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Betonpraxis

Der Weg zu dauerhaftem Beton

Eine Publikation der Holcim (Deutschland) GmbH


Inhaltsverzeichnis
1 Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung 6 Betone mit besonderen Eigenschaften

1.1 Zemente 4 6.1 Beton für wasserundurchlässige Bauwerke 102


1.2 Wasser 20 6.2 Frost- und Frost-Tausalzbeständiger Beton 104
1.3 Gesteinskörnung 22 6.3 Beton mit hohem chemischen Widerstand 106
1.4 Zusatzmittel 35 6.4 Leichtverdichtbarer Beton 108
1.5 Zusatzstoffe 40 6.5 Selbstverdichtender Beton 112
1.6 Fasern 46 6.6 Leichtbeton 116
6.7 Schwerbeton 120
6.8 Faserbeton 122
2 Beton – Grundlagen und Anforderungen 6.9 Hochfester Beton 126
6.10 Spritzbeton 128
2.1 Betontechnologische G­ rundlagen 50
6.11 Dränbeton 131
2.2 Entwurfskonzepte 56
6.12 Zementestrich (CT – Cementitious screeds) 134
2.3 Druckfestigkeit und Expositionsklassen 59
2.4 Verarbeitbarkeit und Konsistenz 66
2.5 Stoffraumrechnung 69
7 Betonanwendungen

7.1 Ingenieurbauwerke nach ZTV-ING Teil 3 Massivbau 140


3 Betonherstellung und Transport 7.2 Wasserbauwerke nach ZTV-W 142
7.3 Sichtbeton 146
3.1 Herstellung 72
7.4 Beton für Industrieböden 154
3.2 Transport, Betonübergabe und Förderung 74
7.5 Beton für massige Bauteile 158
7.6 Betonstraßenbau 160

4 Qualitätssicherung und Konformität

4.1 Konformität 78 8 Weitere zementgebundene Anwendungen

8.1 Verfüllbaustoffe 164


8.2 Bodenverfestigung 167
5 Verarbeitung

5.1 Einbringen und Verdichten 88


5.2 Nachbehandlung 90 9 Vorgefertigte Betonbauteile
5.3 Betonieren bei extremer Witterung 94
9.1 Betonfertigteile 172
9.2 Betonwaren 174
9.3 Betondachsteine 177
9.4 Porenbeton 177

Copyright by
Holcim (Deutschland) GmbH 10 Ursachen und Vermeidung von Betonschäden

10.1 Entmischung des Betons 180


Verfasser:
10.2 Optische Beeinträchtigungen von Betonoberflächen 181
Customer Solutions
10.3 Schwinden und Rissbildung 187
Holcim (Deutschland) GmbH
10.4 Schäden durch Frost- und Frost-Tausalzangriff 194
10.5 Schäden durch chemisch lösenden Angriff 197
3. Auflage · 2016
10.6 Schäden durch Sulfatangriff 199
10.7 Schäden durch Alkali-Kieselsäure-Reaktion 200
Verkaufspreis:
10.8 Karbonatisierung und Bewehrungskorrosion 202
€ 50,–

11 Anhang
Satz und Layout:
13 Agentur für Werbung 11.1 Literaturhinweise 206
und Kommunikation GmbH 11.2 Normen/Richtlinien/Empfehlungen 208


Einleitung
Mit der «Betonpraxis» will die Holcim (Deutschland) GmbH
zu jedem Schritt der Betonherstellung und Verarbeitung
Tipps aus der Praxis für die Praxis geben.

Was aus der alltäglichen Arbeit auf Baustellen hervor‑


gegangen ist und oft nur mündlich weitergegeben
wurde, findet sich in der «Betonpraxis» schriftlich und
in leicht zugänglicher Form. Selbstverständlich berück‑
sichtigt die «Betonpraxis» die aktuellen deutschen und
europäischen Regelwerke, zusätzlich enthält sie nützliche
­Literatur­hinweise.

Die inhaltliche und redaktionelle Bearbeitung der


«­Betonpraxis» erfolgte durch die Mitarbeiter der Abteilung
Customer Solutions der Holcim (Deutschland) GmbH.
Gerne stehen wir Ihnen auch für eine individuelle
­Beratung zur Verfügung.
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung
1
1
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung
1.1

Zemente
1.1

Allgemeines Aus ökologischen, ökonomischen und betontechno‑


Zement ist ein hydraulisches Bindemittel. Da­r­unter ver‑ logischen Gründen werden in Deutschland zunehmend
steht man einen Stoff, der nach dem Mischen mit Wasser Portlandkomposit- und Hochofenzemente verwendet.
sowohl an der Luft als auch unter Wasser erhärtet. Der Diese enthalten neben Portlandzementklinker weitere
sich dabei bil­den­de Z
­ ementstein ist wasserbeständig Hauptbestandteile wie z. B. Hüttensand oder Kalkstein‑
und weist eine hohe Festigkeit auf. Es gibt eine Viel‑ mehl. Der verstärkte Einsatz von Klinkersubstituten
zahl unterschiedlicher Zementarten. Die europäischen bringt verschiedene Vorteile. Dem Zementhersteller
und nationalen Regelwerke unterscheiden zwischen hilft es, natürliche Rohstoffreserven zu schonen und die
Normalzementen, Normalzementen mit besonderen Kohlendioxid (CO2) -Emissionen bei der Zementherstel‑
Eigenschaften und Sonderzementen. Zu­sam­mensetzung, lung deutlich zu reduzieren. Der Anwender kann durch
Anforderungen und Eigenschaften der Normalzemente den Einsatz von CEM II- und CEM III-Zementen bestimmte
sind in der europäischen Norm DIN EN 197‑1 geregelt. Betoneigenschaften, wie z. B. Verarbeitbarkeit, Wärme‑
Für Normalzemente mit besonderen Eigenschaften gilt entwicklung, Dauerhaftigkeit usw. verbessern.
DIN 1164 Teile 10 bis 12. DIN EN 14 216 behandelt die
­Gruppe der Sonderzemente, die in Deutschland bisher
jedoch nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt.

4 Holcim Betonpraxis
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

1.1
Zemente
Geschichtliches
Bereits im Altertum benutzten die Römer hydrau­
lisch erhärtende Mörtel. Sie brannten tonhaltigen
Kalk und versetzten ihn mit Puzzolanerde oder
Ziegelmehl. Zusammen mit geeigneten Gesteins­
körnungen entstand daraus «Opus caementitium»,
der römische Beton, der als Vorläufer unseres Betons
gilt und dem Zement seinen Namen gab.

Der Engländer J. Aspdin führte um 1824 eine Fein­


aufbereitung der Rohstoffe Kalkstein und Ton
ein und erzeugte durch Brennen ein dem Zement
vergleichbares Produkt. Wegen der Ähnlichkeit des
daraus hergestellten Betons zum Portlandstein
(dauerhafter Kalkstein der Insel Portland), den man
in England häufig für Bau­zwecke verwendete, wurde
dieses Produkt als Portland­zement bezeichnet.

Holcim Betonpraxis 5
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung
1.1

Zemente
Herstellung Herstellung eines homogenen Rohmehls
Zement ist ein Gemisch aus mehreren fein aufgemah­ Die Rohmaterialien aus dem Steinbruch und eventuelle
lenen Komponenten. Wichtigster Bestandteil ist der Korrekturstoffe werden in größeren Mengen zwischen‑
Portlandzementklinker, der in Portlandzementen einen gelagert und vorhomogenisiert. In Kugel- oder Walzen‑
Anteil von mindestens 95 % hat. In anderen Zementtypen schüsselmühlen (Abb. 1.1.2) wird das genau definierte
kann ein Teil des Portlandzementklinkers durch andere Rohstoffgemisch zu einem feinen Rohmehl gemahlen
sogenannte Zementhauptbestandteile ersetzt werden und gleichzeitig getrocknet. Zum Trocknen werden die
(siehe Abb. 1.1.15). heißen Ofenabgase benutzt. Das Rohmehl gelangt an‑
Für die Herstellung von Portlandzementklinker wird schließend in große Homogenisiersilos.
Abb. 1.1.1   ein Gemisch aus Kalkstein und Ton zu einem Rohmehl
Schwere Abbau­ mit definierter Korngröße und chemischer Zusammen‑ Brennen des Rohmehls zu Klinker
maschinen im
Steinbruch
setzung aufbereitet und danach bei 1450°C gebrannt. Der Brennprozess bei rund 1450°C (Sintertemperatur)
Portlandzement entsteht, indem der Portlandzement‑ ist der zent­rale Schritt bei der Zementherstellung. Bevor
klinker gemeinsam mit einer geringen Menge Kalzium‑ das Rohmehl in den Drehrohrofen (Abb. 1.1.3) ein­ge­
sulfat zu einem feinen Pulver aufgemahlen wird. leitet wird, durchströmt es den Wärme­tauscher­turm
Im Folgenden werden die einzelnen Produktionsstufen und wird dabei in mehreren Stufen auf fast 1000°C
näher beschrieben (Abb. 1.1.7). vorgewärmt. Im Ofen wird das Rohstoffgemisch bis
auf Sintertemperatur erhitzt. Dabei finden chemische
Abbau und Brechen des Rohgesteins Umwandlungs­reaktionen statt und es entstehen neue
Für eine Tonne Portlandzementklinker benötigt man gut chemische Verbindungen, die sogenannten Klinker‑
­andert­halb Tonnen Rohgestein in Form von Kalkstein, minerale. Portlandzementklinker setzt sich aus mehreren
Mergel oder Ton, da während des Brennens Kohlen­dioxid Mineralphasen zusammen, die durch ihr unterschied‑
Abb. 1.1.2   und Wasser aus dem Rohgestein ausgetrieben werden. liches Reaktionsverhalten mit Wasser die Zementeigen‑
Walzenschüssel­­ Das Rohgestein muss nach Möglichkeit so abgebaut schaften prägen (Abb. 1.1.4 Tabelle Klinkerphasen). Der
mühle zum
­Fein­mahlen des  werden, dass die vier wichtigsten Komponenten Kalzium, glühende Klinker wird nach dem Brennprozess dem
Rohgesteins Silizium, Aluminium und Eisen im richtigen Mengen‑ Klinkerkühler zugeführt und dort durch Luftzufuhr mög‑
verhältnis anfallen. Sind einzelne Komponenten im lichst rasch auf eine Temperatur von ca. 100°C abgekühlt.
Steinbruch in ungenügender Menge vorhanden, müssen Als Brennstoffe werden Kohle, Öl, Erdgas und vermehrt
entsprechende Korrekturstoffe zugeführt werden. auch Alternativbrenn­stoffe wie z. B. Altreifen, Kunststoff
oder Trocken­klärschlamm einge­setzt.

Klinkerphase Kurz­bezeichnung Eigenschaft Gehalt


Abb. 1.1.3   (durchschnittl.)
Drehrohrofen, das
Trikalziumsilikat C3S hohe Reaktivität 60 %
Herzstück eines
Zementwerks (Alit) hohe Frühfestigkeit
hohe Hydratationswärme
Dikalziumsilikat C 2S geringe Reaktivität 15 %
(Belit) langsame stetige Erhärtung
niedrige Hydratationswärme
Trikalziumaluminat C3A maßgebend für das Erstarren 10 %
sehr hohe Hydratationswärme
geringe Sulfatbeständigkeit
Kalziumaluminatferrit C4AF langsame Erhärtung 8 %
(Celit) hohe Sulfatbeständigkeit
Freikalk CaO kann Treibreaktion verursachen 1 %
Abb. 1.1.4  
Freies Magnesia MgO kann Treibreaktion verursachen 1 %
Klinkerphasen

6 Holcim Betonpraxis
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

1.1
Zemente
Mahlen des Klinkers mit Gips und ­Zusatzstoffen 
zu Zement
Damit aus dem Klinker ein gebrauchsfertiger Zement ent‑
steht, wird er in einer Mahlanlage (Abb. 1.1.5) zusammen
mit Gips (3–7 %) fein aufgemahlen. Der Gips dient als
Erstarrungsregler. Ohne Erstarrungsregler würde der
gemahlene Klinker, angerührt mit Wasser, innerhalb von
wenigen Minuten abbinden. Die Mahlfeinheit steuert
die Festigkeits­entwicklung des Zements maßgeblich. Abb. 1.1.5  
Umso höher die Mahlfeinheit ist, desto reaktiver ist der Kugelmühle zum
Feinmahlen des
Zement. Je nach Zement­art wird der Klinker beim Mahlen Klinkers mit Gips­
(gemeinsame Mahlung) oder durch nachträgliches stein und Zusatz­
Zumischen vorgemahlener Komponenten (getrennte stoffen zu Zement
Mahlung) durch andere Zementhauptbestandteile
ersetzt. Verwendet werden z. B. Hüttensand, Kalk‑
steinmehl oder Flugasche. Diese Zemente werden als
Portlandkomposit- oder Hochofenzemente bezeichnet
(Kap. 1.5 «Zusatzstoffe»).
Zementmischanlagen bieten den Vorteil hoher Fle­xi­bi­
lität: Kurzfristig können Kleinst- bis Großmengen «just
in time» produziert und auf spezielle Kundenwünsche
abgestimmt werden (Abb. 1.1.6).

Abb. 1.1.6  
Mischanlage für
Zemente nach Maß

Abb. 1.1.7  
Produktionsschema Zement­
herstellung schematisch verein­
facht: Der Produktions­ablauf im
Werk Höver

Rohmaterialgewinnung Rohmaterialaufbereitung 1 Steinbruch


2 Lager- und Mischhalle
3 Ersatzroh­stoffe
4 Walzen­schüs­selmühle
5 Verdamp­fungskühler
6 Schlauchfilter
Rohmaterialaufbereitung Klinkerproduktion 7 Rohmehlsilo
8 Zyklonwärmetauscher
9 Drehrohrofen
10 Kohlenstaubsilo
11 Kohlenrundlager/-mühle
12 Altreifen
13 Filterpressenkuchen
14 Kunststoffschnitzel
15 Bypassfilter
16 Abgaskamin
Zementproduktion Zementversand 17 Klinkersilos
18 Sulfatträger
19 Zementmühlen
20 Hüttensandmühle
21 Mischanlage
22 Zementsilos/Packerei

Holcim Betonpraxis 7
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung
1.1

Zemente
CO2‑ Emissionen bei der Zementherstellung Die Holcim (Deutschland) GmbH hat in den vergangenen
Die Herstellung von Zement ist ein energie- und rohstoff‑ Jahren den Brennstoffenergiebedarf für die Zement‑
intensiver Prozess und wie auch bei anderen Produkten herstellung deutlich gesenkt und dabei ein verfahrens‑
mit der Emission von Kohlendioxid (CO2) verbunden. technisches Optimum nahezu erreicht. Die Möglichkeiten
Der Energieaufwand für die Zementproduktion ist auf diesen Wegen CO2-Emissionen einzusparen sind
­erheblich, dennoch entsteht der weitaus größte Anteil daher nahezu ausgeschöpft.
der CO2‑Emissionen nicht durch den Einsatz von Brenn‑
stoffen oder indirekt durch Stromverbrauch, sondern ist Das weitaus größte Potenzial, CO2-Emissionen zu ver‑
prozess­bedingt (siehe Abb. 1.1.8). Bei der thermischen meiden, bietet die Herstellung von Zementen, bei denen
­Umwandlung von Kalkstein und Ton zu Zementklinker ein Teil des Zementklinkers durch eine CO2-neutrale Kom­
wird CO2 freigesetzt: ponente ersetzt wird. Latenthydraulischer Hüttensand
CaCO3 + Energie = CaO + CO2 ist in besonderer Weise als Klinker­ersatzstoff geeignet
(siehe «Hüttensandhaltige Zemente» auf Seite 10).
Hüttensandhaltige Zemente sind hochwertige Zemente,
bei deren Herstellung deutlich weniger CO2 emittiert
Abb. 1.1.8   wird als bei der von reinem Portland­zement. Je höher
Quellen für CO2-
der Hüttensandanteil des Zements ist, desto geringer
Emissionen bei der
Herstellung von sind seine herstellungsbedingten CO2-Emissionen (siehe
Portlandzement Abb. 1.1.9). Darüber hinaus hilft die Verwendung von
Hüttensand, die natürlichen Ressourcen zu schonen.

12 %
59 %
indirekt (Strom)

brennstoffbedingt prozessbedingt

29 %
Zementherstellung [in %]

Holcim-Aqua
CO2‑Emissionen bei der

Holcim-Ferro

Holcim-Ferro

Holcim-Duo
Holcim-Pur

mittlerer Hüttensandgehalt [in M.-%]

Abb. 1.1.9  
Herstellungs­
bedingte
CO2-Emissionen
unterschiedlicher
Zementtypen

8 Holcim Betonpraxis
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

1.1
Zemente
Für die Holcim (Deutschland) GmbH ist der verantwortungs‑
bewusste Umgang mit natürlichen Ressourcen zentraler
Bestandteil der Unternehmens­politik. Frühzeitig wurden
die Weichen gestellt und die Entwicklung und Herstellung
hüttensandhaltiger Zemente vorangetrieben.
Abb. 1.1.10  
Windkraft­anlage
bei Emden mit
einem Beton­
volumen von
2000 m3. Ein­
sparung von
ca. 300 t CO2 durch
die Verwendung
von Holcim-Duo 4

Abb. 1.1.11  
Holcim-Umweltsiegel
für umweltfreund­
lich hergestellte
­hüttensandhaltige
Zemente

Abb. 1.1.12   Abb. 1.1.13  
Durch Einleiten in Wasser wird die ­flüssige Hochofenschlacke zu ­Umweltfreundlicher Transport von ­Hüttensand mit ­Binnenschiffen
Hüttensand ­granuliert, es entsteht ein hochwertiger Baustoff

Holcim Betonpraxis 9
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung
1.1

Zemente
Hüttensandhaltige Zemente Die Verwendung von Hüttensand ist jedoch nicht nur
Hüttensand ist ein altbewährter, qualitativ gleich‑ aus wirtschaftlicher und ökologischer Sicht interessant,
wertiger und ökologisch sinnvoller Ersatz für Zement‑ sie bietet darüber hinaus betontechnologisch nutz­
klinker. Seine klinkerähnlichen Eigenschaften erlauben bare Aspekte. So können gezielt Zemente mit speziellen
wie bei keinem anderen Stoff die Herstellung von hoch‑ Leistungs­merkmalen hergestellt werden.
wertigen Zementen mit einem Klinker­austauschgrad
von bis zu 95 %. Die Nutzung von Hüttensand trägt
somit in besonderer Weise dazu bei, natürliche
Ressourcen zu schonen und CO2‑Emissionen zu ver‑ Vorteilhafte Eigenschaften 
mindern. Portlandhüttenzemente und Hochofenzemente von hüttensandhaltigen Zementen:
sind energieeffizient hergestellte zukunftsorientierte ••Geringe herstellungsbedingte CO2-Emissionen
Produkte, die gegenüber reinen Portlandzementen immer ••Günstige Verarbeitungseigenschaften
mehr an Bedeutung gewinnen. ••Längere Verarbeitungszeiten
••Niedrige Wärmeentwicklung und verminderte Riss­
bildung aufgrund von Temperaturspannungen
Hüttensand ist ein hochwertiges Nebenprodukt der ••Hohes Nacherhärtungspotential
Roheisenerzeugung und wird durch Granulation ••Ausbildung eines dichten Gefüges
von Hochofenschlacke gewonnen (Abb. 1.1.14). ••Hohe Dauerhaftigkeit
Hierbei wird die flüssige Schlacke durch Ein‑ ••Geringe Ausblühneigung
düsen von Wasser abgeschreckt, sodass eine feine ••Geringer wirksamer Alkaligehalt der Hüttensand­
Körnung entsteht (Abb. 1.1.12). Aufgrund seines komponente
glasartigen, nicht kristallinen Zustandes besitzt ••Helle Betonoberfläche
Hüttensand latent hydraulische Reaktivität, sehr
ähnlich der des Portlandzementklinkers. Hütten‑
sandhaltige Zemente haben eine lange Tradition.
Eisenportlandzement (heute ­Portland­hütten­zement)
ist bereits seit 1909 ein genormtes Produkt,
­Hochofenzement seit 1917.

Abb. 1.1.14  
Schema Hütten­
sand­­erzeu­gung
am Beispiel der
­Granulationsanlage
der Holcim (Deutsch­
land) GmbH am Legende
Hochofen B im Stahl­
werk Salzgitter 1 Granulierstation

2 Kondensierturm

3 Entwässerungssilos

4 Sandfangbecken

5 Heißwasserbecken

6 Wasserrückkühlanlage

7 Hüttensandtransport

8 Hüttensandfreilager

10 Holcim Betonpraxis
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

1.1
Zemente
Abb. 1.1.15  
Hauptbestandteile 1)
Zusammensetzung

natürlich getempert
der Zemente ge­mäß

Nebenbestandteile 1) 4)
DIN EN 197‑1 und

kieselsäurereich
Hauptzementarten

DIN EN 14 216

zementklinker
Kurzbezeichnung

Hüttensand

Gebrannter
Silikastaub

Puzzolane

Puzzolane

Flugasche

Flugasche
Zementsorte

Portland-

Kalkstein
kalkreich
natürlich
Benennung

Schiefer
Holcim

K S D 2) P Q V W T L LL
CEM I Portland­ CEM I Pur
95–100 0–5
zement Sulfo
CEM II Portland­ CEM II/A-S Ferro 80–94 6–20 0–5
hütten-
zement CEM II/B-S Ferro 65–79 21–35 0–5

Portlandsilika- CEM II/A-D
90–94 6–10 0–5
staubzement
Portland- CEM II/A-P 80–94 6–20 0–5
puzzolan-
zement CEM II/B-P Trass 65–79 21–35 0–5
CEM II/A-Q 80–94 6–20 0–5
CEM II/B-Q 65–79 21–35 0–5
Portland- CEM II/A-V 80–94 6–20 0–5
Normalzemente nach DIN EN 197‑1

flugasche-
zement CEM II/B-V 65–79 21–35 0–5
CEM II/A-W 80–94 6–20 0–5
CEM II/B-W 65–79 21–35 0–5
Portland- CEM II/A-T 80–94 6–20 0–5
schiefer­
zement CEM II/B-T 65–79 21–35 0–5

Portland- CEM II/A-L 80–94 6–20 0–5


kalkstein-
zement CEM II/B-L 65–79 21–35 0–5
CEM II/A-LL 80–94 6–20 0–5
CEM II/B-LL 65–79 21–35 0–5
Portland-­ CEM II/A-M 80–94 6–20 0–5
komposit­
zement 3) CEM II/B-M 65–79 21–35 0–5

CEM III Hochofen- CEM III/A Duo 35–64 36–65 0–5


zement
CEM III/B Aqua 20–34 66–80 0–5
CEM III/C 5–19 81–95 0–5
CEM IV Puzzolan- CEM IV/A 65–89 11–35 0–5
zement 3)
CEM IV/B 45–64 36–55 0–5
CEM V Komposit- CEM V/A 40–64 18–30 18–30 0–5
zement 3)
CEM V/B 20–38 31–50 31–50 0–5
VLH III Hochofen- VLH III/B 20–34 66–80 0–5
Sonderzemente nach

zement
DIN EN 14 216

VLH III/C 5–19 81–95 0–5


VLH IV Puzzolan- VLH IV/A 65–89 11–35 0–5
zement 3)
VLH IV/B 45–64 36–55 0–5
VLH V Komposit- VLH V/A 40–64 18–30 18–30 0–5
zement 5)
VLH V/B 20–38 31–50 31–50 0–5
1) Die Werte (in Massen-%) der Tabelle beziehen sich auf die Summe der Haupt- und Neben­bestandteile, d. h. ohne Kalziumsulfat oder Zementzusatzmittel.
2) Der Anteil an Silikastaub ist auf 10 % begrenzt.
3) In den Portlandkompositzementen CEM II/A-M und CEM II/B-M, in den Puzzolan­zementen CEM IV/A und CEM IV/B und in den Kompositzementen CEM V/A und
CEM V/B müssen die Haupt­bestandteile neben dem Portland­zementklinker des Zements angegeben werden.
4) Stoffe, die als Nebenbestandteile dem Zement zugegeben werden, dürfen nicht gleichzeitig im Zement als Haupt­be­standteil vorhanden sein.
5) In den Puzzolanzementen VLH IV/A und VLH IV/B und den Kompositzementen VLH V/A und VLH V/B müssen die Haupt­bestandteile neben Klinker durch die
­Bezeichnung des Zements angegeben werden.

Holcim Betonpraxis 11
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung
1.1

Zemente
Zementarten und geltende Normen zemente mit besonders niedriger Hydra­tationswärme
Die Norm DIN EN 197‑1 legt die Anforderungen an die gilt DIN EN 14 216 (Abb. 1.1.15).
Abb. 1.1.16   Familie der Normalzemente fest. Sie unterscheidet Weiterhin gibt es Normalzemente mit besonderen Eigen­
Besondere Zement­ 27 Zemente, die in die fünf Hauptzementarten CEM I bis schaften. Hierfür gelten die Normen DIN 1164‑10/11/12
eigenschaften 
CEM V unterteilt sind. Für die Familie der VLH Sonder­ bzw. die DIN EN 197‑1 (Abb. 1.1.16).
nach
DIN 1164‑10/11/12
und DIN EN 197‑1

Besondere Eigenschaften Kennz. Norm Zementart Anforderung


Niedrige Hydratationswärme LH DIN EN 197‑1 CEM I bis CEM IV Hydratationswärme ≤ 270 J/g
CEM I-SR 0 C3A = 0 M.-%
CEM I-SR 3 C3A ≤ 3,0 M.-% SO3 ≤ 3,0 M.-%
(FK 32,5 N bis 42,5 N)
CEM I-SR 5 C3A ≤ 5,0 M.-%
SO3 ≤ 3,5 M.-%
Hoher Sulfatwiderstand SR DIN EN 197-1 CEM IV/A-SR (FK 42.5 R bis 52.5 R)
C3A ≤ 9,0 M.-%
CEM IV/B-SR
CEM III/B-SR
Hüttensandgehalt ≥ 66 M.-%
CEM III/C-SR
CEM I, CEM II (außer CEM II/B-S),CEM IV
≤ 0,60
und CEM V
Niedrig wirksamer CEM II/B-S ≤ 0,70
NA DIN EN 1164‑10 M.-% Na2O-Äquivalent
Alkaligehalt CEM III/A Hüttensandgehalt ≤ 49 M.-% ≤ 0,95
CEM III/A Hüttensandgehalt ≥ 50 M.-% ≤ 1,10
CEM III/B und CEM III/C ≤ 2,00
CEM I bis CEM V 32,5 N/R Erstarrungsbeginn ≥ 15 min und < 75 min
Frühes Erstarren FE DIN EN 1164‑11 CEM I bis CEM V 42,5 N/R Erstarrungsbeginn ≥ 15 min und < 60 min
CEM I bis CEM V 52,5 N/R Erstarrungsbeginn ≥ 15 min und < 45 min
Schnell erstarrend SE DIN EN 1164‑11 CEM I bis CEM V Erstarrungsbeginn ≤ 45 min
Erhöhter Anteil an
HO DIN EN 1164‑12 CEM I bis CEM V Anteil Zusätze ≤ 1 M.-%
Organischen Zusätzen

Druckfestigkeit 1) [MPa]
Mechanische und physikalische Anforderungen
Festigkeits­ Erstarrungs­ Wichtiges Kriterium für die Kennzeichnung von
Anfangsfestigkeit Normfestigkeit ­Ze­men­ten ist die Einteilung in Festigkeitsklassen. Hier­für
klasse beginn 2) 
2 Tage 7 Tage 28 Tage [Min.] werden sowohl die Normfestigkeiten nach 28 Tagen
22,5 3) ≥ 22,5 ≤ 42,5 ≥ 75 als auch die Anfangsfestigkeiten berücksichtigt. Für
4)
jede Klasse der Normfestigkeit 32,5, 42,5 und 52,5 sind
32,5 L ≥ 12
nach DIN EN 197 drei Klassen für die Anfangsfestigkeit
32,5 N ≥ 16 ≥ 32,5 ≤ 52,5 ≥ 75 definiert: eine Klasse L mit niedriger Anfangsfestigkeit,
32,5 R ≥ 10,0 die Klasse N mit normaler und die Klasse R mit hoher
­Anfangsfestigkeit. DIN EN 14 216 kennt darüber hinaus
42,5 L 4) ≥ 16
die Festigkeitsklasse 22,5 (Abb. 1.1.17).
42,5 N ≥ 10,0 ≥ 42,5 ≤ 62,5 ≥ 60
42,5 R ≥ 20,0 Für die einzelnen Festigkeitsklassen sind auch die Zeiten
52,5 L 4) ≥ 10,0 für den Erstarrungsbeginn festgelegt (Abb. 1.1.17).

52,5 N ≥ 20,0 ≥ 52,5 ≥ 45


52,5 R ≥ 30,0
1) Prüfung nac­h DIN EN 196‑1 4) nur
bei Hochofenzementen mit
2) Prüfung nach DIN EN 196‑3 niedriger Anfangsfestigkeit
Abb. 1.1.17  
3) nur bei Sonderzementen nach DIN EN 14 216 Zementfestig­keitsklassen gemäß 
DIN EN 197‑1 und DIN EN 14 216

12 Holcim Betonpraxis
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

1.1
Zemente
Normbezeichnungen von Zementen
In DIN EN 197‑1 bzw. DIN 1164 sind die Normbezeich­
nungen für Zemente geregelt. Abb. 1.1.18 zeigt Beispiele
zur Systematik und Deutung der Bezeichnungen.

CEM I 42,5 R
Zement Zementart Festigkeits- hohe
gemäß Typ I klasse Anfangs-
DIN EN 197‑1 (Portland­ 42,5 festigkeit
zement)
CEM II / A – S 42,5 R
Zement Zementart enthält Zusatzstoff ist Festigkeits- hohe
gemäß Typ II 6–20 % hochwertiger klasse Anfangs-
DIN EN 197‑1 ­(Portlandkom- Zusatzstoff Hüttensand 42,5 festigkeit
positzement)
CEM II / B – P 42,5 R
Zement Zementart enthält Zusatzstoff Festigkeits- hohe
gemäß Typ II 21–35 % ist natürliches klasse Anfangs-
DIN EN 197‑1 (Portlandkom- Zusatzstoff Puzzolan 42,5 festigkeit
positzement) (z. B. Trass)
CEM III / A 42,5 N NA
Zement Zementart enthält Festigkeits- normale niedriger
gemäß Typ III 36­–65 % klasse Anfangs- wirksamer
DIN EN 197‑1 (Hochofen­ Hüttensand 42,5 festigkeit Alkaligehalt
zement) als Zusatzstoff
CEM III /
B 32,5 N – LH / SR / NA
Zement Zementart enthält Festigkeits- normale niedrige hoher Sulfat- niedriger
Abb. 1.1.18  
gemäß Typ III 66–80 % klasse Anfangs- Hydratations- widerstand wirksamer
DIN EN 197‑1 (Hochofen- Hüttensand 32,5 festigkeit wärme Alkaligehalt Beispiele zur
zement) als Zusatzstoff Bedeutung der
Bezeichnungen

Stoffliche Zusammensetzung der


Hauptbestandteile von Zement
Abb. 1.1.19 zeigt – bezogen auf die wichtigen Haupt­oxide
CaO, SiO2 und Al2O3 + Fe2O3 – die stoffliche Zusammen­
setzung der Hauptbestandteile von Zement.
Abb. 1.1.19  
Portlandzementklinker (K) Dreistoffdiagramm
CaO Kalziumoxid 100 % CaO/SiO2/Al2O3 +
SiO2 Siliziumdioxid 10 90 Hüttensand (granulierte Hochofenschlacke) (S) Fe2O3

Al2O3 Aluminiumoxid 20 80 Silikastaub (D)


Fe2O3 Eisenoxid
30 70 natürliches und
natürliches, getempertes Puzzolan (P, Q)
40 60
%

Kieselsäurereiche
O

SiO

50
Ca

50
Steinkohlenflugasche (V)
%

60 40
Kalkreiche Flugasche (W)
70 30
Gebrannter Schiefer (T)
80 20
Kalkstein (L, LL)
90 10

100%
10 20 30 40 50 60 70 80 90 100%
% AI 2 O 3 + Fe 2 O 3

Holcim Betonpraxis 13
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung
1.1

Zemente
Prüfung von Zementqualität Werkseigene Produktionskontrolle
und Normkonformität Bei allen Produktionsschritten der Zementherstellung,
Ein dreigliedriges Qualitätsmanagementsystem vom Steinbruch bis zum Zementversand, werden Mate­
­garantiert Qualität und Normkonformität der rialproben entnommen und analysiert. Eine lückenlose
Holcim Zemente: Produktionsüberwachung sichert eine gleichmäßig
••interne Überwachungsprüfung hohe Zementqualität. Durch statistische Auswertung
(werkseigene Produktionskontrolle) der Prüfresultate von den Zementversandproben muss
••funktionsfähiges und der Nachweis der Normerfüllung nach DIN EN 197‑1
zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem laufend erbracht werden. Die DIN EN 196 beschreibt
••Fremdüberwachung. die Prüfverfahren für Zement und die DIN EN 197‑2 die
Konformitäts­bewertung.

Abb. 1.1.20  
EG-Konformitäts­ Qualitätsmanagementsystem
zeichen Unsere Zementwerke verfügen über ein Qualitäts‑
managementsystem und sind nach der Normenserie
ISO 9000 zertifiziert.
So wird sichergestellt, dass alle Arbeitsabläufe optimiert,
rückverfolgbar und nachvollziehbar sind.

Fremdüberwachung
Eine in DIN EN 197‑2 geregelte und von einer für die
Abb. 1.1.21  
Ü­-Zeichen Zementprüfung akkreditierten Prüfstelle durchgeführte
Fremdüberwachung ergänzt die Eigenüberwachung.

Zertifizierter Zement
Zemente, die die Konformitätsbewertung nach
DIN EN 197‑2 erfüllen, erhalten von einer neutralen
Zertifizierungsstelle ein Konformitätszertifikat und
Abb. 1.1.22   müssen mit dem EG-Konformitätszeichen gekenn‑
­ ilofahrzeug
S zeichnet werden (Abb. 1.1.20). Der Hersteller erstellt eine
für den Leistungs­erklärung für das Produkt.
­Zementtransport

Zemente nach DIN 1164 erhalten als Konformitäts­


nachweis ein Übereinstimmungszertifikat und werden
mit dem Ü-Zeichen versehen (Abb. 1.1.21).

14 Holcim Betonpraxis
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

1.1
Zemente
Für die Herstellung von Beton sind weitere Zementart Dichte Schüttdichte [kg/dm3]
­Eigenschaften des Zements von Bedeutung. [kg/dm3] lose eingefüllt eingerüttelt

Dichte Portlandzement ≈ 3.1


Die Dichte, auch Reindichte genannt, ist die Masse eines Hochofen-, ­Portlandhütten-
Stoffes bezogen auf sein hohlraumfreies Volumen. Diese Portlandschiefer-, ≈ 3.0 0.9 1.6
Eigenschaft wird benötigt, um die Zementeinwaage für ­Portlandkalksteinzement bis bis
die Herstellung eines bestimmten Betons zu berechnen 1.2 1.9
Portlandpuzzolanzement,
(siehe Kap. 2.5 «Stoffraumrechnung»). ≈ 2.9
Portlandflugaschezement
Wenn ein körniger Stoff als Haufwerk geschüttet wird,
spricht man hingegen von der Schüttdichte. Sie wird aus Portlandzement -SR ≈ 3.2
dem Verhältnis der Masse der Schüttung zu einem ge‑
Abb. 1.1.23  
normten Schüttvolumen ermittelt. Die Schüttdichte kann Beispiele zur
in lose eingefülltem oder in verdichtetem Zustand geprüft Hydratation des Zements Bedeutung der
werden. Richtwerte für die Dichte und Schüttdichte von Wird Zement mit Wasser gemischt, erfolgt eine Bezeichnungen

Normalzementen sind in Abb. 1.1.23 aufgeführt. chemische Reaktion. Man nennt dies die Hydratation
des Zements. Sie ist mit erheblicher Wärmeentwicklung,
Farbe der sogenannten Hydratationswärme, verbunden
Die Farbe eines Zements ist nicht normiert und ist (Abb. 1.1.24). Die Hydratationsreaktion führt zum
zumindest bei Grauzement kein ­Qualitätsmerkmal. Erstarren des Zementleims und mit fortschreitender
Bei Weißzementen ist der Weißheitsgrad eine ­Erhärtung zur Bildung von Zementstein.
charakteristische Eigenschaft. Die Farbe hängt z. B.
von den verwendeten Rohstoffen, der Z ­ ementart,
55 300
Temperatur [°C]

Hydratationswärme [J/g]
der Mahlfeinheit und dem Herstellverfahren ab.
Schwankungen im Grauton der Zemente sind unvermeid‑ Hydratationswärme
50
lich. Sie sind jedoch bei Zementen desselben Lieferwerks
und der gleichen Festigkeitsklasse klein. Weit größere Aus‑ 45
200
wirkung auf die Farbe des Betons haben z. B. die Beton‑
40
zusammensetzung und ­-verarbeitung, die Konsistenz Temperatur
der Probe
sowie das Schalungsmaterial und die Verdichtungsart 35
(siehe Kap. 2 «Beton – Grundlagen und Anforderungen»). 100
30 Abb. 1.1.24  
Verlauf von
Zementtemperatur 25 Temperatur und
Die Zementherstellung, insbesondere die Zementmahlung, Temperatur der Referenzprobe Hydratations­
20 0 wärme eines
ist ein energieaufwendiger Prozess. Dabei erwärmt sich
1 2 3 4 5 CEM I 42,5 N im
der feingemahlene Zement auf bis zu 120 °C und wird Zeit [Tage] Versuch nach
anschließend auf ca. 60 °C abgekühlt. Die Zement‑ Langavant
temperatur hat nur geringfügigen Einfluss auf die Frisch­
betontemperatur und damit auf die Hydratations- und
Festigkeitsentwicklung des Betons (siehe Kap. 2 «Beton – Durch die Zementhydratation entstehen im Wesent­
Grundlagen und Anforderungen»). Eine Erhöhung der lichen zwei neue mineralische Stoffe (Abb. 1.1.25):
Zementtemperatur um 10 °C bewirkt eine Erhöhung der ••kleine nadelförmige Gebilde aus Kalziumsilikathydraten
Frischbetontemperatur um 1 °C. Für spezielle Anwendungen (CSH-Phasen) von leicht schwankender Zusammen‑
kann eine Begrenzung der Z­ ementtemperatur sinnvoll sein. setzung, die sich miteinander verfilzen und damit ein
dichtes Gefüge ­von hoher Festigkeit bilden
Vermischbarkeit im Betonwerk ••große plattige Kalziumhydroxidkristalle – Ca(OH)2 –, die
Zemente sollten nicht miteinander vermischt werden. keinen Beitrag zur Festig­keit erbringen, jedoch infolge
Jeder Zement ist für sich hinsichtlich seines Erstarrungs‑ ihrer hohen alkalischen Wirkung die Bewehrung vor
verhaltens und seiner Festigkeitsentwicklung optimiert. Korrosion schützen.
Ist für besondere Anwendungen ein Mischen von
Zementen technisch und wirtschaftlich sinnvoll, muss die
Eignung der Mischung durch eine Erstprüfung am Beton
nachgewiesen werden. Im Übrigen gilt, dass jeder zu‑
gemischte Zement für die festgelegte Expositionsklasse
des Betons zugelassen sein muss.

Holcim Betonpraxis 15
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung
1.1

Zemente
Die beiden Reaktionsprodukte der Zementhydra­tation Gemäß der europäischen REACH-Verordnung (EG)
wirken sich wie folgt aus: Nr. 1902/2006 müssen in Deutschland alle Zemente
CSH + Betonfestigkeit chromat­arm hergestellt werden, d. h. mit einem
+ Dichtigkeit Maximal­gehalt von löslichem Chromat (Cr(VI)) von
+ Betondauerhaftigkeit 2 ppm. Die Einhaltung des Grenzwerts wird im Zement‑
Ca(OH)2 + Bewehrungsschutz gegen Korrosion (pH > 12) werk durch Zugabe eines Reduktionsmittels gewähr‑
– Wasserlöslichkeit leistet. Die Wirksamkeit der Chromreduktionsmittel ist
– Kalkausblühungen jedoch zeitlich begrenzt. Die Holcim (Deutschland) GmbH
Abb. 1.1.25  
Zementstein unter – Reaktionspartner bei Sulfatangriff und gibt für ihre Zemente eine Dauer von zwei bzw. sechs
dem Raster­elek­­t­ro­ Alkali-Kieselsäure-Reaktion. Monaten an, in der das Reduktionsmittel wirksam
nen­mikroskop ist, vorausgesetzt der Zement wird trocken und sach‑
(weißer Strich als
Vergleichsmaß­stab gerecht ­gelagert.
= 0,005 mm) Zementlagerung und Haltbarkeit
Zement nimmt bei längerer und/oder ungeschützter
Lagerung Feuchtigkeit auf, was zur Klumpen­bil­dung und Sicherer Umgang mit Zement
einer Minderung des Erhär­tungs­vermö­gens führt. Lassen Gemäß der europäischen CLP-Verordnung (EG)
sich die Klumpen noch zwischen den Fingern zer­drücken, Nr. 1272/2008 ist Zement als Gefahrstoff eingestuft und
ist die Festig­keitsmin­de­rung vernachlässigbar klein. ist mit entsprechenden Gefahrenkennzeichnungen und
In Säcken lässt sich Zement nur eine beschränkte Zeit -hinweisen zu versehen (Abb. 1.1.27). Alle I­ nformationen
lagern. Sackzement lagert man am besten in trockenen für den sicheren Umgang mit Zement können dem
Gebäuden. Vorübergehend im Freien gestapelter Sack­ Sicherheitsdatenblatt entnommen werden
zement muss auf einer belüfteten Kant­holz­unter­lage (www.holcim.de/de/sicherheitsdatenblaetter.html).
gelagert werden (Abb. 1.1.26). Abdeckfolien dürfen
die Z
­ ement­säcke nicht un­mit­telbar berühren, da bei Zement ist ein hydraulisches Bindemittel. Bei
Kondens­­wasse­r­bildung die Säcke feucht werden. Feuchtigkeits- oder Wasserzutritt kommt es zu einer
alkalischen Reaktion. Die Berührung mit der Haut soll
Abb. 1.1.26   nach Möglichkeit vermieden werden, ebenso das Ein‑
Sacklagerung im atmen von Zementstaub. Gelangt Zement ins Auge, muss
Abdeck-
Freien
plane es sofort gründlich mit Wasser ausgespült werden. Im
oder -folie Notfall ist der Arzt zu konsultieren.
Plane
gegen
Wegfliegen
sichern

Abb. 1.1.27  
Gefahrenkenn­
Kanthölzer
zeichnung und
Sicherheits­
hinweise

Zement, chromatarm
Enthält Portlandzementklinker (EC: 266‑043‑4; CAS: 65997‑15‑1)
und Flue Dust aus Zementklinkerherstellung (EC: 270‑659‑9; CAS: 68475‑76‑3)
GEFAHRENHINWEISE
Verursacht schwere Augenschäden.
Verursacht Hautreizungen.
Kann die Atemwege reizen.

SICHERHEITSRATSCHLÄGE
Schutzhandschuhe/Schutzkleidung/Augenschutz tragen.
BEI BERÜHRUNG MIT DEN AUGEN: Einige Minuten lang behutsam mit Wasser
ausspülen. Eventuell vorhandene Kontaktlinsen nach Möglichkeit entfernen.
Weiter ausspülen. Sofort GIFTINFORMATIONSZENTRUM oder Arzt anrufen.
BEI BERÜHRUNG MIT DER HAUT: Mit viel Wasser und Seife waschen. Bei Haut‑
reizung oder ‑ausschlag: Ärztlichen Rat einholen/ärztliche Hilfe hinzuziehen.
Einatmen von Staub vermeiden.
BEI EINATMEN: Die betroffene Person an die frische Luft bringen und in einer
Position ruhigstellen, die das Atmen erleichtert.
Bei Unwohlsein GIFTINFORMATIONSZENTRUM oder Arzt anrufen.
Holcim (Deutschland) AG Darf nicht in die Hände von Kindern gelangen.
Willy‑Brandt‑Straße 69 Inhalt/Behälter zu geeigneten Abfallsammelpunkten bringen.
20457 Hamburg
Tel.: 040 36002 ‑ 0 Lose Ware: Bei sachgerechtem Transport‑, Förder und Lagerungsbedingungen 2
Fax: 040 362450 Monate ab Lieferscheindatum chromatarm. Gesackte Ware. Siehe Sack‑Aufdruck.

16 Holcim Betonpraxis
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

1.1
Zemente
Hochofenzement
CEM III/A 32,5 CEM III/A 42,5 CEM III/A 52,5 CEM III/B 32,5 CEM III/B 42,5
Duo 3 Duo 4 Duo 5 Aqua 3 Aqua 4
N N-LH/NA N N-NA N-LH/NA N N-SR/NA N-LH/SR/NA L-LH/SR/NA N-LH/SR/NA
Eigenschaften

Festigkeits­ langsam ● ● ● ● ● ●
entwicklung
normal ● ● ● ●

schnell

sehr schnell

hohe Nacherhärtung ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●

niedrige Hydratationswärme ● ● ● ● ●

hoher Sulfatwiderstand ● ● ● ●

niedriger wirksamer Alkaligehalt ● ● ● ● ● ● ●

helle Farbgebung ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●

dunkle Farbgebung

verminderte Ausblühneigung

Anwendungsbereich

Transportbeton ● ● ● ● ● ● ● ●

Beton bei kühler Witterung

Beton bei höheren Temperaturen ● ● ● ● ● ● ● ●

Frühhochfester Beton

Beton für massige Bauteile ● ● ● ● ●

Sichtbeton ● ● ●

Fahrbahndecken ● ●

Industriefußböden ● ●

Sulfatangriff (XA2,XA3) ● ● ● ●

Alkaliempfindliche Gesteinskörnung ● ● ● ● ● ● ●

Betonfertigteile/Sichtbeton ● ●

Betonwaren ● ● ● ●

Rohre und Schachtteile ● ● ● ● ● ●

Porenbeton

Estrich ● ●

Putz- und Mauermörtel

Einpressmörtel

Mörtel für dunkle Fugen

Abb. 1.1.28  Eigenschaften und Anwendungsbereiche der Holcim Hochofenzemente

Holcim Betonpraxis 17
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung
1.1

Zemente
Portlandhüttenzement Portlandpuzzolanzement
CEM II/A-S CEM II/B-S CEM II/B-P
Ferro 4 R Ferro 5 R Ferro 3 R Ferro 4 N Trass
42,5 R 52,5 R 32,5 R 32,5 R-NA 42,5 N 42,5 N-NA 32,5 R
Eigenschaften

langsam

normal ● ● ● ● ●
Festigkeits­
entwicklung schnell ●

sehr schnell ●

hohe Nacherhärtung

niedrige Hydratationswärme

hoher Sulfatwiderstand

niedriger wirksamer Alkaligehalt ● ●

helle Farbgebung

dunkle Farbgebung

verminderte Ausblühneigung ●

Anwendungsbereich

Transportbeton ● ● ● ● ●

Beton bei kühler Witterung ● ●

Beton bei höheren Temperaturen

Frühhochfester Beton ● ●

Beton für massige Bauteile

Sichtbeton ● ● ●

Fahrbahndecken ● ● ● ● ●

Industriefußböden ● ● ● ● ●

Sulfatangriff (XA2,XA3)

Alkaliempfindliche Gesteinskörnung ● ●

Betonfertigteile/Sichtbeton ● ●

Betonwaren ● ● ● ●

Rohre und Schachtteile

Porenbeton

Estrich ● ● ● ● ●

Putz- und Mauermörtel ● ● ● ● ●

Einpressmörtel

Mörtel für dunkle Fugen

Abb. 1.1.29  Eigenschaften und Anwendungsbereiche der Portlandzemente von Holcim

18 Holcim Betonpraxis
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

1.1
Zemente
Portlandzement
CEM I
Pur 4 Pur 5 Sulfo 5
42,5 N 42,5 N-NA 42,5 R 42,5 R-NA 52,5 N 52,5 R 52,5 R-NA 52,5 R-SR3/NA
Eigenschaften

langsam

normal ● ●
Festigkeits­
entwicklung schnell ● ● ● ●

sehr schnell ● ●

hohe Nacherhärtung

niedrige Hydratationswärme

hoher Sulfatwiderstand ●

niedriger wirksamer Alkaligehalt ● ● ● ●

helle Farbgebung

dunkle Farbgebung ●

verminderte Ausblühneigung

Anwendungsbereich

Transportbeton ● ● ● ●

Beton bei kühler Witterung ● ● ● ● ● ●

Beton bei höheren Temperaturen

Frühhochfester Beton ● ● ● ● ● ●

Beton für massige Bauteile

Sichtbeton ● ●

Fahrbahndecken ● ● ● ●

Industriefußböden ● ●

Sulfatangriff (XA2,XA3) ●

Alkaliempfindliche Gesteinskörnung ● ● ●

Betonfertigteile/Sichtbeton ● ● ● ● ●

Betonwaren ● ● ●

Rohre und Schachtteile ●

Porenbeton ● ● ● ● ● ● ●

Estrich ● ● ● ●

Putz- und Mauermörtel ● ●

Einpressmörtel ●

Mörtel für dunkle Fugen ●

Abb. 1.1.30  Eigenschaften und Anwendungsbereiche der Portlandzemente von Holcim

Holcim Betonpraxis 19
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung
1.2

Wasser
2.1

Allgemeines Anforderungen an das Zugabewasser


Zur Hydratation des Zements wird Wasser benötigt. Für Das Zugabewasser zur Herstellung von Beton muss den
die Festigkeit des Festbetons ist der sogenannte Wasser­ Vorgaben der DIN EN 1008 entsprechen. Als Zugabe­
zementwert, das Verhältnis von Wasser zu Zement, ent‑ wasser ist das in der Natur vorkom­mende Wasser
scheidend. Der auf den Wasserzementwert anrechenbare ­geeignet (Abb. 1.2.1), sofern es nicht erhebliche Mengen
Wassergehalt setzt sich zusammen aus: an Stoffen enthält, die
••dem Zugabewasser ••das Erhärten des Betons verzögern oder verhindern
••der Oberflächenfeuchte der Gesteinskörnung (z. B. Zucker, Humussäuren)
••gegebenenfalls dem Wasseranteil der Zusatz­mittel und ••unkontrolliert Luftporen einführen und da­durch die
Zusatzstoffe (Silikastaub-, Pigment­sus­pen­sionen usw.). Festigkeit des Betons mindern (z. B. Algen, Öle, Fette,
Schwebstoffe, verschiedene anorganische Salze)
Neben den zu erzielenden Festbetoneigenschaften muss ••zur Korrosion der Bewehrung führen.
der Frischbeton auch gut verarbeitbar sein. Die Kon­
sis­tenz kann dabei durch den Wassergehalt gesteuert Das Zugabewasser soll klar, farb- und geruchlos sein und
werden. beim Schütteln keinen bleibenden Schaum bilden. Die
Gehalte an betonschädigenden Stoffen wie ­Chloride,
In hochwertigen Betonzusammensetzungen kommen ­Sulfate, Alkalien oder organische Verun­reinigungen
heute in der Regel verflüssigende Betonzusatzmittel dürfen normativ festgelegte Grenzen nicht überschreiten
zum Einsatz. Diese ermöglichen die unabhängige Beein­ und müssen gegebenenfalls ermittelt werden.
flussung von Frisch- und Festbetoneigenschaften in
gewissen Grenzen (siehe Kap. 1.4 «Zusatzmittel»). Viele betonschädliche Stoffe sind im Zugabe­wasser
harmloser als in Wasser, das später auf erhärte­ten Beton
einwirkt. Sulfat- und kohlen­säure­haltige Wässer gelten
Abb. 1.2.1   beispiels­weise als be­ton­aggressiv, d. h., Fest­beton kann
Zugabewasser aus von außen her ge­schä­digt oder zerstört werden. 

der Trinkwasser­
versorgung Als Zugabewasser können sie sich aber durchaus eignen.

20 Holcim Betonpraxis
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

1.2
Wasser
Restwasser Einschränkend gilt gemäß DIN 1045‑2:
Als geeignet gilt auch Restwasser aus der Beton‑ ••Die Verwendung von Restwasser ist nur möglich für
herstellung (Abb. 1.2.2). Beton bis einschließlich Festigkeitsklasse C 50/60 oder
LC 50/55.
Es darf als Zugabewasser für unbewehrten, bewehrten ••Für die Herstellung von hochfestem Beton und Luft­
und vorgespannten Beton verwendet werden, wenn die porenbeton darf Restwasser nicht verwendet werden.
folgenden Anforderungen nach DIN EN 1008 erfüllt sind:
••Die zusätzliche Menge von Feinstoffen, die bei der Die Verwendung von Restwasser für die Herstellung von
Verwendung von Restwasser erzielt wird, muss weniger Beton nach ZTV-ING ist ebenfalls nicht erlaubt.
als ein Prozent der Gesamtgewichtsmenge der in der
Mischung enthaltenen Gesteinskörnung betragen.
••Der mögliche Einfluss des Restwassers muss bei be‑
sonderen Anforderungen an den Beton, wie z. B. bei
Sichtbeton, Spannbeton, Luftporenbeton, selbstver‑
dichtendem Beton, aggressiven Umgebungseinflüssen
ausgesetztem Beton usw., berücksichtigt werden. In
der Praxis wird Restwasser bei diesen Betonen nicht
verwendet.
••Die Menge des verwendeten Restwassers muss mög‑
lichst gleichmäßig über eine Tagesproduktion verteilt
werden.

Abb. 1.2.2  
Recyclinganlage
mit Auswasch­
schnecke. 
Schematische
Darstellung und
Außenaufnahme

1 Beton-Auswaschschnecke
2 Schneckensteuerung
3 Feststoffaustrag (Sand/Kies)
4 Überlauf für Feinstoff-Wassergemisch
5 Aufgabetrichter
6 Betonbecken
7 Wirbeleinrichtung
8 Leitung zur Wasserwaage im Mischturm
9 Leitung zum Waschgalgen für Fahrmischer
10 Spülleitung für Schneckentrichter
11 Frischwasserzufuhr
12 Niveauschalter für Frischwasserzufuhr

Holcim Betonpraxis 21
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung
1.3

Gesteinskörnung
3.1

Allgemeines
Unter Gesteinskörnung versteht man in der Regel ein Die Anforderungen an Gesteinskörnung sind in
Ge­misch aus Sand und Kies unterschiedlicher Korn­größe. DIN EN 12 620 geregelt. Ihre Verwendung für die Her‑
Das Gemisch aus den einzelnen Korngrup­pen bildet das stellung von Beton regelt DIN EN 206-1 bzw. DIN 1045‑2.
Gerüst des Betons und sollte möglichst hohlraumarm Rezyklierte Gesteinskörnung nach DIN 4226‑100 darf
aufgebaut sein. Eine qualitativ gute Gesteinskörnung gemäß der DAfStb-Richtlinie «Beton nach DIN EN 206-1
hat gegen­über der umgebenden Zementsteinmatrix und DIN 1045‑2 mit rezyklierten Gesteinskörnungen nach
­verschiedene Vorteile: DIN EN 12 620» verwendet werden. Seit 2008 müssen
••höhere Festigkeit Gesteinskörnungen nach der Alkali-Richtlinie des DAfStb
••höhere Dauerhaftigkeit in Alkaliempfindlichkeitsklassen eingeteilt werden (siehe
••keine Volumenveränderung infolge Feuchtigkeit, somit auch S. 30– 32).
Reduktion des Schwindmaßes im Beton
••Aufnahme von Hydratationswärme und damit dämp­
fende Wirkung auf den Erhärtungsprozess.

Abb. 1.3.1  
DIN EN 12 620 Zusätzliche, in der «Betonpraxis» verwendete Begriffe
Terminologie
nach Norm sowie Gesteinskörnung
zusätzliche, in der
«Beton­praxis» Feine Gesteinskörnung (D ≤ 4 mm) Sand, Brechsand
verwen­dete
Begriffe
Grobe Gesteinskörnung (D > 4 mm) Kies, Splitt
Recycling-Gesteinskörnung Granulat
Feinanteile (D ≤ 0,063 mm)
Mehlkornanteil (D ≤ 0,125 mm)
Korngruppe d/D (z. B. 4/8)
Korngemisch (z. B. 0/32)
Kornzusammensetzung
D  Sieblochweite des oberen Begrenzungssiebs der Korngruppe in mm
d  Sieblochweite des unteren Begrenzungssiebs der Korngruppe in mm

Eigenschaften
Die wichtigsten Eigenschaften der Gesteinskör­nung sind:
••Kornzusammensetzung
••Druckfestigkeit, Kornform und
­Oberflächenbeschaffen­heit
••Sauberkeit
••Rohdichte, Schüttdichte (Raumgewicht) und
­Feuch­tig­keitsgehalt.

Abb. 1.3.2  
Kies- und Sandgewinnung aus
natürlichen Vorkommen

22 Holcim Betonpraxis
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

1.3
Gesteinskörnung
Kornzusammensetzung
Die Anforderungen an die Kornzusammensetzung und
die wichtigsten Eigenschaften von Gesteinskörnung sind
in DIN EN 12 620 und DIN V 20 000‑103 enthalten.
Die Kornzusammensetzung einer Gesteinskör­nung ist
bestimmend für die Packungsdichte (den Hohl­raum­
anteil) des Korngerüsts. Zusammen mit der Oberflä­chen­
beschaf­fen­heit, der spezifischen Oberfläche und der
Kornform der Einzelkörner ist die Kornzusam­men­setzung
maßgebend für den Wasser- bzw. Zementleimbedarf und
die Verarbeit­barkeit des Betons verantwortlich.
Der Kornaufbau eines Korngemischs wird vom Mengen­ Abb. 1.3.3   Abb. 1.3.4  
Schlecht abgestuftes Korngemisch Gut abgestuftes Korngemisch:
verhältnis der einzelnen Korngruppen bestimmt
mit zu vielen groben Gesteinskörnern:  genügend Zementleim, um alle 
(Abb. 1.3.3 bis Abb. 1.3.5). Durch Aus­sieben des Gemischs Der Zementleim vermag die verbleibenden Körner zu umhüllen und die 
mit genormten Maschensieben verbleibt auf jedem Sieb Hohlräume nicht auszufüllen Hohlräume auszufüllen
ein bestimmter Rück­stand in M.-%. Maßgebend ist die
Abb. 1.3.5  
volumetrische Vertei­lung der Durchgänge mit ihren ver‑ Schlecht abgestuftes Korngemisch
schiedenen Korndurch­messern. Da aber weitest­gehend mit zu vielen feinen Gesteinskörnern:
alle Korngruppen einer Ges­teins­körnung annä­hernd beansprucht viel Zementleim oder zu viel
Zugabewasser (starkes Bluten)
gleiche Roh­dichten aufweisen, ist die übliche Darstellung
in Massen­pro­zenten bei der An­gabe der Kornzusam­men­
setzung ausreichend.
Die verbindlichen Begrenzungssiebe für die Bezeich­nung
der Korn­gruppen (Grund- und Ergän­zungs­sieb­satz 1) Abb. 1.3.6  
und der Prüfsieb­satz zur Bestim­mung der Korn­ Begrenzungs- und
Prüfsiebe gemäß
zusammensetzung sind in Abb. 1.3.6 dargestellt.
DIN EN 12620

Maschensiebe Quadratlochsiebe 
[mm Lochweite] [mm Lochweite]
0,125 0,25 0,50 1 2 4 8 16 32 63
Ergänzungssiebsatz 1,
5,6 11,2 22,4 45
Nennbezeichnung (5), (11), (22) 

Ergänzungssiebsatz 2: 6,3 10 12,5 14 20 40

Geometrische Anforderungen
Geometrische Anforderungen werden an die Korn‑
zusammensetzung, die Feinteile und die Kornform
gestellt. Zur Prüfung der Korngröße werden Gesteins‑ Überkorn
körnungsproben auf festgelegten Sieben getrennt.
Die Kornzusammensetzung («Sieblinie») entspricht dem 8 mm Sieb 8 mm Sieb
Rückstand 0% Rückstand z.B. 9%
Mengenverhältnis von einzelnen Kornanteilen einer
Durchgang 100% Durchgang 91%
Korngruppe. Durch Aussieben der Korngruppe mit einem
Prüfsiebsatz verbleiben auf jedem Sieb Rückstände, die
in Form einer Kornzusammensetzung, einer sogenannten
4 mm Sieb 4 mm Sieb
Sieblinie, in Massen-% dargestellt werden. Die Differenz Rückstand 100% Rückstand z.B. 84%
benachbarter Siebe ist der Kornanteil. In der Auffang‑ Durchgang 0% Durchgang 7%
schale verbleibt der Anteil der Gesteinskörnung, der durch Korngruppe 4/8 Korngruppe 4/8

das 0,063-mm-Sieb hindurchfällt. Dies sind Feinteile. Unterkorn


Der Anteil der Absiebung einer Korngruppe, der größer ist
als die obere Siebgröße, wird Überkorn genannt und der Abb. 1.3.7  
Anteil, der kleiner ist als die der unteren Siebgröße, wird Korngruppe 4/8 mm ohne Über- und Unterkorn (links) und mit Über- und Unterkorn (rechts)
Unterkorn genannt.

Holcim Betonpraxis 23
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung
1.3

Gesteinskörnung
Druckfestigkeit, Kornform und Oberflächen­ Poröses und zu weiches Material beeinträchtigt die
beschaffenheit Qualität des Betons. Die Kornform (Abb. 1.3.8), aber auch
Die Praxis hat gezeigt, dass Korngemische mit aus­ die Kornabstufung und die Ober­flächen­be­schaf­fenheit
schließlich gebrochenen Korngruppen ebenso wie Rund‑ bestimmen im Wesent­lichen den Zementleimbedarf und
korn einsetzbar sind. Gebrochene Gesteins­körnungen die Verdicht­­barkeit des Betons.
können z. B. die Druck-, Zug- und Abrieb­festigkeit
des ­Betons verbessern, jedoch seine Verarbeitungs‑
eigenschaften beeinträchtigen. Dem kann mit einer
entsprechen­den Anpassung des Zementleimvolumens
entgegengewirkt werden.
Abb. 1.3.8  
Kornformen  natürlich gebrochen
und ihre
Eigenschaften
nicht kugelig nicht kubisch
Kornform kugelig kubisch
(stengelig/plattig) (stengelig/plattig)

Kantigkeit rund kantig

Oberflächen­
glatt rau
rauigkeit

Kornoberfläche
zunehmend
Wasserbedarf

Verarbeitbarkeit
abnehmend
Verdichtbarkeit

Sauberkeit Rohdichte, Schüttdichte (Raumgewicht) und


Verunreinigte Gesteinskörnungen vermindern die Beton‑ Feuchtigkeitsgehalt
qualität. So kann das Erhärtungsverhalten gestört und Die Ursprungsmineralien und die Porigkeit der Gesteins­
der Frostwiderstand gemindert werden. Aus diesem körnung bestimmen deren Rohdichte (Abb. 1.3.10), die zur
Grund wird die Gesteinskörnung bei der Aufbereitung Stoff­raum­rechnung benötigt wird. Die Schüttdichte ist
gewaschen (Abb. 1.3.9). die Masse von lose ge­schüttetem Material pro Volumen‑
einheit.

Der Feuchtigkeits­ge­halt setzt sich aus der Ober­flächen-


und Kernfeuchte zu­sam­men, wobei die Kernfeuchte bei
der Betonherstellung in der Regel eine vernachlässigbare
Rolle spielt, sodass der Feuchtigkeitsgehalt mit dem
Oberflächenwasser gleichgesetzt werden kann. Während
der Feuch­tig­keitsgehalt einer groben Gesteinskörnung
bis zu drei Massenprozente betragen kann, liegt die
Abb. 1.3.9  
Aussieben und Sand­feuch­tigkeit in der Regel bei vier bis acht Massen­
Waschen von prozenten.
Gesteinskörnern in
einem Kieswerk

24 Holcim Betonpraxis
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

1.3
Gesteinskörnung
Abb. 1.3.10  
Gesteinskörnung Rohdichte [kg/m3] Gesteinskörnungsart Anwendung
Unterteilung der
Regelgesteinskörnung ~ 2550–2800 Fluss- oder Gletscherablagerungen, Bewehrter und unbewehrter Gesteinskörnung
nach ihrer
gebrochene Gesteine Beton, Betonwaren
­Rohdichte
Schwere Gesteinskörnung ≥ 3000 Baryt (Schwerspat), Eisenerz, Beton für Strahlenschutz,
Hämatit, Stahlgranulat Schwerbeton
Leichte Gesteinskörnung ≤ 2000 Blähton, Bims, Leichtbeton, Isolierbeton,
(DIN EN 13 055‑1) Blähschiefer, Blähglas Überbeton
Harte Gesteinskörnung ≥ 2500 Quarz, Korund, Hartbetonbeläge,
Siliziumkarbid abriebfester Beton,
­Hartstoffestrich
Rezyklierte Gesteinskörnung > 2000 Betonsplitt, -brechsand Recyclingbeton
Bauwerksplitt, -brechsand

Der Feuchtigkeitsgehalt ist in der Stoffraumberech­nung Abb. 1.3.11  


Aufgabetrichter
bei der Gesteins­kör­nung und beim Zugabewasser zu
der Gesteins­­
­berücksichtigen. körnungen für
den Elevator im
Betonwerk

Definitionen nach DIN EN 12 620 Bezeichnung Definition Beispiele


Bei den Gesteinskörnungen wird zwischen feinen (Sand, Feine Gesteinskörnung D ≤ 4 mm 0/1
Brechsand) und groben (Kies, Splitt) Gesteins­körnungen (Sand, Brechsand) und d = 0 0/2
sowie Kornge­mischen unterschieden, wie in Abb. 1.3.12 0/4
zusammengestellt.
Grobe Gesteinskörnung D ≥ 4 mm eng gestuft 2/8
(Kies, Splitt) d ≥ 2 mm D/d ≤ 2 oder 8/16
D ≤ 11, 2 mm 16/32
weit gestuft 4/32
D/d > 2 und
D > 11,2 mm
Korngemisch D ≤ 45 mm 0/32
und d = 0

Abb. 1.3.12  
Definition und Beispiele für die Begriffe «feine Gesteinskörnung»
(Sand, Brechsand), «grobe Gesteinskörnung» (Kies, Splitt) und
«Korngemisch»

Holcim Betonpraxis 25
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung
1.3

Gesteinskörnung
Feine Gesteinskörnungen (Sand, Brechsand) an und müssen diese mit vorgegebenen Grenzab­wei­
Es gibt keine Absolutanforderungen mehr an die Korn­ chun­gen gemäß Abb. 1.3.13 einhalten und dabei den
zusammensetzung. Die Hersteller geben eine mittlere in Abb. 1.3.14 angegebenen Anforderungen der oberen
«charakteristische Kornzusammen­setzung» ihres Sandes ­Sieböffnung D entsprechen.

Sieböffnung Grenzabweichungen für den ≤ 99 %


100

Siebdurchgang [Massen-%]
 Siebdurchgang 
[mm] [Massen-%] ≥ 95 %
80
≥ 85 %
0/4 0/2 0/1
60
4 ±5 – –
40
2 – ±5 –
20
1 ±20 ±20 ±5

0,250 ±20 ±25 ±25 0 D 1,4 D 2D

0,063 ±3 ±5 ±5 Obere Sieböffnung

Abb. 1.3.13   Abb. 1.3.14  
Grenzabweichungen für die vom Her­stel­ler Regelanforderungen an die Kornzusammen­
angegebene typische Korn­zusam­men­­ setzung von Sanden und Brechsanden 
setzung von feinen Gesteins­körnungen für (feine Gesteinskörnungen)
allgemeine Zwecke nach DIN EN 12 620

Grobe Gesteinskörnungen (Kies, Splitt)


≤ 99 %
100 Bei groben Gesteinskörnungen ist zwischen eng ge­
Siebdurchgang [Massen-%]

≥ 98 %
stuften und weit gestuften zu unterscheiden.
80
≥ 85 % ••Bei eng gestuften groben Gesteinskörnungen wird
lediglich eine Anforderung an den zulässigen Über- und
60
Unterkornanteil gestellt.
40 ••Bei weit gestuften groben Gesteinskörnungen sind
≤ 20 %
neben den Anforderungen an den zulässigen Über- und
20 Unterkornanteil auch jene an den Absolut­grenz­wert
≤ 5 %
und die Grenzab­wei­chung für den Siebdurchgang eines
1 1,4 2 2,8 4 5,6 8 11,2 16 22,4 31,5 45 63 zwischen den Begrenzungssieben liegenden mittleren
d/2 d D 1,4 D 2D
Siebs einzuhalten (Abb. 1.3.17).
Sieböffnung [mm]

≤ 99 %
100
Siebdurchgang [Massen-%]

≥ 100 %
≥ 98 %
80
≤ 70 %

60 Abb. 1.3.15  (oben)
Beispiel für eng gestufte (16/32) 
40 grobe Gesteinskörnungen (Kies, Splitt),
Kategorie GC85/20
≤ 15 %
20
≤ 5 % ≥ 25 %

1 1,4 2 2,8 4 5,6 8 11,2 16 22,4 31,5 45 63


Abb. 1.3.16  (unten)
d/2 d D 1,4 D 2D Beispiel für weit gestufte (4/32) 
Sieböffnung [mm] grobe Gesteinskörnungen (Kies, Splitt),
Kategorie GC90/15

26 Holcim Betonpraxis
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

1.3
Gesteinskörnung
Grenzabweichung für
den von den Herstellern
Mittleres Sieb  Absolutgrenzwerte angegebenen typischen
D/d [mm] [Massen-%] Siebdurchgang
<4 D/1,4 25 bis 70 ± 15

≥4 D/2 25 bis 70 ± 17,5


Abb. 1.3.17  
Wenn das wie angegeben errechnete mittlere Sieb nicht vorhanden ist, muss das Absolutgrenzwerte und Grenzab­weichun­­
gen für den Siebdurchgang durch das
nächstliegende Sieb der Reihe verwendet werden.
­mittlere Sieb für grobe Gesteinskörnungen

Korngemische
Bei Korngemischen handelt es sich um Gemische aus Um eine gleichbleibende Betonqualität einhalten zu
feinen und groben Gesteinskörnungen, die nach geeig­ können, sollte das Betonwerk mit dem Lieferanten einen
neten prozentualen Anteilen zusammengesetzt werden definierten und verbindlich einzuhaltenden Bereich der
und Absolutgrenzwerten genügen müssen (blauer Kornzusammensetzung vereinbaren.
Bereich in Abb. 1.3.18). In der Praxis bewährte Korn­
zusammensetzungen liegen in den rot ge­kenn­zeich­ne­ten
Bereichen der Abb. 1.3.18.

≤ 99 % ≤ 99 % Abb. 1.3.18  


100 100
Korngemische. 
Siebdurchgang [Massen-%]

Siebdurchgang [Massen-%]

≤ 90 % ≥ 98 % ≤ 90 % ≥ 98 %

≥ 90 %
Die Absolut­
≥ 90 %
grenzwerte nach
80 80
DIN EN 12 620 sind
blau, be­währte
≤ 60 %
60
≤ 60 % Kornzusam­­­men­
60
setzungen rot
≥ 50 % ≥ 50 %
gekennzeichnet,
40 40
Kategorie GA90

20 ≥ 20 %
20 ≥ 20 %

0 0
0,125 0,5 2 4 8 16 31,5 63 0,125 0,5 2 4 8 16 31,5
22 45 22 45
D 2D D 2D
Korngemisch 0/32 Sieböffnung [mm] 1,4 D Korngemisch 0/16 Sieböffnung [mm] 1,4 D

Geometrische, physikalische und chemische verschiedene geometrische, physikalische und chemi­sche


Anforderungen Anforderungen gestellt werden. Die Dauerhaftigkeit wird
Die Gesteinskörnung nimmt im Beton den weitaus über mineralogische Prü­fungen nachgewiesen.
größten Volumenanteil ein. Wesentliche Eigenschaften,
wie etwa die Frostwider­stands­fähigkeit, werden deshalb
maßgeblich von den Eigenschaften der verwendeten
Gesteinskörnung beeinflusst. Deshalb können neben
den Anfor­derungen an die Kornzusammen­setzung einer
Gesteinskörnung in Abhängigkeit ihrer Verwen­dung auch

Holcim Betonpraxis 27
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung
1.3

Gesteinskörnung
Korngruppen Die Korngruppe 4–8 mm hat einen wesentlichen Einfluss
Im Allgemeinen werden Gesteinskörnungen in defi­nier­ auf die Verarbeitbarkeit und den Wasser­bedarf. Sie wird
ten Korngruppen hergestellt und verwendet (Abb. 1.3.19). auch als «Sperrkorn» bezeichnet. Ihr ­Anteil im Korn­
gemisch ist möglichst gering zu halten.
Bei der Verwendung von gebrochenen Korn­gruppen muss
die Eignung durch syste­­mati­sche, schlüssige V
­ or­versuche Bei Kornzusammen­set­zungen, in denen einzelne Korn­
nachgewiesen werden. gruppen praktisch ganz oder teilweise fehlen, spricht
man von «Ausfall­körnungen». Die Kornzusam­men­
setzung hat dort einen horizontalen oder nur leicht
anstei­genden Verlauf (Abb. 1.3.20). Durch die Ver‑
wendung von «Ausfallkörnung» können die Verdichtbar‑
keit und Pumpfähigkeit des Betons verbessert werden.

Abb. 1.3.19  
Gebräuchliche
Korngruppen

Beispiele von ­Korngruppen Begriffe nach DIN EN 12 620

≤ 0,063 mm Feinanteile

≤ 0,125 mm Mehlkorn

Natürlich gerundete 
Korngruppen

0 – 4 mm Sand feine Gesteinskörnung

4 – 8 mm Kies

8 – 16 mm Kies
grobe Gesteinskörnung
16 – 32 mm Kies

≥ 32 mm Grobkies
Abb. 1.3.20  
Natürlich gebrochene  Kornzusammensetzung einer
Korngruppen ­Ausfallkörnung

0 – 4 mm Brechsand feine Gesteinskörnung


Ausfallkörnung:
4 – 8 mm Splitt es fehlen 4–8 mm
100
Siebdurchgang [Massen-%]

8 – 16 mm Splitt
grobe Gesteinskörnung
16 – 22 mm Splitt 80

≥ 22 mm Schotter
60
Industriell hergestellte 
Gesteinskörnung/Recycling-Ge­
steinskörnung 40
Betonbrech­sand

0 – 4 mm Mischabbruch­ feine Gesteinskörnung 20


brechsand

Betongranulat 0

grobe Gesteinskörnung
0,125 0,5 2 4 8 16 31,5
> 4 mm Mischabbruch- 22 125
granulat Sieböffnung [mm]

28 Holcim Betonpraxis
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

1.3
Gesteinskörnung
Vorbeugende Maßnahmen gegen  Zur Vermeidung solcher Schäden gilt in Deutschland
schädigende Alkali­reaktion die DAfStb-Richtlinie «Vorbeugende Maßnahmen gegen
Einige Gesteinskörnungen enthalten alkalireaktive schädigende Alkalireaktion im Beton» (Alkali-Richt­linie).
­Kieselsäure. Diese Gesteinskörnungen können mit dem Mit Wirkung der A2-Änderung wurden die Feuchtig­
im Porenwasser des Betons gelösten Alkalihydroxid keitsklassen aus der Alkali-Richtlinie in die DIN 1045‑2
zu einem Alkalisilikat reagieren. Unter bestimmten übernommen.
Voraussetzungen kann diese Reaktion zu einer Volumen‑
vergrößerung mit anschließender Schädigung des Betons Auf der Grundlage der zu erwartenden Umgebungs‑
führen. Diese Reaktion wird als «Alkali-Kieselsäure-Reak­ bedingungen ist jedes Bauteil einer der vier Feuchtig‑
tion» (AKR) bezeichnet. Ablauf und Ausmaß der Re‑ keitsklassen zuzuordnen (Abb. 1.3.21). Die Feuchtigkeits-
aktion hängen insbesondere von der Art und Menge der und die Expositions­klassen sind dem Betonhersteller
alkaliempfindlichen Gesteinskörnung, ihrer Größe und anzugeben. Daraus ergeben sich eventuell zusätzliche
Verteilung, dem Alkalihydroxidgehalt in der Porenlösung Anfor­derungen an die Gesteinskörnung oder den Zement
sowie den Feuchtigkeits- und Temperaturbedingungen (Abb. 1.3.26 – Abb. 1.3.28).
des erhärteten Betons ab. Eine Alkali-Kieselsäure-Reak­
tion im Beton kann auch erst nach Monaten oder Jahren Bei Drucklegung ist die Alkalirichtlinie in der Ausfertigung
auftreten und zu schwerwiegenden Schäden führen. 2013-10 in der Bauregelliste 2015/1 angekündigt worden.

Abb. 1.3.21  
Klasse Beschreibung der Umgebung Beispiele für die Zuordnung von Expositionsklassen
Feuchtigkeitsklassen

WO Beton, der nach normaler Nachbehandlung •• Innenbauteile des Hochbaus


nicht längere Zeit feucht und nach dem Aus‑
trocknen während der Nutzung weitgehend •• Bauteile, auf die Außenluft, nicht jedoch z. B. Niederschläge,
trocken bleibt Oberflächenwasser, Bodenfeuchte einwirken können und/oder
die nicht ständig einer relativen Luftfeuchte von mehr als 80 %
ausgesetzt werden

WF Beton, der während der Nutzung häufig oder •• Ungeschützte Außenbauteile, die z. B. Niederschlägen,
längere Zeit feucht ist Oberflächenwasser oder Bodenfeuchte ausgesetzt sind

•• Innenbauteile des Hochbaus für Feuchträume, wie z. B.


Hallenbäder, Wäschereien und andere gewerbliche Feuchträume,
in denen die relative Luftfeuchte überwiegend höher als 80 % ist

•• Bauteile mit häufiger Taupunktunterschreitung, wie z. B.


Schornsteine, Wärmeübertragerstationen, Filterkammern und
Viehställe

•• Massige Bauteile gemäß DAfStb-Richtlinie «Massige Bauteile


aus Beton», deren kleinste Abmessung 0,80 m überschreitet
(unabhängig vom Feuchtezutritt)

WA Beton, der zusätzlich zu der Beanspruchung •• Bauteile mit Meerwassereinwirkung


nach Klasse WF häufiger oder langzeitiger
Alkalizufuhr von außen ausgesetzt ist •• Bauteile unter Tausalzeinwirkung ohne zusätzliche hohe
dynamische Beanspruchung (z. B. Spritzwasserbereiche, Fahr- und
Stellflächen in Parkhäusern)

•• Bauteile von Industriebauten und landwirtschaftlichen


Bauwerken (z. B. Güllebehälter) mit Alkalisalzeinwirkung

WS Beton, der hoher dynamischer Beanspruchung •• Bauteile unter Tausalzeinwirkung mit zusätzlicher hoher
und direktem Alkalieintrag ausgesetzt ist dynamischer Beanspruchung (z. B. Betonfahrbahnen)

Holcim Betonpraxis 29
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung
1.3

Gesteinskörnung
Gesteinskörnung für die Herstellung von Beton nach Gesteinskörnungen sind in eine der Alkaliempfindlich‑
EN 206-1 und DIN 1045‑2 muss unabhängig vom keitsklassen einzustufen (siehe Abb. 1.3.22). Diese Klassen
Gewinnungsgebiet bezüglich ihrer Alkalireaktivität reichen von E I (unbedenklich) bis E III (bedenklich). Ohne
beurteilt und gekennzeichnet werden. Die Prüfung, Ein‑ Zerti­f izierung nach Alkali-Richtlinie wird die Gesteins­
stufung und Überwachung wird in der Alkali-Richtlinie körnung in die Alkaliempfindlichkeitsklasse E III ein‑
geregelt. Teil 2 der Richtlinie betrifft Gesteinskörnung gestuft.
aus bestimmten Gewinnungsgebieten in Norddeutsch‑ Auf dem Betonlieferschein sind die Feuchtigkeitsklasse
land (­siehe Abb. 10.7.1). Teil 3 der Richtlinie behandelt und die Alkaliempfindlichkeitsklasse der ­Gesteinskörnung
Gesteinskörnung aus gebrochenem oder rezykliertem anzugeben. Ohne diese Angaben darf der Beton nur für
Gestein. Feuchtigkeitsklasse WO (Innenbauteile) e ­ ingesetzt werden.

Abb. 1.3.22  
Klasse Gesteinskörnungen Beurteilung hinsichtlich AKR
Alkaliempfindlich­
keitsklassen für E I-O unbedenklich
Gesteinskörnung Opalsandstein einschließlich
E II-O bedingt brauchbar
Kieselkreide
E III-O bedenklich
E I-OF unbedenklich
Opalsandstein einschließlich
E II-OF bedingt brauchbar
Kieselkreide und Flint
E III-OF bedenklich

•• gebrochene Grauwacke
E I-S •• gebrochener Quarzporphyr (Rhyolith)
­­­ unbedenklich
•• gebrochener Oberrhein-Kies
•• rezyklierte Körnungen
•• Kies mit > 10 M.-% der vorgenannten Körnungen
E III-S •• andere gebrochene, nicht als unbedenklich eingestufte Gesteinskörnungen bedenklich
•• andere gebrochene Gesteinskörnungen ohne baupraktische Erfahrungen

Für die Einstufung der unterschiedlichen Gesteinskörnungen gelten bestimmte Kriterien (Abb. 1.3.23 – Abb. 1.3.25).

Abb. 1.3.23  
Bestandteile Grenzwerte für die Alkaliempfindlichkeitsklassen [in M.-%]
Kriterien zur
Einstufung von E I-O E II-O E III-O
Gesteinskörnung
mit Opalsandstein Opalsandstein einschließlich Kieselkreide (über 1 mm) 1) ≤ 0,5 ≤ 2,0 > 2,0
einschließlich 1) in den Prüfkornklassen 1 bis 4 mm einschließlich reaktionsfähigem Flint
Kieselkreide

Abb. 1.3.24  
Bestandteile Grenzwerte für die Alkaliempfindlichkeitsklassen [in M.-%]
Kriterien zur
Einstufung von E I-OF E II-OF E III-OF
Gesteinskörnung
Opalsandstein einschließlich Kieselkreide (über 1 mm) 1) ≤ 0,5 ≤ 2,0 > 2,0
mit Opalsandstein
einschließlich
Reaktionsfähiger Flint (über 4 mm) ≤ 3,0 ≤ 10,0 > 10,0
­Kieselkreide und
Flint 5 x Opalsandstein einschließlich Kieselkreide ≤ 4,0 ≤ 15,0 > 15,0
und reaktionsfähiger Flint
1) in den Prüfkornklassen 1 bis 4 mm einschließlich reaktionsfähigem Flint

30 Holcim Betonpraxis
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

1.3
Gesteinskörnung
Abb. 1.3.25  
Kriterium Alkaliempfindlichkeitsklasse 1)
Kriterium für die
E I-S E III-S Einstufung in die
Alkaliempfindlich­
Grenzwerte 2) für die Dehnung der Betonbalken keitsklassen E I-S
in mm/m2 ≤ 0,6 > 0,6 und E III-S

Rissbildung der Würfel keine Stark 3)


1) Maßgebend ist die jeweils ungünstigere Bewertung.
2) Nach 9 Monaten Nebelkammerlagerung einschließlich Wärme- und Feuchtedehnung.
3) Mit Rissbreiten w ≥ 0,2 mm.

Bei der Verwendung alkaliempfindlicher Gesteinskör­ An Zemente für Betonfahrbahnen (Feuchtigkeits­


nung sind in bestimmten Fällen Maßnahmen zu treffen klasse WS) werden zur Vermeidung von AKR durch die
und Zemente mit niedrigem wirksamem Alkaligehalt TL Beton-StB 07 und des Allgemeinen Rundschreibens
(NA­­-Zemente) einzusetzen (Abb. 1.3.26 ­– Abb. 1.3.28). Straßenbau Nr. 04/2013 spezielle Anforderungen hin‑
sichtlich ihres Alkaligehaltes gestellt (Abb. 1.3.29).
Die Feuchtigkeitsklasse WS ist in der Alkalirichtlinie nicht
geregelt.

Abb. 1.3.26  
Alkali- Feuchtigkeitsklasse
Vorbeugende
empfindlichkeits- WO WF WA WS Maßnahmen für
klasse Beton mit einem
Zementgehalt
E I-O keine keine keine Zemente mit z ≤ 330 kg/m3
begrenztem Alkaligehalt 1)
(Fahrbahndeckenzement)
E II-O keine keine NA-Zement Austausch der
­Gesteinskörnung
E III-O keine NA-Zement Austausch der Austausch der
­Gesteinskörnung ­Gesteinskörnung
1) siehe Abb. 1.3.29

Abb. 1.3.27  
Alkali- Feuchtigkeitsklasse
Vorbeugende
empfindlichkeits- WO WF WA WS Maßnahmen für
klasse Beton mit einem
Zementgehalt 
E I-OF keine keine keine Zemente mit z > 330 kg/m3
begrenztem Alkaligehalt 1)
(Fahrbahndeckenzement)
E II-OF keine NA-Zement NA-Zement Austausch der
­Gesteinskörnung
E III-OF keine NA-Zement Austausch der Austausch der
­Gesteinskörnung ­Gesteinskörnung
1) siehe Abb. 1.3.29

Holcim Betonpraxis 31
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung
1.3

Gesteinskörnung
Abb. 1.3.28  
Alkali­empfind­ Zementgehalt Feuchtigkeitsklasse
Vorbeugende
­Maßnahmen für lich­keits­klasse
Beton bei Alkali­ [kg/m3] WO WF WA WS
empfindlichkeits­
klassen  E I-S ohne Festlegung keine keine keine Zemente mit
E I-S bis E III-S begrenztem Alkaligehalt
(Fahrbahndeckenzement)
z ≤ 300 keine keine keine Zemente mit
begrenztem Alkaligehalt 2)
(Fahrbahndeckenzement)
300 < z ≤ 350 keine keine Gutachten oder Zemente mit
NA-Zement begrenztem Alkaligehalt 2)
(Fahrbahndeckenzement)
E III-S 1) und Austausch der
Gesteins­körnung oder Gutachten
z > 350 keine Gutachten oder Gutachten oder Zemente mit
NA-Zement Austausch der begrenztem Alkaligehalt
­Gesteinskörnung (Fahrbahndeckenzement)
und Austausch der
­Gesteinskörnung oder Gutachten
1) gilt auch für nicht beurteilte Gesteinskörnungen
2) siehe Abb. 1.3.29

Gemäß dem Allgemeinen Rundschreiben Straßen‑ lichkeit grober Gesteinskörnungen und von Betonen der
bau (ARS) 04/2013 des Bundesministers für Verkehr, Bau Feuchtigkeitsklasse WS durch ein Gutachten nachzu‑
und Stadtentwicklung (BMVBS) ist die Alkaliunbedenk‑ weisen.

Abb. 1.3.29  
Zulässige Alkali­ Zement Hüttensandgehalt Alkaligehalt des Zements Alkaligehalt des Zements
gehalte von ohne Hüttensand/Ölschiefer
Zementen für Na2O-Äquivalent Na2O-Äquivalent
Bauteile der [M.-%] [M.-%] [M.-%]
Feuchtigkeits­
klasse WS CEM I + CEM II/A – ≤ 0,80 –
CEM II/B-T – – ≤ 0,90
CEM II/B-S 21 bis 29 – ≤ 0,90
CEM II/B-S 30 bis 35 – ≤ 1,00
CEM III/A 36 bis 50 – ≤ 1,05

32 Holcim Betonpraxis
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

1.3
Gesteinskörnung
Mehlkorngehalt
Die Korngruppe 0–4 mm kann bei der ­Aufberei­tung Ein optimaler Mehlkorngehalt
in der Regel aus verschiedenen Kompo­nen­ten ••erhöht die Schmierfilmmenge ohne nennenswerte
zusammen­­gesetzt werden (z. B. Natursand gewaschen/­ Erhöhung des Zugabewassers
Brechsand trocken und/oder Brech­sand gewaschen). ••gewährt eine verbesserte Verarbeit­barkeit
Die Korngruppe 0–4 mm ist wegen ihres hohen Ober­ des Betons
flächenanteils an der Gesteinskörnung die Schlüsselkom­ ••verbessert das Wasserrückhaltever­mögen und
po­nente für die Qualität eines Korngemischs. verhindert das «Bluten» des Betons wäh­rend und
nach der Verarbeitung
Die entscheiden­de Rolle spielen dabei der Mehlkorn­ ••verhindert eine Entmischung beim Ein­bringen und
gehalt (Ze­ment, Zusatzstoffe und Anteile der Gesteins­ erleichtert das Verdichten des Betons
körnung ≤ 0,125 mm) und der Feinanteil (≤ 0,063 mm). ••erhöht die Gefügedichte und damit die Was­ser­
Der Mehl­korngehalt darf höchstens die in Abb. 1.3.30 dichtigkeit
an­gege­be­nen Werte nach DIN EN 206‑1 bzw. DIN 1045‑2 ••verbessert die Wirksamkeit von Zusatz­mitteln.
aufweisen.
Dabei muss beachtet werden, dass es sich bei den
Feinanteilen nicht um quellfähige Ton­mineralien
handeln darf.

Druckfestigkeitsklasse Zementgehalt  Höchstzulässiger


 Mehlkorngehalt
[kg/m3] [kg/m3]

≤ C50/60 und LC50/55


bei den Expositionsklassen 550
XC, XD, XS, XA

≤ C50/60 und LC50/55 ≤ 300 400


bei den Expositionsklassen
XF, XM ≥ 350 450

≥ C55/67 und LC55/60 ≤ 400 500


bei allen Expositions‑
450 550
klassen
≥ 500 600

Die Werte sind linear zu interpolieren.


Die Werte der mittleren Zeile dürfen erhöht werden:
• wenn der Zementgehalt 350 kg/m3 übersteigt, um den über 350 kg/m3
hinausgehenden Zementgehalt, oder
• wenn ein puzzolanischer Betonzusatzstoff des Typs II verwendet wird,
um den Gehalt des Zusatzstoffs, Abb. 1.3.30  
jedoch höchstens um 50 kg/m3. Zementgehalt und höchstzulässiger Mehl­
korngehalt (Zement, Zusatzstoffe und
Die angegebenen Werte dürfen um 50 kg/m3 erhöht werden, wenn das
Anteile der Gesteins­körnung ≤ 0,125 mm)
­Größt­korn der Gesteinskörnung 8 mm beträgt. in Abhän­gig­keit von Druckfestigkeits- und
Expositions­klasse

Holcim Betonpraxis 33
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung
1.3

Gesteinskörnung
Gesteinskörnung aus rezykliertem Beton Der Einsatz von Zusatzmitteln im Alt­beton ist kein
Aufgrund der Rohstoffverknappung und der dringend Hindernis für die Verwendung von Recycling-Gesteins‑
gebotenen Reduktion des zu deponierenden Abfalls ist es körnung, weil etwaige von den Zusatzmitteln herrüh­
erforderlich, rezyklierte Baustoffe als Ersatz für den wert‑ rende Rückstände gebun­den werden und Luft und Boden
vollen natür­lichen Kies bzw. Sand stärker einzusetzen als dadurch nicht belasten können.
bisher.
Die notwendigen behördlichen Vorschriften und ein‑
Prüfergebnisse und die ersten Erfahrungen zeigen, dass schlägigen Normen, Richtlinien und Empfeh­lungen von
bei sorgfältiger Aufbereitung und bei sachgerechter Her‑ Fachverbänden sind vorhanden, z. B.:
stellung der Gesteinskör­nung aus rezykliertem Altbeton ••DIN-Fachbericht 100, Ziffer 5.2.3.5, rezyklierte
(Abb. 1.3.31) und dem Ersatz der Korngruppe 0–4 mm Ge­steins­körnungen
durch Natursand ein ebenso dauerhafter Beton herge­ ••DAfStb-Richtlinie: Beton mit rezykliertem Zu­schlag
stellt werden kann wie mit herkömmlichen natürlichen ••DIN 4226‑100:2 002‑02: Gesteinskörnungen für Beton
Gesteinskörnungen. Diese rezyklierten Korngrup­pen sind und Mörtel – Rezyklierte Gesteinskörnungen.
in DIN 4226‑100 definiert.

Abb. 1.3.31  
Durch ­Rezyklierung
gewonnene Gesteins­
körnung 0/32 und
daraus
hergestellter
Konstruktions­beton

Abb. 1.3.32  
Mehrfamilienhaus, 
gebaut mit
­Recyclingbeton

34 Holcim Betonpraxis
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

1.4
Zusatzmittel
4.1

Einleitung Durch die damit verbundene Reduktion des w/z-Wertes


kann, bei guter Verarbeitbarkeit, ein sehr dichter Beton
Zusatzmittel werden dem Frischbeton meist mit wenig Kapillarporen und dadurch verbesserter
in flüssiger Form zugegeben, um durch ihre Dauerhaftigkeit hergestellt werden. Als Wirkstoffe für
chemischen und/oder physikalischen Wirkungen Zusatzmittel werden eine Vielzahl anorganischer und
die Eigenschaften des Betons zu beeinflussen. Je organischer Substanzen verwendet. Für eine optimale
nach Art des eingesetzten Zusatzmittels können Wirksamkeit müssen die Zusatzmittel auf den Zement
­sowohl die Eigenschaften des Frischbetons, z. B. das abgestimmt werden.
Erstarrungs­verhalten und die Verarbeitbarkeit, als
auch die Eigenschaften des erhärteten Betons, wie Weitere Einflüsse auf die Wirksamkeit der Betonzusatz‑
z. B. die Festigkeit und die Dauerhaftigkeit, gezielt mittel können der Wassergehalt, die feine Gesteins‑
verändert werden. körnung (Sand) sowie die Mischintensität, die Misch‑
dauer und die Temperatur haben.

Für den Einsatz von Zusatzmitteln gibt es technologische


und wirtschaftliche Gründe. So lässt sich z. B. durch die
Zugabe von geringen Mengen eines Fließmittels ein Teil
des Zugabewassers bei der Betonherstellung einsparen.

Abb. 1.4.1  
Bezeichnung Abkürzung Wirkung Bezeichnung,
Abkürzung und
Betonverflüssiger BV Verminderung des Wasseranspruchs und/oder Verbesserung
Beschreibung der
der Verarbeitbarkeit Zusatzmittel
Fließmittel FM Starke Verminderung des Wasseranspruchs und/oder (Auswahl)

Verbesserung der Verarbeitbarkeit


Luftporenbildner LP Einführung kleiner, gleichmäßig verteilter Mikroluftporen zur
Erhöhung des Frost- und Frosttaumittelwiderstandes
Verzögerer VZ Abbindeverzögerung des Betons (Betonieren bei hohen
Temperaturen)
Erstarrungsbeschleuniger BE Beschleunigung des Abbindens von Beton nach dem Mischen
Erhärtungsbeschleuniger BE Beschleunigung der Erhärtung des Betons (Frühfestigkeit) mit
und ohne Veränderung der Abbindezeit
Dichtungsmittel DM Verminderung der kapillaren Wasseraufnahme
Stabilisierer ST Erhöhung des Zusammenhaltes, Verbesserung der Kohäsion
Zusatzmittel für Einpressmörtel EH Verbesserung der Fließfähigkeit, Verminderung des
Wasseranspruchs und der Absetzneigung (Bluten), leichte
Quellwirkung

Normative Anforderungen
In DIN EN 934-2 werden die Zusatzmittel bezüglich
Anforderungen, Konformität, Kennzeichnung und
­Beschriftung definiert (Abb. 1.4.1). Ihre Verwendung ist in
DIN EN 206-1 und DIN 1045-2 geregelt.

Holcim Betonpraxis 35
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung
1.4

Zusatzmittel
Dosierung leistungsverflüssigern möglich geworden. Verwendet
Die Zugabemenge, bezogen auf das Zementgewicht, liegt werden spezielle Verflüssiger und Fließmittel auf
im Allgemeinen im Bereich von 0,2 bis 2 M.-%. Bei Dosie­ Polycarboxylatether-Basis.
rungen von mehr als 3 l/m3 Beton muss die darin ent‑ Als mögliche Nebenwirkung der Verflüssiger ist die Ver‑
haltene Wassermenge bei der Berechnung des w/z‑Werts zögerung des Erhärtens zu nennen. Überhaupt spielen
berücksichtigt werden. Ebenso muss bei Verwendung hinsichtlich der Zusatzmittelwirkungen die Eigenschaften
von Luftporenmitteln der Zuwachs an eingeführter Luft des Zements sowie auch die Betonrezeptur eine wichtige
im Stoffraum mitberechnet werden. Dosierungen unter Rolle. Deswegen ist zu empfehlen, die Auswirkungen an
0,2 Gewichtsprozenten (2 g/kg Zement) sollten nicht gegebenen Zusatzmittel-Zementkombinationen zu über‑
verwendet werden; ansonsten sind sie in einem Teil des prüfen.
Zugabewassers aufzulösen. Bei diesen kleinen Mengen
Abb. 1.4.2   treten erhebliche Dosierungsungenauigkeiten auf. Unter‑
Auswirkungen
dosierungen verringern meist deutlich den angestrebten
von Fließmitteln
Effekt. Überdosierungen können dagegen unerwünschte
Effekte wie Erhärtungsverzögerung, Druckfestigkeits­
verluste oder Entmischungen mit sich bringen.

Lagerfähigkeit/Haltbarkeit
Zusatzmittel sind bei ihrer Lagerung vor Verunreinigun­
gen und starker, direkter Sonneneinstrahlung zu
schützen. Bei einer Lagertemperatur von ca. 20 °C können
Zusatzmittel bis zu einem Jahr haltbar sein. Flüssige
Zusatzmittel sind frostsicher aufzubewahren, pulver­
förmige Zusatzmittel sind vor Feuchtigkeit zu schützen.

Eigenschaften der wichtigsten Zusatzmittel

Betonverflüssiger (BV) und Fließmittel (FM)


Betonverflüssiger und Fließmittel sind die am häufigsten
gebrauchten Zusatzmittel. Die verflüssigende Wirkung
wird entweder durch grenzflächenaktive Stoffe (Lignin‑
sulfonat, Naphthalinsulfonat) oder durch dispergierende
Stoffe (Melaminsulfonat, Polycarboxylat/-ether) ­erreicht.
Die Wirkung eines Fließmittels ist in Abb. 1.4.2 anschau‑
lich dargestellt: Fließmittel verbessern bei gleichem In der folgenden Tabelle (Abb. 1.4.3) ist der Einfluss der
w/z‑Wert die Verarbeitbarkeit des Betons oder wichtigsten Betonverflüssiger und Fließmittel auf die
vermindern bei gleicher Verarbeitbarkeit den Wasser‑ mögliche Wasserreduktion im Beton zusammengestellt.
anspruch und damit den w/z-Wert , was zu einer Für die relative Wasserreduktion wird eine Dosierung des
Erhöhung von Festigkeit und einer Verringerung der Betonverflüssigers bzw. Fließmittels von 1 % bezogen auf
Porosität führt. Eine gleichzeitige Verbesserung der das Zementgewicht zugrunde gelegt. Die Wassererspar‑
Verarbeitbarkeit und Verminderung des w/z-Werts ist nis nimmt in der Reihenfolge – Lignin-, Melamin- und
ebenfalls möglich . Eine Reihe von Betonen ist ohne Naphthalinsulfonat sowie Polycarboxylat/-ether – zu.
den Einsatz von Verflüssigern gar nicht herstellbar.
So ist die praxisgerechte Herstellung von Selbstver‑
dichtenden Betonen nur durch den Einsatz von Hoch‑

Abb. 1.4.3  
Wasserreduktion Wirkstoff des Betonverflüssigers bzw. Fließmittels Relative Wasserreduktion [M.-%]
der wichtig­sten
Ligninsulfonat 5–10
Beton­verflüssiger
und Fließ­mittel Melaminsulfonat 15–20
Naphthalinsulfonat 15–20
Polycarboxylat/-ether (PCE) 20–35

36 Holcim Betonpraxis
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

1.4
Zusatzmittel
Luftporenbildner (LP) porenbildners ab, sondern auch von einer Vielzahl
Luftporenbildner sind grenzflächenaktive Stoffe (Wurzel‑ anderer Faktoren, wie Zementart, Gesteinskörnung
harze und deren Modifikationen sowie synthetische und Kornzusammensetzung, Konsistenz, Temperatur,
Tenside). Die Aufgabe der Luftporenbildner ist es, so‑ Mischintensität und Mischdauer, dem Vorhandensein
genannte Mikroluftporen mit einem Durchmesser von anderer Zusatzmittel usw. Bei kombiniertem Einsatz von
ca. 10 bis 300 µm in den Beton einzuführen. Dadurch Luftporenbildner und Verflüssiger sollte der Verflüssiger
wird die Frost- und Frost-Taumittelbeständigkeit des erst nach dem Luftporenbildner zudosiert werden. Die
Betons wesentlich erhöht, jedoch nimmt die Druck‑ Verträglichkeit neuer Kombinationen muss unbedingt
festigkeit je nach eingeführtem Luftgehalt deutlich durch Erstprüfungen nachgewiesen werden.
ab. Die Luftporen nehmen beim Gefrieren des Betons
das verdrängte ­Kapillarwasser zum Teil auf und bieten Verzögerer (VZ)
Ausdehnungsraum für das gefrierende Wasser. Sie ver‑ Verzögerer bewirken eine Verzögerung beim Erhärten
mindern somit die Gefahr des Zersprengens des Betons des Zementleims und erlauben damit eine Verlängerung
infolge des Eisdrucks (Abb. 1.4.4). der Verarbeitung von Betonen. Ihre wichtigsten Anwen­
dungsgebiete sind:
••Betonieren bei heißem Wetter
••Transport von Beton über große Distanzen Abb. 1.4.4  
••Betonieren großer Kubaturen oder Flächen Eisbildung in
der Luftpore
••Vermeidung von Arbeitsfugen bei eingeplanten Arbeits‑
(­schematisch)
unterbrechungen (nahtloser Anschluss von neuem
Beton an zuvor eingebrachten Beton).

Beton, der Verzögerer enthält, erhärtet zu Beginn etwas


langsamer (Abb. 1.4.5). Seine 28-Tage-Festigkeit ist in
der Regel etwas höher als die eines Betons, dem kein
Verzögerer zugegeben wurde. Wegen seiner an­fänglich
langsameren Erhärtung ist ein verzögerter Beton beson­
ders sorgfältig nachzubehandeln. Da die Wirkung stark
von der Art des Verzögerers, aber auch vom verwendeten
Zement und von der Temperatur abhängt, sind um‑
fassende Erstprüfungen – auch bei verschiedenen
Faustregel Temperaturen – erforderlich. Bei Überdosierung kann die
Ein Prozent zusätzlich eingeführte Luftporen ermög‑ Wirkung bei einigen Verzögerern umschlagen, sie können Abb. 1.4.5  
licht eine Wassereinsparung von etwa fünf Litern dann zu Beschleunigern werden. Wirkung von
­Verzögerer
je m3 Frischbeton und erzielt im Hinblick auf die
und Beschleuniger
Verarbeitbarkeit die gleiche Wirkung wie etwa 10 bis auf die
15 kg Mehlkorn. Betonfestigkeit

Faustregel
Jedes Prozent Luftporen bedeutet einen Druck‑
festigkeitsverlust von bis zu 5 %.

Der Zielwert für den Luftgehalt im Zementstein liegt bei


etwa 13 %. Für den gesamten Beton bedeutet das je nach
Größtkorn Luftgehalte zwischen 3 und 6 %. Für die Ein‑
stellung der Luftgehalte genügen meist geringe Mengen
an Zusatzmitteln (0,1–0,5 M.-%).
Allerdings hängt die entstehende Luftporenmenge
nicht allein von der Art und der Dosierung des Luft‑

Holcim Betonpraxis 37
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung
1.4

Zusatzmittel
Beschleuniger (BE) Erstarrungsbeschleuniger finden Verwendung bei:
Bei den Beschleunigern wird unterschieden in ••Spritzbeton
Abbinde­beschleuniger und Erhärtungsbeschleuniger (geringer Rückprall und gute Klebefähigkeit)
(­siehe Abb. 1.4.1). Diese Zusatzmittel werden eingesetzt, ••Instandsetzungsarbeiten
um die Abbinde- und Erhärtungszeit eines Betons zu ver‑ (Reparaturarbeiten mit kurzen Abbindezeiten)
kürzen. Sie sorgen für eine raschere Hydratation, um den ••Betonieren in fließenden Gewässern
Beton früher ausschalen, abheben, belasten oder dem ••Wassereinbrüche und -infiltrationen.
Frost aussetzen zu können.
Erhärtungsbeschleuniger werden eingesetzt für:
Der Effekt der Beschleuniger ist von den verwendeten ••Betonieren bei tiefen Temperaturen
Wirkstoffgruppen, aber auch von der chemischen Zu‑ ••Betonieren mit kurzen Ausschalungsfristen
sammensetzung des Zements abhängig. Bei einer Über‑ ••im Fertigteilwerk
dosierung kann das Erstarren und Erhärten verzögert ••Einsetzen von Ankern.
statt beschleunigt werden (Wirkung wird gegenteilig).
Beschleu­niger bewirken oft eine mehr oder weniger
starke Herabsetzung der Endfestigkeit des Betons.
Die früher häufig verwendeten chloridhaltigen Beschleu­
niger dürfen heute nicht mehr eingesetzt werden, weil
sie eine ausgesprochen korrosionsfördernde Wirkung auf
die Bewehrung ausüben.

Abb. 1.4.6  
Vorschriftsmäßiges
Tanklager
für Zusatzmittel in 
einem Transport­
betonwerk

38 Holcim Betonpraxis
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

1.4
Zusatzmittel
Bewertung der wichtigsten Zusatzmittel
Zusatzmittel können die Betoneigenschaften sowohl
im Frischbeton als auch im Festbeton erheblich beein‑
flussen. Dies ist oft mit komplexen chemischen und/oder
physikalischen Reaktionen verbunden. Deshalb sollen
Zusatzmittel verschiedener Wirkungsweise nicht mit‑
einander gemischt werden und Zusatzmittel gleicher
Wirkungsweise, aber verschiedener Hersteller nicht
miteinander kombiniert werden. Um die am besten ge‑
eigneten Zusatzmittel in richtiger Dosierung für einen
Beton aus Zement, Zusatzstoff, Wasser und Gesteins‑
körnung zu finden, sind Erstprüfungen unabdingbar.

Die Wirkung wichtiger Zusatzmitteltypen auf ausge­


wählte Frisch- und Festbetoneigenschaften wird in
Abb. 1.4.7 qualitativ dargestellt.

Abb. 1.4.7  
Wirkung auf Verflüssiger/­ Luftporenbildner Verzögerer Beschleuniger Wirkung wichtiger
Fließmittel Zusatzmitteltypen
auf ausgewählte
Verarbeitbarkeit ++ + + – Frisch- und
Festbetoneigen­
Entmischen/Bluten + + – schaften

Erstarren beschleunigen – ++

Erstarren verzögern – – ++ –

Pumpfähigkeit + – –

Frühfestigkeit + – – ++

Endfestigkeit + – + –

Permeabilität + + –

Frostbeständigkeit + ++ – +

Betonieren bei kalter Witterung + – ++

Betonieren bei warmer Witterung + ++ –


++ gewünschter positiver Effekt
+ möglicher positiver Effekt
vernachlässigbarer Effekt
– möglicher negativer Effekt

Holcim Betonpraxis 39
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung
1.5

Zusatzstoffe
5.1

Allgemeines als auch eine homogene Verteilung der Zusatzstoffe


erreicht. Zement und Zusatzstoff sind in einem exakten
und normgerechten Zementsystem integriert, das als
Zusatzstoffe sind in der Regel feine mineralische Ganzes angesehen wird und zu 100 % beim Mindest­
oder organische Stoffe. Durch sie können bestimmte zementgehalt sowie bei der Ermittlung des Wasser­
Eigenschaften des Betons verbessert oder erst zementwertes rechnerisch zum Ansatz gebracht werden
erreicht werden. So erhöhen einige Zusatzstoffe kann. Beispiele dafür sind die Holcim Zemente Ferro, Duo,
die Verarbeitbarkeit oder aber die Pumpbarkeit des Aqua und Trass.
­Betons. Im Festbeton können sie zu einem dichten
Gefüge beitragen und mechanische Eigen­schaften, Verwendung im Betonwerk
wie Druck- und Zugfestigkeit, oder aber die Dauer‑ Zusatzstoffe können ebenso erst im Betonwerk der
haftigkeit des Betons positiv beeinflussen. Ebenso Mischung zugefügt werden. Dies hat den Vorteil, dass
werden Zusatzstoffe zur Reduzierung der Wärme‑ das Verhältnis von Zusatzstoff zu Zement frei gewählt
entwicklung während der Betonerhärtung ein‑ werden kann. Dadurch wird die Flexibilität bei der Zu‑
gesetzt. Im Gegensatz zu Betonzusatzmitteln wird sammensetzung des Betons erhöht. Allerdings sind damit
dem Beton üblicherweise eine größere Menge von auch einige Nachteile verknüpft. Die getrennte Lagerung
Zusatzstoffen zugegeben. Zusatzstoffe sind in der Zusatzstoffe verlangt zusätzliche Silos und Dosier‑
jedem Fall bei der Stoffraumrechnung zu berück‑ einrichtungen sowie zusätzliche Kontrollen. Manche
sichtigen. Zusatzstoffe neigen bei längerer Lagerung zur Knollen‑
bildung. Weiterhin kann der im Betonwerk zugegebene
Zusatzstoff nur anteilig auf den Wasserzementwert
Verwendung im Zementwerk angerechnet werden.
Manche Zusatzstoffe werden bereits im Zementwerk
durch gemeinsames Vermahlen mit dem Klinker oder
durch Mischen in den Zement eingebracht. Bei diesem
Herstellungsprozess wird der Zusatzstoff als Haupt­
bestandteil bezeichnet und findet sich in der Zement­
bezeichnung wieder (zum Beispiel: S für Hüttensand,
P für natürliche Puzzolane wie Trass, LL für Kalkstein).
Für dieses Vorgehen sprechen gute Gründe. Dadurch
wird sowohl eine genaue und gleichbleibende Dosierung

Abb. 1.5.1  
Bezeichnung Chemische Reaktion Wirkung Zusatzstoffe
Einteilung der
Zusatzstoffe Inert Keine oder höchstens • Füllereffekt, d. h. Kalksteinmehl
DIN EN 206-1

­oberflächliche Reaktion vermindert Porosität und Quarzmehl


Typ I

verbessert ­Verarbeitbarkeit
• Färbt Pigmente

Puzzolanisch Reaktion mit Kalzium‑ • Vermindert Porosität Steinkohlenflugaschen


hydroxid und Wasser unter • Erhöht Dauerhaftigkeit
Bildung von zementhydrat‑
• Vermindert Frühfestigkeit Natürliche und thermisch
ähnlichen Stoffen
aktivierte Puzzolane
• Senkt Hydratationswärme
DIN EN 206-1
Typ II 

• Erhöht Endfestigkeit

Latent hydraulisch In Gegenwart von • Vermindert Porosität Hüttensandmehl


­Anregern (Alkali, Kalk, • Erhöht Dauerhaftigkeit
Sulfat) und Wasser erfolgt
• Vermindert Frühfestigkeit
Bildung von zement­
hydratähnlichen Stoffen • Senkt Hydratationswärme
• Erhöht Endfestigkeit

40 Holcim Betonpraxis
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

1.5
Zusatzstoffe
Einteilung der Zusatzstoffe Anorganische Pigmente
Anorganische Pigmente werden zum Einfärben von
Beton und Mörtel verwendet. Den hohen Anforderungen
Die EN 2016-1/DIN 1045-2 unterscheidet zwei Typen bezüglich Beständigkeit und Korngrößenverteilung
von Betonzusatzstoffen. Inerte Zusatzstoffe des genügen praktisch nur Oxidpigmente. Pigmente haben
Typs I sind Stoffe, die keine chemische Bindung keine chemische Wirkung im Beton, verhalten sich
eingehen. Darunter fallen beispielsweise Kalk‑ demnach inert. Wegen ihres meist höheren Wasser‑
stein- oder Quarzfüller sowie Pigmente. Als reaktive bedarfs bedingen sie einen höheren Wasserzementwert,
Zusatzstoff des Typs II werden latent hydraulische sofern dieser Effekt nicht durch den Einsatz eines Beton‑
und puzzolanische Stoffe wie Hüttensandmehl oder verflüssigers oder Fließmittels kompensiert wird.
aber Steinkohlenflugasche bezeichnet, die dank ihrer
Reaktivität zur Festigkeitsbildung des Zementsteins Für das Einfärben mit Pigmenten eigenen sich insbeson­
beitragen. Dieser Zusammenhang ist in A ­ bb. 1.5.1 dere die hellen Hochofenzemente (Holcim-Duo,
dargestellt. Holcim‑Aqua) oder Weißzement (Holcim-White). Die
Pigmentdosierung richtet sich nach der gewünschten
Abb. 1.5.2  
Farbintensität und wird in Bezug auf den Zementgehalt
Mit Pigmenten
Inerte Zusatzstoffe angegeben. Übliche Feststoffdosierungen bewegen ­eingefärbte
sich zwischen 2 M.-% bis 8 M.-% vom Zementgehalt. Es Betonsteine aus
Mineralische Füller werden ebenso wässrige Farbpigmentaufbereitungen Weißzement 
(Holcim-White)
Mineralische Füller werden durch das Aufbereiten von mit einem Feststoffgehalt von rund 50 % angeboten.
natürlichen, industriell produzierten oder rezyklierten Der Wasseranteil muss auf den Wasserzementwert an‑
Materialien hergestellt. Der überwiegende Anteil der gerechnet werden. Im Gegensatz zum pulverförmigen
mehlkornfeinen Partikel ist dabei kleiner als 0,063 mm. Pigment ist diese sogenannte Farbpigment Slurry für
eine Dosierung in den frischen Beton geeignet. Pigmente
Aufgrund ihrer geringen Korngröße, ihrer Kornzusam­ zum Einfärben von Beton müssen die Anforderungen der
mensetzung und Kornform verbessern mineralische DIN EN 12878 erfüllen.
Füller den Kornaufbau des Betons im Mehlkornbereich.
Sie sind nicht reaktiv, also inert. Sie werden zugesetzt,
um beispielsweise bei der Verwendung von geringen
Zementgehalten oder mehlkornarmen Sanden die
Verarbeitbarkeit zu verbessern oder aber um die Fließ‑ Für die Herstellung einwandfrei gefärbter ­Bauteile
fähigkeit und die Stabilität von selbstverdichtenden bedarf es großer Erfahrung. Eine homogene Beton‑
Betonen sicherzustellen. Weiterhin führt der so‑ mischung sowie geeignete und gleichmäßige
genannte Füllereffekt zu einer höheren Packungsdichte, Ausgangsstoffe sind die Voraussetzung, um gleich‑
wodurch die Festbetoneigenschaften positiv beeinflusst mäßig gefärbte Betonoberflächen zu erzielen.
werden können. Reste von gefärbtem Beton müssen sorgfältig aus
dem Mischer, dem Transportfahrzeug sowie aus
Für eine Verwendung im Beton müssen mineralische Fördergeräten entfernt werden und dürfen nicht
Füller die Anforderungen der DIN EN 12620 erfüllen. Sie in das Restwasser gelangen, um die nachfolgenden
sollten immer auf ihre Eignung für den vorgesehenen Betonchargen nicht ungewollt einzufärben. Auch
Zweck geprüft werden. Gängige mineralische Füller sind optimale Herstellprozesse und beste Farbpigmente
Kalkstein- und Quarzmehl. Die üblichen Dosierungen verhindern nicht, dass Betonfarben mit der Zeit
liegen zwischen 20 kg/m3 bis 60 kg/m3 bei Normalbeton etwas stumpfer werden.
und bis zu 250 kg/m3 bei selbstverdichtendem Beton.

Holcim Betonpraxis 41
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung
1.5
1.4

Zusatzstoffe
Reaktive puzzolanische Zusatzstoffe Steinkohlenflugasche
Allen puzzolanischen Zusatzstoffen ist gemein, dass Steinkohlenflugaschen fallen bei der Stromerzeugung
sie im erhärtenden Beton in Gegenwart von genügend in thermischen Kraftwerken an. Ihre Qualität hängt von
Wasser langsam mit dem aus dem Zement abgespalte­ der verwendeten Kohle sowie von der Art des Kraftwerks
nen Kalziumhydroxid reagieren, zementhydratähn‑ und seiner Betriebsweise ab und kann deshalb in weiten
liche Stoffe bilden und dadurch zur Festigkeitsbildung Grenzen schwanken. Die Verwendung von Steinkohlen‑
beitragen. Diese puzzolanische Reaktion verringert die flugasche aus verlässlicher Herkunft hat sich jedoch als
Betonporosität und verbessert damit die Dauerhaftig‑ Betonzusatz bewährt und ist normativ in der DIN EN 450
keit des Betons. Betone mit puzzolanischen Zusätzen geregelt.
(ausgenommen Silikastaub) erhärten etwas langsamer
als solche ohne, insbesondere bei tiefer Temperatur. Die Die meist hohe Feinheit der Steinkohlenflugaschen und
Nachbehandlungsdauer und die Ausschalfrist sind ge‑ deren charakteristische kugelige Kornform bewirken
gebenenfalls angemessen zu verlängern. eine Verbesserung der Verarbeitbarkeit des Frischbetons.
Auch die Dauerhaftigkeit und Dichtigkeit des Betons
Um eine ausreichende Alkalität der Porenlösung bei werden erhöht, wenn eine Steinkohlenflugasche von
Stahl- und Spannbeton zu gewährleisten, sind in hoher puzzolanischer Aktivität mit der gebotenen
DIN EN 206-1/DIN 1045-2 höchstzulässige Mengen Sorgfalt bezüglich Betonzusammensetzung und Nach‑
puzzolanischer Zusatzstoffe vorgegeben. Ebenso ist behandlung verwendet wird. Da Steinkohlenflugaschen
in der Norm die Anrechenbarkeit der Zusatzstoffe des die Hydra­tationswärmeabgabe der erhärtenden Betone
Typs II auf den Wasserzementwert sowie den Mindest‑ reduzieren, lassen sich mit ihr in massigen Beton‑
zementgehalt mit einem k-Wert-Ansatz geregelt. bauteilen Temperaturspitzen vermindern. Weiterhin
werden sie zur Erhöhung des Sulfatwiderstandes des
Betons verwendet.

Abb. 1.5.3  
Charakteristische
Kornform von Die üblichen Dosierungen von Steinkohlenflugasche
Steinkohlenflug­ liegen
asche (raster­
elektronen­ ••zwischen 20 kg/m3 bis 60 kg/m3 bei Normalbeton
mikroskopische und
Aufnahme) ••bis zu 250 kg/m3 bei selbstverdichtendem Beton.

Trass
Trass zählt zu den natürlichen Puzzolanen und ist ein
natürliches Gestein meist vulkanischen Ursprungs.
Seine puzzolanische Wirkung war schon den römischen
Baumeistern bekannt. Trass als Betonzusatzstoff ist in
DIN 51 034 geregelt. Trass verbessert die Verarbeitungs‑
eigenschaften von Beton und kann dessen Ausblüh‑
neigung reduzieren. Im Gegensatz zur Steinkohlen‑
flugasche kann Trass nicht auf den Wasserzementwert
angerechnet werden.

42 Holcim Betonpraxis
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

1.5
1.4
Zusatzstoffe
Silikastaub Die Zugabe von Silikastaub zur Betonmischung ver‑
Silikastaub, auch Kieselsäurestaub oder Mikrosilika ge‑ schlechtert deren Verarbeitbarkeit und verändert
nannt, entwickelt wegen seiner extrem hohen Feinheit nachhaltig deren rheologische Eigenschaften (Fließ­
und seines sehr hohen Kieselsäuregehalts eine sehr große eigenschaften). Durch den Zusatz besonderer Fließmittel
puzzolanische Aktivität. lässt sich eine ausreichende Verarbeitbarkeit erzielen.
Um unangenehme Überraschungen beim Einbringen des
Frischbetons zu vermeiden, sind Versuche zur Verarbeit‑
barkeit erforderlich. Infolge seiner extremen Feinheit
Mit einer Dosierung von 5 M.-% bis M.-10 % Silika‑ kann Silikastaub gewisse Probleme bei der Dosierung
staub bezogen auf das Zementgewicht, lassen sich und bei der Homogenisierung der Betonmischung verur­
nachhaltige Verbesserungen der Betoneigenschaften sachen. Bei nicht sachgerechter Handhabung kann sich
erzielen. eine übermäßige Feinststaubentwicklung einstellen.
••gesteigerte Kohäsion und stark erhöhtes Wasser‑ Je nach gegebenem Fall lassen sich diese Probleme mit
rückhaltevermögen des Frischbetons mit geringem drei unterschiedlichen Arten des Angebots vermeiden:
Entmischungsrisiko ••als in den Zement integrierter Bestandteil
••Verminderung des Rückpralls beim Spritzbeton ••als Silikastaub-Slurry
••bedeutende Erhöhung der Betonfestigkeit; (in Wasser aufgeschlämmtes Produkt)
erlaubt die Herstellung von hochfestem Beton ••als granulierter Silikastaub.
••erhebliche Verminderung der Betonporosität,
damit einhergehend eine wesentliche Ver‑ Silikastaub wird in Deutschland vorwiegend im Spritz‑
besserung der Dauerhaftigkeit: beton sowie im Hochleistungsbeton eingesetzt.
erhöhter Widerstand gegen Frost-, Frosttaumittel-
und Sulfatangriff sowie gegen andere chemisch
aggressive Stoffe, langsamer Karbonatisierungs‑
fortschritt für dauerhaften ­Bewehrungsschutz.

Abb. 1.5.4  
Stark belastete
Stütze aus Hoch­
leistungsbeton

Holcim Betonpraxis 43
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung
1.5

Zusatzstoffe
Anrechenbarkeit puzzolanischer Typ II Zusatzstoffe auf In der nachfolgenden Tabelle sind die Möglichkeiten
den Wasserzementwert ­dargestellt.
Steinkohlenflugasche und Silikastaub können auf den
Wasserzementwert angerechnet werden. Dieser wird
dann als äquivalenter Wasserzementwert bezeichnet.

Abb. 1.5.5  
Flugasche [f] Silikastaub [s] Flugasche und Silikastaub
Maximale Zusatz­
stoffmengen Maximaler Zusatzstoffgehalt zur fmax = 0,15 · z 1) smax = 0,11 · z smax = 0,11 · z
des Typs II zur
Gewährung der
­Gewährung der Alkalität fmax 2) = 0,66 · z – 3 · s
Alkalität und der
Anrechenbarkeit fmax 3) = 0,45 · z – 3 · s
auf den Wasser­ Anrechenbare Zusatzstoffmenge fmax = 0,33 · z 4) smax = 0,11 · z fmax = 0,33 · z und
zementwert und
den Mindest­ auf den Wasserzementwert fmax = 0,25 · z 5) s + z ≥ zmin smax = 0,11 · z
zementgehalt
fmax = 0,15 · z 6) f + s + z ≥ zmin
f + z ≥ zmin
k-Wert k f = 0,4
­­k f = 0,4 ks = 1,0 ks = 1,0
Äquivalenter
Wasserzementwert w/zeq 8) w/(z + k f · f) w/(z + ks · s) 7) w/(z + k f · f + ks · s) 7)
Reduzierter Mindestzementgehalt 8) 240 kg/m3 bei XC1, XC2 und XC3, sonst 270 kg/m3, wenn die Zusatzstoffmenge
­mindestens der Zement-Verringerungsmenge entspricht
Zulässige Holcim Zementarten CEM I CEM I CEM I
CEM II-S CEM II-S CEM II-S
CEM III/A CEM III/A CEM III/A
CEM III/B (mit Smax 9) ≤ 70 %) CEM III/B
Zementgehalt z, Flugaschegehalt f und Silikastaubgehalt s, alle in kg/m3
1) für Zemente mit D 7) für alle Expositionsklassen außer XF2 und XF4
2) für CEM I 8) Die Anrechnung auf den Mindestzementgehalt und den w/z-Wert
3) für CEM II/A-S, CEM II/B-S, CEM III/A und andere (siehe DIN 1045‑2) ist nur bei Verwendung von f zulässig. Bei gleichzeitiger Zugabe von
4) für Zemente ohne P, V und D f + s ist eine Anrechnung auch für f ausgeschlossen.
5) für Zemente mit P oder V ohne D 9) S = Hüttensandgehalt

6) für Zemente mit D

Für die Verwendung von Flugasche in Unterwasserbeton gilt:


(z + f) ≥ 350 kg/m3; w/zeq = w/(z + 0,7 · f) ≤ 0,60

44 Holcim Betonpraxis
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

1.5
Zusatzstoffe
Reaktive latent hydraulische Zusatzstoffe Anrechenbarkeit von Hüttensandmehl auf den
Latent hydraulische Stoffe benötigen, anders als die Wasserzementwert
Puzzolane, nicht das Ca(OH)2 aus der Zementhydratation Die Anforderungen an Hüttensandmehl zur Verwendung
als ständigen Reaktionspartner. Sie reagieren schon als Zusatzstoff im Beton, im Mörtel und im Einpress‑
in Gegenwart geringer Mengen sogenannter Anreger mörtel sind in DIN EN 15167 geregelt. Eine gleichzeitige
wie z. B. alkalischen Stoffen oder Sulfaten. Gemeinsam Anrechnung von Hüttensandmehl mit Steinkohlen­
mit Wasser reagieren sie dann unter Bildung von flugasche oder Silikastaub ist nicht zulässig.
zement­hydratähnlichen Stoffen und verfestigen sich
wie Zement.

Hüttensand Hüttensandmehl [h]


Hüttensand kann aufgrund seiner latent hydraulischen
Maximaler Zusatzstoffgehalt zur fmax = 0,15 · z 1)
Eigenschaften wie kein anderer Zusatzstoff den Zement‑
­Gewährung der Alkalität
klinker nahezu vollständig ersetzen. Dieser Effekt wird
bei der Herstellung von hüttensandhaltigen Zementen Anrechenbare Zusatzstoffmenge hmax = 0,33 · z 3)
wie zum Beispiel Portlandhüttenzementen CEM II/-S auf den Wasserzementwert
hmax = 0,25 · z 4)
oder Hochofenzementen CEM III ausgenutzt. Vorteil‑
haft dabei ist, dass bei der Verwendung hüttensand‑ hmax = 0,15 · z 5)
haltiger Z
­ emente der Hüttensandanteil als Zement‑ f + z ≥ zmin
bestandteil vollständig auf den Wasserzementwert
k-Wert ­­kh = 0,4
angerechnet wird.
Äquivalenter
Wasserzementwert w/zeq 6) w/(z + k f · f)
Reduzierter Mindestzementgehalt 6) 240 kg/m3 bei XC1, XC2 und XC3, sonst
270 kg/m3, wenn die Zusatzstoffmenge
­mindestens der Zement-Verringerungs‑
menge entspricht
Zulässige Holcim-Zementarten CEM I, CEM II/A-D, CEM II/A-S, CEM II/B-S,
CEM II/A-T, CEM II/B-T, CEM II/A-LL, CEM
II/A-P, CEM II/A-V, CEM II/A-M (S,D,P,V,T,LL),
CEM II/B-M (S-D, S-T, D-T), CEM III/A 2), CEM
III/B mit ≤ 70 % Hüttensand 2)
1) für Zemente mit D
2) für CEM II/A-S, CEM II/B-S, CEM III/A und andere (siehe DIN 1045‑2)
3) für Zemente ohne P, V und D
4) für Zemente mit P oder V ohne D
5) für Zemente mit D
6) Die Anrechnung auf den Mindestzementgehalt und den w/z-Wert ist nur bei Verwendung von f zulässig.
Bei gleichzeitiger Zugabe von f + s ist eine Anrechnung auch für f ausgeschlossen.

Für die Verwendung von Flugasche in Unterwasserbeton gilt:


(z + f) ≥ 350 kg/m3; w/zeq = w/(z + 0,7 · f) ≤ 0,60

Abb. 1.5.6  
Parameter zum
Hüttensandmehl
als Betonzusatz­
stoff

Holcim Betonpraxis 45
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung
1.6

Fasern
6.1

Allgemeines Stahlfasern
Fasern können aus verschiedenen Werkstoffen bestehen. Stahlfasern sind die in der Praxis am häufigsten ver‑
Gleichmäßig im Beton verteilte Fasern sollen die Eigen‑ wendeten Fasern. Sie sind in DIN EN 14889-1 geregelt.
schaften des Betons verbessern. In der Regel werden Gleichmäßig im Beton verteilte Stahlfasern verbessern
Fasern eingesetzt, um dem spröden Baustoff Beton eine dessen Verhalten unter Biegezugbeanspruchung. Im
gewisse Zähigkeit zu verleihen. Eine weitere Anwendung gerissenen Zustand erhöhen sie die Verformbarkeit bei
findet sich im Brandschutz. Schmelzende Polymer‑ Aufrechterhaltung einer Resttragfähigkeit durch die
fasern entspannen den Dampfdruck und verhindern sogenannte Nachrisszugfestigkeit. Weiterhin wirken
das explosionsartige Versagen des Betons. Stahl- und sie sich positiv auf das Verhalten bei dynamischen
Polymerfasern sind in der DIN EN 14889 genormt. Sollen Lasten sowie auf den Verschleißwiderstand und die
andere Fasern verwendet werden, sind entsprechende Grünstandfestigkeit des Betons aus.
Nach­weise zur Verwendbarkeit im Beton – z. B. eine all‑
gemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) – erforderlich.
Abb. 1.6.1  
Gruppierung von Stahlfasern nach DIN EN 14889-1
Faserwerkstoffe Einteilung nach Gruppen
Stahlfasern
Grundsätzlich sind Fasern aus unterschiedlichsten
Gruppe I kalt gezogener Stahldraht
Werkstoffen zur Verwendung verfügbar. Die Wahl des
Faserwerkstoffes hängt im Wesentlichen von der Beton‑ Gruppe II aus Blech geschnittene Fasern
anwendung ab. Zur Steigerung der Duktilität und Trag‑ Gruppe III aus Schmelzgut extrahierte Fasern
fähigkeit im gerissenen Zustand bieten sich Werkstoffe
Gruppe IV von kaltgezogenem Draht gespante
mit hohen Elastizitätsmoduli und Bruchdehnungen an.
Fasern
Für den Brandschutz werden Werkstoffe mit niedrigen
Schmelzpunkten erforderlich. Eine Auswahl von Faser‑ Gruppe V von Stahlblöcken gehobelte Fasern
werkstoffen ist in Abb. 1.6.2 dargestellt.
Abb. 1.6.2  
Eigenschaften
einer Auswahl von
Faserwerkstoffen

Faser­ Stahl AR-Glas Poly­ Polyacryl­ Kohlenstoff Stahlfasern nach DIN EN 14889-1


werkstoff propylen nitril Maßgebliche Eigenschaften

E-Modul Gruppe und Form


160–210 72–75 3,5–18 15–20 150–450
in KN/mm2
Länge und äquivalenter Durchmesser
Zug­
270 1500 320 330 2600 Zugfestigkeit und Elastizitätsmodul
festigkeit
>1000 1700 560 530 6300
in N/mm2 Verformbarkeit (falls erforderlich)
Bruch­ Einfluss auf die Betonkonsistenz (Referenzbeton)
dehnung 3–10 1,5–2,4 5–20 6–20 0,4–1,6
in % Einfluss auf die Biegezugfestigkeit (Referenzbeton)

Dichte
7,85 2,68 0,91 1,18 1,6–2,0 Abb. 1.6.6  Eigenschaften von Stahlfasern
in g/cm3

Abb. 1.6.3  
(links)
Verschiedene Arten
von Stahlfasern

Abb. 1.6.4  
(Mitte)
Polypropylenfasern

Abb. 1.6.5  
(rechts)
Glasfasern, 
geschnitten und
gebündelt

46 Holcim Betonpraxis
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung

1.6
Fasern
Stahlfasern zur Bemessung von Betonbauteilen Polymerfasern
Eine erfolgreiche Anwendung setzt eine auf die jeweilige Polymerfasern werden dem Beton beigemischt, um Früh‑
Bauaufgabe ausgerichtete Planung voraus. Zur Sicher‑ schwindrisse zu reduzieren. Typische Anwendungsfälle
stellung der Gebrauchstauglichkeit sowie der Tragfähig‑ sind Bodenplatten, Estriche oder aber Betonfertigteile
keit ist daher die DAfStb-Richtlinie «Stahlfaserbeton» und Betonwaren. Ebenso werden sie zur Verbesserung
anzuwenden. Ein durch sogenannte Leistungsklassen des Brandschutzes und zur Reduktion des Rückpralls
definierter Stahlfaserbeton kann vom Planer bemessen bei Spritzbeton verwendet. Polymerfasern sind in
werden. Für tragende Anwendungen sind ausschließlich DIN EN 14889-2 geregelt. Übliche Dosierungen für diese
Stahlfasern der Gruppe I nach Abb. 1.6.1 verwendbar. Anwendungsfälle sind 0,5 bis 2 kg pro Kubikmeter Beton.
Bei der Verwendung für tragende Anwendungen sind
Verwendung von Stahlfasern weitere Zustimmungen oder Zulassungen erforder‑
Der erforderliche Stahlfasergehalt bewegt sich in weiten lich. Die Dosierung richtet sich nach der geforderten
Grenzen. Als Anhaltspunkt kann von 20 bis 50 kg/m3 Leistungsfähigkeit. In der Regel ist jedoch von Gehalten
Stahlfasern pro Kubikmeter Beton ausgegangen werden. ab 3 kg pro Kubikmeter Beton auszugehen. Aufgrund der
Die Zugabe von Stahlfasern benötigt einen beson­ geringen Dichte der Polymerfasern ist auf das Einmischen
dere Dosiervorrichtung, um eine homogene Verteilung der Fasern ein besonderes Augenmerk zu legen.
sicherzustellen. Das Einmischen von Stahlfasern führt
in der Regel zu einer steiferen Konsistenz als der des
Ausgangsbetons. Eine gute Verarbeitbarkeit ist durch
Polymerfasern nach DIN EN 14889-2
betontechnologische Maßnahmen sicherzustellen. In der
Regel wird daher die Zugabe eines Betonverflüssigers Klasse Ia Mikrofasern mit d < 0,30 mm
bzw. eines Fließmittels erforderlich. Aufgrund der hohen (Monofilamente)
Dichte des Stahls ist auf mögliche Sedimentations- oder Klasse Ib Mikrofasern mit d < 0,30 mm
Separationseffekte zu achten. Der Leim sollte über eine (fibrilliert)
ausreichende Viskosität verfügen.
Klasse II Makrofasern mit d > 0,30 mm
Maßgebende Klasse, Polymerart, Form,
Der Hersteller eines Stahlfaserbetons für tragende
Eigenschaften Bündelung und Oberflächenbehandlung
Zwecke muss dafür Sorge tragen, dass die Materialeigen‑
schaften sicher erreicht werden. Dies geschieht durch Länge, äquivalenter Durchmesser und
erweiterte Erstprüfungen, da die Leistungsfähigkeit von Feinheit (Klasse I)
Stahlfaserbeton von vielen Faktoren beeinflusst wird.
Feinheitsbezogene Kraft (Klasse I)/­
Sie ist u. a. abhängig vom Fasertyp, der Faserschlankheit,
Zugfestigkeit (Klasse II), Elastizitätsmodul
dem Fasergehalt sowie der gleichmäßigen Verteilung der
Faser durch ein geeigneten Einmischprozess. Schmelzpunkt und
Entzündungstemperatur

Einfluss auf die Betonkonsistenz


(Referenzbeton)

Einfluss auf die Biegezugfestigkeit Abb. 1.6.7  


Einteilung von
(Referenzbeton)
Polymerfasern

Holcim Betonpraxis 47
Die Ausgangsstoffe zur Betonherstellung
1.6

Fasern
Glasfasern
Glasfasern können auf Grundlage einer allgemeinen bau‑
aufsichtlichen Zulassung (abZ) oder einer Zustimmung im
Einzelfall verwendet werden.

Aufgrund ihrer stofflichen Zusammensetzung, ihres rela­


tiv hohen Elastizitätsmodules sowie der guten Zugfestig‑
keit bieten sie sich zur Anwendung im ungerissenen Zu‑
stand an. Wegen fehlender normativer Regelungen sind
sie baupraktisch zur Zeit auf die qualitative Verbesserung
der Eigenschaften von Betonbauteilen beschränkt.
Weitergehende Anwendungen müssen wiederum
durch zusätzliche Zulassungen oder Zustimmungen ab‑
gesichert werden.

Die Glasfaserdichte von rund 2,7 kg/dm3 führt zu


einer g­ uten Einmischbarkeit in den Frischbeton. Dabei
ist jedoch darauf zu achten, dass die Glasfasern zum
Schluss der Mischung zugegeben werden, da die recht
spröde Ausgangsfaser bei zu langem Mischen zerstört
werden kann.

Abb. 1.6.8  
Mit Glasfasern
verstärkte Beton­
elemente

48 Holcim Betonpraxis
Beton – Grundlagen und Anforderungen

2
Beton – Grundlagen und Anforderungen
2.1

Betontechnologische ­Grundlagen
1.2

Beton als 5-Stoff-System bei gleich hoher Druckfestigkeit über eine nur steife
Beton wird heute als 5-Stoff-System beschrieben oder plastische Konsistenz verfügen, ist der Einsatz von
(siehe Abb. 2.1.1). B
­ asierend auf den drei elementaren Betonverflüssigern nicht zwingend erforderlich und kann
Betonkomponenten Gesteinskörnung, Zement und entfallen. In der Praxis ist der Einsatz von Zusatzmitteln
Wasser können noch weitere Stoffe hinzugefügt werden. und Zusatzstoffen heutzutage allerdings eher die Regel
Die Zugabe von Zusatzmitteln und Zusatzstoffen dient als die Ausnahme.
der Optimierung von Frisch- und Festbetoneigenschaften
und hilft, die stetig steigenden Anforderungen an die Einen weiteren, jedoch ungewollten Bestandteil von
Leistungsfähigkeit von Beton zu erfüllen. Beton stellt eingeschlossene Luft dar. Diese gelangt bei
der Herstellung, dem Transport sowie bei der Förderung
Im Gegensatz zu den Bestandteilen des 3-Stoff-Systems und dem Einbau in den Frischbeton und kann selbst
Gesteinskörnung, Zement und Wasser ist die Ver‑ durch fachgerechtes Verdichten des Frischbetons nicht
wendung von Zusatzmitteln und Zusatzstoffen optional vollständig aus dem Beton getrieben werden.
und richtet sich im Wesentlichen nach den gestellten Als Faustformel geht man bei ausreichend verdichtetem
Frisch- und Festbetonanforderungen. Beispielsweise ist Frischbeton von einem Restluftporenvolumen von
die Herstellung von weichen oder fließfähigen Betonen ca. 1,5 Vol.-% (entspricht ca. 15 Liter oder dm3 je Kubik‑
mit hohen Druckfestigkeitsanforderungen ausschließ‑ meter Beton) aus. Da die Luft nicht planmäßig dem Beton
lich mit sogenannten Betonverflüssigern oder Fließ‑ zugegeben wird, wird sie auch nicht im 5-Stoff-System
mitteln möglich. Eine Erhöhung der Konsistenz durch beschrieben. Bei der Berechnung einer Betonzusammen‑
Wasserzugabe scheidet aufgrund der damit einher‑ setzung muss das Restluftporenvolumen hingegen in
gehenden Abnahme der Betondruckfestigkeit aus und jedem Fall berücksichtigt werden. Dies wird in
würde nicht zum Ziel führen. Soll der Beton hingegen ­Kap. 2.5 «Stoffraumrechnung» beispielhaft gezeigt.

ys te m (+) Zus atz


o f f- S mi
t te
t
5 -S Betonverflüssiger l
Verzögerer
Stabilisierer

ff-System Luftporenbildner
Sto
Fließmittel
3-
Einpresshilfe
Beschleuniger
....

Farbpigmente
....

Fasern
Hüttensandmehl

Gesteinsfüller Mikrosilika

5-
St Steinkohlenflugasche
f fe
off sto
-Sy s z
t e m (+) Z u s a t
Abb. 2.1.1  
3-Stoff-System und
5-Stoff-System

50 Holcim Betonpraxis
Beton – Grundlagen und Anforderungen

2.1
Betontechnologische Grundlagen
Zusammensetzung des Betons In diesem Kapitel werden ausschließlich beton­techno­
Die Zusammensetzung des Betons bestimmt maßgeb‑ logische Zusammenhänge und Steuerungsgrößen
lich seine Eigenschaften. So können über die Art sowie ­beschrieben.
die Mengenanteile der fünf Komponenten Gesteins‑
körnung, Zement, Wasser, Zusatzmittel und Zusatzstoffe Die Betoneigenschaften und die Dauerhaftigkeit werden
Betone für die verschiedensten Bauaufgaben hergestellt ebenso von der Betonherstellung, dem Einbringen und
werden. Beton soll im Allgemeinen eine Nutzungsdauer Verdichten sowie von der Nachbehandlung beeinflusst.
der Bauteile und Bauwerke von 50 Jahren sicherstellen. Darauf wird in anderen Kapiteln näher eingegangen.
Neben den spezifischen Eigenschaften wie der Festig‑
keit oder der Wasserundurchlässigkeit ist deshalb ein Weiterhin spielt die konstruktive Ausbildung von Beton‑
besonderes Augenmerk auf die Dauerhaftigkeit des bauteilen eine entscheidende Rolle zur Sicherstellung
Betons zu richten. Das bedeutet, dass der Beton so fest, der Funktionalität sowie der Dauerhaftigkeit eines
dicht und beständig gegen schädigende Angriffe aus Betonbauteils. Grundlegende Materialeigenschaften des
seiner Umgebung sein soll, dass seine Gebrauchstaug‑ Betons sollten durch den Planer berücksichtigt und dem­
lichkeit über die gesamte Nutzungsdauer erhalten bleibt. entsprechend umgesetzt werden.
Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass das alkalische
Milieu im Beton dauerhaft aufrechterhalten wird, um die In Abb. 2.1.2 ist eine Auswahl von Betonanforderungen
Bewehrung von Korrosion zu schützen. mit den dazugehörigen betontechnologischen Maß‑
Abb. 2.1.2  
nahmen aufgeführt.
Auswahl beton­
technologischer
Maßnahmen

Betonanforderung Betontechnologische Maßnahme Effekt Muss beachtet werden


Druckfestigkeit Wahl der Zementart und Verklebung der Gesteinskörnung
des ­Wasserzementwertes durch einen den Anforderungen –
nach Walz-Diagramm entsprechenden Zementstein
Schutz der Bewehrung Festlegung eines ausreichend Reduzierung der Porosität des Eine abnehmende Porosität führt zu
vor den Folgen der niedrigen Wasserzementwertes Zementsteins sowie Sicherstellen höheren Druck- und Zugfestigkeiten.
Karbonatisierung sowie Beachtung des des alkalischen Milieus im Beton Dies wiederum erfordert höhere
sowie der Mindestzementgehaltes Gehalte an Betonstahlbewehrung
Chloridkorrosion zur Rissbreitenkontrolle.
Gröbere Kornverteilung der Reduzierung des erforderlichen Verarbeitbarkeit des Betons
Gesteinskörnung und Optimierung Zementleimvolumens und damit sowie Einbettung der
der Packungsdichte der Angriffsfläche Betonstahlbewehrung
Schutz des Betons Wie zuvor und zusätzlich ggf. Reduzierung des Gefrierdrucks Abnahme der Betondruckfestigkeit
gegen Frost- Einführen von Mikroluftporen durch durch Eisbildung innerhalb der durch die eingeführten Mikroluft‑
oder Frost- und sogenannte Luftporenbildner Mikroluftporen. Steigerung des poren.
Tausalzangriff Frostwiderstandes Begrenzung der Frischbeton­
konsistenz für stabile ­Mikroluftporen
Beton mit reduzierter Optimierung der Kornverteilung der Die Schwindneigung des Betons Verarbeitbarkeit des Betons
Schwindneigung Gesteinskörnung sowie Begrenzung ist abhängig von der Menge und der sowie Einbettung der
des Zement- und Wassergehaltes Qualität des Zementleims Betonstahlbewehrung.
Unter Umständen Probleme beim
Pumpen des Betons
Reduktion der Verwendung von Zementen mit Die bei der Erhärtung freiwerdende Sehr langsame Festigkeits­
Rissgefahr durch niedriger Hydratationswärme sowie Wärme ist abhängig von der entwicklung des Betons
Temperatur­ Reduzierung des Zementgehaltes. Zementart und dem Zementgehalt. beim Bauablauf beachten.
spannungen Optimierte Kornverteilung der Eine optimale Kornverteilung Nachbehandlungsdauer verlängert
Gesteinskörnung erlaubt die Reduktion des sich.
Zementgehaltes bei ausreichender Sonst wie zuvor
Verarbeitbarkeit.

Holcim Betonpraxis 51
Beton – Grundlagen und Anforderungen
2.1

Betontechnologische Grundlagen
Abb. 2.1.3   Der Wasserzementwert Wasser
Schematische Ein zentraler Kennwert des Betons ist der Wasser­
Darstellung der Hydratation
Hydratation von
zementwert. Er beschreibt das Verhältnis von Wasser
Wasserzementwert
Zementen bei und Zement: w/z = 0,20
unterschiedlichen
Wasserzement­ w=w/z Zement­
korn
werten w : Wasserzementwert
w : Masse des Wassers in kg
Hydratation
z : Masse des Zements in kg
Wasserzementwert
w/z = 0,40
Zur vollständigen Hydratation des Zements werden rund
40 Massenprozent Wasser benötigt. Dies führt zu einem
theoretischen Wasserzementwert von w ≈ 40/100 ≈ 0,40.
Hydratation
Bei diesem Massenverhältnis wird das gesamte zur Ver‑
fügung stehende Wasser in die Hydra­tationsprodukte Wasserzementwert
w/z = 0,60
des Zements eingebunden und es verbleibt keine freie
Wassermenge im Zementstein. Bei höheren Wasser‑
Kapillarporen
zementwerten verbleibt das nicht benötigte Wasser (Wasser)
während der Erhärtung im Porensystem des Zement‑
steins und bildet anfänglich wassergefüllte Kapillarporen
aus (Abb. 2.1.3). Je nach Umgebungsbedingung trocknen die Kapillar‑
poren aus. Das bedeutet, dass der Wasserzementwert als
Kennwert für die Porosität des Zementsteins verstanden
werden kann. Je höher der Zementwert, desto höher die
Porosität des Zementsteins und umgekehrt.
Dieser Zusammenhang ist in der Abb. 2.1.4 dargestellt.

Volumen in %
Abb. 2.1.4   100
Zusammensetzung Luftporen
des Zementsteins
in Abhängigkeit
des Wasserzement­
wertes 80
Kapillarporen
unhydratisierter
Zement
60
Ge
lpo
ren

40
Zementgel
(Feststoff)
20

Hydratationsgrad a = 1,0

0
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6
Wasserzementwert

52 Holcim Betonpraxis
Beton – Grundlagen und Anforderungen

2.1
Betontechnologische Grundlagen
Bedeutung des Wasserzementwertes Abb. 2.1.5  
Für die Dauerhaftigkeit von Betonbauwerken hat dieser Einfluss des
Wasser­
Zusammenhang eine entscheidende Bedeutung. Es soll
zementwertes
verhindert werden, dass Stoffe innerhalb der Nutzungs‑ auf Betoneigen­
dauer in den Beton eindringen, und zwar in dem Umfang, schaften
der zu einer Schädigung des Betons oder der Beton‑
stahlbewehrung führt. Bei steigenden Angriffsrisiken
kann dies durch eine Reduzierung der Porosität des
Zementsteins erreicht werden. Beispielsweise muss im
Fall einer Schädigung der Betonstahlbewehrung durch
Chloride, das Chlorid in gelöster Form durch den Beton
zur Beweh­rung gelangen und sich dort anreichern, bevor
der Schädigungsprozess beginnen kann. Der Stofftrans‑
port wird durch dichtere, d. h. weniger poröse Betone
verlangsamt. Diese Abhängigkeit findet sich bei der Um‑
setzung der Anforderungen aus den Expositionsklassen
in der Normung wieder.

Mit steigendem Angriffsrisiko verringert sich der höchst‑


zulässige Wasserzementwert. Weitere Eigenschaften wie
die Wasserundurchlässigkeit, das Schwindmaß oder aber
die Blutneigung werden durch eine zu hohe Porosität
ebenfalls negativ beeinflusst (Abb. 2.1.5).

Mit der Zunahme der Porosität sinkt weiterhin die Festig‑


keit des Zementsteins und damit des Betons ab. Daher
wird der Wasserzementwert in der Praxis ebenfalls
als Steuerungsgröße für die Festlegung der Festigkeit
verwendet. Dies geschieht mithilfe des sogenannten
Walz‑Diagrammes (Abb. 2.1.6).

Das Walz-Diagramm ist als Korrelation zwischen dem Abb. 2.1.6  


110 Walz-Diagramm
Wasserzementwert und der zur erwartenden Beton‑
druckfestigkeit zu verstehen. Dies erklärt auch, weshalb
100
höhere Angriffsrisiken in den Expositionsklassen norma­
tiv höhere Mindestdruckfestigkeitsklassen zur Folge
90
Betondruckfestigkeit f c,dry,cube [N/mm2]

haben. Die höhere Druckfestigkeit resultiert aus einem


weniger porösen und damit dichteren Zementstein.
80
52,
5N;

70
52,
42

5
,5

60
N;
42
32

,5

50
R
,5
N

32
;

,5
40 R

30

20

10
0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0

Wasserzementwert w/z

Holcim Betonpraxis 53
Beton – Grundlagen und Anforderungen
2.1

Betontechnologische Grundlagen
Wahl der Gesteinskörnung verwendet. Die nach Fuller ermittelten günstigen Korn‑
Ein Korngemisch mit wohlabgestimmter, kontinuier‑ verteilungen finden sich in den Sieblinien der DIN 1045
licher Kornzusammen­set­zung führt zu einem Beton wieder (Abb. 2.1.9). Dabei erhöht sich die Feinheit der
mit guter Verar­beitbarkeit und geringer Ent­mischungs­­ Sieblinien von A über B nach C. Dies kann in Abb. 2.1.9
neigung. Sowohl der Wasser­anspruch des Korn­ge­mischs zum Beispiel am Siebdurchgang durch das 2 mm-Sieb
als auch der für eine gute Verarbeitbarkeit erforder‑ verdeutlicht werden. Sind bei Sieblinie A nur 14 % der
liche Zementleim­gehalt werden begrenzt (Abb. 2.1.7 Gesteinskörner kleiner als 2 mm, steigt die Feinheit bei B
und Abb. 2.1.8). Der daraus resultierende Fest­beton hat bereits auf 37 %. Bei der Sieblinie C sind dann über die
dadurch eine niedrige Porosität, was ihm eine hohe Hälfte (53 %) der Gesteinskörner kleiner als 2 mm. Ist die
Dauer­haftigkeit verleiht. Kornverteilung zu eng – sie besteht beispielsweise nur
aus einer Korngruppe (siehe Abb. 2.1.7 und Abb. 2.1.9 rote
Zur Optimierung des erforderlichen Leimvolumens und Kurve) – verbleibt ein großes Porenvolumen, das durch
damit des Wasser-, Zement- und Zusatzstoffgehaltes Leim ausgefüllt werden muss.
wird in der Praxis der Ansatz nach Fuller am häufigsten

Abb. 2.1.7  
Schlechte Raum­ + + + 16/32 mm =
verfüllung,  0/2 mm 2/8 mm 8/16 mm 0/32 mm
hohe Porosität 
bei Beton mit nur
einer Korngruppe
(schematische  0 % + 0 % + 0 % + 100 % = 100 %
Darstellung)

Abb. 2.1.8  
Gute Raum­