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Ulrich T Egle
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Einleitung
Epidemologie
Die
12-‐Monats-‐Prävalenz
liegt
weltweit
bei
10–12
%,
von
denen
etwa
die
Hälfte
als
behandlungsbedürftig
gilt.
Frauen
sind
etwas
stärker
betroffen
als
Männer,
wobei
bei
jenen,
die
sich
deshalb
in
Behandlung
begeben,
das
Verhältnis
Frauen
zu
Männer
bei
8:1
liegt!
Der
Altersgipfel
liegt
bei
40–50
Jahren.
Pathogenese
Es
lassen
sich
unterschiedliche
Entstehungsmechanismen
unterscheiden:
In
einer
Reihe
von
Studien
wurde
festgestellt,
dass
auch
außerhalb
des
trigeminalen
Versorgungsgebietes
bei
diesen
Patienten
eine
gesteigerte
Schmerzempfindlichkeit
auf
im
Labor
induzierte
Reize
besteht
(Maixner
et
al.,
1998,
Sarlani
und
Greenspan,
2005).
Belegt
werden
konnte
auch
eine
nicht
hinreichende
Aktivierung
schmerzhemmender
Systeme
(Bragdon
et
al.,
2002).
Die
direkte
Verknüpfung
mit
einer
Dysfunktion
des
Stressverarbeitungssystems
gelang
durch
Untersuchungen
des
Cortisol-‐Spiegels,
welcher
bei
CMD-‐Patienten
tagsüber
um
30–50
%
erhöht
war.
Weitere
Hinweise
auf
eine
Stressverarbeitungsstörung
ergeben
sich
auch
aus
den
Ergebnissen
einer
Metaanalyse
zur
Bedeutung
kindlicher
Traumatisierung
für
die
Entwicklung
funktioneller
Syndrome
(Afari
et
al
2014):
die
Vulnerabilität
für
eine
CMD
wurde
dadurch
um
das
3,3-‐fache
gesteigert.
Klinisches
Bild
Bei
der
Untersuchung
des
Gesichtsbereiches
imponieren
Schmerzen
bei
Palpation
der
Kaumuskulatur,
der
Kiefergelenke
oder
bei
Unterkieferbewegungen.
Es
besteht
meist
eine
eingeschränkte
Unterkiefermotilität.
Auch
sind
bei
Bewegung
des
Unterkiefers
Gelenkgeräusche
zu
hören.
Die
Schmerzsymptomatik
ist
typischerweise
einseitig,
kann
jedoch
vereinzelt
auch
beidseitig
sein.
Vom
Patienten
wird
sie
als
dumpf
und
ziehend
beschrieben.
Häufig
strahlen
die
Schmerzen
aus
dem
Gesichtsbereich
in
den
Bereich
der
Schläfen,
des
Kopfes
sowie
der
Hals-‐
und
Schulternackenregion
aus.
Oft
bestehen
auch
zusätzliche
muskuloskelettale
Beschwerden
in
anderen
Bereichen
(z.
B.
HWS-‐
und
LWS-‐
Bereich).
Weitere
Beschwerden
können
sein:
• Lidödeme,
• Faszikulationen
der
Lider,
• Hypästhesie
(laterale
Gesichtsanteile),
• Globusgefühl,
Schluckbeschwerden,
• Tinnitus.
Bei
genauer
Beobachtung
kann
man
die
im
Laufe
der
Zeit
entstehende
Hypertrophie
der
Gesichtsmuskulatur
(„Nussknacker-‐Phänomen“)
oder
auch
eine
ausgeprägtere
Asymmetrie
des
Gesichtes
infolge
einer
chronischen
Parafunktion
von
Unter-‐
und
Oberkiefer
beobachten.
Therapie
Zunächst
ist
es
wichtig,
den
Patienten
über
die
dargestellten
Zusammenhänge
aufzuklären
und
ihn
ein
Schmerztagebuch
führen
zu
lassen,
das
auch
die
alltäglichen
Belastungen
abbildet.
Durch
einen
Stress-‐Test
mit
Hilfe
eines
Biofeedback-‐Geräts
kann
dem
Patienten
auch
seine
verstärkte
Reaktion
der
Gesichtsmuskulatur
auf
Stress
demonstriert
werden.
Biofeedback
ist
auch
die
Methode
der
Wahl
als
Entspannungsverfahren
und
in
seiner
Wirksamkeit
bereits
seit
langem
gut
belegt
(Crider
u.
Glaros
1999).
Ist
dies
nicht
möglich,
sollte
dem
Patienten
die
Durchführung
von
progressiver
Muskelrelaxation
(PMR)
vermittelt
werden.
Seitens
der
Physiotherapie
gibt
es
eine
spezielle
CMD-‐Therapie,
in
deren
Rahmen
der
Patient
bei
einem
speziell
für
CMD-‐Behandlung
fortgebildeten
Physiotherapeuten
auch
Übungen
erlernen
kann,
um
sie
dann
regelmäßig
zuhause
selbst
durchzuführen.
Medikamentös
kann
ein
Behandlungsversuch
mit
Amitriptylin
(25–50
mg)
durchgeführt
werden.
Analgetika
und
Antiphlogistika
können
ebenfalls
versucht
werden,
bringen
jedoch
meist
keine
wesentliche
Schmerzlinderung.
Zur
Überbrückung
können
auch
Muskelrelaxanzien
zur
Anwendung
kommen;
auf
Benzodiazepine
sollte
dabei
jedoch
verzichtet
werden.
Sehr
hilfreich
ist
es,
den
Patienten
zur
regelmäßigen
Durchführung
eines
Ausdauersports
zu
motivieren.
Daneben
können
Aufbissschienen
von
zahnärztlicher
Seite
eingesetzt
werden,
wobei
bisher
kein
sicherer
Wirknachweis
für
diese
Behandlung
besteht
(Al-‐Ani
u.
Grey,
2007).
Auch
für
okklusale
Einschleifmaßnahmen
oder
andere
adaptive
Interventionen
seitens
des
Zahnarztes
gibt
es
bisher
keinen
sicheren
Wirknachweis,
weder
präventiv
noch
therapeutisch
(Koh
u.
Robinson,
2003),
obwohl
sie
bis
heute
sehr
verbreitet
sind.
Bei
der
Auswahl
des
Psychotherapieverfahrens
sollte
die
zugrunde
liegende
psychische
Problematik
berücksichtigt
werden:
Liegt
eine
Angsterkrankung
zugrunde,
so
sollte
Angstbewältigungstraining
bzw.
bei
einer
sozialen
Phobie
eine
entsprechende
störungsspezifische
Therapie
durchgeführt
werden.
Bei
Patienten
mit
anankastischer
Persönlichkeitsstörung
ist
ein
Achtsamkeitstraining
und
gegebenenfalls
auch
ein
Genusstraining
sinnvoll.
Perfektionismus
und
die
damit
verbundene
Art,
mit
sich
und
mit
anderen
umzugehen,
erkennen
solche
Patienten
am
ehesten
im
Rahmen
einer
interaktionellen
Gruppenpsychotherapie.
Unter
stationären
Rahmenbedingungen
kann
auch
Musiktherapie
einen
wesentlichen
Beitrag
beim
Zugang
zu
den
oft
„verschütteten“
Emotionen
leisten.
Insgesamt
ist
die
Behandlung
der
craniomandibulären
Dysfunktion
(CMD)
multimodal
zu
konzipieren,
wobei
es
um
die
gezielte
Kombination
der
in
Studien
in
ihrer
Wirksamkeit
belegten
Therapieansätze
geht.
Diese
liegen
üblicherweise
außerhalb
des
Tätigkeitsbereichs
des
Zahnarztes.
Literatur
Afari
N,
Ahumada
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Wright
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Mostoufi
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Reis
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Weir
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GD.
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J
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Cells
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Smith
SB,
Mir
E,
Bair
E,
Slade
GD,
Dubner
R,
Fillingim
RB,
Greenspan
JD,
Ohrbach
R,
Knott
C,
Weir
B,
Maixner
W,
Diatchenko
L.
Genetic
variants
associated
with
development
of
TMD
and
its
intermediate
phenotypes:
the
genetic
architecture
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TMD
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Weiterführende Literatur