutarch, De facie in orhe Lunae 26 (Beruardakis V, S. 468, Z. 13£.).
ed. Th. Gaisford, Leipzig 1823, $. 3 ff.): "Atnvaloı zäg npdsg ouvodov fuepag LEe- ”°) Vor allem war es die ägyptische Isis, die im späthellenistischen Zeitalter
Atyovro npdg yänovg xal 14 Yeoyduıa EreAovy töre, Puoıxds elvan np&rov old- zur vielverehrten, allmütterlichen Lunargottheit wurde. Vgl. dazu G. Lafaye,
kevor yanov zig ZeArivns odong npdg "HMov ouvodov, Zum "Iepdz yäuos vgl. Histoire du culte des divinites d’ Alexandrie hors de!’ Egypte, Paris 1884, S.254 f.
jetzt RE Suppl. VI (1935) Sp. 107—113 (A. Klinz). — F. Zimmermann, Die ägyptische Religion nach der Darstellung der Kir-
%#) Plutarch, De facie in orbe Lunae 30 (Bernardakis V, S. 472, Z. 8). chenschriftsteller und die ägyptischen Denkmäler, Paderborn 1919. —F. Gum o nt,
»®) Cicero, De nat. deorum III, 11,27 (Plasberg S. 128, Z. 15); ebd. II, 40,103 Die orientalischen Religionen im römischen Heidentum, 3, Aufl., Leipzig 1931,
(Plasberg S. 90, Z. 9). Das langsame Sterben der Selene auf ihrem Weg zu der 8. 68—93. — Zusammenfassend neuestens: O0. Kern, Die Religion der Grie-
22*
324 “ _H. Rahner, „Mysterium Lunae“ I. Die sterbende Kirche, 2. Origenes 325
stellten sie das hehre Bild der Mutter Kirche, das strahlende Bild des wahren
lenistischen Zeit hat auch in den Theosophien der christlichen Gnosis einen
Sol invietus gegenüber. Nicht Isis, die noch Plutarch°®) pries als „aller Natur
Widerhall gefunden und wurde so dem Christentum noch gefährlicher. Das selt-
weibliches Urprinzip“, als „aufnahmebereites Zeugungsprinzip aller Geburten“,
samste Zeugnis dafür ist der Kult der Helena-Selene, von dem uns noch die
pseudoklementinischen Rekognitionen berichten: Igitur post obitum Dosithei die in ihrer „eingepflanzten Liebe zum Ersten und zum Höchsten“ hineilt zu leben-
Simon aceepit Lunam, cum qua usque ad praesens circuit, ut videtis, decipiens diger Einsicht und als „Braut und Schwester“ ®) des Osiris in der Kraft seiner
turbas et asserens semetipsum quidem Virtutem esse quandam, quae sit supra Zeugung zur „Mutter der Welt“ wird, sondern die wahre Luna, die Kirche ist
Conditorem Deum, Lunam vero quae secum est esse de superioribus eoelis deduc- das Urprinzip geistlichen Lebens. Der christliche Apologet Athenagoras®*) hat
tam, eandemgue eunctorum Genitricem asserit esse Sapientiam’'). In dieser es ausgesprochen, was man damals in der hellenistischen Oikumene von der All-
mutter Isis dachte und betete; sie ist pboıs ul@vog &E fs nävres Epvoav xal dr’ fs
geistigen Umgebung haben die Kirchenväter ihre Spekulationen von der Kirche
nävteg eioiv, Aber nieht die prunkenden Aretalogien der Mutter Isis werden das
als der wahren Mondjungfrau erdacht. Dem Bilde der „holden und sinnenden
letzte Wort des griechischen Geistes sein, sondern das großartige Loblied auf die
mütterlichen Anmut“®) der im ganzen Imperium beliebten Isisdarstellungen
Mutter Kirche, die geistige Selene, das uns der Sinaite Anastasius geschenkt hat ®).
chen, III. Bd., Berlin 1938, S. 138 ff. — Isis wird verehrt als die große lunare
Muttergottheit, die als „Braut und Schwester des Osiris“ in der Synodos mit 2.
seinem Licht die Fruchtbarkeit zur Zeugung alles Lebens erhielt. Vgl. dazu
Diese spätgriechische Lunarfrömmigkeit stand auf dem Höhepunkt
Plutarch, De Iside et Osiride 43 (Bernardakis II, $. 516) und Eusebius,
Praep. evang. I, 9 (PG 21,65 AB) und III, 11 (PG 21,208 BC). Von dieser Mond- ihrer Entwicklung, als die christliche Theologie an die Aufgabe
frömmigkeit erhalten wir den unmittelbarsten Einblick durch die uns erhaltenen herantrat, mit Hilfe griechischer Denkformen aus demeifersüchtig
sogenannten Aretalogien der Isis, litaneiartige Gebete oder Selbstpreisungen, die behüteten Gut der Glaubensüberlieferung ein wissenschaftliches Sy-
man an die Göttin richtete oder ihr in den Mund legte. Vgl. dazu W. Peek, stem zu bauen, als die christliche Apologetik erst schüchtern,
Der Isishymnus von Andros und verwandte Texte, Berlin 1930. — N. Turchi, dann aber — vor allem in dem geistesgewaltigen Origenes, der
Fontes mysteriorum aevi hellenistiei, Rom 1923, S. 179 ff. — The Oxyrhynchos das Christentum gegen den Platoniker Celsus verteidigte — beredt
Papyri, ed. Greenfell-Hunt, IX (1915) nr. 1380. — In einer dieser Isislitaneien gegen die Lunarvergötterung auftrat®). Aus der Heiligen Schrift
(Dittenberger SIG 1267) heißt es: &y& fMov xal oeArivng nopetav svverafa (2.19 f.); und aus der apostolischen Überlieferung wußten die ersten Theo-
dyb yuvalxa »ai Avdpa ovvriyaya . &yb yovaıki dexäumvov Bp&pog &veraka (Z. 20 f.).
logen um das ueya uvornpiov (Eph 5,32) der Verbindung zwischen
— Über das Verhältnis der ‚Lunarfrömmigkeit zum karthagischen Dienst der
Christus und der Kirche. Dieses tiefe Geheimnis denkerisch zu er-
„Virgo Caelestis“ vgl. REII, 1 (1899) Sp. 1250, 2. 16ff. (F, Cumont); A. v.
Domaszewsky, „Virgo Caelestis* in: Abh. z. röm. Rel. (Leipzig 1909) 148—150.
Gerade hier wird das Bestreben der christlichen Glaubensverkündigung, diesem ®) Plutarch, De Iside et Osiride 53 (Bernardakis II, S. 527 £f,): fi y&p "Ioıg
gori uev 1b Tfs Pbceag YiAv xal dextixöv Ändong Yevkoeng,
Kult der „Himmlischen Jungfrau“ die Liebe zur Jungfrau Kirche gegenüberzu-
stellen, deutlich, Salvian von Marseille sagt ausdrücklich, daß der, „wun- ») Vgl. die Isisaretalogie, die uns bei Diodor, Bibl. hist. 1,27 (Vogel I, S.43,
Z. 12f.) aufbewahrt ist (vgl. auch bei Dittenberger SIG 167 die Einleitung $.390):
derschöne Name“ diesem afrikanischen Dämon zu Unrecht gegeben sei, vielmehr
eyb elyori xai &deApt "Ootpıdos Baoıleoc, Das Gleiche sagt der Apologet
der Ecelesia zustehe: De gubernatione Dei VIII, 2 (CSEL 8, Pauly, S. 195, Z. 1f.;
Aristides, Apol. 12,2 (J. Geffcken, Zwei griech. Apologeten [Sammlung wissen-
22 f.): Cui ideo, ut reor, veteres pagani tam speciosae appellationis titulum de-
schaftl. Kommentare, Leipzig 1907] S. 18, Z. 1f.; dazu KommentarS. 74). Vgl.
derunt, ut quia in eo non erat numen, vel nomen esset... nam etiam ipsam
dazu F. Zimmermann, Die ägypt. Religion nach der Darstellung der Kirchen-
quodammodo Eeclesiae salutationem idolo praestiterunt. — Zum Selenekult in
schriftsteller, Paderborn 1912, S. 19 ff.
Karthago vgl. auch die Bemerkung bei Plutarch, De facie in orbe Lunae 26
*) Athenagoras, Leg. pro Christianis 22 (J. Geffcken, a. a. O. S. 140,
(Bernardakis V, S. 463, Z. 13).
Z. 12f.; dazu Kommentar S. 210). Ähnlich in dem Isishymnus, den die Oxyr-
®) Recognitiones II, 12 (PG 1,1254 A). Vgl. dazu Roscher, Myth. Lex. I, 2,
thynchos Papyri aufbewahrt haben (Turchi 8. 179 ff): v. 184 und 185: od nar-
Sp. 1977 (R. Engelmann); RE VII, 2 (1912) Sp. 1513f. (W. Bousset), —
av dypßv zul Enpbv nal ıpuyp&r 2E by änavıa ouv&oınxev eöperpia nävıov &ye-
W. Heintze, Der Clemensroman und seine griechischen Quellen (TU 40,2),
vröng.
Leipzig 1914, Auch in den Systemen der Neuplatoniker spielt endlich die müt-
®%) Anastasius Sinaita, In Hexaemeron 12 (PG 89,1072 ff.). Vgl. unten
terliche Selene eine wichtige Rolle, wie wir aus den Reden Julians Apostata
S. 348.
(Or. IV, 149 D; 150A; 154D) und aus Jamblichos (bei Proklos zu Platons
®) Vgl. Aristides, Apol. 6,3 (Geffcken, a.a.0. 8. 9,2. 25 £). — Tatianos,
Tim. 258F) wissen. Selene hat nach letzterem den Aöyos pioswg nal untpös
Or. adv. Graee. 9.10 (Otto VI, 8. 40—48). — Athenagoras, Leg, 6 (Geffcken,
npdg yeveoıw. Vgl. RE ITA, I (1921), Sp. 1141, Z. 35 ff. (F. Schwenn).
a.a. 0. S. 124, Z. 25f£). — Origenes, C. Cels. V, 10-13 (GCS Origenes II,
3) So F. Cumont, Die orientalischen Religionen im römischen Heidentum?,
Koetschau, S, 9—14).
Leipzig 1931, 8. 71.
“
326 H. Rahner, „Mysterium Lunae“
1. Die sterbende Kirche, 2. Origenes 327
gründen und in seinen Beziehungen zu entfalten, war
von Anfang Origenes lebt ganz im griechischen Geist, der das Weltbild einteilt in die arl-
an das Verlangen alles christlichen Denkens, wie
wir aus Ignatius stotelischen Sphären. Im selig reinen und leuchtenden Bereich, der sich über
dem Märtyrer wissen. Dazu bot nun die Welt
von Wissen und der himmlischen Feuersphäre dehnt, schwingt sich Selene*) in den vomSchöpfer
fromm dunklem Ahnen, die sich in spätgriechisch vorgezeichneten Bahnen, „unveränderlich, sicher, beständig und weise“ *), dort
er Zeit, seitdem
der alternde Platon in seiner Akademie einen vollführt sie zusammen mit den anderen Gestirnen „zum Heil für das Weltall
chaldäischen Fremd-
ling empfangen hatte?”), immer wieder am den tanzenden Reigen“ *°). Es ist bekannt, daß Origenes, als echter Nachfahr des
gestirnten Himmel, an
den beiden herrlichen Lichtern Helios und Selene griechischen Geistes und als getreuer Schüler Platons, den himmlischen Gestirnen
begeisterte, das
willkommene Gewand. Im Licht dieser in ein geheimnisvolles Leben‘*), ja in einem gewissen Sinne eine ganz dem schöpfe-
christlichem Geist ge-
schauten Astromystik hellte sich der in Alexan rischen Geist des weltlenkenden Gottesgeistes hingegehene Willensfreiheit zu-
drias Schule anhe- schrieb*°), daß er als erster unter den christlichen Denkern versuchte, diese grie-
benden Allegorese nun auch die Fülle alttest
amentlicher Mondstellen chischen Spekulationen dadurch gleichsam zu taufen, daß er den Gestirnen als
zu tiefem Sinn auf. Und wenn auch das
Wort des Theophilus bewegende Kraft einen Engel beigab“). In seinem auch die Herrlichkeiten des
von Antiochien vom neya koornpiov, das
in Sonne und Mond ver- gestirnten Himmels einbeziehenden theologischen System spricht er es oft aus,
borgen ist, darauf hinzuweisen scheint, daß
diese theologische Alle- daß Sonne und Mond in mystischer Weise auch an der in die Welt gekommenen
gorie schon sehr früh sich ausgebildet hatte: Sünde teilnahmen*’), daß sie darum „seufzen“* und die Verklärung der Kinder
für uns heute ist jeden-
falls die Entfaltung der christlichen Lunart Gottes erwarten“). Wenn wir sie also, sagt er in der Polemik gegen die plato-
heologie in Alexandria
greifbar, und zwar (von einigen Spuren abgese nisierende Astraltheol gie des Celsus, nicht wie etwas Göttliches anbeten, so
hen) nicht bei Kle-
mens, sondern in den Werken des großen nicht deswegen, weil wir sie „für ein verächtliches Nichts“*) halten. Im Gegen-
Origenes.
Origenes ist in der wissenschaftlichen Welt Alexandr teil: auch der Christ blickt mit tiefster Ehrfurcht zu Sonne und Mond empor,
ias großgeworden, .in der
einige Jahrzehnte zuvor Ptolemaios sein weltgesc zu diesen „herrlichen Werken“, die wir niemals mit Anaxagoras nur „feuer-
hichtliches Werk vollendet hatte,
den Almagest und den Tetrabiblos, in glühende Klumpen“ nennen‘®), Denn wir sind überzeugt, daß die Gestirne, weil
denen noch der Geist der Astralmystik
des Poseidonios wehte®). Wenn wir in- den Homilie
n des Origenes oft so lebhafte *) Johanneskommentar XIII, 40 (GGS OrigenesIV, Preuschen, 8 266, 2. 15ff):
und scharfe Töne gegen die falsche Weisheit
der „Chaldäer“ hören ”), so zeigt teooapeg eioıv opalpaı TÖv teooäpov oroiyelmv ai droxeinevan ft aitepio göcer,
uns das nicht nur die beständige Gefahr
an, in der die Christen inmitten dieser &v nEoo nv xal Karwrdro tig yfic, nepi adtiv d& 1106 Sduzos, xol zpfien fi od
verlockenden Gestirnfrömmigkeit lebten, sondern &spos, zeräpen dE fi Tod nup6c, ned" Av h mis oeAfmg ai Efic. Vgl. dazu die
in etwa auch das Interesse des
Origenes selbst an der „mathematischen Weisheit fast höhnische Ablehnung dieser griechischen Anschauungen von den Planeten-
‘. „Nicht die Schönheiten der
griechischen Literatur, der Glanz der Philosophie sphären und ihrer „wonnevollen Musik“ durch Basil ius, Hexaemeronhomilie 3,3
und nicht die Mathematik der
Chaldäer können uns abbringen von der Liebe (PG 29,57CD). Vgl. auch Origenes, Periarchon II, 3,6 (GCS Origenes V,
Christi®, sagt er einmal in einem
ergreifenden Ausruf‘), So ist es für das Verständnis seiner Kirchent etschau, S. 122, Z. 22 ff.).
heologie
zunächst wichtig zu sehen, in welcher Weise rn De oratione 7 (GCS Origenes II, Koetschau, S. 318, 2. 7 N
die Astralfrömmigkeit seiner Um-
gebung auf ihn eingewirkt hat. “ . (8. 316, Z. 10£): nept tod &p’ fipiv ıöv &v oöpav® sornpios 1&
. en dorepwv, Ya auch Origenes, exh. ‚mart, 13 (GCS OrigenesI,
#) Academicorum philosophorum index Hereul
anensis col. II, 2. 39—41 (ed. Koetschau, S. 13, Z. 28): fAtog xal oeArvn xal 5 tov doripmv yopdc.
S. Mekler, Berlin 1902, S. 13). — Vgl. dazu E.
des Places, Platon et Pastro- *) Origenes, Periarchon I, 7,2—5 (GCS Origenes V, Koetschau, S. 86—94).
nomije chaldeenne: Annuaire de l’Institut de
Philologie et d’histoire orientales Vgl. F. J. Dölger, Sol Salutis, 2. Aufl. Münster 1925, 5. 158 f. —_ Origenes
et slaves 4 (1936) 137. — E. des Places, war sich durchaus bewußt, daß er für diese Ansicht in derkirchlichen Tradition
Les derniöres annees de Platon:
L’Antiquit& classique 7 (1938) 187. keine Stütze hatte; vgl. Periarchon praef. 10 (GCS Origenes V, Koetschau, S. 16,
”) Vgl. dazu Fr. Boll, Studien über Claudius Z. 7f.): De sole autem et luna et stellis, utrum animantia sint an sine anima
Ptolemäus, Ein Beitrag zur Ge-
schichte der griechischen Philosophie und Astrol manifeste non traditur.
ogie: Jahrbuch f. klass, Philologie,
Suppl. 21 (1894) 51. — Fr. Boll, Die Entwic in oratione 7 (GCS Origenes II, Koetschau, S. 315, Z. 27 ff.).
klung des astronomischen Welt-
bildes im Zusammenhang mit Religion und Philos *) Jeremiashomilie 10,6 (GCS Origenes III, Klostermann, S. 76, Z. 22 f.).
ophie: Kultur der GegenwartIII,
3,3, Leipzig 1921. — K. Gronau, Poseidonios #") Periarchon I, 7,4 (GCS Origenes V, Koetschau, S. 90, Z. 23 ff.); PeriarchonII,
und die Jüdisch-christliche Genesis-
exegese, Leipzig-Berlin 1914. 3 (v, S. 161, 2. 12).
®) Vgl. etwa Jeremiashomilie 3,4 (GCS Origen ® “ PeriarchonI, 7,5 (V, 8.91, Z. 11 ff). — C. Cels. V,13 (U, 8. 14, Z. 18ff.).
es VIII, Bährens, S. 314, Z. 10£f.)
— Ezechielhomi lie 1,10 (VII, Bährens, S. 333, Z. ) C. Cels. V, 13 (GCS Origenes II, Konfachan, S. 14, 2. 98): Su fov xal
25 ff). sehtvnv xal datepag iyodneta elvar rd under, ,
*) Richterhomilie 2,3 (VIL, Bährens, S. 477,
Z, 4 f£). Vgl. dazu Numeriho- Ri ". Gels. vu (GCS Origenes II, Koetschau, 8. 12, 2. 6.£.): 008’ Avaßayo-
milie 1,2 (VII, Bährens, S. 5, Z. 8f£) und
Periarchon III, 3,2 (V, Koetschau, $. 287, peiog nödpor didnupov Akyovres elvar zör fAtov Kal vekrvnv. Vgl, zu dieser An-
2.25 ££.).
schauung des Anaxagoras VS? 46 A 77.
328° H. Rahmer, „Mysterium Lunae“ I. Die sterbende Kirche, 2. Origenes 329
sie einbezogen sind in den Sündenfall und das Seufzen der Kreatur, nun auch Sterne, so wie sie selbst wieder erleuchtet wrid von Helios.
Totis
an der Erlösung teilhaben und in einem heiligen Gebet „durch den Eingeborenen* fratris obvia flammis condat stellas Luna minores, hörten
dem Gott des Alls ein Loblieb singen ®!): neıtöuevor dE nal adröv fAtov xai oe-
wir früher
Boethius singen, und in ihm klingt Poseidonios’ erhabe
Army xal üotepas edyeohen rip ini näcı Fed di 100 Movoyevods.adtoß. Angesichts ne Natur-
frömmigkeit ebenso nach wie aus der ältesten christli
dieser von Origenes mit heiliger Ergriffenheit ausgesprochenenchristlichen Himmels- chen Hexae-
meronexegese — auch aus den schlichten Homilien des Origenes
mystik ist es klar, daß er in dem Wesen und dem nach unveränderlichen Ge- ,
Das also ist die festgefügte, heilig friedliche Ordnung des
setzen sich abspielenden Lauf der Gestirne eine vom Schöpfer vorgegebene Symbol- geistlichen
kraft auf das einzige große Mysterium hin erblickt. Selene ist ihm die „himm- Kosmos: Christus die Sonne, die Kirche als Mond, die
Apostel als
lische Königin“ #2), die erleuchtet ist von dem Licht des immer leuchtenden Logos, die Sterne — darunter die dunkle Erde unserer Seelen,
die nun
der „wahren Sonne“, und als solche ist sie Vorbild der Kirche, so, daß in dem erleuchtet werden, je nach der ihnen zuteil gewordenen Aufnah
me.
Geschick ihrer mondlichen Phasen das Geheimnis der leuchtenden und sterben- fähigkeit und zugleich je nach der Bereitwilligkeit des Aufneh
mens
den Kirche sich nachvollzieht. — Nachklang aus Platon in den ersten Anfängen der christli
chen
Bezeichnend für den geistigen Ort, an dem sich die ersten An- Gnadenlehre: verum non aequaliter ömnes, qui vident, illuminantur
sätze der lunaren Kirchentheologie zeigen, ist es, daß (wie wir be- a Christo, sed singuli secundum eam mensuram illuminantur, qua
vim
reits früher angedeutet haben) der erste Vergleich zwischen Mond luminis recipere valent?”). Wenn aber eine Seele in immer steiler
und Kirche sich in der Hexaemeronerklärung des Origenes findet. hinanführendem Aufstieg der Sonne näher kommt und so
immer
Was bei Theophilus von Antiochien das Mysterium „Gott und mehr von dem flutenden Licht in sich aufnimmt, dann mag es
ge-
Mensch“ war, entfaltet sich nun in der Schule Alexandrias zu dem schehen, auch schon hienieden, daß sie, selbst über das Licht
Christi
alles zusammenfügenden Mysterium „Christus und die Kirche“: hinauseilend, der „erleuchtenden Stimme“ (wie es geheimnisvoll
sicut sol et luna magna luminaria dicta sunt esse in firmamento caeli, widersinnig heißt) des unsichtbaren Vaters teilhaft wird: iste non
ita et in nobis Christus et Ecclesia®®). solum Christi lumine, sed. etiam Patris ipsius illuminabitur voce?*)
Mit diesem Wort des großen Origenes beginnt der Chor der an- So zeichnet Origenes meisterhaft in ein paar Worten, gleich zu Be-
tiken christlichen Theologenseinbis ins Mittelalter unvergessenes my- ginn seiner Genesiserklärung, die Welt der Geister, in der sich jetzt
stisches Lied auf die Mutter Kirche als die wahre Selene: ’ExxAnoia. das erhabene Drama seiner geistlichen Selene abspielt. Was er in
Tponıxbrspov Zeirvn Aeyouevn’®). Schon hier wird, in der dem seinem naturkosmischen Denken schrieb von den Elementensphären
Origenes eigenen zurückhaltenden Art, eine Fülle tiefster Gedanken die von Selene abgetrennt werden gegen den seligen Bereich der
angedeutet, und mit einigen Sätzen steht vor unserem geistigen Ätherwelt, das ist hier für den Kosmos des Übernatürlichen gesagt:
Auge das Bild des übernatürlichen Kosmos, wie Origenes ihn schaut. die wahre Selene, die Kirche, vermittelt das Licht des Helios der
Am „Himmel unseres Herzens“5°), also im Reich des Geistes, von Gerechtigkeit und führt die Seelen aus dem Erdendunkel hinauf in
dem der Kosmos des sichtbaren Sternhimmels nur ein leiser Nach- das tönende Leuchten, in die vox illuminans der göttlichen Sphären-
klang ist, stehen die beiden großen Lichter, Sonne und Mond: musik, zum Vater.
Christus und die Kirche. Sieut autem sol et luna illuminant cor- Die gleiche Grundstruktur des geistlichen Kosmos zeichnet Ori-
pora nostra, ita et a Christo aique Ecclesia illuminantur mentes no- genes einmal in seinem Johanneskommentar. Wenn die ‚Apostel
strae5%). Ein Abglanz des mondlichen Lichtes der Kirche, gleich- „Licht der Welt“ sind nach dem Wort des Hermm,so ist die Kirche
sam die Vermittler ihres von der Sonne kommenden Scheins, sind *öouog Tod xöouov, indem sie selbst wieder erleuchtet wird von
die Sterne, die Apostel. Denn Selene hat die Herrschaft über die Christus dem Urlicht der Welt: Ste uEv Xpıiordg POS Tod Köouov-
sı) C. Cels. V,11 (II, S. 12, Z. 11).
&ori, rdxa is "ExxAnolag ori POg>).
%) Periarchon I, 7,3 (GCS Origenes V, Koetschau, $. 89, Z. 6f.). So nach In diesem pneumatischen Kosmos nun — das ist der Gedanke
Jeremias 51,17.19 LXX (wo diese Bezeichnungallerdings aus dem Mund der dem der im theologischen System der origenischen Kirchendogmatik einen
Gestirndienst huldigenden hebräischen Frauen stammt): Apud Hieremiam sane
etiam „Regina caeli“ luna esse nominatur. ’ 5?) Ebd. (VI, Bährens, S. 9, Z. 10£.).
5%) Genesishomilie 1,7 (GCS Origenes VI, Bährens, S. 8, Z. 18f.). °*) Ebd. (VI, Bährens, $. 10, 2. 4f.).
5) Johanneskommentar VI,55 (GCS Origenes IV, Preuschen, 8. 164, Z. 21). ’) Johanneskommentar VI, 59 (GCS IV, Preuschen, S, 167, Z. 26£.). Origenes.
55) Genesishomilie 1,7 (VI, Bährens, $. 8, Z. 21): in cordis nostri coelo. kämpft hier gegen die seltsame Kirchenmystik des Gnostikers Herakleon, dessen.
5°) Ebd. (VI, Bährens, S. 9, Z. 2£.). Sätze von der Kirche als „Welt in der Welt“ er ins riehtige Licht rückt.
330 H. Rahner, „Mysterium Lunge“
I. Die sterbende Kirche, 2. Origenes 331
Schritt weiterführt — gelten die gleichen Gesetze wie am gestirn- Die Kirche nun ist im theologischen System des Origenes
ten Himmel zwischen Helios und Selene. Gleichwie der Mond, von quasi
omnium una persona oder ein coetus ommium sanctorum®).
der Sonne erleuchtet, immerdar seinem Sterben entgegeneilt, dieses Was
also in der Kirche Grundgesetz ist, muß sich im geistlic
Sterben aber die siegreiche Vereinigung mit dem immergleich strah- hen Leben
und Geschick der einzelnen Seele abspiegeln. Die Teilna
lenden Licht der Sonne ist, so gilt zunächst als Grundgesetz im hme an
der Vernichtung des Gottmenschen und der daraus
Leben der im Fleische sichtbar erschienenen Sonne der Gerechtig- erwachsende
Sieg, das Sterben der pneumatischen Selene ins lichte
keit, dann aber in angleichender Weise im Leben der geistlichen Dunkel der
Vereinigung mit Christus und der Aufstieg bis hinauf
Selene, der Kirche dies: daß aus der Vernichtung allein der Sieg, in die äther-
leuchtenden Gefilde der „tönenden Erleuchtung des
daß aus der Finsternis allein die Erleuchtung erwächst. Origenes Vaters“: dies
alles begibt sich in dem geheimnisvollen Kosmos des Inneren
hat das im Johanneskommentar in einem gedanklich ungemein rei- . Denn
der Christ ist, wie Origenes öfters bemerkt, einen Gedank
chen und schwierigen Kapitel dargelegt‘). Nachdem er von den en Philons 6)
ins Christliche wendend, ein Mikrokosmos, in dem sich
Kämpfen und Siegen der christlichen Märtyrer gesprochenhat, zeigt alles vor-
findet, was am sichtbaren gestirnten Himmel sich begibt:
er, daß jedes Martyrium nur ein Nachahmen dessen ist, der durch Nee mi-
reris quod haec intra te esse dieimus; intellige te alium mundu
seine Vernichtung den Tod besiegt und die Welt erorbert hat. Die m essein
parvo et esse intra te solem, esse lunam, esse etiam stellas
Apostel und Märtyrer (die kurz nachher gepriesen werden als die . . . dubitasne
esse intra te solem et lunam, ad quem dieitur quia lux es mundi
„Lichter der Welt“) sind ebenso auch „Kehricht und Abfall“ der ?®T) Das
theologische Interesse des Origenes geht also, ohne dabei
Welt‘) und damit Nachfolger dessen, der darum der große Sieger die Kirche
aus dem Auge zu. verlieren, unmittelbar auf die einzelne
wurde, weil er sich am tiefsten in die Verdemütigung herabge- Seele: in
ihr sieht er Gegenwart und Zukunft der Kirche sich abspieg
beugt hat. Darin liegt der Grund zu christlich sieghafter Freude eln, was
sich in der Kirche begeben muß, leuchtet auf in dem
inmitten der Verfolgung und Vernichtung der Kirche: xai $appeiv geistlichen
Schicksal der Seelen. "
yobv HAıßönevor Ev ıd adoup drdaoxöusta, tiv altiav tod Yap- So wird im System des Origenes die Lunartheologie zur
peiv navddvovrsg tadınv elvan, td vevixfiodaTdv x6ouov xal dn- aszeti-
schen Lehre. Das geistliche Ziel, dem die Kirche und,
Aovörı bnorerdydar co vachaavrı abröy®%), Der Weltsieg ist also damit jede
einzelne Seele entgegenstrebt, ist das oben mit den Worten
bereits errungen,die Völker sind der Tyrannei des Satans entrissen, Ps 71,5
ausgesprochene Ideal: ouurapauevemv zo ip. Solange
der „Sykophant ist gedemütigt“) von demjenigen, der sich selbst wir noch
hienieden pilgern und wie Selene um die uns erleuch
in die Demut hinabgetaucht hat: und an dieser Stelle klingt in tende Sonne
kreisen, beständig uns wandelnd und verdunkelnd, sind
dem reichen Geist des Origenes der Psalm auf, wo dieser messia- wir noch
nicht in diese mystische Einheit, in die selig ruhige
nische Sieg vorhergesagt ist, Psalm 71,12: Sr &pp'oaro raoydv Sonnensphäre
eingegangen. Und doch ist es für den „Gerechten“ (das
&x xeıpds Övvdorov xal nevnea, d ody Önfipxev Bonsös. Damit heißt im
Sinne des Origenes für den wahren Gnostiker) schon
steht aber vor ihm das wundervolle Bild, das im gleichen Psalm hienieden das
einzige aszetische Ziel, ein innerlich einheitlicher, ungeteilter
die Herrlichkeit des kommenden, verklärten Friedensreiches schil- Mensch
zu sein. An dem Wort 1 Reg 1,1: erat vir unus entzünd
dert, wo Christus die immer strahlende Sonne sein wird und die et sich
des Origenes Sehnsucht nach dieser seelischen Ungetei
Kirche die niemals mehr verdunkelte, im Vollmondschein leuchtende ltheit und
mit beredten Worten preist er sein aszetisches Ideal
Selene: oörog dh 6 owrhp taneıyaoag Guxopävınv dd tod Eav- #8), Wir Sün-
der sind innerlich vielfältig, auseinandergerissen in eine
Toy TETANEIVOXEvN, Ovvrapanevei td vontd TAlp npd tig Aayı- Unzahl von
Leidenschaften, nie in Ruhe und Gleichheit mit uns
npording ’ExxAnolag rpomxurepov Zeirivng Asyonevng, Tuyyarov selbst: Vides,
yevebv yeveaig‘t), °®) Hoheliedkommentar I (GCS Origenes VIII, Bährens
, S, 9%, Z.5£). Vgl.
dazu die Bemerkungen in meiner Arbeit über die „Gottes
°) Johanneskommentar VI,55 (GCS Origenes IV, Preuschen, S. 163, Z. 34 ff.). geburt“: ZkTh 59 (1935)
S. 351, Anm. 15.
®) Ebd. (IV, S. 164, Z. 1 ff): t&de xaAds nepi ray naprlpav elpnta nepıxd-
®) Philon, De plantat. 28 (U, Wendland, S. 139, Z. 16):
Yapudray od xöauov yıvop&var, zul ndyroy nepfibnua Asyopevay dd tadra zav x& &v od Avbpono
:® Bpaxei xöoup, Vgl. dazu Origenes, Genesishomilie
änootöAmv, 1,11 (GES Origenes VI,
Bährens, S. 13, Z. 21) und die hier in der Anmerk
©) Ebd.(8. 164, 2. 138£.). Philon und Aristoteles,
ung gegebenen Zitate aus
°°) Ebd. (S. 164, Z. 19). Zitat aus Ps 71,4: xal raneıwoeı ovxopävınv. *') Leviticushomilie 5,2 (GCS Origenes VI, Bährens,
°) Ebd. (S. 164, Z. 19—22). $. 336, Z. 22 £f.).
°°) Königsbuchhomilie 1,4 (6CS Origenes VIII, Bährens
, S. 5-7),
332 H. Rahner, „Mysterium Lunae“
I. Die sterbende Kirche, 2. Origenes 333
quomodo ille, qui putatur „unus“ esse, non est unus, sed tot in eo umbra futurorum est... dieimus quod neomeniae festivitas appellatur, cum luna
personae videntur esse, quot mores, quia et secundum seripturas „in- innovari coeperit et Soli proxima fieri penitusque coniuneta. Sol iustitiae Chri- u
sipiens sicut luna mutatur“ °°%). Auch Selene ist, solange sie noch stus est; huie. si Luma, id est Eeelesia sua, quae lumine ipsius repletur, iumcta
irdisch ist, „eins und viele“, wie Origenes tiefsinnig weiterfährt: fuerit et penitus ei adhaeserit, ita, ut secundum verbum Apostoli „qui se iungit
Unde et Luna, cum videatur una esse per substantiae immutationem, Domino, unus cum eo spiritus fiat“, tune festivitatem neomeniae agit; tune enim
tamen semper a semet ipsa alia est semperque diversa et sie, etiam nova efficitur, cum abiecerit velerem hominem, et induta fuerit novum, qui se-
in ipsa constat quod uma multae sint’%). Die Sehnsucht des Ge- Cundum Deum creatus est, atque ita merito innovationis sollenmitatem, quae est
rechten aber geht nach der unwandelbaren inneren Einheit, die er „neomeniae“ festivitas, gerei. Tune denique est, quando neque videri neque
auf dem „Gipfel der Tugenden“?t) erreichen wird, nach der aber comprehendi humanis adspectibus potesi. Anima enim, cum totam se sociaverit
Domino et in splendorem lucis eius tota concesserit nihilgue omnino terrenum
schon jetzt sein Verlangen geht, auf daß durch Aszese der Wider-
eogitat, nihil mundanum requirit nec hominibus placere studet, sed totam se sa-
streit zwischen Geist und Fleisch schon jetzt aufgehoben werde. pientiae lumini, totam calori Saneti Spiritus mancipaverit, subtilis et spiritalis
Hier enthüllt sich also zunächst das aszetische Ziel: eins werden effecta, quomodo cerni ab hominibus aut humanis pofest conspectibus apprehendi?
mit dem Vater, mit dem ewigen Urlicht, auf dem „Gipfel der Tu- Animalis namque homo intelligere et discernere non potest spiritalem. Et ideo
genden“, wo die mondliche Wandelbarkeit unserer irdischen Natur dignissime diem festum aget et hostiam neomeniae Domino, utpote per ipsum
abgelegt wird und der Logos „bei der Sonne“ sein wird. Der Weg innovata, iugulabit.
zu diesen Höhen ist aber die Angleichung an die im Fleisch er- Hier hören wir, geistvoll und christlich wie sonst nur noch bei
schienene Sonne der Gerechtigkeit. Je mehr die Seele und damit Augustinus, das wunderbare Echo der antiken Gedanken über Se-
die Kirche sich dieser Sonne nähert, in sie hineinverschwindet,. lene und ihre liebende Vernichtung in der Synodos mit der Sonne.
in Christus hineinstirbt, um so mehr nimmt sie jetzt schon teil an Die Mystik der Nacht der Sinne, der dunkel lichten Weisheit, der
diesem vereinfachenden Licht, an dem „Ein-Geist-Werden“ in der erquickenden Glut des Geistes wird hier in unsterbliche Worte ge-
bräutlichen Vereinigung mit Christus (1 Kor 6,17). Diese Theo- prägt. Die Aszese der einzelnen Seele ist hier nur das Spiegel-
logie des Todes, des Kirchensterbens hat Origenes in einer my- bild der Todestheologie der Kirche. Dem Sichtbaren ersterben, im
stisch tiefsinnigen Homilie dargelegt, deren Text, soweit hierher- Altern neuwerden, in die dunkle Klarheit hineinentschwinden: das
gehörig wir vorlegen, um so eines der schönsten Kapitel der pa- sind die Paradoxa dieser Theologie. Und dies vollzieht sich eben-
tristischen Lunartheologie der Vergessenheit zu entreißen”?): Ori- so an der einzelnen Seele. Das Irdische vergessen, feinleuchtend
genes spricht hier von den Festen der Juden, die abgeschafft sind und geistig werden: das ist noch griechische Sehnsucht?3), Aber
durch das Neue Gesetz, aber deren vorbedeutenden Sinn wir auch daß dies nur geschieht, wenn die Seele eine hostia neomeniae dar-
jetzt noch aus dem heiligen Text herauslesen müssen. Das gilt bringt, wenn sie selbst „geschlachtet“ wird: das konnte nur der
auch vom Fest der „Neumonde“ (Num 28,11): Christ Origenes sagen, das geschieht nur in der Angleichung der
Tertia festivitas ponitur „neomeniae“dies, in quo offertur et hostid. „Noeme- Seele an denjenigen, der (wie Origenes es im Johauneskommentar
nia“ autem dieitur nova luna. Est ergo et ista festivitas, cum luna innovatur. ausführt)”*) als „Lamm“ den Sieg errang, als Vernichteter die Ver-
Nova autem dieitur, cum Soli proxima fuerit effecta et valde ei coniuncta, ita nichtung bezwungen hat. Sub claritate eius latet. Die Kirche ver-
ut sub claritate eius lateat. Sed mirum fortasse videatur, immo superfiuum lex schwindet im. leuchtenden Glanz Christi. Mit diesem Gedanken,
divina mandare. Quid enim religioni conducit lumae novae, id est cum coniungitur
dem christlich mystischen Echo der antiken Tradition, die Boethius
Soli et adhaeret ei, observare festivitatem? Haeo si secundum litteram conside-
rentur, non tam religiosa quam superstitiosa videbuntur ... sed et neomenia
in das Wort prägte: Phoebo propior lumina perdit, erreicht nun
”) Auch Helios und Selene haben jetzt noch, im Zustand des Seufzens nach
) Ebd. (VIII, S. 5, Z. 28ff). Hier erscheint zum erstenmal das später so der endgültigen Erlösung, zwar aetherische, aber doch materiale Gestalt, haben
vielgebrauchte Zitat aus Sir 27,11 LXX (Vulg. 27,12). erassa et pinguia corpora, also noch nicht jene leuchtende Subtilität, die nach
?) Ebd. (8. 6, Z. 1ff.). Origenes’ auch hier echt griechischem Denken das Wesen der Verklärung aus-
1) Ebd. (S. 6, Z. 24 ff): Sic et imitator Dei iustus, qui ad imaginem eius macht, für, die Himmelslichter sowohl als für die Menschenseelen. Vgl. dazu
factus est, „unus“ etiam ipse, cum ‘ad perfectum venerit, appellatur, quia et ipse, Periarehon I, 7,4 und 5 (GCS Origenes V, Koetschau, S. 91, 2.2 und S. 92, Z.10
cum in „virtutis summa“ constiterit, non mutatur, sed „umus“ permanet semper. samt Anmerkungen).
?) Numerihomilie 23,5 (GCS Origenes VII, Bährens, S. 217, Z. 7—S. 218, "“) Johanneskommentar I, 22 (GCS Origenes IV, Preuschen, $. 27, Z. 20 #.) und
z. 11). 1,32 (IV, 8, 42, Z. 2#),
334 uw: Rahner, „Mysterium Lunae“ I. Die sterbende Kirche, 2, Origenes 335
Origenes den kühnen Höhepunkt, gleichsam die atemraubende Äther- Die Apostel sind also in einem wahren Sinn das Gleiche wie der
region seiner Entwerdungstheologie der Kirche. Er fühlt es selbst, Herr, der sich ja auch P&s tod x6ouov”®) genannt hat. Als
daß er hier fast allzukühne Gedanken andeutet. ToAunteov y&p die berufenen Vermittler göttlichen Lichts haben sie so gleich-
Aeyeıv chv cAnderav?®), so macht er sich selbst Mut, die „gewagten“ sam Eigenlicht, das aber doch auch wieder ganz von Christus
Ahnungen seines Geistes zu Ende zu denken. stammt, und zwar wiederum durch die Vermittlung der Kirche,
Diese lunare Kircheneschatologie hat gleichsam zwei Dimensionen, Diese aber, so sehr sie auch in eigenem Glanz zu leuchten scheint,
eine geschichtliche und eine mystische. Zunächst spricht Origenes wird doch allein von der Sonne bestrahlt, denn sie ist die wahre
vom endzeitlichen Schicksal der Kirche. Das geheimnisvolle Sterben Selene, die ihr Licht bräutlich empfängt von der Sonne Christus.
der Kirche endet damit, daß sie selbst, verschlungen in den Glanz des So vermitteln also Kirche und Apostel das Sonnenlicht Christi an
verherrlicht wiedererscheinenden Christus, gleichsam unnötig wird, die dunkle Erde, das heißt an die Menschen, die wegen ihrer
sich selbst in das Nichts ihrer Dunkelheit stürzt. Wie im sicht- Stellung im untersten Bereich des geistlichen Elementenkosmos keinen
baren Kosmos Selene und die Sterne unwandelbar auf ihren sta- „Lichtquell“ in sich haben: d d’ dvaloyov oeAvn xal äctpoıg
tiones”®) stehen, aber beim Aufgang der Sonne verschwinden, so bro\außdvonev elvar nepi vhv vöupnv ’ExxAnolav xai robg naßn-
wird es sein, wenn am Ende der Tage die Sonne Christus aufgeht: . TG, Exovrag olxeiov PÜG f And Tod &Andıvod NAov Enixento
v,
Ut splendor lunae et micamtia caeli sidera, priusquam sol oriatur, iva pwriswcı ui deduvnutvoug mnylv. ev abroig xutaoxevdadı
in stationibus suis rutilant, orto vero sole absconduntur, sie lumen Ywrög?t),
Eeclesiae, ut lumen lunde, priusguam oriatur lumen illud verum Solis Aber es gibt auch jetzt schon Menschen, die so vergeistigt sind,
iustitiae, resplendet et clarum est ante homines, cum autem Christus daß in ihrem Inneren der Lichtquell der unmittelbaren Erleuchtung
venerit, ante eum contenebrescet?). Aber was sich so endzeitlich Christi aufzubrechen beginnt,
begibt, geschieht mystisch schon jetzt. Das ist der gewagte, nur Und nun wiederholt sich noch einmal und mystisch in der Welt der
in der fast überspitzten Subtilität des origenischen Systems noch Geister, im xöguog vontöc, was sich am gestirnten Himmel des
als „richtig“ zu erfassende Endgedanke seiner lunaren Kirchen- x60uog alodnrög®t) begab, solange die „Welt der Sinne® bestand ®?).
mystik. Es gibt, so will er sagen, in einem wahren Sinn auch ein Christus ist der einzige Lichtquell, er besitzt sein: Licht durch die
mystisches „Unnötigwerden“ der Kirche. Origenes geht bei der Lichtzeugung der Geburt aus dem Vater, er ist das rpwroyevvn-
Entfaltung dieses allzukühnen Gedankens wiederum aus von dem vov p&G®?), das am Ende der Zeiten, wenn die Sinnenwelt sich
Wort des Herrn an die Apostel: öneig &ore td P&g roO xöguon "%), auflöst, aufstrahlen wird, das aber auch jetzt schon den „Erleuch-
teten“, denen so das Ende der Zeiten und die Auflösung der Sin-
”) Johanneskommentar ], 25 (IV, S. 31, Z. 23f.). Es ist für das theologische nenwelt schon angebrochen ist, in die geistige Mitte ihres Herzens
Denken des Origenes ungemein bezeichnend, daß er an ganz bestimmten Punkten
seiner Spekulationen dieses Warnungszeichen vom „Wagen der Wahrheit‘, das
”) Jo 8,12; 9,5. Origenes, Johanueskommentar I, 25 (IV, S. 30,
Wort toAunteov anbringt. So im Johanneskommentar, wo er sagt, man könne Z. 17).
°) Johanneskommentar I, 25 (IV, 8. 31, Z. 10—14).
kühn das Wort wagen, die unaussprechliche Größe und Göttlichkeit des väter-
lichen Logos scheine mehr in seiner Todesvernichtung auf als in seinem gött-
*) Ebd.(IV, 8.30, 2. 29 fi): p&s dh nöanov alohnröv 6 HAıde orıv, Kal werd
Todtov 00x Angdörıng fi veArvn xal of dorepes Th adıh dvdnarı mposayops
lichen Anspruch auf die Gleichheit der Gottnatur: toApntdov yüp einelv nlefova v-
Yrsovran,
nal Yarorepav xal AANd&s xar' einsva tod Ilarpds ir dyaysınra Yalvsodaı tod
®) Vgl. Origenes, Selecta in Psalm. 71,7 (PG 12,1524 C): oekrjvng yäp Avaı.
Xpıorod, dre Euvröy Eraneivooe yeyöuevog Unixoog peypı Sardrov, Desgleichen
povnevng Avapeltar xp6vos, xp6vov dR dvampedevrog te\og Ei 6 aladnrhs xdonoc,
spricht Origenes von „Kühnheit“, wenn er sich aufschwingt zu deu Gedanken
Insofern ist, wie Origenes im Johanneskommentar 1,26 (IV, S. 31, Z. 29—33)
von der überströmenden Freude in Goit dem Vater, der seinen eingeborenen
in platonischem Denken bemerkt, die Sinnenwelt wesentlich „falsch“
Logos in Liebe umarmt: Johanneskommentar XXXII, 98 (IV, S. 473, Z. 25 f£.). und nur,
„wahr“ in ihrer hindeutenden (weil nachbildenden) Funktion auf die
Vgl. auch Isaiashomilie 6,1 (GCS Origenes VIII, Bähreus, $, 269, Z. 2£.): si geistige,
unveränderlich wahre Welt, in die es schon hienieden hineinzuw
tamen audenter expedit dicere. — Jeremiashomilie 12,2 (GCS OrigenesIII, Kloster- achsen gilt:
Eon db 6 Xpiords Ps tuygivav xdanon, Pas dAndwöv npds AvrıdiaoroAiv alo-
mann, S. 88, Z. 17): ei d& BodAer toAunpdrepsv ue einetv, Inrod, odderds alofnrod dvros AAnhıvod, AAN oöyxi &nel obx dAndıvdv
”°) Vgl. zu den „Mondstationen® RE XVI, 1 (1933) Sp. 96. (W. Gunde)). ıd alo-
Intöv, peödog 1d alsdnıöv, dran yäp dvadoylav Eyeıd alodyrdv npds 1b von-
"') Ezechielhomilie 9,3 (GCS Origenes VII, Bährens, $, 411, Z. 2282). zöv, ob nv Td peßdog dyıßs navrdg »aenyopeiotar tod 00x dAntıvod,
’°) Matth 5,14, Origenes, Johanneskommentar I, 25 (IV, S. 31, Z. 8£.). °°) Johanneskommentar I, 25 (IV, S. 31, Z. 2).
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s der Gnade und von der verherrlichten Auferstehung sechsten Kapitel, wo sich die Exegese von Cant 6,9 auf die Kirche
an Die alljährliche Wiederkehr des österlichen Vollmondes, so nahelegte, und da wir auch durch die Ungunst der Überliefe-
der im Glanz der aus dem Grabe aufgehenden Sonne der Gerech- rung von Origenes keine Erklärung dieses für die Kirchenmystik
tigkeit erstrahlt, legte immer wieder die dogmatischen Zusammen- so fruchtbaren Kapitels besitzen, wird uns die Macht der von Ori-
hänge zwischen Kirche, Gnade und Auferstehung nahe. Athana- genes begründeten Tradition erst bei Theodoret von Cyrus
sius hat dies in seinem ersten Osterfestbrief wenigstens ange- wieder faßbar. Gewiß ist Theodoret ein getreuer Schüler der an-
deutet %) und in einem Fragmentseines Psalmenkommentarsdie Kirche tiochenischen Schriftdeutung und darum in seinem Kommentar zur
als die im Sonnenlicht Christi Strahlende, als den hehren Sonnenthron Genesis und in seiner Psalmenerklärung von fast enttäuschender
gepriesen®). Und Gregor von Nazianz, der in seiner zen Nüchternheit. Anders dagegen in seinem Kommentar zum Hohen-
theologischen Rede ein so wunderherrliches Sonnenlied anstimm! e lied. Hier ist nach seiner im Vorwort ausgesprochenen und offen-
und Helios mit griechischer Begeisterung pries als den Chorführer bar gegen den Rationalismus des Theodor von Mopsvestia gerich-
der Gestirne, vor dessen Strahlenglanz sich Selene und die Sterne teten Auffassung das Suchen nach dem geheimnisvoll mystischen
verbergen, der da ist „schön wie ein Bräutigam, gewaltig wie Fe Sinn durchaus berechtigt1%). Und so geht Theodoret hier ganz
Riese“ und so, wie schon Platon sagte, im Reiche der Sinne as in den Spuren des Origenes, den wir, gerade was die Kirchentheo-
ist, was im Geisterreich Gott selbst 1%) — Gregor hat uns in einem logie betrifft, Wort für Wort aus Theodoret herauszuhören ver-
seiner schönsten Gedichte, einem Osterlied, die Gedanken von He- meinen !%),
lios und Selene ausgesprochen, die den Christen am Fest der Auf- Die Braut, die da aufsteigt „wie die Morgenröte*, ist die irdische
stehung erfüllen: +0) Kirche, deren Aufgabe es ist, das Kommen der göttlichen Sonne
cool uev, ävas, Bastwv bbiöponos dorpu xakünter anzuzeigen !%). Wenn aber der Sonnentag der Unsterblichkeit an-
xörlov üngpreilov Zurupov bg OD vöas. , gebrochen ist durch die herrliche Ankunft Christi, dann wird auch
cool Lhsı PYivöher Te Auorßadig Önua TO vuxtög die Kirche „schön wie der Mond und auserwählt wie die Sonne“
Mnvn, mAndıyahs abdıg Enepyonevn. sein.
Diese vollmondliche Schönheit der geistigen Selene wird nun mit
Indessen dürfen wir, wie bereits in der Einleitung bemerkt wurde,
Worten geschildert, die nur in der antiken Tradition der Astral-
in den Schriften der kappadokischen Theologie eine reichere Au mythologie verständlich sind und, wie wir glauben, aus Origenes
beute an Mondsymbolik nicht erwarten. Selbst nicht in den Er- stammen. Es wird jedenfalls ausdrücklich auf das Zeugnis derje-
gänzungen, die der sonst so mystisch en nigen hingewiesen, „die in diesen astronomischen Dingen bewandert
Nyssa zum Hexaemeronwerk seines Bruders Basilius geschrie en
hat!®), In seinen Hoheliedhomilien kam Gregor nicht bis zum die gleichen Gedanken, die wir bei Origenes als Grundlage seiner Allegorese
er-
kannt haben. Selene hat einen im Gesamtgefüge der Elemente betrachtet
mehr
= terfestbrief 1,1 (PG 26,1360 B). zur ungeistigen, gleichsam verdickten Materie neigenden Leib, der infolge dieser
a
“ Yang aus dem Psalmenkommentar, zu Ps 88,38 (PG on 2 der dunklen Erde nahen Kompaktheit das eigene Leuchten verhindert und so um
@pövos Xpıorod Evvöen hr a -
ö Ipövög adrod 6 fiAtos &vavılov nov, so geeigneter ist, den Glanz der ‚Sonne widerzustrahlen: Öıxhrepöy te xal na-
Inavanaderer Adp adıfı . Zora odv, gnalv, f ’ErxAnoie Kpiorod au Moss xbtepov... rd oeAnvaloy oöud pri, npdg rd Karbrepov xareondahn, xal zöv nepi-
#oi portkousa tiv Un’ odpavöv xul uEvousa Binyaxbe; &onep ö fiAtog xal fl = A yeıov x&pov mepinolei tiv nv yüp olxofev Aapnmödva A Ts odolag naxdıng
=
40) Gregor von Nazianz, Oratio theologica u, 29 (PG 36,68 Bi &rrußAvve. Gregor spricht aber doch auch in diesem Werk einmal von dem für
a ;
*opvgaiog Xopoß, ny&ov obs &kloug dorepag Anonpinsiv Yardpdene, “ seine Mystik so bezeichnenden geistlichen Seelenaufstieg, der den Paulus in -den
mE
vouplos, tayds bs yiyas xal neyas, Hier auch ein Zitat aus Platon (all nr „dritten“ Himmel führte, indem seine Seele durch alle die kosmischen Elementen-
a en
ohne seinen Namen zu nennen), das indes etwas umgeändert it (vol. sphären in die selige und tönende Ätherwelt hinaufgerissen wurde (PG 44,121
CD).
Polit. VI, 19, 508C): toöro &v alotnroig filtog Önep Ev vonroig Yeög; Ben or °) Theodoret von (Cyrus, Hoheliedkommentar, praef. (PG 81,52 D;
II, 30 (PG 36,69 A). Vgl. auch die hier gebrauchten Ausdrücke aus - Tom 53 A): dana zöv donärov npocsayopsderan ıd BıßMiov, dr r& neilo tod Yeod &ya-
bponovs
astronomie: ‚od 52 Ayvog seArvng Adaxal nddn xal nerpa parbs xal Höınzog elön didkoxov Nuds, al rd Evdsrara xal Adura zul 'äylov äyıc tig
Yelag
Nriv Pilavdpuniag Anoxaldntov uuorripia,
er eear von Nazianz, Poemata de seipso I, 38, v.15—18 an %) Vgl. dazu W. Riedel, Die Auslegung des Hohenliedes in der jüdischen
2
102) Gregor von Nyssa, Apologeticus in Hexaemeron (PG Er 6 Gemeinde und der griechischen Kirche, Leipzig 1898, S. 86-95.
von der Natur des Mondes denkt — es
Gregor sagt aber wenigstens, wie er "°) Hoheliedkommentar IV, 9 (PG 81,176 ©.
342 H. Rahner, „Mysterium Lunge“ . ]. Die sterbende Kirche, 3. Spätere Griechen 343
sind“. Selene im Vollglanz ist nicht unvosidng, od dixörouog obdE die ganze Welt erleuchtet“ und doch — so lautet der tiefsinnige
Aupixvprog, ANA reiela navoeinvog, obdev Areltg Exovoa, nävyra Widerspruch, den wir nur aus der origenischen Todestheologie ganz
tov xUxAov nepwrıguevoy deixvbovca 10), „Es sagen nun die Astro- erfassen können — selbst wieder, eben durch dieses Gefülltwerden
nomen, daß Selene ihr Licht von den Strahlen des Helios empfängt. mit dem Sonnenlicht des Logos, aufhört, Mond zu sein: od uövov
Und zwar erhält sie nur einen kleinen Streifen Licht, wenn sie sich dE Eorı N vöupn bg &xlexen aeArvn, GAAG xal dig flog Aavaoıpd-
nur ein wenig der Sonne zuwendet; steht sie aber Helios voll ge- par Ev rö ueMovrı Bip1H!), Die Kirche ist also in Wahrheit „Selene“:
genüber, dann schaut sie ihm voll ins Antlitz und bildet wie ein hineinverschwindend in ihren eigenen Glanz, der ‚doch der Glanz
Spiegel des Helios Antlitz in sich aus, wird so ganz erleuchtet und des Logos ist, versinkend -in das 9d4ußos, das m/stische Staunen
nichts bleibt an ihrem Leib, das nicht strahlend wäre“ 107), Das ihrer endzeitlichen Entwerdung.
vollzieht sich auch an der Kirche, wenn der nimmerendende Sonnen- Wir haben bisher diese mystische Betrachtung des innersten
tag aufgeht. Die Kirche wird hier, fast wörtlich wie bei Origenes, Wesens der Kirche eine „Todestheologie“ genannt. Daß dies nicht
ein oboınua r&v Ev Aperfj terekeimuevov ıbux&v genannt, die Ver- etwa eine unberechtigte Übertragung moderner Gedanken in die
einigung der in die Mysterien vollkommen eingeweihten Seelen, die Dogmatik der Kirchenväter ist, sondern in die geistige Mitte der
nun „mit unverhülltem Antlitz in die Glorie des Kyrios hineinschauen patristischen Kirchentheologie hineingehört, zeigt uns am deutlich-
wie in einen Spiegel“ (2 Kor 3,18). So wird die Kirche zum immer- sten Cyrillus von Alexandrien, der das dogmatische Erbe
leuchtenden Vollmond, ja sie wird (in Anspielung auf das Propheten- des Origenes, gereinigt in der Kraft der nachnizänischen Spekula-
wort Is 30,26) selbst zur Sonne, deren Licht Ydußosg, ekstatisches tion, übernimmt, ohne ihr die schönsten und kühnsten Gedanken
Staunen hervorruft: xai yiveraı dAn pywrosiähs &g Zorxevar oeANvn, zu beschneiden. Es ist nun für die der kirchlichen Lunarsymbolik
xar geAnvn Exkexri, rovrsor meninpwuevn. Od uövov dE geAnm zugrundeliegende dogmatische Überzeugung wichtig festzustellen,
Eoıxev, AAAd xol flo, xai AA Ydußog &umoroövrToig öpWoıv1R®), daß ihre Formkraft sich mit einer wundervollen geistigen Behendig-
So geht der Blick dieser Kirchentheologie, gleich wie bei Metho- keit auch anderer Symbole bemächtigt: mit anderen Worten, um
dius, zunächst hinauf in die seligen Regionen der endzeitlichen Ver- die ganze Tiefe und Schönheit der patristischen „Todestheologie*
herrlichung. Aber Theodoret ist zu sehr ein geistiger Schüler des zu erfassen, dürfen wir nun nicht nur Belege für die Mondsymbolik
Origenes, als daß er nicht nun auch den Blick zurückwendete auf ” , suchen, sondern müssen auch in den weiten und endlosen Berei-
die irdische Kirche, die ein noch verdunkeltes Abbild der himm- chen der übrigen patristischen Symbolik die allen Allegorien inne-
lischen Kirche ist und erst sterben muß, ehe sie voll erleuchtet wohnende Dogmatik aufspüren. Nun ist aber das Grundgesetz der
wird. Wohl ist sie in der Nacht dieser Irdischkeit wie das tröst- Theologie des Kirchentodes: die Kirche muß sterben, damit sie
liche Mondlicht, das dem Wanderer den Weg erleuchtet: 4X’ &reıöh leben kann, sie muß entwerden, damit sie gebären kann, sie muß
viß 6 Blog... dvayxalug bg Ev vuxri olöv tig oeArvn &oriv fi ins Dunkel Christi hineinwandern, damit sie ewig leuchten kann;
’Exrxindia, robg Ödoınöpovg PuriZovoa, xal iv ebyelav 6d0Y dino- sie ist Braut in der Ekstase ihrer Hingabe, Mutter in der verzich-
deıxvVovoa10), Aber in sich ist die irdische Kirche nur „Morgen- tenden Selbstbescheidungihres irdischen Wachstums, Königin in der
rot“, nur hindeutend auf die unvergängliche Ruhe des kommenden Umkleidung mit dem Licht des „Gott alles in allem“. Das ist das
Tages, und ihre Schönheit ist noch halb verhüllt: &x u£povg yap Todeslied der Kirche. Und so sagt denn Cyrillus ausdrücklich:
adräg Ei Tod napövrog td xdAXog Yırmoxeraı110), Die ganze Herr- „Lasset uns nun anstimmen das Loblied auf den Tod der Kirche,
lichkeit der Kirche, wenn der Tag des Herrn kommt, wird aber auf den Tod, der uns zurückführt zu den Urquellen des Lebens,
sein, wenn sie „vollgefüllt vom Licht des Herrn mit ihren Strahlen das da heilig ist und in Christus“: &ramweoouev dh oby rdv roı-
odrov rfg ’ExxAnolag Havaroy eis dpyäas dvapkpovra wis tg
1) Ebd. (PG 81,177 A).
') Ebd. (PG 81,177 A): pool d& mv oskıvnv ol nepi tadra dewvol Und ör
Aylas ve xald Ev Xpiorh'l2), Wie Rachel an der Geburt ihres
AMaxav äxtivav Önodegonevnv Td P&c, Ppayb iv Aaußdreiv pc, drav Bpaxd Letztgeborenen starb, so führt Cyrillus in einer von der Lunarsym-
Köptov adıfis BAenn rov fAıov, drav dE xardvrixpug yerouevn 8Aov. dempfj töv bolik zunächst verschiedenen, aber doch ganz in sie hineinwach-
fihtov, olöv zı xätonıpov 8Aov abrod rdv dioxov Exuarrouevn, 5An Ymrikerar xal senden Allegorie aus, so stirbt die Kirche von ihrer Irdischkeit hin-
oddey Tod ouuarog HEpog Aphrıorov xarakeineı,
’0®) Ebd. (177 B). 1) Ebd. (177 B). #1) Ebd, (1804).
10) Ebd. (1770). "#) Gyrillus von Alexandrien, Glaphyrorum in Genesim 6 (PG 69,329 C).
344 H. Rahner, „Mysterium Lunae“ I. Die sterbende Kirche, 3. Spätere Griechen 345
ein in die Geburt des ewigen Lebens. Dieses Sterben bedeutet a rov Exdorov vobv npds Yurıou
dv fi Avdßie-
schon jetzt das Absterben für die Welt, das Hineinwachsen in das ıv 16),
geheimnisvolle Leben in Christus: xöou@ uev Anotavodoa did Tb ‚Ein hat diese erhabene Dogmatik der sterbenden
Kirche in
u dveyeodar ppoveiv ra adrod, FED de Lhoa nvevuarıxdc Ev Xpı- ein Zwiegespräch geprägt, das uns, losgelöst von aller
Symbolik,
oh dä nolıreiag ebayyelıxfstl3). Wohl ist sie noch in der Welt, den reinen und tiefen Gehalt der Todestheologie wiedergibt:
„Also
da sie noch umgeben ist vom Fleisch, aber sie ist in das Myste- wird die Kirche nach dem Umlauf der Zeiten aufhör
en zu sein
rium Christi hineinbegraben, man sieht ihr in der Welt den ihr also wird ihr Glanz gewissermaßen ausgelöscht durch einen
Tod?
bereits „innerlichen Sonnenglanz Christi“ noch nicht an — hier be- Darauf antworten wir dieses: Wenn Du das Wort „Kirch
e“ hörst,
rührt sich diese Allegorie der sterbenden Mutter unmittelbar mit so wisse, da& man Dir spricht von der heiligen Gemein
schaft der
den Gedanken von der durch den Sonnenglanz erleuchteten Selene: Gläubigen. Ihr Sterben ist, in Nachahmung der Lebens
gesetze des
ei yap xal Eorıy Ev aöoup did chv Ev oapxi Loriv, GAA' olovei xpönte- sichtbaren und fleischlichen Lebens, ein Hingehen dorthin
, wo wir
zaı Tb £v xöoup Aaurnpdv obx Exovca, uovovoyyi dExal ouverden Xpı= das Bürgerrecht und das Leben in Christus erhalten,
ihr Sterben
or$!14), So endet auch bei Cyrill diese Dialektik der Kirche mit dem ist der Wendepunkt zur Umwandlung in das Bessere
, das über
dunklen und doch klaren „Widerspruch“: die Kirche ist umleuchtet allem Geschaffenen liegt. Der Tod der Rachel bedeut
et also wahr-
von dem göttlichen Licht Christi, der das einzige Licht im Reich haftig den geistigen Tod in Christus für die Schar der
Glaubenden,
“ der Geister ist; es gibt also nur ein einziges Licht, und doch leuch- das ist für die Kirche, der uns hinüberführt in ein
anderes Leben
tet die Kirche, die nicht Christus selbstist, in diesem einzigen Licht. aus der Schwächlichkeit in die Kraft, aus dem Verach
tetsein in die
Und sie leuchtet so, daß zwar hienieden dieses Licht noch verbor- Ehre, aus dem Zerfallen in Unvergänglichkeit, aus
der Begrenztheit
gen ist, nur aufscheint für die, welche dieses Licht aufzunehmen der Zeit in das göttlich unveränderliche Leben“),
und welche als wahre Mystagogen es zu- spenden verstehen. Aber So führte denn die allegorische Exegese die Theolo
gen von Ale-
einst, wenn das wahre Leben beginnt, wird die Kirche ewig leuch- xandria, die dem besten Geist des gewaltigen Origen
es treugeblie-
ten und zugleich zu leuchten aufhören, sie-wird ewig da sein und ben waren, in dogmatische Tiefen ein, die dem
bloßen Wortver-
ewig unnötig werden: im Sonnenglanz der Schau Gottes, die im ständnis der Antiochener immer verborgen blieben
. Am Ende der
enthüllten Antlitz Christi aufleuchtet, wird sie verdunkelt und zu- griechischen Väterzeit hat uns ein letzter Erbe
des origenischen
gleich erleuchtet. „Wie niemand am sichtbaren Himmel Sonne Denkens das Grundgesetz dieser mystischen Schrift
theologie in ein
und Mond auslöschen kann, so kann niemand unter den Menschen
*®) Gyrillus Al, Isaiaskommentar 60,20 (PG
das Leuchten der Kirche verdunkeln, das heißt ihr nur geistig er- 70,1345 CD; 1348 A). — Vgl.
dazu auch, was Theodoret von (yrus zur gleiche
faßbares Strahlen. Denn ewiglich wird sie leuchten wie Sonne n Stelle sagt (PG 81,469 B):
ö nEMov Bios... y&p odre AAlov odre aekıivng xpnler.. adrd yüp Eyeı
und Mond“115), Und doch gilt auch zugleich, daß dieses ewige 108 eo
Tb Äppnrov pac. — Vgl. endlich, was Euseb
ius von Caesarea über das
Leuchten des geistigen Lichts in Christus nicht mehr der Sonne endzeitliche Geschick der beiden Himmelslichter sagt,
die in der Neugeburt des
und des Mondes bedarf, nicht der sichtbaren und nicht der un- Weltendes ante eine vergeistigte Existenz erhalte
n: oi Yuorpes Erepav
sichtbaren: rd dE ye Yeiov xal vontov (Pc)... Aoßeorov Eoraı xpeitto
ee va ;
-Afiäıv donep p tivös 5 nakıyye ynoi as rev&öpe
yyevnol 6 vor:s Isaiask
i ommentar 13,10
xal dxärdAnxTov xal deipaves, Öote unte Nov une oeAnvng Ev
, 4?) Glaphyrorum in Genesim & (PG 69,224 D; 225 A): nenavo
era d& odv N
us) Ebd. (PG 69,329 BC). ExnAnoia xara xapobs, xal oßeofroerdı Yarärp zpönov
rıva; mpdg dk t& toidde
114) Ebd. (PG 69,329 C). gaudv * "ExxAnofav Stay dxodong, chv Toy morevö
rov dylav nAndov Tohı zor
415) Oyrillus Al, Fragmente des Psalmenkommentars, zu Ps. 88,37. 38 (PG Akyeıy , fi rd Exredrdvan xurd Tönov Zofie ıfis Ev xöonp
xal vapıxfc, 5d6a orı
69,1213 D). Der Text dieses Fragments ist zum Teil fast wörtlich der gleiche wie pbs, Enidoow this dv Kpiorb noAırelas xal Lofis
xal neraordoewg zp6nog eis 1%
in dem bei Athanasius (vgl. oben Anm. 12) vorkommenden Stück, Dagegen dpeivo xal Ömepxeineva, Es liegt ganz in der Richtun
g der von Selene symboli-
ist bei Cyrillus noch ein Zusatz zu lesen, den wir hier zitieren: &onep oBdeig sierten Theologie der irdischen Entwerdung der Kirche,
ist aber auch zugleich
&v obpavolg zöv ou xal asAryng xUxkov oßeoaı duyıjastaı, odtmg oddelg Ev ein Beweis für die fast willkürliche Veränderlichkeit
der Mondallegorie, wenn bei
ivdpbnorg Auaupbası nors rag fc "ExxAnolag adyds, fror hv Aaunpömta tv Cyrillus der Mond nun nicht nur das Symbol der irdisch
en Nacht, sondern ge-
vonzäv.. palver dE &cl xatänep 5 Frog xal fi oeArvn. Die Herkunft des Frag- radezu des Teufels als des Fürsten der Finsternis,
als dessen, der „über die Nacht
ments ist ganz dunkel. Sollte man nicht auch hier an Origenes denken dürfen, gesetzt ist“, erscheint. Vgl. dazu Glaphyrorum in Exodum
2 (PG 69,424 CD) und
jedenfalls, was den mit Athanasius gemeinsamen Text anlangt? Cyrillus, Osterfestbrief 1,2 (PG 77,408C).
346 H. Rahner, „Mysterium Lunae“
I. Die sterbende Kirche, 3.
Spätere Griechen
herrliches Bild gefaßt, Anastasius 347
der Mönch vom Sinai: Et ventum Solis Christi Dei
ideo excutientes spicam ‚Seripturae ab extrinsecus et eius coniugis Ecclesiae
imposito operculo nempe Christus, et conjux ... illuxit ‚Sol,
litterae Mosaicae, primam rationem, gramu eius Luna, nempe Beclesia!22)
m, inquam, quod est ab- Leuchten werden nun auc , Von diesen
sconsum intra frumentum, nempe Christum h die Sterne bestrahlt,
inquirimus!!$), Er sagt wie es die Ge-
dies ausdrücklich als Grundsatz zu seiner
Erklärung der Erschaf-
fung der zwei Gestirne, der Sonne und
des Mondes. Dies alles ist
uns in den heiligen Schriften geoffenbart,
um das einzige Mysteri- significante quod a Christo,
um vorauszudeuten, das Geheimnis qui cadit sub intelligenti
in Christus und der Kirche: Eeclesia et Sanctorum lum am, ilustratur
res ommes praofigurabant Christum et eius inaria!23),
Eeclesiam. Nicht als ob ‚Die hyperkosmische Ord
er den Wortsinn des Schöpfungsberichtes nung also ist wiederum
verflüchtigen wollte: Zrgo Kirche, Apostel. Und umg diese: Christus,
eorporaliler quidem dieit Scriptura de üs, ekehrt: das Licht, das
quae a Deo vere convenien- die Heiligen ausstrahlen, die ‚Apostel, das
ter litterae facta sunt ereaturis. Aber fällt zurück auf die Kirche
in diesem Wortbericht ver- Selene, die wiederum alle , die geistige
borgen liegt das göttliche Weizenkorn s zurückwirft auf die Son
des Mysteriums: per ips@ am Himmel die Herrschaf ne Christus, die
autem eitra ullum -mendacium ‚praesignifi t ausübt und alles Licht
cans totum mysterium Ohristi Urquelle, zum ewigen Vater: zurückführt zur
et Eccles iae!!?), habet alium quoque principat
Und nun zeichnet Anastasius den Sphär
Principium hic caelestis
Sol Christus, Ipse enim um seu
enplan des geistlichen viam nobis ad Patrem mun Primus incepit et
Kosmos, wie er vom sichtbaren Gestirnhim iit ac paravit sublato sur
mel vorgebildet wird, Er ist die Sonne, die dur sum homine 1m),
Er beruft sich bei seiner Exegese ausdrückli ch die Geburt aus der Jun
ch auf die älteste Theo- um bei der Rückkehr zum gfrau aufging,
logie, auf Papias von Hierapolis, auf Pant Vater wieder unterzugehen
änus und Klemens, der Nacht seines Fernseins und uns in
die ersten Leuchten der alexandrinische zu erleuchten durch das zwe
n Schule, auf den aller- licht, das „über die Nac ite Himmels-
weisesten Ammonius, der ihm die Theol ht gesetzt ist“, die Kirche
ogie des Cyrillus von Mihi videtur, quod :
Alexa ndrien vermit
telt!?%), Auch Basilius und Gregor von et verbis et rebus et figuris
aptum et accommodatum est
exemplum Solis et Lunge
Nyssa fehlen nicht unter seinen Zeugen!®), ad Christum et Beclesiam.
Es werden uns also haec duo luminaria, mag Nam cum fecisset Deus
in dem Hexaemeronkommentar des Anastasius noch einma Lunam auiem ad Occa
num, nempe Solem, statim fixi
t ad ortum firmamenti,
großen Gedanken der patristischen Gestirnthe l alle sum, nos docente hoc evem
plo, quod in Principio
ologie lebendig faßbar. Christi, ipso Christo sple adventus
ndente in carne super terr
Bevor Gott die beiden großen Himmelslichter Eeolesia, Adhue enim am, Christi non splendeb
at
schuf, war nur un- stabat in occasu ‚peccati
"”°),
bestimmt zerfließendes Licht in der Schöp Daran schließt nun auch
fung. Erst am vierten Anastasius eine symbolisc
Tag, dem Tag der Vollkommenheit, ersch theologie, die wir am bes he Kirchen-
ienen die beiden luminaria ten mit „Todestheologie*
magna, Christus und die Kirche, die von dem beginnt die „Nacht“, in bezeichnen. Jetzt
unbestimmten Licht der die Kirche zu leucht
en beginnt, eine
der drei ersten Tage angekündigt waren: mundo annun Nacht, die aufhört, die
tiantes ad- den Mondschein „unnötig“
die Sonne Christus endgül macht, wenn
4°) Anastasius Sinaita, Anagogica Contem tig sich ausihrer Verborgen
platio in Hexaemeron 4 (PG wieder erhebt. heit im Vater
89,891 A). Dieses merkwürdige und theologisch
ungemein reichhaltige Werk ist Cum autem Christus oceidens
uns nur in einer aus unbekannter Zeit stamm , in caelis accessisset ad Patr
enden und sehr ungeschicktenlatei- Lana, tune ostendit per em, tunc orta est
nischen Übersetzung erhalten, mit Ausnahme ationem, tunc dominata
von einigen aus Katenen stammen- minavit eos gui erant est tenebris noctis, tune
den griechischen Fragmenten und dem. ebenfa in tenebris, tune Principa illu-
lls im Urtext erhaltenen zwölften tenebrarum huius saec tus et potestates, et prin
uli conculeavit ... et ideo cipes
Buch mit dem herrlichen Schlußhymnus aufdie dieitur Tacta esse a Deo in prin
Kirche. Vgl. O0. Bardenhewer, eipatus seu Principia noctis, .
Gesch. d. altk. Literatur V, Freiburg 1939, S. ut quae post occasum Solis,
41 #. iluminetur inaspectabiliter nempe Christi, ab ipso
19) Ebd. (PG 89,894 D und 895 A). , guomodo etiam hima a sole
"),
120) Ebd. (PG 89,860 ©). Hier wird vor allem 2) Ebd, (895 BC). Vgl. auch
Papias von Hierapolis 891 D; 899 A: in profundis
und sein (unseres Wissens sonst ganz unbekanntes) nosae impietatis tenebris vita nocturnae et caligi-
Werk „Epistethios“ als Quelle adhuc agebatur, Priusquam
angegeben. Sollte dies wirklich keine Täuschung Apostolorum el doct illucesceret multitudo
des Anastasius gewesen sein, so orum, lueidae inquam quae
gquam oriretur Christus sunt'in terris stellae, et
wäre dies ein deutlicher Beweis für das Alter Sol Tustitiae cum eius prius-
der (wie wir saben jedenfalls schon conjuge Luna, nempe Eecl
bei Theophilus von Antiochien anklingenden) "°) Ebd. (897 A), esia,
pneumatischen Genesisexegese.
'”) Ebd. (858 C; 873D; 897B; 899 BC), 324) Ebd, (902 A; vgl. auch
896 D; 897 A; 898 B).
”*) Ebd. (903 A).
*?°) Ebd. (903 B).
I. Die sterbende Kirche, 3. Spätere Griechen 349
348 H. Rahner, „Mysterium Lunae“
Ahnung gewartet hat, vorauszudeuten: das Mysterium in Christus
hen Nacht ist also
Das Leuchten der Kirche während dieser irdisc und der Kirche:
rgega ngene n Christ us“, ein beständiges
ein Widerschein des „unte O geh uns nimmer unter im Dunkel des Neumonds
Dunke lwerd en, das irdisc he Sterb en und Neuer-
Sich-ändern und Du immerstrahlende Selene! '
stehen der geistigen Selene. Erleuchte uns den Pfad
et privationem seu lucis defec-
Unde tamguam Luna quaedam per aversionem
orum subit Beclesia, animi Durch das göttlich unbegreifliche Dunkelder heiligen Schriften!
kum obscuros haeresum defectus et afflictiones inimic
refulgens aut lucem pro- O höre nicht auf,
deliquium fere patiens et tamguam defieiens, cito autem
priam recipiens"”). Du Ehegemahl und Weggenossin des Helios Christus
Leuchten Der als Dein Mondbräutigam Dich umkleidet mit seinem Licht,
So vollzieht sich also an der Kirche nachahmend das
us, das Leuch ten seines irdischen Ja, höre nicht auf, uns aus ihm Deih Strahlenleuchten zu senden,
und Untergehen der Sonne Christ
Lebens, das Unter gehen seines irdisc hen Sterbe ns und seines Ver- Damit er (Christus), aus sich durch Dich, den Sternen sein Licht
ndens in das dunkl e Licht des Vaters hinein . Denn die Kirche Und sie entflamme aus Dir [schenke
schwi
ist wie Selene im sichtbaren Kosmos, Schwester und
Braut des Für Dich! |
salsge nossin , die mit ihm den Lauf
Helios, eheliche Gefährtin, Schick Mn Mnoıg fi Exdehbng
hrt, zur Erleu chtun g der nächtl ichen Sterne , das
am Himmel vollfü & dsıpavng Zeirnvn
in dieser pneu-
heißt der in der Kirche vereinigten Gläubigen. Und xadodnyodsc Auäg Ev ıfj voxemi tfis Yelag Tov ypapby navvv-
ichen Zusam menwi rken der
matischen Konjunktion, diesem bräutl xiag xal Axaralnıblag .
gründ et alles geistl iche Leben , das aus dem
beiden großen Lichter, Mh xararneng
eine geheim-
Vater stammt und zum Vater heimkehrt — wiederum & sögoye xal obvdpoue Tod 000 Äupıpurov oeAnvavdpov
Natur der Himmels-
nisvolle Nachbildung der Gesetze, die Gottin die HXov Xpıorod
qui res Solis et Lumae diligenter
lichter gelegt hat: dicunt enim, Mh tiv 88 adrod Axriva Nuiv Xataneunovon
guber-
investigarunt, quod ab his duobus luminaribus administratur et önug LE abroddid God xarapmridag noA\o0s Puotfipag
. In der
natur ac dependet universa quae est sub caelis creatura!”®) &x 0od &Eavdıbor oor „120)
gesetzt
sterbenden Vernichtung des Gestims, das „über die Nächt
Ehegemahl‘ 12)
ist“, in der bräutlichen Hingabe an den „Bruder und
120) Ebd. (PG 89,1076 CD). Der Text des Hymnus ist schlecht überliefert, so
rgen zu dem geheim nisvol len Wachstum, zu daß der erste Herausgeber, Andreas Dacerius (London 1682), manche recht ge-
liegt die Kraft verbo wagte Verbesserungsvorschläge angemerkt hat. Auch wir haben zwei Emenda-
das im zweiten
der gebärenden Fülle des geistlichen Lebens, wie wir tionen angebracht, die mit nur ganz geringfügigen und zudem paläographisch
haben , indem wir die bisher
Teil dieser Untersuchung zu zeigen viel naheliegenderen Änderungen den sonst fast nicht aufzuhellenden Text sehr
Theol ogie des Anasta sius weiter führen.
gezeichneten Linien in der gut aufhellen. Aus dem unmöglichen &$eias (das zu erklären der erste Editor
am Ende seiner pneum atisc hen Hexae meron erklä-
Anastasius hat gleich drei andere Verbesserungen anbringen muß) machen wir Yelas (v. 2). Und
ausgeb reitet e Theo-
rung die im ganzen Werk in reichster Fülle arabiiong ändern wir zu xataArj&ns (v. 4), wodurch das davon abhängige xara-
us an die Kirch e zusam menge -
logie in einen begeisterten Hymn reunouse den einzig möglichen Sinn erhält. “
Wort gleic hsam gelade n ist mit der dogma ti- (Fortsetzung folgt.)
drängt, in dem jedes
— in Wahrheit
schen Symbolik der ganzen griechischen Väterzeit
ischen Geistes auf
das letzte Wort des christlich gewordenen griech
ffen waren , um das große My-
Helios und Selene, die dazu erscha
die griech ische Frömm igkei t voll dunkler
sterium, auf das auch
27) Ebd. (903 BC). 128) Ebd. (903 CD).
gedeuteten bräutlichen
129) Ebd. (896 C). Zusammen mit dem auf die Kirche
wird hier die Kirche „Braut und Schwester“ Christi
Verhältnis Evas zu Adam
und Schwester“ des Heliosist:
genannt, so wie in der Natur auch Selene „Braut
A wird in einem sehr
soror eius (sponsi Solis) Luna, nempe Ecclesia. — 898
, der sich in der
tiefsinnigen Abschnitt die menschliche Natur „Mond“ genannt
Menschwerdung die Sonne Christu s vermähl t hat.
ea
Mi & : ;
H | h „Mysterium Lunae“ 429
ilI
Luna vergleicht: Luna ipsa qua prophetieis oraculis species Beclesiae figuratur,
|
„MYSTERIUM LUNAE“ cum primum resurgens in menstruas reparatur aetates, tenebris moclis abscon-
EIN BEITRAG ZUR KIRCHENTHEOLOGIE DER VÄTERZEIT ditur, paulatimque cornua sua implens vel e reyione Solis absolvens splendore
VON HUGO RAHNER — INNSBRUCK Fulgoris irrutilat.‘) Ambrosius will hier sagen, daß alles auf Erden, auch der
' | (Fortsetzung) heidnische Kult des römischen Imperiums, seine Zeiten der Blüte und des Ver-
N ) 4 falls hat. Selbst die geistige Luna, die Kirche Christi, habe ihre Gezeiten, aber
sie allein erneuere stets wieder ihr Licht und ihre Jugend in einer Neugeburt und
il i Und nun geht unser Blick hinüber in den Westen, wo Ambrosius in einer immer wiederholten Auferstehung. Nicht also die „Hinmlische“ aus
| von Mailand die alexandrinische Tradition in Theologie und Schrift- Karthago und nicht Venus oder Diana, sondern nur die Ekklesia .als die Braut
deutung so entschlossen aufnahm. Es mag sein, daß er dabei den und Schwester des Helios Christus, ist die immer Siegreiche.
großen Gedanken des Origenes nicht immer den richtigen systema- Ambrosius beginnt seine Kirchentheologie mit der Darlegung der „aturhaften
tischen Ort zuwies, manches allzu äußerlich übernahm und nicht Vorgänge an Sonue und Mond. Am Anfang seiner Exegese des vierten Schöpfungs-
überall den durchdachten Ausgleich fand zwischen der von Philon tages erhebt sich sein Geist zu einem herrlichen Lobpreis der Sonne, zu einem
und Origenes und der von Basilius geprägten theologischen Form. Sonnengesang, in dem (ähnlich wie in dem Hymnus auf Selene bei Anastasius)
Aber Ambrosius hat doch, neben seinem genialen Blick für das das beste Erbe antiken Geistes umgewandelt wird zu christlich verklärter Natur-
freude. Es ist bezeichnend für die geistige Lage jener Jahre, da man gegen
Lebensnahe und das „Moralische* im echt römischen Sinn, auch
den Kult des Sol invictus das Weihnachtsfest einführte*) und noch der große
ein für die Feinheiten der alexandrinischen Spekulation und Allegorese Papst Leo gegen die allzu unbesehene Übernahme von Zeremonien des Sonnen-
enpfängliches Herz gehabt, und so hat bei ihm die Theologie des kults durch die Christen eiferte‘), daß Ambrosius sein Sunnenlied beginnt mit
Origenes von der sterbenden Kirche, von der geistigen Luna, eine den Worten des spätplatonischen Philosophen Sekundos®): „Die Sonne ist das
so begeisterte und klassisch geprägte Darstellung gefunden, daß durch Auge der Welt, die Freude des Tags, des Himmels Schönheit, der Natur Lieb-
sie Origenes, verkündet von dem bischöflichen Herzen des Ambrosius, reiz, das Juwel der Schöpfung!“ Aber dieser hymnische Lobpreis wird jetzt um-
selbst im Mittelalter unvergessen und unsterblich geblieben ist. gewandelt in ei Lied auf Christus: „Wenn Du die Sonne siehst, denke an ihren
Der Seelsorger Ambrosius hatte indes noch einen besonderen Grund, gerade Herrn, wenn Du sie bewunderst, singe ihrem Schöpfer. Wenn schon die Sonne so
die bei Origenes und: den altehristlichen Apologeten so eingehend besprochenen lieblich strahlt, wie gütig muß erstjener sein, der da ist ‚Sonne der Gerechtigkeit‘! )
Widerlegungen des antiken Kultes von Sol und Luna zu übernehmen und diesem Gleiches gilt nun auch vom Mond. Grundlage der ambrosianischen Lunar-
Kult die erhabene christliche Symbolik von Christus als ‘der wahren Sonne’und theologie ist die Darlegung der Naturvorgänge an dem Schwestergestirn des un-
von der Kirche als seinem bräutlichen Schwestergestirn entgegenzuhalten. Denn besiegten Helios. Ambrosius entnimmt, wie er einige Male andeutet, dieses sein
er predigte zu einer Zeit, da der von Aurelian und später wieder von Julian dem Wissen „ausgezeichneten Gelehrten, die uns an Alter und Begabung voraus sind“,
Apostaten geförderte und von der neuplatonischen Theosophie mit einer ver- auch „christlichen, gelehrten Männern“®). Wir wissen, daß er damit vor allem
lockenden und feingeistigen Dogmatik ausgestattete Kult des Sol invictus und Basilius meint, aber es dürften gewiß auch Origenes und Hippolyt in Betracht
der lunaren Muttergottheit auch für das Christentum eine ernste Gefahr bedeu- kommen, Aus diesen Quellen fließt seine Darstellung der Mondvorgänge, die wir
tete‘), zumal dieses von dem allzugroßen Zustrom der Mittelmäßigen aus dem kurz zeichnen müssen, um die daraus geschöpfte Symbolik zu verstehen.
Heidentum geschwächt und von den wilden Kämpfen des Arianismus zerrissen war.
®) Epist. I, 18,95 (PL 16,979 B).
Es ist darum nicht zufällig, daß Ambrosius in seinen Predigten zum Sechstagewerk
4) Vgl. dazu F. J. Dölger, Sol salutis”, Münster 19%5, 3f. und 186fl. —
das Lob der wahren Sonne Christus so begeistert singt, und daß er gerade hier
B. Botte, Les origines de la No&l et de l’Epiphanie, Löwen 1932. — K.Prümm,
seine aus der Moudsymbolik geformte Kirchentheologie so eingehend darlegt. In Zur Entstehung der Geburtsfeier des Herrn in Ost und West: Stimmen der Zeit 69
dem Brief, den Ambrosius zur Widerlegung der von Symmachusfür die nationale Er- (1939) 213 M.
neuerung des angestammten römischen Götterkults vorgebrachten Gründe schrieb, °) Leo Magnus, Sermo 27,4 (7 in Nativitate Domini) (PL 54, 218 £.).
kommt er — in bewußtem Gegensatz zu dem Allerweltskult der mütterlichen ° Fragmenta Phil. Graec. (Mullach I, S. 518. Z. 35 ff.; S. 513, Z. 12). — Am-
Goitheiten?) — auf die hehre Gestalt der Kirche zu sprechen, indem er sie mit brosius, Exameron IV, 1,2 (CSEL 32, 1, Schenkl, $. 111, Z. 21£.): oculus est enim
') Vgl. dazu J. Noiville, Les origines du Natalis invieti: Revue des etudes mundi, iucunditas diei, caeli pulchritudo, naturae gratia, praestantia creaturae,
. *) Exameron IV, 1,2 (8. 111, Z. 22—25): sed quando humc vides, auetorem
anciennes 3 (1936) 145. — Fr. Gumoat, Die orientalischen Religionen im rö-
eius considera, quando hunc miraris, lauda ipsius creatorem. Si tam gratus est
mischen Heidentum®, Leipzig 1931, 104 und 186 ff.
sol consors et particeps creaturae, quam bomus.est Sol ille iustitiae.
®) Ambrosius, Epist. I, 18,30 (PL 16,930 B): Unde igitur exemplum, quod
eurrus suos simulato Almonis in flumine lavat Cybele? Unde Phrygii vates et °) Exameron IV, 3,11 ($. 118, Z. 1f.): ut peritiores probaverunt, qui nobis
semper invisa Romanis non aequae Carthaginis numina? Quam Caelestem Afri, vel aetate vel munere praecurrerunt. — Exameron IV, 7,30 ($. 135, Z. 9£.):
Mithram Persae (}), plerique Venerem colunt, pro diversitate nominis non pro nonnulli etiam docti et christiani viri allegaverunt.
numinis varietate.
„Mysterium Lunae“ — 431
430 H. Rahner
miraris quo-
Grundlage für alle astronomischen Ausführungen ist die Anschauung, daß der eben diesem Geschick versinnbildet werden: unde si
Mond sein Licht von der Sonne empfängt. Lunaist „Braut und Schwester“ des modo defectum Luna patiatur, cum tantam vim mutationis habeat
Sol: similia de lumae ratione conveniunt, quae de consorte eius ac fratre me-
sue, considera et in eo magnum esse mysterium">). .
Das Mysterium, das durch den Mond und seine Leiden ange-
moravimus, siquidem in id se induit ministerium in quod et frater, ut inluminet
tenebras°). Luna ist gesetzt über die Nacht, in kosmisch festgefügter Ordnung
unter die Sonne, indem sie selbst wieder die Sterne unter sich hat, Ambrosius deutet wird, entfaltet nun Ambrosius ganz im Sinne der origeni-
schildert diesen hierarchischen Aufbau der Gestirnwelt mit Worten von entzücken- schen Theologie vom Todesleiden der Kirche. Wir sagen ausdrück-
der Poesie. „Je größer die Schönheit ist, die den Gestirnen vom Schöpfer ver- lich: der origenischen Theologie, denn gerade hier, mitten in die
liehen wurde, so daß... die Finsternis der Nacht durch des Mondes und der aus Basilius übernommenen naturwissenschaftlic} en Ausführungen,
Sterne Gefunkel erleuchtet wird und der Himmel im Schimmer feuriger Lichter fügt Ambrosius seine mystische Allegorie ein, von der wir bei Ba-
aufflammt, als ob er von Blumen übersät wäre... Juwelenschmuck des Himmels silius keine Spur gefunden haben. Diese Theologie von der sterben-
hat sie darum treffend genannt, und darin sind die Sterne wie edles Gestein. Je den Kirche gliedert sich bei Ambrosius deutlich in drei Hauptge-
größer also ihre Pracht erscheint, um so mehr sind sie in unserer Schuld“ 9), en. i1
In dieser kosmischen Hierarchie nun kommt Luna gleichsam eine zwischen Te rk sind die „Leiden der Luna“ nachvollziehendes Vor-
Sonne und Sternen vermittelnde Stellung zu. Sie ist „Braut der Sonne“ im bild des großen christlichen Grundgeheimnisses von der Entwerdung,
gleichen Sinn wie die gesamte Natur, die in einem empfangenden und damitgleich
der Kenosis des menschgewordenen Logos. „Der Mond nimmt ab,
sam bräutlichen Verhältnis zur Sonne steht, Mond und Natur sind consors Solis*").
So vollzieht sich an Lunas Geschick vorbildlich, was der ganzen Natur zukommt:
um den Dingen ibre Fülle zu geben".!%) Dieses Grundgesetz der
in ihrem Verhältnis zur Sonne, in den daraus sich ergebenden Wandlungen und lunaren Vorgänge, das wir später aus der Theologie des Ambrosius
„Leiden“ ist sie Symbol aller menschlichen Dinge. Wohl sind die Änderungen, noch genauer darlegen werden, ist dem Himmelsgestirn von dem
die das Auge an ihr wahrnimmt, nur scheinbar, denn in sich bleibt der Mond immer- eingeschaffen worden, der damit sein eigenes Grundgesetz der Er-
dar von gleicher Größe, den Indiern und den fernen Britannen: Zunae globus aequalis lösung vordeuten wollte. Ambrosius hat ‚diese erhabenen Gedanken
est omnibus'”). „Nur eine Abnahme des Lichtes, nicht aber der körperlichen Sub- in einer fast hymnischen Sprache und mit der ihm eigenen unnach-
stanz erleidet der Mond, wenn er allmonatlich sein Lichtkleid abzulegen scheint, ahmlichen Prägnanz ausgesprochen und in Worte geprägt, die auch
um es sich von der Sonne wieder zu leihen... Die Mondscheibeselbst ist immer von Augustinus nicht mehr übertroffen wurden und damit das
so groß, wie man sie sieht bei Vollmond. Aber durch die Verdunkelung des Schönste darstellen, was in’lateinischer Zunge von den Kirchenvätern
Schattens scheint Luna immer wieder gleichsam wie eine trauernde Witwe“ !°), zur Todestheologie der Kirche gesagt worden ist:?”)
So erleidet Luna nach geheimnisvollem Gesetz ihre „Mühen“: „für Dich leidet
Luna, des Willens Gottes wegen ist sie untertan geworden; nicht aus freiem Minuitur Luma ut elementa repleat.
Hoc est ergo grande mysterium.
Willen ändert sich Luna, sie seufzt und liegt in Wehen wegen ihrer Veränder-
lichkeit, sie harrt mit immer wieder erneuerter Sehnsucht auf Deine Erlösung, Donavit hoc ei qui ommibus donavit gratiam.
Exinanivit eam ut repleat
um endlich frei zu werden von der alle Kreatur belastenden Versklavung — und Du
setzest Deiner Erlösung und damit auch ihrer Befreiung nur Hindernis entgegen !“#) Qui etiam se exinanivit ut omnia impleret.
Exinanivit se ut descenderet nobis,
Mit diesen letzten und tiefsinnigen Worten deutet Ambrosius schon Descendit nobis ut ascenderet ommibus . . .
an, wie das kosmische Geschehen am Mond hineingenommen ist Ergo anmuntiavit Lama mysterium Christi.
in das Mysterium der Christen, die dazu berufen sind, auch der
Welt der himmlischen Gestirne die endzeitliche Freiheit zu erwerben. In diesem Geheimnis der göttlichen Entwerdung, des Herabsteigens
Luna pro te laborat: damit fügt der Prediger die Natur und das in die Menschwerdung, gründet nun auch das Mysterium der Kirche
Geschick des Mondes in den Bereich jener Wahrheiten ein, die von selbst. Die Kirche ist seit dem Augenblick der Inkarnation die nge-
liebte Kirche“, die Braut, die nun zusammen mit dem „Brudergestirn“
®) Exameron IV, 7,29 ($. 134, Z. 13—15). als geistige Luna durch die Nacht der Erdenzeit wandelt und in
1) Exameron IV, 2,5 (S. 114, Z. 1-8). ihrem Wachsen und Erlöschen die Kenose des Bräutigams nachbildet,
4) Exameron IV, 1,2 (S. 111, Z. 24): sol consors et particeps ereaturae. — bis zu dem Tag, wo sie voll erleuchtet ist und umstrahlt von dem
Exameron IV, 7,29 (S. 134, Z. 13): de consorte eius (lunae).
12) Exameron IV, 6,25 (S. 132, Z. 20£.). 1%) Exameron IV, 8,81 (8. 136, Z. 6-8).
+2) Exameron IV, 2,7 (S. 115, Z. 15-22). :°) Exameron IV, 8,32 (8. 137, Z. 19).
4) Exameron IV, 8,31 (S. 137, Z. 7—15). '") Exameron IV, 8,32 (S. 137, Z. 19—27).
432 . H. Rahner
„Mysterium Lu. 433
Licht "des Logos, wo „nicht mehr ich lebe, sondern nur
noch Christus in den Kreuztod hinein und damit die Vernichtung auch der Kirche
in mir“, „Nichts Geringes also ist Luna,in die Christus sein
Symbol- in einem mystischen Sterben zu erwägen. Feeit Iunam in tempora.
zeichen setzte, nichts Geringes sie, die das Bild der geliebten
Kirche Sol agnovit occasum suum. Auch in diesem Wort sei, nach
darstellt... Mit Recht gleicht die Kirche dem Mond: der An-
auch sie sicht seiner christlichen Gewährsmänner, das Mysterium in Christus
leuchtet der ganzen Welt und ruft, die Finsternis dieser
Zeitlichkeit und der Kirche verborgen angedeutet. „Die Sonne erkannte ihren
erleuchtend, aus: „Die Nachtist vorgerückt, der Tag
nahtsich!* 18) Untergang“: das gilt vom lebenspendenden 7reuztod Christi, den
Aber solange die Kirche noch in dieser Nacht am Himmel
wan- er selbst als seine „Verherrlichung“ bezeichnete. Agnovit
delt, muß sie die Mühen des Mondes mitmachen. „Auch Christus
die Kirche proprü corporis passionem, qui ait: Pater, venit hora, clarifica Filium
hat ihren Lichtverlust und ihr Lichtwachstum,
so wie der Mond, tuum, ut illo occasu suo ommibus donaret vitam, aeternam, qui per-
aber gerade durch das Abnehmen nimmt ihr Wachst
um zu“ 19); in petuae mortis urgebantur occasu?"). An diesem lebensfendendenSterben
diesem Satz liegt die ganze Dialektik der Todestheologie
verborgen: nimmt nun auch die Kircheteil. „Denn gleich dem Monde scheint
Sed defectibus suis erevit et his meruit ampliari, dum persecu
tionibus sie abzunehmen, aber sie nimmt nicht ab. Dunkle Schatten können
minuitur et confessorum martyrüs coronatur. Im
Entwerden wächst sie verhüllen: aber abnehmen kann sie nicht. Sie nimmt ab durch
sie, weil das mondliche Erlöschen ein Hineilen zur
bräutlichen Ver- den Abfall des einen oder des anderen bei der Verfolgung, aber nur
einigung mit der Sonne ist, das Hineilen zur
„Unnötigkeit“ ihres um durch das Bekenntnis der Märtyrer wieder zum vollmondlichen
Verschlungenwerdens im Licht des Logos. Wieder
um erhebt sich Glanz zu gelangen, um, vom Ruhme des sieghaft für Christus ver-
hier der Gedankenflug des Ambrosius zu erhaben
er Höhe, undjetzt gossenen Blutes überstrahlt, immer herrlicheres Licht der Gotthingabe
wandelt sich das Sonnenlied zum Hymnus auf die
Kirche: 0) und des Glaubens über den ganzen Erdkreis auszuströmen“.22)
„Sie aber ist der wahre Mond. Vom unvergänglichen
Lichte ihres Bruder- Aus dieser irdischen’ Sterblichkeit der Kirche leitet dann Am-
gestirns borgt sie das Licht der Unsterblichkeit und
Gnade; denn nicht in ei- brosius die aszetischen Forderungen ab, die er als Seelsorger und
genem Licht leuchtet die Kirche, sondern im Lichte
Christi. Und ihren strahlen-
den Glanz entlehnt sie der Sonne der Gerechtigkeit, so als echter Vertreter römischer Lebenspraxis seinen theologischen Aus-
daß sie sprechen darf:
Ich lebe, aber nicht mehr ich lebe, sondern in mir führungen einflicht. Das Verlangen nach Tugendfortschritt und der
lebt Christus! O wahrhaft
selig bist Du, Luna, die Du so großer Ehre gewürdig
t warst!
Kampfgegen die unweise Veränderlichkeit der Gesinnung das „Töricht-
Ambrosius führt indes diesen Grundgedanken in werden wie der Mond‘ 2) wird ebenso in diese Lunartheologie hinein-
einem zweiten gestellt wie die Aufforderung der Treue zur Kirche, die das Dunkel
Schritt noch weiter. War bisher die Menschwerdung und
ihre Kenose des Lebens allein erleuchten kann.)
das grande mysterium, das sich in der Kirche fortsetzt
, so legt ihm
nun das Psalmwort 103,19 nahe, die Auswirkung der Mensch Aber dogmatisch tiefer führt uns der letzte Gedanke, den Am-
werdung
brosius noch auszusprechen hat, in die Mysterien der Kirche ein.
*) Exameron IV, 8,32 (S. 138, Z.1; Z. 7—10): non
mediocris (luna) in qua
signum posuit suum, quae typum habet dilectae Eeclesi ?!) Exameron IV, 2,7.(S. 115, Z. 5-9). .
ae... et merito sicut
buna Ecclesia, guae toto mundo refulsit et tenebras saeculi ”) Exameron IV, 9,7 (S. 115, Z, 10—14): nam videtur sieut Luna deficere,
huius in luminansdi- sed non deficit.
eilt: now praecessit, dies adpropinguanit. Obumbrari potest, deficere non potest, quae aliquorum quiden
1°) Exameron IV, 8,32 (8. 138, Z. 12—15). in persecutionibus discessione minuitur, ut martyrum confessionibus impleatur
Das ist das Gleiche, was früher et effusi pro Christo sanguinis clarificata vietoriis maius devotionis
schon von dem grande mysterium der Mondphasen et fidei suae
gesagt wurde, ebenfalls in toto orbe lumen effundat,
einerfast zugespitzten Gegensätzlichkeit: tum deinde
minuitur et augetur ut mi- ”‘) Exameron IV, 8,31 (S. 136, Z. 22.) — Epist. I, 37,5 (PL 16, 1085 A). —
nor sit cum resurgit nova, cum sit imminuta cumulet
ur, In quo grande myste- Explan. Psalm. 36,64 (USEL 64, Petschenig, S. 123, Z. 18—21).
rium est: Exameron IV, 7,29 (S. 134, Z. 24—%6).
In diesem „Wachsen auf die ”) Explanatio Psalmorum 35,26 (CSEL 64, Petschenig, S. 68, Z.
Abnahme hin und dem Abnehmen auf das Zunehmen 10—15):
hin“ liegt das große My- non mirum ergo, si errat vestigium, ubi oculus non habetur. Praecedat
sterium der Symbolkraft des Mondes auf die Kirche hin oculus,
verborgen. ut pes sequatur. Quomodo ergo in tenebris vintor incedes? Cito
nes offendit in
”°) Exameron IV, 8,32 (S. 138, Z. 15—20): haec est nocte si quasi guidam mundi oculus viam luna non monstret. Et iu in nocte
vera Luna, quae de fra- es
terni sul‘ luce perpetua sibi ‚lumen immortalitatis et saeculi, monstret tibi Ecclesia viam, ex alto te iustitiae sol illuminet, ut lapsum
gratiae mutuatur Fulget
enim Ecolesia non suo, sed Christi lumine et splendo „timere non possis. — Vgl. dazu auch, was Ambrosius von der göttlichen Ord-
rem sibi arcessit de Sole
iustitiae, ut dicat: vivo autem iam non. go, vivit nung in der Kirche sagt, die sich stuft in Christus — Kirche — Heilige, genau
autem in me Christus. Beata
plane, quae tantum insigne meruisti! so wie in der kosmischen Ordnung Sonne — Mond — Sterne: De institutione
Virginis 2 (PL 16,307C) und De sacramentis 6,25 (PL 16,4600).
„Mysterium Lunae“ 435
434 H. Rahner
Dieses ihr Sterben ist doch auch nur, jetzt schon und dann end- so singt der Bischof Augustinus nun «uch das Lied von der ins Licht
gültig am jüngsten Tag, ein Wandern zur Herrlichkeit hin, zum Voll- der Sonne Christus hineinsterbenden Kirche und fügt es ein in die
mondschein, zum plenilunium des ewigen Ostertages und des nimmer- tiefsinnige Theologie, die sein Genius für alle kommenden Jahr-
endenden Frühlings der Ewigkeit. Ihr irdisches Leben und Lehren hunderte geformt hat.
ist pur ein stetig wachsendes Leuchten auf den Tag des Friedens Wir sahen bei Ambrosius, daß durch ihn die kirchliche Lunarsymbolik mehr
hin, wo alle Feinde besiegt sein werden: Luma autem Ecclesia est als in der östlichen Theologie eingebaut wird in die Dogmatik des Osterfestes.
quae spiritualibus et evangelicis praedicationibus im abundantia pacis, Von diesem Grundgedanken christlicher Haltung geht nun auch Augustinus aus.
ist für die
ut Propheta dieit (Ps. 71,7), extollitur. In Christo ergo ventilabimus In seiner berühmten Epistola 55 ad Januarium°®), die so ertragreich
imimicos nostros.) Noch ist die Kirche im Schatten, aber es ist Geschichte liturgischer Dogmatik, hat er auch die Grundzüge der Theologie der
dies jetzt schon ein „Schatten zum Heil“, der Schatten, welcher vom sterbenden Kirche vorgezeichnet, die er dann in lebensnahen und volkstümlichen
Predigten in unmittelbarer Verkündigung dem christlichen Volk vorlegte. Es
Leib Christi und von seinem Kreuz aus auf die Kirche fällt und in
gilt also zunächst, diese Theologie in ihren äußersten Umrissen darzustellen.
sich schon das kommendeLicht der Auferstehung birgt: umbra guidem, Ostern ist das Fest des christlichen Grundg 'heimnisses, nicht eine bloße
Ge-
quia corporis est, umbra, quia crucis, sed umbra salutis, quia in ea erat dächtnisfeier des Todes und der Auferstehung ‚Ehristi, sondern der Tag, an dem
peccatorum remissio et resuscitatio mortuorum: der Kirche aber gilt dieses Mysterium unmittelbar in unser eigenes Leben übergeht. Ostern ist nicht
die Botschaft: „Der Winter ist vorbei, Blumen sprießen und die „Leidensgedächtnis“, sondern „Übergang“ vom Tod zum Leben: nam etiam voca-
Zeit der Ernte ist da!“®) Wie die Heiden ihre Luna abbilden als bulum ipsum, quod Pascha dieitur, non graecum, sicut vulgo videri solet, sed
hebraeum esse dieunt, qui linguam utramque noverumt. Neque enim a passione,
strahlende Göttin, die mit der Quadriga ihrer Stiere zur Himmels-
axe emporfährt, so ist die Kirche, gestützt auf die gewaltige Kraft quoniam näoyew graece dieitur pati, sed ab eo, quod transitur, ut dixi, a morte
ad vitam, hebraeo verbo res appellata est”‘). Ostern ist also „Übergang‘ im
des Herrn, der wahre Mond, dessen leuchtende Sichel beim zu-
gleichen Sinn, wie Christus vom Tod zum Leben, vom Grab zum Vater über-
nehmenden Licht sich mit dem Glanz der Sonne füllen: (Christus)
‚ging: und dies vollzieht sich an der Gesamtkirche, die jetzt noch in der Pilger-
est taurus quo Beclesia figuratur in Luna tume plenior, cum velut aber
schaft der Sterblichkeit wandert, am Ende der Tage; an dem einzelnen
cornibus mixa. taurinis spatium totius orbis includit.?") Darum ist für jetzt schon geheimnisvoll in der langsamen Vernichtung des „äußeren Menschen“
Ambrosius der von der Kirche in Alexandria alljährlich vorverkündete und dem immer leuchtender aufsteigenden Licht des „inneren Menschen“. Darin
Eintritt des österlichen Vollmonds ein Symbol des Mysteriums der nun liegt das jährlich wiederkehrende Ostermysterium, des mensis novorum : haec
Kirche, die dem österlichen Vollmond der Ewigkeit zuwandert: quia ad igitur innovatio vitae nostrae est quidam „transitus“ de morte ad vitam””).
hwiusmodi sollemnitatem vel Ecelesiae perfectio vel clarae fidei pleni- An dem österlichen Vollmond aber und seinem Wandel wird dieses Oster-
tudo quaeratur, sicut diwit Propheta cum loqueretur de Filio Dei, quia geheimnis des christlichen Lebens faßbar. Hier nun setzt Augustinus seine einst
„sedes eius sieut sol in conspectu meo et sicut luma perfecta in aeter- als Schulknabe gelernten und aus den christlichen Auktoren entnommenen Kennt-
num manebit“.2) nisse der lunaren Astronomie ein. Wir kennen bereits seine Ansichten über die
Herkunft des Mondlichts. Was immer damit sein mag, so beschließt er diese
So erklingt das „Loblied auf die sterbende Kirche“, das der Genius Untersuchungen, eines steht fest: es vollzieht sich am Mond ein großes, auf den
des Origenes angestimmt, das Cyrillus von Alexandrien und der ersten Blick widersinniges Geheimnis — und eben in dieser seltsamen Gegen-
Mönch vom Sinai in unsterbliche griechische Laute geprägt haben, sätzlichkeit spiegelt sich das Mysterium Christi und der Kirche ab. lud certe
auch im Westen weiter. Und wie der junge Augustinus einst von manifestum est... quod Luma non augeatur ud oculos nosiros nisi a Sole rece.
dem süßen Wohllaut der ambrosianischen Hymnen entzückt war?®), dendo neque minuatur nisi ad Solem ex parte alla propinguando”). Aus dieser
Aporie der lunaren Vorgänge sollen wir nun, vom Sichtbaren zum Unsichtbaren
3) Explanatio Psalmorum 43,19 (CSEL 64, Petschenig, S. 277, Z. 15—19), voranschreitend, unter der Führung des Heiligen Geistes den Einstieg gewinnen
28) Exameron IV, 5,22 (S. 129, Z. 19f.; S. 130, Z. 6-8). in die spiritalia sacramenta der Kirche**).
??) De Patriarchis 3,13 (CSEL 32,2, Schenkl, S. 131, 2. 24fl.). Vgl. dazu auch
Explan. Psalın. 43,17 (CSEL 64, Petschenig, S. 275, Z. 1ff.). — Darstellungen %) Augustinus, Epistula 55: Ad inquisitiones Januarii liber secundus (CSEL
34, Goldbacher, S. 169—213).
der Luna auf dem Rinderwagen aus christlicher Zeit, vgl. Diet. d’arch. chret.et
. de Liturgie IV, Sp. 1143, fig. 3769, (Elfenbeindiptychon von Sens) und, III, Sp. 835, %) Ep. 55,1,2 ($. 170, 2. 21; S. 71, 2.5).
Sig. 2644 (Initiale aus der Bibel Karls des Kahlen). ®) Ep. 55,3,5 (8. 174, Z. 10f.; 2. 20).
2) Epist. I, 23,4 (PL 16,1028 A; 1029 A). ®) Ep, 55,4,7 (8. 177, Z. 13—16).
2) Augustinus, Confessiones 9,6 (CSEL 33, Knoell, $. 208, Z. 3#f.).
%) Ep. 55,5,9 (8. 179, Z. 13—20).
436 H. Rahner
„Mysterium Lunae“ 437
Es ist nun für die ganze Theologie des Augustinus bezeich
nend,
daß er den Beginn seiner Kirchentheologie nicht im Blick i Ä “ hinab“ gestürzt ist und so ihr „Innerstes“ nicht mehr
auf die
äußere Gestalt der Kirchefindet, sondern das ganze mysterium
paschale dr am der Erlösung durch Christus aber findet sie
des „Übergangs vom Tod zum Leben“ in das Innere nun. das Pascha, den „Übergang“ vom Tod ins Leben, und zwar
des Menschen
verlegt. Das Geheimnis des aus dem Tod hervorgehenden dadurch, daß sie durch den in Christus übernommenen Zerfall des
Lebens
vollzieht sich im Heiligtum des Herzens, die zum österlic äußeren“ Menschen „heimkehren“ kann in das Innere, das heißt
hen Voll-
mondglanz hineilende Kirche gewinnt Gestalt in den Seelen.
So fügen aber zugleich „aufsteigen“ kann in die erhabene Region der un-
sich in dieser gedankenschweren Dogmatik die kosmisc
hen Dimen- wandelbaren Weisheit: sich füllen kann mit dem immer mehr in
sionen undihre Gegensatzpaare Unten — Oben, Erde — Sternen ihr aufstrahlenden Licht der ewigen Sonne. Diese tiefsinnige und
himmel,
Dunkel — Licht, Tod — Leben in die Dimension des Innerli von allen Schönheiten augustinischer Sehnsucht erfüllte Dogmatik
chen: das
Oberste wird zugleich das Innerste; in interioribus ac der Innerlichkeit wird in diese Worte zusammengefaßt: „Die
superioribus
suis®6) vollzieht die Seele den „Übergang“ vom Tod zum menschliche Seele wendet ja, wenn sie die Sonne der Gerechtigkeit
Leben in
einem „Wegeilen“ vom Äußeren, im Sterben des äußeren verläßt, alle ihre Kräfte von der innerlichen Beschauung der un-
Menschen,
und in der „Heimkehr“ zum Inneren, das zugleich ein „Hinauf wandelbaren Wahrheit ab und we;.det sie den äußeren Dingen zu.
steigen“
zum Höchsten ist: dorthin, wo die Sonne der Gerechtigkeit
im Dadurch aber wird immer mehr das Innerste und zugleich das
Innersten erstrahlt. Das mysterium paschale entfaltet Oberste in Ihr verfinstert. Wenn sie jedoch beginnt, wieder zu jener
sich so zum
permanere cum Sole, und dies ist wesentlich ein Überwinden
der „tö- unwandelbaren Weisheit zurückzukehren, so „gerät der äußereMensch
richten Wandelbarkeit des Mondes“, 8)
um so mehr in Verfall“, je mehr sie sich der Weisheit mit sehn-
Diese mystische Lunartheologie der Innerlichkeit wird süchtiger.Liebe nähert: „der innereMensch aber wird von Tag zu
nun aber
von Augustinus (in einem sehr bezeichnenden Gegensatz
zu der mo- Tag erneuert“ (2 Kor 4,16). Alles Licht des Geistes, das früher sich
ralischen Exegese des Ambrosius zu Sir 27,12) in den
großen-Zu- nach unten senkte, schwingt sich aufwärts und entzieht sich ge-
sammenhang der Erlösungslehre gerückt, so daß sich nun
in diesem wissermaßen dem Irdischen, so daß der Mensch mehr und mehr
Punkt die drei Linien der geist-kosmischen, der innerlic dieser Welt abstirbt und sein Leben mit Christus in Gott hinein
h-seelischen
und der dogmatisch-heilsgeschichtlichen Schau gleichsam en Seit
schneiden: verbirgt“. 3°)
quis ergo est ille stultus, qui tamquam luma mutatur, nisi
Adam, in. us führt die augustinische Kirchentheologie einen Schri
quo omnes peccaverunt ?”) Die theologische Grundstruktur
der Kirchen-
dogmatik ist also diese, daß sich am hochgewölbten on en die einzelne Seele und ihr seit Adams Ursünde und
Himmel der
Übernatur, der doch wiederum ganz verborgenist in den seit der Erlösung durch den „Übergang“ Christi vom Leben we
Tiefen der
Innerlichkeit, das in die Weltgeschichte ausgedehnte Geschic Tod bestimmtes Geschick ein „Übergang“ vom Tod zum Leben „
k Adams
bis ans Ende der Tage begibt: der Übergang vom Tod zum Leben und somit ihr Symbol der Mondist (propter ipsam comversionem al
als innerseelisch sich vollziehender Wandel zum Licht der exterioribus ad interiora de luna similitudo adsumitur) ), dann zen;
Sonne
hin. Die Folge der Ursünde Adams für das Gesamtgeschlec weil sich dieses Drama der Erlösung vollzieht in jener Gemeine a L
ht be-
steht darin, daß die Seele gleichsam die kosmische die von der Schrift und der Tradition die „geistige Luna genann
Richtung auf Ka
den Urquell des Lichts, auf die-über dem Gewölbe des wird: in der Kirche. Ecelesia vero adhuc in ista
geistigen ipsam mutabilitatem Lunae nomine in Scripturi
Kosmos thronende incommutabilis sapientia®®) hin verlor, daß constituta propter
sie
”) Ep. 55,5,8 ($. 178, Z. 13). ®) Ep. 55,5,8 ($. 178, Z. 10—20): anima quippe Mumand ronsdenä a Sole
*) Vgl. Sir 27,11 LXX: dujynois edoeBßoög did ravtög opfa;
in den lateinischen iustitiae, ab illa scilicet interna contemplatione incommutabilis vera, Zum
Übersetzungen steht mehr: homo sanctus in sapientia manet vires Suiks in terrena convertit et eo magis magisque obscuratun en BEIDEN us
sicut sol. — Ep. 55,5,8
(8. 177, 2. 172). ae superioribus
iorü i Sed cum 7 "edire
suis. Ü ad illam
Ü ad
coeperit öl incomm
i ® mein
utabilem sapien-
*') Ep. 55,5,8 (S. 178, Z. 8-10). MR
tiam, quanto magis ei propinguat affectu pietatis, zanen vo or hor
*) Ep. 55,5,8 (S. 178, Z. 14; vgl. auch Z. 11f.: 'contemp corrumpitur, sed interior renovatur de die in diem omnisque en ü e vune
latio incommutabilis
veritatis.). Diese Unwandelbarkeit der obersten und
über allem Wandelihronen- quae ad inferiora vergebat, ad superiora convertitur et a Bernd guoen moi
ee ner
significatur.*‘) Hier fügt nun Augustinus die zunächst die aus der Antike bekarzten zwei Theorien von der Her-
uns bereits aus der
alexandrinischen Tradition bekannten und auch kunft des Mondlichts vor, die nun (unvergeßlich für das ganze Mittel-
von Ambrosius immer
wieder angeführten Schriftstellen zu einem scharf alter) hineingenommen werden in die erhabene Spekulation seiner
gezeichneten Bild
des Wesens der Kirche zusammen, nicht ohne Dogmatik #8), getreu dem Grundsatz, den er an:anuarius ausgesprochen
ausdrücklich zu be-
merken, daß es außerdem noch viele andere hat: ex ea caelesti creatura sicut ex multa terrestri sacramentorum
Schrifttexte ‘gebe, die
uns „die Kirche im Symbol des Mondes darste figurae ad informationes mysticas adsumuntur®*). .
llen, weil die Kirche
in diesem sterblichen Leben unter Sorgen Luna ist das Symbol der Kirche. Wenn sie eigenes Licht hat und
und Mühen ferne von
jenem Jerusalem pilgert, dessen Bewohner die heilig
en Engel sind‘ #2). somit ihre Phasen anzeigen, daß sie eine halb feurige halb dunkle
Dunkel und seufzend wandelt die Kirche hienie Kugel ist, dann liegt darin ein tiefes Symbol für das Wesen der
den, wie Ps 10,3
andeutet*?). Und doch gebiert sie schon hienieden pilgernden Kirche. Auch sie ist noch halb dunkel, halb erleuchtet,
die Zeugen der un-
wandelbaren Wahrheit, die sich in ihrem Schoß
verborgen hält: sie dunkel in der fleischlichen Greifharkeit ihres geschichtlich faßbaren
ist testis in caelo fidelis (Ps 88,38) *). Und soist
sie jetzt zwar dunkel Wesens, leuchtend in der heimlichen Ausstrahlung desihr verliehenen
und doch schon leuchtend — bis zu jenem Tag, eigenen Lichtes, das doch nur Cstt sieht und das manchmal schon
wo die Fülle des
Friedens emporsteigt und der Monderlischt (Ps hienieden in den Werken der Gläubigen sichtbar wird"). Wenn
71,7), wenn der Tod
ins Leben hineinverschlungen wird). Dieses Luna aber ihr Licht von der Sonne erhält, dann ist sie noch mehr
Wandern zur Sonne
hin, ihr „Pascha“ aber bedeutet für die Kirch ein Symbol der Kirche: luna intelligitur Beclesia, ‚guod ‚guum lumen
e ein immer mehrsich
offenbarendes Vernichtetwerden. Wie Jericho, das „Mond non habeat, sed ab Unigenito Filio Dei, qui multis locis in Sanctis
“ bedeutet**®),
vernichtet wurde von dem siebenfachen Trompetens ‚Seripturis allegorice Sol est appellatus®'). Darum sind die von solcher
toß, so muß die
Kirche gleichsam vernichtet werden von dem siebe Entlehnung des Lichts abhängigen Phasen der Luna Symbol des Ge-
nfachen Hauch
des Geistes: „alle zeitlichen Hoffnungen, alle Stütz schicks der Kirche, die auch leidet und sich müht im Seufzen nach
punkte dieses
sterblichen Lebens“47) müssen sich auflösen, damit der Erlösung. Noch ist die Kirche im Zustand der obscura luna, wie
die Kirche in
die Freiheit des Geistes eingehen und dem Tag ihres Augustinus in seinem altafrikanischen Psalmtext bei Ps 10,3 liest2).
endgültigen
„Unnötigwerdens“ entgegenwandern kann: quoadusque Dunkel ist sie im bescheidenen und von der Welt vergessenen Be-
interficiatur
luna. ginn ihrer Geschichte. Beschattet ist sie von der Sündigkeit ihrer
Augustinus entfaltet diese Todestheologie der Kirch Glieder, die man ihr als Schande vorwirft. Blutrot ist die Mondscheibe
e in seinen
Predigten über die Psalmen noch genauer, als Erklä der Kirche im Sterben ihrer Märtyrer ?). So wird die sichtbare Kirche
rung zu eben
den Psalnıstellen, die er in dem Kapitel seines Briefe geradezu zum scandalum, weil ihr Geschick eine ‚Naehhildumg dessen
s an Januarius
als klassisch für die Mondtheologie angeführt hatte. ist, der im scandalum erucis den österlichen „Ubergang“ vom Tod
Wieder legt er
i n hinein vollzogen hat°%). .
“) Ep. 55, 6,10 (8. 180, Z. 46),
eetinus führt so ie Theologie von der sterbenden Kirche
“) Ep. 55,6,10 (8. 181, Z. 12—16).
#2) Ep. 55,6,10 (S. 180, Z. 10—12): obseura videtur zurück auf die Theologie von der „sterbenden Sonne*. Das „Uner-
Beclesia in tempore pere- hörte der christlichen Verkündigung, das für die Schwachen immer
grinationis suae inter multas iniquitates gemens.
*) Ep. 55,6,10 (S. 180, Z. 14 f): propter nuntios ein Skandal sein wird, ist die Predigt vom verdemütigten und ge-
fidelissimos veritatis, quos
ubique parit Beclesia, dieitur Luna testis in caelo kreuzigten Fleisch Christi: an dieser Wahrheit „verbrennen gleich-
fidelis.
“) Ep. 55,6,10 (S. 180, Z. 17—90): quoadusque interfici
atur Luna, id est
sam die kleinen Geister; aber wer immer diese Predigt der Kirche
abundantia pacis in tantum crescet, donee omnem mutabili
tatem mortalitatis ab- 2) Enarratio in Ps. 10,3 (PL 36, 131—133).
sumat, tune novissima inimica destruetur mors ... .
*) Ep. 55,6,10 (8. 181, Z. 5£.). Augustinus gibt
\ “) Ep. 55,6,11 ($. 189, Z. 8-10).
der,die ohne Zweifel aus Alexandria stammt und
hier eine Exegese wie- %) En. in Ps. 10,3 (PL 36,132 B).
von Hieronymus und denOno- 5) En. in Ps. 10,3 (PL 36,132 D). a har
mastica sacra übernommen wurde. Vgl. Hieronymus,
De nominibus hebraieis R Ps 10,3 LXX liest: tod xararoksdocı &v oxormumvm tobg eöhels ıfj xapdia.
(PL 23,795). — Ps. Hieronymus Breviarium in
Psalmos 136 (PL 26, 1230). Die Vulgata übersetzt nur „in obseuro“, während der afrikanische Text des Augu-
— Onomasticum Coislianum 169,62 (P. de Lagarde,
Onomastica sacra?, Göt- stinus „in odscura Tuna“ liest.
tingen 1882, 199; vgl. auch ebd. 226 und 204),
2) En. in Ps. 10,4 (PL 36,133 BO).
*) Ep. 55,6,10 (8. 181, Z. 8£.),
>») En. in Ps. 120,12 (PL 37, 1614—1616).
440 H. Rahner „Mysterium Lunae“ 441
| erträgt, an dem erfüllt sich das geheimnisvolle Wort des Psalmisten: schalis, das österliche Geheimnis des „Übergangs“, ist für Augustinus
per diem sol non uret te neque luma per noctem (Ps 120, 6). Am zunächst vorgebildet in Christus alı.transire de hoc mundo ad Pa-
Fleisch der Kirche vollziehlt sich mystisch der Tod des Fleisches N trem (Jo 13,1), und wird nachgebildet in der Kirche gemäß dem
’ Hi Christi — und darin besteht ihre mondliche Angleichung an die Wort des Herm: qui credit in me, transüt de morte ad vitam (Jo
| ‚ Sonne: parvulis praedicatur humilitas Christi et caro Christi et 5,24). Und wie Christus vor seinem Tod als „vereinzeltes“ Weizen-
il erucifizio Christi... et ideo non relinguuntur in nocte parvuli, korn allein geblieben war, nach seiner Auferstehung aber „viel-
il { ; gquwia ipsa caro Christi caput Beolesine est. Quisquis ibi non scanda- fältig‘ wurde in seiner Kirche: so wird die Kirche selbst aus der
N N lizatur in ipsa Ececlesia et carne Christi, a Luna non uritur55). Die Einsamkeit ihres irdischen Sterbens eingehen in die lebenquellende
| ij np über Tod und Leben, über das österliche Endgeschick Vielfalt der Ewigkeit:
N er Deela und der Kirche, nimmt seinen Beginn beim Skandal der Singularis eras, Domine Jesu, donee transires ; agnosco in alio Psalmo vocem
i il] Sichtbarkeit des Fleisches Christi und seiner sichtbaren Kirche: tuam qua diwisti: singularis ego sum donec transeam. Singularis ergo eras,
i | Quisquis in Eeclesia et in carne Domini, et in his quae pro nobis donee transires, singularis eras, cum agnovisti occasum tuum: sed ab occasu in
N temporaliter gesta sunt, non errat, non uritur a Luna), ortum transisti, ortus es, splenduisti, c'arifieatus es, cum in caelum ascendisti”).
| | . Die Sichtbarkeit des Fleisches Christi ist aber sein Kreuztod. In Aber für die Kirche ist das Ende der irdischen Wandelbarkeit /
ie! ıi immer ‚tiefer bohrender Kraft des ‚dogmatischen Denkens dringt so und das ewige „Bleiben mit der Sonne“®2) ein wunderbarer Wider- |
IN il | Augustinus in das letzte Geheimnis der Todestheologie der Kirche spruch: sie wird „verschwinden“ in das ewige Licht hinein, und |
u: \ı vor. An dem Psalmwort Ps 103,19 entzündet sich sein Genius — sie wird zugleich als ewiger Vollmond „bleiben“. Das Wort im
Si a wir haben schon bei Ambrosius gesehen, wie dieses Wort in ihm . Psalm 71,7, das Augustinus seinen Zuhörern so eingehend aus dem
N Ki! eine Fülle von „Gedanken entbunden hat —: fecit lunam in tem- $ griechischen Text interpretiert, enthält dieses Mysterium des Wider-
u It pora, sol ‚agnovit occasumsuum. Der Mond steigt auf am nächt- spruchs: d&ivravaıpedii bedeutet sowohl tollere und extollere, Ver-
a IK lichen Himmel, wenn die Sonne untergegangen ist. Die wahre schwinden und Erhöhtwerden. Hic ergo, si „auferatur“ dietum in-
H Sonne aber „wußte“ und „anerkannte“ ihren Untergang: Christus tellexerimus quid erit „donec auferatur“ nisi efficiatur ut non sit 2°°)
N hi agnovit passionem suam. Occasus Christi, passio Christi. Quid est: Das heißt also, die Kirche wird nicht mehr sein, weil nicht mehr '
Er ibn! agnovit? Approbavit, placwit ei”). In dieser freiwilligen Selbst- sein wird sterbliche Wandelbarkeit sondern nur noch unsterblich |
Hi entäußerung gründet nun die Kirche, der wahre Mond, der von | unwandelbares Zusammensein mit der Sonne. Zugleich aber be-
I jetzt an „über die Zeiten gesetzt“ ist. In ihr setzt sich dieses | ‘ deutet das Wort auch „Erhöhen“, und damit soll gesagt werden, |
I a Christi fort, sie ist die Sterbende, die Verschwindende. daß die Kirche in herrlichem Vollmondschein ewig strahlen wird: |
ı \ it en Mond, der alt wird und erlischt. Aber dies alles silt Sin vero vocabulo lunae non mortalitas carnis per quam nunc transit Becle- I
nur „für die Zeiten“, einmal kommt ein Tag — der Psalmist deutet j ; i Hoelesiaia Synljtentn
signi) R BRIERWR, ab
es an, wenn er alsobald kn or I —_ . \ sia, sed URR mRERD er quae Bermsiindat In ||
" r alsobald sagt: ortus est sol5®) wo es kein Ver- hac mortalitate liberata, ita dietum aceipiendum est: orietur in diebus eius iu- |
schwinden und Altwerden mehr gibt, und das wird sein, wenn der stitia et abundantia pacis donec extollatur luma, tamquam diceretur: . ... fiet pax |
Mond wieder bei der Sonneist: in tantum erescens et abundans, donee Luna extollatur, id est elevetur Ecelesia,
Fecit Lunam in tempora. Intelligimus spiritualiter Eecelesiam erescentem de ‚per gloriam resurrectionis cum illo vegnatura‘“). .
minimo ei ista mortalitate vitae quodammodo senescentem: sed ut propinquet ad Mit dieser Darstellung der lunaren Kirchentheologie des heiligen
Solem!... Hic enim temporaliter transit Eeclesia: mon enim hic erit semper Augustinus haben wir die für das ganze Mittelalter klassisch gewordene
ista mortalitas, augeri et minui aliquando transibit®®),
J
Hier klingt deutlich mit, was wir am besten als die augustinische °) Ep. 55,1,2 (CSEL 34, Goldbacher, $. 171, Z. 5—14). i
Theologie des „transitus“ bezeichnen könnten. Der transitus Pa- °%) En. in Ps. 103, sermo 3,26 (PL 37, 1377 D).
2) En. in Ps. 71,8 (PL 36,906 f.). Vgl. hier besonders die theologisch mystische i
°) En. in Ps. 120,12 (PL 37, 1615 C). Erklärung des Wortes ouunapapevei aus dem LXX Text.
°) En. in. Ps. 140,12 (PL 37,1615 CD). °) En. in Ps. 71,10 (PL 36,908 AB). Augustinus hat'ja früher Ep. 55, 6,10
°*) En. in Ps. 103, sermo 3,21 (PL 37, 1374 CD). (CSEL 34, S. 180, Z. 18) geradezu übersetzt oder in einer anderen Übersetzung N
°) En. in Ps. 103, sermo 3,23 (PL 37,1376 BC). vorgefunden: guoadusque interficiatur luna.
*) En. in Ps. 103, sermo 3,19 (PL 37,1373 BC). %) En. in Ps. 71,10 (PL 36,908 GC).
30 Zeitschrift für kath. Theologie, 63. Jahrg. 1939, |
442 H. Rahner
Form dieser von Origenes zum ersten Male durchdachten und von
Ambrosius dem Abendland übermittelten Spekulation umschrieben.
REZENSIONEN
Was nun folgt, ist nur Echo aus Augustinus und Ambrosius®).
Aber ihre Gedanken sind zusammengeschrumpft zu Glossen und Henri deLubac, Catholieisme. Les aspects sociaux du dogme (Unam
Zitaten. Höchstens in dem Hoheliedkommentar, der dem heiligen Sanctam 8). 8° (XIV u. 873 S.) Paris 1938, Les editions du cerf.
Thomas von Aquin zugeschrieben wurde, leuchtet noch einmal das Ein hervorragendes Buch: Schlicht, klar und somit verständlich für wei-
große Grundschema auf, das Origenes vorgezeichnet hat®%), Das tere Kreise geschrieben, über Fragen, die „zeitgemäß“ sind, ist es doch von
Mittelalter hat, wie überhaupt für eine Dogmatik von der Kirche, bedeutender theologischer Tiefe. Es behandelt nicht den Teil der Moral der
für diese Theologie von der sterbenden Kirche keinen geistigen Kirche, den man ihre sozialethische Lehre‘nennt, auch nicht „Unionsfragen*,
sondern die Einheit der ganzen Menschheit in Christus und der Kirche: Die
und systematischen Ort mehr gehabt. Einsicht, daß nach dem innersten Wesen des christlichen Glaubens die
Im zweiten Teil dieser Untersuchung müssen wir nun das ge- Menschheit nicht bloß eine äußere nachträgliche Summe von Einzelindividuen
geheimnisvoll übernatürliche Leben, das aus dem Sterben der Kirche ist, von denen jedes für sich sein Heil wirkt. Die Menschheit ist vielmehr
in Christus hinein geboren wird, das sich entfaltet. in Taufgnade im ursprünglichen Plan der Heilsor“nung, im Fall, in der Erlösung durch
und Geisterleuchtung, darstellen: Luna vero habente gubernationem Christus, in der ganzen Heilsgesc’.ichte von Adam bis zum Ende der Welt
ei administrationem auctoritatis aquae et Spiritus Sancti, qui a Christo und selbst noch im ewigen Heil eine heilige Einheit in Christus und der
Eeclesine tamguam Lunae donatus est donec rursus exortus fuerit Kirche. Ein erster Teil zeigt die theologische Tatsache solcher Einheit, wie sie
Christus Sol iustitiae®”). sich ergibt aus den Grunddogmen des Glaubens (übernatürliche Erhöhung,
(Fortsetzung folgt)
Fall und Erlösung) (Kap, 1), aus der Lehre über die Kirche (Kap. 2), über
die Sakramente (Kap. 3) und das ewige Leben (Kap. 4). Ein zweiter Teil
°) Einzig Hieronymus bildet insoforn eine Ausnahme,als bei ihrn noch das zieht daraus die Folgerung: Das Werden des übernatürlichen Heils der
von Origenes vorgezeichnete Schema irgendwie sichtbar wird. Mit Berufung auf Menschheit als eine einmalige, einheitliche Geschichte und Geschichte als der
Ps 71,5 und Cant 6,9, mit Zitierung der antiken Astronomen, ja sogar eines
Verses aus Vergils Georgica legt er die Theologie von der abnehmenden und einzige Weg des Heils (im Gegensatz zu allen andern unhistorischen Erlö-
dem Vollmond der Ewigkeit entgegenwandernden Kirche dar: Comment. in Isaiam sungslehren) (Kap: 5); aus dieser Einheit aller Heilsgeschichte ergeben sich
18,66 (PL 24,674 CD). Vgl. auch seinen Amoskommentar (PL 25, 1029 G. — wiederum tiefe Einsichten in den echten Sinn der „allegorischen“ Auslegung
Ganz mit Gedanken und Worten des Ambrosius und des Augustinus’ predigt der Schrift bei den Vätern (Kap. 6) und in das Problem der Heilsmöglichkeit
Maximus von Turin und stellt seinen Gläubigen und ihrem Iunaren Aber-
‚glauben das Mysterium der wahren Luna, der Kirche entgegen (PL 57, 486; 488) .— für die Ungläubigen, die außerhalb der Kirche sind und doch durch die
Zusammen mit dem antiken Wissen über die astronomischen Mondvorgänge,die Kirche gerettet werden sollen, wo der Verf. mit Recht für diese Frage die
zudemmeist aus dem astralen Mystizismus des Macrobius stammen, vermittelt die Unterscheidung zwischen der anima und dem corpus ecclesiae ablehnt (Kap. 7).
Sätze aus Ambrosius und Augustinus vor allem Isidor von Sevilla, De na- Die Mannigfaltigkeit und innere Gliederung dieser einen Heilsgeschichte zeigt
tura rerum 18,4.6 und 21,3 (PL 83,991 C; 994 B). — Aus diesem geistigen
Bereich ist die Vorliebe der karolingischen Kunst für die Darstellung von Sol sich an der patristischen Antwort auf die Frage, warum Christus „so spät“
und Luna neben dem Kreuz zu erklären; denn Sol „schämt sich“ den gekreuzigten gekommen sei (Kap. 8), eine Mannigfaltigkeit, die immer noch wachsensoll»
Herrn zu sehen, wie schon Hieronymus sagte (PL 25,1082 C und PL 26,212 A), wie eine Theologie der Missionsaufgabe der Kirche zeigt (Kap. 9). In einem
und Luna „hat Mühen“, „seufzt“ nach der Erlösung, verhüllt das Haupt, da die dritten Teil wird nach einer kurzen Nutzanwendung der bisherigen Ergebnisse
Sonne untergeht, wie wir aus Ambrosius und Augustinus hörten. Noch in dem
Judendialog des Giselbert von Westminster wird Luna neben dem Kreuz be-
auf die Situation der heutigen Theologie (Kap. 10) das theologische Verhältnis
schrieben : fugientem semipuellam lugubrem semumgque lucis suae cornu occul- von Person und Gemeinschaft geklärt (Kap. 11) und schließlich gezeigt,
tantem (PL 159,1034 B). Vgl. dazu L. Hautecoeur, Le Soleil et La Lune daß dieses Verhältnis nur in einer Transzendenz des Menschen auf Gott
dans les erucifixions: Revue archeologique 2 (1921) 13. — J. Reil, Christus und ein jenseitiges Ziel seine endgültige Klärung finden kann (Kap. 12).
am‚Kreuz in der Bildkunst der :Karolingerzeit, Leipzig 1930, 98 ff.
) Der Kommentar gehört vermutich Haymo von Halberstadt an; vgl. Eine sehr schöne, nur einem wirklichen Kenner der Patristik mögliche
W. Vrede, Die beiden dem hl. Thomas von Aquin zugeschriebenen Kommen- Auswahl von Texten zu diesen Fragen aus Vätern und einigen mittelalter-
tare zum Hohen Liede, Berlin 1903, — Im sechsten Kapitel wird die patristische lichen und neuen Theologen (297-368) beschließt das Buch. Leider gibt
Tradition trefflich zusammengefaßt (Ausgabe in den Opera omnia S. Thomae diese trockene Aufzählung der Kapitelüberschriften keine rechte Vorstellung
Aquinatis, Parma 1863, Bd. XIV, S. 377): Eeclesia pulchra est ut Luna quia
elaritate Sponsi sui illuminatur et eius gratia resplendet. Sive pulchra est ut vom reichen und tiefen Inhalt des Buches. Man muß es selbst lesen, um
una in praesenti vita, ubi aliguando concessa sibi pace, et securitate erescit, zu sehen, was ein echter Theologe zu solchen scheinbar heute auf allen
aliquando adversitatibus obseurata deerescit. Electa ut Sol in alia vita, ubi "theologischen Tagesordnungen stehenden Fragen zu sagen weiß. Auf eine
perpetuo splendebit visione Conditoris si. methodische Eigentümlichkeit aber muß hier noch hingewiesen werden, die
nastasius Sinaita, Anagogica Contemplatio in Hexaemeron 4 (PG 89,
ihm einen Vorzug vor allen andern Werken verleiht, die sich mit ähnlichen
Fragen beschäftigen: Seine Ausführungen sind aus einer immensen Kenntnis
30*
INHALT. 2a
ach
Posischeckkonti des Verlags: Wien 42.452, München 5417, Budapest 8609, Selene, die mit ihren geheimnisvollen Beziehungen und Wirkungen das My-
Prag 42.452, Basel V 4376, Warschau 193.598, Straßburg 27.224, Zagreb 41.670. sterium der Kirche anzudeuten berufen ist. Selene ist nicht mehr nur in
Die Annahme des ersten Heftes bedeutet das Abonnement für den ganzen | ihrem Verhältnis zu Helios ein Bild der Kirche als der Braut Christi, sie ist
auch mütterlich vermittelndes Bindeglied zwischen dem scharf leuchtenden
Jahrgang _® Adresse der Redaktion: Wien 1/9, Seitzergasse 8. e
!) Eusebius, Praep. evang. III, 12 (PG 21, 209 A).
NE Ko) Druck von Felizian Rauch Innsbruck. — Printed in Germany
\ kI- 5 Zeitschrift für kath, Theologie. 6%. Jahrg. 1940.
62 H. Rahner » „Mysterium Lunae“ 63
Licht der Sonne und der dunklen Erde, sie ist Spenderin des nächtlichen ülud nescio quid tenue, quod sentiri nullo modo, intellegi autem vix potest, quae
a Luna ceterisyue sideribus caeli temperatio fiat‘). Nun konnte schon die naive
Taus, Herrin und Mutter aller Geburt und alles Wachstums — und damit Naturbeobachtung, die zudem in uralter Volksweisheit festgehalten wurde, fest-
ist sie ein wünderbares Symbol der Kirche als der mütterlichen Mittlerin» stellen, daß das Wachstum der Pflanzen und Tiere auf Erden, daß die Bewe-
der Spenderin des lebendigen Taufwassers, der Herrin und Mutter aller gungen von Ebbe und Flut, daß die physiologischen Zustände der Frau in irgend-
geistlichen Geburt. einem Verhältnis stehen müssen: zu den Vorgängen am Mond. Und wenn in
Angesichts dieser Symbolik, die in den Anschauungen und Worten der hellen Mondnächten der fruchtbringende Tau fiel, wenn das Meer in seltsamem
Gleichklang mit dem Mond anschwoll, dann war es dem mythologischen Denken
Heiligen Schrift gar keine Anknüpfungspunkte mehr findet, ist es noch vor- der Alten klar: Selene hat die Herrschaft über das Wasser.
dringlicher als im ersten Teil dieser Arbeit, zunächst einen wenn auch ganz
gedrängten Überblick über diesen Ausschnitt der hellenistischen Lunarmytho- Die wissenschaftliche Reflexion hat sich dieser Vorstellungen vor allem im
kosmischen System der Stoiker bemächtigt. Selene hat die Herrschaft über das
logie. zu geben. Wasser zunächst einmal deswegen, weil sie sich von dem „Wasserdampf“ der
ö 1. Erde ernährt, So sagen schon Kleanthes!!) und Ghrysippos"?), und ihnen
Selene ist im kosmischen Weltbild der Antike jenes Gestirn, das, so sehr es
sagen es Plutarch‘®) und Cicero") nach. Von dieser „Nahrung“ der erd-
nahen Selene stammt ihre wasserähnliche Natur. Aber weil sie zugleich auch
auch zur Späre der unveränderlich erhaben über dem Weltenwechsel schweben- der Sonne nahe steht, empfängt sie von Helios die scharfen, austrocknenden
den Himmelslichter gehört, doch „der Erde am nächsten“ ist, also gleichsam
Strahlen, die sich mit ihrem irdischen Wasser mischen, und so strömt Selene in
schon etwas Menschliches an sich hat, am meisten noch dem Irdischen verwandt nächtlichem Leuchten das fruchtspendende Mondwasser aus, das „feucht und
ist. So nennt schon die fälschlich dem Timaios von Lokroi zugeschriebene
Schrift „Von der Weltseele* den Mond rotysiordta?). In den Spekulationen der warm“ zugleich ist!°). Mit diesem Gedanken stehen wir in einem Mittelpunkt
Pythagoreer über die Sphärenharmoniespielt dieser Gedanke eine wichtige Rolle °), hellenistischer Lunarmythologie. Im pythagoreischen System der Elementenbe-
Pöseidonios und die späten Platoniker haben ihn weitergebildet: Selene ist die ziehung spielt als Grundlage jeglichen Lebens die Kombination „feucht-warm*
große Mittlerin zwischen der reinen Geistwelt der Fixsterne und der dunklen eine wesentliche Rolle'°). Nun ist auch Selene zusammengesetzt aus Kaltem und
Warmem, aus feuchter Luft und Feuer, eben weil sie einerseits sich nährt vom
Welt der irdischen Sinnlichkeit. Sie ist das u£sov in dem erhabenen Zusammen-
irdischen Wasserdampf, und anderseits das scharfe Feuer des Helios aufnimmt!?),
klang der Weltsymphonie, denn sie vermittelt infolge ihrer Stellung zwischen
dem Göttlichen und dem Irdischen alle Gnaden und Wohltaten, die vom höch-
sten Lenker der Welt auf die Erde ausströmen, wie Apuleius ganz im Sinne ?) Cicero, De divinatione II, 45, 94 (Müller S. 230, Z. 22—35).
der pseudoaristotelischen Schrift „Von der Welt“ sagt*). Die Aufgabe der Selene !!) Kleanthes (bei Cicero, De nat. deor. III, 14, $ 37) (Arnim I, S. 112, Z. 20).
ist also, um ein Wort des Plutarch zu gebrauchen, das svvapuörtew°). Von
hier aus ist auch die seltsame Spekulation der Stoiker zu erklären, die Helios als “2) Bei Stobaios (Wachsmuth I, 8. 219, Z. 24—26). Vgl. auch Arnim II,
das „Herz der Welt“ bezeichneten‘), Selene aber gleichsam als die „Leber*, als S. 199, Z.31. — Noch Porphyrius, De antr. nymph. 11 (Nauck 8.64, Z.3—5),
das „Filter des Weltalls‘’). Wie die Leber zwischen Herz und Eingeweiden ver- gibt diese Ansicht der Stoiker wieder: rois... dnd tig Ztodg,.. tpepeoda
mittelt, sagt Plutarch, so Selene zwischen Sonne und Erde®). Er hat dies aus &d6xeı oeArvnv &x av anyalov xal noraulov dbdren,
Xenokrates entnommen. Nach diesem ist Selene die große Mittlerin zwischen **) Plutarch, De facie in orbe Lunae 25 (V, Bernadakis, S. 457, Z. 23). —
Olymp und Erde°), De Iside et Osiride 41 (II, Bernardakis, S. 514, Z.-15—18).
Es geht also ein geheimnisvoller, vom Mond vermittelter Austausch von Lebens- “) Cicero, De nat. deor. II, 16, $43 (Plasberg S. 65, Z. 10#.); III, 14, $ 37
beziehungen zwischen dem erhaben erdfernen himmlischen Helios und der dunklen (Plasberg S. 132, Z. 3).
Erde hin und her. Selene schafft so gleichsam das „Milieu“ der Lebensmöglich- +) Vgl. dazu Plutarch, De facie orbe Lunae 25 (V, Bernardakis, S. 459,
keit für alles, was auf Erden geboren wird und heranwächst, jene lebenspendende Z. 24, und S. 453, Z. 1-11).
feine Atmosphäre, von der einmal Cicero in einem berühmten Wort spricht: ‘*) So schon der Pythagoreer Philolaos (VS* 32 A 18), der aus der feucht-
warmen Kombination auch die endliche Zerstörung des Irdischen ableitet: ıö
2) Ps.-Timaios Lokros, IIept ıpuxäg xösum (Mullach II, S. 40). — Vgl. auch phv EE odpavod rupdg Puevrac, 1b dL EE Üdarog veAnvıaxod, nepıorpopfj tod depos
Chrysippos (ArnimII, S. 169, Z. 7 £.): dıareiveıv ıhv an’adrfis (veAtvng) dövanır äroxudevros xal rodtov elvar täg Avafunıdaeig tpopäs 108 xögnov. — Vgl. dazu
eig Tu. neptysıa, den ausführlichen Bericht über diese pythagoreische Spekulation bei Hippolyt,
®) Vgl, dazu E. Pfeiffer, Studien zum antiken Sternglauben (Stoicheia II), Elenchos I, 2 (GCS Hippolyt 3, Wendland, S. 7, Z. 4—13); und Elenchos I, 9
Leipzig 1916, S. 119 ff. (GCS Hippolyt 3, Wendland, S. 15, Z. 20—24). — Hierher gehört auch, was bei
*) Apuleius, De mundo 25 (HildebrandII, S. 401); vgl. auch ebd. 27 (II, S. 408). Clemens Alex.. Protr. I, 5,1 (GCS Clemens I, Stählin. S.6, Z. 3—6) über die
°) Plutarch, De Iside et Osiride 54 (II, Bernardakis, S. 528, Z. 8). aus „warm und feucht“, aus lydischer und dorischer Melodie sich zusammen-
°) Plutarch, De facie in orbe Lunae 15 (V, Bernardakis, S. 424, Z. 24 ff.): setzende Harmonie des Weltalls vorgetragen wird. „Warm und feucht“ ist leben-
Adıog xapdiaz Exoy duvanıy. — Sol cor caeli: Macrobius, Somm. Scip. 1, 20,6 zeugend, darum ist nach Plutarch, De Iside et Osiride 33 (II, Bernardakis,
(Eyssenhardt S. 553, Z. 20fR). — Sol cor mundi: Chalzidius, Comment. in S. 505 Z. 10—16) das Herz „warm und feucht“, und Ägypten mit seinem warm-
Tim. Platon. (Mullach II, S. 204). — Vgl. dazu auch K. Reinhardt, Kosmos feuchten, lebenzeugenden Nilschlamm ist das „Herz der Welt“. Vgl. dazu end-
und Sympathie, S. 331 u. 338, lich Hippolyt, Elenchos V, 7 (G0S Hippolyt 3, Wendland, $. 80, Z. 2f.), wo
') Vgl. dazu L. Brehier, La cosmologie stoieienne & la fin du paganisme: der Bericht über die Naassenergnostik von dem aus feuchter Wärme lebenzeu-
Revue de l’Histoire des Religions 63 (1911) 1ff. genden Nil spricht.
°) Plutarch, De facie in orbe Lunae 5 (V, Bernardakis, S. 407, Z. 10£f.). 47) Der Mond sei ovpwyi... tod T’äEpog xal tod nupds, sagt Parmenides
°) Vgl. E. Pfeiffer a. a. 0.8. 120f. — J. Kroll: Breslauer Abhandlungen V, (VS® 18A 37); Ebenso Poseidonios (Arnim II, S. 198, Z. 18f.). — Philon,
7 (1894) S. 108 f. — Über die Spekulationen der Gnostiker über das jeoov vgl. De somnüs I, $ 145 (Wendland S. 236, Z. 2—6). — Apuleius, De mundo 16
A. Baumstark: Z. f. d. neutest. Wiss. 13 (1912) S. 307 u. 312. (Hildebrand II, S. 379): Selas autem Graeci vocant incensi aeris lucem.
Br
64 H. Rahner „Mysterium Lunae“ 65
Deswegenist das Mondwasser „lauwarm“ und darum lebenspendend'®). Was Aristo- „weiblichen Mondlichts* sprechen konnte”). Im Zusammenhalt mit dem philo-
teles und Theophrast in naturwissenschaftlicher Beobachtung vom „feuchten nischen Vergleich des Mondwassers mit der Milch der Mutter wird uns faßlicher,
Licht“ des Mondes feststellten*°), wird in der Stoa) und vor allem dann bei was Nonnos in seinen Dionysiaka poetisch schwungvoll von Selene sagt: „Wenn
Poseidonios und Plutarch zu fast naturmystischer Bedeutung verwandelt: Mene aufs neue aufwärts streckt-den feuchten ‚Schimmer der strahlenden Hörner
gerade in dieser feucht-warmen Eigenschaft wird ihnen das Mondlicht zum ge- und sich melkt des Heliosvaters ureigenes Feuer“), Und was hier der Dichter
bärenden Prinzip, zum „weiblichen“ Licht, zum „weichen Feuer“. Plutareh in seiner Sprache ausdrückt, hat Ptolemaios in der Tetrabiblos in einen für
spricht ausdrücklich von der „feuchten Wärme“ des Mondlichts und schreibt ihm anderthalb Jahrtausende unangefochten gültigen Satz geprägt, der die feucht-
deswegen „weiblich fruchtbare Feuchtigkeit“ zu*). Besonders betont er (und warme Eigenschaft des Mondwassers begründet in Selenes Mittlerstellung zwi-
nach ihm viele andere), daß das Mondlicht „langsam“ (fpe£pa) erwärme und be- sehen Erde und Sonne: ri oeArvn 1d uöv mAdov &yer fig dvvanewg dv ı$ Öypat-
feuchte”). Plinius gibt die gleichen Gedanken wieder. Die Sonnenglut ver- ve... wexowebunse dE üpepa xal tod Fepuatven do),
schlingt das Wasser, aber der Mond gebiert es wieder: aguas sole devorante, Einen besonderen Fall des lunaren Wasserspendens bildet die im ganzen grie-
luna pariente?‘). Das Licht des Mondes ist im Gegensatz zur Sonne warn und chisch beeinflußten Denken beliebte Idee von Selene als der Spenderin des nächt-
feucht: e contrario ferunt Lunae femineum ac molle sidus atgue nocturnum sol- lichen Taus. Der befruchtende und zugleich still niedergleitende Fall der bele-
vere umorem et trahere, non auferre”*). Das kehrt natürlich genau auch bei benden Tautropfen in strahlender Vollmondnacht mußte es dem mythologischen
Plutarchs Nachbeter Macrobius wieder; er spricht von dem Iunare lumen, in Denken nahelegen, daß dieser Tau aus der Fülle des Mondwasser stamme.
quo non est manifestus calor sed occultus tepor, magis diffundit humecta®). In In
hellen Mondnächten fällt der Tau sanft auf die dürstende Erde. Apoooßolei
der Gegenrede läßt er sodann seinen Eustathius diese stoische Theorie vom
feuchtwarmen Mondlicht, auf das das Wachstum und die Fäulnis der irdischen
Körper zurückzuführen ist, noch genauer darlegen: nicht nur von der geringeren ”) Apuleius, Metamorph. XI,-2 (HildebrandI, S. 985,Z. 8): umidis ignibus
Wärme des Mondes kommt es, daß er Feuchtigkeit ausgießt, sed nescio quae mutriens laeta seming. — Im Zusammenhalt mit der von uns hier entfalteten
proprietas, quam Graeci Tbiopa vocant et quaedam natura inest lumini, quod Gedankenwelt über das „feuchte Feuer“ des Mondes wird klar, daß das von
de ea defluit, quae humectet corpora et velut occulto rore madefaciat, eui ad- Helm® (1931) vorgeschlagene undis abwegig und die von Giarratano (1929) ver-
miztus calor ipse lunaris putrefacit carnem, cui diutule fuerit infusus”). In tretene Lesart umidis (ignibus) die richtige ist.
diesem Sinne spricht auch Philon von dem „weiblichen Glanz“ der Selene, der ”) Nonnos, Dionysiaka V, 162—166 (Ludwich I, 8. 112). — Vgl. dazu auch
den befruchtenden Tau ausgießt und so gleichsam wie eine Mutter mit ihrer Johannes Lydos, De mensibus II, 7 (Wünsch $. 23, Z. 20f.), der berichtet,
Milch alles Lebendige nährt, langsam und mild erwärmend, was da wächst?"), die Physiker schrieben den zweiten Schöpfungstag der Selene zu, da sie „feucht
So verstehen wir, warum auch Apuleius von dem „feuchten Feuer“ des und warm“ ist: öypawodon <e äya xal nerpiog Seppavodon,
®) Ptolemaios, Tetrabiblos I, 4 (ed. Basil., 1535, S. 17). — In diesen Zu-
sammenhang gehört natürlich alles, was die Antike literarisch und bildlich dar-
18) Über das „Mondwasser® vgl. H. Usener, Kleine Schriften (Prof. Haupt gestellt hat von Selene-Luna in ihren Beziehungen zum Wasser, zu Quellen und
und die Lukanscholien) II (Leipzig 1913) S. 252; vgl. dazu Lucani Commenta zum Okeanos. Vgl. dazu die Belege bei W. H. Roscher, Mytbol. Lex. II, 2
Bernensia, ed. H. Usener, Leipzig 1869. S. 47, Z. 17 bis S. 48, Z. 5. (1894/97) Sp. 3119—3200 („Mondgöttin‘) und bei Roscher, Selene und Ver-
"°) Aristoteles, Probl. 24,14 (937 b 3): (td ddop) üypalver Gonep 1d ic wandtes, S. 44 ff. — Esist vor allem Isis gewesen, die zugleich mit der Identi-
seAvng p&c. De gener. anim. 4,10 (777b 26—98): d1d ovußdANeraı (A ern) fizierung als Mondgöttin zu der ursprünglich ganz unägyptischen Eigenschaft als
eig ndoag tüg yeveosıg xal relesibasıg' xal yüp Fepuötntes al ıbikeıg,,. norodaı Herrin des fruchtspendenden Wassers und des Meeres gekommen ist.
täg yev&osıs. Theophrastos, De caus. plant. 4, 14, 3 (Wimmer $. 263, Z. 36 ff.): Vgl. zu
den von Roscher gesammelten Belegen noch die Isisinschrift aus Kios in Bithy-
#al naygeAtvorg d& HaMoY (Spvoißn yiverar) Sri ouvepyet xal A oeArvng Sepuöıng nien (CIG 3724): „Ich grüße Dich... die selige Göttin und Mutter, die viel-
ol Bm; 6 dp Öypdrepog, namige Isis, die der Himmel auf den glänzenden Wogen des Meeres geboren
2%) Vgl. Zenon (Arnim I, $. 34, Z. 11—13). Zur Lehre der Stoa über das hat... die als göttliche Herrin die Erde und die Meere regiert, die alles er-
lauwarme Mondwasser vgl. RE XVI, 1 (1913) Sp. 104, Z. 20. (W. Gundel). blickt. Du hast den Menschen viel Gutes gegeben“. Vgl. dazu RE IX, 2 (1916)
*) Plutarch, De facie in orbe Lunae 25 (V, Bernardakis, S. 456, Z. 7 M): die Sp: 2115 u. Sp. 2116 f. („Isis von Roeder). — Kurz angedeutet sei hier endlich
Wärme des Mondesist nicht nup&öng &AA& nalaxtı xal döponords., Vom Mond der Ideenkreis des „Mondschiffes“, der eng mit dem Verhältnis zwischen Selene
geht nicht eine austrocknende Wärme aus, sondern „weiblich weiches und feuch- und Wasser zusammenhängt. Schon Heraklit bezeichnete den Mond als einen
tes“ Licht, in dem Pflanzen gedeihen und Menschen geboren worden, in dem Nachen (VS! 12A 12); RE XVI, 1, Sp. 80, Z. 36#f. (W. Gundel). Über die
der Ozean anschwillt (ebd. S. 456, Z. 9—16): Öypörnrog dl noAA& xal InAdrnroc, habylonischen Ideen vom Mond als Barke vgl. H. Usener, Die Sintilutsagen
adErosıg Yurbv.,, ebroxiar yoyaııov, Vgl. auch De facie in orbe Lunae 21 (V, ,
Bonn 1899, S. 130. 133, P. D, Chantepie de la Saussaye, Lehrbuch der Reli-
S. 443, Z. 4ff,): die Mondwärme ist nicht brennend, sondern feucht und un- gionsgeschichte, 4. Aufl., hrsg. v. A. Bertholet u. E. Lehmann, Tübingen 1995,
schädlich: ob dıaxaods oBdE Havıxods nupbs AAAG vorepod xal dßAuBodc. I, 8. 546. — Über Mond als Lichtschiff in den hellenistischen Mysterien vgl.
”) Plutarch, Quaest. conv. II, 10,2 (IV, Bernardakis, $. 133, Z. 6£.): rhv yäp R. Reitzenstein, Die hellenistischen Mysterienreligionen®, Leipzig 1927, 8. 54. —
sehjvnv Äpepa yAıaivovsav &vvypatveiv rd obuara, Vgl, Ptolemaios, unten Anm. 30, Über Isismysterium und Schiffahrt vgl. Apuleius, Metamorph. XI., 16 (Hilde-
») Plinius, Nat. hist. XX, 1, $ 1 (Mayhoff II, S. 302, Z. 19). brand I, S. 1041). — Helios und Selene bedienen sich für ihren Kreislauf der
*) Plinius, Nat. hist. IL, 101, $ 223 (Mayhoff I, S. 215, Z. g.). Schiffe, weil sie Enstehung und Nahrung aus dem Wasser haben: Plutarch, De
>) Macrobius, Sat. VII, 16,18 (Eyssenhardt S. 461, Z. 24 ff). Iside et Osiride 34 (II, Bernardakis, S. 505 Z. 17—19). — Dies alles inag milgewirkt
») Ebd, (S. 462, Z. 3—9). haben zur Ausbildung der für die'manichäische Kosmographie und Erlösungslehre
”') Philon, De prov. IL, $ 77 (Aucher $. 96; Arnim IL, S. 200, Z. 4-9): so wichtigen Lehre vom Mond als dem aus „gutem Wasser“ geschaffenen
Lunae phasibus speciatim fructus nocte quodam modo maturescere videntur; de- Licht-
schiff, von dem uns Augustinus eingehend herichtet. Vgl. Epist. 55,4, 6
biles namque et magis femineos emittens splendores necnon serenos (aut rore
praeditos) optime lactat enutriendo et adaugendo; quandoquidem nimius vio- (CSEL 34, Goldbacher, S. 175, Z. 17 his S. 176, Z. 9); Liber de haeresibus 46 (PL
42, 35): naves autem illas, id est-duo caeli luminaria, ita distinguunt, ut Lunam.
lentusque calor exwsiccando arescere facit; qui vero absque ewustione est, leniter
ac paulatim calefaciendo solet perficere.
dicant factam ex bona aqua, Solem vero ex igne bono. Vgl. dazu RL Suppl. VI
(1935) Sp. 255, Z. 30ff. („Manichäismus“ v. Polotski).
„Mysterium Lunae“ 67
66 H. Rahner :
lichen Taufall, und sie alle gründen in der Tatsache, daß dieses feuchtwarme
x Ri ‚sehivors uälıcra sagt Plutarch*), Und Plinius weiß das Mondwasser „lebenzeugend“ ist, wie dies Plutarch einmal in seinem Büch-
aura quiescente, quoniam ne- lein von Isis und Osiris sagt: thv nv ydp oeArrnv yövınov 16 P&c xai dyponordv
Vkcher ne an Tquidem nisi Wnänke et omni dem Vollmond und
mit
we in nube neque in flatu cadunt rores ®), Daß dies hängt, wissen wir wie- Exovsav eduerfi xal yovals Ihav xal purav elvan BAaotıjseciw*°),
5 eich auch mit der Synodos des Neumonds zusammen tem lunaris humoris et pa-
Nun entfaltet es sich uns deutlicher, warum Selene, wie wir bereits im ersten
derum aus Macrobius genauer: aer ipse proprieta Teil angedeutet haben, Anfang und mütterliches Prinzip alles irdischen Wachs-
naseitur (et tunc enim a
titur et prodit. Nam cum Luna plena est vel cum tums ist: eben weil sie das befruchtende Wasser spendet. Was man schon in
aut si sudus
arte qua sursum suspieit plena est) aer aut in pluviam solvitur einem babylonischen Hymnus vom Mondgott Sin gesungen, daß er der „Mutter-
Zusammenhang
Fr multum de se roris emittit”‘). Macrobius zitiert in diesem im gleichen Zu- leib, der alles gebiert“*), sei, das kehrt nun (wenn auch wohl aus anderen
einen Vers aus dem Lyriker Alkman°*), den bereits Plutarch Quellen gespeist) im griechischen Denken wieder. Nach Aristoteles ist Se-
ımythenbildend die
sammenhang uns aufbewahrt hat®®) und der uns zeigt, wie lene Anfang alles Gebärens und Wachsens: osvußaAkeror eis näcag tüg yeveocız
der Syno-
volkstümliche Naturbeobachtung vom Entstehen des Mondwassers ausseine Personi- xal teAeıbgeig‘), Isis wird in der hochzeitlichen Vereinigung mit Osiris zur
dos zwischen Helios und Selene geworden ist. Der Tau, das heißt „Mutter der Welt‘, wie Plutarch darlegt**), Luna ist in den Gebeten des
fikation in Herse, ist Tochter des Zeus und der Selene: Firmicus Maternus humanorum ceorporum Mater’). In den krausen Vor-
ola Ards Yoyarnp "Epsa tpeper stellungen der Astrologen und Traumdeuter bedeutet Luna „Mutter“ oder „Geburt“
xal Zelavag dag’), \
oder „leibliche Gestalt“°'), Von ihr geht alles aus, was immer an Leben auf
i Tauspenderin® geradezu ein Eigenwort der Selene, sie ist öpo- dieser Erde ist. Luna ist mortalium corporum et auctor et conditria®?).
a roocida). Sie Sbendet aus der Fülle des „oberen“ oder des Diese Grundvorstellung, die wir nur andeuten und die wir mit einer Fülle
himm-
himmlischen“ Wassers®®) den nächtlichenTau, ja Selene ist geradezu aus noch von anderen Zeugnissen belegen könnten, führt nun weiter: von Selene hängt
lischem Tau gemacht wie die späte Definition bei Martianus Gap ella vor allem jegliches Wachstum in Pflanzen- und Tierwelt ab. Ebbe und Flut,
com-
zeigt: (Luna) est globosum tenerumque corpus em superiori roris levitate Mineralien und Edelsteine, Aussaat und Ernte, Auswahl günstiger Tage für wich-
pactum instar speouli praenitentis adiaculati fulgoris ). Von hier aus
versteht tige und alltägliche Unternehmungen: alles wird in volkstümlichem Denken und
man besser, warum der Yrste Iuelus in Annleius Meinmorphorn respe eo in gelehrten Astrologien abhängig gemacht vom Mond und seinen Phasen. Daß
ä i scheinung der Selene sagen konnte, er sei marino more die Flut des Meeres im Rythmus des Mondes geht, daß die Muscheln im Wasser
ist‘”),
sel Aus diesem Mondtau stammt der Honig, der Artemis heilig zunehmen mit wachsendem Mond, daß die Aussaat gedeiht, wenn sie im zu-
die Perle“). Ohne Zweifel spielt der lebenspen dende Tau auch im Isis- nehmenden Mond geschieht: für alles hat sich das ganze Altertum brennend
ebenso
kult eine bedeutende Rolle“). Bei Lucian lesen wir, daß die fabelbaften Be-n interessiert, und es wäre ein vergebliches Bemühen, auch nur die bedeutungs-
wohner des Mondes sich vom Mondtau ernähren‘). Eine Welt von mystische vollsten Stellen hier anzuführen. Die Traktate über Landwirtschaft, die Medizin-
Vorstellungen entfaltet sich so aus der schlichten Naturbeobachtung vom nächt- rezepte und vor allem alle Geheimbüchlein der Astrologen sind voll davon. Es
handelt sich hier, wie Gundel sich ausdrückt, in der Tat um eine „Katechismus-
sr tarch, Quaest. conv. IIL. 10,3 (IV, Bernardakis, S. 136, 2.7 £.). wahrheit der orakelnden Astrologie“ °®). Cicero hat die allgemeine Überzeugung
2” Plintas, Re hist. 18, $ 292 (Mayhoff III, S. 224, Z. 4-6). dieser aus stoischer Naturphilosophie stammenden Lunarmythik in die Worte
&) Macrobius, Sat. VII, 16, 18 (Eyssenhardt S. 463, 2. 17). gefaßt: multa ab ea (luna) manant et fluunt quibus et animantes alantur au-
gescantque et pubescant maturitatemque adsequantur quae oriuntur terra®‘). Es
*) Ebd.: Unde ei Aleman Lyricus diwit rorem aeris et Lunae filium. ist indes wichtig, wenigstens diese allgemeine Feststellung hier ausdrücklich
19).
3) Plutarch, De facie in orbe Lunae 25 (V, Bernardakis, S. 456, Z.
zu machen, weil wir es mit einer halb naturwissenschaftlichen, halb mythischen
®) Alkman fragm. 43 (Anthol. lyr. Graeca II 5, Diehl!, S. 23). Vgl. dazu
Vorstellung zu tun haben, die wie selten eine andere im volkstümlichen Denken
RE VII, 1 (1912) Sp. 1146—1149 („Herse“ von Sittig). der späten Antike beliebt war, und gegen die noch die Kirchenväter einen be-
#) Nonnos, Dionysiaka 40, 376; 44, 221 (Ludwich II, S. 307. 393).
3) Vergilius, GeorgIII, 337 (Ribbeck I, 8.157). — Ähnlich Statius, Theb. I, redten und leidenschaftlichen Kampf führen — soweit sie nicht die unverdäch-
338 (IL,2, Klotz, S. 19): rorifera ... biga (Titanis) [i. e. Lunae]. .
») Vgl. zu der Idee vom „überhimmlichen Wasser“ K. Kerenyi, Astrologia, *) Plutarch, De Iside et Osiride 41 (II, Bernardakis, S. 514, Z. 2—4).
Platonica: Archiv für Religionswissenschaft 22 (1993) 245. 255..— R. Eisler *) Vgl. H. Zimmern, Babylonische Hymnen und Gebete in Auswahl (Der
alte Orient VII, 3), Leipzig 1905, S. 11. — Über $in als Mondgottheit vgl.
Weltenmantel und Himmelszelt (München 1910) II, S. 623. W. Roscher, Myth. Lex. IV (1909—1915) Sp. 895; 912.
) Martianus Capella, De nuptüs Phil. U, 169 (Eyssenhardt S. 46, Z. 8-11).
#4) Apuleius, Metamorph. XI, 7 (Hildebrand I, S. 1006. Z. 3); vgl. auch 4°) Aristoteles, De gen. anim. 4,10 (777 b 26.).
#) Plutarch, De Iside et Osiride 43 (II, Bernardakis, S. 516, Z. 11f.). —
ebd. XI, 23 (Hildebrand I, S. 1071, Z. 1): purissime eircumrorans abluit.
#2) Vgl. dazu W. H. Roscher, Selene, S. 49, A. 199. — W. H. ‚Roscher, Vgl. dazu J. Pascher, ‘Odös Baoıkımı. Der Königsweg zur Wiedergeburt und
Nektar und Ambrosia, Leipzig 1883, S. 13 ff. — Mond-Honig in der mithräische
n Vergottung bei Philon von Alexandreia, Paderborn 1931, S. 85.
Liturgie: vgl. F. Gumont, Die Mysterien des Mithra. Deutsche Ausgabe
von °%) Firmicus Maternus, Math. V, praef. (Kroll II, S. 3, Z. 2£.).
G. Gehrich und K. Latte, 3. Aufl., Leipzig 1923, S. 100. . °) Artemidoros, Oneirokritika II, 36 (Hercher, S.135, Z. 16). Hier wird auch
) Vgl. H. Usener, Die Perle. Aus der Geschichte eines Bildes: Theolog. Selene ausdrücklich als pöcer öypd bezeichnet: II, 36 (8.136, Z. 8) und I, 80 ($..81,
Abhandlungen, K. Weissäcker... gewidmet; 1892, S. 205=, H. Usener, Vorträge Z. 27). — Vgl. auch Firmicus Maternus, Math.II, 19, 13 (Kroll I, S. 65,2. 9—11):
Sane patrem et in viri et in mulieris genitura Sol ostendit, matrem Lama.
und Aufsätze hrsg. v. Dieterich, Leipzig 1907. S. 222.
4) Vgl. dazu Phorphyrius, De abstinentia IV, 9 (Nauck S. 242, z. 3—10), ®) Macrobius, Somn, Scip. I, 11,7 (Eyssenhardt $. 528, Z. 3 £.).
wovon dem „Feuer-Wasser“ im Sarapis- und Isiskult die Redeist. Zu dem
») Vgl. RE XVI, 1 (1913) Sp. 105, Z. 7. (W. Gundel).
in Urnen getragenen göttlichen Nilwasser, dem Schiffahrtsfest der Ploiaphesia, %) Cicero, De nat. deor. II, 19, $ 50 (Plasberg S. 68, Z. 29—31). — Weitere
zum refrigerium des lebendigen Wassers im Isiskult vgl. F. Gumont, Die orien- Belege dafür außer bei W. H. Roscher, Selene, S. 61 ff. in REI, 1 (1894) Sp.
talischen Religionen im römischen Heidentum, 3. Aufl., hrsg. v. A. Burckhardt- 39—41 („Aberglaube* von Rieß). — P. Wendland, Philos Schrift über die Vor-
- Brandenberg, Leipzig 1931, S. 88,89 f.; 251, Anm. 113. — Vgl. oben Anm: 41. sehung, Berlin 1892, S. 70; S. 71, Anm. 1 u. 3. — E. Rohde, Dergriechische
4) Lukian von Samosata, Ikaromenippos 13 (Il, Jacobitz, S. 409,18 f.). Roman und seine Vorläufer®, Leipzig 1914, S. 245, Anm. 1.
’
68 5 H. Rahner „Mysterum Lumae“ 69
ver- "
en Denken der hellenistischen Antike selbst er zu berichten, daß er die allzuscharfen Strahlen der Sonne „mildernd
svol len Einf luß auf die Ents tehu ng zurückhalte‘ und eine feuchtwarme Flüssigkeit in alle Lebewesen ausgieße‘").
geheimni
= Ach es so grif fen die Väte r Theodoret von yrus legt einmal in seinem Psalmenkommentar den Ton
en auf Erden ausübe,
u dar ' Wachstum alles Lebendig shei t, um zu zeig en, daß die mehr auf die brennende Eigenschaft des Mondlichts, indem er den mildern-
sen der Natu rwei
uni en zu den Ergebnis ern viel-
hen seiner göttlichen Natur, sond den Einfluß des Mondwassers als selbstverständlich voraussetzt‘”). Und noch
Wirküngen des Mondes nicht Zeic s seie n, der dies e „gewal- der seltsame armenische Apologet Eznik von Kolb, der die Sätze der
heit des Schö pfer
mehr Zeichen der göttlichen Weis nun strömt die | griechischen Philosophie und Astrologie so naiv auseinanderzusetzen weiß,
: am ond gegeben habe. An diesem Punkt
holo gie in die Ged ank enw elt der Kirchen- eifert heftig gegen den Glauben der Griechen, die dem Mond eine so gewal-
le neee: Lunarmyt ros ius begi nnt Plutarch tige Wirkung auf Meer und Tier und Samen zuschreiben®®).
lius und des Amb
Ser ein. Auf dem Ambo des Basi
Aus-
Aus all dem ist eines deutlich: diese lunaren Gedanken waren auch den
ivales des Plutarch bekannten
= en den Quaestiones conv ius wied erke hren, Beben
Vätern so vertraut, daß es uns nicht wundert, wenn nun auch dieser Vor-
er bei Mac rob
führungen, die fast wörtlich spät l ie
stellungskreis in die Symbolik Kirche-Selene hineingenommen wird. Was uns
us vorgelegen, als er seine sechste Homi
offenbar auch dem Bischof Basili ‚sag t er, „daß zur Kann
auffällt ist eher, daß dies nur in einem bescheidenen Ausmaß geschieht, daß
tete . „Au ch ich glau be
zum Hexaemeron vorberei e sich bei Origenes, dem großen Bildner christlicher Symbolik, davon nichts
ung der Vegetation die en
tution der Tiere wie zur Entwickl um die Organismen bei ab-
findet, ebenso wenig bei Augustinus. Indem wir das Geschick dieses Teiles
rage n. And ers steh t es unserer gesamten Mondsymbolik verfolgen, wandern wir auf literarischen
Mondes nicht wenig beit den sie
ehmendem. Bei abnehmendem wer
nehmendem Mond, anders bei zun rt sich dem Zue des
Nebenpfaden. Aber wir lernen auf ihnen den geistigen Bereich der lunaren
der Mon d aber zu und nähe Kirchentheologie, der ohnehin schon so seltsam anmutet, genauer und intimer
dünn und leer, nimmt ee
wieder voller, und zwar deshalb, wei
Vollmonds, dann werden auch sie erk t in das Innere =
kennen. Aus der Art, wie die zur Rede stehende Idee auftaucht und weiter-
gemi scht e Feuc htig keit unv erm lebt, geht zudem hervor, daß es sich doch offenbar nicht um den verein-
Mond eine mit Wärme arc)
wird dann noch mit den aus Plut
Lebewesen einfließen läßt‘). Dies lief erun g glau ben dürf en, zelten Einfall eines Außenseiters handelt, sondern um ein in der allegorischen
n wir der Über
bekannten Beispielen erläutert. Wen Ath ana siu s die Ge- Dogmatik sorgsam ausgebautes Stück.
e Alex andr iner
so hat schon vor Basilius der groß m MethodiusvonPhilippi ist es, der uns im Symposion, diesem wahren
n,allem irdischen Wachstum gleichsa
danken von dem mütterlich nährende lich t ausg esprochen, Antiquarium hellenistisch-christlicher Symbolik, zum erstenmal die Theo-
ende n lau war men Mond
himmlische Muttermilch ausström logie von der mütterlich gebärenden Kirche unter dem Bild der Selene als
®). Ebenso hält Eusebius in ir
genau so wie Philo von Alexandrien"
sche Mei nung von der Wassernahrung 1er Wasserspenderin entfaltet*). Die Grundgedanken haben wir bereits im ersten
Praeparatio evangelica die stoi 5 Teil dargelegt. Nun schreitet die Symbolik kühn weiter. Der „pneumatische
olaos vom Mondwasser fest’). Man a
Selene oder den Satz des alten Phil ufig . Der Verfasser les Vollmondschein“ der Kirche, das beständige Wachsen zur ewigen Fülle hin,
h den Kirc henv äter n gelä
die alte Mondweisheit ist auc wird erreicht in dem beständigen Gebären der geistigen Kinder, der Neuge-
mmentars wiederholt ausdrücklich die a.
pseudoeustathischen Hexaemeronko er tauften. Die Kraft zu dieser übernatürlichen Mutterschaft schöpft die Kirche
Kom bin ati on „warm-feucht oder „Feu
ike Lehre, daß aus der ), und vom Mon d weil immerdar aus der neumondlichen Vereinigung mit der Sonne Christus, der
zu erkl ären sei®
alles fruchtbare ‘Sprossen der Erde sich selbst in einer mystischen Ekstase vernichtet hat am Kreuz und einst in
ilius, Hexaemeron, Hom. 6,10 (PG 29, 144 B): üneppuis a Av nal unvergänglichem Licht neu aufgehen wird. Die Kirche ist also „wachsender
m Exameron IV, 8, 31 (CSEL 32,1. Schenk
l,
Gnocheae Davdun, _ Ambrosius, swae. a \ Mond“, sie nimmt in den Neugetauften zu — aber in der Kraft des mystisch
onis habeat
52. 6f.): cum tantam vim mutati (PG 29, 144 A): olpaı d&xal “ av sich immer wiederholenden Todes Christi: „Von Tag zu Tag nimmt sie zu
6,10
& le, Umemuernn Hom. yfis gvopevars uf, HIXPaY Öndpyewv Ex fs- an Größe und Schönheit und Fülle, dank der liebenden Umarmung des
Ibov xaraoneufj aut tolg Aoınoic Toig &nd rnn xexpa
Yard geAriunv neraßoANg thv auvräls iev.... Biönı Sypöimd ya Sepnö Logos, der heute noch zu uns herabsteigt und in Ekstase liegt, wenn wir
YYavovsav AcAnddrag ivinan, .
£ 125 Bäaoc aeum (PG-27, die Anamnese seines Leidens begehen; denn anders könnte die Kirche die
at.den nm. 27. — Athanasius (?), Fragmenta in Matth 3= Gläubigen nicht empfangen und zur Welt gebären in Kraft des Bades der
seArivn) nard gbaıv Öyp&... yakarropatis
1388D und 1389 AB): odoa yap (Nza qua... 6s prjenp yunola dia ds, vortdg
AA Sypsrnn moi di buxpfg maven89ev zal yalaxtopatis batıy, Or, Ss wine To
aykalıfoydın dvalomupet... nal aden fi mörmt moi rt dpdop neyakdver 1ü ®) Ps.-Eustathius, Hexaemeron (PG 18,721 CD). .
yadayrı zp&gei 1d vrmov, obro ®) Theodoret von Cyrus, Psalmenkommentar 120, 6 (PG 80, 1880 A):
Yaol zhv aeArvnv at uövoy bypäv dAAG xal Gepuiv eivar xal zafeıy Snoiag ı&
36 (PG 91,1380 A; 1385 G; vgl. auch
Eusebius, Praep. ev. XV,29 und AM 14 obere, . “
18, 713 C): voridag yäp ovupepog xah #) Eznik von Kolb, Wider die Häresien III,8 (Aus dem Armenischen über-
ED, unstaihius Hexaemeron (P& adıhv naraßd\Aeror, — Vgl. dazu das lite- setzt von S. Weber: Bibliothek der Kirchenväter 57, München 1927, S. 137);
Seppav &xodong fs yfis,TO onepu a eis
ius, Hexae meron , Hom. 5,3 „(PG 29, 100 CO): örav vgl. ebd. I, 2 (8. 28). :
rarische Vorbild in Basil vorldo g xul Heppfs Exovaav..: ®) Methodius, Symposion VII, 6 (GCS Methodius, Bonwetsch,$. 88, Z.5—24).
‚ic yfiv xarandon 1b onfp a supue ipog
H. Rahner „Mysterium Lumnae“ 73
72
Ge ee
Kirche ist kaum mehr die Rede. Bei Gregor dem AMBROSIUS, DER VERFASSER VON
‚Vergl eichun g mit dem feuc nen, ar
eine rein moraltheologische
wasser**). Der Clavis Melitonis macht einige
Andeu tunge n un , “ DE.SACRAMENTIS
Lina humor um mäter genanı
ätzen des Thomas von Chanti mpre wird die DIEINNEREN ECHTHEITSGRÜNDE
hes mag noch in
und auf Maria ‘als Mater gratiarum gedeutet‘). Ähnlic
machem theolo gische n Buch des Mittela lters verbor gen sein??°) : Dan ar VON OTTO FALLERS.J. — ROM
Kirch e als der wahre n un =
hat die Symbolik von der mütterlichen (Fortsetzung und Schluß)
n, der große Vermit tler antiker und altchris t) ie = -
einmal ausges proche
von Sevill a: Item sicut Luna zn
lehrsamkeit an das:Mittelalter, Isidor III. PARALLELEN ZUM TEXT VON S SELBST
mi et praedi
est roris et dus humentium substantiaruin, ita Ekelesia baptis . IM ECHTEN AMBROSIUS
Luna erescente crescunt ommes fructus atque
cationum. Et quemadmodum
ea minuente minuuntur, non aliter intelligimus Ecelesiam, in cuius
Be Man hat zwar auch bisher schon gewußt, daß in S Parallelen zum sicher
\ echten Schrifttum des hl. Ambrosius vorhanden sind. Um ganz zu schweigen
mento proficimus cum ipsa'”"),
von der in die Augen springenden Gleichheit der vier ersten Bücher von S
In der lebendig fortwirkenden Kraft dieser antiken und en mit M, die dem „Verfasser“ von S den Namen „Ambrosiüi simia“ eingetragen
ie
lieferung, die wir hier zu zeichnen versuchten,ist auf den ns hat, wiesen schon die Mauriner‘auf die Verwandtschaft von S VI 11—25, der
ic)
am Campanile des Florenzer Doms Luna dargestellt worden, ee Abhandlung über das Gebet, mit De instit. virg. 1,7—2,10 hin”), Auch
n des einem Brunnen entsprud elnden lebendige n Tamerz;
mütterliche Spenderi Kleinigkeiten hatten sie beobachtet, wie die Betonung der „fragilitas vocis“
thronend über dem MeerderZeitlichkeit, das sich ihren Gesetzen fügt: ee durch den Redner $ I 24, die Augustinus als Ohrenzeuge-von Ambrosius be-
en
aquae**). Und nicht nur in der unerklärlichen Gewalt des um tichtet?”), ferner den bei Ambrosius beliebten Hinweis auf seine geringe
Genius, sondern ebenso in der Kraft der uralten Tradition hat Dante in um theologische Bildung, der sich ebenso S VI @6 wie Deoff. min. I. 4
sterblichen Worten den Aufstieg des Geistes in die Sphäre des „ersten finde”), den Gebrauch von „sors“ (Schmutz) im Singular SIV 4 wie Exam,
Sternes“, der immer noch erdennahen und doch schon himmlisch ne IV 1,1 an Stelle des sonst üblichen „sordes“ (Plural)”). Morin hat diese Hin-
Luna geschildert. Beim Eindringen in den seligen Bereich der „ewigen Zn weise erneut betont und hinzugefügt die Sprachverwandtschaft zwischen S
umgibt ihn etwas Geheimnisvolles, das da ist wie eine von Licht ganz Be IV 12 und dem Weihnachtshymnus deshl. Ambrosius®®), ferner die am-
tränkte Wolke, wie quellklares Wasser, das von feurigem Sonnenstrahl ar -
zuckt ist'®). Wundersames Symbol der göttlichen Vereinigung, in die,. em ©) PL 16, 409, In Libros De Sacramentis Praefatio.
Menschengeist auf seiner Fahrt vom Dunkel der Erde zum ureinfachen Lic] ”) S 124: Sed interim secundum Fragilitatem vocis nostrae... satis sit hodie
des ewigen Vaters heimstrebt: etiam de sacro fonte libasse mysteria...; August. Conf. V13,3: ... quamquam
et causa servandae vocis, quae illi facillime obtundebatur, poterat esse iustior.
Per entro s& l’eterna margherita tacite legendi. — Ich füge hinzu: De virgbs. I1,1: ... maiore siquidem periculo
Ne recepette com’ acqua recepe auditur vox nostra quam legitur ; liber enim non erubescit; ebda. 11,4: ac for-
Raggio di luce, permanendo unita. tasse miretur aliquis, cur scribere audeo qui loqui non queo etc. — Die Apolog.
David II5, 28 (... „per fragilitatem vocis omnem seriem non possum inplere
(Schluß folgt.) travtatus“) brauchen wir also gar nicht beizuziehen, da ihr ambrosianischer Ur-
sprung nicht gesichert ist.
”°) S VI26: Docuimus pro captu nostro, forsitan quod non didicimus, et ut
potuimus expressimus. — De off. 14: Docere vos coepi, quod ipse non didiei ete:
Hinzuzufügen sind aber noch folgende Ambrosiusstellen: De Cain Il: De para-
i noctisi et Lunae splendore distillat.
isti i
— Bonaven- diso in superioribus pro captu nostro ut potuimus... digessimus; De Abrah.
'0 aguis gravatus rigore II 1,1: Moralem quidem locum persecuti sumus, qua potuimus intellectus
ze Getenzenkommäntar U,d14,p.2%, 3 2 (Ed. Quar. I, S. sM: unde simplicitate,; De virgbs. 11,2—3 ganz! II1,1: ... quantum virginitatis mu-
wia Luna ex virtute sibi indita cum adiutorio luminis aspectum habeat super nus sit, voluimus, non enim potuimus ewplicare; Expl. Ps. 36, 60,1: Explana-
Kumorem, ideo per suam influentiam humidum augmentat et ad eius praesentiam
mt maria.
vimus, ut potuimus, quomodo dixerit ‚iwenis fui...’. Der Ausdruck »pro
captu nostro“ außerdem: In Ps. 118,3,20,2; 21, ‚1. — Das ist nicht nur
FE)Gregorius M., Moraliä in Job 22,7 (PL 76, 221-BC). herkömmliche Phrase!
12) Clavis Melitonis III, 6 (ed Pitra, Spieil. Solesm. II, S. 65). nee
12) Vgl. Vinzenz von Beauvais, Speculum naturale XVI, 10 (Ausgabe ”°) Hinzuzufügen ist: In Ps. 61,4,4: voluit itague mundare vulnus, ut affec-
Straßburg 1474). — Alanus ab Insulis, Liber de distinetionibus (PL 210... tum sanaret ne inoboedientiae sors ulla remaneret. — Exam. VI 9, 60: integritas
; 843 AB). levi sorde aspersa. — De Noe 7,18: ne sorde aliqua ..rupilla laedatur.
Bor u Sevilla, De natura rerum 18,6 (PL 83, 992 AB). äh ®) S IVnon enim ex virili semine generatus est, sed natus de spiritu
42) Vgl. dazu Künstle, Ikonographie der christlichen KunstI, Freiburg 1928, gancto et virgine Maria, utero editus virginali. — Hymnus IV (PL 16, 1410)
S. 140 f.; 168 ff. Str. 2: Non ex virili semine, Sed mystico spiramine, Verbum Dei factum
- 12) Paradiso II, 31—36. caro, Fructusque ventris floruit. (Explan. Symboli, PL 17, col. 1156D).
INHALT
Hugo Rahner, „Mysterium Lunae“ (Schluß)... » 5 er.
“A. Landgraf, Der Porretanismus der Homilien des Radulphus Ardens 0.3132
„MYSTERIUM LUNAE“
4 ;
NEUERSCHEINUNGEN RSS ; Er REN EIN BEITRAG ZUR KIRCHENTHEOLOGIE DER VÄTERZEIT
Der Katholizismus der Zukunft,.hrsg. von H.: .Mulert (Karl Rahner) 2ER : ‚149 VON HUGO RAHNER
Zwei Paradigmen einer Verkündigungstheologie: 1..H. Rahner, EineTheologie
“ der Verkündigung; 2, F. Dander, Christus alles und in allen (F. Lakner) 15 IH
Dogmatik:und:Dogmengeschichte: Doctrina: duodecim - Apostolörum, :, se DIE STRAHLENDE KIRCHE
Koepgen, Scheeben, Diekamp, Hengstenberg, Sellmair, ‚Weber, Dessauer, SE
"Eyyoäar f oeArun tiv ävdoracıv.
Volk, Karrer, Erdin, Tekeyan, Schütz, Poschmann, Koenen, Walter . ... 155.2
(Severianus von Gabala,
Katechetik: Wöber, Hilger, Schmitz, Knechtle, Götz, Ballof, Allroggen, Alfes, a
De mundi creatione Or. 3, 5.)
Walterscheid-Burgardsmeier,, ‚Huber, Grimm, Thoma, Casper... ..... 164:
Das mütterliche Gebären der ‚Kirche, ihr Wachsen und Abnehmen, ihr
Aszetik und Mystik: ‚Schmidt, :Ott, Przywara, Sellmair, Viller- Rahner, immer sich wiederholendes Hineilen zum Vollmondschein im Kreislauf der
Strauch, Kuckhoff, Sertorius, Richstaetter, Thomas v. K., Minkner, Waugh, stets erneuerten Todesvernichtung Christi, hat nur einen einzigen Sinn: das
Baur, Kreitinuier,-Derfließende Gottesjubel, Stehle, Menge, Feuerer, Kuderer, Hineilen zum „Aufgang des vollkommenen Lichtes an jenem großen Tag“,
Görres, Staudinger, Tyciak, Kassipe . . .. - ee ne Fe Bere 09. wie Methodius sagte, das endzeitliche permanere cum Sole, das für Augu-
stinus der Inbegriff christlicher Sehnsucht ist. Das Mysterium der sicht-
baren, irdischen Kirche ist eschatologisch. Ihr diesseitiges Wesen kann nur
begriffen werden mit.dem Blick auf das Endziel hin, oder noch besser:
Die Zeitschrift für katholische Theologie (ZkTh) mit dem Blick vom Endziel her. Der Endsinn des Kirchenmysteriums ist
die Auferstehung des Fleisches, die in der von der Kirche geschenkten
erscheint viermal im Jahre. Die vier Hefte bilden einen Band. Die „Zeitschrift“ ; Geburt der Taufe ihren Anfang nimmt und zu der hin die Kirche in allen
kann durch den Buchhandel, in Deutschland auch durch jede Postanstalt 'oder ihren Taufsymbolen den Blick der Gläubigen richtet als zu der „letzten“
direkt vom Verlag Felizian Rauch Innsbruck/Leipzig bezogen werden. und doch ersten Wahrheit. Die Fleischesauferstehung ist darum für die
Fi i 2 altchristliche Kirchendogmatik der leidenschaftlich erforschte und verteidigle
Bezugspreis für den Jahrgang (4 Hefte) RM. 10.—, ausschließlich Porto. Endsinn des Mysteriums in Christus und der Kirche, Sie ist aber auch
Postschecekkonti des Verlagst "Wien’ 42.452, München ‚5417, Budapest 8609, zugleich jene Wahrheit, die von dem überspitzten Geistigkeitsideal der
Prag 42.452, Basel V 4376, Warschau 193.592, Straßburg 27.224, Zagreb 41.670. spätantiken Frömmigkeit am meisten angegriffen wurde. Augustinus sagt
.Die Annahme des ersten Heftes bedeutet das Abonnement für den ganzen darum in unmittelbarem Zusammenhang mit Gedanken über das Wesen
Jahrgang © Adresse der Redaktion: Wien 1/9, Seitzergasse 3. eo der Kirche: in nulla re sie contradieitur fidei christianae quamin resurrec-
x tione mortuorum.*) Ein tiefsinniges und allen verständliches Symbol der end-
Druck von Felizian Rauch Innsbruck. — Printed in Germany '' zeitlichen Auferstehung findet er aber im beständig sich erneuernden Wechsel
des Mondes. Es ist somit die abschließende Fortführung der patristischen
Kirchentheologie, wenn wir nun, gleichsam als kurz zusammengefaßten Epi-
Wichtige Neuerscheinung ! log zu dem erhaben schönen Gedicht der altchristlichen Mondsyinbolik, die
Bezieliungen zwischen Kirche und Auferstehung des Fleisches darlegen
und
zeigen, aus welcher Welt von lunaren Vorstellungen auch diesesletzte Stück
.DR. KARL DREXEL FELDKURAT IN SIBIRIEN christlicher Kirchenspekulation seine symbolische Kraft geschöpft hat,'2)
224 Seiten, mit vielen Bildern, Holzschnitten und Kerken: Kart. 5.60, Halbleinen 6.80 RM ‘) Augustinus, En. in Ps. 88,5 (PL 37,1134 0). .
'2) Zu der’ oben (Teil II) dargelegten Symbolik von der „feuchten Natur des
Das Erlebnisbuch eines Seelsorgers im Weltkrieg, der Mensch unter Menschen, Kamerad N Mondlichts“ ist hier noch nachzutragen, daß bereits Origenes, In Evang.
unter Kameraden, Held unter Helden war. Vom Ural bis Wladiwostock erstreckte sich das il Matth. XIII, 6 (GCS Origines 10, Klostermann, S. 193, Z. 18 f.) dies als Ansicht
Wirkungsfeld des Feldkuraten Dr. Drexel, in zwölf Lagern und ‚ebensovielen Spitälern || der antiken Ärzte angibt. Vgl. dazu A. Harnack (TU 42,4, S. 103) und
führlich F. J. Dölger, Der Einfluß die Origenes auf die Beurteilun
aus-
„machte er beruflich Dienst. »Das Buch hat hohenliterarischen Wert. Es wird das G: g der Epi-
lepsie und Mondsucht im christlichen Altertum: Antike und Christentum 4 (1934)
schilderte in einem Grad’ konkret und anschaulich, der kaum zu ‘überbieten ist. . . ..e: S. 95—109. Dölger führt hier (S. 106, Anm. 43) eine Gleiches hietende Stelle
aus
ist eine Schule des Mitgefühls und eine Erziehung zum Durchhalten, vor allem auch ein ya nioreius, Kirchengeschichte VIH, 10 (GCS Philostorgius,
Bidez, 8. 111,
Erziehung zur Dankbarkeit. Ausihm ‚ist viel.'zu lernen, so verdi . 12 f.) an.
schaft.« NE hi 9 Zeitschrift für kath. Theologie. 64, Jahrg. 1940,
Durch alle, Buchhandlungen zu beziehen! Hi a
Der heidnische und der christliche Mensch der Spätantike besaß noch ein In der sublunaren Region ist die „dunkle“ Luft, ist alles sterblich und
hinfällig,
heiliges und tiefes Mitgefühl mit den Vorgängen am gestirnten Himmel. Wir mit Ausnahme der geistigen Seele, die aus dem Bereich jenseits des Mondes, °)
dem Äther, aus dem Feuer stammt. Cicero hat dies im Somnium
aus
wissen es aus Basilius und Ambrosius, wie ihn das kosmische Geschick des Seipionis
in die Worte geprägt: in infimo orbe Luna radis Solis uecensa convertitur.
sich wandelnden und verfinsternden Mondes traurig. machte.®) Nicht nur fra autem iam nihil est nisi mortale et caducum, praeter animos munere In-
die Heiden sondern bis tief in den Beginn des Mittelalters hinein auch die hominum generi datos, supra Lunam sunt aeterna omnia. %) Plutarch deorum
Apuleius,°) aber auch der für das christliche Denken so
’) und
Christen nahmen leidenschaftliehen Anteil an dem Vorgang der Mondfinster- einflußreiche Phi-
lon°) blicken mit den gleichen Gedanken zum monderleuchteten
nis und riefen dem nächtliehı leidenden Gestirn ihr angstvolles Vince Luna Jenseits des Mondes, „hinter dem Mond*, wo die „Metaphysik“ Himmel empor.
entgegen.®) Das war gewiß zunächst tiefwurzelnder Aberglaube, gegen den beginnt, *°) ist
alles erfüllt von dem sanctus aether,'!) ist alles unsterblich
und göttlich, selig
die Kirchenväter einen unermüdlichen Kampf kämpften. Aber eben die zähe und unvergänglich.!)) Macrobius, von dem das Mittelalter
so viel gelernt
Kraft, mit der sich solche Vorstellungen erhielten, ist ein Zeichen, daß noch hat, sagt: Omnia haec quae de summo ad Lunam usque perveniunt
corrupta, divina sunt, quia in ipsis esi. aether semper
, sacra, in-
Tieferes mitsprach. Hier lebte die uralle, nie ganz vergessene Ahnung fort, idem nec umgquam reci-
piens inaequalem varietatis aestum. Infra Limam et aer et natura
der einst das spätgriechische Denken und Beten eine so wundervolle Prä- ' tionis pariter
permuta-
incipiunt et sicut aetheris et aeris ita divinorum et caducorum
gung gegeben hat: daß nämlich das Geschick der nächtlichen Selene ein Sym- Lama confinium est.) Von droben ist nur die Seele, als Feuerfunk
en aus dem
bol sei für das Geschick der Menschenseele; daß jenseits des Mondes und seiner Äther, als Wassertropfen aus dem kristallenen Wasser, ausgeflosse
n aus dem
zu Trauer siimmenden Wandelbarkeit das selige und ruhevoll unveränderliche himmlischen Krater.) Darum ist die Gegend hinter dem Mond, ja bereits
Mond selbst
der
die Heimat, zu der sie sich zurücksehnt. Selene ist die „olym-
Reich der Geister liege, aus dem die Seelen stammen und zu dem sie sehnsüch-
tig zurückzukehren verlangen ; daß hienieden, unterhalb des Mondes,alles dunkel °) Vgl. zum Ganzen F. J. Dölger, Die Sonne der Gerechtigkeit
. sei, erfüllt von Dämonen und dem blinden Schicksal unterworfen. und der
Schwarze, Münster 1918, S. 50f.
Diese kosmische und zugleich mystische Stimmung der spätantiken Lunar- °%) Cicero, Rep. VI, 4, $ 17 (Müller S. 374, Z. 4-8).
frömmigkeit müssen wir festzuhalten suchen, wenn wir die Symbolkraft ver- ”) Plutarch, Quaest. conv. IX, 14,4 (IV, Bernardakis, S. 384,
S. 385, Z. 1). Z. 15 bis
stehen wollen, mit der die patristische Theologie den Mond zum Sinnbild
der kommenden Auferstehung und Seligkeit gemacht hat. °) Apuleius, De mundo 2 (Hildebrand II, S. 344): ultima omnium
altitudinis aethereae Pprincipia disterminans, qiae divinas Luna,
Es ist wohl vor allem Poseidonios gewesen, der die aristotelische Seleno- et immortales vivaci..
tates ignium pascens ordinatis ac semper aequalibus invection
logie in ein naturmystisches und zugleich volktümliches System eingebauthat. *) ibus solvitur at-
que reparatur. .
Danach ist Selene jenes himmlische Gestirn, das wie eine Grenzscheide zwischen °) Philon, De spec. leg. I, $ 85 (Cohn-Wendland V, 8. 32);
der irdischen und himmlischen Region des Sphärenkosmos steht. In der halb U, $ 121 (Cohn-Wendland IV, S. 298). De vita Moys.
philosophischen, halb mystischen Gedankenwelt der späten Stoa, der Neupytha-
goreer und in der Mysterienfrömmigkeit wird diese Lunarmystik weiter ausgebaut. *) Hippolyt, Elenchos VII, 19,4 (GES Hippolyt 3, Wendland,
bis 17). Vgl. dazu W. Jäger, Studien zur Entstehungsgeschichte $. 194, Z. 15
des Aristoteles, Berlin 1912, S. 177 £f,
der Metaphysik
°) Basilius, Hexaemeron Hom. 6,10 (PG 99,141 D): ei ö& Aunet oe ii sein.
— Ambrosius, Exameron IV, 8,31 (CSEL 32,1,'S. 136, Z. 22£.): nam ‚si te 4) Apuleius, De mundo 3 (Hildebrand II, S. 344),
Lanae contristat occasus quae se semper reparat ac reformat. — Von den „Leiden "%) Vgl. dazu noch Cicero, De nat. deor. U, 21, $ 56 (Plasberg
der verfinsterten Selene haben wir früher schon gesprochen. . . 28 ff), — Hippolyt, Elenchos I, 20, 6 (CS Hippolyt 3, Wendland S. 70, Z.
2f.). Die Gnosis des Bardesanes hat diese aristotelische Einteilun , S. 25, Z.
®) Dies rügt schon der Ägypter -Schenute von Atripe an seinen heid- g in ihr System
nischen Landsleuten, die Sonne und Mond anbeten mit den Worten: „Sei gegrüßt, eingebaut; vgl. Hippolyt, Elenchos VII, 24 (GCS Hippolyt 3, Wendland
Z. 2—5). — Eznik von Kolb faßt dies kurz zusammen , S. 202,
Sonne! Siege, Mond!* Vgl. F. J. Dölger, Sol Salutis!, Münster 1920, S. 51, , Wider die Häresien
Anm. 2. — Aber das gleiche Wort muß noch in einem karolingischen Capitulare II, 4 (BKV°57, S. 131): „Die Pythagoreer und die Peripatet
iker lehren .. . alles
gerügt werden: Indiculus superstitionum et paganiarum 8 30: De Lunae defec- was im Monde ist und über dem Mond, für unsterblich
zu halten, was aber unter-
tione, quod dieunt: Vince, Luna! (MG Leg. II, 2, S. 83). Vgl. Caesarius von halb desselben sich befindet, für sterblich.“
Arles, Sermo 52,2.3 (ed. Morin I, S. 221); Sermo 13,5 (Morin I, S. 66). Vgl. 3) Macrobius, Somn. Srip. I, 21,33 (Eyssenhardt $. 566, Z. 15—21). —
auch unten Anm. 26. Aus Macrobius schöpft noch im neunten Jahrhundert ausgiebig Ps.-Beda, De
*) Vgl. was schon Hippolyt, ElenchosI, 4 (GCS Hippolyt 3, Wendland, mundi coelestis terrestrisque constitutione (PL 90,881 ff.).
S. 9, Z. 22ff.) als Meinung des Heraklit berichtet: „All der Raum um uns sei 14) Seele als ignis aetherius: vgl. Macrobius, oben
Anm. 13. — Seele als
voll des Bösen und dieses erstrecke sich von den Erdräumen bis zum Mond, . gutta caelestis, Mßäs obpavia, die aus dem „Lichtquell“
weiter aber dringe es nicht, denn der Raum über dem Mond sei ganz rein‘. — auf die Erde gefallen
ist und nun wieder zum Urquell ‚zurückdrängt: Synesius vonKyr
Grundlegend ist die Ansicht des Aristoteles geworden, die Hippolyt, Elenchos 3, v. 713 ff, (PG 66.1603). — Über den „platonischen »parip“ ene, Hymnus
VII, 19,2 (GCS Hippolyt 3, Wendland, S. 194, Z. 3ff.) so wiedergibt: 6 röopos Leg. VI, 773 D), aus dem die Seelen ausflossen, vgl. Arnobiu(Timaios 41 D;
tori nara "ApıororeÄnv dinpnuevog eig nepn nAelova nal dtapepovia xal Eorı Tod II, 25 (CSEL & Reifferscheid, S. 68, $. 14—17); II, 52 (S. 89, s, Adv. ‚nat,
»öonov HEpog toßY” dnep doriv And ti fs nexpı fs seArfvng, änpovöntov, diesen himmlischen xparip und das „himmlische Mondhorn Z, 35). — Über
&xvßepvntov, ... 1b d& era thv geArvnv &v ndon vdkeı ot npovöig xal xußep- “ vgl. Hippolyt,
Elenchös V, 8,4 (GCS Hippolyt 3, Wendland, S. 89, Z. 25)
vrjoeı terayuevov. Vgl. dazu PL Wendland, Philos Schrift über die Vorsehung, stein-H.Schaeder, Studien zum antiken Synkretismus
und R. Reitzen-
aus Iran und Griechen-
Berlin 1892, S. 68, Anm. 1. — Ebenso P. Wendlan d im kritischen Apparat land, Leipzig 1916, S. 105 ff. — E. Pfeiffe r, Untersuchungen
zur Hippolytstelle (GCS Hippolyt 8, S. 194). — E. Pfeiffer, Untersuchungen gaben, S. 126, Anm. 1. — W, Pascher, ‘Odös Bacıkıxı, z. griech. Stern-
zum griechischen Sternglauben, Leipzig 1916, S. 119 ff. Paderborn 1931,
9
„Mysterium Lumae“ 125
124 H. Rahner
Hilfe zu kommen, indem man mit Lärm den Schwarm der sublunarischen Dä-
die uns zwar noch
i «15, die terra aetheria,'°) die ultima divinorum,'') dem „flüssigen Licht*
monen vertreibt und der „leidenden“ Selene den Sieg wünscht, offenbar im Ent-
schon in ihrer Mischu ng aus setzen darüber, daß selbst diesem das selige Land der ätherischen Ruhebegren-
Er iner Höck auch lichen Bereic h gehört. Dort-
und dem „aetherischen Feuer“ 1) ganz zum unsterb zenden Gestirn solches Leid widerfährt. °) Im Mondzauber sucht man Luna
der durch Myster ien Gereinigten, auf. In
hin steigen die Seelen der Guten, oder heräbzuziehen, um sich ihrer zu bemächtigen und so ihrer jenseitigen Kraft,
der ruhigen Luft um den Mond weilen sie, bis sie würdig befunden werden, noch ihrer schicksalsentrückten Freiheit teilhaft zu werden.) Man trägt kleine Monde
zu entsc hweben.*) BI
höher, in den feurige n Ätherb ereich aus Gold als dämonenabwehrenden Schmuck, als Geschenk zum Geburtstag, da
n Luftrei ch unter dem Mond. Hier hausen die Dämo- Luna unsere Geschicke lenkt und von ihr jede Geburt abhängt.?”) Ja, man erklärt die
Anders ist es im dunkle .
nen. ”°) Und vor allem eine Vorstellung ist durch . Aristoteles und die spätere elfenbeinerne Lunula am Schuh der römischen Patrizier als „Symbol für das ein-
steht. unter dem Zwang
5: elegt worden: alles, was unter dem Mond ist, stige Wohnen auf dem Mond und dafür, daß nach dem Tode die Seelen wieder-
aens: dar unerbittlichen Heimarmene.°') In dieser Überzeugung wurzelt um den Mond zu ihren Füßen haben werden“ ”*), also eingegangen sind in
astrologische Geheimweisheit
das angstvolle Streben der antiken Menschen, durch umlaufs zu ‚erhalten und sich
den ruhevollen, seligen Bereich üher dem Mond. So war denn die religiöse
einen Einblic k in die Gesetzl ichkeit en des Gestirn Stimmung der späten Antike — und mit ihr hatte sich die Kirche auseinanderzu-
cktsein in das Fatum zu entwind en.”°) Nichts Köstlicheres konnten setzen — ein gewiß oft grobsinnlicher‘ Gestirnaberglaube, aber ebenso auch,
so dem Verstri die Freiheit _vom Schick-
die Mysteri enkulte ihren Eingew eihten verspr echen als jedenfalls in geistig hochstehenden Kreisen, ein hehres und erschauerndes Gefühl
die „schädl ichen Einflüsse der
sal. Luna ist es in der Person der Isis, welche der Gottverbundenheit und der Jenseitssehnsucht, das sich am Anblick des von
dermütterlichen Göttin aus den
Sterne abhält“, der Isismyste ist durch die Güte Frömmigkeit glaubte,
Selene und ihrem Sternenchor strahlenden Himmels entzündete. „In sternfunkeln-
Schlingen des Fatums erlöst.?‘) Der Adepte hermetischer onen aufschwingen zu der Nacht berauscht sich der Geist an dem Licht, welches die Feuer des Äthers
als Weiser und Vollendeter, sich über alle Schicksalsregi nd sucht man ihr zu
auf ihn herabgießen; von den Schwingen des Enthusiamus getragen, erhebt er
können. *) Bei der Verfinsterung der Selene im Neumo sich zu dem heiligen Chor der Gestirne und folgt ihren harmonischen Bewegun-
gen; er „nimmt an ihrer Unsterblichkeit teil, und schon vor dem Tode unterhält
akis, S. 443, Z. 22).
15) Plutarch, De facie in orbe Lunae 21 (V, Bernard Z. 4.). er sich mit den Göttern*. ?°)
Seip. I, 19,8 (Eyssen hardt S. 549,
1) Macrobius, Somn. Dieser Sehnsucht, die in ihrer umheimlich bedrückenden Verschwommen-
17) Ebd. I, 21,28 a a 23).
18) Ehd. (S. 459, Z. 14 f.). heit so ergreifend ist, kam nun als Antwort das klare und feste Bekenntnis
Selene als dem Land
=) Über Ge orphisch-pythagoreischen Vorstellungen von orbe Lunae 28 (V, Ber-
der Kirche zur Auferstehung des Fleisches entgegen. Die Begegnung zwi-
Seligkei t vgl. Plutar ch, De facie in
der Seelen und der ousma n S. 255). — schen dem griechischen Spiritualismus der späten Antike und dem mit be-
— Lucanu s, bell. eiv. IX, v. 5—9(H
nardakis, S. 466f.). lt bei Arnim , Stoie. vet. wußter Betonung entgegengehaltenen Dogma von der Fleischesauferstehung
Die Quellen zur gleiche n Lehre der Stoa gesamme
54 (ed. J. H. Waszink, Amster- gehört zu den mitreißendsten Kapiteln der großartigen Auseinandersetzung
fragm. II, 812 fl. — Vgl. Tertullian, De anima — Noch bei Jamblich
dam 1933, S. 180 und zugehöriger Kommentar S. 280). gelegen, vgl. Johannes
ist das selige Reich der Geister zwische n Mond und Sonne
, — Zum Ganzen vgl. ®) Plutarch, De facie in orbe Lunae 29 (V, Bernardakis, S. 468, Z. 16 £f.).
Lydus, De mensibus IV, 149 (Wünsch S. 167, Z. 23—26) IL, S. 131.195. 319.320. _ Der Lärm, den man bei Mondfinsternis macht, ist gegen die Dämonen der sub-
Psyche (9. u. 10. Aufl., Tübing en 1925)
E. Rohde,
Leipzig 1926, S. 23—26. lunaren Region gerichtet. — Vgl. zum Ganzen W. Roscher, Selene, S. 89 ff.
E. Norden, P. Vergilius Maro, Aen. Buch VI, 3. Aufl., n 1936, S. 308 ff. — Zur — RE VI (1909), Sp. 2331—2337 („Finsternisse“ von Boll).
_K. Reinha rdt, Kosmos und Sympath ie, Münche
der Seelen vgl. BE. Rohde , Der griechi sche Roman und seine Vor- 2°) Der Zauber der „thessalischen‘“ Weiber, den Mond herabzuziehen, war eine
Mondfahrt t, Die Himmels-
läufer, 3. Aufl., Leipzig 1914, 8. 288, Anm. 2. — W. Bousse 235. — Über die Mond-
der verbreitetsten magischen Praktiken der Antike, bis tief in das Christentum
reise der Seele: Archiv f. Religion swiss. & (1901) S. hinein. Vgl. Basilius (PG 29,145 A); Ambrosius (PL 16,1027 C; CSEL 32,1
kern vgl. RE VIII (1912) Sp. 812 (Kroll). . S. 138, Z. 22 ff); Eustathius (PG 18,721 D); Augustinus, Civ. Dei X, 16
fahrt bei den Hermeti
die’ Dämone nregio n unter dem Mond vgl. außer den beiden Werken (CSEL 40, Hoffmann, $. 474, Z. 26 f.): der Mond wird herabgerufen, um „seine
20) Über tes, Leipzig 1892, S. 192.
F. J. Dölgers (oben Anm. 3u. 5) R. Heinze, Xenokra Gott und Hölle, Leipzig Kraft in die Kräuter auszuschäumen*, wie ein Zitat aus Lucanus sagt, — Über
— E. Rohde , Psyche II, S. 319, Anm. 3. — J. Kroll, die chemischen Praktiken dieses Mondzaubers berichtet Hippolyt, Elenchos IV,
5 37 (GCS Hippolyt. 3, Wendland, S. 62, Z. 19 ff.). Vgl. zum Ganzen noch W.Ro-
1932, S. 58 ff. unter dem Mond vgl. Ta-
2‘) Zur aristote lischen Leugnu ng der Vorseh ung scher, Selene, $. 85—89. Zur Fortdauer dieser Mondmagie bis in die karolin-
Glemens Al., Protr. V, 66,4 gische Zeit vgl. Hrabanus Maurus, Homil. 42° (PL 110,78—80); DACL IX,
tian, Or. ad Graec. II, 8 (Otto VI, S. 10). —
Clemens 1, Stählin S. 51, Z. 2 £.); Strom. V, 13,90 (GCS Glemens 3, 2 (Paris 1930), Sp. 2707—2715 („Lune“ von Leclereg).
(GCS
Stählin, $. 385, Z. 19). — Hippolyt, Elencho(PG s VIL, 19 (GCS Hippolyt 3, ?”) Plautus, Epidicus 640 (Goetz-Schoell I, 3, S. 124): non meministi me
6 83,957 A); ebd. 5 (PG
8. 194, Z. 6). — Theodoret, Therapeutike auream ad te afferre natali die lunulam ?
A). — Vgl. auch RE VII 11912) Sp. 2622—2645 („Heimarmene“ yon
83,941 schichte der Be- 2) Kastor von Rhodos, fragm. 25 (ed. C. Müller, Paris 1845, S. 181),
lungsge
W. Gundel). — W. Gundel, Beiträge zur Entwiek . der nach einem Wort Plutarchs die „römischen Gebräuche pythagoreisch aus-
griffe Ananke und Heimarmene, Gießen 1914. Fatumglauben vgl. legte“: obußoAov ıfis Aeyovueng olsnoewg Ent ts oeArvng xal dr nera Thv
%2) Über den Zusammenhang zwischen Astrologie und en Heidentum‘, Leipzig zelevrhv addız ai ıuyal zhv geAıjunv ind nödag Eovamv, — Vgl. auch G. A. Lo-
F. Cumont, Die orientalischen Religionen im römisch tische Literatur gegen beck, Aglaophamus (Königsberg 1829) I, S. 169. — H. Blümner, Die römi-
1931, 8. 162 ff. Eine Übersicht über die christlich apologe San F schen Privataltertümer, München 1911, S. 224f.
den Fatumglauben, ebd. S. 298, Anm. 61. ») F, Gumont, Die orientalischen Religionen im römischen Heidentum‘,
IS. 1078, 2.131); XL 6
»») Ap uleius, Metamorph. XI, 25 (Hildebrand der Griechen III, S. 163. Das letztgenannte Wort ist ein Zitat aus Vettius Valens IX, 8 (Kroll
n
(1, S. 1005, Z. 9). — Vgl. jetz auch 0. Kern, Die Religio S. 249, Z. 16). Vgl. auch F, Cumont, Le mysticisme astral: Bull. Acad. Belgi-
Berlin 1938, S. 141.
que (1909) S. 279 ff.
24) Vgl. RE VIII (1912) Sp. 812 (Kroll).
„Mysterium Lunge“ 127
126 . H. Rahner
Befreiung geschieht in der Taufe. „Nicht mehr Kinder des Zwanges sind
macht einmal
i ristentum und antiker Welt. °) Augustinus. wir Getauften“, sagt Justin in dem berühmten Taufkapitel seiner ersten
aufmer ksam, daß die Heiden gewiß viel Verständnis auf- Apologie.°”) Clemens von Alexandrien hat uns in den Exzerpten aus
a Mana
Seele, aber an ein Weiter-
bringen für das Fortleben der körperentbundenen Theodotus Sätze aufbewahrt, die zeigen, wie lebendig man die Taufe als Be-
nicht zu glaube n vermög en: *) also nach Jahrhunderten freiung aus der Verstrickung in Heimarmene auffaßte. Durch das pneuma-
leben des Leibes
ng der christl ichen Predigt Paulus
noch das gleiche Ergebnis, das am Uranfa erfüllte Wasser der Taufe wird die Feuerglut der oroıyeia ausgelöscht, die
schen Areopa g zu buchen hatte. ®) Und doch haben sich Fürsorge ‚Christi tritt an die Stelle des gesetzlosen sublunaren Fatums:
auf dem atheni
mmigkeit, Spuren
selbst im spätantiken Denken, vor allem in der Mysterienfrö die
neypı tod Bartiouorog fi einapuevn Andre, ner& Toßto oBxerı dAndevovarv ol
en.) Hier knüpft
einer Ahnung auch der leiblichen Auferstehung erhalt &orpoAöyor.®) Wie eng die Darlegungen über die Kirche als die wahre
von Anfang an wird in den zahlreichen
Verkündigung der Kirche an, und Selene, die uns die Freiheit bringt, mil der Apologetik gegen den Fatum-
erhalt enen Trakta ten der altchri stliche n Theolo gen über, die Aufer-
uns glauben zusammenhängen, zeigt uns die Tatsache, daß die Kirchenväter in
ten Himmel, dem
stehung des Fleisches der Blick hingelenkt zum gestirn ihren Hexaemeronerklärungen durchgängig auch auf die Widerlegung des
enden Symbol der Jenseit ssehnsu cht. Selene ist das große Gleichnis
leucht Gestirnfatums eingehen. Es klingt wie ein einziger Jubel, wenn bei Metho-
der Kirche und damit an allen, die aus ihrem
der Auferstehung, die sich an dius am Ende des oben dargelegten Mondkapitels immer wieder der Ruf
Seher auf Patmos
mütterlichen Schoß geboren werden, vollzieht. Schon der aufklingt: 06x &pa yeveoıc, odx äpa einapuevn!®) Nicht Helios und Selene,
die auf dem Mond
hatte ja die Kirche schauen gelehrt als die große: Frau, die nach der Ansicht der Heidenin „göttlich seligem,friedvollem, von keiner
it, über erdhaften
steht, die also schon erhaben ist über alle Veränderlichke Leidenschaft und Schlechtigkeit getrübtem Leben“ unsere Erde umwandeln
der „Geister dieser
Zerfall, über das Gesetz des Fatums und über das Reich und doch Grund sein sollen für das vergängliche, sündige Tun hienieden,
m Sinn als die
Luft‘.**) Das erste, was somit die Kirche in ganz andere bestimmen unser Geschick, sondern der Herr der Gestirne, der Herr unseres
en Kindern verhieß, war die Freiheit vom Stern-
Mysterien ihren getauft freien Willens.*) Der getaufte Christ ist ndong dvayıns &xtöc.*) Darum
statt der
schicksal. „Wir aber sind erhaben über das Fatum und kennen erstreckt sich, wie Origenes*) und später noch CGhrysostomus*)
nur den einen, nicht umherir renden Weltherr scher!* ®)
"Planetendämonen sagen, die Vorsehung Gottes für seine Kinder keineswegs nur „bis zum
„Logos“ und
Denn alle Gestirne „bewahren getreulich die Mysterien des Mond“. Darum eifern die Väter so wortgewaltig gegen die Astrologie und
) Diese '
„Selene gehorcht dem Befehl des Logos“, sagt der Diognetbrief.® jeglichen Mondzauber.“) Für Ambrosius: sind die Zauberer, die mit
sche Welt ihren geheimen Künsten den Mond vom Himmel herunterholen, Symbol der
®) Vgl. dazu K. Prümm, Der christliche Glaube und die altheidni
als Neuheits- dämonischen Mächte, die die wahre Selene, die Kirche, von ihrer statio, von
(Leipzig 1935) II, S. 355f. S. 476f. — K. Prümm, Christentum Bu
erlebnis, Freiburg 1939, S. 449—465. ihrem festen Himmelsort, herabziehen wollen. Aber die Kirche ist bereits
animi immor-
®) Augustinus, En. in Ps. 88,5 (PL 37,1134 D): nam deimmortalem esse allen diesen dämonischen Gewalten entrückt, weil sie teilhat am Mysterium
talitate multi etiam philosophi gentium multa disputaverunt, et "memoriae reli- des in die Unveränderlichkeit eingegangenen Christus: nihil incantatores va-
animum humanum pluribus et multiplieibus libris conseriptum sed aper- lent ubi Christi canticum cotidie decantatur.*) Denn, so sagt Ambrosius mit
querunt. Cum ventum fuerit ad resurrectionem earnis, non titubant, nonposse ut einem kühnen Wort: es hat die Kirche, die geistige Luna, ihren großen, ein-
tissime contradicunt, et contradictio eorumtalis est, ut dicant fieri
in aeter-
caro ista terrena possit in caelum ascendere. Ideo Luna ista perfecta zigen „Zauberer“, das ist Christus, der „erhöht“ ist und darumallen „ägypti-
fidelis.‘
num, et adversus omnes contradictores testis in caelo
®) Act 17,18 ff. Vgl. auch 1 Kor 15,12.
®) Vgl. K. Prümm, Der christl. nn I, a ai a au nos ®”) Justinus, Apol. I, 61 (Otto I, S. 166): öros ui dväyaıns tere umde
nepıßeßAn uevn ov fAtov xal aeAnvn broxdeo roov mo dyvolag nevapev dAAG npoaip&oemg xol &morriung.
3%) Apoc 12,1: yorh
die Unzahl von ®) Exc. ex Theodoto 78,1 (GCS Clemens 3, Stählin, S. 131, Z. 15f.), Vgl.
u. Es ist iebel, der Ort, einen Überblick zu geben über
ebensowenig ist
Versuchen einer religionsgeschichtlichen Erklärung der Vision, auch ebd. 74 (S. 130, Z. 18—22); 81 (S. 131, Z. 31 bis 132, Z. 9).
ichen Exegese ver-
es möglich zu zeigen, wie man sie im Laufe der altchristl bei E. B. Allo, #%) Methodius, Symposion VIII, 15u.16 (GC$S Methodius, Bonwetsch,S. 103,
schieden erklärt hat. Vgl. die zusammenfassende Darstellung Z. 11f; S. 105, Z. 15; S. 106, Z. 9; S. 109, 2.3 u. 7; S. 110, Z. 15).
Les pretendues
Saint Jean, L’Apocalypse?, Paris 1921, S. 167—179 (Exkurs 26: du ch. XII). — 4%) Ebd. VIII, 15 (S. 104, Z. 1-5); VIII, 16 (S. 105, Z. 1-3).
origines juives ou astronomiques ou mythologiques de la vision 4) Ebd. VII, 13 (8. 98, Z. 17-20): adroxpdropa »al adrefodsroy zdv Aoyıc-
Obwohl es auch eine alttestamentliche Vorstellung ist, vom Mond die als dem Sym-
Sonne als pöv slAnpdtas xal ndong Avayıns Extdg els rd abrodeundog alpeiotar rd Aäpeo-
bol der Veränderlichkeit und Torheit zu sprechen (wobei dann auch xovra, ob dovAsdovtag einapuevn xal tuxaıg,
Zeichen der unverände rlichen Weisheit gilt), vgl. Eceli 27,11, so darf doch
Erklärung der
(was bisher noclı nicht in genügendem Ausmaß geschehenist) zurwelt hingewiesen
42) Origenes, Römerbriefkommentar 3 (PG 14,927 B).
apokalyptischen Vision auf die ganze oben dargelegte Gedanken 4) Chrysostomus, Expos. in Ps. 134,3 (PG 55,392 A).
oben Anm. 28.
werden; vgl. dazu besonders das Zitat aus Kastor von Rhodos, *) Vgl. die beiden Predigten des Maximus von Turin, De defectione
d& zaeinapuevng &optv
%) Tatian, Or. adv. Graec. 9 (Otto VI, 8. 42): fneis penadıinanev.
lunae (Pl, 57,483—490), in denen aus Ambrosius und Augustinus zusammengefaßt
ävdrepor, xal ävıl nAavnrör dauövov Eva vov &nlavfi Seondenv wird, was die christliche Apologetik gegen den Mondzauber vorbrachte,
z&, uuoripiamorös
>) Ep. ad Diogn. 7 (Otto III, S. 184): od (tod Asyov) . #) Ambrosius, Exameron IV, 8,33 (CSEL 32,1, Schenkl, S. 139, 2. &f.).
nayta puAdogeı tu aroıyeia... b neibapgei f sehen voxtl paiverv neAedovtt
128 H. Rahner „Mysterium Laumae“ 129
schen Murmelspruch“ unwirksam gemacht hat.‘*) Die Kirche bleibt für ewig rectionis mortuorum.°‘) Von da an wird in der ganzen palrislischen Dar-
auf ihrer himmlischen Station. Und nicht die apotropäischen Lunulae, welche legung der Fleischesauferstehung stets auch das Symbol der sterbenden und
von den Frauen getragen werden, schützen vor den Dämonen unter dem immer wieder neugeborenen Selene wiederholt.) Am trefflichsten hat dies
Mond, sondern der Christ denkt auch beim Tragen dieses Schmucks an die wohl Severianus von Gabala entwickelt. Wiedergeburt und Auferste-
Kirche, welche der wahre Mond ist: habent mulieres in Lunae similitudinem hung des Fleisches sind ihm, nach dem Wort .des Herrn bei Mt 19,28, ein
bullulas dependentes, quas nos ad Ecclesiae ornamenta transferimus quae einziges Mysterium. Selene ist das Bild des sterblichen Fleisches; wie die
illuminatur Sole iustitiae.*) astronomischen Phasen des Mondes verläuft unser Leben. „Heute wird der
Wenn darum die altchristliche Theologie von Anfang an den Mond und Mond geboren“, sagen wir beim mondlichen Neulicht, So der Mensch: „Wir
seinen Wandel als Sinnbild der endzeitlichen Auferstehung des Fleisches werden geboren, wachsen heran, kommen zur Lebensfülle, überschreiten die
bezeichnet, so ist das nicht nur ein leicht faßlicher, aus der Natur entnom- Höhe, schwinden hin, werden alt, sterben, sinken ins Grab“. Aber nun voll
mener Vergleich, sondern dabei schwingt die ganze Welt von erhabenen und zieht sich an uns das Mysterium der Selene: &\\& z&Aıv yevväraı, &neıdi xal
seltsam frommen Gedanken mit, die den antiken Menschen beim Anblick
Aueic nEMopev dvioraodan, xal never Npäs yerınaıs An... Eyyoäraı | oem
thv dväoraoıv.®) Luna ist also „Bürgschaft für unsere Auferstehung.“ An ihr
der nächtlich leuchtenden Selene bewegten. Den besten Beweis dafür sehen
wir in der Tatsache, daß der Vergleich zwischen Mond und Auferstehung hat, wie Tertullian-sagt, Gott das Mysterium der christlichen Vollendung
fast immer in unmittelbarem Zusammenhang mit der Ablehnung göttlicher schon andeuten wollen, bevor er es in den heiligen Schriften offenbarte. °*)
Verehrung der Selene aufscheint. Es liegt demnach im apologetischen System Zu ihr geht auch der Blick des großen Augustinus empor, wenn er seinen
der Väter, die in heiligen Tiefen wurzelnde Verehrung des antiken Menschen Gläubigen die Geheimnisse des gestirnten Himmels erklärt und sie hinauf-
für Selene umzuleiten in die erschauernde Freude an der durch die christ- weist zu jenem seligen Land, unter dem „die Wohnung dieser dunklen Luft“
liche Offenbarung erkannten Wahrheit von dem seligen Endziel des Menschen. liegt und in dem „die ‚strahlenden Lichtgestirne funkeln und die heiligen
Engel wohnen“.’) Das Schwinden und Neuwerden des Mondesist ja, wie
Der Kampf gegen die Anbetung der göttlichen Selene beginnt schon mit '
er ausdrücklich bemerkt, „auch für die schlichten Menschen ein faßliches
der Apologie des Aristides.“) Ebenso alt ist aber auch offenbar der apolo-
Bild der Kirche, in der man an die Auferstehung der Toten glaubt*.%) Wohl
getische Topos: Selene ist das Bild des sterblichen Menschen und zugleich
ist ihm die stets sich wandelnde Luna auch ein Gleichnis unseres sterblichen
das Symbol seiner kommenden Auferstehung. Theophilus von Antio-
Fleisches. Aber einst, am Ende der Zeiten, wenn „unser Sitz sein wird wie
chien spricht geradezu von der „Auferstehung der Selene“, er wendet die der Sitz der Sonne“ (Ps 88,38), wenn der mystische Leib Christi ruhen wird
astronomischen Ausdrücke für ihre verschiedenen Phasen an, um zu zeigen,
auf göttlichem Thron: dann wird auch „der Mond vollkommensein und ein
wie sie immer wieder auf ihre Auferstehung hin stirbt: und dies alles ist getreuer Zeuge im Himmel“: similis est ergo caro ista Lunae, quae omni
das Bild unserer eigenen Auferstehung.**) Ganz ähnlich argumentiert Ter-
tempore et omni mense patitur augmenta et decrementa: sed erit caro ista nostr«a
tullian: Reornanturet specula Lunae quae menstruus numerus attriverat.°°)
in resurrectione perfecta et testis in caelo fidelis.°') Nach dem Greisenalter
Für Tertullians dialektisch scharfes Denken und Reden wird der wunderbar
dieser Welt kommt die ewige Jugend der Neugeburt und Auferstehung.
regelmäßige Wechsel von dunklem T'od und lichtem Leben am Himmel der
Augustinus spricht das Gleiche aus, was später der Sinaite Anastasius
Gestirne geradezu zum Abriß eines dialektischen Gesetzes des Universums,
von der Kirche sagt: schon hienieden ist sie umleuchtet von der nicht altern-
in dem sich das Mysterium unserer Fleischesauferstehung widerspiegelt: semel
dixerim, universa condicio recidiva est. Quodeumque conveneris, fuit. Quod- °') Ebd. (Oehler II, S. 482, Z. 20 ff.; PL 2,810 BC).
cumque amiseris, mihil non iterum est. Omnia in statum redeunt, cum absces- ®) Vgt. dazu Cyrillus Hier, Catech. 18,10 (PG 33,1028 CD): Td yäp ic
serint. Omnia incipiunt cum desierint. Ideo finiuntur, ut fiant. Nihil deperit, seynoda navte\ög &xAsinov, ds und" smodv adrod Yalveodar Aoınöv, nälıy
dvanınpodtar xul eis Önep fiv Anoxatioraruı.. ‚ob 6 Äxtpwnog „.. | T@v vex-
nisi in salutem. Totus igitur hie ordo revolubilis rerum, testatio est resur- p&v dvasıdosı ut Amarjong‘ EAN” Önep Eni tig oedrıng PAdneıs, todtu xal nepi-
sedvrod miorevong. — Gregor Nyss., De anima et resurrectione (PG 46,32 CD).
#) Ebd. (S. 139, Z. 5—9): habet (Ecolesia) incantatorem suum. Dominum Je- — Eznik von Kolb, Wider die Häresien I, 3 (BKV? 57, S. 30: „Weshalb
sum ...et Aegyptiorum ferale licet carmen inmurmuret, in Christi nomine hebe- (ist anzubeten) der Mond, der Monat für Monat abnimmt und gleichsam stirbt
tatur. — Ganz gleich bei Maximus von Turin (PL 57,488 BC). und dann wieder anhebt, lebendig zu werden, um Euch ein Vorbild der Aufer-
stehung darzubieten?* — Ps.-Gyprian, Carmen de resurrectione mortuorum
*) Hieronymus, Isaiaskommentar 2 (PL 24,70 D). v. 126—132 (CSEL.3,3 Hartel,.S. 313; vgl. ed. J..H. Waszink, Flor. Patr. Suppl.
“) Aristides, Apol. 3,2; 6,3 (Geffcken, Zwei griech. Apol., 8. 6, 2.3-9; 1, Bonn 1937, S. 67 ff). — Joh. Damascenus, De fide orthodoxa I, 7 (PG
S. 9, Z. 25). — Vgl. auch Justin, Apol. II, 5 (Otto I, S. 208 £.). — Diognet- 94,897 A).
brief 7,2 (Otto III, S. 144). ; ®) Severianus Gabal, De mundi constitutione Or. 3,5 (PG 56,453 6).
“) Theophilus Ant., Ad Autol. I, 13 (Otto VIII, S. 40): xaravöncov rhv “) Tertullian, De resurr. carnis 12 (Oehler II, $. 483; PL 2,811 A).
dvaorasıy ts veArvng, tiv xara ufva yevonevnv, nög pdiver, Aänodvrioxen, dvi- ») Augustinus, Sermo 122 (PL 38,1091 B). Vgl. dazu F. J. Dölger, Die
oraram nal, Ebd. II, 15 (Otto VIII, S. 109): &neıra Avaysväraı xal aßEeı eig Sonne der Gerechtigkeit und der Schwarze, Münster 1918, S. 50.
deiyna tis neAAodong Eoeotaı dvastdosog, ®) Augustinus, En. in Ps. 10,3 (PL 36,133 A).
°) Tertullian, De resurr. carnis 12 (Oehler II, S. 482, Z. 9 f; PL 2,810 B). ®’) Augustinus, En. in Ps. 88,5 (PL 37,1134 B).
130 H. Rahner „Mysterium Lunae“ 131