Frakturen der Basis des 5. Mittelfuß- des M. peronaeus brevis setzt fächerför- Im Laufe der Zeit zeigte sich, dass vie-
knochens gehören zu den häufigsten mig im Bereich der lateralen Metaphy- le der MT-V-Basis-Frakturen unter Voll-
Verletzungen im Bereich des Fuß- se des MT V an. Der Zug dieser Seh- belastung schnell und komplikationslos
und Sprunggelenks. Trotz dieser ne soll zu einer sekundären Dislokation heilen, während andere eine verzögerte
Häufigkeit und obwohl mittlerwei- von Frakturen in der Metaphyse führen. Heilung und eine hohe Rate an Pseudar-
le einige Studien zu diesem Thema Dies wird zumindest regelmäßig postu- throsen aufweisen. In der Folge wur-
vorliegen, erfolgt die Behandlung liert, obwohl bisher kein Nachweis für den verschiedene Klassifikationen für die
meist nicht gemäß der verfügbaren diesen Mechanismus vorliegt. Die Me- Brüche der MT-V-Basis eingeführt. Im
Evidenz. Dies liegt an einer unein- taphyse des MT V ist durch den dorsa- Jahr 1960 unterschied Stewart [34] zwi-
heitlichen Terminologie und auch len und plantaren Kapsel-Band-Apparat schen Avulsionsfrakturen der Basis und
daran, dass die vorhandene Evidenz sehr fest mit dem Os cuboideum und dem „Jones Frakturen“ – am distalen Ende der
nicht ausreichende Wahrnehmung MT IV verspannt. Die Diaphyse des MT Artikulation zwischen MT IV und MT V.
findet. Ziel dieser Übersichtsarbeit wirkt dadurch wie ein langer Lastarm.
ist es, die aktuellen Klassifikationen,
die verfügbaren Therapiestudi-
Dies resultiert in hohen mechanischen
Belastungen am Übergang von Meta- zu »metaphysäre
Unterteilung in epi-
und meta-
en und die daraus resultierenden Diaphyse. Darüber hinaus besteht genau
Behandlungsempfehlungen darzu- an diesem Übergang von Meta- zu Dia- diaphysäre Frakturen ist
stellen. physe die Wasserscheide der Blutversor- therapeutisch am sinnvollsten
gung. An der Epi- und Metaphyse er-
Hintergrund folgt die Blutversorgung von proximal
extraossär über ein Netz aus R. perfo- Dameron [7] beschrieb 1975, dass Frak-
Frakturen der Metatarsalia gehören rans Gefäßen (Seitenäste der A. tarsea turen der Tuberositas unter funktionel-
zu den häufigsten Brüchen des Fußes lateralis), während die Diaphyse von in- ler Therapie problemlos heilen, während
mit einer jährlichen Inzidenz von etwa traossär über eine A. nutricia versorgt die Frakturen am Übergang zur Diaphy-
67/100.000 Einwohner [24]. Circa 70 % wird [33]. Die letzten beiden Faktoren se häufig in symptomatische Pseudar-
davon betreffen den 5. Mittelfußkno- können erklären, warum die Knochen- throsen münden. Er bezeichnete fortan
chen, von denen wiederum ca. 80 % an bruchheilung im Bereich des Übergangs die Frakturen der Tuberositas als „Jo-
der Basis lokalisiert sind [4, 24]. In den von Meta- zu Diaphysäre eingeschränkt nes Fraktur“ und verschob somit diese
meisten Fällen ist ein Umknicktrauma ist [18, 33]. Bezeichnung, im Vergleich zu Stewart,
die Ursache [24]; seltener sind Überlas- nach proximal. Holzach et al. [12] führ-
tungsbrüche mit Prodromalsymptomen Klassifikationen ten eine Unterteilung der Brüche nach
beschrieben [16]. der Zahl der Fragmente ein und empfah-
Die Anatomie im Bereich der Basis Frakturen der Basis des Metatarsale V len die operative Therapie für dislozierte
des Metatarsale (MT) V ist sowohl für sind eng mit dem Namen Sir Robert Jo- oder mehrfragmentäre Avulsionsfraktu-
die Klassifikation als auch für die Thera- nes verknüpft. Er war der Erste, der 1902 ren. Im Jahr 1984 erkannten Torg et al.
pie entscheidend. Besondere Bedeutung anhand von 6 Fällen (u. a. seinem eige- [36], dass die Frakturen am Übergang
haben die Insertion der Sehne des M. pe- nen) mithilfe der damals neuen Röntgen- von Meta- zu Diaphyse einer besonderen
ronaeus brevis, der straffe Kapsel-Band- technik nachweisen konnte, dass es durch mechanischen Belastung ausgesetzt sind.
Apparat im Bereich der Metaphyse und Distorsionen des Fußes zu Brüchen der Wie schon Stewart bezeichneten Torg
die Blutversorgung (. Abb. 1). Die Sehne MT-V-Basis kommen kann [14]. et al. diese Frakturen nun wieder als „Jo-
Der Unfallchirurg
Leitthema
Abb. 1 9 Anato-
mie des proxima-
len Metatarsale V.
Darstellung des An-
satzes der Sehne des
M.peronaeus brevis,
der Bandstrukturen
und der Durchblu-
tung. (Adaptiert aus
Polzer et al. [25]; mit
freundl. Genehmi-
gung des Autors
und des Elsevier-
Verlags)
Der Unfallchirurg
Zusammenfassung · Abstract
Der Unfallchirurg
Leitthema
Tab. 1 Verwendung des Begriffs „Jones Fraktur“ in der Literatur entsprechend der Frakturklas- Fazit
sifikation nach Lawrence und Botte (L&B, [17]) Basierend auf der vorhandenen Evidenz
L&B Typ I L&B Typ II L&B Typ III empfehlen die Autoren des vorliegen-
den Beitrags, Frakturen der L&B Typen I
und auch II konservativ, frühfunktio-
nell mithilfe schmerzadaptierter Vollbe-
lastung ohne Immobilisierung zu behan-
deln. Da sich in den vorhandenen Studien
keine Unterschiede für die beiden Frak-
turtypen zeigten, erscheint eine Differen-
zierung der beiden Zonen nicht sinnvoll
[25]. Es wird daher empfohlen, Frakturen
der L&B Typen I und II als „epi-meta-
physäre Frakturen“ zusammenzufassen.
»Behandlung
Ergebnis frühfunktioneller
des L&B Typs II ist
rapie zwischen L&B Typ I und L&B Typ II
Frakturen [2, 37]. Beide bestätigten sehr
untersuchten Tahririan et al. [35] das
Therapieergebnis von 143 proximalen
gute Ergebnisse für das Wiedererlangen MT-V Frakturen (L&B Typen I–III)
vergleichbar mit unverletzter der Arbeitsfähigkeit bei beiden Fraktur- nach Immobilisierung im Gips. Basie-
Normalbevölkerung typen. Darüber hinaus wies in einer eige- rend auf dem American Orthopedic
nen Arbeit [2] die Funktion (Visual Ana- Foot and Ankle Society Score (AOFAS),
log Skala Fuß und Sprunggelenk [VAS- ergab eine Multivarianzanalyse, dass
Den Autoren sind nur 4 Studien be- FA]) nach 22 ± 10 Monaten keinen signi- dislozierte Frakturen, hohes Patienten-
kannt, die explizit die Behandlungser- fikanten Unterschied zwischen den bei- gewicht, weibliches Geschlecht, Diabetes
gebnisse von L&B Typ II Frakturen be- den Gruppen auf. Vielmehr war das Out- mellitus und das Vorliegen einer L&B
schreiben. Bigsby et al. [3] behandelten come für beide Frakturtypen vergleich- Typ III Fraktur mit einem schlechteren
62 L&B Typ I und 26 L&B Typ II Frak- bar mit der unverletzten Normalbevöl- AOFAS vergesellschaftet waren. Aller-
turen konservativ. Obwohl die konser- kerung. dings präsentierten die Autoren nicht
Der Unfallchirurg
Abb. 3 8 a Initiale schräge Röntgenaufnahme Abb. 4 8 a Initiale schräge Röntgenaufnah- Abb. 5 8 a Präoperative schräge Röntgenauf-
einerL&BTypIFraktur;bRöntgenkontrolle6Wo- me einer epi-metaphysären Fraktur (L&B Typ II); nahme einer L&B Typ III Fraktur, b postoperative
chen nach dem Trauma; der Patient war nach ei- b Röntgenkontrolle 6 Wochen nach dem Trau- Röntgenaufnahme nach 6 Wochen
nem Tag arbeitsfähig, nach 33 Monaten zeigte ma; nach 37 Monaten zeigte sich ein VAS Score
sich ein VAS-Score von 97 Punkten.VAS visuelle von 97 Punkten.VAS visuelle Analogskala
Analogskala
die Auswertung des AOFAS, sondern Wie oben beschrieben, werden an der ten erzielen (. Abb. 5, [30]). Dies trifft
lediglich die Ergebnisse der Multiva- Klinik der Autoren alle L&B Typ I und sowohl für akuten Frakturen (Typ I in
rianzanalyse. Im Mittel erreichten alle L&B Typ II Frakturen, unabhängig von der Torg-Klassifikation) als auch für Torg
Patienten nach 20 Wochen einen AOFAS den Frakturcharakteristika, frühfunktio- Typ II (verzögert heilende Frakturen)
von 93 Punkten. Besonders bemerkens- nell behandelt. Das heißt, dass der Pa- und Torg Typ III Frakturen(Pseudarthro-
wert ist das 95 %-Konfidenzintervall von tient den verletzten Fuß schmerzabhän- sen) zu [36]. In der einzigen randomi-
92 bis 94 Punkten. Betrachtet man das gig sofort voll belasten darf. Radiologi- sierten kontrollierten Studie verglichen
hervorragende Ergebnis des AOFAS und sche Verlaufskontrollen werden nicht ge- Mologne et al. [20] die konservative Be-
das erstaunlich enge 95 %-Konfidenzin- plant, sondern nur bei Schmerzpersis- handlung im Unterschenkelgips mit Ent-
tervall, erscheint es fragwürdig, ob die tenz über 6 Wochen durchgeführt, da lastung für 8 Wochen (n = 18) und die
möglichen Gruppenunterschiede eine selbst im Fall einer asymptomatischen operative Therapie mithilfe der geschlos-
klinische Relevanz haben. Bisher hat Pseudarthrose nicht von der Notwen- senen Schraubenosteosynthese und Voll-
nur eine Arbeit den Einfluss aller oben digkeit einer Therapieänderung ausge- belastung ab Woche 3 (n = 18) für akute
beschriebenen Frakturcharakteristika gangen wird. Entscheidend für die er- L&B Typ III Frakturen. Im Nachuntersu-
auf die Arbeits-/Sportfähigkeit und das folgreiche funktionelle Therapie sind die chungszeitraum (25 Monate) zeigten sich
funktionelle Ergebnis unter funktionel- ausführliche Aufklärung und eine gute für die operative Therapie lediglich 5 %
ler Therapie (VAS-FA) für L&B Typ I Patientenführung. Therapieversager, verglichen mit 44 % in
und L&B Typ II Frakturen untersucht. der konservativen Gruppe. Die Patien-
Keines der Frakturmerkmale (Disloka- Typ III Frakturen nach Lawrence ten mit regelrechter Knochenbruchhei-
tion, artikuläre Beteiligung, Anzahl der und Botte lung benötigen unter konservativer The-
Fragmente) hatte einen signifikanten rapie im Mittel 15 Wochen zur Rückkehr
Einfluss auf das Behandlungsergebnis Studienergebnis zum Sport, verglichen mit 8 Wochen un-
[2]. Bisher liegt nur eine prospektive rando- ter operativer Therapie.
misierte Studie vor, die die operative und
Fazit die konservative Therapie für diese Frak- Fazit
Auf Grundlage der dargestellten Studi- turen verglichen hat [20]. Auch ist ein Basierend auf dieser Evidenz empfeh-
en sollten, nach der Überzeugung der eindeutiger Trend in den übrigen pro- len die Autoren die operative Therapie
Autoren des vorliegenden Beitrags, alle spektiven und retrospektiven Kohorten- für alle Frakturen am meta-diaphysären
L&B Typ I und L&B Typ II Frakturen, studien erkennbar. Unter der konserva- Übergang (L&B Typ III), unabhängig von
unabhängig vom Grad der Dislokation, tiven Therapie von L&B Typ III Fraktu- der Torg-Klassifikation. Die intramedul-
der intraartikulären Beteiligung und der ren – mit und ohne Entlastung – kommt läre Schraubenosteosynthese stellt der-
Anzahl der Frakturfragmente, frühfunk- es überproportional häufig zu Pseudar- zeit den Goldstandard zur Behandlung
tionell mithilfe schmerzabhängiger Voll- throsen [30]. Durch die intramedulläre von L&B Typ III Frakturen dar (. Abb. 5;
belastung behandelt werden. Schraubenosteosynthese lassen sich hin- [13, 20, 21, 25]). In der Literatur variieren
gegen reproduzierbar gute Heilungsra-
Der Unfallchirurg
Leitthema
Der Unfallchirurg
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Der Unfallchirurg